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German Pages 373 [676] Year 1943
GESCHICHTE
ANTONIO
DER V Ö L K E R
BALLESTEROS
GESCHICHTE
UND
Y
STAATEN
BERETTA
SPANIENS
GESCHICHTE SPANIENS VON
A N T O N I O BALLESTEROS Y BERETTA Professor an der Universität Madrid Mitglied der spanischen Geschichtsakademie
Mit 7 Karten
M Ö N C H E N U N D B E R L I N 1943
VERLAG
R.OLDENBOURG
Autorisierte Obersetzung des spanischen Originalwerkes: Síntesis de Historia de España. 3. Auflage, Madrid 1936 Salvat Editores, S. A., Barcelona •bertragen aus dem Spanischen von Gerda von Uslar im Ibero-Amerikanischen Institut, Hamburg
Copyright 1943 by R. Oldenbourg, Munchen und Berlin Druck von R. Oldenbourg, Mundien Printed in Germany
EINLEITUNG Spaniens geographische Lage hat die Geschichte des Landes in nicht geringem Maße mitbestimmt. Die Geschlossenheit des vom übrigen Europa durch die Pyrenäen abgetrennten blockartigen, in seinen Küsten wenig gegliederten Fünfecks, das wir P y r e n ä e n h a l b i n s e l , das seine Bewohner selbst „Iberische Halbinsel" nennen, erweckt zunächst den Eindruck großer Selbständigkeit, eines Für-sich-seins gegenüber Afrika und dem Rumpf Europas. Die spanische Landschaft, das spanische Leben, das Wesen der Bewohner, die spanische Kultur haben, wie uns der Ausländer immer wieder bestätigt, eine ganz eigene Prägung, die eine Reise durch das Land für den aufgeschlossenen Beobachter von draußen zu einem so besonderen Erlebnis werden läßt. In sich ist dieses Spanien auf Grund der Struktur seines Bodens wieder reich nüanciert. Schroffe Gebirge und das Nebeneinander des zentralen Hochlandes und der Küstenprovinzen und großen Flußebenen teilen die Halbinsel in eine Reihe stark voneinander differenzierter R e g i o n e n , die seit ältester Zeit auch Ziel oder Ausgangspunkt der einzelnen historischen Bewegungen wurden. Noch heute ist das Bestehen zweier selbständiger Nationen auf der Halbinsel — Spaniens und Portugals — dem Fortwirken eines ursprünglich regionalen politischen Impulses zuzuschreiben. Der Gedanke der geographischen Einheit der Halbinsel und die Idee ihrer politischen Vereinheitlichung ist erst eine Errungenschaft der geschichtlichen Zeit. Wie der geographischen Abtrennung der einzelnen Regionen so entspricht auch dem festungsartigen Bau der Halbinsel eine doch nur sehr relative h i s t o r i s c h e Abgeschlossenheit. Die Pyrenäenhalbinsel ist in der Geschichte nicht sowohl isolierte politische Einheit, sondern V ö l k e r b r ü c k e , Vermittlung zwischen verschiedenen historischen Welten oder auch Kern eines überpeninsularen politischen Systems gewesen. Der ebensosehr länderverbindende wie trennende Charakter der Meere hat ihrer Geschichte neben der Lage als Länderbrücke zwischen den Kontinenten ihr Gepräge gegeben: als westlichstes Gestade wird sie in die m i t t e l m e e r i s e h e W e l t einbezogen oder zieht diese in ihren Kreis; durch die Küstenabdachungen der Pyrenäen am Golf von Biskaya und am Löwengolf hat die Natur die Tore vom und zum übrigen E u r o p a geöffnet; als in den Südwesten vorgeschobenes Bollwerk ist sie dessen Vorposten für seine Beziehungen zum a f r i k a n i s c h e n K o n t i n e n t ; mit seinen atlantischen Küsten ist sie das gegebene Bindeglied der Alten mit der N e u e n W e l t . Diese einzigartige geopolitische Lage bildet die Grundlage für die historischen Schicksale der Halbinsel, die sich in d r e i deutlich voneinander abgehobenen P h a s e n erfüllen. In der ersten ist die Halbinsel vor allem Zielpunkt außerpeninsularer — mittelmeerischer, afrikanischer oder kontinentaleuropäischer — Völker- und Kulturbewegungen, eine Phase, die während des Römischen Im-
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periums endet. Ihr folgt eine Zeit der historischen Verselbständigung und Vereinheitlichung der Halbinsel, die von der Völkerwanderungszeit — durch die 800jährige islamische Invasion, unterbrochen — bis an das Ende des Mittelalters reicht. Vom Spätmittelalter an wird Spanien selbst Ausstrahlungspunkt politischer Energien, Kem eines Imperiums, das bis in den Osten der mittelmeerischen Welt, nadi Afrika, Amerika und auf den europäischen Kontinent übergreift. Der fortschreitende Verfall dieses großen Systems vom 17. bis in das 19. Jahrhundert vermittelt den Eindruck einer rückläufigen Bewegung; erst das Neuerwachen nationaler und imperialer Ideen in jüngster Zeit zeigt, daß die Kräfte, die die große Zeit der spanischen Geschichte heraufführten, noch lebendig sind. Werfen wir noch einen Blick auf die Wesenszüge dieser Etappen der Entwicklung Spaniens. Die Stammesverbände der westlichen Halbinsel Europas tauchen erst spät an unserem historischen Horizont auf, als im Orient längst große Kulturen erwachsen und schon wieder verfallen waren. Von den Altreichen des asiatischen Orients und Ägyptens gelangen kulturelle Anregungen durch Vermittlung phönizischer Kaufleute an die spanischen Küsten. Auf ihren Spuren kommen griechische Seefahrer auf der Suche nach den Reichtümern des Landes an seine mittelmeerischen Gestade; Städtenamen griechischen Ursprungs und zahlreiche archäologische Funde in dieser Gegend zeugen von ihrem positiven Anteil an der kulturellen Entwicklung der Halbinsel. Als Roms politischer Aufstieg den Glanz der griechischen Städte und die Macht der Karthager zu überstrahlen beginnt, die sich hier für frühere Verluste gegen Rom einen breiten Machtbereich gesichert hatten, haben wenigstens die Küstengebiete Spaniens schon eine lange Zeit der Teilhabe an den mittelmeerischen Kulturen hinter sich. Alle diese Einflüsse werden durch die r ö m i s c h e E r o b e r u n g verdrängt. Erst die römische Maditnahme und Verwaltung durchdringen auch das Innere, den Westen und Norden der Halbinsel, wo sie die aus Nordafrika stammenden iberischen Stämme und Spuren der wenige Jahrhunderte vorher eingedrungenen Kelten vorfinden; erst die Römer erkennen die geographische Einheit der Halbinsel und die Gemeinsamkeiten ihrer Bevölkerung und geben dieser Erkenntnis durch die die gesamte Halbinsel umfassenden Bezeichnungen „Hispania" oder „Iberia" Ausdruck. Mehrere Jahrhunderte römischer Herrschaft prägen dem spanischen Volkstum bleibende Züge ein: die Vermittlung der lateinischen Sprache macht Spanien wie Portugal zu romanischen Nationen, römisches Recht und römische Kultur werden zu einer die Zeiten überdauernden Tradition; am Ende dieser Zeit empfängt die Halbinsel mit dem christlichen Glauben, der in der Seele Spaniens fester Wurzel faßt als irgendwo, die weltanschauliche Prägung, unter derem Zeichen bis in die Gegenwart die großen Kämpfe um die Existenz der Nation durchgekämpft worden sind.
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Die Berührung und Verschmelzung mit dem Römischen Reich zeigt der Welt zum erstenmal den kriegerisdien Geist und die kulturelle Schöpferkraft der „iberischen" Rasse in der Art, in der sie zunächst dem römischen Ansturm widersteht, nach der militärischen Entscheidung aber an der Gestaltung des Reiches führenden aktiven Anteil nimmt. Ober zwei Jahrhunderte muß Rom mit den Waffen um die Herrschaft auf der Halbinsel kämpfen; die Namen des lusitanisdien Freiheitshelden Viriathus und der sich bis zum letzten Blutstropfen verteidigenden keltiberischen Stadt Numantia sind Symbole eines unbeugsamen Unabhängigkeitsdranges und unvergänglichen Heldentums. Nachdem Augustus die Eroberung abgeschlossen hat, beginnt im Verbände des Reiches ein Prozeß, den man nicht ohne Recht als die „Eroberung des Eroberers durch den Eroberten" bezeichnet hat: Spanien stellt die erste, den Provinzen entstammende Dynastie des Kaiserreiches, große Führer wie Trajan und Hadrian, Spanien zahlt die kulturellen Gaben Roms in der silbernen Latinität mit Zinseszinsen zurück; Dichter wie Lukan und Martial, Philosophen wie Seneca, Rhetoren wie Quintilian sind auf hispanischem Boden gewachsen. Die Tradition will, daß das Mittelalter mit der Völkerwanderung beginnt, die den Keim zu einem großen Teil der heutigen europäischen Nationen legt. Für Spanien kann man nicht sagen, daß die Invasion der Vandalen, Sueben und Westgoten am Anfang des 5. Jahrhunderts den Beginn einer neuen Epoche darstellt, da die zuletzt die Oberhand gewinnenden W e s t g o t e n mit der Zeit mehr und mehr in der spanisch-römischen Kultur aufgehen. Und doch ist diese Epoche germanischer Herrschaft von bleibender Bedeutung: bildete die Hispania bis dahin im Rahmen eines Weltreiches eine administrative Mehrheit von Provinzen, so wird sie jetzt zum erstenmal eine unabhängige politische Einheit und Toledo die erste Hauptstadt eines selbständigen hispanischen Reiches, das als Idee auch die Zeit der erneuten territorialen Auflösung Spaniens im Mittelalter überdauert. Gleichzeitig gehen in die christlich-antike Kultur des Landes, die in Isidor von Sevilla noch einen großen Vertreter findet, zahlreiche germanische Elemente vor allem auf dem Gebiete des Redits ein. Einen tiefer greifenden Wandel in der Entwicklung Spaniens bringt der Sieg der Muslim bei Guadi Beca oder Guadalete im Jahre 711. Von nun an hat die christliche Bevölkerung spanisch-römischer und germanischer Herkunft den spanischen Boden auf lange Zeit mit den islamischen Eroberern asiatischer und afrikanischer Herkunft zu teilen. Vielgestaltig ist das Bild dieser „ A r a b e r zeit". Bis in das 11. Jahrhundert behalten die Muslim eindeutig die Oberhand auf der Halbinsel und gewinnen sie für einen Augenblick im 13. noch einmal zurück. Wie die deutschen Marken gegen die Slawen und später der deutsche Südosten gegen die Türken ist Spanien jahrhundertelang das Bollwerk der europäischen Kultur und des christlichen Glaubens gegen die fremde Welt; fast zu derselben Zeit erreichen die beiden großen europäischen Expansions-
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bewegungen des Mittelalters, die spanisch-portugiesische Reconquista und die deutsche Ostkolonisation, ihren Höhepunkt, über die Fortsdiritte und Rückschläge in diesem 800jährigen Kampf gegen die Mauren, über die Bildung und Ausbreitung der christlichen Reconquista-Staaten—Asturien-Leön, Kastilien, Navarra, Aragön-Katalonien — und ihre Gegensätze, Zusammenarbeit und Verschmelzungen, über die Taten der großen Könige und Helden dieser Zeit, von denen die des Cid in Romanzen und Epen weiterleben, soll hier noch nicht berichtet werden. Mit der Eroberung von Granada im Jahre 1492 hat die Reconquista ihr Ziel erreicht, ist der Boden der Halbinsel vom Islam befreit. Man würde das spanische Mittelalter verkennen, wenn man es einseitig als eine Zeit" des Glaubenskampfes gegen den Islam betrachtete. Ebenso wie schon in der römischen Zeit, so macht sich auch in der Epoche der arabischen Herrschaft die Assimilationskraft des spanischen Bodens und der bodenständigen spanischen Bevölkerung geltend: die syrischen, persischen, arabischen, berberischen Eroberer, die unter arabischer Führung große Teile der Halbinsel besetzen, kommen ohne Frauen, heiraten hier die Mädchen des Landes und sind also in der zweiten Generation schon hispanisiert; die romanische Sprache hält sich auch in den von den Arabern besetzten Provinzen neben dem Arabischen am Leben. So entspricht denn dem Gegensatz und Kampf auf religiösem und politischem Gebiet auf kulturellem vielfach eine gegenseitige Beeinflussung, Befruchtung und Verschmelzung, die für die Entwicklung der spanischen und überhaupt der abendländischen Kultur von großer Bedeutung wird. Nicht nur die arabische Kultur hispanisiert sich auf spanischem Boden — spanische Historiker haben sie stolz eine „spanische Kultur in fremdem Gewände" genannt —, auch die christliche empfängt von der zunächst überlegenen des Gegners vielfältige Anregungen, ohne die die „Renaissance des 12. Jahrhunderts" in der christlidien Kunst und Wissenschaft nicht verständlich wäre. Wir brauchen nur an die für die Geistesgeschichte so bedeutsame Rolle zu erinnern, die in diesem Zusammenhang die Toledanische übersetzerschule des 13. Jahrhunderts spielte. Es ist des öfteren betont worden, daß der mittelalterliche Kreuzrittergeist, die Idee der kämpferischen Ausbreitung des Glaubens sich nirgends so kräftig in die Neuzeit fortgesetzt hat wie auf der iberischen Halbinsel. Durch die Heirat Ferdinands von Aragon und Isabellas von Kastilien sind im Jahre 1479 die beiden größten Reiche der Halbinsel zusammengewachsen und die p o l i t i s c h e E i n h e i t S p a n i e n s , die lange nur Traum und Ziel einzelner politischer Eliten war, ist so gut wie erreicht. Die nationale Einheit ist die Grundlage der Entfaltung der i m p e r i a l e n P o l i t i k . Von den christlichen Reconquistastaaten hatte als erster A r a g o n schon im 13. Jahrhundert, durch Kastiliens Vormacht in der peninsularen Expansion eingeengt, seine Stoßkraft nach außerhalb der Halbinsel gerichtet: dynastische
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Verbindungen bringen die Aragonesen nadi Sizilien, kühne Expeditionen führen zu Besitzungen in Griechenland; nachdem Sardinien und Korsika dem Königreich Aragon zugefallen sind, trägt dieses mit der Besetzung Neapels die spanische Macht zum erstenmal auf die italienische Halbinsel, von der eineinhalb Jahrtausende vorher die Romanisierung der Iberia ausgegangen war. Schon früh dringen durch diese Verbindungen die Strahlen der italienischen Renaissance und auch direkte Einflüsse der griechischen Kultur nach Spanien. Während Aragón sich im Mittelmeer ausdehnt, entfaltet sich die Expansionskraft des westlichen Reconquistastaates P o r t u g a l , ebenfalls durch die Vormacht der kastilischen Reconquista nach außen abgelenkt, in Afrika und auf dem Atlantik: in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts wird mit Ceuta eine Basis für Eroberungen in Afrika gewonnen, die afrikanische Küste fortschreitend entschleiert, werden die noch heute in Spaniens und Portugals Händen befindlichen atlantischen Inselgruppen entdeckt und in Besitz genommen. Mit einem einzigartigen Aufschwung nimmt der neugeeinte jugendliche spanische Nationalstaat unter dem „Katholischen Königspaar" Ferdinand und Isabella und ihren Nachfolgern diese Impulse auf, um nach wenigen Jahren ein Reich zu bilden, „in dem die Sonne nicht untergeht". Unter iberischer Führung bricht die Neuzeit der Geschichte an: die Schaffung und die Taten der spanischen Infanterie revolutionieren die Kriegführung und schenken Spanien einen die Jahrhunderte überdauernden militärischen Ruhm; die in das Jahr der Eroberung Granadas 1492 fallende Entdeckung Amerikas bringt eine Revolution unseres Weltbildes und die Ausbreitung der christlich-europäischen Kultur nach der Neuen Welt; als das Zentrum des Welthandels sich vom Mittelmeer auf den Atlantik verlagert, haben Spanien und Portugal durch ihre Schiffahrt und Entdeckungen schon einen wertvollen Vorsprung vor allen anderen Nationen und mit dem Gewürzhandel und den Goldminen Amerikas Schlüsselstellungen der wirtschaftlichen Macht in ihrer Hand. Mitten in diese großen Ereignisse fällt mit dem Jahre 1519 ein neuer Abschnitt des spanischen Schicksals: Karl I. von Spanien, der Nachfolger der Katholischen Könige auf dem spanischen Thron, wird als Karl V. deutscher Kaiser. An die Stelle des Parallelismus der politischen Aufgaben, den die deutsche und spanische Geschichte in mittelalterlicher Zeit zeigte, treten wichtige Jahrzehnte gemeinsamen politischen Schicksals. Spanien greift entscheidend in die Geschicke Europas ein, es wird, „als gemeinsame militärische Oberkaste über Europa hinleuchtend", die rechte Hand des Kaisers in seinem Kampf um die Erneuerung der Kaiser- und Reichsidee, als Heimat des heiligen Ignatius von Loyola der Hauptträger des Geistes der Gegenreformation und Vorkämpfer für die Wiederherstellung der weltanschaulichen Einheit Europas. Als der politische Aufschwung seinen Höhepunkt erreicht hat, ersteht die Blütezeit, das
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„siglo de oro" der spanischen Universitäten, der spanischen Literatur und Malerei, Spaniens ewiger Beitrag zur abendländischen Kultur. Aber je weiter man die Aufgaben spannt, je größer der Einsatz an menschlicher und wirtschaftlicher Kraft auf allen Schauplätzen der Alten und Neuen Welt wird, um so unausweichlicher muß auf diesen wunderbaren Aufstieg die Erschöpfung im eigenen, die Sammlung im gegnerischen Lager folgen. Der Verlust der unbesieglichen Armada, der Abfall der Niederlande, die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Portugals nach der von 1580 bis 1640 währenden Vereinigung mit Spanien sind die ersten Etappen der „Dekadenz". Als im Jahre 1700 die Dynastie der spanischen Habsburger erlischt, wird das Reich, das noch ein Jahrhundert vorher die Vorherrschaft in Händen hält, zum Zankapfel der inzwischen erstarkten Konkurrenten. Noch gelingt es der neuen bourbonischen Dynastie, das große Kolonialreich bis in die napoleonische Zeit hinaus fast intakt zu halten. Erst als die Vereinigten Staaten von Nordamerika im 19. Jahrhundert ihren politischen und wirtschaftlichen Aufstieg antreten und sich nach Frankreich und England zu den feindlichen Mächten gesellen, endet Spaniens Souveränität in Spanisdi-Amerika und in der Inselwelt des Stillen Ozeans. Dieser Zerfall des Reiches ist sowohl Ursache als Folge des Zerfalls der inneren Energien, der in dem Einfluß der aufklärerischen Ideologie des 18. und in den Parteikämpfen und Bürgerkriegen des 19. und 10. Jahrhunderts seinen Ausdrude findet, über ein Jahrhundert entbehrt das Land einer Idee, die die gegensätzlichen Kräfte ins Gleichgewicht und zu fruchtbarer Entfaltung bringt; der imperiale Gedanke der klassischen Zeit verdorrt nicht nur zwischen den innerpolitischen Gegensätzen, er wird von verschiedenster Seite sogar für die Dekadenz verantwortlich gemacht. Erst als die Bedrohung von außen und die Zersetzung von innen an die Grundfesten der nationalen Existenz selbst rührte, traten der seit der römischen Eroberung bewährte iberische Kampfesmut und die unerschütterliche Zähigkeit von neuem als Geschichte gestaltende Macht auf den Plan: auf spanischem Boden wurde zuerst der napoleonischen Eroberung Einhalt geboten, hier zuerst der Kampf gegen den Bolschewismus mit den Waffen ausgetragen. Nach der letzten furchtbaren Erschütterung lebt heute wieder die Hoffnung und der Wille zu einer Zukunft, die das nationale Schicksal auf der Basis der ruhmreichen Vergangenheit und ihres Geistes erneuert.
INHALTSVERZEICHNIS Einleitung
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1. K a p i t e l : D i e V o r g e s c h i c h t e Die Altsteinzeit — Die Kultur der' Steinzeit —. Die Jüngere Steinzeit — Die Metallzeitalter
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1. K a p i t e l : D a s v o r r ö m i s c h e S p a n i e n Iberer, Tartesser und Kelten — Die Keltiberer — Die Phönizier — Die phönizische Kultur — Die Griechen — Die griechische Kultur — Karthago — Der Krieg gegen Rom — Die iberische Kultur
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3. K a p i t e l : D e r K a m p f g e g e n Rom . Die Anfänge der römischen Eroberung — Viriathus — Numantia — Sertorius — Die Triumvirate — Der kantabrische Krieg 4. K a p i t e l : D a s r ö m i s c h e K a i s e r r e i c h u n d s e i n e K u l t u r . D a s C h r i stentum . . . Die Cäsaren — Die spanischen Kaiser — Der Niedergang des Kaisertums — Diokletian und Constantin — Die letzten Tage des Römischen Imperiums — Die römische Kultur — Staats- und Verwaltungseinrichtungen der Römer — Recht, Religion und Leben der Römer — Hispanisch-römische Kunst und Wissenschaft — Das Christentum in Spanien — Die spanische Kirche
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5. K a p i t e l : D i e W e s t g o t e n Der Einbruch der Germanen in Spanien — Das arianisdie Westgotenreich — Leowigild — Das Suebenreich — Die katholischen Herrscher der Westgoten — Der Untergang des Westgotenreiches — Die westgotische Kultur — Die öffentlichen Einrichtungen — Das Heer — Gesellschaft und Redit der Westgoten — Kultur und Kunst der Westgoten — Sitten und Gebräuche — Die spanischgotische Kirche
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6. K a p i t e l : D i e H e r r s d i a f t d e r A r a b e r Die Muslim — Die Eroberung — Die Emire — Das unabhängige Emirat — Das Kalifat von G5rdoba — Die andalusisdien Kleinstaaten — Die afrikanischen Rassen — Die arabische Kultur — Religion und Sitten der Muhammedaner — Verwaltung und öffentliche Einrichtungen — Kultur und Kunst der Muhammedaner
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7. K a p i t e l : D i e A n f ä n g e d e r R e c o n q u i s t a Das Kerngebiet des Widerstandes im Westen der Halbinsel — Das Königreich Asturien — Das Königreich León — Die Grafen von Kastilien — Die östlichen Reconquista-Staaten — Das Königreich Navarra — Die Grafschaft Barcelona
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8. K a p i t e l : K a s t i l i e n u n d L e ó n Ferdinand I. und Alfons VI. — Der Cid — Urraca und Alfons VII. — Alfons VIII. Die Königreiche León und Portugal — Die Vereinigung von Kastilien und León
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Inhal tsverzeichnis Seite 82
9. K a p i t e l : N a v a r r a , A r a g ó n u n d K a t a l o n i e n Die Monarchie von N a v a r r a — Aragón: Ramiro I., Sancho Ramírez und Peter I. — Alfons I. — Die Grafschaft Barcelona — Ramiro II. (1134—1137) und Ramón Berenguer IV. — Alfons II. und Peter II. — Navarra 10. K a p i t e l : D i e c h r i s t l i c h e K u l t u r b i s z u m 1 3. J a h r h u n d e r t . . . . Die öffentlichen Einrichtungen in den Weststaaten — Die Cortes u n d die Selbstverwaltung der Städte — Das Wirtschaftsleben — Gesellschaft und Recht in den christlichen Staaten — Kultur u n d Kunst — Die Kirche — Die öffentlichen Einrichtungen in Aragón, N a v a r r a und Katalonien — Die Cortes und die Selbstverwaltung der Städte — Das Wirtschaftsleben — Gesellschaft und Recht in den Oststaaten — Kultur und Kunst — Die Kirche — Die Juden und die unterworfenen Mauren 11. K a p i t e l : D a s K ö n i g r e i c h K a s t i l i e n
89
100
Ferdinand III. — Alfons X. — Sancho IV. — Ferdinand IV. — Alfons XI. — Peter I. — Don Gil de Albornoz — Portugal 12. K a p i t e l : D i e S t a a t e n O s t s p a n i e n s
116
Jakob I. — Peter III. - Alfons III. — Jakob II. - Alfons IV. — Peter IV. — Johann I. — Martin I. — D a s Königreich Mallorca — N a v a r r a 13. K a p i t e l : K a s t i l i e n , Po r t u g ' a l u n d G r a n a d a 135 Heinrich II. — Johann I. — Heinrich III. — Johann II. — Heinrich IV. — Die Vorgeschichte der Vereinigung von Kastilien und Aragón — Das Königreich Portugal — Das Königreich Granada 14. K a p i t e l : A r a g ó n u n d N a v a r r a
152
Der Schiedsspruch von Caspe — Ferdinand I. — Alfons V. — Das Königreich , N a v a r r a — Johann II. 15. K a p i t e l : D i e c h r i s t l i c h e K u l t u r
. 163
Die öffentlichen Einrichtungen in Kastilien und Portugal — Das Wirtschaftsleben — Die sozialen Schichten D a s Recht — Wissenschaft und Literatur — Die Künste — Die Kicdie — Die öffentlichen Einrichtungen in den spanischen Oststaaten — Das Wirtschaftsleben — Die soziale Gliederung — Das Rechtswesen — Wissenschaft und Literatur — Die Kunst — Die Kirche — Die Juden u n d die Mudejarbevölkerung 16. K a p i t e l : D a s k a t h o l i s c h e K ö n i g s p a a r
179
Ferdinand und Isabella — Die ersten Jahre der Regierungszeit — Der Krieg um G r a n a d a — Christoph Kolumbus — Die Entdeckung Amerikas — Der Krieg in Italien 17. K a p i t e l : D a s E n d e d e s M i t t e l a l t e r s Die Politik der Katholischen Könige — Philipp der Schöne — Die Regentschaft des Katholischen Königs — Cisneros — Portugal — Die öffentlichen Einrichtungen — Das Wirtschaftsleben — Gesellschaft und Redit — Die Einführung der Inquisition — Das Königspaar u n d die Kirche — Die Vertreibung der Juden — Amerika. Die Entdeckungen — Die Organisation der Eroberung Amerikas — Kultur und Kunst
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Inhaltsverzeichnis
18. K a p i t e l :
Karll
XIII Seite 243
Das Haus Habsburg — Die „Comunidades" und die „Germanias" — K a r l V . u n d Franz I. — Karl V. und die Protestanten — Karl V. und die Muslim — Die Ereignisse innerhalb Spaniens — Die Eroberung Mexikos — Die Eroberung Perus — Andere Entdeckungen und Eroberungen — Die letzten Jahre der Regierungszeit Karls V. — Die Abdankung — Portugal 19. K a p i t e l : P h i l i p p »
274
Die Vorgeschichte seiner Regierungszeit — Die Kämpfe gegen den Papst und Frankreich — Die Morisken — Die Kriege gegen die Muslim — Don Carlos — Der Aufstand der Niederlande — Die iberische Einheit — Die „Unbesiegbare" — Die Feinde Philipps II. — Die überseeischen Besitzungen Spaniens — Antonio Pérez und die aragonesisdien Privilegien — Die spanische Intervention in Frankreich — Das letzte Regierungsjahr Philipps II. 20. K a p i t e l : D e r N i e d e r g a n g d e s H a u s e s H a b s b u r g 302 Philipp III. — Die ausländischen Kriege — Die Ausweisung der Morisken — Die letzten Jahre der Regierungszeit — Philipp IV. — Die ausländischen Kriege — Die katalanische Frage — Der Zusammenbruch der iberischen Einheit — Neue Erhebungen in Spanien u n d Italien — Die letzten Jahre der Regierungszeit Philipp IV. — Karl II. —Der Devolutionskrieg — Innere Unruhen — Die Volljährigkeit des Königs — Der zweite und d e r dritte Krieg mit Frankreich — Weitere Kriege — Der spanische Erbfolgestreit — Die überseeischen Besitzungen Spaniens 21. K a p i t e l : D i e s p a n i s c h e K u l t u r w ä h r e n d d e r R e g i e r u n g d e r H a b s burger ' . . . 346 Die öffentlichen Einrichtungen — Das Wirtschaftsleben — Gesellschaft und Rechtswesen — Das kulturelle Leben — Die Literatur — Die bildenden Künste — Die Kirche — Die Kolonisation in Amerika 22. K a p i t e l : P h i l i p p V 370 Der spanische Erbfolgekrieg — Der Vertrag von Utrecht — D e r Günstling Alberoni — Ludwig I. — Die zweite Regierungszeit Philipps V. — Die spanischen Minister Philipps V. — Portugal 23. K a p i t e l : D i e N a c h k o m m e n d e s e r s t e n s p a n i s c h e n B o u r b o n e n . . 397 Ferdinand VI. — Die Beilegung der Feindseligkeiten — Die Neutralitätspolitik — Carvajal und Ensenada — Die letzten Jahre der Regierungszeit Ferdinands VI. — Karl III. — Der Familienpakt — Die Kriege gegen England — Andere Kriege — Der Aufstand gegen Squilace — Die Ausweisung der Jesuiten — Die fortschrittlichen Minister — Die amerikanischen Besitzungen — Portugal 24. K a p i t e l : D e r A u s g a n g d e s A n c i e n R é g i m e
427
Karl IV. — Godoy — Der Krieg gegen Frankreich — Spanien und Napoleon Trafalgar — Fontainebleau, El Escorial und Aranjuez 25. K a p i t e l : D i e s p a n i s c h e Z i v i l i s a t i o n z u r Z e i t d e r B o u r b o n e n . . 445 Die öffentlichen Einrichtungen — Das Wirtschaftsleben — Gesellschaft und Recht — Das kulturelle Leben — Die Literatur — Die Kirche — Die Kunst — Die Verwaltung Spanischamerikas
XIV
Inhaltsverzeichnis
Seite 26. K a p i t e l : D e r s p a n i s c h e U n a b h ä n g i g k e i t s k r i e g 461 Der 2. Mai — Die Ereignisse in Bayonne — Das Erwachen eines Volkes — Bailén — Der Eindringling — Die Provinzialaussdiüsse und der Oberste Zentrale Regierungsausschuß des Reiches — Napoleon in Spanien — Zaragoza und Gerona — Die englische Hilfe — Die Regentschaft und die Cortes von Cádiz — Das Ende des Krieges 27. K a p i t e l : F e r d i n a n d V I I 484 Die Rückkehr aus Valençay — Das absolutistische Regime — Die Revolution von 1820 — Die hunderttausend Söhne des Heiligen Ludwig — Die absolutistische Reaktion — Die Thronfolge — Der Unabhängigkeitskampf der spanischamerikanischen Kolonien 28. K a p i t e l : I s a b e l l a l l 496 Die Regentschaft Maria Christinas — Der Bürgerkrieg — Das Ende der Regentschaft Maria Christinas. Espartero — Die Volljährigkeit der Königin — Gemäßigte und Fortschrittler — Die Liberale Union — Die Außenpolitik — Die Revolution von 1868 — Portugal 29. K a p i t e l : V o n d e r E r s t e n z u r Z w e i t e n R e p u b l i k (1868—1931) . . .520 Die provisorische Regierung — Die verfassunggebenden Cortes — Spanien ohne König — Amadeus I. — Die Republik — Die Restauration — Alfons XII. — Die , Regentschaft Maria Christinas — Alfons XIII. 30. K a p i t e l : D i e Z w e i t e R e p u b l i k . D i e n a t i o n a l e R e v o l u t i o n u n d der B e f r e i u n g s k r i e g 535 Die provisorische Regierung — Die zwei Jahre der Herrschaft Azañas — Die zwei Jahre der „Ceda"-Mehrheit — Die Volksfront — Die Freiheitserhebung — Das nationale Spanien — Das rote Spanien — Der Endsieg Zeittafel
554
Bibliographie
571
Stammtafeln
593
Register
601
V E R Z E I C H N I S DER K A R T E N Seite
Karte „ „
I: Die spanisdien Kolonien der Phönizier, Griechen und Karthager .
16
lila: Spanien während der Einwanderung der nordischen Völkerstämme (414 bis 420)
„ „ „ „ „ „
. . 1 1
II: Das Spanien der Römerzeit
33
Illb: Das Spanien der Westgoten (460—507)
33
IV: Spanien zur Zeit des Cid
73
Spanien von der Zeit Alfons VI. bis zur Trennung von Kastilien und 99 Va: León (1072—1157) Vb: Spanien von der Trennung Kastiliens von León bis zur endgültigen Wiedervereinigung der beiden Reidie (1157—1230) 99 VI: Die Länder der Habsburger und das Reich VII: Die Entdeckung und Eroberung der Spanier und Portugiesen .
241 .
,am Schluß
BEMERKUNG Die vorliegende Übersetzung folgt der 3. Auflage der Síntesis de Historia de España (Barcelona 1936), die durch den Verfasser im Kapitel über die Westgoten und durch eine Darstellung der neuesten Zeit (30. Kapitel) erweitert wurde. Einleitung und Bibliographie stellen Bearbeitungen nach Vorlagen des Verfassers dar,- Zeittafel, Register und Stammtafeln wurden auf unseren Wunsch von der Übersetzerin hinzugefügt. Der Verlag
1. KAPITEL
DIE VORGESCHICHTE Audi für die Pyrenäenhalbinsel gilt die Einteilung der Vorgeschichte in drei große Abschnitte: die Ä l t e r e S t e i n z e i t des behauenen, die J ü n g e r e S t e i n z e i t des geschliffenen Steins und die metallischen Zeitalter (Kupfer-, Bronze-, Eisenzeit). Alle drei gehören geologisch zum Quartär, der Entwicklungsphase unserer Erde, in der der Mensch erscheint, während man die Existenz menschlicher Wesen für das voraufgehende Tertiär bisher nicht hat nachweisen können. D i e A l t s t e i n z e i t . Die erste in Spanien auftauchende Rasse gehört dem Neandertaltypus an. Die bisher bekannten Oberreste dieses steinbehauenden Menschen aus der Quartärzeit sind auf der Pyrenäenhalbinsel der männliche Kiefer von Bañólas und der weibliche Schädel von Gibraltar. Interessante Funde bekunden auch die Existenz der späteren Cro-MagnonRasse: der Schädel von Camargo und andere in den Höhlen von Castillo und Cobalejos (Provinz Santander) gefundene Knochen. Beides sind l a n g s d i a d l i g e (dolidiokephale) Rassen, erstere aber weit tieferstehend als letztere. Der primitive Mensch der Halbinsel lebte an den Ufern der Flüsse oder sonstigen Gewässern; er wohnte audi auf den Hochebenen, den Mesetas, und streifte nackt umher auf der Suche nach Nahrung, die ihm Jagd und Fischfang lieferten. Das milde Klima des Landes erlaubte ihm, ohne Kleidung zu gehen. Seine Lieblingsbeschäftigung war die Jagd auf Elefanten, Stiere, Pferde und Rotwild. Gegen Ausgang der Älteren Steinzeit setzen die großen Kälteperioden ein; der Mensch der Vorzeit sucht in Höhlen und an schützenden Orten eine Unterkunft, aus dem Nomaden wird ein Höhlenbewohner (Troglodyt). Jetzt geht er auf die Jagd nach Renntieren, deren Fleisch und Fett ihm als Nahrung dient, deren Talg er zu Kerzen verwendet und deren Pelze seine grobe aber schützende Bekleidung ausmachen. Der für die Ä l t e r e S t e i n z e i t charakteristische behauene Stein begegnet uns in den Fundstätten in Form von Handäxten. Zu Beginn ist dieses primitive Werkzeug als eine Art zur Jagd und zum Kampf verwandter Hiebwaffe nur auf der einen Seite bearbeitet, später finden wir doppelseitig, mandelförmig behauene Äxte. Exemplare dieser Form kennen wir aus Ballesteros, Spanien
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1. Kapitel
Torralba (Provinz Soria) und San Isidro (Madrid). In der Folgezeit differenziert sich die Herstellung der Werkzeuge aus Stein: neben die Äxte treten Grabstichel, Raspel und Feilen. Schon der Höhlenmensch vervollkommnet seine Instrumente und stellt die sogenannten Lorbeerblattspitzen und schließlich die Kommandostäbe und Hakenspieße her, wobei als Material an die Stelle des Steins Knochen, Geweih und Elfenbein treten. D i e K u l t u r d e r S t e i n z e i t . Da Asdienhaufen mit Kohlen und Reste von Herdfeuern aus jener Zeit gefunden sind, wissen wir, daß der Mensch der Steinzeit schon das Feuer kannte. Anfangs lebte man in Paaren und vermutlich durch Zufall gebildeten Gruppen; aber bald konstituierte sich das Leben im Familienverband, wie uns ein Bild aus Minateda zeigt, das eine Mutter, die ihren Sohn an der Hand führt, darstellt. Vielleicht bestand schon eine primitive Stammesorganisation mit Häuptlingen, die wir auf den Wandmalereien mit Rang- und Kommandoabzeichen in Form von besonderem Federkopfschmuck und Bändern um die Fußknöcheln abgebildet finden. Von Kämpfen zwischen den Stämmen zeugen die Zeichnungen von Tirig und Alpera. Das überraschendste ist, daß der vorgeschichtliche Mensch jener frühen Zeit über einen ausgeprägten und originellen künstlerischen Darstellungstrieb verfügte. In den Wandmalereien der kantabrisdhen Höhlen, besonders in Altamira, El Castillo und La Pasiega (Provinz Santander) hat der Urbewohner der Pyrenäenhalbinsel sprechende Zeugnisse seiner Kunst hinterlassen. Ein wunderbarer Realismus spricht aus den Darstellungen eines Hirsches, der Pferde, eines Elefanten (Pindal-Höhle) und der wunderbaren Bisons in Rotzeidinung. In Nordspanien finden wir keine steinzeitlichen Darstellungen des Menschen; aber die gleichzeitigen Denkmäler der spanischen Mittelmeerprovinzen stellen mit Vorliebe Kämpfe, Tänze und Jagdszenen dar, in denen auch Frauen mit nadctem Oberkörper und eigenartigen glockenförmigen Röcken auftreten. Die wichtigsten Wohnhöhlen aus dem östlichen Spanien, in denen diese Malereien vorkommen, sind die von Alpera und Cogul. Die Kunst war damals aufs engste mit der Religion verknüpft, das Kunstwerk wurde in ihrem Dienste geschaffen. Die Menschen der älteren Steinzeit malten die Bilder der Schutztiere ihres Stammes (totem) an die Wände der Höhlen, die zugleich Zufluchtsort, Wohnung und Heiligtum waren. Hier, schwang der Priester den Zauberstab, das Zeichen seiner Würde und Befehlsgewalt, und verrichtete den Ahnenkult. Durch vergleichende Studien mit den Sitten der heute in Afrika oder in der Südsee lebenden wilden Stämme kann man die einzelnen Stufen des primitiven Denkens erforschen, das beim vorgeschichtlichen Menschen die gleiche Entwicklungsreihe durchlaufen hat.
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Die Vorgeschichte
D i e J ü n g e r e S t e i n z e i t . Zwischen die Kultur der Älteren und die der Jüngeren Steinzeit schieben sich verschiedene Zwischenphasen der Entwicklung, deren eine in Spanien die sogenannte a s t u r i s c h e Periode darstellt. Sie charakterisiert sich durch den Gebrauch besonderer Handäxte, die in eine wie einen P f l a n z e n s c h ö ß l i n g oder einen Griff geformte Spitze auslaufen. Stüdce dieser Art wurden in der Höhle von Penicial (Provinz Asturien) gefunden. Aus der gleichen Epoche stammen die sogenannten in Mugen (Portugal) gefundenen K j ö k k e n m ö d d i n g s , die auch den Namen „paraderos" (Wohnstätten) oder „concheros" (Muschelhaufen) erhalten haben: Abfallhaufen, in denen sich ein Gemisch von Muscheln, verkohlten Gegenständen, kleinen Steinwerkzeugen und Küchenabfällen findet. Das Kennzeichen der Jüngeren Steinzeit ist der polierte Stein. Die Handaxt verschwindet fast vollkommen und wird durch Ackerbaugeräte ersetzt. Der Mensch dieser Zeit hat zwar seine kriegerischen Gewohnheiten und seine Liebe zur Jagd noch nicht aufgegeben, doch beginnt er jetzt auch das Land zu bebauen. Wir erleben hier gewissermaßen die Geburtsstunde des Ackerbaus und können das erste Vorhandensein von Haustieren feststellen. Die Höhlen bilden nun nicht mehr die einzige Wohnstätte des Menschen — er baut sich Hütten, die anfänglich aus Holz bestehen, später ungleichmäßige, rohe Steinmauern aufweisen. Die ersten Gemeinschaftssiedlungen entstehen, während die Höhlen weiterhin die geheiligten Orte sind, in denen die Toten bestattet werden. Der Mensch wendet sich jetzt dem Handwerk zu und verfertigt Tongefäße, die ersten Zeugen der Keramik. Er ist Künstler und vor allem Baumeister: seine mächtigen Grabbauten sind unter dem Namen „Megalithgräber" bekannt. Diese Grabmäler weisen verschiedene Formen auf: teils sind es „Menhire", Gedenkobelisken, teils sogenannte „Kromledis", Kreisbauten aus waagerecht liegenden Steinen oder auch ganze Reihen zugespitzter „Menhire". Das bedeutendste Bauwerk dieser Art ist der „Dolmen", der aus großen waagerecht liegenden Steinen besteht, die durch drei oder mehr Pfeiler gestützt werden. Es steht heute fest, daß der „Dolmen" als Begräbnisstätte diente. Als Vertreter einer durchaus originellen und bodenständigen Kultur, die zeitlich weit vor der mykenischen Kultur in Griechenland anzusetzen ist, finden sich in Spanien eine große Anzahl derartiger Bauten, von denen wir als die berühmtesten nur die Pastora-Höhle (Castilleja de Guzmán, Sevilla), Matarrubilla (Provinz Sevilla) und die Höhlen von Romeral und Menga (Provinz Málaga) nennen. dbertraf der Mensch der Jüngeren Steinzeit seinen Vorgänger auf dem Gebiet des Bauwesens, so war er ihm, was künstlerische Plastik und Malerei 1*
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betraf, unterlegen. Auf die großartigen realistischen Darstellungen folgt eine im Anfang degeneriert-naturalistische, später schematisierte und eigenartig stilisierte Felsmalerei: Striche, Bogen und einfache Linien, die auf eine größere geistige Kompliziertheit hinweisen und der modernen Kunst unserer Tage verwandt sind. Die wichtigsten Funde aus dieser Epoche sind der „Tajo de las Figuras", der „Figurenblock", von Cádiz und die „Piedra Escrita", der „beschriebene Stein", von Fuencaliente (Ciudad Real). Das Wesen der Religion entspricht der künstlerischen Entwicklung: in Peña T ú (Asturien) finden wir in Schiefer eingeritzte Götterbilder sowie Skulpturen und Malereien. Kennzeichen der Jüngeren Steinzeit ist das Auftauchen der Keramik. Die ersten Zeugnisse dieser Kunst sind noch höchst unentwickelt, wie z. B. der große Kübel von Argecilla (Guadalajara). Eine besondere Phase ist das am Ende der Jüngeren Steinzeit liegende sogenannte S p ä t n e o l i t h i k u m , die Zeit, in der bereits das Kupfer verwertet wird. Als besonderes Merkmal dieser Zeit gelten die hervorragenden Werke der Töpferkunst, wie z. B. die Glockenbecher von Ciempozuelos (Provinz Madrid), Palmella (Portugal) und Los Millares (Almeria). D i e M e t a l l z e i t a l t e r . Mit dem Gebrauch der Bronze wird die Pyrenäenhalbinsel zu einem Kulturherd von höchster Bedeutung, denn von hier aus breitete die Bronzetechnik sich über das gesamte übrige Westeuropa aus. Funde aus dieser Zeit bieten die Friedhöfe, auf denen die Verstorbenen in „cistas" (einer Art Steintruhen) oder in großen Vasen beigesetzt sind. Aus der gleichen Zeit stammen eine Reihe von Aschenurnen, die ebenfalls die Überreste Verstorbener bargen. Die erste Periode der Bronzezeit bildet die Argarkultur, die nach einem Fundort dieses Namens in der Provinz Almeria benannt ist. Vor kurzem wurden in der Bucht von Huelva über 400 Stücke aus Bronze, darunter Schwerter, Lanzen und Dolche entdeckt, die einer späteren Periode der Bronzezeit entstammen dürften. In der gleichen Epoche entstanden die galicischen „Castros" (primitive befestigte Orte) und die Bergfesten, die sogenannten „ C i t a n i a s " , unter denen die von Sabrosa und Briteiros in Portugal erwähnenswert sind. Der späteren Bronzezeit gehören die „Talayots" und „Navetas" auf den Balearen an. Der Talayot ist ein Turm in der Form eines abgestumpften Kegels; die Naveta hat, wie schon ihr Name andeutet, die Gestalt eines kleinen Schiffes. Beide Bauwerke dienten Begräbniszwecken. Mit der Eisenzeit beginnt die Geschichte Spaniens. Die archäologischen Funde aus dieser Epoche sind Erzeugnisse historischer Rassen, deren Vorkommen auf der Pyrenäenhalbinsel uns durch die Berichte antiker Autoren bestätigt wird.
2. Kapitel: Das vorrönrisdie Spanien
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2. KAPITEL
DAS VORRÖMISCHE SPANIEN I b e r e r , T a r t e s s e r u n d K e l t e n . Wenn wir von den ersten historischen Bewohnern Spaniens sprechen, so soll damit nicht gesagt sein, daß die prähistorischen Rassen in Spanien ausgestorben wären. Sicherlich bilden sie die rassische Grundlage der Bevölkerung — die griechischen und lateinischen Dichter, Geographen und Geschichtsschreiber jedoch beziehen sich niemals direkt auf diese Urrassen. Nach Ansicht der Griechen waren die Ligurer die ersten Bewohner des äußersten Westens und damit auch Spaniens. Diese Auffassung der griechischen Gelehrten wirkte selbst auf verschiedene modernere Darsteller so überzeugend, daß sie die ligurische These als unbezweifelbar hinstellen. Die entsprechenden griechischen Zeugnisse datieren aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. (Hesiod, Eratosthenes). Die Iberer bilden die erste historische Bevölkerungsschicht Spaniens. Sie gehören der lybisch-afrikanisdien Rasse an und sind mit den Berbern verwandt. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine einheitliche Invasion von Stämmen gleicher Herkunft, wie der große Kulturunterschied zwischen dem Turdetaner im Süden und dem wild lebenden Ilergeten an der Küste des Mittelmeeres beweist. Die große Masse wurde offenbar von den afrikanischen Hamitenstämmen gestellt. Die Iberer drangen von Süden her in die Halbinsel ein, wanderten an der Ostküste nordwärts, überschritten die Pyrenäen und ließen sich in Aquitanien und der Provence nieder, wobei sie überall auf ihrem Wege die Eingeborenen vertrieben oder unterwarfen. Diese Wanderungen vollzogen sich in einer geschichtlich nicht festzulegenden Zeit. Die ersten Zeugnisse über die Anwesenheit der Iberer in Spanien und Frankreich stammen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. (Hekatäus und Aischylos). Die eben angedeutete rassische Vielfältigkeit macht es schwierig, besondere Merkmale des Iberers herauszustellen. Einige allgemeine Züge lassen sich jedoch festlegen. Der geschichtliche Iberer war ein kleiner, magerer, langschädeliger Mensch. In geistiger Hinsicht zeichnete er sich durch Treue, Ritterlichkeit, Gastlichkeit, Frömmigkeit und ein unzähmbares Temperament aus. Zu diesen Vorzügen traten ebenso bedeutende Mängel, wie Indolenz, Anmaßung und Feindseligkeit gegenüber jedem fremden Kultureinfluß. Ein besonders interessantes Problem bieten die Tartesser, die lange Zeit hindurch mit den Iberern verwechselt wurden. Heute neigt man mehr und
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mehr zu der Ansidit, daß die Tartesser eine von den Iberern verschiedene Rasse waren. Der Hauptunterschied gegenüber den Iberern liegt in ihrer von den klassischen Autoren bezeugten höheren Kulturstufe. Wahrscheinlich kamen die Tartesser am Ende der Bronzezeit ins Gebiet des heutigen Andalusien und unterwarfen sich die dortige Urbevölkerung, die in der Jüngeren Steinzeit und der Kupferzeit die Kultur der Höhlen und des Glockenbechers entwickelt hatte. Man nimmt an, daß die Tartesser von der afrikanischen Küste kamen und der lybischen oder hamitischen Rasse angehörten. Langsam breiteten sie sich nach Osten hin aus und drangen bis ins Gebiet von Almeria vor. Die Mastiener mit ihrer Hauptsadt Mastia (Cartagena) waren ein den Tartessern verwandter oder von ihnen abhängiger Volksstamm. Die bedeutendste Niederlassung oder Hauptstadt der Tartesser, die diesem Volke seinen Namen gab, ist T a r t e s s o s , das die Archäologen an den Ufern des Guadalquivir, in den Sümpfen der heutigen Gegend von „Doñana", entdeckt zu haben glauben. Ein drittes völkisches Element vervollständigt das Bild von den ersten historischen Bewohnern der Pyrenäenhalbinsel: die keltische Rasse. Die Kelten sind Indogermanen und saßen bereits vor den Iberern auf der Hochebene und im Westen Spaniens. Sie müssen gegen das Jahr 600 v. Chr. über die Pyrenäen gekommen sein. Unter den Schriftstellern der Antike beriditen uns Herodot, Ephorus, Aristoteles, Thimeon und die Quelle des Avien über ihre Anwesenheit auf der Pyrenäenhalbinsel zu verschiedenen Zeiten. Das Vorkommen von Stabdoldien im Nordwesten Spaniens ist ein archäologischer Beweis dafür, daß die Kelten hier bereits in der Eisenzeit saßen. Ihre Ausdehnung läßt sich mit Hilfe der auf die keltische Endsilbe - b r i g a endenden Ortsnamen feststellen. Bekannter noch ist die keltische Rasse durdi ihre Verwandtschaft mit den historischen Galliern, über die im ersten Jahrhundert v. Chr. ausführliche Berichte vorliegen. Der Kelte war blond, hochgewachsen und im allgemeinen rundschädelig. Er war ungestüm im Kampfe, liebte das Abenteuer, war ein Freund der Ordnung und Organisation und lebte in einer aristokratischen Staatsverfassung. Im Kriege bewahrte er höchste Disziplin und gehorchte den Anordnungen des „Brennus" oder Heerführers. Eine bis zum heutigen Tage noch ungelöste Frage ist die der baskischen Rasse, die man lange Zeit hindurch aus sprachlichen und rassenmäßigen Gründen für Nachkommen der alten iberischen Urbevölkerung gehalten hat. Diese Theorie jedoch hat viel an Boden verloren. Einige Forscher neigen zu der Ansicht, daß die Basken noch reine Ligurer sind (wobei unter Ligurer ein Sammelbegriff für die voriberischen und vorkeltischen Völker zu verstehen ist). Vielleicht aber haben wir in ihnen auch die historischen Ab-
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kömmlinge der Pyrenäenrasse zu sehen, d. h. jener Rasse, die während der Älteren Steinzeit in den Höhlen der kantabrisdien Berge lebte und die Schöpfer der Wunderwerke von Altamira waren. Es ist möglich, daß die Berührung mit den Iberern die Basken bestimmte iberische Wesenszüge annehmen ließ. Die Gelehrten wurden hierdurch getäuscht und glaubten darin Anzeichen für eine Rassenverwandtschaft erblicken zu müssen, obgleich es sidi später deutlich genug ergab, daß viele Grundeigensdiaften der Basken sich mit dem, was man von der iberischen Rasse wußte, in keiner Weise vereinbaren ließen. D i e K e l t i b e r e r . Durch die Invasion der Iberer nach Mittelspanien und die Unterwerfung der auf der Hochebene lebenden Kelten vollzog sid» hier eine Rassenmischung. Im Jahre 400 v. Chr. wurden die Iberer durdi die Gallier aus der Provence vertrieben und strömten über die Pyrenäen zurück. Sie zogen es vor, die Kelten anzugreifen, anstatt sich mit ihren Stammesgenossen, den an der Küste lebenden Iberern, in einen Kampf einzulassen. Dieser Krieg dauerte von 400 bis 230 v. Chr. Die Keltiberer sind also ein Mischvolk aus Kelten und Iberern. Aus der Tatsache dieser Rassenmischung erklärt sich auch der Umstand, daß man reine Kelten nur noch im Nordosten (Galicien) und Südosten (Algarve) sowie an zwei weiteren engbegrenzten Stellen der Halbinsel antrifft. Die Lusitaner im äußersten Westen sind Iberer. Die wichtigsten in historischer Zeit in Spanien lebenden Stämme sind folgende: die T u r d e t a n e r in Andalusien im Gebiet zwischen dem Guadiana und der Meerenge von Gibraltar; östlich von ihnen finden wir die B a s t e t a n e r (Provinz Cartagena). Der Osten war bevölkert von den C e r r e t a n e r n (Tarragona), den Lacetanern (Barcelona), den Ausetanern (Gerona und Vidi), und den I n d i g e t e n (Ampurias). In Mittelspanien lebten die O r e t a n e r (La Mancha), die K a r p e t a n e r (Toledo), die V a k k ä e r (Gebiet von Campos) und die kriegerischen Arrevaker (Numantia). Abgesehen von anderen kleineren Stämmen finden wir noch die V a s k o n e n in Navarra, die K e l t e n in Galicien und die L u s i t a n e r im Gebiet des heutigen Portugal zwischen Guadiana und Duero. D i e P h ö n i z i e r . Im 11. Jahrhundert v. Chr. landeten an den iberisdien Küsten kühne Seefahrer semitischer Herkunft. Ihr ausgeprägter Handelsgeist war sprichwörtlich und ihre berühmten Expeditionen sicherten ihnen den Ruf erfahrener Seefahrer. Diese klugen Fremden waren die Phönizier, die sich mit der Geschicktheit und Liebenswürdigkeit hochzivilisierter Menschen das Vertrauen der Eingeborenen gewannen und ihre Erzeugnisse gegen billigen Tand aus dem Orient einhandelten. Die wohlwollende Haltung der Iberer erlaubte den Phöniziern Handelsfaktorenen zu gründen und die reichen Minen von T a r s i s , wie sie den Süden Iberiens nannten, auszu-
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beuten. Bereits zur Zeit Salomos, also um das Jahr 1000 v. Chr., werden die Fahrten der Phönizier nach Tarsis erwähnt. Man nimmt an, daß die Phönizier zunächst ihre Handelsbeziehungen auf das südöstliche Gebiet der Pyrenäenhalbinsel ausdehnten, wie auch aus den Funden auf dem Friedhof von Villaricos hervorgeht. Vor der von Tyrus ausgehenden Kolonisationstätigkeit ist in Spanien vielleicht noch die von Sidon, der vor den Zeiten der tyrischen Oberherrschaft blühenden Metro-' pole, anzusetzen. Gegen 1050 gründeten die Tyrer Gadir (Cádiz) als Basis ihrer Handelsfaktoreien im Westen. Durdi ihre günstige geographische Lage als Ausgangspunkt neuer kühner Expeditionen nahm die Stadt sdton damals einen großen Aufschwung. Zu den in jener Zeit gesuchten und von den Phöniziern mit größter Sorgfalt verheimlichten Seewegen gehörte der nach den „Kassiteriden", den Zinninseln, wie man die Küsten der heutigen Bretagne und die kleinen Inseln vor der galicischen Küste nannte. Im 7. Jahrhundert v. Chr. berichtet der Prophet Hesekiel, daß das Zinn in Schiffen von Tarsis nach Tyrus kam. Die Phönizier gründeten noch weitere Faktoreien wie Carteia, Malaca und Abdera, die später zu blühenden Handelsstädten wurden. D i e p h ö n i z i s c h e K u l t u r . Die Phönizier brachten nach Iberien ihre Kunst, ihre Religion und ihre Lebensgewohnheiten mit. Da sie jedoch in dieser Hinsicht das unselbständigste Volk der Antike waren, bietet ihre Kultur nur das Spiegelbild anderer orientalischer Kulturen. Der phönizische Kaufmann machte sich den Umstand zunutze, daß die Eingeborenen den Wert der Metalle offenbar noch nicht kannten. So betrog er sie, indem er die wertvollen Metalle von ihnen im Tausch gegen wohlriechende Essenzen, Salben, gläsernen Flitterzierat, wertlosen Schmuck und wahrscheinlich auch berauschende Getränke einhandelte. Der höchste Gott der Tyrer war Melkart, dem die phönizischen Kolonisten in Gadir einen prächtigen Tempel errichteten. Die klassischen Schriftsteller geben Beschreibungen dieses Bauwerkes. Wie einige Archäologen vermuten, befand sich an der Landspitze von Sagres noch ein weiteres der gleichen Gottheit geweihtes Heiligtum. Melkart ist der tyrische Herkules, der Gott der Seefahrer und das Symbol der phönizischen Kolonisation im Mittelmeer. Der K a b i r e n k u l t hatte seinen Hauptsitz auf der Insel Ibiza, gehört jedoch wahrscheinlich ins Zeitalter der karthagischen Herrschaft. Die Kabiren, die Söhne Sydyks des Wahrhaftigen, verkörpern die schöpferischen Kräfte des Universums. In politischer Hinsicht unterstanden die phönizischen Kolonisten einer von der Hauptstadt unabhängigen Regierung. Mit dem Mutterland verknüpften sie nur völkische und religiöse Bande. Der Kolonialregierung
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standen zwei hohe Beamte, die sogenannten Suffetim (Richter) vor, die politische und richterliche Gewalt hatten. An der Seite der Suffetim stand in der politischen Verwaltung von Gadir der Sofer, ein hoher Finanzbeamter. Zahlreiche Funde auf den alten Begräbnisstätten von Gadir geben uns Aufschluß über die phönizische Kunst. Zeugen ihrer Baukunst sind die Totengrüfte; ihre Bildhauerkunst kommt in dem prächtigen Marmorsarkophag in Menschengestalt zum Ausdrude, der in Punta de Vaca (Cádiz) entdeckt wurde. Darüber hinaus fand man zahlreiche Schmuckgegenstände, von denen einige phönizische Inschriften tragen. Die phönizische Kunst weist wenig originelle Züge auf, säe ist im allgemeinen eine Nachahmung und Vergröberung der Kunst höher kultivierter Völker, mit denen die Phönizier in Berührung kamen. So zeigt sie vor allem Anlehnungen an die assyrisch-chaldäisdie, die ägyptische und die ägäische Kunst. Einen sprechenden Beweis hierfür erbrachte der Fund des Schatzes von Aliseda, der aus goldenen Schmuckstücken (Ohrgehängen, Diademen und Ringen) mit orientalischen Motiven, einem silbernen Kohlenbecken und einer Glasvase mit einer seltsamen Hieroglypheninschrift besteht. Überreste der für die Phönizier charakteristischen Salzfleischindustrie haben sich in Baesipo (Barbate) erhalten, weiterhin an der Mündung des Almazora, an der Küste von Algarve, bei Budens und Faro und an der Küste des Atlantischen Ozeans in der Nähe von Setúbal. D i e G r i e c h e n . Von seiten einiger Archäologen ist die Behauptung aufgestellt worden, daß bereits in der Jüngeren Steinzeit und in den ersten Perioden der Bronzezeit eine Kulturverbindung zwischen der vorgriechischen orientalischen Welt und Spanien bestanden habe. Die hierfür beigebrachten archäologischen Begründungen jedoch sind durchaus nicht beweisend. Vom 8. Jahrhundert vorchristlicher Zeit an wird der Name der Pyrenäenhalbinsel in den Gedichten Hesiods erwähnt, und vielleicht lassen sich auch schon einige Andeutungen in den Versen Homers auf Spanien beziehen. Der erste Autor, der die Stadt Tartessos nennt, ist Stesidioros von Himera im Jahre 600 v. Chr. Zu Beginn des 7. Jahrhunderts (630) v. Chr.) verschlugen widrige Winde ein Schiff von Samos nach Westen. Der Kaufmann Kolaios landete in Tartessos, das, ebenso wie Tarsis, im Gebiet des heutigen Andalusiens lag, und gewann sich die Freundschaft des dortigen Königs Argantonius. Damit hatten die Griechen das ferne Tartessos entdeckt, das sie zu einer Pflanzstätte ihrer Kunst und Kultur machen sollten. Die politische Entkräftigung des phönizischen Reiches führte zu einer Schwächung seiner Seemacht. Dadurch aber wurden die Phokäer zu Beherrschern des Westens. Nach der Gründung von Marseille dehnten sie ihre Faktoreien auch auf Iberien aus und setzten sich an verschiedenen Stellen
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der Mittelmeerküste fest. Ihre wichtigsten Gründungen waren Illiberris (Elna), Cervaria (Cerbères), Kalopolis (Barcelona), Rhode (Rosas), Hemeroskopion (Denia oder Cullera) und Mainake bei Málaga. Keine dieser Kolonialstädte aber erreichte die Berühmtheit von Emporion (Ampurias). Die griechische K u l t u r . Durch die in Ampurias angestellten Ausgrabungen ist diese Stadt uns heute wohlbekannt. Die Keramikfunde in der untersten Schicht — Gefäße, aus einer guten Epoche, die schwarze Figuren auf rotem Grund zeigen — liefern uns das Gründungsdatum der Neustadt von Ampurias. Hiernach dürfte die Stadt zu Ende des 6. oder zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. gegründet worden sein. Es gab zwei Städte, die sogenannte Paläopolis und die Neapolis, die durch eine Mauer getrennt waren. Man hat hier Reste der griechischen Mauer sowie Spuren von Tempeln und anderen Gebäuden entdeckt, deren einige wohl bereits der römischen Epoche angehören. Die ältesten in Ampurias geprägten Münzen stammen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und zeigen den Kopf eines Kriegers oder Tierköpfe (Hammel, Stier, Löwe). Der Hauptzweck der griediischen Kolonialgründungen war die Ausdehnung des Handels, doch war auch ein politisches und religiöses Interesse vorhanden, so daß eine enge Verbindung mit dem Mutterland bestand. Phokäa begründete im Westen eine T h a l a s s o k r a t i e , eine Seeherrschaft. Die Kolonialstädte in Iberien standen in direkter Abhängigkeit von M a s siii a (Marseille), denn von hier aus waren die griechischen Kolonisten gekommen. Die Seeherrschaft der Phokäer im westlichen Mittelmeer dauerte jedoch nur 44 Jahre. In einer Seeschlacht wurden sie im Jahre 535 von den Karthagern und Thyrrenern bei Sardinien geschlagen und büßten damit ihre Vormachtstellung ein. Die von ihnen gegründeten Kolonialstädte aber erlebten noch eine jahrhundertelange blühende Entwicklung. Eine noch ungeklärte Frage ist die der griechischen Kolonisation in Galicien. Die Verteidiger dieser These stützen sich auf die von den klassischen Geographen erwähnten Namen einzelner im galicischen Gebiet lebender Stämme, wie der Grovier, der Hellenen und der Amphiloker. Von verschiedenen Seiten ist auch die Vermutung ausgesprochen worden, daß an der Küste des heutigen Portugal griechische Niederlassungen bestanden haben. K a r t h a g o . Eine andere starke Militärmacht sollte der Vorherrschaft der Phokäer im Westen ein jähes Ende bereiten: die große karthagische Republik, die Erbin von Tyrus, richtete gegenüber den Griechen und Etruskern eine Hegemonie im Thyrrenisdien Meer auf. Die Beziehungen zwischen Karthago und Iberien dürften sdion sehr alt gewesen sein, denn
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bereits in den Punischen Kriegen dienten in Sizilien Iberer als Söldner im karthagischen Heer. Die große Mittelmeerrepublik besetzte die Inseln: Sardinien und die Balearen fielen in die Hand Karthagos. So hat man in Ebusos (Ibiza) wertvolle Überreste der karthagischen Kultur entdeckt. Ihre Rassegenossen, die Phönizier, hatten die Karthager gegen einen Bund iberischer Stämme zu Hilfe gerufen — unter diesem Vorwand stand ihnen die Pyrenäenhalbinsel offen. Sie landeten in Cádiz und bemächtigten sich des Ortes. Der Krieg mit Rom brachte es mit sidi, daß das Interesse der Karthager zunächst von ihren Absichten in Iberien abgelenkt wurde; erst die Niederlage im Ersten Punischen Krieg ließ den Kolonisationsplan wieder aufleben. Das Haupt der Unternehmung war diesmal die mächtige Familie der Barkiden, die zu dieser Zeit die Geschicke Karthagos bestimmte. Iberische Söldner und Schleuderer von den Balearen hatten im Dienste der Karthager am Ersten Punischen Kriege teilgenommen. Hamilkar Barkas faßte den Plan, als Ausgleich für den Verlust Siziliens eine Kolonialherrschaft in Iberien zu begründen. Er unterwarf verschiedene Stämme und kämpfte erfolgreich gegen die iberischen Heerführer Indortes und Istolacius, wodurch er sein Vorhaben zum Teil in die Tat umsetzen konnte. Als er jedoch den befestigten Ort H e i i c e (Elche) belagerte, eilte der König der Orisser den Eingeschlossenen zu Hilfe. In dem Kampf, der sich hierbei entspann, fiel Hamilkar (229 v. Chr.). Bei seinem Tode hatte sich die karthagische Macht bereits auf das Gebiet des heutigen Andalusien, Murcia und den Süden der Provinz Valencia ausgedehnt. Der Nachfolger Hamilkars und Fortführer seiner Politik war sein Schwiegersohn Hasdrubal. Der neue Feldherr gründete die Stadt NeuKarthago (Cartagena) als Mittelpunkt der karthagischen Herrschaft in Iberien. Hier aber griff Rom, das mit mißgünstigen Augen auf das Kriegsglück Karthagos sah, ein und schloß einen Vertrag, in dem den Puniern die Herrschaft über die südlich des Ebro gelegenen Gebiete zugesprochen wurde. D e r K r i e g g e g e n Rom. Nach der Ermordung Hasdrubals wählte das Heer einen Sohn Hamilkars, den die Geschichte unter dem Namen des großen Hannibal kennt, zum Führer. Jung, beherzt, erfahren und kampfesmutig war Hannibal die Verkörperung des Hasses gegen Rom. In den Dienst dieser Sache stellte er seine hervorragenden Führereigenschaften, sein strategisches Talent und sein unvergleichliches Feldherrngenie. Sein Wahlpsruch war Rache, und um sie üben zu können, faßte er einen der kühnsten und genialsten Pläne, die die Geschichte der Menschheit kennt. Er wollte den Krieg in das Herz Italiens tragen, den Feind auf seinem eigenen Boden schlagen, und zur Durchführung dieses Unternehmens war er entschlossen,
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all den unzähligen Schwierigkeiten und den anscheinend unüberwindlichen Hindernissen zu trotzen. Wenn er jedoch den geplanten Feldzug ausführen wollte, durfte er keine ernstlichen Feinde hinter sich zurücklassen und mußte zunächst die Herrschaft Karthagos über die iberischen Gebiete sichern. Er unternahm also einen Einschüchterungsfeldzug in die Gegend des Tajo und kämpfte gegen die Vakkäer und die Olkaden, um ihnen einen Beweis von der Schlagkraft Karthagos zu geben. In der vermutlich von den Griechen gegründeten Stadt Sagunt hatte sich eine antikarthagische Partei gebildet, die die Unterstützung Roms suchte. Hannibal wollte Iberien nicht verlassen, bevor er Sagunt nicht unterworfen hatte. Jetzt verletzte Rom den mit Karthago abgeschlossenen Vertrag und versuchte zugunsten Sagunts zu vermitteln. Hannibal aber wies jede fremde Einmischung ab und begann die Belagerung der Stadt. Die Eingeschlossenen wehrten sich mit dem Mut der Verzweiflung. Die Geschichte weiß von dem heroischen Verhalten einzelner Bürger Sagunts, die sich lieber mit all ihrem Hab und Gut in die Flammen stürzten, als Sklaven der Karthager zu werden. Durch eine Bresche drang Hannibal in die Stadt ein, und jetzt, nach dem Fall von Sagunt (219 v. Chr.) begann der Zweite Punische Krieg, der in Wirklichkeit schon vorher seinen Anfang genommen hatte. Von Neu-Karthago aus unternahm Hannibal diesen Feldzug, dessen Durchführung ihn unter die besten Heerführer der Geschichte einreihen sollte. Er überschritt den Ebro, zog über die Pyrenäen, durchschritt an einer seichten Stelle die Rhone und führte seinen berühmten Ubergang über die Alpen durch. Nach seiner Ankunft in den blühenden Feldern der Poebene besiegte er, nun schon auf italienischem Gebiet, nacheinander die vier ihm entgegengestellten römischen Heere am Tessin, an der Trebia, am Trasimenischen See und bei Cannae. Bei dieser ruhmvollen Unternehmung fochten in Hannibals Heer eine ganze Anzahl iberischer Truppen, die so ihren Anteil an den historischen Siegen haben. Der größte Erfolg Hannibals war der Sieg über die Römer auf der Ebene bei Cannae (Apulien), zu dem auch die balearisdhen Schleuderer und iberisches Fuß- und Reitervolk beitrugen. In der Nacht von Cannae bat Maharbal, der Führer der numidischen Reiter, den General um die Erlaubnis, gegen Rom vorzurücken. Als der Karthager ihm diese Bitte abschlug, erwiderte Maharbal: „Die Götter beschenken nicht einen einzigen Menschen mit allen ihren Gaben. Du verstehst zu siegen, Hannibal, aber du weißt deinen Sieg nicht auszunutzen." Den Römern war es klar geworden, daß sie nun all ihre Energie einsetzen und den Krieg nach Iberien verlegen mußten. Von dorther war die Gefahr gekommen, dort mußte Hannibal noch ungeheure Reserven an
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Menschen und Kriegsmaterial haben. So landete denn ein römisches Geschwader unter dem Befehl der Brüder Scipio an der spanischen Küste. Der Kühnheit Hannibals mußte man mit gleicher Kühnheit entgegentreten. Die Brüder Gnaeus und Publius hatten anfänglich Erfolge zu verzeichnen und besiegten die Karthager in mehreren Treffen. Das Kriegsglück machte sie zuversichtlich — sie teilten ihre Heere, und nun fielen sie beide im Kampf gegen die öbermacht der feindlichen Streitkräfte (221 v. Chr.). Der Krieg tobte jetzt an allen Fronten, und die Ereignisse in Italien fanden ihren Widerhall in Spanien. Drei Dinge: die vielbesungenen Freuden von Capua, der hartnäckige Widerstand Roms und der mangelnde Weitblick Karthagos wirkten zusammen, um Hannibal in seiner Kampfkraft zu lähmen. Eine Republik von Kaufleuten konnte den Ansprüchen eines genialen Feldherrn nicht gerecht werden. Karthago ließ seinen General im Stich, und nun war der von Rom sehnlichst erwartete günstige Augenblick gekommen, um Publius Cornelius Scipio, den Sohn des gleichnamigen im Kampfe mit den Karthagern gefallenen Konsuls, nach Iberien zu entsenden. Der junge Scipio war ein würdiger Gegner Hannibals; seine Klugheit, seine Umsichtigkeit und seine Fähigkeiten hatten ihm das Vertrauen der Truppen gewonnen. Sofort nach seiner Landung faßte er einen kühnen Plan, den er augenblicklich in die Tat umsetzte. In Eilmärschen rückte er gegen NeuKarthago und bemächtigte sich der Rüstkammer Hannibals auf der Pyrenäenhalbinsel. Von diesem Augenblick an erlitten die Karthager eine Niederlage nach der anderen. Hasdrubal, der Bruder Hannibals, wurde geschlagen. Es gelang ihm, mit dem Rest seines Heeres zu entkommen und Italien zu erreichen, wo er seinem Bruder zu Hilfe zu eilen suchte. Doch die Römer errangen einen Sieg über den Karthager, und Hannibal sah sich gezwungen, sich nach Afrika zurückzuziehen. Scipio setzte seinen Triumphzug bis Cádiz fort. Nur eine einzige Stadt leistete ihm zugunsten Karthagos heroischen Widerstand: die Einwohnerschaft von Astapa (Estepa) kam bei der Verteidigung der karthagischen Sache — oder vielleicht richtiger ihrer eigenen Unabhängigkeit — in den Flammen um. Die Karthager wurden von der Pyrenäenhalbinsel vertrieben und das Schicksal Karthagos entschied sich auf afrikanischem Boden bei Zama, wo Scipio seinen furchtbaren Gegner Hannibal in einer Feldschlacht besiegte. D i e i b e r i s c h e K u l t u r . Während die Phönizier, die Griechen und Karthager an den Küsten Hispaniens landeten, entwickelte sich dort langsam eine eigene Zivilisation, an deren Bildung die Völker, die mit den Einwohnern der Halbinsel Handel trieben oder Krieg führten, in verschiedenem Maße beteiligt waren. Diese Kultur nahm bei den einzelnen Stämmen durchaus verschiedene Ausdrucksformen an, und auch die klassischen
Das vorrömisdie- Spanien
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Schriftsteller machen deutliche Unterschiede zwischen den zivilisierten Turdetanern, den kriegerischen Keltiberern und den barbarischen Kantabrern und Asturiern. Unterschiedlich war vor allem die politische Lebensform der einzelnen Stämme; häufig waren sie nach Gemeinden, festen Plätzen oder Städten eingeteilt und wurden von einem Rat der Alten regiert. Nur bei den Stämmen im Süden und an der Ostküste bestand eine Erbmonarchie. Die Keltiberer und Lusitaner wählten in Zeiten der Not Führer, deren ausschließliche Aufgabe jedodi in dem Oberbefehl über das Heer lag. Eine Zwischenstufe, der vielleicht politische Bedeutung zukommt, ist die Sippenherrschaft. Genau gesehen, weist der Name eines Stammes zwar stets auf eine rassenmäßige Einheit hin, ist aber durchaus nicht ein Zeichen für eine einheitliche politische Organisation. Der Iberer mit seiner individualistischen Wesensart empfand nur selten das Band der Rassengemeinschaft, und niemals kam es zu einem Zusammenschluß aller iberischen Stämme. Hier liegt der Grund für die Niederlage der Iberer gegenüber starken Gegnern wie Karthago und Rom. Die Hauptbeschäftigung des Iberers war der Kampf — er zählte zu den besten Söldnern der Antike. Seine Kampfesweise bestand in blitzschnellen Vorstößen und Rückwärtsbewegungen, bei denen das Fußvolk seine Geschicklichkeit unter Beweis stellen und die leichte Reiterei durch ihren raschen Einsatz zum Erfolg beitragen konnte. Wir haben hier schon den berühmten Guerillakrieg, der sich in gleicher Form bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts erhalten sollte. Auch der bei den Keltiberern beliebte Angriff durch eine in Keilform aufgestellte Truppe trug ihnen manchen Sieg ein. Eine typische iberische Waffe, der Degen, wurde von den Römern übernommen und fand schnelle Aufnahme in allen Ländern der damals bekannten Welt. Zu den hervorstechendsten Eigenschaften des Iberers zählt seine Genügsamkeit. An der Küste bildete das Brot den Hauptbestandteil der Nahrung — zum Kochen verwendete man ö l ; auf der Hochebene hingegen kochte man mit Butter und bevorzugte Fleischnahrung. Aus dieser Tatsache erklärt sich, warum die Bewohner Mittelspaniens Jäger waren und die Küstenbewohner Kaufleute. Die Keltiberer tranken Wein, Honigmet und Bier. Zu ihren charakteristischen Kleidungsstücken gehörte der Überwurf aus grobem Tuch, in dem man vielleicht den Vorläufer der spanischen Capa zu erblicken hat. Die Frauen trugen eine Art aus Eisen verfertigten Aufsteckkamm und einen schwarzen Schleier — möglicherweise das Vorbild der heutigen Mantilla. Als Wohnstätte dienten Hütten, die man aus Zweigen und Lehmziegeln auf Steinsodkeln errichtete.
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3. Kapitel: Der Kampf gegen Rom
Bei den Vakkäern bestand ein Agrarkommunismus. Was das Familienleben betrifft, so scheint beim Iberer die Einehe vorgeherrscht zu haben. Eine eigentümliche Einrichtung war die der sogenannten „soldurii" oder „devoti", einer Leibgarde der Fürsten, die geschworen hatte, diesen nicht zu überleben. Ein häufiges Mittel zur Herbeiführung von Entscheidungen bei Zwisten und Streitigkeiten war der Zweikampf. Im Hinblick auf das religiöse Leben finden wir auf der Halbinsel die verschiedensten Kulte und Gebräuche. Die Ligurer hatten höchstwahrscheinlich eine Naturreligion und sahen ihre Götter in Flüssen und Bergen (Kap San Vicente und die Flüsse Deva und Navia). Die Iberer beteten den Mond an. In späteren Zeiten erlangte der Kult des Endovellicus, der Schutzgottheit von Alemtejo im heutigen Portugal, eine gewisse Berühmtheit. Wie aus zahlreichen Funden bei den Ausgrabungen in Despenaperros und Collado de los Jardines hervorgeht, gab es vielbesuchte Heiligtümer, in denen die Pilger Weihgeschenke darbrachten. Unter den keltischen Gottheiten war vor allem die Göttin Epona bekannt. Dem Tanz wohnte eine religiöse Bedeutung inne. Die heutige Jota, der baskische Aurresku, und die Sardana sind vermutlich Oberreste jener alten Kulttänze. Ihren glänzendsten Ausdrude fand die iberische Kultur in der Kunst. Auf dem Gebiet der Architektur kennen wir die mächtigen Mauern von Tarragona, auf dem der Plastik die wundervolle Büste der „Dame von Elche" und die Statuen von Cerro de los Santos. Eine Reihe schöner Keramikfunde bekundet die Blüte dieses Kunstzweigs und zahlreiche iberische Inschriften hüten das Geheimnis einer noch unbekannten Sprache. Der Tag, an dem es gelingt, sie zu entziffern, wird uns manches Rätsel lösen, das unseren Augen noch heute viele Fragen der iberischen Kultur verschließt.
3. KAPITEL
DER KAMPF GEGEN ROM D i e A n f ä n g e d e r römischen E r o b e r u n g . Aus dem drohenden Untergang hatte Rom sich dank der entschlossenen und verantwortungsbewußten Haltung seiner Bürger retten können. Nachdem aber die Gefahr vorüber war, galt es, eine groß angelegte und ehrgeizige imperialistische Politik zu beginnen. Spanien sollte, ebenso wie Griechenland, der Orient und später auch Gallien, der Kampfplatz werden, auf dem die Römer die militärische Überlegenheit ihrer Legionen und ihre durchtriebenen diploBallesteros, Spanien
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3. Kapitel
matischen Künste, die Eingeborenen aber ihre Freiheitsliebe unter Beweis stellen sollten. Das Jahr 206 v. Chr. brachte das Ende der Karthagerherrschaft auf der Pyrenäenhalbinsel. Nun konnte Rom an die Einrichtung seiner neuen Provinz gehen. Die ersten Jahre wurden dazu verwandt, um nach Niederkämpfung der Ilergetenkönige Indibil und Mandonio die Gebiete zwischen Ebro und Pyrenäen zu unterwerfen. Fast der ganze Süden und dazu ein großer Teil der östlichen Gebiete fiel den Römern ohne größere Schwierigkeiten in die Hand. Bald jedoch stießen sie bei den in Mittelspanien lebenden Stämmen, die nidit gewillt waren, sich einer Fremdherrschaft zu beugen, auf hartnäckigen Widerstand. Die rücksichtslosen Steuermaßnahmen der Prätoren waren schließlich die Veranlassung dazu, daß beide Provinzen, in die die Römer Iberien eingeteilt hatten, Hispania Citerior und Hispania Ulterior, zu den Waffen griffen. Die römischen Legionen wurden so hart bedrängt, daß es sich als notwendig erwies, von Rom aus den Konsul Marcus Portius Cato zu entsenden. Dieser rauhe und strenge Patrizier gab den Dingen eine andere Wendung: er drang ins Gebiet der Keltiberer ein und besiegte die dortigen Stämme. Den Nachfolgern Catos gelang es unter größten Schwierigkeiten und mit wechselndem Erfolg die Randgebiete der Hochebene zu besetzen. Hierbei zeichnete sich besonders der Prätor von Hispania Ulterior, Paulus Aemilius, durch seine glänzenden Siege aus. Der erfolgreichste unter den Prätoren dieser ersten Epoche war Tiberius Sempronius Gracchus, ein kluger und erfahrener Soldat, der einsah, daß es richtiger sei, an die Stelle des strengen Regiments eine Politik der Milde treten zu lassen, um die Eingeborenen zu gewinnen. Die stolzen Keltiberer faßten Vertrauen und verstanden sich dazu, die Oberherrschaft Roms unter gewissen Bedingungen anzuerkennen. Der römische Prätor hielt sich genau an die Bestimmungen des Vertrags. Die Verletzung dieses Abkommens durch spätere Prätoren sollte zum Keltiberischen Krieg und dem berühmten Kampf um Numantia führen. V i r i a t h u s . Der Verrat des Prätors Galba, der die Anordnung traf, die Lusitaner, die ihre Waffen niedergelegt hatten, niederzumetzeln, war das Zeichen zu einer Massenerhebung. Der Führer der Aufständischen war Viriathus, der lusitanische Nationalheld und die Verkörperung hispanischen Wesens. Vom einfachen Hirten rückte Viriathus zur höchsten Stellung innerhalb seines Stammes auf. Dieser Eingeborenenführer mit seiner genügsamen einfachen Lebensweise und seinen erstaunlichen natürlichen Begabungen war ein nicht zu unterschätzender Gegner für die Römer. Zu seinen angeborenen
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Der Kampf gegen Rom
Fähigkeiten kam noch eine ausgezeichnete Landeskenntnis und eine in täglichen Kämpfen mit wilden Tieren und Räubern gewonnene Erfahrung. Die ersten Erfolge machten seinen Namen weithin bekannt, und bald drängten sich immer größere Massen herzu, um bei der Demütigung der römischen Legionen mitzuhelfen. Die überzeugende Rhetorik des lusitanischen Führers und die leichte Ironie, mit der er seine Reden würzte, gewannen ihm immer neue Anhänger, und der Freiheitsgeist, der durch die Siege der Prätoren lange Zeit unterdrückt gewesen war, flammte an allen Stellen von neuem auf. Eilmärsche, ein unfehlbar sicheres Zuschlagen, Scheinrückzüge, überraschende Angriffe und der Einsatz der leichten Reiterei in Gemeinschaft mit dem tapferen und gewandten Fußvolk bildeten unter der genialen Führung des Viriathus die Kennzeichen eines Kriegers, der die Prätoren, die der Taktik des furchtlosen Hispaniers nicht gewachsen waren, aus der Fassung bringen mußte. Doch nicht nur seine Geschicklichkeit in der Kriegsführung war es, sondern ebenso seine Gerechtigkeit bei der Verteilung der Beute, die dem Viriathus unbedingte Autorität sicherte. Diodor hat uns Anekdoten überliefert, die Aufschluß über den Charakter des Viriathus geben. So konnten die Einwohner der Stadt Tycca sich lange Zeit nicht für eine der beiden Parteien entschließen und gewährten abwechselnd den Römern und den Scharen des Viriathus Aufnahme in ihren Mauern. Da erzählte dieser ihnen folgende Geschichte: „Ein Mann in reiferen Jahren — so sagte er — hatte zwei Frauen. Die jüngere zupfte ihm die weißen Haare aus, damit er jugendlicher erscheine, die ältere dagegen zupfte ihm die schwarzen aus. So machten die beiden Frauen bald einen Kahlkopf aus ihm. Ebenso wie diesem Mann aber wird es den Einwohnern von T y c c a ergehen. Die Römer morden hier ihre Feinde, die Lusitaner aber die ihrigen, und bald wird die Stadt entvölkert sein." Die Römer waren noch nicht bis ins Gebiet des westlichen Lusitanien vorgedrungen, so daß Viriathus stets einen Offensivkrieg, d. h. einen Krieg außerhalb seiner heimatlichen Berge zu führen hatte. Dies entspricht auch durchaus der Gewohnheit der lusitanischen Stämme, die immer wieder ihre unfruchtbaren Bezirke verließen, um in Turdetanien einzufallen und an den reichen Ufern des Bätis (Guadalquivir) und dem Anas (Guadiana) zu plündern und zu rauben. Man kennt den tausendjährigen Kampf des Bergbewohners gegen den Menschen der Ebene und weiß, daß die Iberer und Berber gefürchtete Viehdiebe waren. Hier liegen vielleicht auch die Wurzeln dieser lusitanischen Unternehmungen. Viriathus war im westlichen Lusitanien geboren; seine engere Heimat lag wahrscheinlich in der Sierra de la Estrella zwischen T a j o und Duero. Sein Name leitet sich von dem keltischen W o r t viria ab und bedeutet Armschiene oder Armband. Heute noch bewahrt die portugiesische Stadt Viseo 2*
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3. Kapitel
in der irrtümlicherweise „Cava de Viriato" genannten Höhle die Erinnerung an den Nationalhelden. Der Lusitaner besiegte sechs Prätoren und drei Konsuln und zwang Rom, einen Vertrag mit ihm zu schließen, in dem die stolze Republik Viriathus als Freund des römischen Volkes anerkennen mußte. So demütigte der sogenannte Räuberhauptmann den Stolz des Herrschervolkes. Nur durch Verrat konnte Rom sich von diesem furchtbaren Feind befreien. Der Konsul Quintus Servilius Caepio überfiel unter Verletzung der Verträge die völlig unvorbereiteten Lusitaner, die auf die Wahrung des eingegangenen Friedenspaktes vertraut hatten. Viriathus begann Verhandlungen, der Römer jedoch entehrte seine Toga und den römischen Namen, indem er die lusitanischen Sendboten Andas, Ditalco und Minuros bestach. Diese ließen sich überreden, und bei ihrer Rückkehr ins Lager ermordeten sie den im Kampf unbesiegten Führer (139 v. Chr.). Mit großem Gepränge wurden die Beisetzungsfeierlichkeiten des Viriathus begangen. Man veranstaltete Gladiatorenspiele, und der Leichnam des ruhmreichen Feldherrn wurde auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Mit seinem Tode aber war auch das Schicksal Ostlusitaniens besiegelt. N u m a n t i a . Einzigartig in der Geschichte steht das heroische Verhalten dieser Stadt da, die zwanzig Jahre hindurch der gesamten Macht Roms widerstand. Will man einen Fall suchen, bei dem sich der Charakter einer Rasse bis zu übermenschlicher Größe gesteigert hat, so findet man ihn in dem beispiellos tapferen Kampf der Numantiner zur Verteidigung ihres Freiheitsideals. Heute noch kann man auf den Hügeln von Garray in der Nähe von Soria die Ruinen dieser Hochburg des iberischen Wesens sehen. Die Ausgrabungen der Archäologen aus neuerer Zeit zeigen uns, wie die Häuser der Numantiner beschaffen waren, wie die Werke ihrer Töpferkunst aussahen und was für Waffen sie hatten. W i r können sogar die Anlage der einzelnen Straßen erkennen, durch die die Bürger zur Verteidigung der bedrohten Stellen geeilt waren. Im Umkreise der Stadt aber finden wir die Überreste von den Feldlagern der römischen Heere. Die Arrevaker waren das kriegerischste Volk unter den westlichen Keltiberern. Ihre wichtigste Stadt war Numantia, die als Festung und zugleich in Zeiten der Not als Zufluchtsort für den ganzen Stamm diente. Die segensreiche Herrschaft des Tiberius Sempronius Gracchus hatte dem Lande von 178 bis 154 einen fünfundzwanzig Jahre währenden Frieden verschafft. Als jedoch seine Nachfolger ein strenges Regiment einführen wollten, kam es zu einer großen Erhebung der Lusitaner und Keltiberer. Caros, der Führer der Keltiberer, schlug am 23. August 153 v. Chr. den römischen Konsul Quintus Fulvius Nobilior in der Ebene von Rituerto,
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kam jedoch selbst bei diesem Kampfe ums Leben. Die Arrevaker wählten zwei Feldherrn, Ambo und Leuko, und hielten im Bunde mit den Vakkäern dem Ansturm der Römer stand. Salondicus, ebenfalls ein keltiberischer Feldherr, führte seine Truppen zum Siege, während gleichzeitig der Lusitaner Punicus den römischen Heeren eine schwere Niederlage beibrachte. Numantia wies mit Erfolg die Angriffe und Anschläge fünf römischer Konsuln ab. Sein Ruhm gipfelte in der Niederlage des Mancinus, der in seinem Feldlager umzingelt und gezwungen wurde, einen schmachvollen Frieden zu schließen. Auf die Weigerung Roms hin, diesen Friedensvertrag zu unterschreiben, mußten zwei weitere Konsuln, Marcus Aemilianus Lepidus und Furius Filo neue Mißerfolge einstecken. Nun war es aber höchste Zeit, dieses heldenhafte Volk, das mit einer Hartnäckigkeit ohnegleichen Rom, der Herrin der Welt, trotzte, in die Knie zu zwingen. Die Republik entsandte den Konsul Publius Cornelius Scipio Aemilianus, den Zerstörer Karthagos. Er stellte ein neues wohldiszipliniertes Heer auf, und nun begann die denkwürdige Belagerung von Numantia. Für die Umzingelten bestand keinerlei Hoffnung: niemals würde der Römer abziehen, ohne die Stadt genommen zu haben. Nach acht Monaten waren die Vorräte der Numantiner erschöpft. Der Hunger riß furditbare Lücken in die Bevölkerung, man nährte sich von Gras und gekochtem Leder; schließlich verschlang man sogar die Leichen der Verstorbenen und tötete die Schwächsten, damit ihr Fleisch den letzten Verteidigern des heiligen Ideals der Freiheit als Nahrung dienen konnte. Jene heroische Menschenfresser kannten die erbarmungslosen Bedingungen des Siegers und wußten, daß diesen Schrecknissen der T o d im ehrlichen Kampfe vorzuziehen war. In einem letzten Ausfall bewiesen die Söhne Numantias noch einmal ihren unerschütterlichen Mut. Nach ihrer Rückkehr steckten die überlebenden die Stadt in Brand (133 v. Chr.). Noch heute legen die verkohlten Trümmer Zeugnis ab von dem unvergleichlichen Heldenmut der Numantiner. Die Namen ihrer Führer: Retogenes, Avarus und Theogenes sind würdig, als unsterblich in der Geschichte der Menschheit verzeichnet zu werden. S e r t o r i u s . Nach der Niederwerfung der Keltiberer mußten die Stämme der Hochebene wohl oder übel die Herrschaft der Römer anerkennen. Die kulturelle Überlegenheit eines Staates, der Orient und Okzident in einem wohlorganisierten Reich zusammengefaßt hatte, mußte sich schließlich auch bei diesen primitiven zersplitterten Volksstämmen fühlbar machen, die sich nur in Augenblicken höchster Not zu Verbänden gleicher Rasse zusammenfanden, ohne daß jedoch die Völker im Norden irgendein Gemeinschaftsgefühl den Turdetanern gegenüber empfanden, während diese wiederum kein inneres Band an die Keltiberer knüpfte. Stets
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3. Kapitel
schwelte hier unter der Oberfläche der Geist des Aufruhrs, und es bedurfte nur eines geringfügigen Anlasses, um ihn zum Auflodern zu bringen. Hispanien, das den inneren Zwistigkeiten Roms immer ferngestanden hatte, sah sich jetzt in die Wirren verstrickt, die die Verfolgungen Sullas, des Vertreters der aristokratischen Partei, mit sich brachten. Sullas Gegner war Marius, und in dem Augenblick, wo der erstere zur Macht gelangt war, schwang er sich zum Diktator auf und verfolgte seine Gegner, die Anhänger des Marius, wo er sie finden konnte. Ein Verbannungsurteil nach dem anderen wurde ausgesprochen und auf die Köpfe der politischen Gegner wurden Preise ausgesetzt. Einer der bekanntesten Verbannten war Quintus Sertorius, der unter Marius Prätor der Provinz Hispania Citerior gewesen war. Sertorius war ein tapferer Soldat und kluger Mensch, der mit auffallender geistiger Gewandtheit eine besonders rasche Einfühlungsgabe verband. Er war sofort darüber im Bilde, auf welchen Gebieten die Vorzüge und besonderen Eigenschaften der Iberer lagen und machte sich diese sowie die verborgene Unzufriedenheit der eingeborenen Stämme zunutze. Er schmeichelte dem Stolz seiner neuen Verbündeten, übernahm ihre Art der Kriegsführung mit Scharmützeln und Hinterhalten und gewann sich durch seine Leutseligkeit die Zuneigung der Hispanier. Seinen Einfluß erhöhte er noch durch den Erfolg seiner Waffen und dadurch, daß er ein Eingreifen der Götter bei seinen glücklichen Unternehmungen vortäuschte. Er besaß zu diesem Zwecke eine Hirschkuh, die der Diana geweiht war und die er so dressiert hatte, daß sie ihren Kopf seinem Ohr näherte, um ihm die Weisungen der Göttin zu übermitteln. Sulla schickte beträchtliche Streitkräfte gegen den Verbannten, so daß Sertorius gezwungen war, aus Hispanien zu flüchten. Bald jedoch kehrte er auf die Halbinsel zurück, organisierte von neuem den Widerstand und kämpfte erfolgreich gegen Caecilius Metellus Pius. Nach dem Tode des Diktators Sulla kam der junge Gnaeus Pompeius, dem bereits ein Ruf als ausgezeichneter Feldherr vorausging, mit einem starken Heere nach Spanien. Sertorius aber konnte auch diesen neuen Gegner dank seiner Landeskenntnis und der Unterstützung durch seine treuen, Iberer an den Ufern des Sucron (Jücar) schlagen. Sein Sieg wäre noch vollständiger gewesen, wäre nicht Metellus dem Pompeius zu Hilfe geeilt. Plutarch berichtet, daß Sertorius nach der Schlacht gesagt habe: „Wenn dieses alte Weib (Metellus) nicht gekommen wäre, hätte ich das Kind (Pompeius) mit einer ordentlichen Tracht Prügel nach Rom zurückgeschickt." Ein anderer Verbannter, Perperna, sollte die Ursache zum Tode des Sertorius sein. Ein neuer Kampf war entbrannt, doch Pompeius vermied es
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vorsichtig, sich zum Treffen zu stellen, bis ihm ein Verrat den Sieg in die Hand spielte. Bei einem Bankett in Osea fiel Sertorius durch die Hand eines von dem neidischen Perperna gedungenen Meuchelmörders. Die treue keltiberische Leibwache (die „soldurii") überlebte ihrem Schwur gemäß ihren General nicht (72 v. Chr.). D i e T r i u m v i r a t e . Nach dem Tode Sullas fand sich in der oligardiischen römischen Republik kein Mann, der stark oder kühn genug gewesen wäre, um den leer gewordenen Platz des Diktators auszufüllen. Die Verschwörung des Catilina brach zusammen, und nun vereinigten sich die drei großen sozialen Mächte: das Geld, die Wehrmacht und die hohe Politik. Die Jahre des Imperialismus hatten die Bildung großer Kapitalien ermöglicht; Rom war der Mittelpunkt der Börsenspieler, der Bankiers und der Plutokraten geworden. Der wichtigste Vertreter jener Klasse, die durch Verbannungen und Geschäfte reich geworden war, war Crassus. Die Wehrmacht wurde durch Pompeius vertreten und das politische Genie fand seine höchste Verkörperung in Gajus Julius Cäsar. Diese drei Männer schlössen sich zusammen und bildeten das erste Triumvirat. Cäsar war vorher als Prätor in Hispanien gewesen, wo er die Bewohner des Herminioberges und später die Völkerschaften an der galicisdien Küste unterworfen hatte. Mit dem Reichtum, den er sich auf der Pyrenäenhalbinsel erworben hatte, gelang es ihm, bei den Konsulwahlen einen Sieg davonzutragen. Bei der Verteilung der Verwaltungsgebiete fiel ihm die Oberherrschaft über Gallien zu, während Spanien dem Pompeius zugesprochen wurde. Der Tod des Crassus führte dann neben verschiedenen anderen Gründen zum Bruch zwischen Cäsar und Pompeius und schließlich zum Bürgerkrieg. Spanien war der Schauplatz, auf dem sich die ersten Szenen dieses Machtkampfes abspielten. Nachdem Cäsar seine Macht in Italien befestigt hatte, ging er auf die Pyrenäenhalbinsel, um dort die Streitkräfte des Pompeius, die unter dem Befehl des Afranius und des Petreius standen, vernichtend zu schlagen. Marseille wurde belagert, und die Einnahme dieser Stadt bedeutete einen ungeheuren Vorteil für Cäsar in dem nun folgenden Feldzug in Ilerda (Lérida), denn seinen Truppen stand dadurch reichliche Verpflegung zur Verfügung. Die vorsichtige Haltung und die taktische Geschicklichkeit Cäsars überwanden alle Hindernisse und zwangen die Anhänger des Pompeius zur Kapitulation. Kurz darauf ergab sich auch Varro in Baetica, dem Gebiet des heutigen Andalusien. Damit war aber die Macht des Pompeius auf der Pyrenäenhalbinsel gebrochen. Bei seiner Abfahrt nach Spanien hatte Cäsar gesagt: „Ich werde gegen ein Heer ohne General kämpfen, dann aber kämpfe ich gegen einen General ohne Heer". Tatsächlich schlug er dann den Pompeius bei Pharsalos.
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3. Kapitel
Noch einmal zog Cäsar nach Spanien zum Kampf gegen die Truppen des Pompeius, die nun von seinen Söhnen Sextus und Gnaeus befehligt wurden. Die Sache des Pompeius hatte auf der Halbinsel günstige Aufnahme gefunden, denn noch lebte in aller Herzen die Erinnerung an diesen beliebten Gegner des Sertorius. Damals hatte Pompeius sich von seiner großmütigsten Seite gezeigt — die Iberer aber hatten das nicht vergessen und kamen nun seinen Söhnen aufs herzlichste entgegen. Beim Erscheinen Casars jedoch versetzte schon der Ruhm seiner in Griechenland und Afrika errungenen Siege die iberische Bevölkerung in Angst und Schrecken. Es kam zur Schladit bei Munda (Baetica), die anfänglich unentschieden verlief, schließlich aber doch mit einem klaren Sieg Cäsars endete (45 v. Chr.). Ein Jahr später, am Jahrestag der Schlacht bei Munda (Iden des März 44 v. Chr.), wurde Cäsar im Senat ermordet. Spanien blieb weiterhin eine Provinz des Römischen Reiches ohne besondere persönliche Note. Das Genie eines Cäsar war wie ein Sturmwind über das Land dahingegangen, ohne eine tiefere Spur zu hinterlassen, ohne ihm eine bestimmte Richtung zu weisen und ohne irgendeine fruchtbare Anregung zur Weiterentwicklung zu geben. In Rom kam es zu einem Wechsel der Staatsform: die Republik ging ihrem Untergang entgegen, das Herannahen des Kaisertums kündigte sich bereits an — in Spanien aber hatte sich nichts geändert und bis zum Beginn des Mittelalters sollte sich auch kein Wandel vollziehen. Ein Nationalbewußtsein war hier noch nicht erwacht. Ein Neffe Cäsars und zwei seiner Generäle bildeten das zweite Triumvirat. Marc Anton und Lepidus, die Vertreter der Wehrmacht, mußten der politischen Gewandtheit eines Octavius weichen. Spanien gehörte anfänglich zum Regierungsbezirk des Lepidus, bei einer zweiten Einteilung jedoch fiel es dem Octavius zu. Noch einmal erhoben sich hier die Anhänger des Sextus Pompeius; nach der Niederlage des letzteren in einer Seeschlacht jedoch blieb Spanien weiterhin dem Neffen Cäsars Untertan, den der Sieg über Marc Anton zum unbeschränkten Herrn des weiten Römischen Reiches machte. D e r k a n t a b r i s c h e K r i e g . Unter dem Namen Augustus übernahm Octavius die Regierungsgeschäfte und teilte sich mit dem Senat in die Verwaltung der Provinzen. In seine Zeit fiel die letzte Erhebung hispanischer Völkerstämme gegen die römische Herrschaft. Die Kantabrer und Asturer hatten sich bis dahin ihre Unabhängigkeit bewahren können. Es waren dies Stämme mit einer einfachen und rauhen Lebensweise. Sie verachteten den Tod und zogen ihn stets der Gefangenschaft vor, ja, man erzählt, daß die gefangenen Kantabrer und Asturer, selbst wenn man sie ans Kreuz geschlagen hatte, noch Siegeshymnen anstimmten. Zwei Jahre währte der Krieg, in dem diese wilden Bergvölker ihre unbändige Tapferkeit im Kampfe
4. Kapitel: Das römisdie Kaiserreich und seine Kultur. Das Christentum
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mit den alterprobten Legionen, die von erfahrenen Feldherrn wie Antistius und Furnius befehligt wurden, unter Beweis stellten. Im Jahre 26 v. Chr. kam Augustus selbst nach Iberien, um die Entwicklung der Kämpfe zu überwachen, doch eine Krankheit zwang ihn, sich nach Tarragona zurückzuziehen. Die tapferen Kantabrer sdhlugen sich mit beispielloser Kühnheit in den Schlachten bei Vellica und Aracillum. Die Asturer, die zur Unterstützung ihrer Stammesbrüder herbeieilten, wurden von dem Legaten Carisius besiegt. Schließlich landete Marcus Agrippa mit einer Flotte von Britannien aus kommend in Portus Victoriae, dem heutigen Santander, und machte durch sein Eingreifen dem Ringen ein Ende. Von diesem Zeitpunkt an hörten alle Erhebungsversuche auf, und Hispanien war endgültig und vollständig dem Römischen Reich eingegliedert. Kantabrien umfaßte die Nordküste Spaniens von Villaviciosa in Asturien bis zur Budit von Orñón und reichte im Innern des Landes bis Bureba und Oña.
4. KAPITEL
DAS RÖMISCHE KAISERREICH U N D SEINE KULTUR. DAS CHRISTENTUM D i e C ä s a r e n . Spanien, das der zentralistischen Politik Roms innerlich immer ferner rückte, führte ein kraftloses Dasein. Es kam zu keinem Aufstand gegen das Herrschervolk mehr — denn jeder derartige Versuch wäre Tollkühnheit gewesen. Sein innerstes Wesen jedoch hatte Iberien nur scheinbar dem römischen Herrn ausgeliefert. Nach Octavius Augustus folgten sich auf dem Thron der düstere Tiberius, der wahnsinnige Caligula, der kindische Claudius und Nero, der Muttermörder und Brandstifter. Dann begannen die Militärputsche, und die Legionäre erhoben nacheinander drei Kaiser auf den Schild: Galba, Otho und den Feinschmecker Vitellius. Von diesen dreien wurde Galba in der spanischen Stadt Clunia zum Kaiser ausgerufen; seine Rechtlichkeit und Tüchtigkeit machten ihn zum berechtigten Anwärter auf die Stellung des Herrschers. Der ausschweifende Otho dagegen, der vorher Lusitanien verwaltet hatte, konnte keinerlei besondere Verdienste aufweisen, als er den Purpur anlegte. Mit Vespasian, einem guten Verwaltungstechniker, der den Hispaniern das latinische Bürgerrecht gab, kam die Dynastie der Flavier auf den Thron. Es folgten sodann der gütige Titus und der grausame
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4. Kapitel
Domitian, beides Söhne Vespasians. Domitian war der letzte der zwölf Kaiser, deren Lebensbeschreibung der Historiker Sueton uns geliefert hat. D i e s p a n i s c h e n K a i s e r . Der bejahrte Nerva regierte nur kurze Zeit und adoptierte im Jahre 98 n. Chr. den aus Italica in Spanien gebürtigen Marcus lllpius Trajanus. Trajan war ein ausgezeichneter Regent, der neben seinen hervorragenden Herrschergaben noch über eine große militärische Erfahrung verfügte, die er in seinen Feldzügen nach dem Orient bewiesen hatte. Unter anderem unterwarf er Dazien und gliederte die heute zu Rumänien gehörenden Gebiete dem Römischen Reidi ein. In Rumänien wird er deshalb als Nationalheld gefeiert. Er gründete eine Schule für Seefahrer und starb im Jahre 117 in Selinunt bei der Rückkehr von der Eroberung Babyloniens. Trajan war ein außerordentlicher Herrscher gewesen. Als er von seinen Feldzügen in Germanien zurückkehrte, zog er zu Fuß in Rom ein. „Ich will meine Mitmenschen so behandeln — pflegte er zu sagen —, wie ich selbst von ihnen behandelt werden möchte, wenn ich nicht Kaiser wäre." Als man ihm schmeicheln und eine Verlängerung seiner Regierungszeit fordern wollte, erwiderte er: „Nur solange ich es verdienel" Der Adoptivsohn des Trajan war der gleichfalls aus Italica gebürtige Aelius Hadrianus. Während seiner Regierungszeit war Hadrian eifrigst um den Ausbau der Verwaltung bemüht und unternahm zahlreiche Reisen, um sich persönlich von dem Stand der Dinge im Imperium zu überzeugen. Bei seinem Besuch in Spanien überhäufte er dieses Land mit Wohltaten. Auf einigen Münzen, die seinen Kopf tragen, wird er mit dem Ehrennamen „Restitutor Hispaniae" belegt. Sein Nachfolger im Jahre 138 war Antoninus Pius, der der folgenden Dynastie den Namen gab. Antoninus adoptierte den auch philosophisch bedeutenden Marc Aurel, der, wie man annimmt, ein Spanier aus Baetica, dem heutigen Andalusien, war. Dieser zog seinen vermutlidi aus der Stadt Ausa, dem heutigen Vieh in Katalonien, stammenden Adoptivbruder Lucius Aurelius Vero zur Mitherrschaft heran. Trotz seiner Friedensliebe sah sich Marc Aurel gezwungen, Kriege gegen die Barbaren zu führen, die damals bereits die Grenzen des Reiches bedrohten. Der letzte der Antoniner war Commodus, ein Sohn Marc Aurels, der durch sein öffentliches Auftreten als Ringkämpfer den Kaiserpurpur entehrte. D e r N i e d e r g a n g d e s K a i s e r t u m s . Nadi den Adoptivkaisern folgte die Herrschaft der Prätorianer, die das Imperium wie auf einer öffentlichen Versteigerung verhandelten. Septimius Severus machte Anstrengungen, die Ordnung wieder herzustellen. Während der Regierungszeit seiner beiden Söhne Gaeta und Caracalla verlieh der letztere allen Einwohnern des Imperiums das römische Bürgerrecht. Ihnen folgte Heliogabal, der durch seine
Das römische Kaiserreich und seine Kultur. Das Christentum
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raffinierten Ausschweifungen berühmt wurde. Für eine kurze Zeit, nämlich während der Regierung des Alexander Severus, hatte es den Ansdiein, als sollte der Zusammenbruch des Staates noch einmal abgewendet werden, doch dann erhoben die widerstreitenden Interessen eine Reihe von Kaisern auf den Thron, die jeweils nur für kurze Zeit an der Macht bleiben, während wilde Völkerstämme den Limes überschritten und Scharen von Franken und Sueben in Spanien einbrachen. Aurelian und Tacitus bescherten Rom noch einmal glanzvolle Tage. D i o k l e t i a n u n d C o n s t a n t i n . Einem tatkräftigen Mann gelang es, das altersschwache Kaisertum zu retten: dem Dalmatiner Diokletian, der das System der Tetrarchie, d. h. die gleichzeitige Herrschaft von vier Kaisern, einführte. Die unermeßlichen Herrschaftsgebiete Roms wurden eingeteilt und jeder der Kaiser übernahm die Regierung bestimmter Provinzen. Spanien fiel hierbei zuerst dem Maximianus Herkules und dann dem Constantius Clorus zu. Bei den später entstandenen blutigen Auseinandersetzungen ging Spanien aus den Händen des Magentius in die des Constantin, eines Sohnes des Constantius, über. Constantin besiegte seine Mitbewerber um die Macht und schwang sich zum alleinigen Herrscher des Imperiums auf. Während seiner Regierungszeit wurde im Jahre 311 das Edikt von Mailand veröffentlicht, nach dem die christliche Religion zugelassen wurde, und im Jahre 325 trat das berühmte Konzil von Nicaea zusammen. Als Bestandteil des Römischen Reiches mußte Spanien all diese Unruhen miterleben, welche die durch die Bürgerkriege hervorgerufenen ständigen Regierungswechsel mit sich brachten. D i e l e t z t e n T a g e des Römischen I m p e r i u m s . Flavius Valentinian begründete die Dynastie, deren Mitglieder bemüht waren, die wilden Völkerstämme, die über die Grenzen hereinströmen wollten, zurückzuhalten. Einem Spanier war es vorbehalten, mit fester Hand den schwankenden Bau des Römischen Reiches, der zuweilen schon zusammenzubrechen drohte, zu stützen. Dieser Spanier war Theodosius aus der «panischen Stadt Cauca, dem heutigen Coca. Für einige Zeit erkannte er neben sich den Spanier Maximus an, der die Verwaltung von Britannien, Gallien und Spanien übernahm. Theodosius war ein Mensch mit außergewöhnlichen Herrschergaben; denn seinem politischen Genie gesellte sich noch militärische Erfahrung bei. Er war durch die Familie der Valentinianer zur Macht gekommen und blieb seinen vormaligen Gönnern zeitlebens treu ergeben. Seine gesamten Fähigkeiten stellte er in den Dienst des Kaisertums und vermochte es, jahrelang die immer stärker anstürmenden Scharen der Barbarenvölker von den Grenzen des Reiches fernzuhalten. Nach der Niederwerfung seiner Gegner
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herrschte er als einziger Kaiser über die weiten römischen Besitzungen. Zum Unglück für das Reich ereilte ihn jedoch der T o d gerade zu dem Zeitpunkt, als man seiner am dringendsten bedufte, und um das Unheil voll zu machen, hinterließ er das Imperium seinen beiden Söhnen Arcadius und Honorius zugleich, die nun die Zeugen beim Sturz Westroms sein sollten (395). D i e r ö m i s c h e K u l t u r . Das Volk, das den größten Teil der Alten Welt unter seine Herrschaft gebracht hatte, teilte den besiegten Völkern die Grundzüge seines kulturellen Lebens mit. W a s jedoch Spanien betrifft, so ist zu sagen, daß der römische Einfluß sich nicht in allen Teilen Iberiens in gleicher Stärke fühlbar machte. Im Gegenteil, trotz der lateinischen Sprache, trotz der Annahme römischer Sitten, römischer Kunst, römisdier Literatur und römischen Rechtes blieb hier der unbändige Freiheitswille ungeschwächt erhalten. Die Waffengewalt und das politische Ubergewicht eines höher zivilisierten Volkes konnten Spanien zwar unter das Joch beugen; im Grunde jedoch wurde an den primitiven iberischen Einrichtungen viele Jahrhunderte hindurch nichts verändert. Der Staatsbeamte und sein Kreis, der Offizier und seine Legionäre, der reichgewordene Iberer, der mit römischem Wesen liebäugelte, und der weltmännische Bewohner des Südens oder der Mittelmeerküste machten noch nicht das hispanische Volk aus. Nodi lebte in den Wäldern, in den Städten und Ortschaften des Binnenlandes und an den Wohnsitzen der Bergstämme der alte Brauch der Väter. Für diese Menschen gab es keine römische Zivilisation, oder sie war ihnen nur ein nichtssagender Uberbau ohne Farbe und Gehalt, etwas, was neben dem iberischen Wesen bestand, ohne darauf überzugreifen, was immer nach Verschmelzung strebte, ohne sie erreichen zu können. S t a a t s - u n d V e r w a l t u n g s e i n r i c h t u n g e n d e r R ö m e r . Ein großer Vorzug der römischen Herrschaft war ihre weise politische Organisation und die ausgezeichnete Verwaltung der unterworfenen Gebiete. In den ersten Zeiten nach der Eroberung wurde Spanien in zwei Provinzen: Hispania Citerior und Hispania Ulterior eingeteilt. Beide Provinzen umfaßten je nach dem Vorrücken der Heere auf dem Boden Iberiens in den einzelnen Epochen der römischen Herrschaft verschieden große Gebiete. Zur Zeit ihrer größten Ausdehnung umschloß die Provinz Hispania Ulterior Portugal sowie einen Teil Extremaduras und Andalusiens, Hispania Citerior den gesamten Rest der Halbinsel. Augustus teilte dann Spanien in drei Provinzen ein, nämlich in Baetica, Lusitania und Hispania Tarraconensis, wobei er sich selbst die Herrschaft über die beiden letzteren vorbehielt und Baetica dem Senat als Verwaltungsgebiet zuwies. Als neue Provinzen karten später noch Tingitana, Galicia, Carthaginensis und die Balearen hinzu. In der Zeit der Republik wurden die spanischen Provinzen durch Prätoren, Prokonsuln oder Proprätoren regiert, in der Kaiserzeit die kaiserlichen
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Provinzen durch Legaten. Constantin richtete dann Präfekturen ein, wodurch Spanien zur Präfektur Gallien kam und durch verschiedene von dem Präfekten abhängige Präsiden verwaltet wurde. Juristisch war das Land in Conventus eingeteilt. Was die Stellung der Gemeinwesen betraf, so gab es tributpflichtige, nicht tributpflichtige und Bundesstädte, solche, die das latinische Bürgerrecht besaßen, freie Städte, Städte mit römischem Munizipalrecht und schließlich die eigentlichen Kolonien römischer Bürger. Ein so umsichtiges Volk wie das römische verstand es selbstverständlich auch, sich die Reichtümer Spaniens zunutze zu machen. Die Pyrenäenhalbinsel war eine der Getreidekammern Roms. Weitberühmt waren die Oliven und die Trauben von Baetica, während die Felder der Vakkäer, der Baeticer und Lusitaner reiche Weizenernten lieferten. Man schätzte die Birne aus Numantia, den Fenchel aus Tarragona, die Aloe aus Cádiz, das Rohr aus Ampurias, das Leinen aus Sétabis Ortiva), die Feigen aus Lusitanien und die Trüffeln, das Spartogras und die Rosen aus Cartagena. Unter den Tieren war das spanische Pferd berühmt, der Maulesel und der Stier weithin geschätzt. Groß war die Anzahl der Hasen und Kaninchen, als deren Heimat ja die Pyrenäenhalbinsel oder Afrika angesehen wird. Die Meere boten eine reiche Auswahl von Fischen, darunter vor allem Muränen, Meeraale und Thunfische (Cádiz); daneben aß man vielerlei Muscheltiere und Austern, die besonders bei Elche und Lissabon gefischt wurden. Eine wichtige Einnahmequelle bildeten für die Römer die spanischen Bergwerke in der Sierra Morena, in Galicien, Asturien und Kantabrien. Ihr Interesse für die Ausbeutung derselben hatte seine guten Gründe — war doch einer der Hauptantriebe für die römischen Eroberungszüge nach Spanien der Reichtum dieses Landes an Edelmetallen gewesen. Man fand Gold in Baetica und Lusitanien, Silber in Keltiberien, Eisen in Kantabrien, Kupfer in Asturien und Galicien, dazu Zinn, Blei, Zinnober, Quecksilber und Salz. Als besondere Ausfuhrartikel waren unter anderem Pökelfleisch, Wein, ö l , Honig, Wachs, Hölzer sowie die Wolle der iberischen Schafe und Ziegen begehrt. Die auch im Ausland bekannten spanischen Weine kamen aus Jerez, Baetica, aus Katalonien, aus Tarragona und von den Balearen. Zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in den eroberten Gebieten bedienten sich die Römer der Legionen. So mußte Spanien auf seinem Boden eine Anzahl bewaffneter Formationen unterhaken. Der Aufenthalt der römischen Truppen gab auch Anlaß zu Städtegründungen, wie z. B. von León und Mérida. Aus Gründen der militärischen Sicherheit, wie um eine rasche Verbindung zwischen den einzelnen Gebieten zu gewährleisten, ordneten die römischen Verwaltungsbehörden die Anlage zahlreicher Straßen
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an. Die berühmteste dieser Straßen auf der iberischen Halbinsel war die von den Pyrenäen bis hinunter nach Cádiz führende Viä Augusta. Recht, R e l i g i o n u n d L e b e n d e r Römer. Zugleich mit dem Verwaltungssystem fanden auch die Grundzüge des Privatrechts des rechtserfahrensten aller Völker der Antike Eingang in Spanien. Sprechende Beweise hierfür sind die Bronzetafeln in der römischen Kolonie Urso (Osuna) und die Gesetze von Málaga und Salpensa. Allerdings bestanden die alten iberischen Rechtseinrichtungen noch mit unverminderter Kraft und Geltung fort. Noch lange Zeit finden wir die iberische „clientela", die „soldurii", den gerichtlichen Zweikampf und andere derartige Institutionen, die nachweislich iberischen Ursprungs sind. Auch die klassische römisdie Götterwelt hielt ihren Einzug auf der Pyrenäenhalbinsel. Neben dem einheimischen Endovellicus verehrte man jetzt den Mars; die Göttin Atecina fand eine Gefährtin in der römischen Ceres. Jupiter, Juno, Diana, Minerva und Apollo wurden in Spanien angebetet, und auch den Kaisern, vor allem Augustus, Trajan und Hadrian errichtete man besondere Kultstätten. Während der Kaiserzeit nahm man in Spanien verschiedene aus dem Orient stammende religiöse Gebräuche an, darunter die Taufe mit Stierblut nach persischer Sitte, die ägyptischen Riten der Göttin Isis und den syrischen Kult des Steins von Emesa. Daß auch die römischen Lebensgewohnheiten in weiterem Sinne in Spanien Eingang fanden, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Die vielen römischen Bürger, die hier ihren Wohnsitz aufschlugen sowie die Prätoren und ihr Beamtenstab versuchten nach Möglichkeit, auch in den Provinzen ihr Leben nach römischem Muster einzurichten. Einen Beweis für den Erfolg ihrer Bemühungen erbringen die Inschriften, Denkmäler, Mosaiken und anderen Zeugnisse, die uns das Vorhandensein von Vergnügungen und Unterhaltungen römischen Ursprungs, wie Zirkusspiele, Theater- und Amphitheatervorführungen und Gladiatorenkämpfe bekunden. In den größeren Städten fand der Römer Tempel, in denen er zu seinen heimischen Göttern beten konnte, ein Forum, auf dem er sich ergehen und die politischen Ereignisse besprechen konnte, Einrichtungen, die seiner Zerstreuung und Unterhaltung dienten und römische Bäder, die an Raffinement denen in der Hauptstadt der Cäsaren in keiner Weise nachstanden. Auf Grund der Ausgrabungen kennen wir das römische Haus in Spanien, das die gleiche Verteilung der Räume und die gleichen Bequemlichkeiten aufweist wie die Wohnstätte des Römers in Italien. Und schließlich mangelte es in Spanien auch nicht an Vertretern der zeitgenössischen höheren Kultur. Wir finden eine ganze Reihe Lehrer und Erzieher aus Griechenland und Rom, die die Jugend Hispaniens mit den Grundzügen der Literatur und Wissenschaft der beiden hochkultivierten Völker der Antike bekannt machten.
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H i s p a n i s c h - r ö m i s c h e K u n s t u n d W i s s e n s c h a f t . Der kulturelle Einfluß Roms trug reiche Früchte auf spanischem Boden: im Zeitalter der sogenannten silbernen Latinität spielten spanische Künstler und Wissenschaftler eine bedeutsame Rolle. Selbstverständlich steuerten vor allem jene Regionen, in denen das römische Element am stärksten Wurzel gefaßt hatte, das ihrige zur Bereicherung des Kulturschatzes bei. So brachte Baetica die meisten Schriftsteller, Redner, Philosophen und Wissenschaftler hervor, wenngleich in späteren Epochen selbst Keltiberien deutliche Beweise dafür lieferte, daß auch diesem Gebiet die Pflege der Wissenschaften nicht fremd war. Aus Córdoba stammten der Redner Portius Latro, der Rhetoriker Marcus Annaeus Seneca, sein Sohn Lucius Annaeus Seneca, der bekannte Philosoph und Erzieher des Kaisers Nero, und dessen Neffe, der episdie Dichter und Rivale des genannten Kaisers, Marcus Annaeus Lucanus. Gleichfalls aus Baetica gebürtig war der Geograph Pomponius Mela, und aus Cádiz kam Junius Moderatus Columela, der Verfasser einer Abhandlung über den Ackerbau. Silius aus Italica, der den Beinamen Italicus führte, schrieb ein mittelmäßiges Epos über die Punisdien Kriege. Sein Zeitgenosse Valerius Marcial aus Bilbilis (Calatayud) ist der Verfasser von Epigrammen, von denen sich einige durch besondere Schärfe und Dreistigkeit auszeichnen. Die Reihe bekannter Schriftsteller schließt der Rhetoriker Fabius Quintilianus aus Calagurris (Calahorra). Der berühmteste von ihnen allen war der Philosoph Seneca, der der stoischen Schule angehörte und verschiedene dramatische Werke philosophischen Inhalts verfaßte. Selbst wenn man in Betracht zieht, daß die Zeit, Unachtsamkeit oder Barbarei viele der römischen Kunstdenkmäler in Spanien zum Untergang verdammten, so ist das, was uns erhalten geblieben ist, doch ein Beweis für die ungeheure Fülle des Vorhandengewesenen. Wir nennen in erster Linie den Aquädukt von Segovia, den „Teufelsbrücke" genannten von Tarragona und den von Mérida. Unter den zahlreichen Brücken römischen Ursprungs fällt durch Sdiönheit ihrer Bauweise besonders die von Alcántara auf. An Grabdenkmälern sind erwähnenswert das von Fabara und der fälschlich so benannte „Turm der Scipionen" in Tarragona. Berühmt sind das Amphitheater von Italica und die Theaterbauten von Sagunt und Mérida. Die Ausgrabungen in der letzteren Stadt haben außerdem einen höchst interessanten Zirkus zutage gefördert. Römische Triumphbögen gibt es unter anderen in Bará in der Provinz Tarragona, Thermen in Lugo, Stadtmauern in Sevilla und Tarragona, und an alten Leuchttürmen kennen wir vor allem den Herkulesturm in La Coruña. Doch auch an Beispielen der römischen Bildhauerkunst mangelt es nicht. In verschiedenen Bezirken der Halbinsel hat man Statuen gefunden, unter
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denen sich durch besondere Schönheit die Diana von Italica, die Minerva von Sigüenza und die Proserpina von Mérida auszeichnen. Wundervolle Stücke an Basreliefs sind die Jagdszenen im Museum von Tarragona und der Raub der Proserpina von San Felix in Gerona. Die Mosaiken, darunter das herrliche in Ampurias gefundene sogenannte „Opfer der Iphigenie", geben uns einen Begriff vom hohen Entwicklungsstand der Malerei. Daneben hat man zu allen Zeiten Gegenstände des römischen Kunstgewerbes gefunden, die einen lediglich historischen Wert besitzen. Die heutigen spanischen Museen enthalten eine Fülle solcher Hausgeräte, wie Leuchter, Trinkbecher, Töpfe, Schmuckstücke usw. usw. D a s C h r i s t e n t u m in S p a n i e n . Lange Zeit hindurch war Iberien den Kultureinflüssen der Griechen, Semiten und Römer ausgesetzt gewesen; ein fremder Staat hatte die Völker der Halbinsel mit Waffengewalt unterworfen, fremde Zivilisationen und Religionen hinterließen ihre Gewohnheiten. Noch nie aber hatte die Einführung neuer Ideologien oder religiöser Dogmen zu ernsteren Zusammenstößen oder Gewaltätigkeiten geführt, denn das gastfreie römische Pantheon bot allen Gottheiten Obdach, die die menschliche Phantasie nur irgend ersinnen konnte. So kamen nach Spanien ägyptische und syrische Kaufleute, Juden aus Jerusalem, die vor den Kaisern flüchteten und schließlich auch ein Glaube, der sich die Herzen der Spanier in einem solchen Maße eroberte, daß seine ersten Anhänger lieber Verfolgung und Martern auf sich nahmen als ihn zu verleugnen und zur Religion ihrer Väter zurückzukehren. Das Christentum wurde in Spanien, wie eine fromme Überlieferung berichtet, durch die Apostel Jakobus den Älteren und Paulus verkündet. An diese erste Zeit knüpft sich unmittelbar die Verehrung der Jungfrau vom Pfeiler (La Virgen del Pilar) in Zaragoza und des Grabmals des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela. Schüler des Petrus und Paulus und von ihnen selbst geweiht waren nach der Überlieferung die ersten Bischöfe, die Spanien zum Christentum bekehrten. Die grausamen Verfolgungen, denen das Christentum durch die römischen Kaiser ausgesetzt war, fanden ihren Widerhall auch in Spanien, ü b e r die ersten Verfolgungen auf spanischem Boden ist uns nur wenig bekannt, dagegen finden sich zahlreiche Berichte über die grofiè Verfolgung unter Diokletian. Unter den Unglücklichen, die bei dieser Gelegenheit dem Glaubenseifer des Präfekten Datianus zum Opfer fielen, nennen wir nur die heilige Eulalia aus Barcelona, den heiligen Félix von Gerona, die Heiligen Justo und Pastor aus Alcalá de Henares, die Heiligen Justa und Rufina aus Sevilla und die zahllosen Märtyrer aus Zaragoza. D i e s p a n i s c h e K i r c h e . Schon von den ersten Zeiten der Einführung des neuen Glaubens an scheint sich eine spanische Kirche mit Bischöfen,
Spanien während der Einwanderung der nordischen Völkerstämme (414—420)
Das Spanien der Westgoten (460—507) Ballesteros, Spanien
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5. Kapitel
Diakonen und Presbytern organisiert zu haben. Im Jahre 300 fand das berühmte Konzil von Illiberis statt, an dem 19 Bischöfe teilnahmen und damit einen sprechenden Beweis von dem Hochstand des Christentums in Spanien ablegten. Dodi bald kam es auch innerhalb der spanischen Kirche zu Spaltungen, einmal durch die Ketzerei des Basilides und des Martial und später durch die Irrlehren des berühmten galicischen Ketzers Priscilian. Die Verwirrungen, die der Priscilianismus in Spanien hervorrief, dauerten trotz der schweren Strafen, die seine Anhänger bedrohten, beinahe ein ganzes Jahrhundert. Im Gefolge der neuen Lehre entwickelte sich audi eine neue christliche Kultur, als deren Vertreter wir in erster Linie den Vorsitzenden des Konzils von Nicaea, Bisdaof Osius von Córdoba, anzusehen haben, weiter den Dichter Aquilinus Juvencus und Aurelius Prudentius Clemens aus Zaragoza den begeisterten Verherrlicher der Märtyrer; den spanischen Papst Damasus und die galicische Jungfrau Aeteria. An sprechenden Zeugnissen der christlichen Kunst sind uns Grabmäler und Bauten erhalten wie die in Mérida entdeckte Basilika. Berühmt sind der Sarg des heiligen Justo in la Vega (Asturien) und ein anderer im Museum von Valencia befindlicher Sarkophag.
5. KAPITEL
DIE WESTGOTEN D e r E i n b r u c h d e r G e r m a n e n in S p a n i e n . Das durch die Verweichlichung seiner Bürger faul und morsch gewordene römische Imperium verfiel nun zusehends, und weder die bereits im Welken begriffenen kriegerischen Lorbeeren seiner Feldherrn noch die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Kaisers Theodosius konnten den Untergang noch aufhalten. Der Tod des letzteren gab den endgültigen Anstoß zur Auflösung. Wohl trug auch der Ansturm der Barbarenvölker gegen die Grenzen des Imperiums mit zu dessen Zusammenbruch bei, doch war dies keineswegs die wirksamste oder entscheidende Ursache, denn schon Jahrhunderte vorher hatten junge Völkerstämme sich mit aller Gewalt gegen Rom zur Wehr gesetzt, seine Grenzen angegriffen und doch nie seine Blüte verhindern können. Damals, als das römische Reich noch stark war, konnte es aller Schwierigkeiten Herr werden und mit seinen siegreichen Heeren bis in die fernsten Regionen vordringen. Für den nun eingetretenen inneren Verfall jedodi war auch die heldenhafteste Anstrengung kein Heilmittel mehr; das Kaiserreich mußte
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Die Westgoten
schließlich unweigerlich seinen eigenen Fehlern und Irrtümern zum Opfer fallen. Nun aber, wo im Abendland aus den Ruinen des Imperium Romanum die modernen Nationen emporwachsen sollten, traten die früheren Barbarenstämme zum erstenmal als entscheidender Faktor in der Geschichte auf. Sie waren das Bindemittel, das den inneren Zusammenschluß dieser neuen Völker ermöglichte. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung wurde auch Spanien in das allgemeine Chaos hineingerissen. Während eines Bürgerkriegs zwischen Honorius und einem seiner Generäle drangen die Sueben, Vandalen und Alanen über die Pyrenäen in die Halbinsel ein (409). Plündernd und mordend zogen sie durch das Land und stürzten es in die größte Verwirrung. Die Vandalen setzten sich teils in Galicien, teils im Gebiet des heutigen Andalusien fest, die Sueben erwählten ebenfalls die Nordwestecke der Halbinsel zu ihrem Wohnsitz und die Alanen besetzten Lusitanien und einen Teil der alten Provincia Tarraconensis. Die Vandalen und Sueben gehörten der germanischen Rasse an, während die Alanen ein slawischer Völkerstamm waren. Inzwischen aber nahte schon die Zeit heran, an der ein anderer Germanenstamm seinen Einzug auf der Pyrenäenhalbinsel halten sollte. Es waren dies die Westgoten, ein Teil der ostgermanischen Goten, die ihren ursprünglichen Wohnsitz in den skandinavischen Ländern gehabt hatten. Ihr berühmtester Kriegsfürst war Alarich, der Eroberer Roms, gewesen. Das erste Auftreten der Westgoten in Spanien fällt in die Zeit Athaulfs, der auf der Flucht vor seinen Feinden die Pyrenäen überschritt, in Barcelona Zuflucht suchte und dort starb. Athaulf war ein Schwager Alarichs gewesen und hatte enge Beziehungen mit Rom unterhalten, da er mit Galla Placidia, einer Schwester des Kaisers Honorius, vermählt war. Nach der kurzen Regierungszeit Sigridis wurde Wallia zum Herrscher des Westgotenvolkes erwählt und führte erfolgreiche Kämpfe gegen die Sueben, Vandalen und Alanen durch. Wallia sandte Galla Placidia zu ihrem Bruder Honorius nadi Rom zurück und schloß einen Vertrag mit dem Imperium, in dem er eine gewisse Unterwerfung oder Abhängigkeit seinerseits gegenüber dem Kaiser anerkannte. Als Stellvertreter der kaiserlichen Autorität kämpfte er gegen die Barbarenstämme, die Spanien besetzt hatten. Zu seiner Zeit vollzog sich eine offizielle Gebietsteilung zwischen Westgoten und Römern. Die Römer sollten hiernach den dritten Teil des spanischen Gebiets behalten, während dem Sieger über die Barbaren zwei Drittel des anbaufähigen Landes zustand. Auf Wallia folgte Theoderich, während dessen langer Regierungszeit die Macht der Westgoten im südlichen Gallien fest begründet wurde. Nachdem er verschiedene Kämpfe gegen die Römer ausgefochten hatte, schlug er 3*
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5. Kapitel
seinen Hof in Toulouse auf. Von hier aus unternahm er erfolgreiche Züge nach Spanien, wo er die in Andalusien ansässigen Vandalen besiegte. Zu jener Zeit (441—443) tauchten Banden von aufständischen Bauern, die sogenannten „Bagaudes" oder „Bacaudi" auf, die auf ihren Raubzügen einzelne Gebiete Galliens und Spaniens verwüsteten. Aus dem Inneren Pannoniens (Ungarn) kamen die wilden Hunnen, die unter Führung ihres schlauen und blutdürstigen Königs Attila Europa in Schrecken setzten. Im Jahre 451 fand auf den Katalaunischen Feldern eine Entscheidungsschlacht statt, an der die verschiedensten Stämme und Völker teilnahmen. Unter Attila fochten die Ostgoten, Gepiden und Thüringer sowie einige fränkische und burgundische Stämme. Der römische Feldherr Aètius warf dem Eindringling seine ausgesuchten Truppen entgegen, denen als Hilfstruppen Franken, Alanen, Burgunder, Sachsen, Aremoriker und Theoderich mit seinen Westgoten zur Seite standen. Am Tage der furchtbaren Schlacht schlugen sich die Westgoten unter ihrem König erbittert auf dem rechten Flügel und trugen das ihre zur Erringung des Sieges bei. Einen unersetzlichen Verlust bedeutete es, daß Theoderich im Kampfe fiel. Die nächsten Könige der Westgoten waren die drei Söhne Theoderichs : Thorismund, Theoderich und Euridh, die sich auf dem Throne folgten. Theoderich, der die Krone durch Brudermord erlangt hatte, kämpfte gegen die Sueben, wurde dann jedoch selbst durch seinen Bruder Eurich ermordet. D a s a r i a n i s c h e W e s t g o t e n r e i c h . Bis zur Regierungzeit Eurichs waren die Westgoten in einer gewissen Abhängigkeit von den letzten römischen Kaisern verblieben. Der neue gotische Herrscher jedoch brach die alten Abmachungen und entschloß sich, das Erbteil, das ihm zufiel, selbständig und frei zu verwalten. Man nennt ihn daher mit Recht den ersten König von Spanien ( 4 6 7 — 4 8 5 ) . Es gelang ihm, einen großen Teil der Halbinsel in seine Gewalt zu bekommen. Nur mit den Sueben, die die Herren Galiciens und einzelner Bezirke Lusitaniens waren, mußte er sich in den B e s t e des Landes teilen. Die Vandalen, die einige Jahre vorher in Galicien besiegt worden waren, hatten daraufhin auch Andalusien verlassen und waren nadi Mauretanien gezogen. So konnte Eurich von Bordeaux aus die westgotische Monarchie, die nun auf beiden Seiten der Pyrenäen, in Spanien wie in Gallien, über ausgedehnte Gebiete verfügte, weiter festigen und ausbauen. Eurich war ein energischer Mensch, der eine außergewöhnliche militärische und politische Begabung aufwies. Er brach offen mit dem römischen Imperium und bemächtigte sich in Spanien der Gebiete von Mènda, Lissabon und Coimbra. In Gallien bradite er bei Déols den aremorisdien Kelten eine vernichtende Niederlage bei und vertrieb sie aus Bourges. Nun konnten die Westgoten ihre Herrschaft von der Loire bis zur Rhone ausdehnen, und bald fielen auch die Städte Arles und Marseille in ihre Hände.
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Nach der Sicherung der Westgotenmacht in Gallien unternahm Eurich nun seinen entscheidenden Feldzug in Spanien und nahm Pamplona und Zaragoza. Er brach den Widerstand, den der hispanisch-römische Adel der Tarraconensis ihm entgegensetzen wollte, und bald umfaßte das Herrschaftsgebiet des Westgoterikönigs die gesamte Provinz Tarraconensis mit Ausnahme der gebirgigsten und unzugänglichsten Stellen des Baskenlandes, den größten Teil der Carthaginensis und bestimmte Bezirke der altrömischen Provinzen Baetica und Lusitania. Galicien und der restliche Teil Lusitaniens befanden sich in der Hand der Sueben, und die Balearen schließlich gehörten noch zum Römischen Imperium. In Gallien bemächtigte sich Eurich der Provence und fast des gesamten südwestlichen Teils des gallischen Landes. Toulouse galt zwar als seine Hauptstadt, doch hielt er sich mit Vorliebe in Bordeaux auf. Der Hof Eurichs war einer der prächtigsten seiner Zeit. Hier traf man sächsische Piraten, Franken, Heruler, Ostgoten, Burgunder und Abgesandte des Imperiums. Während der Regierungszeit dieses Königs wurde die erste Gesetzessammlung des westgotischen Gewohnheitsrechts veröffentlicht. Alarich II., der nach seinem Vater Eurich König der Westgoten wurde, verfolgte die Katholiken. Die Westgoten waren bekanntlich leidenschaftlich überzeugte Anhänger der arianischen Glaubenslehre und betrachteten infolgedessen die Katholiken als ihre religiösen Feinde. Als der Franke Chlodwig sich zum Katholizismus bekehrt und damit die Aufgabe übernommen hatte, das Banner der katholischen Kirche in Gallien hochzuhalten, unternahm er unter dem Vorwand des Glaubenseifers — wahrscheinlich jedoch mit politischen Hintergedanken — einen Feldzug gegen die Westgoten. In der Sdilacht bei Vougl6 wurde Alarich besiegt und fiel (507). Infolge dieser Niederlage verloren die Westgoten fast ihr gesamtes Herrschaftsgebiet in Gallien und konnten nur Septimanien retten. Bald darauf entbrannte ein Bürgerkrieg zwischen Gesalich, einem natürlichen Sohn Alarichs, und den Anhängern des gesetzmäßigen Thronerben Amalarich, der von seinem Großvater, Theoderich dem Großen von Italien, unterstützt wurde. In der Leidenschaftlichkeit seines arianischen Glaubenseifers verfolgte Amalarich sogar seine katholische Gemahlin Chlotilde und gab damit Anlaß zu einem Krieg. Nachdem die Franken ihn geschlagen hatten, wurde er von seinen eigenen Truppen ermordet. Nun folgte als Herrscher Teudis, ein ostgotischer Feldherr. Seinen erfolgreichen Kämpfen gegen die Franken und die in Mauretanien liegenden römischen Truppen war es zu verdanken, daß die Machtstellung der Westgoten in Spanien wieder gefestigt wurde. Ihm folgte Theodigisel, der kurz danach auf einem Gastmahl ermordet wurde. Als dann Agila den Thron bestiegen hatte, machte ein Mitglied des gotischen Adels namens Athanagild
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sich die Unzufriedenheit des Volkes mit dem neuen Herrscher zunutze und bat den Kaiser von Byzanz um Unterstützung. So kam es, daß Justinian, der zu jener Zeit diese Würde innehatte, seine Eroberungen bis in den fernsten Westen vortreiben konnte. Mit Hilfe der byzantinischen Truppen gelangte Athanagild zur Macht. Agila wurde durch den Rebellen besiegt und dann ermordet. Zum Lohn für die Unterstützung überließ Athanagild dem Kaiser einen Teil der Süd- und Ostküste der Pyrenäenhalbinsel. Er machte Toledo zu seiner Hauptstadt und begründete eine Dynastie. L e o w i g i l d (567—586). Nach dem Tode Athanagilds teilten sich seine beiden Brüder Leova I. und Leowigild in die Regierung. Als dann der erstere starb, wurde Leowigild alleiniger Herrscher des westgotischen Reiches. Die Regierungszeit dieses Königs ist als die wichtigste Epoche der gesamten Westgotenherrschaft in Spanien anzusehen. In ihr vollzog sich die Vereinigung aller barbarischen Stämme der Halbinsel unter einem Szepter. Doch auch über die Grenzen Iberiens reichte das siegreiche Schwert Leowigilds: rebellischen Eingeborenen zwang er seine Herrschaft auf, Aufstände unruhiger Machthaber unterdrückte er, und die Truppen des römischen Kaisers hielt er im Schach. Zu Beginn seiner Regierungszeit schon suchte Leowigild seiner Stellung größeren Glanz zu verleihen, indem er in Toledo, das er weiterhin als Residenz beibehielt, den am byzantinischen Hofe üblichen Prunk und Pomp einführte. So scheint er der erste Westgotenkönig gewesen zu sein, der eine goldene Krone, vergoldete Stiefel und einen Purpurmantel getragen hat. Die ersten Feldzüge des Königs galten den Städten Palencia, Zaragoza und León, die sich gegen seine Herrschaft aufgelehnt hatten. Der König nahm persönlich am Kriege teil, ließ die „Campos Góticos" verwüsten und und unterwirf die aufrührerischen Städte. Dann unternahm er einen Überraschungsangriff auf das Gebiet von Málaga und vertrieb die kaiserlichen Truppen von hier. Die gotischen Heerführer zogen gegen Salamanca, Alba de Tormes und das Gredosgebirge und unterwarfen auch diese Bezirke der westgotischen Herrschaft (570). In den folgenden Jahren bemächtigte Leowigild sich Asidonas (Medina Sidonia) und eroberte Córdoba. Mit Erfolg kämpfte er gegen die Arragonen, die in Coria und Plascencia saßen, und die Rucconen in Trujillo und Logrosa. Er besiegte die Kantabrer und nahm die Stadt Amaya ein. Dann unternahm er einen Angriff auf das Gebiet der Montes Aregenses (Orense) und gliederte sie seinem Reich ein. Im Bezirk von Oröspeda (Cuenca) kämpfte er gleichfalls, unterdrückte einen recht gefährlichen Aufstand in Septimanien und zog im Triumph in Narbonne, Tarragona, Zaragoza und Valencia ein.
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Ein Zwist, der nun im Hause des Königs ausbrach, sollte auch auf das Gebiet der Politik hinüberspielen und die unerwartetsten Folgen haben. Höchst unerfreuliche Auftritte, die sich zwischen der arianischen Königin Godisvintha, der Stiefmutter Hermenigilds, und dessen katholischer Gemahlin Ingunthis, zutrugen, veranlaßten Leowigild, seinen Sohn nach der Baetica zu schicken und ihm die Herrschaft über jenes Gebiet an der Grenze des Römischen Imperiums abzutreten. Als dann auch Hermenigild zum katholischen Glauben übertrat, entbrannte ein Krieg zwischen Vater und Sohn, wobei der erstere die Vertreter der Gesetzmäßigkeit, das kampferprobte gotische Heer und die offizielle arianische Kirche mit ihren Anhängern auf seiner Seite hatte, während Hermenigild von den katholischen Hispano-Romanen, den Sueben und den Truppen des Imperiums unterstützt wurde. Mit einem stürmischen Angriff ging Leowigild vor, so daß Hermenigild, nachdem die Sueben geschlagen waren und die Römer ihn verlassen hatten, sich ergeben mußte. Auf Befehl eines Führers der Garden wurde er kurz darauf umgebracht. Leowigilds Ziel war nicht nur die Erreichung der politischen, sondern auch die der religiösen Einheit. Um diesen Wunsch zu verwirklichen, verfolgte er den katholischen Klerus und verlangte von ihm die Bekehrung zum arianischen Glauben. Die bedeutsamste Tat des Königs war die Eroberung des Reiches der Sueben, die sich bis dahin immer noch im Norden der Halbinsel ihre Unabhängigkeit bewahrt hatten. In den letzten Lebensjahren Leowigilds konnten die westgotischen Truppen ein fränkisches Heer zurückschlagen, das in ihr Gebiet eingedrungen war. D a s S u e b e n r e i c h . Anläßlich der Erwähnung des Untergangs des Suebenreiches scheint es uns angemessen, das Schicksal dieses germanischen Stammes, der fast zwei Jahrhunderte lang seine Macht in einem Teil Spaniens behaupten konnte, einmal kurz zu verfolgen. Die Sueben hatten sich, wie erwähnt, in Galicien festgesetzt. Ihr erster König war Hermerich (409—441), ein sehr kriegerischer Fürst, der die mittleren Gebiete Galiciens verwüstete. Aetius wollte zugunsten der Hispano-Romanen, die durch den Chronisten Idatius verteidigt wurden, vermitteln, konnte jedoch bei den wilden Barbaren nichts ausrichten, im Gegenteil, dieser unternahm noch einen neuen Raub- und Plünderungszug durch jene reichen Gebiete. Als Hermerich starb, folgte ihm auf dem Throne sein Sohn Rekila, der den römischen Heerführer Andevotus an den Ufern des Genil schlug. Nun benutzten die Sueben die verworrene Lage, die auf der ganzen Halbinsel herrschte, um ihr Gebiet zu erweitern. Rekila schloß mit den Westgoten ein Bündnis gegen die Römer und vermählte sidi mit einer Tochter Theoderichs.
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Auf Rekila folgte Rekiar (448—457), der ins Baskenland und später in Gemeinschaft mit den „Bagaudes" in die Provinz Tarraconensis einbrach und sich Leridas bemächtigte. Es wurde dann ein Friedensvertrag abgeschlossen, in dem die Sueben die Cartaginensis und wahrscheinlich auch einen Teil der Baetica zurückgaben, drei Jahre darauf jedoch brach Rekiar schon wieder den Vertrag und drang auf seinen Streifzügen bis ins Gebiet der Tarraconensis vor. Nun aber schlug Theoderich mit seinen Westgoten und burgundischen Hilfstruppen die Sueben am Ufer des Orbigo in der Nähe von Astorga, eroberte Braga und Oporto und nahm Rekiar gefangen. König Rekiar hatte sich zum Katholizismus bekehrt. Nach seinem Tode brach ein Bürgerkrieg zwischen den vier Thronprätendenten Aiulf, Maldra, Franta und Remismund aus. Der letztere siegte über seine Rivalen, doch bald darauf kam es wieder zu Streitigkeiten zwischen Remismund und Frumari, bis schließlich im Jahre 464 Remismund sich als alleiniger Herrscher behaupten und Lissabon und Coimbra erobern konnte. Während der Regierungszeit dieses Königs predigte der Galater Ajax den arianischen Glauben. Es gelang ihm, den Suebenkönig mit seinem ganzen Volke zu seiner Lehre zu bekehren. Die nun folgende Zeit ist in Dunkel gehüllt, es fehlen uns historische Angaben, und wir wissen nicht einmal die Namen der nächsten Suebenherrscher. Mit Teudemir oder Theodemir (559—570), der infolge der Bemühungen des heiligen Martin von Dumi wieder mit seinem gesamten Volk zum Katholizismus übertrat, setzten die historischen Nachrichten über das Suebenvolk wieder ein. Der heilige Martin stammte aus Pannonien, gründete das Kloster von Dumi und wurde später Bischof von Braga. Er wird als der Apostel der Sueben angesehen. Auf Teudemir folgte Miro, der zwölf Jahre, von 570 bis 583, regierte. Er war der Verbündete Hermenigilds. Von seinem Kriegszug in den Süden, wo er von Leowigild geschlagen wurde, kehrte er krank in die Heimat zurück. Nach ihm gelangten noch Eboridi (583) und der Usurpator Audika zur Regierung, bis dann schließlich Leowigild sich des gesamten Suebenreiches bemächtigen konnte. Die beiden einzigen Städte, die den Westgoten Widerstand leisteten, waren Bräcara (Braga) und Portucale (Oporto). D i e k a t h o l i s c h e n H e r r s c h e r d e r W e s t g o t e n . Nach dem Tode Leowigilds bestieg dessen Sohn Rekkared den Thron. Das Jahr 589 brachte ein für die ganze westgotische Monarchie einschneidendes Ereignis: der König schwor den arianischen Glauben ab, bekehrte sich zum Katholizismus und berief das dritte Konzil von Toledo ein, auf dem er diese bedeutungsschwere Tatsache öffentlich verkündete. So kam es, daß die beiden Rassen der Pyrenäenhalbinsel, die bis dahin eine geheime religiöse Feindschaft getrennt hatte — eine Feindschaft, die zuweilen auch durch die Katholiken-
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Verfolgungen ernstere Formen annahm —, sich in einem Glauben zusammenfanden. Die Mehrzahl der Westgoten folgte dem Beispiel ihres Herrschers. Diese Lossagung vom arianischen Glauben und die öffentliche Verkündung seiner Bekehrung zum Katholizismus vollzog Rekkared am 6. Mai 589 auf dem bereits erwähnten dritten Konzil von Toledo, zu dem sich 62 Bischöfe und 5 Erzbischöfe aus Gallien und Spanien eingefunden hatten. Die Seele dieser Versammlung war der Prälat Leander von Sevilla, ein Freund des Papstes Gregor des Großen. In einem Brief, den er an Rekkared richtete, gab Leander seiner außerordentlichen Freude über das Ereignis Ausdruck. Leova IL, der Sohn Rekkareds, regierte nur zwei Jahre. Der junge Fürst wurde von dem Arianer Witterich ermordet, der seinerseits wieder auf einem Gastmahl sein Leben einbüßte. Nach der kurzen Regierungszeit Gunthimars wurde Sisebuth zum König erwählt. Zur Zeit dieses Herrschers konnten die Westgoten ihr Gebiet erweitern, indem sie die Truppen des Kaisers von Byzanz besiegten und die tapferen Asturier und Basken unterwarfen. Sisebuth verfolgte auch die Juden. Der folgende König, Rekkared II., regierte nur sehr kurz. Nach ihm fiel die Wahl auf den Feldherrn Swinthila, der die Byzantiner endgültig von der Pyrenäenhalbinsel vertreiben konnte. Sisinanth, ein gotischer Adliger, zettelte mit Hilfe der Franken einen Aufstand gegen den König an und entthronte ihn. Um seine T a t zu rechtfertigen, berief er das vierte Konzil von Toledo ein, und den schwachen Prälaten blieb nichts übrig, als die vollendete Tatsache, vor die man sie gestellt hatte, anzuerkennen. Die nun folgenden Gotenherrscher sind Kindila und Tulga. Als der letztere seiner Unfähigkeit wegen abgesetzt worden war, erwählten die Goten den alten Kindasvinth zu ihrem König. Die Regierung Kindasvinths ( 6 4 2 — 6 5 3 ) und seines Sohnes Rekisvinth (653—672) gelten als die glorreichsten der gesamten gotischen Monarchie. Beide Herrscher setzten ihre ganze Kraft darein, die Aufstände des unruhigen gotischen Adels zu unterdrücken, und es gelang ihnen auch, ihre Autorität durchzusetzen. Sie waren beide bei ihrem Volke durch ihre weise Gesetzgebung bekannt. Gegen seinen eigenen Willen folgte Rekisvinth auf dem Throne der alte Wamba ( 6 7 2 — 6 8 1 ) , ein energischer und entschlossener Mann, der die Basken unterwarf und durch sein rasches Zupacken einen gefährlichen Aufstand in Septimanien rechtzeitig zu Boden schlagen konnte. Die Einzelheiten dieses Aufstands sind von Bedeutung, da wir aus ihnen die militärische Begabung Wambas klar erkennen können. Zuerst empörte sich Hilderich, der Graf von Nimes. Der König sandte den aus Byzanz stammenden General Paulus gegen ihn, während er sich persönlich ins Baskenland begab, um seine Herrschaft über die dortige unruhige Bevölkerung zu sichern. Paulus jedoch verriet den Gotenkönig und trat mit Rano-
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sind, dem Herzog von Tarragona, und dem Gardinger Hildigis in Beziehung. Als Wamba von dem Verrat erfuhr, verlor er keinen Augenblidc, sondern eilte sofort von Calahorra über Huesca und Lérida an die Ostküste. Er eroberte Barcelona und Gerona, drang in Septimanien ein, bemächtigte sich Narbonnes und nahm Nîmes im Sturmangriff. In Nîmes fiel audi Paulus in Wambas Hände, der diesem zwar das Leben schenkte, ihn aber zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurteilte (673). Während der Regierungszeit Wambas tauchten an der Südküste Spaniens sarazenische Schiffe auf, deren Führer ganz offenbar wenig beruhigende Absichten hegten. Als dann Wamba durch einen Anschlag Erwidis sein Haupthaar eingebüßt hatte, verlor er auch die Krone, denn nadi gotischer Sitte durfte er nun nicht länger herrschen. In den letzten Jahren des 7. Jahrhunderts wurde das Westgotenreich von einem inneren Obel befallen, das weit gefährlicher war als die Aufstände des Adels in den östlichen Bezirken. Die Gefahr, auf die wir hier anspielen, bestand in dem Verhalten der jüdischen Rasse, die von Erwich wohlwollend behandelt, von Egika verfolgt und von Witika geduldet wurde. In aller Heimlichkeit bereiteten die Juden der Halbinsel im Einverständnis mit ihren Glaubensgenossen jenseits der Meerenge von Gibraltar und den afrikanischen Muhammedanern den Untergang des Gotenreiches und den Einbruch der semitischen Rasse in Spanien vor. D e r U n t e r g a n g des W e s t g o t e n r e i c h e s . Die Gestalt Witikas, der durch seinen Vater Egika (701—709) auf den Thron erhoben worden war, ist vielumstritten. Wenn jedoch die Meinungen schon über diesen Gotenkönig auseinandergehen, so gilt dies noch viel mehr hinsichtlich der Umstände und Gründe, die zum endgültigen Zusammenbruch der westgotischen Monarchie führten. Mit Sicherheit wissen wir, daß der letzte Gotenkönig Roderich oder Rodrigo hieß, daß er durch eine Volkswahl auf den Thron erhoben wurde und daß die Söhne Witikas sich hierdurch in ihren angeblichen Rechten verletzt fühlten. Es entspann sich nun ein dynastischer Kampf, in dem die Anhänger der Familie Witikas die in Afrika herrschenden Araber um Unterstützung angingen. Hier taucht die Gestalt der Cava oder Florinda auf, deren Schicksal sich wegen der vielen legendenhaften Züge, mit denen es ausgeschmückt wird, nicht klar ermitteln läßt. Sie soll eine Tochter des Grafen Julian gewesen sein und wurde ein Opfer der Lasterhaftigkeit des Königs Roderich. Auch über Julian oder Olban selbst, den Statthalter von Ceuta, der sein Gebiet den Muslim überantwortete, gehen die Meinungen auseinander. Die einen halten ihn für einen Goten, ein anderer Historiker glaubt einen Byzantiner in ihm sehen zu müssen, und schließlich besteht auch die Vermutung, er sei ein Berber gewesen. Sicher ist nur, daß er wirklich gelebt hat und einer
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der Führer jener Invasion gewesen war, die, wahrscheinlich in Verbindung mit den Anhängern der Söhne Witikas, den Sturz Roderichs herbeiführte. Mit einem von Tarif geführten Erkundungszug begann die Geschichte dieser Eroberung. Bald setzten die Truppen der Araber und Berber unter dem Befehl Tariks über die Meerenge. Die Schlacht, die den Zusammenbruch des Westgoterireiches entschied, fand im Juli des Jahres 711 statt. Ein erst kürzlich aufgefundener Überlieferungsbericht erklärt, daß das Treffen sich am Guadalete zugetragen habe, während andere Forscher von der Schlacht an der Janda-Lagune oder am Barbate sprechen und behaupten, daß die Gegend der Guadibeca der Schauplatz des Zusammenstoßes gewesen sei. Dies mag nun dahingestellt bleiben, Tatsache ist jedenfalls, daß der Verrat der Söhne Witikas den Muslim einen Sieg in Spanien einbrachte, und daß auf den Feldern des alten Baetica die Herrschaft Don Rodrigos in Trümmer ging. Der letzte König der Westgoten fiel, wie einige Historiker wissen wollen, im Kampfe, wenngleich eine Legende berichtet, daß er noch einige Jahre hindurch an den lusitanischen Grenzen Widerstand geleistet habe und schließlich im fernsten Westen der Halbinsel unbekannt verstorben sei. D i e w e s t g o t i s d i e K u l t u r . Als das gotische Volk auf der Pyrenäenhalbinsel auftauchte, unterjochte es also zunächst die anderen hier ansässigen nichtrömischen Völker, um hier schließlich den gleichen überragenden Einfluß auszuüben wie die Franken in Gallien. Die kulturelle Unterlegenheit der Sueben, Vandalen und Alanen und vielleicht auch die größere militärische Stoßkraft der Westgoten machten es den letzteren möglich, sich durchzusetzen. Zweifellos mag auch die Tatsache, daß die Goten über eine vollkommenere staatliche Organisation verfügten und außerdem als Abgesandte Roms auf die Halbinsel kamen, zu ihrem Siege beigetragen haben. Lange Jahre hindurch hatten die Westgoten in enger Verbindung mit dem Römischen Imperium gelebt und ihm als Hilfstruppen gedient, so daß sie bei ihrer Ankunft in Spanien als etwas romanisiert gelten konnten. Allerdings war diese römische Zivilisation nur eine oberflächliche Schicht, die sich über ihr Wesen gelegt und den germanischen Kern in keiner Weise verwandelt oder auch nur berührt hatte. Auch in Spanien noch blieben die gotischen Herrscher und die führende Schicht des Volkes den zivilisatorischen Einflüssen der Hispano-Romanen weiterhin ausgesetzt. So konnte man jetzt drei verschiedene Elemente unterscheiden: das westgotische, das hispano-romanische und das iberische. Als der Gote von seinem arianisdien Glauben zum Katholizismus übertrat, begab er sich damit ganz und gar in den Bannkreis der hispano-romanischen Kultur, so daß das germanische und das iberische Element vollständig beiseite gerückt und überdedct wurden, um erst im Mittelalter wieder kraftvoll hervorzubrechen.
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Die westgotische Kultur in Spanien ist daher als eine Art Übergangsperiode anzusehen, der zudem nodi der Beigeschmack des Künstlichen, Falschen oder Ersatzmäßigen anhaftet, da es sich ja hier im Grunde um die wesensfremde römische Kultur handelt, die den Westgoten durch die gleichfalls wesensfremden Iberer vermittelt wurde. Es erscheint geradezu widersinnig, daß der westgotische Einfluß in den ersten Jahrhunderten der Reconquista größer war als in der Glanzzeit des Westgotenreiches, und doch entspricht dies den Tatsachen und ist daraus zu erklären, daß in jenen späteren Jahrhunderten die Fesseln, die die am Hofe von Toledo herrschende hispano-romanische Kultur den alten germanisch-gotischen Einrichtungen auferlegt hatte, gefallen waren. D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n . Im Westgotenreich bestand das Wahlkönigtum. Anfänglich gab es Laienversammlungen, bald aber wurden deren Funktionen von dem sogenannten „Officium Palatinum" übernommen, das sich aus den Grafen (comes) zusammensetzte, die den König in den einzelnen von ihnen geleiteten Sachbereichen berieten. Die Verwaltungsgrenzen erfuhren während der Westgotenherrschaft keine nennenswerten Veränderungen. Die Balearen gehörten nicht zu dem Herrschaftsgebiet, und wahrscheinlich war auch die Provinz Tingitana nicht mit einbegriffen. Dagegen erstredete sich die Macht der Gotenkönige im Anfang über das ganze südliche Gallien bis nach Bordeaux hin. Später wurde der gotische Machtbereich in Gallien auf die Gegend von Narbonne, die sogenannte Septimania, beschränkt. Die Provinzen wurden durch Herzöge verwaltet, während in den Städten ein Graf die oberste Gewalt ausübte. Die römische Stadtverwaltung scheint auch weiterhin bestanden zu haben. Daneben bildeten sich langsam auch auf dem Lande Zusammenschlüsse der Bauern heran, die als Vorläufer der späteren „Concejos rústicos", einer Art Bauernräte, anzusehen sind. In den Burgen und festen Schlössern waren die Truppen der Eroberer untergebracht. Durch ein Gesetz, das König Alarich erließ, erhielt der Hof entgegen den Bestimmungen des römischen Rechts die Vollmacht, bestimmte Urteile einer freiwilligen oder willkürlichen Rechtsprechung zu legalisieren. Zu diesem Zwecke wurde ein korporativer Gerichtshof gegründet, dem der „judex loci" und einzelne Mitglieder des Hofes angehörten. Ein sehr wichtiges Amt innerhalb der Stadtverwaltung war das des „defensor civitatis", der richterliche und polizeiliche Vollmachten hatte. Da die Zahl der in Spanien eingedrungenen Westgoten im Verhältnis mit der dortigen Einwohnerzahl nur sehr gering war, verblieb der größte Teil des Bodens in den Händen der Hispano-Romanen und der iberischen Eingeborenen des spanischen Nordens. Die Neuankömmlinge mußten sich
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mit einer teilweisen Ausraubung begnügen, was zwar für sie einen recht bedeutenden Zuwachs ihres Besitzes, für die Eingeborenen dagegen eine nicht allzu fühlbare Minderung ihres Reichtums bedeutete. Der König behielt sich das Verfügungsrecht über den gesamten Grund und Boden vor und sorgte durch die Erhebungen, die er nach dem allbekannten römischen Steuersystem machte, für den Staatsschatz. Die Goten selbst brauchten keine Abgaben zu leisten, und was die Eingeborenen im Norden anbetraf, so war es immer recht schwierig, sie zur Tributzahlung zu zwingen, da in jenen Gebieten stets Unruhen herrschten, so daß die westgotischen Herrscher meist zu Beginn ihrer Regierung einen Straffeldzug gegen die Basken unternehmen mußten. Industrie und Handel konnten sich in den während der Gotenherrschaft allerdings immer nur kurzen Perioden des Friedens entwickeln und einen gewissen Hochstand erreichen. Ins 5. Jahrhundert fallen die Raubzüge der Sueben, Alanen und Vandalen, die ganze Bezirke verwüsteten; das 6. Jahrhundert war eine ununterbrochene Folge von Königsmorden, Bürgerkriegen und Aufständen, und das 7. Jahrhundert schließlich, das im ganzen etwas friedlicher war, brachte Zwist und Unruhe in» Königshause, Rebellionen und andere dynastische Streitigkeiten. Der Hauptreichtum des Landes bestand jedodi noch immer in Ackerbau und Viehzucht; wir besitzen historische Zeugnisse darüber, daß auch der gotische Adel Interesse an der Landwirtschaft zeigte und viel Sorgfalt auf die Pflege seiner Herden verwandte. Industrie und Handwerke, die von den Freien wie von den Sklaven betrieben wurden, waren vielfältig und zum Teil schon recht weit entwickelt. In der Bäckerei benutzte man noch die Mühlen nach dem alten römischen Muster, in denen jedes Backwerk, vom einfachen Sklavenbrot bis zum feinsten Weißbrot für den Tisch der Vornehmen, hergestellt wurde. Die Schmiede gebrauchten Schmiedeessen. Die Maurer arbeiteten auf Baugerüsten. Die Tischler verwandten in ihrem Beruf neben anderen Handwerkszeugen Säge und Axt. Die Spinner und Weber gebrauchten zur Herstellung ihrer Gewebe aus Wolle, Leinen, Hanf, Biberhaar und Kamelhaar das Rad und die Spindel. Ein schon ziemlich weit entwickeltes Handwerk war die Glasmacherkunst. Der heilige Isidor spricht von Goldschmieden. Was Ackerbau und Viehzucht betrifft, so läßt sich wohl mit Recht behaupten, daß sie während der Gotenherrschaft Fortschritte machten. Die einzelnen Nutzpflanzen wurden jetzt sorgfältiger und intensiver angebaut. Man gebrauchte auch weiterhin den Pflug, und in den zeitgenössischen Berichten wurde der Dreschflegel, die Wein- und Ölpresse, Scheunen, Fässer, Ölmühlen und die „trapiche", die kleine Olivenmühle, erwähnt. Die Westgoten erkannten den Wert und die Bedeutung der Wälder. Der kostbarste Baum war für sie der Olivenbaum. Sie kannten auch bereits den Apfelmost
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und das Bier. Zur Fruchtbarmachung ihrer Felder bauten sie Berieselungsanlagen. Um die Viehzucht bemühten sich vor allem auch die Klöster, die gewöhnlich große Herden besaßen. So wird von dem Abt Nuncto, einem Zeitgenossen Leowigilds, erzählt, daß er persönlich seine Schafe auf die Weide getrieben habe. Was in dieser Hinsicht den gotischen Adel betrifft, so wissen wir aus der Lebensbeschreibung des heiligen Fructuosus, daß sein Vater, ein Edelmann aus königlichem Geschlecht, mit seinen Söhnen in die Berge von Vierzo zu gehen pflegte, um hier die Rechnungsberichte der Hirten entgegenzunehmen und die Herden zu kontrollieren. Audi der Handel blühte im gotischen Spanien. Die Fremden, vor allem die Griechen, brachten kostbare Seidenstoffe und andere Waren aus dem Orient. Ein großer Teil des inländischen Handels lag in den Händen der Juden, doch gab es auch viele hispano-romanische Kaufleute, von denen sich einige bereits zu Körperschaften zusammengeschlossen hatten. Es steht fest, daß auch die Goten selbst sich dem Handel widmeten. So wird in einem Dokument erwähnt, daß an einer Messe von Saint Denis in Paris auch gotisdie Kaufleute teilgenommen hatten. Ihre Hauptgeschäfte machten die Kaufleute auf den Märkten, sowie bei Kirchenfesten und Messen. Zum Transport ihrer Waren benutzten sie die von den Römern angelegten Straßen. Auch der Außenhandel war bereits recht rege. D a s H e e r . Die Goten waren ein kriegerisches Volk und legten daher auch den größten Wert auf die Ausbildung ihres Heeres. Die taktische Einheit war hier die sogenannte „Thiufadia", ein aus 1000 Mann bestehendes Korps, das von dem „Thiufadus" befehligt wurde. Die obersten Befehlshaber des Heeres waren der Herzog, der Graf und der „Gardinger". Der König pflegte, umgeben von seiner Leibgarde, an der Spitze der Truppen zu reiten. Wenn der Bestand des Heeres sich auch bei jeder Aushebung erneuerte, so kannte man doch eine Art Kriegerkaste. Die Aushebung wurde durch die sogenannten „compulsores" vorgenommen. Die neuen Truppen mußten sich auf dem von dem Grafen bestimmten Platz zusammenfinden und von hier aus in das Königliche Heerlager einrücken. In den ersten Zeiten durften ausschließlich Goten im gotischen Heere dienen, bis dann König Wamba ein Gesetz erließ, das auch die Hispano-Romanen zum gotischen Heeresdienst zuließ. Im 7. Jahrhundert wurden die strengen Regeln der Aushebung bereits vielfach durchbrochen. Die hauptsächliche Stoßkraft des Heeres lag in seiner Reiterei. Auf Befehl des Königs pflegten die Truppen zur Schlacht auszurücken. Die angewandte Taktik bestand gewöhnlich darin, daß man zuerst mit heftigen Reiterangriffen die feindliche Kavallerie auseinanderzusprengen suchte, um
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dann mit Fußvolk und Reiterei die Infanterie des Feindes in einen eisernen Ring einzuschließen. Die Umzingelten wurden dann zunächst mit einem Pfeilregen überschüttet und schließlich mit Lanzen und Schwertern niedergemacht. Wurden die Goten angegriffen, so pflegte die Infanterie stehenden Fußes den Feind zu erwarten, und wenn sie ihre Widerstandskraft bewiesen hatte, stürzte sich die auf den Flügeln aufgestellte Reiterei auf die feindlichen Truppen, um sie zu vernichten. Wie aus den Gesängen des Patriziers Cesareus und des Königs Sisebuth hervorgeht, waren die Kämpfe zumeist sehr blutig. Bei der Belagerung von Städten und Festungen wandten die Goten die Technik der Römer an. War der Feldzug beendet, so wurde das Heer verabschiedet oder beurlaubt. Da uns verschiedene Hinweise über die gotische Heeresverwaltung erhalten sind, wissen wir, daß auch besondere Beamte eingesetzt waren, die das Heer mit Proviant zu versorgen hatten. Das Beutemadien in den Lagern und Wohnstätten des Feindes war erlaubt, Gefangene wurden zu Sklaven gemacht. Die bei den Goten üblichen Waffen waren Schwerter, Lanzen und Pfeile. Das gotische Schwert war doppelt geschliffen. Bei der Belagerung von befestigten Plätzen wandte man die Wurfmaschine, den Sturmbock und den sogenannten „Skorpion" an. Was die Belohnungen der Sieger betrifft, so kam es auch vor, daß der König sich allein den Erfolg einer Sdilacht zuschrieb und demgemäß handelte. G e s e l l s c h a f t u n d Recht d e r W e s t g o t e n . In der ersten Zeit nach dem Einbruch der fremden Stämme in die Pyrenäenhalbinsel boten diese Neuankömmlinge im Gegensatz zu den Römern und Eingeborenen ein buntes Gemisch der verschiedensten völkischen und kulturellen Faktoren. Bald jedodi verschwanden die Alanen und Vandalen vom Boden der Halbinsel — die ersten, weil sie ausgerottet wurden, die letzteren, weil sie nach Afrika hinüberwanderten —, so daß in Spanien nur noch die Sueben und Westgoten übrig blieben. Die heidnischen Sueben zeichneten sich durch ihre besondere Wildheit aus; die Westgoten waren zwar Christen, doch ein geradezu sanftmütiges Wesen kann man auch ihnen nicht nachsagen. Die gesamte Gesellschaft wurde in Kasten aufgeteilt, wobei auf eine strenge Scheidung zwischen Siegern und Besiegten gesehen wurde. Die Eheschließung zwischen Goten und Hispano-Romanen war verboten. Die Eindringlinge mit ihrem Adel stellten sozusagen eine Kriegerkaste dar, und die Besiegten, die weitaus in der Überzahl waren, lebten friedlich mit ihren Beherrschern zusammen und behielten innerhalt) ihrer eigenen Gesellschaft ihre Adelstitel und die soziale Einteilung der Römerzeit bei. In den oberen Gesellschaftsklassen führte der Westgote ein Leben, das in seinen äußeren Formen dem des Römers sehr nahe kam, denn die West-
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goten, die in den Städten lebten, nahmen nach und nach die Sitten ihrer höher zivilisierten Besiegten an. Später fanden am Hofe auch die Raffinements der byzantinischen Kultur Eingang — eine erklärliche Tatsache, wenn man bedenkt, daß Byzanz ja Besitzungen in Südspanien hatte. In den unteren Schichten der Gesellschaft finden wir den „bucelarius", den freien Mann, der unter dem Schutz des germanischen Adels lebte, den Bauern und den Sklaven. Auf dem Gebiet der Rechtsprechung besaßen die Goten ein Gewohnheitsrecht rein germanischen Charakters. Zur Zeit Theoderichs erschienen dann einige Gesetze, die inhaltlich dem römischen Recht angepaßt waren, und zur Zeit Eurichs schließlich wurde ein Gesetzbuch verfaßt, um die Verhältnisse der Sieger zu regeln. Eurich hatte die Verwaltungspolitik des Gotenreiches seinem Quästor, dem gotisch-römischen Leo von Narbonne, anvertraut, und auf dessen Rat hin entschloß er sich wahrscheinlich auch zur Herausgabe eines nationalen Gesetzbuches. Wenngleich dieses Gesetzbuch im wesentlichen die Grundsätze des gotischen Rechts enthält, so ist doch zu bemerken, daß auch schon eine ganze Reihe römischer Rechtsprinzipien darin Eingang gefunden hatten. M i t der Zusammenstellung des Werkes wurden römische Rechtsgelehrte, vermutlidi Beamte aus der Kanzlei Leos von Narbonne, beauftragt. Alaridi II. veranlaßte die Herausgabe des sogenannten „Breviarium Aniani", einer Art Kompilation der römisdien Gesetze der Besiegten. Ein Ausschuß von galloromanischen Reditsgelehrten stellte das Material zusammen, und die fertige Gesetzessammlung wurde in Aduris (Aire-surTAdour in den Landes) durch eine Versammlung von Bischöfen und Ordensprovinzialen geprüft und genehmigt. Auf diese verschiedene Arten von Rechtspersonen unterscheidende Gesetzgebung, die durch die beiden genannten W e r k e vertreten ist, folgte die unitarische Reform, die mit dem Codex Leowigilds beginnt und durch Rekkared und Kindasvinth fortgesetzt wird. Zur Zeit Rekisvinths erfolgte durch die Ausarbeitung des berühmten „Liber iudiciorum", das gemeinhin fälschlich „Fuero Juzgo" genannt wird, eine Verschmelzung der einzelnen Gesetzesbücher. Dieses W e r k ist das vollkommenste aller nichtrömischen Gesetzesbücher jener Zeit. Zusammengestellt wurde dieses starke römischrechtliche Züge aufweisende Buch in den Versammlungen der toledanischen Padres und in den Arbeitszimmern jener gelehrten Männer, die den Prinzipien der isidorischen Rechtslehre Gesetzesform gaben. Die Auffindung der westgotischen Rechtsformeln beweist uns das Vorhandensein eines Gewohnheitsrechtes, das weit bedeutungsvoller war als die mehr wissenschaftliche Gesetzgebung der „Lex Wisigothorum", die so
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stark mit römischen Rechtsprinzipien durchsetzt und in vieler Hinsicht tot und unwirksam war. Dem westgotischen Recht nach sollte der König der erste Diener des Gesetzes sein. Die Macht wurde ihm von Gott verliehen. Auch die Pflichten des Volkes setzte das „Liber iudiciorum" fest und war, was die Einzelperson betrifft, eine wahre „lex publica", die nicht nur für eine bestimmte Kaste oder Gesellschaftsschicht geschaffen war. Als Grundsatz wurde die Gleichheit aller vor dem Gesetz verkündet. Auch das Kind und die Frau stellten einen Teil der Gesellschaft dar und wurden von dieser anerkannt. Der Ehe wurde eine ganz besondere Würde zugeschrieben; Scheidung war verboten, außer im Falle des Ehebruchs. Das Gesetz befahl eheliche Treue. Den unglücklichen Kindern, die die Frucht des Lasters oder des Elends waren, gewährte das Gesetz ausdrücklichen Schutz. Es schützte das Privateigentum und förderte den Ackerbau. Das Sklaventum, jenes Zeitübel, wurde allerdings beibehalten, doch wurde die Stellung des Sklaven dadurch verbessert, daß jede Art der Freilassung oder des Freikaufs gestattet war. Die Kirche hatte nach den Grundsätzen des Westgotenrechts der Ehe ihren Segen zu erteilen. Der Freigelassene unterschied sich von dem Freigeborenen darin, daß er an die Pflichten der Dankbarkeit gebunden war. Das Leben des Sklaven war unverletzlich. Der germanische Einfluß in dieser Rechtsprechung tritt hervor in der besonders begünstigten Stellung des freien Mannes gegenüber seinem Herrn und in der Einbeziehung des Gewinns oder Erwerbs in das eheliche Vermögen. Wir treffen hier auch auf die germanische Art der Mitgift, auf die von der Mutter der gotischen Familie ausgeübte Vormundschaft und schließlich auch noch auf eine Art Verwandtenrat, wie er aus der germanischen Rechtsprechung überliefert ist. K u l t u r u n d K u n s t d e r W e s t g o t e n . Die Goten, die der arianischen Glaubenslehre anhingen, hatten gegenüber den heidnischen Sueben, die noch den Gott Odin anbeteten, eine gewisse moralische Überlegenheit. Trotzdem aber darf nicht verschwiegen werden, daß die Gotenkönige den katholischen Klerus und damit den Träger der römischen Kultur und Tradition grausam verfolgten. Wie einige Historiker annehmen, gab es eine arianisdie Literatur, doch ist uns keines ihrer Zeugnisse erhalten geblieben. Aus der ersten Zeit nach der Invasion stammen die Historiker Paulus Orosius und Idatius. Orosius wurde wahrscheinlich um 390 in Braga geboren und ging nach seiner Priesterweihe nach Afrika, wo er ein Schüler des heiligen Augustin wurde, der ihn zu seinem wichtigsten Werk, den „Historiae", angeregt hat. Daneben verfaßte Orosius einige Streitschriften gegen die Priscilianer und gegen Pelagius. In seinem Hauptwerk berichtet er über die Kämpfe zwischen den Goten und Römern. Idatius ist der Geschichtsschreiber der fremden Stämme, die bereits Fuß auf der Pyrenäenhalbinsel Ballesteros, Spanien
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gefaßt hatten. Er wurde, wie man vermutet, in Limia geboren (um 395) und war vom Jahre 454 ab Bischof von Chaves. Sein „Cronicón" bildet ein unschätzbares Zeugnis über die ersten Jahre der Germanenherrschaft auf spanischem Boden. Als Diditer taten sich in jener Zeit Dracontius, Orentius und Flavius Merobaudes hervor. Dracontius beschreibt in seinem Werk „De Deo" das Unglück und Elend, das die Herrschaft der Vandalen in Baetica mit sich brachte. Orentius stellte ein „Commonitorium", eine Sammlung verschiedener Gebete und Hymnen, zusammen, während uns aus dem Werk des Merobaudes hauptsächlich Lobgedichte überliefert sind. Bedeutende Bibelkenner und Schriftgelehrte waren Pastor und Siagrius. Als Zeitgenossen Amalarichs kennen wir Montanus, der dem zweiten Konzil von Toledo vorstand, und dessen Briefe an Toribius von Astorga und die Palentiner erhalten sind. Zur Zeit des Königs Teudis lebte Apringius von Beja, der durch seine Anmerkungen zur Apokalypse berühmt wurde. Unter den Kirchenschriftstellern müssen wir auch noch den Bischof Justus von Urgel und den heiligen Martin von Dumi, den Apostel der Sueben, erwähnen. Die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts ist besonders reich an bedeutenden Schriftstellern. Der byzantinischen Kultur des spanischen Südens entstammte Licinianus, der Prälat von Cartagena, und der Bischof Severus von Málaga. Der gleichen Zeit gehören der Abt Donatus und der Abt Eutropius, der später Bischof von Valencia wurde, an. Der berühmteste Kopf dieses Kreises aber war der aus Cartagena gebürtige heilige Leander. Er war in seiner Jugend Mönch und wurde dann Prälat in Sevilla, von wo er vor Leowigild fliehen mußte. Er ging dann nach Konstantinopel und wurde der Beichtvater des späteren Papstes Gregor VII. Nach seiner Rückkehr nach Spanien bemühte er sich um die geistliche Unterrichtung des Königs Rekkared. Seinem Einfluß ist es zu verdanken, daß dieser König mit seinem gesamten Hofe zum Katholizismus übertrat, so daß der heilige Leander den Beinamen eines Apostels der Goten erhielt. Seine Dichtungen sind voll religiösem Schwung. Daneben verfaßte er Werke moralischen und dogmatischen Inhalts. Sein Bruder, der heilige Fulgentius, war ebenso gelehrt, und seine Schwester Florentina war die erste heilige Dichterin der spanischen Kirche. Ein Geschichtsschreiber aus der Zeit Leowigilds ist Juan de Biclara aus Sealatis, der einer gotischen Familien entstammte. Als er von dem König verfolgt wurde, zog er sich in die Pyrenäen zurück und gründete das Kloster von Biclara, dem er bis zum Jahre 589 als Abt vorstand. 591 wurde er zum Bischof von Gerona gewählt. Er starb vermutlich im Jahre 621. Wie überliefert wird, verlebte er seine Jugend in Konstantinopel. Seine Chronik
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hat neben anderen Vorzügen den der größtmöglichen Unparteilichkeit. Ein Zeitgenosse Juans von Biclara war der anonyme Verfasser eines interessanten Werks mit dem Titel „De vitis et miraculis Patrum Emeritensium". Die größte Leuchte der Wissenschaft im 7. Jahrhundert war jedoch der heilige Isidor von Sevilla, ein allseitig begabter Kopf, der das gesamte Wissen seiner Zeit in seinen „Origenes" oder „Etimologiae" gesammelt und niedergelegt hat. Er war ein jüngerer Bruder des heiligen Leander und hatte nach diesem das Amt des höchsten Würdenträgers der spanischen Kirche inne. Seine Jugend verbrachte er in einem Kloster unter der Leitung seines Bruders, der ihn wahrscheinlich die Errungenschaften der byzantinischen Kultur kennen lehrte. Während seines langen Lebens war er ständig um die Bildung der Geistlichkeit und die gute Verwaltung der Kirche bemüht. Er schrieb Gedichte sowie Werke religiösen und weltlichen Charakters. Unter den letzteren nennen wir eine Abhandlung mit dem Titel „De Natura rerum", die er auf Wunsch des Königs Sisebuth verfaßte. Das bedeutendste seiner Werke, die „Etimologiae" übten viele Jahrhunderte hindurch auf die gesamte Kultur des Mittelalters den größten Einfluß aus. Als Historiker wurde er bekannt durch seine Geschichte der Goten und diejenigen Schriften, die den Vandalen und Sueben gewidmet sind. Daneben werden ihm noch eine ganze Reihe anderer Werke zugeschrieben. Zeitgenossen Isidors waren Bulgaranus, ein Statthalter des gotischen Galliens, und König Sisebuth, der die lateinische Literatur pflegte und ein „Leben des Märtyrers Desiderius" sowie berühmte Briefe an die Langobardenkönigin Theodolinde, seinen Sohn Aldovaldus und andere Persönlichkeiten schrieb. Der gleiche König trieb auch astronomische Studien. Ein Freund des heiligen Isidor, mit dem er auch einen regen Briefwechsel unterhielt, war der heilige Braulius, der weise Prälat von Zaragoza und wohl gewandteste Schriftsteller des westgotischen Spanien. Er überlebte den heiligen Isidor um 21 Jahre und starb erst 657. Unter seinen zahlreichen Schriften verdienen besondere Erwähnung das „Leben des heiligen Aemilian", das „Leben der Kirchenväter" und sein Gedicht „De vana saeculi sapientia". Er war zugleich Musiker und Dichter. Eugen III. von Toledo kennen wir als Verfasser religiös beschwingter Dichtungen. Ein sehr fruchtbarer Schriftsteller war Ildefonsus, der Nachfolger Eugens auf den Erzbischofsstuhl von Toledo. Viele seiner Werke sind verloren gegangen, glücklicherweise jedoch sind uns wenigstens seine Schriften „De perpetua virginitate Sanctae Mariae" und „De cognitione baptismi" erhalten geblieben. Audi Ildefonsus stammte aus gotischem Geschlecht. Ein Dichter auf dem Throne war Kindasvinth, der eine reiche Bibliothek zusammenstellte und dem man den Grabspruch auf seine Gemahlin Rekiberga sowie seinen eigenen zuschreibt. 4*
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In Galicien wirkte zu jener Zeit der Abt Fructuosus, der später zum Bischof von Braga erwählt wurde und von dem uns einige Briefe erhalten sind. Der gleichen Zeit entstammt der Mönch Valerius, der eine Reihe von Hymnen und Kirchengesängen, daneben aber auch noch andere hochinteressante Werke, wie z. B. das „Leben des heiligen Fructuosus", und das der heiligen Eucheria, das den Mönchen von Bierzo gewidmet ist, sowie einige bedeutende Abhandlungen über das Mönchsleben verfaßte. Der Amtsnachfolger des heiligen Braulius war Tajón (651—683), der nach der Behauptung einiger Historiker den Zunamen Samuel führte. Er war früher Abt eines in der Nähe von Zaragoza gelegenen Klosters und ein Freund des heiligen Braulius gewesen. Seine Gedichte sind redit ansprechend, vor allem aber war er einer der gewandtesten Prosaschriftsteller seines Jahrhunderts. Sein Hauptwerk, der Versuch einer Theologie nach der logischen Ordnung der göttlichen Mysterien, trägt den Titel „Sententiarium libri V". Als letzten großen Autoren der hispano-gotischen Literatur nennen wir den heiligen Julián, der von 680 bis 690 den Erzbisdiofssitz von Toledo innehatte. Das reiche Werk dieses vielseitigen Geistes ist uns durdi die von seinem Amtsnachfolger Felix verfaßte Biographie Juliáns bekannt. Er schrieb neben verschiedenen dogmatischen und polemischen Werken ein „Leben Wambas", dessen genauerer Titel „Geschichte des Aufstandes des Paulus" lautet. Auch in den letzten Jahren des Bestehens der Weltgotenherrschaft finden wir noch Zeugnisse der literarischen Kultur dieses Volkes. Bis vor wenigen Jahren kannte man nur einige spärliche Überreste der westgotischen Kunst, heute jedoch ist unser Wissen hierüber noch um verschiedene Daten erweitert worden. Auf dem Gebiet der Architektur erlangte vor allem die auf Veranlassung Rekisvinths erbaute Kirche des heiligen Juan de Baños berechtigten Ruhm, daneben sind als westgotische Bauten die zur Zeit Kindasvinths fertiggestellte Kirche von San Román de Hornija (Valladolid) und die Kirche der heiligen Maria von Bamba zu nennen. Unter den Werken der Bildhauerkunst erwähnen wir den Sarkophag von Alcaudete Oaén) und den von Briviesca (Burgos). Zahlreich sind die auf uns überkommenen Zeugnisse der Elfenbeinschnitzerei, der Keramik und der Goldschmiedekunst, unter denen wir in erster Linie die berühmten in Guarrazar aufgefundenen Votivkronen nennen müssen. S i t t e n u n d G e b r ä u c h e . Lieber als in Städten lebten die Westgoten anfänglich auf dem Lande oder — aus strategischen Gründen — in befestigten Schlössern und Ortschaften. Noch heute weisen eine Reihe derartiger ursprünglich gotisdier Siedlungen, wie Burgos, Burguillos und Burgo de Osma, schon durch ihren Namen auf die gotische Herkunft hin, während
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die Neigung des Goten zum Landleben noch in der Bezeichnung „Campos göticos" lebendig ist. In späterer Zeit strömten die großen Herren in die reicheren Ortschaften und vor allem in die Hauptstadt Toledo, ohne sich jedoch ganz und gar vom Lande zu lösen. Stets brachten sie einen großen Teil des Jahres auf ihren Besitzungen zu, die sie selbst verwalteten und bebauten. Der Luxus und das Raffinement der Römer, mit denen die Westgoten in Berühung kamen, färbten allmählich auch auf sie ab, so daß ihre einfache Lebensweise bald wie mit einem Firnis oder einer Schicht der Zivilisation überzogen wurde, die zwar den gotischen Wesenskern nicht verändern konnte, der Gesellschaft jedoch einen zivilisierten Anstrich verlieh, der genau besehen allerdings nur in Äußerlichkeiten bestand. Als Athaulf in Narbonne seine Vermählung mit Galla Placidia feierte, trug er eine Chlamys, ein griechisches Obergewand. Zur Zeit des heiligen Isidor pflegte auch der gotische Adel die Purpurtoga zu tragen. Die Frauen kannten die Stola, den Palatin (ein Pelzgewand) und das leinene „amicolum". Die Damen der gotischen Gesellschaft frisierten sich wie die Römerinnen und trugen Schmuckstücke nach römischer Sitte, wie Diademe, Mitren, Haarnetze, Bänder, Spangen, Armreifen, Ohrgehänge und Halsketten. Durch den Einfluß der byzantinischen Kultur wurde die Vorliebe für Schmucksachen noch verstärkt. Die Vornehmsten der Goten trugen reichgeschmückte Mäntel, lange oder kurze Tuniken, die manchmal lose fielen, manchmal auch durch einen Gürtel zusammengehalten wurden. Auf dem Kopf trugen sie den „pileo", eine Fellmütze. Ihre Lieblingsfarbe war zinnoberrot, ihr Haupthaar wallte lang auf die Schultern herab. Das Haus des gotischen Edelmanns war aufs prächtigste mit Tafelwerk, Mosaiken, Reliefs und Malereien geschmückt. Der Grundriß des Hauses war nach römischem Muster gehalten, das Mobiliar kostbar und reich. Auch beim Essen ahmten die Westgoten die Gebräuche der Römer nach. So kannten sie das sogenannte „triclinium", den Speisesaal. Man benutzte das kostbarste Tafelgeschirr. In seinen „Etimologiae" spricht der heilige Isidor von auserwählten Weinen und köstlichen Fleischgerichten. Unter den Küchengeräten erwähnt er den Topf, den Kessel und die Bratpfanne. Von ihrem früheren Nomadenleben her hatten sich die Goten die Lust am Reisen bewahrt. Häufig suchten sie ihre Besitzungen auf und begaben sich mit Vorliebe von einem Ende der Halbinsel zur anderen. Die Begüterten legten dabei großen Wert auf die prächtige und prunkvolle Ausstattung ihrer Wagen und Pferde. Das rote Fuhrwerk, in dem die gotische Dame ihre Reisen unternahm, hieß „pilentum". Das „carpentum" war ein Ehrenwagen für die hohen Staatsbeamten, die „basterna" ein Reisewagen und
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das „plaustrum" ein Packwagen. Noch immer gebrauchte man zwei hohe Räder und die keltische „rheda". Die Pferde wurden kostbar und prächtig aufgezäumt. Von den öffentlichen Volksbelustigungen und Unterhaltungsstätten verschwanden während der Westgotenzeit der Zirkus und das Amphitheater, da die neuen Herren Spaniens hierfür kein Interesse aufbrachten und außerdem die gotisdie Vorliebe für das Landleben und der damit verbundene Rückgang der Städte diese Unternehmungen ihrer Existenzgrundlage beraubten. Als einzige derartige Einrichtung, wenn auch in stark vermindertem Umfang, konnte sich das szenische Theater erhalten, wie wir aus einem Brief des Königs Sisebuth an den Erzbisdiof Eusebius von Tarragona entnehmen können. Es wurden hier jedoch keine klassischen Tragödien oder Komödien mehr gegeben, sondern die Vorstellungen beschränkten sich auf platte und obszöne Pantomimen und Darbietungen von Musikanten und Gauklern. Sehr beliebt waren Glücksspiele und jene Scheinkämpfe, in denen man die Vorläufer der späteren Turniere erkennen will. Bei Hochzeiten wurden häusliche Feste gefeiert und bei Leichenbegräbnissen stimmten die Klageweiber, die sogenannten „praefixe", die Totengesänge an. Diese Gesänge hatten zuweilen den Zweck, das Andenken eines Helden zu ehren, wie z. B. jenes Lied, das das westgotische Heer beim Tode seines Königs Theoderidt auf den Katalaunischen Feldern anstimmte. D i e s p a n i s c h - g o t i s c h e Kirche. Solange die Mehrzahl der Goten dem arianisdien Glauben anhing und dieser vom Hofe aus beschützt wurde, hatte die katholische Kirche — vor allem seitens einiger der glaubenseifrigsten Herrscher — schwere Verfolgungen zu erdulden. Da der König gleichzeitig das Amt eines obersten Priesters innehatte, sorgte er dafür, daß bei der Land- und Güterverteilung die arianischen Bischöfe gut abschnitten und bemächtigte sich auf diese Weise eines Teils des Besitzes der katholischen Geistlichkeit. Sprichwörtlich war die Grausamkeit der Angriffe, die die Sueben und Vandalen auf der Pyrenäenhalbinsel gegen die katholische Kirche richteten. So erinnert Idatius an die Verheerungen in Galicien, und die Überlieferung berichtet uns, daß der König Geiserich zu Pferde in die Hauptkirche von Sevilla eingedrungen sei. Wenn auch dieser Bericht vielleicht nicht den Tatsachen entspricht, so beschwört er doch die Erinnerung an die Verwüstung Baeticas durch die Vandalen herauf. Im Vergleich mit den Ausschreitungen ihrer Vorgänger konnten also die durch die Gotenkönige angestellten Verfolgungen nur milde erscheinen. Aus dem 5. Jahrhundert sind uns nur ganz spärliche Nachrichten über die spanische Kirche erhalten. So hören wir von einem Bischof von Sevilla
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namens Zenon und von dem Prälaten Johannes von Tarragona, der 80 Jahre alt wurde und seine Diözese von 469 bis 519 verwaltete. Theoderich verfolgte die Katholiken, und Eurich folgte, wenn auch in etwas gemilderter Form, seinem Beispiel. Während der Regierungszeit Alarichs II. wechselten Zugeständnisse an die besiegte Bevölkerung mit Verfolgungen der Katholiken. Zur Zeit Amalarichs taucht die Gestalt des berühmten heiligen Victorianus auf. Gesalich beschützte auf Veranlassung Chlodwigs die katholische Partei und gründete das Kloster von Asán. Die Könige Amalaridi, Teudis und Agila wandten sich häufig mit der Bitte um Ratschläge an Victorianus, der das Amt eines Abts von Asán übernommen hatte. Aus dem 6. Jahrhundert kennen wir vier berühmte Brüder: den Bischof Nibridius von Egara (Tarrasa), den Bischof Elpidius von Huesca, den Bischof Justinianus von Valencia und den heiligen Justus, der Bischof von Urgel war. Die beiden letzteren waren nebenbei auch Schriftsteller von Ruf. Ein Schüler des heiligen Victorianus am Kloster von Asán war Vicente, der später Bisdiof von Huesca war und von Leowigild verfolgt wurde. Den Bischofssitz von Mérida hatte zu jener Zeit der berühmte Masona als Nachfolger des Griechen Fidel inne. Mit der Bekehrung des Königs Rekkared nahmen die Verfolgungen ein Ende, und für die spanische Kirche begann eine ihrer glanzvollsten Zeiten. In Sevilla verwalteten das Bischofsamt nacheinander die Brüder Leander und Isidor. Das 7. Jahrhundert kann mit Recht als das Jahrhundert der großen westgotischen Kirchenfürsten angesehen werden. Unter ihnen nennen wir vor allem die Erzbischöfe von Toledo Eugen, Ildefonsus und Julián und die Bischöfe Braulius und Tajón von Zaragoza, doch sind diesen Männern nodi eine ganze Anzahl weiterer an die Seite zu stellen, die sich gleichermaßen an Weisheit und christlicher Tugend auszeichneten. Die gotische Kirche unterhielt ausgezeichnete Beziehungen zum Heiligen Stuhl. Das Mönchswesen entwickelte sich in Spanien zu immer höheren Formen. So hört man von einer Klostergründung des heiligen Dictinius in Astorga. Dem 6. Jahrhundert gehörten der bereits erwänhnte heilige Victorianus und der Mönch Millán (Aemiliamus) an, der als erster Einsiedler das Kloster von La Cogolla gründete. In die gleiche Zeit dürfte auch die Klostergründung des Toribius in Liébana fallen. In Dumi, nahe von Braga, gründete der heilige Martin ein berühmtes Kloster. Zur Regierungszeit Leowigilds kam der Abt Nuncto aus Afrika herüber, um sich in der Nähe von Mérida niederzulassen. Ebenfalls aus Afrika stammte der Abt Donatus, der Gründer des Klosters von Servito. Masona und Juan von Biclara sind ebenfalls als Klostergründer bekannt, und die heilige Florentina schließlich, die Schwester des heiligen Leander, gründete in der Nähe von Ecija ihr berühmtes Non-
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nenkloster. Im 7. Jahrhundert gelangten in Toledo das Agalienser und das Dubienser Kloster zu besonderer Blüte. Ober die Ketzerei ist zu sagen, daß neben dem Arianertum, das sich bis Ende des 6. Jahrhunderts als Staatsreligion erhielt, die einzige Sekte, die, vor allem im Suebenreich, Wurzel schlagen konnte, die priscilianische war. Glaubwürdige Zeugnisse über ihr Auftreten finden wir bei Idatius, dem heiligen Toribius und Montanus. Dieser letztere, der Prälat in Toledo war, spricht in seinen Briefen bereits von dem Niedergang dieser Ketzersekte, die durch das erste Toledanische Konzil verurteilt worden war. Vereinzelte Anhänger konnte auch die Sekte der Manichäer gewinnen, doch war auch dies nur ein kurzes Auflackern ketzerischen Geistes. Das gleiche gilt von den Anhängern des Origenes, den Nestorianern und der Lehre des Victorinus. Aus dem 7. Jahrhundert ist uns nur die Tatsache bekannt, daß ein syrischer Bischof, der durch den heiligen Isidor bekehrt worden war, den Acephelismus abschwor. Uberreste heidnischen Aberglaubens konnten sich allerdings das ganze Mittelalter hindurch behaupten. In der katholisdien Zeit erlangte der hispano-romanisdie Klerus einen überragenden Einfluß, der allerdings von einzelnen Historikern, die hier bereits das Heraufsteigen einer theokratischen Madit ahnen wollen, übertrieben wird. Die erlesene Kultur der hohen toledanischen Geistlichkeit und der gemäßigte Charakter der Herrscher, die eifrigst bemüht waren, sidi nach den Entscheidungen der Konzile von Toledo zu richten, waren die natürlichen Ursachen dieser praktischen Regierungsform, in der die absolute Gewalt des Königs eingedämmt wurde durch die Beschlüsse der kirchlichen Versammlungen. ü b e r die Konzile von Toledo ist viel diskutiert worden. Für einige sind sie die Vorläufer der spanischen Cortes des Mittelalters, andere hingegen wollen in ihnen Zusammenkünfte rein kirchlichen Charakters sehen. In Wirklichkeit wurden auf ihnen jedoch auch weltliche Angelegenheiten behandelt, so daß man wohl die Behauptung aufstellen kann, daß es eben Versammlungen sui generis mit gemischt kirchlich-weltlichem Charakter waren. 6. KAPITEL
DIE H E R R S C H A F T DER ARABER D i e M u s l i m . In den Wüsten Arabiens war ein religiöser Funke aufgeglommen, der die gesamte Götterwelt der dort lebenden Stämme mit einem Schlage vernichtete. Entflammt von den Worten ihres Propheten Muhammed zogen die Araber durch die Welt, um die Lehre Allahs zu ver-
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künden. Der neue Glaube konnte sich jedoch nicht ohne Blutvergießen durchsetzen, und lange Jahre darauf wurden noch einmal jahrhundertealte Haßgefühle lebendig, als in Spanien die Vertreter der feindlichen Stämme ihre früheren Zwistigkeiten zum Austrag brachten. Die Muslim unterwarfen Arabien, Syrien, Persien, Ägypten und Nordafrika und zogen von hier aus nach Spanien. D i e E r o b e r u n g . Tarik, der Sieger von Guadalete, war ein Stadthalter des Gouverneurs von Afrika, Musza ibn Nuszair. Sobald Musza von den Erfolgen seines Untergebenen erfuhr, beeilte er sich, ihm über die Meerenge zu folgen und einen Eroberungsfeldzug zu beginnen, der zu einer fast vollständigen Unterwerfung Spaniens führen sollte. Das leichte Vordringen der Muslim auf spanischem Boden erklärt sich aus den Zwistigkeiten, die unter den Goten ausgebrochen waren, und der Leichtgläubigkeit, mit der diese zum Teil eine Wiederherstellung ihrer Herrschaft durch fremde Hilfe erwarteten. Musza aber dachte gar nicht daran, die reichen Gebiete, die seine Truppen erobert hatten, wieder zu verlassen, und bald mußten die Goten ihren Irrtum einsehen und erleben, wie alle ihre Hoffnungen durch die Eingliederung Spaniens in das Kalifat von Damaskus zunichte gemacht wurden. Die nun sich anspinnenden Feindseligkeiten zwischen den Führern der Araber und die hierbei erfolgten Denunziationen führten dazu, daß Tarik und Musza vor den Kalifen gerufen wurden und somit von der geschichtlichen Bühne Spaniens verschwanden. D i e E m i r e . Spanien war nun ein Teil des großen orientalischen Imperiums, das unter der Herrschaft der Kalifen von Damaskus stand. Die muhammedanisdien Fürsten, die zu jener Zeit auf dem Thron saßen, gehörten der Dynastie der Umaijaden an, der Nachfolgerin der vier großen Kalifen, die das Werk des Propheten weitergeführt hatten. Auf der Pyrenäenhalbinsel regierten im Namen der Umaijaden verschiedene Emire, die ihre Befehle direkt aus der Hauptstadt der muhammedanischen Welt empfingen. Der erste dieser Emire war Abdalasis, ein Sohn Muszas. Er schloß einen Vertrag mit dem Gotenkönig Ostspaniens, Theodemir, in welchem letzterem eine beschränkte Befehlsgewalt in einigen Städten des südöstlichen Spanien, wie in Lorca, Mula, Orihuela, Alicante und anderen, zugebilligt wurde. Während der Regierungszeit der folgenden Emire wurden einige Feldzüge nach Gallien unternommen, darunter der berühmte Zug Abdarrachman ibn Abdallahs, der im Jahre 732 in die Ebene bei Poitiers vordrang, bis der Siegeszug seiner Truppen durch den Franken Karl Martell aufgehalten wurde und. er eine blutige Niederlage erlitt. Vor allem die völkische Ungleichartigkeit der muslimischen Eindringlinge war es, die die Zeit des spanischen Emirats so verworren und bewegt
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gestaltete. Zuerst entbrannte ein Bürgerkrieg zwischen Arabern und Berbern, darauf folgten Auseinandersetzungen zwischen Syrern und Jemeniten und zum Schluß wurden noch die Feindseligkeiten zwischen den Stämmen der Kelb und der Kaisz hier ausgetragen. Nach tausend Wechselfällen gelang es schließlich Juszuf al-Fidiri, die Macht zu erobern und zu halten. Sein Helfer und Ratgeber war der kluge und mächtige Ssumail aus dem Stamme Kelb, ein Mann mit hervorragenden Gaben, die allerdings durch zahlreiche seiner Rasse eigentümliche Mängel getrübt wurden. D a s u n a b h ä n g i g e E m i r a t . Inzwischen war im Orient die Dynastie der Umaijaden gestürzt und ihre Mitglieder durch Abu'l-Abasz vertrieben worden. Nur der Fürst Abdarradiman konnte sich aus dem allgemeinen Untergang seiner Familie retten. Die arabischen Autoren beschreiben diesen Umaijadenfürsten als einen hochgewachsenen blonden, schielenden Mann mit spärlichem Bartwuchs. Er war weitblickend, besaß politisches Talent, Tapferkeit und einen scharfen Geist. Auf dem Wege über das nordafrikanische Küstengebiet kam er nach Marokko und trat von hier aus mit den Untertanen der Umaijaden in Spanien in Verbindung. Im Jahre 755 landete er in Almuñecar, besiegte Juszuf und Ssumail und begründete in Córdoba eine von dem Kalifat in Bagdad unabhängige Dynastie. Den Kämpfen und Streitigkeiten zwischen den einzelnen muhammedanisdien Stämmen machte er mit energischer Hand ein Ende und unterdrückte jeden Auflehnungsversuch. Auch gegen die Christen unternahm er verschiedene erfolgreiche Feldzüge. Abdarradiman I., wie er sidi jetzt nannte, gewährte allen seinen Verwandten aus der Familie der Umaijaden, die sich auf ihrer Flucht über Asien und Afrika verstreut hatten, Zuflucht in seinem Reiche. „Die größte Wohltat, die ich Gott schulde — so pflegte er zu sagen — ist nächst meiner Herrscherstellung die Möglichkeit, meine verfolgten Verwandten beschützen zu können. Ich bekenne, daß mein Stolz befriedigt ist, wenn sie die Macht bewundern, die ich erlangt habe und die ich allein Gott verdanke." Der fromme Hisdiam I. (788—796) folgte seinem Vater Abdarradiman auf den Thron. Sein Glaubenseifer drängte ihn zum Heiligen Krieg, und er führte verschiedene Unternehmungen gegen die Nordstaaten durch. Hakam I. (796—822) dagegen war ein Fürst, der vor allem das Wohlleben zu schätzen wußte. Er war jedoch stets auf die Wahrung seiner Autorität bedacht, belegte die Stadt Toledo für ihre Aufsässigkeit mit den strengsten Strafen und unterdrückte mit ungeheurer Grausamkeit einen Aufstand in Córdoba. Nach ihm bestieg der prunksüchtige Abdarradiman II. (822—852) den Thron, der die mozarabischen Christen verfolgen ließ, unter denen sich vor allein die Priester Eulogius und Alvarus aus Córdoba durch ihren Mut
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auszeichneten. Während der Regierungszeit dieses Fürsten erschienen bereits die Normannen an den Küsten Andalusiens. Zur Zeit Muhammeds I. (852—886) begann infolge der unablässigen inneren Wirren und Aufstände, die die Zentralgewalt schwächten, der Niedergang des Emirats. Der wichtigste Gegenspieler der Emire in diesem Kampf war Omar ibn Hafszun, der einer Renegatenfamilie in den Bergen von Ronda entstammte. Er begann seine Laufbahn als Räuber und endete als Führer der Unzufriedenen. Durch seine Umtriebe gefährdete er den Bestand der Dynastie selbst. Erfolgreich kämpfte er gegen die Truppen Muhammeds I. Dem Emir Mundhir gelang es schließlich, ihn in seiner uneinnehmbaren Festung Bobastro einzuschließen, doch nach dem plötzlichen. Tode dieses Fürsten, dem Abdallah auf dem Throne folgte, errang Omar wiederum eine fast unbeschränkte Macht. In dem Augenblick, wo Córdoba schon gezwungen schien, sich ihm zu ergeben, entriß ein unerwarteter Aufstand dem Renegaten den Sieg, so daß er nach Bobastro flüchten mußte. Kurz darauf bekehrte er sich zum Christentum und wurde nun zum Führer der Mozaraber im Emirat. D a s K a l i f a t v o n C ó r d o b a . Abdarrachman III., ein Enkel Abdallahs, regierte fünfzig Jahre lang (912—961) und legte in dieser Zeit den Grund zu Größe und Glanz der Stadt Córdoba. Mit unvergleichlicher Hartnäckigkeit verfolgte er die Rebellen: Omar konnte sich in Bobastro halten, als er jedoch starb, erlosch unter seinen Söhnen der Geist des Aufruhrs und die Festung mußte sich ergeben. Nun hielt Abdarrachman den Augenblick für gekommen, um sich zum Kalifen ausrufen zu lassen. Er verfügte, daß man ihn im öffentlichen Gebet an jedem Freitag mit dem Namen eines an-Naszir lidin allah zu bezeichnen habe und nahm von dieser Zeit (929) ab den Titel' eines Emir al-muminin, eines Fürsten der Gläubigen an, ein Titel, denspätere christliche Chronisten verfälschten, indem sie den Sultan der afrikanischen Muslime „Miramamolin" nannten. Seine Regierungzeit war erfüllt von ständigen Kämpfen gegen die Christen im Norden der Halbinsel und die Fatimiden in Afrika. In Valdejunquera errang er einen Sieg über dieNavarrer und Leonesen, Jahre darauf aber fügten diese gleichen Gegner ihm schwere Niederlagen bei Osma, Simancas und Alhandega zu. In denletzten Jahren seiner Herrschaft war er der Schiedsrichter und unumschränkte Gebieter der geschwächten christlichen Staaten Spaniens. Hakam II. (961—976) war eine ganz andere Natur als sein Vater, einfriedliebender Monarch, dessen höchstes Interesse den Büchern und Wissenschaften galt. Trotzdem konnte er den Ruf der musimischen Macht im Auslande halten, und Córdoba war während der Zeit seiner Regierung der leuchtende Mittelpunkt des geistigen Lebens, der wegen des Ruhms seinet Gelehrten verehrt, wegen der Macht seines Herrschers gefürchtet wurde..
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Nach dem Tode Hakams II. fiel der Thron an den jungen Hischam II., einen feigen, schwächlichen Menschen. In diesen Jahren trat in den Vordergrund der politischen Bühne ein hochbegabter und äußerst gewandter Mann, dem es gelang, in verhältnismäßig kurzer Zeit alle Stufen der Macht zu erklimmen. Diese außerordentliche Gestalt war der Höfling Abi Amir, den die Geschichte unter dem Beinamen al-Manszur der „Siegreiche" kennt. Al-Manszur gehörte dem niedrigeren arabischen Adel an und stammte aus einer Familie von Rechtsgelehrten. Seine große Anpassungsfähigkeit und die Gunst der Sultanin Aurora-Ssobch machten es ihm möglich, zu den höchsten Staatsstellen zu gelangen. Zuerst als Präfekt von Córdoba, dann als Hadschib oder Ministerpräsident bestimmte er im Namen des unfähigen Hischam über die Geschicke des Reiches. Als der erfahrene Politiker sich auch auf militärischem Gebiet versuchen wollte, gelang es ihm in solchem Maße, daß seine kriegerischen Erfolge zu den bedeutendsten wurden, deren sich der Islam in Spanien rühmen kann. Seine Frühjahrsfeldzüge verbreiteten Angst und Schrecken im feindlichen Lager; einmal nahm er Barcelona, ein andermal machte er León dem Boden gleich und plünderte Zamora und später drang er auf einem kühnen Zug sogar nach Santiago de Compostela vor und verwüstete die Stadt. Auch in Mauretanien in Nordafrika blieb das Kriegsglüdc seinen Truppen treu. Die Überlieferung berichtet uns von einer einzigen Niederlage, die der mächtige Hadschib am Ende seiner Laufbahn noch erleiden mußte: im Jahre 1002 wurde er durch christliche Heere bei Calatañazor besiegt. Kurz darauf starb al-Manszur in Medinaceli. Sein Tod war das Zeichen zur Auflösung des Kalifats. Man erzählt, daß al-Manszur in den letzten Tagen seines Lebens nicht mehr zu Pferde steigen konnte und in einer Sänfte getragen werden mußte. Unter furchtbaren Schmerzen soll er da ausgerufen haben: „Zwanzigtausend Soldaten folgen meinen Fahnen, aber keiner unter ihnen ist so bemitleidenswert wie ich." In Córdoba tobte nun ein blutiger Kampf zwischen den Amiriden, den Nachkommen al-Manszurs, und den umaijadischen Thronanwärtern. Die Stadt fiel in die Hand der Berberstämme, deren Generäle sich mit den Anführern der „Slaven" um die Macht stritten. Hischam II. mußte abtreten, Nach mehrfachem Regierungswechsel bestieg Hischam III., der letzte Kalif von Córdoba, für kurze Zeit den Thron, und dann kam es zur Ausrufung der Republik. D i e a n d a l u s i s c h e n K l e i n s t a a t e n . Das Kalifat löste sich in eine Anzahl winziger Kleinstaaten auf, deren Miniaturhöfe sich nur dank der Schwäche der christlichen Reiche zu halten vermochten und beim ersten Angriff durch christliche Fürsten diesen tributpflichtig werden mußten. Um nicht ganz und gar dem Untergang anheimzufallen, sahen sie sich schließlich
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gezwungen, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Monarchien hießen in der spanischen Geschichte die „reinos Taifas". In Sevilla herrschte die arabische Dynastie der Abbatiden, deren bedeutendste Vertreter der Fürst Mu'tadid und sein Sohn Mu'tamid waren, beides begnadete Dichter und blutdürstige Tyrannen. Die Familie der BanuHud, die gleichfalls aus Arabien stammte, regierte in Zaragoza. Auf dem Thron von Málaga saßen die der Berberrasse angehörenden Hammaditen, während wir andere afrikanische Dynastien in Granada, Badajoz und Toledo finden. Kurze Zeit hindurch herrschten die „Slaven" in Valencia, Murcia und Almeria. Besondere Berühmtheit errang in jener Zeit ein Freigelassener der Amiriden namens Mucheid, der sich zum Herrn von Denia aufgeschwungen hatte. Er war ein gefürchteter Seeräuber, eroberte die Balearen und Sardinien und machte sogar Vorstöße gegen die Küste Italiens. Mu'tamid von Sevilla konnte für eine kurze Zeit das größte Taifenreidi sein eigen nennen. Er herrschte von Viseo und Niebla bis Murcia und Alicante und hatte auch die Stadt Córdoba erobert, wo er die republikanische Staatsform abschaffte und sich selbst als Regenten einsetzte. Doch dann brachen für den Islam auf der Halbinsel schlimme Zeiten herein. Der Neid, mit dem die anderen Könige auf das aufblühende Sevilla blickten und die wachsende Macht der Christen ließen eine ausländische Intervention als unabwendbar erscheinen. Mu'tamid wollte lieber ein Kameltreiber in Afrika als ein Schweinehirt in Kastilien sein, und darum beriefen die andalusisdien Fürsten selbst die Almoraviden nach Spanien. D i e a f r i k a n i s c h e n R a s s e n . Die erste afrikanische Invasion war die der Almoraviden, die zu jener Zeit einen großen Teil Nordafrikas bis hin nach Algier beherrschten. Auf die Bitten der spanisdien Kleinkönige hin kam der Emir Juszuf mit einem starken Heer über die Meerenge, vereinigte sidi mit den Andalusiern und begann den Krieg gegen die Christen, die er im Jahre 1086 in der Ebene bei Zalaca schlug. Es fiel Juszuf nicht schwer, die andalusisdien Fürsten zu entthronen, denn er genoß die Unterstützung der Fakire, welche die Taifen der Gottlosigkeit anklagten, und hatte außerdem das Volk, das unter der Last der Steuern und Abgaben seufzte, auf seiner Seite. Bald hatte sich der Almoravide des muslimischen Spaniens bemächtigt und die früheren Machthaber unter sein Szepter gebeugt; einzig die Dynastie der Banu-Hud in Zaragoza erkannte er noch an. Nach Juszufs T o d jedoch mußten sich audi die Emire von Zaragoza dem almoravidischen Joch unterwerfen. Ihre Herrschaft war von kurzer Dauer; schon Mitte des 12. Jahrhunderts erhoben sich die spanischen Muslim gegen die afrikanischen Eindringlinge. Das tyrannische Betragen der Afrikaner und die besondere Protektion, die sie den ihnen unterworfenen Christen angedeihen ließen, waren die Ur-
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sadien der allgemeinen Unzufriedenheit. In Afrika wurden die Almoraviden durch die Sekte der Almohaden gestürzt, und bald wurden die Anhänger des almohadischen Mahdi auch nach Spanien gerufen. Die Almohaden machten sich zu den Herren Andalusiens und vertrieben die Almoraviden, die sich für einige Zeit auf den Balearen halten konnten. Nun begannen die Feldzüge gegen die Christen unter Führung der fanatischen almohadischen Sultane, die ihren Regierungssitz in Sevilla aufschlugen und dort eine großartige, prunkvolle Hofhaltung entfalteten. Der Krieg richtete sich vor allem gegen Portugal. Der Sultan al-Manszur besiegte die Christen bei Alarcos, sein Sohn an-Naszir jedoch wurde von ihnen bei Navas de Tolosa geschlagen. Mit diesem Siege der Christen begann der Verfall der almohadischen Macht. Die dritte afrikanische Rasse, welche die Almohaden in ihrer Herrscherstellung jenseits der Meerenge von Gibraltar ablöste, war der Stamm der Banu-Merin, der von der Mitte des 13. Jahrhunderts ab auch an den Kämpfen auf der Pyrenäenhalbinsel teilnahm. D i e a r a b i s c h e K u l t u r . Mit einer gewissen Berechtigung behaupten eine Reihe von Wissenschaftlern, daß die Araber weder eine originelle Kultur noch eine eigene Zivilisation geschaffen haben. Betrachten wir die einzelnen Elemente der Kultur Arabiens einmal näher, so finden sich genügend Anhaltspunkte, die für diese These sprechen. Hingegen müssen wir anerkennen, daß die fremden Kulturbestandteile durch einen einheitlichen Glauben zusammengeschmolzen wurden und nun ein durchaus einheitliches und eigenartiges Ganzes bildeten. Der Beduine, der früher mit seiner Kamelkarawane durch die Wüste zog, hatte sich in einen seßhaften Menschen verwandelt, dessen Ehrgeiz nicht mehr darin bestand, Raubzüge über die Grenzen seines Stammesgebietes zu unternehmen und sich in Kämpfen mit den Nachbarstämmen aufzureiben. Ein religiöses Feuer trieb ihn über die Grenzen Arabiens hinaus; er kam in Berührung mit dem persischen Reich der Sassaniden, wo sich ihm ein neues Leben voll verfeinerter Reize offenbarte. Das nahe Indien vermittelte ihm die Geheimnisse seiner Philosophie und die schönen Träume seiner Dichtung, Ägypten entschleierte ihm seine Mysterien. Unaufhörlich trieb es den arabischen Scheich weiter auf seiner Suche nach dem Unbekannten. In seinem brennenden Glaubenseifer bekehrte er die wilden Berberstämme und landete schließlich, erfüllt von dem jungen Ruhm seiner Rasse, an den Küsten Spaniens, wo er ein weiteres Volk unter die Schneide seines Krummsäbels zwang. Bei ihrer Ankunft auf spanischem Boden vertraten die arabischen Führer eine zwar junge, doch bereits erfahrene Nation. Von diesem Zeitpunkt an lebte Spanien in ständiger Verbindung mit dem Orient; von dorther empfing es die Kulturströmungen, die Lehren der Philosophie, die Formen der
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Dichtung und die wissenschaftlichen Neuerungen. Spanische Muslime machten sich auf die Reise nach Mekka, nach Damaskus, nach Kufa oder nach Bagdad, und orientalische Gelehrte wiederum besuchten Spanien, als Sendboten der Weisheit des Morgenlandes. R e l i g i o n u n d S i t t e n d e r M u h a m m e d a n e r . Der Islam ist eine monotheistische Religion, deren Lehren im Koran, dem Buch der Offenbarungen Muhammeds, enthalten sind. Gegenüber dem Fetischismus und Götzenglauben der Beduinen in der Wüste stellte der Islam, der viele Elemente der jüdischen und der christlichen Religion in sich vereinigte, einen großen Fortschritt dar. Fünf Hauptpflichten werden dem Muslim durch seine Religion auferlegt: die Nüchternheit, das tägliche Gebet, die Wallfahrt nach Mekka, das Almosen und der Heilige Krieg. Neben dem Glauben an Allah läßt die muhammedanisdie Religion auch den an Engel und böse Geister zu und verkündet Lohn und Strafen für die Taten der Menschen. Die Familie des Muslim besteht aus dem Hausvater, den gesetzlichen Ehefrauen und den Kindern. Die Vielehe ist zugelassen und die Zahl der Konkubinen, die der Muslim sich je nach seinem Einkommen halten darf, gesetzlich vorgeschrieben. Da die Eroberer Spaniens keine Frauen mit sich führten, nahmen sie sich Frauen aus den unterworfenen Gebieten, wodurch nach wenigen Generationen die muhammedanisdie Bevölkerung der Pyrenäenhalbinsel mehr spanisches Blut aufwies als arabisches, syrisches, persisdies oder afrikanisches. Dieser Umstand hatte einen beträchtlichen Einfluß auf die Sitten und Lebensgewohnheiten; so sprach man selbst im niederen Volk in Córdoba die aus dem Vulgärlatein entstandene Volkssprache, die dann auch im Kalifenpalast in Aufnahme kam. Trotz der Vorschriften des Koran wußte der spanische Muslim im allgemeinen den Wein zu schätzen, und mehr als ein Kadi von Córdoba mußte solchen Überschreitungen gegenüber seine Toleranz beweisen. Die großen Herren hatten viele Sklaven, und zwar außer den Haremssklaven, die sie auf den Märkten des Orients gekauft oder als Kriegsgefangene nach Spanien gebracht hatten, noch Sudanneger, Galicier, Katalanen und vor allem die sogenannten „Slaven", die in den letzten Zeiten des Kalifats die fürstliche Leibwache bildeten und dann im östlichen Teil des muslimischen Gebietes selbst zur Macht kamen. Jüdische Kaufleute waren vor allem die Importeure dieser Menschenware. Die Araber, die streng auf Rang und Stand hielten, waren auch peinlichst auf Reinhaltung des Bluts in den Adelsgeschlechtern bedacht, so daß sich eine klare Trennung der sozialen Klassen ergab. Der Araber aus dem Stamme Koraisch betrachtete sich als den vornehmsten aller Muslim. Die Familien dieses Stammes lebten immer nur für kurze Zeit in der Stadt, während sie sonst auf ihren Gütern wohnten und sich um die Landwirt-
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sdiaft bekümmerten. Dem Berber und dem Christen gegenüber legten sie stolze Verachtung an den Tag. Audi die Angehörigen der besiegten Völker, die sich zum Islam bekehrten, die sogenannten Muladi, wurden als eine geringere Kaste angesehen. Die Christen, die unter Beibehaltung ihrer Religion sich der politischen Herrschaft der Muhammedaner unterworfen hatten, hießen Mozaraber. Sie hatten zum Teil eine eigene Verwaltung und genossen bestimmte Vorrechte, die allerdings in Zeiten der Verfolgung; außer Kraft gesetzt wurden. Nach und nach verschwanden die strengen und reinen Sitten, die in der Glanzzeit des Kalifats geherrscht hatten, und als sich der Sturz des Almoravidenreiches vorbereitete und die Almohaden erschienen, hatte die zügelloseste Ausschweifung Platz gegriffen. Nachdem nun audi diese zweite Rasse aus Afrika ihren Niedergang erleben mußte und die Begeisterung, die sie in den Heiligen Krieg geführt hatte, erloschen war, mußten sie vor dem siegreichen Ansturm der christlichen Heere ihre Städte räumen und sich auf das Gebiet von Granada zurückziehen, wo sie sich dank der Zersplitterung der christlichen Staaten und der Unterstützung, die ihnen in Zeiten der schlimmsten Bedrängnis von dem Stamme der Banu-Merin zuteil wurde r noch mehr als zwei Jahrhunderte halten konnten. V e r w a l t u n g u n d ö f f e n t l i c h e E i n r i c h t u n g e n . In den ersten: Jahren nach der arabischen Invasion gehörte Spanien bekanntlich zum Kalifat von Damaskus und wurde durch Emire verwaltet, die ihrerseits wieder vom Sultan von Damaskus abhängig waren. Unter den Emiren standen die Wali, denen die Verwaltung der einzelnen Städte und Provinzen anvertraut war. Nach der Schaffung des unabhängigen Emirats erscheinen die Wesire und der Hadsdiib oder Ministerpräsident, ein Posten, den z. B. der berühmte al-Maszur innegehabt hatte. Wenn der Monarch sich selbst um die Staatsgeschäfte kümmerte, waren die genannten Beamten lediglich seine Handlanger, erwies er sich jedoch als unfähig und schwach, so hatten die Kammerherren, die Wesire und sogar die Eunuchen in der Regierung freie Hand. Andere wichtige Beamte waren der Mufti, der das Gesetz auszulegen hatte, und der Kadi, der es in richterlicher Eigenschaft anwendete. In Spanien kam außerdem noch dem sogenannten „Kadi der Ungerechtigkeiten", einer Art vom Fürsten selbst angestellten Berufungsrichter, eine besondere Bedeutung zu. Nadi der Wiederaufrichtung des Kalifats war der Regent zugleich oberster Priester, da der Kalif ja als Vertreter des Propheten angesehen wurde. W a s das Wirtschaftsleben betraf, so waren die Raubzüge, die die Emire mit Unterstützung ihrer Wadis unternahmen, allgemein bekannt und gefürchtet. Der fünfte Teil der Beute fiel dem Kalifen zu, außerdem gingen die mit Waffengewalt eroberten Ländereien in seinen Besitz über. Das;
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Steuersystem der Muslim ähnelte dem des römischen Fiskus, vor allem hinsichtlich der zahlreichen und hohen außerordentlichen Abgaben. Die Araber waren hervorragende Landwirte; sie begannen die vorhandenen Kulturpflanzen in größerem Maßstab anzubauen und vervollkommneten die von den Römern übernommenen Bewässerungsanlagen. Aus dem Ausland führten sie verschiedene Pflanzen und Bäume ein, darunter den Granatapfel, die Orange, die Banane und das Zuckerrohr. Sie waren auch die ersten, die auf spanischem Boden Reis und Baumwolle anbauten. An Industrien entwickelten sich unter ihrer Herrschaft vor allem die Tuchindustrie in Córdoba, Sevilla und Granada, die Lederindustrie in Córdoba und die Papier- und Keramikindustrie in Málaga. Die ständige Verbindung zwischen Spanien und dem Orient führte zu einem großen Aufschwung des Ein- und Ausfuhrhandels. Ein Soldatenvolk wie das muslimische, dessen oberstes Gesetz die Durchführung des Heiligen Krieges war, mußte sein besonderes Augenmerk selbstverständlich der Vervollkommnung und Durdiorganisierung seines Heeres widmen. Die militärische Einheit im Kampfe war der „Chond", das Truppenkontingent eines Stammes. Falls nicht der Sultan persönlich den kriegerischen Operationen vorstand, war der Al-Kaid der oberste Befehlshaber. Das Hauptgewicht des muslimischen Heeres lag in der Reiterei. Im Seekrieg führte der oberste Befehlshaber den Titel Amiralban, ein Wort, von dem sich die heutige Bezeichnung „Admiral" (span. almirante) herleitet. K u l t u r u n d K u n s t d e r M u h a m m e d a n e r . Im 10. Jahrhundert war Córdoba die Hochburg der Bildung in Europa, nach der, wie nadi einem strahlenden Leuchtfeuer, die Blidce aller Wissensdurstigen in Frankreich, Italien und Deutschland gerichtet waren. Die Bibliothek im Palast des Kalifen Hakam bestand aus 4 0 0 0 0 0 Bänden, allein ihr Katalog umfaßte 44 Hefte von je 50 Blättern. Daneben fanden sich sowohl in der Hauptstadt wie in den anderen Städten Andalusiens ungeheure Privatbibliotheken. Von den ersten Zeiten des Emirats an bis zu den unheilvollen Epochen der Almoraviden und Almohaden stand die Pflege der Wissenschaft in höchster Blüte. Auf dem Gebiet der Philosophie zeichnete sidi in der Glanzzeit Córdobas vor allem der Neuplatoniker Ibn Maszarra aus; in späteren Jahrhunderten erreichten Ibn Badsdidsdia in Zaragoza, Ibn Tufail in Guadix und der Mystiker Muhiddin den Gipfel des Wissens. Wie ein leuchtender Stern stieg unter ihnen der Cordobeser Averroes auf, der berühmte Interpret des Aristoteles und bekannte Philosoph, Arzt und Dichter. Unter den großen Ärzten der Zeit ist außerdem noch Ibn Zoar zu nennen. Weithin berühmt als Mathematiker war Maszlama, der Begründer der Schule von Ballesteros, Spanien
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7. Kapitel
Madrid. Um die Geschichtsschreibung erwarben sich Ibn Hazm und Ibn Haiyan besondere Verdienste, und unter den Geographen taten sich El Bachri und Idriszi hervor. Schließlich sind noch Abu Sakarija, der eine Abhandlung über die Landwirtschaft schrieb, und der Astronom Azarquiel zu nennen. Im Gegensatz zu der epischen Dichtung der Muslime, von der uns nur wenige Bruchstücke erhalten sind, kennen wir eine ganze Reihe lyrischer Werke, die aus der Feder wahrhaft begnadeter Dichter stammen. Zur Zeit der Kalifen lebten die Dichterin al-Wallada und ihr Liebhaber, der Dichter Ibn Saidun. Die Dichtung der andalusisdien Kleinstaaten wird vertreten durch den König Mu'tamid von Sevilla und seine Favoritin Romaiquia. In der zweiten Hälfte des 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts lebte der berühmte Dichter Ibn Jafadia, während Ibn Kosman, der Verfasser eines bekannten Gedichtbandes, in dem eine zügellose Erotik vorherrscht, bereits dem 12. Jahrhundert angehört. Die muslimische Kunst nimmt zwar in allen Ländern, welche die Diener des Propheten ihrer Herrschaft unterwarfen, andere Formen an, doch finden sich überall bestimmte einheitliche Züge. In Spanien müssen wir an erster Stelle die Moschee von Córdoba nennen, die mit Recht als die große Moschee des Westens bezeichnet wurde. Sie ist ein unvergleichliches Meisterwerk der Kunst und ein leuchtendes Beispiel für den Glanz und die Größe des Kalifats. Der gleichen Epoche entstammen der „Christus vom Lichte" in Toledo und der Palast von Medina Azahra, dessen prachtvolle Ruinen uns erhalten sind. Die Aljaferia in Zaragoza wurde in der Zeit der andalusisdien Kleinstaaten erbaut, während wir in der Giralda von Sevilla und in den im Almohadenstil gehaltenen Minaretts der gleichen Stadt Bauten aus der Herrschaftsepoche dieser zweiten afrikanischen Rasse zu erblicken haben. An Erzeugnissen des Kunstgewerbes sind einige Elfenbeinarbeiten erwähnenswert, weiterhin die wundervollen Schmuckkästchen und die Keramik mit ihren metallenen Spiegelwirkungen. An Geweben kennen wir die berühmte Decke Hischams II. 7. KAPITEL
DIE ANFANGE DER RECONQUISTA D a s K e r n g e b i e t d e s W i d e r s t a n d e s im W e s t e n d e r H a l b insel. Die spanische Nation, wie wir sie heute kennen, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Kämpfe gegen die muslimischen Eindringlinge. In diesem Ringen formte sich der Geist dieser Rasse, der zu Beginn der Neuzeit die ganze Welt in Erstaunen setzen sollte.
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Die Goten, die sich der arabischen Herrschaft nicht unterwerfen wollten, hatten sich in die Fekengebirge des nördlichsten Spanien zurückgezogen und begannen nun, den Widerstand gegen die semitische Woge, die das Gebiet ganz Spaniens zu überschwemmen drohte, zu organisieren. Wie die Uberlieferung in Ubereinstimmung mit den arabischen Geschichtsschreibern berichtet, war es das Land der Asturer, wo sich der Kampf vorbereitete; denn hier lebte wahrscheinlich der Hauptteil des westgotischen Adels, der sich aus dem Untergang des Gotenreiches hatte retten können. Es ist jedoch durchaus möglich, daß sidi auch in der nordwestlichen Ecke Spaniens, in den Ausläufern der galicischen Berge, Widerstandsherde bildeten, die von sich aus gewillt waren, den Muslim entgegenzutreten. Zu ihrem König wählten die Hispanier der kantabrischen Berge den Pelayo, der, wie einige Historiker behaupten, aus dem Geschlecht des gotischen Königs Kindasvinth stammte, nach der Aussage anderer Gelehrter ein Hispano-Romane, Asturier oder Galicier war, oder auch aus Li6bana (Santander) kam. Zweifellos aber handelt es sich bei ihm um eine historische Persönlichkeit, und ebenso historisch ist auch der Sieg, den die tapferen Bergbewohner unter der Führung ihres Königs errangen. Die Schlacht, das Treffen, das Scharmützel, oder wie man den Zusammenstoß sonst nennen mag, in dem die kleinen christlichen Scharen durch ihre Unerschrockenheit die Heere der Muslim in die Flucht schlagen konnten, fand bei Covadonga statt. So berichtet es die Uberlieferung, und so geht es auch hervor aus der Verehrung, die der asturischen Höhle durch die Jahrhunderte hindurch vom spanischen Volke zuteil wurde. Die Phantasie des Volkes hat unter dem Eindruck der politischen Tragweite des Ereignisses den Bericht darüber mit legendenhaften Zügen ausgeschmückt und Einzelheiten hinzugefügt, die dem Treffen den Charakter einer großen Schlacht verleihen. In Wirklichkeit jedoch kann es sich nicht um eine militärische Aktion von größerem Ausmaß handeln. Die Unwegsamkeit jener Gegend und ihre genaue Landeskenntnis war für die Christen ein ungeheurer Vorteil, so daß sie ihre Verfolger zum Kampfe stellen und ihnen eine blutige Niederlage bereiten konnten. Nach der Schlacht, also im Jahre 718, entstand das kleine Königreich Asturien. Der magische Name Covadonga ist demnach in der spanischen Geschichte gleichzeitig mit der Gründung des ersten Königreichs der Halbinsel verbunden, das eine Fortsetzung der westgotischen Tradition darstellte. Von nun am konnten die Muslim sich nur noch mit größter Vorsicht in das asturische Gebiet wagen, denn jetzt war hier eine Macht entstanden, die jeder fremden Invasion energisch entgegentrat. D a s K ö n i g r e i c h A s t u r i e n . Pelayo hatte Cangas zur Hauptstadt seines Reiches erkoren. Nach seinem Tode folgte ihm sein Sohn Favila auf den Thron. Sein zweiter Nachfolger, Alfons I. mit dem Beinamen „der 5«
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Katholische" (739—757), dehnte seine Eroberungszüge bis zum Duero aus. Die im Emirat ausgebrochenen Bürgerkriege und vor allem der Aufstand der Berber kamen den Plänen des christlichen Führers außerordentlich zustatten. Der grausame Fruela I. (757—768), der Sohn des vorgenannten Königs, gründete die Stadt Oviedo und machte sie zur Hauptstadt des kleinen Reiches. Nun folgen eine ganze Reihe unfähiger Herrscher, wie Aurelio, Silo, Mauregato und Bermudo I., der „Diakon", die man wohl auch als die „Faulenzerkönige von Asturien" bezeichnet hat. Alfons II., der Keusche, dagegen war ein außerordentlich begabter Mensch, der den Anforderungen seiner Zeit durchaus gewachsen war. Die Verhältnisse lagen denkbar schwierig, denn Córdoba war jetzt auf dem Gipfel seiner Macht angelangt, und der asturisdie König hatte vollauf damit zu tun, sein Reich gegen die starken Heere der Muhammedaner zu verteidigen. Die christlichen Chroniken berichten über einen Sieg Alfons' bei Lutos, von der Einnahme Lissabons, das allerdings später wieder von den Muslim zurückerobert wurde, und von dem Bündnis zwischen Asturien und dem mächtigen Frankenherrscher Karl dem Großen. In die Regierungszeit Ramiros I. (842—850) fällt ein von den Historikern umstrittenes Ereignis: die berühmte Schlacht bei Clavijo, in der die Muslim im Gebiet von La Rioja geschlagen wurden. Eine fromme Überlieferung will wissen, daß der tapfere asturisdie König durch diesen Sieg seine Glaubensgenossen von einem unheilvollen Tribut befreite und fügt hinzu, der Triumph der christlichen Waffen sei dem Eingreifen des Apostels Jakobus zu verdanken gewesen. Drei Punkte sind bei dieser Überlieferung zu untersuchen: erstens die von den Mauren geforderte Auslieferung von hundert Jungfrauen, die als Ursache des Kampfes angesehen wird und durchaus nicht unwahrscheinlich ist, zweitens die Schlacht, die vermutlich wirklich stattfand und schließlich das Eingreifen des Apostels, ein Ereignis, das außerhalb des Bereichs der Geschichtsforschung liegt. Wir müssen jedoch zu diesem Punkte bemerken, daß hierin der Grund für das berühmte Gelübde der Wallfahrt nach Santiago zu sehen ist, das lange Zeit hindurch bestand. Ordoño I. (850—866), der Sohn und Nachfolger Ramiros I., legte großes Interesse für die Neubesiedelung seiner Gebiete an den Tag und war an allen Kämpfen, die zu Ende des 9. Jahrhunderts an den Grenzen des muslimischen Reiches stattfanden, beteiligt. Während seiner Regierungszeit wurden die Normannen, die sich an den Küsten Galiciens festsetzen wollten, zurückgeschlagen. Dem Ordoño folgte ein kriegerischer König auf den Thron, sein Sohn Alfons III., der den Beinamen „der Große" führte (866—910). In erfolgreichen Kämpfen gelang es ihm, die Gebiete am Duero zu erobern und so
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die Grenzen der christlichen Herrschaft an diesen Fluß vorzuschieben. Die Heere Nordspaniens verließen nun die steilen Gebirge Asturiens, um sich auf der Hochebene festzusetzen — bald darauf sollte der Hof seinen Sitz von Oviedo nach León verlegen. Anerkennenswert ist vor allem die Geschicklichkeit, mit dei der christliche Herrscher es verstand, die verworrene Lage im Emirat von Córdoba auszunutzen, wo der muslimische Fürst gerade durch den Aufstand Omar Ibn Hafszuns in ärgste Bedrängnis geraten war. Alfons wurde durch seine Söhne zur Abdankung gezwungen und beging den Fehler, sein Reich aufzuteilen, wobei er Garcia das Gebiet von León, Ordoño das von Galicien und Fruela Asturien hinterließ. D a s K ö n i g r e i c h L e ó n . — Nach der kurzen Regierungszeit Garcías bestieg sein Bruder Ordoño II. (914—924) den Thron — ein fähiger Herrscher, der im Jahre 917 Abdarrachman III. vor der befestigten Stadt San Esteban de Gormaz schlug; drei Jahre später jedoch, als er im Bunde mit Sandio von Navarra gegen die Muslim kämpfte, erlitt er eine schwere Niederlage bei Valdejunquera. Ordoño II. folgten verschiedene Könige auf dem Thron, die jeweils nur kurze Zeit regierten und keinerlei nennenswerte Erfolge zu verzeichnen hatten. Dann aber kam Ramiro II., ein Sohn Ordoños, und einer der bedeutendsten Fürsten seines Geschledits. Von wildem Kampfgeist beseelt scheute er sich nicht, die Waffen gegen den mächtigen Kalifen Abdarrachman zu erheben. Er eroberte Majerit (Madrid) und besiegte die Truppen des Kalifen in den beiden berühmten Schlachten bei Simancas und Alhandega. Em Zeitgenosse Ramiros war der bekannte kastilische Graf Fernán González. Für das Königreich León brachen nach dem Tode Ramiros II. unheilvolle Zeiten herein. Nach der kurzen Regierungszeit Ordoños III. bestieg sein Bruder Sancho der Dicke (956—966) den Thron, ein unfähiger Fürst, der schließlich durch seine Untertanen zur Abdankung gezwungen wurde. Sancho ging nach Córdoba, um sich von dort militärische Hilfe zur Rückgewinnung seines Reiches zu erbitten, gleichzeitig erhoffte er von dem Können der cordobesischen Ärzte eine Heilung seiner schon ans Lächerliche grenzenden Fettleibigkeit, die wahrscheinlich einer der Gründe für seine Absetzung. gewesen war. Den Truppen Abdarrachmans gelang es, den leonesischen Thron für Sancho zurückzugewinnen, doch nahm der Kalif sich von diesem Zeitpunkt das Recht, immer wieder in die inneren Angelegenheiten Leóns einzugreifen. In die Regierungszeit des unglücklichen Ramiro III. fiel der Aufstieg des großen al-Manszur; der christliche Herrscher wurde in der Schlacht bei Rueda besiegt und mußte mit ansehen, wie Zamora in die Hände der Ungläubigen fiel. Noch unseliger gestaltete sich die Regierung Bermudos II., des Gichtbrüchigen, denn in diesen Jahren mußte das Königreich León sich verpflichten, al-Manszur Tribute zu zahlen. Die
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wankelmütige Politik Bermudos hatte zur Folge, daß der furchtbare Hadschib ihm in einem Straffeldzug die Städte León und Zamora entriß und seine Truppen in dem berühmten Treffen bei Compostela schlug. Die Christen hatten die Plünderungen und Raubzüge des unerbittlichen Feindes ihrer Rasse über sich ergehen lassen müssen, ergeben jedoch wollten sie sich ihm nicht. Sie waren entschlossen, sobald die Umstände sich günstiger gestalten sollten, mit Mut und Vertrauen die Reconquista wieder aufzunehmen. Diese Gelegenheit bot sich mit dem Tode al-Manszurs und dem Zerfall des Kalifats. Vorher jedoch mußte man die Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, heilen. Der weitschauende und kluge Alfons V. (999 bis 1020) unterzog sich dieser Pflicht. Er baute die Hauptstadt wieder auf, berief im Jahre 1020 das Konzil von León ein und verkündete das berühmte Stadtrecht von León. Diesem König, den die Geschichte untér dem Beinamen „der Edle" kennt, folgte sein Sohn Bermudo III., mit dem die leonesische Dynastie ausstarb. Im Osten Leóns war inzwischen ein neuer Machtfaktor erstanden: Sancho der Ältere von Navarra blickte voller Habgier auf das Reich des Leonesers, und während der Minderjährigkeit des Fürsten Bermudo gelang es ihm auch, sich eines Teils dieser Gebiete zu bemächtigen. Sobald der leonesisdie König jedoch großjährig geworden war, suchte er die geraubten Gebiete zurückzuerhalten. Sancho starb, und sein Sohn Ferdinand, der mit einer Schwester des Leonesers verheiratet war, verteidigte die Eroberung des Vaters. Bermudo eröffnete den Kampf gegen seinen Schwager und fiel in der Schlacht bei Támara. Die G r a f e n von K a s t i l i e n . Der Ursprung der Grafschaft Kastilien ist in tiefstes Dunkel gehüllt. Mit Sicherheit weiß man nur, daß die Grenzgegenden auf Befehl der asturisdien und leonesisdien Könige neu besiedelt werden sollten. Eine ganze Reihe von Grafen, denen dieses Siedlungswerk anvertraut war, lernen wir nacheinander als Abgesandte und Untertanen Asturiens und Leóns kennen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Reconquista jedoch trat die Abhängigkeit von der Hauptstadt, mochte diese nun Oviedo, León oder Zamora heißen, zurück, und das Hauptinteresse dieses Gebietes, in dem sich eine feste Burg an die andere reihte und das deshalb den Namen Kastilien (castillo = span. Burg) erhielt, konzentrierte sich auf die feindlichen Angriffe von maurischer Seite, denen es stets ausgesetzt war. Der Vorposten Kastilien erstarkte im Lärm der Schlachten und erstand mit dem Schwung der Jugend zu neuem blühenden Leben, während León als rechtmäßiger Erbe der gotischen Monarchie und Bollwerk der Tradition in seinen Fürsten die Reihe der asturisdien Könige fortsetzte. Diese Tatsachen lassen es uns verständlich erscheinen, daß, ganz abgesehen von dem psychologischen Gegensatz zwischen León und Kastilien, die stän-
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dige Gefahr, die alleinige Verantwortung für Sieg oder Niederlage und die räumliche Entfernung von der Zentralgewalt dazu beitragen mußten, jene halbsouveränen Grafen aus ihrer Abhängigkeit von den leonesischen Herrschern zu lösen. Wann machte die Grafschaft Kastilien sich unabhängig? Es ist schwer, hier ein genaues Datum zu nennen, nur die Umstände, unter denen es geschehen mußte, sind klar* zu bestimmen. An dem Tage, an dem der Autoritätsverlust der leonesischen Könige Tatsache wurde, zerrissen die Grafen der Grenzbezirke die Bande der Abhängigkeit. Wie die Überlieferung erzählt, war Fernán González der erste unabhängige Graf (932—970), und der etwas legendenhafte Bericht über sein Leben paßt zeitlich überraschend gut in eine der unheilvollsten Epochen der leonesischen Monarchie, nämlich in die Regierungzeit Sanchos des Didcen. Die frühen Epen und Heldenlieder haben den Namen des kastilischen Grafen, der die Araber bei San Esteban de Gormaz besiegte, unsterblich gemacht. Der Ruhm, den Fernán González erwarb, ist die Grundlage der Unabhängigkeit seines Reiches, und Kastilien, die Grenzmark, riß sich jetzt von dem leonesischen Kemgebiet los. Garci Fernández (970—995), der Sohn des ersten Grafen, hatte das Unglück, ein Zeitgenosse al-Manszurs zu sein. Sein Nachfolger Sancho García (995—1017) war der „Graf der guten Stadtredite", der mit Erfolg in die Kämpfe gegen das Kalifat eingriff und einen bemerkenswerten Feldzug nach Córdoba ausführte. Kurze Zeit hindurch war er unumschränkter Herr über die Geschicke der islamischen Fürsten Spaniens. Der letzte Graf von Kastilien, Garcia (1017—1028), wurde ermordet, als er gerade die Ehe mit der Prinzessin Sandia, der Sdiwester des leonesischen Königs Bermudo III., eingehen wollte. Nach Garcías Tod besetzte sein Schwager Sandio der Ältere von Navarra die kastilisdie Grafschaft und gliederte sie seinem Reich ein. Die östlichen R e c o n q u i s t a - S t a a t e n . Die östlichen Gebiete der Halbinsel standen bis zu den Tälern der Pyrenäen unter der Herrschaft der Araber. Einen Beweis hierfür bilden die häufigen Raubzüge der Muslim nach Septimanien und ins Innere Frankreichs; denn sie hätten diese Züge wohl kaum ausführen können, wenn das Land, das sie in ihrem Rücken ließen, ihnen nicht unterworfen gewesen wäre. Ungeachtet dieser Tatsache jedoch waren die Gebirgsregionen und einige abgelegene Orte noch immer uneinnehmbare Bollwerke, in die sich alle diejenigen zurückzogen, die das heilige Ideal der Unabhängigkeit hochhielten. Die Überlieferung berichtet, daß zu diesen unzugänglichen Stätten der Felsen von Uruel und der Panoberg oder San Juan de la Peña zählten. Höchstwahrscheinlich hatten sich auch die Basken, die an den Abhängen der Pyrenäen lebten, nicht unter das
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muslimische Joch gebeugt. Wenn auch ein glückhafter Feldzug die tmihammedanischen Heere zuweilen auf baskisches Gebiet führen mochte, so dehnte sich ihr Aufenthalt dort dodi nie über längere Zeit aus, als nötig war, um das Land auszuplündern. Kaum hatte sich dann der Feind zurückgezogen, kehrten die Basken zu ihren alten Wohnsitzen zurück. Ein weltberühmter Frankenfürst erschien in diesen Zeiten auf spanisdiem Boden. Er kam, wie einige behaupten, aus persönlichen Eroberungsgelüsten, wie andere wieder erklären, auf die Bitte des arabischen Königs von Zaragoza, der ihn ersucht hatte, die Streitigkeiten zwischen den muslimischen Fürsten zu schlichten. Karl der Große — denn er ist es, auf den wir hier anspielen — überschritt die Pyrenäen und zog vor Zaragoza, das ihm jedoch die Pforten verschloß. Verärgert über diesen Fehlschlag zerstörte er die Stadt Pamplona und kehrte in sein Reich zurüdc. Auf dem Rüdezug wurde seine Nachhut bei Roncesvalles überfallen und erlitt schwere Verluste (778). Der Frankenkaiser, der sich für diese Niederlage rächen wollte, sandte noch mehrmals seine Truppen über die Pyrenäen, die hier im nördlichen Spanien ein Gebiet erobern konnten, das später die „Spanische Mark" genannt wurde. In den angrenzenden Pyrenäengebieten übten die Franken vermutlich eine Art Protektorat aus. Mit dem nun folgenden Zerfall des karolingischen Reiches war der Augenblick gekommen, wo die Führer der Basken, die nicht einmal mehr auf eine moralische Unterstützung von jenseits der Pyrenäen rechnen durften, tatsächlich unabhängig geworden waren und daran dachten, diese Unabhängigkeit auch rechtlich zu proklamieren. In diese Jahre fällt, wie wir wohl mit Sicherheit vermuten können, die Gründung des Königreichs Pamplona und das Entstehen der Grafschaften Aragón und Pallars. Iñigo Arista, ein Baske aus Bigorra, wird uns als der Gründer des Königreichs Pamplona in der Mitte des 11. Jahrhunderts genannt; ein anderer Feldherr namens Aznar bemächtigte sich der Stadt Jaca und legte damit den Grund zu der Grafschaft Aragón, während der Abenteurer Ramón als Gründer des Staates Pallars bezeichnet wird. D a s Königreich N a v a r r a . Bis zum Auftreten Sancho Garcés'I. des Großen (905— 925) fehlen uns genauere Angaben über den Stammbaum der ersten navarrischen Könige. Die zwanzigjährige Regierungszeit des genannten Königs ist ausgefüllt mit dem nie endenden Kampf gegen die muslimische Macht; wie wir bereits an anderer Stelle berichteten, wurde der Navarrer durch den Kalifen Abdarrachman bei Valdejunquera geschlagen. Trotz dieser Mißerfolge gelang es ihm, seine Herrschaft bis Nájera und Tudela auszudehnen und diese Städte seinem Reich einzugliedern. Während der Minderjährigkeit des García Sánchez, der von 925—970 den Königstitel innehatte, führte die tapfere Königin Tota die Regentschaft. Man er-
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zählt, daß sie bei dem Feldzug gegen die Araber, den sie im Bündnis mit Ramiro II, von León unternahm, persönlich an der Schlacht bei Simancas teilgenommen habe. Der nächste navarrisdie König war Sandio Garcés mit dem Beinamen „Abarca" (Riemenschuh), ein Zeitgenosse des al-Manszur. Er zeichnete sich besonders durch seinen Eifer bei der Organisation seines Reiches aus. Der erfolgreichste der navarrisdien Fürsten dieser Epoche war Sandio Garcés der Ältere (1000—1035). Das Königreich Navarra hatte jetzt beträchtlich an Ausdehnung gewonnen: nachdem zur Zeit Sancho Garcés I. die Grafschaft Aragón durch Heirat dazugekommen war, umfaßte unter der Regierung Sandios des Älteren das navarrisdie Reich Pamplona, dazu Sobrarbe und Ribagorza. Sandio eroberte noch einen Teil Leóns (Asturien und Astorga) und gliederte nadi dem Tode Garcías, des letzten Grafen von Kastilien, noch die kastilisdien Gebiete und Alava dem Reich ein, wobei er sich auf die Erbsdiaftsansprüche seiner Gattin Doña Mayor, einer Sdiwester des ermordeten Grafen, berief. Diese Einheitspolitik, die für das Werk der Reconquista so vielversprechend erschien, fand jedoch ihr Ende beim Tode Sandios des Älteren, der unglücklicherweise dem Beispiel Alfons' III. von Asturien folgte und sein Reidi unter seine Söhne aufteilte. Der älteste der legitimen Söhne des Königs, Garcia, erbte Navarra, Ferdinand fiel Kastilien, das nun zum Königreich erklärt wurde, und ein Teil des leonesisdien Gebietes zu; Gonzalo erhielt Sobrarbe und Ribagorza und der Bastard Ramiro wurde Herr von Aragón. D i e G r a f s c h a f t B a r c e l o n a . Im Nordosten begann die Reconquista, wie wir bereits sagten, mit Unterstützung der Franken. Die Heere Karls des Großen halfen den Spaniern bei der Eroberung von Gerona, und im Anschluß hieran entstand die vom Frankenreich abhängige Spanische Mark. Ludwig der Fromme nahm Lérida, und bei seinem Kreuzzug im Jahre 801 fiel auch Barcelona in die Hände der Christen. Wenige Jahre darauf ergab sich Tortosa, das jedoch nur kurze Zeit gehalten werden konnte. Wifred, mit dem Beinamen „der Behaarte" (874—898), wird als der erste von den Franken unabhängige Graf angesehen. Er eroberte Ripoll, Montserrat und die Grafschaft Manresa und gelangte mit seinen Truppen bis vor Tarragona. Wenngleich nicht das ganze Gebiet Kataloniens unter der Herrschaft des Grafen von Barcelona stand (vor allem nicht, nachdem Wifred bei seinem Tode das Reidi unter seine Söhne aufgeteilt hatte), so müssen wir dodi bedenken, daß die moralische und sogar materielle Hegemonie, die der barcelonesisdie Fürst ausübte, diesem den übrigen katalanischen Grafen gegenüber, nämlich denen von Urgel, Cerdagne und Besalú, eine Vormachtstellung einräumte. In seiner Person verkörperte er das traditio-
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nelle Amt des alten Mardiio oder Marquis der Spanischen Mark, der im Namen der Frankenkaiser hier geherrscht hatte. Die Oberlieferung berichtet, Karl der Kahle habe Wifred die vier roten Balken auf goldenem Feld als Wappen verliehen und sie auf dessen Schild mit den vier blutigen Fingern der Hand des Grafen eingezeichnet, zum Andenken an die Verwundung, die Wifred im Kampf gegen die Normannen davongetragen hatte. Dunkel und bedeutungslos ist die Regierung der Nachfolger Wifreds bis zur Zeit Borrells II. (947—992). Als dieser Letztere Graf von Barcelona war, bemächtigte al-Manszur sich der Hauptstadt der Grafschaft, die jedoch kurz darauf von den Katalanen zurückerobert wurde. Der Nachfolger Borrells II. ist sein Sohn Ramón Borrell III., der gemeinsam mit seinem Bruder Armengol dem „Cordobeser", dem Grafen von Urgel, einen Feldzug nach Córdoba unternahm, um einem Anwärter auf den Kalifenthron seine Unterstützung zu gewähren. Nach diesem Fürsten fiel die Grafenkrone an Berenguer I., den Krummen (1018—1035). Ober seine Fähigkeit als Regent herrschen die entgegengesetztesten Meinungen; die einen heben sie rühmend hervor, andere wieder bemängeln sie, indem sie dem Beinamen, den die Geschichte diesem Fürsten verliehen hat, offenbar eine ungünstige Auslegung geben.
8. KAPITEL
KASTILIEN UND LEÓN F e r d i n a n d I. u n d A l f o n s VI. Das glorreiche kastilische Königtum, das eine so bedeutende geschichtliche Zukunft haben sollte, begann mit der Regierung eines Fürsten, der mit vollem Recht den Beinamen „der Große" führen durfte. Ferdinand I. (1035—1065) war mit gleichem Eifer auf die Ausdehnung seines Gebietes wie auf die innere Verwaltung seines Reiches bedacht. Von seinem Vater hatte er den Titel eines Königs von Kastilien geerbt. Als nun Bermudo III., der König von León, in der Schlacht bei Támara gefallen war, konnte Ferdinand, der mit Doña Sancha, einer Schwester des Leonesers, vermählt war, auch Anspruch auf die Krone von León erheben. Im Jahre 1050 fand das berühmte Konzil von Coyanza statt, und vier Jahre später entbrannte ein Bruderkrieg, in dessen Verlauf Garcia von Navarra in der Schlacht bei Atapuerca fallen sollte, als er gegen die Heere seines Bruders, des Königs von Kastilien, kämpfte.
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8. Kapitel
Die Dinge lagen jetzt günstig für die Eroberungspläne der Christen, denn das muslimische Gebiet war in viele Kleinstaaten zerfallen, die militärisch ganz unbedeutend waren. So unternahm Ferdinand einen Feldzug nach Lusitanien und entriß den Ungläubigen die befestigten Städte Lamego, Viseo und Coimbra, so daß die Grenze des leonesischen Reiches nunmehr bis an den Mondego vorverlegt war. Der Waffenruhm des Kastiliers versetzte al-Ma'mun, den Fürsten von Toledo, und den König Mu'tadid von Sevilla in derartigen Schrecken, daß sie einwilligten, Tribute an Ferdinand zu zahlen. Weitere Vasallen des Christen waren die Könige der kleinen muslimischen Reiche Badajoz und Zaragoza. Als Ferdinand dann gegen Valencia zog und die Belagerung dieser Stadt begann, wurde er jedoch von einer plötzlichen Krankheit befallen, so daß er sich schnell nach León zurückziehen mußte, wo ihn der T o d ereilte. Audi hatte in seinem Testament das unheilvolle System der Reichsteilung gewählt. Seinem ältesten Sohn, Sancho, gab er das Königreich Kastilien, der zweite, Alfons, erhielt León, García fiel Galicien zu und die beiden Töchter, Urraca und Elvira, wurden Herrinnen in Zamora und Toro. Sancho II., der Starke, war ein ehrgeiziger und unternehmender Kopf. Er bedrohte seinen Bruder Garcia und forderte seinen anderen Bruder Alfons zum Kampfe heraus. Alfons, der in den Schlachten bei Llantada und Golpéjar besiegt wurde, suchte darauf Zuflucht am Hofe des Königs alMa'mun von Toledo. Das Königreich León ergab sich dem Kastilier mit Ausnahme der befestigten Stadt Zamora, wo die tapfere Urraca, eine Frau von seltenen persönlichen Gaben, heldenhaften Widerstand leistete. Die Stadt hätte wohl kapitulieren müssen, wenn nicht der Verrat des Bellido Dolfo dazwischengekommen wäre, der Sancho eine Wunde an der Schulter zufügte und so den T o d des ehrgeizigen Königs herbeiführte. Alfons, der Erbe Sanchos ( 1 0 7 2 — 1 1 0 9 ) , vereinigte auf seinem Haupt die Kronen Kastiliens und Leóns; dadurch, daß er seinen Bruder Garcia gefangensetzte, konnte er auch noch die Gebiete Galiciens seinem Reich eingliedern. Nachdem die inneren Zwistigkeiten ausgefochten waren, setzte Alfons VI. die Politik seines Vaters fort und hatte damit einen selbst für ihn unerwarteten Erfolg. Er wurde zum mächtigsten Fürsten der Halbinsel und zum unumschränkten Herrn über die Geschicke der muslimischen Kleinkönige. Mu'tamid, der bedeutendste arabische Machthaber, zahlte dem Kastilier jährliche Tribute, AI- Kadir, der König von Toledo, sah seine Stadt plötzlich von den Heeren des Christen umzingelt und mußte sich im Jahre 1085 dem kühnen Ansturm dieser Truppen ergeben. Die Einnahme von Toledo zog den Fall vieler anderer Städte, darunter Madrid, Guadalajara, Talavera und Cuenca nach sich. Die letztere Stadt allerdings wurde zwei Jahre später von den Muslim zurückerobert. Nun zitterten die Fürsten der
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arabischen Kleinstaaten um das Schicksal des Islam in Spanien und riefen die Almoraviden zu ihrer Unterstützung herbei. Hilfe tat wirklich not, denn schon belagerte Alfons Zaragoza, und seine Truppen hatten die Festung Aledo eingenommen. Erst die blutige Niederlage bei Zalaca oder Sacralias brachte den Umschwung und machte dem Vordringen der Christen ein Ende. Die Einnahme von Santarem, Lissabon und Cintra durch die Truppen des Königs Alfons war ein ungenügender Ausgleich für die Verluste, die die Schlacht bei Zalaca gebracht hatte. Die Almoraviden vernichteten alles, was sich ihnen entgegenstellte und konnten schließlich bei Ucles einen neuen gewaltigen Sieg erringen. In dieser Schlacht verlor Alfons seinen einzigen Sohn, den Infanten Don Sancho. Trotz allem war die Regierung des Königs Alfons eine der glorreichsten der ganzen Reconquista. Nach der Einnahme von Toledo erstredete sich das christliche Gebiet bis an den Tajo, und die Verteidiger des Kreuzes bereiteten sich schon darauf vor, in mächtigem Ansturm von hier aus den Muradal-Paß zu überschreiten und in die fruchtbaren Ebenen Andalusiens hinabzusteigen. Wären die Almoraviden nicht gekommen, so hätte Alfons, der den Titel eines „Kaisers von ganz Spanien" angenommen hatte, sich auch zum Herrn des Guadalquivir-Ufers machen können, wohin seine tapferen Heere in kühnem Vorstoß bereits einmal vorgedrungen waren. Während Alfons' Regierungszeit gelangten auch zum erstenmal Kultureinflüsse von jenseits der Pyrenäen nach Spanien, die durch die Verheiratung spanischer Prinzessinnen mit ausländischen Fürsten, den burgundischen Kreuzzug und die Ausbreitung des Klüniazenserordens besonders geförr dert wurden. Die beiden Töchter des kastilischen Königs wurden mit zwei burgundischen Fürsten vermählt; die älteste, Urraca, mit Raimund von Burgund, und Teresa, die natürliche Tochter des Königs, mit Heinrich, einem Vetter Raimunds. D e r Cid. Rodrigo Diaz de Vivar ist die Verkörperung des kastilischen Wesens im Mittelalter. Tapfer, eine Abenteurernatur, von edler Herkunft, sah er seine Hauptaufgabe im Kampfe, und sein stolzer Geist duldete keinerlei Eingriff in Recht und Gerechtigkeit. Im Triumphzug führte er seine ihm treu ergebene Gefolgschaft durch Spaniens Gaue. Stets verlangte ihn nach neuen Kämpfen, und immer wieder drängte es ihn nach frischen Erfolgen, um seinen Tatendrang und seinen titanischen Geist zu befriedigen. Seine Feinde nannten ihn „Cid", den „Herrn", und seine Anhänger verliehen ihm den ruhmvollen Beinamen eines „Campeador" („Kämpfer"). Es wäre wohl zu denken, daß dieser Held, der die Verkörperung einer mittelalterlichen Rasse in der Hochblüte ihrer Kraft darstellt, seinen Ruhm in der Hauptsache dem Dichter des großen Epos, das ihn besingt, verdankt; doch dies ist nicht der Fall: in der Gestalt des Cid war tatsächlich der Geist
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Kastiliens in all seinem edlen Ungestüm zu Fleisch und Blut geworden. Der Cid, das war Kastilien im Gegensatz zu León; zwei nationale Wesensarten und Temperamente, die sidi später verschmelzen sollten, damals aber noch im geistigen Kampf miteinander standen. In León finden wir das höfisdie Leben: die Tradition, aber auch die höfisdie Verderbtheit und in weiterem Sinne des Wortes den Bürokratismus. Durch Kastilien hingegen wehte ein demokratischer Geist; das Volk war sich seiner Bedeutung und Bestimmimg bewußt und der Vasall war seinem Herrn zwar treu ergeben, doch wagte er es auch, ihn an die Erfüllung seiner Herrscherpflicht zu mahnen. Ibn Baszam erzählt, daß ein Muslim den Cid habe sagen hören: „Hin Rodrigo hat Spanien ins Verderben gestürzt, ein anderer Rodrigo aber wird es retten." In diesem Satz spiegelt sich das Einheitsbewußtsem und der Begriff der christlich-hispanischen Schicksalsgemeinschaft gegenüber der muhammedanisdien Macht. Rodrigo kämpfte zuerst im Heere des Königs Sandio. Einige Jahre später wurde er von Alfons VI. verbannt. Der Cid verließ Kastilien, aber er ging nidit allein, mit ihm zogen seine Waffengefährten. Mit der Hilfe dieser Treuen sollte er ganz Spanien in Staunen versetzen, denn er vollbrachte ruhmvollere Taten als selbst sein Fürst, dem doch die gesamte Macht seines Reiches zur Verfügung stand. Rodrigo trat in den Dienst der Dynastie der Banu-Hud in Zaragoza, nahm als Feldherr an ihren Kriegen teil, besiegte den König von Aragón und nahm einen Grafen von Barcelona gefangen. Der unglückliche Äl-Kadir, den Alfons seiner Herrschaft Toledo beraubt hatte, regierte jetzt über Valencia, die Perle des spanischen Ostens. Al-Kadir wurde ermordet, und nun richteten sich die Wünsche des Cid auf die schöne Stadt. Verschiedene befestigte Städte in der Umgebung wurden dem Cid tributpflichtig, dieser begann die Belagerung Valencias, und im Jahre 1094 drangen die Christen in die Stadt ein. Bei dieser Gelegenheit besiegte der Cid nicht allein die valencianisdien Mauren, sondern sogar die Almoraviden bekamen die Gewalt seiner Waffen zu spüren. Nach dem Tode Rodrigos konnte sich seine Witwe Jimena noch zwei Jahre lang mit Hilfe kastilischer Truppen in der Stadt halten. Dann aber war eine weitere Verteidigung nicht mehr möglich; die Christen mußten Valencia verlassen und die Aknoraviden zogen in die Stadt ein. U r r a c a u n d A l f o n s VII. Den Thron Alfons' VI. erbte seine Tochter, Prinzessin Urraca (1109—1126), die Witwe des Grafen Raimund von Burgund. Die Kastilierin vermählte sich in zweiter Ehe mit Alfons I. von Aragón. Diese unselige Verbindung sollte die Ursache einer Reihe von Bürgerkriegen sein, die namenloses Elend über Kastilien brachten. Die Lage wurde noch erschwert durch die Anhänger des Alfonso Raimúndez, Urracas Sohn aus erster Ehe, und das Eingreifen des intriganten Bisdiofs von Com-
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postela, Diego Gelmírez, der als Vorbild aller gewandten, in allen Listen, Ränken und Winkelzügen erfahrenen keltisdi-galioischen Politiker hingestellt zu werden verdient. Das sittenlose Leben der Königin und das schroffe Wesen des Königs trugen dazu bei, den Streit noch zu verschärfen. Die Hauptstütze des Alfonso Raimúndez war der Graf von Traba. Die Kastilier, die der Gewalttätigkeit des Königs von Aragón überdrüssig waren, griffen zu den Waffen, wurden jedoch schon bald nach Ausbruch der Feindseligkeiten in der Schlacht bei Candespina von dem Aragoneser geschlagen. Auch das galicische Heer unterlag Alfons I. bei Viadangos. Es folgten verschiedene Versöhnungsversudie zwischen den beiden Ehegatten, die jedoch immer wieder mit kriegerischen Zusammenstößen endeten, und schließlich mußte Alfons sich in sein Erbreich Aragón zurückziehen. In Kastilien herrschte die wildeste Anarchie, die erst mit dem Tode der Königin ein Ende fand. Nun bestieg Alfonso Raimúndez unter dem Namen Alfons VII. (1126 bis 1157) den Thron. Seiner Tatkraft gelang es, sich den Fürsten der Oststaaten gegenüber durchzusetzen. Der Tod Alfons' I. bot ihm Gelegenheit, die befestigten Städte Kastiliens, die der Aragoneser geraubt hatte, zurückzugewinnen. Schließlich zog er mit seinem Heer vor Zaragoza, das ihm die Tore öffnete. Von diesem Zeitpunkt ab wurde er zum unumschränkten Herrn der Pyrenäenhalbinsel. Der Graf von Barcelona und die Könige von Navarra und Portugal erklärten sich als seine Vasallen. Nach seiner Krönung in León ließ er sich zum Kaiser von Spanien ausrufen und beschloß, das Werk der Reconquista wieder aufzunehmen. Die Umstände waren günstig, denn die aufgebrachten spanischen Muslim machten gerade Anstrengungen, die Almoraviden wieder von der Halbinsel zu vertreiben. Nun bildete der Muradal-Paß keine unübersteigbare Schranke mehr; zu wiederholten Malen zog der christliche Fürst mit seinen Truppen hinüber, und viele Jahre später sollte ihn an dieser Stelle der Tod überraschen. Alfons griff in die Kämpfe der Muslim ein und konnte sich dabei auch der Stadt Córdoba bemächtigen, die ihm jedoch bald wieder entrissen wurde. Berühmt wurde seine Belagerung von Almeria. Der Kastilier nahm die Stadt mit Hilfe der Seestreitkräfte aus Pisa und Genua, die als Kämpfer für den christlichen Glauben dem bedrängten navarrischen König und dem Grafen von Barcelona zu Hilfe geeilt waren. Vor seinem Tode teilte Alfons das Reich unter seine beiden Söhne: Sandio erhielt Kastilien und Ferdinand León. Eine Chronik aus der Zeit enthält den Bericht über ein Ereignis, das die ritterliche Haltung der Gegner der Christen kennzeichnet. Ein muslimisches Heer belagerte Toledo, als die Kaiserin Berenguela sich allein mit den Truppen in der Stadt befand. Da stieg Berenguela auf die Mauern und rief den
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Muhammedanern zu: „Wißt ihr nicht, daß es eine Schande gegen eine Frau Krieg zu führen, wenn der Kaiser selbst in und euch erwartet? Wenn ihr kämpfen wollt, so geht nach könnt ihr euren Mut beweisen!" Beschämt zogen sich die Toledo zurück.
für Ritter ist, der Nähe ist Aurelia; dort Mauren von
A l f o n s VIII. (1158—1214). Zum Unglück für Kastilien war Alfons, der Sohn und Nachfolger Sanchos III., beim Tode seines Vaters noch minderjährig. So entbrannte ein Bürgerkrieg zwischen den zwei mächtigen Familien, den Castro und den Lara, die sidi die Vormundschaft über den jungen König streitig machten. Die allgemeine Verwirrung wurde noch erhöht durch die Einmischungen Ferdinands II. von León. Als Alfons großjährig geworden war, vermählte er sich mit Leonore von England, die ihm die Gascogne als Mitgift brachte. Der tatendurstige König drängte danach, das durch die innerpolitisdien Zwistigkeiten unterbrochene Werk der Reconquista wieder aufzunehmen. Der Krieg gegen die Ungläubigen wurde im Jahre 1177 mit der Einnahme der bedeutenden Stadt Cuenca eingeleitet; dann folgten in regelmäßigen Abständen immer neue Feldzüge, auf derem einen die kastilisdien Truppen bis an den Aljarafe von Sevilla vordrangen und sogar das Meer erblicken konnten. Nun aber war der Zorn des almohadisdien Kalifen al-Manszur gereizt. Es setzte mit einem großen Heer über die Meerenge von Gibraltar und drang in das soeben von den Christen eroberte Gebiet bis zur Ebene von Alarcos ein. König Alfons wartete die Ankunft der leonesisdien Truppen nicht ab, sondern stellte sich dem Afrikaner zur Schlacht; die Berbersdiaren schlössen das Heer der Christen von allen Seiten ein und vernichteten es (1195). In die letzten Jahre des 12. und die ersten des 13. Jahrhunderts fallen der Krieg gegen León, die Eroberung Alavas durch den kastilisdien König und die Einverleibung von Guipúzcoa, das bisher zu Navarra gehört hatte, in das Königreich Kastilien. Audi die Gascogne wurde durch Waffengewalt dem Reiche eingegliedert, ging jedodi bald darauf wieder verloren. Die Muhammedaner waren nun wieder zu einer drohenden Gefahr geworden; der Unglückstag von Alarcos hatte gezeigt, wie stark die Schlagkraft des Islam im Abendlande noch immer war. Immer beunruhigendere Nachrichten trafen über die Kriegsvorbereiturtgen des Marokkanerfürsten ein, der sich anschickte, auf der Pyrenäenhalbinsel einzubrechen, um sie wieder vollständig der muslimischen Macht zu unterwerfen. Wenn die Christen den muhammedanischen Heeren gegenübertreten wollten, so mußten sie sich zu einem festen Bündnis zusammenschließen. Da es jedodi auch dann noch zweifelhaft schien, ob ihre Kräfte ausreichen würden, unternahm der Erzbisdiof von Toledo, Don Rodrigo Jiménez de Rada, eine Reise
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nach Frankreich und Deutschland, um die militärische und finanzielle Unterstützung dieser Länder bei dem bevorstehenden Feldzug zu erbitten. Der Papst Innozenz III. rief zum Kreuzzug auf, und voll kriegerischen Eifers überschritten tausende von Ausländern die Pyrenäen, um gegen die Ungläubigen zu kämpfen. Die Kreuzfahrer gelangten jedoch nicht über Calatrava hinaus, sei es, daß sie die Hitze des spanischen Sommers nicht vertragen konnten, sei es, daß sie von einem mörderischen, grausamen Krieg und reicher Beute geträumt hatten und sich nun in ihren Hoffnungen enttäuscht sahen. Sicher ist jedenfalls, daß sie, gerade als das Heer der Almohaden herannahte, plötzlich in ihre Länder zurückkehrten. Der nun folgende Zusammenstoß war furchtbar: Peter II. von Aragón, Sancho der Starke von Navarra und Alfons von Kastilien stellten sich dem wütenden Ansturm der muslimischen Heeresmassen entgegen, und die Tapferkeit, Geschicklichkeit und Geistesgegenwart der christlichen Kämpfer verliehen diesen den Sieg. In der an Siegen reichen Gesdiidite der Glaubenskämpfe ist dieses Treffen unter dem Namen der Schlacht bei Navas de Tolosa, dem Ort des Kampfes, bekanntgeworden — einige Historiker bezeichnen sie auch als die Schlacht bei Ubeda. Sie fand am 16. Juli 1212 statt. Der Kalif An Naszir rettete sich durch eine eilige Flucht zu Pferde; alle Angehörigen des Almohadenheeres jedoch, die nicht entkommen konnten, wurden niedergemetzelt. Der Chronist von Toledo, „El Toledano", erzählt, daß zu Beginn der Schlacht die Vorhut der Christen zurückgewidien sei. Da habe Alfons VIII. sich an Rodrigo Jiménez de Rada gewandt und zu ihm gesagt: „Ich und Ihr, wir beide werden hier sterben." — „Gott möge verhüten", antwortete der Prälat, „daß Ihr hier sterbt, vielmehr müßt Ihr hier über Eure Feinde triumphieren." Der König erwiderte: „So wollen wir schnell den Unsern zu Hilfe eilen, denn sie sind in großer Bedrängnis." Wie die Uberlieferung berichtet, hemmte der tapfere Fernando Garcia den Ungestüm seines Monarchen, indem er die Zügel seines Pferdes ergriff und ihn daran hinderte, sein Leben der unmittelbaren Gefahr auszusetzen. D i e K ö n i g r e i c h e L e ó n u n d P o r t u g a l . Die unselige Erbteilung Alfons VII. hatte wiederum León von Kastilien getrennt. Der zweite Sohn des Kaisers erbte León. Ferdinand II. führte seine Heere nach Extremadura, wo er das christliche Gebiet ein wenig erweitern konnte. Dann aber ließ ihn seine Einmischung in die Angelegenheiten Kastiliens das Interesse am Glaubenskrieg verlieren. Der Sohn Ferdinands, Alfons IX., den die Muslim „den Stotterer" nannten, verbündete sidi mit den Almohaden gegen seinen Vetter Alfons VIII. Der hierdurch entstehende Krieg zwischen Kastilien und León wurde durch die Verheiratung des Leonesers mit Berenguela, der Tochter des kastilischen Königs, beigelegt. Ballesteros, Spanien
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Portugal hatte sich schon unter der Regierung Heinrichs von Burgund, des Schwiegersohnes Alfons' VI., der Oberherrschaft Kastiliens entzogen. Der Burgunder, der mit Teresa, der natürlichen Tochter des Siegers von Toledo verheiratet war und als Graf das Gebiet zwischen Miño und Tajo verwaltete, war zwar allerdings rechtlich abhängig von Alfons. Nach seinem Tode führte seine Witwe die Politik ihres Gatten weiter, indem sie versuchte, in eigenem Interesse Einfluß auf die innere Entwicklung in León zu nehmen. Ihr Sohn Affonso Henriques besiegte die Muhammedaner in der Schlacht bei Ourique (1138), und der Papst Alexander III. bestätigte ihm den Königstitel, den seine Vasallen ihm bereits verliehen hatten. Die Nachfolger des Affonso Henriques dehnten die Eroberungen bis zur Provinz Algarve aus. D i e V e r e i n i g u n g v o n K a s t i l i e n u n d León. Endlich sollten die Kronen von Kastilien und León für immer in eine Hand kommen. Die Heiratsverbindung zwischen den beiden Königshäusern hatten den Weg für diese glückliche Lösung geebnet. Nach der kurzen Regierungszeit Heinrichs I., eines Sohnes Alfons VIII., erhob sidi die Frage der Nachfolge. Nach dem Erbfolgerecht hätte die Krone an die Tochter des König Alfons, Prinzessin Berenguela, fallen müssen. Die kluge, weitblickende und großherzige Prinzessin jedodi verzichtete auf ihre Rechte zugunsten ihres Sohnes Ferdinand, der ihrer Ehe mit Alfons IX. von León entstammte. Als der leonesisdie König einige Jahre darauf starb, drohte ein Streit zwischen Prinz Ferdinand und seinen Stiefschwestern Sandia und Dulce auszubrechen. Der Gewandtheit und Voraussicht zweier Frauen jedoch gelang es, die Mißhelligkeiten abzubiegen und dem Glücke der Länder Kastilien und León, die sich nun für immer vereinigen sollten, den Boden zu bereiten. Diese Frauen waren die schon erwähnte Berenguela und Teresa von Portugal, die Mutter der beiden Infantinnen, Diese beiden früheren Königinnen und Gattinnen des gleichen Monarchen regelten in kluger Verhandlung die Zukunft der Königreiche. Ferdinand entschädigte seine Schwestern für die ihm abgetretenen Ansprüche und ließ sich als Ferdinand III. zum rechtmäßigen König beider Länder krönen. 9. KAPITEL
NAVARRA, ARAGON UND KATALONIEN D i e M o n a r c h i e v o n N a v a r r a . Nach dem Tode Sanchos des Älteren bestieg Garcia von Nájera den Thron von Navarra. Seine Regierungszeit war — abgesehen von kurzen Ruhepausen — ausgefüllt durch den Machtkampf, den die Erbteilung seines Vaters heraufbeschworen hatte. Zuerst
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kämpfte Garcia gegen seinen Bruder Ramiro, dann gegen seinen Bruder Ferdinand, bis er selbst schließlich in der Schlacht bei Atapuerca fiel und der Bruderzwist durch diese blutige Lösung sein Ende fand. Garcías Nachfolger war Sancho der Edle, der zunächst unter der Vormundschaft seiner Mutter, der Königinwitwe Stephanie stand. Navarra, das die Gebiete von Kantabrien und La Rioja in seinem Besitz hatte, wurde jetzt plötzlich von Kastilien angegriffen, das ihm diese Ländereien zu entreißen wünschte. Sancho wurde von seinen Geschwistern Ramón und Ermesindis in einen Abgrund gestürzt (1076); in Erinnerung an diesen tragischen Tod nennt die Gesdiidite ihn Sancho von Peñalen. Alfons VI. von Kastilien machte sich den Tod Sanchos zunutze, um sich der Provinz La Rioja zu bemächtigen, während das herrscherlose Navarra dem aragonesischen Königreich eingegliedert wurde. A r a g ó n : R a m i r o I., Sancho R a m í r e z u n d P e t e r I. Der Bastard Ramiro (1035—1063) hatte das kleine Königreich Aragón als Erbschaft erhalten. Als zwei Jahre darauf der jüngste der Söhne Sanchos des Älteren, Gonzalo, starb, fielen an Ramiro die Grafschaften Sobrarbe und Ribagorza. Der junge König von Aragón war ein tapferer Mensch, den es danach verlangte, in das Flachland hinabzusteigen, um seine Waffen mit denen der Muhammedaner' zu messen und an die Ufer des Ebro, dieses historischen, von allen Fürsten der Pyrenäenländer so heiß umstrittenen Flusses, vorzudringen. Ramiro machte sich die Könige der Kleinstaaten Zaragoza und Lérida tributpflichtig, besiegte den König von Huesca und starb schließlich im Jahre 1063 vor den Mittlern von Graus an den Folgen einer Wunde, die ein fanatischer Maure, der in sein Zelt eingedrungen war, ihm beigebracht hatte. Das Szepter fiel nunmehr an einen würdigen Nachfolger Ramiros I., nämlich an seinen Sohn, den tapferen Sancho Ramírez (1063—1094), der durch seinen Kampfgeist die aragonesisdie Reconquista ein gutes Stüde vorwärtstrieb. Nachdem er die Gebirgsgegenden unter seine Herrschaft gebracht hatte, belagerte Sandio Ramírez die befestigte Stadt Barbastro und nahm sie ein. Schritt für Schritt drangen die Christen vor und gewannen das verlorengegangene Land zurück, und eine muhammedanische Stadt nach der anderen fiel in die Hand des Königs von Aragón. Zu den wichtigen Plätzen, die sich dem Ansturm des aragonesischen Heeres ergeben mußten, zählte auch Monzón. Schon setzten die Christen zum Angriff gegen die Ufer des Ebro an und errichteten unmittelbar davor eine Befestigungslinie, als bei der Belagerung von Huesca ein feindlicher Pfeil den edlen König in der Blüte seiner Mannesjahre dahinraffte. Kurz vor seinem Tode nahm er seinen Söhnen den Schwur ab, die Stadt zu erobern (1094). 6»
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Peter I. (1094—1104) regierte zehn Jahre lang und verwandte einen Teil dieser Zeit darauf, den Tod seines Vaters zu rächen. Die Belagerung von Huesca wurde fortgesetzt und vor den Mauern dieser Stadt, in der Ebene von Alcoraz, entspann sich eine Schlacht gegen das muslimische Heer, das zum Entsatz der Eingeschlossenen herbeigeeilt war. Die Christen siegten, und Peter I. zog in Huesca ein. A l f o n s I. (1104—1134). Für König Alfons, den Bruder Peters I., hat die Nachwelt den bezeichnenden Beinamen „der Kämpfer" geprägt. Er war mit Urraca von Kastilien verheiratet; seiner Kriegstaten auf kastilisdiem Boden haben wir bereits an anderer Stelle Erwähnung getan. Sein Hauptruhm aber gründete sich auf seine aragonesischen Feldzüge, die wir in folgendem behandeln wollen. Der König von Aragón war entschlossen, die Reconquista nunmehr energisch voranzutreiben. Er unternahm einen Feldzug nadi dem anderen gegen die Muslim, wobei er als Angriffsziel vor allem das Reich der BanuHud, das Königreich Zaragoza, wählte. Bei Valtierra besiegte er den maurischen König und erlebte den Zusammenbruch dieser Monarchie, die sich, wie viele andere, den Almoraviden überantwortete. Zaragoza wurde mit Hilfe der gascognischen Truppen, die über die Pyrenäen gekommen waren, umzingelt, und im Jahre 1118 mußte die Stadt sich einem kühnen Angriff, den Alfons der Kämpfer leitete, ergeben. Die Almoraviden entsandten nun ein wohlausgerüstetes Heer gegen die Stadt am Ebro, um sie zurückzuerobern, doch auch dieses Heer wurde von Alfons in der Schlacht bei Cutanda besiegt. Dieses Vorrücken der aragonesischen Truppen an den Ebro bedeutete einen wichtigen Markstein in der Geschichte der Reconquista; von nun an war Zaragoza die Hauptstadt Aragóns. Die unmittelbare Folge des großen Sieges war die Einnahme anderer Städte, darunter Tarazona, Calatayud und Daroca. Ein anderer Feldzug Alfons des Kämpfers ist gleichermaßen kennzeichnend für seine vornehme und ritterliche Wesensart wie für den Zustand der Schwäche und des Verfalls, den die muslimische Macht in Spanien erreicht hatte. Auf ein Hilfegesuch der Mozaraber in Granada durchzog Alfons mit seinen Truppen das Königreich Valencia und überquerte die Fluren Granadas bis zum Meere hin. Mit einem Boot fuhr er aufs Meer hinaus, um so feierlich kundzutun, daß er die äußerste Grenze Spaniens erreicht habe. Im Verein mit den mozarabischen Truppen schlug er die Muhammedaner in verschiedenen Treffen, und hätte nicht eine Seudie das Lager plötzlich heimgesucht, so hätte dieser Feldzug vielleicht noch unausdenkbare Ausmaße angenommen. Es scheint nur natürlich, daß ein König, der den Beinamen „der Kämpfer" führte, auch in einer Schlacht umkam. Lange Zeit hindurch waren die
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Historiker auch auf Grund eines falschen Berichtes dieser Ansicht. Es steht nun zwar fest, daß Alfons die befestigte Stadt Fraga belagerte und hierbei plötzlich von einem übermächtigen feindlichen Heer, das unter der Führung des schlauen Almoravidenfeldherrn Ibn Ganija stand, angegriffen wurde. Eine historische Tatsache ist es auch, daß dieser überraschende Angriff und die zahlenmäßige Stärke des Almoravidenheeres zu der ersten und einzigen Niederlage des bis dahin unbesiegten Kämpfers führten (1134). Alfons fiel jedoch nicht in diesem Kampf, und alles, was hierüber geschrieben und gesagt worden ist, hat sich als unzutreffend erwiesen. Es ist wohl möglidi, daß er verwundet wurde und sich aus dem Kampfe zurückziehen mußte; er starb jedoch frühestens zwei Monate nach diesem Treffen, und zwar entweder in Porellino oder in San Juan de la Peña. Eigenartig sind die Bestimmungen, die das Testament Alfons des Kämpfers enthielt und von denen wir hier einige zitieren: „Dem Templerorden vermache ich mein Pferd und alle meine Waffen, und wenn Gott mich Tortosa erobern läßt, so fällt alle Beute dem Spitalorden von Jerusalem zu. Ebenso vermache ich mein ganzes Reich und Land, alles was ich besitze, von meinen Vorfahren ererbt und selbst erworben habe, sowie alles, was ich mit Gottes Hilfe nodi erwerben werde, alles, was ich heute gebe und in Zukunft noch zu geben imstande bin, dem Grabe Christi, dem Hospital der Armen und dem Tempel des Herrn." D i e G r a f s c h a f t B a r c e l o n a . Im gleichen Jahre, in dem Sancho der Ältere starb (1035), kam in Barcelona der Graf Ramón Berenguer I. zur Regierung, der wegen seiner Klugheit, seiner Umsicht und der Reife des Urteils, die er schon in frühen Jahren bewiesen hatte, den Beinamen „der Alte" führte. Geschickt und energisch widersetzte er sich den ehrgeizigen Bestrebungen seiner Großmutter, der Gräfin Ermesindis, und erweiterte nach Süden hin die Grenzen der Grafschaft bis zur Gegend von Tarragona. Während seiner Regierung wurden die berühmten „Usatges", das katalanische Gesetzbuch, veröffentlicht. Niemand hätte vermutet, daß Ramón Berenguer I. einen so schweren politischen Fehler begehen könnte, wie er ihn in der Frage der Thronfolge beging: er teilte die Grafschaft, die bis dahin stets nur von einem einzigen Fürsten verwaltet worden war, unter seine beiden Söhne Ramón Berenguer II., den „Flachskopf", und Berenguer Ramón II. (1076). Selbst wenn die beiden den Charakter von Engeln gehabt hätten, so hätte doch bei der leichtesten Reibung schon die Unvollkommenheit dieses Teilungssystems klar zutage treten müssen. Nun aber war der jüngere der beiden Brüder von ausgesprochen tüdcischer Wesensart und versuchte, seine finsteren Pläne dadurch zu verwirklichen, daß er seinen Bruder ermorden ließ. Die Geschichte hat für ihn deshalb den Beinamen „der Brudermörder". Er maßte
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sich die Vormundschaft über seinen Neffen an, gegen den Willen aller derer, die dieses Amt zum Besten des Knaben hatten übernehmen wollen. Als dieser jedoch herangewachsen war, rief der Adel des Landes ihn zum Herrscher aus, und der Onkel fiel im gerichtlichen Zweikampf, nachdem er sein Verbrechen bekannt und bereut hatte. Der Sohn des Ermordeten führte als Graf von Barcelona den Namen Ramón Berenguer III. der Große (1096 bis 1131). Der Brudermörder hatte sich Tarragonas bemächtigt, und sein Neffe Ramón Berenguer III. sah sich nun plötzlich einer unerwarteten Invasion der Almoraviden gegenüber, die bis vor die Tore Barcelonas vordrangen. Nach Abwendung dieser Gefahr eroberte er mit Unterstützung der Flotten von Pisa und Lucca die Insel Mallorca, die jedodi später von den Muslim zurückerobert wurde. In seine Regierungszeit fällt die Schlacht bei Congost de Martorell, in der das Landvolk die Afrikaner, die in sein Gebiet eingefallen waren, besiegte. Infolge seiner Verheiratung mit der Tochter des Grafen der Provence erbte Ramón Berenguer III. auch diese Grafschaft, die von nun ab in die Politik der Grafen von Barcelona und später in die der Könige von Aragón einbezogen werden sollte. Bei seinem Tode hinterließ Ramón Berenguer die Grafschaft Barcelona seinem Sohn Ramón Berenguer IV. R a m i r o II. (1134—1137) u n d R a m ó n B e r e n g u e r IV. Alfons der Kämpfer hatte sein Reich den militärischen Órden vermacht, weil er in ihnen die einzige Macht zu erblicken glaubte, die fähig war, die neuen Eroberungen gegen bei den Muslim möglicherweise erwachte Rachegelüste zu verteidigen; denn der Bruder des Kämpfers, der Mönch Ramiro, war nicht gerade die geeignetste Persönlichkeit für den Herrscherposten. Die Aragonesen jedoch waren anderer Ansicht und erkannten in Jaca Ramiro das Erbrecht auf die Krone seines Bruders zu. Die Navarrer wiederum wollten Ramiro nicht anerkennen, und infolge dieser Meinungsverschiedenheit bestieg der von ihnen erwählte García Ramírez den Thron von Pamplona. So wollte es das Unglüdc, daß Navarra sich aus der aragonesisdien Einheit herauslöste, um nun einem wechselvollen Schicksal entgegenzugehen, das dieses Reich dem spanischen Stamm immer mehr entfremden sollte. Der frühere Möndi des Klosters Torneras, der in der Folge verschiedene höhere geistliche Stellen bekleidet hatte, bewies nun, daß es auch ihm nicht an Tatkraft fehlte. Eine Oberlieferung, die allerdings auch stark legendenhafte Züge aufweist, spricht uns von der berühmten „Glocke von Huesca", jener Angelegenheit, bei der die aufsässige Ritterschaft, die sich über den „Kuttenkönig" lustig gemacht hatte, eine exemplarische Strafe erhielt. Ramiro II. lieferte jedoch auch den Beweis, daß er ein kluger Politiker und ein bedeutender Staatsmann sein konnte, der die Zukunft seines Reiches
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sicherzustellen verstand. Wenn auch die Loslösung Navarras die alte Schlagkraft des aragonesischen Reiches geschwächt hatte, so konnte, wie Ramiro überlegte, dieser Verlust gewissermaßen ausgeglichen werden, wenn man dafür eine Vereinigung mit Katalonien erreichte. Es gelang Ramiro, seinen Plan durchzuführen : ein päpstlicher Dispens gab ihm die Möglichkeit zur Heirat mit Inés von Poitiers. Unter den vielen Bewerbern um die Hand der Prinzessin Petronila, die dieser Ehe entsproß, wählte der kluge Vater den tapferen Grafen von Barcelona, Ramón Berenguer IV. (1137) und gelangte auf diese Weise ans Ziel seiner politischen Wünsche. Ramiro dankte ab, und der Graf von Barcelona regierte nun auch den aragonesischen Staat mit dem Titel eines „Fürsten und Beherrschers von Aragón". In den Regierungsgeschäften bewies er eine überaus glückliche Hand; so vereinbarte er unter anderem mit Alfons VII. die Rüdegabe der aragonesischen Städte, die der Kastilier besetzt hatte. Audi die katalanische Reconquista machte unter Ramón Berenguer weitere Fortschritte: die Christen eroberten Tortosa und Lérida, drangen bis zum Ebro vor und vertrieben die Muslim aus dem gesamten Gebiet des heutigen Katalonien. Im Jahre 1150 fand die schon lange vorher beschlossene Hochzeit mit der Prinzessin Petronila statt. Mit Erfolg nahm der Graf weiterhin an den Kämpfen in der Provence teil und erhielt nach seinem Tode von der Nachwelt den wohlverdienten Ehrentitel eines Heiligen. A l f o n s II. u n d P e t e r II. Der Sohn Petronilas und des Grafen von Barcelona war der Prinz Ramón, der später zur Erinnerung an seine glorreichen aragonesischen Vorfahren den Namen Alfons erhielt. Dieser Monarch heißt in Aragón Alfons II., in Katalonien dagegen Alfons I., wodurch, je nadidem, ob man einen katalanischen oder einen aragonesischen Historiker vor sich hat, auch bei den folgenden Königen dieses Namens eine Abweichung in der Numerierung auftritt. Alfons erbte zuerst die Grafschaft Barcelona, zwei Jahre später durch den Thronverzicht seiner Mutter auch das Königreich Aragón und schließlich noch infolge des Todes seines Vetters die Grafschaft der Provence. In der Geschichte ist er als Alfons der Keusche bekannt (1162—1196). Wenn sein Hauptinteresse auch seinen Regierungspflichten jenseits der Pyrenäen galt, so vernachlässigte er deshalb dodi nicht das Werk der Reconquista. Seine Truppen unternahmen verschiedene Feldzüge gegen die Mauren, an denen zuweilen auch Alfons selbst als oberster Befehlshaber teilnahm. So eroberte er Caspe, führte eine Neubesiedelung des Gebietes von Teruel durch und organisierte bewaffnete Einfälle in das Königreich Valencia. Die Entfremdung, die durdi die Loslösung Navarras zwischen diesem Land und Aragón entstanden war, hatte dazu geführt, daß die Aragonesen sogar an den Kriegen Kastiliens gegen Navarra auf kastilischer
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Seite mitgekämpft hatten. Die Politik Alfons' II. erstrebte nun eine erneute Annäherung zwischen Navarra und Aragón. Auf Alfons folgte sein Sohn Peter II. von Aragón, Peter I. von Katalonien (1196—1213). Die Aufmerksamkeit dieses Fürsten wurde durch die Ereignisse jenseits der Pyrenäen voll und ganz beansprucht. Es ergab sich hier der seltsame Fall, daß ein Monarch, der vom Papst gekrönt war und den Beinamen „der Katholische" führte, weil er sich gegen den Willen seiner Untertanen als Vasallen des Heiligen Stuhles erklärt hatte, sein Leben bei der Verteidigung der albigensischen Ketzer verlor. .Der Widerspruch ist jedoch nur scheinbar, denn abgesehen von den Familienbanden, die den Aragonesen mit dem Grafen von Toulouse verknüpften, gab es auch einen politischen Grund für seine Haltung. Peter, der in seiner Eigenschaft als Graf der Provence zu den Fürsten Südfrankreichs zählte, wollte sich den Übergriffen der Nordfranzosen widersetzen, die in einem Kreuzzug gegen die Ketzerei einen plausiblen Vorwand sahen, um sich die fruchtbarsten Gebiete Südfrankreichs anzueignen. Wohl ist es wahr, daß der Samen des Ketzerwesen sich, wie durch einen Sturmwind vorangetragen, in diesen Bezirken verbreitet hatte, doch ist es ebenso offenbar, daß Simon de Monfort bei der Unterdrückung dieser Bewegung die Grenzen des Tragbaren überschritt und dadurch nur neue Kämpfe heraufbeschwor. Allerdings muß man zugeben, daß Peter II. bei seiner Einmischung in die internationale Politik nicht allzuviel Geschick an den Tag legte und durch seine eigenen Irrtümer seinen Untergang vorbereitete. In der Tat fiel der König von Aragón im Jahre 1213 in der Schlacht bei Muret im Kampf gegen den kriegserfahrenen Simon de Monfort. N a v a r r a . Stürmisch und unruhevoll war die Regierungszeit des Garcia Ramírez (1134—1150). Kaiser Alfons VII. und Ramón Berenguer IV., Graf von Barcelona, kämpften gemeinsam gegen den Navarrer, der sich tapfer wehrte, bis er sich schließlich, um den Schwierigkeiten ein Ende zu machen, zum Vasallen des Kastiliers erklären mußte und eine Ehe mit dessen natürlicher Tochter einging. Sancho der Weise (1150—1194), der seinem Vater auf dem Thron von Navarra folgte, sah sich gezwungen, gegen die gleichen Gegner zu kämpfen, die diesmal in Navarra eindrangen, fast das gesamte Gebiet besetzten und bis vor Pamplona vorrückten. Hartnäckig verteidigte der Navarrer sein Reich, und es gelang ihm, die besetzten Gebiete Schritt für Schritt zurückzuerobern. Während der Minderjährigkeit Alfons' VIII. bemächtigte er sich eines Teils von La Rioja. Sancho gilt als der Gründer der Stadt Vitoria. Sancho der Starke (1194—1234) war eine einzigartige Herrschergestalt. Er schloß Verträge mit den Muslim und begab sich sogar nach Sevilla, um dort mit dem almohadischen Sultan zur Ausarbeitung des Vertrags zu-
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sammenzutreffen. Die Überlieferung spricht auch von einer geplanten Verheiratung des Navarrers mit einer muslimischen Prinzessin, die neuere Forschung jedoch muß eine derartige Annahme von der Hand weisen und kann auch den Ursprung des Irrtums, auf dem diese Legende beruht, darlegen. Der Papst bewilligte Sandio dem Starken den Titel eines Königs von Navarra, den er seinen beiden Vorgängern wegen der Trennung Navarras von Aragon verweigert hatte. Bei seiner Teilnahme an der Schlacht bei Navas de Tolosa lieferte Sancho Beweise seines außerordentlichen Mutes. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in der Zurückgezogenheit seines Schlosses Tudela und wird aus diesem Grunde in der Geschichte auch „der Eingeschlossene" genannt.
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DIE CHRISTLICHE KULTUR BIS Z U M 13. JAHRHUNDERT D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n in d e n W e s t s t a a t e n . Asturien war die Erbin der westgotischen Monarchie, und aus diesem Grunde zeigte seine politische Organisation auch die Tendenz, die Einrichtungen der Herrschaft von Toledo zu erhalten und fortzusetzen. Der Monarch wurde gewählt, und auch Pelayo wurde — vermutlich nach einem erfolgreichen Zusammenstoß mit den Mauren — auf den Schild erhoben. Selbstverständlich zielte das Familieninteresse der Könige darauf hin, das Wahlkönigtum in ein Erbkönigtum zu verwandeln. Wie dieses Bestreben allmählich in die Tat umgesetzt wurde, zeigen die berühmten Erbteilungen Alfons' III., Ferdinands I. und Alfons' VII. Da die leonesische Monarchie als eine Fortsetzung der asturischen anzusehen ist, können wir die beiden Reiche bei der Behandlung dieses Punktes gemeinsam betrachten. O b die Einrichtung des Lehnswesens in de:n westlichen Staaten der Pyrenäenhalbinsel bestand, ist eine Frage, die von einigen Wissenschaftlern bejaht, von anderen wieder verneint wird. Auf jeden Fall weist diese Einrichtung nicht die gleichen Merkmale auf wie in den übrigen Ländern Europas; denn in Kastilien, León und Portugal finden wir weder eine geschlossene Hierarchie noch eine so vollständige Verbindung von Herrschergewalt und Grundbesitz wie anderenorts. In einer Hinsicht kann man jedoch das Vorhandensein eines tatsächlichen Lehnswesens annehmen: in bestimmten Bezirken des nationalen Gebietes, in denen mächtige Adelsfamilien saßen, die sich die gleichen Rechte anmaßten wie die Feudalherren Mitteleuropas, sah sich die Krone in ihrer Autorität und ihren Vorrechten ein-
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geschränkt. In den ersten Jahrhunderten des Bestehens dieser Staaten wurden zudem die Immunitätsprivilegien eingeführt, durch die der Grundbesitzer zum weitgehend unabhängigen Herrn wurde. Dem König stand in der Curia regia ein Rat zur Seite, der sicfi aus Angehörigen des Adels und der hohen Geistlichkeit zusammensetzte. Diese Curia regia, die sowohl in León wie in Asturien bestand, ist sozusagen eine Fortsetzung des Palastamtes der Westgoten. Auf dem Gebiet der Verwaltung war der Graf der Vertreter des Königs in den einzelnen Bezirken des Landes. Verschiedene Grafen, wie z. B. die von Kastilien, nahmen mit der Zeit eine derartige Machtstellung ein, daß sie ihr Abhängigkeitsverhältnis vom König lösen konnten. Etwas später wurden die Funktionen des Grafen in León und Kastilien dem „Merino" übertragen. Das Heer setzte sich zusammen aus den adligen Herren und ihren Vasallen; dann kamen die Milizen der Stadt- und Gemeindeverwaltungen hinzu und schließlich noch die militärischen Orden mit ihren Truppen. Der König war der oberste Befehlshaber des Heeres und leitete im allgemeinen auch selbst die Feldzüge. Diese Feldzüge wurden gewöhnlich in regelmäßigen Abständen unternommen, und zwar wählte man meist den Frühsommer, die Zeit der Ernte, damit die Truppen sich aus den Erträgnissen der Felder selbst verpflegen konnten. Eine Flotte war in Kastilien erst im Entstehen begriffen — der erste, der sich um ihren Aufbau kümmerte, war der Erzbischof Gelmirez. D i e C o r t e s u n d d i e S e l b s t v e r w a l t u n g d e r S t ä d t e . Ein wesentlicher Faktor der Regierung waren die Cortes, Versammlungen, die über die Steuern zu beschließen hatten und über Angelegenheiten, die die nationale Gemeinschaft angingen, berieten. In den vollen Besitz ihrer gesetzgeberischen Macht gelangten sie, als auch die Vertreter der Städte, die über die von den Gemeinden zu zahlenden Abgaben abzustimmen hatten, daran teilnahmen. In den kastilischen und leonesischen Cortes des 12. Jahrhunderts sind die drei Stände: Geistlichkeit, Adel und Bürgertum, vertreten. Der Ursprung der Cortes ist noch heute eine umstrittene Frage; einige Wissenschaftler erklären sie als aus der Curia hervorgegangen, andere neigen zu der Ansicht, daß ihre Anfänge in den mittelalterlichen Konzilien zu suchen sind. Eine wirksame Unterstützung wurde der Reconquista durch die kastilisfhen Städte zuteil. In diesen größeren oder kleineren Grenzorten, die sozusagen im Lärm der Schlachten gegründet wurden und durch starke Mauern geschützt waren, hatte sich der kriegerische Geist des kastilischen Volkes in seiner Ursprünglichkeit erhalten. Von hier aus wurden die jährlichen Feldzüge unternommen, und die Städte selbst stellten bedeutende Summen und gutausgebildete Streitkräfte für diese militärischen Aktionen
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zur Verfügung. In den an das muslimische Herrschaftsbereich stoßenden Grenzgebieten bildeten die befestigten Städte die Verteidigungslinie und gewährten dem Vaterland Schutz und Sicherheit. Ein weiterer Ruhmestitel dieser Städte ist es, daß sie, als eine starke Macht, die den Übergriffen des Adels entgegenzutreten verstand, zu Schutzherren des demokratischen Geistes wurden. Der König und das demokratische Bürgertum der Städte waren die natürlichen Verbündeten im Kampf gegen den Adel. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . In Anbetracht der stürmischen Zeitläufte war an eine Blüte von Wirtschaft und Handel natürlich gar nicht zu denken. Wenn es tatsächlich eine Landwirtschaft gab, wenn sich in den ersten Jahrhunderten der Reconquista verschiedene Industriezweige entwickelten und der Handel hier und da einen Aufschwung erfuhr, so geschah dies alles, obgleich die Felder oft verwüstet dalagen, die Ernten gebrandschatzt wurden und der Schrecken der Bürgerkriege und der Kämpfe gegen die Ungläubigen sich über das ganze Land verbreitete. Wohl gab es dazwischen Zeiten des Friedens, und im Norden konnten sich die Christen den Umstand zunutze machen, daß im gleichen Maße, wie die Reconquista vorrückte, immer neue Gebiete befreit und, zum Teil für immer, vor den Angriffen der Muhammedaner gesichert werden konnten. So waren nach den Eroberungen Ferdinands I. und Alfons' VI. Asturien und León durch die neuen Gebiete, die man dem Glaubens- und Rassenfeind entrissen hatte, geschützt und dem Schauplatz der täglichen Kämpfe und Grenzgefechte ferngerückt. Der König von Kastilien verfügte über die verschiedensten Einkünfte, die ihm aus den Gütern der Krone, den nationalen Bergwerken und den durch Steuern und Abgaben einlaufenden Geldern zustanden. Unter den zahlreichen Abgaben, die zu jener Zeit erhoben wurden, nennen wir nur den Wegezoll, die Abgaben für die Unterhaltung der Truppen, den Zoll, den die Besitzer von Viehherden entrichten mußten, wenn sie diese von einem Gebiet auf ein anderes treiben wollten, und die gerichtlichen Geldstrafen. Der fünfte Teil aller Kriegsbeute stand dem Monarchen zu. Die Industrie war in Kastilien und León erst im Entstehen, der Handel lag in den Händen der Juden. Vergleicht man in dieser Zeit die Handelsprodukte der Christen mit denen der Muslim, so tritt die technische Überlegenheit der letzteren deutlich zutage. G e s e l l s c h a f t u n d Recht in den christlichen S t a a t e n . An der Spitze der ständisch gegliederten Bevölkerung stand der König; nach ihm kamen die Magnaten oder der Adel, eine bevorzugte Klasse mit besonderen Steuerfreiheiten und Vorrechten. Zum niederen Adel gehörten die sogenannten Infanzones. Mit dem Entstehen der selbständigen Stadtverwaltungen tritt der Bürger auf, ein freier Mensch, der zwar den gleichen Schichten ent-
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stammt wie der Bauer, doch wesentlich unabhängiger ist. Zu den Freien gehörte auch der Angehörige einer „behetría", eines Gemeinwesens, das sich seinen Herrn selbst wählen konnte. Unter den Unfreien finden wir die sogenannten „adscripticios", die das Stück Land, das sie bebauten, nicht verlassen durften und gegebenenfalls zusammen mit diesem Land den Besitzer wechselten. Daneben gab es noch persönliche Leibeigene. Das gültige Gesetzbuch war das Fuero Juzgo. Der Wandel der Verhältnisse jedoch brachte es mit sich, daß sich bald auch Prinzipien des Gewohnheitsrechtes, die in den berühmten „Fueros", den Stadtrechten, niedergelegt wurden, mit Macht Geltung verschafften. Die gewohnheitsrechtlichen Normen, die germanischen Ursprungs waren, fanden zwar erst nach der Westgotenherrschaft Eingang ins spanische Rechtsleben, entsprachen jedoch den Lebensgewohnheiten jenes Volkes, durch das sie auf die Halbinsel gelangt waren. In ihnen kamen die ursprünglichen Sitten und Gewohnheiten des Germanenvolkes im Gegensatz zu den zentralistischen Vorschriften des Gesetzes von Toledo zum Ausdruck. Als nun die Schranken des westgotischen Staatsorganismus gefallen waren, tauchte das alte Gewohnheitsrecht wieder auf, um jetzt in die Gesetzbücher einzugehen und zur rechtlichen Grundlage der jungen Völker zu werden. K u l t u r u n d K u n s t . Wir können die grundsätzliche Behauptung aufstellen, daß die christlichen Völker Nordspaniens sowohl auf dem Gebiet der Literatur wie auf dem der Wissenschaften den Muslim weit unterlegen waren. Zwar entstanden theologische oder religiös-doktrinäre Schriften, wie z. B. die des heiligen Beatus von Liébana, doch reichten sie an Bedeutung nicht an die Werke der mozarabischen Christen heran, die in den von den Muhammedanern beherschten Gebieten eine ständige Polemik gegen die Anhänger des Propheten zu führen hatten. So finden wir in dem heiligen Eulogius wie in dem Cordobeser Alvaros Verfasser hervorragénder Traktate, in denen sich isidorische Weisheit und eine ungewöhnliche Kenntnis der lateinischen Klassiker verrät. Auf dem Gebiet der Dichtung kennen wir lateinische Hymnen und einige in der gleichen Sprache verfaßte Lieder weltlichen Inhalts, die Nachahmungen klassischer Werke darstellen. Die Prosa der kleinen Chroniken ist im Hinblick auf Eleganz und Geschliffenheit der Sprache keineswegs erwähnenswert; gewöhnlich sind sie in einem rohen, entstellten Latein geschrieben, wie das „Cronicón Albeldense", die „Crónica de Sebastián", die Chronik von Silos, die des Pelayo von Oviedo und die „Historia Compostelana". Im 12. Jahrhundert wurde in Toledo die berühmte übersetzerschule gegründet, deren Seele Domingo Gundisalvo, dei Erzdechant von Segovia, war und in der die Meisterwerke der arabischen und hebräischen Philosophen ins Lateinische übertragen wurden.
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In das Ende des 12. Jahrhunderts fällt die Gründung der Universitäten von Palencia und Salamanca. Das Studium umfaßte damals das aus Grammatik, Dialektik und Rhetorik bestehende „Trivium" und das „Quadrivium", in dem Arithmetik, Musik, Geometrie und Astronomie gelehrt wurde. Einen glanzvollen Ausdruck findet die Literatur der Volkssprache in der kastilischen Epik, die vor allem durch die heimische Stoffe behandelnden „Cantares de gesta" und das wundervolle „Poema de Mio Cid" vertreten ist. Den Höhepunkt bildet die etwas später entstandene geistliche Dichtung in kastilischer Sprache mit Dichtern wie Gonzalo de Berceo, Lorenzo Segura aus Astorga und dem Verfasser des „Libro de Apollonio". Die zur gleichen Zeit auftauchende proven^alische Dichtung übte einen starken Einfluß auf die katalanischen und galicischen Lyriker aus und führte zur reichen Blüte der galicisdi-portugiesischen Troubadour- und Spielmannspoesie. Bereits in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts fällt das Wirken der beiden großen Historiker des Hochmittelalters, Rodrigo Jiménez de Rada und Lucas de Tuy, die eine persönliche, konstruktive Geschichtsschreibung schufen und damit einen entscheidenden Einfluß auf die Historiker der Folgezeit ausübten. Auf dem Gebiet der bildenden Künste brachte das kleine Königreich Asturien eine eigene bodenständige Kunst hervor, die heute unter der Bezeichnung „asturische Kunst" bekannt ist. Beispiele dieser Kunst sind Baudenkmäler wie die „Heilige Kammer" von Oviedo und die Kirchen Santa Cristina von Lena, San Miguel von Lino und Santa Maria von Naranco. Daneben gab es noch eine sogenannte mozarabische Architektur. Die Klüniazensermönche von jenseits der Pyrenäen brachten neben anderen Ausdrücken des kulturellen Lebens auch den romanischen Baustil mit nach Spanien, der seine großartigste Verwirklichung in der Kathedrale von Santiago de Compostela fand. In den Provinzen Santander, Palencia und Segovia finden wir außerdem eine große Reihe im romanischen Stile erbauter Abteien und Kirchen, wie z. B. in SantillanadelMar, in Castañeda, Frómista und San Martin de Segovia. Der Plastik kommt in dieser Zeit eine lediglich dekorative Aufgabe zu, wie wir an den großartigen Kapitellen der Kirche des heiligen Domingo in Silos und den Statuen sehen können, mit denen der „Pórtico de la Gloria* von Santiago in Galicien geschmückt ist. Im Kunstgewerbe zeigte sich ein deutlicher Einfluß muslimischer Elemente. Für den Stand der Malerei legen die eigenartigen Miniaturen in den zeitgenössischen Kodizes Zeugnis ab. D i e K i r c h e . Eine ungeheure kulturelle Bedeutung kam in den christlichen Ländern des Mittelalters der Kirche zu, die in Spanien vor allem das geistige Erbe des heiligen Isidor zu verwalten hatte. Die meisten Schrift-
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steller der ersten christlichen Jahrhunderte waren Mönche, Bischöfe oder Priester, und auch die gesamte Lehrtätigkeit lag in dieser Zeit in den Händen der Geistlichkeit. Was die innere Organisation anbelangt, so übernahm die spanische Kirche unverändert die Hierarchie und die Einrichtungen der Gotenzeit. In den häufig abgehaltenen Konzilien wurde ebenso über kirchliche Fragen wie über wichtige, das weltlidie Leben und die Regierung betreffende Angelegenheiten verhandelt. Berühmtheit erlangten in dieser Hinsicht das Konzil von León (1020) und das von Coyanza (1050). Mit Rom bestand eine ununterbrochene Verbindung. Das 11. Jahrhundert brachte einen grundlegenden Umschwung in der spanischen Gottesdienstordnung infolge der von Gregor VII. angeordneten Ersetzung des bis dahin gültigen mozarabischen Ritus durch den römischen. Die Mönche von Cluny hatten den Auftrag, diesen Ritus auf der Pyrenäenhalbinsel einzuführen, und bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts war in allen Staaten Spaniens die Umwandlung vollzogen. Die Verehrung des Grabes des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela lockte seit dem 11. Jahrhundert eine Unzahl von Pilgern aus den fernsten Ländern, vor allem aber aus Frankreich, nach Spanien. Die berühmte Pilgerstraße erhielt aus diesem Grunde den Namen „ Französische Straße". Die spanischen Fürsten trugen Sorge für die Sicherheit der frommen Wallfahrer, die ihrerseits wieder neue Anregungen auf kulturellem und besonders literarischem Gebiet mitbrachten. Neben anderen Werken, die diesen Einflüssen zu verdanken sind, nennen wir den im Calixtinischen Codex der Kathedrale von Compostela enthaltenen Pseudoturpin. Auch die Kirche trug ihr Teil zum Werk der Reconquista bei. Neben den kriegstüchtigen Prälaten und ihren Vasallen zeichneten sich im Glaubenskampf vor allem die militärischen Orden aus. In Spanien ließen sich der aus Anlaß der Kreuzzüge geschaffene Spitalorden und der Templerorden nieder. In der Folgezeit erkannten die Päpste dann auch die neuentstandenen spanischen Orden, nämlich den der Calatravaritter, den der Santiagoritter und den der Alcántararitter, an. Diesen Vereinigungen verdankte der Krieg gegen die Muhammedaner bei mehr als einer Gelegenheit tatkräftigste Unterstützung. Die ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n in A r a g ó n , N a v a r r a u n d K a t a l o n i e n . Die Pyrenäenreiche standen, was das politische Gebiet anbelangt, in keinerlei geistigem Zusammenhang mit der Gotenherrschaft. Die Macht der Zeitumstände brachte es jedoch mit sich, daß diese tapferen Bergvölker den würdigsten Mann zu ihrem König wählten und die Wahl hierbei gewöhnlich auf einen Feldherrn fiel, der sich besonders ausgezeichnet hatte. Ebenso wie in Asturien arbeitete audi hier das Königtum auf die Ein-
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Führung der Erbmonardiie hin, die sich dann mit der Reichsteilung Sandios des Älteren audi durchsetzte. In Katalonien, das zuerst vom Frankenreich abhängig war, war die Erblichkeit der Fürstenwürde bei der Erringung der Unabhängigkeit bereits eine Tatsache. Dem Einfluß der fränkischen Verhältnisse ist die Entwicklung des Lehnswesens in der Spanischen Mark zuzuschreiben. Hinsichtlich des Ursprungs und Bestehens dieser Einrichtung in Navarra und Aragón sind hier und da Zweifel aufgetaucht, doch sind sowohl die politischen Verhältnisse in Aragón zur Zeit der ersten dortigen Grafen wie das Auftreten von Baronen und Grafen (z. B. des Grafen von Ribagorza), die dem König von Navarra Untertan waren, ausreichende Hinweise für das Vorhandensein eines, wenn auch vielleicht nicht voll ausgebildeten Lehnswesens. Eine wichtige Rolle kam in Aragón der Curia Real zu, die dem Herrscher beratend zur Seite stand und daneben verwaltungstechnische und richterliche Funktionen ausübte. Eine Sonderstellung genoß hier das Amt des sogenannten „Justicia", das nach Ansicht einiger Historiker muslimischen Ursprungs ist. Im aragonesischen Heer finden wir als besondere Einrichtung die Almogavaren, eine leichte Reiterei, die im Kriege über eine bedeutende Stoßkraft verfügte. In Katalonien kündete sich bereits die künftige Bedeutung der Flotte an. D i e C o r t e s u n d d i e S e l b s t v e r w a l t u n g d e r S t ä d t e . In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurden die ersten aragonesischen und navarrischen Cortes abgehalten. Etwa zum gleichen Zeitpunkt wurden auch die ersten katalanischen Cortes einberufen. Das Wesen dieser Versammlungen in Aragón und Navarra ist umstritten, denn es läßt sich nicht mit absoluter Klarheit feststellen, ob auch die Vertreter der Städte darin auftraten; in Katalonien dagegen finden wir schon in ältester Zeit die Vertretung der „omes buenos" oder „probi homines". Von besonderem Interesse ist der Aufbau der Stadtverwaltungen in den aragonesischen Gebieten. So finden wir hier neben Gemeinden mit höchst primitiven Einrichtungen auch schon andere, die ein hochentwickeltes Verwaltungswesen und eine Vielzahl von Beamten (Bürgermeister, Schreiber, Eichmeister usw.) aufweisen. Ein Beispiel für diesen letzteren Fall ist Zaragoza. Die vorstehenden Ausführungen treffen auch auf Navarra zu, das lange Zeit hindurch mit dem aragonesischen Königreich verbunden war. Die katalanischen Städte genossen besondere Freiheiten und ein blühendes selbständiges Leben dank der sogenannten „emparanza", einer Art Schutz, die der souveräne Graf ihnen zuteil werden ließ. Außerdem verliehen die Grafen einzelnen Städten noch Freibriefe, „Cartas de Impunidad". Eine Einrichtung, die wir nur auf aragonesischem Gebiet antreffen, sind
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die „Comunidades" (Calatayud, Daroca und Teruel), eine Art Verwaltungsgemeinschaft zwischen einer Stadt und den umliegenden Dörfern, die über eine selbständige militärische Organisation für die Grenzkämpfe mit den Muslim verfügte. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . Die bekanntesten in Aragón erhobenen Abgaben waren der Wegezoll, der Warenzoll, der Torzoll und die Abgaben für die königliche Tafel. In Navarra hatte man für sämtliche Zölle und Abgaben die allgemeine Bezeichnung „pechas". In Katalonien kannte man u. a. den Warenzoll, den Herbergszoll, den Wegezoll und den Waldzoll, wobei verschiedene Abgaben an die Lehnsherren zu entrichten waren. In den ersten Jahrhunderten der Reconquista war das wirtschaftliche Interesse Aragóns und Navarras vor allem auf Ackerbau und Viehzucht gerichtet; Industrie und Handel befanden sich noch in ihrem Anfangsstadium. Eine höhere Entwicklung hatte die Industrie dagegen bereits in der katalanischen Grafschaft gefunden: hier werden schon in den frühesten Zeiten die „operatorios" oder Tuchfabriken genannt. Was den Handel betrifft, so ist Barcelona von den ersten Jahrhunderten der Reconquista ab als bedeutender Ein- und Ausfuhrhafen zu betrachten. G e s e l l s c h a f t u n d Recht in d e n O s t s t a a t e n . In sozialer Hinsicht finden wir sowohl in den Königreichen Navarra und Aragón wie in der katalanischen Grafschaft die gleichen Verhältnisse und Einrichtungen wie in León und Kastilien. An der Spitze des aragonesisdien Adels standen die Grafen und Barone, ihnen folgten in der sozialen Rangordnung die „seniores". Den niederen Adel bildeten auch hier die „infanzones". In Aragón finden wir Freie und Leibeigene, letztere hießen in Navarra und Aragón „mezquinos" und „exaricos". Der gesellschaftliche Aufbau des katalanischen Staates kennt Grafen, Vizegrafen, Seniores (dort Comitores genannt), Valvasores, entsprechend den Infanzones in den anderen Ländern, und Vasallen. Zu den Freien zählten die Städter und die Bürger kleinerer Ortschaften, und unter der dienenden Klasse finden wir vor allem die sogenannten „payeses de remensa", denen zahlreiche und oft sehr erniedrigende Lehnsverpflichtungen auferlegt waren. Auf dem Gebiet des Rechtswesens war in den Oststaaten noch lange Zeit das Gesetzbuch des „Fuero Juzgo" in Kraft. Später erschien in Katalonien als neuer Kodex die „Usatges" (1068), ein Meisterwerk seiner Art, das den katalanischen Sitten und Gebräuchen Rechnung trug und auch gelegentliche germanische Einflüsse aufweist. Die gesetzgeberische Tätigkeit Aragóns, Navarras und der baskischen Provinzen, die bis zur Zeit des Königs Alfons VIII. gemeinsam den navarrischen Staat bildeten, offenbart sidi in den Fueros und den sogenannten
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„Cartas pueblas", besonderen, den einzelnen Städten und Gemeinden von den Herrschern und den örtlichen Schutzherren verliehenen Freibriefen. Ihrer großen Bedeutung wegen verdienen unter ihnen das Stadtrecht von Calatayud und das von Daroca besondere Erwähnung. K u l t u r u n d K u n s t . In der Frühzeit der spanischen Staaten zeigte der Nordosten eine höhere kulturelle Entwicklung als der Westen. Hier war die geistige Erbschaft des heiligen Isidor von Sevilla nodi lebendig. Trotzdem erkannten die Vertreter der christlichen Kultur die Überlegenheit der muslimischen stets an. Als Beweis hierfür läßt sich z. B. anführen, daß Godmar, ein Bischof von Gerona, seine Chronik dem Kalifen Hakam widmete und der Bischof Gerbert, der spätere Papst Silvester II., in Vidi muslimische Mathematik und Astronomie studierte und wahrscheinlich sogar nach Córdoba ging, um direkt an die Quellen der arabischen Weisheit zu gelangen. Das kulturelle Leben der navarrisdien Klöster wies bereits im 11. Jahrhundert einen beachtlichen Hochstand auf. San Eulogio lobt die Reichhaltigkeit der Bibliothek des Klosters von San Zacarías am Ufer des Arga-Flusses. Mittelpunkte der Kultur des 10. Jahrhunderts waren das Kloster San Pedro von Rueda und das von Wifred dem Behaarten gegründete Kloster Santa Maria in Ripoll. In Aragón, Navarra und Katalonien blieb der Unterricht weiterhin in den Händen der Mönche und Geistlichen. Hervorragend waren die Schule des Abtes Oliva in Ripoll (1018) und die Schulen von Vidi und Gerona, in denen die Wissenschaften und freien Künste gepflegt wurden. Auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft zeichnete sich im 12. Jahrhundert Renallo „der Grammatiker" aus, auf dem der Geschichtsschreibung sind einige anonyme kleinere Chroniken, wie das „Cronicón Rivipullense" (Ripoll), das „Cronicón Rotense" (Rueda), die beiden Barcinonenser (Barcelona) und die beiden Dertusenser (Dertosa) Chroniken zu erwähnen, die nur knappe Berichte geben und keinerlei Anspruch auf literarische Eleganz machen. Die dichterischen Strömungen der Provence fanden Eingang in Katalonien, und die nach jenseits der Pyrenäen orientierte Politik der aragonesischen Herrscher tat das ihre, um der proven^alischen Lyrik im Lande den Boden zu bereiten. Alfons II. war ein begabter Dichter, der zu dieser Schule zu rechnen ist. Unter seinen Zeitgenossen nennen wir den zynischen Guillermo de Bergadán, dem Hugo von Mataplana und, als der bedeutendste spanische Dichter seiner Zeit, Ramón Vidal aus Besalú folgten. Auch die Kunst der Oststaaten ist von größtem Interesse. Wundervolle Beispiele des romanischen Baustils bieten in Katalonien die Abtei von Ripoll und die Kirchen von Elna und San Martin von Canigó. Unter den Bauten Aragóns sind das Kloster von San Juan de la Peña, die Kirche von San Ballesteros, Spanien
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Pedro el Viejo in Huesca und die Burg von Loarre hervorzuheben, unter denen Navarras das Kloster von Leyre und die Templerbauten von Eunate und Santa Maria von Sangüesa. Meisterwerke der Bildhauerkunst finden wir an den Kapitellen von San Pedro in Rueda, an San Benito von Bages, an San Pablo von Caimpo und an San Cugat von Vallès; an Einzelplastiken sind vor allem zu erwähnen die von Santa Maria la Real in Irache und die des Kreuzganges in Solsona. Äußerst bemerkenswert ist die katalanische Malerei der frühesten Zeit, vor allem die Wand- und Tafelmalerei, die als die älteste des Abendlandes gilt. Heute finden wir diese kostbaren Gemälde in den Museen von Lérida, Vidi und Barcelona. Daneben schreibt man den Miniaturen in den Codizes des 10. Jahrhunderts besonderen Wert zu. Die Kirdae. In den Oststaaten stellte man die gotische Kirchenordnung wieder her und erhielt gute Beziehungen zum Heiligen Stuhl aufredit. In die Regierungszeit des Sancho Ramírez fällt die Ersetzung des mozarabischen Ritus durch den römischen. Unter den hier abgehaltenen Konzilien ist als besonders wichtig das Konzil von Jaca im Jahre 1063 zu erwähnen. In allen drei Ländern des spanischen Ostens finden wir zahlreiche Klöster. Die berühmtesten unter ihnen waren in den ersten Jahrhunderten der Reconquista die von San Juan de la Peña, von Rueda und von Veruela auf aragonesisdiem Boden, die von Leyre und Fitero in Navarra und die von Ripoll, San Juan de las Abadesas, San Cucufate del Vallès und Nuestra Señores von Montserrat in Katalonien. Im 8. Jahrhundert erlebte die Kirche dieser Staaten unruhevolle Zeiten durdi die adoptionistisdie Ketzerbewegung des Bischofs Felix von Urgel, im 12. Jahrhundert wiederum griff auf katalanischem Gebiet die Lehre der Waldenser, die von Peter II. von Aragón aufs heftigste verfolgt wurde, um sich. Die J u d e n u n d die u n t e r w o r f e n e n M a u r e n . Die jüdisdie Rasse hatte der muslimischen bei der Eroberung Spaniens Unterstützung gewährt, und der Dank der Beherrscher Andalusiens bestand darin, daß sie die Juden in die muhammedanische Gesellschaft aufnahmen. Das gute Einvernehmen dauerte jedoch nicht lange; oft kam es zu Verfolgungen, die vor allem in der Zeit der Almoraviden anhaltende und grausame Formen annahmen. Trotzdem gab es in Córdoba und Lucena berühmte Synagogen, an denen gelehrte Talmudisten, wie der Rabbi Hanoch, wirkten, gab es bekannte Ärzte, wie Hasdai, und Dichter, wie Ibn Ezra. Die beiden Persönlichkeiten aber, in denen die hebräische Kultur dieser Jahrhunderte ihren Hochstand erreichte, waren der begnadete Philosoph und Dichter Ibn Gabirol und der vielseitige Maimonides, ein Arzt, Philosoph und Theologe von höchstem Ruf in der jüdischen Welt.
Spanien von der Zeit Alfons VI. bis zur Trennung von Kastilien und Léon (1072—1157) ¡FHANKR E I C H
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Spanien von der Trennung Kastiliens von Léon bis zur endgültigen Wiedervereinigung der beiden Reiche (1157—1230) 7*
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Die Christen betrachteten die Juden anfänglich mit Mißtrauen, später aber ließ das anpassungsfähige und liebenswürdige Wesen der klugen Kaufleute diese überall an Boden gewinnen. So finden wir einige Stadtrechte, in denen der hebräischen Rasse ausdrücklicher Schutz zugesagt wird, wohingegen in anderen die Juden als minderen Rechts angesehen werden. Es wurden große Judenviertel in den Städten eingerichtet, die den Königen von Kastilien und Aragon hohe Abgaben zahlen mußten, und die Söhne Israels bereicherten sich an der heimischen Industrie und vor allem am Handel. Die kastilischen, navarrischen, aragonesischen und katalanischen Juden taten sich im allgemeinen nicht in der Pflege der Künste und Wissenschaften hervor. Gleichwohl gab es auch auf diesen Gebieten Größen, die der hebräischen Rasse angehörten, wie z. B. Benjamin von Tudela, den Autor bekannter Reisebeschreibungen, und den jüdischen Konvertiten Petrus Alfonsus, der dogmatische Schriften und eine köstliche Sammlung orientalischer Erzählungen verfaßte, die er selbst ins Lateinische übertrug. Die Muslim, die unter der Oberherrschaft der Christen in den von diesen eroberten Städten lebten, waren unter der Bezeichnung „mudejaren" bekannt. Im allgemeinen wurden sie durch die Stadtrechte geschützt, und Alfons I. von Aragon gestand ihnen sogar besondere Vorrechte zu. Ein anderes Stadtrecht dagegen setzte den Tod eines solchen Mauren dem Verlust eines Esels gleich.
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DAS KÖNIGREICH KASTILIEN F e r d i n a n d III. (1217—1252). Eine ausgezeichnete Schule der Politik hatte der junge Prinz Ferdinand durchgemacht; wenn er nur den Ratschlägen seiner Mutter, der klugen Berenguela folgte, so konnte er sicher sein, das Richtige getroffen zu haben. Kein Fürst vor ihm war so fest entschlossen wie er, die Reconquista durchzuführen, und keiner kann es für sich in Anspruch nehmen, einen so anhaltenden Erfolg im Kriege gegen die Ungläubigen erzielt zu haben. Das Reich der Almohaden befand sich in voller Auflösung, so daß nun der günstige Augenblick gekommen war, ins muslimische Gebiet einzufallen. Der beherzte König von Kastilien ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Mit ihm beginnt das Zeitalter der großen Eroberungen: die christlichen Heere überschritten den Muradal-Paß und brachten sich durch einen kühnen Vorstoß in den Besitz der GuadalquivirUfer.
Das Königreich Kastilien
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Vier Jahre lang bereitete Ferdinand die Einnahme der großen Städte des Islam vor. Während er eine Reihe von Ortschaften seinem Herrschaftsgebiet eingliedern konnte, ergaben sich bereits u. a. Andújar, Martos und Baeza dem Kastilier. In das Jahr 1236 fiel die denkwürdige Eroberung von Córdoba. Von der früheren Größe der Herrscherstadt am Guadalquivir war nur noch eine schwache Erinnerung lebendig, und einzig die prunkvollen Bauten zeugten noch von dem Glanz vergangener Tage. Ferdinand weihte die große Moschee dem christlichen Gottesdienst, er dachte jedoch nicht daran, Córdoba zur Hauptstadt seines Reiches zu machen. Er hatte eine andere Stadt im Sinne, die seit den Tagen der Almohaden zur Hochburg der Kultur und des Reichtums geworden war: Sevilla, die Hauptstadt der zweiten aus Afrika herübergekommenen Rasse. Dieses Gebiet war das ersehnte Ziel des christlichen Königs, seine Eroberung sollte die Krönung seiner Feldzüge sein. Bevor er sich jedoch an diese Aufgabe wagen konnte, galt es, Jaén, die starke Festung des Königreichs Granada, zu unterwerfen. Die Unternehmung gelang, und Muhammed Alamar, der König von Granada, mußte im Jahre 1246 die Oberhoheit des kastilisdien Königs anerkennen. Endlich, nachdem noch Carmona in seine Hand gefallen war, rückte Ferdinand mit einem starken Heer gegen Sevilla und umzingelte die Stadt. Die Bevölkerung war reichlich mit Lebensmittel versorgt, und da der Guadalquivir einen Zugang zum Meere bot, ließ sich die Übergabe der Stadt nur mit Hilfe einer Flotte erzwingen. An den Küsten Kantabriens wurden Schiffe gebaut, und unter der Führung des erfahrenen Seemannes Ramón Bonífaz aus Burgos griffen die Christen das muslimische Geschwader an und besiegten es in der Mündung des Guadalquivir. Nun brauchte man nur den Fluß hinauffahren und konnte zur endgültigen Blockade von Sevilla schreiten. Nachdem auch die Schiffsbrücke, die die Stadt mit Triana verband, zerstört worden war, gab es keine Hoffnung mehr für die eingeschlossene Bevölkerung. Nach einer Belagerung von fünfzehn Monaten mußte die Stadt kapitulieren, und die Kastilier konnten zusammen mit ihren katalanischen, aragonesischen, navarrischen, portugiesischen und sonstigen Hilfstruppen, die das ihre zum Erfolg des Unternehmens beigetragen hatten, ihren Einzug halten (1248). Ferdinand machte Sevilla zur Hauptstadt seines Reiches und faßte nun den Entschluß, seinen Triumphzug bis zur Meerenge von Gibraltar auszudehnen. Ohne auf große Schwierigkeiten zu stoßen, eroberten die Christen die muslimischen Städte bis nach Cádiz hin und gelangten ans Ufer des Meeres, von wo aus sie den Krieg auf den afrikanischen Boden hinübertragen konnten. Ferdinand III. war in erster Ehe mit Beatrix von Schwaben vermählt. Das älteste der Kinder aus dieser Ehe war der Prinz Alfons, ein Mensch
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11. Kapitel
mit außergewöhnlichen geistigen Fähigkeiten und Neigungen, auf die wir weiter unten zu sprechen kommen werden. Es war von Wichtigkeit für Kastilien, auch seine Grenzen nach Osten hin zu erweitern und festzulegen. Alfons wurde mit der Ausführung dieser Aufgabe betraut und eroberte im Auftrag seines Vaters die Stadt Murcia. Audi der Schwiegervater des kastilischen Kronprinzen, König Jakob Qaime) von Aragón, hatte sein Interesse diesem Gebiet zugewandt. Zwischen ihm und Alfons kam es zum Abschluß des Vertrages von Almizra, in dem die Grenzen der beiden Königreiche festgelegt wurden. Dieser Vertrag ist vor allem deshalb von ganz besonderer Bedeutung, weil durdi ihn das Schicksal der beiden großen christlichen Königreiche der Pyrenäenhalbinsel bestimmt wurde: Aragón nahm von 1244, dem Jahre des Vertrags, keinen Anteil mehr an der Reconquista und wandte sich einer neuen Politik zu, deren Hauptinteresse auf das Meer gerichtet war. Kastilien hingegen, das seine Grenzen bis zu denen des kleinen Reiches Granada vorverlegte, übernahm die Aufgabe, das Werk der Reconquista zu vollenden. Der König von Kastilien war sich klar darüber, daß es nun galt, die Muslim in Afrika anzugreifen, um sozusagen jenseits der Meerenge einen Wachtposten aufstellen zu können, der eine neue afrikanische Invasion von vornherein unmöglich machte. Die Erfahrung hatte gelehrt, daß die spanischen Mauren stets mit einer Hilfe aus Marokko rechnen konnten. Von dort waren seinerzeit auch die ersten muhammedanischen Heere gekommen, die Spanien erobert hatten. Man mußte daher um jeden Preis verhindern, daß noch einmal die Berberstämme unter der Führung der einen oder anderen Dynastie auf der Pyrenäenhalbinsel einbrachen. Die Almoraviden waren durch die Almohaden ersetzt worden, und an die Stelle dieses Volkes war nach Ablauf einer gewissen Zeit ein anderer kriegerischer Stamm, der der Banu-Merin, getreten, der wenige Jahre später ebenfalls in Spanien auftauchen sollte. Im Anfang seiner Regierungszeit hatte Ferdinand einem kastilischen Expeditionsheer gestattet, nach Afrika zu ziehen, um dort in die Kämpfe der Almohaden einzugreifen. Der Weg war also schon bereitet, es handelte sich nur noch darum, den Plan auszuführen. Unglücklicherweise jedoch machte der plötzliche Tod des Königs all diesen Projekten fürs erste ein Ende. Auf dem Sterbebett hatte der kastilische König, den die Nachwelt als den heiligen Ferdinand kennt, zu seinem ältesten Sohn, dem Prinzen Alfons, gesagt: „Ich lasse dich zurück als Herrn all der Gebiete diesseits des Meeres, die die Mauren dem König Rodrigo von Spanien entrissen hatten. Alles ist in dein Herrschaftsbereich eingeschlossen, sowohl die Gebiete, die wir zurückerobert haben wie diejenigen, die uns tributpflichtig geworden sind. Kannst du das, was ich dir hinterlasse, im gleichen Zustand erhalten, so
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bist du ein ebenso guter König wie ich; kannst du noch mehr dazugewinnen, so bist du ein besserer König als ich; verlierst du jedoch etwas davon, so bist du ein schlechterer König als ich." Ferdinand III. ist sicherlich einer der größten Herrscher aller Zeiten. Freundlich, gütig und tapfer, vereinte er mit der Gemessenheit seines Auftretens den Kampfgeist des Kreuzfahrers. Als leiblicher Vetter des heiligen Ludwig von Frankreich verfügte er über die gleiche idealistische und ritterliche Gesinnung, war dem Franzosen aber vielleicht in der praktischen Erfassung der Situation überlegen. In geradezu vorbildlicher Weise wußte er seinen glühenden Patriotismus und seinen Kreuzzugseifer in Einklang zu bringen mit den tatsächlichen Erfordernissen des Spanien seiner Zeit. Der heilige Ludwig dagegen erscheint wie ein Fürst des 11. Jahrhunderts, der ins 13. verschlagen worden ist. Er kann sich in seiner Zeit nicht zurechtfinden und ruft zu Kreuzzügen auf in einem Augenblick, wo die religiöse Glut, die in anderen Jahrhunderten Europa zur Eroberung Palästinas getrieben hatte, längst erloschen ist. Ferdinand weigerte sich, Ludwig auf seinen Zügen gegen die Ungläubigen zu begleiten, denn noch saßen die Muslim ja audi in Spanien, und hier war der Krieg gegen sie nicht allein ein Glaubenskampf, sondern diente gleichzeitig einem politischen Ziel. Beide Fürsten waren die Söhne kluger und für die Regierungsgeschäfte begabter Frauen, der Schwestern Berenguela und Bianca von Kastilien, beide sollten von ihren Völkern auf den Altären verehrt werden. Die Zeitgenossen gaben ihnen bereits den Titel von Heiligen, die päpstliche Kurie jedoch zögerte noch lange mit ihrer endgültigen Kanonisierung. A l f o n s X. (1252—1284). Ein wohlabgerundetes Erbe hinterließ der heilige Ferdinand seinem Sohn. Das Königreich Kastilien, das vor den Tagen des Eroberers von Andalusien nur nach Norden hin einen Zugang zum Meere hatte, war jetzt zur Herrin der südlichen Küsten geworden. Von den ausgedehnten muslimischen Besitzungen im alten Baetica bestanden einzig noch das winzige Fürstentinn Niebla und das Königreich Granada. Murcia und Algarbe hatte Alfons schon zur Regierungszeit seines Vaters erobern können; von diesen kriegerischen Erwerbungen wurde das Gebiet von Murcia Kastilien eingegliedert, während man Algarbe großmütig gegen ein Gefolgsdiaftsverspredien an Portugal abtrat. Nachdem sie die Nachricht vom Tode Ferdinands erhalten hatten, unternahmen die Mauren einen überraschenden Angriff auf verschiedene befestigte Plätze, darunter auf Jerez, doch wurden ihnen diese Eroberungen sehr bald wieder entrissen. König Alfons hatte den Wunsch, die Politik seines Vaters weiterzuführen und plante bei verschiedenen Gelegenheiten einen Kreuzzug nach Afrika, an dessen Ausführung er jedoch immer wieder aus dem einen oder anderen Grunde gehindert wurde, so daß es nur zu
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einem kleineren Feldzug kam, der ohne nennenswerten Erfolg verlief. Mit seinen anderen Unternehmungen hatte Alfons mehr Glück: er vervollständigte die Eroberung des sevillanischen Reiches, indem er die Hauptstadt des Fürstentums Niebla zur Kapitulation und den dortigen Fürsten zu Tributleistungen zwang und somit die Grenzen des Reiches sicherte. Außerdem eroberte er noch die wichtigen Seestädte Cádiz und Cartagena und konnte mit der Einnahme so günstig gelegener Häfen die Seemacht Kastiliens erheblich fördern. Bei einer späteren Erhebung der unterworfenen Mauren mußte der Kastilier die Unterstützung seines Schwiegervaters Jakob von Aragón zur Rückeroberung von Murcia erbitten. Zwei Kriege drohten nun plötzlich auszubrechen: der mit Navarra konnte jedoch vermieden werden, der mit Portugal war fast unmittelbar nach seinem Ausbruch beendet. Alfons trat jetzt seiner Schwester Leonor, die mit dem ältesten Sohn des englischen Königs verheiratet war, die Grafschaft Gascogne ab und wandte sich selbst der Sache zu, die seine ganze Regierungszeit hindurch Gegenstand seiner Bemühungen sein sollte: er trat als Bewerber um die deutsche Kaiserkrone auf. Er führte dabei seine Rechte auf das Herzogtum Schwaben und damit auch auf den Kaisertitel ins Treffen. Bei der Wahl erhielt er vier Stimmen, sein Mitbewerber Richard von Cornwallis dagegen nur drei; seine eigene Unentschlossenheit jedoch und vor allem die Unruhen in Spanien, dazu die undurchsichtige Verzögerungspolitik der päpstlichen Kurie waren die Gründe, die all seine Bemühungen zum Scheitern verurteilten. Schließlich unternahm er sogar noch eine Reise nach Beaucaire, um dort Gregor X. zu treffen, doch auch das war vergebens: Rudolf von Habsburg wurde zum deutschen Kaiser gewählt, und die schlechten Nachrichten aus Spanien zwangen Alfons zu einer sofortigen Rückkehr in sein Reich. Die Anwesenheit des Herrschers tat auch wirklich not, denn der König von Granada war zusammen mit den Truppen der Banu-Merin in Andalusien eingebrochen und belagerte Sevilla. In dem Kampf, der sich nun entspann, fiel der Erzbisdiof von Toledo, bei einem späteren Treffen Don Ñuño de Lara und kurz darauf erlag der älteste Sohn des Königs, Ferdinand de la Cerda, in Villarreal (Ciudad Real) einer plötzlichen Krankheit. Dann begann ein Krieg gegen die Mauren, in dessen Verlauf der Einbruch der christlichen Heere in die Ebene von Granada und die unglückliche Belagerung von Algeciras, die den christlichen Waffen keinerlei Erfolg brachte, als besondere Ereignisse zu erwähnen sind. Der Tod des Thronerben hatte das Auftauchen einer äußerst heiklen dynastischen Frage zur Folge. Zunächst wurde Sancho, der zweite Sohn des Königs Alfons, zum Nachfolger bestimmt. Die Rechte seiner Neffen, der Infanten von Cerda, die sich durch diese Ernennung in ihren Erbansprüchen
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enttäuscht sahen, wurden von verschiedenen Großen des Reiches, vor allem von ihrer Großmutter, der Königin Violante von Kastilien, verteidigt, die sich mit der Bitte um Unterstützung nach Aragón wandte. Schließlich faßte Alfons selbst den Entschluß, eine Teilung seines Gebietes zugunsten der Infanten vorzunehmen, doch jetzt ließen die Völker eine derartige Auslegung der Erbrechte nicht mehr zu, und Don Sancho konnte mit Hilfe der Städte zur Wahrung seiner Rechte schreiten. Es kam zum Bürgerkrieg, in dem die Städte Sevilla und Murcia ihrem erkorenen Monarchen treu zur Seite standen, so daß der bejahrte König sich gezwungen sah, die Unterstützung des marokkanischen Stammes der Banu-Merin zu erflehen und ihnen seine Krone zu verpfänden, um über die nötigen Gelder verfügen zu können. Er wurde durch die Cortes von Valladolid abgesetzt und starb zwei Jahre darauf, nachdem der Kummer ihn vollständig zermürbt hatte (1284). Das Urteil der Nachwelt über diesen König ist durchaus nicht eindeutig. Die einen bewahren ihm die denkbar schlechteste Erinnerung, die anderen versuchen seine Irrtümer zu entschuldigen und betonen seine hervorragenden Verdienste um die Entwicklung der Kultur; wenige nur finden ein lobendes Wort über seine Regierungstätigkeit. Die Gegner des Königs unter den Historikern verurteilen aufs schärfste die von ihm vorgenommene Änderung der Währung, eine Tat, die von den heutigen Numismatikern als eine Verbesserung auf dem Gebiete des Münzwesens angesehen wird, die die Vasallen des Königs nur nicht zu würdigen wußten. Seine Bemühungen um die deutsche Kaiserkrone entsprangen nicht etwa einem zu hoch geschraubten Idealismus, sondern Alfons träumte davon, daß der Ruhm des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation auch die Bedeutung Kastiliens steigern würde. Die Verwirklichung seiner Pläne wurde verhindert durch den aufrührerischen Adel und die frisch unterworfenen andalusischen Mauren, die die Gelegenheit zur Rache herbeisehnten. Alfons lebte durchaus nicht nur in überirdischen Welten, wie seine Gegner behaupten wollen; wir erinnern daran, daß er das Werk der Reconquista fortführte, indem er das Fürstentum Niebla seinem Reiche einverleibte und mehrere wichtige Städte eroberte. Ein Zeichen unseligen Wankelmutes waren allerdings die beiden Testamente, in denen der König sein Reich zugunsten seiner Enkel und zum Unglück für die Einheit Kastiliens aufteilen wollte. Abgesehen von den Fehlern, die er in den letzten Jahren seiner Regierung beging, muß man Alfons X. als einen Herrscher bezeichnen, der mit seiner klaren Einsicht in die zukünftige Entwicklung seinem Jahrhundert um ein gutes Stück voraus war. Was seine Verdienste um Kultur und Kunst betrifft, so ist zu sagen, daß er dank seiner hohen Bildung und seiner Kenntnisse den Beinamen „der Weise" vollauf verdiente.
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S a n d i o IV. (1284—1295). Die Regicrungszeit dieses Herrschers währte elf Jahre. Der Streit mit den Infanten von Cerda führte zu einem Krieg, in dem Alfons III. von Aragón die Ansprüche der Thronanwärter unterstützte. Durch die diplomatische Geschicklichkeit Sanchos aber kam es zur Auflösung dieses Bündnisses zwischen Alfons und den Infanten: Sancho knüpfte Beziehungen zu Frankreich, dem Feind Aragóns, an, und Jakob II. mußte, nachdem er Frieden mit den Franzosen geschlossen hatte, Kastilien zum Bundesgenossen wählen und jede Einmischung in den Erbschaftskonflikt aufgeben. Unter den Vertretern des Adels, die auf der Seite Sanchos gestanden hatten, als dieser noch Prinz und Thronanwärter war, gehörte Don Lope de Haro, ein mächtiger Herr aus Biskaya, der einige Zeit lang die besondere Gunst des Königs genoß und in Kastilien unumsdiränkte Vollmacht hatte. Don Lope mißbrauchte seine Macht jedoch; er verbündete sich mit Don Juan, dem Bruder Sanchos, und zettelte gemeinsam mit diesem eine Verschwörung gegen den regierenden Herrscher an. Sancho konnte dieses Treiben des allmächtigen Magnaten nicht länger mit ansehen; er erschlug ihn mit eigener Hand in Alfaro. Ibn Juszaf sandte aus Marokko Boten zum König von Kastilien, um diesen über die politische Haltung Kastiliens zu befragen. Don Sancho ließ dem Marokkaner antworten: „In meiner einen Hand halte ich das Brot, in der anderen den Stock. Will mir einer das Brot entreißen, so schlage idi ihn mit dem Stock." Der König von Granada war im Bunde mit den Banu-Merin in Andalusien eingefallen und belagerte Jerez. Sancho rückte mit einem gewaltigen Heer heran, und es kam zum Abschluß eines Vertrages. Später jedoch schlössen die Könige von Aragón, Granada und Kastilien ein neues Bündnis, das dem Kastilier gestattete, die befestigte Stadt Tarifa zu belagern und sie im Jahre 1292 den Banu-Merin zu entreißen. Muhammed II. von Granada, der seine Haltung bereute, eilte nun dem Marokkaner zu Hilfe, und beide versuchten die Stadt zurückzugewinnen. Bei dieser neuen Belagerung von Tarifa befand sich im Lager der Mauren auch der verräterische Infant Don Juan, der dem Verteidiger der Stadt, Alonso Pérez de Guzmán, drohte, er würde seinen Sohn töten lassen, wenn er die Stadt nicht übergeben würde. Standhaft ließ Pérez de Guzmán erwidern, falls man im Lager kein Messer hätte, so würde er das seine herunterwerfen, denn lieber wolle er fünf Söhne opfern, als die Stadt, die ihm sein König anvertraut habe. Die Belagerer töteten den Sohn Guzmáns, aber es gelang ihnen nicht, die Übergabe Tarifas zu erzwingen. Juan Mate de Luna rückte mit Hilfstruppen heran, schlug das maurische Heer und entsetzte so die Stadt. Frühere Historiker haben die Tat Guzmáns ins Gebiet der Legende ver-
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weisen wollen, die moderne Forschung jedoch hat erwiesen, daß die Ereignisse sich wirklich in dieser Form zugetragen haben. Den Beinamen „der Kühne", den Sancho IV. in der Geschichte führt, verdankt er mehr seinem heftigen und jähzornigen Wesen als seinem Kampfesgeist, den er allerdings auch zur Genüge bewiesen hat. Die Gemahlin Sanchos war Maria de Molina, eine kluge und umsichtige Herrscherin, die während der unruhevollen Zeiten zweier Regentschaften ihre politischen Fähigkeiten in Anwendung zu bringen wußte. F e r d i n a n d IV. (1295—1312). Der spätere Ferdinand IV. war nodh ein Kind, als sein Vater starb. So mußten lange Jahre vergehen, bis er dank der politischen Begabung, der Geistesgegenwart und der Hartnäckigkeit seiner Mutter Doña María, die die Geschichte unter dem Namen „die Große" kennt, seinen Thron endgültig erobern konnte. Die Infanten von Cerda begannen mit Unterstützung der Könige von Aragón, Portugal und Granada einen Krieg gegen das königliche Kind. Der aufsässige Adel machte sich die nun entstehende Verwirrung zunutze, und die Muslim begannen noch einmal mit der Belagerung Tarifas, das audi diesmal wieder von Alonso Pérez de Guzmán verteidigt wurde. Jetzt mußte die kastilische Königin ihre ganze Standhaftigkeit zusammennehmen, um in dieser schwierigen Situation nicht schwach zu werden; doch diese charakterfeste Frau schien geradezu neue Kraft aus dem Unglück zu ziehen. Die Städte versdilossen ihre Tore vor Mutter und Sohn, aber Maria de Molina zog von Festung zu Festung und wurde nicht müde, immer wieder von ihren Vasallen Hilfe und Unterstützung zu verlangen. Weder die Ränke des abenteuerlichen alten Infanten Don Heinrich, eines Sohnes des heiligen Ferdinand, noch die Ausrufung Don Juans zum König von León konnten die Herrscherin einschüchtern. Als sie schließlich erreichte, daß die Aragonesen bei Campos geschlagen wurden, gewann die Partei des jungen Königs allmählich an Boden und konnte sich zum Schluß durchsetzen. Nun, wo Guzmán Andalusien gerettet hatte, änderten die christlichen Könige ihre Politik und kündigten die Verträge auf, die sie mit den Ungläubigen geschlossen hatten. Ferdinand IV., der inzwischen den Thron bestiegen hatte, vereinbarte mit Jakob II. einen Feldzug zur Rückgewinnung wichtiger andalusischer Städte, wobei der Aragonese nicht allein an den Kämpfen, sondern auch am Gewinn beteiligt wurde, da die Rechte Aragóns auf den sechsten Teil des Gebietes von Granada anerkannt wurden. Kurz nach Beginn des Feldzuges belagerte Ferdinand Gibraltar und nahm die Stadt ein (1309); bei einem bald darauf folgenden Einfall ins Gebiet von Granada fiel im Kampf Guzmán, der „Gute", das Vorbild aller treuen Vasallen, das Musterbeispiel heldenhaften Mutes. Die Belagerung der Stadt Almeria verlief unglücklich, denn die aragonesischen Truppen wur-
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den durch den Feind gezwungen, ohne Erfolg wieder abzuziehen. Daraufhin schloß Ferdinand einen Frieden mit Naszar von Granada. Der Tod Ferdinands IV. ist von legendenhaften Begleitumständen umgeben, auf die sein geschichtlicher Beiname „der Angeklagte" zurückzuführen ist. Als nämlich in Palencia der Ritter Juan de Benavides ermordet worden war, nannte man allgemein als Anstifter dieses Verbrechens die Familie der Carvajal, die denn auch auf Geheiß des Königs in Martos verhaftet wurde. Eine Erzählung aus der Zeit berichtet nun, daß die angeblichen Missetäter ihre Unschuld beteuert und den König selbst zu einem Gottesgericht herausgefordert hätten, das binnen dreißig Tagen stattfinden sollte. Trotz all der Einzelheiten, die der Bericht enthält, haben sich bisher keinerlei historische Beweise für seine Richtigkeit erbringen lassen. Ferdinand IV. war ein mittelmäßiger Herrscher. Er hörte auf schlechte Ratgeber und verlangte von seiner Mutter eine genaue Rechnungslegung und sogar die Juwelen seines Vaters, die diese unter ungeheuren Opfern, die Ferdinand überhaupt nicht zu würdigen wußte, gerettet hatte. So kam es, daß Maria de Molina das königliche Tafelgeschirr verkaufen und aus tönernen Schüsseln essen mußte. A l f o n s XI. (1312—1350). War die Zeit der Minderjährigkeit Ferdinands verworren und unruhig gewesen, so sollte die des jungen Alfons, der im Alter von einem Jahr seinem Vater in der Königswürde folgte, ihr in dieser Hinsicht nicht nachstehen. Diesmal ging der Streit jedoch nicht um die Krone von Kastilien, sondern um die Regentschaft oder die Vormundschaft für den König. Auch bei dieser Gelegenheit konnte die nun schon bejahrte Maria de Molina durch ihr energisches Eingreifen manchen Konflikt verhindern. Auf ihr Geheiß hin überließ der Bischof von Avila den jungen König keinem der Anwärter auf das Vormundsamt, sondern wartete die Entscheidung der Cortes ab. Inzwischen starb die Königinwitwe, Doña Constanza, und nun traten als Bewerber um die Regentschaft der schon erwähnte Infant Don Juan und der Infant Don Pedro, ein Sohn der Maria de Molina, auf. Die Cortes bestimmten, daß die beiden Infanten gemeinsam mit der alten Königin die Vormundschaft ausüben sollten. Als nun aber die beiden Infanten im Jahre 1319 bei einem äußerst unglücklich verlaufenen Feldzug gegen die Mauren in der Ebene von Granada fielen, entbrannte der alte Streit von neuem. Die andalusischen Städte schlössen Frieden mit dem König von Granada, während in Kastilien neue Kämpfe um die vakante Regentenstelle ausbrachen. Die neuen Bewerber um dieses Amt waren Philipp, ein Sohn Marias, Juan Manuel, ein Enkel des heiligen Ferdinand, und Don Juan der Schieläugige, ein Sohn jenes Don Juan, der sich seinerzeit an der Belagerung Tarifas durch die Mauren beteiligt hatte. Wieder war es Maria, die mit ihrer unermüdlichen Bedachtsamkeit und
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Klugheit den Streit beschwichtigte, indem sie den jungen König dem Stadtrat von Valladolid übergab und anordnete, daß Alfons bis zu seiner Großjährigkeit in dieser Stadt zu verbleiben habe. Nachdem ihr die Behebung auch dieser Schwierigkeit gelungen war, starb diese unvergleichliche Frau, die die Seele zweier Regierungen gewesen war, im Jahre 1321. In Alfons XI. sollte Kastilien einen seiner besten Könige erhalten. Im Jahre 1325 bestieg er den Thron und trat sofort den Aufrührern Juan Manuel und Juan dem Schieläugigen entgegen. Der politischen Gewandtheit des Königs gelang es, die Verbündeten zu trennen, indem er vorschlug, sich mit seiner Base Constanza, der Tochter Juan Manuels, zu vermählen. Dann lockte er Don Juan nach Toro und ließ ihn dort ermorden. Mit diesem Befehl begann die Reihe der furchtbaren Strafen, die der König verhängen ließ und die ihm bei der Nachwelt den Beinamen „der strenge Richter" eintragen sollten. Aus Gründen der Staatsklugheit verstieß Alfons dann Doña Constanza, um sich mit Maria von Portugal, der Tochter des portugiesischen Königs Alfons IV., zu vermählen. Don Juan Manuel, der sich durch das Verhalten des Herrschers beleidigt fühlte, erhob sich nun gegen Alfons. Zur gleichen Zeit ging eine Welle der Unzufriedenheit durch alle Städte des Landes, weil der König den Alvar Núñez Osorio allzusehr ms Vertrauen gezogen und ihm neben vielen anderen Beweisen seiner Gunst auch die Grafschaft Trastamara verliehen hatte. Die Städte setzten ihre Forderungen durch, und der König mußte seinen Günstling opfern, der ins Lager Juan Manuels überging, wo er später von einem Gefolgsmann des Königs und vielleicht auch auf dessen Geheiß ermordet wurde. Juan Manuel sagte dem Kastilier den Vasalleneid auf und erkannte für seine Person die Oberhoheit des Königs von Aragón an. Inzwischen hatte sich der König von Granada wieder mit den BanuMerin vereinigt und unternahm einen Einfall in die christlichen Gebiete. Alfons eröffnete zusammen mit dem König von Aragón einen Krieg gegen die Mauren, in dessen Verlauf er die Stadt T e b a erobern konnte. Bei seinem Aufenthalt in Sevilla lernte er Leonor de Guzmán, eine Dame des sevillanischen Adels von blendender Schönheit kennen, die bald darauf seine Geliebte wurde. Die Beziehungen zwischen Alfons und Leonor sollten in der Folgezeit schweres Unglück über Kastilien bringen. Einige Jahre nach der Eroberung Tebas gelang es den Banu-Merin, Gibraltar zurückzuerobern. Angesichts der ständig wachsenden Gefahr, die das Bündnis zwischen den Afrikanern und dem König von Granada bedeutete, suchte Alfons jetzt seine freundschaftlichen Beziehungen zu Aragón und Portugal nach Kräften zu fördern. Der marokkanische Fürst Abd-el-Melik landete auf der Pyrenäenhalbinsel und fiel bald darauf in einem kühnen Streifzug, bei dem seine Truppen
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geschlagen wurden. Sein Vater, Abu'l Haszan, schwor, den Tod seines Sohnes zu rächen und kam mit einem ausgezeichnet gerüsteten und starken Heer über die Meerenge, um ganz Spanien zu erobern und seinem Reich einzugliedern. Die Flotte des Kastiliers wurde geschlagen, doch dieser verlor den Mut nicht, sondern beeilte sich, die Muslim, die die befestigte Stadt Tarifa belagerten, anzugreifen. Es kam zu einer Schlacht, die eine der entscheidensten der ganzen Reconquista sein sollte. In den Reihen der Christen, bei denen sich besonders die von ihrem König Alfons IV. angeführten Portugiesen durch ihren Mut und Kampfeseifer hervortaten, fochten u. a. der berühmte Erzbischof von Toledo, Gil de Albornoz, und Don Juan Manuel, der sich inzwischen mit seinem König ausgesöhnt hatte. Das Ringen war hart, denn sowohl die Banu-Merin wie die Truppen des Königs von Granada verteidigten jeden Fußbreit ihres Bodens, bis die Besatzung Tarifas einen günstigen Augenblick zu einem Ausfall aus der Stadt benutzte, den Gegner im Rücken fassen konnte und so den Sieg entschied. Dieser Zusammenstoß der christlichen mit den maurischen Streitkräften, bei dem der König vow Aragón mit seiner Flotte mitwirkte, ist in der Geschichte als die denkwürdige Schlacht am Salado bekannt (1340). Die Beute der Christen war unübersehbar, und der Sieg ist sowohl im Hinblick auf die große Zahl der Kämpfenden wie hinsichtlich der Auswirkungen des Ereignisses zu den größten Erfolgen der christlichen Waffen in Spanien zu rechnen. In einer Chronik werden Einzelheiten über den Verlauf der Schlacht berichtet. Hiernach stürzte sich mitten im Lärm des Kampfes der tapfere König Alfons auf die Feinde, indem er ausrief: „Schlagt sie! Ich bin Euer König Alfons von Kastilien und León; am heutigen Tage werde ich sehen, was meine Vasallen wert sind, und sie werden sehen, was ich tauge." Gil de Albornoz, der Erzbischof von Toledo, der nicht von der Seite seines Herrschers widi, ergriff die Zügel von Alfons' Schlachtroß und rief: „Herr, haltet ein! Setzt Kastilien und León nicht aufs Spiel, denn die Mauren weichen schon, und ich vertraue auf Gott, daß Ihr heute als Sieger aus der Schlacht hervorgeht." Alfons kannte keine Ruhepause bei der Durchführung seiner Pläne, und da es sein Wunsch war, Gibraltar zurückzuerobern, belagerte er zunächst die Stadt Algeciras. Die Marokkaner, die in der Stadt saßen, machten gemeinschaftlich mit den Truppen des Königs von Granada die ungeheuersten Anstrengungen, um Algeciras zu halten, doch nach einer fast zwei Jahre währenden Belagerung, an der auch ausländische Ritter teilnahmen, mußten sie sich ergeben, und der König von Kastilien hielt im Jahre 1344 seinen Einzug. Um die erste Etappe der geplanten Eroberungen zu vollenden, fehlte jetzt nur die Einnahme Gibraltars. Als Alfons jedoch diese Stadt belagerte,
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brach in seinem Heere plötzlich die Pest aus, und der tapfere Monardi fiel als eines der ersten Opfer der Seuche. Abgesehen von der in seinem Privatleben gezeigten Schwäche war Alfons XI. das Musterbild eines Herrschers: er besaß eine ausgesprochene politische Begabung, war unternehmend, tapfer und entschlossen, wußte Verhandlungen zu führen und verstand sich auf die Ausnutzung der ihm gegebenen Macht. Zuweilen, wie z. B. im Falle des ewigen Rebellen Don Juan Núñez, ließ er eine wohltuende Milde walten, bei anderen Gelegen 7 heiten hingegen führte ihn sein Gerechtigkeitssinn bis an die Grenzen der Härte und erbarmungslosen Grausamkeit. Alles jedoch läßt sich entschuldigen außer seiner unheilvollen Neigung zu Leonor de Guzmán, von der er zahlreiche Kinder hatte, Anstifter künftiger Zwietracht, während seine rechtmäßige Gattin, Maria von Portugal, ihm nur einen Erben, den Prinzen Don Pedro, geschenkt hatte, der in einer Atmosphäre des Hasses gegen seine Stiefbrüder aufwuchs und immer wieder erleben mußte, wie seine eigene Mutter verächtlich übergangen wurde, die Geliebte seines Vaters dagegen nach ihrem Gutdünken über alle Posten und Ämter verfügen konnte und ihre Kinder alle Sinekuren und Pfründen erhielten. In kluger Einsicht verschaffte Alfons XI. den unter dem Namen „Siete Partidas" berühmten Gesetzbüchern Alfons' des Weisen durch die Verordnung von Alcalá im Jahre 1348 Geltung in seinen Staaten, dann aber ließ er sich von seiner Leidenschaft hinreißen und verlor jedes Interesse an der politischen Zukunft Kastiliens. P e t e r I. (1350—1369). Der Regierungsantritt Peters I. von Kastilien stand unter schlimmen Vorzeichen. Der lange zurückgehaltene Haß brach sich jetzt Bahn, und die durch Maria von Portugal befohlene Ermordung Leonor de Guzmáns bedeutete nur die Einleitung einer ganzen Reihe von Verbrechen und Greueltaten. Der Portugiese Alfonso de Alburquerque war der Günstling des jungen Königs, und der Adel, der nur auf eine Gelegenheit zum offenen Aufstand wartete, glaubte diese in dem hartnäckigen Widerstand gefunden zu haben, den die Bastardsöhne des verstorbenen Königs dem rechtmäßigen Herrscher gegenüber an den Tag legten. Der Kampf gegen Alburquerque sollte nur ein Vorwand sein; die adligen Herren träumten von führerlosen Zeiten mit einem minderjährigen Herrscher und von der Erleichterung, die sie verspüren würden, wenn die harte Hand des strengen Königs, der alle Übergriffe zu ahnden wußte, nicht mehr auf ihnen lastete. Eine Krankheit cles Königs gab Anlaß zu den ersten Unruhen. Man suchte nach Thronanwärtern, der Adel begann sich zu rühren, und Heinrich, der Halbbruder Peters, mußte vor dem Zorn des Königs nach Asturien fliehen. Nach seiner Genesung erwies Peter dem Bastard gegenüber seine Großmut, unbarmherzig jedoch traf sein rächendes Sdiwert den aufständischen Adel.
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Den Anlaß zu den nächsten Unruhen gab der König selbst durch sein privates Verhalten. Er verließ seine rechtmäßige Gattin Bianca von Bourbon wenige Tage nach der Eheschließung und wandte sich der schönen Maria de Padilla zu, in die er blind verliebt war. Die Familie Padilla gewann einen ungeheuren Einfluß; auf der anderen Seite bildete sich eine Oppositionspartei gegen den Herrscher, in der vor allem die Bastarde Heinrich und Fadrique eine führende Rolle spielten. Es gelang den Aufrührern, den König in Toro gefangenzusetzen; als sie jedoch schon ihren Sieg feiern wollten, floh der König aus dem Gefängnis, stellte sich an die Spitze der ihm ergebenen Truppen und besiegte die Rebellen. Das rechtswidrige Verhalten katalanischer Schiffe in andalusischen Gewässern vor den Augen des Königs empörte den stolzen Sinn Peters. Er forderte Genugtuung, und als ihm diese verweigert wurde, erklärte er Peter IV. von Aragón dén Krieg. In den nun folgenden Grenzkämpfen lag der Vorteil auf der Seite Kastiliens, da Peter I. selbst die Unternehmungen leitete und durch einige kühne Handstreiche verschiedene Grenzfestungen in seinen Besitz bringen konnte. Der Bastard Heinrich versuchte den Streit zwischen den beiden Herrschern noch zu schüren, dann aber kam es durch das Eingreifen des Heiligen Stuhls zur Einstellung der Feindseligkeiten. Bald darauf sollte Kastilien durch seine Einmischung in die inneren Kämpfe des Königreichs Granada wieder in einen neuen Krieg verwickelt werden. Peter I. unterstützte Muhammed V., den der „rote König" seines Thrones beraubt hatte. Mit seinem üblichen ungestümen Vorgehen bemächtigte sich der Kastilier mehrerer Städte im Gebiet von Granada und erschlug in der kurz darauf folgenden Schlacht bei Tablada mit eigener Hand den „roten König", ohne das freie Geleit zu respektieren, das ihm vorher für Sevilla zugesichert worden war. In dem erbittertsten aller Kämpfe aber, die Peter I. zu führen hatte, war sein Gegenspieler Heinrich, der älteste der Bastardsöhne seines Vaters. Es war ein Bruderzwist, in dem sich zu den Schrecken des Bürgerkrieges noch die scharfen Gegensätze und die zahllosen anderen Obel gesellten, die eine ausländische Intervention mit sich bringt. Von den Söhnen der Leonor de Guzmán waren bereits drei den Verfolgungen des Königs zum Opfer gefallen. Nun trat Heinrich von Trastamara als Rächer seiner ermordeten Brüder auf. Frankreich und England waren gerade dabei, ihren hundertjährigen Zwist zu schlichten, und in einer Waffenpause wandten sie ihr Interesse den Ereignissen in Kastilien zu. Heinrich von Trastamara konnte auf den Beistand des Königs von Aragón rechnen und außerdem den berühmten bretonischen Kriegshelden Bertrand Du Guesclin, den
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„Beitran Claquin" der spanischen Chroniken, für seine Sache gewinnen, der an der Spitze der „weißen Kompanien" in Kastilien einfiel und das Land verwüstete. Peter I. mußte fliehen; in Bayonne jedoch verpflichtete er auf Grund glänzender Versprechungen den Erben der englischen Krone, den „Schwarzen Prinzen", wie er wegen seiner dunklen Rüstung genannt wurde. Der Engländer erschien auf der Pyrenäenhalbinsel und besiegte im Bunde mit dem kastilischen König die Truppen Heinrichs in der Schlacht bei Näjera (1367). Die Lage des Bastards schien nun hoffnungslos, als neue Verfolgungen und Todesurteile des Königs die Stimmung im Lande wieder verschlechterten. Die Partei der Unzufriedenen und Aufrührer wuchs, der Bürgerkrieg entbrannte von neuem und Heinrich gewann wieder an Boden. Auch diesmal wurde er von den Truppen Du Guesclins unterstützt. Das Glüdc wandte sich nun gegen den König, der von seinem Bruder bei Montiel geschlagen wurde. Peter, der in der Stadt eingeschlossen war, versuchte zu entwischen und begann zu diesem Zweck Verhandlungen mit Du Guesclin, der ihn in sein Zelt lockte. Hier stand Peter plötzlich seinem Halbbruder gegenüber; die beiden griffen zum Schwert, und der Bastard stürzte unter den Streichen des Königs zu Boden. Einer der Anwesenden jedoch, vielleicht Du Guesclin selbst, deckte Heinrich und brachte ihn in eine so günstige Stellung, daß der rachsüchtige Trastamara schließlich doch noch den Königsmord vollenden konnte (1369). Der Kanzler Ayala berichtet, Heinrich habe seinen Bruder nicht erkannt und einer der Anwesenden habe ihm zugerufen: „Blickt hin, da steht Euer Feind!" Darauf habe Peter unerschrocken erwidert: „Das bin ich! Das bin ich!" Die Gegner Du Guesclins behaupten, dieser habe, als er den Bastard aufrichtete und ihn Peter gegenüberstellte, die historischen Worte gesprochen: „Ich setze keinen König ein und keinen ab, aber ich helfe meinem Herrn." Wenige Könige sind der Gegenstand so leidenschaftlicher Polemiken zwischen den späteren Geschichtsschreibern gewesen wie Peter I. Noch heute fesselt uns die Persönlichkeit dieses hochgewachsenen Herrschers mit heller Haut und blondem Haar, der ein wenig lispelte, ein guter Jäger und Krieger war, wenig Schlaf brauchte und einen lockeren Lebenswandel führte. Die einen stellen ihn als ein Muster an Grausamkeit hin, als einen raffinierten Verbrecher, der sich noch an der Todesqual seiner Opfer weidete. Andere erinnern an die Cortes von Valladolid (1351), seine Verordnungen über die Arbeit der Handwerker und den Beginn seiner Regierungszeit und schildern ihn als einen Herrscher, der von den besten Absichten geleitet wurde und den erst die verräterischen Umtriebe der Bastarde, die seinen guten Willen auf eine allza harte Probe stellten, veranlaßten, seine Haltung zu ändern und sich in einen unnachgiebigen, grausamen Menschen Ballesteros, Spanien
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zu verwandeln. Es fehlt sogar nicht an Stimmen, die ihn als einen wahnsinnigen und degenerierten Menschen bezeichnen. Eine vor kurzem angestellte wissenschaftliche Untersuchung seines Skeletts und vor allem seines Sdiädels hat zur Feststellung gewisser anormaler Erscheinungen geführt. In den Volkserzählungen erscheint Peter I. als ein sympathischer Mensch mit demokratischen Neigungen — die zeitgenössische Geschichtsschreibung, die durch den einzigen Chronisten seiner Regierungszeit, den Kanzler Ayala vertreten ist, nennt ihn einen blutdürstigen Tyrannen. Es scheint uns jedoch ungerecht, diesen König, losgelöst von seiner Epoche, beurteilen zu wollen; man muß bedenken, daß Zeitgenossen des Kastiliers, wie Peter IV. von Aragón, Peter I. von Portugal und Johann der Gute von Frankreich, auch nicht gerade Musterbeispiele an Beherrschtheit gewesen sind. Diejenigen, die ein Ungeheuer in Menschengestalt in ihm sehen wollen, können mit dieser Behauptung wohl kaum den Anspruch erheben, ein wohlabgewogenes Urteil abgegeben zu haben, wer ihn aber lediglich einen gestrengen Richter nennt, beweist damit eine sehr einseitige Auffassung der Tatsachen, denn es gibt nun einmal in der Regierungszeit Peters unaufgeklärte Todesfälle und Urteile, die verdammenswürdig erscheinen, von welcher Seite man sie auch betrachten mag. Allerdings lassen sich viele seiner Taten durch die von Alfons XI. geschaffene Lage erklären, für die dieser König vor dem Urteil der Geschichte allein verantwortlich ist. Peter, der unter normalen Umständen vielleicht ein ungewöhnlich strenger Herrscher gewesen wäre, mußte in der unheilvollen Zeit, in der er lebte, bei einigen Gelegenheiten geradezu übertrieben grausam erscheinen. D o n G i l d e A l b o r n o z . Den Namen dieses Mannes kennt die Geschichte als den einer der berühmtesten Gestalten des Mittelalters. Gil Alvarez de Albornoz stammte aus Cuenca. Er widmete sich der kirchlichen Laufbahn, studierte an der Universität Toulouse in Frankreich und gelangte später zu den höchsten Posten, die die Kirche zu vergeben hatte. Durch seine feine Bildung und sein höfisches Wesen machte er sich bei Alfons XI. sehr beliebt. Die Gunst der Favoritin des Königs Alfons, Leonor de Guzmán erhob ihn in die Stellung des Erzbischofs von Toledo. Beim Regierungsantritt Peters I. mußte Albornoz den Zorn des jungen Königs fürchten, der die Günstlinge der Geliebten seines Vaters unnachsichtlich verfolgte; der oberste Geistliche Spaniens war jedoch wie ein Königsadler, der seinen Flug in gastlichere Regionen lenkte. Er wurde herzlich am päpstlichen Hof in Avignon aufgenommen, und der Papst verlieh ihm den Kardinalshut. Im Jahre 1353 ernannte Innozenz VI. ihn zum päpstlichen Gesandten und schickte ihn nach Italien, wo er seine Aufgaben meisterhaft durchführte. Er gewann die Kirchenstaaten zurück und konnte durch seine kriegerische Tatkraft und seine geschickte Diplomatie über die
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Ränke der mächtigen Tyrannen Oberitaliens, der Familien Visconti und Malatesta, triumphieren. Bei seiner Rüdekehr nach Italien verlangte der Papst Urban V . in Viterbo von ihm Rechnungslegung über die bei seinen Feldzügen gemachten Ausgaben. Mit den Worten: „Hier sind meine Belege!" wies Albornoz ihm einen mit den Schlüsseln der unterworfenen Städte beladenen Wagen. Albornoz gründete in Bologna die spanische Priesterschule San Clemente und veröffentlichte die berühmten „Constitutiones Aegidianas", die bis zum Jahre 1816 als Kirchengesetze in Kraft waren. Als er im Jahre 1367 starb, war er durch seine Taten wie durch seine theologischen Schriften bereits weithin bekannt und berühmt. P o r t u g a l . Die Geschichte des portugiesischen Volkes ist mit der spanischen Geschichte aufs innigste verknüpft und muß deshalb in diesem Zusammenhang mit behandelt werden. Lusitaner kämpften mit bei Navas de Tolosa; der Hilfe der Portugiesen ist in erster Linie der Sieg am Salado zu verdanken, und auch bei dem unglückseligen Treffen bei Alarcos finden wir in den Reihen der Christen Soldaten aus Portugal. Nachdem Sancho, der den Beinamen „der Kardinalshut" führte, auf dem Konzil von Lyon im Jahre 1245 abgesetzt worden war, ernannte der Papst den Bruder des entthronten Herrschers, den Grafen Alfons von Bologna, zum König von Portugal. Als Alfons III. vollendete dieser die Eroberung der Provinz Algarbe. Seine Gemahlin, Beatriz, die natürliche Tochter Alfons' des Weisen, schenkte ihm als Thronerben den Prinzen Dionysius, der einer der berühmtesten Könige der portugiesischen Geschichte werden sollte. Dionysius war ein hochgebildeter Mensch und ausgezeichneter Verwalter seines Landes. Die Portugiesen nannten ihn den Bauernkönig, weil er mit größter Entschiedenheit für die Förderung der Landwirtschaft eintrat. W a s seine Einmischung in die internationale Politik betrifft, so spielte er hier eine etwas zweifelhafte Rolle, die jedoch wettgemacht wird durch seine hervorragende Eignung zur Führung der Regierungsgeschäfte und seine dichterische Begabung, die ihn zu einem der bekanntesten Troubadours der galicisch-portugiesischen Schule machte. Mancher drohende Bürgerkrieg konnte überdies durch das kluge Eingreifen der Königin Isabella, einer früheren aragonesischen Prinzessin von hohem politischen Feingefühl, vermieden werden. Als Zeitgenosse des Königs Alfoos XI. von Kastilien ist Alfons IV. „der Kühne" von Portugal zu nennen, dessen Tochter mit dem Kastilier vermählt war. Alfons der Kühne kämpfte in der Schlacht am Salado mit, nachdem er zuvor einen Krieg gegen Kastilien geführt hatte, der durch das Verhalten des kastilischen Königs mehr als gerechtfertigt gewesen war. Als Alfons XI. die reizende Tochter Juan Manuels, Constanza, verstoßen hatte, 8*
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ging diese nach Portugal, um sich bald darauf mit dem dortigen Thronerben Peter zu vermählen. In Begleitung der Braut befand sich Inés de Castro, eine Frau von seltener Schönheit, die Peters Herz vollständig gefangennahm. Als Constanza gestorben war, fürchtete der portugiesische Adel eine Vermählung des Thronerben mit Inés de Castro und erbat sich daher vom König die Erlaubnis, dieser Gefahr vorzubeugen. Inés wurde durch drei portugiesische Ritter ermordet, worauf Peter einen Krieg gegen seinen Vater begann, dem nur durch die Vermittlung der Königinmutter ein Ende bereitet werden konnte. Kurz darauf bestieg Peter I. den Thron und vereinbarte sofort mit seinem Namensvetter, dem König von Kastilien, die Auslieferung der Schuldigen. Zwei der Mörder wurden gefaßt, und Peter befahl, ihnen das Herz aus dem Leibe zu schneiden, nachdem er zuvor seinen gesamten Adel gezwungen hatte, der Leiche Inés de Castros, die er feierlich als Königin auf den Thron hatte setzen lassen, die Hand zu küssen und ihr den Gefolgschaftseid zu schwören. In seiner Veranlagung zeigt Peter von Portugal eine außerordentliche Ähnlichkeit mit Peter I. von Kastilien. Auch ihn nennen einige Historiker grausam und sogar wahnsinng, während andere ihn als einen gerechten und auf das Wohl seines Volkes bedachten König hinstellen.
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DIE STAATEN OSTSPANIENS J a k o b I. (1213—1276). Was Ferdinand der Heilige für Kastilien war, das bedeutete Jakob für Aragón. Ihm verdankt sein Land die endgültige Durchführung seines Anteils an der Reconquista, darüber hinaus aber nahm es nach Erfüllung dieser Aufgabe noch unter der Regierung Jakobs an der allgemein-europäischen Politik Anteil. Der Tod Peters II. schuf allerdings zunächst eine recht verworrene und schwierige Lage in Aragón, denn gerade in diesem Augenblick, wo das Land am meisten eines energischen Herrschers bedurfte, der die Rechte der aragonesischen Krone in Südfrankreich zu wahren und die dem spanischen Staat angegliederten Gebiete jenseits der Pyrenäen zu halten wußte, kam hier ein minderjähriger König auf den Thron, der noch lange Zeit der Vormundschaft bedurfte. Und um das Unglück vollzumachen, befand sich der junge Jakob auch noch in der Gewalt Simon de Monforts, des Feindes seines Vaters. Nun saß aber zu dieser Zeit auf dem Heiligen Stuhl Innozenz III., ein mächtiger Papst, der die Autorität der Kirche zu einer solchen
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Blüte entwickelt hatte, daß ein Wink von dieser Seite einem Befehl gleichkam, vor allem, wenn es sich um eine Persönlichkeit wie Monfort handelte, der alle seine Erfolge als Kreuzfahrer der Unterstützung Roms zu verdanken hatte. Innozenz ließ Monfort also mitteilen, er solle den aragonesisdien Thronerben herausgeben, und dieser kam der Aufforderung nach und schickte das Kind unter der Obhut eines päpstlichen Legaten nach Aragon, wo es dem Hochmeister des Templerordens zur Erziehung übergeben wurde und in der Burg Monzón Aufenthalt nehmen mußte. Inzwischen stritten sich die Infanten Sancho und Ferdinand um die Regentschaft, bis durch einen Beschluß der Cortes von Lérida Sancho zum Reichsverweser in den aragonesisdien Staaten, Ferdinand dagegen zum Verwalter der Grafschaft Montpellier ernannt wurde. Die Aufgabe, die Sandio übernommen hatte, war nicht leicht, denn er hatte den Hegemoniebestrebungen Simon de Monforts in Südfrankreich entgegenzutreten. So begann der aragonesisdie Infant eine Politik, durch die er den Einfluß des großen französidien Magnaten einzudämmen suchte, dessen Macht die Vorherrschaft Aragóns in dem Gebiet jenseits der Pyrenäen zunichtezumachen drohte. Als Jakob die Burg Monzón verließ, fand er sein Reidi in größter Verwirrung vor. Der ehrgeizige Adel hatte sich in Parteien gespalten und strebte einen Zustand der Anarchie an, der seinen persönlichen Vorteilen entsprach. Der junge Herrscher jedoch wußte sidi mit Entschiedenheit beim aufrührerischen Adel durchzusetzen und ergriff, nachdem der Reichsverweser abgedankt hatte, selbst die Zügel der Regierung, wobei er unzweifelhafte Proben seiner Tatkraft ablegte. Da es sich empfahl, den kriegerischen Eifer des unruhigen Adels in eine neue Bahn zu lenken, faßte der König den Entschluß, die Reconquista fortzusetzen. Pedro Martell, ein reicher Handelsmann aus Barcelona, lud den König ein, der denn auch zusammen mit den Großen seines Reiches den Tisch des Kaufmannes mit seiner Anwesenheit beehrte. Martell war durch seine Reisen ein ausgezeichneter Kenner des Mittelmeeres. Die Unterhaltung wandte sich der Insel Mallorca ziu, und der König fragte Martell: „Was für ein Land ist Mallorca und wie groß ist sein Gebiet!?" Mit begeisterten Worten gab der Kaufmann eine Schilderung von den Schönheiten dieser Insel. Nun beschlossen die Cortes von Barcelona die Eroberung Mallorcas, dessen Besitz man für die Sicherheit des Seehandels als notwendig erachtete. Die Chronisten beschreiben die Begeisterung der Teilnehmer an diesem Feldzug, der unter der Führung ihres jungen, blonden Königs stattfand. Eine mächtige Flotte verließ die katalanischen Häfen und durchkreuzte die Gewässer des Mittelmeeres, während die Besatzung der bevorstehenden
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Eroberung jener Insel, von der man sich Wunderdinge erzählte, entgegenjubelte (1229). Nicht nur Aragonesen und Katalanen begleiteten den König auf dieser Expedition, auch Abenteuerer aus Genua und beutelüsterne Krieger aus der Provence fanden sich unter seinen Truppen. Die Christen landeten auf der Insel, wo es sich herausstellte, daß die Besiegung der Muslim doch größere Schwierigkeiten bot, als man gedacht hatte. Dank der Tapferkeit des Königs und dem Bündnis mit einem Mauren der Insel, konnte man schließlich an die Belagerung der Hauptstadt gehen, die sich nach einigen kühnen Angriffen ergab. Die Einnahme der übrigen Teile der Insel nahm weitere zwei Jahre in Anspruch. Menorca wurde sodann im Jahre 1232 erobert, und 1235 veranstaltete der Erzbischof von Tarragona eine neue Expedition, durch die Ibiza, die kleinste der Balearén, dem aragonesischen Besitz eingegliedert wurde. Die genannten Unternehmungen zur See hatten zur Folge, daß die Unabhängigkeit der katalanischen und aragonesischen Küsten nunmehr als gesichert gelten konnte, während früher immer wieder Berberpiraten hier aufgetaucht waren, die Hilfe und'Unterstützung von seiten der Bewohner der Balearen erhielten. Nun war es an der Zeit, die Eroberungszüge, die zur See so hervorragende Erfolge gezeitigt hatten, auch zu Lande fortzusetzen. Das maurische Valencia befand sich in einem Zustand der Auflösung, so daß ein sofortiger Angriff die besten Erfolgsmöglichkeiten versprach. Der entthronte Abu Ssa'id suchte Zuflucht am Hofe Jakobs, um von hier aus den Usurpator Ibn Sijan zu bekämpfen. Von einer Seite drang Jakob, von der anderen Don Blasco von Aragón in das Gebiet des valencianischen Reiches ein; die befestigten Städte Morella, Vinaroz, Peñíscola und Burriana fielen eine nach der anderen in die Hände der Christen, und das Heer rückte nun gegen Valencia. Es folgte eine lange Belagerung, bis schließlich auf den valencianischen Türmen das Kreuzesbanner wehte und die Stadt unter ehrenvollen Bedingungen kapitulierte. Jakob hatte damit seiner Krone eines der kostbarsten Kleinodien eingefügt (1238). An dem Feldzug hatten auch der Großmeister des Johanniterordens, die Komture des Calatrava- und des Templerordens sowie Ritter aus Südfrankreich teilgenommen. Die jetzt noch fehlenden Gebiete fielen den Christen ohne erhebliche Schwierigkeiten in die Hände: Játiba und Alcira sowie verschiedene andere Städte ergaben sich und mit ihnen der restliche Teil des valencianischen Bezirks. Jakob I. stand mit seinen Nachbarn in den freundschaftlichsten Beziehungen. Als einmal ein Konflikt mit Navarra auszubrechen drohte, gewannen die Könige der beiden Länder eine so herzliche Zuneigung zueinander, daß sie sich gegenseitig adoptierten und unter Benachteiligung der aragonesischen Prinzen einer den anderen zum Erben einsetzte. Der König
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von Navarra starb als erster, und Jakob erkannte die Rechte des Hauses Champagne an. Kleinere Grenzstreitigkeiten ergaben sich weiterhin mit Kastilien, dessen König Alfons X. mit Jakobs Tochter Violante vermählt war. Auch konnte der König von Aragón es nicht ohne weiteres dulden, daß sein Schwiegersohn sich den prunkvollen Titel eines „Kaisers von ganz Spanien" anmaßte. Als daher die Mauren von Valencia aufständisch wurden, behauptete man allgemein, wenn auch ohne Grund, daß Alfons die Aufrührer unterstützt habe. Jakob bewies seine Großzügigkeit, indem er bei einem nunmehr auch in Murcia ausgebrochenen Aufstand dorthin zog und das Gebiet für den kastilischen König zurückeroberte. Bald darauf plante er einen Kreuzzug ins Heilige Land. Die aragonesische Flotte war auch bereits aus dem Hafen ausgelaufen, als widrige Winde die Schiffe an die Küsten der Provence verschlugen. Der König ließ von seinem Vorhaben ab, und nur wenige Schiffe setzten ihre Fahrt fort und gelangten wirklich nach Palästina. Von politischer Wichtigkeit waren die Beziehungen, die Jakob I. mit Ludwig dem Heiligen von Frankreich unterhielt. Auf Grund diplomatischer Verhandlungen wurde im Jahre 1258 der Vertrag von Corbeil geschlossen, in dem der aragonesische König auf die ihm zustehenden Gebiete in Südfrankreich mit Ausnahme der Stadt Montpellier Verzicht leistete. Der König von Frankreich verzichtete hierfür auf seine angeblichen Rechte auf die katalanische Grafschaft, die er als Nachkomme Karls des Großen immer vertreten hatte. Einige Jahre später vermählte sich der französische Thronerbe Philipp mit Prinzessin Isabella, einer Tochter Jakobs I. Aus seiner ersten Ehe mit Leonor von Kastilien, der Schwester Berenguelas, hatte Jakob einen Sohn namens Alfons. Als dann diese Ehe wegen der Blutsverwandtschaft der Gatten als nichtig erklärt wurde, vermählte Jakob sich mit Violante von Ungarn, die ihm mehrere Söhne schenkte. Die letzten Tage des alten Königs wurden durch einen Streit seiner Söhne um die Teilung der väterlichen Erbschaft verdüstert. Die Vergangenheit hatte schon manches Beispiel an Erbteilungen gebracht, und auch Jakob bekannte sich jetzt durch eine unselige dreimalige Zerstückelung seines Besitzes zu dem Glauben, daß ein Fürst sein Reich als Privateigentum betrachten könne. Nachdem Alfons, der älteste Sohn des Königs, gestorben war, fielen nach dem letzten Testament dem zweiten Sohn Peter die Staaten Aragón, Katalonien und Valencia zu, während Jakob, der jüngere, die Balearen, Roussillon, Cerdagne und Montpellier erbte. Das Urteil der Historiker lautet im allgemeinen recht günstig für den „Erobererkönig", den Nationalhelden Kataloniens und erhabenen Herrscher Aragóns. Es fehlt jedoch auch nicht an Stimmen, die sich zum Echo jener Schmähschriften proven^alischer Troubadours gegen Jakob machen, in
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denen der König ein Feigling genannt wird, weil er die südfranzösische Politik seines Hauses aufgegeben habe. Die Eroberungszüge gegen die Mauren, so wird darin behauptet, seien nicht allzu schwierig gewesen, und es hätte der ritterlichen Ehre Jakobs zu höherem Ruhme gereicht, wenn er den Tod seines Vaters gerächt hätte, der bei der Verteidigung der aragonesischen Herrschaft in Südfrankreich in der Schlacht bei Muret gefallen war. Es mag nun vielleicht eine übertriebene Vorsicht von seiten Jakobs gewesen sein, daß er die Provence den Capetingern überließ, keineswegs aber kann man behaupten, daß seine Feldzüge gegen den Islam in Spanien unbedeutend und wenig ruhmvoll gewesen seien. „En Jaume", wie die Katalanen ihren berühmten König nannten, war zweifellos ein ausgezeichneter Ritter und tapferer Krieger, der über einen heldischen Geist und ein stolzes Herz verfügte, doch ebenso wie sein Vater war auch er nicht gerade ein Muster an Selbstbeherrschung. Anfänglich war es ihm zwar gelungen, sich bei dem unruhigen Adel seines Landes durchzusetzen, gegen Ende seines Lebens jedoch konnten die stolzen Magnaten ihn auf den Cortes von Egea im Jahre 1265 zwingen, ihnen gewisse Vorrechte zuzuerkennen. Die größte politische Ruhmestat Jakobs I. aber, deren Erfolg er seinen persönlichen Bemühungen zuschreiben konnte, war die Einleitung der Mittelmeerpolitik. Er war es, der den Heiratsvertrag zwischen seinem Sohn, dem Infanten Peter, und der Prinzessin Constanza, der Tochter Manfreds und Erbin beider Sizilien, aufsetzte. Diese Neuorientierung der aragonesischen Politik sollte dem Reich noch einmal glorreiche Zeiten einbringen. Nun, wo die Aufgabe Aragöns auf der Pyrenäenhalbinsel vollbracht war, war es nur natürlich, daß das allgemeine Interesse sich der See zuwandte und man versuchte, die Hegemonie im westlichen Mittelmeer zu erringen, die nicht allein eine politische Vormachtstellung bedeutete, sondern durch die Sicherung der Wege des Überseehandels auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen mußte. P e t e r III. Man muß es als einen politischen Mißgriff des „Erobererkönigs" bezeichnen, daß er die Balearen und die südfranzösischen Gebiete von den Staaten der Halbinsel trennte. Auf diese Weise ging die Krone von Aragon wieder der erst vor kurzem so ruhmreich eroberten Inseln verlustig, die nunmehr einerseits zu einem Gegenstand der Begehrlichkeit, andererseits zu einer Brutstätte von Verschwörungen wurden, die sich gegen die Herrscher auf dem Festlande richteten, wenngleich diese derselben Familie entstammten wie die Fürsten der Inseln. Gleich zu Beginn der Regierungszeit Peters III. ereignete sich eine Massenerhebung der valencianischen Mauren. Der junge König schloß die Aufrührer in der Stadt Montesa ein, die den heftigen Angriffen durch das christliche Heer nicht lange standhalten konnte. Eine größere Gefahr noch
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erstand Peter in dem Verhalten der Katalanen, die einen Einbruch des Grafen von Foix in das Gebiet von Urgel unterstützten; doch auch hier bewies der König seine männliche Entschlossenheit und schlug seine Feinde bei Balaguer. Nachdem er sodann seinen Bruder Jakob gezwungen hatte, ihm den Lehnseid zu leisten und der innere Friede in seinen Staaten gesichert schien, wandte er sein Interesse weittragenden politischen Unternehmungen zu. Die außenpolitische Situation Italiens gestattete zu dieser Zeit eine Einmischung Peters, deren Folgen sich bis in die Neuzeit hinein spürbar machen sollten. Mit dem entscheidenden Schritt, den der Fürst von Aragón damals unternahm, begann die lange Reihe glorreicher Erfolge, die Spanien auf italienischem Boden zu verzeichnen hatte. Später sollte das katholische Königspaar als Erben dieser Politik auftreten. Durch diesen Umstand scheint es wohl gerechtfertigt, wenn wir den nun folgenden Ereignissen eine besondere Bedeutung zumessen und den Bericht darüber etwas eingehender und ausführlicher gestalten. Die Reiche Neapel und Sizilien galten in jener Zeit als Lehnsgüter des Heiligen Stuhles. Bis zur Verhängung des Kirchenbanns über Friedrich II., der vom Papst abgesetzt wurde, standen diese Lehnsgüter unter der Herrschaft der schwäbischen Kaiserfamilie der Staufen, die ein erklärter Feind der römischen Kurie war. Der Erbe des Staufengeschlechts nun war der Bastard Manfred, der Schwiegervater Peters von Aragón. Die Päpste behielten ihre feindliche Haltung gegenüber dem schwäbischen Kaiserhaus bei, und der gegen die Mitglieder dieser Familie geschleuderte Bannstrahl traf auch Manfred. Seine Lage sollte sich jedoch noch mehr verschlechtern: da Rom einen starken Arm benötigte, der es gegen die italienischen Ansprüche Manfreds verteidigte, ernannte der Papst den Bruder Ludwigs des Heiligen von Frankreich, Karl von Anjou, zum König beider Sizilien (Neapel und die Insel Sizilien). Dieser wurde vom Augenblick dieser Belehnung an ein Vasall des Heiligen Stuhles. Manfred wurde durch die Truppen Anjous geschlagen und fiel, so daß nunmehr der letzte Sproß aus dem Stamme der Hohenstaufen, der Jüngling Konradin, in die Schranken treten mußte. Audi er wurde von Karl von Anjou besiegt und auf dem Marktplatz von Neapel hingerichtet. Die Uberlieferung erzählt, Konradin habe vom Schafott aus einen Handschuh in die Menge geworfen, den der Arzt Giovanni de Prócida aufgenommen habe. Mag dieser Bericht nun der Wahrheit entsprechen oder nicht, sicher ist jedenfalls, daß der schlaue und vorsichtige Prócida zum Führer aller Italiener wurde, die mit der Tyrannei des Hauses Anjou unzufrieden waren. Erwiesen ist auch, daß er nach Spanien ging, um die Unterstützung Aragóns zu erbitten. Da die Familie Friedrichs II. in der männlichen Linie ausgestorben war, blieb als einzige
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rechtmäßige Vertreterin der Ansprüche ihres Hauses Constanza, die Königin von Aragón, übrig. So ergab es sich, daß diese Prinzessin, deren Mitgift man seinerzeit im Vergleich mit dem Erbe ihres Gatten als ungenügend hingestellt hatte, mit einemmal in ihrer Person die Ansprüche eines ganzen Kaisergeschlechtes, die Bestrebungen der staufischen oder gibellinisdien Partei und die Sehnsüchte eines Volkes verkörperte, dessen Freiheit von dem verhaßten Karl von Anjou mit Füßen getreten wurde. Insgeheim war inzwischen ein Bündnis zwischen Kastilien, Aragón und dem griechischen Kaiser zustandegekommen, das sich gegen Anjou und dessen Beschützer richtete. Alfons X. von Kastilien beteiligte sich nur allzugern an diesem Bund, da Karl von Anjou in der Frage der deutschen Kaiserwahl als sein Widersacher aufgetreten war, und der Kaiser von Konstantinopel war an einem Kampf gegen Anjou interessiert, weil dieser bereits offen seine Maditgelüste auf den Orient ausgedehnt hatte. Peter von Aragón, der auf den inneren Frieden in seinem Lande bauen konnte und auch die Grenzen durch sein freundschaftliches Verhältnis zu dem damaligen Infanten von Kastilien, Don Sancho, gesichert wußte, bereitete sich sofort auf einen Feldzug nach Afrika vor. So wenigstens war die offizielle Verlautbarung, während insgeheim eine mächtige aragonesische Flotte ausgerüstet wurde, die zunächst den Kurs auf Afrika nahm, wobei allerdings, wie Peter selbst sagte, die linke Hand des Königs nicht wissen durfte, was die rechte tat. Die Landung in Afrika war nur ein Vorwand, um Zeit zu gewinnen. Inzwischen kam es im Jahre 1282 zur „Sizilianischen Vesper", dem großen Franzosenmorden auf Sizilien. Eine Gesandtschaft landete auf afrikanischem Boden, um Peter III. den Thron anzubieten, und die aragonesische Flotte lief in Richtung Sizilien aus. Der König landete in Trapani, wurde in Palermo zum Herrscher ausgerufen und die Franzosen mußten die Belagerung von Messina aufgeben. Die ganze Unternehmung war unter den denkbar günstigsten Umständen vor sich gegangen. Unter den Fahnen Aragóns kämpfte der berühmte Seeheld Roger de Lauria aus Kalabrien, der die Flotte Karls von Anjou in mehreren Seeschlachten vernichtete und Karl den Lahmen, den Sohn des feindlichen Führers und Erben beider Sizilien, bei einem Kampf im Golf von Neapel gefangennahm. Peter von Aragón aber hatte einen gefährlichen Feind in dem französischen Papst Martin IV. Dieser sprach den Kirchenbann über den Aragoneser und sein Land aus, erklärte den Thron von Aragón für unbesetzt und ernannte Karl von Valois, den Sohn des französischen Königs, zum Herrscher. Der beherzte Aragonese ließ sich indessen nicht einschüchtern. Er kehrte auf die Halbinsel zurück und nahm die Herausforderung an, die Karl von Anjou ihm in seiner Anmaßung überbringen ließ. Der Zweikampf sollte in
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Bordeaux stattfinden, also auf neutralem, dem König von England gehörigem Gebiet. Dieser letztere sollte als Kampfrichter auftreten. Petar, der eine Falle befürchtete, kam in Verkleidung an, begab sich auf den für das Zusammentreifen bestimmten Platz, ließ ein Protokoll über seine Anwesenheit aufnehmen und kehrte unerkannt nach Spanien zurück. Der Feigling Karl erschien überhaupt nicht in Bordeaux. Inzwischen errang die katalanische Flotte einen Sieg nach dem anderen. Der berühmte Admiral Roger de Lauria hatte hier Gelegenheit, seine Überlegenheit zur See zu beweisen und sich zum unumstrittenen Herrn des westlichen Mittelmeers zu machen, so daß sogar, wie ein berühmter Ausspruch des Kalabresers lautete, die Fische die Balken des Wappens von Aragón auf dem Rücken trugen als Zeichen der Oberherrschaft dieses Staates über die Meere. Die schwerste Probe, in der Peter seinen Heldenmut zu beweisen hatte, nahte jedoch erst jetzt heran: bald sollte der Feind sein Reich besetzen, der Adel ihm seine finanzielle und militärische Unterstützung versagen, und nur seinem persönlichen Mut und seiner Standhaftigkeit sollte es zu verdanken sein, wenn die Freiheit des von den fremden Truppen überfluteten Landes noch einmal gerettet wurde. Der Kirchenbann, den Martin IV. über Peter ausgesprochen hatte, entband die Untertanen des Königs von Aragón ihres Treuegelöbnisses, und die Ernennung Karls von Valois war keine bloße Drohung, sondern eine Tatsache mit realen Folgen. Ein starkes französisches Heer stand bereit, um die Pyrenäen zu überschreiten. Peter III. versuchte jetzt, seine Untertanen zur finanziellen Hilfeleistung zu bewegen und neue Abgaben durchzusetzen. In dieser bedrängten Lage und angesichts der bedrohlichen Umstände mußte er den Forderungen des in der „Union" zusammengeschlossenen aragonesischen Adels nachgeben und im Jahre 1283 auf den Cortes von Zaragoza das berühmte Generalprivileg veröffentlichen. In Barcelona bestätigte er das Gesetzbuch der „Usatges" und verlieh auf anderen in Aragón veranstalteten Cortes den Satzungen der Union gesetzliche Gewalt. Die außergewöhnlichen Verhältnisse schufen eine äußerst gespannte Lage, in der dem Adel Zugeständnisse gemacht werden mußten, die schon sehr bald und noch durch eine lange Zeit hin in ihren Auswirkungen spürbar werden sollten. Die Franzosen überschritten nun das Gebirge bei Salces und wurden bei ihrem Vormarsch durch Jakob von Mallorca unterstützt, der ihnen die Tore der Festungen von Roussillon öffnen ließ. Nachdem auch die Verhandlungen, die Peter mit Deutschland und Kastilien angesponnen hatte, fehlgeschlagen waren, wagte der König einen kühnen Handstreich und drang hinter den Linien der Franzosen in das Gebiet von Roussillon ein. Bei seinem Einzug in Perpignan wurde er stürmisch begrüßt. Er unterwarf
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die dortigen Festungen und Städte und kehrte nach Katalonien zurück, wobei er seine Neffen als Geiseln mitführte. Philipp der Kühne von Frankreich fiel nun mit einem gewaltigen Heer in Ampurdän ein, Rocaberti vollbrachte die heroische Tat, Peralada in Brand zu stecken, und die Franzosen belagerten Gerona. Hier tauchte nun auch Peter auf, griff mit tollkühnem Mut an und erschlug mit eigener Hand dSn Standartenträger des Belagererheeres. Die zahlenmäßige Überlegenheit des Feindes zwang ihn jedoch zum Rückzug. Gerona ergab sich, doch gleich darauf brach eine Seuche bei den französischen Truppen aus, die verheerende Wirkungen hatte. Auch der französische König wurde von der Krankheit befallen und trat in Begleitung seiner Söhne Karl und Philipp auf einer Sänfte den Rückzug über die Pyrenäen an. Inzwischen hatte Lauria das französische Geschwader vernichtend geschlagen und die Almogavaren der französischen Nachhut auf dem Coli de Panisars schwere Verluste beigebracht. Peter III. eroberte die ihm entrissenen Städte zurück und entsandte seinen ältesten Sohn zu einer Strafexpedition gegen seinen verräterischen Bruder, den König von Mallorca. Kurz darauf, im Jahre 1285, starb der König, der sich bei der Nachwelt mit vollem Recht den Beinamen „der Große" verdient hat. A l f o n s III. ( 1 2 8 5 — 1 2 9 1 ) . Der älteste Sohn Peters III. regierte nur wenig mehr als sechs Jahre. Seine Regierungszeit, die keinerlei besondere Ereignisse aufzuweisen hat, bildete eine Reihe von Kompromissen. Der Adel zwang ihn, das Privileg der Union zu unterzeichnen, dessen unerhörte Forderungen das Ansehen der königlichen Würde in jeder Weise untergraben mußten. Auf außenpolitischem Gebiet ist der Vertrag von Tarraiscon zu erwähnen, der unter eine ganze Reihe unerfüllter Verträge den Schlußpunkt setzte. Bei seinem Tode hatte Peter III. aus einer bei seinem Charakter völlig unverständlichen plötzlichen Schwäche heraus den Wunsch geäußert, daß Sizilien an den Heiligen Stuhl zurückgegeben werden solle; seine Söhne jedoch dachten nicht daran, diesen sinnlosen Entschluß auszuführen und waren statt dessen übereingekommen, daß Jakob, der Bruder des Königs Alfons, zum König der Insel zu ernennen sei. Der zwangsläufige Gang der Ereignisse brachte es dann mit sich, daß im Vertrag von Tarascon (1291) der letzte Wunsch Peters III. doch noch erfüllt wurde: es wurde nämlich darin die Rückgabe Siziliens an den Papst festgesetzt und zur Ermöglichung dieser Rückgabe bestimmt, daß kein aragonesischer Ritter Jakob Dienste leisten dürfe. Dieser selbst wurde dringend aufgefordert, die Insel zu verlassen. Als Gegenleistung widerrief der Papst die Ernennung Karls von Valois zum König von Aragon und unterstellte das päpstliche Lehen Mallorca der aragonesischen Oberhoheit. Dies angemaßte Recht der römischen Kurie, willkürlich über die Krone von Aragon verfügen zu können,
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entsprang zweifellos dem Glauben, daß der Lehnseid, den Peter II., „der Katholische", seinerzeit gegen den Willen seiner Vasallen dem Heiligen Stuhl abgelegt hatte, immer noch in Kraft sei. Innerhalb Spaniens erwies Alfons III. sich als Gegner Sandios IV., indem er in seinem Reich den Infanten Alfons von Cerda zum König von Kastilien ausrufen ließ und infolgedessen einen Grenzkrieg mit Sancho führen mußte. Jakob von Sizilien widersetzte sich dem Vertrag von Tarascón, und wenn nicht der Tod des Königs von Aragón das Inkrafttreten dieses Vertrages verhindert hätte, wäre es wahrscheinlich zu einem Krieg zwischen den beiden Brüdern gekommen. J a k o b II. (1291—1327). Nach dem Tode des Königs Alfons fiel der Thron an seinen Bruder Jakob, und damit erhob sich von neuem die brennende und niemals ganz gelöste Frage um das Schicksal Siziliens. Don Fadrique, der jüngere Bruder des aragonesischen Königs, war auf der umstrittenen Insel zurückgeblieben. Jakob, der sehr auf seinen Vorteil bedacht war, begann Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl anzuknüpfen und erreichte dabei die Befriedung seines Reiches in Spanien und die Befreiung von dem Druck einer bevorstehenden französischen Invasion, allerdings auf Kosten seiner früheren sizilianischen Untertanen, die er seinen politischen Plänen opferte. Ans Ziel seiner Wünsche gelangte Jakob durch den Frieden von Anagni (1295), in dem der Papst den Bannsprudi gegen das Haus Aragón aufhob, Frankreich auf seine Ansprüche verzichtete und der Aragonese hierfür die Verpflichtung auf sich nahm, einen Krieg gegen seinen Bruder zu führen, um ihm Sizilien zu entreißen, das an das Haus Anjou zurückfallen sollte. Als Ersatz für diese Insel verlieh ihm der Papst Sardinien als Lehnsgut. Die Abmachungen Jakobs fanden jedoch nicht die Zustimmung der Sizilianer. Sie wollten sich dem Willen des Papstes nicht beugen und waren entschlossen, die Freiheit, sich nach eigenem Ermessen einen Herrscher zu wählen, zu verteidigen. Es entbrannte ein Krieg, in dem auf der einen Seite Frankreich und Aragón, auf der anderen Don Fadrique und seine treuen Sizilianer kämpften, ein brudermörderischer und ungerechtfertigter Krieg, in dem der ruhmreiche Seeheld Roger de Lauria Jakob den schändlichen Dienst leisten mußte, die sizilianische Flotte zu vernichten. Die tapferen Inselbewohner jedoch gaben sich nicht geschlagen, und als Aragón sich schließlich aus dem Kampf zurückzog, mußte ein Abkommen getroffen werden. Es wurde vereinbart, das Fadrique sich mit einer Prinzessin aus dem Hause Anjou vermählen und das Königreich Sizilien nach seinem Tode an Aragón zurückfallen solle (1302). Was das Einvernehmen mit dem Adel seines Landes betraf, so bewies Jakob in diesem Punkte eine glücklichere Hand als sein Bruder. Er nahm
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eine wohlüberlegte Haltung ein und kam den Ansprüchen seiner Magnaten geschickt und vorsichtig entgegen. Trotzdem sah auch er sich in den letzten Jahren seines Lebens gezwungen, auf den Cortes von Zaragoza (1325) das Privileg der Union zu bestätigen. Kurz vorher hatte er eine Expedition nach Sardinien entsandt, die sich der Insel zunächst bemächtigen konnte, wenngleich die aragonesischen Waffen auf diesem Boden in späteren Zeiten noch manche Niederlage erleiden sollten. Auch Korsika erkannte mit gewissen Einschränkungen die aragonesische Oberhoheit an. Die Haltung, die Jakob während der Zeiten der Minderjährigkeit Ferdinands und später während der Alfons' XI. von Kastilien diesem Lande gegenüber einnahm, war durchaus nicht einwandfrei und stand zuweilen im scharfen Gegensatz zum spanischen Gemeinschaftsgefühl. In seine Regierungszeit fällt die berühmte Expedition von Katalanen und Aragonesen nach dem Orient, durch die der Ruhm Aragöns, das Wappen mit den vier Balken und der Schlachtruf „desperta ferro", den die Almogavaren unsterblich gemacht hatten, durch alle Lande verbreitet wurde. Den Anlaß für dieses Unternehmen gab die Entlassung der Söldnertruppen durch Don Fadrique nach der Beendigung des sizilianischen Krieges. Außerdem hatte offenbar ein aragonesischer Fürst dem Söldnerführer Roger de Flor den Rat gegeben, mit seinen Truppen dem Kaiser von Konstantinopel, dessen Reich durdi die aus Kleinasien heranrückenden Türken bedroht wurde, zu Hilfe zu eilen. Roger de Flor, ein tapferer Soldat und zudem eine Abenteurernatur, stammte aus Brindisi. Mit einer Handvoll Almogavaren und katalanischen und aragonesischen Rittern zog er nadi Byzanz, wo er mit dem Kaiser Andronicus Paläologus zusammentraf, der ihn und seine Leute gegen einen entsprechenden Sold in Dienst nahm. Die Söldner schlugen sich so tapfer, daß der dankbare Andronicus sie mit Ehrungen und Geschenken überhäufte. Neben anderen Bezeugungen seiner ganz besonderen Hochachtung suchte er audi den ruhmreichen Führer der Truppe durch eine Heirat an die kaiserliche Familie zu binden (1305). Hierdurch wurde jedoch der Neid des Erbprinzen geweckt, und in seinem Haß ließ er Roger und verschiedene andere Ritter bei einem Gastmahl ermorden. Angesichts dieses Schurkenstreiches begannen die Almogavaren, denen der Kaiser außerdem ihre Löhnung schuldig geblieben war, zu revoltieren. Sie bemächtigten sich der Stadt Gallipoli, verbreiteten Angst und Schrecken in der ganzen Umgebung und schlugen die griechischen Truppen, die sich ihnen entgegenstellten und bei denen nun der Begriff der „katalanischen Rache" eine traurige Berühmtheit gewann. Nach der Ermordung Rogers hatten die Söldner die beiden Ritter Berenguer de Entenza und Berenguer de Rocafort zu ihren Führern gewählt. Als nun Entenza durch einen Verrat der Genuesen in Gefangenschaft geriet, entbrannten die Feindseligkeiten
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von neuem und die Almogavaren unternahmen einen Eroberungszug durch Thrakien. Der Herzog von Athen rief sie zu Hilfe, um mit ihrer Unterstützung seine früheren Gebiete zurückzuerobern; als jedoch auch er sich als wortbrüchig erwies, bemächtigten sich die aufgebrachten Katalanen und Aragonesen seines Reiches. Don Fadrique entsandte seinen Sohn Manfred, der als erster Herrscher aus dem Hause Aragón Herzog von Athen und Neopatria wurde. A l f o n s IV. (1327—1336). Der Sohn Jakobs II. war gezwungen, einen Krieg mit Genua zu führen, da diese Republik, die insgeheim die Herrschaft über Sardinien anstrebte, dort eine Volkserhebung angezettelt hatte. Der Seekrieg gegen Genua füllte beinahe die ganze Regierungszeit Alfons' IV. aus und war auch bei seinem Tode noch nicht beendet. Dieser Herrscher, der den Beinamen „der Gütige" führte, gab die Ursache zu einem durchaus berechtigten Protest des Volkes gegen die willkürliche Anwendung der königlichen Machtvollkommenheit. Alfons IV. war in zweiter Ehe mit Leonor, der Schwester des kastilisdien Königs Alfons XI., verheiratet und wünschte nun unter Benachteiligung seines ältesten Sohnes aus erster Ehe auch den Söhnen Leonors ein Erbe zu sichern. Die Unruhen, die diese Bestrebungen des Königs hervorriefen, nahmen vor allem in Valencia größere Ausmaße an, denn Alfons war gewillt, über verschiedene Städte dieses Reiches zugunsten des ältesten Sohnes der Königin zu verfügen. Guillén de Vinatea machte sich zum Sprecher des Volkes, erschien vor dem König und gab mit aller Entschiedenheit dem Protest gegen die königliche Willkür Ausdruck. Angesichts dieser Wendung, die die Ereignisse nahmen, widerrief der König seine Entschlüsse. Die Rede Vinateas ist geradezu ein Lehrbeispiel des demokratischen Geistes. So sagte er unter anderem zum König: „Eurer Natur nach seid Ihr nicht mehr als einer der übrigen Menschen, Eurem Amte nach jedoch seid Ihr der Kopf, das Herz und die Seele aller. So könnt Ihr nichts wollen, was gegen die anderen gerichtet ist, da Ihr ja als Mensch nicht über uns steht, als König aber durch uns und für uns da seid." Hierauf rief Königin Leonor aus: „So etwas würde mein Bruder, der König von Kastilien, nicht dulden; derartige Meuterer würde er bestimmt hinrichten lassen." Alfons entgegnete: „Königin, unser Volk ist freier als das kastilische; unsere Untertanen verehren uns als ihren Herrn, wir aber behandeln sie wie gute Vasallen und Kameraden." Das Ergebnis dieser wenig geschickten Politik des Königs war eine Feindschaft zwischen dem Thronerben und seiner Stiefmutter, die dann während der Regierungszeit des ersteren noch zu ernsten Verwicklungen führen sollte. Die Beziehungen Alfons' IV. zu Kastilien waren die denkbar besten. Obgleich er aus Gründen, die abzuändern nicht in seiner Macht standen,
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keinen besonders tätigen Anteil an der Reconquista nahm, konnte er doch seinem Sdiwager Alfons XI. für den Krieg gegen die Mauren einige Schiffe zur Unterstützung schicken. P e t e r IV. (1336—1387). Die Regierungszeit dieses Herrschers bildet eines der wichtigsten Kapitel der aragonesischen Geschichte, denn in sie fallen einige Ereignisse, die für den inneren Zustand des Reiches von entscheidender Bedeutung sein sollten, und auch auf dem Gebiet der internationalen Politik werden wichtige Fragen ihrer Lösung entgegengeführt. Schließlich verleihen auch der Charakter des Königs selbst und sein daraus entspringendes ganz eigenartiges politisches Verhalten den zweiundfünfzig Jahren, in denen Peter IV. auf dem Thron von Aragon saß, ein besonderes Gepräge. Gleich in den ersten Jahren nach der Thronbesteigung Peters kam der Streit zwischen ihm und seiner Stiefmutter wegen der durch Leonors Söhne besetzten Städte zum Ausbruch. Es war ein hartnäckiger Kampf, der mit Zuhilfenahme von Intrigen und Winkelzügen geführt wurde, schließlich aber durch einen Vergleich, bei dem auf Seite der Infanten der mächtige Peter von Exerica mitmirkte, beigelegt wurde. Trotz dieser Mißhelligkeiten unterhielt Peter IV. ausgezeichnete Beziehungen zu dem Bruder seiner Stiefmutter, dem König von Kastilien, und war vor allem an der Einnahme der Stadt Algeciras mit seinen Truppen an hervorragender Stelle beteiligt. Die wichtigste innerpolitische Frage, die zur Zeit dieses Königs gelöst wurde, war die des Privilegs der „Union". Bereits im Jahre 1343 kam es: zu einem bewaffneten Aufstand des aragonesischen Adels, der jedoch ohne besondere Folgen verlief. Als jedoch im Jahre 1347 Peter seinem Bruder Jakob die Generalverwaltung des Reiches entzog, sie dafür seiner Tochter Constanza anvertraute und sich so über die Gepflogenheiten des Reiches; hinwegsetzte, nahmen die Unruhen schon ernstere Formen an. Der entrechtete Infant versammelte in Zaragoza eine große Anzahl von Rittern um sich, darunter die Söhne Leonors, Ferdinand und Johannes, die sich damals in Kastilien aufhielten. Der Sache der Union schlössen sich sämtliche Städte und Ortschaften Aragóns an mit Ausnahme von Huesca, Teruel, Daroca und Calatayud, die ákh für den König erklärten. Auch Valencia trat der Union bei. Gegenüber diesem Bündnis organisierte Peter von Exerica eine Königspartei. Im Jahre 1347 nötigten die Vertreter der Union auf den Cortes von Zaragoza den König, die zur Zeit Alfons' III. aufgesetzten Privilegien anzuerkennen, verschiedene Mitglieder des königlichen Rates zu entfernen und Jakob wieder in seine Ämter einzusetzen. Der König stimmte seinem Charakter entsprechend, scheinbar zu und wandte sich nach Barcelona, wohin ihm Jakob folgte. Kurz darauf starb plötzlich der Bruder des Königs, und zwar wurde er vermutlich auf Anordnung Peters vergiftet.
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Die Union des valencianischen Adels war jedoch noch mächtiger als die aragonesische und machte dem König noch mehr zu schaffen. Mit eigener Machtvollkommenheit erhob sie den Stiefbruder des Königs, Ferdinand, zum Leiter der Regierungsgeschäfte. Peter sah sich gezwungen, Ferdinand zum Erben einzusetzen, und die Dreistigkeit des Volkes ging schließlich so weit, daß die königliche Familie bei einem öffentlichen Fest sich herablassen mußte, auf offener Straße mitzutanzen. Als dann die Pest in Valencia ausbrach, sah der König darin einen guten Grund, sich schleunigst nach Barcelona zu begeben. Nun trat das königliche Heer zum Kampf gegen die aragonesische Union an und schlug sie im Jahre 1348 bei Epila. Kurz darauf wurde auf den Cortes von Zaragoza das berühmte Privileg der Union als ungültig erklärt. Als Peter IV. das Dokument mit einem Dolch zerschnitt und sich dabei selbst verletzte, sagte er: „Ein Privileg, das soviel Blut gekostet hat, kann auch nur mit Blut vernichtet werden." Seit diesem Ereignis galt als einer der Beinamen des Königs die Bezeichnung „Punalet", der „Dolchkönig". Bald nach der Niederlage des aragonesischen Adels wurden auch die Vertreter der valencianischen Union vernichtend geschlagen. Dieser berühmte Kampf der Union, den einige als ein Beispiel für den Ausdruck des Volkswillens und des demokratischen Geistes rühmen, hat in Wahrheit ein« ganz andere Bedeutung. Er wurde nicht vom Volk, sondern allein vom Adel geführt, und zwar zur Verteidigung alter Vorrechte, die frühere Könige den Adligen ihres Landes verliehen hatten, als sie ihrer Unterstützung bei der Reconquista bedurften. Im Laufe der Zeit kam dann der Augenblick, in dem der König seine autoritäre Stellung zurückgewinnen wollte, und nun suchte der Adel, der eine Erhöhung der königlichen Macht und eine mögliche Schwächung seiner eigenen Vorrechte befürchtete, in der Union das geeignete Machtinstrument, um vom König die Garantie zu erzwingen, daß die angeblichen Adelsvorrechte, die, wie behauptet wurde, schon sehr alt wären, gewahrt würden. Jakob I. und Peter III. hatten diesen Ansprüchen nachgegeben, von Alfons III. war die Anerkennung im Kampf erzwungen worden, Jakob II. konnte durch seine geschickte Politik die Union im Schach halten, in der Regierungszeit Peters IV. jedoch war der Streit in ein kritisches Stadium getreten und es kam zum offenen Krieg. Politisch gesehen, verteidigte der Adel eine veraltete, rückschrittliche Vorrechtstheorie, indem er bestimmte Sicherheiten vom König forderte, Einfluß auf die Gestaltung des königlichen Rates verlangte und auf dem Gebiet der Gerichtsbarkeit dem Königtum Einschränkungen auferlegen wollte, die wohl verständlich und begrüßenswert gewesen wären, wenn es sich um Rechte gehandelt hätte, die dem ganzen Volk zugute kommen sollten, untragbar jedoch, da es nur um die Sonderstellung eines einzelnen Standes ging. Die Bestrebungen der Union und ihr politisches Ballesteros, Spanien
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Programm sind daher die antidemokratischste Erscheinung, die das gesamte spanische Mittelalter kennt. Außerdem müssen wir in Betracht ziehen, daß die zentralistischen Pläne des Königs zu jenem Zeitpunkt gegenüber dem umstrittenen Privileg der Union die bei weitem fortschrittlichere Haltung darstellten. Während er den Kampf mit der Union führte, brachte Peter IV. gleichzeitig noch eine andere Angelegenheit zum Abschluß, bei deren Behandlung er mit List und Hartnäckigkeit all seine Kraft daran setzte, die Dinge seinen Wünschen gemäß zu Ende zu bringen. Diese fragliche Angelegenheit war die Herrschaft über Mallorca. Zu dem Königreich Mallorca gehörten damals außer den Balearen noch Roussillon, Cerdagne und Montpellier. Der König Jakob III. von Mallorca war vermählt mit der Prinzessin Constanza, einer Schwester Peters IV. Der König von Aragon war ein Mann, dem Skrupel fremd waren. Er hatte ein Auge auf das Reich seines Schwagers geworfen, und so trug er kein Bedenken, diesen als Falschmünzer zu verklagen. Unter dem Schutz eines königlichen Geleitbriefes begab sich der unvorsichtige Jakob nadi Barcelona. Peter, der eine besondere Vorliebe für Prozesse gehabt zu haben scheint, erhob Klage gegen den unglücklichen König. Während die Verhandlungen noch im Gange waren, besetzte der Aragonese bereits Mallorca und Roussillon. Jakob von Mallorca konnte den Klauen seines Schwagers entweichen und landete mit einem französischen Heer auf der Insel, wo er jedoch geschlagen wurde und in der Schlacht bei Lluchmayor selbst fiel (1349). Sein Sohn Jakob IV. begann mit Unterstützung Heinrichs II. von Kastilien einen Krieg gegen den Usurpator seines Erbes. Doch all seine Anstrengungen führten zu nichts; er mußte sich nach Soria zurückziehen, wo er starb, und zwar, wie man annimmt, auch als Opfer eines von Peter IV. angeordneten Giftanschlags. Neben den eben geschilderten Ereignissen war noch immer der sardinische Krieg im Gange, den Peter IV. aus der Regierungszeit seines Vorgängers übernommen hatte. Der mächtige Gegner Aragöns in diesen Kämpfen war Genua, das den Aufstand auf der Insel schürte, so daß diese geradezu zu einem Massengrab für die aragonesischen Heere wurde. Peter als geschickter Politiker brachte es fertig, sich mit Venedig, dem Nebenbuhler Genuas, zu verbünden, und die vereinigte venezianische und katalanische Flotte konnte nun in den Gewässern von Konstantinopel dem Geschwader aus Genua eine schwere Niederlage beibringen (1352). Im darauffolgenden Jahr errangen die Waffen von Aragon einen neuen Seesieg direkt vor Sardinien; der schlaue Fürst von Arborea jedoch ging zu den Rebellen über, so daß Peter sich gezwungen sah, selbst in Sardinien zu landen. Dort erkrankte er und mußte einen Vertrag mit dem Fürsten von Arborea eingehen.
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Mit der sizilianisdien Königsfamilie war Peter IV. durch doppelte Heiratsbande verknüpft, da er selbst Leonor, die Schwester des Königs Fadrique, zur Gemahlin hatte, während eine Tochter Peters, die Infantin Constanza, Königin von Sizilien war. So kam es, daß Peter nach dem T o d Fadriques auch in den Besitz dieser Insel gelangte. Zum Statthalter ernannte er seinen zweiten Sohn Martin. Die Herzogtümer Athen und Neopatria erkannten gleichfalls die Oberhoheit Aragöns an. Als Ludwig von Navarra, Herzog von Durazzo, mit Hilfe navarrischer Truppen Athen eingenommen hatte, wurde dieses bald darauf von den Katalanen und Aragonesen mit Unterstützung albanischer Heere zurückerobert. Nun entsandte Peter IV. den Vizegrafen von Rocaberti dorthin, der sich im Namen Aragöns auf dem Balkan durchzusetzen verstand. Die politische Größe eines Staates und die Entwicklung seines Handels waren in jenen Zeiten aufs engste miteinander verbunden. Auf einer ganzen Kette von Inseln, deren einzelne Glieder die Balearen, Korsika, Sardinien, Sizilien, Malta, Gozo, Djerba und sogar das ferne Cypern waren, hatte Katalonien durch Heiratsbande seinen politischen Einfluß und damit die Ausbreitung seines Handels über die drei Halbinseln des Mittelmeeres, Spanien, Italien und Griechenland, gesichert. Auf jeder dieser Halbinseln gab es einen autonomen katalanisch-aragonesischen Staat als Stütz- und Ausgangspunkt der heimischen Zivilisation und der politischen Oberherrschaft, die sich durch die Schlagkraft der Almogavaren und eine eigene, bodenständige Kultur Geltung verschafft hatte. Damit sich der blühende Handel Barcelonas und Mallorcas erhalten und ausdehnen konnte, bedurfte es starker Bollwerke im Osten. Peter IV., dem einige Historiker den Beinamen „der Förmliche" verliehen haben, war eine verschlagene Natur, dem jedes Mittel recht war, wenn es galt, ein gesetztes Ziel zu erreichen. Er, dem es um den Glanz des Königstums zu tun war, führte einen siegreichen Kampf gegen die Union, doch er war kein großmütiger Sieger. Noch heute lassen die grausamen Bedingungen, die er den Unterworfenen stellte, den Leser erschauern. Er gab viel auf Recht und Gesetz und versuchte stets, bei seinen Entschließungen den Schein der Rechtmäßigkeit zu wahren. So verklagte er Jakob von Mallorca und seinen früheren Günstling Bernhard von Cabrera. Die Geschichte seiner Regierung besteht aus einer ganzen Reihe von Prozessen, bei denen sich das kalte, berechnende und zuweilen sogar unheimliche Wesen des Königs unter dem Anschein der Legalität verbarg. Es ist schwer zu sagen, ob er wirklich der moralische Urheber der Morde war, die ihm zugeschrieben werden, doch schon die unumstrittenen Tatsachen genügen, um uns diesen heuchlerischen und unlauteren Menschen als wesentlich unsympathischer hinzustellen als seinen Namensvetter, den König von Kasti9*
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lien. Auch den wirklichen Grausamkeiten des Aragonesers haftet stets etwas Ausgeklügeltes und Raffiniertes an, so daß sie im Vergleich zu den wohl brutalen, doch ungeschminkten Gewaltakten des Kastiliers direkt abstoßend wirken. Man muß jedoch anerkennen, daß dieser peinlich genaue König und Freund der höfischen Etikette bei all seinen Fehlern ein begeisterter Verfechter der Größe Aragóns war und zur Erreichung dieses Zieles keine Mühe gescheut hat. Auch die kulturelle Entwicklung erhielt von diesem Herrscher manche wertvolle Anregung. J o h a n n I. (1387—1395). Ganz anders als sein Vater offenbarte sich in Wesen und Verhalten der Erbe des mächtigen Reiches, den seine Zeitgenossen den „Jäger" oder auch den „Liebhaber der edlen Sitten"' genannt haben. Man könnte sich kaum Bezeichnungen denken, die treffender die Art dieses Königs charakterisieren könnten, der den höfischen Glanz und Prunk liebte, ein Freund der Musik und der Troubadours war, sich von seiner Geliebten Carroza von Vilagurut beherrschen ließ und bei einem Jagdunfall ums Leben kam, so daß selbst sein Tod der eines „Jägerkönigs" war. Dieser Herrscher, der im allgemeinen als äußerst friedliebend galt, ließ sich doch bei dem Streit mit seiner Stiefmutter Sibila von Forcia soweit hinreißen, daß er diese ins Gefängnis werfen ließ, während mehrere Anhänger der Königinwitwe ihre Stellungnahme mit dem Leben zu büßen hatten. In jener Zeit ereignete sich die große Spaltung der westlichen christlichen Kirche, die diese in schwere Verwirrung stürzte. Es ging hier nicht um das Dogma, sondern um die Person des Papstes, wobei die einzelnen Staaten sich trennten und sich zu verschiedenen Führern des christlichen Abendlandes bekannten. Eine in Barcelona abgehaltene Versammlung entschied sich für den in Avignon residierenden Gegenpapst Clemens VII. Nach dessen Tod wurde in Avignon der Kardinal von Aragón, Don Pedro de Luna, gewählt, der als Papst den Namen Benedikt XIII. annahm. Der aragonesische Staat erkannte wiederum seinen Landsmann als Papst an. Auf kriegerischem Gebiet ist während der Regierungszeit Johanns I. der abenteuerliche Feldzug des Grafen von Armagnac nach Katalonien und der von der Familie Oria in Sardinien angezettelte Aufstand zu erwähnen. Daneben erwies es sich als notwendig, unter Führung des Infanten Don Martin eine Flotte nach Sizilien zu entsenden, um Ruhe und Ordnung auf dieser Insel wiederherzustellen. Nach einer neunjährigen Regierungszeit starb Johann I. und hinterließ sein Reich seinem Bruder Martin, der gerade in Sizilien weilte. M a r t i n I. (1395—1410). Der gute König Martin ist der letzte Herrscher der katalanischen Dynastie. Während er von Aragón abwesend war, mußte seine Gattin, Doña Maria, den Truppen des Grafen von Foix ent-
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gegentreten, der mit einer Tochter des verstorbenen Königs Johann verheiratet war. Dank der Geistesgegenwart der Königin war der Graf gezwungen, sich wieder zurückzuziehen. Außerdem konnte Dona Maria auch ihrem Gatten noch Hilfstruppen schicken, mit deren Hilfe er sich in Sizilien durchsetzen konnte. Als er sich von der Insel fortbegab, ließ er seinen Sohn Martin als Verwalter dort zurück. Audi Martin I. stand in guten Beziehungen zu Papst Benedikt XIII. und besuchte ihn anläßlich seiner Rückreise nach Spanien in Avignon. Noch immer aber dauerte der sich bereits durch mehrere Jahrzehnte hinziehende unselige sardinische Krieg an, der nun wieder in ein neues Stadium getreten war. Die Familie der Oria wurde jetzt durch den Vizegrafen von Narbonne und die Republik Genua unterstützt. Der Thronfolger, Prinz Martin, wollte diesen ewigen Unruhen, die nun schon so lange alle Kraft und alles Gold Aragöns verschlangen, ein für allemal ein Ende machen. Vergebens versuchte sein Vater, der von düsteren Ahnungen bewegt wurde, ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Mit einem Wagemut ohnegleichen eröffnete der junge Prinz die Feindseligkeiten und besiegte die Genueser zur See und die Sardinier auf dem Lande. Der Sieg sollte ihn jedoch teuer zu stehen kommen, denn bald darauf erlag Martin, dessen Kräfte durch die Strapazen des Krieges bereits stark mitgenommen waren, einer tückischen Krankheit, die er sich in dem ungesunden Klima Sardiniens geholt hatte. Das Leben Prinz Martins war aber deshalb besonders kostbar, weil er der einzige Erbe des aragonesischen Reiches war. Er starb, ohne legitime Nachkommen zu hinterlassen und vermachte Sizilien und die Herzogtümer Athen und Neopatria der Krone von Aragon. Das Reich verlangte jetzt einen neuen Erben, und der dicke, schon recht gealterte und gebrechliche König Martin sah sich daher aus politischen Gründen gezwungen, eine neue Ehe einzugehen. Bereits im Jahre 1410, also kurz nach der Eheschließung, raffte auch ihn der T o d hinweg. Er hinterließ weder einen Erben noch ein Testament, so daß sein Reich führerlos zurückblieb. In der Geschichte kennt man ihn unter dem Beinamen „der Menschliche". D a s K ö n i g r e i c h M a l l o r c a . Das kleine Reich Mallorca war katalanischen Ursprungs, da die Mehrzahl der Soldaten, die einst die goldenen Inseln im blauen Meer erobert hatten, aus Ampurdän gekommen waren. Zwar hatten auch einige Ritter aus Aragon damals an dem Feldzug teilgenommen, der Unterschied, der sich in geistiger Hinsicht sowohl wie in der Lebensart des Volkes zwischen Mallorca und dem katalanischen Festlande bemerkbar machte (und auch heute noch bemerkbar macht), ist jedoch nicht dem aragonesischen Blutzusatz zuzuschreiben, sondern dem Einfluß der unterworfenen muslimischen Bevölkerung und der jüdischen Rasse, die schon vorher in jenen Gegenden ansässig war — vor allem aber der Tatsache,
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daß es sidi hier um eine Insel handelt, deren natürliche Abgeschlossenheit ihrer Bevölkerung stets ein ganz besonderes, eigenes Gepräge verleiht. Jakob I. hatte die politische Unklugheit begangen, das Königreich Mallorca zu schaffen, um seinem zweiten Sohn ein angemessenes Erbe hinterlassen zu können. Das Reich umfaßte außer der Insel Mallorca selbst noch Menorca und Ibiza, weiterhin die Baronien Montpellier und Vallespir sowie die Grafschaften Roussillon, Gerdaigne, Conflans und Collioure. Als erster König herrschte hier Jakob II., der die Lehnshoheit seines Bruders Peter III. mit allen daraus entstehenden Folgen anerkannte. Während der französischen Invasion fürchtete Jakob jedoch für seine Besitzungen auf dem Festlande und gewährte den französischen Truppen freien Durchzug. Peter III. verzieh nach seinem Sieg über die Franzosen dem Bruder diese Haltung nicht und entsandte seinen Sohn Alfons zur Besetzung Mallorcas, die dieser auch auftragsgemäß durchführte. Jakob wurde abgesetzt und konnte seinen Thron erst im Jahre 1295 durch die Vermittlung des Heiligen Stuhles wieder besteigen. Dem Sohne des „Eroberers" blieb jedoch noch Zeit, sich nach Rüdekehr in sein Reich friedlichen Regierungsgeschäften zu widmen. Der Enkel des Begründers der Dynastie, Sancho I., regierte zwölf ruhige Jahre, die nur durch den sardinischen Krieg gestört wurden, für den der König von Mallorca einige Schiffe stellte. Als Sancho ohne leibliche Nachkommen starb, fiel die Krone an seinen Neffen Jakob III., der sich mit einer Schwester Peters IV. vermählte; über die unglücklichen Unternehmungen dieses Herrschers haben wir bereits berichtet. Sein Sohn, Jakob IV., ist der letzte König dieser Dynastie. Er wurde durch die Truppen Jakobs IV. von Aragon gefangen genommen und mußte lange Zeit, in einen eisernen Käfig eingesperrt, in verschiedenen Burgen zubringen. Nachdem er durch seine Anhänger befreit worden war, führte er ein unstetes Wanderleben und begann mehrere Male einen Krieg, um wieder in den Besitz seines Thrones zu gelangen. N a v a r r a . Im Jahre 1234 gelangte in Navarra das Haus Champagne zur Regierung. Der erste König dieser Dynastie war Theobald I., ein Neffe Sanchos des Starken. Er war nach Veranlagung und Neigung ein Franzose. In dichterischer Schwärmerei warf er seine Augen auf die Regentin von Frankreich und Mutter Ludwigs des Heiligen, Bianca von Kastilien. In die Kämpfe, die während der Minderjährigkeit des französischen Königs ausbrachen, griff er tätig mit ein, und obgleich er den Thron von Navarra bestiegen hatte, hatte er doch wenig Sinn für die Angelegenheiten seines Reiches, da all sein Interesse auf Frankreich gerichtet war. Mit einer gewissen Übereilung regelte er die innere Verwaltung Navarras, um sich für die Teilnahme am Kreuzzug freizumachen. Sein abenteuerlicher Geist führte
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ihn nach Palästina, wo er den Tod fand. Sein Sohn, Theobald II., nahm an den Kreuzzugsunternehmungen Ludwigs des Heiligen teil und verteidigte mit Erfolg sein Reich gegen die Ansprüche Alfons' des Weisen. Nach ihm bestieg Heinrich I., der Dicke, den Thron, der seinerseits die Krone von Navarra seiner Tochter Johanna vermachte, die sich bald nach der Thronbesteigung mit Philipp dem Schönen von Frankreich vermählte. Auf diese Weise ging Navarra in den Besitz der Capetinger über. Das navarrische Volk jedoch war mit den Verwaltern, die der König von Frankreich ihm einsetzte, nicht zufrieden und verlangte von Philipp dem Schönen, wieder, wie es von jeher Sitte im Lande gewesen war, von einem eigenen Herrscher regiert zu werden. Der französische Herrscher kam diesen Wünschen nach, und das Szepter von Navarra ergriff nun Ludwig X. und nach ihm seine Brüder Philipp V., der Lange, und Karl IV., der Schöne. Die drei Brüder gelten als französische Herrscher, ihre Numerierung entspricht daher der Reihe der französischen Könige. Nach ihrem Tode riefen die Navarrer die Tochter Ludwigs X., Johanna, zur Königin aus, die sich mit Philipp von Evreux vermählte und damit dieses Haus auf den Thron von Navarra brachte.
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KASTILIEN, PORTUGAL U N D GRANADA H e i n r i c h II. (1369—1379). Die Tragödie von Montiel, bei der Peter I. von Kastilien durch seinen Bruder ermordet wurde, sollte unheilvolle Verwicklungen für Kastilien mit sich bringen. Als Heinrich von Trastamara die Stufen des blutbefleckten Thrones ersteigen wollte, empörten sich die edlen Städte Kastiliens, die dem rechtmäßigen Monarchen anhingen, mit ritterlicher Geste gegen eine solche auf ein Verbrechen begründete Anmaßung. Vor allen Städten zeichnete sich bei diesem Kampf das heldenhafte Zamora aus, wo sich das Opfer Guzmáns wiederholte und drei Söhne des Burgvogtes Alonso López de Tejada enthauptet wurden. Der Bastard hatte sich ein schweres Amt aufgebürdet, und im Beginn seiner Regierungszeit mag die Krone ihn manches Mal gedrückt haben. Die Grenzen waren bedroht und die Städte rebellierten. Der König von Portugal brach in das Land ein, der Herzog von Lancaster ließ sich zum König von Kastilien ausrufen, der Navarrer forderte Vitoria, Logroño und andere von seinen Truppen besetzte Städte zurück, und die Haltung Peters IV. von Aragón war alles andere als beruhigend. Man muß jedoch anerkennen, daß
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13. Kapitel
König Heinrich all diesen Gefahren voller Eifer zu begegnen wußte. Er drang in Portugal ein und belagerte Lissabon, er entsandte eine Flotte gegen England, die die britische vor La Rochelle schlagen konnte, und umzingelte Bayonne. In Brügge kam es im Jahre 1375 zu einem Waffenstillstand mit dem Engländer, und in Almazän wurde der Friede mit Navarra, Aragon und Granada unterzeichnet. Es sind hier noch die Gründe darzulegen, die die einzelnen Feinde Heinrichs von Trastamara bewogen, gegen ihn aufzustehen. Die Herzöge von Lancaster und York waren mit den Töchtern Peters I. und Marias von Padilla vermählt und beriefen sich nun auf eine angeblich stattgefundene Eheschließung zwischen den Eltern der Prinzessinnen, die, wenn sie wirklich existiert hätte, die Kinder der Favoritin Peters zu rechtmäßigen Erben gestempelt hätte. Der König von England unterstützte als Vater der Herzöge die Ansprüche Lancasters auf den spanischen Thron. Was Ferdinand I. von Portugal betrifft, so besann dieser sich, als er den kastilisdhen Thron durch einen Bastard besetzt sah, auf seine Rechte als Urenkel Ferdinands des Heiligen, da er ja ein Sohn Dona Constanzas war, die ihrerseits wieder den Infanten Don Juan Manuel zum Vater hatte. Diese Ansprüche, die der portugiesische König erhob, führten zu zwei Kriegen mit Kastilien und waren der Anlaß zu einem weiteren Krieg, der erst während der Regierungszeit des Nachfolgers Ferdinands zum Ausbruch kommen und für Kastilien im höchsten Grade unglücklich verlaufen sollte. Um seinen Thron sichern zu können, mußte Heinrich zunächst einmal viel Land und Geld opfern. So erhielt Bertrand Du Guesclin zum Lohn für seine Kriegsdienste unter anderen die Städte Soria, Atienza, Almazän und Molina unter gleichzeitiger Verleihung des Herzogstitels. Molina jedoch wollte sich nicht einem Ausländer beugen und erkannte die Oberhoheit des Königs von Aragon an. Die Rückeroberung dieser Stadt machte Heinrich schwer zu schaffen. Auch andere Adelige, deren Haltung bedrohlich geworden war, wurden mit Gunstbezeigungen überhäuft. Um seine reichen Schenkungen ausführen zu können, mußte der König den Wert der einheimischen Münze, der Alcabala, erhöhen. Schon Sandio IV. hatte eine Bündnispolitik mit Frankreich begonnen, und Alfons XI. hatte diese Bestrebungen nach Kräften gefördert. Heinrich II. nun brachte die Verhandlungen zum endgültigen Abschluß, und zwar einerseits aus Dankbarkeit gegen diejenigen, die ihm auf den Thron geholfen hatten, andererseits aus politischer Berechnung, da ja die Engländer die gemeinsamen Feinde Frankreichs und Kastiliens waren. Dieser König, auf dessen Namen der Schatten des Brudermordes fällt, war durchaus kein schlechter Herrscher. Mit natürlichem Gerechtigkeitssinn
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nahm er sich der inneren Verwaltung seines Reiches an und verfaßte eine diese Angelegenheiten betreffende Verordnung. Auf den Cortes von Toro, die zweimal während seiner Regierungszeit zusammentraten, wurden äußerst geschickte Verfügungen getroffen. Heinrich, der nur von kleinem Wuchs war, verfügte über Ausdauer und Scharfsinn. Moralisch betrachtet, ist er zwar keine erfreuliche Gestalt, es muß jedoch zugegeben werden, daß er rastlos um den Triumph seiner Sache und das Aufblühen seines Hauses bemüht war. J o h a n n I. (1379—1390). Der Sohn Heinrichs von Trastamara erbte zugleich mit dem kastilischen Thron den Krieg, den der König von Portugal und der Herzog von Lancaster führten, um dem Anspruch des letzteren auf die Krone von Kastilien zum Siege zu verhelfen. Ebenso wie sein Vater drang Johann inAlemtejo in lusitanisches Gebiet ein, mußte jedoch erleben, daß seine Truppen zurückgeschlagen wurden; dagegen konnten die Kastilier im Seegefecht vor Saltés in der Bucht von Huelva einen Sieg über das portugiesische Geschwader erringen. Um den Feindseligkeiten ein Ende zu machen, wurde ein Heiratsvertrag zwischen der Tochter Ferdinands I. von Portugal, Doña Beatriz, und dem ältesten Sohn des Kastiliers aufgesetzt. Als Johann jedoch plötzlich zum Witwer wurde, vermählte er selbst sich mit der Portugiesin. Diese Verbindung aber, die doch eine glückliche Zukunft herbeizuführen versprach, sollte dem kastilischen Reich Unheil über Unheil bringen. Ferdinand von Portugal starb, und nun stellte Johann, der ja die einzige Tochter des Verstorbenen zur Gattin hatte, Ansprüche auf den portugiesischen Thrort. Die Portugiesen jedoch entschieden sich für den Hochmeister von Avis, der ein natürlicher Sohn Peters I. war, und riefen ihn unter dem Namen Johann I. zum König aus. Johann von Kastilien drang hierauf erneut in Portugal ein und belagerte Lissabon, das er außerdem von der See her blockierte. Als dann eine Seuche im kastilischen Heer ausbrach, sah Johann sich gezwungen, die Belagerung aufzugeben. Inzwischen kämpfte Nuno Alvares Pereira in der Provinz Alemtejo und schlug die kastilischen Truppen in dem Treffen bei Atoleiros. Noch unglücklicher für Kastilien verlief ein zweiter Feldzug Johanns I., bei dem er im Jahre 1385 auf den Feldern vor Aljirbarrota eine furchtbare Niederlage erleiden mußte. Der König floh zu Pferde und konnte in Lissabon noch ein Schiff seines Geschwaders erreichen, das ihn nach Sevilla brachte. Bei dieser Schlacht zeichneten sich besonders der Großmeister von Avis, der nun bereits König von Portugal war, und der Kronfeldherr Nuno Alvares Pereira aus. Letzterer, der als der Held von Aljubarrota gilt, wurde von den Portugiesen als der „heilige Kronfeldherr" bezeichnet, da er die letzten Tage seines Daseins in der Zurückgezogenheit eines von ihm gegründeten Karmeliterklosters in Lissabon verbrachte, wo er ein beispielhaft frommes Leben führte.
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Die Niederlage rief in Kastilien tiefe Bestürzung hervor, und der König ordnete Nationaltrauer an. Um das Unheil voll zu machen, benutzte jetzt der Herzog von Lancaster die Gelegenheit, verbündete sich mit den Portugiesen und brach in Galicien ein. wo er sich verschiedener befestigter Städte bemächtigen konnte. Johann I., der des Kampfes müde geworden war, begann einzulenken. Es kam zu den Vorverhandlungen in Troncoso, wo eine Heirat zwischen Heinrich, dem Erben Kastiliens, und Katharina, der Toditer des Herzogs von Lancaster und Enkelin Peters I., vereinbart wurde. So schlössen sich die Bastardlinie und die rechtmäßige Linie zusammen, wenngleich auch die Vertreter der letzteren ehebrecherischen Beziehungen entstammten. Der endgültige Friede wurde im Jahre 1388 in Bayonne unterzeichnet. Johann I. verpflichtete sich in dem Dokument, dem Herzog von Lancaster als Entschädigung für den Verzicht auf seine Rechte eine hohe Summe zu zahlen. Der Thronfolger Kastiliens und seine Braut erhielten den Titel „Prinz und Prinzessin von Asturien". Trotz all der unglückseligen Geschehnisse, die in seine Regierungszeit fielen, war Johann I. ein guter König, der die Gerechtigkeit hochhielt und stets um das Wohlergehen seines Volkes bemüht war. Beweise hierfür sind die Cortes von Burgos, Briviesca und Guadalajara, wo die Forderungen und Bitten aller Parteien eine gerechte Entsprechung fanden. In Angelegenheiten der Kirchenspaltung erklärte der König sich für den Papst Clemens VII., nachdem er den Schiedsspruch einer in Medina del Campo zusammengetretenen Kirchenversammlung erbeten hatte. Johann starb durch einen Sturz vom Pferde. H e i n r i c h III. (1390—1406). Auf die Regierung Johanns I., während der Kastilien von so schweren Schidcsalsschlägen heimgesucht worden war, folgte eine unruhige Zeit, in der der Adel seine alte rebellische Haltung wieder annahm, da der Sohn des verstorbenen Königs noch minderjährig war. Der Vormundschaftsrat setzte sich aus mächtigen Herren zusammen, unter denen besonders Don Pedro Tenorio, der Erzbischof von Toledo, zu erwähnen ist. Sie alle jedoch kümmerten sich allein um ihre eigenen Angelegenheiten und ihren privaten Vorteil. Inzwischen befand sich die Adelspartei in einem beständigen Machtkampf, der zu immer neuen Bürgerkriegen führte. Blühende Gebiete, vor allem in den Provinzen Murcia und Andalusien, wurden dabei schwer in Mitleidenschaft gezogen. Das Volk wiederum, das keine straffe Regierung über sich fühlte und eine ungeheure Steuerlast zu tragen hatte, sah den Ursprung allen Übels bei den Juden, so daß es immer wieder zu Plünderungen und Morden in den Judenvierteln kam. Ein besonders großes Ausmaß nahm die Judenverfolgung in Sevilla an, wo der Erzdediant von Ecija in seinen Predigten das Volk aufgehetzt hatte.
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Die Zustände in Kastilien waren so allmählich untragbar geworden. Der junge Herrscher, der das einsah und um das Wohl seines Reiches besorgt war, berief kurz entschlossen die Cortez nach Madrid ein, die dann auch im Jahre 1393 zusammentraten und den König für großjährig erklärten. Die Adeligen hatten nicht vermutet, daß der kränklich aussehende König es fertigbringen könnte, sie in ihre Schranken zurückzuweisen, bald aber mußten sie einsehen, daß ihre Hoffnungen auf eine ungestörte Fortsetzung ihrer Übergriffe trügerisch gewesen waren. Heinrich packte überall energisch zu, unterdrückte jeden Aufstandsversuch und erzwang die Achtung vor den bestehenden Gesetzen. Dabei war es ihm ganz gleichgültig, wen er vor sich hatte: ob es sich um den Bruder seines Vaters, um die mächtigsten Magnaten des Reiches oder um den kleinen Landadel handeln mochte, alle bekamen sie seine harte Hand zu spüren. In der schwierigen Frage der Kirchenspaltung, die sich nach und nach immer komplizierter gestaltete und anscheinend unentwirrbare Formen annahm, verhielt Heinrich sich äußerst geschickt. Das Dogma selbst wurde bei diesem Streit allerdings überhaupt nicht angetastet, und unter den Anhängern beider Richtungen befanden sich viele würdige Männer und fromme Frauen, die von der Nachwelt als Heilige verehrt wurden. Eine Versammlung, die sich aus Bischöfen und Kirchengelehrten zusammensetzte, verweigerte dem Gegenpapst Luna (Benedikt XIII.) den Gehorsam und traf damit offenbar das Richtige, denn der dickköpfige Aragonese, der als Papst in Avignon saß, glaubte, er habe mehr Anrecht als jeder andere auf den Heiligen Stuhl, und trug durch seine Hartnäckigkeit am allermeisten zur Verlängerung dieses Zwistes bei, der die katholische Kirche zutiefst erschütterte. Der Krieg mit Portugal war noch nicht vollständig beigelegt, denn die Lusitaner konnten trotz der Siege, die sie während der Regierungszeit Johanns I. errungen hatten, nicht vergessen, daß die Kastilier Teile ihres Landes verwüstet hatten. So unternahmen sie einen Rachefeldzug, drangen in Extremadura ein und eroberten die Grenzstadt Badajoz. Kurz darauf rückten auch die Kastilier ins Feld, gewannen die Stadt zurück und vertrieben die Portugiesen. Mit dem Beginn des 15. Jahrhunderts jedoch sollten sich neue Wege und Ziele eröffnen. Der kastilische Herrscher richtete seine Blicke nach Afrika und schlug damit vielleicht unbewußt die gleiche Politik ein, die das Haus Avis in Portugal begonnen hatte. Heinrich plante eine Strafexpedition gegen die afrikanischen Seeräuber, die immer wieder an Spaniens Küsten auftauchten. Es gelang ihm, die Stadt Tetuan zu erobern und niederzubrennen. Damit waren seine afrikanischen Pläne jedoch noch nicht erschöpft. Begeistert stimmte der König einem Vorschlag des französischen Adeligen Johann Graf von Bethencourt, Herr von Granville-la-Teinturiere zu, der
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dahin zielte, die Kanarische Inselgruppe, die in der Nähe der afrikanischen Ostküste gelegen war, zu erobern. Heinrich beauftragte den Grafen mit der Ausführung des Planes, und iin Jahre 1402 lief unter Führung des Franzosen eine Flotte von La Rochelle aus, die bald darauf die Inseln Hierro, Fuerteventura, Gomera und Lanzarote in Besitz nahm. Die Eingeborenen der Inseln, die sogenannten Guanches, waren Heiden und widersetzten sidi hartnäckig der Fremdherrschaft. Es dauerte geraume Zeit, bis die Kanarischen Inseln tatsächlich als kastilisdier Besitz angesehen werden konnten, doch war mit diesem Unternehmen bereits eine politische Linie aufgezeigt worden, die den Ideen der Zeit entsprach und den Zweck verfolgte, den Einfluß Portugals in Afrika etwas einzuschränken. Der unternehmende König hatte nun auch noch die Absicht, die Reconquista weiterzuführen, der Zustand der Staatskasse jedoch und die kaum verheilten Wunden, die die Kriege der letzten Jahrzehnte zurückgelassen hatten, gestatteten es dem Monarchen nicht, diesen Vorsatz zur Ausführung zu bringen. Nur ein einziger Feldzug gegen die Mauren fällt in seine Regierungszeit, und dieser eine endete unglücklich: der Großmeister des AlcántaraOrdens, Martín Yáñez de Barbuda, drang in das Gebiet des Königreichs Granada ein, wo die Muhammedaner ihm eine blutige Niederlage bereiteten. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß Heinrich III. zwei Gesandtschaften zu dem berühmten mongolischen Eroberer Tamerlan schickte, der in Kastilien „der Große Tamorlan" genannt wurde. Heinrich, der den Beinamen „der Leidende" erhalten hat, war einer der besten Herrscher, die Kastilien aufweisen kann, denn sein ganzes Interesse galt einzig und allein dem Gedeihen seines Reiches. Dieser Aufgabe widmete er all seine Kraft, und nichts konnte ihn von der Wahrung seiner Regierungsgeschäfte abhalten. Bedauerlich ist nur, daß er seine ganze Arbeit allein daran wenden mußte, die Schäden zu heilen, die vor seiner Regierungszeit entstanden waren, und daß er nicht lange genug lebte, um die Früchte seiner wohlangewandten Tätigkeit noch genießen zu können. J o h a n n II. (1406—1454). Ein einjähriges Kind als Thronerbe und eine dementsprechend lange und höchstwahrscheinlich unruhevolle Regentschaftszeit, das waren die trüben Aussichten, die sich beim Tode König Heinrichs für Kastilien eröffneten. Glücklicherweise jedoch war der Halbbruder Heinrichs III., der Infant Don Ferdinand, ein kluger, edelgesinnter und tatkräftiger Mensch, der seines verstorbenen Bruders würdig war. Mit Geschick verstand er es, alle unglücklichen Folgen der Unternehmungen der Königinmutter Katharina von Lancaster, einer hochgewachsenen, rothaarigen, dicken Frau mit beschränktem Verstand, zu verhindern. Verschiedene Mitglieder des Adels, die gern einen hohen Regierungsposten erhalten wollten, schlugen dem Infanten vor, den Thron seines
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Neffen zu usurpieren. Dieser aber wies den Vorschlag zurück und entschied sidi dafür, uneigennützig nur zum Besten des Reiches zu arbeiten. Zwischen Kastilien und Granada bestand zu jener Zeit ein Waffenstillstand. Als die festgesetzte Frist ablief, bereitete sich Ferdinand darauf vor, die Feindseligkeiten von neuem zu eröffnen und das Werk der Reconquista wieder zu beginnen. Die Niederlage des Großmeisters von Alcántara mußte gerächt und ein entscheidender Schlag gegen Granada geführt werden. In dem nun folgenden Feldzug wurde Antequera genommen, und der Infant erhielt von diesem Zeitpunkt an den Namen „Ferdinand von Antequera". Mehrere Städte, darunter Zahara, Pruna und Cañete, fielen in die Hände der Christen. Der Schiedsspruch von Caspe, von dem noch später die Rede sein wird, hatte dann zur Folge, daß Ferdinand die Regentschaft von Kastilien aufgeben mußte, da er den Königsthron von Aragón bestieg. Königin Katharina, eine Frau, die immer für kleinliche Ränke zu haben war, erzog den jungen König Johann in einer dumpfen Atmosphäre von weibischem Geschwätz und Hofklatsch und verstand es in keiner Weise, irgendein edles Gefühl oder geistige Interessen in seiner niedrigen Seele zu wecken. So wuchs der Knabe in dieser beschränkten Umgebung heran und mußte bei einer derartigen Erziehung ein indolenter, kriecherischer Mensch werden. Demjenigen, der es verstehen würde, dem Herrscher zu imponieren, würde dieser sich ganz und gar ausliefern. Die Höflinge, die darin geübt waren, alle Winkel der menschlichen Seele zu erforschen, hatten dies bald herausgefunden und setzten nun all ihre Künste daran, sich den jungen Johann gefügig zu machen, denn sie wußten, dies war gleichbedeutend mit der Erringung der Macht im Staate. Noch nie war ein Fürst für Günstlingswirtschaft empfänglicher und nie war es einfacher gewesen, die Zügel der Regierung demjenigen, der sie eigentlich hätte halten müssen, aus den Händen zu winden. Wäre nur ein einziger Bewerber um die Macht aufgestanden, so wäre die Frage von vornherein entschieden gewesen. D a es aber viele waren, mußten die Anwärter auf die königliche Gunst all ihre Liebenswürdigkeit, ihre Vorzüge und Talente spielen lassen, um sich den Weg zum Herzen des Königs zu bahnen. Derjenige, der diese wirksamen Waffen im höchsten Grade besaß, wurde der Sieger, beinahe ohne es selbst gewollt zu haben. Dieser Mann aber war Don Alvaro de Luna. Eine Persönlichkeit, die allein dreißig Jahre lang die Geschicke Kastiliens bestimmt hat und während dieses Zeitabschnittes der eigentliche Herrscher im Reich war, verdient wohl einige Worte der Schilderung. Don Alvaro de Luna war der außereheliche Sohn eines gleichnamigen Adeligen, der seinerseits einem vornehmen Geschlecht entstammte und über große Besitzungen verfügte. Seine Mutter war unter dem Namen „la Cañeta" bekannt, und wenn ihre Abstammung auch vielleicht eine Diskussion zuläßt,
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so doch niemals ihr Lebenswandel, der von allen Historikern als mehr als leichtfertig geschildert wird. Der junge Alvaro besaß zwar keine irdisdien Reichtümer, dafür aber die tatkräftige Protektion seines Onkels, des Erzbischofs von Toledo, Don Pedro de Luna. Außerdem umgab seine entfernte Verwandtsdiaft mit dem Gegenpast Benedikt XIII. ihn mit dem Glorienschein einer gewissen einflußreichen Bedeutung. So erhielt er in jungen Jahren eine Stellung als Page bei Johann II., der selbst noch ein Kind war. Das feine Betragen, die Schönheit, das angenehme Auftreten und die unwiderstehliche Liebenswürdigkeit des jungen Höflings nahmen den schwachen Herrscher vollständig gefangen, so daß er binnen kurzem nicht mehr ohne diesen reizenden, einfallsreichen und klugen Freund sein konnte. Bald war Don Alvaro der Abgott der Frauen, der Held der Turniere, der Vertraute der Dichter und die Zielscheibe des Hasses der Magnaten, die ihn um seinen unerwarteten Aufstieg beneideten und später um seiner Allmächtigkeit willen befehdeten. Zwei bedeutende Persönlichkeiten gab es allerdings am Hofe, die die Macht Don Alvaros auf ehrlichem Wege hätten beseitigen können, und zwar waren dies die Infanten von Aragon, die Vettern des Königs und Söhne Ferdinands von Antequera. Die drei Brüder Heinrich, Johann und Peter genossen durch ihre persönlichen Eigenschaften und ihre Verwandtschaft mit dem Herrscher eine bevorzugte Stellung. Peter, der sich in allem den Weisungen seines Bruders Johann unterwarf, spielte eine untergeordnete Rolle; die beiden anderen jedoch waren die einflußreichsten Persönlichkeiten des Reiches. Heinrich, der Großmeister des Santiago-Ordens war, bewarb sich um die Hand der Schwester Johanns II. und damit um den Besitz der Gebiete von Villena. Der Infant Johann, der reiche Ländereien in Kastilien besaß, vermählte sich mit Bianca von Navarra, um dadurch navarrischer König und Thronanwärter in Aragon zu werden. Beide Infanten, die von brennendem Ehrgeiz beseelt und unbändige und wilde Charaktere waren, hatten je eine Partei um sich geschart, die mit der anderen in ständiger Fehde lag. Stets versuchten sie, sich gegenseitig ihren Einfluß bei dem kastilischen König streitig zu machen. Diese dauernden Unruhen und die ständigen Übergriffe der aragonesischen Infanten führten dazu, daß sich eine Königspartei bildete. Johann II. besaß genug Einsicht, um sich klarzumachen, daß der einzige Mensch, dem er wirklich vertrauen konnte, Alvaro de Luna war. Als dann Don Heinrich und seine Partei sich in Tordesillas der Person Johanns II. bemächtigten, ihn gewissermaßen verhafteten und Heinrich begann, nach seinem Gutdünken die Regierungsgeschäfte zu führen, war die Einstellung des Königs ein für allemal entschieden. Unter dem Vorwand eines Jagdausfluges gelang es ihm, zusammen mit Don Alvaro und einigen Dienern der verhängnisvollen Obhut zu entfliehen. Heinrich be-
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lagerte den König und seinen Günstling in der Burg Montalbän, die Städte jedoch folgten dem Ruf ihres bedrohten Königs, und die Infanten wurden geschlagen und mußten nun erleben, daß ihr Einfluß bei Hof verloren war. Don Alvaro dagegen, der jetzt zum Kronfeldherrn ernannt wurde, stieg immer mehr an Macht und Ansehen. Von diesem Zeitpunkt ab legte Johann II. die Regierung Kastiliens ganz in die Hände seines Günstlings. Don Alvaro, dessen Ehrgeiz jetzt keine Grenzen mehr kannte, demütigte den Stolz des unruhigen Adels. In diese Jahre fällt eine Expedition nach Granada, in der die Christen aus der Schlacht bei Higueruela als Sieger hervorgingen (1431). Dies war das einzige Mal während der Regierungszeit Johanns II., daß Kastilien in die auswärtige Politik eingriff, abgesehen von einer späteren Einmischung des Königs von Navarra und früheren Infanten Johann in die inneren Zwistigkeiten Kastiliens, bei der dieser wohl durch Erinnerungen an seine Jugendjahre geleitet wurde. Der Herrscher, der seine Zeit mit Dichten hinbrachte und ein bequemes und angenehmes Leben führte, war höchst befriedigt von dem Gang der politischen Ereignisse. Der Adel jedoch, der den Günstling des Königs aus tiefster Seele haßte, zettelte eine Verschwörung nach der anderen an, um den Sturz des mächtigen Mannes herbeizuführen. Mehrmals gelang es auch, Alvaro vom Hofe zu entfernen, doch Johann II., der den Freund, Ratgeber und treuen Diener schmerzlichst entbehrte und sich im Kreise seiner intriganten Feinde vereinsamt fühlte, rief ihn stets wieder zurück. Die Rückkehr Alvaros an den Hof kam immer wieder einem neuen Siege gleich, denn jedesmal errang er in höherem Maße das Vertrauen des Königs und unbedingteren Einfluß auf die Regierungsgeschäfte. Die Dinge konnten gar keinen anderen Verlauf nehmen, denn Luna war durch seine außergewöhnlichen Fähigkeiten, die seine Fehler vergessen ließen, tatsächlich unersetzlich. Schließlich kam ein Augenblick, in dem die Gegenpartei eine noch nie erreichte Stärke angenommen hatte: die Königinnen von Kastilien und Navarra und Heinrich, Prinz von Asturien, vereinigten sich und belagerten den König und seinen Günstling in Medina del Campo. Don Alvaro mußte fliehen, und jetzt begann der Adel, seine Bedingungen zu stellen. Trotz alledem kehrte der Kronfeldherr nach einer gewissen Frist mächtiger als je an den Hof zurück. Er forderte seine Feinde zum Kampf heraus, und diese, die von den Infanten von Aragon angestachelt wurden, entschlossen sich, die Herausforderung anzunehmen und den vielgehaßten Mann mit Waffengewalt zu stürzen. Die Aufrührer wurden von dem König von Navarra und Heinrich angeführt, während auf der Seite Johanns II. der Thronerbe kämpfte, der sich inzwischen mit seinem Vater ausgesöhnt hatte. Der Zusammenstoß fand bei Olrnedo statt, und Don Alvaro vollbrachte gerade-
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zu Wunderdinge bei diesem Kampf. (1445). Er schlug seine Feinde mit Unterstützung der Truppen des Abenteurers Rodrigo de Villandrando, Graf von Ribadeo, der sich als einer der Helden des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich in der letzten Etappe dieses Ringens einen Namen gemacht hatte. Die Infanten von Aragon mußten sich fluchtartig zurückziehen. Johann kehrte nach Navarra zurüdc, Heinrich begab sich nach Aragon, wo er bald darauf an den Folgen einer Wunde, die er in der Schlacht erhalten hatte, starb. Dem Tag des Ruhmes sollte jedoch der Tag des Unterganges auf dem Fuße folgen. Der König ging eine zweite Ehe mit der Prinzessin Isabella von Portugal ein, und diese Liebe eines reifen Mannes sollte den Sturz des Kronfeldherrn heraufbeschwören. Blind und ohne jedes Gefühl des Schwindels stand Don Alvaro jetzt auf dem steilen Gipfel seiner Macht. Die beständige und unveränderliche Gunst, die ihm zuteil geworden war, ließen ihn einen Wechsel in seinem Verhältnis zum Herrscher unmöglich erscheinen. Die Portugiesin jedoch hatte den Wunsch, selbst die politische Machtstellung des Günstlings einzunehmen, und war von nun an die Seele aller Verschwörungen. Der schwache König war unfähig, ernsthaften Widerstand zu leisten, und wenn ihm ein entschlossener Wille entgegenstand, konnte seine Unentsdiiedenheit ihn auch zu wirklichen Schlechtigkeiten verleiten. Der Adel aber wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, den Kronfeldherrn zu stürzen. Alle Feinde Alvaros schlössen sich nun zusammen, und schließlich gelang es ihnen, sich beim König durchzusetzen. Johann II. gab seinen Günstling auf, dieser wurde in Burgos gefangengesetzt, verurteilt und schließlich im Jahre 1453 auf Befehl des Königs in Valladolid hingerichtet. Der Tod Don Alvaros wird uns in allen Einzelheiten geschildert, und auch die Uberlieferung hat uns seine letzten Worte bewahrt. Als er Barrasa, den Stallmeister des Prinzen Heinrich, erblickte, rief er ihm zu: „Komm hierher, Barrasa! Du, der du den Tod mit ansiehst, den ich hier erleiden muß, sage dem Fürsten, deinem Herrn, er solle seinen Dienern einen besseren Lohn geben, als mein König mir zu geben befiehlt." Dann fragte er, wozu denn ein Haken dienen solle, der auf einem Holzklotz lag. Als man ihm erwiderte, daß sein Kopf daran befestigt werden solle, meinte er: „Wenn ich erst einmal tot bin, sind Körper und Kopf nichts mehr wert; macht dann nur damit, was ihr wollt!" Im folgenden Jahre starb Johann II. als Opfer seiner eigenen Undankbarkeit. Er war einer der unglückseligsten Könige der kastilischen Geschichte. Don Alvaro de Luna ist eine repräsentative Persönlichkeit. Sein Ruhm, die Macht, die er innehatte, und seine politische Gewandtheit würden allein nicht hinreichen, um das Interesse des Historikers in so hohem Maße zu wecken. Es handelt sich hier jedoch um eine andere Tatsache, die diesen
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Mann in ein besonderes Licht stellt. Don Alvaro war der Feind des Adels, der wahre Verteidiger der königlichen Macht, und dies ist die Bedeutung, die ihm in der Geschichte zukommt. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, war er der Wegbereiter der Katholischen Könige. Dieser Bastard mit dem gefälligen Auftreten, der mittelgroßen Gestalt und der dunklen Gesichtsfarbe, gewandt an Geist und Körper, der Freund des Dichters Juan de Mena, der geistreiche Redner, der berühmte Kämpfer und Lanzenstecher auf allen Turnieren, der selbst über ein wenig dichterische Begabung verfügte und ein so genauer Kenner des menschlichen Herzens war, betrieb eine weitschauende und geschickte Politik und war ein furchtbarer Feind jenes Adels, der ihn verabscheute, den Gegner in ihm sah und ihm mit gleicher Münze heimzahlte. Ins Verderben stürzte ihn sein übertriebener Ehrgeiz, sein herrschsüchtiger Charakter, seine Neigung, die anderen allzusehr seine unbedingte Überlegenheit fühlen zu lassen, und seine Habgier, die nicht allein die Stolzen und Ruhmsüchtigen gegen ihn aufbrachte, sondern auch alle diejenigen, denen es nach seinem Hab und Gut gelüstete. Obgleich er Kronfeldherr von Kastilien, Großmeister des Santiago-Ordens, Herr und Besitzer vieler Güter, Renten und anderer Einkünfte war, ließ sein Untergang sich nicht vermeiden. Der indolente und schlecht beratene Johann II. zählt überhaupt nicht neben ihm, seine Regierungszeit war die des Don Alvaro. H e i n r i c h IV. ( 1 4 5 4 — 1 4 7 4 ) . Kaum eine Regierung bietet uns ein so schmachvolles und die königliche Würde untergrabendes Bild wie die Heinrichs IV. von Kastilien. Zwanzig Jahre anhaltender Schwäche ließen den Adel so groß werden, daß die königliche Macht nur noch ein Schatten war, ein Spielball des blinden Schicksals, den die Magnaten als Herren des Reiches nach ihrem Gutdünken hin- und herschleudern konnten. Kurz nach der Thronbesteigung Heinrichs kam es zu einem Feldzug gegen das Königreich Granada, bei dem das christliche Heer verschiedene Erfolge erringen konnte, darunter als bedeutendsten die Einnahme Gibraltars durch den Herzog von Medina Sidonia. Der König jedoch zeigte keinen Geschmack an kriegerischen Verwicklungen und war im Gegenteil ein großer Verehrer der muslimischen Kultur. Zu seiner persönlichen Bedienung hatte er eine maurische Leibgarde, die er glänzend besoldete. Er selbst speiste und kleidete sich nach muhammedanisdier Sitte. Die Skandalgeschichten eines zügellosen Hofes sollten jedoch bald auch auf das politische Gebiet übergreifen. Der König war in erster Ehe mit Bianca von Navarra, der Tochter König Johanns, verheiratet, der sich seinerzeit als Infant von Aragon durch seine ständigen Meutereien gegen Johann II. und Alvaro de Luna hervorgetan hatte. Diese Ehe nun sollte ein Unterpfand des Friedens sein, bald jedoch wurde sie zur Ursache größten Ballesteros, Spanien
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Ärgernisses. In einer Urkunde wurde der König als impotent erklärt, und diese Behauptung fand ihren schlüssigen Beweis, als bei Annullierung der Ehe festgestellt wurde, daß die navarrische Prinzessin „Jungfrau geblieben" war. Trotzdem erlangte der König die päpstliche Erlaubnis, eine zweite Ehe mit einer sechzehnjährigen Prinzessin, Johanna von Portugal, einzugehen. Die Frivolität, Tollheit und Zügellosigkeit der portugiesischen Damen ihrer Begleitung erreichte bald solche Ausmaße, daß es der strengen Muse der Geschichte widersteht, darüber zu berichten. Die Dinge jedoch, die den König selbst betreffen, müssen hier wiedergegeben werden, da die darauffolgenden Ereignisse sonst unverständlich erscheinen müßten. Als dem Königspaar eine Tochter geboren wurde, die den Namen Johanna erhielt, entstanden sofort die wildesten Gerüchte bei Hofe. Die „Beltraneja" nannte man die junge Prinzessin, denn am Hofe wie im Volke glaubte man allgemein, sie sei die Tochter des Don Beltrán de la Cueva, der zu dieser Zeit in hoher Gunst stand. Andererseits behaupteten die Anhänger des Königs, dieser habe seine Manneskraft wiedererlangt, und versuchten dies zu beweisen, indem sie erklärten, der König habe auch ein Verhältnis mit Doña Guiomar de Castro, einer Hofdame der Königin. Heinrich IV., der in allem ein Abbild seines Vaters Johann II. war, nur daß die schlechten Eigenschaften bei ihm noch stärker hervortraten, hatte wie jener zu Beginn seiner Regierungszeit einen Günstling, den er schon als Prinz besonders bevorzugt hatte: Don Juan Pacheco, Marquis von Villena, der allerdings nicht über die guten Eigenschaften Don Alvaros verfügte, während er ihn in den schlechten vielleicht noch übertraf. So schienen König und Günstling geradezu Karikaturen ihrer Vorgänger zu sein. Bald aber erstand für den Marquis von Villena ein Rivale in der Person Beiträn de la Cuevas. Dieser, ein junger Mensch von bestechendem Äußeren, gewann schnell bei Hofe an Boden. Er hatte seine Laufbahn als einfacher Page begonnen, verwaltete schon binnen kurzem das Amt eines Oberhofmarschalls und strebte nach der Stellung eines Großmeisters des SantiagoOrdens, die er denn auch bald erhielt. Im Bündnis mit dem Erzbischof von Toledo, dem König von Navarra und Aragón und dem Admiral von Kastilien, zettelte Pacheco eine Verschwörung gegen seinen König an. Die Cortes hatten die Prinzessin Johanna als Erbin des Reiches anerkannt. Gegen diesen Beschluß erhob sich nun der Adel, der dem König einen Drohbrief schickte und darin die Forderung stellte, Heinrich solle seinen Bruder Alfons zum Erben erklären. Und tatsächlich demütigte sich der König in einem bisher noch nicht dagewesenen Maße: er ging auf die Forderung ein und unterschrieb das Zeugnis seiner eigenen Schande. Als er jedoch wieder etwas Mut gefaßt hatte, erklärte er seine Unterschrift für ungültig. Durch diese Wendung kam es zu dem denkwürdigen
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Vorfall von Avila. Niemals vorher hatte das Königtum einen so niedrigen, die Anmaßung des Adels aber einen so hohen Grad erreicht wie bei dieser Gelegenheit. Der König wurde „in effigie" abgesetzt, d. h. man entkleidete eine Puppe, die Heinrich IV. darstellen sollte, der Insignien und Zeichen der Herrscherwürde. Diese Tat hatte zur Folge, daß eine ganze Reihe von Ortschaften, in denen das moralische Gefühl noch lebendig geblieben war, sich nun zur Partei des Königs bekannte und andere Ortschaften sowie einzelne Vertreter des Adels, die dem König persönlich zugetan waren, ihre Truppen schickten, die den Kampf gegen die Aufrührer aufnahmen und sie im Jahre 1467 bei Olmedo besiegten. In Kastilien hatte jedoch inzwischen die wildeste Anarchie Platz gegriffen, so daß nur ein unerwartetes Ereignis Heinrich noch den Thron erhalten konnte. Dieses Ereignis trat ein: plötzlich starb — vermutlich durch Gift — sein Bruder Alfons, den die Aufrührer zum König ausgerufen hatten und der in einigen Urkunden bereits den Königstitel führte (1468). Der unzufriedene Adel wandte sich nunmehr an Isabella, die Schwester des Königs, und bot ihr die Krone an. Die Prinzessin wies dieses Angebot mit Entschiedenheit zurück und erklärte, sie würde niemals den Thron besteigen, solange ihr Bruder am Leben sei. Angesichts dieser Haltung seiner Magnaten kam Heinrich IV., der den ständigen Unruhen gern ein Ende machen wollte, zu dem Entschluß, Isabella als Erbin anzuerkennen. Bei einer Zusammenkunft der beiden Geschwister beim Kloster der „Stiere von Guisando" im Jahre 1468 setzte der König die Infantin Isabella feierlich als seine Nachfolgerin und Erbin des Reiches ein. Als Isabella sich jedoch heimlich und ohne Erlaubnis Heinrichs mit Ferdinand von Aragon vermählte, widerrief der wankelmütige König seinen Entschluß und bestand wieder auf der Legitimität seiner Tochter Johanna (1470). Vier Jahre später starb er und hinterließ seinem Reich eine ungeklärte dynastische Frage. Es ist nicht leicht, ein eindeutiges Urteil über die Person dieses Königs abzugeben. Fast alle modernen Historiker überhäufen ihn mit Anklagen und scheinen die ganze Verachtung, deren sie fähig sind, diesem letzten männlichen Sproß des Hauses Trastamara vorbehalten zu haben. Unserer Ansicht nach jedoch war er ein degenerierter Mensch, der schon von Jugend auf an Körper und Seele verdorben wurde und dessen gute Eigenschaften, falls er überhaupt über solche verfügte, systematisch ausgerottet wurden und verkümmern mußten. Daß seine Erziehung im höchsten Grade vernachlässigt wurde, ist eine bewiesene Tatsache, die die persönliche Verantwortlichkeit dieses Monarchen etwas vermindert. Er war ein scheuer Mensch, der jeden geselligen Verkehr floh und dafür eine übermäßige, schier ans Krankhafte grenzende Jagdleidenschaft besaß. Lieber als jeder 10»
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Umgang mit Menschen war ihm die Einsamkeit der Wälder und die Nähe der wilden Tiere. Er war ein schlechter Sohn, ein schlechter Gatte und, falls er überhaupt einer war, ein schlechter Vater. Die Indolenz Johanns II. wird bei seinem Sohn zur angeborenen, unüberwindlichen Faulheit; was man beim Vater noch als Mangel an Energie ansehen konnte, ist beim Sohn schon Kraftlosigkeit und Feigheit. Einzelne von ihm mit Wohltaten bedachte Städte jedoch, wie z. B. Segovia, bewahrten diesem Herrscher ein liebevolles Gedenken. Es gibt auch einige wohlmeinende Historiker, die für den unglücklichen Fürsten, dem seine Zeitgenossen die schändlichsten Laster zuschrieben, ein Bedauern aufbringen können. Der endgültige Urteilsspruch der Geschichte über Heinrich IV., den Impotenten, steht jedenfalls noch aus. Die Vorgeschichte der V e r e i n i g u n g von K a s t i l i e n und A r a g ó n . Die Vorsehung wollte es, daß sich nun die fruchtbarste und ersehnteste aller Staatenverbindungen der Halbinsel anbahnte, die man als d i e nationale Verbindung, aus der Großspanien entstehen sollte, bezeichnen kann. Ein Sproß der kastilisdien Dynastie, Ferdinand von Antequera aus dem Hause Trastamara, war, wie wir später sehen werden, durch den Schiedsspruch von Caspe zum König von Aragón erwählt worden. Er war der Vater der Infanten von Aragón, deren einer, der unruhige Infant Johann, der König von Navarra und später auch von Aragón wurde, wohl infolge seiner kastilischen Freundschaftsbeziehungen und auch in alter Anhänglichkeit an dieses Land, in dem er in seiner Jugend soviel gekämpft hatte, zu seiner zweiten Gemahlin die Tochter des Admiráis von Kastilien, Fadrique Enriquez, erwählte. Doña Juana Enríquez, so hieß sie, sollte die Mutter des Prinzen Ferdinand werden. Da die männliche Linie der kastilischen Trastamaras mit Heinrich IV. ausstarb, mußte nach dessen Tode die Krone an seine Schwester Isabella fallen, die im Vertrag beim Kloster der „Stiere von Guisando" zur Thronerbin erklärt worden war. Der reizenden Kastilierm, die, wie der Chronist berichtet, eine weiße Haut, blonde Haare, helle Augen und ein anmutiges, sittsames Betragen hatte, fehlte es nicht an Bewerbern um ihre Hand; sie aber zog allen den liebenswürdigen Aragoneser vor. Sie wußte wohl, daß ihr Bruder diplomatische Pläne mit ihr hatte und, falls er von Isabellas Vorhaben erführe, versuchen würde, dieses zu hintertreiben. So mußte Ferdinand von Aragón sich als Eseltreiber verkleiden und in aller Heimlichkeit nach Valladolid kommen, wo dann am 18. Oktober 1469 im Hause des Juan de Vivero die Hochzeit stattfand, die eins der folgenreichsten und glücklichsten Ereignisse der ganzen spanischen Geschichte ist. In dem Ehevertrag, den Braut und Bräutigam mit ihrem Namen unterzeichneten, wurde festgelegt, daß, sobald Isabella regierende Königin von
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Kastilien sein würde, die beiden Gatten die Herrschaft gemeinsam ausüben sollten. Ferdinand seinerseits verpflichtete sich, seinen ständigen Wohnsitz in Kastilien zu nehmen. Als dann Heinrich IV. starb, wurde Isabella in Segovia zur Königin ausgerufen. D a s K ö n i g r e i c h P o r t u g a l . Peter I. folgte auf dem portugiesischen Thron sein Sohn Ferdinand I., der Gegner Heinrichs von Trastamara. Nach dem Urteil der portugiesischen Geschichtsschreiber brachte seine Regierung nur Unheil über das Land, und in der Tat verliefen die Kriege gegen Kastilien recht unglücklich. Dieser etwas beschränkte, unvorsichtige und leichtlebige König vermählte sich mit der schönen Leonor Télez de Meneses, die bereits mit einem lusitanischen Ritter verheiratet war. Es kam zu einem großen Skandal, und sogar das Volk, das durch einen Schneider namens Fernán Vasques aufgehetzt worden war, veranstaltete wilde Protestkundgebungen. Der unglückliche Schneider mußte seine Kühnheit mit dem Leben büßen. Ferdinand hinterließ keine männlichen Nadikommen, so daß sich bei seinem Tode die Frage der Thronfolge erhob. Johann I. von Kastilien war zwar mit Beatriz, einer Tochter der Leonor Télez vermählt, das portugiesische Volk jedoch rief den Großmeister des Avis-Ordens zum König aus. Joäo Fernándes Andeiro, Graf von Ouren und Günstling der Télez, dem der verstorbene König die Regentschaft anvertraut hatte, wurde ermordet. Als auch Leonor sich von der Regentschaft zurückzog, brach der Krieg aus, über den wir bereits berichtet haben. Johann I., der Sieger von Aljubarrota, ist der Begründer des Hauses Avis, jenes glorreichen Geschlechtes, dem das portugiesische Reich so viele glückliche Tage zu verdanken hat. In seine Regierungszeit fällt die Eroberung von Ceuta im Jahre 1415. Er vermählte sich mit Philippina von Lancaster, der künftigen Mutter jener berühmten Prinzen, die sich durch ihre hervorragenden Geistesgaben einen unsterblichen Namen erworben haben. Einer dieser Söhne Philippinas war Heinrich der Seefahrer, der Begründer des portugiesischen Kolonialreiches. Er richtete in Sagres eine Seefahrtschule ein, in der Mathematik und Kosmographie gelehrt wurde. Von dieser Schule ging die erste Anregung zu den großen Entdeckungsfahrten zur See und auf dem afrikanischen Kontinent aus. Die Bemühungen und Arbeiten des Infanten Heinrich sind von ungeheurer Wichtigkeit, denn ohne sie läßt sich jene Atmosphäre von geographischem Interesse und Entdeckerdrang nicht erklären, die später für die Pläne des Kolumbus eine so günstige Lage schaffen sollte. Portugal, das von keinerlei inneren Kämpfen mehr beunruhigt wurde, durch die weise Verwaltung des Hauses Avis neu erstanden war und seine Aufgabe innerhalb der Pyrenäenhalbinsel als erfüllt betrachten konnte, sah sich dem weiten
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Afrika und einem unbekannten verführerischen Meer gegenüber. Die Portugiesen waren wie bezaubert von diesen Verlockungen und stürzten sich voller Abenteuerlust hinaus auf das stürmische Meer und auf die Suche nach unbekannten Ländern. So wurden noch während der Regierungszeit Johanns I. die Inseln Porto Santo und Madeira entdeckt. Unglücklich war die nun folgende kurze Regierungszeit des Königs Duarte, der den Beinamen „der Beredte" führte. Dieser gütige Herrscher mußte es erleben, daß sein Reich von der Pest furchtbar heimgesucht wurde, bis auch ihn diese Krankheit dahinraffte. Ein weiteres Unheil traf die Portugiesen bei der Belagerung von Tanger, wo sie von den Mauren geschlagen wurden und Prinz Ferdinand, der Bruder des Königs, als Gefangener in die Hände der Marokkaner fiel. Ferdinand, der von seinem Volk als Heiliger verehrt wurde, starb in der Gefangenschaft. Das einzige glückliche Ereignis während der Regierung König Duartes war die Umschiffung des Kaps Bojador durch Gil Eanes, die man damals geradezu für eine Wundertat hielt, da man sich voll abergläubischer Furcht die schlimmsten Dinge über die Gefahren einer derartigen Reise erzählt hatte. Nach dem Tode König Duartes fiel die Krone an seinen noch unmündigen Sohn Alfons V. Für ihn regierte zunächst sein Onkel, Dom Pedro, der Bruder seines Vaters. Als Alfons großjährig wurde, wollten einige intrigante Höflinge, darunter der Graf von Barcelos und Herzog von Braganza, ein Halbbruder des Regenten, dem jungen Monarchen einreden, Dom Pedro hätte die Absicht, den Thron an sich zu reißen. Dies entsprach zwar nicht der Wahrheit, der König jedoch fühlte sich beleidigt und zog gegen seinen Onkel zu Felde. In der Schlacht bei Alfarrobeira fiel Dom Pedro, dessen Unschuld in der Folgezeit eindeutig bewiesen wurde. Durch die Eroberung von Alkassar, Arsila und Tanger (1471) verdiente Alfons V. sich den Beinamen „der Afrikaner". Inzwischen leitete Prinz Heinrich weiterhin die von Portugal ausgehenden Entdeckungsfahrten. Das Gebiet von Senegambien wurde in dieser Zeit erforscht, das Cap Blanco umschifft und die Kap Verdeschen Inseln entdeckt. Wie wir später noch sehen werden, versuchte Alfons V. auf den kastilischen Thronstreit zugunsten der Beltraneja Einfluß zu nehmen. D a s K ö n i g r e i c h G r a n a d a . Muhammed Ibn al-Adunar aus dem Geschlecht der Naszr gründete das Königreich Granada. Er war ein kluger und gewandter Mensch, der den Untergang des Almohadenreichs nodi einmal aufzuhalten vermochte, indem er sich unter den Schutz des heiligen Ferdinand stellte, sich zu seinem Vasallen erklärte und ihm den Treueid leistete. Von diesem Zeitpunkt ab finden sich immer wieder die Namen der Herrscher von Granada auf den von den kastilischen Königen ausgestellten Urkunden.
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Muhammed II., ein Zeitgenosse Sandios IV., schwankte stets zwischen einem Bündnis mit den Christen und einem mit den Marokkanern. Er unterstützte den Kastilier bei der Einnahme von Tarifa, um sidh dann im Bunde mit den Afrikanern gegen ihn zu wenden und die Stadt von neuem zu belagern. Während der Regierungszeit seines Nachfolgers, Muhammeds III., nützte Granada die in Marokko herrschenden anarchischen Zustände geschickt aus, um verschiedene Städte der afrikanischen Küste, darunter Ceuta, in seinen Besitz zu bringen (1306). Als jedoch während des Bündnisses zwischen Kastilien und Aragón beide Staaten ihre Streitkräfte sammelten, um in Granada einzufallen und das Gebiet unter sich zu teilen, kam der dortige Herrscher in die schlimmste Bedrängnis. Das Volk von Granada setzte den blinden und gelähmten Muhammed III. ab, ermordete den Ministerpräsidenten Abdalakam und rief Naszr, den Bruder des abgesetzten Königs, zum Herrscher aus. Ismael, Muhammed IV. und Juszuf waren Zeitgenossen des Königs Alfons XI. Während der Regierung Peters I. von Kastilien brach ein Bürgerkrieg zwischen der Partei Muhammeds V. und der des späteren Muhammed VI. (Abu Ssa'id oder der „Rote König") aus. Die letzten Könige von Granada führten ein gemächliches Leben. Von den christlichen Heeren wurden sie nicht mehr behelligt, da Kastilien durch andere Kriege in Anspruch genommen war und dann für dieses Reich eine Zeit des offensichtlichen Niedergangs anbrach. Die Dynastie der Naszriden konnte sich aus verschiedenen Gründen auf dem Throne halten: in der Hauptsache lag es wohl daran, daß Aragon sich von der Reconquista zurückgezogen hatte, ein weiterer triftiger Grund jedoch ist sicherlich in der geschickten Diplomatie des Hauses Naszr zu sehen, das den Einfluß der Banu-Merin stets in einem klug abgewogenen Maß zu halten wußte. Diese verfügten zu Zeiten selbst über einzelne Städte auf der Pyrenäenhalbinsel, manchmal sandten sie auch nur Verstärkungen herüber, und immer waren sie in Granada entweder durch Kontingente ihrer tapferen Zenetentruppen oder durch eine marokkanische Garde verteten, die von den Fürsten von Granada besoldet wurde. Das Haus Naszr verfügte durch diese diplomatische Ausbalancierung sozusagen über ein Gegengewicht zu dem Bündnis mit den christlichen Königen. Es hatte keinerlei Bedenken, sich auf diese Weise mit Hilfe der Banu-Merin und unter möglichst geringen eigenen Kosten gegen Kastilien und Aragón zu verteidigen, während es sich anderseits unter den Schutz der spanischen Fürsten stellte, wenn seine eigene Unabhängigkeit einmal durch das Anwachsen der afrikanischen Macht in Frage gestellt war. Mehr als zwei Jahrhunderte verstand das kleine Königreich Granada es, sich mit diesen Hilfsmitteln zu halten. In der Atmosphäre politischen Niedergangs blühten Kunst und Wissen-
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schaft, und die muslimische Kultur erlebte noch einen letzten Aufstieg in den Werken Ibn al-Chatibs, Ibn Ssa'ids und Muszas IL, des aus Granada gebürtigen Königs von Tlemsen und Verfassers der „Perlenkette". Ein Schüler des Polygraphen Ibn al-Chatib ist der große Historiker Ibn Chaldun, der zwar in Tunis geboren war, jedoch von spanischen Mauren abstammte. Auf dem Gebiet der Kunst ist uns als ewiges Denkmal jener wundervollen Architektur die Alhambra von Granada erhalten geblieben.
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A R A G O N U N D NAVARRA D e r S c h i e d s s p r u c h v o n C a s p e . Als König Martin von Aragón ohne leibliche Nachkommen gestorben war, bewies das aragonesische Volk eine solche Vernunft und Besonnenheit, wie sie nur selten in der Geschichte vorgekommen ist. Die einzelnen Thronanwärter versuchten zwar, soweit dies in ihrer Macht stand, ihre ehrgeizigen Bestrebungen durchzusetzen und damit das Werk der Einsicht zu stören, schließlich konnte es aber doch zum Ruhme der aragonesischen Krone durchgeführt werden. W i r haben hier die Tatsache des Entschlusses und seiner Durchführung in Betracht zu ziehen, nicht aber ein voreiliges Urteil über die endgültige Lösung zu fällen, die ja für sich betrachtet werden muß. Daß eine so bedeutsame Frage wie die Königswahl dem Urteilsspruch von neun Schiedsrichtern unterworfen werden sollte, die die Ansprüche der einzelnen Anwärter genau zu prüfen hatten, ist zweifellos ein so glänzender Beweis für den Gerechtigkeitssinn der Aragoneser, wie ihn nur wenige Völker erbracht haben. König Martin hatte verfügt, daß der Thron demjenigen zufallen sollte, der gerechterweise den größten Anspruch darauf hatte. In diesem ungewöhnlichen Falle ergriff der Generalgouverneur von Katalonien die Initiative und berief im Jahre 1410 das katalanische Parlament ein, das in Barcelona zusammentrat. Im folgenden Jahr kamen die Vertreter Aragóns zuerst in Calatayud und dann in Alcañiz zusammen, während die Valencianer mehrere Versammlungen an verschiedenen Orten abhielten. Schließlich kamen die einzelnen Beauftragten von Aragón, Katalonien und Valencia im Jahre 1412 in Alcañiz überein, neun Schiedsrichter zu bestimmen, welche über die Frage der Thronfolge in einer Frist von zwei Monaten, die nötigenfalls um die gleiche Zeitspanne verlängert werden konnte, zu befinden hatte. Es war nun auch höchste Zeit geworden, zu einem endgültigen
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Entschluß zu kommen, denn schon begannen die Parteien der einzelnen Anwärter den Frieden des Landes zu stören, schon war der Erzbischof von Zaragoza ermordet worden und der eine oder andere der Bewerber um die Krone von Aragón ergriff Maßnahmen, um seine Wahl sicherzustellen. Die Schiedsrichter sollten, wie vereinbart, in Caspe zusammentreten, und hier erschienen denn auch je drei Vertreter der Parlamente von Aragón, Katalonien und Valencia. Fünf Männer bewarben sich um den Königsthron, darunter zwei, die wegen ihrer einflußreichen Stellung oder ihrer nahen Verwandtschaft mit dem verstorbenen König besonders in Frage kamen: Jakob von Aragón, Graf von Urgel, ein Neffe zweiten Grades von König Martin, und Ferdinand von Antequera, der als Sohn Leonors, der Schwester des Verstorbenen, ein leiblicher Neffe Martins war. Ihrer Bedeutung entsprechend folgten sodann der Herzog von Gandia, der Herzog von Kalabrien und Don Fadrique, ein natürlicher Sohn des in Sizilien verstorbenen Prinzen Martin und somit ein Bastardenkel König Martins. Fadrique war jedoch noch minderjährig; andernfalls wären seine Aussichten, vor allem wegen der Beliebtheit seines verstorbenen Vaters, wohl besser gewesen als die aller anderen Bewerber. Unter den Schiedsrichtern tat sich vor allem der später heilig gesprochene valencianische Vertreter Vicente Ferrer durch seine Umsicht und Klugheit hervor. Er war es, der gewissermaßen die Beratungen leitete. Mit großer Gründlichkeit wurden die Ansprüche jedes einzelnen Kandidaten einer Prüfung unterzogen, bis dann Ferdinand von Antequera aus der Abstimmung als Sieger hervorging. Er erhielt sechs Stimmen; einer der Schiedsrichter erklärte sich für den Grafen von Urgel, einer enthielt sich der Stimme, und der neunte, der Erzbischof von Tarragona, der als einer der Vertreter Kataloniens gekommen war, gab ein doppeldeutiges Urteil ab. Die Lösung der Streitfrage rief in Aragón große Freude hervor, in Valencia wurde sie mit Zurückhaltung aufgenommen, in Katalonien jedoch beinahe mit Mißfallen (1412). Ferdinand wurde nun zum König ausgerufen, und die Parlamente von Katalonien und Aragón entsandten ihre Vertreter an den Hof des neuen Herrschers. F e r d i n a n d I. (1412—1416). Mit Ferdinand kam auch in Aragón das Haus Trastamara auf den Thron. Ein König, der nicht über die hervorragenden Eigenschaften dieses Herrschers verfügte, hätte höchstwahrscheinlich Schiffbruch erlitten in seinem Bestreben, über Völker zu regieren, bei denen seine früheren Rivalen größte Beliebtheit genossen. Ferdinand jedoch ging vorsichtig und großmütig vor und zeigte sich bereit, auch seinen mächtigsten Nebenbuhler, den Grafen von Urgel, in Gnaden aufzunehmen. Dieser aber schützte eine Erkrankung vor und erschien nicht am Hofe, um den Treueid abzulegen. Alle Versprechungen, die der Herrscher ihm machte,
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waren vergebens; der erbitterte Graf, der noch dazu von seiner Mutter und seinem begeisterten Anhänger Anton de Luna aufgehetzt wurde, ergriff die Waffen gegen den König und hoffte dabei auf Unterstützung durch England und Navarra. Anfänglich schien das Glück ihm auch günstig zu sein, als jedoch kastilisdie Truppen in Aragon einrückten, mußte Jakob sich auf seine Burg Balaguer zurückziehen, während Luna auf die Burg Loarre flüchtete. Beide Burgen wurden von den Truppen des Königs umzingelt und mußten sich schließlich dem Feuer der ersten primitiven Geschütze, die man damals gebrauchte, ergeben. Jakob von Aragon und seine ' Mutter wanderten in lebenslängliche Gefangenschaft. Ferdinand regierte nur fünf Jahre, er wußte jedoch diese Zeit zum Nutzen seines Reiches anzuwenden. So schloß er in der Angelegenheit Sardiniens einen Waffenstillstand mit Genua und machte den Streitigkeiten mit dem Vizegrafen von Narbonne ein Ende. Um zu einer Lösung der Schwierigkeiten in Sizilien zu kommen, entsandte er seinen zweiten Sohn Johann auf die Insel, wo die Einwohner ihn zum König proklamieren wollten. Dann versuchte Ferdinand auf Benedikt XIII. einzuwirken, damit dieser zugunsten des Friedens innerhalb der katholischen Kirche der Papstwürde entsagte; der starrköpfige alte Mann aber lehnte dieses Ansinnen ab. Einige Jahre darauf starb er in seinem Zufluchtsort Peniscola. Bis zum letzten Augenblick bestand er auf seinen Ansprüchen auf die Tiara und traf sogar Verfügungen hinsichtlich der Ernennung seines Nachfolgers (1423). Die Katalanen waren unzufrieden mit dem etwas autoritären Verhalten des Königs. Ferdinand kam aus Kastilien, wo die demokratischen Bestrebungen starke Einbuße erlitten hatten und der Wille des Königs sich auch den früher freien Stadtverwaltungen gegenüber durchgesetzt hatte. In Katalonien mußte seine Art angesichts der Gepflogenheiten in dieser Grafschaft Anstoß erregen. Als sich daher Ferdinand in Barcelona weigerte, eine allgemeine Steuer zu zahlen, mußte er aus dem Munde des Kanzlers Juan Fivaller die Stimme des Volkes vernehmen. Mit gemessener und nachhaltiger Würde erklärte dieser dem König, „daß es ihn sehr Wunder nehme, wie schnell der König seinen Schwur, die Privilegien und Verfassungen zu achten, vergessen habe. Die betreffende Steuer käme nicht dem Herrscher, sondern der Republik zu, und nur unter der Bedingung, daß er sich daran halten werde, habe man ihn als König anerkannt. Er, Juan Fivaller, und seine Landsleute seien entschlossen, eher ihr Leben zu opfern als ihre Freiheit; wenn sie jedoch für die Freiheit ihres Vaterlandes sterben müßten, so würde es nicht an Männern fehlen, die ihren T o d zu rächen wüßten." Ferdinand verließ erzürnt Barcelona und starb kurz darauf in Igualada (1416).
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A l f o n s V. (1416—1458). Mit diesem König sollte die Mittelmeerpolitik, die Jakob I. bereits in ihren Anfängen erfaßt und Peter III. geplant hatte, ihre volle Durchführung erfahren. Der Zufall und die geographische Lage Siziliens brachten es mit sich, daß Aragón jetzt auch auf dem italienischen Festland Fuß fassen sollte, wie es dies schon seit den Kämpfen zwischen Don Fadrique und Karl II., dem Lahmen, von Anjou erstrebt hatte. Alfons wünschte, daß sein Bruder Johann aus Sizilien zurückkehren solle. Seine Anwesenheit auf der Insel bedeutete eine Gefahr für die Einheit des Reiches, da die Sizilianer, die daran gewöhnt waren, eigene Herrscher zu haben, daran dachten, ihn zum König auszurufen. Prinz Johann kehrte also nach Spanien zurück und vermählte sich hier mit Bianca von Navarra, der Witwe des Prinzen Martin. Der König von Aragón hatte gerade den Plan gefaßt, einen Feldzug gegen die Rebellen in Sardinien und Korsika zu unternehmen, als eine Botschaft der Königin Johanna von Neapel eintraf, in der Alfons ersucht wurde, sidi der mnerpolitischen Verhältnisse im Königreich Neapel anzunehmen. Wer war nun die Königin von Neapel? Wir müssen hier einige Erläuterungen einfügen, um die aragonesische Intervention verständlich zu machen. Es handelt sidi dabei um einen neuen wichtigen Markstein der spanischen Mittelmeerpolitik, und die im folgenden dargelegten Ereignisse sollten der Anlaß für die spätere Haltung sein, die Ferdinand der Katholische in dieser Frage einnahm. Andererseits hätte ohne diese Ereignisse die Politik, die Frankreich und Spanien Ende des 15. Jahrhunderts verfolgten, höchstwahrscheinlich ein anderes Aussehen gehabt. Beide Länder traten als Erben gewisser Anrechte und einer bestimmten Richtung auf, deren Ursprung wir nunmehr darlegen wollen. Johanna II. war die Tochter Karls III. von Durazzo, den der Heilige Stuhl seinerzeit als Rivalen Johannas I. aufstellte, als diese sich für den Gegenpapst erklärt hatte. Johanna entstammte ebenso wie Karl dem ungarischen Herrscherhause, das das Haus Anjou auf dem Thron von Neapel abgelöst hatte. Die Frage der neapolitanischen Erbfolge war durch die Heiraten und Verwandtschaften der einzelnen Fürsten, die dabei auftraten, geradezu unentwirrbar geworden. Es mag genügen, wenn wir feststellen, daß Johanna II., die uns hier vor allem interessiert, nach ihrem Bruder Ladislaus, der ohne eigene Nachkommen gestorben war, den Thron bestieg. War Johanna I. schon eine Frau mit äußerst lockerem Lebenswandel gewesen, so übertraf Johanna II., wenn dies überhaupt möglich war, ihre Namensschwester noch an Ausschweifungen und Lasterhaftigkeit. Die Partei des Hauses Anjou nun verfügte immer noch über Anhänger in Neapel und hatte ihre Ansprüche auf den Thron durchaus noch nicht aufgegeben. Der Führer dieser Partei war Ludwig III. von Anjou, der sich bemühte, Johanna zu stürzen und bei diesem Unternehmen auch mit einer gewissen Erfolgs-
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möglichkeit rechnen konnte. Die Königin wußte um die Gefahr, die ihr drohte, rief den König von Aragón zu Hilfe und ernannte ihn zu ihrem Erben, falls es ihm gelingen sollte, Ludwig von Anjou zu vertreiben oder in seine Schranken zurückzuweisen (1420). Das Angebot war äußerst verlockend, und Alfons V. nahm es ohne Zögern an. Kaum war die aragonesisdie Flotte aufgetaucht, als sich die Schiffe Ludwigs von Anjou auch schon zurückzogen. Alfons ging selbst nach Neapel, doch der dem König von Aragón zugeschriebene T o d Caracciolos, des Vertrauten der Königin, und die plötzliche Behauptung Johannas, Alfons wolle sie ihrer Freiheit berauben, veranlaßten die wankelmütige Königin, nun Ludwig von Anjou, den Feind von gestern, zum Erben einzusetzen. Der überraschte Aragonese schwebte in Lebensgefahr, bis die Ankunft der Truppen aus Katalonien und Sizilien ihn wieder in eine vorteilhaftere Lage brachte und es ihm ermöglichte, in einem schweren Ringen, bei dem um jedes einzelne Haus gekämpft werden mußte, die Stadt Neapel zu erobern. Alfons, der nun des italienischen Abenteuers überdrüssig war, kehrte auf die Pyrenäenhalbinsel zurück und plünderte auf der Heimreise die Stadt Marseille, um sich an Ludwig von Anjou zu rächen (1423). Inzwischen ging der Kampf zwischen den spanischen und den italienischen Truppen weiter. Die ersteren wurden von Braccio de Montone, der im Solde Aragóns stand, befehligt, die letzteren von dem Feldherrn der Königin Johanna, Giacomuzzo Sforza. Ludwig von Anjou nützte die Abwesenheit des Königs Alfons aus und bemächtigte sich der Hauptstadt. Nun rief Johanna abermals den Aragonesen zu Hilfe, und dieser kehrte mit seiner Flotte nach Italien zurück. Die Launenhaftigkeit und Inkonsequenz der Königin ließ die Kämpfenden nicht zur Ruhe kommen, bis schließlich der T o d Ludwigs und bald darauf der Johannas den König Alfons aus dieser unangenehmen und unsicheren Lage befreiten (1435). Mit dem Tode der Königin, die von einigen italienischen Geschichtsschreibern die „niederträchtige Johanna" genannt wird, starb dieser Zweig des Hauses Anjou aus und die Thronrechte gingen auf Renatus, den Bruder des verstorbenen Ludwig, über. Der König von Aragón, der entschlossen war, das Königreich Neapel nunmehr endgültig an sich zu bringen, belagerte Gaeta. Das Glück wandte sich jedoch gegen ihn: seine Flotte wurde durch ein genuesisches Geschwader in der Nähe der Insel Ponza geschlagen (1435), wobei Alfons und sein Bruder Johann als Gefangene in die Hände der Feinde fielen. Ein glücklicher Zufall verhalf den aragonesischen Fürsten wieder zur Freiheit; Filippo Maria Visconti, der Herzog von Mailand, machte sich zum Herrn von Genua und befreite aus Feindschaft gegen die Genueser deren Gefangene. Sie wurden so gut behandelt, daß der König von Aragón zu einem Wappenherold, der mit Briefen von seiner Gemahlin
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zu ihm kam, sagte: „Richte meiner Frau aus, sie soll nur guten Mutes sein, es geht mir hier so gut wie in meinem eigenen Hause." Der Herzog von Mailand tat noch ein übriges, indem er dem König Alfons half, das Königreich Neapel zu erobern. Durch den alten Aquädukt Beiisars zog der Aragonese in die Stadt ein. Renatus mußte sich nach seiner Niederlage in die Provence zurückziehen. So kam es, daß Alfons außer über Aragón, Katalonien, Valencia, die Balearen, Korsika, Sardinien und Sizilien auch noch über Neapel herrschte. Seinem Königstitel fehlte nur noch die Legalisierung, und auch die wurde ihm zuteil, als Papst Eugen IV. ihm offiziell das Königreich Neapel zum Lehen gab. Die interessanteste Seite der Politik Alfons V. war sein Eingreifen im östlichen Mittelmeer. Mit seinem Bestreben, dem Ansturm der Türken Einhalt zu gebieten, machte er sich zium Vorläufer der Politik des 16. Jahrhunderts. Er schickte eine Botschaft an den Sultan von Babylonien und'knüpfte diplomatische Beziehungen mit Äthiopien an, indem er ein Kampfbündnis gegen den türkischen Sultan Amurates II. in Vorschlag brachte. Zusammen mit Nikolaus V. versuchte er das byzantinische Reich zu retten und plante eine gemeinsame Aktion mit dem Despoten von Morea und dem Fürsten von Albanien. Auch an der Verteidigung von Konstantinopel war er beteiligt. Er entsandte zwei mit Getreide beladene venezianische Schiffe und späterhin auch mehrere Kriegsschiffe, die zusammen mit anderen Kriegsschiffen aus Venedig noch zur rechten Zeit dort eintrafen. Bei dem Kampf um die Stadt, die schließlich von Muhammed II. genommen wurde, taten sich Franz von Toledo mit seinen Truppen und der Konsul von Aragón, Pedro Julián, besonders hervor. Nach dem Fall Konstantinopels verfocht Alfons immer wieder den Satz, daß der europäische Osten auch durch die Balkanvölker zurückerobert werden müsse und verhandelte in diesem Sinne mit Skanderberg, dem Volkshelden Albaniens. Stets war er bemüht, den aragonesischen Handel durch die Einrichtung von Konsulaten zu fördern, der Handelsschifffahrt jeden erdenklichen Schutz angedeihen zu lassen und die orientalischen Märkte zu halten. Er verfolgte aus diesem Grunde eine kluge und äußerst geschickte Politik und ging nur dann Verpflichtungen ein, wenn ihm die Umstände absolut gesichert erschienen. Nach der Niederlage bei Ponza verfügte seine Flotte über keine nennenswerte militärische Stoßkraft mehr und andererseits mußten auch die Wunden, die der Krieg um Neapel geschlagen hatte, erst einmal heilen, bevor Alfons sich in ein Abenteuer stürzen konnte, mit dem er seine ohnehin nicht sehr sichere Zukunft in Italien auf Spiel setzte. — Dieser glanzvolle und prunksüchtige Herrscher, der die Beinamen „der Prächtige" und „der Großmütige" vollauf verdiente, war in Wahrheit eher ein italienischer als ein spanischer König. Von der Eroberung Neapels an
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verblieb er bis zu seinem Tode in Italien. Seine spanischen Reiche wurden von der Königin Maria und seinem Bruder Johann verwaltet. Er war ein leidenschaftlicher Liebhaber der Jagd, der Musik und des Tanzes, ein guter Reiter und ausgezeichneter Fechter. Durch seine Klugheit und seinen Weitblick gehörte er zu den italienischen Politikern, die durch ihre Geschicklichkeit und Betriebsamkeit europäischen Ruf genossen. Von der Zeit ab, als er den Thron von Neapel bestieg, läßt sich kein Ereignis auf der Apenninenhalbinsel denken, an dem er nicht wenigstens hervorragenden Anteil hatte, sofern er nicht selbst die treibende Kraft dabei war. Der Schutz, den er den Humanisten angedeihen ließ, brachte ihm allerdings übertriebene dithyrambische Lobgesänge ein, mit denen die Dichter, Philologen und Literaten die Freigebigkeit des gekrönten Mäzens belohnten. Um sich ein richtiges Bild von dem Wert Alfons" V. zu machen, kann man sich daher nicht nur an die lobenden Worte eines Panormita oder eines Vespasiano de Bisticci halten — man muß auch seine Feinde hören, die ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen. Als Renaissancefürst fand er Geschmack an der Literatur des klassischen Altertums. So erzählt man, daß er im Kriege stets die Kommentare Cäsars, im Frieden die Dekaden des Titus Livius mit sich geführt habe. Gegen Ende seines Lebens fiel dieser milde und fromme König noch in die Netze der schönen und klugen Lucrezia von Alagno, die als eine neue Circe den Herrscher von seinem angestammten Reich, in das er nie wieder zurückkehren sollte, fernhielt. D a s K ö n i g r e i c h N a v a r r a . Nach dem Tode Karls IV., des Schönen, der als Karl I. in Navarra regierte, fiel die Krone durch die Heirat Johannas II., der Tochter Ludwigs X., mit Philipp von Evreux an das Haus Evreux. Der erste König dieses Geschlechtes, Philipp, hatte kaum den Thron bestiegen (1328), als er schon in einen Grenzkrieg mit Kastilien verwickelt wurde, der trotz der Hilfe, die Navarra von Aragon zuteil wurde, für dieses Land ungünstig verlief. Der zweite Herrscher des Hauses Evreux, Karl II. mit dem Beinamen „der Böse", war ein Zeitgenosse Peters I. von Kastilien. Er wurde berühmt durch seine Abenteuer in Frankreich während des Hundertjährigen Krieges. Als Enkel Ludwigs X. erhob er Anspruch auf den Thron von Frankreich, das salische Gesetz schloß ihn jedoch von der Nachfolge aus, da er als Sohn Johannas der weiblichen Linie entstammte. Er besaß ausgedehnte Lehnsgüter auf französischem Boden, und da ihm seiner Ansicht nach auch Anjou zustand, das Johann II. seinem Günstling, dem Kronfeldherrn Karl von Spanien aus der Familie de la Cerda, verliehen hatte, sandte König Karl einige Schildknappen aus, die den Kronfeldherrn in seinem Bett ermordeten. Wegen dieser T a t wurden ihm seine Lehngüter in der Normandie entzogen, und er mußte auf englisches Gebiet flüchten (1351). Hier ließ er sich in
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eine Falle lodcen und wurde gefangen gehalten, bis die Generalstaaten ihn wieder in Freiheit setzten. Nun begann für Karl wieder ein gefahrvolles Leben voller Intrigen und Ränke. Er verbündete sich mit Stefan Marcel, dem Generalprofoß der Kaufleute, der eine Zeitlang unumschränkter Herr von Paris war. Bei einer Erhebung der Pariser Bürgerschaft wurde der König von Navarra zum Feldherrn ernannt, doch bald darauf verriet er die Sache seiner Partei und paktierte mit dem Dauphin von Frankreich, der gegen die aufständischen Bauern und die Bürgerschaft von Paris kämpfte. Für einen Augenblick sah es so aus, als sollte Karl zum König von Frankreich ausgerufen werden: Johann II. saß in England gefangen, der Dauphin war in Parteikämpfe verwickelt und Stefan Marcel knüpfte geheime Verhandlungen mit dem Navarrer an, um ihm das Tor von Saint Denis und die Stadt Paris zu übergeben, wo ihm bereits die Häuser seiner Feinde bezeichnet worden waren. 1358 wurde der Profoß jedoch ermordet und die Hoffnungen Karls wurden wieder zuschanden. Als Karl V. von Frankreich dann den Thron bestiegen hatte, besiegten die Truppen Du Guesclins die Navarrer in der Schlacht bei Cocherel. Karl von Navarra verlor dadurch alle seine Besitzungen in der Normandie und erhielt zum Ausgleich dafür die Herrschaft über Montpellier. In Spanien verbündete sich Karl zunächst mit Peter IV. von Aragón gegen Kastilien und vereinbarte mit diesem eine Teilung des zu erobernden Reiches. Dann knüpfte er Beziehungen zu Peter I. und dem Schwärzen Prinzen, gleichzeitig aber auch zu Heinrich von Trastamara und Du Guesclin an. Ständig verpfändete er sein Wort, um es ebenso schnell wieder zu brechen. Karl der Böse war ein treuloser und verräterischer Mensdi, unredlich von Natur aus, grausam und wortbrüchig aus Veranlagung, der vollendete Typ eines despotischen und ruchlosen Willkürherrschers. Ganz das Gegenteil Karls des Bösen war sein Sohn Karl III., den die Geschichte als „den Edlen" kennt. Er war das Urbild der Güte, so daß es schien, als wolle der Himmel selbst in ihm einen' Ausgleich für die Übeltaten des verstorbenen Königs geben. Bei den Streitigkeiten zwischen den Fürsten seiner Zeit wurde Karl der Edle häufig als Schiedsrichter angerufen. Sein Reich, Navarra, erlebte während seiner Regierung eine Zeit des Friedens, die dem Wohlstand des Landes nur förderlich war. J o h a n n II. (145SÍ— 1479). Durch die Vermählung des Infanten Johann, des Sohnes Ferdinands von Antequera mit der Tochter und Erbin Karls des Edlen und Witwe des in Sizilien verstorbenen Prinzen Martin, Doña Blanca, kam das Haus Aragón auch in Navarra zur Regierung. Der neue König von Navarra kümmerte sich jedoch, wie wir gesehen haben, viel mehr um die Angelegenheiten Kastiliens und Aragóns .als um die navarrischen Verhältnisse, die er fast völlig vernachlässigte. Außerdem wurde Johanns Zeit auch
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noch durch einen Zwist mit Alvaro de Luna und durch die Abwesenheit König Alfons V. in Anspruch genommen, der seinen Bruder zum Statthalter in Aragón eingesetzt hatte. So war Johann II. zwar seit dem Jahre 1425 König von Navarra; da er sich jedoch in keiner Weise der Regierungsgeschäfte annahm, sollten ernste Schwierigkeiten erst nach dem im Jahre 1442 erfolgten Tode Doña Blancas auftreten. In ihrem Testament hatte diese Königin nämlich ihren Sohn Karl zum Erben eingesetzt, der von seinem Großvater bereits die Stadt Viana und den Titel eines Fürsten erhalten hatte. In der testamentarischen Verfügung war aber eine Klausel enthalten, die zum Anlaß der nun folgenden Mißhelligkeiten werden sollte. Hiernach durfte Karl erst nach dem Tode seines Vaters den Titel eines Königs von Navarra annehmen, falls dieser nicht vorher seine ausdrückliche Zustimmung dazu gab. Es begann nun einer der übelsten und gehässigsten Kämpfe, die die spanische Geschichte zu verzeichnen hat. Karl, der ein liebenswürdiger und gütiger Mensch war, führte neun Jahr lang mit großem Geschick unter dem Titel eines Generalgouverneurs und in Vertretung seines Vaters die Regierungsgeschäfte in Navarra. Die erlesene Erziehung, die ihm sein Großvater und später seine Mutter hatten zuteil werden lassen, hatte die hervorragenden Eigenschaften, die er von Natur aus besaß, zur Vollkommenheit entwickelt. Als Regent war er bestrebt, die Politik Karls des Edlen und Doña Blancas weiterzuführen und zum Besten Navarras zu wirken, das er dank seiner Umsicht aus dem kastilischen Bürgerkrieg herauszuhalten verstand. Als jedoch eines Tages auch auf navarrischem Boden kastilische Truppen erschienen, begann Karl Verhandlungen mit dem König von Kastilien und dem Prinzen von Asturien anzuknüpfen, da es ihm nicht gerecht erschien, daß das Königreich Navarra nun auch für die ehrgeizigen Machenschaften König Johannis am kastilischen Hofe bezahlen sollte. Der erzürnte Vater glaubte an einen Verrat 'bei seinem Sohn, und hiermit war schon der erste Grund für die Verstimmung gegeben. Bald sollte die Abneigung des Herrschers gegen seinen Sohn neue Nahrung finden, als Johann sich in zweiter Ehe mit der Tochter des Admiráis von Kastilien vermählte und damit ein neuer Parteihader gegen den Kronfeldherrn Don Alvaro ausbrach. Der Krieg war unvermeidlich, und hierbei trifft einige Schuld auch den Prinzen Karl, der sich der Kampfeslust seiner Anhänger nicht energisch genug widersetzte. Von alters her schon gab es in Navarra zwei Parteien, die sich gegenseitig aufs grimmigste befehdeten: die Beamonteser und die Agramonteser. Die ersteren leiteten ihren Namen von der Familie Beaumont ab, der auch der Kronfeldherr von Navarra angehörte, die letzteren nannten sich nach Peter von Navarra, dem Herrn von Agramont. Als die Beamonteser sich nun für Prinz Karl erklärten, mußten ihre unversöhnlichen Widersacher, die Agra-
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monteser, unweigerlich auf der Seite König Johanns stehen. Der Ausbruch des Kampfes war nun nicht mehr zu umgehen; trotz aller Bemühungen, dem Streit Einhalt zu gebieten, gerieten die beiden Parteien im Jahre 1451 bei Aibar aneinander, und der Prinz fiel als Gefangener in die Hände seiner Feinde. Die navarrische Bevölkerung war am allermeisten darüber empört, daß Johann seine zweite Gattin, Juana Enríquez, gemeinsam mit dem Prinzen zur Regentin eingesetzt hatte. Der Prinz wanderte von einem Gefängnis ins andere und wurde schließlich in Freiheit gesetzt. Der Krieg jedoch dauerte an, und nun trat sogar noch ein neues Element hinzu, das diesen ganzen Streit noch unerfreulicher gestaltete. Karl nämlich hatte zwei Schwestern : Bianca, die ihm im Alter zunächst stand und von Heinrich von Kastilien verstoßen worden war, blieb ihrem Bruder treu ergeben. Leonor, seine zweite Schwester jedoch, die mit dem Grafen von Foix vermählt war, gab sich als willfähriges Werkzeug für die Rachepläne ihres Vaters her, der ihre schändliche Haltung gegen ihren Bruder damit belohnte, daß er sie zur Erbin von Navarra einsetzte. Der Graf von Foix rückte mit seinen Truppen in Navarra ein und der Krieg nahm nun immer grausamere Formen an. Karl und Bianca wurden enterbt, und der Prinz verfiel nun auf den Gedanken, seinen Onkel, den König von Aragon, um Hilfe zu bitten. Nach einer langen Reise, die ihn über Paris führte, gelangte er nach Neapel, wo er an dem prunkvollen Hofe Alfons1 des Prächtigen herzlich aufgenommen wurde. Alfons erbot sich auch, die Vermittlung in dieser unglückseligen Angelegenheit zu übernehmen. Der spanische Papst Calixtus III. überhäufte den Prinzen in Rom mit Aufmerksamkeiten. Alle Hoffnungen Karls scheiterten jedoch, als Alfons unvermutet starb. Johann II. erbte Sizilien, Aragón, Katalonien, Mallorca und Sardinien. Das Königreich Neapel fiel an Ferdinand, einen natürlichen Sohn des Königs Alfons. Der Vater, dessen Groll sich angesichts der Haltung seines Bruders ein wenig besänftigt zu haben schien, war nun plötzlich wieder so unversöhnlich wie je zuvor. Karl, den die Bevölkerung von Neapel zum König hatte ausrufen wollen, ging nach Sizilien, wo er sich dem Studium der Wissenschaften widmete. Von hier aus begab er sich dann nach Mallorca und landete etwas später in Katalonien, wodurch er aufs neue den Zorn seines Vaters reizte. Unter dem Vorwand, Karl unterhielte Verbindungen mit Kastilien, ließ Johann den Prinzen gefangennehmen. Katalonien protestierte gegen diese Tat, und auch Aragón und Valencia schlössen sich dem Protest an. Einen Augenblick lang stand so ganz Spanien einmütig auf gegen die ungerechte Tat eines entarteten Vaters, dessen einziges Bestreben es war, Gründe zu finden, um seinen Sohn zu enterben. Die Haltung der Katalanen war schließlich so drohend, daß Johann erschreckt nachgab und zusammen mit der Königin den Vertrag von Villafranca unterzeichnete, in dem er Ballesteros, Spanien
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seinem Sohn die Freiheit zurückgab und ihn wieder zum Erben seines Reiches einsetzte. Im Triumph empfing die Stadt Barcelona den Prinzen, und alles schien sich für den unglücklichen Karl zum Guten gewendet zu haben, als eine plötzliche Krankheit die Staaten der Krone von Aragón ihres hervorragenden Regenten beraubte (1461). Bei der Beurteilung Prinz Karls, des Fürsten von Viana, dürften sich nur geringe Unstimmigkeiten ergeben. Was den Kampf gegen seinen Vater betrifft, so ist ihm einzig die erste Phase desselben zur Last zu legen: er selbst hat diesen Umstand bei späteren Gelegenheiten häufig genug beklagt. Alle folgenden Ereignisse jedoch zeigen uns Karl als Märtyrer, der von einer übelwollenden Stiefmutter und, was nodi schlimmer ist, von dem unversöhnlichen Zorn eines Vaters verfolgt wird, welcher der Partei der Beamonteser jeden nur möglichen Unbill zufügt, seinen erstgeborenen Sohn enterbt, seine gütige Toditer Bianca, die die rührendsten Beweise ihrer Schwesterliebe erbringt, ihres Erbes beraubt und einen Unschuldigen gefangenhält aus dem einzigen Grunde, weil die Städte Prinz Karl ihre Anhänglichkeit beweisen. Karl von Viana war ein Fürst von hohen Geistesgaben, ein gebildeter Mensch der Renaissance, Dichter und Schriftsteller, Liebhaber der Klassiker und Freund des begnadeten Dichters Ausias March. Höher noch als seine Talente sind seine moralischen Vorzüge einzuschätzen. Er hatte niemals die Absicht, sich der Haltung seines Reiches gegen seinen Vater zu bedienen, um irgendwelche besondere Vorteile diesem gegenüber zu erlangen, sondern er verlangte einzig und allein das, was ihm rechtmäßig zustand: seine Anerkennung als Erbe des navarrischen Landes. Selbst gegen seine Stiefmutter verhielt er sich würdig und freundlich, und es mochte wohl seinen Grund haben, wenn die öffentliche Meinung Juana Enríquez des Verbrechens anklagte, ihren Stiefsohn vergiftet zu haben. Auch nach dem Tode des Fürsten von Viana gaben die Katalanen sich noch nicht zufrieden. Bald darauf erhoben sie sich gegen König Johann, der ihnen durch sein Verhalten gegen Prinz Karl seinen schlechten Charakter genugsam bewiesen hatte. Der Graf von Pallars rückte mit dem Heer der Diputación ins Feld und belagerte Juana Enríquez in Gerona. Die Königin konnte sich jedoch halten, bis König Johann zum Entsatz herbeieilte und die Katalanen zwang, die Belagerung aufzuheben. Katalonien suchte nun nach einem neuen Herrscher und bot Ludwig XI. von Frankreich den Thron an. Als dieser ablehnte, wandten die Katalanen sich an Heinrich IV. von Kastilien. Dieser entsandte anfänglich Truppen zur Verstärkung, kurz darauf jedoch änderte er seinen Entschluß und wandte sich von den Katalanen ab, die nun ihrerseits den Kronfeldherrn von Portugal zum König ausriefen, der zwei Jahre später geschlagen wurde und starb. Zum Grafen von Barcelona wurde nunmehr Renatus von Anjou gewählt. Dieser schickte seinen Sohn Johann,
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den Herzog von Lothringen, der ein erfahrener Feldherr war, doch bald darauf einer Vergiftung erlag. Johann II. erbat nun die finanzielle Unterstützung Ludwig XI. von Frankreich und verpfändete ihm dafür die Grafschaft Roussillon. Immer länger zog sich der Krieg gegen die Aufständischen hin. Der schon erblindete siebzigjährige König gab nicht nach und führte mit einer Hartnäckigkeit, die im Gegensatz zu seinem Alter und seiner Gebrechlichkeit zu stehen schien, den Krieg weiter, bis sdiließlidi beide Gegner des Kampfes müde geworden waren und Frieden schlössen (1472). Nun wollten jedoch die Spanier Rousillon zurückerobern. Audi in diesen neuen Krieg stürzte sidh der alte König mit jugendlichem Feuer. Er starb im Alter von 82 Jahren noch vor Beendigung des Streites. Ihm folgte auf dem Throne Ferdinand, der nun schon König von Kastilien war (1479). Johann II. war mit einer außerordentlichen Tatkraft begabt. In seinem langen Leben kam er niemals zur Ruhe und konnte auch die anderen niemals unbehelligt lassen. Die Historiker rühmen seine militärischen Talente, die wir nicht bestreiten wollen. Als Infant wie als König jedoch war er ein ewiger Unruhestifter. Es mag sein, daß er ein Sklave der Staatsraison war und aus diesem Grunde vielleicht auch die erwähnte Haltung gegen Prinz Karl einnahm, um eine Lostrennung Navarras zu verhindern. In diesem Falle hätte er jedoch auch Leonor de Foix nicht zur Erbin einsetzen dürfen, die ihre Schwester Bianca zu vergiften suchte und ein französisches Herrscherhaus auf den spanischen Thron bringen wollte. Auf jeden Fall sprechen die Ereignisse für sich selbst eine deutliche Sprache und verurteilen die erbarmungslose Haltung eines Vaters gegen seinen wehrlosen Sohn, der sich ihm willig unterwarf und nur um Gerechtigkeit gegenüber den maßlosen Härten des unerbittlichen Königs bat. In einem einzigen Falle handelte er richtig, wenngleich seine Beweggründe besonderer Art gewesen sein mögen: er widersetzte sich der Vermählung Prinz Karls mit der um dreißig Jahre jüngeren Isabella von Kastilien.
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DIE CHRISTLICHE KULTUR D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n in K a s t i l i e n u n d P o r t u g a l . Ein charakteristisches Merkmal des 13. Jahrhunderts war das Cäsarentum, das infolge der Verbreitung des Römischen Rechtes aus dem Bereich der Bücher in den des politischen Lebens überging. In Kastilien, wo die Herrscher eifersüchtig über der Wahrung ihrer Autorität wachten, entwickelte II*
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sich eine Theorie, die man, wenn dies kein Anachronismus wäre, als absolutistisch bezeichnen könnte und die auch zweifellos den Boden für die absolutistischen Staaten der Neuzeit vorbereitete. Es soll damit nicht gesagt sein, daß die Könige früherer Jahrhunderte in Asturien und León nicht die gleichen Bestrebungen gehabt hätten, dodi hier lag schon in der geringeren Ausdehnung ihres Besitzes die Machtstellung des Herrschers begründet, der ohne Schwierigkeiten überall persönlich zur Stelle sein konnte. Außerdem gab es noch zwei mächtige Hindernisse, die sich den Bemühungen der Könige entgegenstellten, so daß alles in allem von einem bewußten und systematischen Vorgehen der kastilischen Herrscher erst nach Abschluß der andalusischen Eroberungen die Rede sein kann. Die Hindernisse, auf die wir soeben angespielt haben, bestanden erstens in der Haltung des Adels und zweitens und in geringerem Maße in der der Städte. Was den Adel anbetrifft, so bildeten die Privilegien dieses Standes, der große Grundbesitz, den er de facto innehatte, sowie die Tatsache, daß der König in Ermangelung eines stehenden Heeres zur Führung der Kriege auf die Gefolgschaftstruppen seiner Magnaten zurückgreifen mußte, eine offensichtliche Gefahr für das Königtum, die während der Minderjährigkeit Ferdinands IV., Alfons' XI. und Heinrichs III. klar zutage getreten war. Die Stadträte stellten, zwar nicht als einzelne, wohl aber durch ihren Zusammenschluß in die sogenannten „hermandades" (Bruderschaften) ebenfalls eine Gefahr dar, wenngleich bei vielen Gelegenheiten die Interessen der Städte dahin wirkten, daß ihre Verwaltungen sich mit dem König gegen ihren gemeinsamen Feind, den Adel, verbündeten. Im gleichen Maße, wie der persönliche Reichtum des kastilischen Königshauses wuchs, gewann hier das Königtum an Einfluß und Bedeutung. Zu dieser Erhöhung der königlichen ^inkünfte hatte vor allem die Eroberung Andalusiens und die damit verknüpfte reiche Beute beigetragen. Die Zahl der Hofbeamten stieg immer höher, und immer neue Ämter wurden geschaffen. Die frühere „curia regia" erhielt nun schon fast unbegrenzte Vollmachten, und der Entwicklung der Zeit entsprechend waren in dem Kronrat nun auch Bürgerliche unter der Bezeichnung „hombres buenos" vertreten. Als Beamte der Zentralverwaltung finden wir den Kanzler, die Notare, den Reichsstatthalter, den Fahnenträger des Königs und den Oberhofmarschall. Zur Zeit Johannes I. wurde dazu noch das Amt des Kronfeldherrn (condestable) geschaffen. Die einzelnen Provinzen wurden durch Statthalter (adelantados) und die sogenannten „merinos mayores" (Amtshauptleute) verwaltet, denen wiederum andere „merinos" unterstanden. Audi die Justizverwaltung erhielt eine neue Regelung; der König ernannte in vielen Städten Oberrichter (alcaldes mayores) und Stadtrichter. Das Königliche Hofgericht erhielt den Namen „Chancilleria", der später in die
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Bezeichnung „Audiencia" umgewandelt wurde — die hier amtierenden Richter hießen „Oidores". Das kastilisdie Heer wurde auf Grund eines neuen Reglements organisiert. Die Zahl der unmittelbar dem König unterstehenden Truppen wurde erhöht, obwohl zur Aufstellung eines regelrechten Heeres immer noch die Milizen der Städte und des Adels erforderlich waren. Als neue Offiziersränge kannte man jetzt die „Adalides", „Fronteros" und „Almocadenes", die gemeinen Soldaten wurden in Fußvolk, Schützen und Almogavaren zu Pferde eingeteilt. Es steht fest, daß bereits im 13. Jahrhundert bei der Belagerung von Niebla das Pulver verwendet worden ist — allgemein wurde es jedoch erst im 14. Jahrhundert eingeführt und möglicherweise wurde es auch von den Mauren schon bei der Umzingelung von Algeciras gebraucht. Im 14. Jahrhundert kannte man im kastilischen Heer bereits eine Artillerie mit kleinen Geschützen, den sogenannten „cerbatanas" oder „culebrinas" (Feldschlangen). Die Entwicklung der kastilischen Flotte erhielt durch die Eroberung Sevillas einen großen Aufschwung; man errichtete SchifTszeughäuser in dieser Stadt und schuf den Rang eines Admirals. Innerhalb dieser Flotte zeichnete sich vor allem das kantabrische Geschwader aus, das im 14. Jahrhundert gegen die englische Flotte kämpfte und diese besiegte. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . Wie wir schon andeuteten, erwuchsen der kastilischen Krone durch die Eroberungen Ferdinands III. neben größeren Sorgen auch höhere Einkünfte. Der Charakter der in Kastilien erhobenen Steuern verlor jetzt seine feudalistische Färbung. Man kannte in der Hauptsache allgemeine Abgaben, die von den Cortes bestimmt und „servicios" oder „ayudas" genannt wurden. Als neue Steuerarten traten die „sisa", eine Lebensmittelsteuer, die „alcabala", eine Umsatzsteuer, der „semoyo" und der „Buey de marzo" (der Märzstier) auf; letztere beiden stammten aus der Provinz Alava. Mit regelmäßigen und hohen Eingängen konnte man aus dem Hofgericht, den Salinen und den Bergwerken rechnen. Zur Einziehung der Steuern bediente man sich eines Pachtsystems. Der oberste Beamte auf diesem Gebiete, eine Art Finanzminister, war der sogenannte „Almojarife mayor", der häufig der jüdischen Rasse angehörte und seinerseits wieder über einen Stab von „almojarifes" niedrigerer Ordnung und „cogedores" (Steuereinnehmer) verfügte. Trotz dieses komplizierten Räderwerks am Verwaltungsapparat waren die Könige doch durch die häufigen Kriege, die Unruhen im Lande und die dem Adel zustehenden Steuerfreiheiten und teuren Geschenke gezwungen, ihre Zuflucht zu Anleihen zu nehmen. Bereits in den letzten Zeiten des Mittelalters, als die Staatskasse in große Bedrängnis geriet, gab es einen regelrechten Ämterkauf. Durch die ungeheuren Gebiete, die man den Muslim abgewonnen hatte, war Kastilien zu einem reichen Agrarland geworden. Auch die Industrie be-
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fand sich dank der maurischen Arbeiter in einer ständigen Aufwärtsentwicklung. Berühmt waren in dieser Hinsicht vor allem die Gewebe- und Tuchfabriken in Sevilla, Segovia und Zamora. Daneben gab es auch verschiedene Luxusindustrien und keramische Fabriken. Auf dem Gebiet der Viehzucht bildeten sich mehrere Züchtervereinigungen, die sich später zu einer einzigen großen Vereinigung (mesta) zusammenschlössen. Die Wirtschaftspolitik der kastilischen Herrscher zeigt zwar eine Tendenz zum Schutze der einheimischen Produkte, es lag jedoch im Wesen der Zeit, daß dem Handel und der Industrie durch die Zollschranken innerhalb der Pyrenäenhalbinsel und selbst innerhalb der einzelnen Länder unüberwindliche Hindernisse erwuchsen. Dazu kamen die zum Teil übertriebene staatliche Überwachung der Industrie und die Umsatzsteuern, die sich zum Schaden des Volksreichtums hemmend auf den Warenumlauf auswirkten. Im Gegensatz hierzu ist hervorzuheben, daß die Börsengeschäfte einen großen Aufschwung erfuhren und in strategisch wichtigen Ortschaften und Städten Märkte und Messen ins Leben gerufen wurden, unter denen vor allem die Messen von Sevilla und Murcia hervorzuheben sind. Auch die Messe von Medina del Campo begann damals Weltruf zu erlangen. Flämische Kaufleute strömten nach Spanien, und Kastilien war voll von Ausländern, die hier ihre Waren an den Mann zu bringen suchten. Doch auch in Flandern gab es kastilische Kaufleute, und die Kaufleute von Vizcaya hatten sogar ein bedeutendes Handelskonsulat in Brügge. D i e s o z i a l e n Schichten. An der Spitze der Bevölkerung stand der Adel, der in Kastilien infolge der großen Eroberungen, von denen ihm zum Entgelt für seine militärische Hilfe der größte Teil zukam, ständig an Einfluß und Macht wuchs. Die Zeiten, in denen minderjährige Könige auf dem Throne saßen, die hieraus folgenden Wirren und die großen Belohnungen und Gunstbezeigungen von Seiten des Königstums, brachten eine weitere Steigerung der Adelsmacht mit sich. In diese Zeit fällt die Schaffung der Majorate. In den Städten entstand jetzt ein neuer Mittelstand, der sich aus Angehörigen des niederen Adels, reichen Bürgern, begüterten Landwirten, Fabrikanten und Kaufleuten zusammensetzte. Der Stand der bäuerlichen Leibeigenen war im Verschwinden begriffen, da die Bindung der Menschen an die Scholle aufgehoben war und die dienende Schicht sich mehr und mehr dem persönlichen Joch entwand, um nun ein wirtschaftliches Joch auf sich zu nehmen, das zum Teil allerdings nicht weniger hart war als das frühere. Es gab zwar noch Sklaven, doch waren dies in der Mehrzahl in den Grenzkämpfen gefangengenommene Mauren. D a s Recht. Das Spätmittelalter ist die Zeit der großen gesetzgeberischen Bestrebungen, bei denen sich eine unitaristische, dem römischen Recht angeglichene Tendenz gegenüber dem Partikularismus der Stadt-
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rechte bemerkbar machte. Der bedeutendste Gesetzgeber auf dem kastilischen Thron war Alfons X., unter dessen Leitung und Anweisung das „Fuero Real", die „Leyes de Estilo", die „Leyes Nuevas", der „Setenario", der „Espéculo" und die „Partidas" zusammengestellt wurden. Die letzteren bilden einen wahren Kodex von unschätzbarem Wert; in ihrem Zusammenspiel von Einflüssen aus dem Römischen Recht, dem Kirchenrecht und dem kastilischen Gewohnheitsrecht sind sie ein unvergängliches Ruhmesblatt für ihren Verfasser. Durch die Verordnung von Alcalá im Jahre 1348 erlangten die „Partidas" zur Zeit Alfons 5 XI. Gesetzeskraft. Als berühmter kastilischer Jurist und Zeitgenosse Alfons" des Weisen ist der Magister Jacobo mit der Beinamen „el de las Leis", „der Mann der Gesetze", zu nennen. Auch Magister Roldán, der Verfasser des „Ordenamiento de las Tafurerias", einer Verordnung über Glücksspiele, gehört in diese Zeit. W i s s e n s c h a f t u n d L i t e r a t u r . Bereits im 13. Jahrhundert machte sich ein ungeheurer Wissensdrang bemerkbar. Die Universität von Salamanca, die jetzt mit allem Recht Weltruf erlangte, wurde von den einzelnen Monarchen mit Privilegien bedacht. In anderen Städten, wie in Sevilla und Alcalá, wurden sogenannte „Estudios", Lehranstalten von geringerer Bedeutung, gegründet. Lehrer und Schüler waren in einer Gemeinschaft mit eigener Verwaltung, eigenen Rechten und eigener Gerichtsbarkeit zusammengeschlossen. Sie unterstanden dem Rektor und in rechtlicher Hinsicht dem „Maestrescuela" der Kathedrale. Die Lehrpläne des Trivium und Quadrivium wurden durch das Studium der Musik erweitert. In Salamanca traten als neue Fächer noch die „Leyes" (weltliches Recht) und die „Decretos" (Kirchenrecht) hinzu. Vom 14. Jahrhundert ab wurde auch das Studium der Theologie in den Lehrplan eingeschaltet. Neben den staatlichen Universitäten und Lehranstalten gab es noch private Gründungen und sogar spanische Kollegien im Auslande, wie z. B. das von Gil de Albornoz begründete Kollegium von San Clemente in Bologna. Ungeheuer reiche Privatbibliotheken entstanden in dieser Zeit. Das Interesse für die jüdische und die muslimische Wissenschaft äußerte sich vor allem im Studium der von Mitgliedern dieser Rassen verfaßten Werke naturwissenschaftlichen und mathematischen Inhalts. Berühmtheit erlangte die Ubersetzerschule Alfons' des Weisen in Toledo, die als Fortsetzerin des bereits in früheren Zeiten in dieser Stadt bestehenden gleichartigen Instituts anzusehen ist. Hier wurden eine ganze Reihe mathematischer und astronomischer Werke ins Spanische übertragen. Die Chemie war noch wenig entwickelt; ihr Hauptgegenstand war die Suche nach dem „Stein der Weisen", mit dem man Gold herstellen zu können glaubte, eine Tätigkeit, der die Alchimisten mit großem Eifer oblagen. Die Astronomie war stark
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durch die Astrologie beeinflußt. So schrieb der Priester Lope de Barrientos ein „Tratado de adivinar", ein Wahrsagebuch. Enrique de Villena ist der Verfasser astrologischer W e r k e , die ihm den Ruf eines Geisterbanners und Schwarzkünstlers eintrugen. Unter den berühmten Ärzten der Zeit ist Johann von Avignon zu nennen, der die „Sevillana Medicina" verfaßte. Der bekannteste spanische Wissenschaftler des 15. Jahrhunderts jedoch ist Fernando de Córdoba, der sich in Paris und Italien einen Namen als Arzt, Mathematiker und Musiker machte und eine wahre Leuchte des allseitigen Wissens darstellt. Als Philosophen und Moralisten sind der Bischof Alonso von Cartagena, Juan Rodríguez de la Cámara, der Erzpriester von Talavera, Fernán Pérez de Guzmán und Alfonso de Madrigal, der sogenannte „Tostado", zu erwähnen. In den weiten Gebieten, die dem kastilisdien König Untertan waren, hatte man das Latein auch aus den Urkunden der Kanzleien verbannt, so daß die kastilische Sprache überall unumschränkt herrschte; nur das lyrische Schaffen offenbarte sich noch immer in der galicisch-portugiesischen Dichtersprache. Der größte Vertreter dieser Lyrik war Alfons X . mit seinen berühmten „Cantigas" an die Mutter Gottes. Weltliche Dichtungen dieses Königs und anderer Troubadours finden sich in der vatikanischen Gedichtsammlung und in der Sammlung Colocci Brancuti. Die letzten Schöpfungen auf diesem Gebiet, die bereits einen starken kastilischen Einschlag aufweisen, enthält der „Cancionero de Baena" (Alvarez de Villasandino, Macias, der Erzdechant von Toro, Juan Rodríguez del Padrón). Dem 14. Jahrhundert gehört der große realistische Dichter Juan Ruiz, der Erzpriester von Hita, an. Aus der gleichen Zeit stammen die „Proverbios morales" des Rabbi Sam T o b von Carrion und der „Rimado de Palacio" des Kanzlers Pero López de Ayala. Unter den Dichtern ragt weiterhin der Marquis von Santillana durch seine „Serranillas", im Volkston gehaltene Lieder, den „Doctrinal de Privados", einem „Lehrbuch für Ratgeber" und verschiedene andere W e r k e hervor. Der italienische Einfluß macht sich bei Micer Francisco Imperial und Juan de Mena, dem Verfasser des „Laberinto" bemerkbar, das Anklänge an Dantes „Göttliche Komödie" zeigt, ferner bei Gómez Manrique, Alvarez Gato und Jorge Manrique, der durch die „Coplas a la muerte de su padre" („Elegie auf den T o d seines Vaters") berühmt wurde. Der König der Prosaschriftsteller im 14. Jahrhundert war Don Juan Manuel, der ganz hervorragende W e r k e , darunter das „Libro de Patronio" und den „Conde Lucanor" schrieb. Der Ritterroman tauchte jetzt auf und erfuhr seine höchste Ausgestaltung im portugiesischen „Amadis". Im 15. Jahrhundert erschienen die ersten sentimentalen Romane: der „Siervo libre de amor" Rodríguez del Padróns und die „Cárcel de amor" Diego de San Pedros.
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Alfons der Weise war auch auf dem Gebiet der Geschichtsschreibung tätig. Ihm werden vor allem zwei bedeutende Werke, die „Crónica" oder „Estoria de Espanna" und die „General e grand Estoria" zugeschrieben. Das letztere Werk ist noch heute zum Teil unveröffentlicht. Der größte Historiker des 14. Jahrhunderts ist der Kanzler Pero López de Ayala mit seinen Chroniken Peters I., Heinrichs II., Johanns I. und Heinrichs III. Ihm folgt Fernán Pérez de Guzmán, der Verfasser eines Werkes, das den Titel „Mar de Historias" trägt und der jüdische Konvertit Pablo de Santa Maria, der eine „Suma de Crónicas" schrieb. Als Verfasser beachtlicher historischer Werke nach dem 13. Jahrhundert, die jedoch in lateinischer Sprache verfaßt sind, nennen wir Gil de Zamora, Jofre de Loaisa, Rodrigo de Cerrato und Bernardo de Brihuega. Literarischen und historischen Wert besitzen weiterhin die anonymen Chroniken über Alfons X., Sancho IV., Ferdinand IV. und Alfons XI. ü b e r diesen letzteren Herrscher existiert eine Reimchronik, in der die Schlacht am Salado besungen wird. D i e K ü n s t e . Mit der Veränderung des spanischen Lebens erfuhr auch die Kunst eine Wandlung. Aus dem Ausland kamen neue Strömungen mit den Kreuzfahrern, die an der Schlacht bei Navas de Tolosa teilnahmen, den Zisterziensermönchen, den Pilgern, die nadi Compostela wallfahrteten, den „Weißen Kompanien" Du Guesclins und den Engländern und Gascognern des „Schwarzen Prinzen". Der romanische Baustil lebte noch in einzelnen Bezirken, vor allem in Galicien und Segovia, weiter. In Andalusien traten maurische Elemente hinzu, die späterhin auch in dem gotischen Baustil Eingang fanden. Der neue Stil, die Gotik, wies verschiedene Entwickkingsperioden auf. Beispiele für den Übergang vom romanischen zum gotischen Stil sind die alten Kathedralen von Zamora und Ciudad Rodrigo; in Galicien außerdem die Kathedralen von Orense, Tuy, Lugo und Mondoñedo. Es folgte dann eine Zeit der Hochblüte, vertreten durch die archaische Kathedrale von Cuenca, die wundervolle Kathedrale von Burgos, die eine Mischung von französischem und deutschem Einfluß aufweist, die in französischer Art erbaute Kathedrale von León, die Kathedrale von Toledo, das Musterbeispiel der spanischen Gotik, und die Kathedrale von Sevilla, bei der vor allem deutsche Stilelemente hervortreten. An bürgerlichen Bauten im gotischen Stil kennen wir den Turm des Don Fadrique in Sevilla, den Palast der Herzöge von Infantado in Guadalajara, das Musdielhaus in Salamanca und das Spitzenhaus (Casa de los Picos) in Segovia. Als reine Stilbauten, die militärischen Zwecken dienten, stammen aus dieser Epoche der Alcazar von Segovia und die Burgen von Escalona, Maqueda und Medina del Campo. Ein Meisterwerk der gotischen Bildhauerkunst ist die „Weiße Jungfrau" in der Kathedrale von León. In Spanien arbeiteten eine ganze Reihe ausländischer Künstler, wie z. B. die Mitglieder der Familie Colonia, die an
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der Herstellung der Skulpturen und des ornamentalen Schmucks der Kathedrale von Burgos beteiligt waren; weiterhin Mercadante de Bretaña, der Schöpfer des Grabmals des Kardinals Cervantes in Sevilla, und der Meister Egas, der am Löwenportal der Kathedrale von Toledo mitsdiuf. Die bedeutendsten spanischen Künstler sind Gil de Siloé, aus dessen Händen die Grabmäler Johanns II. und der Königin Isabella hervorgingen, und Diego de la Cruz, der als Mitarbeiter am Altaraufsatz der Kathedrale von Burgos bekannt ist. Auf dem Gebiet der Malerei läßt sich bei den Miniäturen des 13. Jahrhunderts ein französischer Einfluß beobachten, der sich jedoch mehr auf die Technik als auf die Art der Themenbehandlung bezieht, wie z. B. in den berühmten Bänden der Cantigas und dem „Libro de los Juegos". Am Hofe Johanns II. treffen wir auf ausländische Namen, wie auf die der Maler Starnina und Dello. Die große Revolution der Malerei jedoch vollzog sich im 15. Jahrhundert. Sie wurde hervorgerufen durch den Besuch des großen flämischen Malers Jan van Eyck auf der Pyrenäenhalbinsel, und den Einfluß, den die Werke Roger van der Weydens in Spanien ausübten. Unter den spanischen Malern dieser Zeit kennen wir die Andalusier Juan Sánchez de Castro und Bartolomé Bermejo und den Kastilier Fernando Gallegos. Im Kunstgewerbe ist neben den berühmten Alfonsinischen Tafeln eine Reihe von Kronen, Gemmen, Kelchen und Schmiedegittem an Palästen, Kapellen und Kathedralen zu erwähnen. D i e Kirche. In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters entfaltete die Kirche eine erhöhte Tätigkeit. Päpste, wie Innozenz III. und Gregor X., die das von Gregor VII. begonnene Werk fortzusetzen bestrebt waren, verteidigten mit allem Nachdruck die Theorie der päpstlichen Oberherrschaft auf geistigem Gebiet. In den Sitten des weltlichen und geistlichen Klerus trat eine derartige Lockerung ein, daß auf verschiedenen kastilischen Konzilien ernstliche Anstrengungen gemacht werden mußten, um eine Änderung dieser Zustände herbeizuführen. Eine viel umstrittene Frage war damals die der Ernennung der Bischöfe, die vom Domkapitel zu wählen und durch den Papst zu bestätigen waren. In vielen Fällen jedoch nahm die römische Kurie selbst zum größten Mißfallen des spanischen Volkes und Klerus diese Ernennungen vor, wobei in der Hauptsache Ausländer bevorzugt wurden. Wirtschaftlich war die Kirche außerordentlich günstig gestellt, da der Reichtum der Klöster und Kathedralen durch Vermächtnisse und Schenkungen geradezu ungeheure Ausmaße angenommen hatte. Immer zahlreicher wurden die Pilgerscharen, die zu den nationalen Heiligtümern strömten, unter denen San Salvador von Oviedo, Villalcazar de Sirga und Santa Maria von Salas einen hohen Ruf genossen. Vor allem aber zog es die ausländischen Pilger nach Santiago de Compostela. Aus den fernsten
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Ländern kamen sie an das Grab des Apostels. Bekannte Namen waren unter den „Jakobitern", wie diese Wallfahrer genannt wurden: Fürsten wie Margarete von Schweden und Ludwig XI. von Frankreich, Deutsche wie Schlick, Orientalen wie der Bischof von Ersindjan in Armenien und Flamen wie der Maler Van Eyck. Eine große Macht übte die Kirche auch durch die militärischen Orden aus, die zum Lohn für ihre tatkräftige Mitwirkung an der Reconquista Güter, Ländereien und reiche Zuwendungen erhielten. Der Templerorden wurde von Philipp IV., dem Schönen, der ein Auge auf den Reichtum dieses Ordens geworfen hatte, verfolgt und schließlich durch den Papst Clemens V. aufgehoben. Bei einem in Medina del Campo in Kastilien zusammengetretenen Tribunal konnten, ebenso wie bei einem später in Salamanca abgehaltenen Konzil, die Richter zwar nachweisen, daß die Anklagen, die man gegen den Orden vorgebracht hatte, unbegründet waren, trotzdem aber ging der Besitz der Templer auf Anordnung des Heiligen Stuhles an den Johanniterorden von Jerusalem über. Die drei spanischen Orden der Santiagoritter, der Calatravaritter und der Alcäntararitter nahmen an Einfluß und Bedeutung ständig zu; daneben gab es einige Neugründungen von geringerer Bedeutung, wie der von Alfons X. gestiftete Orden der Heiligen Maria von Spanien und der „Orden de la Banda", dessen Stifter Alfons XI. war. Die Großmeister der Orden, die über eine starke Truppe und ein großes Vermögen verfügten, erlangten einen ungeheuren sozialen und politischen Einfluß. D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n in den s p a n i s c h e n O s t s t a a t e n . In Aragon spitzte sich der Kampf zwischen Königtum und Adel zu, und als schließlich die Sache der Union eine entscheidende Niederlage erlitten hatte, erfuhr die Autorität des Königs eine beträchtliche Stärkung. Die aragonesischen Fürsten hatten die demokratischen Gemeinderäte auf ihrer Seite und konnten außerdem bei dem Kampf gegen die oligarchischen Lehnsritter auf die Unterstützung einzelner Städte zählen. Seit dem Siege des Königtums gewann der zentralistische Geist immer mehr an Boden, bis es während der Regierungszeit Ferdinands I. und Johanns II. zu einem Mißbrauch der königlichen Macht kam, dessen sich diese Herrscher vor allem auf dem Gebiet des Verfassungsrechtes schuldig machten. Das Königreich Mallorca verfügte während seiner kurzen Lebensdauer über eine politische Organisation, in welcher mehr demokratische und patriarchalische Prinzipien vorherrschend waren. In Navarra trat die zentralistische Neigung der Herrscher wieder stärker hervor, wobei zweifellos die enge Verbindung mit Frankreich von Einfluß war. In Aragon stand im Mittelpunkt des Machtkampfes die Person des „Justicia". Die Union war nach Kräften bestrebt, diesem Beamten immer
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größere Machtvollkommenheiten zuzuweisen, während der König bemüht war, seine Bedeutung herabzudrücken und sich vor allem gegen die Unabsetzbarkeit des „Justicia" wandte. So wird erzählt, daß der Herrscher bei der Ernennung des „Justicia" diesen eine Entlassungsurkunde unterschreiben ließ, deren sich der König dann zu einem bestimmten Termin bedienen konnte. Peter IV. schuf zur Stärkung der königlichen Macht einen Hofrat, d. h. eine Art Gerichtshof, der den König ständig begleitete. An Verwaltungsbeamten kannte man im Königreich Aragón den Generalgouverneur von Aragón, den „Bayle general", weiter sogenannte „Sobrejunteros", „Merinos", Richter, Inquisitoren, „Justicias", „Zalmedinas" und Bürgermeister. Innerhalb der aragonesischen Justizverwaltung sind als zwei wichtige Rechte die „Firma" und die „Manifestación" zu nennen, über deren Erfüllung der Justicia zu wachen hatte. Die „Manifestación" war eine Art Asylredit, wonach der Angeklagte während der Dauer des Prozesses nicht beschimpft oder gequält werden durfte; die „Firma" war ein mittelalterliches habeas corpus, laut dem kein Prozessierender, bevor das Urteil ausgesprochen war, seiner Freiheit beraubt werden konnte. In Navarra standen an der Spitze der königlichen Justizverwaltung die „Corte", deren Mitglieder „Alcaldes de Corte" genannt wurden. Als beratender Ausschuß tagte der Königliche Rat. Der höchste Beamte des Reiches war der Marschall, ein Amt, das man aus Frankreich übernommen hatte; später, zur Zeit Doña Blancas, wurde der Posten des Kronfeldherrn geschaffen. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . Eine für Aragón eigentümliche Einrichtung war die Trennung von Fiskus und privater Finanzverwaltung des Königs. Der erstere unterstand dem „Mestre racional", die letztere dem „Bayle". Abgaben wurden erhoben für den Marstall und die Tafel des Königs, für das Gerichtswesen, die Ausrüstung des Heeres und das Münzwesen. Später kamen noch die Abgaben für die königliche Kanzlei und der sogenannte „bovaje", eine Kopfsteuer für Viehbesitz, hinzu. Katalonien kannte, ebenso wie Kastilien, allgemeine Abgaben. Die von den Cortes gebilligten Zuschüsse entsprangen allerdings, ebenso wie die Schenkungen, welche die Fürsten einzelnen Städten oder Ständen machten, nicht immer ganz einwandfreien Gründen. Sehr groß waren die Einkünfte der Diputación von Katalonien, vor allem aus der sogenannten „bolla-Steuer" oder „Bleisiegelsteuer". In Navarra schuf Karl II. eine Rechnungskammer zur Verwaltung der Finanzangelegenheiten. W a s das Wirtschaftsleben im Königreich Aragón betrifft, so ist zu sagen, daß in Aragón selbst viel Landwirtschaft aber wenig Handel betrieben wurde, in Valencia Landwirtschaft und Handel etwa gleichmäßig vertreten waren und in Katalonien der Handel überwog. Tuchindustrien gab
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es in Albarracin, Zaragoza, Jaca und Huesca. Zu einer ganz besonderen Blüte aber entwickelte sich die Industrie in Katalonien vor allem in Barcelona, Lérida und Ampurdán. Die valencianische Landwirtschaft war der katalanischen überlegen, ihre Industrie dagegen, die zwar auch einen gewissen Entwicklungsstand erreicht hatte, konnte sich mit der des Fürstentums Katalonien nicht messen. Der Handel Aragóns erstreckte sich über das Ebrogebiet, und in Zaragoza bestand bereits seit dem 14. Jahrhundert ein Handelskonsulat. In Katalonien, vor allem aber in Barcelona, genossen die einheimischen Produkte einen besonderen Schutz, wodurch die Entwicklung des Handels günstig beeinflußt wurde. Die Katalanen unterhielten Handelsbeziehungen mit Flandern, den Ländern des Nordseeraumes, Mitteldeutschland, in besonderem Maße aber audh mit Italien, der Berberei, Ägypten und dem Orient. In Fragen des Handelsrechts entschied das sogenannte „Concell de Cent", für den Seehandel existierte noch das „Consulat de Mar". Die für Katalonien schon traditionelle Tuchfabrikation machte weitere Fortschritte. Der aufstrebende Handel hatte in Barcelona das Entstehen einer mäditigen Klasse begüterten Bürgertums zur Folge. In dieser Stadt wurde als eine Art Wechselbörse die sogenannte „Taula de Cambio" gegründet, eine Einrichtung, die bald auch in anderen Städten nachgeahmt wurde. Auch Valencia, das Zentrum des Italienhandels, erfuhr eine Hochblüte der Entwicklung. Im Königreich Mallorca waren die regen Handelbeziehungen der Muslim von den Christen übernommen worden; das Reich verfügte über eine große Handelsflotte, welche die Verbindung mit dem fernen Rhodos, mit Ägypten und Kleinasien aufrecht erhielt. Audi nach Flandern kamen Schiffe aus Mallorca. In Navarra hatte man große Industrien für Wollstoffe, Segeltuch und Lederwaren; was die Landwirtschaft betraf, so konnte trotz des ungünstigen Bodens durch geschickte Bewässerungsanlagen eine Steigerung des Ertrages erzielt werden. D i e s o z i a l e G l i e d e r u n g . Mit der Erweiterung der Vorrechte des aragonesischen Adels war in diesem Lande gleichzeitig eine Schlechterstellung der unteren Volksschichten verbunden. In den Städten entwickelte sich eine breite Mittelklasse, die jedoch je nach den Landesteilen verschiedene Merkmale aufwies. Während nämlich im Norden die Stadtverwaltungen oligarchischen Charakters waren und danach strebten, ähnliche Privilegien zu erhalten, wie der Adel sie besaß, hatte das Verwaltungsleben der Städte im Süden mehr demokratisch-bürgerliche Formen angenommen. In Katalonien tobte ein erbitterter Kampf zwischen dem Adel und der Landbevölkerung, den „payeses de remesa", die den härtesten Bedrückungen von Seiten der herrschenden Schicht ausgesetzt waren. Die Bauern begannen einen offenen Krieg, der fast die ganze Regierungszeit Johanns II.
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hindurch andauerte, und bei dem später auch rein politische Motive mit hineinspielten. Erst zur Zeit Ferdinands des Katholischen kam dieser Zwist zum Stillstand. Inzwischen hatte eine andere Macht immer mehr an Bedeutung gewonnen: das Bürgertum, dessen Einfluß vor allem in Barcelona unvergleichlich größer war als in allen anderen Teilen Spaniens. Valencia, das von katalanischen Bürgern und aragonesischen Adligen erobert worden war, bekam die Nebenbuhlerschaft dieser beiden Elemente zu spüren. In Mallorca kam es zu einem schweren Zusammenstoß zwischen der bürgerlichen Plutokratie der Städte und der Landbevölkerung, die schließlich die Hauptstadt belagerte und die reichen Kaufleute, die mit ihrer Selbstsucht den Anlaß zu dem Streit gegeben hatten, in ernste Bedrängnis brachte. Dem französischen Einfluß ist es zweifellos zuzuschreiben, daß sich in Navarra das Lehnswesen halten konnte, obgleich sich auch hier nach und nach eine Ausbreitung des niederen Adels, ein ständig wachsender Einfluß der Bürgerklasse und eine Verbesserung der Lebensumstände in den untersten Volksschichten bemerkbar machte. D a s R e c h t s w e s e n . Auf Anordnung Jakobs I. sollte eine Sammlung der aragonesischen Gesetze zusammengestellt werden, und Vidal de Ganellas, der Bischof von Huesca, unterzag sich mit Geschick dieser Aufgabe. Das „Privilegio general" datiert aus dem Jahre 1283, wenige Jahre später (1287) erschien dais Privileg der Union, das soviel Unfrieden stiftete. Zur Zeit Jakobs II. schrieb der Justicia Juan Pérez de Salanova ein Werk mit dem Titel „Observancias" und viele Jahre später stellte Martin Díaz de Aux, der ebenfalls das Amt eines Justicia bekleidete, unter dem gleichen Titel einen Sammelband über die Rechtsgewohnheiten des Königreichs zusammen. In Katalonien gab Peter III. im Jahre 1283 eine Zusammenstellung des Gewohnheitsrechts von Barcelona unter dem Titel „Recognoverunt proceres" heraus. Katalonien war zu jener Zeit das Land der großen Rechtsgelehrten. Hier wirkten Guillermo Botet, der Verfasser der Gesetzsammlung „Consuetudines Ilerdenses"; Arnaldo de Tortosa, der das „Libre de les costumes de Tortosa" zusammenstellte; Pedro Albert, der Autor der „Consuetudines Cathalonie" und der große Kirchenrechtler San Raimundo de Peñafort, der die „Decretales" Gregors IX. verfaßte. König Peter IV. veranlaßte die Herausgabe der „Ordenaciones" des Königshauses, und aus dem 15. Jahrhundert schließlich stammten die lehnsrechtlichen „Costumbres" von Gerona. Vidal de Canellas stellte die „Fürs", die valencianischen Stadtrechte zusammen. In Navarra hatte man als gültiges Gesetzbuch das „Fuero general", das die Lücken und Mängel der einzelnen Stadtrechte glücklich ergänzte.
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W i s s e n s c h a f t u n d L i t e r a t u r . Daß auch in den aragonesisdien Reichen ein reges wissenschaftliches Leben herrschte, beweisen die von Jakob II. gegründete Universität von Lérida, die Universität von Perpignan, die Peter IV. stiftete, die Lehranstalten von Valencia, die Mudejar-Universität von Zaragoza und die Akademie von Barcelona. Ebenso wie in Kastilien machten sich hier der französische und der italienische Einfluß sowie ein besonderes Interesse für die orientalische Wissenschaft bemerkbar. Auf dem letzteren Gebiet tat sich vor allem Ramón Lull hervor. Die Medizin war in Aragón und Katalonien hoch entwickelt, unter ihren Vertretern ist an erster Stelle der berühmte Arzt und Alchimist Arnaldo de Vilanova zu nennen. Ein Philosoph von Namen war Sabunde, in den theologisch-politischen Wissenschaften tat sich Francisco Eximenis, der Bischof von Elna, hervor. Der katalanische Einfluß in Griechenland ist verschiedentlich abgestritten worden, die moderne Kritik jedoch hat die Spuren, welche die katalanische Kultur auf hellenischem Boden hinterlassen hat, einwandfrei aufgezeigt. Es fand hier jedenfalls eine gegenseitige Einflußnahme statt; so ist uns bekannt, daß der gelehrte Eroberer von Morea, Juan Fernández de Heredia, eine Übersetzung der Werke Plutarchs und Zonaras veranlaßte. Hohes Ansehen auf kulturellem Gebiet genoß der aragonesische Hof Alfons 1 V. in Neapel, wo zwei Strömungen, die katalanische und die der italienischen Renaissance, sich kreuzten. Auch die Mitglieder der spanischen Kolonien in Italien, die, vor allem seit Alfonso Borgia als Calixtus III. auf dem Heiligen Stuhle saß, sehr zahlreich geworden waren, trugen das ihre zur Förderung dieser kulturellen Beziehungen bei. Der Vertreter der Wissenschaft Navarras war der Infant Karl von Viana, der unter anderem auch eine „Crónica de los Reyes de Navarra" verfaßte. In Katalonien gab man nun auch auf literarischem Gebiet die lateinische Sprache auf und bediente sich statt dessen der katalanischen, die deutliche Einflüsse des Limousinischen und Provenzalischen aufweist. Die Dichter unterstanden anfänglich dem Dichterrat von Toulouse, bis Johann I. in Barcelona einen neuen Rat der „Fröhlichen Wissenschaft" begründete und die „Jochs Florais", die berühmten Dichterwettkämpfe, ins Leben rief. Ramón Lull gilt als der erste katalanische Dichter, ihm folgen König Jakob III., Königin Constanza von Mallorca, Muntaner und Peter IV. Aus der großen Zahl der katalanischen Dichter wollen wir ferner nur noch den didaktischen Pedro March, den berühmten Jordi de San Jordi, Andreu Fabrer, Corella und den hochbegabten Ansias March, den Verfasser der „Weisen von Liebe und T o d " erwähnen. Italienischer Einfluß tritt deutlich in der „Comedia de la Gloria d' Amor" des Fraters Bernart de Rocaberti zutage. Die Satire wird vertreten durch das Werk des Bettelmönches Anselm de Turmeda. Unter den Romanen sind an erster Stelle der „Tirant lo
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Blanc" von Joanot Martorell und Johan de Gralla zu nennen; ein ausgezeichnetes Beispiel für den allegorischen Roman bietet die „Blanquerna" Ramón Lulls. Die Geschichtsschreibung weist in Aragón und Katalonien berühmte Vertreter auf, angefangen mit König Jakob selbst, dem die Chronik seines Lebens zugeschrieben wird. Es folgen sodann Ramón Muntaner, Bernart Desclot und Bernat Descoll, der die Chronik Peters IV. schrieb, als deren Verfasser man früher irrtümlicherweise den Herrscher selbst ansah. Ein vorbildlicher Archäologe ist Margarit, der Bischof von Gerona, der gewöhnlich „El Gerundense" genannt wird, und die vielumstrittenen „Paralipomena Hispaniae" verfaßte. Historiker von geringerer Bedeutung sind Urrea, Ponzán und Casanate. Auch als Kartenzeichner taten sich die Katalanen und vor allem die Mallorquiner hervor. Vom 13. Jahrhundert ab galt die Insel Mallorca als Mittelpunkt der nautischen Wissenschaft. Die berühmte Seekarte des Angel Dulcert oder Dulceri stammt aus dem Jahre 1339. Auch eine jüdische Familie mit Namen Cresques zeichnete sich auf diesem Gebiete besonders aus. Jahuda Cresques, der zum Christentum übertrat, wurde unter dem Namen Jaime Ribes bekannt, Abraham Cresques schrieb im Jahre 1382 die „Taules de la figura del mon". Wir besitzen heute noch Landkarten des Mallorquiners Gabriel de Vallseca aus dem Jahre 1439 und des Juden Maciá de Vila Destes aus dem Jahre 1413. D i e K u n s t . Auf künstlerischem Gebiet ergab sich in den Oststaaten Spaniens die gleiche Entwicklung wie in Kastilien und Portugal. Architektonische Formen der Übergangszeit weisen die Zisterzienserklöster Pöblet und Veruela, die Kathedrale von Tarragona und die alte Kathedrale von Lérida auf. In Navarra sind die Klöster La Oliva und Fitero in diesem Stile erbaut. Die Kathedrale von Barcelona ist gotisch, und zwar in der aus Narbonne stammenden besonderen Bauweise, ebenso die Kathedrale von Palma de Mallorca. Schöne Beispiele der katalanischen Gotik bieten die Kathedralen von Tortosa und die Kirche Santa Maria del Mar in Barcelona. Wundervoll in ihren Proportionen ist die gotische Kathedrale von Pamplona. Als weltliche Bauten im gotischen Stil nennen wir den „Torre de Serranos" in Valencia, das Rathaus und die Diputación von Barcelona und die Börsen von Valencia, Palma de Mallorca, Barcelona, Perpignan und Zaragoza. Ein ganz eigenartiger Stil, den man nur in Spanien findet, ist der sogenannte Mudejarstil. Aragón besitzt die schönsten Beispiele hierfür, an erster Stelle die große Kathedrale von Teruel. Ebenfalls in Teruel stehen die Mudejartürme der Kirdien von San Martin und San Salvador. Daneben ist der prächtige Chorbau der „Seo" von Zaragoza zu erwähnen. Die Bildhauerkunst war während des 13. Jahrhunderts in den Ost-
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Staaten weniger entwickelt als in Kastilien. Nennenswerte Werke sind die Muttergottesstatuen von San Juan de las Abadesas und Roncesvalles. Bildhauer von Ruf waren Jaime Castayls, Guillen Solivella, Anton Claperos und Guillen Morey. Dem 14. Jahrhundert gehörte der geniale Goldschmied Pere Moragues, der Schöpfer der Monstranz der Gilden von Daroca, an. Auf dem Gebiet der Malerei machten sich in den aragonesischen Reichen zwei Einflüsse, der italienische und der nordische, bemerkbar. Der Einfluß von Pisa und Siena trat am deutlichsten in Mallorca zutage. In Katalonien arbeiteten Ferrer Bassä (1350), Pedro Serra, Pere Nicolau, Jacobo Mateo und Anton Gueraiu. Die bedeutendsten Maler der katalanischen und valencianischen Schule jedoch waren Luis Borrassä, Jacomart Ba^o und Luis Dalmau; der letztere ist der Meister der berühmten „Jungfrau der Ratsherren". D i e Kirche. Sitten und Lebenswandel der Geistlichkeit waren in dieser Zeit in einen derartigen Verfall geraten, daß eine schleunige Reform am Platze war. In den spanischen Oststaaten machte sich zudem die durch die Kirchenspaltung verursachte Verwirrung bedeutend mehr bemerkbar als in Kastilien und Portugal, da diese letzteren Länder an sich schon dem Streit ferner standen und der Gegenpapst Luna außerdem die letzten Jahre seines Lebens in Peniscola verbrachte. In Katalonien verfügte die Kirdie über reiche Lehnsgüter. Die Ketzerei, die in Kastilien so wenig Platz greifen konnte, brachte manche Unruhe über die aragonesischen Reiche. Ein berühmter Ketzer war der katalanische Arzt Arnaldo de Vilanova. Auch die Sekten der Begharden und der „Fraticelli" fanden in Katalonien Anhänger. Nachdem der Templerorden aufgehoben war, ging sein Besitz an den von Jakob II. gegründeten Monteserorden über. Die Herrscher lieferten zahlreiche Beweise ihrer innigen Frömmigkeit und immer länger wurde die Liste der Pilgerfahrten zu dem allgemein verehrten Heiligtum von Montserrat. In Aragon wie in Navarra beklagte sich das Volk darüber, daß die Bischofstellen und Pfründen so häufig an Ausländer vergeben wurden. Dieser Mißbrauch, den die Römisdie Kurie mit den spanischen Kirchengütern trieb, sollte zu ernsten Unruhen führen. Auch die Tatsache, daß die spanischen Würdenträger zumeist von ihrem Amtssitz entfernt in Avignon oder in Rom lebten, rief naturgemäß Mißstimmung und Unzuträglichkeiten hervor. D i e J u d e n u n d d i e M u d e j a r b e v ö l k e r u n g . Eine der seltsamsten Erscheinungen des spanisdien Mittelalters ist das Nebeneinanderleben der Christen, Juden und Muhammedaner. Während der Regierungszeit verschiedener Könige genossen die Juden den ausdrücklichen Schutz des HerrBallesteros, Spanien
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schers. So waren der heilige Ferdinand und Jakob der Eroberer ausgesprochene Wohltäter der jüdischen Rasse. Der größte Schutz jedoch' wurde ihnen während der Regierung Alfons' X. zuteil, der sich mit weisen Rabbinern umgab und Juden mit der Übersetzung muslimischer Werke über Astronomie und andere Wissenschaften beauftragte. Audi bei den Verteilungen von Land und Beute erhielten die Juden reiche Schenkungen. An den Universitäten wurden Lehrstühle für die hebräische Sprache eingerichtet. So waren z. B. Toledo und Sevilla Mittelpunkte des jüdischen Wissens. Im Gebiet von Córdoba und Toledo errichtete man Synagogen. Zur Erinnerung an den Judaslohn bestand eine Steuer von dreißig Silbermünzen, welche von den Judenvierteln entrichtet werden mußte. Gegen Zins verliehen die Juden meistens ihre Gelder und übten häufig das Amt von Almojarifen aus, wie z. B. während der Regierung Sandios IV. und Ferdinands IV. Berühmt wurden auf diesem Gebiet Jussuf von Ecija zur Zeit Alfons5 XI. und Samuel Levi, der zur Zeit Peters I. lebte. Dieser letztere Herrscher war ein großer Freund und Beschützer der hebräischen Rasse. Der Bastard Heinrich von Trastamara gestattete im Widerspruch zu dieser Politik die Plünderung des Judenviertels von Toledo und stand während seiner ganzen Regierungszeit niemals auf seiten der Juden. Am schlechtesten erging es den Juden während der Minderjährigkeit Heinrichs III., denn zu dieser Zeit begannen infolge der Predigten des fanatischen Erzdechanten von Ecija, Hernando Martínez, die Judenverfolgungen in Sevilla, denen sich alsbald die Plünderungen der Judenviertel von Burgos, Valencia, Barcelona, Palma de Mallorca, Córdoba und Toledo anschlössen. Die Regentin Katharina veröffentlichte eine Verordnung gegen die Juden. Der heilige Vicente Ferrer bemühte sich, sie zum Christentum zu bekehren und erreichte auch, daß viele Tausende sich taufen ließen. Johann II. von Kastilien beschützte sie, während zur Zeit Heinrichs IV. gegen die jüdische Rasse die Anklage des Ritualmordes erhoben und behauptet wurde, sie pflegten durch die Opferung eines Christenkindes die Passion Christi zu wiederholen. In Aragón waren die höchsten Posten der Finanzverwaltung häufig in jüdischen Händen, und einzelne Herrscher, wie z. B. Martin I., verteidigten diese Rasse gegen die Gewalttätigkeiten von seiten des Volkes. In Mallorca genossen die Juden bis zum Jahre 1391 eine bevorzugte Stellung, dann aber kam es aur Plünderung von Call und einer großen Judenverfolgung. Die überlebenden bekehrten sich zum Christentum. In Navarra begannen die Judenverfolgungen Anfang des 14. Jahrhunderts. Durch die Eroberung Andalusiens hatte sich die Mudejarbevölkerung außerordentlich erhöht. Diese Mauren lebten, ebenso wie die Juden, in abgesonderten Stadtteilen, den sogenannten „morerías" oder „aljamas",
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die hohe Abgaben an die Könige zu zahlen hatten. Die Muslim waren durch Gesetze gezwungen, sich besonders zu kleiden und sich so von der Christenbevölkerung zu unterscheiden, im übrigen jedoch hatten sie in mancher Hinsicht eine eigene Rechtsprechung und unterstanden in erster Instanz ihrer eigenen Verwaltung. Trotz der verräterischen Erhebung, die sich zur Zeit Alfons' X. ereignete, wurden sie im allgemeinen besser behandelt als die Juden. Heinrich IV. zeichnete sie besonders aus und hielt sich eine Mudejargarde, die durch ihre Raubzüge und Plünderungen auf kastilischem Boden berüchtigt war. Die aragonesischen Herrscher scheinen sich den Mudejarn gegenüber weniger duldsam verhalten zu haben. Die Muslim wurden hier den allgemeinen Gesetzen unterstellt und ihre Auswanderung nach Granada verboten. In Katalonien gab es nur wenige Mauren, in Valencia dagegen bestand ein großes maurisches Stadtviertel. Von den Balearen ist uns bekannt, daß die Mauren entweder zum Christentum übertreten mußten oder in die Sklaverei wanderten. Große und reiche Maurenviertel gab es in Navarra, vor allem in Tudela, Cortes und Fontellas. Die Mudejarn saßen hier in den öffentlichen Verwaltungsstellen und dienten sogar im Heer, wo sie eine Sondertruppe bildeten.
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DAS KATHOLISCHE KÖNIGSPAAR F e r d i n a n d u n d I s a b e l l a . Als rechtmäßige Herrscherin bestieg Isabella I. den kastilischen Thron: sie war durch die Cortes von Ocana und Segovia anerkannt und in der letzteren Stadt im Dezember 1474 zur Königin gewählt worden. Von ihrem Bruder, dem unglücklichen Heinrich IV., erbte sie die Krone, die durch so viele Wechselfälle hindurch immer noch das hohe Sinnbild der kastilischen Rasse darstellte. Von diesem Zeitpunkt an aber sollte der Genius Kastiliens sich stürmisch über die fernsten Kontinente ausbreiten und Europa seine Kraft und Überlegenheit dartun. Wir wollen hier zunächst einmal untersuchen, welches die einzelnen Elemente waren, die zusammen das große Kastilien bildeten. Das Königreich bestand aus den Gebieten Asturien, Galicien, Leon, Extremadura, den baskischen Provinzen, Murcia und Andalusien. Asturien, die Wiege der spanischen Nation, lebte sozusagen von seiner Vergangenheit, wie eine Matrone aus reinem edlen Geschlecht. Zuweilen wurde der innere Friede gestört durch rebellische Magnaten und sogar Fürsten aus königlichem Geblüt, die sich in ihren Felsenburgen und den 12«
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Städten an der Küste verschanzten. Die Könige selbst kamen nur selten nach Asturien. Der hohe Ruf des Landes erhielt sich jedoch durch alle Zeiten, und als man dem Erben der kastilischen Krone einen besonderen Titel verleihen wollte, erinnerte man sich dieses Gebietes, das den segensvollen Weg der Reconquista zuerst beschritten hatte, und nannte den künftigen König „Prinz von Asturien". Auch Galicien vergaß seine ruhmvolle Geschichte nicht. Hier hatte man einst, wenn auch nicht mit dem gleichen Erfolg wie in Asturien, so doch beinahe zur selben Zeit, die Waffen gegen die muslimischen Eindringlinge erhoben. Die weiche galicische Sprache, die der asturischen ähnelte, doch noch melodiöser war, fand ihren Niederschlag in literarischen Werken, die Ausdrude einer Kultur waren, welche sich durch die Wallfahrten nach Santiago, den provenzalischen Einfluß und schließlich durch den zweimaligen gescheiterten Versuch der Gründung eines autonomen Staates entwickelt hatte. Mittelpunkt dieser nationalistischen Bestrebungen war, wenn dies auch nicht offen zum Ausdruck kam, die bedeutende Persönlichkeit des Bischofs Gelmirez. Als jedoch später das Lehnswesen hier Platz griff, rieb sich die Kraft des Landes in lokalen Zwistigkeiten auf. León, die Heimat so vieler edler Geschlechter, hatte seine Unabhängigkeit aufgegeben und bildete nur noch eine kaum bemerkbare Nuance in der Vielheit der kastilischen Länder. Wie in einer innigen Umarmung war es mit seiner Schwester Kastilien verschmolzen und stellte jetzt das Bindeglied zu Asturien und den historischen Übergang vom Bergland zur Ebene dar. Der Name Extremadura hatte sich erst in den letzten Jahrhunderten durchgesetzt und sollte nun bestehen bleiben, während der frühere in Vergessenheit geriet. Es gab noch ein anderes Extremadura in Ostspanien, zu dem ein Teil des Gebietes von Soria gehörte, doch hier verschwand, vor allem infolge der Vereinigung von Kastilien und Aragón, diese politische Bezeichnung, die für das frühere Grenzland verwendet worden war. So erhielt sich nur das westliche Extremadura, die Trennungslinie gegen Portugal, jener Landstreifen, in dem, geographisch gesehen, die vom Zentrum des Landes entferntesten Kastilier und Leoneser dicht an der lusitanischen Grenze saßen. Weithin bekannte und verehrte Weihestätten rein kastilischen Charakters, wie die von Guadalupe, bestärkten das Nationalgefühl und sicherten die Anhänglichkeit der kastilischen Könige an dieses ihrer Länder. Ein kostbarer Sdimudc des kastilischen Reiches waren.die baskischen Provinzen, die einige Zeit zu Navarra gehörten. Verbunden waren sie alle drei durch die gemeinsame Rasse ihrer Bevölkerung und die baskische Sprache; im Hinblick auf ihre politische Haltung und ihre Verwaltung
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jedoch unterschieden sie sich: Alava hatte sich am meisten Kastilien angeglichen, in Guipúzcoa, das seine eigenen Redite und Einrichtungen bewahrte, erhielt sich der baskische Charakter, und Viscaya schließlich war wie ein riesiges Lehnsgut, das zuerst mit dem Hause der Haro, später mit dem der Lara aufs engste verknüpft war. Diese Provinz machte den Königen am meisten zu schaffen; ihre stolze Selbständigkeit erwies sich immer wieder durch die internationalen Beziehungen, welche die Herren dieses Landes unabhängig von den kastilischen Herrsdhern aufrecht erhielten. Obgleich das Gebiet seit der Zeit Alfons 5 XI. zum kastilischen Reich gehörte, wußte es sich seine Besonderheit und viele seiner ihm so wertvollen Freiheiten und Vorrechte zu erhalten, während es andererseits den eingegangenen Pakt treu innehielt und sich mit dem Geschick Kastiliens verbunden fühlte. Murcia, die Stadt, die Alfons X. in den Tagen seines Unglücks die Treue gehalten hatte, war die Hauptstadt eines alten Königreiches, das nach der Eroberung durch die Christen die Grenze zwischen Kastilien und Granada bildete. Hier lagen die Besitzungen des Infanten Manuel, und hier übte dessen Sohn, der literarisch begabte Juan Manuel, lange Zeit hindurch das Amt eines Statthalters des Reiches Murcia aus. Bei den später ausbrechenden Parteikämpfen des Adels konnte das Gebiet dieses Reiches nur dank der politischen Schwäche Granadas ungeschmälert erhalten bleiben. Die reichen andalusischen Provinzen waren die kostbarsten Perlen in der Krone Kastiliens. Kastilier und Leoneser hatten diese Gebiete neu besiedelt, und nun wanderten die edelsten Geschlechter Kastiliens, die Grundbesitz in den früheren Reichen Jaén, Córdoba, Sevilla und Niebla erhalten hatten, nach Andalusien. Nach seiner Rüdeeroberung durch die Christen fiel diesem Land der Hauptteil an den noch ausstehenden Kämpfen gegen die Mauren zu. Der Name Kastilien war der gemeinsame Nenner, das glorreiche Banner der Reconquista, gleichzeitig aber auch der fruchtbare Mutterboden jener Geschlechter von Kriegern, die den Kreuzzugseifer gegen die Muslim hochhielten. Kastilien hatte die spanische Nation geformt, seine melodiöse und doch kraftvolle Sprache hatte sich als Amts- und Literatursprache durchgesetzt, sie war die Sprache der Eroberer, die von den kantabrischen Küsten aus das Mittelmeer befuhren. So reichte das große Kastilien von den Gestaden von Santander bis hinunter zu den Ufern des Guadalquivir und der Bucht von Cádiz. Von den Ausläufern der Pyrenäen und den uralten kastilischen Städten Burgos, Valladolid, Avila und Segovia waren die kastilischen Ritter mit ihren Gefolgschaften vorgedrungen in jene Bezirke, die später den Namen „Neukastilien" erhielten. Toledo, Cuenca, Guadalajara und Villarreal (Ciudad
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Real) wurden nebst ihren ausgedehnten Ländereien von den Altkastiliern besetzt. Dann kam Andalusien an die Reihe, kurz darauf sollte es Granada sein, späterhin Amerika und bald würde die ganze Welt zu klein sein für die Heldentaten der Kastilien Ferdinand V., der dem kastilischen Königshause entstammte, erbte beim Tode seines Vaters Johanns II. die Krone von Aragón. Als Erbteil fielen ihm Aragón, Katalonien, Valencia, die Balearen, Sardinien und Sizilien zu. Diese Reiche und Länder vereinigten sich zwar mit Kastilien, behielten aber ihre Eigenständigkeit. Aragón war während der Zeit der Reconquista der Sturmbock gewesen, der gegen die muhammedanische Macht angesetzt wurde. In der Verbindung mit den anderen östlichen Staaten Spaniens war dieses Land stets die Verkörperung der Kraft und Energie. Audi Katalonien hatte im Kampf gegen die Ungläubigen seine Aufgabe zu erfüllen gehabt — nach Erledigung derselben hatte seine Küstenlage und der praktische Handelsgeist seiner Söhne zusammengewirkt, um das Meer zum wichtigsten Lebensfaktor des Landes werden zu lassen. Als Kaufleute und Krieger waren Katalanen und Aragonesen gemeinsam in den fernen Orient vorgedrungen. Diese tapferen Spanier trugen den Namen Iberias bis nach Anatolien, kamen nach Byzanz, wo sie durch den Kaiser Paläologus mit Geschenken überhäuft wurden, betrachteten das Parthenon und eroberten Athen. In Valencia, jener Stadt, die inmitten des herrlichsten Gartenlandes gelegen war, stießen der aragonesische Tatendrang und die Seefahrtsinteressen Kataloniens zusammen; bald sollte die Stadt eine eigene persönliche Note erhalten, eine Mischung aus Aragón übernommenen Adelsstolzes und bürgerlicher Bestrebungen, wie sie die katalanischen Eroberer mitgebracht hatten. Die Balearen, die sich unter jeder Herrschaft ihr spanisches Wesen bewahrt hatten, unterstanden jeweils dem, der Herr der Pyrenäenhalbinsel war. Nachdem sie der aragonesischen Krone angegliedert waren, bestanden sie eine Zeitlang als selbständiges Königreich, um schließlich wieder durch die Staaten des Festlandes übernommen zu werden und ihr Geschick mit dem Aragóns zu verbinden. Sardinien, das Ströme aragonesischen Blutes gekostet hatte, war durch eine päpstliche Schenkung in den Besitz Aragóns übergegangen, wobei der Heilige Stuhl den aragonesischen Staat für den Verlust Siziliens entschädigen wollte. Die unbedingte Überlegenheit der aragonesischen Macht brachte es zuwege, daß der Geist des Aufruhrs in Sardinien erlosch, vor allem nachdem Genua verfiel und nun nicht mehr die Rebellion auf der Insel schüren konnte.
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Sizilien war die kostbare Eroberung Peters III. Das Haus Aragón, das hierher gerufen worden war, konnte sich dank der Anhänglichkeit und Liebe, die ihm seine sizilianischen Vasallen bezeugten, auf dieser Insel halten. Neapel dagegen hatte sich von dem aragonesischen Stamme losgerissen und wurde nun durch eine Bastardlinie des Hauses Trastamara regiert. Einige Jahre später sollte es wiederum einen Teil des großen spanischen Staates bilden. Spanien, das seine politische Einheit schon einmal während der Westgotenherrschaft erlangt hatte, sollte sich jetzt von neuem zu einer Nation zusammenschließen. Diurch die Vermählung der Katholischen Könige war Spanien wiederauferstanden und neu geboren worden. Nur drei Glieder fehlten noch, um die Einheit vollständig zu madien: Navarra, Granada und Portugal. Die beiden ersteren Gebiete wurden bereits während der glorreichen Herrschaft Ferdinands und Isabellas dem Reiche einverleibt, das dritte sollte erst in der Zeit Philipps II. dazukommen. D i e e r s t e n J a h r e d e r R e g i e r u n g s z e i t . Die erste Frage, die es zu lösen galt, war eine dynastische, nämlich das vielumstrittene Problem der Legitimität Johannas, der „Beltraneja". Es fehlte nicht an adligen Querköpfen, die die Rechte Johannas vertreten wollten, und an erster Stelle standen hierbei der Marquis von Villena, der Herzog von Arévalo und der Graf von Ureña. Später schloß sich dieser Partei noch der unruhige Erzbischof von Toledo, Alfonso Carillo, an, der vordem ein glühender Anhänger Isabellas gewesen war. Um die Sache Johannas mit einigem Erfolg vertreten zu können, mußte man die Unterstützung eines ausländischen Herrschers erlangen. Bald fand man diese auch in Portugal, dessen König Alfons V. sich vertraglich verpflichtete, sich mit Johanna zu vermählen und mit seinen Truppen einzurücken, um das Reich zu erobern. Und der Portugiese hielt auch wirklich zunächst einen triumphalen Einzug in Kastilien. Von Plascencia aus, wo die Verlobung gefeiert wurde, begab er sich nach Arévalo und von da nach Toro und Zamora, wo er mit seinen Anhängern zusammentraf. Die Dinge schienen einen für Isabella recht bedrohlichen Verlauf zu nehmen, die rasche Entschlossenheit der Königin jedoch, der Mut und die Tatkraft ihrer Anhänger und die Ungeschicklichkeit oder auch Furchtsamkeit des portugiesischen Königs gaben der Sache bald eine andere Wendung. Auf seiten der Katholischen Könige standen Pedro González de Mendoza, der Großkardinal von Spanien, der Herzog von Alba, Don Rodrigo Manrique, Graf von Paredes und Don Beltrán de la Cueva, der Graf von Alburquerqüe, dessen Parteinahme für Isabella diejenigen, die die Legitimität Johannas vertraten, Lügen zu strafen schien. In Medina del Campo wurden die Cortes einberufen und Isabella forderte Unterstützung. Andrés Cabrera
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übergab den Königen den im Alcazar von Segovia aufbewahrten Schatz Heinrichs IV. und die Geistlichkeit stiftete das Silber der Kirchen zur Verteidigung einer Sache, für die das ganze kastilische Volk begeistert war. Alfons V. hörte nicht auf den Rat seiner Anhänger, die ihm vorschlugen, sich Madrids und seiner Befestigungen zu bemächtigen und sich vor allem diesen strategisch wichtigen Punkt zu sichern, von wo aus er seine Feinde schlagen konnte und durch das nahe Toledo, dessen Erzbischof auf seiner Seite stand, eine gute Unterstützung hatte. Andere rieten ihm, in Andalusien einzufallen, da er in diesem fruchtbaren Lande, wo seine Truppen genügend Verpflegung fanden, den Krieg mit Leichtigkeit weiterführen könnte. Doch alles Zureden war vergebens, der Portugiese wollte sich nicht von seiner einmal eingenommenen Operationsbasis wegbegeben. Der Krieg schleppte sich hin, bis Ferdinand schließlich den Portugiesen zu einem Einzelkampf herausforderte, von dessen Ausgang es abhängen sollte, wer in Kastilien regieren dürfe. Beide Gegner stellten aber so viele und komplizierte Bedingungen, daß es nicht zu diesem Kampf kam. Sodann wurde ein Versuch unternommen, dem Streit auf friedlichem Wege ein Ende zu madien. Alfons von Portugal aber forderte die Herausgabe von Toro, Zamora und dem gesamten galicisdien Gebiet. Auf diesen Vorschlag hin erwiderte Isabella stolz, sie würde „nicht eine Mauerzinne" herausgeben. Beide Parteien sahen sich nun nach Verstärkung um. Die Portugiesen brachen unter Führung Johanns, des Erbprinzen von Portugal, ins Gebiet von Salamanca ein. Aus Aragon kam der Bastard Johanns II., der Herzog von Villahermosa, der zwar noch jung, doch schon ein geschickter und erfahrener Feldherr war. Schließlich kam es denn auch zu einem größeren Zusammenstoß der Heere, als Alfons V . sich in Richtung auf Toro zurückzog und seine Nachhut von den kastilischen Truppen Ferdinands verfolgt wurde. Diese Schlacht, die über das Schicksal des kastilischen Throns entschied, ist wohl einer näheren Beschreibung wert. Alfons V. und Prinz Johann begannen gerade mit der Belagerung der Stadt Zamora, als sie die Nachricht erhielten, daß die Truppen Ferdinands gegen Toro zogen, wo Johanna zurückgeblieben war. Sofort machte sich das portugiesische Heer auf den Rückmarsch und die Kastilier folgten ihm auf dem Fuße nach. Auf den Feldern vor Peleagonzalo kamen sie ins Handgemenge, und bald entwickelte sich daraus eine allgemeine Schlacht. Vor Beginn derselben hatte Ferdinand nach der Sitte der Zeit einen Herold entsandt, um den Lusitaner zum Duell herauszufordern. Dieser aber schlug die Herausforderung ab und sagte, jetzt sei die Stunde des Kampfes gekommen. Der König von Portugal und sein Erbe fochten denn auch mit beispielloser Tapferkeit, und die Ritter auf ihrer Seite stürzten
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sich mit dem Schlachtruf „San Jorge" (Sankt Georg) in den Kampf, während die Kastilier dem Feldgeschrei „Santiago" (Sankt Jakobus) folgten. Der Erzbischof Carillo und der Kardinal Mendoza fochten auf entgegengesetzten Seiten, und da der letztere den Rat gegeben hatte, es jetzt nicht zur Schlacht kommen zu lassen, griff er nun mit besonderer W u t an und rief dabei „Verräter, hier ist der Kardinal!" Wahrhaft heldenmütig verhielt sich auch der portugiesische Fahnenträger Eduardo de Almeida: als er den Arm verloren hatte, mit dem er die Fahne hielt, packte er sie mit den Zähnen und kämpfte mit dem anderen Arm weiter, bis ihm auch dieser abgehauen wurde und er verblutend vom Schladhtfeld getragen werden mußte. Alfons V. hielt sich trotz seiner großen Leibesfülle sehr tapfer; im entscheidenden Augenblidk jedodi verließ ihn der Mut, und als er die Seinen wanken sah, floh er mit einigen Rittern vom Kampfplatz. Die Schlacht hatte am Abend begonnen und der kühne Ferdinand lief im Dunkeln durch die Reihen seiner Kämpfer und ermunterte sie immer wieder mit den Worten „Vorwärts, ihr Ritter von Kastilien, ich, euer König, bin bei eudi!" Die Fliehenden, denen die kastilisdien Truppen hart nachdrängten, zogen sich nach Toro zurück und die hereinbrechende Nacht machte eine weitere Verfolgung unmöglich (2. März 1476). Die portugiesischen Historiker behaupteten, der Ausgang der Schlacht sei unentschieden gewesen, da ja die Truppen des Prinzen Johann noch in tadelloser Ordnung den Rüdezug hatten decken können. Dies mag nun zutreffen oder nicht, eines jedoch steht fest, daß nämlich der junge König von Sizilien, wie die Portugiesen Ferdinand den Katholischen nannten, genügend politisches Geschick besaß, um sich die Umstände zunutze zu machen und im Hinblick auf die politische Bedeutung des Ereignisses, die ja wirklich von überragender Größe war, die militärischen Erfolge ebenfalls als beisspiellos darstellte. In Tordesillas wurde auf Veranlassung der Königin eine Prozession abgehalten, an der sie selbst barfuß teilnahm. Die Siegeszeichen aus der Schlacht werden noch heute in der Capilla de los Reyes Nuevos in Toledo aufbewahrt. Zur Erinnerung an ihren Sieg ließen die Herrscher die künstlerisch wundervolle Kirche von San Juan de los Reyes errichten. Der Krieg jedoch war damit noch nicht beendet. Alfons V., der sich nach der Schlacht nach Castronuno geflüchtet hatte, faßte den abwegigen Plan, nach Frankreich zu gehen und dort Hilfe zu erbitten. Er vertraute den trügerischen Worten des verschlagenen Ludwig XI., der ihn eine Zeitlang mit seinen Versprechungen hinhielt. Schließlich wurde der Portugiese des Wartens überdrüssig und kehrte in sein Land zurück, wo gerade Prinz Johann zum König ausgerufen worden war. Als dieser von der Landung seines Vaters hörte, eilte er herbei, um ihm die Krone anzubieten, die ihm
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von Rechts wegen zukam. Alfons entschloß sich, den Krieg gegen Kastilien, wo er immer noch einige Anhänger hatte, weiterzuführen. Prinz Johann dagegen hielt es nicht für günstig, die Feindseligkeiten wieder zu eröffnen, da Villena, Arévalo, Ureña und sogar der starrköpfige Erzbischof von Toledo inzwischen die Oberherrschaft der kastilischen Könige anerkannt hatten. Auch Ludwig XI. verhandelte bereits mit Ferdinand. Nur an der Grenze von Extremadura leistete der Schlüsselmeister des Alcántaraordens noch Widerstand. Hier überschritt ein portugiesisches Heer unter der Führung des Bischofs von Evora, Garcia de Meneses, der sich in der Schlacht bei Toro besonders hervorgetan hatte, die Grenze und wandte sich gegen Mènda. Die Portugiesen wurden bei Albuera geschlagen (1479), und damit fand der Erbfolgekrieg sein Ende. Doña Beatriz, die Tante Königin Isabellas, spielte die Vermittlerin. Bei den Friedensverhandlungen, zu denen man in Alcántara zusammengekommen war, wurde der sogenannte „Tercerias"-Vertrag geschlossen, der im Jahre 1480 von den Katholischen Königen unterzeichnet wurde. Hierin wurde bestimmt, daß Alfons V. nicht mehr den Titel und das Wappen eines Königs von Kastilien führen dürfe; Johanna, der Tochter Heinrichs IV., stand die Wahl frei, entweder in ein Kloster zu gehen oder sich mit Prinz Johann, dem Sohn der kastilischen Könige, zu vermählen. Alfons, ein Enkel des portugiesischen Herrschers sollte die Prinzessin Isabella, die Tochter der kastilischen Könige, zur Gemahlin erhalten. Den kastilischen Anhängern Johannas wurde Verzeihung zugesichert. Die unglückliche Prinzessin mit dem traurigen Schicksal, die von ihrem Vater verleugnet und von Alburquerque, als dessen Tochter der Volksmund sie bezeichnete, bekämpft wurde, mußte noch einmal dem aufsässigen Adel, dem der Unternehmungsgeist der neuen Könige unheimlich war, sozusagen als Fahne des Aufruhrs dienen. Die Beltraneja verbrachte den Rest ihrer Tage in Portugal, wo sie den Namen „Excelente Señora" erhielt. Es war ihr bestimmt, von hier aus die Regierung ihrer Rivalen mit anzusehen und sie beide zu überleben. Sie starb im Jahre 1530, nachdem sie die Charakterfestigkeit besessen hatte, eine Verheiratung mit Ferdinand, der sich nach dem Tode Isabellas der Katholischen um ihre Hand bewarb, auszuschlagen. Den Siegern von Albuera stand noch manche harte Arbeit bevor. Ferdinand und Isabella hatten den dynastischen Streit zu ihren Gunsten entscheiden können, sie hatten aber daraus auch gelernt, wie verhängnisvoll es sein würde, wenn sie nichts gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen des unruhigen Adels unternahmen, der seit den unglückseligen Tagen Heinrichs IV. jede Mäßigung verloren hatte und sich zügellos gebärdete. Die erste Sorge der eifrigen Monarchen galt also der Beseitigung dieses Übels,
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das die gefährlichsten Formen annehmen konnte, wenn man es nicht mit der Wurzel ausrottete. Ließ man es bestehen, so würde es sich in einen Krebssdhaden verwandeln, der den Staatskörper zersetzen und jede Durchführung guter und richtiger Reformen von seiten der Regierung verhindern würde. Stets würde die Haltung des Adels, der fanatisch an den alten verderblichen Standesvorurteilen festhielt, ein unüberwindliches Hindernis für die Einführung vernünftiger Regierungsmaßnahmen sein. Seine Vertreter dachten gar nicht daran, sich dem Willen der Könige zu beugen, wenn es galt, ein fruchtbares und für alle Teile nützliches Werk zu vollbringen. Ein wohldurchdachter Plan energischer Maßnahmen sollte dem Adel und seinem anarchischen Treiben ein Ende machen. Das erste Ziel war, den Adel zu Boden zu zwingen; war dies einmal erreicht, so würde alles weitere sich von selbst ergeben und leicht durchzuführen sein. In Galicien beunruhigte der mächtige Graf von Camiña die Gemüter. Das Königspaar entsandte Fernando de Acuña und Garci López de Chinchilla dorthin, die die Ordnung im Lande wiederherstellten und die Schuldigen mit harter Hand bestraften. So wurden unter anderem die Burgen der Grafen von Camiña und Altamira zerstört. In León mußte man die Übergriffe des Schlüsselmeisters von Alcántara, der sich den Großmeistertitel des Ordens angemaßt hatte, zurückweisen. Die Grafen von Cifuentes und Fuensalida hielten die Stadt Toledo in Aufruhr, bis die Monarchen auch hier Ruhe und Frieden wieder herstellten. Die Parteikämpfe des andalusischen Adels hatten derartige Ausmaße angenommen, daß die Königin selbst nach Sevilla gehen mußte, um den Streit zwischen den Familien der Guzmán und der Ponce de León, die vor allem durch den Herzog von Medina Sidonia und den Marquis von Cádiz vertreten wurden, beizulegen. Isabella war eine unerbittliche Richterin, und ihrer Entschlossenheit war es zu verdanken, daß die Zwistigkeiten, die eine ganze Provinz in Unruhe versetzt hatten, ein Ende fanden. Genau so energisch mußte man in Córdoba vorgehen, wo die Bevölkerung durch den Streit zwischen Don Diego Fernández de Córdoba, dem Grafen von Cabra und Don Alonso de Aguilar, dem Herrn von Montilla, in zwei Lager gespalten waren. In Murcia wurde man der Überheblichkeiten der Familie Fajardo Herr. Beispiele für die Strafmaßnahmen der Könige waren die Verbannung Medina Sidonias und des Marquis von Cádiz aus Sevilla und die des Grafen von Cabra aus Córdoba. Nachdem dieser erste Schritt gelungen war, gingen die Könige an eine Revision all der Schenkungen, die dem Adel während der Regierungszeit der früheren Könige zugeflossen waren. Das Ergebnis der Revision war eine Bereicherung der königlichen Kasse um jährlich dreißig Millionen Maravedí.
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Die hohen Adligen traten in ihren Gebieten wie Könige auf und entfalteten oft einen Prunk und Pomp, der eines fürstlichen Hofes würdig gewesen wäre. Die Katholischen Könige setzten auch hier eine Schranke, indem sie Gesetze erließen, die den Luxus und die übertriebene Prachtentfaltung der Magnaten auf ein vernünftiges Maß zurückführten. D e r K r i e g um G r a n a d a . Nun nahte der Augenblick heran, wo Spanien zu einer territorialen und religiösen Einheit zusammengeschmolzen werden sollte. Die Behauptung, mit der Eroberung des Königreichs Granada sei auch eine rassische Einheit in Spanien erreicht worden, läßt sich heute nicht aufrechterhalten; denn es gab immer noch eine zahlreiche Maurenbevölkerung in Kastilien, Aragón und Navarra, und die Tatsache, daß häufig Rassenmischungen vorkamen, ist nicht von der Hand zu weisen. Was die territoriale Einheit betraf, so mußten die Christen es als einen ewigen Schimpf empfinden, daß ein fremdes Volk noch immer ein kleines Fleckchen des spanischen Bodens, der vor acht Jahrhunderten rein christlicher Besitz gewesen war, sein eigen nannte. Mit dem Vorstoß im Westen würde die Pyrenäenhalbinsel einen kleinen Ausgleich für den Verlust vqn Konstantinopel geschaffen haben, jener Schande für Osteuropa, das es durch seine inneren Zwistigkeiten ermöglicht hatte, daß der Halbmond einen großen Teil der Balkanhalbinsel besetzt hielt und vom Bosporus, dem strategisch günstigsten Punkt der Welt aus, die gesamte Christenheit bedrohte. Im Hinblick auf die religiöse Einheit ist zu sagen, daß noch mehr als ein Jahrhundert lang Mauren in Spanien leben sollten, die insgeheim der Religion Muhammeds anhingen; offiziell jedoch galten nach der Einnahme Granadas die muslimischen Riten auf der Halbinsel als abgeschafft. Wir müssen nun kurz die Lage beleuchten, in der sich das Königreich Granada vor Ausbruch jener Kriege, die den letzten maurischen Kraftaufwand auf spanischem Boden darstellen, befand. Das Königreich Granada. bestand aus der gleichnamigen Provinz, der Provinz Málaga und einigen Landstrichen in Jaén, Córdoba, Almería, Cádiz und Sevilla. In den letzten Jahren der Regierungszeit Heinrichs IV. hatten sich die Beziehungen zwischen Mauren und Christen auf das herzlichste ausgestaltet, so daß beide Teile sich gegenseitig in Vertrauens- und Ehrenbezeugungen überboten. Ein Beispiel hierfür ist z. B. die Tatsache, daß man bei einem Zweikampf zwischen zwei christlichen Rittern als Kampfplatz eine Wallböschung der Alhambra gewählt hatte und der Schiedsrichter dieses Kampfes kein Geringerer war als der Sultan Abu'l Haszan. Sitten und Gebräuche in Granada trugen weitgehend kastilisches Gepräge, die vornehmen Mauren rühmten sich ihres ritterlichen und höfischen Betragens
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und wetteiferten in dieser Hinsicht mit ihren Vorbildern, den kastilischen Rittern. Seit 1466 war Abu'l Haszan, den die Christen irrtümlicherweise Muley Hassan nannten, Sultan von Granada. Er hatte einen Bruder namens Abu Abdallah der „Zagal" (der Tapfere), der in den nun folgenden Ereignissen eine wichtige Rolle spielen sollte. Der Sultan war mit seiner Base Aisha mit dem Beinamen die „Horra" (die Sittsame) verheiratet, von der er zwei Söhne hatte. Der älteste dieser Söhne, Abu Abdallah der „Zaquir" (der Kleine), wurde später unter dem Namen Boabdil bekannt. Bei einem Einfall maurischer Truppen in christliches Gebiet nahmen die Muslim Isabel de Solis, die Tochter des Komturs Sancho Jiménez de Solís, Burgvogts von Martos, gefangen. Isabel war ein außergewöhnlich schönes Mädchen. Als Sklavin wurde sie in die Alhambra gebracht, wo der Sultan sich so in sie verliebte, daß er sie zu seiner Favoritin machte und sich von Aisha trennte. Der Streit zwischen diesen beiden Frauen brachte den ganzen Harem durcheinander, und die Folge dieses Zwistes war schließlich die Ausweisung Aishas, die mit ihrem Sohn einen Palast auf dem Albaicin bezog. Trotz dieser Vorfälle schien doch Glück und Zufriedenheit in dem kleinen granadischen Reiche zu herrschen, das sich in den letzten Jahren des Friedens durch glückliche Handelsunternehmungen bereichert hatte. Der kommende Sturm zog sich jedoch bereits über Granada zusammen. Schon hatten die Einwohner von Málaga einen Versuch gemacht, den „Zagal" zum Sultan auszurufen, so daß Abu'l Haszan selbst gezwungen gewesen war, ins Feld zu ziehen. Anläßlich eines Festes, auf dem die strahlende Schönheit Isabels de Solis Triumphe feierte, kam es zu einem Kampf zwischen den Parteien der Familien Zegri und Serrache, bei dem Ströme von Blut auf den Straßen von Granada vergossen wurden. Herrscher wie Ferdinand und Isabella konnten nicht lange müßig sein. Ihre Wünsche richteten sich auf Granada, nur mußte man einen Grund für den Abbruch der Beziehungen suchen. Von altersher hatten die Könige aus dem Stamme Naszr Tribute an Kastilien entrichten müssen, und dieser Brauch, der noch aus der Zeit Ferdinands des Heiligen stammte, war erst aufgegeben worden, als die christliche Monarchie so schwach geworden war, daß sie ihre Forderungen nicht mehr nachdrücklich genug mit der Drohung eines bewaffneten Einfalls unterstreichen konnte. Seit einigen Jahren wurden also die Vasallengebühren nicht mehr bezahlt. Die Könige sandten daher eine Botschaft und verlangten das Zeichen der Unterwerfung. Hochmütig erwiderte Abu'l Haszan: „In den Werkstätten Granadas schmiedet man heute nicht mehr Gold- und Sjlbergeräte, sondern Lanzen, Pfeile und Krummsäbel gegen die Feinde des Landes." Als Ferdinand dies
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erfuhr, rief er entrüstet aus: „Aus diesem Granatapfel werde ich die Körner eines nach dem anderen herausholen!" (Spanisches Wortspiel: Granada == die Stadt und das Reich Granada, aber auch „Granatapfel".) In diesem Satz liegt ein ganzer Feldzugsplan beschlossen. Abu'l Haszan brauchte einen sichtbaren Erfolg, um die Partei Isabels de Solis, die hier den Beinamen „Zoraya" (der Morgenstern) trug, zu stärken. Mit seinen Truppen verließ er heimlich Granada, und in einer dunklen, stürmischen Nacht überrumpelten die Mauren die auf einem abschüssigen Felsen gelegene Ortschaft Zahara, indem sie die Felsen erkletterten und ungehört in die Stadt eindrangen. Der Sieger wütete fürchterlich: Vergewaltigung, Mord und Plünderung folgten der Überraschung, und die aufsteigende Sonne beschien ein Bild der Verwüstung und des Jammers. Im Triumph kehrte der Sultan zurück — von nun ab aber sollte der Druck dieser so verräterisch und grausam ausgeführten Eroberung auf ihm liegen.. Ein muhammedanisdier Mönch, der als heilig angesehen wurde, erging sich in düsteren Prophezeiungen. „Weh 1 euch und weh' mir!" rief er immer wieder aus, „Wehe Granada! Das Ende unserer Herrschaft in Spanien ist herangekommen!" Die Einnahme Zaharas war ein Fehdehandschuh, den der Sultan den kastilischen Königen ins Gesicht geschleudert hatte (1481). Rodrigo Ponce de León, der Marquis von Cádiz, hatte herausgebracht, wie leicht Alhama, eine kaum acht Meilen von Granada entfernte Ortschaft, zu nehmen war und schlug einen Eroberungsfeldzug vor. Alhama wurde die Vergeltung für Zahara: in einer nebligen, regnerischen Nacht fiel die Burg der Stadt in die Hände der Christen, und am folgenden Tage wurde der Ort Straße für Straße und Haus für Haus in hartem Kampf erobert, wobei man immer das Heranrücken von Hilfstruppen aus dem nahen Granada befürchten mußte (1482). Die Mauren ließ der Verlust einer so wichtigen, direkt vor der Landeshauptstadt gelegenen Ortschaft nicht ruhen. Der Sultan zog mit seinen Truppen aus und begann die Belagerung von Alhama. Die Eingeschlossenen gerieten in höchste Bedrängnis, bis ein tapferer junger Ritter namens Hernando de Pulgar, der später unter dem Namen „der Heldenhafte" bekannt wurde, aus der Stadt entwich. Es gelang ihm, durch die Reihen der Belagerer hindurchzukommen und zu den Christen zu gelangen, wo er Hilfe anforderte. Mit Verstärkung und Proviant kehrte Pulgar zurück und durchquerte mit seinen Leuten, so schnell die Pferde sie tragen konnten, das maurische Lager. Noch immer jedoch schwebte Alhama in höchster Gefahr. Die Hilfstruppen rückten nicht heran und die Mauren schlössen den Ring immer enger, bis die großmütige Tat eines Ritters die Eingeschlossenen aus ihrer schlimmen Lage befreite. Enrique de Guzmán, der Herzog von
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Medina Sidonia und Todfeind des Marquis von Cádiz, setzte sich über allen persönlichen Groll hinweg, rückte mit seinen Leuten heran und zwang den Sultan, die Belagerung aufzuheben. Zum Marquis von Cádiz sprach Medina Sidonia die denkwürdigen Worte: „Herr, jedes Gefühl von Feindschaft oder Freundschaft muß beiseitestehen, wenn es gilt, Gott zu dienen und das zu tun, was ich meiner Ehre und meiner Person schuldig bin.'' Nun dachte Ferdinand daran, die befestigte Stadt Loja anzugreifen, die wegen ihrer besonderen Lage „die Blüte zwischen Dornen" genannt wurde. Loja wurde durch Aliatar, den tapferen Schwiegervater Boabdils, verteidigt. Als das Heer von Granada zum Entsatz heranrückte, fiel in dem Kampfe, der sich nun entwickelte, der Großmeister des Calatravaordens. Mit Mühe und Not konnte der König das größte Unheil abwenden, indem er immer wieder seine Leute anspornte und ihnen zurief: „Haltet euch, Ritter, haltet euch!" Schließlich mußten die Christen sich zurückziehen. Die Niederlage, die der Sultan bei Alhama erlitten hatte, hatte die Muslim der Partei Aishas gegen ihn aufgebracht. Jetzt machten sie sich die Abwesenheit Abu'l Haszans zunutze, organisierten einen Aufstand und riefen Boabdil zum Herrscher aus. Die Anhänger des alten Königs mußten aus der Alhambra flüchten und mit Isabel de Solis nach Málaga gehen, wo der „Zagal" seinen Bruder aufnahm. Das Königreich Granada war nun in zwei Teile gespalten, und den Christen boten sich daher für ihre Pläne unvergleichlich bessere Aussichten. Der Kampfesgeist der Mauren war jedoch noch nicht erloschen. Der christliche Adel an der andalusischen Grenze beging einen schweren Irrtum mit der Annahme, daß es jetzt ein leichtes sein müsse, dem „Zagal" auf dem Gebiet von Málaga einen tödlichen Schlag zu versetzen. Voller Selbstvertrauen drangen die Andalusier in die Berge von Ajarquia ein und wagten sich in ihrer Unbesonnenheit so weit vor, daß manch einer der Tollkühnen in der Ferne schon die Zinnen von Málaga erblickte. Jetzt aber rückten die Mauren mit ihrer Reiterei an, und der unglückselige Streifzug endete mit einer furchtbaren Niederlage. Wohin die Christen sich auch wandten, auf allen Seiten waren sie von maurischen Streitkräften umgeben, so daß der Großmeister des Santiagoordens schließlich ausrief: „So müssen wir denn sterben und uns den Weg mit dem Herzen bahnen, mit den Waffen können wir es nicht!" Nur wenigen gelang es, lebend aus dem Tal zu entkommen, das den Namen „das Todestal" erhielt (1483). Die Anhänger Abu'l Haszans in Granada schrieben den Sieg im Bezirk Ajarquia dem alten Sultan zu, der damit seine Beliebtheit beim Volke wiedererlangte. Bald spürte die schlaue Aisha, welche Wendung die Dinge nahmen und plante nun ihrerseits einen Feldzug. Boabdil und sein Schwiegervater Aliatar griffen Lucena an, das von Diego Fernández de Córdoba,
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dem Führer der Elitetruppe des Hofes, verteidigt wurde. Der junge Verteidiger rief seinen Onkel, den Grafen von Cabra, zu Hilfe. Dieser erschien mit seinen Truppen und schlug die maurischen Streitkräfte auf dem Feld vor der Stadt. Aliatar fiel und Boabdil wurde bei dem Versuch, zu entweichen, in einem Gestrüpp gefangengenommen. Die Bestürzung der Mauren war unbeschreiblich. Als man einen der Gefangenen, die nach Loja gebracht wurden, fragte: „Herr Ritter, wo sind der König und seine Leute?", antwortete er, „Da unten sind sie geblieben. Der Himmel ist auf sie herabgestürzt, und alle sind sie tot und verloren." Als kluger Politiker versuchte Ferdinand, den größtmöglichen Vorteil aus der Gefangennahme Boabdils zu ziehen. Er unterstützte die Pläne der ehrgeizigen und rachsüchtigen Aisha und schloß einen Vertrag mit Córdoba, laut dem Boabdil zum Vasallen des Kastiliers wurde und sich verpflichtete, ihm Tribute zu zahlen. Der „kleine König" wurde wieder in Freiheit gesetzt, und nun begann der Bürgerkrieg in Granada. Die Straßen der Stadt wurden zum Schauplatz furchtbarer Bruderkämpfe. Die Anhänger Aishas fochten gegen die Partei Abu'l Haszans, die sich in der Alhambra verschanzt hatte. Schließlich kam man überein, daß Vater und Sohn sich in die Regierung der Stadt teilen sollten. Insgeheim jedoch wartete bereits ein dritter Thronanwärter auf die Gelegenheit, die Herrschaft in Granada an sich zu reißen: der „Zagal". Die Christen machten sich den maurischen Bürgerkrieg zunutze, um eine siegreiche Schlacht gegen die muslimischen Truppen bei Lopera zu schlagen, Zahara zurückzuerobern und Alora, Setenil, Cártama, Coín, Ronda und Marbella einzunehmen (1483—1485). Inzwischen wurde der Kampf in Granada immer erbitterter. Der „Zagal" machte sich zum Beschützer seines Bruders, des Sultans, und unternahm einen überraschenden Angriff auf die Stadt Almeria. Boabdil mußte aus Almeria ins christliche Lager flüchten, wo er wieder neue Verträge mit den Feinden seines Glaubens einging. Das Volk von Granada rief den „Zagal" zum Sultan aus, und der blinde und gealterte Abu'l Haszan dankte zugunsten seines Bruders ab. Kurz darauf starb er und wurde, wie eine muslimische Überlieferung berichtet, von den Seinen auf dem „Pico de Mulhacen", der seinen Namen trägt, beigesetzt. In Granada aber bekämpften sich wieder zwei Parteien: die Partei Boabdils und die des „Zagal". Im Jahre 1486 fiel die Stadt Loja in Ferdinands Hand. Der Einnahme war eine lange Belagerung vorausgegangen, während der sich Lord Scales und seine Engländer, Gaston de Lyon und der junge Gonzalo de Córdoba besonders ausgezeichnet hatten. Die Artillerie, die gegen die Stadt eingesetzt wurde, stand unter dem Befehl des Francisco Ramírez aus Madrid, der mit Beatriz Galindo, der „Latina", verheiratet war. Boabdil wurde
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verwundet, und wieder begannen Vertragsverhandlungen mit dem maurischen Fürsten, der sich mit Leib und Seele den Kastiliern und König Ferdinand verschrieb, welcher ihm Hilfe gegen seinen Onkel, den „Zagal", anbot. Im gleichen Jahr nahmen die Christen Illora und Modín. Der Plan Ferdinands, den inneren Zwiespalt in Granada zu begünstigen, war äußerst geschickt gewesen; die Siege der Christen waren der Lohn für diesen politischen Schachzug. Boabdil, den der Haß verblendet hatte, unterstützte die Bemühungen der Kastilier, während seine mehr als verdächtige Haltung die Partei des „Zagal", des Volkshelden der Mauren, nur noch verstärkte. Als die Anhänger Aishas den Sohn der Sultanin zu Hilfe riefen, konnte dieser unbemerkt in Granada eindringen. Der erbitterte Kampf zwischen den beiden maurischen Parteien setzte wieder ein; als eine neue Note kam jedoch hinzu, daß nunmehr audi die Christen als Hilfstruppen Boabdils in die Stadt einrückten. Die Kastilier, die von ihrem König selbst befehligt wurden, belagerten die Stadt Vélez-Málaga; der „Zagal" rückte als Verteidiger der muslimischen Sache zum Entsatz heran, wurde jedoch geschlagen. Boabdil machte sich die Abwesenheit seines Onkels zunutze und bemächtigte sich ganz Granadas, so daß der „Zagal" gezwungen war, sich nadi Guadix zurückzuziehen. 1487 hielten die Christen ihren Einzug in Vélez-Málaga. Dann zogen sie gegen die schöne Stadt Málaga selbst, die hartnäckig von Hamet, dem „Zegri", verteidigt wurde. So stark war die Erbitterung des Kampfes und Widerstandes auf beiden Seiten, daß König Ferdinand den Abgesandten der Belagerten, die verschiedentlich die Kapitulation der Stadt anboten, ihren Wunsch rundweg abschlug und unversöhnlich erklärte: „Schickt sie zum Teufel, ich will sie nicht sehen! Sie sollen in die Stadt zurückkehren — ich will sie erst sprechen, wenn sie ganz und gar in die Knie gezwungen sind und sich mir auf Gnade und Ungnade ergeben haben" (1487). Nun konnte der „Zagal" wieder einmal beweisen, daß er der wahre Sultan war, der das Leid seines Vaterlandes im tiefsten Herzen mitfühlte und alles daran setzte, seine Heimat zu verteidigen. Nachdem Ferdinand den Ort Vera genommen hatte, plante er einen überraschenden Angriff auf Almeria. Der Zagal, der entdeckt hatte, daß eine Verschwörung bestand, deren Mitglieder die Stadt den Christen übergeben wollten, rückte mit starken Truppen heran, zwang die Kastilier zurückzuweichen und verfolgte sie bis an die Grenze von Murcia (1488). Der größte Teil des Reiches Granada, das noch in den Händen der Muslim war, hatte den „Zagal" als Herrn anerkannt, während Boabdil nur über das Gebiet herrschte, das er von den Zinnen der Alhambra aus überblicken konnte. Die Einnahme der Stadt Baza, die der „Zagal" so befestigt hatte, daß sie einer langen Belagerung widerstehen konnte, kostete die Christen viel 13 Ballesteros, Spanien
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Mühe. Der Verteidiger des Ortes war der maurische Fürst Cid Hiaja, der offenbar in geheimen Verhandlungen mit den Christen stand. Als das christliche Heer in wirtschaftliche Bedrängnis geriet, vollbrachte Königin Isabella eine ihrer schönsten Taten: sie verpfändete ihre Juwelen, um Geld für die Truppen zu bekommen. Baza fiel, und nun begannen die Verhandlungen mit dem „Zagal", der Almeria und Guadix kampflos übergab. W i e die Historiker berichten, sagte der Maure: „Der Wille Allahs geschehe! Alles was er will, muß sich vollenden. Hätte Allah nicht den Untergang des Reiches Granada beschlossen, so hätten meine Hand und mein Schwert den Sturz aufgehalten" (1489). Nach diesen Ereignissen blieb nur noch Granada, wo der Sdiwädiling Boabdil herrschte, in den Händen der Muslim. Während seine Glaubensund Rassegenossen auf dem Boden des früheren maurischen Reiches kämpften, verlebte der Sultan ruhige und ungestörte Tage und genoß die Freuden, die die Alhambra ihm bot. Als der „Zagal" jedoch niedergezwungen war, schien es, als sei alle Tatkraft seines früheren Rivalen auf Boabdil übergegangen. Ferdinand forderte den „Kleinen König" auf, Granada zu übergeben, da im Vertrag von Loja bestimmt worden war, daß nach der Übergabe von Guadix auch die Hauptstadt des Reidies den Christen ausgeliefert werden solle. Boabdil aber verwandelte sich plötzlich in einen tapferen und stolzen Menschen: mit seiner Reiterei unternahm er einen kühnen Streifzug und kehrte mit Beute beladen nadi Granada zurück, Nun verwüsteten die Christen das fruchtbare Gartenland in der Umgebung der Stadt und trafen Anstalten zur Belagerung. Boabdil dagegen, der von einer beispiellosen W u t besessen schien, unternahm einen Ausfall nach dem anderen. Seine Unternehmungen waren vom Glück begünstigt, und es gelang ihm unter anderem, die Alpujarrasberge und verschiedene befestigte Orte zurückzuerobern. Der „Zagal" und Cid Hiaja unterstützten den Katholischen König bei seinen Angriffen auf die Streitkräfte Boabdils. Kurz darauf verkaufte der „Zagal" seine Besitzungen an Ferdinand und ging nach Afrika. In diese Zeit fällt eine der Heldentaten des kühnen Ritters Hernando del Pulgar. Dieser drang während einer Nacht mit einer Handvoll beherzter Begleiter in Granada ein und heftete mit seinem Dolch ein Pergament, auf dem das „Ave Maria" geschrieben stand, ans Portal der Großen Moschee (1490). Im Jahre 1491 entschloß sich der Katholische König, die Belagerung Granadas nunmehr ernstlich in Angriff zu nehmen. Den Widerstand leitete der tapfere Feldherr Musza, der Führer der muslimischen Partei, die den Krieg auf Leben und T o d wünschte. Es kam zu einer ganzen Reihe von Episoden, die den Heldenmut beider Parteien veranschaulichten, und zu Einzelkämpfen zwischen maurischen und christlichen Rittern. Ferdinand
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unternahm einen Streifzug durch das Gebiet der Alpujarrasberge und die Täler des Lecrin und zog den Ring des Belagererheeres immer enger zusammen. Bei einem tapferen Ausfall Boabdils entwickelte sich eine Schlacht vor den Toren der Stadt, bei der das maurische Heer geschlagen wurde und der „Kleine König" mit knapper Not entkam. Als eine Feuersbrunst im Lager der Christen ausbrach, zeigte es sich, daß die Kastilier fest entschlossen waren, die Belagerung nicht vor Einnahme der Stadt aufzuheben; denn sie errichteten an der Stelle des Unglücks eine neue Zeltstadt, der sie den Namen „Santa Fe" gaben. Als bei dieser Gelegenheit María Manrique, die Gemahlin Gonzalo de Córdobas, der Königin Kleider und andere notwendige Dinge sandte, sagte Isabella: „Gonzalo Fernandez, wißt, daß das Feuer mein Gemach in Eurem Hause zerstörte; Eure Gattin aber hat mir mehr und Besseres geschickt als das, was verbrannte." Die Eingeschlossenen, in deren Reihen der Hunger wütete, dachten nun an Kapitulation. Die jetzt einsetzenden Verhandlungen wurden auf christlicher Seite von Hernando de Zafra, dem Sekretär des Königspaares, und Gonzalo de Córdoba geführt. Die Bedingungen wurden unterschrieben und Boabdil kam, wie die Überlieferung berichtet, aus der Stadt, um dem König die Schlüssel Granadas auszuliefern. „Dein sind wir, du mächtiger und ruhmreicher König", sagte er. „Hier, o Herr, sind die Schlüssel dieses Paradieses. Nimm diese Stadt in Empfang, denn so ist es Gottes Wille." Dann wandte er sich an den Grafen von Tendilla mit den Worten: „Mit diesem Siegel wurde Granada regiert. Nehmt es, damit Ihr nun über die Stadt herrschen könnt, und Gott gebe Euch mehr Glück als mir." Am 2. Januar zogen die Christen mit dem Ruf „Granada, Granada, im Namen der Könige Ferdinand und Isabella!" in die vielumkämpfte Stadt ein. Die Reconquista war beendet. C h r i s t o p h K o l u m b u s . In dieser Zeit erschien jener geniale Mann, dem die Welt die Entdeckung Amerikas verdankt, am spanischen Hofe. W e r war Kolumbus? Woher kam er? W o war er geboren? Das sind Fragen, die die Forscher noch heute beschäftigen. Kolumbus läßt sich vielleicht als ein Abenteurer im edelsten Sinne dieses Wortes bezeichnen. Er war ein Abenteurer des Ideals, ein Genie, das von einem Gedanken besessen war und dem eine glückliche Idee die Kraft verlieh, zu unbekannten Horizonten vorzudringen. Er durchkreuzte die Meere und erforschte die Inseln nicht wie ein Mann der Wissenschaft, sondern wie ein Seher und Prophet, den der Wunsch, ein großes Werk zu vollenden, nicht ruhen läßt. Sein Leben ist voller Rätsel und Unklarheiten. Es ist anzunehmen, daß er aus Ligurien stammte, obgleich noch heute wie vor Jahrzehnten sich eine ganze Reihe von Städten und Regionen den Ruhm streitig machen, die Geburtsstätte des großen Mannes zu sein — genau wie es aus der Antike von Homer berichtet wird. 13*
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Einige in Pontevedra entdeckte Urkunden, auf denen die Namen Colón und Fonterosa (letzterer ist der Name der Mutter des Entdeckers) vorkommen, haben verschiedene Historiker, die sich mehr von patriotischen und gefühlsmäßigen als von wissenschaftlichen Gründen leiten ließen, veranlaßt, die Behauptung aufzustellen, daß Galicien die Heimat des Kolumbus gewesen sei. Warum aber sollte Kolumbus seine galicische Abstammung und Herkunft verheimlicht haben? Die Anhänger der galicischen These finden eine einfache Erklärung hierfür: Kolumbus war Jude, sagen sie, die israelitische Rasse aber wurde verfolgt. Der berühmte Seefahrer hätte nichts bei den Königen erreichen können, wenn er ihnen seine jüdische Abstammung offenbart hätte. Neben dieser These besteht noch eine andere, wonach Kolumbus aus Plascencia in Extremadura stammen und ebenfalls jüdischer Abkunft sein soll. Da der Name Colón in Spanien sehr verbreitet ist, ließe sich ebensogut die Behauptung aufstellen, daß der spätere Admiral aus Córdoba, aus Katalonien oder aus Mallorca stammte, doch wäre eine dieser Annahmen so willkürlich und unbegründet wie die andere. Heute gibt es einige Verteidiger der katalanischen These. Auch Korsika erhebt Anspruch auf den Ruhm, die Heimat des Kolumbus zu sein. Christoph Kolumbus aber wurde, wie er selbst in der Urkunde über die Verleihung seines Majorats erklärt, um das Jahr 1453 in der Republik Genua geboren. Es bestehen Zweifel darüber, ob er in Terrarossa oder in Savona das Licht der Welt erblickte, doch ist dies eine Frage von geringerer Wichtigkeit, da beide Orte in der alten Provinz Ligurien in der Nähe der Stadt Genua gelegen sind und damals zur Republik Genua gehörten. Sein Vater, Domenico Colombo, war ein Wollkämmer, seine Mutter hieß Susana Fontanarosa. Dunkel und unklar ist alles, was über die Jugend des Christoforo Colombo erzählt wird, der später seinen italienischen Namen in den entsprechenden spanischen, Christóbal Colón, umwandelte. Verschiedene Schriftsteller sprechen von Reisen durch die griechischen Meere, doch existiert hierüber kein genaueres und vertrauenswürdiges Zeugnis. Es steht fest, daß er sich im Jahre 1476 in Portugal aufhielt und sich hier mit Felipa Moniz Perestrello, einer Tochter des Bartolomé Perestrello, vermählte. Perestrello war ein berühmter Seemann, der aus der Schule Heinrichs des Seefahrers hervorgegangen war. Die Familie Perestrello hatte die Insel Porto Santo zum Lehen erhalten, und Pedro Correa, ein Schwager des Kolumbus, war Befehlshaber der Insel. Wie die Schriftsteller berichten, unternahm Kolumbus damals mehrere Reisen, die ihn nach dem fernen Thüle und nach Guinea führten, das damals gerade von den Portugiesen entdeckt worden war. Diesen Reisen kommt eine besondere Bedeutung zu. Wenn man nämlich Thüle mit Island gleichsetzt, so ist wohl anzunehmen, daß der künftige Entdecker dort Kennt-
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nis von den Fahrten der Wikinger oder der Normannen erhielt, die von dieser Insel aus im 11. Jahrhundert Grönland und die ausgedehnten Küstenund Inselgebiete Nordamerikas (Labrador, Neufundland) erforscht hatten. Die Reise nach Guinea bestärkte ihn wahrscheinlich in seinen Ideen über die überseeischen Schiffahrtsstraßen. Hier erhebt sich die immer noch vielumstrittene Frage nach den Kenntnissen des Kolumbus. W a r Kolumbus ein Ignorant? W a r er ein Weiser? Weder das eine noch das andere trifft zu. W a s über seine Studien an der Universität Pavia berichtet wird, ist recht zweifelhaft. Er war bestimmt kein Techniker seines Faches, und alles, was über seinen direkten Briefwechsel mit dem Florentiner Gelehrten Paolo del Pozzo Toscanelli behauptet wird, sieht recht zweifelhaft aus. Er selbst gesteht, daß er 23 Jahre auf dem Meere zugebracht habe und demnach mehr als ein Mann anzusehen ist, der die Seefahrt vor allem aus praktischer Erfahrung kannte. Sein Wissensdrang jedoch und vielleicht auch sein unumstößlicher Entschluß, eine Fahrt über den Ozean durchzuführen, veranlaßten ihn, seine spärlichen Kenntnisse zu erweitern. Die „Imaigo Mundi" des Kardinals Pierre d'Ailly war ihm vertraut, ebenso die Werke des Enneas Silvio Piccolomini, des späteren Papstes Pius II., und die berühmten Reisebeschreibungen des Marco Polo. Der Plan des Kolumbus entstand wahrscheinlich in Portugal, wo das regste geographische Interesse herrschte und stets neue Berichte über Seewege und Seereisen die Runde machten. Kolumbus, der in einem Kreis von Kartenzeichnern und Seeleuten lebte, kannte sicherlich einen berühmten Briefwechsel zwischen dem schon erwähnten Toscanelli und einem Domherrn aus Lissabon. Außerdem erbte Kolumbus die Landkarten und Papiere seines Schwiegervaters Perestrello und hatte die seines Schwagers Correa zu seiner Verfügung. Seine letzten Reisen hatten erheblich dazu beigetragen, seine Annahmen über die Kugelgestalt der Erde zu bekräftigen. Diese Idee stammt allerdings nicht von Kolumbus selbst, sondern wurde bereits durch eine ganze Reihe von Gelehrten des Altertums und Mittelalters vertreten. In diesem Zusammenhang ist die Gestalt des Steuermanns Alonso Sánchez de Huelva zu erwähnen, von dem Kolumbus auf der Insel Madeira oder auf Kap Verde ein Schiffstagebuch erhalten haben soll. Wie einige Schriftsteller behaupten, machte Sánchez de Huelva auf seinem Totenbett dem Kolumbus Mitteilung über eine von ihm unternommene Seefahrt in westlicher Richtung und verschiedene bei dieser Gelegenheit entdeckte Länder. Wenn Kolumbus tatsächlich die Seekarte oder das Schiffstagebuch dieses Steuermanns besaß, wäre die Sicherheit, mit der er seine Ansichten vertrat, auch leichter zu erklären. Die Forschungen über diesen Punkt sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Kolumbus erklärt, daß ein einäugiger Matrose im Hafen von Santa Maria und ein Steuermann in Murcia ihm
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versichert hätten, daß sie einmal von einem Sturm an ferne westliche Küsten verschlagen worden wären, wo sie Wasser und Brennholz zur Heimfahrt eingenommen hätten. In jener Zeit, in der sich gerade eine Begeisterung für Entdeckerfahrten entwickelt hatte, konnte man natürlich in den Häfen der Atlantischen Küste und des Mittelmeeres eine Fülle von wahren und phantastischen Berichten zu hören bekommen. Welches war nun, kurz gesagt, der Plan des Kolumbus? Er wollte einen Weg nach Indien finden, der kürzer wäre als die bisher eingeschlagene östliche Route. Dabei ging Kolumbus von einer richtigen und einer falschen Voraussetzung aus. Seine Idee über die Kugelgestalt der Erde war zutreffend, nicht jedoch seine Berechnungen über die Ausdehnung des Globus. Auf seinem Reiseweg nach dem Zauberland Cipango sollte er nicht weniger als einen neuen Erdteil finden. Die Idee an sich war schon genial, die Entdeckung aber, die sie mit sich bringen würde, sollte noch weit wunderbarer sein, als der künftige Admiral Westindiens es sich je hätte träumen lassen. Nachdem Kolumbus den Entschluß gefaßt hatte, seinen Plan unter allen Umständen in die Wirklichkeit umzusetzen, soll er sich, wie berichtet wird, zunächst an die Republiken Genua und Venedig gewandt haben, die jedoch das Angebot ihres Landsmannes ablehnten. Dann wandte ersieh an Johann II. von Portugal; eine Versammlung, die unter dem Vorsitz des Diego Ortiz Calzadilla tagte, und in der die Ärzte Maestre Rodrigo und Maestre Joseph vertreten waren, sprach sich gegen die Vorschläge des Kolumbus aus. Ein einziger Mann, der Graf von Villarreal, setzte sich für den Gedanken ein. Obgleich dies von verschiedenen Historikern bestritten wird, sandte der Portugiese doch wahrscheinlich insgeheim eine Expedition aus, die die Behauptungen des Kolumbus überprüfen sollte. Obel zugerichtet und ohne irgendwelches Land entdeckt zu haben, kehrte die Expedition im Jahre 1484 zurück. Nun entsandte Kolumbus seinen Bruder Bartolome nach London, um Heinrich VII. von England die Unternehmung vorzuschlagen, während er selbst Anstalten traf, mit Frankreich zu verhandeln. Als sich auch diese Versuche als unfruchtbar erwiesen, entschloß er sich, am Hofe der Könige von Spanien vorstellig zu werden und dort seine Pläne darzulegen. Spanien war damals das Land, das am besten für die Unternehmung einer derartigen Entdeckungsfahrt und für die Eroberung der Welt geeignet und vorbereitet war. England hatte soeben den furchtbaren und blutigen Bürgerkrieg der Roten und Weißen Rose hinter sich: seine Jugend war dahingerafft, die Staatskassen erschöpft. In Frankreich hatten sich kaum erst die Wunden geschlossen, die der Hundertjährige Krieg geschlagen hatte. Immer noch litt dieses Land unter dem Kampf zwischen der königlichen Macht und dem sterbenden Feudalismus, das einen letzten bedeutenden Vertreter in Karl dem Kühnen, dem „Großherzog des Abendlandes", hatte.
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Italien, das in kleine Staaten aufgeteilt war, lebte noch von dem früheren Glanz der Seeherrschaft Genuas und Venedigs, die jetzt durch das Auftauchen der türkischen Macht in Osteuropa geschwächt waren und genug damit zu tun hatten, die Reste ihres hinsterbenden Handels und die noch verbliebenen venezianischen Besitzungen im Ägäischen Meer zu halten. Die fernen Länder im Norden lagen wie hinter einer trennenden Nebelschicht. Deutschland, die kontinentale Großmacht, war zersplittert, uneinig und schwach und vor allem in keiner Weise auf überseeische Unternehmungen vorbereitet. Portugal wäre wegen seiner Tradition auf diesem Gebiet das einzige Land gewesen, das sich mit Spanien hätte messen können, doch waren seine Macht, sein Reichtum und seine Stoßkraft gering im Vergleich mit denen Spaniens. Spanien, die mächtige und kühne Nation, die gerade die letzten Kämpfe der Reconquista durchführte, besaß eine kastilische und eine aragonesisdie Flotte, die bereits eine ruhmreiche Vergangenheit aufweisen konnten. Baskische und katalanische Seeleute hatten erfolgreiche Seefahrten hinter sich. Daneben gab es hier einen kampfesdurstigen und unternehmungslustigen Adel, den die Kämpfe mit den Mauren von Granada gestählt hatten. Und schließlich verfügte das Land über so reiche Einnahmequellen, daß sich auch für die waghalsigste Unternehmung Mittel hätten bereitstellen lassen. Unter den europäischen Herrschern konnte sich weder der argwöhnische Franzose Ludwig XI. noch der wahnsinnige Karl VIII. noch der geizige Heinrich VII. von England noch Johann II. von Portugal mit den großzügigen Königen von Kastilien vergleichen. Ende des Jahres 1485 landete Kolumbus auf seiner Reise nach Paris in Palos, und die Überlieferung berichtet, daß er von Hunger und Durst geplagt an das T o r des Franziskanerklosters Santa María de la Rábida klopfte. In seiner Begleitung befand sich sein Sohn Diego, der damals noch ein kleines mutterloses Kind war — Kolumbus hatte kurz vorher seine Frau verloren. Hinter den Mauern dieses Klosters, fern von allem Lärm der Welt, fand Kolumbus seinen ersten Freund und den ersten tatkräftigen Beschützer seiner Pläne, den Prior Juan Pérez, der einen offenen Sinn und Verständnis für alle kühnen Unternehmungen des Geistes hatte. Kolumbus, der in La Rábida Zuflucht gefunden hatte, fand hier häufig Gelegenheit zu Unterhaltungen mit Garci Hernández, einem Arzt aus Palos, und dem Seemann Martín Alonso Pinzón. Beide redeten ihm zu, dem spanischen Königspaar seine Pläne vorzutragen. Mit Empfehlungsschreiben versehen ging Kolumbus nach Sevilla, um dort den Herzog von Medina Sidonia zu treffen. Dieser versagte ihm zwar seine Protektion, der genuesische Bankier Berardi und der Herzog von Medinaceli dagegen, an die er sich gleichfalls mit Briefen seiner Freunde aus La Rábida wandte, bemühten sich, ihn zu fördern. Ein weiterer
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Beschützer und Förderer des Kolumbus war der Geistliche Antonio de Marchena. Im Frühjahr des Jahres 1486 fand in der Stadt Córdoba das erste Zusammentreffen zwischen Kolumbus und dem Königspaar statt. Die Unternehmungen gegen die Mauren standen jedoch damals allzusehr im Mittelpunkt des Interesses für Kastilien, als daß die Herrscher dem großen Plan des Kolumbus die genügende Aufmerksamkeit hätten widmen können. Am Hofe lernte er den Finanzsekretär Alfonso de Quintanilla kennen, der von diesem Zeitpunkt ab ein aufrichtiger Freund des Genuesers war und ihn an den Kardinal Mendoza empfahl, der damals entscheidenden Einfluß auf die Entschlüsse des Königspaares ausübte. Die Königin zeigte sich geneigt, Kolumbus ihre Gunst zuzuwenden, ließ seine Pläne einer in Córdoba zusammengetretenen Versammlung vorlegen, deren Vorsitzender, der Priester Hernando de Talavera, sich gegen die Vorschläge aussprach. Mehr Glück fand Kolumbus bei einer anderen Versammlung, die offenbar im Kloster San Esteban von Salamanca tagte, denn hier stimmten die einzelnen Vertreter seinen Plänen zu, und Diego Deza, der Universitätslehrer für Theologie und Erzieher des Prinzen Johann, war von dieser Zeit an ein begeisterter Förderer der Unternehmung (1486). Auf diesen großen Erfolg hin stellte sich Kolumbus in Begleitung des Diego Deza in Alcalá de Henares wiederum den Königen vor. Von nun ab stand er bei Hofe in Gunst und erhielt von Zeit zu Zeit kleine Unterstützungsgelder. Das Königspaar jedoch, das immer noch mit dem Krieg gegen die Mauren beschäftigt war, kam zu keinem praktischen Entschluß. Wieder ging Kolumbus nach Sevilla zu dem Herzog von Medinaceli, der ihn zwei Jahre lang als Gast in seinem Hause beherbergte und den Plan faßte, die Expedition auf eigene Kosten durchzuführen. Isabella aber verlangte von dem Herzog, daß der Ruhm der Unternehmung der Krone vorbehalten werden solle. Kolumbus kehrte an den Hof zurück; nun jedoch wollte das Königspaar nicht auf die ungeheuren Forderungen des Genuesers eingehen. Entmutigt kam er wieder nach La Rábida und wollte Spanien bereits verlassen, als sein Freund Juan Pérez einen Brief an die Königin schrieb, die Kolumbus wenige Tage darauf schon nach Santa Fe berief, wo nun endlich die Verhandlungen begannen. Kolumbus verlangte die Herrschaft über die Länder und Inseln, die er entdecken würde, den Titel eines Admiráis, verbunden mit der richterlichen Gewalt, und den zehnten Teil aller Produkte, die man aus den entdeckten Ländern erhalten würde. Trotz der Unterstützung, die ihm der Kardinal Mendoza zuteil werden ließ, und der Freundschaftsbeweise von seiten Quintanillas hielten die Monarchen immer noch diese Forderungen für unangemessen. Da sie Kolumbus nicht dazu bringen konnten, seine Ansprüche
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herabzusdirauben, verließ dieser wieder den Hof. Nun mischte sich Luis de Santangel, der Schatzmeister des aragonesischen Hofhaushaltes, ein und erklärte der Königin, sie dürfe sich eine derartige Gelegenheit, den Ruhm und die Größe Spaniens zu erhöhen, nicht entgehen lassen. Isabella ließ Kolumbus zurückrufen, und Ferdinand fügte sich den Wünschen seiner Gemahlin. Man erreichte den Kolumbus noch in Pinos-Puente, und er kehrte nach Santa Fe zurück. Der König, der sich inzwischen von seinem Oberkammerherrn Juan Cabrera hatte überzeugen lassen, befahl die Verträge aufzusetzen, und der Staatssekretär des Königspaares, Juan de Coloma, führte den Befehl aus. Am 17. April 1492 wurde der Vertrag, der die Entdeckung der Neuen Welt zur Folge haben sollte, unterzeichnet. D i e E n t d e c k u n g A m e r i k a s . An dieserStelle müssen wir denNamen der Pinzón, einer Familie von Seeleuten und Reedern aus Palos, erwähnen, ohne deren Beihilfe die heldenmütige Unternehmung wahrscheinlich nicht zustande gekommen wäre. Trotz der schriftlichen Anweisungen von Seiten des Königspaares fand sich nämlich keine Besatzung für die Schiffe, und die Brüder Pinzón mußten all ihren Einfluß aufbieten, um genügend Matrosen für das waghalsige Unternehmen zu gewinnen. Mehr als die Bürgschaft des Königspaares benötigte der Ausländer Kolumbus eine technische Garantie. Diese wurde ihm durch Martín Alonso Pinzón zuteil, einem verständigen und gebildeten Mann, der die Ideen des Genuesers teilte. Nachdem all die vielen Schwierigkeiten der Vorbereitungen überwunden waren, segelten am Freitag, dem 3. August im Jahre des Heils 1492, die drei Karavellen aus dem Hafen Palos de Moguer ab. Die größte der Karavellen war die „Santa Maria", die der Admiral selbst befehligte. Auf der „Pinta" fuhr als Kapitän Martín Alonso Pinzón und als Steuermann sein Bruder Francisco Martín Pinzón; die „Niña" schließlich unterstand der Führung des Vicente Yáñez Pinzón, eines Bruders der Vorgenannten. Der größte Teil der Besatzung stammte aus Palos; daneben gab es Andalusier und Leute aus Vizcaya, darunter den berühmten Juan de la Cosa aus Santoña, der Schiffsmeister auf der „Santa Maria" war. Mit 120 Teilnehmern begann so die Expedition, die als ersten Zwischenhafen Gomera auf den Kanarischen Inseln anlief. Bei günstigem Wind ging die Reise gut voran. Kolumbus machte dabei die Beobachtung, daß die Kompaßnadel nach Westen abwich und nicht mehr genau auf den Polarstern hinwies. Am 22. September begann die Mannschaft etwas unruhig zu werden. Verschiedene Historiker haben aus dieser einfachen Begebenheit eine Meuterei machen wollen, bei der das Leben des Admiráis in Gefahr schwebte. Kolumbus selbst jedoch stellt uns in seinem Tagebuch die Sachlage ganz anders dar und mißt ihr weit weniger Bedeutung bei. Als die Brüder Pinzón bei dieser Gelegenheit um ihre Meinung befragt
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wurden, meinte Vicente Yáñez: „Ich finde, wir sollten zweitausend Meilen weit segeln, und wenn wir dann nicht gefunden haben, was wir suchen, können wir umkehren." Martín Alonso erwiderte darauf: „Was soll das? Kaum haben wir Palos verlassen, so seid Ihr der Sadie schon überdrüssig? Vorwärts, Herr, und Gott möge uns die Genugtuung verleihen, daß wir Land entdecken, denn niemals wird Gott wollen, daß wir mit Schande bedeckt zurückkehren." Begeistert rief Kolumbus aus: „Das Glück möge euch günstig sein!" Am 12. Oktober um zwei Uhr morgens erscholl auf der „Pinta" der Ruf: „Land in Sicht!" Derjenige, der die Küste zuerst erblickt hatte, hieß, wie einige Historiker behaupten, Juan Rodríguez Bermejo, nach der Angabe anderer Rodrigo de Triana. Zweifellos jedoch handelt es sich um ein und dieselbe Person. Die entdeckte Insel, die zur Gruppe der Bahamas-Inseln gehörte, wurde von den Eingeborenen Guanahani genannt. Der Admiral landete, ergriff im Namen der Königspaares Besitz von der Insel und taufte sie auf den Namen San Salvador. Hierauf wurden nacheinander die Inseln Santa María de la Concepción (Rum Cay), Fernandina (Cat) und Isabela (Saomete) entdeckt. Von hier aus ging es nach Kuba. Diese Bezeichnung der Eingeborenen hat sich erhalten, während der von Kolumbus gewählte Name Juana wieder in Vergessenheit geraten ist. Die letzte auf dieser Reise entdeckte Insel war Bohio oder Haiti, die der Admiral Española taufte. Im Jahre 1493 kehrte Kolumbus nach Spanien zurück und hinterließ auf Española einige seiner Leute zur Bewachung des von ihnen errichteten Forts Navidad. Die Brüder Pinzón segelten auf der „Pinta" heimwärts und landeten in Galicien, während Kolumbus, der auf der „Niña" fuhr, zuerst auf den Azoren und in Lissabon anlegte und schließlich in Palos an Land ging. Von Palos begab er sich nach Sevilla und von dort an den Hof nach Barcelona, wo er von dem Königspaar, das den Bericht über das glückliche Abenteuer von seinen eigenen Lippen hören wollte, mit Gunstbezeugungen überhäuft wurde. Die Entdeckung erweckte alsbald den Neid der Portugiesen, und um einen Streit zu vermeiden, bestimmte der spanische Papst Alexander VI. (Rodrigo Borgia) eine sogenannte Demarkationslinie, die von Pol zu Pol ging und hundert Meilen westlich der Azoren und der Kap Verdeschen Inseln verlief. Die westlich dieser Linie entdeckten Länder sollten den Spaniern gehören, diejenigen, die östlich der Linie liegen würden, den Portugiesen. Als die Portugiesen sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden geben wollten, bildete man Kommissionen beider Länder, die schließlich den Vertrag von Tordesillas aufsetzten, nach dem die Demarkationslinie 370 Meilen westlich der westlichsten Insel der Kap Verdeschen Gruppe verlegt wurde (7. Juni 1494).
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War die erste Reise des Kolumbus schon mit Schwierigkeiten verknüpft,, so sollte es bei der zweiten noch viel schlimmer kommen. Aus der Bucht von Cádiz segelte ein Geschwader von 17 Schiffen ab, die insgesamt 1500 Mann Besatzung an Bord trugen, darunter den Benediktinermöndi Bernardo Boil, der den Titel eines Apostolischen Vikars führte. Auf dieser Reise entdeckte Kolumbus Dominica, Guadeloupe, Marie Galante und verschiedene andere zu den kleinen Antillen gehörige Inseln und erforschte eine Insel, die von den Eingeborenen Boriquen genannt wurde und die der Admiral San Juan taufte. Später wurde die Insel unter dem Namen Puerto Rico bekannt. Bei seiner Landung auf Española fand er das Fort Navidad vollkommen zerstört vor. Die Eingeborenen hatten hier sämtliche Spanier umgebracht. Er gründete sodann die Stadt Isabela und ordnete den Bau des Forts Santo Tomás an. Dann stach er wieder in See und entdeckte die Insel Jamaica. Kolumbus hatte bereits den Aufstand des Bemal Díaz de Pisa unterdrücken müssen. Gefährdeter wurde seine Lage noch, als der Hauptmann Pedro Margarit und der Priester Boil heimlich von Española absegelten, um ihre Anklage gegen den Admiral beim Königlichen Hofe vorzubringen. Ferdinand und Isabella entsandten den königlichen Kommissar Juan de Aguado, der den Kolumbus mit größter Rücksichtslosigkeit behandelte. Der Entdecker Amerikas kehrte nach Spanien zurück und rechtfertigte sich vor dem Königspaar, das ihm alsbald seine Gunst wieder zuwandte. Nur wenige Mutige fanden sich für eine dritte Expedition in jene Länder, die die enttäuschten Kastilier bereits die „Länder des Verderbens" nannten. Schließlich segelten am 30. Mai 1498 vier größere Schiffe und zwei Karavellen aus Sanlúcar de Barrameda ab. Kolumbus gelangte zur Insel Trinidad und erreichte von da das Festland nahe der Orinocomündung, ohne zu ahnen, daß er damit einen neuen Erdteil entdedkt hatte. Als er wieder auf die Insel Española kam, wo er seinen Bruder Bartolemé zurückgelassen hatte, erfuhr er von einem Aufstand, der sich unter der Führung Francisco Roldáns ereignet hatte. Der Admiral wollte einlenken und begann nun große Landverteilungen vorzunehmen, um die Rebellen zufriedenzustellen. Am spanischen Hofe hörte man von der schlechten Verwaltung auf Española, und das Königspaar entsandte jetzt den Komtur des Calatrava-Ordens, Don Francisco Bobadilla, einen tüchtigen, aber etwas beschränkten Menschen, den seine hohe Aufgabe nun vollends verwirrt hatte. Kaum war er gelandet, so bezeichnete er schon den Kolumbus als Aufrührer, dem man den Prozeß machen müsse, ließ ihn in Ketten legen und schickte ihn nach Spanien. Ferdinand und Isabella beeilten sich, Kolumbus für die Unbill, die Bobadilla ihm zugefügt hatte, zu entschädigen und gaben dem nun schon gealterten Manne all seinen Besitz und seine Privilegien zurück. Um künftigem Unheil vorzubeugen, ernannten sie den Komtur von
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Lares, Nicolás de Ovando, zum Gouverneur von Española und verboten, daß Kolumbus auf die Insel zurückkehrte. Die vierte Reise des Kolumbus, der nun einen Durchgang oder eine Meerenge finden wollte, die nach Indien führte, verlief redit unglücklich. Mit vier Schiffen fuhr er am 9. Mai 1502 von Cádiz ab, erreichte Martinique und mußte den Schmerz erleben, auf seine Bitte an Ovando, in Española landen zu dürfen, einen abschlägigen Bescheid zu erhalten. Er durchkreuzte darauf den Golf von Honduras, segelte an der Küste des heutigen Costa Rica entlang, mußte auf Jamaica die furchtbarsten Entbehrungen und Leiden erdulden und kehrte schließlich als alter, müder und gebrechlicher Mann nach Spanien zurück. Zwei Jahre später (1506), nachdem seine hohe Beschützerin, die Königin Isabella, gestorben war und König Ferdinand ihm seine Gunst und Aufmerksamkeit entzogen hatte, beendete auch er sein Leben in Valladolid — nicht als armer Mann, wie man fälschlicherweise behauptet hat, wohl aber traurig und enttäuscht. Christoph Kolumbus ist eine der größten Gestalten aller Zeiten. Der hochgewadisene Mann mit dem schmalen, rötlichen und sommersprossigen Gesicht, den tiefblauen Augen, den blonden Haaren und der scharf gebogenen Nase, verfügte über eine ungeheure geballte Energie. Mit einer beispiellosen Zähigkeit verfolgte er ohne Schwanken und Zögern sein Ziel, wie ein erleuchteter Seher, der von der Wahrheit einer Idee überzeugt und entschlossen ist, sie um jeden Preis in die Tat umzusetzen. Er war, wie wir bereits erklärt haben und hier noch einmal betonen möchten, kein Mann der Wissenschaft, aber er war ein Charakter. Bis zu seinem Tode glaubte er felsenfest an den wunderbaren Seeweg nach Catay und Cipango, träumte er von dem Asien, dem Indien und dem China Marco Polos und ahnte nicht, daß er einen ganz anderen Erdteil entdeckt hatte. Er nahm seine Idee mit ins Grab. Die Verkünder seines Ruhms haben einen Heiligen aus ihm machen wollen, jedoch entspricht dies in keiner Weise der Wirklichkeit. Der leicht reizbare und trodcene Genueser hatte eine allgemein bekannte Schwäche für ein Mädchen aus dem Volke namens Beatriz de Arana, die er in Córdoba kennengelernt hatte und die die Mutter seines unehelichen Sohnes Ferdinand werden sollte. Und wenn auch keiner leugnen kann, daß Kolumbus die Intuition des Genies, den Ruhm des Entdeckers und die Geschicklichkeit des erfahrenen Seemannes sein eigen nannte, so muß man doch andererseits zugeben, daß er unfähig für die Verwaltungsgeschäfte war und zuweilen eine übermäßige Härte und Unbeugsamkeit, zuweilen aber auch eine Milde bewies, die án Schwäche grenzte. Dieser Mangel an Taktgefühl und die Unfähigkeit, einen Regierungsposten auszufüllen, die seine Zeitgenossen bereits an ihm erkannten, bedeuten jedoch in keiner Weise eine Herabsetzung
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seiner unerhörten Begabung, die ihn unsterblich machte. Weil er ein Ausländer war, wandte sich der Neid ganz besonders gegen ihn. Diejenigen, die ihn zuerst als einen Narren bezeichnet hatten, empörten sich gegen den Emporkömmling, der dank seiner Gaben neue verheißungsvolle Länder entdeckt, den Gipfel der Macht erklommen hatte und nun den edelsten Geschlechtern Kastiliens als ebenbürtig geachtet wurde. Man hat häufig behauptet, Ferdinand der Katholische sei dem Entdecker der Neuen Welt gegenüber nicht dankbar genug gewesen. Allerdings konnte der vorsichtige und behutsame Ferdinand niemals die gleiche Begeisterung aufbringen wie Isabella, man muß jedoch gerechterweise zugeben, daß er mit allem Eifer, dessen er fähig war, die Unternehmung förderte und durch einen besonderen Erlaß die Gelder der Krone von Aragón für die Reisen des Kolumbus zur Verfügung stellte. Ein viel dunklerer Punkt ist die Nichterfüllung des Vertrags von Santa Fe. Abgesehen von der traurigen Erfahrung, daß Kolumbus als Gouverneur versagte, hat diese Frage noch eine höchst interessante juristische Seite, die Gegenstand eines sich lang hinziehenden Rechtshandels wurde. Die Nachkommen des Kolumbus prozessierten bis in die Regierungszeit Karls V. hinein mit der Krone und bestanden auf ihrem Recht, alle Klauseln des Vertrags von Santa Fe erfüllt zu sehen. Die Juristen aber führten einen Gegengrund an, der dann für den Urteilsspruch ausschlaggebend war. Sie erklärten, daß dieser Vertrag über einen unbekannten Gegenstand eine ungeheure Verletzung der königlichen Macht und Würde bedeute, da dieser Gegenstand nicht mehr und nicht weniger sei als die Verwaltung eines ganzen Erdteils und man dies bei Auf Setzung des Vertrages niemals geahnt hätte. Was den Schutz und die Förderung betrifft, die Königin Isabella dem kühnen Seefahrer hatte angedeihen lassen, so liegt ihre Bedeutung in einem Ausspruch des Kolumbus selbst beschlossen. Er sagte: „Der Gnade unseres Herrn und den Bemühungen Ihrer Königlichen Hoheit ist es zu verdanken, daß ich ausharren konnte." D e r K r i e g in I t a l i e n . Man muß die Lage kennen, in der sich die Apenninenhalbinsel befand, um die Gründe zu verstehen, welche die spanischen Könige zu ihrer Einmischung in die italienischen Angelegenheiten veranlaßten. Italien war in winzige Kleinstaaten aufgeteilt, die zwar eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte erreicht hatten, deren Selbständigkeit jedoch wegen der politischen Intrigenwirtschaft ständig in Gefahr schwebte, eine Beute des machtlüsternen Auslandes zu werden. Deutschland, das Kaiserreich, verfügte allerdings nicht über genügend Stoßkraft, um sich eine nachhaltige Einmischung erlauben zu können, Frankreich dagegen, das stets die Rechte des Hauses Anjou ins Treffen führte, konnte jeden Augenblick seine Truppen
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über die Grenzen schicken, und auch Spanien, das durch das Haus Aragon auf dem Thron von Neapel vertreten war, hatte immer die Möglichkeit, ein ausschlaggebendes Wort bei der Lösung der italienischen Fragen mitzusprechen. Die Republik Florenz blühte auf unter der segensreichen Herrschaft der kunstsinnigen Medicäer. Venedig, dessen Seemacht sehr geschwächt war, versuchte seine Verluste im Osten durch neuerrungene Vorteile auf dem europäischen Kontinent auszugleichen. In Rom regierte der spanische Papst Alexander VI. Die Geschicke des Herzogtums Mailand lagen in den Händen Ludovico Sforzas, der wegen seiner bräunlichen Gesichtsfarbe „il Moro", der Maure, genannt wurde. Er regierte den Staat im Namen seines Neffen Giovanni Galeazzo und strebte danach, die Herrschaft vollständig an sich zu reißen. Die Haltung des „Moro" aber sollte die Ursache zu all den folgenden Ereignissen werden. Alfons V., der Prächtige, hatte den Thron von Neapel seinem Sohn Ferdinand hinterlassen, einem jähzornigen und habgierigen Menschen, der verschiedene Kämpfe gegen das Haus Anjou zu bestehen hatte, dessen Begehrlichkeit auf das Königreich Neapel gerichtet war. Ferdinand war ein Beschützer der Künste und Wissenschaften und setzte die von seinem Vater eingeleitete Bündnispolitik fort. Als einen Erfolg seiner außenpolitischen Beziehungen konnte er die Heirat seiner Enkelin Isabella mit Giovanni Galeazzo Maria Sforza, dem Neffen des Moro, verzeichnen. Als der König von Neapel dann von den Plänen Ludovicos erfuhr, traf er Anstalten, die Rechte des Gatten seiner Enkelin zu verteidigen. Der Moro, der diese Einmischung Ferdinands von Neapel befürchtete, redete Karl VIII. von Frankreich zu, er müsse das Königreich Neapel erobern, das ihm ja wegen der alten Ansprüche des Hauses Anjou von Rechts wegen gehöre. Ferdinand starb, und ihm folgte sein Sohn Alfons II., der Enkel Alfons' des Prächtigen, auf dem Thron. Zu diesem Zeitpunkt entschloß sich Karl VIII. von Frankreich, die Vorschläge Ludovicos zu befolgen und in Italien einzurücken. Der König von Frankreich und Sohn Ludwigs XI. war ein phantastischer und abenteuerlicher Geist, der ganz in der Sphäre der Ritterromane lebte und davon träumte, Konstantinopel aus den Händen der Türken zu befreien und sidi die Krone von Byzanz aufs Haupt zu setzen. Auf seinem Wege nach Osten wollte er als erste Etappe seines kriegerischen Planes das Königreich Neapel erobern. Bevor er jedoch an die Ausführung seiner Absichten gehen konnte, mußte er seine eigenen Grenzen sichern und Freundschaftsverträge mit seinen Nachbarn schließen. So schloß er im Jahre 1493 mit Ferdinand dem Katholischen den Vertrag von Barcelona, nach dem Spanien die Grafschaften Roussillon und Cerdagne zurückerhielt, die Johann II. anläßlich seines Kampfes gegen die aufsässigen Katalanen an Ludwig XI.
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verpfändet hatte. Der spanische König verpflichtete sich dafür, die Feinde Frankreichs nicht, zu unterstützen, ausgenommen, wenn es sich um das Pontifikat handelte. Die Aufsetzung dieser Ausnahmeklausel, in welcher der Vorwand für einen künftigen Bruch verborgen lag, ist als ein Meisterstück politischer Geschicklichkeit anzusehen. Der Katholische König wußte ganz genau, welche Pläne der Franzose hatte. Sobald nun Karl ins Gebiet von Neapel eingebrochen war, erklärte er die Bedingungen des Vertrags von Barcelona für verletzt, und die spanischen Botschafter, die diese Mitteilung überbrachten, hatten sogar die Kühnheit, die Originalurkunde vor den Augen des französischen Königs in Stüdce zu zerreißen. Neapel war ein Lehnsgut des Heiligen Stuhles; Karl VIII. hatte also tatsächlich die einzige im Vertrag von Barcelona enthaltene Ausnahmeklausel verletzt. Die Gelegenheit für einen Abbruch der Beziehungen konnte nicht besser gewählt sein, und dieser Sdiadizug ist ein glänzender Beweis für die politische Begabung des Königs von Aragón. Angesichts der französischen Invasion dankte Alfons II., den die italienischen Autoren als einen treulosen und grausamen Menschen hinstellen, zugunsten seines Sohnes Ferdinands II. ab. Der junge Herrscher verfügte über hohe persönliche Vorzüge und war beim Volke außerordentlich beliebt. Alfons zog sich nach Sizilien zurück, während Ferdinand sich zum Widerstand rüstete. Durch einen Verrat der neapolitanischen Adligen jedoch fiel das Königreich Neapel wehrlos in die Hände der Franzosen. Ferdinand II. zog sich auf die Insel Ischia zurück, und Karl VIII. hielt im Triumph seinen Einzug in Neapel. Sein Glück sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein, denn der Papst Alexander VI. faßte nun den Entschluß, die „Fremden", wie er die Franzosen nannte, aus dem Lande zu vertreiben. Das Pontifikat brachte eine machtvolle Liga zusammen, deren Mitglieder die Republik Venedig, der Heilige Stuhl, der „Moro", der Kaiser Maximilian und Ferdinand der Katholische waren. Karl VIII., der befürchten mußte, daß ihm der Rüdezug nach Frankreich abgeschnitten würde, rückte schleunigst aus Neapel ab und ließ dort zur Verteidigung des Reiches Gilbert de Montpensier mit ein paar tausend Soldaten zurück. Der König selbst erzwang sich einen Durchgang in Fornovo und kehrte nach Frankreich zurüdc. Das Hauptziel der Liga war die Vertreibung der Franzosen aus Italien. Die Ausführung dieses Planes im Königreich Neapel übernahm der Katholische König im Verein mit seinem Verwandten, dem geflüchteten Ferdinand II. Der König von Spanien entsandte nur wenig Verstärkungstruppen, dafür aber einen Feldherrn, der für sich allein ein ganzes Heer wert war und sich bereits im Kriege gegen Granada rühmlichst ausgezeichnet hatte, Gonzalo Fernández de Córdoba.
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Gonzalo kam nach Sizilien, wo er den früheren König von Neapel traf und mit ihm zusammen in Messina den Feldzugsplan entwarf. Die Spanier setzten nach Kalabrien über, und nun begannen die Feindseligkeiten mit jenem berühmten Kleinkrieg, zu dem sidi das gebirgige Gelände Kalabriens so ausgezeichnet eignet. Evrard Stuart, der Herr von Aubigny, wurde diese Art der Kriegsführung bald müde und stellte sich mit seinen Streitkräften bei Seminara zum Kampfe. Im spanischen Lager riet Gonzalo zwar ab, sich jetzt auf eine Schlacht einzulassen, der jugendliche Ungestüm König Ferdinands aber bestimmte den Kriegsrat, sich gegen die Ansicht des spanischen Heerführers auszusprechen. So kam es zur Schlacht, die genau so verlief, wie Gonzalo vorausgesagt hatte: die französische Reiterei und das schweizerische Fußvolk, die der leichten spanischen Reiterei überlegen waren, rissen die Führung des Kampfes an sich und konnten nur mit Mühe durch die Spanier in Schach gehalten werden. Die sizilianischen Truppen jedoch, die an sich schon über nicht allzuviel Kampfesgeist verfügten, ließen sich durch ein Manöver der Spanier, das sie als eine Rüdezugsbewegung ansahen, täuschen und stürmten in wilder Flucht davon. Aller Mut und alle Geistesgegenwart König Ferdinands vermochten nicht die Truppen zu halten. Der König selbst verlor im Kampfe sein Pferd und hätte auch das Leben eingebüßt, wenn Juan Andrés Altavilla ihm nidit seinen Renner zur Flucht geliehen hätte. Das spanische Fußvolk konnte einen geordneten Rückzug antreten (1495). Bald jedoch konnte Ferdinand, den seine früheren Vasallen selbst herbeiriefen, in Neapel wieder einziehen, während Gonzalo in seiner gewohnten Taktik vorging und so nach und nach den größten Teil Kalabriens besetzte. Als Montpensier in der befestigten Stadt Atella eingeschlossen war, rief der König von Neapel Gonzalo zu Hilfe, der dann auch unter Überwindung zahlloser Gefahren heranrückte, den neapolitanischen Adel und die Bergtruppen von Murana schlug und einen Sieg nach dem anderen als Marksteine seines Vormarsches zu verzeichnen hatte. Nach diesem glorreichen Feldzug kam er ins Lager des Königs von Neapel, der ihm den Titel eines „Gran Capitán" verlieh, unter dem er in die Geschichte eingegangen ist. Sein Ruf drang weit über die Grenzen Italiens, und sein Name war in ganz Europa bekannt. Das französische Heer wurde geschlagen, und Montpensier kapitulierte in Atella (1496). Nun kehrte Gonzalo nach Kalabrien zurück und nahm auch noch die italienischen Truppen in sein Heer auf, die voller Freude erlebten, wie der Sieg sich jetzt auf ihre Seite neigte. Aubigny wurde gezwungen, das Königreich Neapel zu räumen. Bald darauf starb Ferdinand II. Ihm folgte sein Onkel Don Fadrique, ein hochgebildeter und friedliebender Fürst, dessen persönliches Mißgeschick es war, gerade in derartig kriegerischen Zeiten die Zügel der Regierung von Neapel übernehmen zu müssen. Der „Gran Capitán" zog als Sieger in Neapel ein, um gleich darauf mit
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seinen Truppen gegen Ostia vorzurücken und den biskayischen Seeräuber Menoldo Guerri von dort zu vertreiben, der die Lebensmittelzufuhren Roms abfing und die gesamte Gegend in Schrecken versetzt hatte. In Rom wurde Gonzalo als Befreier empfangen, und Alexander V I . verlieh ihm die „Goldene Rose", eine Auszeichnung, die nur ganz wenigen Personen zuteil wurde. Im Jahre 1498 kehrte er nach Spanien zurück, w o das Königspaar ihm einen glänzenden Empfang bereitete. Karl VIII. von Frankreich, der ohne leibliche Nachkommen gestorben war, folgte Ludwig XII. auf dem Thron. Dieser neue König konnte neben den Ansprüchen des Hauses Anjou auf Neapel auch noch ein persönliches Recht auf das Herzogtum Mailand vorweisen. Da sich hieraus ein Streit mit Spanien entwickelte, müssen wir die Gründe des französischen Anspruches kurz beleuchten. Ludwig von Valois und Orléans, der den französischen Thron bestieg, als die Linie der erstgeborenen Söhne ausgestorben war, hatte Ludwig, den Herzog von Orléans und Bruder Karls V I . von Frankreich, zum Großvater. Ludwigs Gemahlin aber war Valentina Visconti, die Tochter Giovanni Galeazzos, des Herzogs von Mailand, gewesen. Es war nun ausdrücklich bestimmt worden, daß, falls die männliche Linie der Visconti aussterben sollte, Valentina oder ihre direkten Nachkommen das Herzogtum als Erbe erhalten würde. Ludwig XII. ließ sich also zum König von Frankreich, beider Sizilien und Jerusalem und Herzog von Mailand ausrufen. Er schloß einen Vertrag mit Alexander V I . und machte dessen Sohn Cesare Borgia zum Herzog von Valence. Außerdem verbündete er sich mit Venedig und vereinbarte mit dem Katholischen König die Teilung des Königreichs Neapel. Spanien sollten Apulien undKalabrien zufallen, während Frankreich Neapel, die Abruzzen und die „Terra di Lavoro", den fruchtbarsten Teil des Reiches, erhalten sollte. Ludwig XII. eroberte Mailand und beeilte sich nun, im Königreich Neapel einzurücken. Die Haltung des Katholischen Königs in dieser Frage ist sehr zu Unrecht Gegenstand einer heftigen Kritik geworden. Ferdinand war ein weitblickender Politiker, der ganz genau wußte, daß die Nachkommen der Bastardlinie Alfons' des Prächtigen sich gegenüber den Ansprüchen Frankreichs niemals auf dem Thron von Neapel würden halten können. Es bestand die Gefahr, daß diese reichen Gebiete, die einstmals der Krone von Aragon gehört hatten, ganz und gar in fremde Hände übergehen würden. So ging der Spanier denn äußerst geschickt und klug vor. Ein weiterer Vorwand für sein Verhalten war ein angebliches Bündnis Federicos oder Fadriques III. mit den Türken. Der Geheimvertrag von Granada über die Teilung Neapels wurde im Jahre 1500 abgeschlossen. Gonzalo de Cordoba schiffte sich mit einem starken Heer nach Sizilien ein. Unter seinen Offizieren hatte er den tapferen Zamudio, den athletischen Ballesteros, Spanien
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Diego García de Paredes, Villalba, Paz, Diego de Mendoza, Pizarra und eine ganze Reihe anderer, die durch ihren Mut ganz Italien in Erstaunen setzen sollten. Von Messina aus, wo sich die venezianische Flotte der spanischen angeschlossen hatte, segelten sie den griechischen Meeren zu und vertrieben die Türken von der Insel Kephalonien. Der Vertrag wurde geheimgehalten, bis der Papst ihn veröffentlichte und die Könige von Frankreich und Spanien mit den ihnen zufallenden Bezirken belehnté. Don Fadrique hatte unvorsichtigerweise schon vorher Gaeta den Spaniern übergeben. Das französische Heer rückte unter dem Befehl Aubignys und Cesare Borgias in das Gebiet von Neapel ein und bemächtigte sich Capuas, wo sich vierzig schöne Jungfrauen, die man als einen Teil der Beute betrachtet hatte, in den Volturno stürzten, um der Vergewaltigung durch den Wüstling Borgia zu entgehen. Der unglückliche Fadrique III. ging inzwischen nach Ischia und mußte sein Schicksal der Großmut der Franzosen anheimstellen. Kalabrien hatte sich für die Spanier erklärt, nur in Tarent leistete Ferdinand, der Herzog von Kalabrien und Erbe Don Fadriques, noch Widerstand. Bei der Aufsetzung des Vertrags über die Übergabe der Stadt schwur Gonzalo auf die heilige Hostie, daß er den Herzog von Kalabrien in Freiheit setzen werde; dann jedoch beging der „Gran Capitán" die höchst verdammenswerte Tat, sein Wort zu brechen und schickte den Erben Neapels als Gefangenen nach Spanien. Während der Belagerung gelang es Gonzalo, mit der ihm eigenen Geistesgegenwart seine unzufriedenen Truppen, denen er den Sold hatte schuldig bleiben müssen, in Schach zu halten. Einmal geriet er in einen Kreis aufgeregter Soldaten, deren einer ihm die Spitze seiner Lanze auf die Brust setzte. Ungerührt schob Gonzalo die Lanze weg und sagte lächelnd zu dem Soldaten: „Sieh nur zu, daß du mich nicht aus Versehen verwundest!" Ein biskayischer Hauptmann beschimpfte die Ehre Elviras, der Tochter Gonzalos. Dieser tat, als habe er nichts gehört, am folgenden Tage jedoch fand man den Mann erdrosselt. Einige inmitten des Königreiches Neapel gelegene Gebiete sollten schließlich den Anlaß zum Bruch zwischen den Franzosen und den Spaniern geben, die sich bei dieser künstlichen Teilung stets unbehaglich gefühlt hatten. Die Capitanata, die Basilicata und das Principato wurden zum Zankapfel. Die Franzosen, die über größere Truppenmassen verfügten, besetzten, ohne auf besondere Schwierigkeiten zu stoßen, die Spanien zugewiesenen Gebietsteile und der „Gran Capitán" mußte sich mit seinen Leuten nach Barletta zurückziehen, wo er sich verschanzte und auf Verstärkung wartete. Es folgte nun die berühmt gewordene Belagerung von Barletta mit all ihren Scharmützeln, Sturmangriffen, Fallen und kleineren Treffen, bei denen der unvergleichliche
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Gonzalo dank seiner geschickten Strategie immer wieder die Oberhand gewann. Andererseits wird uns aus diesen Tagen auch über eine ganze Reihe ritterlicher Heldentaten und Einzelkämpfe berichtet. So hören wir von einem Kampf zwischen elf französischen und elf spanischen Rittern, nach dessen Beendigung die Spanier für tapferer, die Franzosen aber für ausdauernder erklärt wurden. Gonzalo,der hiermit nicht zufrieden war, sagte: „Ich meinte, sie wären besser, als ich sie ins Treffen schickte." Bei dieser Gelegenheit zeichnete sich vor allem der starke García de Paredes aus, der weiterkämpfte, obgleich er eine Wunde am Kopfe erhielt, und, als er keine Waffen mehr hatte, große Steine gegen seine Gegner zu schleudern begann. Ein andermal kämpften dreizehn Italiener gegen dreizehn Franzosen, wobei die ersteren Sieger wurden. Besondere Taten verrichteten hierbei die Ritter Hettore Fieramosca aus Capua und Tito mit dem Beinamen Fanfulla aus Lodi, deren Namen die Legende unsterblich gemacht hat. Als dann Aubigny durch Andrade bei Seminara geschlagen war und Lezcano das französische Geschwader vor Otranto besiegt hatte, kamen auch die von Kaiser Maximilian entsandten deutschen Söldnertruppen an. Der Herzog von Nemours und Vizekönig von Neapel war nun des Kampfes müde und brach sein Lager bei Barletta ab. Der „Gran Capitán" ging von Barletta, wo eine Seuche auszubrechen drohte, nach Cerignola, wo er neue Stellungen bezog. Sobald der Herzog von Nemours dies erfuhr, rückte er wieder heran, um sich zum Kampfe zu stellen. Das spanische Heer stand auf steilen Felsen und war durch eine davorliegende Schlucht geschützt. Auf einem sanften Abhang zur Linken hatte Gonzalo die von Pedro Navarro befehligte Artillerie aufgestellt, die Deutschen hielten die Mitte, und auf dem rechten Flügel lag die spanische Infanterie. Der Herzog von Nemours versuchte verschiedene heftige Angriffe, als er jedoch den Feind in der Flanke fassen wollte, erlitt er den Heldentod. Nun stürmten die Spanier aus ihren Stellungen hervor gegen die Franzosen, die bereits ins Wanken geraten waren, und rissen die Führung des Kampfes an sich. Nur die leichte Reiterei des Gegners konnte sich aus dem Blutbad retten (1503). Als zu Beginn der Schlacht das Pulvermagazin in die Luft flog, rief Gonzalo: „Mut, meine Freunde! Das sind die Leuchtfeuer des Sieges!" Aus dem Verlauf der Schlacht sind uns viele Episoden bekannt, so die von Prospero Colonna, dem Führer der italienischen Truppen und Unterfeldherrn im spanischen Heere, der ins französische Lager eindrang und im Zelt des Herzogs von Nemours eine fertig bereitete Mahlzeit vorfand, an der er sich mit den Seinen gütlich tat. Nach diesem Kampfe befand sich das gesamte Königreich Neapel mit einem Schlage in der Hand der Liga. Im gleichen Jahre rückte ein mächtiges französisches Heer unter dem Befehl Francesco Gonzagas, des Herzogs von Mantua, gegen Rom und um14*
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zingelte die Stadt, in der gerade die Papstwahl stattfand. Ludwig XII. war entschlossen, das Königreich Neapel zurückzuerobern und scheute keine Mühe und Anstrengung, um dieses Ziel zu erreichen. Gonzalo verteidigte den Ubergang über den Garigliano. Nach einem harten Winter, in dem er tausend Leiden und Wechselfälle zu erdulden hatte, rückte er selbst über den Fluß und überraschte das auf dem Rüdezug befindliche französische Heer, das jetzt von dem Marquis von Saluces befehligt wurde. Die Franzosen erlitten eine furchtbare Niederlage. Das Ergebnis des Sieges war die Übergabe von Gaeta im Jahre 1504. Nun, wo die Franzosen endgültig aus dem Königreich Neapel vertrieben waren, konnte Gonzalo seinen Eroberungsfeldzug als beendet ansehen. Er kehrte kurz darauf nach Spanien zurück und ging nach Loja, wo er den Rest seiner Tage verlebte. Der „Gran Capitán" wird von allen Historikern übereinstimmend als ein Mann von majestätischer Haltung geschildert, der eine rasche Entschlußkraft und ein klares, ruhiges Urteil besaß. Er war kräftig, hatte eine wohltönende Stimme und ein gemäßigtes und bescheidenes Auftreten. In seinen Reden war er gelassen und sicher. Obgleich er kahlköpfig war, pflegte er, sobald er sich mit jemandem unterhielt, als Beweis der Höflichkeit seine Mütze abzunehmen. Im Kriege konnten weder Hunger noch Ermüdung ihm etwas anhaben. Er liebte den Scherz und war äußerst schlagfertig. Drei Dinge nur soll er, wie erzählt wird, vor seinem Tode bereut haben: den Wortbruch, den er dem Herzog von Kalabrien gegenüber verübt hatte, die Nichtachtung des freien Geleits, das er Cesare Borgia zugesagt hatte, und eine dritte Sache, die offenbar so schwerwiegend war, daß er sie nicht gestehen wollte. Einige wollen wissen, daß es die Reue darüber war, daß er sich nicht zum König von Neapel hatte ausrufen lassen, als der dortige von seinen Heldentaten begeisterte Adel ihn dazu aufforderte. Hier ist die Stelle, ein Wort über die tatsächliche oder angebliche Undankbarkeit Ferdinands des Katholischen gegenüber dem „Gran Capitán" zu sagen. Es ist uns nicht bekannt, welche Gründe der König haben mochte, Gonzalo zu mißtrauen. Dieser hatte infolge seiner ruhmreichen Unternehmungen zahlreiche Feinde am Hofe, die ihn um seine Erfolge beneideten. Vielfach ist bestritten worden, daß die Schatzmeister des Königs von Gonzalo Belege für die ihm übergebenen Summen gefordert hätten, die moderne Kritik jedoch gibt zu, daß diese Überlieferung wohl einen historischen Hintergrund hat und daß auch die volkstümliche Redensart von den „cuentas del Gran Capitán" („son cuentas del Gran Capitán = etwa: „das kommt riesig teuer") nicht ganz unbegründet ist, da uns glaubhafte zeitgenössische Berichte über die Sparmaßnahmen des Monarchen vorliegen. Der Katholische König hielt Gonzalo gegenüber nicht sein Wort, denn er verlieh ihm nicht den versprochenen Großmeisterposten des Santiago-Ordens. Selbst als Gonzalo
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wieder nach Loja ging, soll, wie einige behaupten, der Argwohn des Königs ihm nodi dorthin gefolgt sein. Nach einer anderen Ansicht, die allerdings noch einer festeren Grundlage entbehrt, konnten die große Volkstümlichkeit und die hohe Begabung des „Gran Capitán" dem König selbst recht gefährlich werden. Möglicherweise liegen uns eines Tages Beweise für diese Behauptung vor, bisher jedoch läßt sich in dieser Richtung noch nichts Abschließendes sagen. Alles in allem ist Gonzalo Fernández de Córdoba eine ganz außergewöhnlidie Führerpersönlidikeit, die durch ihre kluge Kombinierung der drei Waffengattungen geradezu eine Revolution auf dem Gebiete der Kriegsführung heraufbeschwor. Seine bewunderungswürdige Strategie, seine Eilmärsche, sein Scharfsinn bei der Auswahl der Schlachtfelder und die sicheren Schläge, mit denen er jedem Angriff zu begegnen wußte, machen den „Gran Capitán" zu einem der größten Feldherrn aller Jahrhunderte. Als Neuerer des Heerwesens ist er mit Moritz von Nassau, Gustav Adolf oder Friedrich dem Großen zu vergleichen. Bis zu seiner Zeit stand das schweizerische Fußvolk an erster Stelle; seit Gonzalo aber war die spanische Infanterie die beste Europas. 17. KAPITEL
DAS ENDE DES MITTELALTERS D i e P o l i t i k d e r K a t h o l i s c h e n K ö n i g e . Wie wir bereits andeuteten, war das politische Ziel, das die Monarchen sich gesetzt hatten, die allmähliche Verwirklichung der iberischen Einheit. Der Erreichung dieses Zieles dienten auch, wie wir in der Folge sehen werden, die verschiedenen Heiratsverbindungen, die das Katholische Königspaar zustande gebracht hatte. Nachdem Granada erobert war, fehlten nur noch Navarra und Portugal. Ein weiterer sehnlicher Wunsch der Monarchen war die Sicherung des spanischen Einflusses in Afrika, die alle Herrscher Kastiliens schon seit Jahrhunderten erstrebt hatten. In diese Richtung fällt das Verhalten Ferdinands und Isabellas in der Sache der Kanarischen Inseln, die durch einen Vertrag mit dem portugiesischen Hof an Kastilien fielen, nachdem die rechtmäßigen Herrscher für die Abtretung entschädigt worden waren. Die afrikanische Politik fand im ganzen Volk einen derartigen Anklang, daß Privatpersonen den Plänen 'des Köniigspaares vongriffen. So eroberte z. B. Pedro Estopiñán die Stadt Melilla im Dienste des Hauses der Herzöge von Medina Sidonia. Der charakteristischste Wesenszug in der Politik der Katholischen Könige jedoch waren die diplomatischen Heiraten. Um sich die Freundschaft Portugals zu gewinnen, vereinbarten sie die Vermählung ihrer ältesten Tochter
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Isabella mit Alfons, dem Sohn Johanns II. Als dann Alfons starb, wurde seine Witwe wiederum die Gemahlin Manuels, des Vetters und Nachfolgers Johanns II. Die Frucht dieser Verbindung war Miguel, auf den sich nun alle Hoffnungen beider Königreiche konzentrierten; denn nadi dem Tode des Prinzen Johann, des Sohnes und Erben der Katholischen Könige, konnten die Reiche der Pyrenäenhalbinsel, die eine Einverleibung Portugals herbeisehnten, die Erfüllung ihres Wunsches nur noch von diesem Kind erwarten. Unglücklicherweise jedoch starb auch Miguel. Nun mußten die kastilischen Könige einen neuen Heiratsplan ins Werk setzen; sie vermählten ihre Tochter Maria mit König Manuel, der inzwischen durch den Tod Isabellas auch verwitwet war. Die Tochter Marias und Manuels war die spätere Kaiserin Isabella, die Gemahlin Karls V. und Mutter Philipps II., die ihrem Sohn somit audi das Anrecht auf den portugiesischen Thron vererbte. So war es der Voraussicht Ferdinands und Isabellas zu verdanken, daß in einer nodi fernen Zukunft ihr Urenkel einmal ein Recht auf die portugiesische Krone geltend machen und diese auch erringen sollte. Seit Jahrhunderten schon stand Kastilien in engen Beziehungen zu Frankreich, zu denen es zeitweise durch eine Gleichgewichtspolitik gezwungen war, um nämlich über ein Gegengewicht gegen die seit dem 13. Jahrhundert mit Frankreich verfeindete aragonesisdie Macht zu verfügen. Andererseits mußte sich Kastilien auch für die Hilfe, die Frankreich häufig dem Hause Trastamara leistete, diesem Land gegenüber verpflichtet fühlen. So hatte Kastilien während des Hundertjährigen Krieges zwischen Frankreich und England auf der Seite Frankreichs gestanden. Bis zur Regierungszeit Heinrichs IV. war die Erhaltung der französischen Freundschaft sozusagen das Leitmotiv der kastilischen Politik und ein Dogma für die kastilischen Herrscher. Dann aber änderten sich die Zeiten: nach der Vereinigung von Kastilien und Aragón gab es keinerlei entgegengesetzte Interessen mehr in diesen beiden Ländern — im Gegenteil, die Untertanen des einen Reiches sahen die Unternehmungen des anderen in solchem Maße als die ihren an, daß z. B. Aragón, das sich vorher schon vollständig von der Reconquista zurüdegezogen hatte, Truppen und Geld für den Krieg gegen Granada stellte und seinen Reichtum für die Entdeckung Amerikas opferte, während andererseits Kastilien seine Soldaten nach Neapel, dieser ausschließlichen Eroberung der aragonesischen Krone, schickte. Dazu kommt der Umstand, daß Ludwig XI. im kastilischen Erbfolgekrieg eine recht zweideutige Haltung angenommen und den portugiesischen Anwärter gewissermaßen protegiert hatte. So ist es verständlich, wenn die Katholischen Könige nun eine antifranzösische Politik begannen, zu der sie sich durch die Entwicklung der Dinge gezwungen sahen. Die unrechtmäßige Einbehaltung der Grafschaften Roussillon und Cerdagne durch Ludwig XI. schließlich mußte die Lage noch mehr verschärfen.
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Dieser vollständigen Schwenkung des außenpolitischen Kurses entsprachen die nun einsetzenden diplomatischen Verhandlungen und die neue Bündnispolitik des spanischen Königshauses mit England und Österreich. Der entscheidende Augenblick war gekommen, als der ehrgeizige Karl VIII. von Frankreich plötzlich die Ansprüche des Hauses Anjou in Italien wieder geltend machen wollte. Ferdinand mußte sich durch alles, was Neapel anging, auch selbst betroffen fühlen, da hier ja ein Zweig des aragonesischen Königshauses regierte. So entschloß er sich denn zur Einleitung von Verhandlungen, auf Grund deren Frankreich schließlich wie in einen eisernen Ring eingeschlossen werden sollte. Der größte Feind, den der französische König in Europa besaß, war Maximilian, der Kaiser von Deutschland, der mit Maria von Burgund, der Tochter Karls des Kühnen, vermählt war. Maria hatte dem Hause Österreich die flandrischen Staaten und ein Anrecht auf Burgund eingebracht, das der schlaue Ludwig XI. sofort durch seine Truppen besetzen ließ. Es ist für uns wichtig, hier diese Tatsache hervorzuheben, da, wie wir später sehen werden, Kaiser Karl V. als Enkel Marias von Burgund die Rechte seiner Großmutter als alleiniger Erbin des burgundischen Reiches ins Treffen führte. Ferdinand der Katholische war sich darüber klar, welchen Schlag er Frankreich versetzte, als er eine Verbindung zwischen seinem Hause und damit seinen dynastischen Interessen und denen der Herrscher von Österreich und Kaiser von Deutschland zustande brachte. Zwei Hochzeiten wurden vereinbart und gefeiert: Prinz Johann, der Erbe der Katholischen Könige, vermählte sich mit Margarete von Österreich, der Tochter Kaiser Maximilians, während Johanna, die Tochter des spanischen Königspaares, die Gemahlin Erzherzog Philipps, des Sohnes des Österreichers, wurde. Als dann Prinz Johann starb, blieb nur noch Prinzessin Johanna als einzige Nachkommin des spanischen Königspaares zurück. In ihrem Sohn, Karl von Gent; erblickte Ferdinand der Katholische, der Großvater des Knaben, den Erben der weiten spanischen Reiche, und möglicherweise ahnte er bereits, daß sein Haupt dereinst die deutsche Kaiserkrone tragen sollte. So beglückte es ihn wohl, zu sehen, wie all seine wohlvorbereiteten politischen Zukunftspläne sich zu vollenden schienen. Frankreich aber kam dabei immer mehr ins Hintertreffen. Langsam schloß sich der eiserne Ring. Doch nicht nur auf den Kontinent erstredeten sich diese Pläne. Ferdinand, der genau wußte, wie schmerzlich eine enge Verbindung zwischen Spanien und England für Frankreich sein müsse, versuchte um jeden Preis, Familienbande mit dem Hause Tudor anzuknüpfen. Er verließ damit die traditionellen Wege der kastilischen Politik und erreichte hierbei außer der Bedrohung Frankreichs noch eine weitere Annäherung an Portugal, mit dem Spanien bereits in freundschaftlichen Beziehungen stand. England besaß auf franzö-
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sischem Boden die Stadt Calais und war Frankreichs Gegner im Hundertjährigen Krieg gewesen, dessen Andenken noch in aller Herzen lebendig war. Spanische Diplomaten legten nun den Grund zu einer spanischenglischen Annäherung vermittels einer Heirat zwischen der Infantin Katharina, Tochter des spanischen Königspaares, und Arthur, dem Prinzen von Wales. Als dieser kurz darauf starb, wurde Katharina in zweiter Ehe ihrem Schwager Heinrich angetraut, der als Heinrich VIII. den englischen Thron besteigen sollte. Ferdinand hatte seine Politik so klug aufgebaut, daß sein Enkel Karl noch oftmals Nutzen aus der Freundschaft seines Onkels, Heinrich von England, ziehen konnte, die ihm trotz der Heiratsskandale am englischen Hofe erhalten geblieben war. Kaiser Karl vermählte sogar seinen Sohn Philipp mit Maria Tudor, der Tochter Heinrichs und Katharinas und Herrscherin von Großbritannien. Auf jeden Fall war bereits zur Zeit des Katholischen Königs die Einkreisung Frankreichs vollendet. Im Norden dieses Landes lag Flandern, das unter der Regierung der Erzherzöge Philipp und Johann stand, im Osten Deutschland, und im Westen drohte die vereinigte Macht von Spanien und England. Ein größerer politischer Triumph als dieser, der größtenteils den geschickten spanischen Diplomaten zu verdanken war, ist nicht denkbar. Einen weiteren redit beachtlichen Sieg in Italien bedeutete die Tatsache, daß Spanien sich das dauernde Wohlwollen des Heiligen Stuhles hatte erringen können. Nur ein einziger Heiratsplan der Katholischen Könige war zum Scheitern verurteilt: Frankreich widersetzte sich hartnäckig allen Vorschlägen der Spanier hinsichtlich einer Familienverbindung mit dem Hause Navarra. Trotzdem sollte die spätere Annexion dieses Landes die erwähnte Einkreisung vervollständigen. Im Jahre 1504 starb in Medina del Campo Isabella die Katholische, die Lebensgefährtin König Ferdinands, rechtmäßige Herrscherin Kastiliens und eine der größten Königinnen, die die Welt je gekannt hat. Isabella hatte eine kleine, wohlproportionierte Figur, eine weiße, rosig getönte Haut, lebhafte blaue Augen und Haare, die vom Blonden ins Kastanienfarbene spielten. So schildern alle Historiker sie übereinstimmend als eine anziehende Schönheit. Ihre männliche Energie und Tapferkeit stand im Gegensatz zu der Liebenswürdigkeit und Sanftheit ihres Auftretens. Sie war gereditigkeitsliebend und großzügig, konnte Beleidigungen, die ihrer eigenen Person zugefügt worden waren, vergessen, ging jedoch mit unnachsichtiger Strenge gegen jede Gesetzesübertretung vor. Kolumbus gegenüber zeigte sie großmütiges Verständnis, Gonzalo de Córdoba war ihr ausgesprochener Günstling; keiner großen Unternehmung versagte sie ihren wirksamen Schutz.
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Ihren Mut bewies sie im Krieg gegen Granada, als sie sich entschieden weigerte, die Stadt Alhama zu verlassen. Sie pflegte im Kriege eine Rüstung zu tragen, das Heer zu begleiten und die Kämpfer durch ihre Gegenwart anzufeuern. Ihre Frömmigkeit war innig und rein und ihr Lebenswandel unantastbar, obgleich sie am sittenlosesten Hofe ihrer Zeit aufgewachsen war. Die scharfe Urteilskraft Isabellas war so sprichwörtlich, daß selbst ein so begabter Herrscher wie Ferdinand nichts unternehmen wollte, ohne ihren Rat eingeholt zu haben, sogar wenn es sich um Angelegenheiten seines Erblandes Aragon handelte. Die Charakterstärke, die Tatkraft und die außergewöhnliche Klugheit dieser Königin waren die Grundsteine für den Aufbau der Größe Spaniens. Wie durch einen Zauber vereinigten sich so jene kleinen zersplitterten Reiche, die sich in Kämpfen gegen die Mauren aufrieben oder ihre Kraft bei den überseeischen Unternehmungen in Italien und im Orient verausgabten. Aus dem geschwächten, dekadenten und verderbten Kastilien Heinrichs IV. und dem Aragon, das durch die Kämpfe zwischen Johann II. und dem Fürsten von Viana schwer erschüttert war, erstand ein macht- und kraftvoller spanischer Staat, der den ersten Platz in Europa beanspruchen durfte. Einer der Schöpfer dieses großen Spanien aber, das den Ruhm der Entdeckung Amerikas und der italienischen Unternehmungen auf sein Konto buchen konnte, war Isabella die Katholische. Der höchste unter all den Vorzügen der Katholischen Königin war ihre Feinfühligkeit. Isabella besaß wohl einen bedeutenden Verstand, vor allem aber ein großes Herz. Von dieser außergewöhnlichen Feinfühligkeit ließ sie sidi bei der Entscheidung über die großzügigsten Unternehmungen leiten; die gleiche Eigensdiaft jedoch ließ sie auch den Schmerz um so tiefer empfinden, als sie erleben mußte, daß ihr Sohn und Erbe, Prinz Johann, und ihre Tochter Isabella starben und ihr die Gewißheit wurde, daß ihre letzte Tochter und Erbin des mächtigen Reiches, die Erzherzogin Johanna, dem Wahnsinn verfallen war. In ihrem Testament hatte die Königin ihre Tochter Johanna als Erbin eingesetzt. Für den Fall einer Abwesenheit oder Unfähigkeit Johannas hatte Isabella bestimmt, daß Ferdinand die Regentschaft für den Infanten Karl übernehmen sollte, bis dieser das zwanzigste Lebensjahr vollendet hätte. P h i l i p p d e r S c h ö n e . Der Erzherzog war ein eitler, ehrgeiziger und beschränkter Mensch, der jeder Schmeichelei zugänglich war und sich durch betrügerische Ratgeber leiten ließ. Diese Ratgeber nun setzten alles daran, eine Mißstimmung zwischen Philipp und seinem Schwiegervater aufkommen zu lassen, da sie ein persönliches Interesse an einer Veränderung der Lage hatten. Johanna wurde zur Königin von Kastilien ausgerufen und ihre Einsetzung im Jahre 1505 durch die Cortes von Toro bestätigt. Ferdinand verzichtete auf den Titel eines Königs von Kastilien und nahm statt dessen den
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eines Regenten oder Gouverneurs an. Ein großer Teil des kastilisdien Adels jedoch sehnte sich nach den Zeiten Isabellas zurück, so daß sich bald eine Partei der Unzufriedenen bildete, deren bedeutendste Vertreter der Herzog von Näjera und der Marquis von Villena waren. Die Seele dieser sogenannten „philippinischen Partei", die sich alles vom Erzherzog erhoffte, war jedoch Don Juan Manuel, der intrigante Botschafter Philipps am Hofe Ferdinands. Philipp stand in regem Briefwechsel mit den Mitgliedern der Partei, und die Dinge spitzten sich schließlich so weit zu, daß der Erzherzog seinen Schwiegervater bat, sich nach Aragon zurückzuziehen. Durch die Haltung Philipps erlitt die Politik, die während der ganzen Regierungszeit Isabellas und Ferdinands eine einheitliche Linie gehalten hatte, eine Wendung, Die Beschränktheit und der Ehrgeiz des Erzherzogs sollten die diplomatische Arbeit vieler Jahre zunichte machen. Schon seit Philipps Kindheit war die antifranzösische Einstellung Spaniens offenbar gewesen, und besonders klar war sie zutage getreten, als Ferdinand sich weigerte, den Vertrag von Lyon zu unterzeichnen. Dem weitschauenden Blick des Katholischen Königs entging es nicht, daß die Gefahr einer Einigung zwischen Philipp, Maximilian und Ludwig XII. bestand. In Ferdinand erstand nun der tolle Wunsch, die Berechnungen des Erzherzogs über den Haufen zu werfen — so änderte er seine Politik. Er entsandte Juan de Enguera, den apostolischen Inquisitor von Katalonien, nach Frankreich und brachte einen Vertrag mit seinem früheren Feind, dem König von Frankreich, auf folgender Grundlage zustande: Er, der Katholische König, würde sich mit Germaine de Foix, der Nichte des französischen Monarchen, vermählen und seiner neuen Gemahlin den ihm zustehenden Teil des Königreichs Neapel und den Titel eines Königs von Jerusalem abtreten. Für den Fall, daß die Ehe kinderlos bleiben würde, sollten diese Gebiete später an Ludwig XII. zurückfallen. Aragon und Frankreich sollten, wie der Vertrag wörtlich besagt, „wie zwei Seelen in einem Körper" miteinander leben. So machte Ferdinand die Pläne des Erzherzogs zuschanden. Im Jahre 1505 unterzeichnete Ludwig XII. den Vertrag von Blois. Es waren offenbar nur Rachegefühle gewesen, die Ferdinand zu diesem unverständlichen Schritt geführt hatten. Nun schloß Phlipp mit seinem Schwiegervater das von Don Juan Manuel in die Wege geleitete Abkommen von Salamanca. Hiernach sollten das Erzherzogspaar als Könige von Kastilien und Ferdinand mit dem Titel eines ständigen Gouverneurs dieses Land gemeinsam regieren. Philipp schiffte sich daraufhin nach Spanien ein, Ferdinand eilte seinen Kindern entgegen, und das Zusammentreffen fand in einer Einsiedelei des Bezirks Remesal statt. Es war nicht sehr herzlich und bedeutete in keiner Weise eine Entscheidung. In Villafäfila verzichtete Ferdinand dann auf die Regentschaft und behielt
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sich lediglich die ihm in Isabellas Testament zugedachten Einkünfte sowie die Verwaltung der militärischen Orden vor. Die letzte Zusammenkunft zwischen Ferdinand und seinem Schwiegersohn fand in Renedp statt. Als dann die Abneigung der Kastilier gegen den Katholischen König immer deutlidier zutage trat, zog dieser sich nach Aragón zurück. Philipps Glück jedoch sollte nicht von langer Dauer sein. Er hatte kaum erst seine flämischen Ratgeber mit Präbenden und Sinekuren bedacht, als ihn schon infolge einer übermäßigen Erhitzung, die er sich beim Pelotaspiel zugezogen hatte ; der Tod überraschte. Johanna, die bereits vorher zuweilen durch eine übersteigerte Eifersucht und überreizte Sinnlichkeit des klaren Gebrauchs ihrer Verstandeskräfte beraubt war, ließ nach dem Tode des Königs deutliche Anzeichen des Wahnsinns erkennen. Ihre Krankheit läßt sich als „Liebeswahnsinn" bezeichnen. D i e R e g e n t s c h a f t d e s K a t h o l i s c h e n K ö n i g s . Der Regentschaftsrat, der unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Toledo, Jiménez de Cisneros, stand, schlug vor, eiligst den Katholischen König, der sich damals gerade in Italien befand, zurückzurufen und ihn mit der Regierung zu betrauen. So kam es zur zweiten Regentschaft Ferdinands in Kastilien. Von Neapel aus gab Ferdinand die Weisung, Johanna als Königin anzuerkennen. Von diesem Zeitpunkt ab gab es kein Ereignis von irgendwelcher Wichtigkeit in Italien, an dem der König von Aragón nicht aktiven und wesentlichen Anteil gehabt hätte. Mit Ludwig XII., Maximilian und dem Papst julius II. bildete er die gegen Venedig gerichtete Liga vonCambrai. Etwas später, im Jahre 1511, organisierte Julius II. die Heilige Liga gegen die Franzosen, der Ferdinand, Venedig, Deutschland, der Heilige Stuhl und England angehörten. Die Franzosen, die unter Führung des Gaston de Foix kämpften, siegten bei Ravenna. Das Unheil für die Liga war jedoch nicht so groß, denn der junge französische Feldherr fiel in der Schlacht. Der musterhaft ruhige Rückzug der spanischen Infanterie, die in tadelloser Ordnung den nachdrängenden Feind abwehrte und das Schlachtfeld verließ, reizte den Franzosen: er griff noch einmal heftig an und wurde hierbei tödlich verwundet. In die zweite Regentschaft Ferdinands fallen wichtige Ereignisse an der Nordküste Afrikas, durch die ein Teil der Wünsche, die Isabella ausdrücklich in ihrem Testament vermerkt hatte, in Erfüllung gingen. Schon ein Jahr vor dem Tode der Königin hatte der Kardinal Cisneros dem König Geld für die Eroberung für Mazalquivir (Mers el Kebir) verschafft (1505). Mehrere Jahre später nahmen die Spanier den Peñón de la Gomera. Im Jahre 1509 schließlich rüstete Cisneros persönlich eine Expedition aus, die unter der Führung Pedro Navarros die Stadt Oran für Spanien in Besitz nahm. Der Kardinal kämpfte selbst in vorderster Linie mit und trug seinen
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Teil zum Erfolg des Kampfes bei. Dann jedoch mußte er auf Wunsch des mißtrauisch gewordenen Ferdinand auf die Halbinsel zurückkehren. Kurz danach konnten die Spanier sich noch der Städte Bugia und Tripolis bemächtigen und die spanische Herrschaft auf die Gebiete von Tunis, Algier und Tlemsen ausdehnen. Das wichtigste Ereignis aus der zweiten Regentschaftszeit Ferdinands jedoch war die Eingliederung Navarras, die im Sinne des Leitgedankens der spanischen Politik Isabellas und Ferdinands, der Erreichung der spanischen Einheit, durchgeführt wurde. Als Ferdinands Schwiegersohn Philipp nicht mehr am Leben und auch der Sohn, den Ferdinands zweite Gemahlin Germaine de Foix ihm geboren hatte, früh verstorben war, kehrte der König wieder zu seiner früheren antifranzösischen Politik zurück. Der schlagendste Beweis für diese Wendung war seine Beteiligung an der gegen Ludwig XII. gerichteten Heiligen Liga. Daß Navarra sich dem Bündnis gegen die Franzosen nicht hatte anschließen wollen, wurde ihm nun zum Verhängnis. Infolge der Verheiratung der Katharina de Foix mit Johann Albret herrschte das Haus Albret in Navarra. Johann wollte sich gleichzeitig mit Frankreich und Spanien gut stellen und nahm infolgedessen eine etwas zweideutige und wechselnde Haltung an. König Ferdinand forderte nun Garantien für die Neutralität Navarras und verlangte, daß man ihm Heinrich, den Fürsten von Viana, als Geisel ausliefere. Im Jahre 1512 schlössen die Navarrer mit den Franzosen den Vertrag von Blois, in dem bestimmt wurde, daß Navarra den Durchmarsch spanischer Truppen durch sein Gebiet nicht gestatten dürfe, während Ludwig XII. sich seinerseits verpflichtete, die Grenzen der Grafschaften Foix und Bearn zu respektieren. Dieser Geheimvertraig aber mußte Johann Albret in den Augen des Katholischen Königs bloßstellen. Die navarrischen Herrscher hatten nicht rechtzeitig daran gedacht, ihr Reich in einen entsprechenden Verteidigungszustand zu versetzen, so daß auf den einzelnen Festungen nur je ein Burgvogt und ein paar Soldaten als Besatzung saßen. Ferdinand schlug sein Hauptquartier in Salvatierra auf und setzte sich mit der alten Partei der Beamonteser in Verbindung, die ihm denn auch den Einmarsch in Navarra ermöglichten. Nun gab Ferdinand den Befehl, vorzurücken. Johann Albret sorgte dafür, daß die Königin nach Frankreich ging, und blieb selbst in Pamplona, um hier den Widerstand zu organisieren. Die aragonesischen Truppen rückten durch das Tal der Buranda heran, während die Kastilier unter Führung des Herzogs von Alba ihre Streitkräfte in der Ebene vor Pamplona aufstellten. Der Herzog von Alba begann mit einem Frontalangriff, und kaum war das Artilleriefeuer im Gange, als Pamplona auch schon kapitulierte. So wurde Navarra binnen fünf Tagen erobert.
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Gegenstand lebhafter Diskussionen seitens der Historiker war lange Zeit hindurch eine angebliche Bulle Julius' II., nach der die navarrischen Könige exkommuniziert worden sein sollten. Bis vor kurzem hatte es den Anschein, als handele es sich dabei lediglich um einen Betrug des Katholischen Königs, wie er ja auch zu der macdhiavellistischen Politik jenes Zeitalters gepaßt hätte. Nun jedodi hat ein Forscher im Archiv von Simancas die Originalbulle aufgefunden, die älter ist als die bisher bekannte Abschrift, und damit bewiesen, daß der Vorwand Ferdinands zwar nicht gerade stidv haltig, aber doch wenigstens nicht ganz aus der Luft gegriffen war, sondern sich auf eine T atsache bezog. Es war nicht nötig gewesen, etwas zu erfinden, wie man bisher mit einiger Berechtigung geglaubt hatte. Abgesehen von dem außergewöhnlichen Interesse und den wichtigen politischen Gründen, die zur Überrumpelung Navarras führten, lag dieser T a t jedoch auch eine unbedingte geographische Notwendigkeit zugrunde. Den Juristen jener Zeit fehlte es nicht an Gründen, um das Recht auf die Benutzung der großen Hauptstraßen und der Durchgangswege, das von den Großen so weidlich ausgenutzt wurde, zu verteidigen. Andere zeitgenössische Autoren, die etwas weniger spitzfindig waren, erinnerten daran, daß Doña Blanca ja seinerzeit Heinrich IV. Navarra geschenkt habe — als ob das vielgerühmte Patrimonialrecht sich dahin versteigen dürfe, daß ein ganzes Königreich an einen Ausländer verschenkt werden kann. Schließlich wurde auch noch behauptet, Navarra sei spanisch, da es bis zum Tode Alfons des Kämpfers ein Teil Aragóns gewesen sei. All das waren mehr oder weniger herbeigeholte Gründe, die das wahre Motiv jedoch nicht verschleiern konnten. In Wirklichkeit handelte es sich einfach darum, daß Ferdinand den Augenblick für gekommen hielt, um sich Navarras zu bemächtigen, daß er mit sicherem Blick die günstige Gelegenheit ausnützte und rasch seinen Vorsatz in die T a t umsetzte. Es war ein politischer Schachzug ganz großen Stils, für den Spanien ihm dankbar sein muß. Alle Versuche des Hauses Albret, mit Hilfe Frankreichs das Reich zurückzuerobern, waren vergebens. Von dem Zeitpunkt der Eroberung, also dem Jahre 1515, ab bleibt Navarra mit Spanien verbunden. Bald darauf, im Jahre 1516, starb Ferdinand der Katholische, gerade als er neue diplomatische Schritte plante, mit denen er den jugendlichen Eifer des französischen Königs Franz I. aus dem Hause Valois-Angouléme im Zaume halten wollte. Zur Alleinerbin aller seiner Staaten hatte Ferdinand seine Tochter Johanna eingesetzt, jedoch in Rücksicht auf ihren Geisteszustand bestimmt, daß in Kastilien der Kardinal Cisneros und in Aragón der Erzbischof von Zaragoza die Regentschaft zu übernehmen hätten. Einer der größten Könige Spaniens war gestorben. Viele Autoren der Nachwelt sind bei der Beurteilung dieses Monarchen so ungerecht gewesen,
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ihn mit Isabella vergleichen zu wollen. Beides waren große Persönlichkeiten, doch jede auf ihre besondere Art. Führt man den Vergleich zu weit, so heißt das die Tatsachen verkleinern. In Ferdinand spiegelten sich die politischen Ideen seiner Zeit, und wenn wir auch vielleicht vom Standpunkt der abstrakten Ethik manche seiner Handlungen verurteilen müssen, so erscheint es uns doch nötig, den Maßstab jener Zeit anzulegen, in der Verstellung und Täuschung als Tugenden eines Herrschers angesehen wurden. An Schlauheit, diplomatischer Geschicklichkeit und scharfer Voraussicht war Ferdinand allen seinen Zeitgenossen einschließlich des gewitzten Ludwig XI. überlegen. Er war tapfer, gerecht und außerordentlich klug und verstand es, allen seinen Handlungen einen edleren und ritterlicheren Anschein zu geben, als der listige Ludwig XII. es vermochte, der jedoch von seinen Zeitgenossen ebensowenig als verräterischer Mensch angesehen wurde. Man nennt ihn geizig, doch war er dies keineswegs. Sparsam dagegen kann man ihn nennen, denn er bradite es fertig, mit geringfügigen Hilfsmitteln ungeheure Unternehmungen durchzuführen. Im Vergleich zu dem Schwiegervater seiner Tochter, Heinrich VIII. von England, der von einem wahrhaft schmutzigen Geiz besessen war, kann man ihn sogar als ein Musterbeispiel von Freigebigkeit und Selbstlosigkeit hinstellen. W i r brauchen nur daran zu erinnern, daß dank seiner Entschlossenheit und Tatkraft Granada, Neapel und Navarra während seiner Regierungszeit erobert wurden und die Spanier eine ganze neue Welt entdeckten. Möglicherweise war er das Vorbild des von Macchiavelli gezeichneten „Fürsten", denn er verstand es meisterhaft, alle diplomatischen Künste zur Erreichung seiner Ziele spielen zu lassen, wie es alle seine Zeitgenossen mit etwas weniger Geschick als er versuchten und taten. Eine spanienfeindliche Literatur hat versucht, die große historisdie Gestalt Ferdinands des Katholischen in jeder Weise herabzusetzen, und die Mehrzahl seiner Gegner gehört gerade jener Nation an, deren Heere durch die spanischen Streitkräfte auf den Schlachtfeldern besiegt wurden. Eine unparteiische Kritik jedoch ist imstande, immer wieder all die gegen den Katholischen König vorgebrachten Beschuldigungen hinsichtlich seiner Treulosigkeit und Wortbrüchigkeit zu entkräften. Entdeckungen der letzten Zeit, wie z. B. die Auffindung der Dokumente über die Zusammenkunft mit Ludwig XII. in Savona, werfen ein neues Licht auf die Umstände und lassen das edle, ritterliche und kluge Verhalten des spanischen Monarchen, der zu jener Zeit der unumschränkte Führer der europäischen Politik war, klar zutage treten. Die Historiker sprechen von der Undankbarkeit Ferdinands gegen Kolumbus, von seinem üblen Verhalten gegenüber dem „Gran Capitán" und seiner schwankenden Haltung zu Cisneros. W a s den Entdecker Amerikas betrifft, so haben wir bereits die Gründe dargelegt, die Ferdinand ver-
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anlaßten, seine Haltung hinsichtlich der Einhaltung der Vertragsbedingungen zu ändern; und mag vom moralischen Standpunkt auch der Stab über ihn gebrochen werden, so muß man doch zugeben, daß er mit seiner Entscheidung eine außergewöhnliche Voraussicht und Klugheit bewiesen hat. über die Angelegenheit mit Gonzalo de Córdoba sind die Akten noch nidht geschlossen; die Tatsache jedoch, daß der Katholische König ihn zur Ausführung seiner größten Unternehmungen auswählte, zeigt uns, wie richtig er die Männer, die ihn umgaben, einzuschätzen und ihre Fähigkeiten zugunsten des Staates auszunutzen wußte. Den Kardinal Cisneros endlich, dem der König nie ein besonderes Wohlwollen gezeigt hatte, setzte er in seinem Testament als Regenten ein und bewies damit von neuem, daß er es verstand, seine persönlichen Abneigungen gegenüber dem Staatsinteresse zurückzustellen. Keine Entschuldigung jedoch läßt sich für jene törichte Politik finden, zu der er sich durch den Groll gegen seinen Schwiegersohn hinreißen ließ; denn wenn Ferdinand diese Politik weiter verfolgt hätte, so wäre in wenigen Monaten das Werk langjähriger unermüdlicher Arbeit vernichtet gewesen. Abgesehen von diesem sehr menschlichen Mißgriff aber kann man wohl mit Recht behaupten, daß Ferdinand seinen kleinen innerhalb der europäischen Völkerfamilie bisher ganz unbekannten Staat zur erster Nation der zivilisierten Welt gemacht hat. Das Zeitalter der Katholischen Könige ist das glücklichste, glorreichste und im wahrsten Sinne des Wortes spanischste der gesamten spanischen Geschichte. C i s n e r o s . Als Francisco Jiménez de Cisneros zum Regenten ernannt wurde, stand er bereits am Ende seines Lebens. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, war in Torrelaguna geboren, studierte in Alcalá, Salamanca und Rom und übernahm die Stellung als Erzpriester von Uceda und sodann die Hauptkaplanpfründe von Sigüenza, um hierauf in den Franziskanerorden einzutreten. Nacheinander wirkte er in Klöstern dieses Ordens in Toledo, Castañar und Salceda. Als er dann zum Beichtvater der Königin auserwählt wurde, machte sich der außergewöhnlich befähigte Mann bald einen Namen bei Hofe, so daß man ihn sehr gegen seinen eigenen Willen für die Stellung des Erzbischofs von Toledo in Vorschlag brachte. Er war Mitglied des beim Tode Philipps des Schönen ernannten provisorischen Regentschaftsrates, und auf seine Anregung hin erhielt Ferdinand den Beinamen „der Katholische". Bei dieser Gelegenheit wurde Cisneros mit der Kardinalswürde belehnt. Die beiden großen Schöpfungen des Kardinals sind die Universität von Alcalá, die er auf eigene Kosten erbauen ließ, und die mehrsprachige Bibel. Diese beiden Werke allein würden schon genügen, um einen Menschen unsterblich zu machen. Cisneros jedoch, der Reformator der religiösen Orden,
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der hervorragende Staatsmann und Kirchenfürst, war daneben noch einer der tätigsten Förderer der Renaissancekultur. Als Ferdinand ihn für die Regentschaft bestimmte, begründete er seinen Entschluß mit folgenden Worten: „Er ist der geeignete Mann hierfür. Seine Absichten sind lauter und er hat keine aufdringlichen Freunde oder Familienangehörige, die er begünstigen müßte. Alles verdankt er der Königin Isabella und mir, und da er zu jeder Zeit unserer Familie treu ergeben war, glaube ich, daß er es auch in Zukunft sein wird." Der weitblickende und kluge Katholische König sollte sich nicht geirrt haben, denn stets zeigte sich Cisneros als treuer Diener seines Herrscherhauses, stets wachte er eifrigst über dessen Ruf und war bemüht, die Macht, die man seinen Händen anvertraut hatte, voll und ungeschmälert dem Erben des Reiches, Karl von Gent, übergeben zu können. Es war der Wunsch Karls, in den Königreichen Kastilien und Aragon jetzt schon als König ausgerufen zu werden, ohne selbst bei diesem Akt anwesend sein zu müssen. Diese Maßnahme hätte jedoch den Gepflogenheiten des Landes widersprochen, und außerdem enthielt das Testament Ferdinands die klare Bestimmung, daß Karl vor Vollendung seines zwanzigsten Lebensjahres nicht die Zügel der Regierung ergreifen dürfe. Nun entsandte der Prinz seinen Erzieher Hadrian von Utrecht, den Dechanten von Löwen, nach Spanien mit der Bestimmung, daß dieser sich mit Cisneros in die Regentschaft teilen sollte; der Kardinal jedoch war nicht der Mann, der irgendwelche Einschränkung seiner Machtvollkommenheiten geduldet hätte, so daß die Bedeutung und der Einfluß dieses Mitregenten in Wirklichkeit gleich null waren. Gegen den Widerstand der Kastilier gelang es Cisneros, Prinz Karl zum Herrscher ausrufen zu lassen. Die Aragoneser dagegen weigerten sich rundheraus, Karl anzuerkennen, bevor dieser den Eid auf die Gesetze des Landes abgelegt hätte. Die Unzufriedenheit der Kastilier war auch durchaus verständlich, denn noch lebte ja Johanna, die eigentliche Königin von Kastilien. Cisneros hatte eine sehr hohe Auffassung von der ihm anvertrauten Macht und hielt streng auf die Wahrung seines Ansehens als Leiter der Regierung. In dieser Hinsicht war er im wahrsten Sinne des Wortes der Nachfolger der Katholischen Könige. Eine kleine Anekdote zeigt uns deutlich, wie der Kardinal sich gegenüber den aufsässigen Adligen verhalten haben mag, die es für unter ihrer Würde hielten, den Anordnungen eines Geistlichen Folge zu leisten. Als diese ihn bei einer bestimmten Gelegenheit fragten, auf Grund welcher Machtvollkommenheit er sie denn regiere, antwortete er, er habe sein Amt dem Testament König Ferdinands und einer ausdrücklichen Ernennung von seiten Prinz Karls zu verdanken. Als die Vertreter des Adels sich jedoch mit dieser Antwort noch nicht zufrieden
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geben wollten, führte er sie an ein Fenster, wies ihnen von hier aus die aufgefahrenen Geschütze und sagte: „Das hier sind meine Machtvollkommenheiten!" Verschiedene Historiker leugnen, daß diese im Volke viel verbreitete Erzählung auf Wahrheit beruht — sie mag jedoch zutreffen oder nicht, eins ist sicher: sie schildert glaubwürdig den Charakter des Kardinals und ist äußerst bezeichnend für seine Art. Cisneros schuf ein stehendes Heer, befahl die Schleifung der Festungen von Navarra, um einem neuen Befreiungskrieg vorzubeugen, und warf eine unter Johann Albret eingerückte Streitmacht zurück. Sein maßvolles und sparsames Wirtschaften jedoch nützte nichts, denn all die Gelder, die er angesammelt hatte, wurden am prunkvollen Hofe des Prinzen Karl in Flandern wieder verausgabt. Schließlich kündigte der König von Spanien seine bevorstehende Ankunft an und landete dann auch im Jahre 1517 nach einer glücklichen überfahrt in Villaviciosa in Asturien. Cisneros sandte dem jungen Prinzen einen Brief, in dem er ihm gute Ratschläge hinsichtlich der Regierung erteilte, und Karl erwiderte mit einem Schreiben, in welchem er dem Kardinal für seine Dienste dankte und ihm gestattete, auf seine Diözese zurückzukehren. Kurz darauf starb Cisneros in Roa. Die Historiker haben die Wirkung, die dieser Brief des künftigen Kaisers ausgeübt hat, wohl etwas übertrieben; sicherlich war er nicht gerade ein Muster an Liebenswürdigkeit, jedoch liegt es auf der Hand, daß ein Mensch von der geistigen Größe des Kardinals sich durch eine mehr oder weniger verhüllte Undankbarkeit niemals tödlich getroffen fühlen konnte. Cisneros war bereits außerordentlich angegriffen durch die Last der Arbeit und sein entbehrungsvolles Asketenleben. Den Brief Karls konnte er wahrscheinlich gar nicht mehr lesen, und infolgedessen konnte dieser Brief auch den T o d nicht beschleunigen, der mit Riesenschritten nahte, um einen der größten Männer der spanischen Geschichte dahinzuraffen. Es scheint uns angemessen, noch ein abschließendes Bild dieser Persönlichkeit zu geben. Die überragende Gestalt des Kardinals Cisneros füllt die Epoche, in der er lebte, vollständig aus, trotz all seiner großen Zeitgenossen: Regenten wie Isabella und Ferdinand, Heerführern von unsterblichem Ruhm wie Gonzalo de Córdoba, Entdeckern wie Christoph Kolumbus und Diplomaten wie Garcilaso de la Vega und Fuensalida. Dieser Mönch mit der gelblichblassen Gesichtsfarbe, dem schmalen Antlitz, der scharfgebogenen Nase, der vorspringenden Oberlippe, der klaren Stimme und der kpappen, bedächtigen Redeweise beherbergte in seinem schmächtigen Körppr einen erleuchteten und genialen Geist. Seine hohe Gestalt hatte etwas Majestätisches an sich, sein ernstes Antlitz, in dem ein paar tiefliegende, kleine, graubraune, lebendige und durchdringende Augen leuchteten, war der Spiegel einer untadeligen Seele. Seine aufrechte Haltung und der imponierende Eindruck seiner Ballesteros, Spanien
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ganzen Erscheinung waren ein Ausfluß seiner strengen absolutistischen Prinzipien. Es dürfte durchaus zutreffend sein, wenn man die Behauptung aufstellt, daß Cisneros der erste war, der eine klare Idee von der absolutistischen unumschränkten Staatsgewalt gehabt hat. „Die Möglichkeit" — so pflegte er zu sagen —, „sich frei über die eigenen Beschwerden zu äußern, macht das Volk aufsässig und der Regierung gegenüber unehrerbietig." Er hatte größtes Interesse für das Heereswesen und erklärte, daß „der Pulvergeruch ihn viel köstlicher dünke als alle Wohlgerüche Arabiens". Niemals vergaß er seine bescheidene Herkunft; aller Glanz seiner erzbischöflichen und Kardinalswürde, die der Heilige Stuhl ihm verliehen hatte, konnten ihn jemals veranlassen, die schlichte Mönchskutte, die er stets unter seinen Prunkgewändern trug, abzulegen. Seine Lebensweise war von äußerster Einfachheit, und er war ein unermüdlicher Arbeiter. Allen Anforderungen der Wissenschaft und Kultur gegenüber jedoch verhielt er sich nicht nur großzügig, sondern geradezu verschwenderisch. Kein Mittel ließ er unversucht und keine Summe erschien ihm zu hoch, auch wenn es sich um sein eigenes Vermögen handelte, sobald es galt, dem Vaterland zu dienen und zu nützen, so daß er als armer Mann starb. Man hat ihn verschiedentlich mit dem Kardinal Richelieu vergleichen wollen, doch ist Cisneros dem französischen Politiker in moralischer Hinsidit bei weitem überlegen, während er ihm als Regent an Geschicklichkeit gleichkommt, wobei jedoch seine Beweggründe weit reiner und uneigennütziger sind. P o r t u g a l . König AlfonsV., dem Afrikaner, folgte sein Sohn Johann II., der Held der Schlacht bei Toro. Als der junge Herrscher das Szepter ergriff, war er erfüllt von den Ideen seiner Zeit: er regierte nach absolutistischen Prinzipien und wollte, wie die Katholischen Könige in Kastilien es getan hatten, die Macht des stolzen lusitanischen Adels brechen. Der Herzog Ferdinand von Braganza, der eine Verschwörung geleitet hatte, wurde in Evora hingerichtet, und den Herzog von Viseo erdolchte der König mit eigener Hand. Die in der Zeit Johanns II. gemachten geographischen Entdeckungen waren von höchster Wichtigkeit. Diogo d' Azambuja gründete eine Niederlassung in Guinea; Diogo Cäo entdeckte den Kongo (1484) und Joäo Affonso d'Aveiro die Gebiete von Benin. Affonso de Paiva gelangte nach Äthiopien, und Pero de Covilham drang in Indien ein. Die bedeutendste aller dieser Entdeckungsfahrten aber führte Bartolomeirs Diaz durch, der im Jahre 1486 das Kap der Stürme umsegelte, das Johann II. dann mit dem Namen „Kap der Guten Hoffnung" benannte. Dieser König verhielt sich den Plänen des Kolumbus gegenüber ablehnend und nahm in sein Reich die von den spanischen Königen vertriebenen Juden auf, die ihm dafür hohe Abgaben
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zahlen mußten. Man bezeichnet Johann II. allgemein als einen guten Verwalter seines Reiches; bei der Unterdrückung der Adelsverschwörung dagegen erwies er sich als grausam und blutdürstig. Einige Historiker sehen in ihm einen großen Monarchen und führen zum Beweis hierfür den Satz Isabellas an, die, als sie seinen Tod erfuhr, ausgerufen haben soll: „ D e r Mann ist gestorben!" Nach dem Tode des Thronerben Alfons, der mit Isabella, einer Tochter der Katholischen Könige, vermählt gewesen war, fiel die portugiesische Krone an Manuel, den Schwager und Vetter des verstorbenen Monarchen und Enkel Don Duartes. Manuel I. ist in der Geschichte unter dem Beinamen „der Glückliche" bekannt, weil in seine Regierungszeit die bedeutendsten Entdeckungen und Eroberungen fallen, durch die das kleine lusitanische Reich beträchtlich vergrößert wurde. Vasco da Gama segelte mit drei Schiffen („S. Gabriel", „S. Rafael" und „Berrio") vom Hafen Beiern ab, fuhr an der westafrikanischen Küste entlang, umschiffte das Kap der guten Hoffnung, durchkreuzte den Indischen Ozean und landete 1498 in Kalkutta, um von hier aus nach Lissabon zurückzukehren. Damit war der Seeweg nach Indien entdeckt. Kurz darauf gelangte Pedralvärez Cabral nach Brasilien. Einen großen Namen machten sich durch ihre Eroberungen auch die beiden ersten Vizekönige von Indien, Francisco d'Almeida und Affonso d'Albuquerque. König Manuel wies die Juden und Morisken aus seinem Reich aus. Die Historiker behaupten, er haben sich den Entdeckern und den berühmten Männern seiner Epoche gegenüber sehr undankbar verhalten. Portugal erlebte damals eine Zeit höchster Blüte auf allen Gebieten. Die Kultur und Kunst der Renaissance entfaltete einen bisher nie dagewesenen Glanz, und es entwickelte sich ein nach dem Namen des Königs benannter eigenartiger Architekturstil, der „Manuelinische Stil", der etwa dem plateresken Stil in Spanien entspricht. Das berühmteste Bauwerk dieser Art ist das Hieronymitenkloster von Beiern. D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n . Die Katholischen Könige vertraten mit ihrer Politik eine zentralistische Tendenz, die allerdings durchaus keine spanische Erfindung war, da sich überall zu Beginn der Neuzeit eine Bewegung gegen die territoriale Zersplitterung bemerkbar machte. Auch Ludwig XI. von Frankreich und Heinrich VII. von England kämpften gegen das absterbende Lehnsrittertum, das langsam aufhörte, eine politische Macht zu sein. Es ist dies der Augenblick, wo das Mittelalter sich aufzulösen beginnt und die Neuzeit am Horizont aufsteigt. Im Einklang mit dem Zeitgeist sahen Isabella und Ferdinand also in der Unterdrückung des Adels eins ihrer politischen Ziele, das sie, wie bereits berichtet, auch erreichten. 15*
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Wir müssen uns darüber klar sein, daß die so glückliche Vereinigung von Aragón und Kastilien im wesentlichen das Gebiet der auswärtigen Politik betraf, während jedes der beiden Länder seine Wesensart, seine besonderen Einrichtungen und die eigene Volksvertretung bewahrte. Nur in der Abschaffung der inneren Zollschranken und der Einsetzung eines Generalinquisitors für ganz Spanien kam eine innere Verschmelzung zum Ausdrude. Trotzdem brachten die allgemein-spanischen Interessen nach und nach eine Vereinheitlichung der Lebensweise in den verschiedenen Regionen der Halbinsel mit sich. Die zentralistisdie Tendenz offenbart sich unter anderem auch darin, daß die Cortes jetzt immer seltener einberufen wurden. Neunmal nur traten sie während dieser ganzen Zeit in Kastilien und sechzehnmal in den aragonesischen Staaten zusammen. Dagegen tauchten immer mehr Vertreter des Hofes in den Stadtverwaltungen auf, so daß der direkte Einfluß des Königspaares ständig wuchs. Barcelona mußte eine Reform in Gestalt der Einsetzung des „Rats der Hundert" und der Ernennung des „Concellers" über sich ergehen lassen. Was die Justizverwaltung betraf, so wurde jetzt der Königliche Rat als Instanz allgemein eingesetzt, während die „audiencias" und „chancillerias" in allen Bezirken nach einheitlichem Muster eingeführt wurden. Einer dieser Gerichtshöfe erhielt seinen Sitz in Valladolid, ein anderer in Ciudad Real, um dann später nach Granada überzusiedeln. Das Königspaar selbst zeigte für alle die Rechtspflege betreffenden Fragen persönliches Interesse. Eine äußerst glückliche Maßnahme war die Schaffung der „Neuen Heiligen Bruderschaft" („Santa Hermandad Nueva"), die diesen Namen zum Unterschied von der Alten Bruderschaft von Toledo, Talavera und Villarreal und der Bruderschaft von Segovia erhielt, welche älteren Ursprungs waren und den gleichen Zielen dienten. Der Grund für diese neue, auf den Cortes von Madrigal rechtskräftig bestätigte Einrichtung waren die wachsenden Übergriffe der Verbrecherbanden und die vom Adel selbst verübten Gewaltstreiche gegen Städte und Ortschaften. Die Bruderschaft bestand aus einer Miliz von zweitausend Mann und war dem Befehl Alonsos von Aragón, Herzog von Villahermosa, eines Bastardbruders des Königs Ferdinand, unterstellt. Eine andere sehr wichtige Reform betraf das Heer selbst, das von jetzt ab die Seele des absolutistischen Regimes und die feste Stütze der königlichen Macht war. Es gab nun keine Werbung im alten Sinne mehr, sondern man führte die Dienstpflicht für jeden zwölften Mann zwischen zwanzig und vierzig Jahren ein. Die taktische Einheit war seit dieser Zeit die „capitanía", der 500 Mann angehörten; eine „coronelía" umfaßte zwölf „capitanías". Anläßlich dieser Neuordnung wurde auch hier die „Alte kastilische
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Garde", eine Elitetruppe der Reiterei, geschaffen. Die kastilisdie Marine erfuhr eine beträchtliche Verbesserung, während die katalanische an Ausrüstung und Stoßkraft einbüßte. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . Eroberungen und Entdeckungen sind undenkbar ohne die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel. Die erste Maßnahme der Katholischen Könige auf diesem Gebiet war eine Widerrufung der von Heinrich IV. gemachten Schenkungen und die Wiedereinziehung aller veruntreuten Gelder durch die Statskasse. Auch eine Art Revision früherer Steuerprivilegien wurde veranstaltet. Nachdem so eine gesunde Grundlage gesdiaffen und die bestehenden Einrichtungen gut durchorganisiert waren, ging das Königspaar daran, die Staatseinkünfte zu heben, indem es vor allem die Stempelsteuern sowie die Zölle und Umsatzsteuern erhöhte. Die Ausfuhr von Gold, Silber und Kupfer aus dem Königreich wurde verboten. Unter den üblichen Abgaben kannte man das „königliche Drittel", die Salzsteuer, den Pachtzins für die Besitzungen der Krone und die Abgaben aus den Erträgnissen der Bergwerke. Daneben ist als eine Neueinrichtung die sogenannte „Bulle des Heiligen Kreuzzugs" zu nennen. Beträchtliche Einkünfte flössen der Staatskasse weiterhin durch die Übernahme der Großmeisterposten der militärischen Orden seitens der Krone und die Schaffung der Heiligen Bruderschaft zu. Auch Amerika konnte nun schon von Zeit zu Zeit durch die Erträgnisse seiner Bergwerke zur Erhöhung des Staatsvermögens beisteuern. Was den inneren Reichtum des Landes betraf, so ist zu sagen, daß die Landwirtschaft eine Zeit offensichtlichen Niedergangs erlebte, während sich die Industrie eines ausdrücklichen Schutzes durch die Zentralgewalt erfreuen konnte. Bei diesem Schutzsystem wurden natürlich von Seiten des Königspaares die gleichen Fehler gemacht, wie sie in anderen Ländern vorkamen: man wollte die Industrie vermittels gesetzlicher Maßnahmen ankurbeln, die der Regierung weitgehende Interventionsmöglichkeiten zusprachen. Vor allem die Viehzucht wurde durch diese Gesetze begünstigt, da die Wollausfuhr eine der reichsten Einnahmequellen des Landes darstellte. Industriezentren von einiger Wichtigkeit waren in dieser Zeit Sevilla, Córdoba, Toledo, Segovia, León und Granada. Audi dem Weinbau kam eine hohe Bedeutung zu. Barcelona, Zaragoza und Valencia konnten ihren alten Ruf als Industriestädte halten, wenngleich in den letzten Regierungsjahren der Katholischen Könige das Gebiet von Barcelona einen sichtlichen Niedergang erlitten hatte. Auf die Dauer wurde der industrielle Fortschritt allerdings etwas beeinträchtigt durch die starren Regeln der Zunftordnungen. Den Handel förderte das Königspaar vor allem durch die Begünstigung der Messen und Märkte. Berühmt waren zu jener Zeit die Messen von Toledo, Segovia und Medina del Campo. Die Rivalität zwischen den ver-
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schiedenen Reidien der Halbinsel auf diesem Gebiete behinderte jedoch den Aufschwung des Handels, der andernfalls noch größere Ausmaße hätte erreichen können. Das Königspaar wandte seine besondere Aufmerksamkeit der Handelsflotte zu, die sich in Kastilien beträchtlich vergrößerte, während sie in Katalonien, Valencia und Mallorca abnahm. Die Erklärung hierfür liegt in einer durch die Entdeckung Amerikas hervorgerufenen Verlagerung der Handelsachse, die sich außerdem noch infolge der Besetzung des östlichen Mittelmeeres durch die Türken als nötig erwies. Barcelona, der bisher bedeutendste Handelsplatz, verlor rasch an Einfluß, und auch der vorher so blühende Handel in Valencia und Mallorca mußte eine schwere Krise durchmachen. Kastilien dagegen, das seine Wolle und seine Weine ausführte, hatte Konsulate in London, Florenz, Nantes und La Rochelles. In diese Zeit fällt auch ein großer Zustrom ausländischer Kaufleute und vor allem deutscher und genuesischer Bankiers, die sich in allen finanziell wichtigen Städten niederließen. G e s e l l s c h a f t und R e c h t . Durch die von Ferdinand und Isabella eingeschlagene Unterdrückungspolitik verlor der Adel zwar seinen politischen Einfluß, blieb jedoch nach wie vor der begütertste Teil der Nation. Allerdings ging er durch die Revision der Schenkungen einiger seiner Besitzungen verlustig, doch war dies nur ein geringer Bruchteil im Vergleich zu all dem, was ihm noch verblieb. Die Majorate bildeten den Kern und die Grundlage des Reichtums der Adligen, der so vom Vater auf den Sohn überging, ohne daß die Gefahr einer natürlichen Verringerung der Erbmasse bestand. Jetzt, wo der Lehnsadel, der auf den Schlössern und Burgen gesessen hatte, verschwand, erstand der Hofadel, der alles von der königlichen Autorität erhoffte, die einkömmlidie Posten und Ämter verlieh. Der außerordentliche Reichtum jedoch hatte einen übertriebenen Aufwand zur Folge, den das Königspaar durch weise Verordnungen einzuschränken bemüht war. In Aragon und Katalonien verursachte der Adel einige innere Konflikte durch die Weiterführung uralter Familien- und Stammeszwistigkeiten, die er noch aus früheren Jahrhunderten übernommen hatte. So kämpften die Gefolgschaften der Adelsfamilien von Trasmos und Aranda gegen die Leute von Ribagorza und Ricla. Die Katholischen Könige ließen es sich besonders angelegen sein, den Mittelstand zu beschützen und einzelnen Mitgliedern desselben, sofern ihre Verdienste es rechtfertigten, auch Adelstitel zu verleihen. Die dieser Volksklasse angehörenden Rechtsgelehrten waren treue Diener der Monarchen. Da ja die cäsaristisdien Grundsätze des Römischen Rechts nach der ehrlichen Überzeugung der damaligen Juristen die einzig richtigen waren, ist es erklärlich, daß die Vertreter des Rechts die ersten Mitarbeiter des monarchistischen Absolutismus wurden. Schwierige und wichtige Aufgaben über-
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trugen die Könige den Männern aus dem Mittelstande, der unter der Beamtenschaft des Hofes zahlreich vertreten war. Die unterste Volksschicht hatte in Kastilien bereits in früheren Jahrhunderten die gesetzliche Befreiung von der Leibeigenschaft erlangt, obgleich die Wirklichkeit häufig in Widerspruch zu den Bestimmungen stand. So kam es in Galicien zu dem blutigen Aufstand der sogenannten „Hermandiner". In Katalonien war diese brennende Frage noch bis zur Zeit der Katholischen Könige nicht gelöst. Hier kämpften die leibeigenen Bauern gegen den geistlichen, adligen oder bürgerlichen Grundbesitzer und verlangten mit den Waffen in der Hand die Abschaffung der bedrückenden und entehrenden Gebräuche. Der von Ferdinand in Guadalupe gefällte Schiedsspruch machte diesem Streit ein Ende und gewährte den Bauern Erleichterungen. Die Herausgabe immer neuer Urkunden, Verordnungen, Erlasse, Vorschriften und anderer königlicher Verfügungen und die Tatsache, daß sowohl das „Fuero Real" wie die „Partidas", die Stadtrechte, das Kirchenrecht und die von den Juristen bevorzugten Grundsätze des Römischen Rechts gleichzeitig in Kraft waren, mußte zu einem unentwirrbaren Chaos auf dem Gebiete der Rechtsprechung führen. Um diesem Übel zu steuern, bemühte sich das Königspaar, der Vielfältigkeit des geschriebenen Rechtes ein Ende machen und übertrug diese Arbeit der Vereinheitlichung dem Doktor Alonso Díaz de Montalvo, der in Erfüllung seines Auftrags das unter dem Namen „Ordenamiento de Montalvo" bekannt gewordene Werk der „Ordenanzas reales de Castilla" zusammenstellte. Die Arbeit hatte jedoch nicht den gewünschten Erfolg, da die einzelnen Gesetzesbücher und -Schriften, die man hier hatte vereinigen und gegeneinander abstimmen wollen, immer noch jedes für sich in Kraft blieben. Man dachte daher an die Abfassung eines neuen Gesetzeswerkes, dessen Ausarbeitung den berühmtesten Rechtsgelehrten, wie Galíndez de Carvajal, Palacios Rubios, Zapata, Moxica, Tello und de Santiago und dem Erzbisdiof von Córdoba anvertraut wurde. So entstanden die im Jahre 1505 veröffentlichten Gesetze von Toro, die jedoch ebensowenig eine Lösung des Problems brachten. Die Sammlung an sich war zwar ein Meisterwerk auf dem Gebiet des Zivilrechts, sein Erscheinen veranlaßte jedoch nicht die Außerkraftsetzung der alten Gesetze. D i e E i n f ü h r u n g d e r I n q u i s i t i o n . D a s K ö n i g s p a a r u n d die Kirche. Die Ergreifung von Maßnahmen, die zu einer Vereinheitlichung auf religiösem Gebiet führen sollten, waren durchaus nicht, wie man fälschlicherweise behauptet hat, ein Zeichen für einen übertriebenen Eifer des Königspaares, sondern entsprach ganz und gar einer allgemeinen Zeitidee, nach der notwendigerweise das religiöse Dogma als Grundlage der künftigen
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Größe Spaniens, ja sogar als unerläßliche Vorbedingung eines spanischen Nationalstaates angesehen wurde. Vor der Eroberung von Granada erwiesen sidi die Monarchen der maurischen Bevölkerung gegenüber als tolerant und nahmen diese gleiche Haltung auch bei Abfassung der Kapitulationsbedingungen von Granada ein. Später begann man dann einschränkende Maßnahmen zu ergreifen und auf eine Bekehrung der Mauren hinzuarbeiten, ohne jedoch hierbei irgendwelche Gewalt anzuwenden. Der Vertreter dieser politischen Phase ist der Geistliche Hernando de Talavera. Der Glaubenseifer des Kardinals Cisneros führte dann zur Anwendung eines gewissen Zwanges und damit zum Aufstand der Mauren von Albaicin, die sich mit der Bitte um Unterstützung an den Sultan von Ägypten wandten. Die revolutionäre Bewegung griff bald auf die Gebiete von Alpujarra, Baza, Guadix und die Sierra de Filabres über. Die Feindseligkeiten, die sich gegen das wichtigste christliche Zentrum im Rondagebirge richteten, wurden schließlich so bedrohlich, daß der König selbst herbeieilen mußte, um die Rebellion zu unterdrücken (1501). Durch eine Verordnung zwang er die maurische Bevölkerung Kastiliens und Leóns, entweder aus Spanien auszuwandern oder die muhammedanische Religion abzuschwören. Die Mehrzahl der Mauren entschied sich für das letztere, und die Getauften wurden nun als „Morisken" bezeichnet. In Guipúzcoa und Vizcaya gingen die Stadtverwaltungen mit großer Strenge gegen die Mauren und Juden vor; im Königreich Aragón wurden ihre Privilegien anerkannt, in Albarracín, Teruel und Manises dagegen wurden Massentaufen vorgenommen. Viel verhaßter als die maurische war wegen ihres großen Reichtums die jüdische Rasse. Eine große Anzahl jüdischer Familien hatte zwar die christliche Religion angenommen, doch wurden diese Bekehrten stets mit Mißtrauen betrachtet, da viele von ihnen insgeheim noch ihrem alten Glauben anhingen. Gegen diese sogenannten „judaizantes" richtete sich vor allem der Haß des Volkes. Als das Königspaar gegen die angeblich Bekehrten vorzu gehen begann, entsprach es damit nur den Auffassungen des Volkes. Um der Aktion eine gesetzliche Grundlage zu geben, brauchte man jedoch einen Kirchengerichtshof, und daher wandte man sich an den Papst mit der Bitte, das alte Inquisitionsgeridit in Kastilien einzuführen. Wir müssen hierbei darauf hinweisen, daß dieses Gericht bereits seit dem 13. Jahrhundert bestand und in Südfrankreich im Kampf gegen die Albigenser eingesetzt worden war. Durch seine Bulle vom Jahre 1478 bestimmte daher Sixtus IV. die Schaffung eines Inquisitionsgerichtshofes auch auf kastilisdiem Boden. Die ersten spanischen Inquisitoren waren Juan de San Martin, Miguel de Morillo und Juan Ruiz de Medina. Sie hatten die Aufgabe, Untersuchungen vorzunehmen und gegen die Ketzer und Abtrünnigen vorzugehen. Später
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wurde der Posten eines Generalinquisitors für ganz Spanien gesdiaffen, und der erste, der diese Stellung innehatte, war der wegen seiner außerordentlichen Strenge bekannte Tomás von Torquemada. In Aragón wandte sich das Volk gegen diese neue Form der Inquisition, und bei einem Aufstand in Zaragoza wurde der Inquisitor Pedro deArbués in der Kathedrale ermordet. Auch Barcelona und seine Ratsherren widersetzten sich hartnäckig der kastilisdien Inquisition, konnten jedoch gegen den Willen des Königs nichts ausrichten. Die Frage der Inquisition hat zu zahlreichen Meinungsverschiedenheiten Anlaß gegeben. Man hat die Zahl der Opfer und den Grad der politischen Leidenschaft übertrieben und, ohne dies näher begründen zu können, von der außerordentlichen Habgier der Angehörigen des Heiligen Inquisitionsgerichtes gesprochen. Als menschliche Einrichtung hatte sie selbstverständlich ihre Fehler, wir müssen jedoch betonen, daß Ausschreitungen ihrer Vertreter gebührend bestraft wurden. Vergleicht man die Verfahren der Inquisition mit denen anderer Gerichtshöfe, selbst solcher aus späteren Jahrhunderten, so ergibt sich klar die überlegene Organisation der erstercn. Allerdings wurde die Folter angewandt, doch ist hierbei zu bedenken, daß diese ein zu jener Zeit bei sämtlichen europäischen Justizeinrichtungen gebrauchtes Beweismittel war. Die Zeugenaussagen waren zwar geheim, der Angeklagte wurde aber befragt, ob er den Verdacht habe, daß irgendeine Person ihn fälschlich besdiuldigen könne, und falls er dies erklärte, galt seine Behauptung bereits als Anschuldigung gegen den betreffenden Zeugen, der damit aus der Untersuchung ausschied. Wurde ein Angeklagter zum Tode verurteilt, so übergab die Inquisition ihn der weltlichen Gerichtsbarkeit, die den Verurteilten hängen und seinen Leidmam auf dem Scheiterhaufen verbrennen ließ. Die Katholischen Könige verteidigten beim Heiligen Stuhl ihr Patronatsrecht und brachten immer wieder ihnen genehme Persönlichkeiten für die Verleihung der kirchlichen Ämter und Würden in Vorschlag. Ferdinand und Isabella protestierten gegen alle Ernennungen, die der Papst ohne Rücksicht auf das Patronatsrecht vornahm, vor allem wenn es sich dabei um Ausländer handelte, da derartige Entscheidungen stets eine tiefe Mißstimmung im Volk hervorriefen. Schon seit langer Zeit hatte sich bei den Weltgeistlichen wie in den Orden die Notwendigkeit einer baldigen Reform geltend gemacht. Abgesehen von der immer weiterschreitenden allgemeinen Lockerung der Sitten gab es nur noch wenige Ordensgemeinschaften, in denen die ursprünglichen Regeln noch eingehalten wurden, so daß die wahren Christen sich mit Recht darüber entsetzten und die Diener der Kirche in Verruf kamen. Zwei Seelen, die von heiligem Eifer entflammt waren, versuchten nun mit allen Kräften
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diese Mißstände innerhalb der Geistlichkeit zu beseitigen und eine Reform in Klöstern und Stiften durchzuführen: Isabella die Katholische undCisneros unterzogen sich mit sanftem, doch unerbittlichem Nachdruck dieser Arbeit und konnten nach Überwindung unzähliger Schwierigkeiten und Mißhelligkeiten den Lohn ihrer Mühen ernten. D i e V e r t r e i b u n g d e r J u d e n . Wie ein später Nachhall des Mittelalters war der sich in jener Zeit erhebende Schrei des Abscheus gegen die jüdische Rasse und die Forderung ihrer Entfernung von der Pyrenäenhalbinsel. Die Judenverfolgungen früherer Epochen waren jetzt nicht mehr möglich, denn die Vertreter dieser Rasse waren zu mächtig geworden, und die Familien der reichen hebräischen Bankiers, Fabrikanten und Kaufleute hatten sich mit den stolzesten Geschlechtern Kastiliens vermischt. Die Katholischen Könige zeigten sich bald geneigt, den Wünschen der öffentlichen Meinung, die sich klar und eindeutig gegen die Juden wandte, zu entsprechen. Ja, es war nötig, diese geschickten Börsenspieler, die mit den Reichtümern Spaniens nach ihrem Gutdünken schalteten und walteten und die mit ihrer Emsigkeit, ihrem Fleiß und ihrer Geschicklichkeit das ganze Geld der spanischen Reiche an sich gebracht hatten, aus dem Lande zu weisen. Der Funke, der den großen Brand entfachte, war der damals gerade laufende Prozeß um das „heilige Kind von Guardia", das von ein paar Juden ermordet worden war, nachdem man ihm alle Martern der Leidensgeschichte Christi zugefügt hatte. Für das Volk war dies kein vereinzelter Fall, sondern ein Beweis dafür, daß der Ritualmord von den jüdischen Gemeinden der ganzen Welt gutgeheißen, gewünscht und ausgeübt wurde. Dieser Glaube entsprach allerdings nicht den Tatsachen, denn derartige Fälle bewiesen zwar den abergläubischen Fanatismus einzelner Juden, waren jedoch niemals ein von den hebräischen Gemeinden gebilligtes allgemeines Verfahren. Ein Jahr vor dem Tode Heinrichs IV. war es noch einmal zu Judenverfolgungen in Jaén, Córdoba und Andujar gekommen, wenngleich diese nicht solche Ausmaße annahmen wie im 14. Jahrhundert. Die Folge war eine strengere Abtrennung der Judenviertel und eine Verschärfung des schon in Vergessenheit geratenen Verbots eines Verkehrs zwisdien Juden und Christen. Doch das waren nur die Vorboten der kommenden Ereignisse. Am 31. Mai 1492 wurde das Edikt über die Ausweisung der Juden veröffentlicht; man gab ihnen eine Frist bis zum Juli des gleichen Jahres, um ihren Besitz zu verkaufen. Entweder mußten sie sich zur christlichen Religion bekehren oder aus Spanien auswandern. Die spanischen Juden schrieben nun einen berühmt gewordenen Brief an die Verwaltung des Judenviertels von Konstantinopel. Die Zahl der Ausgewiesenen betrug in Wirklichkeit ungefähr 100000, obgleich hier teilweise geradezu unwahrscheinliche Ziffern genannt worden sind. Fürs erste gingen die spanischen Juden nach Portugal,
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Frankreich und Marokko; die Mehrzahl jedoch wanderte später von dort nach der Türkei aus, wo sich noch heute vor allem in Saloniki beträchtliche Gruppen derartiger „Sephardim" befinden. Weitere Gemeinden spanischer Juden leben heute noch in Konstantinopel und Smyrna. Alle sprechen sie das Kastilisch des 15. Jahrhunderts, das sich durch die Generationen hindurch erhalten hat als ein Vermächtnis jenes Landes, aus dem sie gekommen sind und das sie als ihre wahre Heimat betrachten. Der größte Teil der orientalischen Juden sind derartige Sephardim, nur einige wenige der Ausgewiesenen gingen nach Italien oder Deutschland. Die Gründe für die Ausweisung waren, wie wir bereits erwähnten, sowohl politischer wie religiöser Art. Man klagte die Juden an, neue Anhänger für ihren Glauben geworben und die Christen, mit denen sie verkehrten, durch ihre jüdischen Gebräuche beeinflußt zu haben. Wegen der großen Bedeutung, die das Judentum als finanzieller Machtfaktor in jener Zeit gewonnen hatte, mußte das Königspar noch ein weiteres Anwachsen dieser Gefahr befürchten. Im Krieg gegen Granada hatten die Juden die Ausrüstung des Heeres besorgt. Nach Ansicht des Jahrhunderts aber galt die religiöse Einheit als unerläßlich für die festen Grundlagen eines Nationalstaates. Wenn jedoch auch der Gedanke, daß es ratsam sei, die Juden auszuweisen, im Volk überwog, so hatte er sich doch nicht vollständig durchgesetzt. Einzelne Personen waren der Ansicht, daß man damit einen wirtschaftlichen Irrtum begehe. Man hoffte, dieser Schwierigkeit zu begegnen, indem man den ausgewiesenen Juden verbot, Gold und Silber aus Spanien mitzunehmen, da damals, ebenso wie noch lange Zeit danach, der Reichtum eines Landes nach den wertvollen Metallen bemessen wurde. Der wesentliche Irrtum jedoch lag darin, daß man das wichtigste aller Elemente eines Volkes, den Menschen selbst, nicht hoch genug einschätzte. Man dachte nicht daran, daß die auswandernden Juden ihren Handelsgeist, ihre Tauglichkeit zu allen Bankgeschäften und ihre genaue Kenntnis der Einahmequellen mitnahmen, die sie befähigt hatten, der Staatskasse leihweise die größten Summen zur Veifügung zu stellen. Mag dies alles auch zutreffen, so ist doch nicht zu verkennen, daß durch die Ausweisung der Juden noch viel größere Gefahren vermieden wurden. Die Juden bedeuteten eine politische Gefahr, denn sie waren unfähig, die Ideale der Nation mit gleicher Inbrunst zu erfassen und zu verteidigen wie die wahren Spanier. In diesem Augenblick, wo man daran ging, einen Kontinent zu kolonisieren und für das Christentum zu gewinnen, bedurfte man unbedingt der religiösen Einheit innerhalb des Mutterlandes. Außerdem konnte die Tatsache, daß die Juden sich der Finanzquellen Spaniens bemächtigt hatten, auch zu einer Gefahr für die Entwicklung der überseeischen Unternehmungen werden. Der Instinkt des Volkes drängte auf ihre Ent-
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fernung aus dem Reiche, und die Katholisdien Könige machten sich nur zum Vollstrecker des Volkswillens. A m e r i k a . D i e E n t d e c k u n g e n . Der Weg, den Kolumbus gewiesen hatte, wurde bald auch von anderen kühnen Seefahrern beschritten. Alonso de Ojeda erforschte die Perlenküste, Guayana und ein Gebiet, das man auf den Namen Venezuela taufte. Seine Begleiter auf dieser Reise waren der Steuermann und Landkartenzeichner Juan de la Cosa und der später so berühmt gewordene Amerigo Vespucci (1499). Die gleiche Route schlug Alonso Niño, ein Steuermann aus Palos de Moguer, ein. Zur selben Zeit landete Vicente Yáñez Pinzón an der Ostküste Brasiliens und segelte an ihr entlang bis zur Mündung des Amazonenstromes (1499). Kurz darauf setzte Diego de Lepe die Erforschung der brasilianischen Küste nach Süden hin fort (1500). Rodrigo de Bastidas und Juan de la Cosa segelten an der Küste der heutigen Republik Kolumbien entlang und entdeckten die Mündung des Magdalenenstroms. Diese Entdeckungen sind zum Unterschied von den Fahrten des Kolumbus in der Geschichte als die „kleineren Reisen" bekannt. Das Unglück verfolgte den Kolumbus bis über das Grab hinaus. Der von ihm entdeckte Erdteil trägt heute den Namen eines vom Glück begünstigten Sterblichen, der jedoch keinerlei einer solchen Ehre entsprechende Verdienste aufzuweisen hat. Amerigo Vespucci kam als Vertreter derMedici aus Florenz nach Spanien und nahm dann, verlockt durch die Erzählungen der Seefahrer, an einigen Expeditionen teil, ohne dabei jemals eine führende Stellung einzunehmen. Er war nicht ungebildet und sandte Briefe an Lorenzo, Pietro und Francesco de Medici sowie an seinen Freund Pietro Soderini. Diese Briefe wurden bereits in den Jahren 1503 und 1507 gedruckt, während der Bericht des Kolumbus über seine dritte Reise erst im Jahre 1508 in lateinischer Sprache veröffentlicht wurde. Martin Waldseemüller glaubte daher in seiner „Cosmographiae introductio", daß die neuen Gebiete von Amerigo Vespucci entdeckt worden seien und gab diesen Ländern als erster den Namen „Amerigoland" oder Amerika. Der Irrtum verbreitete sich immer weiter, und diese unbewußte Ungerechtigkeit lebte nun durch die Jahrhunderte fort. Die Entdeckungen schritten weiter fort. Ponce de León erforschte Puerto Rico, und Sebastián de Ocampo erbrachte den Beweis, daß es sich bei Kuba um eine Insel handelte. Juan Díaz de Solis und Vicente Yáñez Pinzón umschifften die Halbinsel Yucatán. Dann sandte Diego Kolumbus den Diego Velázquez de Cuéllar zur Eroberung der Insel Kuba aus, die diesem nach schweren Kämpfen gegen die Eingeborenen auch gelang. Weitere Teilnehmer dieses Eroberungsfeldzuges waren Hernán Cortés und Pánfilo de Narváez.
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Alonso de Ojeda und Diego Nicuesa erbaten nun vom König Ferdinand die Erlaubnis, Kolonien auf dem Festland zu gründen. Doch sowohl Ojeda wie Nicuesa hatten wenig Glück bei ihren Unternehmungen; an einer der Reisen des ersteren nahmen u. a. auch Juan de la Cosa und Francisco Pizarro teil. Als der Bakkalaureus Martín Fernández de Encisco, ein Begleiter Ojedas, in See stach, befand sich auf seinem Schiff in einem Lebensmittelfaß verborgen ein Adliger aus Extremadura, Vasco Núñez de Balboa, der die mittelamerikanische Landenge genau kannte und auf dessen Anregung die Stadt Santa Maria am Golf von Darién gegründet wurde. Die Kolonisten, die sich nur demjenigen unterwerfen wollten, der die besten Führereigenschaften bewies, wählten den Baiboa trotz aller Rechtsansprüche Encisos zum Oberhaupt, so daß der letztere nach Spanien zurüdckehrte, um sich bei Hofe über diese Gewalttätigkeit zu beschweren. Inzwischen verfolgte Vasco Núñez seine freundschaftliche Politik gegenüber den Eingeborenen weiter und erfuhr auf diese Weise von dem Vorhandensein goldhaltiger Gebiete jenseits der Cordillere. Mit nur 190 Mann wagte er sodann im Sommer des Jahres 1513 einen Vorstoß in das felsige und unbekannte Land. Jene Handvoll tapferer Spanier erblidcte nach harten Kämpfen mit kriegerischen Stämmen und nach Überwindung zahlloser Schwierigkeiten am 25. September von den Gipfeln der Berge aus das Meer. Vasco Núñez ergriff im Namen Kastiliens Besitz von diesem neuen Gewässer und nannte es das „Südmeer". Der Pazifische Ozean war entdeckt. Zum Lohn für seine Dienste ernannte der Katholische König Baiboa zum Statthalter. Doch sdion bald nahte der Untergang dieses Mannes, der aus Jerez de los Caballeros in Extremadura stammte, heran. Als Gouverneur von Darién kam aus Spanien der furchtbare Pedrarias de Avila mit einer stattlichen Begleitung, unter der sich Diego de Almagro, Hernando de Soto, Benalcázar und noch andere spätere Konquistadoren befanden. Kaum war Pedrarias angelangt, als er auch schon auf Grund der Beschuldigungen, die Encisco gegen Baiboa vorgebracht hatte, ein Verfahren gegen diesen einleitete. Dem ersten Angriff konnte Vasco Núñez entgehen, da sich verschiedene Personen einmischten, die den jähzornigen Gouverneur beschwichtigen konnten. Baiboa zog nun auf eine weitere Entdeckungsreise aus, geriet jedoch durch einen Verrat bald darauf von neuem in die Netze des Pedrarias. Jetzt klagte man ihn an, er habe einen Aufstand geplant, um eine selbständige Herrschaft zu errichten. In dem nun folgenden Gerichtsverfahren wurde Vasco zum Tode verurteilt und darauf mit einem seiner treuesten Gefährten enthauptet. Die Reihe der während der Regierungszeit der Katholischen Könige durchgeführten Entdeckungen schließt ab mit der Reise des Juan Díaz de Solis, der den La-Plata-Strom entdeckte.
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Die O r g a n i s a t i o n d e r E r o b e r u n g A m e r i k a s . Nach Bobadilla wurde der Komtur von Lares, Nicolás de Ovando, zum Gouverneur von Española ernannt. Er war ein energischer und höchst achtbarer Mensch, der sich bemühte, Ordnung in die Verwaltung zu bringen. Man hat ihm vorgeworfen, daß er zu streng gegen die Eingeborenen gewesen sei, und sein Verhalten gegen die Königin Anacaona bleibt ein dunkler Punkt in der Verwaltungsgeschichte Westindiens, da die in diesem Fall angewandte Strenge auf jeden Fall übertrieben war. Ovando führte das bereits von Kolumbus geplante Landverteilungssystem der sogenannten „repartimientos" ein. Im Jahre 1509 kam Diego Kolumbus, der Sohn des Admiráis, als Gouverneur auf die Insel. Während seiner Verwaltung spitzte sich die Lage durch die dauernden Übergriffe der sogenannten „encomenderos" immer mehr zu. Die Dominikaner beschuldigten die Besitzer der großen Ländereien, daß sie dem christlichen Geist zuwiderhandelten, während die Franziskaner die Einrichtungen dieser „encomiendas" als das kleinere Übel verteidigten. Damals kam auch der große Fürsprecher der Indianer, Bartolomé de las Casas, der Apostel der unterdrückten Rasse und eine der größten Gestalten der amerikanischen Kolonisationsgeschichte, nach der Neuen Welt. Um die Leiden der Indianer zu mildem, deren schwächliche Natur der harten Bergwerksarbeit nicht gewachsen war, verfügte die Krone den Ankauf von Negersklaven aus Afrika. Die Hieronymitermönche, die Cisneros nach der Insel Española entsandt hatte, predigten zugunsten dieser Maßnahme, und selbst las Casas fand, daß dies eine ausgezeichnete Lösung sei. Wir können von den Menschen des 15. Jahrhunderts nicht die philanthropischen Ideen des 19. Jahrhunderts verlangen und müssen bedenken, daß selbst im klassischen Griechenland ein Geist wie Aristoteles, der einer der klügsten Köpfe aller Zeiten ist, die Sklaverei verteidigte. Las Casas kämpfte gegen die spanischen Behörden und die Landbesitzer und wurde nie müde, gegen die „encomiendas" und zugunsten der Indianer zu predigen. Wir legten bereits dar, wie sich die Dinge hinsichtlich der Regierung und Verwaltung Westindiens verhielten und welche Vereinbarungen die Katholischen Könige mit dem Admiral getroffen hatten. Nachdem die Monarchen sich entschlossen hatten, die Abmachungen mit Kolumbus nicht einzuhalten, da sonst ein großer Schaden für ihre Oberhoheit entstanden wäre, gingen sie an die Organisation der Verwaltung in den eroberten Gebieten. Kolumbus wurde, wie bereits berichtet, durch Nicolás de Ovando ersetzt, und wenn diesem auch Diego Kolumbus folgte, so dauerte dessen Herrschaft doch nur zwei Jahre. Auf Española wurde ein oberster Gerichtshof eingesetzt und in Sevilla die „Casa de Contratación" und der Indienrat gegründet. Der letztere erlangte erst viele Jahre später eine größere Bedeutung,
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die „Casa de Contratación" dagegen war bereits von Anfang an ein ungeheuer wichtiges Institut. Alle kaufmännischen Angelegenheiten, die mit Westindien zusammenhingen, fanden hier ihre Entscheidung: Ein- und Ausfuhrhandel, die Befrachtung und Ausrüstung von Schiffen und die Auswanderung nach Westindien. Daneben wurde eine Steuermannsschule ins Leben gerufen. Cádiz und Sevilla wurden die spanischen Häfen, die das von den Katholischen Königen errichtete westindische Handelsmonopol zu überwachen hatten. Kultur und K u n s t . Em besonderer Ruhmestitel, den die Katholischen Könige sich erwarben, war der, Schutzherren der Künste und Wissenschaften gewesen zu sein. Ihre Regierungszeit fällt mit der Renaissance der klassischen Studien zusammen, die von Ferdinand und Isabella besonders begünstigt wurden. Der König war ein Schüler des bekannten Latinisten Francisco Vidal de Noya gewesen, während Isabella bei Beatriz Galindo, der „Latina", die lateinische Sprache studiert hatte. Die Erzieher des Prinzen Johann und der Prinzessin Johanna waren die Brüder Antonio und Alejandro Geraldino. Der Admiral von Kastilien brachte den Sizilianer Marineo Siculo nach Spanien mit, und Pietro Mártir de Angleria aus Mailand kam mit dem Grafen von Tendilla auf die Halbinsel. Spanische Humanisten von Ruf waren Antonio de Nebrija, der Erforscher des griechischen Altertums Arias Barbosa, Hernán Núñez, der „griechische Komtur", Lorenzo Balbo de Lillo und andere. Auch das Studium der orientalischen Sprachen wurde nicht vernachlässigt, wie z. B. die bereits erwähnte mehrsprachige Bibel des Kardinals Cisneros beweist. Daneben ist das von dem Geistlichen Pedro de Alcalá verfaßte „Vocabulario arábigo en lengua castellana" zu nennen. Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst erhielten Wissenschaft und Literatur einen mächtigen Auftrieb. Die erste Druckpresse Spaniens stand wahrscheinlich in Valencia — später kamen dann Buchdruckereien in Sevilla, Salamanca, Toledo, Burgos und Murcia hinzu. Großzügige Mäzene stifteten neue Bildungsanstalten in Sigüenza, Valladolid, Sevilla, Toledo, Santiago de Compostela, Salamanca und Avila. Unter diesen Förderern der Wissenschaft sind vor allem Alonso de Burgos, Rodrigo Fernández de Santaella, Deza und der Kardinal Mendoza zu nennen. In den aragonesischen Reichen gingen von den Bildungsstätten keinerlei besondere Anregungen aus. Als Philosophen taten sich Hernán Alonso de Herrera, Nicolás de Paz und vor allem Lopez de Stúñiga hervor, der einen wissenschaftlichen Streit mit Erasmus von Rotterdam ausfocht. Bekannte Theologen und Moralisten waren Pedro Ciruelo, Pedro Martínez de Osuna, der Priester Diego de Valera und andere. Als berühmte Rechtsgelehrte sind Montalvo, Juan López de Vivero (Palacios Rubios), Galíndez de Carvajal und die Kirchenrechtler
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Juan Alfonso de Benavente und Alfonso de Soto zu nennen. Im Verlauf der geographischen Entdeckungen erlangte die Kartographie größte Bedeutung; die berühmtesten Landkarten dieser Epoche zeichneten Juan de la Cosa und Morales. Johan Pere schrieb die „Tablas astronómicas" und Bernardo Granolladis den „Llunari y repertori de temps". Als Ärzte von Ruf kennen wir die Brüder Jerónimo und Gaspar Torroella, Julián Gutiérrez aus Toledo, Francisco López aus Villalobos und Pedro Pintor. In Barcelona wurde eine Chirurgenschule gegründet. Einen ganz außerordentlichen Hodistand erreichte die spanische Literatur. Ebenso wie in der vorhergehenden Zeit war die Pflege der Lyrik, vor allem der Romanzendichtung, weit verbreitet. Unter den Gedichtsammlungen der Zeit nennen wir diejenigen von Resende, von Fernández deConstantina, von Urrea und den sogenannten „Cancionero general" Fernando del Castillos. Die in diesen Sammlungen vertretenen Dichter sind unter anderem Antón de Montoro, Alvarez Gato und Gómez Manrique. Ein hochgeschätzter Dichter war der Geistliche Iñigo de Mendoza, der Verfasser des „Dechado de la Reina Isabel". Weitere begabte Dichter waren Fray Antonio Montesinos, der Vizegraf von Altamira, Diego López de Haro, Fray Hernando de Talavera, Garci Sánchez aus Badajoz, Guevara und viele andere. Erwähnenswert ist die Tatsache, daß die kastilische Sprache damals von einer Unzahl von Schriftstellern gepflegt wurde, und zwar nicht allein in Katalonien und Valencia, sondern sogar in Portugal und Italien. Auf dem Gebiet der Prosa ragt über alle Werke die berühmte „Celestina", die Tragikomödie von Calixto und Melibea, heraus, die dem Fernando de Rojas zugeschrieben wird. Es folgt dann der „Diálogo del amor y de un viejo" Rodrigo de Cota und schließlich Juan de Enzina mit seinen Hirtengedichten, seinen Schwänken und seinen dramatischen Werken. Schüler Juan de Enzinas waren Lucas Fernández und Torres Naharro aus Extremadura, der die „Propaladia", eine Sammlung von acht höchst interessanten realistischen Komödien, schrieb. Als Historiker sind vor allem der Priester Diego de Valera mit seiner „Crónica abreviada", Diego Rodríguez de Almela, Gonzalo de Santa Maria, der Verfasser der „Vida de Don Juan II de Aragón", und der Bakkalaureus Palma zu erwähnen. Die beiden größten Geschichtsschreiber jener Zeit sind jedoch Andrés Bernáldez, der „Priester der Paläste", und Hernando del Pulgar, beides Chronisten der Katholischen Könige. Ein recht interessantes Werk ist auch das „Libro de la Camara real" von Gonzalo Fernández de Oviedo. Auf dem Gebiet der bildenden Künste bewährte sich der gotische Stil, der allerlei Strömungen der Renaissance in sich aufnahm, um schließlich mit diesen zu einem typisch spanischen Kunststil, dem sogenannten „plateresken Stil", zu verschmelzen. Es gibt hierbei verschiedene Entwicklungsstadien,
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Aus „Brandi, Kaiser Karl V." Verlag F. Brackmann, München.
Die Länder der Habsburger und das Reidi
Ballesteros, Spanien
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angefangen mit der filigranartigen plateresken Gotik (Kreuzschiff von Córdoba), dem die platereske Gotik in Gesamtanlage und Beiwerk (Kreuzschiff der Kathedrale von Burgos), die platereske Klassik im Beiwerk (Sakristei von San Marcos in León) und die reine platereske Klassik (JameteBogen in der Kathedrale von Cuenca) folgten. Wundervolle Beispiele für diesen Stil bieten das Hospital zum Heiligen Kreuz in Toledo, die Fassade von San Pablo und der Hof des Kollegs von San Gregorio in Valladolid, die Marienkirche in Pontevedra und die Börse von Zaragoza. Meisterwerke der gotischen Baukunst sind die neue Kathedrale von Salamanca, die Kathedrale von Segovia, die Kirche von San Juan de los Reyes in Toledo, die Kapelle des Condestable in Burgos und die „Casa del Cordón" in der gleichen Stadt, die Schlösser von Medina del Campo und Coca und die Cartuja de Miraflores in Burgos. Berühmte Baumeister jener Zeit sind Enrique de Egas, Alfonso Rodríguez, Juan Gil de Hontañón, Juan Guas, Meister Hans von Köln und sein Sohn Simon. Die Bezeichnung „plateresk" ist auch auf die Bildhauerei anwendbar; in dieser Hinsicht taten sich Gil de Siloé, Diego de Siloé, Forment, Dancart, Bartolomé Ordóñez, Felipe de Vigarni sowie Andino und Domenico Fancelli hervor. Von dem Bildhauer Ordóñez aus Burgos stammt das Grabmal des Kardinals Cisneros in Alcalá de Henares. Der Valencianer Damián Forment schuf die Altaraufsätze der Marien- und der Paulskirche in Zaragoza sowie den der Kathedrale von Huesca. Werke Gil de Siloés sind die prachtvollen Grabmäler Johanns II. und seiner Gemahlin im Karthäuserkloster von Miraflores. Domenico Alejandro Fancelli ist der Schöpfer der wundervollen liegenden Statue des Prinzen Johann in Santo Tomas von Avila. Dancart verdanken wir die ersten Arbeiten am Altaraufsatz der Kathedrale von Sevilla. Die Reliefs am Hochaltar von Burgos sind ein Werk des Felipe de Vigarni aus Burgund und die Treppe im Kreuzschiff der gleichen Kathedrale arbeitete Diego de Siloé. In dieser Zeit erreicht auch die Goldschmiedekunst einen beachtlichen Entwicklungsstand. Jetzt entstehen die unvergleichlich schönen Monstranzen der spanischen Kathedralen, deren wertvollste aus den Händen des Deutschen Heinrich von Arfe und seiner Nachkommen hervorgegangen sind. Toledo lieferte kostbare Gewebe. Auch die maurische Kunst erhält sich bis in diese Zeit hinein, wie z. B. aus der „Puerta del Perdón" in Sevilla, dem Kapitelsaal von Toledo und dem jetzigen Archiv von Alcalá de Henares ersichtlich ist. In der Malerei, die stark von Italien beeinflußt wird, zeichnen sich die Brüder Comontes, Johann von Burgund, der Vater Felipes, Pedro Berruguete, Santa Cruz und Johann von Flandern aus. Zu den besten spanischen Malern zählen Antonio del Rincón und sein Sohn Fernando; dem Vater wird das
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18.Kapitel: Karl I. (1517—1556)
prächtige Altargemälde von Robledo de Chavela in der Provinz Madrid zugeschrieben. An dem Altargemälde der Jakobs-Kapelle in der Kathedrale von Toledo arbeiteten Juan de Segovia, Pedro Gumiel und Sandio de Zamora. Audi Johann von Burgund arbeitete in dieser Stadt und wird als Meister der Wandgemälde im Kapitelsaal und in der mozarabisdien Kapelle genannt. Pedro de Berruguete ist der Hofmaler Philipps des Sdiönen. Ein hochbegabter Maler ist audi der Sevillaner Alejo Fernández, der Schöpfer eines berühmten Madonnenbildes in der Sankt-Annen-Kirdie von Triana. Die Musik schließlich wurde in Spanien und besonders am Hofe gleichfalls mit besonderer Liebe gepflegt. Verdienstvolle Komponisten waren Peñalosa, Contreras, Castillo, Andiieta und die auch als Schriftsteller bekannten Garci Sánchez von Badajoz und Juan de Enzina. 18. KAPITEL
KARL I. (1517—1556)
D a s H a u s H a b s b u r g . Mit dem Enkel der Katholischen Könige, Karl von Gent, kam in Spanien ein ausländisches Herrscherhaus auf den Thron. Karl I. von Spanien war wahrscheinlich nach seinem Urgroßvater Karl dem Kühnen, dem Herzog von Burgund, benannt worden. Durch eine Reihe von Erbschaften, die ihm nacheinander zufielen, sollte er der mächtigste Herrscher der Welt werden und Spanien unter seiner Regierung die geistige Vormachtstellung erringen, für die Ferdinand und Isabella es durch ihre kluge und folgerichtige Politik vorbereitet hatten. Karl I., der in Flandern in seiner Geburtsstadt Gent erzogen worden war, kannte, als er nach Spanien kam, weder die Sprache, noch die Sitten noch die geistige Art des Volkes, über welches er herrschen sollte. Sein Hofmeister war Guillaume de Cray, der Herr von Chièvres gewesen, sein Erzieher der Dediant von Löwen, Hadrian von Utrecht, der offiziell die Regierungsgewalt mit dem berühmten Kardinal Cisneros geteilt hatte. Guillaame de Croy kam erst jetzt in Begleitung Karls I. mit nach Spanien. Der junge Herrscher zog in Valladolid ein, und bald darauf schon murrte das kastilisdie Volk, weil Karl, genau wie einst sein Vater, alle einträglichen Ämter und Würden unter sein aus Flamen bestehendes Gefolge verteilte. Die Habgier der Ausländer machte sie beim Volke verhaßt. Am unbeliebtesten aber waren mit vollem Recht der Herr von Chièvres und der Kanzler Salvagio, die stets die fettesten Pfründen für sich einzuheimsen wußten. Sie zogen alle Goldmünzen, vor allem die Doppeldukaten, 16«
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18. Kapitel
aus dem Umlauf, so daß bald der scherzhafte Ausspruch eines Mannes beim Volke die Runde machte, der eine dieser Münzen ehrfurchtsvoll mit den Worten begrüßte: „Sálveos Dios — ducado de a dos — que monsieur de Xevres — no topó con vos." („Ihr steht in Gottes Gnaden — edler Golddukaten — weil der Herr von Chiévres — nicht an Euch geraten.") Nur ungern erkannten die Kastilier auf den Cortes von Valladolid Karl als ihren Herrscher an, und ebensowenig Begeisterung zeigten die Aragonesen in Zaragoza und die Katalanen in Barcelona. Durch ihre Vertreter legten die Städte Protest ein gegen die Raubgier der Ausländer und zeigten offen oder verhüllt ihr Mißfallen mit dem Vorgehen Karls, der bei Lebzeiten seiner Mutter, die schließlich die rechtmäßige Thronerbin war, die unumschränkte Herrschaft an sich gerissen hatte. Auf den Cortes von Valladolid trat ein Abgesandter der Stadt Burgos mit Namen Zumel auf, der energischer als alle anderen seine Ansicht durchzusetzen verstand. Die Volksvertreter erreichten es denn auch, daß der König sidi bereit erklärte, die königlichen Verfügungen zugleich in seinem und seiner Mutter Namen zu erlassen. Man bat Karl, sich der kastilischen Sprache zu bedienen, die Flamen wurden aus dem Sitzungssaal gewiesen und die Forderung aufgestellt, daß der König die Gesetze des Reiches zu respektieren habe. Leider beging Zumel einige Jahre später die schwere Pflichtvergessenheit, seine Stimme dem König zu verkaufen. Wäre dies nicht geschehen, so könnte man seinen Namen heute unter denen der ruhmreichsten Verteidiger der heiligen Freiheit der Völker nennen. Der eben geschilderte Vorfall ereignete sich im Jahre 1518. Ein Jahr darauf starb der deutsche Kaiser Maximilian. Die Nachricht von seinem Tode erweckte in der Brust des jungen spanischen Herrschers den natürlichen Wunsch, nun selbst die Kaiserkrone zu erlangen, welche die deutschen Fürsten zu vergeben hatten. Der deutsche Kaiser wurde zwar gewählt, seit Jahrhunderten jedoch war diese Würde schon mit dem Hause Habsburg verknüpft, so daß es dem Enkel des verstorbenen Kaisers voraussichtlich nicht allzu schwer fallen konnte, den Purpur zu erringen. Es ergaben sich aber doch einige Schwierigkeiten, denn es konnte den Feinden Karls schließlich nicht verborgen bleiben, daß die Vereinigung zweier so mächtiger Reiche unter einem Szepter eine ständige Bedrohung des europäischen Friedens, vor allem aber die Vernichtung Frankreichs bedeuten konnte. Aus diesem Grunde trat als einer der Bewerber um die deutsche Kaiserwürde auch Franz I. von Frankreich auf und gab riesige Summen aus, um sein Ziel zu erreichen. Die Wahl fiel schließlich auf Friedrich den Weisen von Sachsen, der zugunsten Karls I. von Spanien auf die Krone verzichtete. Daraufhin einigten sich die Kurfürsten, und der Sproß des Hauses Habsburg wurde endgültig zum deutschen Kaiser erklärt.
Karl I. (1517—1556)
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Karl hatte bedeutende Summen ausgegeben, um die Wähler für sich zu gewinnen und hatte sich, da er nicht über die nötigen Gelder verfügte, an den deutschen Bankier Fugger gewandt, der ihm große Beträge vorstreckte. Nun, wo er zum Kaiser gewählt war, mußte er sehen, daß er seine Finanzen wieder ins Gleichgewidit brachte und vor allem recht bald eine Reise nach Deutschland unternehmen, um sich krönen zu lassen. Mit einer ganz ungewöhnlichen Hast, wie sie die Dringlichkeit des Falles jedoch erforderte, berief er im Jahre 1520 die Cortes in Santiago ein. Die spanischen Vertreter weigerten sich, ihm die erbetenen Mittel zu geben und führten als Grund unter anderem an, daß die ihm auf den Cortes von Valladolid zugebilligten Gelder ja noch gar nicht eingezogen seien. Erzürnt verlegte Karl die Cortes nach La Coruña, und da es ihm in der Zwischenzeit gelungen war, einige der Vertreter für sich zu gewinnen, erhielt er nunmehr die ersehnten Unterstützungsgelder und konnte seine Reise nach Deutschland antreten. Als Gouverneur der kastilischen Gebiete ließ er den Kardinal Hadrian von Utrecht zurück, als Vizekönig von Aragón Don Juan de Lanuza und als Regenten von Valencia den Grafen von Mélito. D i e „ C o m u n i d a d e s " u n d d i e „ G e r m a n i a s " . Wenige Bewegungen erscheinen innerhalb der Verkettung der Dinge logischer als der Aufstand der Comunidades. Die Lage hatte sich so zugespitzt, daß das, was nun geschah, auch von dem beschränktesten Hirn vorausgesehen werden konnte. Auf dem spanischen Thron saß ein junger ausländischer Herrscher, der der kastilischen Sprache nicht mäditig war, einen aufbrausenden Charakter besaß und sich schlecht beraten ließ von seinem niederländischen Gefolge, das durch seine Handlungsweise immer von neuem den Zorn des Volkes entfachte. So war es nicht zu verwundem, daß diese Regierung beim spanischen Volke im höchsten Maße unbeliebt war. Dazu erschien es allen als eine ungerechte Belastung, daß Spanien die Ausgaben für die deutsche Kaiserkrönung tragen sollte. Der Ausgang der Cortes von La Coruña brachte die Städte um so mehr auf, als einzelne Vertreter hierbei gegen die Aufträge ihrer Stadtverwaltungen gehandelt und sich somit des Vertrauens ihrer Mitbürger unwürdig erwiesen hatten. Toledo und Segovia griffen zu den Waffen, und bald folgten Toro, Zamora, Guadalajara, Madrid, Avila, Soria, Burgos, Valladolid und andere diesem Beispiel. Als der Volksvertreter Rodrigo de Tordesillas in Segovia umgebracht worden war, entsandte der Regent Hadrian von Utrecht den für seine Wildheit bekannten Burgvogt Ronquillo gegen die Stadt. Seine Truppen wurden jedoch von den städtischen Streitkräften, die unter Führung Juan Bravos kämpften und von Juan de Padilla, dem Befehlshaber der Stadtmiliz von Toledo, unterstützt wurden, geschlagen. Ronquillo war wütend über
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18. Kapitel
diese Niederlage und darüber, daß Medina del Campo ihm die Bereitstellung seiner Artillerie verweigert hatte. So ließ er diese letztere Stadt in Brand stecken. Diese Tat brachte auch die noch Schwankenden dazu, sidi zu entscheiden, so daß die Sache der „Comuneros" immer mehr Anhänger fand. In Avila trat der sogenannte „Heilige Bund" zusammen, den die Vertreter der einzelnen Städte bildeten. Der Bund ernannte Pedro Laso de la Vega zu seinem Präsidenten und den Toledaner Juan de Padilla zum militärischen Führer. Die erste Tat Padillas war, daß er sich der Stadt Tordesillas bemächtigte und damit dem Regenten zuvorkam. In dieser Stadt lebte die legitime Königin, und die Comuneros trachteten sofort, sie auf ihre Seite zu bringen. Vertreter des Bundes hatten eine Unterredung mit Johanna, die sie in einem lichten Moment sehr freundlich empfing. Dann rückte Padilla mit seinen Truppen in Vallodolid ein und schlug den Kardinal Hadrian in die Flucht. Hierauf richtete der Bund ein offizielles Schreiben mit der Aufstellung all seiner Forderungen an Karl V. Man verlangte, daß kein Geld aus dem Königreich ausgeführt werden dürfe, daß der Gebrauch von Waffen erlaubt werde, daß jedes Krongut zwei Vertreter auf den Cortes ernennen dürfe, und zwar je einen Angehörigen des Adels und der Bauernschaft, daß der König keine Landvögte und Richter selbständig einsetzen und ohne ausdrückliche Zustimmung der Cortes keinen Krieg erklären dürfe. Karl, der einen genauen Bericht über den Umfang des Aufstandes erhalten hatte, benahm sich äußerst geschickt, indem er Don Fadrique Enriquez und den Kronfeldherrn Iñigo de Velasco zu zusätzlichen Regenten ernannte, die gemeinschaftlich mit dem Kardinal Hadrian die Geschicke Kastiliens lenken sollten. Durch diese Maßnahme wurde den Comuneros viel von ihrer Stoßkraft genommen. Einen großen Teil ihres Ansehens verloren sie dann noch, als sie den Oberbefehl über ihre Truppen Don Pedro Girón übertrugen. Padilla, der hierüber verärgert war, zog sich nach Toledo zurück. Bald aber verriet Girón die Sache der Comuneros, so daß die Königspartei sich der Stadt Tordesillas bemächtigen konnte. Der mit Recht empörte Bund setzte Girón ab und übergab Padilla von neuem den Befehl. Inzwischen hatte Acuña, der berühmte Bischof von Zamora, seine Mitbürger aufgewiegelt und einige Vorteile erringen können. Padilla nahm den Ort Torrelobatón, mußte sich dann aber bei Villalar zum Kampfe stellen, wo die Sache der Comuneros eine schwere Niederlage erlitt. Damit war das Ende der Bewegung besiegelt. Wir wollen hier kurz den Verlauf dieser Schlacht schildern, die nach dem Urteil einiger Historiker zum Grab der spanischen Freiheit wurde. Das Heer der Comuneros bewegte sich auf der Straße von Toro her, während die königlichen Truppen, die unter dem Befehl des Grafen von
Karl I. (1517-1556)
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Haro, eines Sohnes des Kronfeldherrn, standen, dauernd nachrückten. Auf beiden Seiten hatte man das Gefühl, daß nun die Entscheidung herannahe. Die Comuneros verfügten nur über wenige und dazu schlecht bezahlte Truppen. Als sie nach Villalar kamen, drängten die Königlichen gegen die Linien Padillas, so daß dreizehn Fähnlein des Fußvolkes und 300 Lanzenreiter die Flucht ergriffen. Padilla, der dies sah, entschloß sich daraufhin, sich nunmehr seinem Gegner zu stellen. Der Augenblick für diese Entscheidung war jedoch nicht gut gewählt, denn die Comuneros, deren Reihen bereits in Verwirrung geraten waren, stoben schon beim ersten ernsthaften Angriff der Königstruppen auseinander und versuchten in wilder Flucht die Stadt zu erreichen, während der Regen ihnen ins Gesicht peitschte und so den nachdrängenden Feind noch unterstützte. Viele Soldaten rissen das rote Kreuz der Comuneros von ihrem Gewand und vertauschten es gegen das weiße Kreuz der Königspartei. Verzweifelt stürmte Padilla mit seiner Reiterei mitten in die feindlichen Schwadronen hinein. Er wurde jedoch verwundet, zusammen mit seinen Waffengefährten Juan Bravo aus Segovia und Francisco Maldonado aus Salamanca gefangengenommen und nach Villalar gebracht (1521). Am folgenden Tage wurden die drei Führer der kastilischen Comuneros hingerichtet. Auf Mauleseln wurden sie zum Richtplatz geführt, und der voranreitende Herold rief ständig mit lauter Stimme: „Dies ist die Strafe, die Seine Majestät und in seinem Namen der Kronfeldherr und die Gouverneure über diese Herren verhängt haben. Er hat befohlen, sie als Verräter zu enthaupten." Als Bravo die Worte vernommen hatte, erwiderte er empört: „Du lügst, und auch der lügt, der dir dies zu sagen befahl! Verräter sind wir nicht, sondern wir sind bedacht auf das Wohl des Volkes und Verteidiger der Freiheit des Reiches!" Padilla sagte hierauf: „Herr Juan Bravo, gestern war der Tag, wo wir als Ritter zu kämpfen hatten — heute aber müssen wir es verstehen, als Christen zu sterben." Bravo wurde als erster enthauptet. Als Padilla seinen Leichnam erblickte, sagte er: „Da seid Ihr, mein guter Ritter!" und hielt seinen Kopf dem Scharfrichter hin. Juan de Padilla war ein schöner Mensch, der über eine große Redegabe, ein edles Herz und eine vornehme Gesinnung verfügte. In ihm hatte die gute Seite der Bewegung ihre Verkörperung gefunden. Einige Historiker behaupten, daß seine Geistesgaben nur gering gewesen seien, und daß nur seine Frau, die ehrgeizige Maria de Pacheco, dafür gesorgt habe, daß er seine Stellung innerhalb der Bewegung halten konnte. Eine andere charakteristische Gestalt in diesem Zusammenhang ist der Bischof Acuna, in dem man den letzten Vertreter all der ungestümen Kirchenfürsten des Mittelalters zu erblicken hat. Er kleidete sich halb als Geistlicher, halb als Krieger, und unter seinen Gefolgsleuten war manch ein wilder, grober und tapferer
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Priester. Nach der Sdiladit bei Villalar konnte sich die Witwe Padillas noch einige Zeit in Toledo halten, bis sie schließlich als Bäuerin verkleidet nach Portugal floh. Es gibt Historiker, die behaupten, daß in der Niederlage bei Villalar bereits der Keim des spanischen Niedergangs zu erblicken sei, und daß der Ursprung alles Unglücks darin liege, daß das reine Nationalgefühl sich unter das Szepter der Österreicher habe beugen müssen und die Städte ihre Freiheit und Vorrechte einbüßten. Hiernach wären die Comuneros die Verteidiger des gequälten und unterdrückten spanischen Volkes gewesen, das unter einer imperialistischen Politik zu leiden hatte, die dem Volksempfinden fremd und feindlich gegenüberstand, während die Katholischen Könige mit ihrer Politik die nationalen Ideale verkörperten und bewußt im Sinne der geschichtlidien Sendung Spaniens arbeiteten. Andere wieder erklären, in den Comuneros verkörpere sich das Alte und Hinfällige, das zum Aussterben verurteilte Mittelalter, Karl dagegen sei, wenn auch unbewußt, der Vertreter des Fortschritts gewesen, da er für den Zentralismus, die Einheit und die absolute Monarchie eingetreten sei, die denn auch mit dem anarchischen Zustand des Lehnswesens aufgeräumt habe. Das anscheinend so schwierige Problem weist jedoch einige ganz klare und eindeutige Züge auf. Es handelt sich hier um eine feudalistische Bewegung, die das Auftauchen eines ausländischen Königs benutzte, um veraltete Ansprüche auf Adelsvorrechte wieder zu erheben. Zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte der Feudalismus wohl einen Fortschritt bedeutet: in der ersten Hälfte des Mittelalters war diese Einrichtung gleichzusetzen mit Schutz und Schirm gegenüber fremden Einbrüchen und der bestehenden sozialen Unordnung. Im Verlaufe der Jahrhunderte jedoch sank sie zu einer bloßen Vormachtstellung des Adels herab, die verbunden war mit Gewalttätigkeit, Oligarchie und anarchischen Zuständen. Jetzt begann eine neue politische Formel sich durchzusetzen: der Absolutismus, der während der Renaissance sozusagen eine Wiedergeburt des klassischen Cäsarismus darstellte. Die Comuneros aber standen auf gegen den durch Karl von Gent vertretenen Absolutismus. Bei diesem Kampf standen zum erstenmal der Adel und die Städte auf einer Seite, während in den vergangenen Zeiten, wenn es galt, die Macht des Adels im Zaume zu halten, die Städte stets die Bundesgenossen des Königs gewesen waren. Jetzt machte das gemeinsame Interesse die Gegner von gestern zu Verbündeten. Die Führer der Comuneros gehörten, wie Juan de Padilla, zumeist dem niederen Adel an. Einige jedoch stammten von den edelsten Geschlechtern des Landes ab, wie z. B. Pedro Girón und Maria Pacheco, die eine Tochter des Iñigo López de Mendoza, Grafen von Tendilla, war. Liberale Ausdeuter des Comunerosaufstandes haben in ihm einen Ab-
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schnitt des jahrhundertelangen, erst 1812 beendeten Kampfes zwischen dem Geist der freien und autonomen städtischen Demokratie und der absolutistischen Autokratie des Cäsarismus erblicken wollen. Das sind Behauptungen, die jeder historischen Grundlage entbehren, denn erstens wurden diejenigen städtischen Freiheiten und Vorrechte, die den Grundsätzen der kaiserlichen Regierung nicht direkt widersprachen, keineswegs abgeschafft, und zweitens handelte es sich bei dieser kaiserlichen Regierung nicht um eine zügellose Autokratie, sondern um eine Macht, die vom Gerechtigkeitssinn geleitet und durch die christlichen Maximen des modernen europäischen Staates in Schranken gehalten wurde. Was nun die verfassungsmäßigen Garantien, die von den Comuneros gefordert wurden und die eventuellen Schädigungen des Volksvermögens betrifft, auf die sie in ihrem Sendschreiben anspielten, so sind dies nur Scheingründe. Unter dem Deckmantel ihrer Gerechtigkeitsliebe verbargen sich Ehrgeiz und Habgier. Den Beweis für ihre antinationale Einstellung lieferten sie, als sie mit den in Spanien einrückenden französischen Truppen gemeinsames Spiel machten, die Kriegspläne Franz' I. unterstützten und Manuel den Glücklichen von Portugal um Hilfe angingen. Unverständlich blieb ihnen die geistige Größe des Imperiums, dieser Fortsetzung des gewaltigen Werks der Katholischen Könige. Sie konnten sich nicht entschließen, einen großzügigen Standpunkt einzunehmen und auf ihre kleinlichen Interessen zu verzichten. Ganz anderer Art als der Aufstand der Comuneros war der der sogenannten „Germanias" in Valencia und Mallorca. Hier handelte es sich um einen sozialen Kampf, bei dem alle Leidenschaften des Volkes gegen den Adel entfesselt waren. Die Erhebung brach aus, als die Behörden anläßlich einer Seuche Valencia verlassen hatten. Das niedere Volk, das sich zum Herrn der Lage gemacht hatte, gründete den „Bund der Dreizehn". Präsident des Bundes war der Wollkämmer Juan Lorenzo, der eine Zeitlang über unumschränkte Gewalt in der Stadt verfügte. Weitere Volksführer, die sich bei diesem Kampf hervortaten, waren Juan Caro, der Weber Guill£n Sorolla und Vicente Peris. Sie übten eine Willkürherrschaft aus und griffen zu den brutalsten Gewaltmaßnahmen. Der Vizekönig Diego Hurtado de Mendoza, der sich nach Denia zurückgezogen hatte, erhielt dort Verstärkungstruppen aus Kastilien, worauf er zum Angriff überging, die Streitkräfte der Germanias bei Orihuela schlug (1521) und in Valencia einrückte. Die Aufständischen verlegten daraufhin ihre Wirksamkeit nach Alcira, von wo aus ihr kühner Führer Vicente Peris einen nächtlichen Einfall in Valencia unternahm, um die dortige Bevölkerung wieder aufzuwiegeln. Es kam zu einem Straßenkampf, in dessen Verlauf das Haus des Peris in Brand gesteckt und er selbst ermordet wurde (1522). Die Anhänger der
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Gemianías leisteten nodi Widerstand in Játiba, wo sie von einer geheimnisvollen Persönlichkeit angeführt wurden, die sie den „Heimlichen" nannten und die von sich selbst behauptete, ein Sohn des Prinzen Johann und somit ein Enkel der Katholischen Könige zu sein. Man setzte einen Preis auf den Kopf dieses Menschen, worauf er ermordet wurde. Hierbei konnte man feststellen, daß es sidi um einen Juden handelte. So wurde auch das letzte Aufflackern dieses gefährlichen Aufstandes unterdrückt. In Mallorca empörten die Handwerker sich gegen die schlechte Verwaltung. Als auch die Landbevölkerung sich dieser Bewegung anschloß, nahm sie einen allgemeinen sozialen Charakter an. Die Aufständischen zogen gegen den Adel, der nach der Insel Ibiza flüchtete und sich dort in Alcudia verschanzte. Als sich dann im Jahre 1523 die königlichen Truppen wieder der Stadt Palma bemächtigten, war der Aufstand beendet. K a r l V . u n d F r a n z I . Die Feindschaft zwischen diesen beiden Herrschern nahm lange Jahre hindurch die Aufmerksamkeit aller europäischen Regierungen in Anspruch, und brachte Unheil und Elend über die Länder, die unter den unvermeidlichen Folgen von vier langen Kriegen zu leiden hatten. Beide Könige erstrebten den Besitz des Herzogtums Mailand, dessen sich Franz I. nach seinem glänzenden Sieg bei Marignano hatte bemächtigen können. Der Franzose stützte sich auf die Rechte der Familie Orléans, die allerdings schon etwas veraltet waren. Er selbst gehörte dem ¡Zweige Orléans-Angoulème an, da ja ein Wechsel in der Dynastie stattgefunden hatte, als Ludwig XII. ohne männliche Nachkommen starb. Karl führte zu seinen Gunsten die Rechte des Kaiserreiches an: galt Mailand dodi seit dem Mittelalter als Lehnsgut des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. In Wirklichkeit konnte allerdings weder der eine noch der andere der beiden Bewerber einen tatsächlichen gültigen Anspruch auf die Herrschaft in der Lombardei erheben. Der französische König verfolgte nun die gleidie Politik, die bereits seine Vorgänger in Italien eingehalten hatten und hielt lidi dabei lieber an die transalpinischen Expansionswünsche Karls VIII. und Ludwigs XII. als an die weise Vorsicht Ludwigs XI., der sich darauf beschränkt hatte, für das Werden eines einmütigen, entschlossenen und starken Frankreich zu wirken. Die Begehrlichkeit Franz' I. richtete sich einerseits auf Neapel, das er im Namen des Hauses Anjou zurückforderte, andererseits auf die flandrischen Provinzen, da diese Gebiete ja den Herzögen von Burgund gehörten, Burgund selbst aber jetzt französisch war. Zum erstenmal war die Feindschaft anläßlich der deutschen Kaiserwahl zum Ausbruch gekommen, als Franz als Rivale Karls auftrat, damit aber wenig Erfolg hatte. Der junge Kaiser war nun keineswegs bescheidener als Franz, sondern forderte das Herzogtum Burgund als Erbteil seiner Großmutter von Frankreich zurück. Schließlich kommt noch hinzu, daß Frankreich die aus Spanien
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ausgewiesene Familie der Albret oder Labrit beherbergte und sie in ihren Wünschen hinsichtlich der Wiedererlangung des navarrischen Königsthrones unterstützte. Diese Tatsache sollte der erste Anlaß für den Ausbruch des Kampfes sein. Karl hatte im Jahre 1516 mit dem französischen König den Vertrag von Noyon geschlossen, der ein Angriffs- und Verteidigungsbündnis darstellte und die Rückgabe der Krone von Navarra an Heinrich Albret vorsah. Mit der Erhebung des spanischen Monarchen auf den deutschen Kaiserthron erfuhr die günstige Einstellung des französischen Königs gegenüber Karl jedoch eine entscheidende Wendung, denn nun war der letztere plötzlich zum mächtigsten Herrscher der Welt geworden. Franz dagegen hatte die größten Ausgaben von allen Bewerbern um die Kaiserwürde gehabt, so daß diese teure Kaiserwahl, wie ein Historiker sagt, den Grund legte zu einem Haß, der zum Unglück für die beteiligten Völker viele Jahre überdauern sollte. Franz machte sich den Aufstand der Comuneros zunutze, um über die Pyrenäen in Spanien einzufallen und sich der Städte San Juan de Pie de Puerto und Pamplona zu bemächtigen. Im Kampf um die letztere der beiden Städte wurde der Ritter aus Guipúzcoa, Ignatius von Loyola, der spätere Gründer des Jesuitenordens, verwundet (1521). Hierauf zogen die französischen Truppen unter Führung des Herrn von Lesparre vor Logroño. Das königliche Heer jedoch, das inzwischen die Comuneros besiegt hatte, vereinigte sich, trieb die Eindringlinge zurück und schlug sie bei Noain. Die Franzosen mußten sich zurückziehen, konnten sich aber bald darauf der Stadt Fuenterrabia und anderer Plätze bemächtigen. Unterdessen besetzte der Graf von Nassau das Herzogtum Bouillon, brach in die Champagne ein und belagerte Meziéres, wo Bayard ihn einschloß. Bayard, der „Ritter ohne Furcht und Tadel", war ein ehrlicher Feind der Spanier, gegen die er auch auf den Schlachtfeldern Italiens wieder zum Kampf antreten sollte. Der Kaiser war indessen auf die Wahrung seiner Interessen bedacht und brachte es dank seiner unvergleichlichen diplomatischen Geschicklichkeit fertig, einen Bündnispakt mit seinem Onkel Heinrich VIII. von England abzuschließen. Zu diesem Zwecke ging er nach Gravelingen, wo er ohne allen Aufwand und Prunk einen privaten Besuch beim englischen König machte und gleichzeitig dessen Ratgeber, den Kardinal Wolsey für sich gewann, indem er ihm die Papstkrone versprach. Er stach damit angenehm ab gegen Franz I., der bei seinem Zusammentreffen mit Heinrich bemüht gewesen war, den eitlen Tudor auszustechen. Außerdem gewann Karl V. noch den Papst Leo X. für seine Partei.
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Die kaiserlichen Truppen errangen einen Sieg über Lautrec, so daß die Franzosen über die Alpen zurückweichen und das Herzogtum Mailand preisgeben mußten, während die Spanier Fuenterrabia zurückeroberten (1522). Im folgenden Jahre verriet der Kronfeldherr von Bourbon wegen eines Zwists mit Louise von Savoyen, der Mutter Franz' I., sein Vaterland und bot dem Kaiser seine Dienste an. Frankreich jedoch setzte der dreifachen Invasion heldenhaften Widerstand entgegen: die Spanier wurden bei Bayonne zurückgeschlagen, die Deutschen in der Freigrafschaft Burgund und in der Champagne, und auch die Engländer und Niederländer, die zuerst Paris bedrohten, sahen sich zum Rückzug gezwungen. Eine große Niederlage erwartete die Franzosen jedoch in Italien, wo der unfähige Admiral Bonnivet mit einem glänzenden Heere erschienen war. Durch seine falsche Taktik ließ er dem Kronfeldherrn von Bourbon und Charles Lannoy, dem Vizekönig von Neapel, die nötige Zeit, um ihre Truppen zusammenzuziehen. Als dann die Kaiserlichen angriffen, wichen die Franzosen bis Biagrasso zurück. Der tapfere Bayard, der den Rückzug decken wollte, wurde bei Romagnano tödlich verwundet (1523). Auf den Rat Bourbons rückten die kaiserlichen Truppen nun in der Provence ein und belagerten Marseille. Durch den Widerstand der Bevölkerung und die vaterlandstreue Haltung der Bewohner jener Gegend geriet jedoch das kaiserliche Heer in größte Verpflegungsschwierigkeiten, so daß es über die Alpen zurückgehen mußte (1524). Jetzt aber war der W e g nach Italien für Franz I. frei geworden, und so zog er denn mit einem mächtigen Heere hinüber, um auf dem Schauplatz seiner früheren Triumphe neue Lorbeeren zu ernten. Die Kaiserlichen zogen sich auf ihre Verteidigungslinie an der Adda zurück und verschanzten sich in Lodi. In einem in Rom erschienenen Spottgedicht wurde eine Belohnung für denjenigen ausgesetzt, der das in den Alpen verlorengegangene kaiserliche Heer finden würde. Ohne einen Flintenschuß bemächtigte Franz I. sich Mailands und beging die große Unvorsichtigkeit, Pavia zu belagern, das von dem beherzten Antonio de Leiva verteidigt wurde. Zu diesem ersten Irrtum gesellte Franz noch einen zweiten, indem er ein beträchtliches Truppenkontingent zur Eroberung Neapels vorschickte. Der Franzose schätzte die Stoßkraft des kaiserlichen Heeres so gering ein, daß er glaubte, derartige Wagnisse unternehmen zu können. Die geringere Truppenzahl der Kaiserlichen wurde jedoch wettgemacht durch die Tapferkeit der spanischen Soldaten und die Umsicht ihrer Führer, des beherzten Marquis von Pescara, des klugen Vizekönigs von Neapel, Lannoy, und des Kronfeldherrn von Bourbon, den der Haß gegen das französische Herrscherhaus stets aufs neue entflammte und ihn immer neue Mittel und Wege finden ließ. Eines Nachts unternahm der Marquis von Pescara mit seinen Leuten einen
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Ausfall aus Lodi, wobei die Soldaten ihre Hemden über der leichten Rüstung trugen. In dieser gleichen Nacht überrumpelten die Spanier während eines heftigen Schneefalls die befestigte Stadt Melzi. Als dann schließlich 12000 deutsche Soldaten, die Bourbon geworben hatte, im Lager der Kaiserlichen anlangten und es an Geld fehlte, um sie zu bezahlen, appellierte Pescara an die Großzügigkeit der Spanier, die denn auch ihren Sold opferten, damit die Forderungen der Deutschen befriedigt werden konnten. Auf Anstiften des Marquis drangen auch zwei unerschrockene Spanier mit einer hohen Geldsumme für die eingeschlossene Besatzung in Pavia ein. Daraufhin warfen die kaiserlichen Führer ihre Truppen gegen die Stadt. Der französische König hatte dem spanischen Feldherrn 200000 Taler geboten, damit er sich zur Schlacht stellen solle, Pescara aber sandte die Boten zurück, indem er erklärte: „Sagt dem König, wenn er Geld hat, so soll er es jetzt nur behalten, denn ich weiß, er wird es als Lösegeld nötig haben." Diese Antwort sollte eine Prophezeiung sein. Als dann Pescara sein Lager direkt neben dem des Königs Franz aufgeschlagen hatte, beunruhigte er diesen ständig durch Scharmützel, plötzliche Attaken und nächtliche Angriffe. Schließlich entschlossen sich die kaiserlichen Feldherrn einstimmig, sidi zur Schlacht zu stellen. Auf diese Entscheidung der spanischen Führer hin, gab Admiral Bonnivet seinem König den unheilvollen Rat, die Schladit anzunehmen. Gleich zu Beginn des Kampfes bemühten sich die spanischen Streitkräfte um die Einnahme des Parks von Mirabello; sie fochten dabei gegen die Truppen des Herzogs von Alenfon, dem es, hätte er nur ein wenig mehr Energie aufgebracht, an diesem Tage gelungen wäre, das feindliche Heer einzuschließen. Die Vorhut der Kaiserlichen, die von dem Marquis del Vasto geführt wurde, hatte, ebenso wie später das Gros des Heeres, schwer unter dem Feuer der feindlichen Geschütze zu leiden und geriet hierbei ein wenig ins Schwanken. Franz I., der dies bemerkte, beging daraufhin einen taktischen Fehler, der die schlimmsten Folgen haben sollte. Da der Sieg ihm schon sicher erschien, drängte er mit seinen Truppen vor die eigene Artillerie, die nun nicht mehr schießen konnte und stürzte sich auf die spanische Reiterei. Sofort entbrannte ein wilder Kampf. Die Büchsenschützen aus Vizcaya und Sevilla, die zwischen der Reiterei verteilt waren, machten mit ihrer hervorragenden Treffsicherheit der berühmten französischen Landjägertruppe schwer zu schaffen. „Santiago und Spanien! Auf die Fliehenden", rief Pescara, als er sah, wie das deutsche Fußvolk sich umwandte, um zu laden. Leiva, der krank war und in einer Sänfte getragen werden mußte, machte mit den Belagerten einen Ausfall. Die Schweizer, die so zwischen zwei Feuer gerieten, zogen sidi zurück. Als Pescara ins Lager zurückkehrte, war seine gesamte Rüstung von den Schwerthieben,
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die er erhalten hatte, durchlöchert und sein Pferd Mantuano schwer verwundet. Als der Kampf seinen Höhepunkt erreichte, könne nur noch eine kleine Gruppe von Rittern unter Führung des französischen Königs Widerstand leisten. Die Blüte des französischen Adels war dahingemäht: in dem Kampfe waren La Palice, La Trémouille, Longueville, Bonnivet, der Urheber all des Unglücks, und viele andere gefallen. Franz I., der eine Verwundung erlitten hatte, wurde schließlich durch Juan de Urbieta au« Guipúzcoa, Alonso Pita aus Galicien und Diego Dávila aus Granada gefangengenommen. Er übergab seinen Degen an Charles Lannoy, den Vizekönig von Neapel. In der gleichen Nacht noch schrieb er einen Brief an seine Mutter, Louise von Savoyen, dessen letzte Worte berühmt geworden sind. Sie lauten: „Alles ist verloren, außer der Ehre und dem Leben, die ich gerettet habe." Aus der Burg von Pizzighetone wurde Franz I. nach Madrid gebracht, wo man ihm den Palast der Familie Lujanes zur Wohnung anwies. Der erste Krieg zwischen den beiden mächtigen Rivalen war damit beendet (1525). Als Gefangener unterzeichnete Franz den Vertrag von Madrid, in dem er sich verpflichtete, Burgund dem Kaiser zu überlassen und seine Ansprüche auf Mailand, Neapel und Genua aufzugeben. Weiterhin verzichtete er auf die Oberherrschaft über die Provinzen Flandern und Artois und versprach, dem Kronfeldiherm von Bourbon seine Besitzungen und Ehrentitel zurückzugeben. Als Geiseln stellte er zwei seiner Söhne. Als der Austausch am Bidasoa vollzogen wurde, sprang der König auf das französische Ufer des Flusses, bestieg eiligst sein Pferd und rief: „Noch bin ich König!" Franz erfüllte die Vertragsbedingungen nidit, und als Karl ihm sein Verhalten vorwarf und erklärte, er habe sein Wort gebrochen, schalt der Franzose den Kaiser einen Lügner. Die beiden Monarchen griffen nun auf mittelalterliche Gebräuche zurück und sandten sich gegenseitig Herolde mit Herausforderungsschreiben. Daraufhin wurde ein Zweikampf zwischen Franz I. und Karl V. vereinbart, der jedoch nicht stattfand. Der Franzose weigerte sidi nicht allein, Burgund zu übergeben, sondern trat auch noch der „Clementinischen Liga" bei, die Papst Clemens VII,- der Nachfolger Hadrians VI. und Feind Spaniens und seines Königs, begründet hatte. Weitere Mitglieder dieser Liga waren der Herzog von Mailand, Francesco Sforza, der dort als Franz II. regierte, Heinrich VIII. und die Republiken Venedig, Florenz und Genua, die sämtlich bestrebt waren, die Spanier aus Italien zu vertreiben. Nachdem er einige Monate lang das Gebiet des Herzogtums Mailand ausgesaugt hatte, stieg der Kronfeldherr von Bourbon und 15 000 deutschen Landsknechten lutherischer Religion aus dem Alpengebiet herab, um weiter ins Land einzudringen. Der Befehlshaber
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der Deutschen war der alte Georg Frundsberg, der eine Kette mit sich führte, mit der er den Papst erdrosseln wollte. Frundsberg erlag dann in Bologna einem Schlaganfall. Bald darauf geriet Bourbon in Gefahr, die Herrschaft über seine Truppen zu verlieren, da diese heftig nach Sold und Beute verlangten. Der Kronfeldherr führte sie gegen Florenz; da diese Stadt jedoch hartnäckigen Widerstand leistete, wandte sidi das Heer nach Rom. Beim Sturmangriff wurde der Kronfeldherr durch einen Büchsenschuß tödlich getroffen. Zwei Künstler, Benvenuto Cellini und Giovanni da Udine, machten sidi den Ruhm streitig, diesen Schuß abgefeuert zu haben. Die Stadt mußte nun eine furchtbare Plünderung über sidi ergehen lassen, und der Papst flüchtete sich in die Engelsburg, wo er eingeschlossen wurde. Die italienischen Geschichtsschreiber berichten, die Kaiserlichen seien mit dem Ruf: „Spanien, Spanien! Töte! Töte!" in die römischen Häuser eingedrungen. Karl V. zeigte sich sehr ungehalten über die Gefangenhaltung des Papstes, die sich jedoch sieben Monate lang hinzog, bis schließlich Clemens ein hohes Lösegeld zahlte, das ihm der katalanische Kaufmann Jerónimo Sánchez zum Teil vorgestreckt hatte. Inzwischen hatte der König von Frankreich seine Kriegsvorbereitungen beendet und sandte nun Lautrec nach Italien, der sich beinahe des ganzen Königreichs Neapel, das von seinem tapferen Vizekönig Hugo de Moneada verteidigt wurde, bemächtigen konnten. Der große Seeheld von Genua, Andrea Doria, belagerte die Stadt Neapel vom Meere aus, und sein Neffe, Filippino Doria, schlug das spanische Geschwader in einer Seeschlacht im Golf von Neapel, bei der Hugo de Moneada sein Leben einbüßte. Doria war jedoch mit der Haltung der Franzosen unzufrieden; er schloß daher Freundschaft mit Spanien und übernahm das kaiserliche Banner. Ein anderes französisches Heer, das unter dem Befehl Saint-Pauls kämpfte, wurde in Landriano in der Lombardei durch die Truppen Antonio de Leivas aufgerieben. Somit war Italien nun endgültig in der Hand Karls V. Um dem Krieg ein Ende zu machen, begaben sich jetzt zwei Fürstinnen nach Cambray: Louise von Savoyen, die Mutter des französischen Königs, und Margarete von Österreich, die Tante des Kaisers und Statthalterin der Niederlande. Die Bedingungen des Vertrages von Madrid wurden zum Teil durch andere ersetzt. Karl verzichtete auf Burgund und verlangte zwei Millionen Taler als Lösegeld für die Söhne des Königs von Frankreich, die er auf der Burg von Pedraza gefangen hielt. Er erlebte einen vollen Triumph und wurde in Bologna durch Clemens VII., den früheren Gefangenen der Engelsburg, gekrönt (1530). Der Grund zum dritten Krieg zwischen den Herrschern von Frankreich und Spanien war das Bündnis Franz' I. mit den Türken und seine Ver-
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Handlungen mit den protestantischen Fürsten Deutschlands, den unmittelbaren Anlaß aber gab der Tod Francescos Sforzas und die Besetzung des Herzogtums Mailand durch die Spanier. Diesmal verlor der französische Herrsdier keine Zeit, sondern bemächtigte sich sofort der Herzogtümer Savoyen und Piémont. Karl, der durdi dieses Vorgehen des Franzosen aufs höchste erzürnt war, berief eine Vollversammlung der Kardinäle ein, auf der er eine Forderung an Franz I. abschickte und ihm den Krieg erklärte. Der Kampf begann mit dem Einmarsch des Kaisers in der Provence. Der Spanier befolgte damit den Rat Antonio de Leivas, der erklärt hatte : „Wilde Tiere muß man in ihren eigenen Höhlen aufsuchen." Diese Invasion Frankreichs verlief jedoch ebenso unglücklich wie die, welche der Kronfeldherr von Bourbon zwölf Jahre vorher unternommen hatte. Auch ein Einbruch kaiserlicher Truppen in die Picardie war ergebnislos. Der Papst, der ein weiteres Vordringen der Türken befürchtete, tat sein möglichstes, um die beiden Gegner miteinander auszusöhnen. Durch die Vermittlung Pauls III. wurde so der Waffenstillstand von Nizza im Jahre 1538 geschlossen, bei dem die beiden Rivalen die heiligen Sakramente aus den Händen des Papstes empfingen. Im folgenden Jahre forderte Karl vertrauensvoll von seinem Gegner das Durchzugsrecht durch Frankreich, um einen in Gent ausgebrochenen Aufstand schnellstens unterdrücken zu können. Franz I. kam diesem Wunsch nach und verhielt sich äußerst ritterlich, da er hoffte, daß eine solche Großzügigkeit ihm Vorteile einbringen würde. Karl hielt sich kurze Zeit in Paris auf und setzte dann seine Reise nach Flandern fort. Kurz darauf jedoch entbrannte wieder ein neuer Krieg wegen der Ermordung zweier französischer Gesandter. Franz I. beschuldigte den Statthalter von Mailand, Marquis del Vasto, der Urheber dieses Mordes gewesen zu sein. Im Bündnis mit den Türken griff er Nizza an und eroberte es. Die Franzosen hatten nun die Absicht, sich den Spaniern auf freiem Feld zur Schlacht zu stellen. Franz I., der in Pavia saß, hatte zuerst Bedenken, sich mit der furchtbaren spanischen Infanterie zu messen, gab dann aber den eindringlichen Bitten seines Feldhauptmanns Montluc nach. Der Herzog von Enghien griff den Marquis del Vasto bei Cerisoles an und errang einen vollen Sieg (1544). Er konnte jedoch seinen Erfolg nicht ausbauen, da Karl V. in die Champagne einmarschierte, während sein Bundesgenosse Heinrich VIII. mit seinen Truppen in die Picardie einbrach. Der Kaiser nahm Saint Dizier, Epernay und Château-Thierry und kam bis zwölf Meilen vor Paris. Nun mußte der französische König um seine Hauptstadt besorgt sein, die denn auch gefallen wäre, wenn die Engländer zu ihren Versprechungen gestanden hätten. Karl V. war jetzt des Kämpfens müde und unterzeichnete den Friedensvertrag von Crépy, wonach Frankreich
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Savoyen und Piemont behalten sollte. Weiterhin wurde ein Heiratspakt zwischen einem Sohn des französischen Königs und einer österreichischen Prinzessin geschlossen, die als Mitgift das Herzogtum Mailand erhalten sollte. Vor der Eheschließung starb jedoch der französische Prinz, so daß Mailand weiterhin beim Hause Österreich verblieb. K a r l V. u n d d i e P r o t e s t a n t e n . Das an wichtigen Ereignissen so überreiche 16. Jahrhundert brachte auch eine Revolution auf religiösem Gebiet mit den unheilvollsten Folgen für ganz Mitteleuropa, das mehr als hundert Jahre lang in einen blutigen Krieg verwickelt werden sollte. Die Reform der Sitten innerhalb der katholischen Kirche war eine Notwendigkeit, die sich bereits seit dem Mittelalter fühlbar gemacht hatte. Päpste und Konzilien hatten sich darum bemüht, ohne jedoch wesentliche Erfolge aufweisen zu können. Nun aber stand in Deutschland ein Augustinermönch auf, der die skandalösen Zustände in Rom als Anlaß nahm, um sich zuerst gegen den Heiligen Stuhl und sodann auch gegen das Dogma zu erklären und sich von der katholischen Kirche loszusagen. Dieser berühmte Reformator war Martin Luther, ein Bergmannssohn aus Eisleben. Er hatte die Schule in Eisenach und danach die Universität Erfurt besucht, um dann in ein dortiges Augustinerkloster einzutreten. Infolge seiner hervorragenden Begabung wurde er auf einen Lehrstuhl für Theologie an der Universität Wittenberg berufen. Hier wandte er sich vor allem gegen den Ablaßkauf, den man von Rom aus eingeleitet und dem Dominikanerorden übertragen hatte, um aus den eingegangenen Geldern die Baukosten für die Peterskirche zu bezahlen. Luther schlug hierauf seine berühmten 95 Thesen an das Portal der Schloßkirche von Wittenberg. Papst Leo X. maß dem Vorfall zunächst keine Bedeutung bei und erklärte, „Martin Luther besäße zwar einen prächtigen Verstand, aber dies sei nur Geltungsbedürfnis eines Mönches". Nachdem es jedodh zu weiteren Zwischenfällen gekommen war, konnte Rom sich nicht mehr taub stellen, da Luther und seine Anhänger sich offen gegen die Macht des Papstes erklärt hatten. Es wurde eine päpstliche Bannbulle gegen Luther ausgestellt, die dieser auf dem Marktplatz von Wittenberg öffentlich verbrannte. Damit war der Bruch mit Rom vollzogen und in Deutschland eine Ketzersekte entstanden, der bald noch viele andere folgen sollten. Nachdem Karl in Aachen zum deutschen Kaiser gekrönt worden war, berief er Luther auf den Reichstag zu Worms und sandte ihm einen Geleitbrief, damit er sich ohne Furcht für Freiheit und Leben dorthin begeben konnte. Luther erschien und legte seine Lehren dar, weigerte sich jedodi, sie zu widerrufen. Das Ergebnis war ein kaiserlicher Urteilsspruch gegen den Reformator und seine Anhänger und der Befehl, seine Schriften zu Ballesteros, Spanien
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verbrennen. Karl und Luther waren daraufhin erklärte Gegner. Luther, der nun die kaiserlichen Gerichte zu fürchten hatte, flüchtete auf die Wartburg, wo er unter dem Namen eines „Junker Jörg" lebte und den Schutz des Kurfürsten von Sachsen, der mit seinen Ansichten sympathisierte, genoß. In Westdeutschland entbrannte der Krieg der Wiedertäufer und die Reformation gewann immer mehr Boden in Deutschland. Trotz aller guten Absichten Hadrians VI. war die religiöse Spaltung Deutschlands nun eine Tatsache geworden. Auf der einen Seite stand die „Katholische Liga", der Ferdinand von Österreich, ein Bruder des Kaisers, -der Herzog von Bayern und verschiedene andere Fürsten angehörten, auf der anderen Seite die „Gegenliga" von Torgau, in der Johann von Sachsen und Philipp von Hessen die führenden Männer waren. Nach Ausbruch des Bauernkrieges wurde die Reformation regelrecht organisiert. Luther verheiratete sich mit Katharina von Bora, einer aus einem Kloster entwidienen Nonne. Die Reformatoren protestierten gegen die Beschlüsse des Reichstags von Speyer und nannten sich von da ab „Protestanten". Bei einer Versammlung der Protestanten in Augsburg legte Melandithon, ein Schüler Luthers, das neue Bekenntnis in einer „Apologie" dar, die den Namen „Augsburger Konfession" erhielt (1530). Kurz darauf bildete sich der Schmalkaldische Bund, der bereit war, den Protestantismus mit den Waffen in der Hand zu verteidigen (1531). Anläßlich des Nürnberger Religionsfriedens wurden die Feindseligkeiten für kurze Zeit eingestellt, da es sich als nötig erwies, der Stadt Wien, die von den türkischen Truppen unter Soliman dem Prächtigen bedroht wurde, zu Hilfe zu eilen. Trotz alledem aber griff die Spaltung in Deutschland immer weiter um sich und der reformatorische Geist machte •sichtliche Fortschritte. Alle Versuche, eine Einigung auf friedlichem Wege zu erreichen, waren vergebens; die Protestanten bereiteten sich auf den Krieg vor, und Karl V., der all diesen Wirren und Unruhen ein für allemal ein Ende machen wollte, nahm den Kampf an. Der nun folgende Krieg zerfällt in zwei Abschnitte, einen defensiven und einen offensiven. In Süddeutschland standen dem Kaiser zunächst nur geringe Streitkräfte zu Gebote, während die Protestanten über ein großes Heer und eine ausgezeichnete Artillerie verfügten. Unter dem Befehl Karls dagegen kämpfte nur das von Alvaro de Sande geführte spanische Korps und noch geringe andere Truppenkontingente. So mußte der Kaiser sich zunächst auf die Verteidigung beschränken, bis die italienischen Truppen über Tirol, oder die niederländischen über den Rhein ihm zu Hilfe kommen würden. Das Ziel der Protestanten war es nun, zu verhindern, daß diese Heere zur Verstärkung des kaiserlichen wirklich heranrückten; die taktische Kunst des Befehlshabers dieser letzteren Truppen, des Herzogs von Alba,
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und die Ungeschicklichkeit seiner Feinde war jedoch offenbar so groß, daß die Spanier bei Ingolstadt dem Feuer der protestantischen Artillerie standhalten und die Truppen der Liga durch beständige Scharmützel und Geplänkel so lange in Schach halten konnten, bis die Italiener und Niederländer tatsächlich angekommen waren. Damit war der Feldzug an der Donau, an deren Ufern sich all dies abgespielt hatte, für den Kaiser gewonnen. Nun ging Karl V. zum Angriff über, wobei er sich auf seine geheimen Abmachungen mit Moritz von Sachsen, der die Herzogswürde erstrebte, verließ. Mit seinem Heere, das dem Gegner jetzt an Stärke überlegen war, machte er sich auf den Weg nach Norden. Der Herzog von Alba drang in Sachsen ein und riet Karl, die Elbe bei Mühtberg zu überschreiten, wo es eine Furt gab, die für die Reiterei passierbar war, wenn die Büchsenschützen dabei das Ufer gegen feindliche Angriffe sicherten. Man baute eine Schiffsbrücke, so daß auch das Fußvolk über den Fluß rücken konnte. Dann stürzte sich das kaiserliche Heer auf die Reiterei des Kurfürsten, die gerade zum Sonntagsgottesdienst versammelt war und von diesem Angriff vollständig überrascht wurde. Johann Friedrich, der durch seine Fettleibigkeit am Kämpfen behindert war, wurde verwundet und gefangengenommen. Das gleiche Schicksal wurde dem Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg zuteil. Das Heer des Kurfürsten wurde im Walde bei Lochau vernichtet. Dies war die berühmte Schlacht bei Mühlberg (1547), in der der Protestantismus eine so blutige Niederlage erlitt, daß er sich bis zum Dreißigjährigen Krieg nicht davon erholen konnte. Wenige Tage später hörte der Kurfürst von Sachsen mit unbewegtem Gesicht sein Todesurteil an, ohne dabei das Schachspiel, bei dem er gerade saß, zu unterbrechen. Die Todesstrafe wurde dann in lebenslängliche Gefangenschaft umgewandelt und der Kurfürst mußte dafür alle Festungen seines Landes ausliefern. Als kurz darauf auch der Landgraf Philipp von Hessen im kaiserlichen Lager erschien, ließ Karl auch ihn gefangensetzen. Dann zog er nach Wittenberg, wo er im Triumph empfangen wurde. Er besuchte die Grabstätte Luthers, als man ihm jedoch riet, er solle die Asche des Reformators in alle Winde zerstreuen lassen, erklärte er: „Ich führe keinen Krieg gegen Tote! Laßt ihn in Frieden ruhen, er steht bereits vor seinem Richter." Der Kaiser schlug nun eine vorläufige Versöhnung zwischen Katholiken und Protestanten bis zur Abhaltung des Tridentiner Konzils vor. Dieses sogenannte „Augsburger Interim" vom Jahre 1548 mißfiel jedoch den Protestanten und wurde auch von den Katholiken nicht angenommen. Inzwischen hatte Moritz von Sachsen die kaiserliche Sache verraten, sich mit Heinrich II. von Frankreich verbündet und geheime Abmachungen mit den Protestanten 17»
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getroffen. Karl befand sich gerade in Innsbruck und vermutete keinerlei Gefahr, als ihm gemeldet wurde, daß Moritz mit protestantischen Truppen heranrücke. Wenn im Heere des Sachsen nicht eine Meuterei der Landsknechte ausgebrochen und dieser dadurch in seinem Vormarsch gehemmt worden wäre, so wäre es ihm gelungen, den Kaiser gefangenzunehmen, ü b e r die verschneiten Tiroler Berge mußte sich der gichtkranke Kaiser mitten in der Nacht in einer Sänfte tragen lassen, um so seinem verräterischen Vasallen nach Villach in Kärnten zu entfliehen. Durch die Vermittlung Ferdinands von Österreich wurde dann der Friede von Passau geschlossen. Schließlich kam es im Jahre 1555 zum Religionsfrieden von Augsburg, in dem Katholiken und Protestanten die gleichen politischen Rechte eingeräumt wurden. Damit war die gesetzliche Anerkennung des Protestantismus vollzogen. K a r l V. u n d d i e M u s l i m . Ein Zeitgenosse Karls V. und Franz' I. war der türkische Sultan Soliman der Prächtige, dem es gelungen war, die Macht des Halbmonds im Osten zu befestigen. Nun beabsichtigte er, die Christen von den Ufern der Donau zurückzudrängen. Schon seit langem fühlte sich die Christenheit und vor allem der Heilige Stuhl durch die türkische Gefahr beunruhigt. Der Papst forderte alle katholischen Herrscher auf, eine Liga gegen die Muslim zu bilden, die mit ihren Seeräuberzügen die Küsten Italiens und Spaniens heimsuchten. Karl V. war durchaus gewillt, den Führer der Christenheit in seinen Plänen zu unterstützen; Franz I. dagegen war, obgleich er sich als „Allerchristlichste Majestät" titulieren ließ, in seinem Eifer, mächtige Feinde für seinen großen Rivalen Karl erstehen zu lassen, ein enges Bündnis mit Soliman eingegangen. In freundschaftlicher Gemeinsamkeit unternahmen die Flotte des türkischen Seeräubers Barbarossa und die französische ihre Fahrten gegen die kaiserlichen Länder. Mit Recht konnte daher Karl sagen: „Mein ganzes Leben habe ich der Aufgabe gewidmet, die Leiden der Kirche zu lindern und die Christenheit von der türkischen Gefahr zu befreien; das ganze Sinnen und Trachten des Königs von Frankreich aber war darauf gerichtet, die Waffen der Ungläubigen zu begünstigen und die Leidenszeit der katholischen Kirche zu verlängern." Im Jahre 1532 zog Soliman mit einem mächtigen Heere gegen Wien. Angesichts dieser Gefahr begruben die Katholiken und die Protestanten ihren Zwist, und ein kaiserliches Heer, das aus Spaniern, Deutschen und Italienern bestand, eilte unter dem Befehl des Marquis del Vasto, eines Neffen des verstorbenen Pescara, der bedrohten Hauptstadt Österreichs zu Hilfe. Auch der Kaiser selbst befand sich unter den Truppen. Die Janitscharen Solimans warteten die Ankunft der Truppen, die zum Entsatz Wiens heranrückten, gar nicht ab, sondern zogen sich vorsichtig zurück.
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Eine größere Gefahr ak die Türken bedeuteten für Spanien selbst die berberischen Seeräuber, da hier ja die Möglichkeit bestand, daß sie mit der maurischen Bevölkerung Spaniens gemeinsame Sache machen könnten. Zwei besonders kühne Seeräuber, die von der Insel Lesbos stammten, die Brüder Horudsch und Cheir-ed-Din, hatten sich zu mächtigen Herren in der Berberei aufgeschwungen. Der ältere der beiden, Horudsdi, ließ sich zum König von Algier ausrufen und eroberte Tlemsen. Dann aber kam er im Kampfe gegen die Spanier, die unter dem Befehl des Statthalters von Oran, Marquis von Gomares, gegen ihn fochten, ums Leben. Cheir-ed-Din, der überlebende, war klüger und gefährlicher als sein Bruder. Er führte eine mächtige Flotte und war von Soliman zum Kapudan-Baja oder Admiral ernannt worden. Die Geschichte kennt ihn unter dem Namen Barbarossa. Klug nutzte er die Macht aus, über die er als erster Offizier des türkischen Geschwaders verfügte, und bemächtigte sich zunächst einmal des Königreichs Tunis. Der entthronte Monarch, der ein Vasall Spaniens war, bat Karl V. um Hilfe, und der Kaiser entschloß sich daraufhin, einen Rachefeldzug zur See zu unternehmen, um das Mittelmeer ein für allemal von diesen Seeräubern zu befreien. Die kaiserliche Flotte, die von dem Genuesen Andrea Doria befehligt wurde, durchkreuzte eine Zeitlang die Meere, spanische Landetruppen setzten sich in Koron im Peloponnes fest und konnten sich dort zwei Jahre lang gegen alle Angriffe der Feinde verteidigen. Schließlich segelte der Kaiser selbst mit einem glänzenden Geschwader ab, um den entscheidenden Streich gegen Barbarossa zu führen. Mit ihm zogen die tapfersten Männer des Heeres, unter anderen der Marquis del Vasto, Alvaro de Bazän und Andrea Doria. Kaum waren die Kaiserlichen in Afrika gelandet, so griffen sie schon den Ort La Goletta an. Der Kaiser leitete persönlich die Operationen, und La Goletta wurde genommen. Kurz darauf fiel auch Tunis in die Gewalt der Christen. Barbarossa hatte eine ungeheure Niederlage erlitten, und ungefähr 20000 Christen, die als Gefangene in die Hände der Tunesier geraten waren, wurden jetzt befreit (1535). Als dann später die Türken sich der befestigten Stadt Castilnovo bemächtigen konnten (1539), plante Karl V. eine Expedition gegen Algier. Gegen den Rat aller seiner Befehlshaber trat er die Fahrt an. Vor allem der erfahrene Seemann Andrea Doria hatte sich dem Plan widersetzt, da er das Heraufkommen von Stürmen befürchtete. Die Voraussage Dorias bestätigte sich: ein Teil der Flotte wurde vom Sturm vernichtet, und die Besatzungen der Schiffe, denen die Landung geglückt war, hatten sehr unter dem Unwetter und den Angriffen der türkischen Truppen zu leiden, die von dem Statthalter von Algier, dem Eunuchen und Renegaten Hassan Aga, befehligt wurden.
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Ein anderer Seeräuber, Dragut, hatte sich in der Nähe von Tunis festgesetzt. Sein Schlupfwinkel wurde zwar von den Truppen des Kaisers zerstört, Spanien aber verlor dafür Bugia, das der maurische Beherrscher von Algier eroberte. D i e E r e i g n i s s e i n n e r h a l b S p a n i e n s . Als Karl I. zum erstenmal spanischen Boden betrat, wußte er noch nichts von dem Charakter und den Eigenschaften des Volkes, über das er zum Herrscher berufen war. Im Laufe der Jahre jedoch hatte er die Spanier kennen und schätzen gelernt und hatte erfahren, daß das spanische Volk am besten von all den ihm untergebenen Nationen geeignet war, rhn bei der Durchführung seiner Ruhmespläne zu unterstützen. Nun war Spanien zum bevorzugten Land des Kaisers und Königs geworden und stellte ihm willig seine Söhne und Reichtümer zur Verfügung. Spanier waren in Italien, Frankreidi, Deutschland und Österreich, in Griechenland und in Nordafrika die Werkzeuge seines Sieges und die Kerntruppen seiner Heere gewesen. Dazu kam noch die Tatsache, daß man den Spaniern die Kenntnis von einer ganzen neuen Welt zu verdanken hatte, deren ausgedehnteste und reichste Gebiete gerade in den Tagen Karls V. entdeckt und erobert wurden und ihn somit zum größten und beneidetsten Herrscher der gesamten Christenheit machten. Von all seinen spanischen Reichen gewährte zweifellos Kastilien dem Kaiser die bedeutendste finanzielle Unterstützung, denn Aragón und Katalonien, die sich auf ihre Privilegien versteiften, forderten die Anwesenheit des Herrschers bei den Cortes und erhoben seinen Geldforderungen gegenüber immer neue Einwände. Ein Ereignis von einiger Bedeutung, das in die Regierungszeit Karls fällt, ist der Aufstand der Morisken von Valencia. Den Anlaß dazu gab ein königlicher Erlaß aus dem Jahre 1525, nach dem die Morisken zur Ausübung der christlichen Religion verpflichtet wurden. Viele der Betroffenen unterwarfen sich diesem Gebot, andere aber verschanzten sich in den Gebirgen von Espadán und Bernia. Dem Herzog von Sag orbe war es nicht möglich, den Aufstand zu unterdrücken, bis er schließlich ein größeres Heer zusammenstellen konnte. Die Mauren wurden geschlagen; ein Teil von ihnen wanderte nach Afrika aus, die meisten aber bekehrten sich zum Christentum. Die Methoden, die man in Valencia angewandt hatte, wurden daraufhin auch auf das Königreich Aragón ausgedehnt. D i e E r o b e r u n g M e x i k o s . Juan de Grijalba hatte Mexiko entdeckt — der Ruhm, dieses Land erobert zu haben, war jedoch Hernán Cortés vorbehalten. Cortés stammte aus Medellin, hatte in Salamanca Latein studiert und sich einige Bildung erworben. Er war ein ganz unvergleichlich tapferer Mensch und verfügte über außergewöhnliche administrative Fähigkeiten. Diego Velázquez, der Statthalter von Kuba, hatte ihm den Befehl
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über die beabsichtigte Expedition anvertraut. Dann aber bereute er seinen Entschluß und wollte seine Anweisung rückgängig madien. Von einem Boot aus erblickte Cortés seinen herbeieilenden Vorgesetzten, der ihm zurief: „Was soll das, mein Freund? So wollt Ihr fortgehen? Das ist mir die rechte Art, sich zu verabschieden!" „Herr", erwiderte Cortés, „Eure Gnaden mögen mir verzeihen; aber derartige Dinge muß man zuerst tun und dann bedenken. Euer Gnaden sollen nur recht darauf achten, was Ihr mir befehlt." Und aufs höchste erstaunt mußte Diego Velázquez mit ansehen, wie sein Untergebener ohne weitere Erklärung absegelte. Mit einer kleinen Flotte und einer Besatzung von nur 700 Mann machte sich Cortés auf, um das Kaiserreich der Azteken, über das sdion unbestimmte Gerüchte nach Kuba gedrungen waren, zu erobern. Kaum waren die Spanier in Tabasco gelandet, so wurden sie schon in einen Kampf mit einer zahlenmäßig weitaus überlegenen Eingeborenenschar verwickelt, die sie jedoch besiegen konnten. Der beste Fang, den sie hierbei machten, war die Gefangennahme der Indianerin Marina, die sowohl die Maya- wie die Nahuatlsprache verstand. So konnte man mit Hilfe Jerónimo de Aguilars, der sich in der Mayasprache verständigen konnte, die Nachrichten erfahren, die der Indianerin von den Eingeborenen in der Nahuatlsprache zugebracht wurden. Marina war zuerst die Dolmetscherin und später die Geliebte des Cortés, der mit großer Liebe an ihr hing. Auf ihren Eroberungszügen bedeutete sie den Spaniern eine große Hilfe. Als Moctezuma, der Regierungschef von Tenochtitlán (Mexiko) von der Ankunft der Fremden erfuhr, sandte er Boten mit Geschenken zu ihnen und erkundigte sich nach ihren Absichten. Der spanische Feldherr sicherte sich zunächst die Freundschaft des Häuptlings von Zempoala, eines dicken Menschen, der nur sehr unwillig das Joch der aztekischen Herrschaft ertrug und den Spaniern äußerst freundlich entgegenkam. Cortés gründete die Stadt Villa Rica de la Vera Cruz. Da er die Feindschaft des Velázquez fürchten mußte, sandte er ein Schiff mit Geschenken für den Kaiser nach Spanien und bat um die Verleihung des Titels eines Generalkapitäns der von ihm zu erobernden Länder. Er war fest entschlossen, ins Innere des Landes einzudringen, und so ließ er seine Schiffe anbohren und versenken, um zu verhindern, daß einer seiner Leute einer plötzlichen Versuchung nachgeben und sich wieder zur Rückfahrt einschiffen könnte. ü b e r unwegsame Pfade gelangten Cortés und seine Spanier ins Gebiet der Republik Tlascala, wo sie auf einen tapferen Indianerstamm trafen, der entschlossen war, sein Leben und seine Freiheit teuer zu verkaufen. Der indianische Rat und sein Vorsitzender Magiscatzin sahen in den Spaniern „Tehules" oder himmlische Geister; der junge Xicotencal jedoch, der Heerführer von Tlascala, wagte einen Angriff gegen sie und mußte eine blutige
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Niederlage erleiden. Nun bat der Rat von Tlascala um Frieden. So entstand die unwandelbare Freundschaft zwischen Tlascala und den Spaniern, die sich auf den Verlauf der Eroberung Mexikos äußerst günstig auswirkte, da die stolzen Republikaner unversöhnliche Feinde des aztekischen Reiches waren. Cortés setzte seinen Marsch in Richtung Mexiko fort. In Cholula, der heiligen Stadt der Azteken, mußte er mit äußerster Härte einen Aufstand gegen die Spanier unterdrücken. Eine alte Indianerin, die Marina aus dem bevorstehenden Blutbad retten wollte, hatte dieser den Anschlag verraten. Nach einer nun folgenden Zusammenkunft zwischen Cortés und Moctezuma fand der Einzug der Spanier in die zauberhaft schöne, von Kanälen und gepflegten Straßen umgebenen Hauptstadt Tenochtitlán statt. Die Azteken von Anahuac hielten Cortés und seine Gefolgschaft für Abgesandte des Gottes Quetzalcoatl. Nachdem sie sich jedoch überzeugt hatten, daß es sich um Menschen handelte, unternahm der mexikanische Führer Quaupopoca einen Angriff auf die in Veracruz zurückgebliebene spanische Besatzung. Da Cortés der Ansicht war, Moctezuma sei insgeheim an dieser Verschwörung beteiligt gewesen, hatte er die Kühnheit, den „Führer der Menschen" in seinem eigenen Palast vor den Augen seiner entsetzten Untergebenen gefangenzunehmen. Nun aber erwuchs eine neue große Gefahr für Cortés. Er erhielt die Nachricht, daß Pánfilo de Narváez, den Diego Velázquez von Kuba aus gegen ihn entsandt hatte, mit seinen Truppen in Mexiko gelandet sei. In höchster Eile verließ Cortés die Stadt, überraschte Narváez in einem Tempel und schlug ihn nieder. So wandelte sich das drohende Unglück für Cortés zum Glück, da die Gefolgschaft des Narváez von nun ab eine willkommene Verstärkung seiner eigenen Truppen bildete. Während der Abwesenheit des Cortés von Tenochtitlán hatte sein Hauptmann Pedro de Alvarado die große Unklugheit begangen, Verfolgungen •gegen die Indianer anzuordnen und ein Blutbad unter ihnen anzurichten. Als Cortés zurückkehrte, kannte die Wut der Azteken keine Grenzen mehr, und die Lage der Spanier in der Hauptstadt wurde unhaltbar, da Tausende von Indianern von allen Seiten herbeieilten, um die Fremden zu belagern. Moctezuma wurde abgesetzt. Als er von einem Dachgarten aus eine Rede an das Volk hielt, um seine Landsleute zu beruhigen, wurde er verwundet. Kurz darauf starb er an den Folgen dieser Wunde, da er sich geweigert hatte, sie behandeln zu lassen. In diesem kritischen Augenblick befahl Cortés den Rückzug, der ganz im geheimen während der Nacht erfolgen sollte. Als die Spanier jedoch durdi die Straßen zogen, wurden sie von den Indianern entdeckt, die mit gellenden Schreien herbeiströmten, um ihnen den Weg abzusdineiden. In dieser Nacht, die mit vollem Recht die „Traurige Nacht" genannt wird,
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kamen gegen 200 Spanier und über 1000 Einwohner von Tlascala ums Leben. Als sich bei der Musterung am folgenden Tage herausstellte, wie viele Leute fehlten, soll Cortés, wie erzählt wird, bittere Tränen vergossen haben. Kurz darauf fand die Schlacht im Otumibatal statt, bei der die übel zugerichteten Spanier, die zum Teil schwer verwundet aus Mexiko entkommen waren, einem Indianerheere von ungefähr vierzigtausend Mann gegenüberstanden. Cortés hatte gehört, daß der Verlust des Feldbanners auf die Indianer einen ungeheuren Einfluß ausübe. Als er daher sah, daß einer der Indianer das Banner schwenkte, bahnte er sich, gefolgt von einer Handvoll von Leuten, den Weg dorthin, und entriß dem Mann die Fahne. Das war das entscheidende Zeichen: die Indianer erklärten sich für besiegt. Die Spanier zogen sich zunächst nach Tlascala zurüdc und bauten Boote, um auf dem Wege über den See die Stadt Mexiko von neuem anzugreifen und zu belagern. Die Azteken verteidigten sich mit größter Hartnäckigkeit, kämpften um den Besitz jeder Straße und jedes Hauses und bewiesen einen beispiellosen Heldenmut. Als die Stadt sich dann endlich ergab, konnte die Eroberung Mexikos als beendet betrachtet werden. Man macht den Konquistadoren den Vorwurf, sie hätten Quatemoc oder Guatimozin, den letzten „Führer der Menschen", zusammen mit dem König von Tacuba gefoltert. Als der König darüber in Klagen ausgebrochen sei, habe der Aztekenführer ausgerufen: „Bin ich denn vielleicht auf Rosen gebettet?" D i e E r o b e r u n g P e r u s . Die ruhmreiche Eroberung Perus ist den gemeinsamen Bemühungen dreier beherzter Männer zu verdanken: Francisco Pizarro, Diego Almagro und Hernando Luque. Die beiden ersteren waren alte Soldaten, der dritte ein tapferer Priester, dem bei mehr als einer Gelegenheit die Aufgabe zufiel, seine jähzornigen und ehrgeizigen Gefährten wieder miteinander auszusöhnen. Pizarro war ein natürlicher Sohn des Gonzalo Pizarro, der als Feldhauptmann unter Gonzalo de Córdoba in Italien gekämpft hatte. Er war in Trujillo geboren, hatte in seiner Kindheit die Schweine gehütet und war später nach Westindien gegangen, wo er sich unter Ojeda, Balboa und Pedrarias auszeichnete. Der aus der Mancha stammende Diego Almagro war ein beredter, fröhlicher und wagemutiger Soldat; der Priester Luque kam aus Panama. Nachrichten über Peru hatte man zuerst durch eine Expedition erhalten, die der baskische Seemann Pascual de Andagoya unternommen hatte. Von da ab kamen ständig neue Berichte über den Reichtum jenes Landes. Der erste Zug Pizarros und Almagros dorthin brachte nur geringe Ergebnisse; bei ihrem zweiten Zug dagegen erfuhren die beiden schon Näheres über die Reiche der Inkas. Bei dieser Gelegenheit ereignete sich das bekannte Vorkommnis auf der Insel Gallo. Der Statthalter von Panama hatte zwei
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Schiffe entsandt, die alle Soldaten, die auf jener Insel den schlimmsten Strapazen ausgesetzt waren, aufnehmen und zurückbringen sollten. Als die Schiffe angelangt waren, zog Pizarro mit seinem Degen einen Strich von Osten nach Westen in den Sand und sagte, indem er nach Süden hinwies: „Kameraden und Freunde! Dies hier ist der Weg der Mühsal; wer ihn aber geht, der gelangt nach Peru und wird ein reicher Mann. Dahin aber — und damit wies er nach Norden — könnt ihr ruhig und sicher ziehen. Ihr kommt nach Panama, aber ihr werdet so arm sein wie bisher. Nun wählt!" Pizarro wählte den ersten Weg und mit ihm nur dreizehn Mann, die von nun ab „die ruhmreichen Dreizehn" genannt wurden. Sie gelangten auf ihrem Wege bis Tumbez. Dann kehrte Pizarro nach Panama zurück und ging von hier nach Spanien, wo er einen Vertrag mit der Krone schloß. In diesem Vertrag wurden dem Pizarro die Titel eines Gouverneurs, Generalkapitäns und Statthalters von Neukastilien zuerkannt. Almagro war aufgebracht darüber, daß für ihn so wenig übrig blieb, und sein Verhältnis zu Pizarro wurde noch mehr verschärft, als zwei Brüder des letzteren nach Panama kamen, von denen vor allem Hernando, der ein etwas hochmütiger Mensch war, sofort einen Zusammenstoß mit Almagro hatte. Francisco Pizarro machte sich dann mit zweihundert Mann auf den Weg, ohne eine Ahnung von dem Umfang des Eroberungszuges, der vor ihm lag, zu haben. Die Spanier landeten in einem Hafen, den sie auf den Namen San Mateo tauften und bald darauf entschloß sich Pizarro, ins Innere des Landes vorzudringen. Als die Spanier ins Inkareich kamen, war hier gerade ein dynastischer Streit ausgebrochen. Zwei Brüder, Atahualpa oder-Atabaliba, wie die spanischen Historiker ihn nennen, und Huascar, erhoben Ansprüche auf den Thron. Atahualpa konnte die Herrschaft an sich reißen, so daß die Spanier es nunmehr mit ihm zu tun bekamen. Um nach Caxamarca zu gelangen, wo der Inka seinen Wohnsitz hatte, mußten sie hohe Gebirge übersteigen und dabei äußerst vorsichtig vorgehen, da sie auf Schritt und Tritt einen Hinterhalt vermuten konnten. Nach der Ankunft in Caxamarca sandte Pizarro Boten zum Inka, der sich in der Nähe befand, und lud ihn zu einer Zusammenkunft ein. Atahualpa hatte nicht die entfernteste Idee von der Stoßkraft und Kriegstüchtigkeit der Spanier. So lächelte er nur zu den Berichten der Sendboten und hielt die Heldentaten, von denen sie erzählten, für reine Erfindung. Inmitten seiner Indianer fühlte er sich vollkommen sicher, so daß er voller Zuversicht zur Stadt kam. In den Quartieren der Spanier war alles für eine Überrumpelung vorbereitet: die Geschütze, Büchsen und Musketen waren geladen, die Pferde geschirrt. Der Inka erschien in Caxamarca in einer Sänfte, die von den sogenannten „Orejones", den Großen
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seines Reiches, getragen wurde. Pizarro trat heraus, um ihn willkommen zu heißen, mit ihm der Priester Vicente Valverde. Der letztere zeigte dem Inka eine Bibel und forderte ihn auf, zur christlichen Religion überzutreten. Atahualpa, der nicht verstand, wovon die Rede war, wies das Buch von sich. Das war der Augenblick, auf den man gewartet hatte: Pizarro gab das verabredete Zeichen, und sofort stürzten Reiter und Fußvolk auf den Platz, schlugen rücksichtslos die wehrlosen Indianer nieder und bemächtigten sich der Person des Inka. Pizarro rief aus: „Keiner darf diesen Indianer töten, es würde ihm selbst das Leben kosten!" Dieser Befehl wurde respektiert (1532). Atahualpa bot nun eine große Summe als Lösegeld an und reizte damit die Habgier der Spanier. Später aber wurde er wegen einer angeblichen Verschwörung zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Spanier beschuldigten ihn auch noch, daß er seinen Bruder Huascar getötet habe. Pizarro ging dann nach Cuzco, der Hauptstadt des Inkareiches, während Benalcäzar als sein Statthalter nach Quito, der wichtigsten Stadt der nördlichen Gebiete, zog. Da die Hauptstadt des Reiches sehr weit von der Küste entfernt lag, gründete Pizarro in einem Tal, das vom Rimac durchflössen wurde, eine neue Stadt mit Namen Ciudad de los Reyes, die jedoch später den Eingeborenennamen Lima erhielt. Kurz darauf hatten die Konquistadoren eine Erhebung des tapferen Inka Manco zu unterdrücken, der mit seinen Truppen heranzog, um Cuzco zu belagern und die Spanier in schwere Bedrängnis brachte. Sodann entbrannten Kämpfe zwischen den Anhängern Almagros und denen Pizarros, die den Tod des alten Marschalls Diego de Almagro zur Folge hatten, der auf dem Marktplatz von Cuzco hingerichtet wurde. Wenige Jahre darauf wurde der Marquis Francisco Pizarro von den Anhängern Almagros ermordet. Der Kaiser sandte nun als Statthalter den Lizenziaten Vaca de Castro, der Diego Almagro, den Sohn des Marschalls in der Schlacht bei Chupas besiegte. Der Heerführer auf der Seite der Kaiserlichen war der berühmte Freund Pizarros, Francisco de Carvajal, der unter dem Namen „Der Dämon der Anden" bekannt ist. Auf die Veröffentlichung der neuen Gesetze, die mit dem System der Landverteilung aufräumten, folgte ein Aufstand in Peru, an dessen Spitze Gonzalo Pizarro, ein jüngerer Bruder des ermordeten Marquis, stand. In der Schlacht bei Anaquito besiegten die Anhänger Pizarros den Vizekönig Blasco Nünez Vela, der hierbei ums Leben kam. Als nächster Abgesandter des Kaisers tauchte dann der Lizentiat Pedro de la Gasca auf, der allein durch sein kluges Verhalten der Sache des Kaisers zahlreiche Anhänger gewann und die Leute Pizarros in dem Treffen bei Sacsauana besiegte (1548). Gonzalo Pizarro und Carvajal mußten die Todesstrafe erleiden.
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A n d e r e E n t d e c k u n g e n u n d E r o b e r u n g e n . Eine der wagemutigsten, schwierigsten und folgenreichsten Entdeckungsfahrten war diejenige, die der Portugiese Hernando de Maigalhäes im Dienste Spaniens zur Erforschung der Meerenge zwischen den beiden Ozeanen durchführte und glücklich vollendete. Dieser kühne Seemann hatte einen Vertrag mit Karl V. abgeschlossen und stach daraufhin mit fünf Schiffen und 270 Mann Besatzung von Sevilla aus in See (1519). Er kam nach Rio Janeiro und lief dann den Hafen San Julián an. Nachdem er eine Erhebung der Eingeborenen unterdrückt und einen sehr harten Winter zu Lande ausgehalten hatte, fuhr er in die Meerenge ein, die von da ab (1520) den Namen ihres Entdeckers tragen sollte, und segelte von hier in dien Ozean, den Magalhäes den „Pazifischen Ozean" benannte. Der portugiesische Seefahrer entdeckte dann noch die Inselgruppe der „Ladrones" (Marianen) und die von San Lázaro (Philippinen) und kam sodann bei einem Kampf gegen die Eingeborenen auf dem Felseneiland Mactan ums Leben. Nun waren von der Expedition nur noch zwei Schiffe übrig. Die Besatzung des einen entschloß sich zunächst, die Rüdefahrt über den Stillen Ozean anzutreten, gab jedoch bald darauf diese Reise auf. Die „Victoria" dagegen durchsegelte den Indischen Ozean und gelangte mit einer Besatzung von einunddreißig Mann unter Führung des Steuermanns Juan Sebastián Elcano nach Sevilla. Ein wenig später entdeckte Alvaro de Saavedra das Land der Papuas oder Neuguinea (1537), und Ruy López de Villalobos erforschte die Karolinen, die Hawaiischen Inseln, Mindanao und die Insel Leyte, die er zu Ehren des Prinzen Philipp „die Philippinen" taufte. In Nordamerika entdeckte Grijalba in der Nähe von Südkalifornien die Insel Santo Tomé, Jiménez umsegelte die Küste von Jalisco und gelangte in die Bucht von Santa Cruz und Hernán Cortés selbst erforschte das Küstengebiet von Kalifornien. Alonso de Pineda gelangte zum Mississippi, Lucas Vázquez de Ayllon landete am Kap Fear, der Steuermann Estéban Gómez zog von Labrador bis zum Kap Cod und lernte dabei die Mündung des Connecticut, des Hudson und des Delaware kennen (1525) ; Pánfilo de Narváez erforschte den Golf von Mexiko bis Florida und Hernando de Soto machte sich einen Namen als tapferer Erforscher des Mississippi. Zur gleichen Zeit etwa gelangte Francisco Vázquez Coronado in den heutigen Staat Kansas, entdeckte Alarcón den Rio Colorado und erforschten und eroberten Gil González Dávila, Cristóbal de Olid und Pedro de Alvarado Mittelamerika. Alvarado ist außerdem der Eroberer Guatemalas. In Südamerika gründete Rodrigo de Bastidas Santa Marta, Pedro de Heredia drang von den Ufern des Magdalenenstroms ins Innere des Landes vor und Sebastián de Benalcázar gelangte ins Gebiet von Popayan. Drei
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Konquistadoren schienen sich auf der Hochebene von Bogotá, wo sich der Mittelpunkt des Reiches der Chibchastämme befand, verabredet zu haben, und zwar waren dies der schon erwähnte Benalcázar, der Deutsche Federmann, der aus Venezuela kam, und der aus Granada gebürtige Gonzalo Jiménez de Quesada (1536). Die spanische Regierung erkannte die Rechte Quesadas an, und dieser gründete die Stadt Santa Fe de Bogotá, die dann zur Hauptstadt Neugranadas wurde. Die Gebiete Venezuelas hatte Karl V. der reichen Augsburger Kaufmanns- und Bankiersfamilie der Welser überlassen. Diese ließen das Innere des Landes erforschen; als ihre Vertreter sich jedoch zu schlimmen Grausamkeiten hinreißen ließen, wurde der Vertrag von Spanien aus anulliert. Man gründete sodann die sogenannte „Gobernación de Venezuela", die der Audiencia von Santo Domingo unterstand. Gonzalo Pizarro hatte die Bezirke erforscht, die sidi in der Äquatorgegend östlich der Anden erstrecken und der aus Extremadura stammende Francisco Orellana entdeckte den Amazonenstrom und fuhr ihn bis zu seiner Mündung hinab (1541). Der Marschall Diego de Almagro hatte mit seinen Leuten einen Zug nach Chile unternommen, der jedoch unglücklich verlief. Mehrere Jahre später drang Pedro de Valdivia, der ebenfalls aus Extremadura kam, in das chilenische Gebiet ein, wo er harte Kämpfe mit den tapferen Araukanern zu bestehen hatte, und gründete die Stadt Santiago de Nueva Extremadura. In einem Kampf gegen die araukanisdien Eingeborenen, die über geistig hochwertige Führer wie Caupolicán und Lautaro verfügten, büßte er sein Leben ein. Don García Hurtado de Mendoza, ein Sohn des Vizekönigs von Peru, Marquis de Cañete, besiegte dann schließlich die Araukaner und unterwarf das Land. Die Gebiete um den La Plata erforschten der Soldat Alejo García, der Venezianer Sebastiano Cabotto (der in spanischen Diensten stand), der Steuermann Diego Garcia de Moguer und Don Pedro de Mendoza, der die Stadt „Villa de Nuestra Señora de Buenos Aires" oder „Santa Maria de Buen Aire" gründete (1536). Kurz darauf drangen Juan de Ayolas und Domingo Martínez de Irala in jene Gegenden vor, in denen sich in späteren Jahrhunderten die Republik Paraguay bilden sollte. Juan de Salazar gründete Asunción (1537), Rodríguez de Vergara legte den Grund zu der Stadt Ontiveros und der Kapitän Chaves wird als der Gründer der Stadt Santa Cruz de la Sierra in Bolivien angesehen. So hatten die Spanier des 16. Jahrhunderts, wie ein heutiger Schriftsteller sagt, fast das gesamte innere Gebiet Amerikas, vom Nordosten von Kansas bis nach Buenos Aires hin und vom Atlantischen bis zum Pazifischen Ozean entdeckt, erobert und zum Teil kolonisiert. Dieses ruhmreiche und gewaltige Werk hatte sie zu Herren der Hälfte der heutigen Vereinigten
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Staaten, Mexikos, Yucatans, Mittelamerikas, Kolumbiens, Venezuelas, Ekuadors, Boliviens, Paraguays, Perus, Chiles und noch weiterer ausgedehnter Gebiete gemacht, und das zu einer Zeit, da England kaum erst einige Hektar des westlichsten amerikanischen Küstenstreifens in Besitz genommen hatte. D i e l e t z t e n J a h r e d e r R e g i e r u n g s z e i t K a r l s V. Auf Franz I. von Frankreich war sein Sohn Heinrich II. gefolgt, der den ganzen Haß seines Vaters gegen das Haus Österreich geerbt hatte. Auf den Vorschlag seiner Ratgeber, der Guisen, hin verbündete er sich mit den protestantischen Fürsten Deutschlands, vor allem mit Moritz von Sachsen. Der Franzose erklärte sich zum Beschützer der deutschen Freiheit, und auf dem Schriftstück, auf dem das Abkommen aufgesetzt war, befand sich die Zeichnung einer phrygischen Mütze zwischen zwei Dolchen. Heinrich hielt sein Versprechen, und während Moritz in Tirol angriff, bemächtigte sich der (Franzose der Städte Metz, Toule und Verdun, die seit dieser Zeit die drei Bistümer genannt wurden (1552). Der Kaiser zog darauf mit einem gewaltigen Heer, das unter dem Befehl des Herzogs von Alba stand, vor Metz. Die Stadt verfügte jedoch über einen unerschrockenen Verteidiger in der Person des Herzogs Franz von Guise. Die Blüte des französischen Adels befand sich in den Mauern von Metz und war entschlossen, die Festung um jeden Preis zu verteidigen. Die kräftigen französischen Geschütze schlugen eine Bresche in den Ring des feindlichen Heeres, doch die Belagerer gingen wider Erwarten nicht zum Angriff vor. Metz hielt sich weiter, während ein harter Winter und schwere Seuchen das Heer der Kaiserlichen heimsuchten. Schließlich mußte Karl die Belagerung aufgeben, indem er erklärte: „Da sieht man, daß das Glück ein W e i b ist. Es zieht einen jungen König einem alten Kaiser vor!" (1553). Um sich zu rächen, zerstörte Karl V. die Städte Therouanne und Hesdin, worauf Heinrich II. wiederum Marienburg und Dinant plünderte und der kaiserlichen Reiterei bei Renty eine schwere Niederlage beibrachte (1554). Inzwischen kämpfte der Herzog von Alba in Piemont gegen Brissac. Schließlich war der Kaiser des ewigen Krieges müde geworden und schloß mit dem Franzosen den Waffenstillstand von Vaucelles (1556). D i e A b d a n k u n g . Die Last so vieler Kronen und die damit verbundene schwere Verantwortung hatte den Kaiser niedergedrückt. Er sehnte sich danach, einmal von all den Mühen und Sorgen seines bewegten Lebens auszuruhen und ging nun daran, eins seiner Reiche nach dem anderen abzustoßen. Anläßlich der zweiten Vermählung seines Sohnes trat er diesem Neapel und das Herzogtum Mailand ab. Im Jahre 1555 verzichtete er auf die Würde eines Großmeisters des Ordens vom Goldenen Vließ und drei Tage später dankte er zugunsten Philipps als Herrscher der Niederlande ab.
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1556 legte er die Kronen Kastiliens und Westindiens nieder, erklärte gleichzeitig in einem anderen Dokument seinen Verzicht auf die Kronen von Aragón, Valencia, Sardinien, Mallorca und Barcelona und gab schließlich; in einer dritten Urkunde seine Abdankung vom sizilianisdien Thron bekannt. Die ungeheure Last der Kaiserwürde war die letzte, deren Karl sich entledigte. Er war der Ansicht, daß sein Sohn nicht zum Kaiser geschaffen war. So wurde denn auf dem Reichstag von Frankfurt im Jahre 1558 König Ferdinand, der Bruder Karls, als deutscher Kaiser bestätigt. Er war der Liebling seines Großvaters Ferdinand des Katholischen gewesen und in. Spanien erzogen worden. Das Schicksal bestimmte ihn zur Leitung der Regierungsgeschäfte im fernen Deutschland, während seine Liebe der spanischen Heimat gehörte und er sich gewünscht hätte, hier sein ganzes Leben verbringen zu können. Nun unternahm der Kaiser seine letzte Reise von Flandern nach Spanien. Er ging in Laredo an Land und gelangte in kleinen Tagereisen zum Hieronymitenkloster San Yuste in Extremadura, um in diesem weltfernen Winkel den Glanz und die Größe seines Kaisertums zu begraben. Hier gedachte der mächtigste Herrscher der Welt bis zu seinem Tode ein einfaches, stilles Leben zu führen, genau wie die Mönche, die mit ihm das Kloster bewohnten. Solange er jedoch lebte, verlor er nie das Interesse an den politischen Fragen, die die Welt bewegten; zu viele dieser Probleme waren von ihm selbst aufgerollt, zu viele Unternehmungen auf seine eigene Anregung hin oder wenigstens mit seinem Wissen und Wollen in die Wege geleitet worden, als daß er seine Gedanken jetzt von diesen Dingen ganz hätte freimachen können. So kam es, daß Karl V. von jenem kleinen Flecken in der Extremadura aus immer noch die Geschicke der Welt lenkte und daß mehr als ein Entschluß seines Sohnes auf den Rat dieses erfahrenen Politikers zurückzuführen war, der all die verworrenen Zusammenhänge der Weltpolitik von Grund auf kannte, da die Verantwortung dafür ja so viele Jahre hindurch auf ihm gelastet und er sich ihrer stets mit dem größten Geschick entledigt hatte. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er mit einfachen Unterhaltungen und Zeitvertreiben, widmete sich seiner Uhrenliebhaberei und freute sich an der Gegenwart des Prinzen Juan de Austria. Eine Überlieferung erzählt, daß es sein letzter Wunsch gewesen sei, seinem eigenen Leichenbegräbnis beizuwohnen, doch bestehen noch Zweifel über die Wahrheit dieser Behauptung, da gerade der letzte Lebensabschnitt des Kaisers noch nicht in jeder Hinsicht erforscht ist. Er starb im christlichen Glauben im Jahre 1558. Karl V. hatte drei legitime Kinder: den Thronerben Philipp, Maria, die spätere Kaiserin von Deutschland, und Johanna, die Mutter des Königs
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Sebastian von Portugal. Daneben existierten noch zwei natürliche Kinder, die zu geschichtlicher Berühmtheit kommen sollten. Das älteste dieser Kinder war Margarete von Parma. Die Mutter Margaretes entstammte der angesehenen Familie van der Genst in Oudenarde. Aius politischen Gründen wurde sie mit dem ausschweifenden Alexander von Medici, einem Neffen des Papstes Clemens VII., verheiratet. Als Alexander dann ermordet wurde, vermählte sie sich mit Octavio Farnese, einem Enkel des Papstes Paul III. Der Sohn aus dieser zweiten Ehe war der berühmte Alessandro Farnese. Ein anderes natürliches Kind Karls V. war Don Juan de Austria, ein Sohn Barbara Blombergs, einer Wäscherin aus Regensburg. Von Kindheit an hatte Karl eine unerschütterliche Ruhe und Geistesgegenwart gezeigt. Sein Interesse galt vor allem der Politik und dem Heer. Seine Haltung gegenüber den Protestanten und die Tatsache, daß er nachzugeben verstand, wo eine unerbittliche Strenge nicht am Platze war und dafür lieber einen Augenblick abwartete, wo er selber stark und der Gegner geschwächt war, beweisen seine Klugheit und Erfahrenheit, die ihn befähigten, alle Intrigen zu durchschauen und sich ihnen gegenüber durchzusetzen. Selbst seine erbittertsten Feinde mußten die Größe seines Wesens und die angeborene Majestät anerkennen, die ihn wie einen Adler über der kleinlichen Diplomatie all der Renaissancefürsten schweben ließ, die zwar geschmeidig und elegant war, doch neben den großangelegten Plänen des Kaisers nicht bestehen konnte. Den Beinamen „der Große" verdiente Karl mit dem gleichen Recht wie sein Namensvetter, der Gründer des westlichen Imperiums, denn auch er war ein Verkörperer der Kaiseridee in ihrer ganzen Großartigkeit. Der gewaltige Geist wohnte in einem kleinen Körper: der Kaiser war nur von mittlerer Größe, hatte eine hohe Stirn, lebendige Augen, einen blonden Bart und den stark hervorspringenden Unterkiefer, der ein charakteristisches Merkmal der Mitglieder des österreichischen Herrscherhauses ist und den er von seinem Urgroßvater Karl dem Kühnen geerbt hatte. Er war ein ausgezeichneter Reiter, behend und kräftig, und wohlgeübt in jedem Sport seiner Zeit. In seinem Wesen zeigte er eine seltene Mischung von Sinnlichkeit und Asketentum: auf eine Zeit heftigster weltlicher Ausschweifungen folgten oft Tage strengster Bußübung oder beschwerliche und entsagungsvolle Kriegszüge. Da er selbst über eine ungewöhnliche Geistesschärfe verfügte, wußte er die besonderen Vorzüge seiner Untertanen in den verschiedenen Reichen wohl zu schätzen. So pflegte er zu sagen: „Ein gutes Heer muß einen italienischen Kopf, ein deutsches Herz und eine spanische Faust haben." Seine Begeisterung für militärische Operationen war so groß, daß er niemals zögerte, eine Angelegenheit mit den Waffen zu entscheiden, wenn die Umstände nur einigermaßen günstig lagen. Seine unbedingte Zuständigkeit
Karl I. (1517—1556)
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in Regierungsangelegenheiten war so außergewöhnlich und sein Urteil so sicher, daß er auch die klügsten und erfahrensten Ratgeber immer wieder in Erstaunen setzte. Er strebte nicht, wie man behauptet hat, nach der Weltherrschaft, dagegen war er eifrigst bemüht, sich den Besitz all seiner vielen Staaten zu erhalten und die Macht der Türken zu brechen, die er vom Boden Europas vertreiben wollte. Die Kriege mit Frankreidi hinderten ihn jedoch daran, diesen Plan auch nur näher zu entwerfen. Im Gegensatz zu allem, was man hierüber geschrieben haben mag, war Karl V. als er starb, mit ganzem Herzen ein Spanier. Dieses Land, das ihn zu Beginn seiner Regierungszeit nur mit Mißtrauen aufgenommen hatte, gewann sich in immer höherem Maße die Liebe des Monarchen, denn keines unterstützte ihn mit solcher Begeisterung in all seinen ruhmvollen Unternehmungen und in seinen kriegerischen Verteidigungsplänen gegen die Türken und gegen Frankreidi. Die Kriegs- und Eroberungszüge Karls in den fernsten Ländern kosteten Spanien Ströme von Blut und unermeßliche Summen. So gewann sich diese ruhmreiche Nation, deren Namen man nun an allen Grenzen des Erdballs mit Ehrfurcht nannte, ihren Anspruch auf Unsterblichkeit. P o r t u g a l . Auf Manuel den Glücklichen folgte Johann III., in dessen lange Regierungszeit verschiedene wichtige Ereignisse auf dem Gebiet der Kolonialpolitik fallen. Dieser König führte die Inquisition in seinen Staaten ein. Unter ihm kam auch der Jesuitenorden nach Portugal, der unter seine berühmtesten Mitglieder den Spanier San Francisco Javier, den Pater Simon Rodriguez de Acevedo, den Pater Manuel Nobrega, den Pater José de Anchieta und den Pater Juan de Azpilcueta zählt. Zu dieser Zeit wurde Brasilien kolonisiert. In Westindien machten sich Antonio da Silviera, Joäo de Mascarenhas und Joäo de Castro einen Namen. In China gründeten die Portugiesen die Stadt Macao. In Afrika mußte Portugal verschiedene Stellungen räumen und behielt nur Cèuta, Tanger und Masagan. Johann III., der keineswegs über eine hervorragende Intelligenz verfügte, war von dem festen Willen 'beseelt, zum Besten seines Volkes zu wirken und förderte nach Kräften die Kolonisation in Brasilien. Eine wichtige Maßnahme auf kulturellem Gebiet ist die Verlegung der Universität von Lissabon nach Coimbra.
Ballesteros, Spanien
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PHILIPP II. D i e V o r g e s c h i c h t e s e i n e r R e g i e r u n g s z e i t . Philipp war in Valladolid geboren. Die festlichen Veranstaltungen bei der Geburt des Prinzen wurden jäh unterbrochen durch die Nachricht von der Plünderung Roms und der Gefangennahme des Papstes. Er fühlte sich als Spanier, wie er selbst vor den Cortes von Toledo mit folgenden Worten zum Ausdruck brachte: „Die Liebe, die ich stets diesen Ländern, dem Haupt aller meiner Reiche, gegenüber gehegt habe, diesen Ländern, in denen ich geboren und erzogen wurde und in denen ich noch zu Lebzeiten des Kaisers meine Regierungstätigkeit begann . . . Euch allen gilt meine Liebe und Achtung in erster Linie." Philipps Erzieher war Juan Martin Siliceo. Von seiner frühesten Jugend an zeigte der Erbe Karls V. eine große Neigung zu den Wissenschaften, vor allem zur Mathematik, und legte Beweise für eine geradezu einzigartige Gedächtniskraft ab. Seine Jugendjahre verlebte er in einer portugiesischen Umgebung an der Seite der großen Kaiserin Isabella. Er sprach fließend portugiesisch, die Sprache seiner Mutter, und aus dieser Tatsache erklärt sich auch seine spätere Vorliebe für alles Portugiesische. Im Jahre 1543, während eines der Kriege gegen Frankreich, vertraute sein Vater ihm die Regierung des Reiches an. Er kam dieser Aufgabe mit einem Verständnis und einer Reife des Urteils nach, die in seltsamem Gegensatz zu seiner Jugend standen. In erster Ehe war er mit seiner Base Maria von Portugal verheiratet, die ihm den Prinzen Don Carlos schenkte. Als Maria dann gestorben war, wünschte sein Vater für ihn eine Heirat, die seinen großen politischen Plänen entsprach und Philipp zwingen würde, seine natürlichen Neigungen der Statsraison zu opfern. Philipp beugte sich den Wünschen seines Vaters und vermählte sich mit Maria Tudor, der Königin von England und Tochter Heinrichs VIII. und Katharinas von Aragon. Die Frau, die man für ihn auserwählt hatte, war 39 Jahre alt und besaß weder die Reize der Jugend noch die der Schönheit; Philipp gegenüber zeigte Maria Tudor, die eigentlich seine Tante war, sich als sehr liebevolle Gemahlin. Als der spanische Kronprinz nach England kam, mußte er seine Aufgabe darin sehen, sich den Engländern gegenüber freundlich zu verhalten und sich so wenig wie möglich um die inneren Angelegenheiten Großbritanniens zu bekümmern. Die unbezähmbare Abneigung der Angelsachsen gegen den ausländischen Fürsten ließ sidi jedoch auch durdi die größte Liebenswürdigkeit und das korekteste Verhalten Philipps nicht überwinden. Karl V. hatte
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vorausgesehen, daß aus dieser Verbindung die unheilvollsten politischen Folgen für Frankreich erwachsen würden. Der Kaiser folgte hier dem Weg, den schon die Katholischen Könige eingeschlagen hatten, und erntete die Früchte jener antifranzösischen Politik, die Ferdinand V. eingeleitet hatte. Im Jahre 1556 bestieg der dritte Herrscher aus dem Hause Österreich den spanischen Thron. Die unermeßlichen Reiche Karls von Gent befanden sich jetzt zwar nicht mehr in einer Hand, doch was an Ausdehnung verloren war, war an innerem Zusammenhalt gewonnen. Abgesehen hiervon bot die Kaiserwürde für sich allein schon so schwierige und dornige Probleme, daß sie die ständige Aufmerksamkeit und das politische Talent eines so ruhigen und sicheren Herrschers, wie Kaiser Ferdinand es war, voll und ganz beanspruchte. Und schließlich war Philipp auch nicht der Mensch, der geeignet gewesen wäre, die Geschicke des damaligen Deutschland zu lenken. Das hatte Karl V. mit der ihm eigenen klaren Einsicht richtig erfaßt. So erbte Philipp die spanischen Staaten Kastilien, Aragon, Navarra. Valencia und Katalonien, dazu die Mittelmeerinseln Sizilien, Sardinien und die Balearen; auf dem europäischen Festland die Grafschaft Roussillon, die Freigrafschaft Burgund, die Niederlande, Mailand und das Königreidi Neapel, die afrikanischen Gebiete Oran, Bugia und Tunis, die marokkanischen Besitzungen und die Kanarischen Inseln; in Amerika Mexiko, Zentralamerika, die Antillen, Neugranada, Venezuela, Peru, Chile, die Gebiete am La Plata und Paraguay; im Stillen Ozean die Philippinen, einen Teil der Molukken und noch verschiedene andere Inseln. Von diesen vielen Reichen, deren jedes für sich schon das Erbe eines Fürsten ausgemacht hätte, waren einige "bereits durch die Katholischen Könige erworben worden, während andere den Eroberungen Karls V. zu verdanken waren. Das Herzogtum Mailand, das schon von altersher als Lehnsgut des Imperiums betrachtet wurde, war jetzt, nachdem die Bestrebungen Frankreichs gescheitert waren, endgültig ein Teil des spanischen Kronbesitzes geworden und sollte von nun ab mit dem spanischen Zweig des Hauses Österreich verbunden bleiben, bis die männliche Linie aussterben würde. Tunis dagegen, das Karl V. erobert hatte, verknüpfte nur für kurze Zeit seine Geschicke mit denen Spaniens. Die riesigen amerikanischen Gebiete, die eine Beute der spanischen Konquistadoren geworden waren, bedeuteten einen reichen Zuwachs für den großen spanischen Staat. D i e K ä m p f e g e g e n d e n P a p s t u n d F r a n k r e i c h . Karl V , vermachte seinem Sohn einen Krieg; denn im gleichen Jahr, in dem der Waffenstillstand von Vaucelles abgeschlossen war, wurde er von den Vertragspartnern gebrochen. Frankreich zitterte vor der Verbindung von England und Spanien, und am französischen Hof verbreitete sich wie eine furchtbare Drohung die Kunde, daß, wenn der Maria Tudor und Philipp II. ein Sohn 18*
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geboren würde, dieser England und die Niederlande als Erbteil erhielte. Mit Schrecken dachten die französischen Staatsmänner daran, daß Antwerpen und London in einer Hand vereinigt, die Themse und die Scheide den gleichen Gesetzen unterworfen sein und die Nordsee auf diese Weise ein englisches Meer werden könnte. Papst Paul IV., der ein Feind der Spanier war und sie aus Mailand und Neapel zu vertreiben wünschte, verbündete sich mit Heinrich II. von Frankreich. Das Königreich Neapel wurde jedodi von einem so erfahrenen Feldherrn wie dem Herzog von Alba verteidigt. Die Spanier drangen ins Gebiet des Pontifikats ein, besetzten Ostia und verschiedene andere Grenzstädte und sperrten Rom von der Außenwelt ab. Paul IV. mußte um einen Waffenstillstand einkommen. Kurz darauf traf der Herzog von Guise mit einem Heere zur Verstärkung ein und wurde vom Papst im Triumph empfangen. Der französische Feldherr verlegte nun den Kriegsschauplatz ins Gebiet des Königreichs Neapel und war ständig bemüht, das spanische Heer zu zwingen, sidi zur Schlacht zu stellen. Der Herzog von Alba jedoch hatte die kluge Taktik, ein entscheidendes Treffen zu vermeiden und belästigte den Gegner statt dessen ununterbrochen, so daß diesem einem so wendigen Feinde gegenüber, der es darauf anlegte, ihn zu ermüden und zu demoralisieren, ohne sich dabei selbst auf die Gefahr eines offenen Kampfes einzulassen, überhaupt keine Ruhepause vergönnt war. In seiner Verzweiflung unternahm der Herzog von Guise schließlich den Versuch, sich der Stadt Civitella del Tronto zu bemächtigen, dodi auch diese Unternehmung schlug fehl. Als sein König ihn nun zurückberief, mußte er das Gebiet des Königreichs Neapel räumen. So hatte der Herzog von Alba den Franzosen beinahe kampflos geschlagen und damit nach seinem Lieblingssatz gehandelt, daß „ein großer Feldherr sich niemals an eine wichtige Unternehmung heranwagen darf, wenn er nicht sicher ist, bedeutende Vorteile dabei zu erringen oder aber dazu gezwungen ist". Hatten die Spanier sich in Italien auf die Verteidigung beschränkt, so gingen sie dagegen auf französischem Boden zum Angriff über. Philipp II. war nach England gegangen, um die Hilfe Marias gegen Frankreich zu erbitten. Daraufhin erschienen 10000 Engländer unter dem Befehl Lord Pembrokes in Frankreich, um hier Seite an Seite mit den Spaniern zum Kampf anzutreten. Emanuel Philibert, der Herzog von Savoyen, den Frankreich seines Thrones beraubt hatte, führte das Heer der Verbündeten an. Philipp II. hielt sich in Brüssel auf, während seine Truppen über die Somme vorrückten und die Festung Saint Quentin belagerten, die der Admiral Coligny mit größtem Heldenmut verteidigte. Andelot, dem Bruder Colignys, gelang es, mit Verstärkungstruppen in die Stadt zu gelangen und so den Widerstand zu verlängern, während Montmorency mit seinem Hilfsheere heranrückte.
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Der letztere beging indessen die Unklugheit, mit dem Heere Phihberts in Berührung zu kommen. Dieser griff nun an, und der Franzose sah sidb gezwungen, den Kampf unter den ungünstigsten Bedingungen anzunehmen. Montmorency ging von der Verteidigung zum Angriff über, ohne seinen Rückzug gedeckt zu haben. Im gleichen Augenblick aber unternahm der Graf Egmont mit seiner Reiterei einen Flankenangriff gegen den Franzosen, der dadurch eine furchtbare Niederlage erlitt. Zehntausend Franzosen fielen in dieser Schlacht, und die Blüte des französischen Adels wurde verwundet oder gefangengenommen. Audi der Heerführer der Franzosen befand sich unter den Gefangenen und mit ihm der Herzog von Longueville, der Marschall von Saint-Andrée und der Herzog von Montpensier (10. August 1557). „Ist mein Sohn, der König, in Paris?", so lautete die erste Frage Karls V., als er in San Yuste die Nachricht von dem großartigen Siege erhielt. Es wird behauptet, Emanuel Philibert habe Philipp II., der von Brüssel aus herbeigeeilt war, vorgeschlagen, er solle ihn gegen Paris vorrücken lassen. Der König jedoch, der daran dachte, wie sein Vater einst „bei seinem Einzug in Frankreich Truthähne geschmaust hatte, bei seinem Auszug aus dem Lande sich jedoch von Wurzeln nähren mußte", konnte sich nicht entschließen, den Marsch gegen die Hauptstadt Frankreichs fortzusetzen. Seine Entscheidung war durchaus nicht töricht und weder auf eine Regung der Furcht noch auf eine etwaige militärische Unerfahrenheit des Königs zurückzuführen, denn Frankreich verfügte in der T a t noch über große Reserven zu seiner Ver teidigung, während Spanien in finanzieller Hinsicht so schlecht gestellt war, daß es seine deutschen Söldner nicht pünktlich auszahlen konnte, die dann häufig zu den Franzosen überliefen. Es wäre ein strategischer Irrtum gewesen, sich unter diesen Bedingungen auf ein tolles Abenteuer einzulassen und dabei wichtige militärische Plätze im Rücken in der Hand des Feindes zu belassen. So begnügte sich Philipp damit, Saint Quentin zu nehmen, wo Coligny immer noch verzweifelten Widerstand leistete, um Frankreich zu retten. Außerdem besetzten die Spanier die befestigten Städte Ham undCatelet. Der Herzog von Guise, der sofort aus Italien zurückkehrte, unternahm einen überraschenden Angriff auf die Stadt Calais und eroberte sie. Die Sdiuld an dem Verlust dieser Stadt trugen in erster Linie die Engländer, die hier nur eine schwache Verteidigungstruppe eingesetzt hatten und eine spanische Besatzung, die Philipp II. ihnen angeboten hatte, zurückwiesen. In der Folge fielen noch mehrere flämische Städte in die Hand der Franzosen. Der Vormarsch des alten Marschalls von Termes endete jedoch in Gravelingen, wo die Reiterei des Grafen Egmont ihn zwang, sich zur Schlacht zu stellen. Trotz der schweren Artillerie, über die die Franzosen verfügten, operierte das spanische Heer so geschickt, daß es den Gegner in die Knie zwingen konnte und die Schlacht gewann. Zu diesem Erfolg hatten vor allem
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die spanischen Büdisenschützen beigetragen, die sich eines Geschützes bemächtigen konnten, das die linke Flanke des Feindes decken sollte. Den Ausschlag gab dann die englische Schiffsartillerie, die die französische Nachhut mit ihrem Feuer belegte und vernichtete (1558). Zur Erinnerung an den Sieg von Saint Quentin ließ Philipp II. den Eskorial, eines der großen Weltwunder auf dem Gebiet .der Baukunst, errichten. Am Sankt-Lorenz-Tag hatte er die Schlacht gewonnen, und diesem spanischen Märtyrer wurde auch das Kloster geweiht. Die Folge der spanischen Siege war der Frieden von Cateau-Cambresis (1559), dessen Bedingungen für Spanien außerordentlich günstig lauteten. Zwar erhielt Frankreich die vom Feinde eroberten Städte zurüdc, doch war dies wenig im Vergleich zu den 189 Städten, die Spanien dafür in Italien und in den Niederlanden zurückgewann. Der Erfolg war so ungeheuer, daß der Herzog von Guise sagte: „Herr, Ihr gebt an einem einzigen Tage soviel hin, wie man Euch in dreißig ungünstigen Jahren nicht wegnehmen könnte." Der Verbündete Spaniens, der Herzog von Savoyen, erhielt alle seine früheren Besitztümer zurüdc. Außerdem wurde eine Heirat zwischen Philipp II. und Elisabeth, der Tochter Heinrichs II. und Katharinas von Medici, vereinbart. Auch hinsichtlich dieser Eheschließung befolgte der spanische König den Rat seines Vaters. Heinrich II. war über die Verbindung so erfreut, daß er zum Herzog von Alba sagte, er wolle „der Katholischen Majestät ein wahrer Vater sein und zur Hochzeit nach Spanien kommen". Durch einen unglücklichen Zufall büßte der französische König jedoch bei einem Turnier, das aus Anlaß der Hochzeit seiner Tochter veranstaltet wurde, sein Leben ein. Die Prinzessin kam nach Spanien, wo sie als Königin herrschen sollte, und wurde Elisabeth „die Friedensbringerin" genannt. Sie schenkte dem König zwei Töchter: Katharina Micaela und die später berühmt gewordene Isabella Klara Eugenie. D i e M o r i s k e n . Die Abkömmlinge der Mauren von Granada hatten zum größten Teil die Sprache, die Religion und die Sitten ihrer Väter beibehalten. Auf die zahlreichen Klagen und Beschwerden hierüber wurden Verordnungen erlassen, deren einige eine fast wörtliche Wiederholung der Verfügungen Karls V. darstellten. Da der Kaiser seinerzeit dringend Geld benötigte, hatte er seine strengen Maßregeln gegenüber den Mauren etwas gemildert, so daß diese sich gegen große Summen ein unbehelligtes Dasein erkaufen konnten. Philipp dagegen war nicht der Mensch, der sich bestechen ließ, wenn er einmal einen Entschluß gefaßt hatte. Da er ein energisches Vorgehen für unbedingt nötig erachtete, ordnete er unbedenklich die Veröffentlichung und Durchführung seiner Verordnungen an. Diese richteten sich natürlicherweise vor allem gegen den geheimen Kult des Islams und enthielten weiterhin klare Verbote der Beibehaltung maurischer Kleidung
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und maurischer Sitten. Vergebens wendeten die Morisken sich mit ihren Bitten an den König; er zeigte sich unbeugsam. Daraufhin ernannten die Entschlossensten unter den Mauren Fernando de Valor, der als ein Nachkomme der Umaijaden von Córdoba galt, zu ihrem Führer. Dieser ließ sidi zum König ausrufen und nahm den Namen Ibn Umaija an. Die ersten Zusammenstöße wurden auf spanischer Seite durch den Marquis von Mondejar im Gebirge von Granada und den Marquis de los Velez auf dem Gebiet von Almeria in der Nähe der Grenze gegen Murcia geleitet. Da sidi zwischen diesen beiden berühmten Heerführern verschiedene Eifersüchteleien ergaben, zogen sich die Kampfhandlungen hin, und die Morisken, die sich im Alpujarragebirge verschanzt hatten, gewannen neuen Mut. Nach einer anfänglichen Niederlage konnten sie einige Erfolge verzeichnen; außerdem setzten sie sidi mit ihren Rassegenossen in der Berberei in Verbindung und erhielten von dort Verstärkungen und Zuschüsse. Philipp, der entschlossen war, diesem Krieg nunmehr ein Ende zu machen, ernannte seinen Halbbruder, den jungen Juan de Austria, der zu den größten Hoffnungen berechtigte, zu seinem Oberbefehlshaber. Um die militärische Unerfahrenheit Prinz Juans auszugleichen, hatte der König bestimmt, daß ihm ein Rat zur Seite gestellt werde. Doch erwies sich diese Maßnahme nur als ungünstig, da der Fortgang der Ereignisse dadurch verzögert wurde. Um mit all der Verschleppungstaktik aufzuräumen, erbat Juan de Austria von seinem Bruder die Erlaubnis, ohne vorherige Befragung des Rates zur Schlacht zu schreiten. So begann der Kampf in den schroffen Alpujarrabergen. „König" Ibn Umaija wurde durch einen seiner Leute namens Ibn Abo, der sich Muley Abdallah Ibn Aboo, König der Andalusier, nannte, ermordet. Als die Kämpfe sich immer erbitterter gestalteten, wurde audi Ibn Abo ermordet, und das moriskische Heer ergab sich dem Sieger auf Gnade und Ungnade (1571). D i e K r i e g e g e g e n d i e M u s l i m . Eins der Probleme, das das gesamte 16. Jahrhundert erfüllt, ist der Machtkampf zwischen Spanien und der Türkei. Die erstere Nation besaß die Vorherrschaft im Westen, die letztere im Osten. Zwischen den beiden Gegnern lag das tunesische Gebiet, das somit der gegebene Kampfplatz war. Um den Küstenstreifen von Bizerta bis Tripolitanien tobte bereits der Streit, und auch die Insel Djerba war trotz ihrer geringen Bedeutung mit in den Kampf hineingezogen worden. Viermal hatten die Spanier hier bereits einen vergeblichen Angriff versucht. Das erstemal hatte zur Zeit der Katholischen Könige Pedro Navarro hier angegriffen, und Garcia de Toledo, der Vater des Herzogs von Alba, hatte dabei den T o d gefunden. Den zweiten Angriff hatte Hugo de Moneada geleitet, den dritten Andrea Doria. Zur Regierungszeit Philipps schließlich wurden diese
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Gebiete, deren sich der Herzog von Medicaneli bemächtigt hatte, durch das türkische Geschwader Pialys gestürmt und den Christen trotz der heldenmütigen Verteidigung durch Alvaro de Sande wieder entrissen. Der Kampf gegen den Türken war unausbleiblich. Seine politische Notwendigkeit ergab sich schon aus der Tatsache, daß die spanischen Gebiete in Afrika, ebenso wie die Küsten Italiens, Spaniens, der Berberei und die Balearen gesichert werden mußten. Daneben fiel auch der religiöse Faktor ins Gewicht. Die Verbindung der Bevölkerung von Algier mit den spanischen Morisken bedeutete eine ständige Gefahr, und Philipp II. stellte die Forderung auf, daß das Mittelmeer, oder wenigstens seine Westküsten, zugleich lateinisch und christlich zu sein hätten. Als Schildträger der Christenheit sandte der spanische König den Rittern von Malta, die von den muslimischen Streitkräften des Kapadan Pascha Pialy bedroht wurden, spanische Hilfstruppen unter dem Befehl Garcia de Toledos, worauf die Türken sich zurückzogen (1565). Bemerkenswert ist hierbei das heldenmütige Verhalten des Großmeisters Jean de Lavalette. Eine spanische Flotte verteidigte Mers el Kebir gegen die Angriffe Husseins, des Königs von Algier. Später eroberten die Spanier den Felsen von Gomera zurück, der während der Regierungszeit Karls V. verlorengegangen war. Selim II., der auf Sultan Soliman gefolgt war, faßte den Entschluß, sich der Insel Cypern zu bemächtigen, die im Besitz der Republik Venedig war. Nun bildete sich durch Vermittlung des Papstes Pius V. die sogenannte „Heilige Liga", der Venedig, das Pontifikat, Genua und Spanien beitraten. König Philipp ernannte Juan de Austria zum Oberbefehlshaber, und dieser schiffte sich in Vinaroz ein und ging nach Genua und von dort nach Neapel, wo er das Feldbanner der Liga in Empfang nahm. Das Geschwader der Verbündeten sammelte sich in Messina, begab sich von hier aus ins östliche Mittelmeer und lief zuerst Korfu und dann Kephalonien an. Dort erhielten die Verbündeten die Nachricht von der Einnahme Famagustas durch die Türken. In einem Kriegsrat faßte man den Entschluß, auszulaufen, um gegen die türkische Flotte zum Kampf anzutreten. Nach kurzer Fahrt schon traf man das feindliche Geschwader im Golf von Lepanto auf der Höhe der Curzolari-Inseln. Die Flotte der Liga setzte sich aus siebzig spanischen Schiffen, neun Schiffen aus Malta, zwölf Galeeren des Papstes und einhundertvierzig venezianischen Schiffen zusammen. Den linken Flügel übernahmen die venezianischen Galeeren, in der Mitte segelten die Spanier und rechts die Genuesen Die Schiffe, die zur Reserve bestimmt waren, standen unter dem Befehl Juan de Cardonas und des Marquis von Santa Cruz (7. Oktober 1571). Der Zusammenstoß mit der türkischen Flotte Ali Paschas war furchtbar. Während der rechte und der linke Flügel dem Ansturm der Türken weichen
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mußten, konnte das Zentrum unter dem Befehl Juan de Austrias und mit Hilfe der Verstärkung durch den Marquis von Santa Cruz Erfolge erzielen. Ali Pascha wurde durch einen Schuß in die Stirn tödlich verwundet und das Zentrum der türkisdien Flotte vollkommen vernichtet, so daß Juan de Austria nun auch den bedrohten Flügeln zu Hilfe eilen und den Sieg vervollständigen konnte. In dieser Schlacht bei Lepanto zeichnete sich besonders ein Neffe des Generalissimus, Alessandro Farnese, aus, und auch ein Mann, der einen unsterblichen Namen trug, Miguel de Cervantes Saavedra, kämpfte hier tapfer als einfacher Soldat und Besatzungsmitglied auf dem Schiffe Giovanni Andrea Dorias. Cervantes, der im Verlaufe des Kampfes einen Arm einbüßte, nennt diesen Tag später in seinen Werken „den größten Tag, den die Jahrhunderte sahen". Die Freude der gesamten katholischen Welt war unbeschreiblich. Pius V. begrüßte die Nachricht von dem Siege mit den Worten des Evangeliums: „Fuit homo misus a Deo cui nomen erat Johannes." Philipp II. verrichtete am Allerheiligentage mit unbewegter Miene sein Abendgebet im Eskorial. Als er jedoch das Gebet beendet hatte, befahl er dem Prior, zum Zeichen des Dankes ein T e Deum anstimmen zu lassen. Die Folgen der Schlacht entsprachen jedoch nicht den Erwartungen, die der großartige Sieg zunächst erweckt hatte. Venedig ging ein Bündnis mit den Türken ein, und die Untätigkeit der Christen brachte es mit sich, daß der Tag von Lepanto keine weiteren Ergebnisse zeitigte. Das einzige, was man erreicht hatte, war, daß trotz aller Prahlereien der Türken die Herrschaft des Halbmondes im Mittelmeer nunmehr ein Ende gefunden hatte. Damit aber war schon manches gewonnen. Von nun an konnten die Schiffe der Seeräuber, die unter türkischer Flagge segelten, nie mehr mit solcher Dreistigkeit im westlichen Mittelmeer auftauchen wie zu den Zeiten des gefürchteten Barbarossa. Kurz nach der Schlacht konnte Juan de Austria sich noch der Plätze Tunis und Bizerta bemächtigen, doch gingen diese Städte den Spaniern später wieder verloren. D o n C a r l o s , ü b e r diesen unglücklichen Prinzen, der, wie einige behaupten wollen, ein Opfer der Grausamkeit seines Vaters wurde, ist unverhältnismäßig viel geschrieben worden. Das Gerücht über diesen vermeintlichen Mord Philipps wurde zwar immer schon von allen ernsthaften Historikern als plumper Betrug abgelehnt, heute jedoch ist es der wissenschaftlichen Kritik gelungen, auch die Berichte über die übertriebenen Grausamkeiten von Seiten des spanischen Königs zu klären und die Dinge ins richtige Licht zu stellen. Es handelte sich bei Don Carlos zweifellos um den Fall eines anormalen Menschen, und die einfache gedrängte Wiedergäbe der Ereignisse spricht schon allein deutlicher für sich, als eine ganze Reihe von Verteidigungsschriften es könnten.
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Don Carlos war der Sohn Marias von Portugal, der ersten Gemahlin Philipps II. Schon von frühester Jugend an zeigte er einen so störrischen Charakter, daß Karl V. selbst sich des öfteren genötigt sah, seinen Enkel zu tadeln. Allerdings bestand einmal der Plan, ihn mit Elisabeth von Valois zu verheiraten, alles jedodi, was Dichter und Schriftsteller über die angebliche Liebe des Prinzen zu seiner Stiefmutter geschrieben haben, ist ins Gebiet der reinen Erfindung zu verweisen. Als der Prinz in Toledo vereidigt werden sollte, hatte er, wie ein Zeitgenosse schreibt, „die Gesichtsfarbe eines Malariakranken", denn er war schon von klein auf infolge seiner anfälligen Natur häufig krank gewesen. Der König, sein Vater, hatte ihn zusammen mit seinem Onkel Juan de Austria und seinem Vetter Alessandro Farnese zum Studium nach Alcalá de Henares geschickt. Dort erlitt der Prinz einen schweren Sturz, bei dem er sich das Rüdegrat und das Gehirn verletzte und nach langem Krankenlager nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davonkam. Von diesem Zeitpunkt ab trat, wie ein zeitgenössischer Historiker erklärt, „die Gehirnverletzung des Prinzen deutlich zutage, so daß er mehr der Willkür als der Vernunft unterworfen war". Er führte ein liederliches Leben und gab immer neue Beweise für seinen verwirrten Geist. Jeder Ausschweifung gab er sich hin, und des Nachts pflegte er ohne Rücksicht auf Anstand und Sitte aus dem Schloß zu entweichen. Als einmal aus einem Fenster ein wenig Wasser auf ihn herabfloß, gab er den Befehl, das Haus zu zerstören und anzustecken und seine Bewohner zu töten, so daß man ihm zu seiner Beruhigung sagen mußte, der Befehl könne nicht ausgeführt werden, da soeben ein Priester mit den heiligen Sakramenten das Haus betreten habe. Bei einer anderen Gelegenheit hätte er beinahe einen Edelmann in den Schloßgraben gestürzt, weil dieser nicht sofort auf seinen Ruf herbeigeeilt war. Eine Ohrfeige verabreichte er einem Höfling, der ihm ein Paar zu enge Stiefel bestellt hatte. Dann ließ er die Stiefel in kleine Stücke zerschneiden und kochen und zwang den Handwerker, der sie angefertigt hatte, sie zu essen. Als er sich einmal mit seinem Erzieher, Don Garcia de Toledo, im Walde von Aceca befand, versuchte er diesen zu mißhandeln. Der Kardinal Espinosa hatte den Schauspieler Cisneros verbannt, der in den Gemächern des Prinzen auftreten sollte. Don Carlos war darüber so aufgebracht, daß er den Kardinal, als er ihn traf, am Chorhemd riß, nach einem Dolch schrie und ihm zurief: „Priesterchen, Ihr wag es, mir zuwiderzuhandeln und wollt den Cisneros nicht zu mir kommen lassen, damit er mir diene! Nun, beim Leben meines Vaters, ich werde Euch töten dafür!" Der König besaß ein Lieblingspferd mit Namen Privado. Der Prinz verlangte vom Oberstallmeister, daß er ihm das Pferd übergeben solle, und schwur beim Leben seines Vaters, er werde ihm nichts zuleide
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tun. Man gab es ihm, und er mißhandelte es derartig, daß es kurz darauf einging. Er beabsichtigte, sich mit den flämischen Aufrührern zu verbünden, und beschleunigte seine Abreise nach Deutschland, wo er sich mit seiner Base, Prinzessin Anna, vermählen wollte, überall glaubte er Feinde zu sehen und schrieb daher einen Brief an alle Granden und Würdenträger Spaniens, in dem er sie um Geld zu einer großen Unternehmung bat. Sie antworteten, sie würden ihm mit dem größten Vergnügen in allen Dingen zu Diensten stehen, außer wenn die Unternehmung sich gegen seinen Vater richten würde. Sein Entschluß, zu fliehen und sich dem König zu widersetzen, hatte sidi jedoch schon so weit in ihm befestigt, daß er nun versuchte, seinen Onkel Juan de Austria für sich zu gewinnen. Sein Beichtvater Diego de Chaves versuchte vergeblich, ihn von diesem Plan abzubringen. Als sein Schatzmeister Garci Alvarez Ossorio mit Geldmitteln nach Sevilla kam, verlangte er Pferde von ihm, um seine Reise antreten zu können. Philipp II., der von alledem unterrichtet war, beriet sich mit Magister Gallo, Melchor Cano und dem navarrischen Arzt Martin de Alpizcueta und faßte daraufhin seinen Entschluß. Um zwölf Uhr nachts erschien der König in Begleitung des Ruy Gömez und anderer Herren seines Gefolges im Schlafgemach seines Sohnes. „Was will der Staatsrat hier zu dieser Stunde?" fragte der Prinz von seinem Bett aus. De Feria zog den Vorhang zum Lager zurück, und der König nahm den Degen des Prinzen an sich. „Ich bin nicht verrückt, sondern verzweifelt!" rief Don Carlos aus, „will Eure Majestät mich töten?" Mit sanften Worten versuchte Philipp ihn zu beruhigen und ordnete an, daß man ein Kästchen, das offenbar wichtige Papiere enthielt, in Verwahrung nehmen solle. Dann verließ er den Raum und ließ den Prinzen unter Bewachung zurück oder, wie ein Historiker es ausdrückt, „er unterstellte den, der seiner Vernunft nicht mehr unterstand, anderen Menschen". Seinem Staatsrat und den Botschaftern, vor allem denen des Kaisers und des Papstes, machte Philipp von dem Vorfall Mitteilung. Voller Empörung begann der Prinz nun gegen seine Gesundheit zu wüten, indem er eiskaltes Wasser aus einer Quelle trank, sein Bett, in dem er schlafen sollte, auskühlte und drei Tage lang in tiefer Sdiwermut dahinbrütete, ohne einen Bissen zu essen. Der König besuchte ihn und versuchte, ihm Mut zuzusprechen. Daraufhin aß Don Carlos mit derartiger Gier, daß er an „schwerem doppeltem Wechselfieber", Erbrechen und Durchfall erkrankte und binnen weniger Tage zu Grabe getragen werden mußte. Er starb als Christ, machte ein Testament und empfing den Segen seines Vaters. D e r A u f s t a n d d e r N i e d e r l a n d e . Die verschiedensten direkten und indirekten Gründe gaben den Anlaß zum Aufstand der flandrischen
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Provinzen. Hatten die Spanier sich in den ersten Jahren der Regierung Karls V. über die Herrschaft der Flamen auf der Pyrenäenhalbinsel mit Recht beklagt, so war die Reihe jetzt an den Niederländern, die sidi über die Anwesenheit spanischer Truppen und Regierungsbeamter beschwerten. Die Erinnerung an den Aufstand der Comuneros war hier noch lebendig, und die Flamen sahen darin eine Rechtfertigung ihrer eigenen Mißstimmung. Der Funke, der den Brand entfachte, war der Protestantismus, der von Deutschland her hier eindrang, und ein aufmunterndes Beispiel boten den Niederländern die französischen Hugenotten, die mit Erfolg für ihren Glauben kämpften und bald auch den Flamen ihre Hilfe anbieten sollten. Der unmittelbare Anlaß für den Ausbruch der Unruhen aber war die Ernennung Granvellas, des Bischofs von Arras, zum Leiter der Regierungsgeschäfte und die Schaffung von 13 Bistümern, die ebenfalls Granvella unterstehen sollten. Die Regentschaft in den Niederlanden führte Margarete von Parma, die natürliche Tochter Karls V. Sie war eine sehr energische Frau mit männlichem Bartwuchs, eine ausgezeichnete Reiterin und glühende und überzeugte Katholikin. Ihr etwas herrschsüchtiger Charakter war, wohl infolge ihrer häufigen Gichtanfälle, herbe und streng geworden. Als Mitglieder des Staatsrates standen ihr Viglius, Berlaymont, Granvella, Oranien und Egmont zur Seite. Viglius war ein berühmter Humanist und Rechtswissenschaftler, der einen Lehrstuhl an der Universität Ingolstadt innegehabt hatte; Berlaymont galt als überzeugter Katholik, treuer Beamter und tapferer Soldat; Granvella, der kaiserliche Rat, war zwar kein Genie, doch ein praktisch denkender Mensch. Kein Staatsmann des 16. Jahrhunderts verstand sich besser als er auf alle Kniffe und Geheimnisse der Diplomatie; Wilhelm von Oranien war deutscher Abstammung. Er war ein Vertrauter Karls V. gewesen, und der Kaiser war bei seiner Abdankung in Brüssel auf ihn gestützt im Saale erschienen. Er war ein kluger, beredter und umsichtiger Mensch, der in Fragen der Religion mehr als Staatsmann denn als Gläubiger urteilte Daneben war er ein großer Biertrinker. Graf Egmont schließlich, der Sieger von Saint Quentin und Gravelingen, ein hochgewachsener blonder Mensdi von hitzigem Temperament und tapfer bis zur Tollkühnheit, hatte schon sein Blut für Spanien vergossen. Seine Neigung zu prunkvollem Auftreten konnte er leicht befriedigen, da er über ein beträchtliches Vermögen verfügte. Auch nach der Ernennung Granvellas zum Kardinal zeigten die Niederländer weiterhin ihre Abneigung gegen diesen Mann. Oranien und Egmont machten sich zu Vertretern des Volkswillens und baten Philipp um die Absetzung Granvellas. Auf die Weigerung des Königs hin legten sie ihre Ämter im Staatsrat nieder. Nun änderte der Monarch seinen Entschluß und gewährte dem burgundischen Kardinal einen ehrenvollen Absdiied. Die
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Edikte Philipps gegen die Protestanten und seine Maßnahmen zur Erhaltung der katholischen Einheit brachten die Gemüter jedodi von neuem in Wallung. Margarete erhielt einen Brief ihres Bruders, in dem er ihr erklärte, daß er seine Verfügungen keinesfalls widerrufen werde. „Eher wollte ich, wenn dies möglich wäre, tausendmal mein Leben verlieren!" sdirieb er. Die Protestanten kamen im Palast des Grafen von Calemburg zusammen und unterzeichneten dort das Abkommen von Breda, während Ludwig von Nassau und der etwas heruntergekommene Heinrich von Brederode stürmisch in den Palast Margaretes eindrangen. Auf die Frage der erschreckten Statthalterin, wer denn diese Leute seien, erwiderte ihr Staatsrat Berlaymont verächtlich: „Hohe Frau, das sind nur ein paar arme Bettler." In der folgenden Nacht brachte Brederode auf einem Gelage den Trinkspruch: „Es leben die Bettler!" („Vivent les Geux!") aus, und von diesem Zeitpunkt an kleideten sich die Anhänger dieser Partei in ein graues Gewand, trugen einen Bettelsack über der Schulter, einen hölzernen Suppennapf im Gürtel und eine Medaille auf der Brust, auf der die Worte standen: „In allem treu dem König", während man auf der Rückseite lesen konnte: „bis zum Bettelsack". Daneben zeigte die Medaille die Zeichnung zweier Hände, die einen Bettelsack hielten (1566). Die Geusen forderten die Einberufung der Generalstaaten. Auf diese Ereignisse hin erhob sich das Volk, plünderte die katholischen Kirchen und beschimpfte auch noch die Asche der früheren Grafen von Flandern. Bald jedoch rückten Truppen an, so daß die Statthalterin im Triumph in Antwerpen einziehen konnte. Der Aufstand war, wie es wenigstens den Anschein hatte, niedergeschlagen, und im königlichen Rate hatten die Anhänger des strengen Regiments gegen die Partei der Milde gesiegt, die vor allem durch Ruy Gömez de Silva, den Fürsten von Eboli, vertreten wurde. Der Herzog von Alba, der für die schärfsten Maßnahmen eingetreten war, wurde an Stelle Margarete von Parmas zum Generalstatthalter ernannt. Ein Satz des Herzogs zeigt uns deutlich, was er über die Führer der flandrischen Bewegung dachte. Alba sagte zum König: „Immer, wenn ich Briefe von diesen Herren aus Flandern erblicke, überkommt mich eine derartige Wut, daß, wenn ich nicht mit aller Gewalt an mich hielte, Eure Majestät mich sicherlich für einen Rasenden halten würde." Vergebens forderte Pius V. den spanisdhen Herrscher auf, doch selbst nach den Niederlanden zu gehen, wo seine Gegenwart dringend erwünsdit war. Der Herzog von Alba war zu jener Zeit 59 Jahre alt. Er war ein etwas über mittelgroßer schlanker Mensdhi mit harten Gesichtszügen. Mit seinen Truppen kam er aus Italien nach Flandern, wies Margarete seine Vollmachten vor und begann sofort seine Unterdrückungspolitik mit der Einsetzung eines
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sogenannten „Aufruhrrates" oder „Blutgerichts". Vor dieses Gericht nun wurden die Grafen Egmont und der Prinz von Oranien geladen. Kurz darauf wurden Egmont und Hoorn gefangen gesetzt und zum Tode verurteilt. Die Vollziehung der Todesstrafe und die Einziehung ihrer Güter geschah, während Oranien in Deutschland Söldner warb, um in die flandrischen Provinzen einzufallen. Als Granvella von der Hinrichtung der beiden Grafen erfuhr, fragte er: „Und hat man den Schweigsamen 3uch gefangen?" Auf die verneinende Antwort hin rief er aus: „Ja, wenn der nicht ins Netz gegangen ist, hat der Herzog von Alba eine schlechte Jagdbeute gehabt;" Oranien arbeitete zusammen mit seinen Brüdern einen Feldzugsplan aus — er bedachte aber nicht, daß er es mit dem besten Feldherrn seiner Zeit zu tun hatte. Einer seiner Unterbefehlshaber wurde schon bald durch Sancho Dävila, den Lieblingsschüler des Herzogs, geschlagen. Die darauf folgende Niederlage, die der alte und tapfere Graf von Aremberg durch Ludwig von Nassau bei Heyligerlee erlitt, bedeutete einen schlimmen Gegenschlag für die Spanier. Der General selbst fiel in der Schlacht, und die spanischen Büchsenschützen wurden beim Rückzug überrascht und gefangengenommen, da die Führer die Unvorsichtigkeit begangen hatten, auf sumpfigem Gelände vorzugehen. Alba sah ein, daß nun der Zeitpunkt gekommen war, den Ruhm der spanischen Waffen durch einen glänzenden Sieg wieder zu heben. Er verfolgte die Truppen Nassaus und zwang ihn, sich wieder zur Schlacht zu stellen. In der Nähe von Groningen ereilte Nassau die erste Niederlage, und bei Gemmingen schließlich wurden seine Truppen vernichtend geschlagen. Die aus Büchsenschützen und Musketieren bestehende spanische Infanterie, die von der leichten Reiterei unterstützt wurde, legte Beweise ihres tollkühnen Mutes ab. Sie bemächtigte sidi der protestantischen Artillerie und warf den Feind über die Ems zurück. Ludwig von Nassau verlor in dieser Schlacht siebentausend Mann. Nachdem dieser Sieg errungen war, blieben als Gegner des Herzogs noch die Truppen des Prinzen von Oranien, gegen die er eine ganz andere Taktik anwandte. Als man ihm meldete, das Heer Oraniens habe die Maas überschritten, entgegnete er: „Meint ihr vielleicht, es handle sich um einen Schwärm Vögel, der über die Maas fliegen kann?" Die Nachricht beruhte jedoch auf Wahrheit; Oranien hatte in einer mondhellen Nacht sein Heer fast unmittelbar vor den Augen des Feindes durdi eine Furt geführt, ohne bemerkt zu werden. Dieser Anfangserfolg sollte ihm jedoch nichts nützen; Alba übertraf sich selbst. Er bedrängte die Truppen Oraniens, hinderte sie an jeder freien Bewegung, folgte ihnen überall hin wie ein Schatten, schnitt sie von der Lebensmittelzufuhr ab und wartete darauf, daß dieses große Söldnerheer von selbst dahinschwinden solle, so wie das Salz sich im Wasser auflöst. Sein Plan gelang: Oranien, der mit zahlreichen Schwadronen die
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Maas überschritten hatte, führte auf seiner Flucht nach Deutschland nur noch 500 Reiter mit siph. Alba hatte sich wieder einmal als unvergleichlicher Stratege bewährt. Der Aufstand schien jetzt vollständig niedergeschlagen, als gewisse wirtschaftliche Maßnahmen die W u t der flandrischen Bevölkerung neu entfachten. Es handelte sich um eine neue zehn- und fünfprozentige Steuer. Die Empörung hierüber führte zu einem neuen Aufstand, der heftiger und schlimmer war als die vorhergehenden. Die Einnahme von Brielle, durch die die Geusen sich zu Herren des Meeres machten, war das Zeichen für den Anfang. Die nördlichen Provinzen: Zeeland, Holland, Geldern, Overijssel und Utrecht erhoben sich und riefen Wilhelm von Oranien zu ihrem Führer aus. Von Spanien aus wurde nun ein Statthalter ernannt, der den Posten des Herzogs von Alba übernehmen sollte, doch dieser weigerte sich, unter diesen Umständen den Befehl zu übergeben. Er belagerte Möns, wohin Oranien vergebens zu Hilfe zu eilen versuchte. Möns und Mecheln wurden den spanischen Truppen zur Plünderung überlassen, und Don Fadrique de Toledo, der Sohn des Herzogs von Alba, umzingelte Haarlem. Es kam zu der berühmten langen Belagerung dieser Stadt, während der die Eingeschlossenen Brieftauben und alle Arten von Verteidigungsmitteln anwandten. Die Spanier, die dieser lange Widerstand mürbe gemacht hatte, wollten schon abziehen, als eine Botschaft des Herzogs an seinen Sohn eintraf, die folgenden Wortlaut hatte: „Wenn Ihr das Lager abbrecht, ohne die Stadt erobert zu haben, kann ich Euch nicht länger als meinen Sohn anerkennen. Fallt Ihr im Verlaufe der Belagerung, so werde ich selbst kommen und an Eure Stelle treten, auch wenn ich krank und bettlägerig sein sollte. Wenn wir aber beide kein Glück haben sollten, so wird Eure Mutter aus Spanien herbeikommen, um das im Kriege zu leisten, wozu ihr Sohn nicht den Mut oder die Geduld gehabt hat." Daraufhin wurde Haarlem im Jahre 1573 genommen. Es folgten nun eine ganze Reihe unglücklicher Ereignisse. Im spanischen Heer brachen Meutereien aus, da es an Geld fehlte, um die ausländischen Truppen zu besolden. Außerdem machte sich das Fehlen einer Flotte bemerkbar, wodurch die Aufständischen die Herrschaft zur See behaupten konnten. Wenn sich auch, wie wir sehen werden, über die politische Begabung des Herzogs von Alba streiten läßt, so bewies er doch als Feldherr geradezu geniale Fähigkeiten. Seinem innerpolitischen Verhalten ist es zuzuschreiben, daß der Religionskrieg und politische Krieg zu einem Wirtschaftskrieg und deshalb auch langwieriger und gefährlicher wurde. Die Aufstände, die politischen und religiösen Gründen entsprangen, waren infolge der glänzenden Feldzüge Albas niedergeschlagen worden, die verhaßten neuen Steuern jedoch, durch die ein Zehntel vom Verkauf aller beweglichen und ein Zwan-
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zigstel von dem aller unbeweglichen Güter einbehalten wurde, brachte selbst die hierdurch geschädigten Katholiken gegen Spanieji auf, da ganze Provinzen, in denen Industrie und Handel blühten, dabei in ihrem Lebensnerv getroffen wurden. Die ersten Kriege hatten ein Ende gefunden, weil gerade die Fabrikanten und Kaufleute den Frieden herbeisehnten, um ihre durch die Feindseligkeiten unterbrochenen Handelspläne und -Verbindungen wieder anzuknüpfen; in dem Augenblick aber, in dem die neuen Steuern diese Geschäfte fühlbar lähmten und beeinträchtigten, hatte man das Bedürfnis, sich von dieser schweren Bedrückung zu befreien, und der Grund für einen neuen Krieg war gegeben. Auf den Herzog von Alba folgte als Statthalter der gütige Luis de Requesens. Der Krieg tobt unbarmherzig weiter, und die spanische Infanterie schlug sich tapfer. Mit seinen plötzlichen Angriffen, Scharmützeln und Geplänkeln bradite Sancho Dávila Ludwig von Nassau zur Verzweiflung, bis es schließlich zu der furchtbaren Schlacht bei M o o k kam, in der Ludwig fiel. Das spanische Fußvolk hatte sich eines Hügels bemächtigt, ging von hier aus im schiefen Winkel vor und richtete ein großes Blutbad unter den Gegnern an. Als die Spanier dann die Stadt Leyden belagerten, mußten sie jedoch ihr Lager abbrechen und sich zurückziehen, da der Feind die Deiche durchstach und das Wasser das gesamte Gebiet, auf dem sich das spanische Heer befand, überschwemmte. Eine Heldentat war dann der Zug nach Diuweland, wo sidi die spanische Infanterie einer Insel bemäditigen konnte, ohne dabei über ein einziges Schiff zu verfügen. Die Soldaten wateten während der Ebbe durch das Wasser, wobei sie Waffen und Munition in die Höhe hielten, um sie vor dem Naßwerden zu bewahren, und unternahmen einen Sturmangriff auf die Befestigungswerke der Insel. Diese erstaunliche Leistung hatte die Rüdeeroberung der Provinz Zeeland zur Folge. Mit Heerführern wie Valdés, Julián Romero und Gonzalo de Bracamonte waren die spanisdien Truppen unbesiegbar. Als Requesens starb, waren von den 17 Provinzen, die er übernommen hatte, wieder 15 unter spanischer Oberhoheit. Währen der Regierung des Staatsrates jedoch, der daraufhin mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt wurde, begannen wieder die Meutereien im spanischen Heer wegen des rückständigen Soldes, und sämtliche zurückeroberten Gebiete außer Luxemburg, das treu bei Spanien verblieb, gingen wieder verloren. Nun ernannte Philipp II. seinen Bruder Juan de Austria zum Statthalter der Niederlande. Der Staatsrat bat diesen, die spanischen Truppen zurückzuschicken, und Austria kam dieser Bitte nach; doch bald mußte er seinen Entschluß bereuen und nach Namur fliehen, um sich vor den Anschlägen seiner verräterischen Untergebenen zu retten. Er rief die spanischen Truppen von neuem ins Land, die auch kurz darauf unter der Führung Alessandro
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Farneses einrückten. Es gelang den Spaniern, die in Kampfstellung angetreten waren, in der Nähe von Gembloux ein mächtiges feindliches Heer auf dem Marsch zu überraschen und binnen weniger Stunden zu vernichten (1578). Als kurz darauf Juan de Austria starb, wurde Alessandro Famese, der Sohn Margaretes von Parma, zu seinem Nachfolger ernannt. Farnese stellte nun zunächst die recht gelockerte Disziplin unter den Truppen wieder her. Berühmt wurden die unter seiner Führung vorgenommenen Belagerungen von Maastricht und Antwerpen, in denen Farnese seine außergewöhnlichen militärisdien Fähigkeiten unter Beweis stellte, indem er die ausgeklügeltsten Methoden der Belagerungskunst anwandte. Nach unerhörten Anstrengungen fiel Maastricht, der Schlüssel zur Maas, in die Hände der Spanier. Noch erbitterter war der Kampf um die reiche und dichtbevölkerte Stadt Antwerpen. Farnese ließ eine Brücke über die Scheide schlagen, um ein Eingreifen des holländischen Geschwaders zu verhindern. Die Schiffe des Gegners versuchten denn auch, diese Brücke, die von der spanischen Infanterie verteidigt wurde, an ihren stärksten Stellen zu rammen. Ein italienischer Ingenieur namens Giambelli, der mit in der Stadt eingeschlossen war, erfand eine Art Höllenmaschine und konstruierte verschiedene Branderschiffe, die Verheerungen in den Reihen der Belagerer anrichteten. Als jedoch alle diese Hindernisse überwunden waren, rief Alessandro Farnese seinen Soldaten zu: „Drauf, Jungens, Antwerpen ist Euer!" Und so war es: die Stadt, die sich schließlich von der Nutzlosigkeit des Widerstandes überzeugt hatte, kapitulierte (1585). Mit dem Schlachtruf: „Die Messe und der Herzog!" drangen die Spanier in Antwerpen ein und plünderten es unbarmherzig. Kurz zuvor war der Prinz von Oranien ermordet worden. Nun konnte die spanische Sache, die in den Händen des erfahrenen Farnese lag, wieder für einige Zeit triumphieren. Sein Vorzug war es, verstanden zu haben, daß es ein nutzloses Unterfangen gewesen wäre, wenn man versucht hätte, die nördlichen Provinzen: Holland, Zeeland, Utrecht, Geldern, Groningen, Friesland und Overijssel, die sich gegen das verhaßte katholische und absolutistische Spanien zu einer protestantischen Föderation zusammengeschlossen hatten, zurückzugewinnen. Der Sohn Margaretes von Parma versuchte statt dessen, die südlichen katholischen Provinzen zu retten, in denen es zahlreiche Anhänger der spanischen Sache gab, da eine ständige Rivalität gegenüber dem Norden bestand. Dies war sein Plan, und er hätte ihn auch durchgeführt, wenn nicht neue Kriege und diplomatische Verwirrungen, von denen wir nunmehr berichten, ihn daran gehindert hätten. D i e i b e r i s c h e E i n h e i t . Der größte Erfolg Philipps II. war die Angliederung Portugals. Der Gedanke daran hatte ihn sein ganzes Leben lang beschäftigt; der Durchführung dieses Planes galten seine glühendsten Ballesteros, Spanien
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Wünsche und seine eifrigsten diplomatischen Bestrebungen. Es war dies auch die einzige Unternehmung, die Philipp selbst ohne jedes Schwanken und mit anerkennenswerter Beharrlichkeit zu Ende geführt hat. Im Nachbarlande regierte zunächst König Sebastian, ein Neffe Philipps II. Den Portugiesen padcte der Kreuzzugseifer, so daß er trotz aller ernsthaften Mahnungen des spanischen Königs nach Afrika ging. Doch schon in der Schlacht bei Ksar-el-Kebir ereilte ihn sein Schicksal. Nachdem anfänglich die Lage für die christlichen Waffen günstig schien, erscholl plötzlich der unheilvolle Ruf: „Zurück!", so daß auch der portugiesische König in dem nun einsetzenden wilden Durcheinander der Flucht mit fortgerissen wurde. Mitten im Kampfe traf er einen seiner tapfersten Hauptleute, Luis de Britto, und fragte ihn nach dem Feldbanner. „Das ist gerettet", erwiderte Britto, indem er es vorwies, „denn es ist in einer Hand, die es auch zu verteidigen weiß." „So wollen wir es festhalten und mit ihm untergehen!" entgegnete der Monardi. Beide stürzten sich in das dichteste Kampfgewühl, und kein Mensch sah sie mehr wieder. Durch den Tod des Königs erhob sich in Portugal die Frage der Thronfolge. Der Thronfolger Sebastians wurde der bejahrte Kardinal Heinrich, ein Sohn Manuels des Glücklichen. Als er sein Klöster in Alcoba^a verließ, um den Thron zu besteigen, hatte man sofort den Eindruck, daß es sich hier nur um eine kurze Zwischenregierung handeln könne, die die anderen Thronanwärter benutzen würden, um sich vorzubereiten und ihre Rechte zu sichern. Die wichtigsten Bewerber um die portugiesische Krone waren Katharina von Braganza, Dom Antonio, Prior von Crato, und der spanische König Philipp II. Weniger Aussichten hatten infolge ihrer geringeren Macht oder ihrer nicht so gut begründeten Rechte Emanuel Philibert, Herzog von Savoyen und Sieger von Saint Quentin, Fürst Ranucio von Parma, Katharina von Medici und schließlich noch der Papst Gregor XIII. Katharina von Braganza war eine Tochter des Infanten Dom Duarte und Enkelin des Königs Manuel; der Prior von Crato war ein unehelicher Sohn des Infanten Dom Luis und der schönen Violante Gömez, der sogenannten „Pelicana", demnach also ebenfalls ein Enkelkind Don Manuels. Philipp II. endlich war ein Sohn der Kaiserin Isabella, die eine Tochter König Manuels gewesen war. Abgesehen von der Überlegenheit, die ihm seine Machtstellung verlieh, hatte der spanische König vor seinen beiden Mitbewerbern noch den Vorteil, daß er ein Mann und dazu ein legitimer Nachkomme Manuels des Glücklichen war. Philipp sandte den Portugiesen Cristobal de Moura, einen hochintelligenten und geschickten Mann, in den Nachbarstaat, damit dieser den dortigen Adel mit Geschenken und Versprechungen für den Spanier gewinnen solle. Auf den bald darauf abgehaltenen Cortes von Almeirim
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wurde Philipp denn audi als Thronerbe anerkannt. Kurz danach starb der Kardinal Heinrich. Philipp wandte jedoch alle erdenklichen Vorsichtsmaßregeln an. Kaum hatte er die Nachricht vom Tode des Königs von Portugal erhalten, als auch schon ein spanisches Heer in Badajoz an der portugiesischen Grenze bereitstand. Der Herrscher benötigte nun einen geschickten Feldherrn für sein Invasionsheer,, und er fand ihn in dem Herzog von Alba, der in Ungnade gefallen war und zu jener Zeit in der Verbannung auf seinem Landgut bei Uceda lebte. „Mit Ketten beladen schickt mich der König aus, damit ich ihm neue Reiche erobere" sagte Alba bei Gelegenheit seiner erneuten Ernennung. Die Ungeduld des Königs war so groß, daß er sich selbst aufmachte und wenige Tagereisen hinter seinen Truppen herreiste. Inzwischen hatte sich in Portugal die Partei Dom Antonios, des Priors von Crato, erhoben, die gleichfalls auf viele begeisterte Anhänger zählen konnte. Im Triumphzug gelangten die Spanier nach Setubal, das in ihre Hände fiel. Dann begaben sie sich im Verein mit der spanischen Flotte nach Cascaes, wo sie auf die portugiesischen Truppen des Priors von Crato trafen. An der Alcäntarabrücke kam es zur Schlacht, in deren Verlauf die Portugiesen geschlagen wurden (1580). Der hervorragenden Feldherrnkunst des Herzogs von Alba war der Sieg zu verdanken, der Philipp die portugiesische Königskrone in die Hände spielte. Während die italienischen Truppen Prospero Colonnas einen Frontalangriff unternahmen, führten Sancho Dävila und der Sohn des Herzogs in aller Ruhe ihre Truppen um die Flanke des Feindes herum. Das Manöver hatte vollen Erfolg: als die Spanier von der Hanke nachdrängten, begannen die Portugiesen zu weichen, und der verwundete Prior von Crato flüchtete nach Santarem. Audi das spanische Geschwader,, das unter dem Befehl Don Alvaro de Bazans, Marquis von Santa Cruz, des ersten Seehelden seiner Zeit, stand, hatte seinen Teil zu dem Sieg beigetragen. Als Lissabon, das daraufhin belagert wurde, sich zur Übergabe bereit erklärte, verbot der Herzog von Alba unter Androhung schwerer Strafen die Plünderung der Stadt. Die Cortes von Tomar leisteten Philipp II. den Treueid. Als man dem König die Schlüssel zur Hauptstadt übergeben wollte, sagte er zu Cristobal de Moura: „Nehmt Ihr sie in Empfang, denn Euch gebühren sie." Und so war es auch: der diplomatischen Geschicklichkeit Mouras und den Heeren des Herzogs von Alba war das Zustandekommen der iberischen Einheit zu verdanken. D i e „ U n b e s i e g b a r e " . Nach Maria Tudor hatte ihre Halbschwester Elisabeth, die Tochter Heinrichs VIII. und Anna Boleyns, den englischen Thron bestiegen. Von dieser Königin sagte der spanische Gesandte Bernar19*
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diño de Mendoza: „Jedes Jahr war sie von neuem Gattin, doch niemals war sie verheiratet." Man nannte sie „die jungfräuliche Königin", weil sie sich geweigert hatte, eine Ehe einzugehen. Ihr einziges Bestreben bestand darin, die Reformation zu verteidigen und kein Mittel unversucht zu lassen, um die Madit der Spanier zu brechen. Unbedenklich förderte und beschützte sie die Plünderungs- und Raubzüge des englischen Piraten Sir Francis Drake und sandte ihren Günstling Leicester mit Truppen und Geld nach Flandern, damit er sich an die Spitze der Aufrührer stelle. Den Höhepunkt dieser Politik bildete die Verurteilung ihrer Base Maria Stuart, der katholischen Königin von Schottland, die auf Befehl Elisabeths auf dem Schafott starb. Die Verbrennung einiger spanischer Schiffe im Hafen von Cádiz, die dem Seeräuber Drake mit einer Kühnheit sondergleichen gelungen war, bestimmte Philipp II., an den Bau eines mächtigen Geschwaders zu gehen, mit dem England erobert werden sollte. Für den Oberbefehl war Alvaro de Bazán, der Marquis von Santa Cruz, vorgesehen; als dieser jedoch starb, wurde die Leitung dem Herzog von Medina Sidonia übertragen. Die Unerfahrenheit des Herzogs sollte ausgeglichen werden durch die Tüchtigkeit seiner Unterführer, des Vizeadmirals Juan Martínez Recalde, der den Befehl über die Schiffe aus Vizcaya hatte, und des Generals Miguel de Oquendo, der die Schiffe aus Guipúzcoa anführte. Die aus einhundertdreißig Seglern bestehende Flotte stach, mit allem Nötigen versehen, von Lissabon aus" in See. In Flandern sollten die Schiffe die Streitkräfte Alessandro Farneses an Bord nehmen, so daß — für jene Zeit wenigstens — genügend Truppen zur Verfügung standen, um die Eroberung Englands durchzuführen. Die ausländischen Historiker bemerken ironisch, auf einem der Schiffe der Armada habe sich auch Lope de Vega befunden, damit er gleich den Sieg besingen könne (1588). Don Alfonso Pérez de Guzmán, der Herzog von Medina Sidonia, verstand leider nicht das geringste von der Kriegführung zu Lande oder zur See. Das machte sich sofort bemerkbar, als das Geschwader nach der Abfahrt von La Coruña im Hafen von Plymouth die von Admiral Howard befehligte feindliche Flotte sichtete. Der erfahrene Recalde riet zum sofortigen Angriff, Medina Sidonia jedoch, der nicht wagte, die ihm mitgegebenen Instruktionen zu überschreiten, wollte weitersegeln. Als die leichten englischen Schiffe das bemerkten, gingen sie selbst zum Angriff über, und es entwickelte sich eine Seeschlacht, die für das spanische Geschwader, das so von der Flanke und vom Rücken her bedrängt wurde, recht ungünstig verlief. Als die Spanier dann nach Calais gelangt waren, wandte Drake eine Kriegslist an, indem er so tat, als wolle er Branderschiffe vorschicken, und richtete damit unter der spanischen Flotte, die ohne wirklichen Führer war, höchste Verwirrung und Bestürzung an. Als der Herzog auch noch die Un-
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geschicklidikeit begangen hatte, die Anker lichten zu lassen, während sich ein wütender Sturm erhob, war das Schicksal der Armada besiegelt. Die Überreste der „Unbesiegbaren" kehrten nun auf dem Weg über die Hebriden und die Shetlandinseln an der schottischen Küste entlang nach Spanien zurück. Nur wenige Schiffe waren gerettet worden und mehr als zehntausend Mann verloren. „Ich habe meine Schiffe ausgesandt, damit sie gegen Mensdien, nicht aber, damit sie gegen die Elemente kämpfen sollten" waren die stoischen Worte Philipps IL, als er die Nachricht von dem Unglück erhielt. Der Verlust der berühmten „Unbesiegbaren Flotte" bedeutete den Anfang für den Niedergang der spanischen Seemacht; eine andere Nation trat jetzt als Beherrscherin der Meere auf. W i r müssen jedoch hierzu bemerken, daß die Seemacht Englands auf durchaus nicht so einwandfreie Ursprünge zurückblicken konnte wie seinerzeit die spanische. Die ersten Taten Englans zur See waren Raubzüge der Piraten nach den Ländern jenseits der Meere gewesen, wo diese Männer ohne vorherige Kriegserklärung wehrlose Städte angriffen und plünderten. Die Antwort auf diese Greuel war eine offizielle Verdammung seitens der englischen Regierung, daneben aber eine geheime Unterstützung, die bis zur Verherrlichung ging, als England sich nach der offenen Kampfansage an Spanien die Maske abgerissen hatte. D i e F e i n d e P h i l i p p s IL Der Admiral Gaspar de Coligny, der im geheimen Einverständnis mit den flandrischen Protestanten war, hatte den Provinzen, die sich gegen die Oberherrschaft Philipps II. erhoben hatten, Hilfstruppen und Gelder geschidvt. Damit allein jedoch gab sich der französische Calvinist nodi nicht zufrieden; er unterstützte auch noch seinen Landsmann Nicolas Durand de Villegagnon, der eine kleine Flotte ausrüstete und damit zur Bucht von Rio de Janeiro segelte, wo er eine calvinistische Kolonie gründete. Später vertrieb dann der portugiesische Gouverneur Estacio de Sä die Franzosen wieder aus Brasilien. Jean Ribault, der berühmte französische Seeräuber, unternahm im Jahre 1562 eine Expedition nach Florida und ließ sich an der dortigen Küste nieder. Coligny sandte darauf eine weitere Expedition aus, deren Leitung der Hugenottenführer René Goulaine de Laudonnière übernommen hatte. Kurz danach jedoch landete auch der kluge, gebildete und tapfere Pedro Menéndez de Avilés, der von Philipp IL zum Statthalter dieses Gebiets ernannt worden war, in Florida. Der Statthalter gab bekannt, er sei in dieses Land gekommen, „um alle Lutheraner, die er dort vorfinde, zu köpfen und zu hängen". Er hielt auch sein Wort, denn sobald er sich der Forts bemächtigt hatte, ließ er alle Gefangenen, an ihrer Spitze Jean Ribault, hinrichten. Nur wenige Männer, die behaupteten, Katholiken zu sein, entkamen dem Blutbad (1565). Einige Jahre später konnte der französische
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Seeräuber Dominique de Gourges die Toten rächen, indem er einen überraschenden Angriff auf das Fort San Mateo in Florida unternahm und seine Verteidiger niedermetzeln ließ. Nun begannen die Züge des berühmten englischen Seeräubers John Hawkins, der sich dem eindringlichen Geschäft des Sklavenhandels widmete. Er raubte die Sklaven an der afrikanischen Küste und verkaufte sie dann auf den Antillen. Als er nach London zurückkehrte, war er ein so reicher Mann geworden, daß sein augenscheinlich so gutes Geschäft selbst die Gewinnsucht der Königin Elisabeth reizen konnte. Sie schlug ihn zum Ritter und lieh ihm Gelder zur Ausrüstung seiner Flotte. Als Unterbefehlshaber nahm Hawkins auf seiner nächsten Fahrt Sir Francis Drake mit. Die beiden wurden jedoch in San Juan deUlúa von den spanischen Behörden angegriffen und konnten sich nur mit knapper Not retten, wobei ein großer Teil ihrer Ladung verlorenging. Drake schwor, daß er sich dafür rächen werde, und plünderte bei seiner nächsten Reise die Städte Nombre de Dios und Santa Cruz. Bei einer weiteren Fahrt umsegelte Drake die Welt, fuhr durch die Magellanstraße, plünderte Valparaíso, Callao und Guatulco, landete in der Bucht von San Francisco und kehrte über das Kap der Guten Hoffnung zurück. Die Gewinne, die er eingeheimst hatte, beliefen sich auf geradezu phantastische Summen. Elisabeth von England schlug auch ihn auf seinem Schiff zum Ritter. Von diesem Zeitpunkt an wurde Drake zum englischen Volkshelden und zum Schredcen der Meere. Nach Beendigung seiner berühmten Weltumsegelung fuhr er von neuem aus, plünderte die Stadt Santiago auf den Azoren, brandschatzte Santo Domingo und Cartagena de Indias und machte die Festung San Agustín in Florida dem Erdboden gleich (1585). Ein anderer Seeräuber, Thomas Cavendish, suchte die Küsten des Pazifischen Ozeans heim und verheerte sie (1587). Auch Richard Hawkins, der Sohn Johns, erschien mit seinen Schiffen im Pazifischen Ozean; doch die Spanier, die auf sein Kommen vorbereitet waren, besiegten ihn in der Bucht von Atacamas und bemächtigten sich seiner Schiffe mitsamt der Besatzung. Gegen Hawkins selbst verfuhr der Vizekönig von Perú mit größtem Edelmut; er sandte ihn nach Spanien, von wo aus er wieder nach England gelangte und dort die Ritterlichkeit seiner Gegner zu rühmen wußte. Die letzte Fahrt Drakes und John Hawkins 1 verlief jedoch noch unglücklicher. In Las Palmas und Puerto Rico wurden ihre Schiffe von den spanischen Streitkräften zurückgeschlagen, und als sie dann in Nombre de Dios zu landen versuchten, erlitten sie eine furchtbare Niederlage. Auch die Stadt Porto Belo konnte sich erfolgreich verteidigen. Schließlich starb Drake, „der
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Drache des Meeres", auf hoher See, und zwar wurde er, wie behauptet wird, von seiner eigenen Mannschaft vergiftet (1596). D i e ü b e r s e e i s c h e n B e s i t z u n g e n S p a n i e n s . Vom Vizekönigreich Neuspanien aus begann man zu dieser Zeit mit der Kolonisation Floridas. Die Expedition, die von Angel Villafañe geleitet wurde, gründete zwei Niederlassungen, eine in der Bucht von Pensacola und eine andere in der Bucht von Santa Elena an der Atlantisdien Küste. Uber die Ereignisse, die sich zwischen den französischen Seeräubern und dem Statthalter Pedro Menéndez de Avilés zutrugen, haben wir bereits oben berichtet. Nach dem Tode des Statthalters wurden die Festungen Floridas geräumt. Sebastiano Vizcaíno suchte sich in Kalifornien festzusetzen, und der Missionar Agustín Ruiz gelangte ins Gebiet des heutigen New Mexico. Im Vizekönigreich Neugranada gründete Pedro de Ursua aus Navarra die Stadt Pamplona, während der degenerierte und blutdürstige Lope de Aguirre aus Guipúzcoa mit seinen sogenannten „Marañones" den Amazonas und den Rio Negro hinabfuhr, auf der Perleninsel und in Venezuela landete und überall, wohin er kam, Angst und Schrecken verbreitete. Vor Antritt seiner Fahrt hatte er einen überheblichen Brief an Philipp II. geschrieben, in dem er sich von seiner Oberherrschaft lossagte. Er wurde auf venezolanischem Gebiet von den spanischen Behörden geschlagen und büßte sein Leben ein. Im Vizekönigreich Perú regierten Vizekönige vom Format eines Marquis de Cañete, eines Don Francisco de Toledo, der den Inka Tupac-Amaru besiegte, und eines García Hurtado de Mendoza. Während der Regierungszeit des letzteren unternahm Alvaro de Mendaña seine Expedition entlang der pazifischen Küste. In Chile dauerten die Kämpfe gegen die wilden Araukaner weiter an. Ein wichtiges Ereignis war die endgültige Gründung der Stadt Buenos Aires auf dem Gebiet von La Plata im Jahre 1580 durch den Basken Juan de Garay. Zur gleichen Zeit wurden die Provinzen Tucumán und Cuyo erobert. Diego Pacheco unternahm einen Zug, der ihn von Santiago de Chile durch den Chaco nach Asunción führte, und Jerónimo Luis de Cabrera gründete die Stadt Córdoba. Manuel López de Legazpi aus Guipúzcoa eroberte zusammen mit einem Landsmann, dem Augustinerbruder Andrés de Urdaneta, die Philippinischen Inseln und gründete die Stadt Manila (1581). Ein Zeitgenosse dieser beiden ist der bereits erwähnte Alvaro de Mendaña, der die Salomo-Inseln, die Marshall-Inseln, Santa Cruz und einige weitere Inseln entdeckte. Nach seinem Tode wurde seine Witwe und Erbin, Doña Isabel de Barreto, die erste und einzige „Statthalterin von Ozeanien".
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A n t o n i o P é r e z u n d d i e a r a g o n e s i s c h e n P r i v i l e g i e n . Wir kommen nun zum dunkelsten Punkt der Regierung Philipps II. Einige der gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen, die auf Parteiinteressen zurückzuführen und bloße Erfindungen ausländischer Feinde Spaniens sind, konnten inzwischen einwandfrei richtiggestellt werden, andererseits gibt es jedoch in dieser Angelegenheit noch manches, was bisher noch nicht geklärt ist und zu dessen richtigem Verständnis noch eine genauere Forschung nötig sein dürfte. Antonio Pérez war ein Sohn des Gonzalo Pérez, der Karl V. und Philipp II. als Sekretär gedient hatte. Die Gunst, die der Vater genossen hatte, erbte der Sohn in so hohem Maße, daß der von Natur aus mißtrauische Philipp volles Vertrauen zu seiner Klugheit und Treue empfand. Pérez führte jedoch ein liederliches und ausschweifendes Leben und unterhielt unerlaubte Beziehungen zu Ana de Mendoza de la Cerda, der Witwe des Fürsten von Eboli, Ruy Gómez de Silva, der stets ein Beschützer und Förderer von Pérez gewesen war. Die Fürstin von Eboli galt, obgleich sie ein Auge verloren hatte, als Frau von außerordentlicher Schönheit. Escobedo, der Sekretär Don Juan de Austrias und früherer Vertrauter des verstorbenen Fürsten von Eboli, erfuhr durch einen Zufall von den Beziehungen zwischen der Fürstin und Antonio Pérez, und es blieb ihm nichts anderes übrig, als diesem sein Verhalten, mit dem er das Andenken seines Wohltäters beleidigte, vorzuwerfen. Kurz darauf wurde Escobedo in dem Gäßchen, das an dem heutigen sogenannten „Ratsgeländer" entlang führt, von ein paar vermummten Gestalten durch Messerstiche getötet. Die öffentliche Meinung klagte Pérez als Anstifter dieses Mordes an, und die Familie Escobedos fand einen Beschützer in Mateo Vázquez, der Sekretär des Königlichen Rates und ein Rivale des Pérez war. Nun begann dieser eigenartige Prozeß, der sich durch zwölf Jahre hinzog und die unerklärlichsten Wendungen nahm. Bald konnte Pérez sich vollkommen frei bewegen, bald wurde er in seinem eigenen Hause gefangen gehalten und mußte dort seinen Amtsobliegenheiten nachkommen. Dann wieder beschuldigte man ihn, er habe sich bestechen lassen, und unterwarf ihn der Folter. Die ganze Angelegenheit ist ungeheuer verwickelt, und die Anklage baut sich auf den verschiedensten Motiven auf. Zuerst wurde Pérez des Mordes an Escobedo und noch einiger anderer Morde beschuldigt — später behauptete man dann, er sei bestechlich gewesen und habe Staatsgeheimnisse verkauft. Schließlich ging der Prozeß unentschieden aus, da Pérez nach Aragón geflohen war und eine Reihe von Dokumenten verschwand, die der König anforderte, die aber die tapfere Frau des Pérez, Juana Coello, rechtzeitig beseitigte.
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Wäre es nun möglich, daß der König selbst den T o d Escobedos anordnete? Diejenigen, die eine solche Beschuldigung aussprechen, stützen sich dabei auf die Vermutung, Escobedo habe gewisse ehrgeizige Pläne Juan de Austrias, der sich ein von der Oberherrschaft seines Bruders unabhängiges Reich habe schaffen wollen, unterstützt. Diese Annahme aber ist vollkommen unglaubwürdig, denn Don Juan war stets einer der treuesten Diener seines Königs. Es bestände höchstens die Möglichkeit, daß Pérez derartige Behauptungen erfunden hätte, um persönliche Rachegefühle zu befriedigen. Nimmt man an, der König habe diesen Beschuldigungen Glauben geschenkt, so kann man sich allerdings vorstellen, daß er mit Rücksicht auf die Staatsraison die Ermordung eines so gefährlichen Menschen wie Escobedo gewünscht haben kann. Wir sind hier auf bloße Vermutungen angewiesen, da die Wahrheit über diesen Fall noch vollständig im Dunkel liegt. Klar erwiesen ist dagegen, daß der König zu jener Zeit noch keinerlei Beziehungen zu der Fürstin vonEboli hatte und auch noch keine diesbezüglichen Wünsche in ihm erwacht waren. Mit vollem Recht erklärte daher der Erzbisdiof hinsichtlich des Prozesses: „Entweder bin ich verrüdkt oder diese ganze Angelegenheit ist verrüdct! W a s für eine Rechtfertigung verlangt man denn von ihm und was will man überhaupt?" Schließlich gelang es Pérez, nach Calatayud zu fliehen, wo er Zuflucht in einem Kloster fand und daraufhin unter dem Schutz des aragonesisdien Rechtes der „manifestación" stand, kraft dessen er ins Gefängnis des Justicia nach Zaragoza gebracht wurde. Später verlangte dann das Inquisitionsgericht seine Auslieferung, da verschiedene Anklagen wegen Ketzerei gegen ihn vorlagen; das Volk von Zaragoza jedoch behauptete empört, dies ginge „gegen Recht und Freiheit" und ließ ihn wieder ins Gefängnis bringen, in das er laut dem Recht der „manifestación" gehörte. Ein neuer Aufruhr entstand, als die Inquisition noch einmal seine Auslieferung verlangte. Bei dieser Gelegenheit machte sich Pérez die allgemeine Verwirrung zunutze, entfloh aus dem Gefängnis und begab sich nach Frankreich, wo er Schriften gegen Philipp II. veröffentlichte und verschiedene Staatsgeheimnisse verkaufte. Der König befahl nun den Einmarsch eines Heeres in Aragón, und die Aragonesen versuchten zuerst auch, einen Widerstand zu organisieren, doch bald mußten sich die Truppen des „Justicia" nach Epila zurückziehen, während der Führer der königlichen Truppen, Alonso de Vargas, seinen Einzug in Zaragoza hielt. Der Befehl, den der König ihm zukommen ließ, war kurz und bündig: „Sobald Ihr dies in Händen haltet, habt Ihr Don Juan de Lanuza, den Justica Mayor von Aragón, gefangenzusetzen. Zugleich mit der Nachricht über seine Gefangennahme wünsche ich die über seinen T o d zu erhalten." Juan de Lanuza starb auf dem Schafott; mit ihm wurde, wie einige hierzu bemerken, „die Gerechtigkeit hingerichtet". Der
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Herzog von Villahermosa und der Graf von Aranda, die gleichfalls tätigen Anteil an dem Aufstand genommen hatten, starben im Gefängnis, nodi ehe ein Urteilsspruch über sie gefällt war. Mit Hilfe der aragonesisdien Cortes änderte Philipp II. sodann einige die Verfassung des Königreichs Aragon betreffende Gesetze ab. D i e s p a n i s c h e I n t e r v e n t i o n in F r a n k r e i c h . Im französischen Staate herrschte zu dieser Zeit insofern ein sehr eigenartiger Zustand, als das offizielle Frankreich in Frieden mit Spanien lebte, während die französischen Hugenotten die erbittertsten Feinde Spaniens waren. W a s allerdings die freundschaftliche Einstellung des Hofes der Katharina von Medici betrifft, so muß man da doch eine gewisse Einschränkung machen, denn wenn die Söhne Heinrichs II. nicht erklärte Feinde Spaniens waren, so doch nur sehr wider Willen und allein deshalb, weil sie die Unterstützung Philipps II. in ihrem Kampf gegen die Hugenotten brauchten und der König von Spanien jedes Opfer brachte, um den Katholizismus im Nachbarreiche zu erhalten. Ein Beweis für die zwiespältige Haltung des Hauses Valois ist z. B. die Einmischung des späteren Herzogs von Alen^on und Bruders des französischen Königs in die Angelegenheiten Flanderns. Alen^on hatte den Wunsch, sich zum Herrscher der Niederlande ausrufen zu lassen, nur war ihm bei diesen Bestrebungen das Glück nicht günstig, und er konnte sich auch keineswegs auf die Treue seiner neuen Untertanen verlassen. Er setzte jedoch all seine Energie daran, sein Ziel zu erreichen und wurde in dieser Hinsicht auch höchstwahrscheinlich durch den Rat seiner klugen Mutter, Katharina von Medici, unterstützt, die bei allen politischen Entschlüssen ihrer drei Söhne eine ausschlaggebende Rolle spielte. Als durch den T o d Heinrichs III. das Haus Valois in der männlichen Linie ausstarb, mußte die französische Krone dem nächsten Verwandten des verstorbenen Königs, Heinrich von Bourbon, den „Bearneser", zufallen. Ein wichtiger Hinderungsgrund für einen großen Teil des französischen Volkes war jedoch die Tatsache, daß der neue Thronanwärter der protestantischen Religion angehörte. Sofort bildete sich eine Partei, die sich der Thronbesteigung Heinrichs IV. widersetzte, und diese Partei, an deren Spitze als Führer der französischen Katholiken die Guisen standen, konnte von Anfang an mit der Unterstützung Philipps II. rechnen. Ein Krieg war jetzt unvermeidlich, und so gab denn der spanische Herrscher dem Herzog von Parma den Befehl, vom Norden her in Frankreich einzumarschieren. Es handelte sich darum, Paris zu Hilfe zu kommen, das von Heinrich belagert wurde. Nach Durchführung einer vom strategischen Standpunkt aus geradezu glänzenden Marschleistung konnte Alessandro Farnese das direkt vor dem Feinde liegende Lagny erobern. Lagny aber war der Schlüssel zur
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Marne, und von hier aus konnte man Paris mit Lebensmitteln versorgen. Die Hauptstadt war also gerettet. Nachdem Farnese so sein Ziel erreicht und auch noch Corbeil genommen hatte, zog er sich mit seinen Truppen in musterhafter Ordnung zurück, obgleich er ständig vom Feinde verfolgt wurde, und konnte die Grenze überschreiten, ohne auch nur die geringste Einbuße an Menschen und Material erlitten zu haben (1588). Den zweiten Einmarsch in französisches Gebiet unternahm Farnese, als er der Stadt Rouen zu Hilfe kommen mußte. Gleich beim ersten Zusammenstoß mit dem Feinde konnte er die Reiterei des Bearnesers schlagen und Rouen befreien. Er schlug daraufhin den Führern der Liga vor, dem Heere Heinrichs IV. nachzusetzen und es zu vernichten; jene aber waren der Ansicht, man solle zunächst einmal Caudebec nehmen. Bei einem Patrouillengang wurde Farnese zwar durch einen Büchsenschuß verwundet, doch Caudebec fiel in die Hände der Katholiken. Der Bearneser rüdcte jetzt heran, um das gegnerische Heer zu umzingeln, doch der Herzog von Parma brachte es fertig, direkt vor den Augen des Feindes seine gesamten Truppen über die Seine setzen zu lassen (1592). Kurz darauf kehrte er nach den Niederlanden zurück. Als er gerade die Vorbereitungen zu einem dritten Einfall in Frankreich traf, überraschte ihn der Tod. Mit ihm war einer der größten Heerführer der spanisch-italienischen Schule und ein Erneuerer in der Kunst der Lagerbefestigung dahingegangen. Inzwischen verfolgte Philipp II. seine politischen Pläne weiter. Sein Botschafter machte den in Paris versammelten Generalständen den Vorschlag, die französische Krone der Prinzessin Isabella Klara Eugeriie, der Tochter Philipps II. und Elisabeths von Valois, anzubieten. Die spanische Infantin sollte sich gleichzeitig mit dem Herzog von Guise vermählen. Der geriebene Heinrich IV. sah ein, daß nun der Augenblick gekommen war, den „gefährlichen Sprung" zu wagen. „Paris ist wohl eine Messe wert!" erklärte er, schwor den Protestantismus ab und verwandelte sich in den „allerdiristlidisten König und ergebenen Sohn der Kirche". Jetzt bestand kein Grund mehr, den spanischen Vorschlag anzunehmen, der ohnehin keineswegs populär war. Die spanischen Truppen zogen in allen Ehren von Paris ab, und Heinrich IV., der stets zu Scherzen aufgelegt war, veranstaltete an den Toren von Paris für seine Feinde, deren Anwesenheit ihm alles andere als angenehm gewesen war, einen feierlichen Abschied. Ein neuer Krieg gegen Frankreich, der bald darauf ausbrach, zog sich bis zum Friedensschluß von Vervins im Jahre 1598 hin. Die Franzosen rühmen sich ihrer Erfolge in der kleinen Schlacht bei Fontaine-Française, aus der Heinrich IV. als Sieger hervorging, während Spanien auf den Überraschungssieg bei Amiens hinweisen kann, durch den Paris in Angst und Schrecken versetzt wurde. In Vervins gab Philipp II. seine sämtlichen Er-
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oberungen an Frankreich zurück und erkannte Heinrich IV. als französischen König an. D a s l e t z t e R e g i e r u n g s j a h r P h i l i p p s II. Vier Tage nach dem Frieden von Vervins verzichtete Philipp zugunsten seiner Tochter Isabella Klara Eugenie auf die Herrschaft in den Niederlanden. Im gleichen Jahr noch starb dieser Mann, den einige den „Dämon des Südens", andere dagegen „die rechte Hand der Christenheit und den Weisen König" genannt haben. Kaum ein Herrscher ist so sehr zum Gegenstand der widersprechendsten und leidensdiaftlidisten Beurteilungen seitens der Historiker geworden. Mit Recht kann man sagen, daß die Gestalt Philipps II. der Ausgangspunkt der gesamten gegen Spanien gerichteten „Schwarzen Legende" ist. Während die ausländischen Historiker ihn um die Wette als unheimliche, düstere, fanatische, despotische und grausame Persönlichkeit schildern, haben eine Reihe spanischer Schriftsteller ihn in den hellsten Farben gemalt. Wir wollen in folgendem versuchen, diesen König so unparteiisch wie möglich zu betrachten. Ein Zeitgenosse beschreibt die äußere Erscheinung Philipps II. mit den folgenden Worten, die durchaus im Einklang mit den Porträts der berühmtesten Maler der Zeit stehen: „Er hatte eine edle, reine und hohe Stirn, große, lebhafte, tiefblaue Augen, die so ernst blicken konnten, daß jeder, den er anschaute, Ehrfurcht empfand. Seine Gestalt war mittelgroß, elegant und wohlgebildet, sein Antlitz schön geformt und angenehm, sein Ausdruck ernst und ruhig. Die Haare waren blond und die Gesichtsfarbe weiß und rosig. Seine Oberlippe war kleiner als die Unterlippe, wie dies fast bei allen Mitgliedern des Hauses Österreich der Fall ist." Die venezianischen Gesandten lobten die Eleganz seiner Kleidung und rühmten ihn als einen Freund höfischer Veranstaltungen und Festlichkeiten. In seiner Jugend bewies er durchaus nicht, wie einige behaupten wollen, Anzeichen von Furchtsamkeit, im Gegenteil, er konnte so tollkühn sein, daß die Kaiserin öfters genötigt war, ihn eigenhändig für seinen übertriebenen Wagemut zu bestrafen. Er war ein leidenschaftlicher Reiter und nahm gern an Festen und Turnieren teil — ein Beweis hierfür ist der Unfall, der ihm bei einem Waffengang in Brüssel zustieß, als Luis de Requesens das Unglück hatte, ihn durch einen Lanzenstich zu verwunden. Von Kindheit an war er streng auf die Wahrung seiner Autorität bedacht. Als eines Tages der Kardinal Tavera das Zimmer betrat, in dem Philipp sich gerade ankleidete, und sein Erzieher ihm bedeutete, er möge den Kardinal auffordern, sein Haupt wieder zu bedecken, setzte der Prinz schnell selbst eine Mütze auf und rief dann: „So, Kardinal, jetzt könnt Ihr Euer Barett wieder aufsetzen!" Dieser Herrscher, der als ein konzentrierter, kurz angebundener Charakter geschildert wird, hatte eine ganz besondere Freude am Jagdsport.
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Schon im jugendlichen Alter ritt er gern allein in den Forst und konnte einen Eber mit einem Degenstich erlegen. Daß es ihm an persönlichem Mut nicht fehlte, hat er oft genug in Flandern, Frankreich und Portugal und vor allem in England bewiesen, wo er fast nie eine Begleitmannschaft mitnahm, obgleich er so viele Feinde hatte, daß man ihm sogar nahelegte, bei den Hoffestlichkeiten ein Kettenhemd unter seiner Kleidung zu tragen. Die ernstesten Vorwürfe, die man Philipp gemacht hat, galten der Hartnäckigkeit, mit der er den flandrischen Krieg immer weiterführte. Die Flamen haßten aber die Spanier genau so erbittert, wie diese die Flamen zur Zeit Karls V. gehaßt hatten. Außerdem betrifft die Geschichte der Unterwerfung und Beherrschung Flanderns nicht allein das religiöse Gebiet, sondern man hat darin die ständigen Bemühungen Philipps zu sehen, die Macht in einem Lande zu behaupten, das er als Stützpunkt brauchte, um einerseits seine Rolle als Haupt des Hauses Habsburg durchzuführen und andererseits seine Aufgabe als Schildträger des Katholizismus erfüllen zu können. Wir müssen hierbei berücksichtigen, daß Philipp keine der von seinem Vater getroffenen Bestimmungen änderte — neu war nur der Geist, in dem die Gesetze und Verordnungen angewandt wurden. Die begeisterten Anhänger Philipps II. haben ebenso wie seine schlimmsten Gegner das Charakterbild dieses Königs verzerrt. Auf ihn trifft, vielleicht mit noch mehr Recht, der Satz zu, den ein französischer Historiker auf Ludwig XI. geprägt hat: „Legt man seine Tugenden und Fehler auf zwei Waagschalen, so ergibt sich, daß er ein großer König war." Und das war der Sohn Karls V.: ein großer König in jeder Hinsicht. Er liebte sein Volk, er opferte sein Leben der Erfüllung seiner Herrscherpflichten, und obgleich er nach einer zweiundvierzigjährigen Regierungszeit abgearbeitet, schwach und kränklich geworden, seine Beine vom Wundbrand zerfresseni und sein Körper von der Gicht gekrümmt war, trug er doch bis zum letzten Augenblick auf seinen schwachen Schultern das Gewicht der Regierungsgeschäfte und bemühte sich um die Lösung der schwierigsten Probleme der europäischen Politik. Der Mann, den man einen fanatischen Katholiken genannt hat, scheute sich nicht, Papst Paul IV. den Krieg zu erklären, als die Haltung des Pontifikats den Interessen Spaniens zuwiderlief. Man klagt ihn an, den T o d des Prinzen von Oranien und andere politische Morde, wie z. B. den an dem Baron von Montigny, verschuldet zu haben. Es trifft allerdings zu, daß er einen Preis auf den Kopf Oraniens aussetzte und in Simancas den Befehl zur Hinrichtung Montignys gab, doch dürfen wir Philipp nicht mit dem Maßstab späterer Jahrhunderte messen, sondern müssen uns in das 16. Jahrhundert versetzen und versuchen, einmal die Mentalität, die Gefühle und Ideen jener Zeit zu teilen; vor allem aber müssen wir einmal einen Blick
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über die Grenzen Spaniens werfen. Während Philipp glaubte, eine Gewissenspflicht erfüllen zu müssen und sein gesamtes Volk diesen Glauben teilte, verfolgte seine Gattin Maria Tudor die Protestanten in England so unbarmherzig, daß die Spanier ihre eigene Schwester Elisabeth vor ihr retten mußten, indem sie den Katholiken gegenüber erklärten, es handele sich doch nur um „ein verblendetes Mädchen". Diese Verschwörerin aber, die ihr Leben den Spaniern verdankte, wurde später die unversöhnlichste Feindin Spaniens und keineswegs ein Muster an Selbstbeherrschung, wie allein die Towermorde, der Tod des Grafen von Essex und die Hinrichtung Maria Stuarts zur Genüge beweisen. Blicken wir auf Frankreich, so finden wir, daß dort die Protestanten nicht etwa vor ein Gericht gestellt wurden, wo sie ihre Religion abschwören konnten, sondern daß sie in jener furchtbaren Nacht, die die Geschichte als die Bartholomäusnacht kennt, dem tüdcischen Anschlag der Katholiken zum Opfer fielen und einfach hingemordet wurden, Wohl verbrannte man in Spanien die Ketzer, doch geschah dies ebenso in anderen katholischen Ländern, denn der Geist der religiösen Unduldsamkeit ist dieser gesamten Epoche eigentümlich, und es wäre abwegig, Philipp II. für die Ideen seiner Zeit verantwortlich machen zu wollen. Der höchste Ruhmestitel dieses Herrschers aber ist der, daß er im innersten Herzen ein Spanier gewesen ist, all seine Liebe seinem Vaterlande widmete und von Spanien aus die Geschicke der spanischen Welt lenkte. Es gab zu seiner Zeit kein Problem in Europa, an dessen Lösung Spanien nicht beteiligt gewesen wäre, und wenn es auch nicht immer einen Vorteil daraus ziehen konnte, so gereichte ihm seine Haltung doch stets zum Ruhme. In allen Unternehmungen wurde das Eingreifen dieses Landes bestimmt durch die reinsten und höchsten Gesichtspunkte, bei denen sich niemals ein niedriger Gedanke durchsetzen konnte. Philipp II. aber war die Verkörperung dieses spanischen Geistes. Ihm ist schließlich auch die fruchtbarste aller Unternehmungen, die Erfüllung des alten Traums von der iberischen Einheit, zu verdanken, die seine Nachfolger leider nicht zu wahren wußten. 20. KAPITEL
DER NIEDERGANG DES HAUSES HABSBURG P h i l i p p III. (1598—1621). Auf einen aktiven und fleißigen Herrscher folgte ein frömmelnder, untätiger Fürst. Schon sein Vater, der die Entwicklung der Dinge voraussah und um das Schicksal Spaniens besorgt war, hatte gesagt: „Gott hat mir so viele Reiche gegeben, aber er hat mir den
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Sohn vorenthalten, der fähig ist, sie zu regieren." Philipp III., der seine Zeit mit Gebetsübungen, harmlosen Vergnügungen, Jagden, Theatervorstellungen und Volksfesten hinbrachte, erhielt von der Nachwelt zwar den wohlverdienten Beinamen „der Milde", sein Reich jedoch lieferte er der Habgier seiner Günstlinge aus. Schon seit langer Zeit hatte Spanien diese Plage nicht mehr gekannt, nun aber sollte es zu seinem Unglück mehr als ein Jahrhundert darunter zu leiden haben. Die Günstlingswirtshaft wurde auch zu einem der Hauptgründe für den Verfall des Reiches. Der neue König war ein Sohn Annas von Österreich, der vierten Gemahlin Philipps II. Kaum hatte er das Szepter ergriffen, so übergab er audhi schon alle Macht an Don Francisco de Sandoval, den Herzog von Denia. Philipp II. hatte einmal gesagt, „Ich fürchte, man wird ihn regieren!" — und diese Prophezeiung sollte auch eintreffen. Der Herzog von Denia, dem der König auch noch den Titel eines Herzogs von Lerma verlieh, war ein prunksüchtiger Geck mit geringen Geistesgaben und einer unbezähmbaren Gier nach immer neuen Präbenden, Renten, Ländereien und Geldmitteln. Die Habgier Lermas und seines Kreises brachte es zuwege, daß die an sich schon erschöpfte Staatskasse schließlich ganz leer wurde. Bestechung und Veruntreuung waren von nun an bei allen Verwaltungsstellen an der Tagesordnung. Dazu kam, daß der König nadi und nach alle erprobten Beamten seines Vaters entfernte und deren Posten unter seine neuen Freunde verteilte, die den Herrscher zufriedenzustellen wußten, indem sie auf Kosten seiner Privatkasse rauschende Feste für ihn veranstalteten und sicher sein konnten, zur Belohnung für diese glänzenden Vergnügungen, die sie ihm boten, mit Geschenken überhäuft zu werden. So schrieb Philipp an Rodrigo Vázquez de Arce, den Präsidenten des Rats von Kastilien: „Der Graf von Miranda hat mir bei dieser Fahrt (einer Reise nach Valencia) ebenso wie bei vielen anderen Gelegenheiten sehr gute Dienste geleistet, so daß ich äußerst zufrieden mit ihm bin. Ich habe ihn daher für den Posten, den Ihr innehabt, ausersehen, überlegt, in welche Form ich Euren Abschied kleiden soll, ich werde mich hierin nach Euren Wünschen richten." Die Schamlosigkeit dieser Sätze des Königs müßte man als Schlechtigkeit seines Charakters ausdeuten, wenn man nicht sicher sein könnte, daß sie seiner Beschränktheit zuzuschreiben sind. Auf ähnliche Weise enthob er Cristóbal de Moura, den Marquis de Castel-Rodrigo, seines Postens im Rate und ermöglichte ihm unter irgendeinem Vorwand einen ehrenvollen Rückzug nach Portugal. Beschämend für den König ist auch der Inhalt der Dokumente über die Verlegung des Hofes nach Valladolid. Um das Zustandekommen dieser Umsiedelung bemühte sich vor allem der Graf von Lerma, der dafür hohe Bestechungssummen eingesteckt hatte. Die königliche Familie nahm ihren
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Aufenthalt im Palast des Herzogs von Benavente, während die Granden sich neue Häuser bauen oder ihre alten Stammsitze wieder herrichten ließen. Von 1601 —1606 befand sich der Hof in Valladolid, und während dieser Zeit überbot sich die Stadt an freiwilligen Stiftungen und bemühte sich, den Hof mit der Veranstaltung von Turnieren, Ringelstechen und Stierkämpfen zu unterhalten. Ein Fest folgte dem anderen. Bald galt es, die Geburt der Prinzessin Anna zu feiern, bald wieder bereitete man große Veranstaltungen für den Geburtstag des Prinzen Philipp vor. Die Ankunft des englischen Botschafters verursachte ungeheure Ausgaben, da man für den Aufenthalt des Botschafters sowie seiner Begleitung und Dienerschaft von insgesamt siebenhundert Personen aufkommen mußte. Kaum waren jedodi fünf Jahre verstrichen, als der König schon wieder des Lebens in Valladolid überdrüssig geworden war und sich nun nach Madrid begab, wo infolge einer neuen Laune des Herrschers der Hof von jetzt ab seinen Sitz haben sollte. Madrid war schon von Philipp II. zur Residenzstadt erwählt worden. Er war damit einem Wunsch Karls V. nachgekommen, der Toledo allmählich zu klein fand, um einem so ausgedehnten Reich als Hauptstadt zu dienen. Zwei Musterbeispiele käuflicher Beamten waren zu jener Zeit der königliche Sekretär Don Pedro Franqueza, Graf von Villalonga, der bei einem gegen ihn angestrengten Prozeß mit knapper Not sein Leben retten konnte, und der kastilische Ritter Don Rodrigo Calderón, Marquis de Siete Iglesias, eine Kreatur Lermas, die dieser bei seinem Sturze mit sich zog. Don Rodrigo war ein aufgeweckter junger Mensch, der Lerma bei der Bearbeitung der Akten zur Hand ging. Lerma erhob ihn zum Grafen von Oliva, zum Ritter des Santiagoordens, Befehlshaber der deutschen Garde und Gerichtsherrn von Valladolid. In einem Prozeß, der ungeheuer viel Staub aufwirbelte, fand während der Regierungszeit Philipps IV. dann die Laufbahn des Marquis de Siete Iglesias ein klägliches Ende. Der große Günstling Lerma hatte jedoch auch Feinde, darunter vor allem den Franziskanerbruder Juan de Santa Maria, die Priorin des Klosters de la Encarnación, Mariana de San José, die Königin Margarete von Österreich, und den Beichtvater des Königs, Pater Luis de Aliaga. Als die Königin starb, entstand das Gerücht im Schlosse, Don Rodrigo habe diesen Tod verursacht. Man behauptete, der Marquis habe die Dienerschaft bestochen, der kranken Königin ein Gift in die Speisen zu mischen, um so ihr Ende schneller herbeizuführen. Zur gleichen Zeit, als dieses Gerücht sich erhob, wurde Don Cristóbal de Sandoval y Rojas, Marquis von Cea und späterer Herzog von Uceda, der älteste Sohn des Herzogs von Lerma, bei Hofe vorgestellt. Der Sohn begann alsbald den Boden, auf dem sein Vater stand, zu
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unterminieren, und nach kurzer Zeit schon kam es zum offenen Bruch. Lerma bat um die Erlaubnis, sich auf seine Besitzungen zurückziehen zu dürfen, und der König erwiderte ihm trocken: „Wenn Ihr Euch zurückziehen wollt, Graf, so könnt Ihr dies jederzeit tun." Lerma, der stets eine offene Hand für Klöster und fromme Stiftungen gehabt hatte, bat jetzt beim Pontifikat um den Kardinalshut, der ihm denn auch von Papst Paul V. bereitwilligst gewährt wurde. Im Besitz seiner neuen Würde ging Lerma nun wieder an den Hof und bemühte sich, seine frühere Vertrauensstellung zurückzugewinnen, bis der König, der diese Intrigen satt hatte und nach einem neuen Günstling verlangte, ihm eines Tages durch den Prior des Eskorials mitteilen ließ, er gestatte ihm, sich auf seine Besitzungen in Lerma zurückzuziehen. Damit hatten die Feinde des Herzogs ihr Spiel gewonnen: die Erlaubnis des Königs bedeutete eine ehrenvolle Verbannung. So machte sich denn der gefallene Minister, der zwanzig Jahre hindurch das Reich beherrscht und alle Attribute der Macht, außer dem Königstitel und dem Szepter, sein eigen genannt hatte, über das Guadarramagebirge auf den Weg nach Lerma. W a r Lerma schon ein recht mittelmäßig begabter Mensch gewesen, so war Uceda geradezu unfähig. Sein Aufstieg zum Günstling des Königs jedoch bedeutete den Abschied für alle Vertrauten seines Vaters, vor allem für Rodrigo Calderön, gegen den jetzt ein Prozeß eingeleitet wurde. Audi Don Garcia de Pareja, der Verfasser der „Memorias de Gil Blas de Santillana", befand sich unter den Gestürzten. Uceda blieb bis zum Tode des Königs dessen Vertrauter. Als er die Nachricht vom Ableben Philipps III. erhielt, rief er aus: „Der König ist gestorben — dann bin ich auch tot!" D i e a u s l ä n d i s c h e n K r i e g e . Mit England lag Spanien schon seit Beginn der Regierungszeit Philipps III. im Kriege. Man hatte eine Flotte ausgerüstet und einen Landungsversuch auf den Britischen Inseln unternommen. Das katholische Irland ertrug nur mit größtem Widerwillen das englische Joch, und so stellte Spanien denn zugunsten Irlands ein Expeditionskorps von 4000 Mann auf die Beine, das unter Führung Don Juan de Aguilars in Kinsale landete. Ocampo, ein anderer spanischer Heerführer, landete mit 2000 Spaniern in Baltimore. In einer nun folgenden Schlacht wurden jedoch Iren und Spanier besiegt, und die spanischen Truppen mußten unter ehrenhaften Bedingungen die Waffen strecken. Als dann Königin Elisabeth starb, folgte ihr Jakob I. aus dem Hause Stuart, der Sohn der unglücklichen Maria Stuart, auf dem englischen Thron. Der neue König bemühte sich um die Freundschaft Spaniens, da er den Katholiken günstig gesinnt war und ihn außerdem eine persönliche Freundschaft mit dem spanischen Botschafter in London, Don Diego Sarmiento de Acuna, Graf von Gondomar, verband. Ballesteros, Spanien
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In Frankreich stieß die spanische Politik auf die größten Schwierigkeiten, da Heinrich IV. den Wunsch hegte, das Haus Habsburg in seinen beiden Linien, der österreichischen und der spanischen, zu vernichten und in Verfolgung dieser Absichten Pläne zu einer großen christlichen Republik oder einem Völkerbund entworfen hatte. Der Tod befreite Spanien schließlich von diesem klugen und rührigen Feind, der sonst dem schon stark mitgenommenen spanischen Ruf in Europa wohl noch manchen harten Schlag versetzt hätte. Cárdenas, der spanische Botschafter in Frankreich, hatte, ebenso wie der schlaue Graf von Fuentes, stets auf der Hut sein müssen, um den Anschlägen dieses ersten Bourbonenkönigs auszuweichen. Der Dolch des Mörders Ravaillac machte dem Leben Heinrichs von Frankreich ein vorzeitiges Ende. Ihm folgte sein Sohn Ludwig XIII., für den Maria von Medici die Regentschaft übernahm. Zu dieser Zeit wurden, die Vermählungen Annas von Österreich, der Tochter Philipps III., mit Ludwig XIII., und des spanischen Thronerben Philipp mit Elisabeth von Bourbon vereinbart. In Flandern ging der Krieg weiter. Die Niederländer wollten die Herrschaft der Infantin Isalbella Klara Eugenie und ihres Gatten, des Erzherzogs Albrecht, nicht anerkennen und hatten sich unter Führung ihres ruhmreichen Feldherrn Moritz von Nassau erhoben. Spanien unterstützte die Schwester seines Königs. Das spanische Geschwader kämpfte erfolgreich, der Erzherzog dagegen wurde von seinem erfahrenen Gegner in der Schlacht bei Niewport (1600) geschlagen. Das Feldherrngenie des Nassauers, dem wir, wenn er auch ein Feind Spaniens gewesen ist, seine geschichtlich anerkannten militärischen Talente nicht streitig machefi wollen, setzte sich bei dieser Gelegenheit in großartiger Weise durch. Mit 15 000 Mann landete Moritz in Ostende und marschierte entlang der Küste, ohne dabei seine Flotte aus den Augen zu verlieren. Der Erzherzog rückte inzwischen mit seinen Truppen heran, um das durch die Feinde bedrohte Niewport zu entsetzen. Nassau hatte sein Heer in der für ihn charakteristischen Formation in drei Schlachtreihen aufgestellt und erwartete das Herannahen seines Gegners. Nun griff die spanische Infanterie die Vorhut der Niederländer an, die daraufhin zurückwich. Die spanischen Soldaten mußten im tiefen Sand waten, und als bald auch die Flut einsetzte und gegen die Spanier andrängte, gerieten die Reihen in größte Verwirrung. Diesen Augenblick machte sich der Holländer zunutze; er setzte seine Artillerie gegen die spanische Reiterei ein und richtete damit die größten Verheerungen an. Das Fußvolk der Spanier jedoch kam treu seiner Aufgabe nach: es stürzte sich auf die erste Schlachtreihe des Feindes und rollte sie auf; auch die zweite Schlachtreihe der Holländer, die nun nach vorn drängte, konnte dem Ansturm der Spanier nicht widerstehen. Jetzt aber
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warf Moritz seine Reserven als dritte Schlachtreihe nach vorn und konnte damit den Kampf zu seinen Gunsten entscheiden. Die spanische Infanterie hielt dem Angriff zwar tapfer stand, doch nun begannen die holländischen Schiffsgeschütze von der Flanke her ihr Feuer auf die Spanier zu eröffnen, so daß diese zurückweichen mußten. Moritz von Nassau verließ als Sieger das Schlachtfeld. Daraufhin übernahm der berühmte Ambrosio de Spinola aus Genua den Oberbefehl über die spanischen Truppen. Es gelang ihm, verschiedene Meutereien im Heere niederzuschlagen und Ostende zu nehmen (1604). Die spanische Staatskasse jedoch konnte die Kosten eines weiteren Krieges nicht mehr tragen. Die Holländer und die Flamen sehnten sich nach Frieden, und wenn die Erbitterung auf beiden Seiten auch zu groß war, als daß man dieses Wort ausgesprochen hätte, so hatte doch andererseits die Erschöpfung derartige Ausmaße angenommen, daß man sich auf einen zwölfjährigen Waffenstillstand einigte (Den Haag, 1609). In diesem Waffenstillstand wurde die Unabhängigkeit der vereinigten holländischen Provinzen, die sich zu einer von einem sogenannten „Stathouder" regierten Republik zusammengeschlossen hatten, anerkannt. Zwei Jahre zuvor hatte die spanische Flotte auf der Höhe von Gibraltar eine schmähliche Niederlage erleiden müssen. Nun aber brach der Dreißigjährige Krieg aus, der letzte große Religionskrieg zwischen Katholiken und Protestanten. Kaiser Ferdinand II. zählte auf die Hilfe Spaniens, die ihm auch zuteil wurde: Philipp III. sandte ein Korps von 8000 Mann aus den Niederlanden und dazu noch Spinola mit, weiteren 30000 Mann. Die Katholiken kämpften gegen Friedrich V., den Kurfürsten der Pfalz, der mit Hilfe der Protestanten die deutsche Kaiserkrone zu erringen hoffte. Der gefährlichste Gegner Friedrichs war Maximilian von Bayern, dessen Heer dem Befehl des berühmten flämischen Generals Tilly unterstand. Die bayrischen Truppen drangen in Böhmen ein, vereinigten sich dort mit anderen katholischen Streitkräften und besiegten den Kurfürsten in der Schlacht am Weißen Berge in der Nähe Prags. Auch bei diesem Kampf tat sich die tapfere spanische Infanterie wieder einmal rühmlichst hervor. Die kaiserlichen Truppen Tillys waren bereits geschlagen und drängten zurück, als Bucquoy mit Unterstützung des Führers der Wallonen, Oberst Guillermo Verdugo, den Kampf wieder aufnahm und ihn zugunsten der Katholiken entscheiden konnte. Infolge dieses Sieges konnte der Kaiser seine Autorität auch in Böhmen behaupten. Spinola nahm mit seinen Truppen an den erfolgreichen Kämpfen in der Pfalz teil und eroberte dieses Gebiet. So erfüllte Spanien die moralische Verpflichtung, die es freiwillig als älterer Zweig des Hauses Habsburg übernommen hatte und beschützte 20*
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den jüngeren Zweig auf deutschem Boden gegen seine inneren Feinde. Bald schon sollte die Verantwortung, die auf Spanien lastete, noch schwerer werden, denn es sollten dem Hause Habsburg neue Feinde erstehen in Dänemark und Schweden und vor allem in Frankreich, das eifrigst bestrebt war, Spanien zu demütigen, seine Macht zu schmälern und so den Revanchekampf durchzuführen, den es schon seit hundert Jahren herbeisehnte. In Italien wurden die Hegemonie des Königs von Spanien anerkannt und seine Oberherrschaft in Neapel und Mailand respektiert. Nur Karl Emanuel von Savoyen, der Sohn des Helden von Saint-Quentin, wollte sich den Entscheidungen Philipps III. nicht unterwerfen. In Spanien war man empört über eine solche Undankbarkeit des Savoyers, der sein Reich schließlich dem Vertrag von Cateau-Cambresis zu verdanken hatte. Der Zwist brach aus, als beim Tode Franz IV. aus dem Hause Gonzaga dessen Bruder, der Kardinal Ferdinand, Mantua und Monferrato erbte. Jetzt machte Karl Emanuel I. von Savoyen seine Erbansprüche auf Monferrato geltend und marschierte gegen den ausdrücklichen Willen Madrids und entgegen dem energischen „Gehorcht!", das ihm der Graf von Lerma hatte zurufen lassen, in das Herzogtum ein. Nach einem vierjährigen Krieg, der sich um Vercelli und in der Lombardei abspielte, sah sich der Savoyer gezwungen, sich den Verträgen von Madrid und Pavia zu unterwerfen, die seine vollständige Abrüstung forderten (1617). ü b e r den Besitz des Herzogtums Monferrato sollte im Hofrat des Kaisers entschieden werden. Karl Emanuel jedoch hatte, wie ein zeitgenössischer Italiener es ausdrückt, sich das Vergnügen gemacht, „das Rasierbecken unter den Bart jenes großen Wergkolosses (wie man Spanien in jener Epoche nannte) gehalten zu haben". Diejenigen, die das Ansehen Spaniens in Italien aufrechterhalten hatten, waren der Statthalter von Mailand, Graf von Fuentes de Valdepero, und einer seiner Nachfolger, der Marquis von Villafranca, gewesen. Ihnen zur Seite standen der spanische Gesandte in Venedig, Marquis von Bedmar, und der Vizekönig von Neapel, Herzog von Osuna. Der Graf von Fuentes hielt die Truppen Karl Emanuels im Schach, und obgleich der auf ihn folgende Marquis von San Germán den für Spanien ungünstigen Friedensschluß von Asti im Jahre 1615 unterzeichnen mußte, der von Madrid nicht anerkannt wurde, gelang es schließlich doch den vereinten Kräften Osunas, Bedmars und Villafrancas, den Savoyer zur Niederlegung der Waffen zu zwingen. Der eben erwähnte Herzog von Osuna, Don Pedro Téllez Girón, war eine der repräsentativen Gestalten großen Formats in der italienischen Politik seiner Zeit. Er hatte alle Mittel angewandt, um seine Ernennung zum Vizekönig von Neapel durchzusetzen. Sein Vorgehen und seine
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Machenschaften waren jedoch so verdächtig, daß man sogar den Argwohn hegte, er denke daran, sidi ein unabhängiges Reich zu begründen. In seinem grenzenlosen Ehrgeiz plante er die Eroberung Mazedoniens und die Vertreibung der Türken aus Europa. Sein Stolz und Hochmut waren so ungeheuer, daß er anläßlich der Hochzeit seiner Tochter die Kronjuwelen im Palast von Neapel ausstellen ließ und sich mit den Worten: „Sie steht mir nicht schlecht!" die Königskrone auf den Kopf setzte. Auf diesen Vorfall gründete sich eine der Hauptanklagen in einem mehrere Jahre später gegen den Herzog angestrengten Prozeß. Zeitgenossen Osunas „des Großen" waren zwei Persönlichkeiten, deren wir bereits Erwähnung getan haben: der Statthalter von Mailand, Don Pedro de Toledo aus dem Hause Alba, und der spanische Gesandte in Venedig, Don Alfonso de la Cueva, Marquis von Bedmar. Diese drei Männer bildeten eine Art Triumvirat, um Italien zu beherrschen und es der Hegemonie Spaniens zu unterwerfen. Vor allem richteten sich ihre Pläne gegen die Republik Venedig, deren Haltung in Spanien aus mehr als einem Grunde Anlaß zu Mißstimmung gegeben hatte. Die Sympathie Venedigs war stets auf seiten Frankreichs gewesen, und mit venezianischem Gold hatte man holländische Heere ausgerüstet, die in den Niederlanden gegen Spanien kämpfen sollten. Schließlich hatte auch Karl Emanuel von Savoyen hier geheime Helfer gefunden, die ihm Mittel zur Verfügung stellten und seine Pläne unterstützten. Schon Fuentes de Valdepero hatte sich zugunsten des Pontifikats in die Innenpolitik Venedigs eingemischt und die Respektierung gewisser doktrinärer Verordnungen des Heiligen Stuhls seiten der Republik durchgesetzt. Nun sandte der Herzog von Osuna, der über eine mächtige Flotte verfügte, seine Schiffe über die Adria und erregte damit große Bestürzung in Venedig. Die Historiker berichten von einer Verschwörung der drei obengenannten Männer, die darauf abzielte, Venedig zu erobern und dem spanischen Reich einzugliedern. Nach diesem Bericht, der durchaus nicht unwahrscheinlich klingt, war vereinbart worden, daß eine Gruppe von Abenteurern, die sich in der Hauptsache aus Franzosen und Holländern zusammensetzte und von Osuna bezahlt wurde, der seinerseits wieder mit dem Statthalter von Mailand und Bedmar im Einvernehmen stand, an einem bestimmten Tage .las Arsenal von Venedig in Brand stecken und das Münzhaus stürmen und plündern sollte. Dann sollte die neapolitanische Flotte anrücken und sich Venedigs bemächtigen. Diese Verschwörung wurde, wie erzählt wird, von den Inquisitoren des Staates entdeckt, worauf eine ganze Reihe von Beteiligten zum Tode verurteilt wurden. Infolge der schwankenden Haltung Osunas und der hierdurch verursachten Hinauszögerung soll, wie behauptet wird, der Plan gescheitert sein.
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Dem Vizekönig von Neapel gebührt auch der Ruhm, den Seeräubern, die das Mittelmeer unsicher machten, ihre gerechte Strafe erteilt zu haben. Er verteidigte Messina gegen die Türken und bemächtigte sich Laraches. Im Gebiet dieses letzteren Reiches kämpften Doria, Diego de Silva, der Marquis von Santa Cruz und Diego Fajardo erfolgreich gegen Berber und Türken. D i e A u s w e i s u n g d e r M o r i s k e n . Der folgenschwerste Entschluß, den Philipp III. während seiner ganzen Regierungszeit gefällt hat, betrifft die Ausweisung eines Teiles der Bevölkerung der Pyrenäenhalbinsel, und zwar gerade jenes Teiles, der mit Recht als der fleißigste galt und die größte Begabung für die Kultivierung des Bodens in Ostspanien aufwies. Die tatsächlichen oder angeblichen Gründe, die zu dieser Maßnahme führten, sind sehr verschiedener Natur. In erster Linie erklärte man, die Morisken ständen im geheimen Einvernehmen mit den berberischen Seeräubern und bedeuteten somit eine große Gefahr nicht nur für die öffentliche Sicherheit und Ruhe, sondern auch für den Bestand des Reiches selbst. Weitere Anklagen, die etwas mehr ins einzelne gingen, lauteten dahin, daß man den Morisken gewisse geheime Abmachungen mit Frankreich vorwarf. Im Volke waren die Morisken verhaßt, da sie als habgierig und geizig galten. Man nannte sie den „Schwamm, der den Reichtum Spaniens aufsaugt". Am begründetsten waren die Anklagen, die man auf religiösem Gebiet gegen die Morisken erhob, denn es traf tatsächlich zu, daß ihr christlicher Glaube nur auf schwachen Füßen stand, und man behauptete allgemein, daß sie insgeheim noch den muslimischen Riten anhingen. Da sie sparsam und nüchtern lebten und gute Wirtschafter waren, ergab es sich von selbst, daß sie, ebenso wie einst die Juden, beträchtliche Vermögen ansammelten. Sie heirateten nur untereinander und hatten zumeist zahlreiche Nachkommenschaft, so daß die moriskische Bevölkerung ständig zunahm, während die rein christliche Bevölkerung der Halbinsel durch die Auswanderung nach Amerika in einer dauernden Abnahme begriffen war; der Maure hingegen, der seiner seßhaften Lebensweise treu blieb, wanderte so gut wie nie aus. In der Hauptsache widmeten sich die Morisken der Landwirtschaft oder dem Handel; Ehelosigkeit war ihnen ein Greuel, und mit inniger Liebe hingen sie an dem Land, in dem sie geboren waren. Es gab auch Spanier, die die Morisken verteidigten, vor allem die Angehörigen des valencianischen Landadels, denen der Fleiß der Morisken die besten Renten einbrachte. In politischer Hinsicht standen sie treu zu ihrem Herrscher, was dagegen die Religion betraf, so häuften sich die Berichte über den passiven Widerstand, den sie allen Ermahnungen der christlichen Priester entgegensetzten, und die tausend Listen und Ränke, die sie
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anwandten, um sich ihre muhammedanischen Gebräuche zu erhalten. Einen großen Verteidiger hatten sie in dem Bischof von Segorbe, Don Feliciano de Figueroa, der sich immer wieder vergebens um ihre Bekehrung bemühte. Der fromme Erzbischof von Valencia, Juan de Ribera (ein natürlicher Sohn des Marquis von Tarifa, Don Per Afán de Ribera), setzte ebenfalls seinen höchsten Ehrgeiz darein, eine Bekehrung der Morisken zu erreichen; als er jedoch einsehen mußte, mit wie wenig Erfolg seine Bemühungen gekrönt waren, verwandelte er sich in einen entschiedenen Vertreter der Ausweisung. Als Lerma dem Schwächling Philipp III. den Vorschlag zur Ausweisung der Morisken unterbreitete, erwiderte dieser nur: „Ein großer Entschluß! Fällt Ihr ihn, Graf!" Schließlich wurde das Ausweisungsdekret veröffentlicht (1609). Binnen einer Frist von drei Tagen, so lautete die Bestimmung, mußten die Morisken das Land verlassen, wobei sie alles, was sie tragen konnten, mit sich nehmen durften. Es war ihnen jedoch verboten, sich in andere spanische Provinzen zu begeben. Nun wurden die Ärmsten das Opfer zahlloser Anschläge und Quälereien. Es kam zu Raubüberfällen und Morden, die keinerlei Bestrafung zur Folge hatten. In Valencia, Alicante, Denia, Vinaroz und los Alfaques gingen die Ausgewiesenen an Bord. Verschiedene spanische Edelleute, wie der Herzog von Gandia, der Herzog von Maqueda und der Marquis von Albaida, begleiteten die Morisken bis zum Ort ihrer Einschiffung und beschützten sie gegen alle Übergriffe seitens der Bevölkerung. Kaum waren die Unglücklichen jedoch in der Berberei angekommen, als sie neuen Gewaltstreichen ausgesetzt waren. Eine Gruppe von Morisken versuchte im Küstenbereich von Alicante noch Widerstand zu leisten, und ihr Führer namens Turigi verschanzte sidi auf der Mole von Cortes. Als jedoch die königlichen Truppen anrückten, war der Widerstand bald niedergeschlagen. Turigi fiel im Kampf gegen die Spanier. Auf die Ausweisung der Morisken aus Valencia folgte bald ein gleidilautendes Dekret für Kastilien, die Mandia und Extremadura. Später wurden die Morisken auch aus Andalusien und Aragón ausgewiesen (1610), einige Zeit darauf ereilte ein gleiches Geschick die maurische Bevölkerung von Katalonien (1611) und Murcia (1614). Der Herzog von Lerma und sein Kreis soll, wie erzählt wird, anläßlich dieser Ausweisung eine Summe von fünfeinhalb Millionen Realen eingesteckt haben. Diese Maßnahme Spaniens nannte Richelieu „den gewagtesten und barbarischsten Entschluß, von dem die Gesdiichte aller Jahrhunderte zu berichten weiß' 7 ; doch hatte dieser Ausspruch des französischen Kardinals naturgemäß nur wenig Einfluß auf die öffentliche Meinung in Spanien. Auch konnte derjenige, der diese harten Worte über den spanischen Minister äußerte, nicht ahnen, daß schon der nächste König auf dem französischen
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Thron, Ludwig XIV., das Edikt von Nantes widerrufen und damit die Auswanderung der französischen Protestanten nach England, Holland und Deutschland verursachen würde. Der gleiche Bourbonenkönig sollte auch die berühmten grausamen „Dragonnaden" gegen die unglücklichen Ketzer veröffentlichen. Man war damals so überzeugt, daß die religiöse Einheit zur Erhaltung des Staates unbedingt notwendig sei, daß die Maßnahme des Königs die Zustimmung des Volkes fand. Diese Ansicht spiegelt sich z. B. in einer Stelle des „Don Quijote", in der Cervantes den Morisken Ricote auftreten läßt. Dieser sagt hier: „Es war wohl eine göttliche Eingebung, die Seine Majestät hatte, als sie diesen großartigen Entschluß faßte. Zwar waren wir durchaus nicht alle schuldig und es gab schon ein paar überzeugte und ehrliche Christen unter uns; doch waren dies so wenige, daß sie sich den anderen gegenüber nicht durchsetzen konnten, und es ist nun einmal nicht gut, eine Schlange am Busen zu nähren, wenn man so viele Feinde im Hause hat." So beurteilte Cervantes die Ausweisung der Morisken. D i e l e t z t e n J a h r e d e r R e g i e r u n g s z e i t . In der Neuen Welt kam es zu immer neuen Angriffen der englischen, französischen und holländischen Seeräuber. Den letzteren gelang es, sich an der Küste von Malabar und Bengalen sowie auf den Molukken, auf Java, Borneo, Celebes und Joló festzusetzen. Spanische Geschwader, die von Manila ausliefen, konnten daraufhin die Holländer wieder von den Molukken vertreiben. Eine andere Expedition, die Sir Walter Raleigh auf der Suche nach dem „Dorado", dem berühmten Goldland, nach Guyana veranstaltete, war zum Scheitern verurteilt. Zur gleichen Zeit unterwarf Juan de Oñate Neumexiko und Navarrete konnte die Araukaner endlich niederzwingen. Die wichtigste Tat auf geographischem Gebiet war jedoch die Entdeckung eines Kontinents im Pazifischen Ozean durch den Spanier Pedro Fernández de Quirós, der die Inselgruppe von Tuamotú, die Unions- und die Banksinseln erforschte und dem neuen Kontinent zu Ehren der österreichischen Dynastie, die damals die Geschicke Spaniens lenkte, den Namen „Australia" gab. Das Leben Philipps III., des „Milden", der sich ganz und gar seinen beiden aufeinanderfolgenden Günstlingen Lerma und Uceda ausgeliefert hatte, verlief inzwischen in größter Ruhe. Er kümmerte sich kaum um die Ausübung seiner Herrschergewalt und den Gang der Regierungsgeschäfte, sondern widmete sich in sorgloser Muße seinen harmlosen Zeitvertreiben und Jagdvergnügungen. Es wird berichtet, daß er befohlen hatte, jeden, der ungerufen zu seinem Aufenthaltsort vordrang und so seine königliche Ruhe stören konnte, zu bestrafen. „Ihre Majestäten sind hergekommen, um sich zu vergnügen und nicht, um sich mit Regierungsgeschäften zu befassen" pflegten seine Wachtsoldaten zu sagen. Mit Recht könnte man diesen König
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unter all die untätigen Herrscher der Neuzeit einreihen — leider aber hatten seine Bevollmächtigten weder die Fähigkeit, noch die Energie, noch die moralische Autorität, um ihn zu ersetzen. Bei seiner letzten Beichte kurz vor seinem Tode soll Philipp mit erhobener Stimme erklärt haben: „Wir werden vor Gott eine gute Rechenschaft über unsere Regierung ablegen können!" P h i l i p p IV. (1621 —1665). Mit sechzehn Jahren bereits bestieg der Nachfolger Philipps III. den spanischen Thron, und schon erhob sich neben ihm der Schatten eines Günstlings, der allen Launen und Eingebungen des jungen Herrschers Vorschub geleistet und sich so sofort nach seinem Auftauchen im Königlichen Rat die Macht über ihn gesichert hatte. Dieser Mann war der Graf von Olivares, Don Gaspar de Guzmán, der noch mehr als nach Reichtümern nach Macht und Befehlsgewalt strebte und schon beim Tode Philipps III. zum Herzog von Uceda gesagt hatte: „Jetzt ist alles mein!" Und so war es in der T a t : jeder Wille Philipps IV. mußte vor dem seinen verstummen. Drei Tage nach seiner Krönung schon hatte der neue König bei der Tafel seinem Günstling gestattet, sein Haupt zu bedecken, und das war das Zeichen, daß Olivares die Grandenwürde erlangt hatte, nach der seine eitle Seele begehrte. Die einflußreichen Persönlichkeiten aus der Regierungszeit des verstorbenen Königs zitterten jetzt mit Recht um ihre Ämter; denn vom ersten Augenblick an, als Olivares die Zügel der Regierung ergriffen hatte, galt sein Bestreben einer vollständigen Umordnung, um seine eigene Stellung zu befestigen und auszubauen. So entfernte er zunächst sämtliche Vertrauten des Herzogs von Uceda vom Hofe und schickte sie in die Verbannung. Dem Vater Ucedas ließ er die Weisung zukommen, er solle in seinem jetzigen Aufenthaltsort verbleiben. Eins der ersten Opfer der Herrschsucht des Grafen von Olivares war der Vizekönig von Sizilien und Neapel, der prunkliebende und freigebige Herzog von Osuna, dessen Haus von der spanischen Garde umstellt wurde, während einige Soldaten ihn mit vorgestreckten Lanzen aufforderten, ihnen ins Gefängnis zu folgen. Auch die Dienerschaft und die Freunde des Herzogs, unter denen sich Francisco de Quevedo befand, wurden in Haft genommen. Der frühere Vizekönig, den man verschiedener in Italien begangener Unterschlagungen beschuldigte, hatte bisher alle Verleumdungen und üblen Nachreden nicht beachtet und an seinem Hof einen nie dagewesenen Glanz entfaltet. Nun, wo er ein Gefangener des Grafen von Olivares war, sollte er bis zu seinem Tode alle Demütigungen standhaft ertragen. Einige Monate nach der Gefangennahme des Herzogs von Osuna wurde ein anderer Machthaber aus der Zeit Philipps III., der wegen seines Hochmuts überall verhaßte Marquis de Siete Iglesias, Rodrigo Calderón, zum
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Richtplatz geführt. In Begleitung einer ganzen Schar von Bütteln, Herolden und anderen Geriditspersonen wurde Don Rodrigo, mit einem schwarzen Gewand angetan, auf einem Maulesel durch die Straßen Madrids geführt. Als er am Galgen ankam, benahm er sich so stolz und hochfahrend, daß sein Verhalten Anlaß zu einem später allbekannten Kehrreim gab. Dann wurde auch der Pater Aliaga, der Beichtvater des verstorbenen Königs, verbannt, und schließlich richteten sich die Verfolgungen des Grafen von Olivares gegen den Herzog von Uceda selbst. Gleichzeitig verteilte der Günstling des neuen Königs reiche Geschenke an seine Verwandten und Freunde und suchte seine eigene Macht zu befestigen, indem er dem Herrscher die Schwierigkeiten und Lasten der Regierungsgeschäfte als so groß und ermüdend schilderte, daß dieser entsetzt ablehnte, sich damit zu befassen. D i e a u s l ä n d i s c h e n K r i e g e . Aus der spanischen Machtstellung in Norditalien ergab sich eine ständige geheime Feindschaft gegen Venedig und Frankreich, aus der schließlich ein offener Konflikt hinsichtlich des Veltlin, des Gebiets an der oberen Adda, erwuchs, dessen katholische Bewohner von den protestantischen Graubündnern unterdrückt wurden. Der französische Minister Graf Richelieu entschloß sich als unermüdlicher Feind des Hauses Habsburg, die Graubündner zu unterstützen, um auf diese Weise der spanischen Vorherrschaft im Veltlin ein Ende zu machen, das als Bindeglied zwischen dem Reich und den spanischen Besitzungen in Italien von größter strategischer Bedeutung war. Binnen kurzem brachte er eine Lige zustande, der außer Frankreich noch Venedig, Savoyen und Holland angehörten. Nun mußte sich auch die spanische Regierung auf einen Krieg rüsten. Vor Ausbruch desselben sandte der Papst noch eine Botschaft an den König von Frankreich, um diesen umzustimmen; Ludwig XIII. aber, der den Krieg wollte, antwortete: „Wenn Philipp zuerst die Waffen gegen mich erhebt, werde ich sie als letzter niederlegen." Nach einigen Kämpfen, die für Spanien, das von der See her Genua und zu Lande Monferrato schützte, günstig ausliefen, wurde im Jahre 1626 der Vertrag von Monzon geschlossen, in welchem das Veltlin als unabhängig erklärt wurde. Wenige Jahre darauf jedoch entbrannte der Krieg von neuem, bis schließlich im Jahre 1637 das Veltlin an Graubünden zurückfiel, wobei allerdings die Bestimmung getroffen wurde, daß die Bewohner ihre katholische Religion beibehalten durften und die Habsburger freien Durchzug durch das Gebiet erhielten. Noch einmal griff Spanien in diesen Jahren in die inneren Angelegenheiten Italiens ein, und zwar anläßlich des Erbfolgestreits um das Herzogtum Mantua. Der „Conde-duque", wie Olivares genannt wurde, gab sich unglücklicherweise die größte Mühe, den vom Kaiser vorgeschlagenen
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Fürsten von Guastalla, Ferrante Gonzaga, gegen den Favoriten Frankreichs, den Herzog von Nevers, Carlo Gonzaga, durchzusetzen. Man entschloß sich endlich, diesen Streit mit den Waffen zu entscheiden und schloß dann nach einigen Jahren, in denen Spanien die nutzlosesten Opfer an Geld und Menschen gebracht hatte, den für Frankreich günstigen Friedensvertrag von Casal. Als der berühmte Feldherr Ambrosio de Spinola ihn unterzeichnen sollte, sagte er: „Man hat mich entehrt!" Olivares dagegen schien in seiner hochmütigen Beschränktheit dieses unheilvolle Unternehmen durchaus nicht so aufzufassen. Als er kurz darauf mit dem englischen Botschafter einen Spaziergang durch den Park von Buen Retiro unternahm, wies er auf eine dichtbelaubte Pappelallee und meinte in zufriedenem Tone: „Sehen Sie hier diesen Ort, Euer Gnaden! An dieser Stelle wurde der Entschluß gefaßt, den Krieg um Mantua und Monferrao zu erklären." Inzwischen hatten auch in Flandern die Dinge einen ernsten Verlauf genommen. Bei der Thronbesteigung Philipps IV. war der Waffenstillstand mit den Holländern abgelaufen, die in ihrem stolzen Unabhängigkeitsverlanigen mit einer gewissen Verachtung auf den Statthalter Erzherzog Albrecht blickten und in jeder Hinsicht wieder auf einen Krieg hinarbeiteten, dem Olivares keineswegs auszuweichen gesinnt war. Als dann die Feindseligkeiten zum Ausbruch kamen, konnten die Spanier einige Erfolge über die Holländer in Flandern erringen und die holländische Flotte in der Meerenge von Gibraltar sowie an den Küsten Amerikas schlagen. Philipp IV. war stolz auf den günstigen Ausgang dieser Kämpfe, und Ambrosio de Spinola wagte sich jetzt an die Umzingelung des als uneinnehmbar geltenden Breda, das er denn auch nach einer Belagerung von zehn Monaten zur Ubergabe zwang (1626). In der Folgezeit gelang es Spinola, für einige Jahre den Ruf der spanischen Monarchie hier aufrechtzuerhalten; als er jedoch im ungelegensten Augenblick von Flandern nach Italien abberufen wurde, machten sich die Holländer seine Abwesenheit zunutze und besetzten mehrere Städte. Immer neue Generäle werden aus Spanien gesandt, doch keiner konnte einen Erfolg erringen, bis dann im Jahre 1633 Isabella Klara Eulgenie, die Witwe «des Erzherzogs Albrecht und Statthalterin der Niederlande, starb und die niederländischen Provinzen, wie es vertraglich festgelegt war, an die spanische Krone zurückfielen, da die berühmte Tochter Philipps II. keine leiblichen Nachkommen hinterlassen hatte. Nun wurde der Bruder des Königs, der Kardinal-Infant Ferdinand, zum Statthalter jener Gebiete ausersehen. Diese Wahl, die außerordentlich glücklich zu nennen ist, war im Grunde genommen einzig und allein dem Wunsch des Conde-Duque zuzuschreiben, der die Brüder des Herrschers aus dessen Nähe entfernen wollte. Auf dem europäischen Kontinent war Spanien also in dauernde Kriege
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verwickelt. Mit England hatte man in den ersten Regierungsjahren Philipps IV. gewisse Verhandlungen geführt, die bereits zur Zeit Philipps III. eingeleitet worden waren und darauf abzielten, eine Heirat zwischen Karl, dem Erben der englischen Krone, und der Infantin Maria, der Schwester Philipp IV., zustande zu bringen. Um diese Verhandlungen abzuschließen, erschien unvermutet und inkognito der Prinz von Wales selbst mit seinem Günstling Buckingharn in Madrid und wurde am spanischen Hof glänzend empfangen. Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt in Madrid jedoch nahm Karl einen herzlichen Abschied und kehrte in sein Vaterland zurück, ohne daß man in Sachen der Heirat zu einem endgültigen Entschluß gekommen wäre. Dieser Mißerfolg des englischen Besuches ist wahrscheinlich der Verzögerungstaktik des Conde-Duque von Olivares zuzuschreiben, der eifersüchtig gegen Buckingharn intrigierte. Kurz vor seiner Abreise sagte der Engländer zu Olivares: „Ich werde stets ein demütiger Diener des Königs, der Königin und der Prinzessin sein, niemals aber der Eure!" — „Ergebensten Dank für diese Schmeichelei!" erwiderte Olivares ironisch. Die Verhandlungen wurden abgebrochen, der Engländer jedoch vergaß niemals die ihm zugefügte Kränkung, und als zwei Jahre später der damalige Prinz von Wales als Karl I. auf den englischen Thron saß, sandte er eine mächtige Flotte gegen Cádiz, die jedoch erfolgreich zurückgeschlagen wurde (1625). Obgleich Spanien schon übergenug mit den schwierigsten internationalen Problemen zu schaffen hatte, hatten Philipp IV. und Olivares in ihrer für die spanischen Reiche so unheilvollen Bedenkenlosigkeit den festen Vorsatz, Kaiser Ferdinand II. in den Kämpfen des furchtbaren Dreißigjährigen Krieges beizustehen, wann immer er die Hilfe Spaniens anfordern würde. Als daher im Jahre 1634 der Kardinal-Infant Ferdinand sich mit einem Heer von 18000 Mann nach den Niederlanden begab, um dort die Regierung anzutreten, forderte der Kaiser, der von den mit Frankreich verbündeten Schweden angegriffen wurde, seine Unterstützung an. Kühn und entschlossen wandte sich der Kardinal-Infant nach Deutschland, überschritt die Donau und stieß vor Nördlingen zu den kaiserlichen Truppen, die die Stadt belagerten und bereits eine Bresche in die Befestigungen geschlagen hatten. Die Ankunft Bernhards von Weimar jedoch, der zum Entsatz der Belagerten heranrückte, änderte die Lage, so daß beide Heere sich nun zur Schlacht rüsteten. Die Schweden versuchten unter der Führung des Herzogs von Weimar eine Anhöhe neben dem Lager der Kaiserlichen zu besetzen, und es gelang ihnen auch, hier vor den Spaniern einzutreffen. Diese jedoch konnten die wiederholten und heftigen Angriffe des Feindes abweisen und dann sogar
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selbst zur Offensive vorgehen, so daß die Schweden in die Flucht geschlagen wurden und 12000 Tote und Gefangene zurückließen. Der glänzende Sieg bei Nördlingen war also allein den spanischen Streitkräften zu verdanken, deren tapferes Fußvolk die berühmte schwedische Infanterie in den Staub zwang (7. September 1634). Der hier errungene Erfolg war von größter Bedeutung für den deutschen Kaiser, denn nun begannen die Schweden sich aus Bayern zurückzuziehen. Richelieu dagegen war durch die Niederlage seiner Verbündeten aufs höchste beunruhigt. Mit doppelter Energie suchte er jetzt in allen Teilen Europas den Krieg gegen Spanien und Österreich zu schüren, überall suchte er neue Verbündete: in Flandern paktierte er mit der holländischen Republik, in Deutschland mit den dortigen Protestanten und den Graubündnern, in Italien mit den Herzögen von Savoyen, Mantua und Parma. Die Heere kamen nicht zur Ruhe, und der Marquis von Leganés konnte verschiedene Erfolge im Herzogtum Mailand verzeichnen; unglücklicherweise jedoch war das Endergebnis der Kämpfe in Italien günstig für Frankreich. Der Kardinal-Infant kehrte inzwischen von seinem Sieg bei Nördlingen nach Brüssel zurück, wo ihm eine Kriegserklärung Ludwigs XIII. überreicht wurde. Verächtlich schleuderte er das Blatt zu Boden und machte sich sofort mit seinen Truppen auf den Vormarsch. Er hielt einen siegreichen Einzug in die Picardie und drang sogar bis in die Nähe von Paris vor, wo der entsetzte Richelieu alle Mittel in Bewegung setzte, um die Stadt für die Verteidigung vorzubereiten. Die Spanier sahen jedoch für diesmal von einem Angriff auf die französische Hauptstadt ab. In seiner maßlosen Erbitterung verlegte der französische Kardinal nunmehr den Kriegsschauplatz direkt an die spanische Grenze und ließ Roussillon und Cerdagne besetzen. Die Franzosen wurden jedoch in Katalonien und bei Fuenterrabia, das Condé im Jahre 1638 belagerte, zurückgeschlagen. Kurze Zeit darauf fiel Arras nach heldenhaften Verteidigungsversuchen in die Hand des Gegners. Spanien wurde jetzt vom Unglück verfolgt. Zwar starb Richelieu, doch sein Nachfolger, der Kardinal Mazarin, war ein ebenso erbitterter Feind Spaniens. Kurz nach dem Sturz des Conde-Duque von Olivares mußte die bisher unbesiegte spanische Infanterie vor Rocroy eine furchtbare Niederlage erleiden (Mai 1643). Der Portugiese Francisco de Melo, der nach dem Tode des KardinalInfanten Statthalter der Niederlande geworden war, drang mit seinen Truppen in Frankreich ein und belagerte Rocroy. Der junge Fürst von Condé kam der Stadt zu Hilfe. Auf Grund seiner ungeschickten Kriegsführung verlor Melo die Schlacht, die trotz ihres unglücklichen Verlaufs ein Ruhmes-
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blatt für den spanischen Heldengeist bedeutete. Der portugiesische Feldherr hatte den verhängnisvollen Irrtum begangen, die kampferprobte spanische Infanterie nicht in die Schlacht zu führen, sondern als Reserve zurückgelassen, so daß diese mit unerhörtem Mut dem Ansturm des schon siegreichen franzöischen Heeres standhalten mußte. Die französischen Geschütze rissen furchtbare Lücken in die diditen Reihen der Spanier, die sich jedoch immer wieder von neuem schlössen. Sie wichen und wankten nicht und erwarteten voller Gleichmut die herandrängenden feindlichen Heeresmassen, bis sie schließlich diesen schweren Angriffen, mit denen man eine Festung hätte erobern können, erlagen und ruhmvoll untergingen. Als die Feinde, die diesen unfaßlichen Mut bewunderten, einen der spanischen Helden fragten: „Wie viele wart ihr denn vor der Schlacht?", erwiderte dieser: „Zählt doch die Toten und die Gefangenen!" Der französische Feldherr trat nach Beendigung der Schlacht an die Leiche des Grafen von Fontaine, des Führers jener Infanterie, und rief: „Hätte ich nicht den Sieg errungen, so hätte ich mir gewünscht, so ruhmvoll wie dieser hier gefallen zu sein!" Auf diese Niederlage folgten noch mehrere für Spanien unglückliche Ereignisse, das nunmehr ganze Gebiet und eine Reihe von Städten in Italien und Flandern verlor. Nach der Niederlage, die die Spanier gemeinsam mit den deutschen Truppen in der Schlacht bei Lens erleiden mußten, begannen in Münster und Osnabrück die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden (1648), der den Niedergang Spaniens besiegelte. In Münster hatten sich die Bevollmächtigten des Kaisers, Frankreichs und Spaniens versammelt. Die wichtigsten Vertreter Spaniens waren der Schriftsteller Diego Saavedra Fajardo und der stolze und hochfahrende Graf von Peñaranda, Gaspar de Bracamonte. Der Kaiser, der so oft die spanische Hilfe in Anspruch genommen hatte, zeigte jetzt keinerlei Dankbarkeit, sondern überließ seine Bundesgenossen ihrem Schicksal. Die größte Demütigung für Spanien war die erzwungene Anerkennung der Vereinigten Holländischen Provinzen und das Zugeständnis des freien Handels zwischen beiden Nationen sowohl in Ostindien wie in Amerika. Frankreich stellte derartige Bedingungen, daß das Kabinett von Madrid ihre Annahme als unehrenhaft ablehnen mußte. Man konnte in Spanien eine solche Antwort gerade jetzt wagen, da die Regierung des Nachbarreichs durch den Ausbruch des Bürgerkriegs der „Fronde" in Schwierigkeiten geraten war. Erzherzog Leopold, der neue Statthalter der Niederlande, griff zugunsten Spaniens in diesen Kampf ein und konnte auf diese Weise den Schlag, den Mazarin in Flandern gegen die spanische Oberherrschaft plante, zunichte machen. Der große Feldherr Turenne ging zunächst zu den Spaniern über, bereute aber kurz darauf diesen Entschluß und
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vereinigte sich mit der französischen Königspartei. Der Prinz von Condé und Sieger von Rocroy dagegen stand jetzt ganz und gar auf der spanischen Seite und wurde zum Oberbefehlshaber des spanischen Heeres ernannt. Philipp IV. sandte von San Sebastián aus ein Geschwader, das in dem von den französischen Königstruppen eingeschlossenen Bordeaux Truppen landete. Nachdem auch Dünkirchen in die Hände der Spanier gefallen war, schien die Lage für die spanischen Waffen die denkbar günstigsten Aussichten zu bieten. Schon bald aber konnte Turenne aus den Mißhelligkeiten zwischen den einzelnen spanischen Heerführern (Condé, Fuensaldaña, Erzherzog Leopold und Karl von Lothringen) einen Vorteil ziehen und sich mehrerer Städte bemächtigen, wobei ihm die genaue Kenntnis des Geländes, die er sich seinerzeit als Führer der spanischen Truppen erworben hatte, sehr zustatten kam. Der Erzherzog Leopold wurde durch Juan de Austria, einen natürlichen Sohn Philipps IV., ersetzt, und nun begann der Kampf mit der Schlacht bei Valenciennes, in der die spanischen Soldaten Beweise ihres beispiellosen Mutes erbrachten und sich unter der Führung des Marquis von Caracena der feindlichen Stellungen bemächtigten. In dieser Schlacht wurde Turenne besiegt, und Condé befand sich unter den Siegern (1656). Die Freude im spanischen Lager sollte jedoch nicht lange anhalten, denn Cromwell, der Protektor Englands, ließ sich durch die geschickte Diplomatie Mazarins dazu bewegen, sich mit Frankreich zu verbünden. Als Dank für sein Eingreifen in den Konflikt mit Spanien versprach man ihm die Städte Mardijk und Dünkirchen. Der Madrider Hof hatte diesen diplomatischen Kampf verloren, und die unheilvollen Folgen dieser Niederlage sollten sich bald genug zeigen. In einem überraschenden Vorstoß bemächtigten sich die Engländer der Insel Jamaica, der blühendsten und reichsten unter den spanischen Antillen. Auf dem europäischen Festland vereinigten sich indessen die englischen Streitkräfte mit denen Turennes und schlugen die Spanier in den Dünen bei Niewport (1658) — an der gleichen Stelle, an der die spanischen Heere vor fünfzig Jahren schon einmal eine Niederlage erlitten hatten. Wenige Tage später kapitulierte Dünkirchen. Die Dünenschlacht, die als einer der glorreichsten militärischen Erfolge Turennes betrachtet wird, ging für die Spanier vor allem infolge der mangelnden Einsicht Juan de Austrias verloren, da dieser nicht auf die Ratschläge des erfahrenen Condé hören wollte. Er ließ das spanische Heer in Eilmärschen vorrücken, ohne auf die langsamer nachkommende Artillerie zu warten, und nahm die Schlacht in jenen unheilvollen Dünen an, die bereits eine traurige Erinnerung für Spanien bedeuteten. Die spanische Infanterie hielt tapfer stand; da jedoch die Reiterei in dem sandigen Gelände nicht
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genügende Bewegungsfreiheit hatte, war es dem Gegner möglich, seine Artillerie voll auszunutzen. Er benutzte die einsetzende Ebbe, um mit neu eingesetzten und glänzend ausgebildeten Kavallerieschwadronen gegen die spanische Flanke zu drücken, und ebenso wie in der ersten Schlacht, die sich an dieser Stelle abgespielt hatte, griffen die Geschütze der feindlichen Flotte wirkungsvoll mit in den Kampf ein und besiegelten das Schicksal des spanischen Heeres. Kurz darauf beganneil die Verhandlungen zum sogenannten „Pyrenäenfrieden", der auf der „Fasaneninsel" im Bidasoafluß unterzeichnet wurde. Bei diesem Friedensschluß wurde die Vermählung der Infantin Maria Theresia von Spanien mit König Ludwig XIV. vereinbart, wobei die Spanierin für sich wie für ihre Nachkommen auf alle eventuellen Rechte auf die spanische Krone Verzicht leisten mußte. Die in dem Friedensvertrag festgesetzten Gebietsabtretungen waren geradezu ungeheuerlich: Frankreich erhielt von Spanien die Grafschaften Roussillon und Conflans, außerdem das Artois und eine große Anzahl flämischer Städte. Dagegen gab es die Grafschaft Charolais und die burgundischen Städte und in Italien Mortara und Valencia am Po an Spanien zurück. Prinz Conde erhielt den Generalpardon der französischen Regierung und von Spanien einige Städte in den Niederlanden; Karl von Lothringen mußte einen großen Teil seines Gebietes an Frankreich abtreten. Einige andere Fürsten, die als Verbündete Frankreichs gekämpft hatten, erhielten gleichfalls bedeutende Vorteile. Mit dem Pyrenäenfrieden hatten die über 25 Jahren währenden Feindseligkeiten zwischen Franzosen und Spaniern ein Ende gefunden. D i e k a t a l a n i s c h e F r a g e . Die Ursachen für die Erhebung Kataloniens, die sich während der Regierung Philipps IV. ereignete, sind sehr verschiedener Natur, alle aber lassen sie sich aus der falschen und verständnislosen Regierungsführung des Conde-Duque de Olivares herleiten. In Katalonien bestand immer schon eine geheime Opposition gegen den Verwaltungszentralismüs, wie ihn der Minister und seine Regierung anstrebten, doch handelte es sich dabei vorläufig nur um eine allgemeine Unzufriedenheit, die zu keinem ersteren Vorgehen führte. Die Stimmung der Katalanen wurde noch gereizter, als Olivares neue Steuern erhob. Außerdem legte der Minister kastilische und italienische Truppen nach Katalonien, die von der dortigen Einwohnerschaft als Ausländer betrachtet wurden. Diese Maßnahme bedeutete eine schwere Verletzung der alten provinzialen Rechte. Bald kam es denn auch wegen der Quartierfrage zu unerfreulichen Zusammenstößen mit der Bevölkerung. Im Fürstentum Barcelona machte man eine lebhafte Propaganda gegen die Fremden, die zu einer Erhebung der Bauern von Ampurdän führte, denen man erklärt hatte, die Soldaten seien Ketzer. Auch das leichte Leben am Hofe wurde von den
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Katalanen mit größtem Widerwillen betrachtet — der ernste und strebsame Charakter dieser Menschen stand in allzu schroffem Gegensatz zu der im Palast des Vizekönigs herrschenden Sittenlosigkeit. Besonderen Groll rief es noch hervor, daß der Infant Ferdinand entgegen altem Brauch den Mitgliedern des Rates nicht gestattete, mit bedecktem Haupt vor ihm zu erscheinen. Der Conde-Duque war entschlossen, die katalanischen Privilegien um jeden Preis mit Füßen zu treten. Rechnet man zu alledem noch die Zuchtlosigkeit der fremden Truppen, so ist es wohl zu verstehen, wenn die Stimmung allmählich so bedrohlich wurde, daß ein ernster Konflikt jeden Augenblick ausbrechen konnte. All diese Gründe hinderten die katalanische Bürgerwehr jedoch nicht, den königlichen Truppen bei der Rückeroberung der von den Franzosen geraubten Stadt Salces in der Grafschaft Roussillon zu helfen (1640). Der militärische Abgeordnete Francisco Tamarit wurde beim Vizekönig, dem Grafen von Santa Coloma, wegen der Ausschreitungen der Soldateska vorstellig und bat um eine sofortige Abhilfe, da er andernfalls nicht die Verantwortung für die Entwicklung der Dinge übernehmen könne. Der erzürnte Vizekönig ließ daraufhin in einem Anfall plumper Überheblichkeit Tamarit festnehmen. Das aber war der Funke, der in das Pulverfaß fiel, und bald schon sollte der auflodernde Brand von Barcelona auf ganz Katalonien übergreifen. Am Fronleichnamstage (7. Juni 1640) kamen wie in früheren Jahren zahlreiche Scharen von Schnittern in die Stadt. Diesmal aber hatten die Bauern die Absicht, einen Volksaufstand anzuzetteln und durchstreiften die Stadt auf der Suche nach einem geeigneten Anlaß. Der sollte sich auch bald genug ergeben: ein Streit, der zwischen einem Bauern und einem Kastilier «ausbrach, nahm allgemeine Formen an, und schon zogen die Bauern mit den Rufen: „Es lebe der heilige katholische Glaube! Es lebe der König! Nieder mit der schlechten Regierung!" durch Barcelona. Man stürmte die Häuser der königlichen Offiziere, und der Vizekönig sah sich gezwungen, die Flucht zu ergreifen. Als er jedoch in den Hafen kam, waren sämtliche Schiffe ausgefahren; er versuchte daraufhin über Montjuich zu entkommen, wurde aber auf dem Wege von seinen Mördern eingeholt, die ihn mit einigen Dolchstichen erledigten. So starb Don Dalmau de Queralt, der unfähige Vizekönig von Katalonien. Als nächster wurde der Herzog von Cardona für diesen Posten ausersehen, ein energischer und kluger Mann, der mit seinen Maßnahmen auch die Befriedung des Landes erreicht hätte, wenn der Conde-Duque ihn nicht an ihrer Ausführung gehindert hätte. In Madrid richtete man sich wörtlich nach den Erklärungen des Präsidenten des Rats von Aragón, Kardinal Gaspar de Borja, der behauptete: „So wie man einer Feuersbrunst nur mit Ballesteros, Spanien
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einer Unmenge von Wasser Herr werden kann, läßt sich auch das Feuer der Treulosigkeit und der Rebellion nur mit Strömen von Blut ersticken." Richelieu, der stets darauf aus war, Spanien jeden erdenklichen Schaden zuzufügen, sandte sofort einen Bevollmächtigten nach Barcelona, worauf Claris, der Präsident der Diputación, die unabhängige katalanische Republik unter dem Protektorat Frankreichs ausrief und später Ludwig XIII. zum Grafen von Barcelona ernennen ließ. Ein spanisches Heer, das unter dem Befehl des unfähigen Marquis de los Vêlez stand, wurde von Barcelona geschlagen. Dieser Erfolg erhöhte den Mut der Aufrührer, denen außerdem die bald darauf erfolgende Erhebung Portugals sehr gelegen kam. Der schlaue französische Kardinal bemühte sich zunächst einmal, die Spanier aus Perpignan zu vertreiben. Er hatte den festen Willen, die Grafschaft Roussillon für Frankreich zu gewinnen. Zuerst fiel die Hauptstadt Perpignan in die Hand der Franzosen und kurz darauf verlor Spanien die ganze Grafschaft, die es nie wieder zurückerobern sollte. Dies war das unheilvolle Ergebnis des katalanischen Aufstandes. Der Krieg im Fürstentum Barcelona ging inzwischen weiter. Der französische Marschall de la Motte versuchte, den Kampf auch auf das aragonesische Gebiet auszudehnen, wo sich jedoch die Bevölkerung von Tamarite de Litera heldenhaft der Franzosen erwehrte. In Madrid war man allmählich der Ansicht, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, wo der König sich an die Spitze seiner Truppen stellen müsse, da der Ernst der Lage es erforderte. Philipp IV. mußte sich also entschließen, einmal dem leichten Leben in Buen Retiro zu entsagen, um seinen Herrscherpflichten nachzukommen. Er ging nach Katalonien und begab sich zu seinem Heer. Der T o d Richelieus und Ludwigs XIII. wirkte sich recht günstig für die Befriedung Kataloniens aus. Die Katalanen empfanden jetzt die französische Herrschaft als drückend, und ihr Rebellengeist hatte sich etwas gelegt, so daß die kastilischen Truppen Felipe de Silvas sich ohne allzu großer Schwierigkeiten Léridas bemächtigen konnten (1644). Der französische Graf von Harcourt konnte zwar noch einige kleinere Erfolge erringen, doch er und auch Conde scheiterten so hoffnungslos vor -Lérida, daß die Erinnerung an diese militärische Schlappe für den Prinzen zeitlebens ein Quell bittersten Ärgers wurde. Die Historiker berichten, Condé habe eines Abends die Pariser Oper betreten, worauf ein Zuschauer vom obersten Rang aus ihm das W o r t „Lérida" zugerufen habe. Sofort habe Condé empört kehrtgemacht und das Haus verlassen. Der Unwille gegen die Franzosen griff indessen in Katalonien immer weiter um sich, und sogar in Barcelona kam es zu Verschwörungen im Namen des Königs von Spanien. Juan de Austria, der sodann zum Befehlshaber der Truppen ernannt wurde, entfaltete eine rege Tätigkeit und konnte im Verlauf von fünfzehn
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Monaten schließlich die Unterwerfung Barcelonas erreichen (1652). Das Fürstentum unterstellte sich von neuem Philipp IV., der jetzt die katalanischen Privilegien und Rechte bestätigte. Auch die „Diputación general", die in Manresa tagte, erkannte Philipp als König an. Seinen endgültigen Abschluß fand der Krieg jedoch erst mit dem Pyrenäenfrieden. D e r Z u s a m m e n b r u c h d e r i b e r i s c h e n E i n h e i t . „Nicht mit Tinte, sondern mit Blut — so sagt ein Historiker — müßte man diese Geschichte niederschreiben, und bittere Tränen müßte man vergießen, bevor man es wagt, darüber zu berichten." Das schönste Werk Philipps II., der Traum der Katholischen Könige, sollte nun zunichte werden, weil eine unfähige Regierung nicht imstande war, es zu erhalten, weil ein sittenloser Hof dem Unglück seiner Reiche fühllos gegenüberstand und die Zentralgewalt Bestimmungen fällen durfte, die für die Portugiesen schwerste Bedrückung bedeuteten und den Aufstand veranlaßten. Die Erhebung Portugals kam nicht unerwartet, da die Portugiesen an sich schon separatistisch gesinnt waren und die Jesuiten, wie durch die neueren Forschungen erwiesen wurde, das Feuer schürten. Einen willkommenen Anlaß für ihre Verhetzungspolitik boten den Jesuiten die rauschenden Festlichkeiten und die unbekümmerte Haltung des Hofes. Die Wühler konnten hier auch ungehindert am W e r k sein, da man in Madrid keine Ahnung hatte, was in Lissabon vor sich ging und infolgedessen auch keinerlei Maßnahmen ergriff. Ein großer Fehler war die Ernennung der Herzoginwitwe von Mantua zur Vizekönigin, da diese Frau nicht die geringste Eignung für einen so schwierigen Posten bewiesen hatte noch in der Folge beweisen sollte. Beigeordnet war ihr Don Miguel de Vasconcelos, ein finsterer, übelbeleumundeter Mensch und Sohn eines wegen schwerer Vergehen verurteilten Kanzleibeamten. Vasconcelos hatte durch Kohlenhandel ein gewisses Vermögen erworben und hatte dann das Glück, in die Familie des Vertrauten des Conde-Duque, Diego Suárez, einzuheiraten. Dieser Umstand brachte ihm, obgleich er kaum lesen und schreiben konnte, den Posten eines Staatssekretärs ein. Suárez und er hatten sich vertraglich verpflichtet, die Geschenke, die der König ihnen zukommen lassen werde, untereinander zu teilen. Allerdings beruht nicht alles, was man über die zentralistischen Pläne des Conde-Duque hinsichtlich Portugals gesagt hat, auf Wahrheit. Er ließ die Grenzen, die Zollsdiranken, die Kolonien und alle anderen selbständigen Einrichtungen unverändert bestehen; einzig und allein das Steuersystem wurde für das ganze Reich vereinheitlicht, doch wirkte gerade diese Tatsache sich häufig zugunsten der Portugiesen aus, da Kastilien bei- mancher Gelegenheit einsprang und die Lasten übernahm, die das geldknappe Portugal nicht zu tragen vermochte. Olivares forderte jedoch auch hohe 21«
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Beiträge an Geld und Menschen und hob für die Kämpfe in Flandern und Italien und späterhin auch für den katalanischen Krieg Truppen aus. Eine andere Beschwerde, die alle portugiesischen Historiker vorbringen, betrifft die portugiesischen Kolonien, die Spanien ihrem Schicksal überließ, so daß die Holländer sich der Städte Ormuz, Bahia und Pernambuco hatten bemächtigen können. Die Einziehung der Steuern führte zu Tumulten, die Priester erklärten sich von der Kanzel herab .gegen Spanien, in der Provinz Algarve war die Stimmung bedrohlich, und schließlich kam es auch in Evora zu einer Meuterei, an deren Ausbruch die Jesuiten offenbar hervorragend beteiligt waren. Man zettelte jetzt eine Verschwörung an, der verschiedene bedeutende Persönlichkeiten, darunter der Oberhofmeister des Hauses Braganza, Pinto Ribeiro, beitraten. Der Herzog Johann von Braganza, ein Enkel Dona Katharinas, der Widersacherin Philipps IL, sollte zum König von Portugal ausgerufen werden. Johann war mit einer ehrgeizigen Spanierin, Luisa de Guzmän, einer Schwester des Herzogs von Medina Sidonia, vermählt. Um den Schlag zu parieren, ernannte Olivares den Herzog von Braganza zum Statthalter von Mailand, doch dieser sdhlug den Posten aus. Daraufhin beging man in Madrid die unglaubliche Ungeschicklichkeit, Braganza zum Oberbefehlshaber des portugiesischen Heeres zu ernennen und damit dem Feind alle Mittel zur Durchführung des Aufstandes in die Hand zu spielen. Braganza, der sich auf seine großen Besitzungen in Villaviciosa zurückgezogen hatte, weigerte sich an den Hof zu gehen, schlug den Orden des Goldenen Vlieses aus und begab sich auch nicht zu den Truppen in Katalonien. Nun beging der Conde-Duque durch seine ungerechte Haltung gegenüber den Portugiesen in Madrid weitere Ungeschicklichkeiten: er forderte die Aushebung von Truppen und die Zahlung von 4 0 0 0 0 Dukaten. Schließlich hob er noch die kastilischen Garnisonen auf und ersetzte sie durch portugiesische. Damit aber war Portugal für Spanien unrettbar verloren, und in Madrid tat man noch ein übriges, um den Erfolg der Verschwörer auch ganz sicherzustellen. Der Stolz und die Überheblichkeit des Ministers Vasconcelos gegenüber den Portugiesen kannte schon keine Grenzen mehr. Der Herzog von Braganza verhielt sich immer noch schwankend, bis endlich seine entschlossene Gemahlin ihn d^zu drängte, den entscheidenden Schritt zu tun. Die Würfel waren gefallen; es fehlte nur noch an einem Mann, der die Brandfackel schleudern sollte, und diesen fand man in Pinto Ribeiro. Am 1. Dezember 1640 brach die Revolution in Lissabon aus. Ein Pistolenschuß, den Pinto Ribeiro abfeuerte, war das Signal, und schon stürzten die Verschwörer auf die Straße und gingen mit den Rufen: „Frei-
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heit, Freiheit! Es lebe König Johann IV. von Portugal!" gegen die kastilisdie Garde vor. Sie drangen in den Palast ein und ermordeten den stellvertretenden Stadtvogt von Lissabon. Audi Vasconcelos, der sich in. einem Wandschrank verborgen hatte, wurde hier von den Verschwörern entdeckt und umgebracht. Den Leichnam warfen sie auf den Platz hinab und riefen dabei: „Der Tyrann ist tot! Es lebe die Freiheit! Es lebe König Johann IV. von Portugal!" Die Vizekönigin wollte sich dem Volke zeigen, doch ihre Umgebung riet ihr davon ab. In Madrid erfuhr man zunächst noch nichts von dem Vorgefallenen, da nur eine einzige Postverbindung von Lissabon nach hier bestand, die einmal in der Woche Fische für die Fastentafel am Freitag nach Madrid brachte. So kam die Nadiridit mit einer entsprechenden Verspätung in der Hauptstadt an. Die Art, in der Olivares seinem König von diesem wichtigen und folgenschweren Vorfall Bericht erstattete, war höchst eigenartig. Mit erzwungenem Lächeln trat er vor den Herrscher und sagte: „Herr, ich bringe Euch eine gute Nadiridit. In einem einzigen Augenblick haben Eure Majestät ein Herzogtum mit vielen guten Ländereien gewonnen." „Wie ist das möglich?" fragte der König. „Der Herzog von Braganza hat seinen Verstand verloren: er hat sich soeben zum König von Portugal ausrufen lassen, und diese Tollheit bringt Eurer Majestät seine Güter im Werte von zwölf Millionen ein." Der König war indessen nicht so beschränkt, als daß er die Schwere der Lage nicht geahnt hätte. Ernst sagte er: „Wir müssen unbedingt etwas dagegen unternehmen." Der Mann aber, den Olivares als einen Narren hinstellte, sagte, als man Feste zu Ehren seiner Königswahl feiern wollte: „Wir werden unsere Feste erst feiern, wenn wir die Vorbereitungen getroffen haben, um uns gegen unsere Feinde zu verteidigen." Er handelte nach seinen Worten und bereitete sich auf den kommenden Kampf vor. Spanien, das durch die europäischen Kriege sdion sehr geschwächt und außerdem noch mit der Niederwerfung des katalanischen Aufstandes beschäftigt war, konnte fürs erste keine Streitkräfte für den Kampf gegen Portugal freimachen. So drangen die Portugiesen unter Matias de Alburquerque ins kastilische Gebiet ein und gewannen die Schlacht bei Montijo. Der Herzog von Medina Sidonia, der offenbar mit seiner Schwester, der Königin von Portugal, im Einvernehmen stand, führte den Befehl, in Portugal einzurücken, nicht aus. Johann IV. verbündete sich mit England, Holland und Frankreich. Während seiner ganzen Regierungszeit führte er kein weiteres kriegerisches Unternehmen von Bedeutung durch. Als dann Alfons VI. an die Regierung gekommen war, übernahm der Marquis von Castelo Melhor die Organisation der Verteidigung, und der Spanier Luis de Haro wurde vom Grafen von Castanhede und Sancho Manuel bei Elvas geschlagen (1659).
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Im Pyrenäenfrieden hatte Frankreich, wie es den Anschein hatte, die Portugiesen fallen lassen, dagegen konnten sie aber mit Sicherheit auf die Freundschaft Karls II. von England zählen. Nach der Ernennung Juan de Austrias zum Oberbefehlshaber des spanischen Heeres drang dieser in Portugal ein und bemächtigte sich der Städte Evora und Alcázar do Sal, wurde jedoch dann bei Ameixial durch Sancho Manuel, den Grafen von Vila-Flor und den französischen General Schömberg geschlagen (1663). Im folgenden Jahr besiegte Magalhäes bei Castelo Rodrigo den Fürsten von Osuna, und im Jahr 1665 kam es zur Schlacht bei Montes Claros, in der der Marquis von Caracena im Kampf gegen Castanhede, den Marquis von Marialva und Schömberg unterlag. Kurz darauf starb der König von Spanien. N e u e E r h e b u n g e n in S p a n i e n u n d I t a l i e n . Das schlechte Beispiel machte Schule, so daß das Übel sich bald über die ganze Halbinsel erstreckte. Wie ein kranker Körper begann Spanien sich zu zersetzen, und selbst in den königstreuesten Bezirken zeigte die Einwohnerschaft plötzlich eine gewisse Neigung zu Unruhen und Meutereien. Carlos Padilla, ein Offizier, der sehr zu aufrührerischen Plänen neigte, zettelte eine Verschwörung an, um den Herzog von Hijar zum König von Aragón zu erheben. Die Angelegenheit wurde entdeckt, Padilla hingerichtet und der Herzog zu lebenslänglichem Kerker verurteilt. In Andalusien versuchte der Marquis von Ayamonte ein unabhängiges Königreich zu schaffen, dessen Oberhaupt der reiche Herzog von Medina Sidonia sein sollte. Die Verschwörung war weitverzweigt und stand in Verbindung mit Frankreich, Holland und Portugal. Auch die verehrungswürdige Maria de Agreda suchte man für sich zu gewinnen. Die Nonne unterhielt einen chiffrierten Briefwechsel mit den Mitgliedern, in welchem sie versuchte, sie von ihrem Plan abzubringen. Als die Regierung auch diese Verschwörung entdeckte, wurde der Marquis von Ayamonte zum Tode verurteilt, während Medina Sidonia dank seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu Olivares straflos davonkam (1641). Auch in Vizcaya kam es zu Unruhen, so daß der Herzog von Ciudad Real hingehen und die wegen der Einführung des Salzmonopols erhitzten Gemüter beschwichtigen mußte. Ernsterer Natur waren die Erhebungen in Sizilien und Neapel. Anlaß für die letztere waren die Erpressungsversuche des Herzogs von Arcos und Vizekönigs von Neapel, Rodrigo Ponce de León. Die Abgaben, die auf der Bevölkerung lasteten, waren ohnehin schon groß, als der Vizekönig den Plan faßte, nun atich noch eine Steuer auf das Obst, das die Hauptnahrung des neapolitanischen Volkes darstellte, zu erheben. Die Million, die diese neue Steuer erbringen sollte, wollte er zur Rückgewinnung der kürzlich
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von den Franzosen eroberten Städte Portolongone (auf Elbe) und Piombino verwenden. Aus Palermo kam inzwischen die Nachricht, daß sich das Volk dort unter Führung des Giovanni Alessio erhoben und den Vizekönig vertrieben habe. Die Bevölkerung Neapels faßte daraufhin Mut und begann wegen der Obststeuer zu meutern. Mit dem Rufe: „Es lebe der König! Nieder mit der schlechten Regierung!" zogen viertausend Neapolitaner durch die Stadt. An der Spitze der Unzufriedenen stand ein Fischer namens Tomas Aniello, der allgemein „Masaniello" genannt wurde. Er war der geborene Volksführer, von stattlicher Erscheinung, raschem Denken und einer ausgezeichneten und lebendigen Rednergabe. Der Vizekönig suchte die Aufständischen zu beruhigen und versprach, die Steuer aufzuheben. Kaum hatte sich jedoch die Menge, die den Palast belagerte, zerstreut, als der Herzog von Arcos flüchtete und sein Leben in Sicherheit brachte. Die Neapolitaner, die jetzt die Herren der Lage waren, gingen in ihrer W u t gegen die Häuser der Adligen und Freunde des Vizekönigs vor und plünderten sie. In einem feierlichen Fackelzug wurde das Bild Philipps IV. neben dem des hl. Genaro durch die Straßen getragen. Masaniello wurde zum „Generalkapitän des Volkes" ausgerufen und ernannte seinerseits Hauptleute für die verschiedenen Bezirke Neapels. Dann stellte er ein Heer von 1 2 0 0 0 0 Mann auf, das er in einzelne Kompanien teilte. Er war der wahre Herr von Neapel. Durch Vermittlung des Bischofs wurde dem Vizekönig das von Karl V. ausgefertigte Privileg zugestellt, laut dem ohne Einverständnis des Papstes keinerlei neue Steuern im Königreich Neapel erhoben werden durften. Später wurde auf dieser Grundlage ein Abkommen zwischen dem Vizekönig und Masaniello getroffen. Nun aber verlor Masaniello, wohl infolge des bewegten Lebens, das er hinter sich hatte, seines eitlen Charakters und vielleicht auch auf Grund des vielen Weines, den er in der letzten Zeit getrunken hatte, die Herrschaft über seinen Verstand. Er kleidete sich jetzt, wenn er sich dem Volke zeigte, in Purpurgewänder, trug mit kostbaren Federn geschmückte Hüte, beging die Tollheit, Geldstücke ins Meer zu werfen und zwang die Angehörigen des Adels, ihm die Füße zu küssen. Wenn einer es wagte, sich seinen ausgefallenen Launen zu widersetzen, ließ er ihn sofort hinrichten. Der Vizekönig, der den Eindruck hatte, daß Masaniello sich die Gunst des Volkes verscherzt hatte und daß nunmehr der günstigste Augenblick zur Rache gekommen war, ließ ihn im Kloster del Carmen durch ein paar Büchsenschützen ermorden. Nach dieser T a t aber erinnerte sich das Volk wieder voller Dankbarkeit des früheren Fisdiers, der für seine Sache gekämpft hatte, und veranstaltete ein prunkvolles Leichenbegängnis für ihn.
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Es kam zu immer neuen Tumulten, und ein gewisser Genaro Annese rief die „Königlich-neapolitanische Republik" aus und bat Papst Innozenz X. als Lehnsherrn des Reiches um seinen Beistand. Da die Neapolitaner jedoch mit ihrer Bitte hier nicht durchdrangen, wandten sie sich an einen Abenteurer namens Enrique de Guisa, der angeblich aus dem Hause Anjou stammte. Dieser griff mit dem Einverständnis Frankreichs in den Kampf ein, wurde jedoch bald von den Spaniern in Capua gefangengenommen und nach Spanien geschickt. Als dann der Herzog von Arcos abgesetzt wurde, ging ein großer Teil des italienischen Adels zur spanischen Sache über. Juan de Austria ließ die Stadt vergebens beschießen, im Jahre 1648 jedoch konnte der neuemannte Vizekönig, der Graf von Onate, der sich mit Annese selbst verbündete, mit dessen Hilfe seinen Einzug in Neapel halten, und das gesamte Königreich erkannte daraufhin wieder die Oberherrschaft Philipps IV. an. Bis 1656 kam es noch vereinzelt zu Tumulten, die jedoch keine weiteren Folgen hatten. D i e l e t z t e n J a h r e d e r R e g i e r u n g s z e i t P h i l i p p s I V . Die Ereignisse in Katalonien und Portugal beschleunigten den Sturz des CondeDuque de Olivares, an dem eine ganze Reihe von Personen, darunter die spanische Königin Elisabeth von Bourbon, interessiert waren. Wir wollen hier noch etwas näher auf die Persönlichkeit dieses Günstlings eingehen, der solange Zeit hindurch über eine unbegrenzte Macht verfügte und die Geschicke Spaniens nach seinem Gutdünken lenken konnte. Gaspar Guzmän, der dritte Graf von Olivares, wurde im Jahre 1587 als zweiter Sohn einer mächtigen andalusischen Familie in Rom geboren. Er studierte in Salamanca, wurde jedoch, wie es in einer Schmähschrift aus jener Epoche heißt, früher Rektor als Schüler und Student. Sein Glück machte er, als er als Kammerherr in den Dienst des Erbprinzen trat. Der Graf von Olivares und Herzog von San Lücar war ein mittelgroßer, dicklicher Mensch; er verfügte über eine bedeutende Redegabe, ein ausgezeichnetes Gedächtnis und eine große Geschicklichkeit für alle Regierungsgeschäfte. Ein ausländischer Botschafter behauptet von ihm, daß ihm jede Erfahrung fehlte, daß er leicht zuviel sprach, daß er von sich selbst allzu überzeugt und dazu ein großer Heuchler war. Sein ganzes Bestreben war darauf gerichtet, seine Macht und seine Vorzugsstellung beim Herrscher zu erhalten. Es wird vielfach erklärt, daß er ein untadeliger Ehrenmann gewesen sei, da ihm alle Bestechung verhaßt war. Trotzdem jedoch benutzte er seine Stellung, um sich allerlei Renten, Sonderbeträge, einkömmliche Ämter und Pensionen zu sichern; allein aus der Amerika-Flotte floß ihm jährlich die Summe von 468 000 Dukaten zu. Mit den besten Stellungen bedachte
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er seine Verwandten und Freunde. Einen Beweis für seinen großen Reichtum kann man schon in seinem prunkvollen Auftreten und in dem wahrhaft königlichen Luxus erblicken, mit dem sein nahe dem Hieronymitenkloster gelegenes Haus ausgestattet war. Ein moderner Historiker meint, die Tatsache, daß niemals eine Anklage wegen der Annahme von Bestechungsgeldern gegen ihn erhoben wurde, genüge durchaus noch nicht zu seiner Rechtfertigung. Seine Besitzungen von Loeches, San Lúcar de Alpechín und Castilleja de la Cuesta sprechen eine deutliche und recht beweiskräftige Sprache hinsichtlich der Habgier dieses unbegüterten zweiten Sohnes einer Adelsfamilie, der sich mit leicht zu handhabenden, doch schwer nachweisbaren Mitteln ein Vermögen erworben hatte, dessen Vorhandensein genügend Anlaß gab, seine Unantastbarkeit in dieser Hinsicht zu bezweifeln. Es gibt heute drei verschiedene Ansichten über die Haltung und die Fähigkeiten des Olivares als Leiter der Regierungsgeschäfte. Die einen sehen in ihm den verhängnisvollen Politiker, der zu den unsinnigsten Neueinrichtungen, wie z. B. zur Einführung des Stempelpapiers, seine Zuflucht nehmen mußte, der durch seinen Stolz den Bruch mit den holländischen Staaten verursachte, dadurch, daß er sich unvorsichtigerweise mit Buckingham überwarf, die Feindschaft Englands heraufbeschwor, den unglückseligen Kampf bei Casal verschuldete und durch seine falschen Maßnahmen und seinen lächerlichen Imperialismus Anlaß dazu gab, daß Katalonien sich erhob und mit dem Abfall Portugals die iberische Einheit in Trümmer ging. Den Höhepunkt seiner schamlosen Anmaßung bedeutete es nach Ansicht dieser Beurteiler, daß er seinen natürlichen Sohn, den sogenannten „Julianillo", mit der Tochter des Kronfeldherrn von Kastilien vermählte. Neuerdings hat man versucht, die Persönlichkeit des Conde-Duque zu rechtfertigen, und nennt ihn einen redlichen und arbeitsamen Menschen, der sich zum Besten der Größe Spaniens abmühte und eine zentralistische Politik verfocht, um die ganze Pyrenäenhalbinsel unter den gleichen Gesetzen zu einigen. Als Rivale Richelieus hatte er das Bestreben, es dem französischen Kardinal gleichzutun, doch unglücklicherweise war er hinsichtlich seiner geistigen Fähigkeiten und Talente dem berühmten Minister Frankreichs weitaus unterlegen. Eine dritte Theorie endlich verteidigt Olivares zwar nicht, stellt ihn aber weder als einen Ausnahmemenschen noch als einen verderbten, hochmütigen und düsteren Politiker hin, sondern als einen typischen Vertreter des spanischen Volkes, der, wie die meisten seiner spanischen Zeitgenossen, in seiner Selbstüberheblichkeit und Unkenntnis der internationalen Lage, die eigenen Möglichkeiten bei weitem überschätzte. Er war populär, und das Volk jubelte ihm zu, wandte
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sich jedoch mit der der Menge eigenen Wetterwendischkeit von ihm ab, als die Stunde seines Untergangs geschlagen hatte. W i r müssen hier hinzufügen, daß die große Masse zwar derartigen Irrtümern über die eigenen Möglichkeiten unterliegen darf, niemals aber der Führer einer Nation, der genügend klare Einsicht haben müßte, um sich nicht von dem vergänglichen Ruhm seiner Rasse die Sinne benebeln zu lassen, sondern auf die Wirklichkeit und die Erfordernisse seiner Zeit zu sehen und ihnen Rechnung zu tragen hat. Dies fehlte Olivares, und damit fehlte ihm gerade der Zug, der für einen großen Staatsmann unerläßlich ist. Als seine Feinde seinen Sturz durchgesetzt hatten, erhielt er ein Schreiben des Königs mit dem Befehl, sich nicht mehr in die Regierungsangelegenheiten zu mischen, und der Erlaubnis, sich auf seine Besitzungen in Loeches zurückzuziehen. Von dort ging er nach Toro, wo er als „corregidor" dieser Stadt starib. .Der Nachfolger des Conde-Duque war sein Neffe Luis de Haro, der von einigen Historikern als außerordentlich klug und geschickt hingestellt wird. Beim Abschluß des Pyrenäenfriedens ließ Haro sich jedoch von dem Kardinal Mazarin übervorteilen, der in seiner Jugend in Alcalá studiert hatte und die Verhältnisse in Spanien von Grund auf kannte. Haro, der außerdem Marquis von Carpió war, erhielt bei dieser Gelegenheit den Titel eines „Friedensfürsten". Die Ironie des Schidcsals verlieh ihm diese Auszeichnung für einen Frieden, in dem Spanien Roussillon, das Artois, einen großen Teil der Niederlande und beträchtliche Gebiete in Italien verlor. In seinen letzten Lebensjahren jedoch hatte Philipp IV. einen weiblichen Ratgeber, der bedeutend mehr wert war als alle, die ihm vorher in dieser Eigenschaft gedient hatten. W i r sprechen von Sor María, der Nonne von Agreda, die mit dem Monarchen einen hochinteressanten Briefwechsel über alle wichtigeren Staatsangelegenheiten unterhielt. Bei mehr als einer Gelegenheit hätten die Dinge einen weit günstigeren Verlauf genommen, wenn der Herrscher sich immer nach den Ratschlägen seiner klugen Ratgeberin gerichtet hätte. Es mangelte Philipp IV. nicht an Intelligenz; er war geistig bedeutend reger als sein Vater, doch war er ebenso wie dieser mit einer unüberwindlichen Trägheit behaftet, und dieser Mangel an Willensstärke machte seine besten Vorsätze immer wieder zunichte. Er hatte sich ganz und gar einem ausschweifenden Leben in die Arme geworfen, verfaßte selbst Komödien, genoß jeden Zeitvertreib, der sich ihm bot, und hatte eine besondere Vorliebe für schöne Schauspielerinnen. Dieser König, der mit grausamer Ironie „Der Große" genannt wird, mußte es mit ansehen, wie das riesige spanische Imperium sich aufzulösen begann. Groß war er, wie seine Zeitgenossen sagten, nach Art der Gruben, die immer größer werden, je mehr Erde man aus ihnen herausholt.
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K a r l II. (1665—1700). Als Philipp IV. starb, fiel das Szepter an den letzten Sproß des Hauses Österreich, jenen unglücklichen, körperlich und geistig schwächlichen Herrscher, in dessen Händen die hundertjährige Macht einer Dynastie erlösdien sollte. Er war der Sohn des verstorbenen Königs und Marie Annas von Österreich, der Nichte und zweiten Gemahlin Philipps IV. Im Alter von vier Jahren, als seine Amme ihn gerade erst entwöhnt hatte, folgte er seinem Vater auf den Thron nach. Dieses kränkliche Kind, dem als einzigen männlichen Nachkommen des regierenden Hauses stets tausend Sorgen galten, hatte jetzt eine lange und traurige Zeit vor sich, in der andere für ihn regierten. In einer Anwandlung kluger Voraussicht hatte sein Vater bestimmt, daß der Regentin und Königinwitwe Marie Anna ein Regierungsausschuß zur Seite stehen sollte, ohne dessen Rat und Zustimmung sie keine Entscheidung fällen durfte. Die Mitglieder dieses Ausschusses waren ihrer Anlage und ihrem Charakter nach sehr verschieden. Der Präsident von Kastilien, Don Garcia Haro Sotomayor y Guzmán, war der zweite Sohn des Marquis von Carpió und führte außerdem den Titel eines Grafen von Castrillo; er war ein kluger, anständiger und fleißiger Mensch, der jedoch wenig eigene Initiative besaß. Don Cristóbal Crespi de Valldaura, ein valenzianischer Edelmann, war ein tüchtiger Gelehrter und in seiner Eigenschaft als Vizekanzler von Aragón Mitglied des Regentschaftsausschusses. Ein weiteres Mitglied desselben war der Generalinquisitor von Spanien, Kardinal Pascual de Aragón, der fünfte Sohn des Herzogs von Segorbe. Auch der Erzbisdiof von Toledo sollte dem Rat angehören, doch war dieser gerade verstorben. Als Vertreter des Staatsrates gehörte außerdem noch Bracamonte dem Ausschuß an und als Vertreter der Granden von Spanien der Marquis von Aytona. Die zwei letzteren Männerwarendiejenigen, die sich in der Folgezeit als die bedeutendsten Persönlichkeiten des Regentschaftsrates erweisen sollten. Der Sekretär des Ausschusses war Don Blasco de Loyola. Don Gaspar de Bracamonte y Guzmán, Graf von Peñaranda, hatte bei den Friedensverhandlungen in Münster eine wichtige Rolle gespielt und war infolge der egoistischen Haltung, die der Kaiser Spanien gegenüber eingenommen hatte, ein erklärter Deutschenfeind und somit der Vertreter der französischen Richtung im Regentschaftsrat. Don Guillén Ramón de Moneada, Marquis von Aytona, war ein guter, dem Hause Österreich treu ergebener Offizier. Der junge König war ein rachitisches Kind, dessen wechselnde Gesundheit ständig Befürchtungen um ein frühes Abscheiden aufkommen ließ. In allen Staatskanzleien Europas wartete man seit Karls Geburt auf seinen Tod, um dann über das zur allgemeinen Beute gewordene spanische Im-
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perium herfallen zu können. Die Königinmutter sollte die Regentschaft bis zum vollendeten vierzehnten Jahre des jungen Königs ausüben. Marie Anna von Österreich hatte zwar gesagt, daß sie keinen Günstling männlichen oder weiblichen Geschlechts dulden werde, angesichts der Rivalitäten und Eifersüchteleien im Regentschaftsrat jedoch wurde sie so verzagt, daß sie zugleich mit ihren Gewissensbedenken auch ihre Regierungssorgen ihrem Beichtvater, dem deutschen Jesuiten Johann Eberhard Nidhard anvertraute. Nidhard, ein frommer, anständiger, mit allem -guten Willen ausgestatteter Mensch und mittelmäßiger Politiker, entstammte einer Tiroler Familie. Die Regentin ernannte ihn zum Ersten Staatsrat und später zum Generalinquisitor, damit er kraft dieses Amtes auch Mitglied des Regentschaftsausschusses werden konnte. Der Deutsche nahm die spanische Staatsangehörigkeit an; doch obwohl das musterhafte Leben, das er im Novizenkolleg des Jesuitenordens (der heutigen Zentraluniversität) führte, ihm die Achtung des Volkes hätte gewinnen müssen, war er wegen seiner ausländischen Herkunft überall unbeliebt. Die Mitglieder des Adels haßten ihn dazu nodi, weil sie ihn um seinen hohen Posten beneideten, und die Madrider, weil er die öffentlichen Theatervorstellungen verboten hatte. Einen gefährlichen Nebenbuhler hatte Nidhard in José Juan de Austria, dem Sohn Philipps IV. und der Schauspielerin Maria la Calderona, der als „Sohn der Erde" getauft worden war. Dieser zeigte sich bereits in seiner Jugend als guter Lateiner und Mathematiker, angehender Redner und recht begabter Schriftsteller und Dichter; dazu war er ein ausgezeichneter Reiter und vorzüglicher Soldat. Der Herrscher verlieh ihm das Priorat von San Juan und wies ihm als Wohnsitz Consuegra, die Hauptstadt des Priorats, an. Später ging Juan de Austria nach Neapel, verwaltete den Posten eines Vizekönigs von Sizilien, wirkte bei der Befriedung Kataloniens mit, erlitt jedoch Niederlagen bei seinen Versuchen, audi in Flandern und Portugal einzugreifen. Als er so seinen Feldherrnruhm eingebüßt hatte, zog er sich wieder nach Consuegra zurück. Die Gunst des Herrschers verscherzte er sich, als er die zynische Künheit hatte, seinem Vater eine Miniatur zu zeigen, auf der Satum wohlgefällig auf die blutschänderische Liebe zwischen Jupiter und Juno blickt. Damit hatte er andeuten wollen, daß er wünschte, sich mit seiner Schwester, der Infantin Margarete, zu vermählen. Der erzürnte König wollte ihn nicht einmal mehr an seinem Sterbebett sehen. Königin Marie Anna haßte Juan von ganzem Herzen, und dieser teilte in dieser Hinsicht ihre Gefühle. D e r D e v o l u t i o n s k r i e g . Beim Tode Philipps IV. war die internationale Lage für Spanien durchaus nicht ungünstig, denn, abgesehen von dem laufenden Krieg mit Portugal, lebte man mit allen Staaten Europas in
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Frieden. Eine kluge und weitblickende Regierung hätte nun gegenüber der ständigen Bedrohung durch Frankreich ihre Vorsichtsmaßregeln getroffen; nicht so der harmlose Nidhard, der nichts Schlimmes ahnte. Bracamonte vertraute auf die Franzosen, und das Madrider Kabinett schlug in einer Anwandlung von übertriebener Bundestreue, die man auf dem Gebiet der internationalen Politik auch mit einem anderen Namen bezeichnen könnte, die Angebote Kaiser Leopolds, des Bruders der Regentin, aus. Während so die Spanier in der besten aller Welten zu leben wähnten, brach Ludwig XIV. mit 50000 Mann in den Niederlanden ein und besetzte dort die wichtigsten Städte. Der sogenannte Devolutionskrieg war damit zum Ausbruch gekommen. Was wollte Ludwig XIV.? Er beabsichtigte ganz einfach, sich die Schwäche Spaniens zunutze zu machen und die Nordgrenze Frankreichs vorzuschieben. Außerdem versuchte er durch seine Bündnisse mit allen übrigen Mächten Spanien zu isolieren und verlieh schließlich auch noch seinem Vorgehen einen Schein der Rechtmäßigkeit, indem er sich auf eine brabantische Sitte berief, nach der alles Erbgut den Kindern aus erster Ehe zuzufallen hat. Aus der Tatsache, daß er mit Maria Theresia, der Tochter Philipps IV. und Elisabeth von Bourbon, vermählt war, folgerte er somit ein Recht auf die niederländischen Städte. Er behauptete dabei, er habe die Mitgift von 900 000 Golddukaten, die man ihm als Entschädigung für seinen Verzicht versprochen habe, nicht erhalten. Die Einleitung zu dem nun beginnenden Kampf bildeten gewisse Vorrechtsstreitigkeiten zwischen dem französischen und dem spanischen Botschafter in London, die Gewährung französischer Unterstützung an Geld und Truppen für Portugal, wo der französische Marschall Schömberg an dem Sieg bei Montes Claros beteiligt war, und schließlich der Federkrieg zwischen Duhan, dem Verfasser des „Traktat über die Rechte der Königin" und dem Pater Nidhard, der ein Bändchen schrieb, in dem er die Gedankengänge des ersteren bekämpfte. Ludwig XIV. hatte England in der Hand, denn er zahlte Karl II., der ihm Dünkirchen verkauft hatte, eine gute Rente. In Holland konnte er auf die Partei Jan de Witts zählen, der seinen Schwiegersohn Ruyter nach England sandte, um die Herren an der Themse ein wenig zu erschrecken. Außerdem bot der Franzose den Vereinigten Provinzen der Niederlande für das Versprechen, sich nicht in den bevorstehenden Krieg einzumischen, eine neunzigprozentige Herabsetzung der Einfuhrzölle für die holländischen Waren. In seiner ersten Phase war der Krieg ein Hin und Her von Intrigen. Ludwig hinterging Holland, da er nicht, wie verabredet, mit seinen Truppen an der Themse erschien; er hinterging Spanien, das bis zum letzten Augenblick Marsin und den Statthaltern der'Niederlande verbot, die dor-
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tigen Städte zu befestigen, da dies geheißen hätte, an der Ehrlichkeit des Allerchristlichsten Königs zu zweifeln. In seinem Verlauf entwickelte sich der Krieg dann als ein wahrer Triumphzug, bei dem der gesamte Hofstaat mit den vergoldeten Karossen der Damen dem König und dem Heere auf dem Fuße folgte. Dabei wurde ein Pomp und Prunk entwickelt, daß man sich in die Zeiten eines Xerxes oder Darius zurückversetzt glaubte. Mit geradezu unwahrscheinlicher Schnelligkeit ergab sich eine Stadt nach der anderen den Truppen des großen Heerführers Turenne. Charleroy, Douai, Tournai und Courtray fielen in die Hand der Franzosen. Vauban befehligte die Streitkräfte bei der Einnahme von Lille, die sich vor den Augen des Hofes ereignete, der sich wie zu einem Schauspiel versammelt hatte (1667). Nun, wo Nidhard sich mit seiner mangelnden Voraussicht unmöglich gemacht hatte, konnte sein Feind und Nebenbuhler, Don Juan de Austria, in den Regentschaftsrat eintreten. Die Statthalterschaft von Flandern lehnte er ab, da er sich vor den Schwierigkeiten dieses Amtes scheute und auch vermutete, daß nur eine List des Hofes hinter dem Angebot stecke, um ihn aus Spanien zu entfernen. Daraufhin erhielt er erneut den Befehl, sich nach Consuegra zurückzuziehen, und war nun wieder einmal für das öffentliche Leben erledigt. Mitten im Winter des Jahres 1668 bemächtigte sich Ludwig XIV. der Freigrafschaft Burgund. Jetzt aber begannen England, Schweden und Holland die Macht Frankreichs zu fürchten: sie vereinigten sich und erzwangen den Frieden von Aachen (1668), in dem der Franzose Burgund wieder herausgeben mußte, dafür aber einige Städte in Flandern behielt. Die scheinbare Großzügigkeit Ludwigs XIV. war nur ein Manöver; er und der Kaiser Leopold hatten bereits einen Plan ausgearbeitet, wie sie Spanien unter sich aufteilen könnten. I n n e r e U n r u h e n . Juan de Austria setzte inzwischen seine geheime Verschwörertätigkeit fort, und diesmal schienen die Umstände ihm auch günstiger zu sein, da der Friedensschluß von Aachen den Pater Nidhard endgültig aus dem Sattel geworfen hatte. Der Königinmutter wurde die Nachricht hinterbracht, daß der Bastard Philipps IV. eine Verschwörung angezettelt habe, um sie in ein Kloster einzusperren, ihren Beichtvater aber ins Gefängnis zu bringen. Nun erfuhr wieder Don Juan, daß man sich daraufhin entschlossen habe, ihm als Gefängnis den Alcazar von Segovia anzuweisen. Er verließ daher Consuegra und schrieb einen Brief an die Königin, in dem er Nidhard aufs heftigste beschuldigte. Von Barcelona sandte der Bastard dann weitere Briefe an den Regentschaftsausschuß, die Vertreter der Königreiche Katalonien, Aragon und Valencia und an die kastilischen Städte. Nidhard, der jetzt aller Stützen beraubt war, sah be-
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reits seinen unvermeidlichen Untergang herannahen. Mit dreihundert Reitern zog Don Juan von Barcelona aus und begab sich über Zaragoza nach Torrejón de Ardot, wo weitere sechshundert Mann zu ihm stießen. Voller Schrecken rieten nun in Madrid der Rat von Kastilien und der Regentschaftsausschuß der Königinmutter, sie solle den Jesuiten absetzen. Wohl oder übel mußte Marie Anna den Befehl an Nidhard ergehen lassen, der in einem Wagen zur Nachtzeit aus Madrid entwich und sich nadi Fuencarral begab, wo er einen Erlaß der Königin vorfand, in dem er zum Botschafter in Rom ernannt wurde. Dort verbrachte Nidhard den Rest seiner Tage, bemühte sich um die Kardinalswürde und schrieb seine „Memorias", in denen er seine Handlungsweise zu rechtfertigen suchte. Don Juan, der nun der Sieger des Tages war, hatte doch nicht den Mut, seinen Triumph voll auszukosten; ja, er zog nicht einmal in Madrid ein. Dagegen richtete er ein Sendschreiben an die Königin, in dem er ihr ein vollständiges Regierungsprogramm entwarf. Der Schrecken, den der Bastard der Madrider Regierung einflößte, war so groß, daß der Hof ohne weiteres die Vorschläge annahm, die im wesentlichen nur auf eine gerechtere Justizverwaltung, eine Verminderung der Steuern und die Schaffung eines sogenannten „Erleichterungsausschusses" abzielten. Nun aber hatte Peñaranda, ein Mitglied des Regentschaftsrates, eine geniale Idee. Er schuf ein Garderegiment des Königs, dem das Volk den Namen „die Chamberga" verlieh, da die hierfür entworfenen Uniformen und vor allem die Kopfbedeckungen denjenigen ähnelten, die die Truppen des Marschalls Schömberg in Portugal getragen hatten. Der alte Marquis von Aytona wurde zum Regimentschef ernannt, und verschiedene beschäftigungslose Adlige erhielten die Offiziersstellen. Jetzt konnte Don Juan nicht mehr mit den dem königlichen Hause ergebenen Truppen zählen, und seine Partei verlor von einem Augenblick zum anderen an Einfluß. Schließlich gab man ihm in Madrid den Gnadenstoß, indem man ihn zum Generalvikar von Aragón ernannte. Er mußte sich nach Zaragoza zurückziehen, wo er ein stilles Leben führte und so gut wie keinen politischen Einfluß mehr ausübte. Im königlichen Schloß hatte Nidhard inzwischen schon einen Nachfolger gefunden, und zwar war dies Fernando de Valenzuela y Encisco, der neue Günstling der Regentin. Er war in Neapel als Sohn eines Hauptmanns geboren, der ein abenteuerliches Leben geführt hatte. Mit achtzehn Jahren wurde er Page beim Vizekönig von Sizilien, dem Herzog von Infantado. Er besaß eine gewisse Klugheit, eine gute Figur, ein sympathisches Gesicht und eine gute Rednergabe, konnte geschickt schmeicheln, verfaßte hübsche Verse, musizierte, hatte ein sehr weites Gewissen und war mit einem Wort der vollendete T y p eines Emporkömmlings. In
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den Wirtschaftsräumen des königlichen Schlosses, in denen er sich oft herumtrieb, lernte er eine Kammerfrau der Königin, Doña María Ambrosia de Ucedo, kennen, die er heiratete, um alsbald als Stallmeister in den königlichen Dienst zu treten. In einer Liebesangelegenheit — es kann auch eine politische Angelegenheit gewesen sein —, die er für Philipp IV. erledigte, wurde er auf der Leganitos-Straße verwundet, und da er nidit über genügend Geld verfügte, um sich die nötigen Medizinen und Verbandmittel zu verschaffen, kam die Königin dem Mann ihrer Kammerfrau zu Hilfe. Von da ab begann er, der Regentin den Hofklatsch zuzutragen und erhielt bald den Namen „Das Schloßgespenst". Audi bei Nidhard verstand er sich beliebt zu machen und zog nun in die San-Bernardo-Straße in ein Haus gegenüber dem Jesuitenkolleg, in das er häufig hinüberging, um den Pater mit seinen Schmeicheleien für sich zu gewinnen. Jetzt begann ein unaufhaltsamer Aufstieg für Valenzuela: er wurde Ritter des Santiagoordens, Oberzeremonienmeister und Oberster Stallmeister. In den Spottschriften der Zeit spielte man schon auf die seltsame Freundschaft zwischen Valenzuela und der Regentin an, und wenn die Beziehungen zwischen Maria Anna und ihrem Günstling auch über jeden Zweifel erhaben waren, so gab die ausgesprochene Vorliebe, die die Regentin für ihn an den Tag legte, den bösen Zungen doch immer genügend Stoff. Valenzuela heimste immer neue Ämter und Würden ein: er wurde zum Burgvogt von Pardo, La Zarzuela und Balsain ernannt. Auf diese Weise kam er in enge Verbindung mit dem König, denn auch die Veranstaltung von Landpartien und Jagdausflügen gehörte zu den Obliegenheiten eines Burgvogts. Er faßte den Plan, im Verein mit der Königin eine Bestechungsaffäre im großen Stil durchzuführen, und auf seinen Rat erhob Marie Anna eine Tabaksteuer, um sich so die Rente zu sichern, die Philipp IV. ihr für die Zeit nach der Volljährigkeit des Königs zugebilligt hatte. Um das Volk von Madrid zu beschwichtigen, sorgte Valenzuela für die Durchführung öffentlicher Arbeiten und für das ständige Vorhandensein reichlicher Lebensmittel. Die Adligen gewann er für sich, indem er anläßlich der Einrichtung eines Hofstaates für den jungen König die Ämter und Stellen unter sie verteilte, und bei Karl schließlich machte er sich durch die Veranstaltung von Stierkämpfen, Festen und Theatervorstellungen beliebt. Als die Regentschaftszeit der Königinmutter zu Ende ging, führte Valenzuela den Titel eines Marquis von San Bartolomé de Villasierra, und der Aufwand, den er in seinem Hause trieb, konnte sich mit dem der Granden von Spanien messen. D i e V o l l j ä h r i g k e i t d e s K ö n i g s . Als Karl neun Jahre alt war, konnte er noch immer nicht lesen und schreiben. Die Schuld an dieser Rückständigkeit seiner Entwicklung gab das Volk der Regentin und dem Er-
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zieher des Prinzen, Ramos de Manzano. Infolge gewisser Zeichen von Frühreife, wie sie gerade bei degenerierten Kindern häufig sind, glaubte man einen sicheren Beweis für die Intelligenz des Königs zu haben. Valenzuela und die Regentin dachten anfänglich daran, die Regentschaftszeit verlängern zu lassen, das unvermutet energische Eingreifen Karls jedoch brachte ihre Pläne zum Scheitern. Er berief den Kardinal von Aragon und Don Juan de Austria zu sich, und nur die Tränen der Königin vermochten ihren Sohn zu bewegen, Don Juan, der bereits im Schloß von Buen Retiro seinen Einzug gehalten hatte, wieder zurückzuschicken. Der Staatsrat und der Rat von Kastilien beschlossen, daß der Regentschaftsausschuß noch zwei Jahre hindurch bestehen bleiben und der König mit seiner Hilfe sowie mit Unterstützung seiner Mutter die Regierungsgeschäfte führen sollte. Juan de Austria hatte sich wieder nach Zaragoza zurückgezogen, Valenzuela dagegen, der gleichfalls vom Hofe verbannt worden war, kehrte dorthin zurück, nachdem er einige Monate lang den Posten eines Generalkapitäns von Granada verwaltet hatte. Bald sollte dieser geschickte Festveranstalter sich wieder beim König unentbehrlich gemacht haben: anläßlich eines prunkvollen Ausflugs nach Aranjuez wußte der Günstling alle Hindernisse, die sich seinen Wünschen entgegenstellten, aus dem Weg zu räumen, bis er endlich zum ersehnten Ziele gelangte. Der Regentschaftsausschuß wurde aufgelöst, und der König übergab in einem Erlaß Valenzuela die Leitung der Regierungsgeschäfte. Nachdem der Marquis von Villasierra so den Regentschaftsrat ausgeschaltet hatte, nahm er selbst Wohnung im Königlichen Schloß — eine Ehre, die weder Lerma, noch Olivares, noch Nidhard zuteil geworden war. Die Dreistigkeit des Günstlings ging so weit, daß er, wie man erzählt, hinter einem Fenstergitter verborgen, den Sitzungen der Ratsausschüsse beiwohnte. Die Empörung des Adels und der Beamtenschaft war derartig, daß man zum Äußersten entschlossen war: die Granden von Spanien richteten ein Schreiben an den König, in dem sie die Entfernung Valenzuelas forderten. Auch Juan de Austria begann sich wieder zu rühren, und der Staatsrat sowie der Rat von Kastilien verlangten mit Entschiedenheit die Gefangennahme des Günstlings. Valenzuela verlangte darauf vom Monarchen, er solle den Prior des Eskorials bitten, daß dieser ihn dort im Kloster verberge. In aller Heimlichkeit verließ der Günstling Madrid und begab sich in den Eskorial. Inzwischen war Don Juan mit einem Heer von 12 000 Mann vor Madrid erschienen. Der Erzbischof von Aragon übernahm die Vermittlung und verhandelte mit dem Bastard, der nun allmählich gewitzigt war und schon B a l l e s t e r o s , Spanien
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an der Möglichkeit gezweifelt hatte, wieder eine Rolle bei Hofe spielen zu können. Die ersten Taten Don Juan de Austrias entsprangen nicht der Sorge um das Wohl des Volkes, sondern seinen Radiegefühlen. Er sandte Antonio de Toledo und den Herzog von Medina Sidonia aus, um Valenzuela zu fangen. Als es den beiden nach unendlichen Mühen gelungen war, des früheren Günstlings habhaft zu werden, eröffnete man ein Gerichtsverfahren gegen den gestürzten Minister, dessen Vermögen sich auf die für jene Zeit geradezu ungeheuerliche Summe von zehn Millionen Reales belief. Der Staatsanwalt beantragte die Todesstrafe und die Einziehung des gesamten Vermögens des Angeklagten: als sidi dann jedoch die kirchliche Gerichtsbarkeit einmischte, da das Asylrecht des Klosters, in dem Valenzuela sich verborgen hatte, verletzt worden war, wurde das Urteil in eine lebenslängliche Verbannung nach Cavité auf den Philippinen umgewandelt. Die Soldaten des „ Chambenga-Regiments" mußten nach Sizilien igeihen, und Marie Anna wurde nach Toledo verbannt. D e r z w e i t e u n d d e r d r i t t e K r i e g m i t F r a n k r e i c h . Der Dreibund hatte den ehrgeizigen Plänen Ludwigs XIV. Einhalt geboten. Nun versuchte der Franzose, dem die besten Diplomaten seiner Zeit zur Seite standen, mit allen Mitteln den Block zu sprengen und erreichte dies auch, indem er England auf seine Seite hinüberzog und Schweden ausschaltete. Der ganze Haß des Bourbonenkönigs richtete sich nun gegen Holland; doch um hier zum Ziele zu kommen, bedurfte er der Neutralität Spaniens. Er machte verlockende Angebote: als Tauschobjekt für die Niederlande, die ihm den Weg nach Holland versperrten, wollte er Spanien die Grafschaften Roussillon und Cerdagne sowie einen Teil des französischen Navarra überlassen. Spanien jedoch hatte seine frühere Enttäuschung nicht vergessen. In ihrem mißtraulichen Ungeschick wies die Regierung das glänzende Angebot des Franzosen zurück und schloß dagegen im Haag mit dem alten Landesfeind Holland einen Beistandspakt für den Fall, daß Flandern angegriffen werden sollte (1671). Ludwig XIV. indessen drang auf dem Wege über Belgien in Holland ein, um so Spanien jeden Grund für eine Einmischung zu nehmen. Der derzeitige Stahouder Hollands, Wilhelm von Oranien, brachte nun im Haag die Große Allianz gegen Frankreich zustande, der der Kaiser Leopold, Holland, der Große Kurfürst, der Herzog von Lothringen, Spanien und noch verschiedene kleinere Fürsten angehörten. Frankreich antwortete damit, daß es mit 50 000 Mann die Freigrafschaft Burgund besetzte, in der Spanien nur 1 5 0 0 0 Soldaten liegen hatte. Vauban bemächtigte sich der Städte Besançon und Dôle, während Condé Wilhelm von Oranien in der blutigen Schlacht bei Seneffe besiegte.
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Inzwischen marschierte der Herzog von San Germán und Vizekönig von Katalonien in Roussillon ein und eroberte dieses Gebiet, das viele Jahrhunderte hindurch zu Spanien gehört hatte, zurück. Die katalonischen Soldaten nahmen Bellegarde und schlugen die Streitkräfte Schömbergs. In der Pfalz und im Elsaß kämpften die Verbündeten Spaniens gegen Frankreich. Als die Stadt Messina sich gegen Diego Soria erhob, rüstete Ludwig XIV. eine Flotte aus, um den Aufständischen zu Hilfe zu kommen. Die Vermittlung, die England anbot, wurde zurückgewiesen. Bald darauf besetzten die Franzosen das Bistum Lüttich und die Grafschaft Limburg. Der Marschall Schömberg konnte Bellegarde wiedererobern, und die spanischen Truppen mußten sich zurückziehen (1675), da der neue Vizekönig von Katalonien, der Herzog von Cerralbo, sich nicht zur Schlacht entschließen konnte. In Flandern errangen die Franzosen inzwischen einen Vorteil nach dem anderen, ohne daß Oranien oder Villahermosa etwas dagegen unternehmen konnten. Das größte Unglück jedoch, das die Verbündeten traf, war der Verlust des großen holländischen Admiráis Ruyter, der in der unentschiedenen Seeschlacht bei Catania fiel. Die Flotte von Duquesne, die unter dem Befehl des trägen Vivonne stand, gewann indessen die Schlachten bei Stromboli und Palermo. Nun war die Insel Sizilien den Franzosen ausgeliefert; doch Ludwig XIV. wünschte sich gar nicht so rebellische Untertanen und überließ Messina seinem Schicksal. Als dann Innozenz XI. zum Papst gewählt wurde, übernahm dieser die Vermittlung und leitete den Frieden von Nimwegen ein. Spanien, das sich als letztes Land zu Verhandlungen bereit fand, verlor inzwischen in Flandern Valenciennes, Saint Omer, Ypern und Gent und in Katalonien die Stadt Puigcerdá. Beim Friedensschluß von Nimwegen gingen die Freigrafschaft Burgund und verschiedene flämische Städte endgültig für Spanien verloren; der Sieger trat hingegen in einer Anwandlung unerklärlicher Großzügigkeit mehrere andere Städte ab. Ludwig XIV. ahnte wohl schon, daß die spanische Krone bald an seine Dynastie übergehen sollte (1678). Nun war Ludwig XIV. der unumschränkte Herr Europas und konnte in aller Ruhe die größten Verletzungen des Völkerrechts begehen, indem er durch die von ihm eingesetzten Reunionskammern eine ganze Reihe von Gebieten für sich annektierte. Daraufhin begründete Wilhelm von Oranien im Verein mit Schweden den Haager Bund (1681), dem sofort auch Spanien und der deutsche Kaiser beitraten. Im Vertrauen auf den Beistand der Verbündeten erklärte Spanien Ludwig von neuem den Krieg, der seinerseits Luxemburg besetzte und die Städte Oudenarde und Cour22*
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tray nahm. Unter dem Zwang der Verhältnisse mußten die Spanier darauf den Waffenstillstand von Regensburg unterzeichnen (1684), der sich über die Dauer von zwanzig Jahren erstrecken sollte. Um der Anmaßung des „Roi Soleil", die alle europäischen Mächte mit Empörung erfüllte, entgegenzutreten, vereinigten sich im Jahre 1686 der Kaiser, Spanien, Holland, Schweden und verschiedene kleinere Staaten gegen Frankreich in der „Augsburger Allianz''. Als dann Wilhelm von Oranien zum König von England proklamiert wurde, trat auch diese Nation der Allianz bei, so daß sich nun fast ganz Europa im Kriegszustand befand. Bei Fleurus konnten die Franzosen einen Sieg über die Verbündeten erringen, in Katalonien dagegen waren sie anfänglich nicht so vom Glück begünstigt, da es der katalanischen Bürgerwehr gelang, den Herzog von Noailles zu schlagen. In den folgenden Jahren gingen jedoch Ripoll, Urgel, Rosas und Palamös verloren. Der Krieg endete mit dem Friedensschluß von Ryswick, bei dem der französische König, der die spanischen Reiche für seinen Enkel erhoffte, sich wiederum von seiner großmütigsten Seite zeigte und Spanien die soeben eroberten katalanischen Städte sowie Luxemburg und die Städte Möns, Ath und Courtray zurückgab (1697). W e i t e r e K r i e g e . Im Jahre 1668 war der Frieden mit Portugal geschlossen worden, in dem Spanien die Unabhängigkeit dieses Reiches anerkannte. Die Portugiesen hätten sich nun gern auch noch Galicien einverleibt, doch das Madrider Kabinett war glücklicherweise nicht so schwach, diesen kaum angedeuteten Wunsch auch nur einen Augenblick ernst zu nehmen. Die afrikanischen Besitzungen Spaniens waren indessen ständig den Angriffen durch die Bewohner von Marokko und Algier ausgesetzt, die von den Türken in jeder Weise unterstützt wurden. Inigo de Toledo machte sich einen Namen als heldenmütiger Verteidiger von Orän. Sodann konnten die Spanier auch das Felsengebirge von Alhucemas, das den Seeräubern als Schlupfwinkel diente, erobern. Larache ging zwar verloren, dagegen aber behielt Spanien das schon vor langer Zeit von den Portugiesen eroberte Ceuta, das beim Friedensschluß mit Portugal nicht zurückgegeben wurde. D e r s p a n i s c h e E r b f o l g e s t r e i t . Die gesamte Aufmerksamkeit Europas war jetzt auf Spanien konzentriert, das man zu jener Zeit, ebenso wie im neunzehnten Jahrhundert die Türkei, mit Recht als den „kranken Mann" bezeichnen konnte. Tatsächlich ließ die innere Lage keinerlei Aussicht auf eine neue Blüte zu, denn der nun zur Macht gekommene Juan de Austria hatte zwar viel versprochen, doch nichts gehalten, so daß alle Hoffnungen, die Spanien auf die Fähigkeit und die Erfahrungen dieses alten Unruhestifters gesetzt hatte, als gescheitert gelten mußten. Der Ruf der
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spanischen Macht im Ausland ging immer mehr zurück, und als der Bastard schließlich starb, ließ sich höchstens eine Besserung der öffentlichen Moral feststellen, da er scharf gegen das Bestechungswesen vorgegangen war und dem dreisten Ämterkauf ein Ende gemacht hatte. Der König söhnte sidi nun wieder mit seiner Mutter aus, die nach dem Tode ihres Feindes nach Madrid zurückkehrte und im Schloß von Buen Retiro Wohnung nahm. Trotz des unehrlichen Spiels, das Frankreich sich erlaubt hatte, existierte am spanischen Hof eine franzosenfreundliche Partei, deren bedeutendste Vertreter Peñaranda und der Marquis de la Fuente waren. Als Grund für ihre Haltung gaben sie ihren Haß gegen Deutschland an, das Spanien beim Friedensschluß von Münster so schmählich im Stich gelassen hatte. Dies traf nun zwar zu, doch rechtfertigte es in keiner Weise eine Neigung für Frankreich, denn wenn schon die Undankbarkeit ein abstoßender Zug ist, so noch tausendmal mehr die Falschheit, deren Frankreich sich schuldig gemacht hatte. Als nun die Frage einer Verheiratung des Königs aufgeworfen wurde, kamen unter den Prinzessinnen aller regierenden Häuser in erster Linie die französischen und die österreichischen in Betracht. Die letzteren fanden die entschiedene Unterstützung Marie Annas von Österreich und den systematischen Widerstand Peñarandas, wobei Juan de Austria als Feind der Regentin sich der französischen Partei anschloß. Doch selbst nach dem Tode Juans konnte Peñaranda sich durchsetzen, und die Wahl fiel auf Marie Luise von Orléans. Die neue spanische Königin war eine Nichte Ludwigs XIV. und die Tochter von dessen Bruder und Henriette von England. Selbst in Frankreich gab man zu, daß sie eine recht mangelhafte Erziehung genossen habe. Sie war ein sehr schwieriger Charakter und gab sich nicht die geringste Mühe, sich die Liebe ihrer Untertanen zu gewinnen, so daß die „natürliche Abneigung zwischen den beiden Nationen", wie man damals sagte, dank ihrer Haltung nur noch erhöht wurde. Sie starb dann sehr plötzlich, und die französischen Schriftsteller streuten das Gerücht aus, sie sei vergiftet worden. Vermutlich aber fiel sie einem Anfall von Cholera zum Opfer, da sie, wie der Herzog von Montalto drastisch bemerkt, „immerzu Schweinereien aß". Nach dem Tode der ersten Gemahlin Karls II. konnte nun Marie Anna von Österreich mit ihrer Ansicht durchdringen und mit Hilfe des kaiserlichen Botschafters Mansfeld eine österreichische Heirat in die Wege leiten. Karl II. vermählte sich mit Maria Anna von Neuburg, einer Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm von der Pfalz. Zur Zeit dieser Eheschließung begann sich am spanischen Hofe auch eine österreichische Partei zu bilden. Vorher hatten der recht mittelmäßig begabte Herzog von Medinaceli und
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der schlaue Graf von Oropesa, letzterer mit Unterstützung des Staatssekretärs Manuel de Lira, die Regierungsgeschäfte geleitet; nach der Heirat des Königs mit der deutschen Prinzessin jedoch war diese zweiundzwanzigjährige junge Frau mit ihrer blütenweißen Haut und ihrer robusten Gesundheit die unumschränkte Herrin über den schwachen Willen ihres königlichen Gemahls. Zur deutschen Partei am Hofe gehörten vor allem der Kapuzinerpater Gabriel Chiusa, der Beichtvater der Königin, weiter deren Erzieherin, Gertrud von Guttenberg, Gräfin von Berlepsch und schließlich der Sekretär der letzteren, Heinrich Wiser, der kurze Zeit in Spanien weilte. Die Seele dieses Dreibundes war die Gräfin, eine ungeheuer geizige Frau, die alles Geld, das sie zusammenraffen konnte, an die Bankhäuser von London und, Amsterdam sandte, um sich so für den Fall eines Sturzes zu sichern. Wie der Botschafter Harrach erklärt, war sie am Hofe allmächtig. Als Mitglied dieser Partei ist schließlich noch der Sekretär des Ministerrats Don Juan de Angulo zu erwähnen, den man allgemein „den Maulesel" nannte. Da man die Gräfin selbst als „das Rebhuhn" bezeichnete (weil die Aussprache ihres deutschen Namens eine gewisse Ähnlichkeit mit dem spanisdien Wort „perdiz" aufwies) und ihren Sekretär, den Baron von Wiser, seines körperlichen Fehlers wegen als „den Lahmen", sprach man von der „Kamarilla des Rebhuhns, des Lahmen und des Maulesels". Neben dieser verborgenen Machtgruppe, die sozusagen als illegaler Staatsrat die Geschicke des Reiches lenkte, bildete sich allmählich auch eine größere deutsche Partei, die sich zum Ziele gesetzt hatte, den spanisdien Thron dem Hause Österreich zu erhalten, dessen einziger überlebender Zweig nach dem Tode Karls II. die Familie des Kaisers von Deutschland sein würde. Ein hervorragender Vertreter dieser Partei war der Admiral von Kastilien, Graf von Melgar, ein etwa« zu nachgiebiger, doch intelligenter Mensch. Als Führer dieser Gruppe fungierte eine Zeitlang der Graf von Aguilar, dem der einhundertsiebenjährige Marquis von Mancera folgte. Einen fast unbeschränkten Einfluß am spanischen Hof übten die Fürsten von Hessen-Darmstadt aus, die Vettern der Königin waren; einer von ihnen mit Namen Georg bekleidete den Posten eines Vizekörtigs von Katalonien. Das wichtigste Mitglied der österreichischen Partei jedoch war der Botschafter Leopolds I., Graf von Harrach, ein erfahrener und kluger Politiker, der den geheimen Auftrag hatte, in Spanien für die deutsche Sache zu werben. Die größte Unterstützung wurde ihm dabei natürlicherweise durch Maria Anna von Neuburg, die Schwägerin des Kaisers, zuteil. Die Königinwitwe hatte ihren Urenkel, den Kurprinzen Joseph Leopold von Bayern, der ein Enkel Margaretes, der Schwester Karls II. war, für den spanischen Thron ausersehen. Diese Wahl wirkte etwas störend auf die
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Einheit der deutschen Partei, die ihrerseits an einen Sohn des deutschen Kaisers gedacht hatte. Audi nach dem Tode Marie Annas jedoch verfügte die bayerische Partei über recht bedeutende Anhänger, darunter den Kardinal Portocarrero, Oropesa und Mancera. Während des Krieges der Augsburger Allianz gab es keine französische Partei in Spanien; dann aber bediente sich Ludwig XIV. für seine Pläne einiger Geistlicher, wie des Paters Duval und des barmherzigen Bruders Pater Blandinieres, sowie der berühmten Marquise von Gudannes, die einen lebhaften Briefwechsel mit Versailles unterhielt. Die letztere besaß einen Garten gegenüber dem des Admirals, und ihr Haus war der Mittelpunkt aller Intrigen, so daß der englische Botschafter Lord Stanhope sich bei seiner Regierung über die Machenschaften der Marquise beschwerte. Nach dem Frieden von Ryswick kam als französischer Botschafter der Marquis von Harcourt nach Spanien, und von diesem Zeitpunkt an gab es in Madrid eine regelrechte französische Partei. Ludwig XIV. war so geschickt, daß er sich sogar mit Erfolg bemühte, die spanische Königin selbst zu gewinnen, indem er dafür Sorge trug, daß all die zahlreichen Wünsche ihrer weiblichen Eitelkeit befriedigt wurden. In Paris regnete es nun förmlich an Aufträgen für rosa Seidenbänder, kurze, leichte Sommerperücken nach spanischer Art, fleischfarbene Seidenstrümpfe, feine Perlmutterkämme und tausend andere Kleinigkeiten, die das Entzücken aller Damen waren. Die französische Hauptstadt, die in dem Ruf stand, tonangebend in der Mode zu sein, stellte ihre Anziehungskraft auf diesem Gebiet in den Dienst der Politik, und wenn es um Dinge der Kleidung ging, triumphierte sie mit Sicherheit über jede Frau, selbst wenn es sich dabei um eine Königin von deutschem Geblüt handelte. Durch Vermittlung Lord Portlands und Tallards schlössen Wilhelm von England und Ludwig XIV. im Haag den zweiten Teilungsvertrag hinsichtlich der spanischen Reiche (1698). Drei Anwärter: der Erzherzog, der Herzog von Anjou und der Kurprinz von Bayern, waren dabei berücksichtigt worden. Die Nachricht von diesem Vertrag erregte höchsten Unwillen in Spanien, und Karl II. ernannte den Kurprinzen von Bayern, der jedoch bald darauf starb, in seinem Testament zum alleinigen Erben. Nachdem die Dinge soweit gediehen waren, ging die deutsche Botschaft zum Angriff über und erreichte die Entfernung der Marquise von Gudannes. Nun war die offene Feindschaft zwischen Harrach und Harcourt erklärt. Der Franzose benahm sich so geschickt, daß es ihm gelang, den Kardinal Portocarrero, den Herzog von San Juan und Vizekönig von Sardinien und Montalto, den früheren Präsidenten des Indienrats, auf seine Seite zu bringen.
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Nach kurzer Zeit schon (1699) wurde in London der dritte Teilungsvertrag unterzeichnet, der sowohl beim deutschen Kaiser wie am Madrider Hof auf entschiedene Ablehnung traf. Die österreichische Partei verlor jetzt an Boden, obgleich sie einen Mann von der Bedeutung des Grafen von Oropesa in ihren Reihen hatte. Ein von der französischen Partei angezettelter Aufstand und die skandalöse Angelegenheit der Teufelsbeschwörungen, über die wir nachstehend berichten, brachte die öffentliche Meinung endgültig gegen die Deutschen auf. Der Londoner Vertrag war auf Grund von Verhandlungen zwischen England und Holland zustandegekommen. Der Marquis von Fresno arbeitete nun einen für Frankreich günstigen Vorschlag aus, und auch der spanische Staatsrat wünschte die Ernennung des Herzogs von Anjou zum Prinzen von Asturien. Der Sieg Harcourts rückte immer näher. Es fehlte nur noch die Entscheidung des Papstes Innozenz XI., der sich schwankend verhielt, da er eine Gewissensfrage als Staatsangelegenheit ansah, während Karl II. seinerseits eine Staatsangelegenheit so behandelte, als sei sie eine Gewissenfrage. Der Papst entschied sich endlich für den Franzosen, und Karl, mit dessen Ableben man bereits täglich rechnen konnte, setzte Philipp von Anjou in seinem Testament zum Erben ein (1700). Im Verlauf dieser Ereignisse waren am Hof höchst eigenartige und bemerkenswerte Dinge vorgefallen. Es fing damit an, daß man tolle Geschichten über eine angebliche Verzauberung des Königs erzählte. So sagten die Leute, dem König sei im Alter von vierzehn Jahren ein langsam wirkendes Gift beigebracht worden, das seinen Organismus verändert und ihn der Manneskraft beraubt habe. Valenzuela aber sei derjenige gewesen, der ihm das Gift in einer Tasse Schokolade gereicht habe. Die Königin beschuldigte den Inquisitor Rocaberti und den Pater Froilän Diaz, den Beichtvater des Königs, die im Verein mit dem asturischen Priester Alvarez de Argüelles eine Geisterbeschwörung mit dem König veranstalten wollten, um die Teufel aus seinem Leibe auszutreiben. Gegen den Pater Froilän Diaz wurde ein Prozeß eröffnet, der die französische Partei eines wichtigen Mitglieds beraubte, da jeder Schritt des Beichtvaters von einem geschickten Politiker überwacht worden war. Trotz des Widerstandes der Königin teilte auch die österreichische Partei diesen Aberglauben. Der Kaiser selbst sowie der Erzbischof von Wien beschäftigten sich mit der Angelegenheit der Bezauberung des spanischen Königs. Man befragte eine Wahrsagerin namens Isabella, die auf der Silvastraße wohnte. Auch der Priester Mauro de Tenda bemühte sich um die Geisterbannung. Man erklärte, der König sei durch ein Päckchen Tabak verhext worden, das im Schreibtisch der Königin lag, und veranstaltete nun im Eskorial eine große Teufelsaustreibung. Karl II. glaubte danach auch,
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daß er sich besser fühle und seine Kraft zurückgewonnen habe. Die Königin wurde in den Eskorial gerufen und sogar das Ehebett dorthin befördert. Dodi alles war vergebens: der letzte schwächliche Sproß des Hauses Österreich starb ohne Nachkommenschaft. • Unbarmherzig und grausam ist das Bild, das die Historiker von Karl II. entwerfen, doch der wirkliche Anblick dieses kränklichen, mageren, rachitischen Geschöpfes, dem das Zeichen des Untergangs auf die Stirn gedrückt schien und das alle körperlichen Mängel des letzten Gliedes einer Rasse in sich vereinigte, übertraf doch alle Schilderungen. Sein ganzes Leben hindurch erschien er wie ein schwächliches Kind, das nicht recht ausgewachsen war. Sein Kopf war ungewöhnlich Jang, die Stirn eingesunken, die Backen mager und die fleischige Nase schien auf die Lippen herabzufallen. Er hatte eine bleiche Gesichtsfarbe und spärliche blonde Haare, die ihm frühzeitig ausfielen. Außerordentlich lange Arme und dünne knochige Beine vervollständigten die äußere Erscheinung des letzten spanischen Herrschers aus dem Hause Habsburg. Dazu war er äußerst reizbar, schätzte nur die damals übliche Jagd mit Netzen und Fallen und brachte seine Tage im Schlosse mit unendlichen Gesellschaftsspielen oder Unterhaltungen mit seinen Zwergen zu. Die einzigen Gegenstände, denen er ein größeres Interesse entgegenbrachte, waren die Hofetikette und geistliche öbungen. W i e ein französischer Botschafter es ausdrückte, verlief sein Leben „ohne Beschäftigung, ohne Freuden und ohne Unterhaltung". Er war fast vollständig ungebildet, konnte kaum lesen und schreiben und hatte zu nichts besondere Lust oder Neigung. Die Regierungsgeschäfte erregten ihm Ekel und Widerwillen. Mußte er an einer Ratssitzung teilnehmen, so sah er beständig nach der Uhr und konnte das Ende gar nicht erwarten. Seiner mißtrauischen Veranlagung folgend begab er sich dauernd von einer Stelle zur anderen, ohne dabei irgend etwas ausrichten zu können. Einer seiner Vertrauten sagte von ihm: „Seine Majestät befindet sich gleichzeitig an vielen Orten, aber wirklich anwesend ist er nirgends." Da er streng auf Sitte und Anstand hielt, pflegte er zu sagen: „Demjenigen, der mir davon spräche, daß ich mir eine Geliebte nehmen soll, würde ich mit meinem Dolch zu Leibe gehen." Trotz all seiner Schwächen jedoch, die zum größten Teil auf die durch dauernde Inzucht hervorgerufenen körperlichen Degenerationserscheinungen zurückzuführen sind, hatte Karl II. ein ernstes, majestätisches Auftreten, eine innige Frömmigkeit und einen echt spanischen Stolz, die ihm die unwandelbare Liebe seiner Untertanen einbrachten. D i e ü b e r s e e i s d i e n ' B e s i t z u n g e n S p a n i e n s . In der Gegend der Antillen trieben die sogenannten „Flibustiers" und „Freibeuter", die von den Regierungen Englands und Frankreichs auch noch begünstigt wurden, ihr Unwesen weiter und beunruhigten die spanischen Kolonien in Amerika.
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Einer der berühmtesten Freibeuter war Heinrich Morgan, der den Schutz des englischen Gouverneurs von Jamaica genoß, Portobelo eroberte, etwas später die Stadt Maracaibo an der venezolanischen Küste plünderte und schließlich Panama brandschatzte. Nach langem Hin und Her gab England endlich den dauernden Beschwerden Spaniens nach und begann das Freibeutertum zu verfolgen. Zu Ende des 17. Jahrhunderts jedoch ereigneten sich schon wieder neue Übergriffe der Seeräuber in Veracruz, Campeche, Santiago de Cuba und Cartagena de Indias. Der Admiral Otondo unternahm in Begleitung des Jesuitenpaters Kino vom Vizekönigreich Mexiko aus eine längere Expedition, während der Pater Salvatierra vom Hafen Yaqui aus ebenfalls eine Forschungsreise zu dem Ort antrat, der heute unter dem Namen Nuestra Señora de Loreto bekannt ist. In Venezuela wurde die Stadt Barcelona gegründet. Ein portugiesischer Gouverneur von Rio de Janeiro drang zwischen dem Uruguayfluß und dem Atlantisdien Ozean in spanisches Gebiet ein und gründete am nördlichen Ufer des La-Plata-Stromes die Stadt Colonia del Sacramento. Der spanische Statthalter von Paraguay forderte daraufhin die Portugiesen auf, sich zurückzuziehen und bemächtigte sich Colonias. Damit begannen die langen Kämpfe um diese Besitzung, die sidi die Spanier und Portugiesen immer wieder gegenseitig streitig machten. Lezcano, ein spanischer Seefahrer, entdeckte in Mikronesien einige Inseln, denen er^zu Ehren Karls II. den Namen „Karolinen" gab ( 1 6 8 8 ) ; diese Bezeichnung wurde später auf die ganze Inselgruppe übertragen. Auf den sogenannten „Ladrones-Inseln", die man zur Erinnerung an Marie Anna von Österreich die „Marianen" taufte, begannen die Jesuiten mit der Verbreitung des Evangeliums.
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DIE SPANISCHE K U L T U R W Ä H R E N D DER R E G I E R U N G DER HABSBURGER D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n . Auf politischem Gebiet gewann die absolutistische Staatsauffassung immer mehr an Boden. Der Absolutismus der spanischen Könige entspricht dem mit dem Beginn der Neuzeit in allen europäischen Staaten eingeführten unitaristischen Regierungssystem, das an die Stelle des mittelalterlichen Lehnswesens trat. Schon Karl I. ist als ein absoluter Herrscher zu bezeidinen. Philipp II. war es vorbehalten, das absolutistische System im einzelnen auszubauen, und zur Zeit der drei letz-
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ten spanischen Könige aus dem Hause Habsburg übten gleichzeitig mit den Herrschern und in ihrem Namen die Günstlinge die absolute Gewalt aus. Von der durch die Habsburger eingeführten Verwaltungszentralisation haben die Historiker oft übertriebene Schilderungen gegeben — genau besehen blieben jedem der früheren Königreiche seine besonderen Einrichtungen erhalten. Sie wurden von Vizekönigen als Vertretern des spanischen Königs regiert. Nach den Unruhen in Aragón nahm Philipp II. allerdings einige Änderungen in der Verwaltungsorganisation dieses Reiches vor: der vielumstrittene „Justicia" war nun nach dem Willen des Herrschers absetzbar, und die Aragonesen mußten sich bereit erklären, auch Ausländer als Vizekönige anzuerkennen. Philipp IV. seinerseits führte nach Beendigung des katalanischen Aufstandes geringfügige Neuerungen im dortigen Verwaltungswesen ein. Die allgemeinen Regierungsgeschäfte wurden von den Staatssekretären oder den Privatsekretären des Herrschers wahrgenommen. Bei Abwesenheit des Königs wurde ein Generalgouverneur ernannt. Große Bedeutung erlangte zurZeit Philipps II. der Staatsrat, eine Körperschaft mit beratenden und exekutiven Funktionen, von der unter anderem auch die Ernennung der Vizekönige abhing. Auch der Kriegsrat war von großer Wichtigkeit. Der Königliche und Oberste Rat von Kastilien war der oberste Gerichtshof für Kastilien und die von ihm abhängigen Gebiete. Daneben gab es eine „Kammer von Kastilien" (für Gnadenangelegenheiten), einen „Königlichen und Obersten Rat von Aragón", den „Obersten Italienrat", den „Königlichen Indienrat", den „Flandernrat", den „Kreuzzugsrat", den „Inquisitionsrat" und den „Rat des Obersten Justicia von Aragón". Der Absolutismus der Habsburger äußerte sich auch in ihrer Haltung gegenüber den Cortés. In Kastilien traten die Cortés zur Beschlußfassung über Finanzangelegenheiten zusammen, die Bevollmächtigten waren jedoch nicht unabhängig in ihren Entschlüssen, denn sie verdankten ihr Amt oft genug einer Bestechungsaffäre und waren zuweilen direkt vom König ernannt. Als dann für Kastilien ein Gesetz herauskam, nach dem die Staatsräte selbst in Angelegenheiten der Zuschüsse und Unterstützungsgelder entscheiden durften, wurden von 1665 bis 1700 die Cortés nicht mehr einberufen. Die Cortés von Aragón, Katalonien, Navarra und Valencia traten hingegen weiterhin zusammen; es war jedoch sehr schwierig, von ihnen Zuschüsse für den Staat zu erlangen, so daß mit Recht behauptet werden kann, daß Kastilien im wesentlichen die Lasten des Staates zu tragen hatte. Die Bedeutung der Stadträte als unabhängige Körperschaft ging immer mehr zurück, da die meisten Ämter darin vom König besetzt, von den mächtigsten Familien der jeweiligen Stadt beansprucht oder auch vom König als
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erblidi verkauft wurden. Der wichtigste Beamte war der „Corregidor" oder Stadtrichter, der die Zentralgewalt zu vertreten hatte. Eigenartig ist die Organisation des Heeres, das als Werkzeug des spanisches Ruhmes zwei Jahrhunderte lang als das beste ganz Europas galt. Seine taktische Einheit war das „tercio", das an die Stelle der „coronelia" getreten war. Befehligt wurde das „tercio", das aus zwölf Kompanien mit je 250 bis 300 Mann bestand, von einem „maestre de campo". Die Kerntruppen waren Spanier und setzten sich gewöhnlich aus rühm- und beutelüsternen Edelleuten, zweitgeborenen Söhnen vornehmer Familien und Abenteurern aller Gesellschaftsschichten zusammen. Es gab auch Söldnertnippen, vor allem aus der Schweiz, aus Deutschland, Burgund und Schottland. Zu der als unbesiegbar geltenden spanischen Infanterie gehörten Pikenträger, Büchsenschützen, sogenannte „coseletes", die leichte Rüstungen trugen, und Musketiere. Die Reiterei bildete eine Ergänzungstruppe; zu jedem Tercio gehörte ein Kontingent von hundert leichten Pferden. Die spanischen Herrscher mußten auch ein besonderes Augenmerk auf den Stand ihrer Flotte richten, da man im Mittelmeer gegen die Türken zu kämpfen hatte, während im Atlantischen Ozean das englische Geschwader und die aufstrebende holländische Seemacht den spanischen Handel mit Amerika erheblich störten und sogar zeitweise die Verbindung zwischen dem Mutterland und seinen amerikanischen Kolonien vollkommen lahmlegten, so daß hieraus eine große Gefahr für die Aufrechterhaltung der spanischen Herrschaft in jenen Gebieten erwuchs. Die besten Schiffsbauer jener Zeit waren die Italiener und insbesondere die Genueser, und Philipp II. unterhielt auch einen regen Briefwechsel mit Giovanni Andrea Doria über die Ausrüstung eines Geschwaders. Die damals bekannten Schiffstypen waren die Galeeren, die sogenannten „Naos", und die Karavellen. Der Marquis von Santa Cruz gilt als der Erfinder der Segelgalionen. Gleichzeitig mit diesen Schiffen tauchten auf den Meeren noch verschiedene neue Schiffsmodelle auf, die in Spanien unter den Namen „Galeoncetes", „Filibotes" und „Escorchapines" bekannt wurden. Dem 17. Jahrhundert gehören die Fregatten und Langboote an. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . Der klägliche Zustand der spanischen Wirtschaft ist eine unleugbare Tatsache, die der schönste Idealismus und alle geistige Übersättigung an glorreichen Eroberungen und hohen Ruhmes- und Bekehrungstaten nicht abschwächen können. Vielfältig sind die Gründe für diese nationale Verarmung, und wenn wir in folgendem einige derselben aufzählen, so erheben wir dabei keineswegs einen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Niedergang der Landwirtschaft entsprang vor allem dem Mangel an Arbeitskräften, die ihr durch die Truppenaushebungen für die Kriege in Flandern, Italien und Frankreich
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entzogen wurden. Der Handel verfiel, weil der Adel dieses Gewerbe verachtete, das ursprünglich in den Händen der Juden gewesen und dann in die der Morisken übergegangen war. Es wurden jetzt immer mehr Adelsbriefe verliehen, wodurch der spanisdie Nationalstolz noch erhöht und der Abgrund zwischen dem Adel und der Kaste der Hörigen vertieft wurde. Den unteren Volksschichten wurden alle diejenigen Ämter und Gewerbe überlassen, die von den anderen Klassen als niedrig und verächtlich angesehen wurden. Zu alledem kam die Entvölkerung des Landes durch die Auswanderung nach dem amerikanischen Kontinent — schätzte man doch, daß im Verlauf von zwei Jahrhunderten etwa 30 Millionen Spanier in die Neue Welt hinüber gezogen waren. Zu dem geradezu jammervollen Stand der Finanzen trugen auch die irrigen Ideen jener Zeit bei, nach denen der Reichtum in einer Anhäufung wertvoller Metalle bestand und eine Zirkulation derselben nach Möglichkeit verhindert wurde. Dazu war es noch verboten, Fertigwaren nach Amerika auszuführen, was buchstäblich ein Todesurteil für die Industrien bedeutete. Doch gerade bei dieser Gelegenheit war die Verblendung der Cortés so groß, daß sie immer wieder mit größtem Nachdruck auf dieser Maßnahme bestanden. Auch die zwischen den einzelnen spanischen Provinzen bestehenden Zollschranken erschwerten den Handel derart, daß z. B. die baskischen Provinzen ihre Produkte bedeutend leichter in Frankreich als in den übrigen Teilen Spaniens absetzen konnten. W a s die sogenannte „tote Hand" (kirchliche Besitztümer und Majorate) betrifft, so bedeutete diese ein weiteres Hindernis für den Kreislauf der Güter. Die schlechten Verkehrsverhältnisse erschwerten den Binnenhandel, die Seeräubereien der Mauren, Engländer und Holländer den Außenhandel. Die Steuern schließlich, die immer drückender wurden, verwandelten das Leben der unteren Volksschichten in eine unaufhörliche Mühe und Plage. Zu all diesen Gründen sind noch die infolge der Kriege entstandenen Schulden und Lasten hinzuzuzählen; außerdem die ungeheuerlichen Lebenshaltungskosten des Hofes, die schon zu Zeiten Karls V. durch die Einführung der burgundischen Sitten außerordentlich hoch waren, unter der Regierung Philipps II. etwas zurückgingen, um dann zur Zeit der drei letzten Österreicher wieder anzusteigen. Ein letzter Grund für die Mißwirtschaft schließlich lag in der Tatsache, daß die unabhängigen Staaten sich nicht selbst erhalten konnten, da die einen zu unfruchtbar und arm waren, die anderen aber sich weigerten, zur Erhaltung eines fremden Herrn und einer fremden Regierung beizusteuern. Die Auswege, die man fand, um diese Finanzprobleme zu lösen, waren höchst mangelhaft. Man erhöhte die Steuern, als ob die bestehende Umsatzsteuer und Kreuzzugssteuer sowie die kirchlichen Abgaben nicht ohnehin
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schon genügt hätten; man schrieb allgemeine Anleihen und Bittgesuche aus, verfügte die Aufhebung der Auszahlung von Anrechten an die Staatsgläubiger und setzte die fälligen Zinsen herab. Einen vorübergehenden Ausgleich des staatlichen Defizits bildeten die Zwangsanleihen an Klerus und Adel, der Verkauf von Adelsbriefen, von lebenslänglichen Gerichtsbarkeiten und von unausgenutzten Ländereien der einzelnen Gemeinden. Auch die Legitimierung der Nachkommenschaft von Geistlichen konnte durch Zahlungen erreicht werden. Daneben müssen wir den vollständigen Umschwung in der Wirtschaft fast aller europäischen Staaten in Betracht ziehen, der durch so eingreifende politische Ereignisse wie die Einnahme Konstantinopels, die Entdeckung Amerikas und vor allem die Eroberung Perus und dem daraus folgenden Zustrom von Edelmetallen aus der Neuen Welt verursacht wurde. So hatten beispielsweise Venedig und Florenz, um sich der neuen Sachlage anzupassen, plötzlich auf eine Agrarpolitik umgeschaltet, da der Handelsweg nach Übersee ja nicht mehr über die Mittelmeerrepubliken führte. Jetzt, wo das Schwergewicht des Handels in Lissabon und Antwerpen — späterhin in Sevilla und Cädiz — lag, ging man in Italien daran, die Reichtümer des eigenen Bodens auszubeuten. Besondere Verbreitung erlangte jetzt eine Staatstheorie, die den schon erwähnten wirtschaftlichen Irrtum unterstützte und eine bestimmte politische Machtidee vertrat. Da diese Theorie, wie wir bereits ausführten, besagte, daß der Reichtum eines Landes auf dem Besitz kostbarer Metalle beruhte, so ist wohl zu verstehen, daß man Spanien nach der Eroberung Amerikas und der indianischen Bergwerke für die mächtigste Nation des Erdballs hielt. Hierher kamen die großen Geldleute, wie die Fugger und Welser, die später ihre eigene Kolonisationspolitik in Venezuela betrieben. Die Staatsidee, von der wir sprachen, ist der sogenannte Macchiavellismus, der eine Erhöhung deriMachtstellung des Fürsten auf Kosten seiner Untertanen anstrebte. Die Kolonisation in Amerika und der Überfluß an Gold brachte eine Verteuerung des Lebens mit sich, die für die breite Masse nicht tragbar war. Die Industrie nahm vorübergehend einen Aufschwung, doch war dies eine Augenblickserscheinung, die nicht Wurzel fassen konnte. Schließlich aber war die Voraussetzung dieses ganzen Wirtschaftsplanes die politische Weltherrschaft, und die genuesischen und deutschen Geldleute, die das Unternehmen stützten, mußten zugleich mit ihm zugrunde gehen und Spanien mit in den Abgrund hinabziehen. Die anderen Völker bereicherten sich auf Kosten Spaniens, indem sie dorthin ihre Produkte verkauften, die sie selbst billiger herstellen konnten, oder indem sie sogar Rohstoffe auf der Pyrenäenhalbinsel einkauften, sie verarbeiteten und die Fertigwaren zu einem hohen Preis zurückgehen ließen.
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In Finanzangelegenheiten waren die Cortes das erste Bindeglied der Kette, die vom Volk zur Regierung führte, denn sie mußten die Zuschüsse bewilligen. Später gab es noch einen „Wirtschaftsrat",zwei „Oberrechnungsämter" utjd eine allgemeine Verrechnungsstelle für das Heer. Ende des 17. Jahrhunderts wurden, offenbar in Anlehnung an Frankreich, der Posten eines „Generalsuperintendenten" für das Finanzwesen und die Ämter der „Provinzial-Superintendenten" geschaffen. Die Erhebung der Steuern geschah nach Kopfzahl und Einkommen. Die Staatseinkünfte setzten sich aus Grund- und Gewerbesteuern, sonstigen Abgaben und Monopolen zusammen. Unter den Abgaben und Steuern für die Krone ist die sogenannte „Alcabala", eine zehnprozentige Umsatzsteuer, zu nennen, ferner die Abgaben zur Erhaltung der Königlichen Truppen und des Hofstaates, die Weidepacht, die Steuern für kostbare Frachten aus Westindien (Gold, Perlen, Brasilholz), der zehnte Teil der Einkünfte aus der Seidenernte (Granada), Abgaben der Salinen und Kirchengüter sowie gewisse Zuschüsse von den sonst steuerfreien Adligen und dem Heiligen Stuhl. Wichtigere neue Steuern waren die sogenannten „millones" (Abgaben auf lebensnotwendige Artikel), die „siete rentillas", eine Steuer, die sich aus sieben verschiedenen kleineren Abgaben zusammensetzte und ihrer Geringfügigkeit wegen im ganzen erhoben wurde, und das Salzmonopol. Auf dem Gebiet der Industrie ist in erster Linie die Woll- und Seidenfabrikation zu nennen, deren wichtigste Niederlassungen in Sevilla lagen; an Bedeutung folgten sodann Granada, Valencia, Barcelona, Zaragoza, Toledo, Ciudad Real, Cuenca, Huete, Medina, Valladolid, Avila, Segovia, Zamora und Salamanca. Auch das Kunsthandwerk hatte einen außerordentlichen Aufschwung genommen, vor allem die Goldsdimiedekunst, die besonders in León, Toledo, Valladolid, Palencia, Burgos, Salamanca, Cuenca, Sevilla, Córdoba und Barcelona vertreten war. Kunstvolle Schmiedegitter wurden in Burgos, Granada, Alcalá, Toledo, Avila und Salamanca angefertigt, Waffen in Murcia, Zaragoza, Valencia, Sevilla und Granada. Meisterwerke der Möbeltischlerei kamen aus Salamanca, Granada, Barcelona, Córdoba und Bargas in der Provinz Toledo. In Toledo, Teruel, Daroca, Valencia und vor allem in Talavera gab es würdige Vertreter der traditionellen spanischen Töpferkunst, und prächtige Glasarbeiten schließlich entstanden in Barcelona und Cadalso de los Vidrios. Trotz des soeben Ausgeführten lag die Industrie, wie auch die Zeitgenossen bestätigen, im wesentlichen in den Händen von Ausländern; so lebten allein in Madrid Ende des 16. Jahrhunderts vierzigtausend Franzosen, Burgunder, Lothringer und Wallonen, die sich des dortigen Marktes bemächtigt hatten und nur danach strebten, sich schnell zu bereichern, um in ihre Heimat zurückkehren zu können.
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Die Viehzucht wurde durch königliche Verfügungen geschützt, der Ackerbau dagegen wurde nur ungenügend betrieben und ging nach der Ausweisung der Morisken immer mehr zurück. Der Handelsbetrieb hatte sich auf einige wenige Städte der Halbinsel konzentriert; so besaß die „Casa de Contratación" in Sevilla das Monopol für den Amerikahandel, und der Reichtum dieser Stadt nahm infolgedessen ungeahnte Formen an. Ein wenig ging die Bedeutung Sevillas dann zurück, als das Monopol auf Cádiz übertragen wurde. Der Mittelpunkt des Handels mit Westeuropa lag in Burgos, das in dieser Hinsicht mit Bilbao wetteiferte. Die spanische Ausfuhr beschränkte sich im wesentlichen auf Rohstoffe. Eine Erleichterung des Warenumsatzes bildeten die Märkte und Messen, von denen einige einen hohen Ruf genossen, wie z. B. die Messen von Brihuega, Alcalá de Henares, Valladolid, Burgos, Segovia, Palencia, Toledo, Madrid, Astorga, Peñaranda, Villalón, Medina de Rioseco, San Sebastián, Azpeitia und vor allem die von altersher berühmte Messe von Medina del Campo. Nur wenige Straßenbauten sind den Habsburgern zu verdanken, und diejenigen Straßen, die während ihrer Regierungszeit angelegt wurden, dienten mehr militärischen als kaufmännischen Zwecken. Die Waren wurden gewöhnlich auf Maultieren oder Wagen befördert. Reisen legte man zu Pferde oder in einer Sänfte, seltener in einem Wagen zurück. Zur Zeit Karls V. begann man mit dem Bau des „Kaiserlichen Kanals" von Aragón, während unter der Regierung Philipps II. der Kanal von Campos oder „Kastilische Kanal" in Angriff genommen wurde. Aus der gleichen Zeit stammen die Staubecken von Elche und Almansa. Philipp II. wurde auch ein Plan zur Kanalisierung des Tajo vorgelegt, daneben dachte man an eine Schiffbarmachung des Guadalquivir zwischen Córdoba und Sevilla. Während der Regierungszeit der letzten Habsburger jedoch wurden sämtliche derartigen Arbeiten eingestellt. Im 16. und 17. Jahrhundert baute man Molen in den Häfen von Barcelona, Cartagena, Málaga, Mahón, Ceuta, San Sebastián, Guetaria, Gibraltar, Cádiz, Valencia und Bilbao. Ein berühmtes Bauwerk ist die zur Zeit Philipps II. von Juan de Herrera errichtete „Lonja", das Zollgebäude von Sevilla. Die Bauten, die bürgerlichen Zwecken dienten, mußten von den Stadtverwaltungen ausgeführt werden — die Kosten für die militärischen Einrichtungen und Bauten hingegen übernahm der Staat. Große Bedeutung erlangte der Schiffsbau. Es gab Werften an beiden Ufern der Flußmündung vor Bilbao, außerdem in Bermeo, Portugalete, Lequeitio und Ondárroa. Weitere Schiffsbaustätten wurden in Katalonien und Andalusien gegründet, später auch in Übersee in Campeche, La Habana, Puerto Rico, Santo Domingo und Jamaica. Zum Schutz der Handelsflotte gegen die Angriffe der Seeräuber wurden Wachttürme an der Küste errichtet,
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von denen aus ein Wächter durch Feuerzeichen und Winksignale die Schiffe warnte, wenn die Piraten sich näherten. Eine besondere Wichtigkeit kam dem Postdienst zu, der zuerst durch das Handelskonsulat von Burgos und die sogenannten „Höstes" von Barcelona, Valencia und Granada verwaltet wurde; später verliehen die Königin Johanna und Prinz Carlos den Bautista Taxis das Monopol dafür, das von da ab in den Händen der Familie Taxis verblieb. Im 17. Jahrhundert wurde der Postdienst durch ein Abkommen zwischen der Oberpostbehörde von Frankreich und einem Vertreter der spanischen Oberpostbehörde verbessert, und kurz darauf ging man an die Einrichtung von Poststaffetten und Postillonen. Auf den Messen von Medina del Campo und auf dem Markt von Sevilla spielte zu jener Zeit der durch Bankleute verwaltete Geldhandel eine große Rolle. Es gab Makler, die den Kurswert der einzelnen Währungen festsetzten und mit Wechselbriefen oder -scheinen handelten, welche auch zu Protest gehen konnten, falls die Zahlung nicht am festgesetzten Termin geleistet wurde. Die großen Geldleute, die man als „asentistas" bezeichnete, halfen auch den Königen bei Geldschwierigkeiten aus und hatten großen Einfluß am Hofe, wo die Herrscher sie sogar zur königlichen Tafel hinzuzogen. Die vielen Unregelmäßigkeiten und die Verschleppungstaktik in der damaligen spanischen Finanzwirtschaft jedoch unterbanden den Kredit und ruinierten eine ganze Reihe dieser „asentistas". G e s e l l s c h a f t u n d R e c h t s w e s e n . Seit der Zeit Karls I. litt Spanien unter einer dauernden Bevölkerungsverminderung, als deren Ursache die Auswanderung nach Amerika, die vielen Kriege und schließlich auch die Moriskenvertreibung anzusehen sind. Die spanische Bevölkerung setzte sich damals aus folgenden Teilen zusammen: den spanischen Christen, den Zigeunern, den türkischen, maurischen und Negersklaven, den Morisken und den Ausländern (Italienern, Deutschen, Franzosen). Es wurden einige geographische und demographische Werke in Angriff genommen, darunter als bedeutendste die „Relaciones geográficas" oder „topográficas", mit deren Zusammenstellung Philipp II. den gelehrten Ambrosio de Morales beauftragt hatte. Aus diesem Werk sind uns die Aufzeichnungen und Tabellen über 636 verschiedene Städte und Ortschaften erhalten. Zu Beginn des 17. Jahrunderts wurden unter Leitung des portugiesischen Geographen Pedro Texeira Albemais BeschVeibumgen der spanischen Häfen und Küsten zusammengetragen. Die Mitglieder des Adels, der sich in den Hofadel und den Landadel gespalten hatte, verwalteten auch weiterhin die höchsten Ämter und einträglichsten Posten und wurden vom König zuweilen zu Vizekönigen und StattBallesteros, Spanien
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haltern ernannt. Karl I. führte eine Rangordnung des Adels ein, derzufolge an der Spitze der spanischen Gesellschaft nächst dem König die 25 Granden von Spanien standen, denen die „títulos", die „caballeros" und schließlich die „hidalgos" folgten. Ein Teil des Adels widmete sich auch dem Großhandel und stand in verwandtschaftlichen Beziehungen zu den in Andalusien ansässigen Flamen. Auch in Katalonien und Valencia gab es eine große Anzahl dieser adligen Großkaufleute, während sie in Kastilien unbekannt waren. Die mittlere Gesellschaftschicht setzte sich aus den Hidalgos, die ihren Adelstitel entweder ererbt oder verliehen bekommen hatten, zusammen, weiterhin aus den „asentistas", den Geldverleihern, Kaufleuten, Advokaten und unteren Beamten. Der niedrigsten Schicht gehörten die Bauern und Handwerker an, die ungeheure Lasten und Steuern zu tragen hatten, wodurch ihre Lage, vor allem in Aragón, äußerst schwierig war. Während der Regierungszeit der Habsburger beherbergte Spanien außerordentlich viele Ausländer, vor allem Franzosen. So belief sich die Zahl der im Lande ansässigen zur Zeit Karls II. auf etwa 70000, daneben gab es auch viele Deutsche, Flamen, Engländer, Genueser, Italiener und Portugiesen. Da das „Ordenamiento de Montalvo" den juristischen Anforderungen der Zeit nicht mehr genügte, beauftragte Karl I. den Pedro López de Alcocer mit der Abfassung einer neuen Gesetzessammlung. Nach Alcocers Tod setzten die Doktoren Guevara und Escudero seine Arbeit fort, und zur Zeit Philipps II. schließlich wurde das Werk durch den Lioentiaten López Arrieta und Bartolomé de Atienza zu Ende geführt. Doch auch das Ergebnis all dieser Bemühungen, das den Namen „Nueva Recopilación" erhielt (1567), entsprach nicht den Erwartungen, die man darein gesetzt hatte. Die Verwirrung wurde im Gegenteil nur noch vermehrt, da es frühere Gesetzesgrundlagen in Kraft ließ und außerdem eine recht unmethodische und unordentliche Einteilung aufwies. Was die Rechtsprechung in den einzelnen Provinzen betraf, so gab Aragón im Jahre 1547 eine Sammlung seiner Sonderrechte heraus, und Katalonien folgte 1588—1589 diesem Beispiel. In Valencia erschien 1584 eine offizielle Ausgabe der Landesgesetze. Aus dem 17. Jahrhundert stammen die Gesetzessammlungen von Mallorca (1663) und Navarra (1686). Karl I. gab seine Zustimmung zur Anfertigung der Sammlung der Gesetze von Vizcaya (1527), und in Guipúzcoa kam im Jahre 1696 eine „Nueva recopilación de los fueros" heraus. Daneben erschienen die Verordnungen einer Reihe von Städten im Druck. Neue Staatsgerichtshöfe wurden in Sevilla, auf den Kanarischen Inseln und auf Mallorca eingerichtet. Am Staatsgerichtshof von Valladolid fungierte der Oberste Richter von Aragón. Die Todes-
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strafe blieb erhalten, daneben aber auch nodi verschiedene Rechtsbräuche aus dem Mittelalter, wie z. B. die öffentliche Ausstellung der Leichen der Hingerichteten. Die Urheber geringfügigerer Verbrechen stellte man an den Pranger. Zur Zeit Karl I. wurde als neue Strafe die Verurteilung zur Zwangsarbeit auf den Galeeren eingeführt. Die juristischen Studien standen in jenen Zeiten in Spanien in höchster Blüte. Der Begründer des Internationalen Rechts ist ein Spanier, Francisco de Vitoria, an dessen Werken sich der berühmte Grotius inspirierte. An Bedeutung folgen ihm Palacios Rubios, Juan Ginés de Sepúlveda, der Dominikaner Domingo Soto, Alfonso de Guerrera und Baltasar de Ayala. Auf dem Gebiete des Staatsrechts taten sich Fox Morcillo, der Pater Mariana, der Geistlidie Juan Márquez und der Pater Suárez hervor. Als berühmte Strafund Prozeßrechtler sind Alfonso de Castro, Martín del Río, Tomás Cerdán de Tallada und die schon erwähnten Gelehrten Soto und Vitoria zu nennen. Hervorragende Kirdienreditler waren Diego de Covarrubias, Antonio Agustín, Pedro Chacón, García de Loaysa, Juan Bautista Pérez, Agustín Barbosa, Manuel González Téllez, der Kardinal José Sáenz de Aguirre, Juan Roa, der Pater Enrique Enriquez, Martín de Azpilcueta und Carranza, der Erzbisdiof von Toledo. Als Meister des Römischen Redits erwähnen wir den sdion genannten Antonio Agustín, Covarrubias, Pichardo Vinuesa, Francisco de Amaya und Francisco Ramos del Manzano. Dem Vaterländischen Recht widmeten sich Gregorio López, Antonio Gómez, Miguel de Molino, Juan de Socarrats, Jaime de Marquilles, Juan Pedro Fontanella, Antonio de Gama und Manuel Barbosa, während Antonio de León Pinelo, Juan de Solórzano Pereira und Gutierre Velázquez Altamirano Arbeiten über das Kolonialredit veröffentlichten. D a s k u l t u r e l l e L e b e n . Zwei große Universitäten waren es vor allem, die den Ruf der spanischen Wissenschaft in aller Welt verbreiteten : die Universität von Salamanca und die von Alcalá. An der ersteren waren zeitweise bis zu siebentausend Studenten eingeschrieben. Salamanca vertrat die traditionelle Gelehrsamkeit, Alcalá dagegen die neuen Errungenschaften der Renaissance. Wenn Salamanca, dessen Einkünfte sich auf sechstausend Dukaten beliefen, schon reidi zu nennen war, so noch viel mehr Alcalá, dessen Colegio Mayor von San Ildefonso zweiundvierzigtausend Dukaten jährliche Einkünfte bezog. In Alcalá studierte man vornehmlich die alten Sprachen wie Griechisch und Hebräisch, doch gab es hier auch Lehrstühle für Kunst, Theologie, Medizin und Kirchenrecht. Salamanca besaß außer den schon erwähnten noch Lehrstühle für Gesetzeskunde. Das 16. Jahrhundert ist das große Jahrhundert der Universitäten. Neugründungen fanden in den Städten Granada, Santiago, Mexico, Zaragoza, Baeza, Oñate, Gandía, Osuna, Santo Tomás de Avila, Barcelona, Orihuela 23*
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und Santa Catalina del Burgo de Osma statt. Aus dem 17. Jahrhundert stammen die Universitäten von Oviedo und Pamplona. Daneben bestanden in Städten, die keine Universität aufwiesen, als Lehranstalten die sogenannten „Estudios" für Grammatik, Künste und humanistische Wissenschaften. So waren z. B. die von Philipp IV. in Madrid begründeten „Estudios Reales de San Isidro" weithin berühmt. In Sevilla schuf Karl I. Lehranstalten für Mathematik, und in Cádiz genoß die Seefahrtsschule einen bedeutenden Ruf. Den Grundunterricht hingegen vernachlässigte der Staat; er überließ ihn den einzelnen Sdiulen und den Lehrern, die zum größten Teil selbst sehr wenig gebildet waren. Mitte des 17. Jahrhunderts setzten dann die Bemühungen des Piaristenordens um eine geregeltere Erziehungs- und Lehrtätigkeit ein. Der verdienstvolle Mönch Pedro Ponce de León gründete bereits im 16. Jahrhundert in Oña eine Taubstummenschule. Einen sprechenden Beweis für den hohen Kulturstand der Zeit bilden zwei prächtige Bibliotheken, deren Reichtum noch heute das Entzücken aller Gelehrten und einen Magnet für alle Forscher bildet: die Biblioteca Colombina und die Bibliothek des Klosters im Eskorial. Die erste wurde von Fernando Kolumbus, dem natürlichen Sohn des großen Admiráis, gegründet, die zweite verdankte ihre Entstehung den gelehrten Neigungen Philipps II., dem keine Summe zu hoch war, wenn es galt, die kostbarsten Bücher, die er nur finden konnte, hier zusammenzutragen. Eine besondere Vorliebe hatte er für arabisdie Manuskripte, die heute noch, trotz der mehrfachen Brände, die in diesen Räumen gewütet haben, einen der kostbarsten Schätze der Bibliothek des Eskorial darstellen. Es ist ein großer Irrtum, dem viele, vor allem ausländische, Schriftsteller verfallen sind, wenn man behauptet, Spanien sei zur Zeit seiner Hegemonie eine Nation gewesen, die sidi ausschließlich kriegerischen Interessen gewidmet habe. Im Gegenteil, zu der Vorherrschaft, die sich die Spanier mit ihren Heeren erkämpft hatten, gesellte sich als natürliche Begleiterscheinung eine Vorherrschaft auch auf geistigem Gebiet. Die spanischen Truppen brachten nach Flandern und Italien ihre ureigene spanische Kultur mit, die auf allen Gebieten des Geisteslebens glänzende, bis zum heutigen Tage noch sichtbare Blüten trieb und befruchtend auf alle Zweige der ausländischen Künste und Wissenschaften wirkte. Die größten Köpfe des damaligen Auslandes erkannten dies an, und die Tatsache bleibt bestehen, auch wenn einige beschränkte Hirne sich heute gegen eine solche Erkenntnis sträuben. In der wissenschaftlichen und selbst in der schönen Literatur des Frankreich, Italien und Deutschland von dapials finden sich auf Schritt und Tritt spanische Zitate oder lateinische Stellen, die den Werken der spanischen Theologen, Philosophen und Humanisten entnommen sind. Die Theologie war eine
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spanische Wissenschaft, und spanische Gelehrte wetteiferten mit ihren berühmtesten Zeitgenossen in ganz Europa. W i e ein glänzender Stern leuchtet uns aus jener Zeit der Name des Valencianers Luis Vives herüber, der mit Recht als ein Vorläufer Bacons und Descartes angesehen wird. Er besuchte die europäischen Höfe, hielt sich in Frankreich, Flandern und England auf und war wohl ebenso berühmt wie Erasmus. Nicht so bekannt wie Vives, doch gleichfalls ein eminent begabter Kopf war Francisco Sánchez aus Tuy, der Verfasser medizinischer Traktate und philosophischer Schriften. Derselben Zeit entstammt der große Humanist Pedro de Valencia, der eine Abhandlung über das Problem der Erkenntnis schrieb. Weitere Zeitgenossen der Genannten waren Oliva Sabuco de Nantes, Gómez Pereira, der mit seiner „Antoniana Margarita" gleichfalls ein Vorläufer des Descartes zu nennen ist, und der Doktor Juan Harte, der sein berühmtes „Examen de ingenios para las ciencias" verfaßte. Dem 17. Jahrhundert gehören sodann Cardoso, Quevedo und der Pater Baltasar Gracián, der Verfasser des „Criticón", an. Als Vertreter des Neuplantonismus ist der ausgewiesene Jude Judas Abarbanel, mit anderem Namen. León Hebreo, zu nennen, der die anregenden „Dialoge über die Liebe" schrieb, daneben der Ketzer Miguel Servet und Sebastián Fox Morcillo. Die aristotelische Bewegung findet ihren Vorkämpfer in Juan Ginés de Sepúlveda, Hernán Pérez de Oliva, Fray Francisco Ruiz, Pedro Juan Núñez, Vicente Mariner de Alagón und noch einigen anderen. Als Eklektiker nennen wir unter anderen Francisco Vallès, Arias Montano, Pedro Simón Abril, Alejo de Venegas und Antonio de Guevara. Eine bedeutende Entwicklung erfuhr ein speziell spanisches System der Scholastik, als dessen Vertreter so bedeutende Namen wie der des Jesuitenpaters Francisco Suárez, des sogenannten „Doctor Eximius", und die der drei Dominikaner Francisco de Vitoria, Domingo de Soto und Melchor Cano zu nennen sind. Auf dem Gebiet der noch in ihren ersten Anfängen steckenden Finanzwissenschaft erschienen in Spanien die Untersuchungen Sancho de Moneadas, Pedro Fernández de Navarretes, Francisco Martínez de la Matas und anderer, während daneben eine Fülle von Schriften der sogenannten „Projektenmacher" auftauchte, die ein Mittel ausfindig gemacht zu haben glaubten, um die absterbende spanische Wirtschaft vor dem endgültigen Ruin zu retten. In den Geschichtswissenschaften kennen wir als Verfasser gelehrter Abhandlungen neben vielen anderen Namen vor allem die eines Paters José de Sigüenza, Pérez de Castro und Baltasar de Céspedes. Mit historischer Geographie beschäftigten sich insbesondere Francisco Llanzo de Romani,
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Andrés de Poza, der Pater Martín de Roa und Rodrigo Caro. Der bedeutendste Gelehrte seiner Zeit auf dem Gebiet der Erforschung alter Inschriften war der Erzbisdiof von Tarragona, Antonio Agustín, neben ihm nennen wir noch Luis de Lucena, Diego Covarrubias, Ocampo, Morales und Zurita. Münzenkenner und -forscher von Ruf waren Arias Montano, Bartolomé Barrientos und Vicente Juan de Lastanosa, und wertvolle archäologische Untersuchungen verdanken wir Andrés Resende, Morales, Caro, Pedro de Espinosa, Bernardo Alderete, Fariñas und dem Marquis von Mondéjar. überhaupt kann man sich kein wissenschaftliches Gebiet denken, dem man im Spanien jener Zeit kein Interesse zugewandt hätte. So war die Zeit der Habsburger die Epoche der großen Genealogen wie Garibay, Gudiel, Argote de Molina, Salazar y Castro, Pellicer y Ossau und Juan Lucas Cortés. Als Bibliograph tat sich der unermüdliche Nicolás Antonio hervor. Die Geschichte der Mönchsorden schrieben der Pater Yepes, Fray Angel Manrique, Fray Hernando del Castillo, Fray Juan López, Fray Damián Cornejo und der Pater Sigüenza. Als Verfasser von Städtegeschichten sind Colmenares, Ortiz de Zúñiga, Rodrigo Caro und Cascales zu erwähnen. Die allgemeine Geschichte sowie die Geschichte bestimmter Ereignisse und Personen kann mit einer ganzen Reihe bedeutender Namen aufwarten. Die bekanntesten Historiker aus der Zeit Karls V. waren Fray Antonio de Guevara, Lorenzo de Padilla, Pero Mexía, Florian de Ocampo, Ambrosio de Morales, Fray Prudencio de Sandoval, Juan Ginés de Sepúlveda, der Doktor Bernabé del Busto, der Hauptmann Pedro de Salazar, Francisco López de Gomara, der Hofnarr Don Francesillo de Zúñiga und der Kosmograph Alonso de Santa Cruz. Karl V. selbst ist der Verfasser der „Comentarios" über seine Regierungszeit. Weniger bedeutende Autoren auf diesem Gebiet sind: Alfonso Alvarez Guerrero, Valdés, Alonso Fernández de Madrid, Pedro de Gante, Martín García Cereceda, Luis de Avila y Zúñiga, Pedro de Alcocer und andere. Die beiden größten Historiker jener Zeit aber waren der Pater Juan de Mariana, der die berühmte „Historia de España" schrieb, und der Chronist von Aragón, Jerónimo de Zurita, der die gewissenhaft genauen „Anales de la Corona de Aragón", ein glänzend fundiertes und außerordentlich interessantes Werk, verfaßte. Auch während der Regierungszeit der Nachfolger Karls I. verfügte Spanien über Historiker von Ruf, wie z. B. Luis Cabrera de Córdoba, Diego Hurtado de Mendoza, Don Bernardino de Mendoza, Baltasar Porreño, Gil González Dávila, Matías de Novoa und Francisco Manuel de Meló. Es fehlte auch nicht an Geschichtsschreibern, die über die Ereignisse in den verschiedenen Teilen der Neuen Welt berichteten. Auf diesem Gebiet sind die aufschlußreichen Schriften des Gonzalo Fernández de Oviedo zu
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nennen. Auf Española, die heutige Insel Haiti, beziehen sich die Schriften des Juan Menéndez Nieto und Fray Gabriel Téllez (Tirso deMolina) sowie die „Elegías" des geistreichen Juan de Castellanos. Mittelamerika im allgemeinen behandeln die Werke des berühmten Fray Bartolomé de las Casas und die Erzählung Pascual de Andagoyas. über die Ereignisse in Mexico berichten uns der große Konquistador Hernán Cortés selbst in seinen „Cartas y Relaciones" und der Soldat Bernal Díaz del Castillo, weiter Francisco López de Gomara, Francisco Cervantes de Salazar, Fray Jerónimo de Mendieta, Juan Cristóbal Calvete de la Estrella und Antonio de Solis. Als Historiker der Eroberungsgeschichte Perus sind Cieza de León, Fray Reginaldo de Lizárraga, Diego Fernández de Palencia und der Inka Garcilaso de la Vega zu nennen. Bedeutende Fortschritte auf dem Gebiet der Landkartenzeichnung verdanken wir den Spaniern Ñuño García Torreño, Diego Rivero, Hernando Colón, Alonso de Chaves, Medina und Zamorano. Der berühmte Kosmograph Alonso de Santa Cruz entdeckte das Verfahren, auf den Karten die Zwischenräume zwischen den Parallelkreisen der sphärischen Projektion einzutragen. Andrés de San Martin war der erste, der die Entfernungen zwischen den einzelnen Himmelskörpern ausredinen konnte, Felipe Guillén, ein Apotheker aus Sevilla, erfand einen Apparat zur Bestimmung der Abweichung der Magnetnadel an jedem beliebigen Ort der Erde, Martín Cortés wies das Vorhandensein des Magnetpols nach und Andrés de Morales endlich stellte Untersuchungen über die Strömungen im Golf von Mexiko an. Don Juan de Ovando, der Präsident des Indienrats, verfaßte die „Ordenanzas de descubrimientos y poblaciones" und López de Velasco schrieb ein Werk mit dem Titel „Instrucciones para la observación de los eclipses de luna". In jeder Hinsicht höchst beachtlich sind die „Suma de Geografía" des Martín Fernández de Enciso und die Schriften des unsterblichen Pedro Núñez (Nonius), des ersten Verfechters der Theorie der Loxodromen. Die „Arte de navegar" Pedro Medinas wurde in alle Sprachen übersetzt. Neben diesen berühmtesten Namen müssen wir auch die des Martín Cortés, Andrés de Poza, Carlos Sigüenza, Juan Cedillo, Pedro Núñez de Sáa und Sebastián Fernández de Medrano nennen, die gleichfalls ihr Teil zur Entwicklung der geographischen Wissenschaft beitrugen. Die Berichte der Geographen und Historiker über Amerika brachten durch die scharfen Beobachtungen dieser Männer die damaligen Naturwissenschaften ein gutes Stüde vorwärts. Unter die Werke dieser Gattung zählen wir die des Gonzalo Fernández de Oviedo und des Jesuiten José de Acosta. Naturwissenschaftler im wahrsten Sinne des Wortes aber waren Nicolás Monardes, Francisco Hernández, Tomás Pérez, García de Orta, Juan Fragoso, Bernardo Cienfuegos, Juan Castañeda, Pedro Jaime Esteve
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und Francisco Miró. Auf Anregung Andrés Lagunas, eines Naturwissensdiaftlers aus der Zeit Philipps II., wurde in Aranjuez der erste Botanische Garten angelegt; in Sevilla hatte Simón Tovar ebenfalls einen Botanischen Garten, und den von Barcelona gründete im 17. Jahrhundert Jaime Salvador y Pediol. Bartolomé Medina war der Erfinder der Silbergewinnung im Kälteverfahren vermittels der Anwendung von Quecksilber. Für das Quecksilberbergwerk, das Amador de Cabrera in Huancavélica (Perú) entdeckte, schuf Lope de Saavedra Barba bestimmte Öfen, die sogenannten „busconiles". Alvaro Alonso Barba, ein Priester in Potosí und Verfasser der „Arte de los metales", entdeckte die Amalgamierung durch Hitze. Was schließlich die Medizin betrifft, so machte auch diese Wissenschaft im 16. Jahrhundert ungeheure Fortschritte. Miguel Servet wird die Entdeckung der Theorie des Atemkreislaufs zugeschrieben. Francisco Delicado veröffentlichte eine Abhandlung über das Gujakholz und seine Verwendung in der Arzneikunde. Berühmte Ärzte waren Andrés Laguna, der Leibarzt Karls V., Gómez Pereira und Francisco Vallès, der Leibarzt Philipps II., der den Beinamen „El Divino" führte. Auf dem Gebiet der Chirurgie taten sich Juan Calvo, Dionisio Daza Chacón, Francisco Díaz und Juan Fragoso hervor. Ein bekannter Irrenarzt war Diego Merino, ein Verfasser ausgezeichneter Schriften anatomischen Inhalts Juan Valverde de Amusco. Huerte de San Juan und der Bakkalaureus Miguel Sabuco y Alvarez endlich beschließen diese Liste glanzvoller Namen. D i e L i t e r a t u r . In die Regierungszeit der Habsburger fällt die höchste Blüte der spanischen Literatur, die damals in jeder Gattung, von der derbnaturalistischen Themenwelt des Schelmenromans bis zu den erhabenen Regionen mystischer Entrücktheit, wahre Meisterwerke hervorbrachte. Den Einfluß, der von der italienischen Erneuerung der Lyrik ausging, zeigen die Dichtungen Juan Boscáns, Diego Hurtado de Mendozas und die vollendet schönen Eklogen Garcilaso de la Vegas. Ein Dichter, der seine Motive und Formen dem nationalen Leben entlehnte, war Cristóbal de Castillejo. Der größte unter den Vertretern der Schule von Salamanca ist der feinsinnige Fray Luis de León, ihm folgen San Juan de la Cruz, Francisco de la Torre und Francisco de Figueroa, während die Sevillaner Schule Namen wie Fernando de Herrera, Malara und Baltasar de Alcázar zu den ihren zählt. Gewisse Auswüchse der Poesie ergaben sich im „Kultismus", dessen Meister Don Luis Argote y Góngora war, und im sogenannten „Konzeptismus", als dessen bedeutendste Vertreter Francisco de Quevedo Villegas und Baltasar Gracián zu nennen sind. Frei von derartigen Einflüssen hielten sich dagegen die Brüder Lupercio und Bartolomé de Argensola,.
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Esteban Manuel de Villegas, Jaúregui, Francisco de Rioja, Rodrigo Caro und Fernández de Andrade. Die Bühnendichtung entwickelte sich in aufsteigender Linie von Torres Naharro und dem Dichter und Schauspieler Lope de Rueda bis zu Juan de la Cueva, Juan de Timoneda und schließlich Cervantes und Lope de Vega, dem „Ungeheuer der Natur" und dem mit Redit so benannten „Phönix der Geister". Lope verfaßte 800 Bühnenstücke, von denen uns noch etwa 500 erhalten sind. Die bekanntesten darunter sind „La Devoción de la Cruz", „Lo cierto por lo dudoso", „La Moza del cántaro" und „La niña boba". Zeitgenossen des eben Genannten sind Guillén de Castro, Mira de Amescua, Vêlez de Guevara, Miguel Sánchez und Pérez de Montalbán. Als Schüler Lopes nennen wir Tirso de Molina, den Verfasser der Stücke „La Prudencia en la mujer", „El condenado por desconfiado", „El vergonzoso en Palacio" und „El burlador de Sevilla". Erwähnenswert sind daneben Ruiz de Alarcón, Rojas, Moreto und Quiñones de Benavente. Einen Abschluß und Höhepunkt dieser Entwicklungsperiode zugleich bildet die Gestalt des großen Dramaturgen der theologischen Begriffe, Don Pedro Calderón de la Barca, der sogenannte „Autos" wie „La vida es sueño" und Dramen von höchster Eindringlichkeit wie „Der Richter von Zalamea" („El alcalde de Zalamea") und „Der Arzt seiner Ehre" („El médico de su honra") schrieb. Unter den Verfassern von Epen ist an erster Stelle Alonso de Ercilla mit seiner „Araucana" zu nennen, weiterhin Balbuena, Ojeda, Lope, Malón de Chaide und andere. Diejenige literarische Gattung jedoch, die die glanzvollste Entwicklung zu verzeichnen hatte, war der Roman. Die italienische Mode brachte den Schäferroman nach Spanien, der hier durch die „Diana" Jorge de Montemayors, Gil Polo, die „Galatea" des Cervantes und Lopes „Arcadia" vertreten wurde. Eine typisch spanische und weit weniger künstliche Romanart war der Schelmenroman. Seine Reihe beginnt mit dem Meisterwerk eines unbekannten Verfassers, dem „Lazarillo de Tormes", und setzt sich mit weiteren hervorragenden Erzeugnissen des spanischen Geistes fort, unter denen wir Mateo Alemáns „El Picaro Guzmán de Alfarache", Vicente Espinéis „El Escudero Marcos de Obregón", Vêlez de Guevaras „El diablo cojuelo" und Quevedos „El gran tacaño" nennen wollen. Einer besonderen Erwähnung bedarf der größte aller spanischen Dichter, Miguel de Cervantes Saavedra, der das Leben seiner Zeit einfing in jenem unsterblichen Werk, dem Handbuch der Fröhlichkeit, das im höchsten Sinne menschlich und dabei doch so echt spanisch ist und dessen voller Titel lautet: „El Ingenioso Hidalgo Don Quijote de la Mancha." Cervantes ist daneben auch der Verfasser der „Novelas ejemplares", diesen meisterhaft gestalteten
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Sittenbildern seiner Epodhe, und schließlich der Autor eines Abenteurerromanes mit dem Titel „Persiles y Segismunda". Ein anderer typischer Niederschlag spanischen Geistes in der Literatur ist die Mystik, die hier nahezu unzählige Vertreter aufzuweisen hat. Als Meister dieser Gattung nennen wir Fray Luis de León mit seinem Werk „Los nombres de Christo", Fray Luis de Granada mit der „Guía de pecadores" und die große Mystikerin Santa Teresa de Jesús, die unter anderem die „Moradas" und den „Camino de Perfección" verfaßte. In die letzte Zeit der Habsburger fällt das Leben der Sor Maria de Agreda, der Autorin der „Mística Cuidad de Dios". D i e b i l d e n d e n K ü n s t e . Auf dem Gebiet der Architektur herrscht der „Herrera-Stil" vor, der vielleicht etwas allzu streng anmutet, doch zuweilen den Ausdrude majestätischer Erhabenheit erreicht. Das bedeutendste in diesem Stil gehaltene Bauwerk ist das Kloster San Lorenzo de la Victoria im Eskorial. Es wurde von Juan Bautista de Toledo begonnen, der die Baupläne entwarf und unter der Aufsicht des Fray Antonio de Villacastin arbeitete. Beim Tode Toledos übertrug der König die weitere Ausführung Giambattista Castello, dem Schöpfer der großen Treppe. Ihm folgte Juan de Herrera, dem wir die Kirche, die Hauptfassade und den Kreuzgang verdanken. Andere Bauten Herreras sind die Segoviabrücke in Madrid, die Kathedrale von Valladolid und die Südfassade des Alcazars von Toledo. Als Schüler Herreras nennen wir Mora und Minjares, den Schöpfer der „Lonja" von Sevilla. In Portugal verfügte die Architektur zu jener Zeit über einen Vertreter von höchster Bedeutung: Felipe Terzi, den Baumeister König Sebastians und später auch Philipps II. Terzi entwarf die Pläne zu der herrlichen Kirche von Säo Vicente in Lissabon. Einer seiner Schüler erbaute bei Oporto die Kirche „Nossa Senhora do Pilar". Wie eine Reaktion gegen die Strenge des Herrera-Stils erscheint heute der Churriguerismus, der gleichfalls berühmte Vertreter aufweist, wie z. B. Alonso Cano, dem die Fassade der Kathedrale von Granada zugeschrieben wird. Ihm folgen Luis de Arévalo, Francisco de Casas Novoa, Fontana, Pedro Rivera, der Schöpfer des Madrider Hospizes, José Churriguera, der dieser ganzen Richtung den Namen gab (San Cayetano in Madrid) und Narciso Tomé, der Baumeister des „Transparente de Toledo". Hinsichtlich der Bildhauerkunst ist zu sagen, daß sich auf diesem Gebiet gerade zu jener Zeit typisch spanische Merkmale offenbarten. Seit der Renaissance war man in ganz Europa von den mehrfarbigen Skulpturen des Mittelalters abgegangen. Die katholischen Nationen lehnten sie in ihrer neuklassizistischen Strenge ab und glaubten irrtümlicherweise, die Werke der griechischen Bildhauerkunst seien einfarbig gewesen ; die Protestanten hatten
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in ihrer religiös-fanatischen und vollkommen unkünstlerischen Bilderstürmerei keinen Sinn mehr dafür. Nur Spanien blieb den mehrfarbigen Bildwerken des Mittelalters treu und erwarb sich damit einen Ruhm, den die gesamte gebildete Welt unserer Tage anerkennt. Der große spanische Bildhauer aus der Schule Michelangelos ist Alonso de Berruguete aus Patencia, der das Grabmal des Kardinals Tavera in Toledo sowie eine Reihe bekannter Altaraufsätze schuf. Weitere spanische Künstler von Ruf sind Nájera, Tudelilla, Giralte und Gaspar Becerra; ein Spanier durch Adoption sowie in seiner künstlerischen Ausdrucksweise ist Juan de Juni. Unter den Italienern, die die Kunst ihres Vaterlandes nach Spanien brachten und hier Schulen gründeten, sind vor allem Leone Leoni und sein Sohn Pompeio Leoni zu nennen. Zusammen mit dem letzteren arbeitete ein anderer Italiener namens Giacomo Trezzo. Von Pompeio Leoni stammen die Statuen an den Grabmälern Karls V. und Philipps II. im Eskorial. Als Schüler dieser italienischen Meister sind Juan de Arfe y Villafañe und Lesmes Fernández del Moral zu erwähnen. Eine Bildhauerschule rein kastilischer Prägung war diejenige, die Gregorio Fernández in Valladolid gründete und die sich durch einen besonders klaren und schönen Realismus auszeichnete. Die wichtigsten aus dieser Schule hervorgegangenen Werke sind eine „Beweinung Christi" und eine „Virgen de las Angustias" von Fernández sowie ein „Heiliger Bruno" Manuel Pereyras. In Sevilla entstand indessen eine andere Schule, in der sich die burgundische Tradition mit den neuen aus den Niederlanden und Italien hereingekommenen Einflüssen vermischte und aus der Künstler wie Pedro Millán, Francisco Niculoso, Miguel el Florentino, Pedro Torrigiano, Cepeda und Gaspar Nuñez Delgado hervorgingen. Der bedeutendste unter ihnen war. jedoch der große realistische Bildhauer Juan Martínez Montañés, der Schöpfer unvergleichlicher Christusstatuen wie der, die sich im Karthäuserkloster „zu den Höhlen" (heute „zu den Kelchen") befindet. Zur gleichen Zeit hatte Alonso Cano in Granada eine Schule, in der José de Mora, der Künstler des „Heiligen Bruno" im Karthäuserkloster von Granada, und Pedro de Mena, der Schöpfer des „heiligen Franziskus vom Schatze" in der Kathedrale von Toledo, arbeiteten. Die letzten Vertreter der Sevillaner Schule waren Pedro Roldán, seine Tochter Luisa Roldán (La Roldana) und Francisco Guixón, der den wundervollen sterbenden Christus von Triana (El Cachorro) schuf. In Madrid goß Juan de Bolonia das Reiterstandbild Philipps III. auf der Plaza Maybr und sein Schüler Tacca das Philipps IV. (auf der Plaza de Oriente), das als das beste Reiterstandbild der Welt angesehen wird. In der Malerei macht sich im 16. Jahrhundert der italienische Einfluß
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stark bemerkbar. An italienischen Werken inspirierte sich der Valencianer Künstler Vicente Juan Massip (Juan de Juanes) und der auf ihn folgende Francisco de Ribalta, der jedoch durch seine realistischen Züge schon spanischer erscheint. Juan Fernández Navarrete „der Stumme" war ein Schüler Tizians. Audi die italienischen Künstler, die an der Ausschmückung des Eskorial beschäftigt waren, wie Nicola und Fabricio Castello, Giovanni de Urbino, Luca Cambiaso, Federigo Zuccaro, Tibaldi und Bartolomé Carducci, beeinflußten die spanische Malerei ihrer Zeit. Ein Zeitgenosse der Genannten ist der große aus Extremadura stammende Luis de Morales, genannt „der Göttliche", in dessen Werken man eine Mischung flämischer und italienischer Stileinflüsse bemerken kann. Eins seiner besten Bilder ist die "Opferung Mariae", das heute im Pradomuseum hängt. Gleichzeitig mit der Bildhauerschule entstand in Sevilla auch eine Malerschule, und auch sie zeigt flämische Einflüsse, die durchaus erklärlich sind, wenn man bedenkt, daß in dieser Stadt Ferdinand Sturm, der Flame Frutet und Pieter de Campeneer (in Spanien Pedro de Campaña genannt) arbeiteten. Mit Luis de Vargas kam dann ein italienscher Einfluß hinzu/ künstlerische Unabhängigkeit erreichte die Schule endlich in Pedro de Villegas Marmolejo und Pablo de Céspedes, vor allem aber in Juan de las Roelas, Francisco de Herrera dem „Alten" und Francisco Pacheco, dem Lehrer des Velázquez. Das 16. Jahrhundert ist auch die Zeit der großen Porträtisten. In Spanien wirkte der Holländer Antonis Mor, dessen Bildnis der Maria Tudor im Pradomuseum hängt. Aus seiner Schule gingen Alonso Sánchez Coello, Juan Pantoja de la Cruz, Bartolomé González und der Miniaturenmaler Llanos hervor. Den Höhepunkt der spanischen Malerei jener Zeit aber stellt durch seine geniale Begabung und die Originalität seines Ausdrucks ein ganz außergewöhnlicher Künstler dar, der aus Kreta stammte und sich in Kastilien niedergelassen hatte: Domenico Theotocopuli, gewöhnlich „El Greco" genannt. Dieser Schüler Tizians, der auch von Tintoretto beeinflußt war, schlug seinen Wohnsitz in Toledo auf und schuf hier seine bewunderungswürdigen Gemälde, unter denen wir als die berühmtesten „Das Begräbnis des Grafen Orgaz", „El Espolio" und den „Ritter mit der Rechten auf der Brust" nennen. Etwas jünger war ein anderer der bedeutendsten spanischen Maler, der in Játiba geboren war und den größten Teil seines Lebens in Neapel verbrachte: José Ribera, genannt „el Españólete". Er erreichte eine unvergleichliche Kraft der realistischen Ausdrucksweise und stellte mit Vorliebe Märtyrergestalten wie z. B. den Heiligen Bartholomäus (Prado) dar. Neben ihm ist noch der Valencianer Jacinto Jerónimo de Espinosa zu nennen.
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Die Sevillaner Schule erlebte nun eine neue Glanzzeit, in der sie ihre größten Meister hervorbrachte. Zeitlich der erste von diesen ist der aus Extremadura stammende Francisco de Zurbarän, der Maler der Mönche und der Frömmigkeit. Eins seiner berühmtesten Gemälde ist das heute im Prado hängende Bild der ekstatischen Mönche. Juan Valdés Leal, dessen Verdienst erst jetzt im 20. Jahrhundert voll gewürdigt wird, ist ein Maler, der sowohl in der Komposition wie in der Farbgebung eine außerordentliche Eindringlichkeit, Kraft und Unabhängigkeit entfaltet. Seine beiden charakteristischsten Bilder sind die sogenannten „Rätsel des Todes" (Jeroglíficos de nuestras postrimerías),schaurige Szenen, die in einer atemberaubend realistischen Manier dargestellt sind. Einen Gegensatz zu Valdés Leal bildet der feinsinnige Bartolomé Esteban Murillo, der Maler der Marienbilder und der lieblichen, mystisch angehauchten Szenen. Ausgezeichnet sind seine „Unbefleckte Empfängnis" (Prado), die „Heilige Elisabeth von Ungarn" (Prado) und die „Melonenesser", die eine andere, weniger bekannte Seite dieses Künstlers zeigen. Ebenfalls ein verdienter Maler, wenngleich er die Vorgenannten nicht erreicht, ist Francisco Herrera, „der Knabe". Sie alle jedoch übertrifft Diego Rodríguez de Silva y Velázquez, der Begründer der kastilischen Malerschule und zugleich, was seine Technik betrifft, der beste Maler, den die Welt je gekannt hat. Seine Ausbildung hatte er in Sevilla bei seinem Meister und Schwiegervater Francisco Pacheco genossen. Dann ging er nach Madrid und wurde dort der Hofmaler Philipps III. und Philipps IV. Später hielt er sich auch eine Zeitlang in Rom auf, wo er jedoch keine entscheidenden Einflüsse mehr empfing, sondern seine eigene machtvolle Persönlichkeit zu wahren wußte. Velázquez war der Maler des vollendeten Realismus, der seine Umgebung getreu widerspiegelte und auf seinen Bildern jenen dekadenten Hof blutloser Könige, Zwerge und verderbter Höflinge wiedergab, die sein Künstlerauge täglich erblickte. Seine Porträts Philipps IV., des Conde-Duque de Olivares, Margaretes von Österreich, des Infanten Baltasar Carlos und vieler anderer bilden die unschätzbar wertvolle Zierde des Pradomuseums. Hier finden sich auch seine berühmten Gemälde „Die Ubergabe von Breda", „Die trunkenen Bauern", „Die Schmiede des Vulkan", „Las Meninas" und „Die Spinnerinnen". Das Bild des Papstes Innozenz X., Doria Panphili, das er in Rom malte, gilt als das beste Porträt aller Zeiten. Ein Schüler des Velázquez war Juan Carreño de Miranda,- der als Porträtist am Hofe Karls II. wirkte. Als weitere, weniger bedeutende Maler sind Antonio Pereda, Fray Juan Rizi, Juan Martín Cabezalero und Mateo Cereza zu nennen. Die Reihe schließt mit Claudio Coello, dem Schöpfer des im Eskorial befindlichen Gemäldes „Die geweihte Hostie".
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Meisterwerke des traditionellen spanischen Kunsthandwerks sind die köstlichen Montranzen der spanischen Kathedralen, als deren Schöpfer wir Enrique de Arfe, Juan de Orna, Juan Ruiz, Antonio de Arfe (ein Sohn Enriques), die Brüder Becerril, Juan Arfe (Sohn Antonios), Francisco Alvarez, Juan de Benavente und Antonio Suárez kennen. Berühmte Gitter- und Bronzeschmiede waren Guillermo Ervenat, Maestro Esteban, Arnau Guillén, Sancho Muñoz, Diego de Udobro, Fray f Francisco de Salamanca, Pedro Delgado, Cosme de Sorribas, Juan Méndez, Pedro de Andino, Francisco de Villalpando, Cristóbal de Andino (ein Sohn Pedros), Francisco Martínez, Juan Tomás Celma, Francisco Ruiz, Luis de Peñafiel, Juan Miranda, Domingo Zialceta, Pedro de Guadalupe und andere mehr. Musiker von Ruf waren der blinde Organist, Archäologe, Mathematiker und Humanist Francisco de Salinas, weiter Cristóbal Morales, Francisco Guerrero, Antonio Cabezón, der „spanische Bach", Tomás Luis de Victoria und Bernardo de Clavijo. Einen Namen als Gitarrenspieler erwarben sich Narváez, Milán, Fuenllana und Valderrábano. Als Liederkomponisten nennen die Zeitgenossen Romeo und Patiño. Was die Singspiele betrifft, die im Palast von Buen Retiro aufgeführt wurden, so sind uns die Verfasser der musikalischen Teile nicht bekannt. D i e K i r c h e . Unter der Führung des Gründers des Jesuitenordens, des Ignacio de Loyola aus Guipúzcoa, erstand in Spanien eine Streitschar, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Reformation zu bekämpfen. Ihren sichtbarsten Ausdruck fand diese Gegenreformation in dem berühmten Tridentiner Konzil, an dem vor allem spanische Kirchenfürsten und Theologen teilnahmen. Man kann wohl mit Recht behaupten, daß sowohl seiner Tendenz nach wie auch hinsichtlich der Beteiligung das Tridentiner Konzil eine spanische Versammlung zu nennen ist; denn hier glänzten die Jesuiten Diego Laínez, Alfonso Salmerón und Francisco de Torres, der berühmte Dominikaner Melchor Cano, der Theologe Pedro de Soto, der Kirchenrechtler Antonio Agustín und der Lehrer der Hochschule von Alcalá, Cardillo de Villalpando. Die spanischen Habsburger waren strenge Katholiken, doch sie waren ebenso eifrig auf die Wahrung ihrer königlichen Vorrechte bedacht. Stets verteidigten sie ihre Privilegien, vor allein das „regium exequátur", die königliche Gültigkeitsbescheinigung, die sämtliche das spanische Gebiet betreffenden Bullen und andere Verordnungen des Heiligen Stuhls benötigten. Die Aufgabe der Inquisition war zwar ursprünglich auf Glaubensangelegenheiten beschränkt, die spanischen Herrscher jedoch erteilten dieser Einrichtung auch auf verschiedenen anderen Gebieten richterliche Vollmachten. Mit Eifer verfolgten die Vertreter des Heiligen Offizium den Protestantismus, ihr Mißtrauen ging allerdings so weit, daß sie sich an Personen
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heranwagten, deren allbekannte Tugend und Frömmigkeit ihnen eigentlich ein ausreichender Schutz hätte sein müssen, wie z. B. an Fray Luis de León, Francisco Sánchez de las Brozas und Juan de Avila. Die größte Gefahr für die katholische Lehre und die religiöse Einheit Spaniens mußte der Protestantismus sein, der sich über ganz Europa verbreitet hatte und auch leicht in Spanien Eingang finden konnte, da ja spanische Soldaten und Beamte den Kaiser auf seinen Reisen nach Deutschland zu begleiten pflegten. Schon hatten die Anhänger Luthers versucht, Druckschriften in Spanien einzuschmuggeln, und da ihnen die Wachsamkeit der Inquisitoren bekannt war, hatten sie hierzu besondere Listen angewandt und z. B. ihre Bücher in Fässern abgesandt, die dann auf einem Schiff im Hafen von Guipúzcoa entdeckt wurden. Auch in Granada, wo die Lutheraner die Anwesenheit der als Feinde des christlichen Dogmas bekannten Morisken zu ihren Gunsten ausnutzen wollten, machte man die gleiche Entdeckung. Im Februar 1558 richtete Papst Paul IV. ein Sendschreiben an den Generalinquisitor von Spanien und Erzbisdiof von Sevilla, Fernando Valdés, in dem er ihn aufforderte, die Keime der reformatorisdien Lehre auszutilgen. Es gab zwei Herde des Protestantismus in Spanien: einen in Valladolid und einen in Sevilla. Der andalusische bedeutete eine ernstlichere Gefahr, denn hier traten bedeutende Persönlichkeiten als Anhänger der Reformation auf, wie z. B. der erste Domherr von Sevilla, Juan Gil, der berühmte Redner und Kaplan Karls V., Doktor Constantino Pónce de la Fuente, Don Juan Ponce de León, ein Sohn des Grafen von Bailén, und die Hieronymitermöndie von San Isidro del Campo. In den Jahren 1558 und 1560 fanden in Sevilla zwei Ketzerverbrennungen statt. Größtes Aufsehen erregten die Autodafés von Valladolid im Jahre 1559. Bei dem ersten wurden der Doktor Agustín de Cazalla, sein Bruder, seine Schwester und elf weitere Personen geistlichen und weltlichen Standes gehängt und ihre Leichen sodann verbrannt. Die regierende Prinzessin Johanna und Prinz Carlos wohnten dem Schauspiel bei. Wenige Monate später fand das zweite Autodafé statt, bei dem Don Carlos de Sesa, Fray Domingo de Rojas, fünf junge Nonnen des Klosters von Belén und neun weitere Personen verbrannt wurden. Philipp II. leistete vor dem Generalinquisitor einen feiexlichen Eid, daß er den Glauben seiner Vorfahren zu verteidigen gewillt sei. Als Carlos de Sesa ihn empört fragte, warum er ihn verbrennen ließe, erwiderte er: „Ich würde selbst Holz für den Scheiterhaufen meines Sohnes herbeitragen, wenn er so schlecht wäre wie Ihr!" Viel Staub wirbelte dann der Prozeß gegen den Erzbisdiof von Toledo, Fray Bartolomé de Carranza, auf. Was haben wir heute über das Ketzertum Carranzas zu denken? Es mag wohl sicher sein, daß der Prälat mit vielen seiner Aussprüche und Veröffentlichungen unbewußte Ketzereien
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beging, das meiste jedoch, was er schrieb, war ihm durchaus bewußt; denn es wäre doch höchst seltsam, wenn ein alter Scholastiker wie er, der dazu die Verfügungen des Tridentiner Konzils, an dem er selbst teilgenommen hatte, genau kannte, unwillentlich so schwere Irrtümer begehen könnte. Aussprüche wie: „Schon der Glaube ohne gute Werke genügt zur Rettung der Seele" oder: „Christus hat uns alle durch sein Leiden erlöst" und andere Sätze rein protestantischer Prägung dürften als Beweis genügen. Wir kommen also zu dem Schluß, daß genügend Gründe für die Aufrollung des Prozesses vorhanden waren. Wenn auch seine Richter, Melchor Cano und der Inquisitor Valdés, erklärte Feinde Carranzas waren, so ist doch kaum anzunehmen, daß sie ihren Haß so weit trieben, ihn grundlos zu verfolgen. Auch andere Theologen, wie Diego de Mendoza und Antonio Agustín, glauben an die Schuld Carranzas und stehen in keiner Weise im Verdacht, Feinde des Erzbischofs gewesen zu sein. Unentschuldbar dagegen dünkt uns heute der Umstand, daß die verbissene Wut seiner Gegner, die offenbar noch durch die Autorität Philipps II. begünstigt wurde, so weit ging, daß man den Prozeß durch bürokratische Machenschaften nach Möglichkeit in die Länge zog und ihn so zu einer wahren Verfolgung machte. Alles in allem läßt sich sagen, daß es ein Musterbeispiel für den spanischen Glaubenseifer bedeutete, wenn man sich in jener Zeit an die Person des obersten Geistlichen von Spanien heranwagte. Das Inquistionsgeridit weigerte sich, den Streifall in Rom vorzubringen, da das Verhalten Carranzas ein höchst verderbliches Beispiel und damit eine große Gefahr für den katholischen Glauben darstellte. Andererseits müssen wir die Haltung Pius V. und Gregors XIII. in dieser Angelegenheit lobend hervorheben. Auch außerhalb der Pyrenäenhalbinsel gab es spanische Protestanten. Unter ihnen ist vor allem Alfonso de Valdés, der Verfasser des „Diálogo de la lengua", jenem hervorragenden Versuch zur Läuterung der kastilischen Sprache, zu erwähnen. Alfonso war ein begeisterter Anhänger des Erasmus. Sein Bruder Juan Valdés, der gleichfalls durch die Lektüre der Schriften Melanchthons ketzerische Ideen in sich aufgenommen hatte, arbeitete mit ihm zusammen an dem „Diálogo de Mercurio y Carón". In Neapel gründete der ältere der Brüder Valdés eine Art Akademie zur Pflege rebellischer Gedanken auf religiösem Gebiet, an der sich neben anderen bedeutenden Persönlichkeiten die schöne Gräfin von Fondi, Julia Gonzaga, hervorragend beteiligte. An der Universität Wittenberg studierte der Theologe Francisco de Enzinas, der das Neue Testament ins Spanische übersetzte und ein Freund Melanchthons und Cramers war. Weitere Verfechter des protestantischen Gedankengutes waren Jaime de Enzinas, der Kaufmann Francisco de San Román, der Gräzist Pedro Núñez Vela und als berühmtester unter ihnen der navarrisch-aragonesische Theologe und Mediziner Miguel Servet,
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Die spanische Kultur während der Regierung der Habsburger
der ein Opfer der Unduldsamkeit Calvins wurde und auf dessen Befehl auf einem öffentlichen Platz in Genf lebendigen Leibes verbrannt wurde. Als weniger bedeutende Anhänger des Protestantismus nennen wir noch den Doktor Juan Pérez de Pineda, Fray Casiodoro de Reina, Reinaldo González Montano, Antonio de Corro und Cipriano de Valera. In Spanien führte inzwischen der heilige Pedro de Alcántara eine Reform des Franziskanerordens durdi, und Tomás de Jesús erreichte das gleiche bei dem Barfüßerorden der Augustiner, während die heilige Teresa und San Juan de la Cruz die Reform des Karmeliterordens in Angriff nahmen. San José de Calasanz gründete den Orden der Schulbrüder oder Piaristen und San Juan de Dios den der Johanniter. San Ignacio de Loyala schließlich war, wie schon erwähnt, der Gründer des Jesuitenordens. D i e K o l o n i s a t i o n in A m e r i k a . Der Indienrat erhielt durch Karl V. eine neue Organisation und wurde damit zur höchsten Instanz in allen Amerika betreffenden Angelegenheiten. Die gesammelten Beschlüsse des Indienrats, die man als „Recopilación de las leyes de los Reinos de Indias" veröffentlichte, bilden die vollendetste und menschlichste Kolonialgesetzgebung aller Zeiten. Die Kolonien wurden von Vizekönigen regiert, die als Vertreter des spanischen Königs auftraten und unter dem spanischen Adel ausgewählt wurden. An Bedeutung folgten sodann die sogenannten „Audiencias", die beratende Regierungsausschüsse der Vizekönige und zugleich die höchsten Gerichtshöfe waren. Die weiten Gebiete der einzelnen Provinzen waren den Gouverneuren unterstellt, die hier eine ähnliche Vormachtstellung einnahmen wie die Vizekönige. Bedeutenden Einfluß hatten auch die „Cabildo" benannten Kolonialausschüsse. So wissen wir z. B. von einem Kongreß der Cabildos von Española, auf dem beschlossen wurde, einen Bevollmächtigten nach Spanien zu entsenden, der dort Beschwerde gegen Las Casas erheben sollte. Eins der größten Verdienste der spanischen Kolonialpolitik betrifft die Rassenmischung. Man förderte nach Kräften die Ehen zwischen Spaniern und eingeborenen Frauen und verbot aus diesem Grunde auch die Auswanderung unverheirateter Spanierinnen nach der Neuen Welt. So entstand jene eigenartige Bevölkerung, die sich aus reinblütigen Spaniern, Criollos, Indianern, Negern, Mestizen, Mulatten und Zambos (Mischlingen zwischen Indianern und Negerinnen) zusammensetzt. Hinsichtlich der Indianer bestand das Schutzsystem der „Encomiendas" weiter. Daneben wurden verschiedene Verordnungen zur Verbesserung ihrer Lage erlassen. Um den Indianer zu schützen und ihn von der schweren Arbeit in den Bergwerken zu befreien, verfiel man auf den Gedanken, Negersklaven aus Afrika herüberzubringen. Diese Maßnahme, die zuerst nur in Ballesteros, Spanien
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kleinem Maßstab durchgeführt wurde, zog allerdings bald immer weitere Kreise und entwickelte sich zu einem zwar sehr einbringlichen, in seinen Formen aber höchst abstoßenden Geschäft. Der Negerhandel oder, wie man sagte, die „Ebenholzeinfuhr" erreichte vor allem auf den Antillen, in Venezuela und im Königreich Neugranada ungeheure Ausmaße. Sehr beachtlich und erfolgreich war die Tätigkeit der Kirche auf dem Gebiet der Bekehrung und Zivilisierung der eingeborenen Rassen. Als berühmteste erwähnen wir die Franziskanermissionen des Fray Bernardino de Saihaigún und des Paters Motolmia, denen bald die Missionen der Franziskaner und Jesuiten in Kalifornien und Neumexiko folgten. Im 17. Jahrhundert begannen dann die Jesuiten mit ihrer Tätigkeit in Uruguay, Paraguay und Paraná und drangen von hier aus in den Chaco und in das Gebiet der Guarani-Indianer vor. In den Vizekönigreichen machten sich nun auch die ersten Anzeichen einer eigenen kulturellen Entwicklung bemerkbar. So begründeten in Mexiko der Erzbischof Fray Juan de Zumárraga und der Vizekönig Antonio de Mendoza die dortige Universität. In Mexiko wurde der Dramendichter Ruiz de Alarcón geboren, und Mateo Alemán und Gutiérrez de Cetina weilten längere Zeit als Gäste in der Hauptstadt des Vizekönigreiches. Als berühmte mexikanische Dichterin des 17. Jahrhunderts nennen wir Sor Juana Inés de la Cruz. Auch Lima, wo Fray Diego de Ojeda seine „Cristiada" schrieb, besaß eine Universität. Als edelste Blüte der peruanischen Kultur jenef Zeit aber nennen wir einen berühmten Dichter, den Inka Garcilaso de la Vega.
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PHILIPP V. D e r s p a n i s c h e E r b f o l g e k r i e g (1700—1746). Bevor wir im einzelnen über den Verlauf dieses verwickelten Streites berichten, dessen Ausgang dem Franzosen Philipp V. die spanische Krone sicherte, müssen wir zunächst die Anrechte, auf die sich die einzelnen Thronanwärter beriefen, darlegen; denn schließlich handelt es sich hier um einen dynastischen Kampf, der durch das alte und vielgerühmte Patrimonialrecht verursacht,wurde. Als Bewerber um den spanischen Thron traten auf: der Erzherzog Karl von Österreich, Philipp von Anjou, Peter II. von Portugal, Victor Amadeus von Savoyen und der Herzog von Orléans. Von ihnen waren Karl und Philipp diejenigen, die die besten Aussichten auf Erfolg hatten und in erster
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Linie in Betracht kamen. Der Erzherzog leitete seine Rechte von Margarete Therese, der Tochter Philipps IV. und somit Schwester Karls II. her. Kaiser Leopold, der Gemahl Margarete Thereses, und der Erbprinz Joseph hatten ihre Rechte an Karl, den zweiten Sohn des Kaisers, abgetreten. Daneben führten die Mitglieder des Hauses Österreich noch ins Treffen, daß sie Nadikommen Ferdinands von Österreich, des Sohnes Johannas der Wahnsinnigen, waren und außerdem Maria von Ungarn, die Toditer Philipps III. und Gemahlin Ferdinands III. die Großmutter des Erzherzogs gewesen war. Philipp von Anjou dagegen berief sich auf die Rechte seiner Großmutter Maria Theresia, der Toditer Philipps IV., die mit Ludwig XIV. vermählt gewesen war. Maria Therese nun hatte, ebenso wie ihr Sohn, der Dauphin, ihre Rechte an Philipp, den Sohn des Dauphins, abgetreten. Die Franzosen brachten jedoch nicht allein die Rechte Maria Thereses vor, sondern führten dazu noch an, daß ja auch Anna von Österreich ,die Tochter Philipps III., die mit Ludwig XIII. vermählt gewesen und somit die Urgroßmutter Philipps von' Anjou war, eine gewisse Anwartschaft auf den spanischen Thron gehabt habe. Gegen den Franzosen standen die Verzichtleistungen der beiden spanischen Prinzessinnen Anna und Maria Therese auf die spanische Krone, die jedoch von den französischen Juristen als ungültig und widersinnig erklärt wurden — f ü r ihn wiederum sprach das Testament des verstorbenen spanischen Herrschers Karls II., das seiner Sache einen Anstrich von Rechtmäßigkeit verlieh. Im Schloß von Versailles stellte Ludwig XIV. seinen Enkel Philipp dem versammelten Hofstaat mit folgenden Worten vor:,, Meine Herren: Hier steht der König von Spanien! Seiner Geburt nach ist er auf diesen Posten berufen; die spanische Nation wünscht ihn sich und hat mich dringend darum gebeten. Mit Vergnügen und in Ehrfurcht vor den Beschlüssen der Vorsehung gebe ich ihn her." Dann, indem er sich zu Anjou wandte, fügte er hinzu: „Seid nun ein guter Spanier, denn das ist in diesem Augenblick Eure erste Pflicht. Niemals jedoch vergeßt, daß Ihr als Franzose geboren seid. Bemüht Euch darum stets, die enge Verbindung zwischen diesen beiden Völkern zu erhalten, um sie auf diese Weise glücklich zu machen und den Frieden in Europa zu bewahren." Nach dieser Ansprache brach der spanische Botschafter Castel dos Rius in die historischen Worte aus: „Welche Freude! Es gibt keine Pyrenäen mehr! Sie sind in den Erdboden versunken, und wir alle bilden nur noch eine einzige Nation!" Philipp V . begab sich nun nach Madrid, wo seit dem Tode Karls II. die französische Partei unter Führung des Kardinals Portocarrero sich der Regierungsgeschäfte angenommen hatte. Leider jedoch war der neue spanische Herrscher nicht die energische Natur, die sich jetzt, am Vorabend eines 24*
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europäischen Krieges, der um seine Anrechte entbrennen sollte, zum Herrn der Lage hätte machen können. Wenn es auch dem König selbst an Mut fehlte, so kamen doch mit ihm zwei Frauen nach Spanien, die voll und ganz befähigt waren, diese Mängel Philipps auszugleichen. Diese beiden Frauen waren die Prinzessin von Orsini und die junge Königin Marie Luise von Savoyen, eine Tochter Victor Amadeus' II. Die neue Herrscherin war erst dreizehn Jahre alt, doch sie besaß die Einsicht und Geistesschärfe einer Dreißigjährigen und war von dem festen Willen beseelt, ihren Gatten zu beglücken und Spanien zu regieren und zu retten. Marie de la Tremouille, die Prinzessin von Orsini, hatte bereits eine Rolle im Bürgerkrieg der Fronde gespielt. Sie war mit dem Herzog von Chalais verheiratet gewesen, der eines Duells wegen aus Frankreich verbannt wurde. Daraufhin begleitete sie ihren Gatten auf seinen Reisen durch Spanien und die Republik Venedig. Bei einem Aufenthalt in Italien starb der Herzog. Seine Witwe lernte in Rom Nidhard und den Kardinal d'Estree kennen und verheiratete sich bald darauf mit dem Herzog von Bracciano. Sie kehrte nach Frankreich zurück und zog sich dort die ängstliche Feindschaft der Marquise von Maintenon zu, die in ihr eine mögliche Rivalin in der Gunst Ludwigs XIV. vermutete. In Rom vermittelte die Prinzessin Orsini sodann zugunsten der Nachfolge Philipps V. und wurde zum Lohn dafür zur ersten Hofdame Marie Luises ernannt. Die geistige Beweglichkeit, der intrigante Charakter und die große Erfahrung der Prinzessin Orsini sollten der jungen Fürstin sehr nützlich sein, die jetzt die Aufgabe übernommen hatte, die Geschicke eines Reiches zu lenken, dessen Thron den Erschütterungen eines Weltkriegs gegen die Bourbonen ausgesetzt war. Der Krieg brach aus, als der Kaiser im Namen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation das Herzogtum Mailand für sich forderte. Bei Carpi erzwang sich Prinz Eugen im Kampf gegen den französischen General Catinat den Übergang über die Adda. Ein anderer französischer Heerführer, Villeroy, wurde bei Cremona überrascht und gefangen genommen. So wendete sich gleich zu Beginn des Krieges das Glück gegen die Bourbonen. Nun ging Philipp V. selbst nach Italien, und jetzt, wo die französischen und die spanischen Streitkräfte vereint waren, gelang es dem Marschall Vendome, den Prinzen Eugen in den Schlachten bei Santa Vittoria und Luzzara zu schlagen. Schon bei diesen Gelegenheiten hatte sich Philipp von Anjou durch seinen Kampfesmut ein Anrecht auf den ihm später (1701) zugelegten Beinamen „der Beherzte" erworben. England, Holland und das Deutsche Kaiserreich hatten sich bereits gegen Ludwig XIV. und seinen Enkel, den König von Spanien, verbündet; nach dem Sieg Vendomes gesellte sich auch noch Victor Amadeus von Savoyen
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zu den Feinden des Gemahls seiner Tochter, der Königin von Spanien. In den Niederlanden errang der englische General Marlborough, der berühmte „Mambru" der Volkslieder, einen Sieg nach dem anderen. In Deutschland siegte Villars zwar bei Friedlingen und Hochstädt, im folgenden Jahr jedoch wurden Tallard und Marsin hier von dem Prinzen Eugen und Marlborough geschlagen. In Spanien herrschte unterdessen die junge Königin, die an Ludwig XIV. schrieb: „Ich bitte Eure Majestät inständig, doch einmal von der ganzen Autorität, die Ihr aus so vielen Gründen über den König, meinen Gemahl, habt, Gebrauch zu machen und ihn dazu zu bringen, daß er sich ein für allemal daran gewöhnt, mit Entschiedenheit ,ich will' oder ,ich will nicht' zu sagen und damit Eurer Majestät nachzueifern." Ihre Entschlossenheit und eine für ihre vierzehn Jahre geradezu erstaunliche Klugheit bewies Marie Luise damit, daß sie sechs Stunden lang mit einer Näharbeit in der Hand den Vorsitz in den Ratsversammlungen der Minister führte. Bei der Rüdekehr des Königs erhob sich ein ganzer Wust von Intrigen, die am Hofe des Kardinals d'Estrée durch dessen Neffen, den Abbé d'Estrée, angesponnen waren. Auch Louville, der Vertraute des Königs, und sein Beichtvater, der Jesuitenpater Dauventon, waren in die Angelegenheit verwickelt. Die Anschläge richteten sich gegen die Prinzessin Orsini und sogar gegen die Königin selbst, die unter dem Einfluß der Prinzessin stand. Louville erklärte, Marie Luise habe es darauf angelegt, den König mit kindlichen Spielen zu fesseln und zu beherrschen, denn dieser verbringe seine ganze Zeit mit Versteckspielen, „Kuckuck" rufen und einem Gesellschaftsspiel, das den Namen führte: „Wie gefällt Euch meine Gesellschaft?" Derartige Unterhaltungen wurden von Louville als Haremsspiele bezeichnet. Die Orsini wurde daraufhin vom Hofe entfernt, zog jedoch bei ihrem Sturz Portocarrero, den französischen Botschafter, und Louville mit sich und kehrte schon bald wieder als Siegerin über alle Intrigen aus Paris zurück. Jetzt aber verschlechterte sich die politische Lage durch den Abfall Portugals, das ein Bündnis mit den Österreichern eingegangen war. Ludwig XIV. sandte den Herzog von Berwick mit einem Heer nach Spanien, und Philipp V . konnte im Verein mit den Franzosen auf portugiesischem Gebiet Vorteile erringen. Im folgenden Jahr jedoch (1704) verlor Spanien Gibraltar, das infolge der Niederträchtigkeit seiner Eroberer bis heute noch nicht zurüdegegeben worden ist. Heute ist der Name Gibraltar zu einem Symbol für alle nationalen Spanier geworden, deren Herzen bei diesem Klang zu schlagen beginnen; denn dieses Fleckchen Erde, das sowohl in geographischer wie in völkischer Hinsicht rein spanisch ist, wurde uns im Kampfe um eine Sache entrissen, die einen derartigen Raub in keiner Weise rechtfertigt. Da es sich noch dazu
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um einen dynastischen Streit handelte, mußte sich die Rückgabe Gibraltars entweder an Karl von Österreich als spanischen König, oder an seinen Rivalen Philipp V., der diesen Titel schon führte, als selbstverständlich ergeben. Zur Zeit Ferdinands IV. bereits hatten die Spanier es den Händen der Muslim entrissen, und Guzmän „der Gute", der Verteidiger von Tarifa, hatte bei diesem Kampf den Tod gefunden. Während der Regierungszeit Alfons' XI. ging Gibraltar dann wieder verloren, um sdiließlidi im Jahre 1462 endgültig von den Christen zurückerobert zu werden. Wir wollen nunmehr sdiildern, wie der Verlust dieser wichtigen Stadt zustande kam. Im 17. Jahrhundert galt der alte Djebel-al-Tarik als uneinnehmbar. In dem unheilvollen Jahr 1704 jedoch erschien hier die vereinigte englischholländische Flotte von 51 Sdiiffen, welche ein Landungskorps von 16 000 Mann, die unter dem Befehl des Landgrafen von Hessen-Darmstadt standen, an Bord führten. Diego de Sahnas, der Verteidiger der Stadt, hatte dagegen nur eine Besatzung von 60 Mann unter sich. Da ein Widerstand gegen eine derartige Übermacht vollkommen aussichtslos war, mußte der durch die englischen Truppen überraschte Spanier kapitulieren. Der Admiral George Rooke jedoch verletzte die Kapitulationsverträge und ergriff im Namen Englands von der Stadt Besitz. Mit einem Teil des extremadurischen Heeres sandte Philipp V. den Marquis von Villadarias auf dem Landwege gegen Gibraltar, während ein französisches Geschwader die Küste blockierte. Der Angriff verlief jedoch ergebnislos. Später unternahm der Marquis von Tessè einen neuen Versuch, mußte indessen, nachdem er 9000 Mann verloren hatte, die Belagerung aufgeben. Jetzt traf eine ganz außergewöhnliche Gestalt im österreichischen Lager ein: Charles Mordaunt, der Graf von Peterborough, ein extravaganter und genialer Engländer, der den stürmischen Angriffsgeist eines Franzosen mit der Hartnäckigkeit eines Briten in sich vereinigte und obendrein ein geradezu unwahrscheinlich einfallsreicher Mann war. Er hatte einen beinahe krankhaften Trieb, fortwährend seine Interessen und seine Beschäftigung zu wechseln. Besonders gern reiste er mit Schnellpost durch Europa. So kam es vor, daß man ihn an einem Sonntag in Wien und am nächsten schon im Haag erblicken konnte. Plötzlich wieder hatte er den Wunsch, Madrid zu sehen, und kaum war er angekommen, als er schon Pferde für Kopenhagen bestellte. Er war, wie ein englischer Schriftsteller sagt, der letzte der fahrenden Ritter: tapfer bis zur Tollkühnheit, freigebig bis zur Verschwendung, höflich im Umgang mit seinen Feinden, ein Beschützer der Bedrängten und ein leidenschaftlicher Liebhaber. Mit diesem seltsamen Mann schiffte sidi der Erzherzog Karl in Lissabon ein. Er wurde geradezu fürstlich von dem Grafen versorgt, der dann in Gibraltar auch noch den Landgrafen von
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Hessen-Darmstadt an Bord nahm. Dieser letztere riet zu einer Expedition nach Katalonien, wo er selbst den Posten eines Vizekönigs bekleidet hatte. Auf der Reise lief Peterborough verschiedene Häfen des valencianisdien Reiches an und erreichte dort, daß die Bevölkerung sich für Karl von Österreich erklärte. Dann befolgte er den Ratschlag des Landgrafen von HessenDarmstadt und begann mit der Belagerung Barcelonas. Lange Zeit verhielt er sich hier untätig und ließ ungerührt die Vorwürfe des Landgrafen über sich ergehen. Eines Tages aber erschien er plötzlich vor dem Landgrafen und erklärte ihm: „Ich habe midi entschlossen, einen Sturmangriff zu unternehmen. Wenn Ihr wollt, begleitet midi; dann könnt Ihr sehen, ob ich und die Meinen all die Worte verdienen, die über uns zu äußern Eudi beliebte." Der Landgraf stieg daraufhin zu Pferde und folgte dem verwegenen Peterborough, der tatsächlich mit einem unglaublich tollkühnen Reiterangriff die Übergabe von Montjuich erreichte. Der Landgraf von Hessen-Darmstadt fiel im Kampf, Barcelona jedoch ergab sich und erkannte Karl III. von Österreich als Herrscher an. Katalonien, Valencia und Aragon erklärten sich nun für den Erzherzog. Die Lage für Philipp V . war äußerst kritisch und verschärfte sich noch, als jetzt auch noch das portugiesische Heer heranrückte. Nach einem vergeblichen Versuch, Barcelona zu belagern, kehrte Philipp nach Madrid zurück, mußte jedoch auch diese Stadt bald wieder verlassen und sich mit seinem Hof nach Burgos zurückziehen. In die spanische Hauptstadt rückte nun der alte Hugenotte Rouvygny, der den Titel eines Lord Galway angenommen hatte, ein. In seiner Begleitung befand sich der portugiesische General Marquis das Minas. Karl von Österreich wurde in Madrid zum König ausgerufen und versuchte durch die Verteilung großer Geldsummen die dem Bourbonenkönig ergebene Bevölkerung für sich zu gewinnen. Nur dank der Treue des spanischen Volkes blieb Philipp jetzt die spanische Krone erhalten. Die Übergriffe der Soldaten Galways und ihr unerhörtes Betragen in den Kirchen entfesselten gegen sie einen Krieg bis aufs Messer. W o ein einzelner Österreicher sich blicken ließ, wurde er niedergemetzelt. König Philipp verstand es indessen, durch seine tapfere Haltung die Ergebenheit seiner Untertanen zu rechtfertigen. Die Untätigkeit Peterboroughs, der sich in Valencia die Zeit mit dem Lesen des Don Quijote und seinen Liebschaften mit den schönen Valencianerinnen vertrieb, sowie die Haltung der Kastilier taten der Sache des Erzherzogs derartigen Abbruch, daß er sich mit seinen Truppen von Madrid nach Valencia zurückziehen mußte, wobei die Streitkräfte des Herzogs von Berwidc ihm auf dem Fuße folgten. Jacob Stuart, der Herzog von Berwick, setzte sich daraufhin mit seinen Truppen bei Almansa fest und versperrte auf diese Weise den Österreichern den Zugang nach Neukastilien. Nun
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konnten die vereinigten spanischen und französischen Heere bei Almansa einen entscheidenden Sieg erringen. Die Schlacht begann mit dem üblichen Artilleriefeuer. Kurz darauf wurde die Reiterei Lord Galways geschlagen. Obgleich die spanische Front in zwei Teile aufgespalten wurde, hatte die Infanterie die Geistesgegenwart, eine taktische Schwenkung auszuführen, während die Kavallerie, die bereits einen Sieg errungen hatte, als Nachhut gegen die Feinde vorging. Auf dem Wege nach Alicante ergaben sich dreizehn der verfolgten feindlichen Bataillone. Damit war der Sieg entschieden, und Philipp V . konnte seinen Einzug in Valencia halten (1707). Nachdem die Reiche Valencia und Aragon erobert waren, hob Philipp V. die dortigen Sonderrechte und Privilegien auf und ließ Jätiba, das mit größter Hartnäckigkeit die Sache des Erzherzogs verteidigt hatte, dem Erdboden gleichmachen. Bald danach büßten auch die Katalanen ihre Sonderrechte ein. Der Sieg bei Almansa war bitter nötig gewesen, denn auf allen anderen Kriegsschauplätzen hatten die Franzosen eine Niederlage nach der anderen einstecken müssen. Villeroy war von Marlborough bei Ramillies geschlagen worden, und alle wichtigen Städte der Niederlande hatten sich für Karl III. erklärt (1706). An der Mosel und auf dem rechten Rheinufer führte Villars mit seinen Truppen äußerst geschickte Manöver durch und verbreitete im ganzen Frankengau Angst und Schrecken. In Italien wurde Marsin von den kaiserlichen und piemontesischen Truppen bei Turin besiegt, worauf Piemont, Mailand und Neapel für Spanien verlorengingen. In Gaeta leisteten die Spanier noch Widerstand, als sie sich jedoch von jeder fremden Hilfe entblößt sahen, mußten sie kapitulieren, und die Engländer besetzten im Namen des Kaisers Sardinien und auf eigene Rechnung Menorca. Es ist jetzt an der Zeit, einige Worte über den spanischen Hof zu sagen, an dem die Königin mit einer unvergleichlichen Gelassenheit und Unverzagtheit die Regierungsgeschäfte versah. Selbst, als sie sich auf der Flucht und in schwerster Bedrängnis befand, äußerte sie noch voller Zuversicht: „Spanien ist nicht verloren!" In Dankbarkeit schrieb Ludwig XIV. an Marie Luise: „Spanien stellt Euch in die Reihe seiner größten Königinnen", und die Nachwelt hat diese Worte des französischen Königs bestätigt. Die Prinzessin Orsini stand weiterhin bei Hofe in Gunst und hatte hier zwei hervorragende Verbündete: Orry und Amelot. Orry war der Sohn eines Bankiers, ein ungeheuer fleißiger Mensch mit einer eisernen Gesundheit. Er bemühte sich um die sofortige Bereitstellung von Hilfsgeldern für den Krieg; da er jedoch ein ungeduldiger und phantastischer Charakter war, begann er vielerlei, ohne etwas wirklich durchzuführen. Weil er rücksichtslos vorging, machte er sich durch seine Verstöße gegen viele spanische Sitten und Gebräuche allgemein verhaßt und zählte z. B. den Herzog von Alba zu
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seinen erbittertsten Gegnern. Orry stellte eine genaue Untersuchung über den Staatshaushalt an, da Ludwig XIV. wünschte, daß auch Aragon die Steuern und Abgaben mit tragen sollte, die bisher ausschließlich auf Kastilien gelastet hatten, daß auch die Kirche zur Bestreitung der Staatsausgaben mit herangezogen und daß schließlich verschiedene Mißstände in der Verwaltung der amerikanischen Kolonien abgestellt werden sollten. Die Granden von Spanien widersetzten sich der Übernahme der Geschäfte des Rats von Kastilien durch den Ministerrat. Orry wurde der Unterschlagung beschuldigt und fiel als Opfer jener Intrige, die auch den vorübergehenden Sturz der Prinzessin Orsini herbeiführte, tauchte jedoch nach dem Friedensschluß wieder in Spanien auf. Die Prinzessin Orsini brachte nun eine etwas beweglichere und ausgeglichenere Persönlichkeit, als Orry es war, aus Frankreich mit, und zwar den Botschafter Amelot, einen ehrenhaften, verständigen Mann, der liebenswürdig und doch fest in seinen Entschlüssen, umsichtig und bescheiden zugleich war. Er war beamteter Richter und Staatsrat und trachtete weder nach dem Goldenen Vlies noch nach dem Titel eines Granden von Spanien. Außerdem war er vollkommen ohne Familienanhang, den er hätte begünstigen können. So kam es, daß er einen tieferen und dauerhafteren Einfluß erlangte. Amelot hatte sich zum Ziel gesetzt, das politische System Spaniens umzugestalten und es dem des französischen Absolutismus anzugleichen. Bei seinen Bestrebungen traf er auf den entschiedenen Widerstand der Granden, der religiösen Orden und der Provinzialverwaltungen. Nach der Schlacht bei Almansa sprach er sich mit aller Energie gegen die Sonderrechte der Aragonesen und Katalanen aus und gab damit den Anstoß zur Abschaffung dieser Privilegien. Daneben ist Amelot der Erfinder der Konzentrationslager. Er schuf die Posten des Heeresinspektoren und -intendanten und ordnete eine Revision der veräußerten Rechte und Besitzestitel an. Obgleich man ihn wegen seiner allzu französischen Einstellung häufig angriff, gelang es ihm doch, die Schwierigkeiten mit den Granden beizulegen und eine allgemeine Verbesserung der Staatseinkünfte und der Heeresorganisation durchzuführen. Er ist es, der in Wahrheit den Sieg der bourbonischen Sache in Spanien vorbereitete. Nach der Schlacht bei Almansa begann der schwierigste Teil des Erbfolgekrieges, denn jetzt sah sich Philipp V., der bisher die Unterstützung seines Großvaters, Ludwig XIV., genossen hatte, plötzlich seiner eigenen Truppen beraubt, da der „Sonnenkönig", dessen Glück sich gewendet hatte, nicht willens war, Frankreich zu opfern, nur damit die Herrschaft seines Enkels gewahrt bliebe. Auf Befehl des französischen Königs wurde Berwick von seinem Posten in Spanien abberufen und durch den ausschweifenden Herzog von Orléans
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ersetzt, der zwar ein tüchtiger Offizier war, sich in seinem Privatleben jedoch geradezu skandalös betrug. Nach dem Verlust von Oran bereiteten sich schon wieder neue Schicksalsschläge für Spanien vor, da das Geschick dieses Reiches ja mit dem Frankreichs aufs engste verknüpft war und somit die Niederlagen, die das letztere erlitt, sich auch auf spanischem Boden auswirken mußten. Die Katalanen folgten den Fahnen des Erzherzogs, und Karls junge Gattin, Elisabeth Christine von Braunschweig, landete in Barcelona. Außerdem befanden sich noch der englische General Stanhope und der österreichische Graf Starhemberg auf der Pyrenäenhalbinsel. In den Niederlanden schlugen Marlborough und Prinz Eugen Vendóme bei Oudenarde, und Bouffiers mußte Lille übergeben. Frankreich, das vor dem Zusammenbruch stand, knüpfte nun Verhandlungen an, in deren Verlauf Ludwig XIV. aufgefordert wurde, jede weitere Unterstützung seines Enkels zu unterlassen. Philipp, den Amelot noch in seinem Mut bestärkte, schrieb daraufhin einen Brief an seinen Großvater, in dem er ihm seinen unabänderlichen Entschluß mitteilte, seinen Thron um jeden Preis zu verteidigen. Je weiter die Verhandlungen fortsdiritten, um so mehr wuchs die Empörung der Kastilier gegen die französischen Minister. Nachdem Prinz Ludwig offiziell zum Erben der spanischen Krone bestimmt worden war, unternahm die Prinzessin Orsini den geschickten Schachzug, Amelot auszuschalten und ein Ministerium zu bilden, das sich ausschließlich aus Spaniern zusammensetzte. Der Krieg ging weiter, und Villars wurde von Prinz Eugen in der blutigen Schlacht bei Malplaquet geschlagen (1709). Nun sah sich Philipp aller seiner französischen Streitkräfte beraubt. Da er außerdem noch mit dem Papst gebrochen hatte, weil dieser den Erzherzog anerkannte, mußte er den Versuch unternehmen, sein Reich allein mit seinen spanischen Truppen zurückzuerobern. Das Heer des Erzherzogs, das nun neuen Mut gefaßt hatte, rückte von Katalonien aus vor und besiegte Philipp bei Almenara und Zaragoza. Der Erzherzog hielt seinen Einzug in Madrid und wurde hier mit so eisiger Kälte empfangen, daß er äußerte: „Diese Stadt ist eine Wüste!" Starhemberg, der Führer der österreichischen Truppen, hatte nun den Plan, sich mit den portugiesischen Streitkräften zu vereinigen, um auf diese Weise das Zentrum der Halbinsel beherrschen zu können. Philipp, der dies merkte, setzte sich mit seinen Truppen an der Brücke von Almaraz am Tajo fest. Infolge der feindseligen Haltung der Kastilier gelang es Starhemberg nicht, seinen Gegner zur Schlacht zu zwingen, so daß er die Hauptstadt verlassen und sich in Richtung auf Aragón zurückziehen mußte. Philipp V. verfolgte nun mit Unterstützung seines erfahrenen Generals Vendóme den Feind, und es kam zu den Schlachten bei Brihuega und Villaviciosa, die ein großartiger
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Triumph der spanischen Waffen waren und eine endgültige Sicherung der Stellung Philipps ergaben. Zuerst richteten sich die Angriffe gegen die englischen Truppen Stanhopes, die sich nach dreitägigem erbittertem Ringen, nachdem sie ihr letztes Pulver verschossen hatten, bei Brihuega ergaben. Groß war die Überraschung Starhembergs, als er anstatt Stanhopes, dem er zu Hilfe eilen wollte, die zur Schlacht ausgerüsteten Reihen der bourbonischen Truppen vor sich sah. Der Kampf entbrannte von neuem, und nun hätte beinahe der Marquis von Valdecanas, der mit seiner Kavallerie die feindliche geschlagen hatte und sie nun weiter über das Schlachtfeld hinaus verfolgte, durch dieses eigenwillige Vorgehen den Erfolg der spanisdien Sadie in Frage gestellt. Der Spanier Villarroel, der die österreichischen Kemtruppen befehligte, hatte inzwischen seine Streitkräfte in Hammerform aufgestellt, Philipp angegriffen und die bourbonisdien Truppen zu einem ungeordneten Rückzug gezwungen, wobei er sich der feindlidien Geschütze bemächtigen konnte. Philipp sammelte seine Truppen wieder und warf sie nun gegen Villarroel, der sich tapfer zur Wehr setzte. Ein Flankenangriff einer spanischen Kavallerieabteilung jedoch, die am Tage vorher vom Hauptheer abgesplittert worden war und nun gerade zur rechten Zeit wieder erschien, sowie die Rüdkkehr des unvorsichtigen Valdecanas entschieden die Schlacht zugunsten Philipps V. Der von Starhemberg befehligte rechte Flügel der Österreicher schloß sich zu Karrees zusammen, die die Angriffe der siegreichen feindlichen Reiterei abzuwehren verstanden. Als dann die Nacht hereinbrach, konnten die Österreicher im Schutze eines nahen Wäldchens den Rückzug antreten. Dies war die Schlacht bei Villaviciosa, bei der die dem Gegner überlegene bourbonische Kavallerie den Sieg entschied (1710). D e r V e r t r a g v o n U t r e c h t . Der Frieden von Utrecht brachte eine Umwandlung der ganzen Welt mit sich. Das spanische Imperium löste sich auf, und neue Mächte stiegen empor; vor allem aber befestigte sich die Vorherrschaft Englands. Man hatte schon verschiedentlich Ansätze gemacht, um Verhandlungen einzuleiten, die dem endlosen Krieg, der ganz Europa in Trümmer legte und allein für England Vorteile bot, ein Ende machen sollten. Bevor die Verhandlungen im Haag einsetzten, hatten die kriegführenden Parteien bereits drei Verständigungsversuche unternommen. Als man dann im Haag Ludwig XIV. zwingen wollte, gegen seinen Enkel zu kämpfen, erwiderte er: „Wenn ich schon Krieg führen muß, so führe ich ihn doch lieber gegen meine Feinde als gegen meine Nachkommen." In Gertruidenburg schon war Ludwig XIV. beinahe entschlossen gewesen, Spanien fallen zu lassen, doch da hatte Philipp V. mit dem Abbruch der Beziehungen gedroht und so die Verhandlungen zum Scheitern gebracht.
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Kurz danach begannen die Vorverhandlungen in London, die auf einer ganz anderen Grundlage geführt wurden und gewisse Hoffnungen aufkommen ließen. Mit der Königin Anna waren die Torys an die Macht gekommen, das englische Volk sehnte den Frieden herbei, und die spanischen Siege bei Brihuega und Villaviciosa schufen eine Stimmung, die für die Beendigung des Krieges durchaus günstig war. Ziehen wir außerdem noch den Tod Kaiser Josephs I. in Betracht, so leuchtet ein, daß die denkbar besten Vorbedingungen für eine allgemeine Verständigung vorhanden waren. England mußte jetzt befürchten, daß sich der Fall Karls V. wiederholen könnte; denn wenn der Erzherzog, der durch den Tod seines Bruders Kaiser von Deutschland geworden war, nun auch noch die spanische Krone erhielt, so würde in ihm ein neuer Imperator erstehen. Diese Überlegung bewog England zu seinem Austritt aus der Allianz. Nach der Schlacht bei Denain mußten sich dann auch die Holländer zu Verhandlungen bereit erklären. Am 11. April 1713 wurde der Vertrag von Utrecht unterzeichnet, der die Auflösung des großen spanischen Reiches besiegelte. Zugunsten des Friedens wurde es dem Ehrgeiz der verschiedenen Anwärter auf die einzelnen Provinzen zum Opfer gebracht. Man fertigte mehrere Einzelverträge aus, in denen der Friedensschluß zwischen Frankreich und Spanien einerseits sowie den Vereinigten Holländischen Provinzen, Brandenburg, Savoyen und England andererseits festgelegt wurde. Die spanischen Bevollmächtigten bei den Verhandlungen waren Monteleone, der spanische Botschafter in London, der Herzog von Osuna und der Graf von Bergeyck. Nach der Einnahme von Landau entschloß sich auch der Kaiser zu Verhandlungen mit Frankreich. Der nunmehrige Karl VI. und frühere Erzherzog Karl weigerte sich jedoch, mit Philipp V., den er erst im Jahre 1725 als spanischen König anerkannte, direkt zu paktieren. Die Verhandlungen mit dem Kaiser wurden in Rastatt geführt. Die Spanien betreffenden Punkte des Vertrages von Utrecht waren die folgenden: Philipp V. wurde als Erbe Karls II. und König von Spanien und Westindien anerkannt. Er trat Neapel, Sardinien sowie die Herrschaft über die Toscana, Belgien und das Herzogtum Mailand an den Kaiser ab; der Kurfürst von Brandenburg erhielt die spanische Provinz Geldern; Sizilien fiel an das Haus Savoyen und Gibraltar und Menorca schließlich waren die Kriegsbeute der Engländer. Die Reiche Spanien und Frankreich sollten für alle Zeiten getrennt sein, und Philipp V. verzichtete auf seine Ansprüche auf die französische Krone. Die Engländer erhielten das sogenannte „AsientoPrivileg", das ihnen das Monopol des Negerhandels nach Spanisch-Nordamerika sicherte, und dazu die Genehmigung, jährlich ein Handelsschiff nach dem spanischen Westindien zu entsenden.
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Weitere geringfügigere Punkte betrafen die katalanischen Sonderrechte, die nunmehr abgeschafft wurden, und die Einführung der anglikanischen Hochkirche in Gibraltar. Im Jahre 1715 wurde dann noch der Frieden mit Portugal geschlossen, indem die kriegführenden Parteien sich gegenseitig ihre im Kriege gemachten Eroberungen zurückgaben. D e r G ü n s t l i n g A l b e r o n i . Königin Marie Luise überlebte den Frieden von Utrecht nur um wenige Monate. 1714 starb sie, bis zu ihrer Todesstunde treu umsorgt von der Prinzessin Orsini, die auch die Erzieherin der Infanten war und nach dem Tode der Königin weiterhin unumschränkte Machtvollkommenheiten genoß. Der schwermütig gewordene Philipp verlegte seinen Wohnsitz vom Alcazar in das Schloß von Medinaceli und lebte dort im vertrautesten Umgang mit der Prinzessin Orsini, die ihr möglichstes tat, dem König mit selbsterfundenen Unterhaltungen Zerstreuung zu bieten. Es wurde eine Holzgalerie erbaut, die die Gemächer des Herrschers mit denen der Orsini verband. Diese Neuerung bot selbstverständlich mancherlei Stoff zu Klatsch und Vermutungen aller Art. Noch war die Prinzessin Orsini sozusagen Alleinherrscherin und konnte ihren Günstling Orry unterstützen, doch schon tauchte eine neue Persönlichkeit am spanischen Hof auf, der wir hier einige Zeilen der Einführung zu widmen halben: der Abbé Alberoni. Alberoni war der Sohn eines Gärtners aus Fiorenzuola im Herzogtum Parma. Als er in Piacenza in der Lombardei die Dienste eines Chorknaben versah, lernte er lesen. Die lebhafte Intelligenz des Kindes erregte die Aufmerksamkeit des Erzbischofs von Piacenza, Graf von Barni, der ihn nach einigen Jahren zu seinem Haushofmeister ernannte. Mit Barni ging Alberoni nach Rom, wo er Französisch lernte. Als dann Vendôme nach Italien kam, ließ er sich dem französischen General zusammen mit Roncovieri, einem Agenten aus Parma, vorstellen, und man erzählt, daß Vendôme, der ein großer Feinschmecker war, sich sofort für den italienischen Abbé begeisterte, als dieser ihm als erfahrener Koch ein vorzügliches Makkaronigeridit zubereitete. Der Abbé, der von jetzt ab unter dem ausdrücklichen Schutz des Franzosen stand, ging nach Holland und Paris und sodann mit Vendôme nach Spanien. Nach dem Tode Vendômes kehrte er nach Frankreich zurück, doch Ludwig XIV. sandte ihn von neuem als Ratgeber des Königspaares nach Spanien. Als Marie Luise starb, verstand Alberoni es, sich bei der Prinzessin Orsini in Gunst zu setzen und unterbreitete ihr den Plan einer Heirat zwischen den spanischen König und Elisabeth Farnese, der Tochter des Herzogs von Parma. Die Prinzessin Orsini war zwar klug, mit dem gewitzten italienischen Abbé jedoch konnte sie es nicht aufnehmen. Sie war des Glaubens, die Erbin jenes kleinen Herzogtums würde, wenn sie dank ihrer Vermittlung Königin
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von Spanien werden könnte, Wachs in ihren Händen sein, und die Nachrichten, die Alberoni ihr übermittelte, mußten sie in dieser Annahme noch bestärken, denn er schilderte die künftige Königin als ein einfaches und bescheidenes junges Mädchen. Alberoni war eifrigst bemüht, die Wahl seiner Landsmännin durchzusetzen, da er sich davon ungeheure Vorteile versprach. Sein geistliches Gewand, so überlegte er, würde auch keinerlei Rivalitätsgedanken und Befürchtungen bei der jungen Herrscherin aufkommen lassen, während hinsichtlich der Prinzessin Orsini die Dinge schon anders standen. Die Prinzessin hatte sich verrechnet; in letzter Stunde noch erhielt sie Nachrichten, die den bisherigen Auskünften ganz und gar zuwiderliefen, und versuchte, die Hochzeit zu vereiteln, doch jetzt war es schon zu spät. Sobald man am Hofe erfuhr, daß Elisabeth Farnese unterwegs sei, beeilte Alberoni sich, ihr entgegenzureisen. In San Juan de Pie de Puerto traf er die neue Königin und wurde von ihr sogleich zum Grafen ernannt. Er unterrichtete Elisabeth über die Stellung der Orsini, und da die Königin bereits einen Brief gleichen Inhalts von Philipp erhalten hatte, konnte das Zusammentreffen der beiden Frauen in Jadraque unmöglich gut verlaufen. Nach der offiziellen Begrüßung des Hofes zog Elisabeth die Prinzessin in ein Gespräch. Als diese sich jedoch einige abfällige Bemerkungen über die Haartracht der Königin erlaubte, wurde Elisabeth so zornig, daß sie ihr mit erhobener Stimme befahl, sich sofort zu entfernen. Die Orsini mußte nach Italien abreisen, und der schwache und undankbare Philipp schrieb an seine neue Gemahlin: „Der Mangel an Ehrerbietung, den die Prinzessin sich hat zuschulden kommen lassen, verdient vollauf die Strafe, die Ihr ihr erteilt habt." Die Prinzessin Orsini war eine kluge, energische und umsichtige Frau mit einer stattlichen Gestalt, schönen Gesichtszügen und großen offenen blauen Augen. Sie war dem spanischen Königshause treu ergeben, hatte zweimal durch ihre Vermittlung die Krone für die spanischen Bourbonen gerettet, die Grundlagen für den Familienpakt geschaffen und in Amelot und Orry die richtigen Männer herangezogen, die sich vorzüglich zur Leitung der Regierungsgeschäfte eigneten. Diesen guten Eigenschaften stand jedoch ein ungeheurer Stolz und Ehrgeiz gegenüber: die Prinzessin hielt sich für stärker als die Inquisition und wünschte die unumschränkte Herrschaft für sich allein. Nach dem Sturz der Orsini fand auch ein Ministerwechsel statt. Orry, der nun gleichfalls in Ungnade gefallen war, mußte nach Frankreich zurückkehren. Giudice, ein Feind der Prinzessin Orsini dagegen, erhielt jetzt den Posten eines Generalinquisitors und verwaltete das Innen- und Außenministerium. Mit Hilfe Frankreichs gelang es Spanien, seine Herrschaft auf
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Mallorca und Ibiza zu sichern. Als dann Ludwig XIV. starb, machte Philipp V . einige schüchterne Versuche, seine Ansprüche auf den französischen Thron anzumelden, wobei sein Haß gegen den Regenten, den Herzog von Orléans, klar zum Ausdruck kam. Inzwischen jedoch hatte Alberoni es verstanden, sich unmerklich zu einer Art Vormund des spanischen Königspaares zu machen. England bemühte sich erfolgreich, den Abbé zu bestechen, und daraufhin wurden die Ergänzungsartikel zum Vertrag von Utrecht veröffentlicht, die für Großbritannien äußerst günstig lauteten. Zu Philipp V. hatte der Abbé geäußert: „Wenn Eure Majestät damit einverstanden sind, fünf Jahre lang Frieden in Euren Reichen zu bewahren, so will idi es übernehmen, Spanien zum mächtigsten Reidie Europas zu machen." Vor allem aber hatte Alberoni sich seinen Einfluß über die Königin gesichert, und dieser Einfluß wuchs noch, als Prinz Karl geboren wurde und der Abbé gewisse Pläne hinsichtlich der spanischen Herrschaft in Italien erwog. Er brachte es fertig, den König mit dem Papst auszusöhnen und sandte spanische Kriegsschiffe unter dem Befehl Baltasar de Guevaras aus, die die Venezianer bei der Befreiung der von den Türken angegriffenen Insel Korfu unterstützen sollten. Dieser Schritt brachte Alberoni die langersehnte Kardinalswürde ein. Niun beseitigte er Giudice, der ihm im Wege war, und machte sich an die Durchführung seiner Pläne. Sein Hauptziel war es, um jeden Preis die Verträge von Utrecht und Rastatt zunichte zu machen. Er beschäftigte alle Staatskanzleien Europas und traf inzwischen gewaltige Kriegsvorbereitungen. Ohne jede vorherige Ankündigung sandte er dann unter Führung des Marquis von Lede ein Geschwader gegen Sardinien, das in kurzer Zeit erobert wurde (1717). Ungeachtet der Proteste, die England und Frankreich erhoben, rüstete er darauf eine zweite, nodi stärkere Flotte aus, die er ebenfalls dem Befehl des Marquis von Lede unterstellte und gegen Sizilien schickte, das beinahe vollständig unterworfen werden konnte (1718). So war es Spanien gelungen, in einem Augenblick, da jedermann es für erledigt und vollkommen entkräftet halten mußte, durch seine plötzlich wiedergewonnene Schlagkraft die ganze Welt in Erstaunen zu setzen. Infolge dieser Ereignisse schlössen sich jetzt die vier mächtigsten Staaten Europas: Frankreich, England, Savoyen und das Deutsche Kaiserreich, zu einer Quadrupelallianz gegen Spanien zusammen. In den Gewässern vor Syrakus konnte eine englische Flotte unter dem Admirai George Bvng das spanisdie Geschwader Antonio Gastañetas vernichtend schlagen (1718). Die Österreicher landeten in Sizilien, und die französischen Truppen, an deren Spitze der Herzog von Berwick stand, bemächtigten sich der Städte Behovia, Pasajes, Fuenterrabía, San Sebastián und Santoña. Bei seinem
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Rückmarsch zog Berwick über Roussillon, nahm Urgel und belagerte Rosas. Gleichzeitig konnten die Engländer Vigo in Besitz nehmen. Unter dem Eindruck all dieser Niederlagen unterzeichnete Philipp den Friedensvertrag von Cambrai (1720), in dem er Sardinien an Savoyen und Sizilien an den Kaiser abtrat. Dem Infanten Karl wurde die Nachfolge in Parma, Piacenza und Toscana zugesichert. Die Feindmächte forderten die Absetzung Alberonis, der denn auch auf königlichen Befehl nach Italien ging. Dieser kluge italienische Kardinal, den die Welt unter dem Namen Giulio Alberoni kennt, hatte versucht, Spanien aus seiner Lethargie aufzurütteln und sich dabei als guter Kenner jener Kräfte erwiesen, die in dem spanischen Volke schlummern, wenn es gut und geschickt regiert wird. Die Kraftprobe, die Spanien bei dieser Gelegenheit gegeben hatte, bedeutete ein Warnungssignal für alle europäischen Mächte, die die Fähigkeiten der iberischen Rasse wohl auch zu würdigen wußten. Die bedeutendsten Staaten Europas mußten sich vereinigen, um die Niederwerfung dieser plötzlich sich neu erhebenden spanischen Macht zu erreichen. Selbst Frankreich, der natürliche Verbündete der spanischen Bourbonen, stand jetzt auf der Seite seiner Gegner. Hätten sich dagegen die großen Pläne Alberonis verwirklicht und wären die von ihm angestrebten Bündnisse mit den Großmächten des Nordens zustande gekommen, so hätte England höchstwahrscheinlich eine empfindliche Einbuße seiner Vormachtstellung erlitten und Gibraltar wieder herausgeben müssen, um das es so schmählich in Cambrai gefeilscht hatte, um es bis zum heutigen Tage nicht zurückzugeben. Kurz nach diesen Ereignissen dankte Philipp V. aus bisher noch nicht ganz geklärten Gründen ab und zog sich auf sein Königliches Schloß von San Ildefonso zurück, das er sich nach dem Muster des Schlosses von Versailles hatte erbauen lassen. L u d w i g I. (1724). Der nun zum König ausgerufene Sohn Philipps und Marie Luises regierte nur wenige Monate. Orendayn zeichnete in dieser Zeit zwar als bevollmächtigter Minister, der wirkliche Leiter der Regierungsgeschäfte jedoch war der Marquis von Grimaldo, der sich selbstgefällig gegen den Marschall von Tessè äußerte: „Der König Philipp ist nicht tot, und ich bin es ebensowenig." Die Gemahlin König Ludwigs war Luise Elisabeth, die vierte Tochter des lasterhaften Herzogs von Orléans, der zur Zeit die Regentschaft in Frankreich führte. In der sittenlosen Umgebung von Paris und in der Gesellschaft ihrer Schwestern, die keineswegs Muster an Tugend und Sittsamkeit waren, hatte die junge Prinzessin ein so leichtfertiges und freies Benehmen gelernt, daß sie damit unweigerlich gegen die strenge spanische Hofsitte verstoßen mußte. So erschien sie z. B. eines Tages fast nackt auf der Treppe des Schlosses und erregte damit einen Sturm der Entrüstung. Ihre
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Unmäßigkeit im Essen und Trinken empörte ihren Gemahl so, daß er den Befehl erteilte, sie in einem abgeschlossenen Teil des Palastes gewissermaßen in Haft zu setzen. Aber bald schon vergab der junge Herrscher seiner Gemahlin, denn ihre Streiche waren schließlich nur auf das Konto einer gewissen Überspanntheit zu schreiben, für die man die große Jugend der Prinzessin und ihre Erziehung verantwortlich machen mußte. Audi Ludwig gab in der Folge nodi zuweilen seinen unschuldigen Launen nach und schlich sich beispielsweise in tiefer Nacht aus dem Schlosse, um mit seinen Gefährten die Obstbäume in den königlichen Gärten zu plündern. Sein Vater machte ihm ernstliche Vorwürfe wegen dieser Ungehörigkeiten, die sich schlecht mit der königlichen Würde Ludwigs vertrugen. Im Jahre seiner Thronbesteigung noch wurde der König von bösartigen Pocken befallen, denen er bald erlag. Die Königin, die ihn während seiner Krankheit gepflegt hatte, steckte sich dabei an, genas aber wieder und kehrte nach Frankreich zurück. In seinem Testament hatte Ludwig seinen Vater als Erben eingesetzt. D i e z w e i t e R e g i e r u n g s z e i t P h i l i p p s V. Nun ergriff Philipp, der sich nach San Ildefonso zurückgezogen hatte, von neuem die Zügel der Regierung. Seine Hauptsorge galt jetzt der Befestigung der Stellung seines Sohnes Karl, dem im Vertrag von Cambrai die Thronfolge in Parma, Piacenza und Toscana zugesichert worden war. Ferdinand war bereits offiziell zum Erben der spanischen Krone ernannt worden, so daß der König sich also nur noch für Karl zu bemühen hatte. Vor allem die Königin war ständig bestrebt, diese Angelegenheit zu fördern. Elisabeth Farnese war durchaus nicht das einfache und schlichte junge Mädchen, wie Alberoni sie aus Nützlichkeitserwägungen heraus geschildert hatte, sondern sie war vielseitig begabt und nicht ohne Ehrgeiz. Sie besaß ein lebhaftes Temperament, war furchtlos, klug und sprachgewandt, zeigte großes Interesse für Geschichte, Politik und Kunst und erwies sich in der Folge als stolzer und herrschsüchtiger Charakter. Sie war vorsichtig und konnte sich gut verstellen, und wenn sie einmal einen festen Entschluß gefaßt hatte, so war sie imstande, ihn auch hartnäckig bis zu seiner endgültigen Durchführung zu verfolgen. Da sie die Schwäche ihres Gemahls, vor allem Frauen gegenüber, kannte, blieb sie stets in seiner unmittelbaren Nähe, begleitete ihn auch auf die Jagd und ertrug geduldig sein trübsinniges und melancholisches Wesen. So kam es, daß Philipp sie überhaupt nicht mehr entbehren konnte und sie bis zu seinem letzten Tage unumschränkte Macht über ihn ausübte. Die sehnlichsten Wünsche Elisabeth Farneses nun galten der Zukunft ihrer beiden Söhne Karl und Philipp, und hier setzte sie ihre ganze Energie ein, um das erstrebte Ziel zu erreichen. Man kann wohl mit Recht sagen, Ballesteros, Spanien
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daß die gesamte spanische Politik während der zweiten Regierungszeit Philipps V. sich um diese Wünsche der Königin dreht. D e r B a r o n v o n R i p p e r d ä . Johann Wilhelm Baron von Ripperdä war ein Holländer, Sohn einer vornehmen Groninger Familie, die einstmals aus Spanien zugewandert war. Er wurde in einem Jesuitenkollegium erzogen, schlug dann die militärische Laufbahn ein und nahm am spanischen Erbfolgekrieg teil. Dann trat er zum Protestantismus über und wurde Abgeordneter der Generalstaaten der Holländischen Republik. Beim Vertrag von Utrecht bewies er seine guten Kenntnisse auf dem Gebiet des Handels und der Wirtschaft. Als er sodann den Posten eines holländischen Botschafters in Spanien bekleidete, lernte er Giudice und Alberoni kennen und schloß mit ihnen Freundschaft. Der ehrgeizige, unruhige, phantastische und ungeheuer prahlerisch veranlagte Mann fühlte sich in Spanien so wohl, daß er auch nach Niederlegung seines Botschafterpostens dorthin zurückkehrte. Um sich bei Philipp V. beliebt zu machen, trat er wieder zum Katholizismus über und wurde daraufhin vom König zum Oberaufseher der Fabriken von Guadalajara ernannt und mit Ländereien und einem Schloß beschenkt. Ripperdä wußte um die geheimen Pläne Elisabeth Farneses und um ihre Wünsche betreffs der Sicherung der italienischen Staaten für ihren Sohn Karl. Die Abdankung des Königs vereitelte zwar zunächst die Pläne des Barons, sobald jedoch Philipp den Thron wieder bestiegen hatte, nahm auch Ripperdä seine Tätigkeit wieder auf und schlug nun Elisabeth vor, ihn in einer geheimen Mission nach Wien zu entsenden, wobei er sich auf seine Freundschaft mit dem Kaiser und Prinz Eugen berief. Man erfand einen Vorwand für die Reise, und bald tauchte Ripperdä, der in Madrid einen großangelegten Handelsplan zurückgelassen hatte, in Wien auf. Von hier aus begann er am Madrider Hof die schmeichelhafte Hoffnung auf eine Heirat zwischen dem Infanten Karl und der zukünftigen Kaiserin Maria Theresia zu erwecken. Die Botschafter Hollands und Englands schöpften bereits Verdacht. Gleichzeitig trat ein Ereignis ein, das die Höfe Wien und Madrid noch enger aneinanderschloß und den letzteren erheblich von Frankreich abrücken ließ. Ludwig XV. lehnte die geplante Heirat mit der spanischen Infantin Maria Anna Victoria ab und erregte damit den höchsten Zorn Elisabeth Farneses, die das Bild des französischen Königs mit Füßen trat und ausrief: „Diese Bourbonen sind die wahren Teufel!" — ohne dabei zu bedenken, daß ja auch ihr Gemahl dieser Familie angehörte. Bei den Verhandlungen mit Österreich ging es um ein gegenseitiges Entgegenkommen der beiden Herrscher; der Kaiser erkannte die Rechte des Infanten Karl auf Toscana, Parma und Piacenza an. Man sprach auch von einer gegenseitigen Unterstützung und faßte die Abschließung von dreiVer-
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trägen: eines Defensivbündnisses, eines Handelsabkommens und eines Friedensvertrages, ins Auge. Höchst befriedigt kehrte Ripperdä zurück und bat, noch in Reisekleidung, um eine Unterredung mit dem Königspaar, die ihm huldvollst gewährt wurde. Die von ihm geführten Verhandlungen brachten dem Baron den Titel eines Grafen und Granden von Spanien ein. Die Vertreter von Sardinien, Holland, Frankreich und England verhehlten nicht ihr Mißfallen über diesen Ausgang der Angelegenheit. Wie sich später herausstellen sollte, war jedoch der Vertrag mit Wien weit weniger günstig für Spanien als ein von dem Viererbund gemachter Vorschlag. Ripperdä erlebte nun einen schnellen Aufstieg. Er übernahm das Marineministerium, das Außenministerium und dazu noch die Posten eines Kriegsund Finanzministers. Durch die große Macht jedoch, die er jetzt genoß, ließ er sich zu tausend Torheiten und Unvorsichtigkeiten hinreißen und glaubte sich überhebliche Äußerungen hinsichtlich Gibraltars undMenorcas erlauben zu können. Die bevorstehende Ankunft des österreichischen Botschafters, des Grafen von Königsegg, erfüllte den Baron mit Unbehagen, denn nun mußte ja an den Tag kommen, daß er verschiedentlich falsche Meldungen gemacht hatte. Er versuchte daher, einen Streit zwischen den einzelnen Botschaftern zu schüren; doch diese Mühe war vergeblich, sein Spiel wurde aufgedeckt und er der Lächerlichkeit preisgegeben. Schließlich kam denn auch der Augenblick, an dem die Lügen Ripperdäs zutage traten. Österreich war empört über die Veröffentlichung eines Vertrages, der geheim bleiben sollte; gleichzeitig entdeckte man, daß das Heiratsprojekt zwischen dem Infanten Karl und Maria Theresia in der Hauptsache auf einer Vorspiegelung falscher Tatsachen beruhte. So verlangte der Botschafter des Kaiserreichs denn die Absetzung des „Narren Ripperdä". Man nahm ihm zuerst das Finanzministerium, um sich dann zu einer endgültigen Entlassung des Holländers zu entschließen. Der Baron flüchtete sich in die Englische Botschaft, wo Lord Stanhope ihn verbarg. Die Häscher umstellten jedoch das Botschaftsgebäude, ergriffen Ripperdä und brachten ihn in den Alcazar von Segovia, aus dem er später entfliehen konnte. Auch das weitere Leben dieses Abenteurers ist bemerkenswert. Einige Zeit hielt er sich in Portugal und England auf. Dann ging er nach dem Haag, wo er wieder zum Protestantismus übertrat. Später wandte er sich nach Marokko, bekehrte sich zum Islam und unternahm einen Angriff auf die Stadt Ceuta, wobei er zunächst ein feindliches Korps schlagen konnte, dann aber besiegt wurde. Nun gründete er eine neue muhammedanische Sekte und wurde unter dem Namen Osman bekannt. Er verließ Marokko und begab sich nach Tunis, wo er den Plan faßte, sich zum König von Korsika ausrufen zu lassen. Schließlich starb er in Tetuan, als er sich auf dem Wege nach Rom befand, um die Verzeihung des Papstes zu erlangen. So endete 25*
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jener Mann, dem Spanien seine wichtigsten Ministerien und die Verhandlungen mit Österreich übertragen und den es für fähig gehalten hatte, eine Aussöhnung zustande zu bringen, die so sdiwierig war wie keine zweite. D i e s p a n i s c h e n M i n i s t e r P h i l i p p s V. W i r übergehen Orendayn, den Marquis von Castelar, Arriaza, Grimaldo und nodi einige hochbefähigte Beamte des spanischen Hofes, um uns nunmehr zwei Ministern zuzuwenden, die unermüdlich mit ganzer Kraft bestrebt gewesen sind, ihrem Vaterlande zu dienen. Die spanische Politik konnte keinen einheitlichen Kurs nehmen, denn einerseits war man durch die Umstände gezwungen, sich an Frankreich zu halten, andererseits wieder erforderten die Pläne der Königin eine engere Fühlungnahme mit Österreich. Die Stimme des deutschen Kaisers entschied in Italien, wo die spanische Königin ihren Söhnen ein Erbe sichern wollte, da sie auf den spanischen Thron, der ja an den Sohn aus Philipps erster Ehe mit Marie Luise von Savoyen fallen würde, nicht rechnen konnte. Nun tauchten spanische Minister auf, die das ihnen anvertraute Gebiet besser kannten als ihre Vorgänger und bei den von ihnen eingeführten Reformen Mittel und Wege fanden, dem Charakter des spanischen Volkes zu entsprechen. Mag es nun aus Überzeugung geschehen sein, mag es an der größeren Geschicklichkeit dieser Minister liegen oder auch nur daran, daß sie Spanier waren — Tatsache ist jedenfalls, daß die Neuerungen ohne den Widerstand aufgenommen wurden, den man den Versuchen Orrys und Amelots entgegengesetzt hatte. Der erste dieser spanischen Minister ist José Patino, der zwar in Mailand geboren war, jedoch einer galicischen Familie entstammte. Er war zunächst Novize in einem Jesuitenkloster, trat jedoch später aus dem Orden aus, schlug die Verwaltungslaufbahn ein und wurde Superintendant des Heeres von Extremadura. Dann weilte er einige Zeit in Katalonien, um später den Posten eines Intendanten der Marine in Sevilla zu übernehmen. Alberoni berief ihn an den Hof, wo er sein Organisationstalent bei der Aufrüstung jenes Heeres und der Flotte beweisen konnte, die ganz Europa in Erstaunen setzen sollten. Nach dem Sturz Ripperdäs wurde er zum Marineund Kolonialminister ernannt, während gleichzeitig Grimaldo das Innenministerium verwaltete. Bald darauf wurde Patino auch nodi Finanzminister. Die Königin war auch weiterhin bestrebt, gute Beziehungen zu Österreich zu unterhalten, da dies ja die Macht war, von der die Lösung der Nachfolgefrage des Prinzen Karl abhing. Zur gleichen Zeit meldete anläßlich einer schweren Erkrankung Ludwigs XV., bei der das Leben des Herrschers in Gefahr schwebte, Philipp V. wieder einmal seine Ansprüche auf die französische Krone an, während die spanisch-englischen Beziehungen sich so zuspitzten, daß Spanien einen vergeblichen Versuch unternahm, Gibraltar
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zurückzuerobern. An dem energischen Widerstand Claytons, des Gouverneurs der Stadt, mußten alle Bemühungen des eitlen Grafen de las Torres zerschellen (1727). Kurz darauf begannen die Verhandlungen des Kongresses von Soissons, auf dem die schwebenden europäischen Streitfragen geregelt werden sollten. Spanien konnte bei dieser Gelegenheit nicht das geringste erreichen, da einerseits Österreich in der Frage des Infanten Karl Schwierigkeiten machte, andererseits England hinsichtlich Gibraltars keinerlei Entgegenkommen zeigte. Schließlich wurde in Sevilla ein Vertrag durch die Vertreter der drei Mächte England, Frankreich und Spanien: Brancas, Lord Stanhope und Patino, unterzeidinet, in dem den Engländern wirtschaftliche Vorteile zugestanden wurden, während die Spanier das offizielle Recht erhielten, Besatzungstruppen nach Parma und Toscana zu entsenden (1729). Nun begannen äußerst schwierige Verhandlungen mit Österreich, das gegen den Vertrag von Sevilla Einspruch erhob. Bei dieser Gelegenheit gelang es Patino, die Lage zu meistern: er sandte seinen Bruder, den Marquis von Castelar, nach Paris, der wegen des angeblich hinterhältigen Verhaltens des französischen Ministers Kardinal Fleury den Pakt von Sevilla als null und nichtig erklären mußte. Daraufhin suchte Patino in klarer Erkenntnis der politischen Lage eine Annäherung an England und Österreich. Der englische Botschafter Keene verhandelte in Madrid mit Patino und erklärte den Vertrag von Sevilla in allen England betreffenden Punkten als gültig. In Wien gelang es Liria inzwischen, den Kaiser umzustimmen. Sechstausend Spanier landeten sodann unter dem Befehl des Marquis Don Esteban Mari mit dem Infanten Karl in den toscanischen Häfen und ergriffen Besitz von den Herzogtümern Parma und Piacenza. Karl wurde offiziell als Thronerbe von Toscana anerkannt (1731). Auf Anregung Patinos hin unternahm man dann eine Expedition gegen Oran, die vollen Erfolg hatte. Der Graf von Montemar eroberte die Stadt mit seinen spanischen Truppen zurück (1732). Als dann der Kaiser betreffs der Stellung des Infanten Karl in Italien wieder neue Schwierigkeiten zu machen begann, erstrebte man in Spanien eine Annäherung an Frankreich. Fleury jedoch wollte es nicht noch einmal mit dem schlauen Patino aufnehmen und versuchte durch seine Agenten den spanischen Minister bei Hofe unmöglich zu machen. Seine Bemühungen waren jedoch vergeblich, da die Königin entschlossen auf der Seite Patinos stand. Nun benötigte aber Frankreich anläßlich des polnischen Erbfolgekrieges den Beistand Spaniens. Nach dem Tode des Ministers La Paz konnte Patino die gesamte Regierungsgewalt in seiner Hand vereinen und unterzeichnete den Eskorialvertrag, den man als den ersten Familienpakt zwischen den beiden Linien des Hauses Bourbon kennt. Es handelte sich dabei um
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ein Offensiv- und Defensivbündnis (1733). Frankreich, Sardinien und Spanien standen vereint gegen Österreich und Rußland, während England und Holland sich neutral verhielten. Spanien fiel dabei die Aufgabe zu, Neapel und Sizilien zu erobern, während der König von Sardinien Gebiete in Mittelitalien erhalten sollte. Mit großem Geschick entledigte sich Spanien der übernommenen Verpflichtungen: es eroberte das Königreich Neapel und besetzte die Insel Sizilien. Mit 18000 Mann Fußvolk und 5000 Reitern eroberte der Graf von Montemar das neapolitanische Reich zurück, auf dessen Boden schon in früheren Jahrhunderten die spanischen Ritter so viele Heldentaten vollbracht hatten. Bei Bitonto griff Montemar die unter dem Vizekönig Visconti kämpfenden Österreicher an und errang einen glänzenden Sieg, der ihm den Titel eines Herzogs und Granden von Spanien einbrachte (1734). Vor Mantua stieß Montemar dann zu den Truppen seiner Verbündeten, doch Frankreich war allmählich der dauernden Kriege in Mitteleuropa und Norditalien müde geworden. Es ließ seine Bundesgenossen im Stich und schloß, ohne auf Spanien Rücksicht zu nehmen, den Wiener Vertrag ab, in dem Karl zwar als König von Neapel und Sizilien anerkannt wurde, dagegen aber Parma, Piacenza und Toscana an den Kaiser abtreten mußte. Elisabeth Farnese, die diese Staaten jetzt für ihren zweiten Sohn Philipp vorgesehen hatte, war über diese Wendung der Dinge sehr erbittert (1735), gleichwohl aber blieb Spanien, das nun keinen Verbündeten mehr hatte und dazu von der englischen Flotte bedroht wurde, nichts anderes übrig, als nachzugeben und auch seinerseits den Vertrag von Wien zu unterzeichnen. Zu dieser Zeit war der große Patiño jedoch bereits gestorben. José Patiño hatte zehn Jahre hindurch die Stellung eines Premierministers eingenommen, ohne diesen Titel zu führen. Seinen bedeutendsten Zeitgenossen, wie Walpole, Fleury und Königsegg, die Meister in der Entwirrung diplomatischer Verwicklungen waren, war er voll und ganz gewachsen. Außerdem war Patiño ein vorzüglicher Wirtschaftspolitiker, dem vor allem die Stärkung der Seemacht Spaniens am Herzen lag. So gründete er die Schiffszeughäuser von El Ferrol, Cádiz und Cartagena, die Schule für Küstenwachen sowie eine andere für Ingenieure und Küstenartillerie in Barcelona. 31 Linienschiffe und 340 Transportschiffe wurden auf seine Veranlassung hin in Dienst gestellt. Das Heer vergrößerte er durch die Einstellung schweizerischer Regimenter, so daß seine Gesamtstärke sich nunmehr auf 80000 Mann belief. In Anlehnung an Frankreich führte er die Einrichtung der Militärintendanturen und des Reservistenkorps ein. Handel und Schiffahrt begünstigte er nach Kräften. Er schaffte verschiedene ungerechte Steuern ab und traf Maßnahmen zum Schutze der heimischen Industrie. So erlebten unter seiner Regierung die staatlich begünstigten
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Tuchfabriken von Guadalajara, in denen 24000 Arbeiter beschäftigt waren, die Glasfabriken von Llana und Olmedo sowie die Madrider Teppichfabriken einen großen Aufschwung. Abgesehen von Andalusien wurden die Zölle innerhalb des spanischen Gebietes abgeschafft—nur in den baskischen Provinzen führte man neue Zölle ein. Zur Förderung des Handels mit Amerika und den Philippinen wurden mehrere Handelsgesellschaften gegründet. Patiño genoß den Schutz Elisabeth Farneses; Philipp V. dagegen empfand eine ausgesprochene Abneigung gegen ihn. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß der Ärger Patiños über Artalejos, der seine Unterschrift gefälscht hatte, und über die grausamen Spottschriften des sogenannten „Critico Duende" seinen Tod herbeigeführt haben. Hinter dem eben erwähnten Decknamen verbarg sich die Person des Fray Manuel de San José, eines Barfüßermönches des Karmeliterordens aus dem Kloster San Hermenegildo in Madrid. Patiño wurde allgemein „der spanische Colbert" genannt. Trotz aller Bemühungen des englischen Ministerpräsidenten Walpole um die Erhaltung des Friedens kam es infolge der Haltung des Parlaments und des englischen Volkes sowie um der verletzten Würde der spanischen Regierung willen im Jahre 1739 zum Krieg gegen England. Auf beiden Seiten führte man die seltsamsten Beleidigungen als Kriegsgründe an. So hatte z. B. das englische Parlament die Würdelosigkeit, den Schmuggler Jenkins vorzuladen, der nun eine phantastische Geschichte über den Anführer der spanischen Küstenwache vorbrachte und behauptete, jener habe befohlen, ihm ein Ohr abzuschneiden und dabei gesagt: „Nun geh hin, und zeige es dem König, deinem Herrn!" Der englische Admiral Vernon griff die Stadt Portobelo an und eroberte sie ; vor Cartagena de Indias dagegen scheiterten alle seine Bemühungen infolge der hervorragenden Maßnahmen, die der Vizekönig von Neugranada, Don Sebastián de Eslava, getroffen hatte, und der heldenmütigen Verteidigung durch den Gouverneur der Stadt, Don Blas de Lezo. Inzwischen hatten die spanischen Schiffe auf ihren Kaperfahrten gute Beute gemacht, und zum erstenmal in der Geschichte kämpfte jetzt England wie ein hilfloses Meerungeheuer in seinem Element. Ein englischer Landungsversuch in El Ferrol scheiterte infolge der ungünstigen Winde. Die Spanier hingegen wurden vom Glück begünstigt und konnten drei Heere aufstellen: eins gegen Gibraltar, eins, das in Menorca landen sollte, und ein drittes, das für eine Expedition nach Irland bestimmt war. Der Kommodore Anson hatte sich nur eines einzigen spanischen Kriegsschiffes bemächtigen können, wohingegen die Indienflotte in sicheren Häfen lag und der britische Koloß 407 Schiffe verloren hatte, die von den tapferen spanischen Kaperschiffen zur Strecke gebracht worden waren.
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Nöda bevor die Feindseligkeiten gegen England zum Abschluß gelangten, sollte die internationale Lage nodi eine weitere Verschärfung erfahren. Karl VI. von Österreich, der früher einmal als Anwärter auf den spanischen Thron aufgetreten war, starb ohne männliche Erben und hinterließ den Kaiserthron seiner Tochter Maria Theresia von Österreich. Diese Tatsache zog den Ausbruch eines österreichischen Erbfolgekrieges nach sich. Da es sich hierbei um die österreichischen Besitzungen in Italien handelte, hielt Elisabeth Farnese, die den Wunsch, ihren zweiten Sohn Philipp auf dem Thron von Parma, Piacenza und Toscana zu sehen, noch keineswegs begraben hatte, den Augenblick des Eingreifens für gekommen. So wurde der Kurs der spanischen Außenpolitik einzig durch den Ehrgeiz einer Mutter bestimmt, und da man mit England im Kriege lag, mußte man nun wieder versuchen, Frankreich als Bundesgenossen zu gewinnen. Tatsächlich gelang es, durch eine neue Heirat die beiden Linien des Hauses Bourbon wieder enger aneinanderzuschließen : der Infant Philipp vermählte sich mit Luise Elisabeth, der ältesten Tochter Ludwigs XV. Es ergab sich nun von selbst, daß man für das jungvermählte Paar ein Fürstentum suchen mußte. Die durch den Tod Patinos freigewordene Stellung innerhalb der spanischen Regierung war inzwischen durch einen tüchtigen und klugen Mann, Don José de Campillo, besetzt worden, der seine Laufbahn als Militärintendant des spanischen Heeres in Italien unter Montemar begonnen hatte. In diesem früheren Abhängigkeitsverhältnis mag vielleicht der Grund für die Abneigung Campillos gegen den Feldherrn zu sudien sein — jedenfalls sehnte er dessen Sturz herbei und änderte absichtlich, als Montemar mit der Führung des Feldzugs in Italien beauftragt worden war, die Pläne des Herzogs so ab, daß diese fehlschlagen und Montemar dadurch in Ungnade fallen mußte. Frankreich, Spanien, Preußen und der Kurfürst von Bayern hatten sich gegen Österreich zusammengeschlossen. Philipp V. hatte die Absicht, das Herzogtum Mailand zu erobern, der schlechte Zustand der spanischen Truppen jedoch und die bei der Ausführung der Pläne Montemars eintretende Verzögerung brachten es mit sich, daß der günstige Augenblick hierzu verpaßt wurde und Montemar einem überlegenen feindlichen Heer gegenüber in die Verteidigung gedrängt wurde. Noch schlimmer wurde die Lage durch die erzwungene Neutralität Neapels. Eine englische Flotte erschien vor Neapel, und ein Offizier überbrachte die Aufforderung zur Neutralitätserklärung, dabei legte er auf den Tisch, um den die Minister zur Beratung versammelt saßen, seine Uhr und sagte: „Binnen einer Stunde benötige ich die Antwort." Andernfalls drohte er mit der Bombardierung der Stadt. Karl wollte Neapel retten und unterzeichnete das Abkommen. Montemar war durch José, Graf von Gages, ersetzt worden, der sich, als er bei Campo Santo den von Traun befehligten Österreichern gegenüber
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stand, auf eine Schlacht einließ, die äußerst erbittert und dabei unentschieden verlief. Als England sich dann mit Österreich vereinigte, schloß Frankreich, das bis dahin den Spaniern eine etwas laue Hilfe gewährt hatte, mit Spanien den zweiten Familienpakt von Fontainebleau (1743). Es handelte sich dabei um ein Defensiv- und Offensivbündnis, in dem Frankreich sich verpflichtete, Neapel und Spanien bei der Eroberung des Herzogtums Mailand zu helfen, das dann der Infant Philipp erhalten sollte, während er von den Herzogtümern Parma und Piacenza zu Lebzeiten der Königin Elisabeth Farnese die Nutznießung haben sollte. Um dies zu erreichen, mußte man dem König von Sardinien den Krieg erklären, und Frankreich sollte außerdem die Feindseligkeiten gegen England eröffnen, Spanien bei der Rückeroberung Menorcas behilflich sein und sich verpflichten, nicht eher Frieden zu schließen, als bis England Gibraltar zurückgegeben haben würde. Inzwischen starben der Kardinal Fleury und der Minister Campillo. Der letztere, dessen Abneigung gegen Montemar wir kennen, hatte sich als ausgezeichneter Verwalter des Reiches und äußerst geschickter Finanzminister erwiesen. Weder er noch Zabala konnten jedoch die Durchführung ihrer Pläne hinsichtlich des Spanien-Amerika-Handels erreichen; nur die Zollsätze der für die Neue Welt bestimmten Waren wurden etwas herabgesetzt. An die Stelle der Indienflotte traten jetzt die sogenannten „Registerschiffe". In Cádiz und Guipúzcoa wurden Handelsgesellschaften gegründet. Campillo ist der Begründer oder auch Ausarbeiter einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die im allgemeinen Patino zugeschrieben werden. Nach seinem Tode folgte ihm auf dem Ministersessel Don Cenón de Somodevilla, der spätere Marquis de la Ensenada. Durch das Bündnis mit Frankreich war der Krieg in eine neue Phase getreten. Die vereinigten französischen und spanischen Geschwader schlugen die englische Flotte des Admiráis Mathews vor Toulon. Don José Navarra, der hierbei Befehlshaber der spanischen Streitkräfte war, erhielt zum Lohn dafür den Titel eines Marquis de la Victoria (1744). Inzwischen verteidigten sich Gages und der Infant Karl gegen die Österreicher unter Lobkowitz, und der Infant Philipp konnte mit seinen französischen und spanischen Truppen mehrere Städte Piemonts einnehmen und den König Karl Emanuel von Sardinien zurückdrängen. Auch im nächsten Jahr verlief der Krieg günstig für die Verbündeten : Gages und der Herzog von Modena konnten sich mit den französischen und spanischen Streitkräften Philipps und Maillebois' vereinigen. Als dann auch noch Genua zugunsten des spanischen Infanten in den Kampf eintrat, mußten die Österreicher und Sardinier sämtliche Stellungen räumen, und Mailand öffnete den siegreichen Truppen seine Tore. Nun aber hatten Österreich und Preußen inzwischen Frieden geschlossen, und Maria Theresia konnte jetzt Verstärkungen
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schicken. Karl Emanuel und die Österreicher gingen daraufhin zu einem erneuten Angriff vor, dem die Verbündeten weichen mußten. In der Schlacht bei Trebia wurden der Infant und Maillebois geschlagen, und alle Vorteile, die der Krieg den Spaniern bisher gebradit hatte, gingen auf einen Schlag verloren (1746). Kurz darauf starb Philipp V. Französische Historiker behaupten, Philipp V. sei während seiner zweiten Regierungszeit nur nodi ein Sdiatten seiner selbst gewesen; sinnliche Ausschweifungen, religiöse Angstzustände und häufige Schwermutsanfälle hätten ihn geradezu vertieren lassen. An seiner Stelle aber herrschte, wie sie hinzufügen, eine heftige, jähzornige und energische Frau, die, um ihren Söhnen die Throne von Neapel und Parma zu sichern, fähige Politiker und Staatsmänner brauchte, welche für die Durchführung der Pläne Elisabeth Farneses die nötigen Truppen und Geldmittel herbeizuschaffen hatten. Die gleichen Schriftsteller schildern den spanischen Herrscher in seinen letzten Jahren als ein völlig vernunftloses Wesen mit langen Haaren und Nägeln, das wie ein wildes Tier, stumm und ungesellig, in einem vollkommen verschmutzten Raum gehaust und verboten habe, seine Bettwäsche zu wechseln. Ganz und gar aber war er seinem Haustyrann, der Königin, unterworfen, die das Reich und ihren närrischen Gemahl beherrschte und in den Jahren ihrer Regierung drei kluge Politiker: Patino, Campillo und Ensenada, zur Seite hatte, welche versuchten, Spanien einen Teil seiner früheren Macht zurückzuerobern. Das eben entworfene Bild ist nun zwar übertrieben, doch auch in dieser Karikatur werden die wesentlichen Merkmale des ersten spanischen Bourbonen sichtbar. Philipp war einst ein stolzer, edler Mensch gewesen, dessen Kampfesmut ihm den Beinamen „der Beherzte" eingetragen hatte. Zu diesen Tugenden aber kam ein schwerer Fehler: seine Charakterschwäche, die ihn zum Sklaven seiner beiden Frauen machte, welche nun die königliche Gewalt nach ihrem Gutdünken gebrauchten. Seine geistigen Fähigkeiten waren nur begrenzt, und ein gewisser gesunder Menschenverstand, der anfänglich einen Ausgleich hierfür geschaffen hatte, verlor sich mit den Jahren im gleichen Maße, wie sein Wille dem wachsenden Einfluß Elisabeth Farneses unterlag. Auch scheint die Schwermut, an der er litt, nicht lediglich eine unglückliche Veranlagung seines Charakters oder eine einfache Krankheit gewesen zu sein, die seine sonstigen geistigen Fähigkeiten nicht berührte, sie -war, wie offenbar mit einigem Grund behauptet wird, das äußere Zeichen einer fortschreitenden Geisteskrankheit. Dieser Wahnsinn, wenn es sich tatsächlich um einen solchen handelte, trat noch deutlicher bei Philipps Sohn Ferdinand VI. zutage, der in seinen letzten Lebensjahren bis zu seinem Tode so klare Zeichen von Anormalität von sich gab, wie man sie bei seinem Vater nie beobachtet hat.
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P o r t u g a l . Audi abgesehen von dem Krieg gegen Spanien konnte Johann IV., der erste Herrscher aus dem Hause Braganza, sich in Portugal nicht ungestörten Friedens erfreuen. Zweimal brach während seiner Regierungszeit ein Aufstand aus, der die Wiedereinsetzung der österreichisdien Dynastie zum Ziel hatte. Beim erstenmal waren der Marquis von Villareal, der Herzog von Caminha, der Graf von Armamar und der Erzbisdiof von Braga die Führer der Bewegung. Die Edelleute bezahlten den Versuch mit dem T o d auf dem Schafott, der Erzbisdiof starb im Gefängnis. Bei der zweiten Verschwörung sollte Domingo Leite aus Lissabon einen Büchsen • sdiuß auf den König abfeuern und ihn so ermorden. Leite wurde jedoch ergriffen und hingerichtet. Frankreich, Holland und England hatten zwar die Dynastie Braganza anerkannt, dies hinderte die Holländer jedoch nicht, sich der portugiesischen Besitzungen Angola, Santo Thomé und Maranhao zu bemächtigen. Joäo Fernande« Vieira eroberte dann Pernambuco, Recife und Maranhao zurück, während es Salvador Correia de Sá gelang, Angola und Santo Thomé wieder in portugiesischen Besitz zu bringen. Die portugiesischen Historiker sprechen Johann IV. keine überragenden Talente zu, betonen jedoch, er sei ein frommer und umsichtiger Herrscher gewesen. Die Geschichte nennt ihn „den Restaurator". Auf Johann folgte sein Sohn, der unglückliche Alfons VI., der trotz seines persönlich schweren Schicksals der Siege wegen, die seine Generäle gegen spanische Heere errangen, den Beinamen „der Siegreiche" erhielt. Anläßlich der Heirat seiner Schwester Katharina mit Karl IJ. von England trat Portugal als Mitgift die Städte Tanger und Bombay an das Britische Reich ab. Die Holländer plünderten inzwischen weiter den portugiesischen Kolonialbesitz, befestigten ihre Herrschaft in Ceylon und raubten Codiin und Cannanore (1658). Ein großer Skandal entstand am königlichen Hofe infolge der Verheiratung des Herrschers mit Maria Francisca Isabella von Savoyen, der Tochter des Herzogs von Nemours. Im Jahre ihrer Verheiratung noch trat die Königin in engere Beziehungen zu dem Infanten Peter, dem Bruder des Königs, zog aus dem Palast aus und fand Unterkunft im Kloster de la Esperanza, um sich sodann mit ihrem Schwager zu verheiraten. Von dem unglücklidien Alfons hatte man seine Unterschrift auf einer Urkunde erzwungen, in der er zugunsten seines Bruders der Königswürde entsagte. Er wurde nach der Insel Terceira gebracht und dort fünf Jahre festgehalten. Dann erhielt er eine Wohnung im Schloß von Cintra zugewiesen, wo er bald darauf starb. Die portugiesischen Historiker berichten, Alfons habe bereits in seiner Kindheit an Lähmungserscheinungen gelitten, wodurch er in seiner körperlichen und geistigen Entwicklung sehr zurückgeblieben sei.
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Das ausschweifende und unregelmäßige Leben, das er dann als junger Mann führte, habe seine an sich schon schwache Gesundheit dann völlig untergraben. Auf den Verrat seiner Frau und seines Bruders folgte ein Prozeß, der ungeheuer viel Staub aufwirbelte und in dem einige Theologen sich für den Infanten erklärten. Auf diese Weise verlor Alfons auf einen Schlag Krone, Freiheit und Gemahlin. Sein Bruder Peter II., der bis zum Tode Alfons' VI. den Titel eines Regenten führte, ist in der Geschichte unter dem Beinamen „der Friedfertige" bekannt, weil während seiner Regierungszeit der endgültige Frieden mit Spanien geschlossen wurde. Er nahm dann später am spanischen Erbfolgekrieg teil, und zwar auf Seiten des Erzherzogs, obgleich er anfänglich als Verbündeter Frankreichs aufgetreten war. Das wichtigste Ereignis aus der Regierungszeit Peters II. und zugleich eines der einschneidendsten Geschehnisse der portugiesischen Gesdiichte ist die Abschließung des berühmten Methwen-Vertrags zwischen England und Portugal. Darin verpflichtete sich Peter, für die englischen Wollstoffe freie Einfuhr in Portugal zu gewähren und erhielt dafür in England eine Begünstigung der portugiesischen Weine gegenüber den französischen. Dieser Vertrag führte zum Ruin der portugiesischen Industrie. In ganz Portugal,- vor allem aber in der Duerogegend, begann man mit dem Weinbau in großem Maßstab. Infolge der vielen Verfälschungen kam es dann zu einem Erzeugungsüberschuß ; die portugiesische W a r e erlitt eine Entwertung, die den wirtschaftlichen Zusammenbruch herbeiführte. Das Datum des MethwenVertrages wird heute als eines der unheilvollsten in der gesamten portugiesischen Geschichte angesehen (1703). Alle portugiesischen Historiker fällen übereinstimmend ein vernichtendes Urteil über König Peter II. Sie beschuldigen ihn des schweren Verrats an seinem Bruder und bezeichnen ihn als außerordentlich schlechten Herrscher. Zur Zeit Johanns V. ging dann der spanische Erbfolgekrieg zu Ende, der für Portugal, dessen Heerführer, der Marquis das Minas, bei Almansa geschlagen worden war, keinerlei Vorteile gebracht hatte. In der Zwischenzeit hatte sich der französische Seeräuber Du Guay-Trouin der Stadt Rio de Janeiro bemächtigt, die Frankreich dann bis zur Beilegung der Feindseligkeiten zurückbehielt. Die Stadt Masagan in Afrika wurde von Mauren angegriffen, Angola mußte Angriffe holländischer Truppen abwehren, und in Indien erlitt die portugiesische Vormachtstellung durch die Aufstände der verschiedenen Radschas erhebliche Einbuße. Obgleich die portugiesische Staatskasse so gut wie erschöpft war, sandte Johann V. die Seestreitkräfte Portugals im Verein mit denen von Venedig, Florenz, dem Kirchenstaat und Malta aus, um Italien vor den Angriffen der Türken, die als Herren inMorea
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saßen, zu bewahren. Am Kap Tänaron konnte das vereinigte Geschwader die türkische Flotte schlagen. Durch die Entdeckung der Diamantenminen in Brasilien strömten dann ungeheure Reichtümer nach Portugal, die Johann V. zum großen Teil für den Aufwand und Prunk seines Hofes und zum Bau prächtiger Anlagen, wie der des Klosters von Mafra, verwandte. Der eitle Herrscher erhielt vom Heiligen Stuhl die Bezeichnung „Allertreuester Diener"; die Nachwelt nennt ihn den „Großherzigen".
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DIE NACHKOMMEN DES ERSTEN SPANISCHEN BOURBONEN F e r d i n a n d VI. (1746—1759). Auf seinen Vater Philipp V. folgte der einzige überlebende Sohn aus der ersten Ehe des Herrschers mit Marie Luise von Savoyen. Schon vor der Thronbesteigung Ferdinands hatte der englische Botschafter Benjamin Keene behauptet, der neue König werde den Frieden ebenso lieben wie sein Vater den Krieg; und er sollte mit dieser Voraussage recht behalten. Fünfunddreißig Jahre war Ferdinand alt, als ihm die spanische Krone zufiel. Bis dahin hatte er sehr zurückgezogen leben müssen und war stets dem Haß seiner Stiefmutter Elisabeth Farnese ausgesetzt gewesen, der er jedoch nicht mit gleicher Münze heimzahlte. Als dann aber die Intrigen der schlauen Italienerin die Ruhe im königlichen Schloß zu stören drohten, gab Ferdinand ihr den Befehl, sich auf ihren Ruhesitz in San Ildefonso zurückzuziehen. Auf die Frage nach dem Grunde seines Entschlusses erwiderte er: „Was ich in meinen Reichen verfüge, duldet vor seiner Ausführung und Befolgung keine Rüdefrage." Diese energischen Worte bewiesen Elisabeth, daß es jetzt nötig sein dürfte, die Fäden der Intrigen feiner zu spinnen, da ihr königlicher Stiefsohn keinesfalls geneigt war, irgendwelchen Einwänden Raum zu geben. Und er hatte nur allzu recht damit, denn Elisabeth Farnese bedeutete für ihn am Hofe eine ständig tätige und gefährliche Feindin, die sogar von der Zurückgezogenheit auf dem Schlosse La Granja aus die geringfügigsten Handlungen des Königspaares überwachen ließ und einen regen Briefwechsel mit ihren geheimen Vertrauten unterhielt, welche ihr auch über die leichtesten Unpäßlichkeiten des Königs und seiner Gemahlin Bericht erstatten mußten. Die erbitterte Königinwitwe wartete nur auf den Augenblick, in dem ihr Stiefsohn sterben würde, damit dann ihr geliebter Sohn Karl, der König von Neapel, auch den spanischen Thron besteigen könnte.
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Aus diesem Grund hatte sie auch das lebhafteste Interesse daran, daß das Königspaar kinderlos blieb, da sich ja andernfalls ihre Aussichten zerschlagen hätten. Ferdinand war mit Maria Theresia Barbara von Braganza, der Tochter des prunksüchtigen Johann V . von Portugal verheiratet, einer häßlichen Frau mit blatternarbigem Gesicht, großem Mund, wulstigen Lippen und vorstehenden Backenknochen. In ihrer Jugend hatte sie eine zierliche Gestalt gehabt, als sie jedoch den Thron bestieg, wies sie bereits eine stattliche Körperfülle auf, die sich mit ihrer Vorliebe zu Putz und Prunk, die sie von ihrem Vater geerbt hatte, gut vertrug. All diese Mängel aber wurden ausgeglichen durch die große Güte, den einwandfreien Charakter und die feine Bildung und Klugheit der Königin. Ihren Gatten liebte sie leidenschaftlich, und er vergalt ihr diese Liebe im gleichen Maße. Als gute Spanierin in all ihren Gefühlen und Neigungen war sie stets auf das Wohl der ihr untergebenen Nation bedacht. Verschiedene Höflinge, darunter der englische Botschafter Keene, behaupteten, daß der Beichtvater des Königs, Pater Rävago, einen großen Einfluß auf den Willen seines Herrschers ausübe. Der hochgebildete und kluge Jesuitenpater machte diesen Einfluß jedoch nur in kirchlichen Fragen geltend. Ein anderer Mann, der beim Königspaar in hoher Gunst stand, war der unter dem Namen Farinelli bekannte Sänger Carlo Broschi. Königin Elisabeth Farnese hatte ihn seinerzeit an den Hof gerufen, damit er durch seine Kunst ihren schwermütigen Gemahl aufheitere. Broschi, der mit zweiunddreißig Jahren auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, hatte seine prächtige Stimme schon an allen Höfen Italiens, Österreichs, Englands und Frankreichs erschallen lassen. Als eigenartigen Zufall muß man es ansehen, daß ihm, wie der Sänger selbst gesteht, die praktischsten Ratschläge hinsichtlich seiner Kunst Kaiser Karl VI., der frühere Rivale Philipps V., erteilt hatte. Der ehemalige Erzherzog hatte es sich wohl nicht träumen lassen, daß der Künstler sich seine Hinweise zunutze machen würde, um die letzten Stunden seines früheren Gegners Philipp zu verschönen. Die neuen Herrscher waren begeisterte Anhänger guter Musik, und Carlo Broschi wurde von ihnen in den engsten Kreis gezogen und genoß das unumschränkte Vertrauen des Königspaares. Trotz des ihm zur Verfügung stehenden Einflusses mischte sich Farinelli jedoch niemals in politische Angelegenheiten, sondern gebrauchte seine Macht lediglich zur Durchführung wohltätiger Werke und zum Schutze der Unterdrückten. Elisabeth Farnese, die bei jeder Gelegenheit ihre spitze Zunge rührte, hatte schon vorausgesagt, daß am neuen Hofe die Portugiesen und die Musiker regieren würden, und hatte das Gerücht verbreitet, Königin Barbara unterhielte allzu enge freundschaftliche Beziehungen zu Carlo Broschi.
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D i e B e i l e g u n g d e r F e i n d s e l i g k e i t e n . Ferdinand VI. hatte noch aus der Regierungszeit seines Vorgängers einen Krieg übernehmen müssen, bei dem die Ehre der spanischen Waffen auf dem Spiele stand. So blieb ihm nichts anderes übrig, als den Kampf fortzusetzen. Da es noch dazu um die Erbansprüche seines Stiefbruders Philipp ging, wollte der König keinesfalls den Verdacht aufkommen lassen, daß eine etwaige politische Schwenkung seinerseits von Rachegefühlen gegen Elisabeth Farnese diktiert sein könne. So stand sein Entschluß, den Krieg weiterzuführen, eindeutig fest. Den Österreichern und Sardiniern war das Glück auch weiterhin günstig: sie konnten die französischen und spanischen Truppen bei San Giovanni und Rottofreddo schlagen. Zum Oberbefehlshaber der spanischen Truppen ernannte Ferdinand den Marquis de la Mina, „einen echten Spanier, nach seinem Franzosenhaß zu urteilen", wie ein Minister Ludwigs X V . von ihm sagte. Vor Beginn einer Schlacht hatte der Marquis anstatt einer Ansprache seinen Soldaten nur die Worte zugerufen: „Meine Freunde, ihr seid Spanier, und die Augen der Franzosen sind auf euch gerichtet!" Die feindlichen Streitkräfte, die unter dem Befehl des genuesischen Generals Botta Adorno standen, rückten weiter vor und konnten sich der Vaterstadt ihres Feldherrn bemächtigen, die sie dann Karl Emanuel von Savoyen übergaben. Die Franzosen und Spanier, die zum Rückzug gezwungen waren, gingen nach der Provence und dem Languedoc, während ihre Gegner von Sieg zu Sieg schritten und schon zum Vernichtungsschlag gegen die Heere Minas und Maillebois' ausholten, als plötzlich ein in Genua ausgebrochener Aufstand ihre Schritte hemmte. Ein Stein, den ein junger Mann, den man „Baliila" nannte, gegen die Österreicher geschleudert hatte, war das Alarmzeichen für die Genuesen, die Fremden aus der Stadt zu vertreiben. Auf dieses Ereignis hin, das ihre Nachhut schwer schädigte, mußten die Österreicher Frankreich verlassen. General Bellisle versuchte, sich den Durchgang über das von sardisdien Bataillonen besetzte La Asiette zu erzwingen, wurde jedoch zurückgeschlagen, und fiel im Kampfe. Der Infant Philipp und der Herzog von Modena dagegen gingen jetzt zum Angriff vor. Ferdinand VI. hatte inzwischen durch Vermittlung des portugiesischen Hofes, der ausgezeichnete Beziehungen zu England unterhielt, die Verhandlungen eingeleitet. Die Vorbesprechungen fanden in Breda statt und führten zum Frieden von Aachen (1748), der den Österreichischen Erbfolgekrieg, oder den Pragmatischen Krieg, wie man ihn auch nannte, beendete. Im Friedensvertrag wurde die gegenseitige Rüdegabe der von den beiden Parteien eroberten Gebiete bestimmt und der Infant Philipp als Fürst von Parma, Piacenza und Guastalla anerkannt. Diese Lösung fand natürlich nicht die volle Zustimmung der stets unzufriedenen Elisabeth Farnese, doch
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Ferdinand hatte es nicht anders erwartet und war über ihre Haltung keineswegs erstaunt. D i e N e u t r a l i t ä t s p o l i t i k . Nachdem dieser Krieg glücklich beendet war, machte der König sich zum Grundsatz, nunmehr eine strikte Neutralitätspolitik zu wahren. Man schreibt ihm den Ausspruch zu: „Mit allen Krieg und Frieden mit England" — wahrscheinlicher jedoch ist, daß der Satz „Frieden mit allen, Krieg mit keinem" von ihm stammt, da er sich vollkommen mit seiner Handlungsweise deckt. Ferdinand, der in Spanien geboren war, galt als noch überzeugterer Spanier als sein Vater und pflegte zu sagen: „Niemals werde ich mich damit einverstanden erklären, auf dem Throne von Spanien ein Vizekönig des Königs von Frankreich zu sein." Dieser Satz, der von der edlen Gesinnung Ferdinands Zeugnis ablegt, macht ihn zu einer der sympathischsten Herrschergestalten der spanischen Geschichte. Im Jahre 1753 schloß der König in Aranjucz ein Defensivbündnis mit Maria Theresia von Österreich, um so die Neutralität in Italien zu sichern. Audi der König von Sardinien schloß sich dem Bündnis an. Dieser Schritt erregte das Mißfallen der Könige von Frankreich und Neapel. Karl und Philipp, die Brüder Ferdinands, vereinigten sich mit Ludwig XV., ohne daß jedoch diese Tatsache den König von Spanien von seinem einmal eingeschlagenen Weg hätte abbringen können. Als dann später ein Bruch zwischen Frankreich und England zu befürchten war, wandten beide Nationen alle Mittel von der Schmeichelei bis zur Drohung an, um Ferdinand VI. auf ihre Seite zu bringen. Doch dieser ließ sich durch nichts bewegen, für einen der beiden Staaten Partei zu nehmen. Spanien war, wie man sagte, zu jener Zeit „eine Dame, der alle zu gefallen trachteten, nur um den Vorteil ihrer Gunst und ihrer Gesellschaft zu genießen". C a r v a j a l u n d E n s e n a d a . Don José de Carvajal y Lancaster, der mütterlicherseits einer alten englischen Familie entstammte, war ein Freund Campillos gewesen und hatte auf Empfehlung Ensenadas den Posten eines Staatssekretärs erhalten. Er war ein hochgebildeter, schlauer, gewandter und dabei sehr zurückhaltender Diplomat, der ein strenges, manchmal sogar schroffes Auftreten hatte und seine Gedanken hinter kurzen, schneidenden Worten zu verbergen wußte. Seine großen Verdienste sind bisher noch nie genügend gewürdigt worden, da die auf ihn folgenden Minister Karls III. eine der seinigen entgegengesetzten Politik einschlugen und Carvajal und seine Taten in jeder Weise herabsetzten und verleumdeten. Zwei wichtige Gründe bewogen ihn, stets für eine Verständigung mit England einzutreten: die Engländer, die damals vor für ihr Land entscheidenden Ereignissen standen, suchten die spanische Freundschaft und begnügten sich schließlich auch mit,der spanischen Neutralität, vorausgesetzt, daß Spanien
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nicht gleichzeitig ein Freundschaftsbündnis mit Frankreich einging. Daneben aber hatte diese günstige Haltung Englands für Spanien zwei äußerst wichtige Folgen: Spanien gewann Zeit zu seinem Wiederaufbau, und die spanischen Besitzungen in Übersee waren sicher vor Überfällen und Angriffen und konnten wie durch ein Wunder mit einer geradezu lächerlich kleinen Besatzung gehalten werden. Wenn ein so kluger Mann wie der englische Botschafter Keene von Carvajal schreiben konnte: „Ich kann ihn nicht so englisch machen, wie idi gern möchte, aber ich wage doch zu sagen, daß er niemals französisch sein wird", so bedeutet das, daß der spanische Minister doch sehr viel erreicht hatte. Anscheinend ein ganz anderer T y p als Politiker, doch ein ebenso überzeugter Spanier und glühender Patriot wie Carvajal war Don Cenón de Somodevilla y Bengoechea, Marquis de la Ensenada, der in Alesanco in der Provinz Logroño geboren war und einer vornehmen aber unibegüterten Familie entstammte. Er trat zunächst als Offizier in die Marine ein, bis Campillo auf den begabten jungen Mann aufmerksam wurde und ihm wichtige Vertrauensposten, wie z. B. den eines Sekretärs des Infanten Philipp in Italien, anvertaute. Nach dem Tode Campillos übertrug Philipp V. ihm dann das Kriegsministerium sowie das Marine-, Indien- und Finanzministerium. Der neue spanische Minister hatte die beste Erinnerung an Italien, wo Karl von Neapel ihm den Titel eines Marquis de la Ensenada verliehen hatte. Die Dankbarkeit gegen seinen Wohltäter sollte später der Anlaß zu einem der entscheidensten Schritte seines Lebens sein. Als geschickter Höfling wußte er sich auch nach dem Tode Philipps V. bald das Vertrauen des neuen Königspaares, vor allem aber das der Königin Barbara zu gewinnen, die ihn zu ihrem Sekretär ernannte. Da der Marquis großen Wert auf kostbare und prunkvolle Kleidung legte, entstanden bald Gerüchte über den Ursprung dieses Aufwandes, die zu Ohren des Monarchen kamen, überrascht befragte der König seinen Minister, doch dieser verstand es, mit einer galanten Redensart die Neugier seines Herrschers zu befriedigen: „Majestät", sagte er, „an der Livree des Dieners erkennt man die Größe seines Herrn." W á r Carvajal nicht so englisch gesinnt, wie seine Feinde gern behaupteten, so läßt sich von Ensenada sagen, daß er nicht gerade eine übertriebene Neigung für Frankreich hatte. Er kannte die Fehler dieser Nation recht gut, zog aber eine Annäherung an Frankreich der Freundschaft mit England vor — nicht aus Liebe zu allem Französischen, wohl aber aus Haß gegen alles Englische. Tatsächlich hatten alle seine Reformen und Regierungsmaßnahmen das Ziel, Spanien gegen Großbritannien zu rüsten, in dem Ensenada als guter Patriot den Urheber des spanischen Niederganges sah. Ballesteros, Spanien
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Die Hegemoniebestrebungen Englands waren nach seiner Ansicht weitaus gefährlicher für Spanien als selbst die Raubzüge Ludwigs XIV.; denn diese letzteren betrafen Staaten wie Flandern, die durch keine völkische oder ideelle Bindung an Spanien geknüpft waren, während die Seemacht des britischen Reiches die überseeischen Besitzungen bedrohte, jenes andere Spanien, das von iberischem Geist und Blut war. Außerdem zielten die englischen Bestrebungen auch noch auf den wirtschaftlichen Ruin Spaniens durch die Verhinderung friedlicher Beziehungen mit den überseeischen Besitzungen ab. Den besten Beweis für den Patriotismus Ensenadas und die Falschheit der von seinen Feinden verbreiteten Behauptungen, die ihn als einen von Frankreich gekauften Agenten bezeichneten, bilden wohl einige Sätze, die der englische Botschafter Keene in einem Bericht schrieb. Er habe, so erklärte er darin, den Minister sagen hören: „Wenn Ihr einmal sehen solltet, daß ich die französische Flagge dem spanischen Banner vorziehe, so setzt midi gefangen und hängt mich als den größten Übeltäter, den die Erde getragen hat." So ergeben sich durchaus logisch die verschiedenen Gesichtspunkte dieser beiden Minister. Beide waren sie ausgezeichnete Diener ihres Vaterlandes, und jeder Spanier soll sich ihre Namen merken als die hervorragender Patrioten, die alles daransetzten, Spanien zu fördern und seinen Ruhm zu erhöhen. Ensenada zeigte großes Interesse für die Aufrüstung des Heeres und der Marine. Er schuf verschiedene neue Regimenter, einige davon mit ausländischen Truppen, förderte die Pferdezucht und verstärkte die Artillerie. Weiterhin legte er Munitionsdepots in Barcelona, Mallorca und Cádiz, an der portugiesischen Grenze und in El Ferrol an. Jorge Juan sandte er nach London, damit er dort das Schiffsbauwesen studiere, und die Ingenieure Briant und Tourneil sowie den Akademiker Godin ließ er nach Spanien kommen. Seine Hauptbemühungen aber galten der Schaffung einer großen spanischen Flotte, und dieser Teil seiner Pläne erregte größte Unruhe im englischen Kabinett. Daneben bemühte er sich um die Instandhaltung der Straßen und Kanäle und berief die Bergwerksingenieure Bowles und Kes, die er aus seiner eigenen Tasche besoldete, nach Spanien. Schließlich führte er noch eine durchgreifende Reform der spanischen Staatsfinanzen durch, so daß man an Stelle der früheren 53 Millionen Dukaten jetzt 90 Millionen an Einkünften erzielte und Ferdinand VI. bei seinem Tode eine Reserve von 70 Millionen Dukaten hinterlassen konnte. Gleichzeitig begann Ensenada mit der Amortisierung der Staatsschuld und plante die Erhebung einer Rentensteuer. Spanien war inzwischen zu einer recht bedeutenden Seemacht geworden. Es verfügte über 49 Linienschiffe, 21 Fregatten und 27000 Mann
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ausgebildetes Personal. Der berühmte Ulloa hatte den Bau der großen Werft in Cartagena geleitet. Ensenada verdankt Spanien auch die Einrichtung der öffentlichen Kornspeicher. Die Industrie begann sich wieder etwas zu erholen, und vor allem die Seidenspinnereien erlebten einen außerordentlichen Aufschwung. Der Handel wurde gefördert, vor allem die Ausfuhr von Metallen gegen Entrichtung einer geringen Gebühr gestattet. Außerdem plante man den Bau des Kanals von Altkastilien und schuf die große Straße über den Guadarramarapaß. Anläßlich eines Vertrages, den Carvajal vorbereitet hatte und bei dessen Abschluß sich dann Ensenada auf sehr eigenartige Weise einmischen sollte, gerieten die beiden Minister aneinander. Der eigenwillige, schroffe und hochfahrende Carvajal, der „spanische Alkestes", wie ein französischer Historiker ihn nennt, hatte die Vorbesprechungen zu dem Madrider Vertrag von 1750 geführt, den Spanien mit Portugal abschließen und in dem die so viel umstrittene Frage der Kolonie Sacramento eine endgültige Lösung finden sollte. Portugal sollte hiernach dieses Gebiet an Spanien abtreten und zum Entgelt gewisse Ländereien im Innern Paraguays erhalten, in denen sich Missionsstationen der Jesuiten befanden. Carvajal hatte sich hierbei der Vermittlung der Königin bedient, um den portugiesischen Minister Pombai zum Abschluß des Vertrages zu bewegen. Eine Abtretung der Stadt Tuy an Portugal dagegen bestand nur in der Phantasie der Feinde Carvajals — das Madrider Kabinett hätte einen derartigen Vorschlag niemals gemacht. Es war die Absicht Carvajals, die La-Plata-Mündung zu befreien und zugunsten Spaniens die Portugiesen aus dieser Zone zu entfernen. Es wird auch behauptet, daß vor allem die Königin als geborene Portugiesin großes Interesse für diesen Plan gezeigt habe, doch auch diese Annahme ist irrig, denn gerade Portugal wollte ursprünglich nichts davon wissen, und Carvajal mußte, um sein Ideal zu verwirklichen, die Herrscherin bitten, ihren Landsmann, den portugiesischen Minister, umzustimmen. Bevor jedoch der Plan in die T a t umgesetzt werden konnte, starb Carvajal. Nun aber ereignete sich die etwas gewaltsame Einmischung Ensenadas. Bereits während der Verhandlungen schien ein Protest der Einwohner jener Gebiete, die Spanien abtreten wollte, eine Eingabe der Jesuiten und die Unstimmigkeiten, die sich bei der Festsetzung der Demarkationslinie ergaben, darauf hinzudeuten, daß Carvajal hier offenbar einen Irrtum begangen hatte. Aus reiner Vaterlandsliebe suchte Ensenada nun dem Übel zu steuern und fand dabei keinen anderen Weg, als den König von Neapel, den vermutlichen Thronerben, von dem Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen. W i r hatten schon oben auf die Freundschaft hingewiesen, die zwischen Ensenada und dem Infanten Karl bestand. Der jetzige Schritt des 26*
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Ministers aber bedeutete einen unverzeihlichen Vertrauensbruch, und die Folge davon war, daß der König von Neapel, den man so von den Einzelheiten eines noch gar nicht unterzeichneten Vertrags unterrichtet hatte, Protest einlegte. Die Absetzung Ensenadas war unvermeidlich, ließ jedoch noch eine Zeitlang auf sich warten. Im Jahre 1754 jedoch wurde der Minister nach Granada verbannt. Der Befehl des Königs wurde zur Nachtzeit überbracht, als Ensenada schlafend im Bett lag. Sofort erhob er sich von seinem Lager und sagte: „Wir wollen dem König gehorchen." Im Besitz Ensenadas befanden sich 40 kostbare Prunkgewänder, 180 Beinkleider, 1170 seidene Strümpfe, 40 Uhren, sowie Porzellan- und Gemäldesammlungen, die insgesamt einen Wert von über zehn Millionen darstellten. Die Absetzung des Ministers erregte allgemeine Bestürzung, sogar in den Reihen derer, von denen der Befehl ausgegangen war. In England dagegen war die Freude groß. Man brauchte keine Luchsaugen zu haben, um die geheimen Absichten des gestürzten Ministers zu erraten, und Keene, der englische Botschafter, war durchaus kein Tölpel. Zugleich mit Ensenada wurden sein Sekretär Augustin Pablo de Ordenana und der Abbé Don Facundo Mogrobejo, der Vertraute dieser beiden, verbannt. Schließlich erreichte Keene auch noch die Entfernung des königlichen Beichtvaters Pater Rävago, der sich durch seine Beziehungen zu den Jesuiten von Paraguay mißliebig gemacht hatte. D i e l e t z t e n J a h r e d e r R e g i e r u n g s z e i t F e r d i n a n d s VI. Die Intrigen gegen Ensenada hatten bereits beim Tode Carvajals begonnen und dann durch das Vorgehen des Marquis neue Nahrung gefunden. Der Botschafter Keene erreichte es dann, daß Richard Wall, der spanische Botschafter in London, der ein Ire in spanischen Diensten war, auf den Posten Ensenadas berufen wurde. Für die Ernennung Walls hatten sich außerdem der Herzog von Huéscar, ein Kammerherr des Königs, und der Graf von Valparayso eingesetzt. Nun glaubte England einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, um das ersehnte Bündnis zustande zu bringen. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig, und ebenso falsch war der Weg, den der französische Botschafter Duras seinerseits eingeschlagen hatte. Die europäischen Großmächte standen jetzt vor einem Krieg, der in der Geschichte später als der Siebenjährige Krieg bezeichnet werden sollte. Als die Gattin des französischen Botschafters die spanische Königin inständig bat, doch zugunsten ihres Landes vermitteln zu wollen, erwiderte diese: „Von solchen Dingen verstehen wir Frauen nichts." Die Königin, deren Hauptinteresse der Kunst und der Wohltätigkeit galt, bekümmerte sich vor allem um die Hebung der Kultur des spanischen Volkes und um den Bau des prächtigen Klosters de las Salesas Reales, wo sie einst begraben sein wollte.
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Im Jahre 1758 starb die Königin. Von dieser Zeit ab wurde der König von einer tiefen Schwermut heimgesucht und zog sich vollständig in sein Schloß von Villaviciosa de Odön zurück. Hier ließen sich täglich deutlichere Zeichen einer fortschreitenden Geisteskrankheit an ihm beobachten. In seinen letzten Tagen aß er kaum mehr und ernährte sich ausschließlich von Fleischbrühe. Er fand acht Tage lang keinen Schlaf, prügelte seine Dienerschaft und beging unzählige Verrücktheiten. Als es dann schließlich zu Tobsuditsanfällen kam, versuchte er sich mit einer Schere umzubringen und schrie laut um Gift. Nur selten noch stellten sidi lichte Momente ein. Er magerte endlich so ab, daß sein Körper dem Fieber keinen Widerstand mehr entgegensetzen konnte und er im Jahre 1759 starb. Es läßt sich nicht leugnen, daß, ganz abgesehen von den persönlichen Vorzügen und Mängeln des Königspaares, die Regierungszeit Ferdinands VI. eine gewisse Größe aufweist und einen reizvollen und erfreulichen Abschnitt der spanisdien Geschichte darstellt. Spanien hatte jetzt das Joch Frankreichs abgeschüttelt, das Philipp während des größten Teils seiner Regierungszeit hatte erdulden müssen, und war jetzt zwar nicht mehr allgemein gefürchtet wie in der Zeit der Habsburger, dagegen aber bewundert und geliebt, wenn diese Zuneigung auch von eigennützigen Interessen diktiert war. Die spanische Freundschaft bedeutete einen wertvollen Faktor in der Politik aller europäischen Großmächte, denn der Erfolg, so rechnete man, würde sich auf die Seite jenes Staates neigen, mit dem Spanien ein Freundschaftsbündnis einzugehen gewillt sein würde. Ein ausländischer Historiker nennt Ferdinand „den Klugen", obgleich er ihn andererseits als ebenso indolent und hypochondrisch wie seinen Vater bezeichnet. Der zweite spanische Bourbonenkönig war ein umsichtiger Herrscher, der über einen gesunden Menschenverstand verfügte. Seine Haltung war stets so aufrichtig, daß man gesagt hat, „sein größter Fehler sei gewesen, daß er nie sein Wort gebrochen habe". Er liebte seine Gattin zärtlich, sammelte Uhren, widmete sich mit Vorliebe der Jagd, bemühte sich mit Eifer um die Regierungsgeschäfte und war rechtschaffen und gerechtigkeitsliebend. Wenn seine Gegner auch behaupten, er habe eine recht mittelmäßige Intelligenz gezeigt, so muß man dagegen sagen, daß ein Mann, der es verstand, sich mit fleißigen und klugen Ministern zu umgeben, selbst größerer Geistesgaben nicht bedurfte. Am meisten aber ist die Standhaftigkeit Ferdinands hervorzuheben, mit der er das Angebot Frankreichs auf Rüdegabe des von ihm zurückeroberten Menorca und die Vorschläge Englands ablehnte, das mit der Rückgabe Gibraltars ein spanisches Freundschaftsbündnis erzwingen wollte. K a r l III. (1759—1788). Als Sohn Philipps V. und Elisabeth Farneses
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erbte Karl den spanischen Thron, der ihm jetzt von Rechts wegen zukam und den auch sein Bruder Ferdinand ihm in seinem Testament zugedacht hatte. Er kam aus Neapel, w o er sich durch seine geschickte und kluge Regierung die Zuneigung und Zufriedenheit seiner italienischen Untertanen in vollem Maße erworben hatte. In seinem früheren Königreich ließ er seinen dritten Sohn Ferdinand, den er zum König beider Sizilien hatte ausrufen lassen, und seinen hochbegabten Minister Tanucci zurück, der auch weiterhin seinen Einfluß auf den spanischen König geltend zu machen wußte. Die umfangreiche Korrespondenz zwischen Karl III. und Tanucci enthält zahlreiche Ratschläge des letzteren, die die spanische Politik bestimmend beeinflussen sollten. Karl III. war mit Maria Amalia, einer Tochter des Kurfürsten von Sachsen, vermählt. Die neue Königin war eine kluge Frau, die sich eines einfachen und bescheidenen Auftretens befleißigte. In Spanien gefiel es ihr nicht: sie war an ihre bezaubernde Residenz in Neapel gewöhnt und fand nun die neue Umgebung in Madrid kalt und düster. Das hinderte sie jedoch nicht, ständig um das W o h l und die Zukunft ihres neuen Reiches besorgt zu sein und ihrem Gatten mit klugen Ratschlägen hinsichtlich der inneren und äußeren Politik zur Seite zu stehen. Bis zur Ankunft des neuen Königspaares war Elisabeth Farnese mit der Regentschaft beauftragt gewesen. Amalia spricht in ihren Briefen an Tanucci mit einer gewissen Verachtung von ihrer Schwiegermutter und behauptet, alles, was man über ihre Begabung gesagt habe, treffe nicht zu — an Elisabeth sei alles Aufmachung und Äußerlichkeit, und es stecke nichts dahinter. Dieses Urteil war etwas ungerecht — man muß bedenken, daß die sächsische Prinzessin die Königinmutter nur in der Zeit ihres Alters und Verfalls gekannt hat und offenbar ganz vergaß, daß ihr Gemahl das Königreich Neapel nur den Bemühungen Elisabeths zu verdanken hatte. Eine der erfreulichsten Taten aus dem Beginn der Regierungszeit Karls III. war die Aufhebung des Verbannungsurteils über den Marquis de la Ensenada, die eine wohlverdiente Rechtfertigung für diesen ausgezeichneten Staatsmann bedeutete. Noch nicht ein Jahr nach ihrer Ankunft in Spanien starb Königin Maria Amalia, die durch ihren politischen Scharfblick den Herrscher bestimmt hatte, die bewaffnete Neutralität seines Vorgängers beizubehalten. Ihr T o d sollte vor allem in dieser Hinsicht unheilvolle Folgen für Spanien haben. D e r F a m i l i e n p a k t . Mit der Regierung des Hauses Bourbon war ein vollständiger Wandel gegenüber der traditionellen Politik der Habsburger eingetreten. Auf die feindliche Einstellung gegen Frankreich folgte nun französische Bündnispolitik, wie sie Kastilien bereits im Mittelalter
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schon einmal betrieben hatte. Will man behaupten, daß die antifranzösische Politik Spanien ruiniert hat, so muß man doch zugeben, daß wenigstens der nationale Ruf dabei gewahrt 'blieb. Das Bündnis mit dem Nachbarreich dagegen sollte neben dem finanziellen Zusammenbruch auch noch eine weitgehende Verletzung der nationalen Ehre mit sich bringen. Nach den ersten Familienpakten vom Eskorial und Fontainebleaiu und den gescheiterten Versuchen von Duras und Keene, die schließlich so weit führten, daß Pitt sich dazu entschloß, die Rüdegabe Gibraltars anzubieten, bestieg Karl III. den spanischen Thron. Nun begannen die Verhandlungen des Botschafters Ossun in Neapel, Barcelona und Madrid. Königin Amalia und Tanucci, die mehr für ein gutes Einvernehmen mit England waren, da sie andernfalls eine ernstliche Bedrohung der spanischen Besitzungen in Amerika durch England voraussahen, versuchten einen günstigen Abschluß dieser erwähnten Verhandlungen zu vereiteln. Verschiedene neu auftauchende Umstände jedoch führten zu einer Beschleunigung des spanischen Abkommens mit Frankreich. Es gab mehr als einen Grund für eine ernstliche Verstimmung Spaniens gegen England: die Engländer hatten Niederlassungen im Gebiet von Rio Tinto gegründet, sie unternahmen immer neue Angriffe auf spanische Besitzungen und versuchten immer wieder, ihre Waren hier einzuschmuggeln; sie verboten den Spaniern die Ausübung der Fischerei auf den Bänken von Neufundland und setzten sich in Honduras fest. Wie eine offene Wunde im Fleische Spaniens aber brannte immer noch der Gedanke an das unrechtmäßig zurückgehaltene Gibraltar. Zu all diesen Gründen kam noch ein anderer, ausschlaggebender, der die Person des Monarchen selbst betraf. Karl konnte die Demütigung nicht vergessen, die die Engländer ihm zugefügt hatten, als sie ihn seinerzeit in Neapel zur Neutralität zwangen. Nach dem Tode Maria Amalias, die ihren Gemahl immer noch davon zurückgehalten hatte, seinen Rachegefühlen nachzugeben, stand die Entscheidung für Karl III. fest. Der Abschluß des Familienpaktes bildet eine Episode des Siebenjährigen Krieges, in dem England und Preußen gegen Österreich, Rußland und Frankreich kämpften. Bis dahin hatte Spanien sich neutral verhalten, schließlich aber gab das Kabinett Karls III. den ständigen Bemühungen von französischer Seite nach und zeigte sich zur Abschließung eines Vertrages bereit. Karl, der die Entwicklung der internationalen Politik aufmerksam verfolgte, entsandte Grimaldi in den Haag, damit er dort die Haltung Pitts genau beobachten konnte. Nun begann eine Art Zweikampf zwischen Pitt und Choiseul, die sich beide um die Freundschaft Spaniens bewarben. Auf Befehl seines Königs ging Grimaldi nach Paris und erhielt dort im
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Jahre 1761 die Vollmacht, in Verhandlungen einzutreten, während Ludwig XV. Choiseul mit den gleichen Vollmachten ausstattete. Der spanische Botschafter Fuentes verstand es inzwischen, sich mit großer Geschicklichkeit vor Pitt in London zu behaupten. Spanien äußerte den Wunsch, daß seine Ansprüche bei dem allgemeinen Friedensschluß von Augsburg mit berücksichtigt würden. Die Verhandlungen nahmen einen günstigen Fortgang, und Frankreich versprach, die Forderungen Spaniens zu vertreten; Pitt dagegen erklärte sich außerstande, unter diesen Bedingungen zu verhandeln. Auf diese Einstellung des englischen Ministers hin kam es zu einem beschleunigten Abschluß des Vertrages zwischen Spanien und Frankreich, der am 15. August 1761 unterzeichnet wurde. Tanucci brachte bei dieser Gelegenheit sein Mißtrauen gegen die Franzosen zum Ausdruck, und die Entwicklung der Dinge sollte ihm darin auch recht geben, denn Frankreich hielt sich nicht an die Abmachungen und veröffentlichte den Vertrag. Spanien suchte nun seine Kriegserklärung so lange wie möglich hinauszuschieben, um der spanischen Flotte Gelegenheit zur Rückkehr aus Amerika zu geben. Man hatte zwei Verträge abgeschlossen, und zwar einen Bündnisvertrag und eine Geheimkonvention hinsichtlich der schwebenden Fragen, die England betrafen. Dieses letztere Dokument wurde dann auf den 4. Februar 1762 nachdatiert, um so den Anschein zu erwecken, als sei der Abschluß des Geheimabkommens erst infolge der neuerlichen Haltung Englands zustande gekommen. Die Hauptpunkte dieses Abkommens aber, das einen gegenseitigen Beistandspakt bei Angriff und Verteidigung darstellte, waren folgende: Spanien sollte England den Krieg erklären und Frankreich dafür die spanischen Ansprüche bezüglich der Neufundland-, fischerei und der Gebiete von Honduras unterstützen. Der Krieg sollte gemeinsam geführt und auch der Frieden nur gemeinsam geschlossen werden. Die Fragen der gegenseitigen Entschädigung sollten dann bei Beilegung der Feindseligkeiten geregelt werden. Außerdem wurden noch gewisse Gebietsabtretungen vereinbart: Spanien überließ Frankreich die Kleinen Antillen, nämlich Dominica, St. Vincent, Santa Lucia und Tobago, während Frankreich die Insel Menorca an Spanien zurückgab. Auf dem Gebiet des Handels wollten Spanien und Frankreich sich mit Geweben und Eisenwaren versorgen. Bei seinen Verhandlungen mit dem Marquis von Grimaldi stellte Choiseul zwar nicht den erfinderischen Kopf, wohl aber dafür die tätige Hand dar. Die engste Verbindung zwischen den beiden Zweigen der Familie Bourbon war nunmehr besiegelt. Derjenige, der sich gegen einen der beiden wandte, mußte damit rechnen, daß auch der andere sich getroffen fühlen würde. Im Falle eines feindlichen Angriffs sollte Frankreich 2 4 0 0 0 Mann
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Hilfstruppen für Spanien stellen, während Spanien bei einem Angriff gegen Frankreich 12 000 Mann zu stellen hatte. Jede der beiden Nationen verpflichtete sich außerdem zur Ausrüstung von 11 Kriegsschiffen. Bald nach Abschluß des Paktes traten ihm auch noch der Prinzregent von Neapel und der Herzog von Parma bei. Soweit der Vertrag sich gegen England richtete, konnte man dazu nodi auf die Mitwirkung der Häuser Braganza und Savoyen rechnen. Diese sogenannte „Familienunion" oder „Lateinische Union" erhielt nach dem späteren Beitritt Österreichs die Bezeichnung „Katholische Union", wenngleich man sie wohl ironisch „Antiklerikale Union" hätte nennen können, da Frankreich und Spanien kurz darauf zur Ausweisung der Jesuiten schreiten sollten. Der Pakt war, wie man in Frankreich sagt, keineswegs eine „affaire de cœur" für das Nachbarvolk, sondern ein sich aus dem Zwang der Verhältnisse ergebender Schritt — für Spanien aber war er ganz einfach ein schlechtes Geschäft, und bald sollte man hier auch die unmittelbaren Folgen zu spüren bekommen. Die Franzosen führten die Pläne Ludwigs XV. aus und erzielten dabei erhebliche Vorteile; Spanien dagegen, das einem Angreifer ein weit größeres Ziel bot, hatte sich Hals über Kopf in einen Krieg gestürzt, auf den es nicht genügend vorbereitet war. Mit einem Wort: man hatte sich in seiner Einfalt dazu bringen lassen, für Frankreich die Kastanien aus dem Feuer zu holen. D i e K r i e g e g e g e n E n g l a n d . Pitt wollte Spanien sofort den Krieg erklären, wurde jedoch durch seinen Sturz daran gehindert, so daß erst sein Nachfolger diesen Entschluß ausführen konnte. Lord Bristol, der englische Botschafter in Madrid, verlangte seine Papiere, und kurz danach schon erklärte Großbritannien Spanien den Krieg, worauf Spanien mit einer gleichlautenden Erklärung antwortete. Damit waren die Feindseligkeiten eröffnet, und beide Völker rüsteten sich zum Kampf. Der Augenblick des Kriegsbeginns war für Spanien denkbar ungünstig, da England, das den preußischen König Friedrich den Großen auf dem Kontinent unterstützt hatte, gerade jetzt überflüssige Truppen von hier zurückziehen konnte. Der Grund hierfür lag in dem Tod der Kaiserin von Rußland und dem Umstand, daß ihr Sohn und Nachfolger mit Preußen sympathisierte und keinesfalls geneigt war, sich Frankreich und Österreich anzuschließen. Zunächst sandte Spanien eine dringende Aufforderung an Portugal, sich dem Block gegen England anzuschließen. Der König von Portugal aber erwiderte voller Würde, England sei für ihn eine befreundete Nation, die ihm keinerlei Unbill zugefügt habe. Er bedauere daher, den Wünschen seines Verwandten, des Königs von Spanien, nicht nachkommen zu können. Gewisse Vorfälle, die sich daraufhin ereigneten, führten zum Bruch, und
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schon marschierten spanisdie Truppen in portugiesisches Gebiet ein. Der Befehlshaber der französischen und spanischen Streitkräfte war der Marquis von Sarriá, der später durch den Grafen von Aranda ersetzt wurde. Dieser letztere konnte sich der Stadt Akneida bemächtigen. Der portugiesische Premierminister Pombai berief nun aus Deutschland den Grafen von Lippe, der die Aufrüstung des portugiesischen Heeres übernahm und die feindlichen Truppen in den Provinzen Alemtejo und Beira aufhalten konnte. Ungünstiger noch verlief der Krieg in Amerika. Die von Pocok und Albermale befehligten englischen Truppen besetzten die Stadt La Habana. „Ich werde wohl nicht das Glück haben, die Engländer hier zu sehen!" hatte Juan de Prado, der Gouverneur der Stadt, vorher in blinder Überheblichkeit geäußert; — als es jedoch Ernst wurde, leistete er kaum Widerstand, während der ehrgeizige Befehlshaber der Besatzung des Castillo del Morro mit heldenhaftem Einsatz die Verteidigung leitete. Admiral Cornix und Brigadegeneral Draper hatten sich inzwischen trotz aller Bemühungen des Erzbischofs Don Manuel Rojo der Stadt Manila bemächtigen können. Sie wollten nun die Philippinen in ihre Gewalt bringen; der Oberrichter Simón de Anda jedoch ließ die Eingeborenen bewaffnen und machte den Engländern ein weiteres Vordringen unmöglich. Die Verluste, die Spanien hier erlitten hatte, wurden etwas ausgeglichen durch die Eroberung der Kolonie Sacramento, die der Statthalter von Buenos Aires, Don Pedro Geballos, durchführte. Als dann beide Parteien des Kriegführens müde waren, schritt man zu Verhandlungen. Grimaldi, Choiseul und Bedford kamen in Paris zusammen und unterzeichneten dort den Friedensvertrag, der dem Siebenjährigen Krieg ein Ende machte (1763). Im Pariser Frieden erlebte nun Spanien die bitteren Folgen des Familienpaktes und der unglückseligen Idee, sich in einen Krieg zu stürzen, auf den es nicht vonbereitet gewesen war. Preußen stieg aus diesem Krieg wie ein Phönix aus der Asche empor; Österreich erreichte nicht alles, was es sich vorgenommen hatte, und Frankreich, das die schwerste Niederlage auf dem europäischen Kontinent hatte einstecken müssen, war jetzt gezwungen, die Auflösung seines Kolonialreiches in Hindostán zu unterzeichnen und Kanada seinem unversöhnlichen Feind England abzutreten. Im Verhältnis zu der Gewagtheit des Unternehmens war das Ergebnis für Spanien noch recht günstig. Die verlorengegangenen Städte La Habana und Manila erhielt es zurück, mußte allerdings, und zwar auf Veranlassung seines Bundesgenossen Frankreich, wichtige amerikanische Gebiete, wie Florida und die im Osten und Südosten des Mississippi gelegenen Besitzungen mitsamt der Bucht von Pensacola, abtreten und auf
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die Neufundlandfischerei verzichten. England zerstörte die britischen Befestigungswerke in Honduras und erhielt die Genehmigung, Farbholz zu fällen. Die noch schwebenden Streitfragen über Prisenangelegenheiten sollten von den Gerichtshöfen der britisdien Admiralität geregelt werden. Die Kolonie Sacramento sowie seine übrigen Eroberungen an portugiesischem Besitz gab Spanien wieder an Portugal zurück. Die Insel Menorca wurde wieder einmal verhandelt, und zwar lieferte Frankreich sie diesmal an England aus. Grimaldi und Choiseul, die den Pakt unterzeichnet hatten, setzten auch unter den Friedensvertrag von Paris ihre Namen. Frankreich trat Louisiana an Spanien ab. Im Jahre 1778 wäre es dann beinahe in der Frage der Falklandinseln wieder zu einem Bruch mit England gekommen. England hatte unberechtigterweise den Hafen Egmont besetzt, und der kluge Bucarelli, der spanische Gouverneur von Buenos Aires, hatte daraufhin Truppen abgesandt und die Engländer aufgefordert, die Stadt wieder zu räumen. Die Engländer kamen der Aufforderung auch nach. Die Angelegenheit erregte in Spanien wie in England großes Aufsehen. Graf Aranda, O'Reilly, Gälvez und der König von Neapel waren für den Krieg, und Spanien war diesmal auch gut vorbereitet; im kritischen Augenblick jedoch brach Frankreich den Familienpakt und ließ seinen Bundesgenossen in Stich. Der Grund für dieses Verhalten war der Sturz Choiseuls, der durch Aiguillon, eine Kreatur der Du Barry, der neuen Geliebten des französischen Königs, ersetzt wurde. Der weichliche Ludwig XV. schrieb bei dieser Gelegenheit an Karl III: „Mein Minister wollte den Krieg, ich aber will ihn nicht." Der spanische König war empört über ein derartiges Benehmen, es blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als den Forderungen des englischen Kabinetts nachzugeben und Bucarelli abzusetzen. Bald aber bereitete sich ein neuer Krieg vor. Seit dem Pariser Frieden wurde Spanien in London durch Masserano und in Paris durch den Grafen von Aranda vertreten. Der letztere, ein Feind Grimaldis, war ein kluger und geschickter Offizier, der unbedingt für den Krieg gegen England eintrat. Als dann nach dem Tode Ludwigs XV. verdiente Männer wie Vergennes und Maurepas zu Ministem ernannt wurden, war damit die Möglichkeit zu Verhandlungen gegeben. Im Jahre 1764 waren in den englischen Kolonien in Nordamerika Unruhen ausgebrodien, die sich gegen das Mutterland richteten und sich seitdem ständig wiederholten. Europa und vor allem Frankreich verfolgte mit gespannter Aufmerksamkeit den Gang der Ereignisse. Die amerikanischen Abgeordneten Franklin und Arthur Lee besuchten Paris und hatten dort auch eine Unterredung mit dem spanischen Botschafter Aranda. Dieser wollte im Einvernehmen mit Vergennes und Maurepas einen Krieg heraufbeschwören und dachte zu-
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nächst an einen Angriff gegen Irland. Spanien unterstützte die aufständischen Amerikaner mit einer Million Pfund. Arthur Lee reiste daraufhin nach Spanien, doch kurz vor seiner Ankunft wurde Grimaldi gestürzt und Floridabianca zu seinem Nachfolger ernannt. Floridabianca aiber widerstrebte es, genau wie dem König, mit Rebellen gemeinsame Sache zu machen. Gardoqui, ein Bankier aus Bilbao, verschaffte dann doch den Amerikanern Geld, so daß sie sich auf dem Wege über La Habana und New Orleans mit Waffen und Munition versorgen konnten. Im Jahre 1777 kamen dann Vergennes und Franklin zu einer Einigung ohne Beteiligung Spaniens. Aranda, den dieses Verhalten mit Recht empörte, berichtete darüber nach Madrid. Nun sah es so aus, als müßte es zum Kriege kommen. Karl III. bot England seine Vermittlung an und verlangte dafür die Rückgabe Gibraltars, doch das englische Kabinett lehnte diesen Vorschlag ab. Audi das Anerbieten eines 25jährigen Waffenstillstandes wurde ausgeschlagen. Daraufhin veröffentlichte man in Spanien eine Denkschrift über die dieser Nation von England zugefügten Beleidigungen, auf die von England aus der Historiker Gibbons antwortete. In Spanien war der Krieg nunmehr eine abgemachte Sache. Nach einer Erneuerung des Familienpaktes begannen die Feindseligkeiten mit einem mißglückten Landungsversuch spanischer und französischer Truppen in England. Die vereinigten Geschwader dieser beiden Nationen hätten England einen tödlichen Schlag versetzen können, wenn man den einmal gefaßten Plan mit Entschlossenheit durchgeführt hätte; — doch auch in diesem wie schon vorher in vielen Fällen wurde England wieder einmal durch die Verzögerungstaktik und die Ungeschicklichkeit seiner Feinde gerettet. Don Bernardo de Gálvez hatte unterdessen Florida zurückerobert und Don Matías de Gálvez die Engländer aus Honduras vertrieben. Das spanische Geschwader unter Antonio Barceló blockierte nun Gibraltar von der See her, während ein Heer unter der Führung des Generals Martin Alvarez Sotomayor von der anderen Seite her gegen die Stadt heranrückte. Die Niederlage, die dem spanischen Geschwader Juan de Lángaras durch die englische Flotte Rodneys zwischen Cádiz und dem Kap von Santa Maria zugefügt wurde, machte jedoch eine weitere Blockade Gibraltars unmöglich. Ein wenig wurde dieser Schlag, der Spanien 'betroffen hatte, durch die reiche Beute ausgeglichen, die Luis de Córdova machte, als er eine für Ostindien bestimmte englische Ladung kaperte. Noch einmal versuchte Spanien eine Blockierung Gibraltars, doch wieder wurde sie durchbrochen, und zwar durch den Admiral Darwy, der Gibraltar für lange Zeit mit Lebensmitteln und Munition versorgte. Das Jahr 1781 brachte sodann ein erfreuliches Ereignis: Menorca wurde durch die unter dem Befehl des tapferen französischen Herzogs von
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Crillon stehenden spanischen Truppen zurückerobert. Der Engländer Murray versuchte sich hartnäckig zu verteidigen, mußte aber schließlich doch kapitulieren. Nun entschloß Karl III. sich, die Blockade Gibraltars in eine Belagerung zu verwandeln und zog zu diesem Zweck die Truppen, die sich in Menorca so glänzend geschlagen hatten, hier zusammen. Crillon tat sein Möglichstes, doch auch Elliot, der Verteidiger der Stadt, war ein hervorragender Offizier und ließ sich nicht zum Nachgeben bewegen. D'Arzon, ein französischer Ingenieur, der als Meister seines Faches galt und den man eigens hergerufen hatte, empfahl die Anwendung der von ihm erfundenen „Schwimmenden Batterien". Die Erfindung erwies sich jedoch als ein Fehlschlag, denn die Batterien, die man für unverbrennlich gehalten hatte, wurden von der Stadt aus durch Feuerkugeln in Brand geschossen. Auch der Bruder Ludwigs XVI., der Graf von Artois, der viele Jahre später als Karl X. den französischen Thron besteigen sollte, hatte an der Belagerung teilgenommen. Luis de Cördova hatte kurz darauf das Glück, das englische Geschwader Lord Howes zu schlagen, die vorherige Verproviantierung Gibraltars hatte er jedoch leider nicht verhindern können. Wenn Spanien schon alle seine Kräfte einsetzte, um diesen vielumstrittenen Felsen zurückzuerobern, so muß man anerkennen, daß England mit nicht weniger Hartnäckigkeit bemüht war, ihn zu halten. Nun begannen die Verhandlungen zwischen Aranda, Vergennes und Rayneval, die zum Abschluß des Vertrages von Versailles führten (1783). Aranda hatte sich anfangs geweigert, denVertrag zu unterschreiben, schließlich jedoch mußte er nachgeben. Durch den Versailler Vertrag gewann Spanien Menorca und die beiden Provinzen von Florida, während es dafür die Bahamas und die Insel Providencia zurückgeben mußte. Die England früher erteilte Genehmigung zum Schlagen des Farbholzes in Amerika wurde beschränkt und Honduras vollständig von den Engländern geräumt. So bedeutete alles in allem der Vertrag einen Triumph Spaniens. Daneben ist noch zu bedenken, daß, ganz abgesehen von den aus Spanien gelieferten Waffen und Geldmitteln, die Unabhängigkeitsbestrebungen der Vereinigten Staaten vor allem auch durch die Haltung Spaniens außerordentlich gefördert wurden, da die ständige Drohung einer Truppenlandung in England Land- und Seestreitkräfte Großbritanniens, die für den Kampf gegen die amerikanischen Rebellen bestimmt waren, in Europa zurückhielt. A n d e r e K r i e g e . Bis zum Jahre 1774 hatte Spanien mit Sidi Muhammed Ibn Abdallah, dem Sultan von Marokko, die freundschaftlichsten Beziehungen unterhalten. Hammed el Gasel war als Gesandter des Marok-
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kaners nach Spanien gekommen, und Jorge Juan hatte sich mit einer Botschaft des Königs von Spanien an den Hof des Sultans begeben. In dem erwähnten Jahr jedoch faßte der Sultan den Plan, mit Waffengewalt die Spanier aus Melilla und Ceuta zu vertreiben. Die Marokkaner belagerten zunächst das von Skarlodi verteidigte Melilla, konnten die Stadt aber nicht einnehmen. Auch der Felsen von Alhucemas war das Ziel vergeblicher Angriffe von marokkanischer Seite. Der Krieg verlief, wie zu erwarten war, günstig für Spanien. Anders dagegen stand es mit der Expedition nach Algier, die O'Reilly im folgenden Jahr unternahm und bei der Spanien mehr als 2000 Mann einbüßte. Die Folge dieses Unglücks war der Sturz Grimaldis. Auf eine im Jahre 1783 von Juan Mazarredo geleitete Bombardierung Algiers hin wurde der Friede zwischen Spanien und dem Sultan geschlossen. 1776 ergaben sich neue Feindseligkeiten mit Portugal wegen der Kolonie Sacramento. Der Vizeadmiral Pedro Ceballos bemächtigte sich der Insel Santa Catalina und eroberte Sacramento. Als es dann im Jahre 1777 zum Friedensschluß von San Ildefonso, dem sogenannten Eskorial-Frieden, kam, behielt Spanien die vielumstrittene Kolonie und gab die Insel Catalina wieder an Portugal zurück. D e r A u f s t a n d g e g e n S q u i l a c e . In jenen Jahren standen an der Spitze der spanischen Regierung zwei italienische Minister, die vollkommen entgegengesetzte Richtungen vertraten: Don Leopoldo de Gregorio, Marquis von Squilace, und Don Geroniimo de Grimaldi. Der erstere war ein Mann von einfacher Herkunft, der sparsam wirtschaftete und ein unermüdlicher Arbeiter war; Grimaldi dagegen entstammte einem vornehmen Geschlecht, bewegte sich gern in großer Gesellschaft und hielt auf einen gewissen Luxus. Seine Neigung für Frankreich, die sein Kollege keineswegs teilte, war allgemein bekannt. Beide waren sie Italiener und aus Neapel zusammen mit Karl III. nach Spanien gekommen. Squilace verwaltete hier das Finanz- und das Kriegsministerium, während Grimaldi, der vorher den Botschafterposten in Paris bekleidet hatte, für den ausscheidenden Iren Richard Wall das Innenministerium übernahm. Das Madrider Volk haßte Squilace und sah in ihm den Urheber aller der neueingeführten Maßnahmen, unter denen es zu leiden hatte. Zu dieser allgemeinen Stimmung gegen den Minister kam noch der schlechte Ruf Dona Pastoras, der Gattin des Italieners, die, wie die bösen Zungen berichteten, ungeheure Reichtümer zusammenraffte, die ihr aus den Geschäften ihres Mannes zuflössen. Squilace hatte den Verkauf von Brot und ö l zum Staatsmonopol gemacht. Die aus dieser Maßnahme folgende Preissteigerung der lebenswichtigen Produkte trug das ihre dazu bei, die Volksempörung
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gegen den Minister zu steigern. Der Tropfen jedoch, der das Faß zum überlaufen brachte, war ein Erlai^ Squilaces, in dem er das Tragen der damals in Madrid allgemein üblichen breitkrempigen Hüte und langen Mäntel verbot und diese Tracht durch den kurzen Umhang und den Dreispitz zu ersetzen befahl. Die Verordnung des Ministers wurde auf öffentlichen Anschlägen bekanntgegeben, die das wütende Volk herunterriß. Als dann am Palmsonntag, dem 23. März 1766, zwei verhüllte Gestalten auf dem Anton-Martin-Platz an der Invalidenkaserne vorübergingen, wandte sich ein Soldat an einen dieser Fremden, die breitkrempige weiße Hüte trugen, und rief ihm zu: „Landsmann, warum gehorcht ihr nicht den Befehlen der Obrigkeit und tragt keinen Dreispitz?" Der Angeredete erwiderte mit einer groben Bemerkung, worauf der Soldat ihn festzunehmen versuchte. Der Vermummte griff zum Degen, ein Pfiff erscholl, und plötzlich erschien noch eine ganze Anzahl weiterer verhüllter Gestalten auf dem Platz. Der wachthabende Offizier befahl seinen Truppen, sich zurückzuziehen, und nun stürmte das Volk mit den Rufen: „Es lebe der König! Es lebe Spanien! Nieder mit Squilace!" die Atodia-Straße hinunter. Auf der Plaza Mayor schlössen sich immer mehr dem Zuge an, der sich dann über die Toledo-Straße zur Plazuela de la Cebada bewegte. Als sie vor dem Schlosse angelangt waren, erschien der Kommandant des Gardekorps, Graf von Arcos, der die Menge zu beruhigen suchte und ihr im Namen des Königs versprach, daß ihre Forderungen bewilligt werden würden. Die Masse zog daraufhin in die Calle de las Infantas vor das sogenannte „Haus der sieben Schornsteine", das Squilace bewohnte. Zu seinem Glück war der Minister nicht anwesend, so daß die Menge sich damit begnügen mußte, den Hausrat zu verbrennen, um dann in die benachbarte Calle de San Miguel, in der Grimaldi wohnte, weiterzuziehen. Hier schlug man die Fensterscheiben des Ministerhauses ein. Am folgenden Tage nahm der Aufstand beunruhigende Formen an. Das Volk tötete einige Soldaten der verhaßten wallonischen Garde. Bei einem Ministerrat im Schlosse stimmten einige für scharfe Maßnahmen, andere für Milde. Der König entschloß sich zum Nachgeben. Ein Mann namens Pater Guenca überbrachte dem König die Vorschläge der Aufständischen. Karl III. trat auf einen Balkon hinaus, hörte die Punkte an, die Pater Cuenca ihm verlas, und neigte den Kopf zum Zeichen des Einverständnisses. Auch die Vorschläge, die ein Lohnkutscher in roter Joppe und weißem Hut vorzubringen hatte, hörte der König sich an. Voller Freude feierte das Volk bereits seinen Triumph; am folgenden Tag, dem 25. März, erfuhr Madrid jedoch, daß der König sich heimlich in Begleitung Squilaces von Madrid fort und nach Aranjuez begeben habe. Wieder kam es zu Straßenkrawallen, bei denen diesmal die städtischen Laternen
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umgerissen wurden. Unter Führung Diego Abendaños aus El Toboso erschien eine Abordnung des Volkes vor dem König in Aranjuez und kehrte von dort mit dem Versprechen zurück, daß alles, was das Volk wünschte, gewährt sein solle. Squilace mußte sich unter Bewachung nach Cartagena begeben, wo er sich nach Italien einschiffte. Dieser Aufstand gegen den italienischen Minister war durchaus nicht das Werk einer plötzlichen Erregung, sondern war von langer Hand vorbereitet gewesen. In jenen Tagen floß der Wein reichlich in den Schenken von Madrid und wurde von unbekannter Seite bezahlt. Viele der Aufrührer trugen unter ihrer einfachen und sogar zerlumpten Kleidung feine Hemden aus holländischem Linnen und Seidenstrümpfe unter dem Mantel. Wer waren die geistigen Urheber des Aufstandes? Das ist eine Frage, die bis heute noch in Dunkel gehüllt ist. Man beschuldigte die Jesuiten, und insbesondere den Pater Isidoro López, der die Stellung eines Prokurators des Ordens in der Provinz Kastilien innehatte, und den Pater Miguel Gándara, einen etwas überspannten Jesuiten. Audi den Advokaten Lorenzo Hermoso, den Marquis von Valdeflores und sogar Ensenada, der ein großer Freund der Jesuiten war, brachte man mit den Ereignissen in Zusammenhang. Der letztere wurde bei dieser Gelegenheit nach Medina del Campo verbannt, wo er bald darauf starb. Nada dem Aufstand fand ein Ministerwechsel statt. Den Präsidentenposten beim Rat von Kastilien erhielt jetzt der Graf von Aranda an Stelle des Bischofs von Cartagena Don Diego de Rojas y Contreras. Gesinnungsgenossen des neuen Präsidenten waren die Fiskale des Rates Don José Moñino und Don Pedro Rodríguez Campomanes. D i e A u s w e i s u n g d e r J e s u i t e n . In allen romanischen Ländern Europas kam es in dieser Zeit zur Ausweisung des Jesuitenordens; in Spanien waren jedoch außer den Gründen, die in den anderen Ländern diesen Schritt verursachten, noch andere Erwägungen maßgebend, die sich aus der besonderen während der Regierungszeit Karls III. geschaffenen Lage erklären. Wir wollen die wichtigsten dieser Gründe nennen. Eine ganze Reihe geistiger Gruppen im Lande: die Jansenisten, die Aufklärer, die Parlamente, die Universitäten, die Cäsaristen und die Laienprofessoren hatten sich gegen den Jesuitenorden verschworen. Man warf ihm vor, die Unruhen in Uruguay verursacht zu haben, die noch zur Zeit Ferdinands VI. zur Entfernung des Paters Rávago geführt hatten. Wall, Grimaldi, Squilace und der berühmte Roda schlössen sich gegen die Jesuiten zusammen und sorgten für eine entsprechende Stimmung im Volke. Man glaubte, wie schon erwähnt, daß die Jesuiten in den Aufstand gegen Squilace verwickelt gewesen waren. Auf die Vorstellungen des Herzogs von Alba und des Grafen von Aranda hin gewann auch Karl III. die über-
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zeugung, daß der Orden danach strebte, die allgemeine Herrschaft an sich zu reißen. Ein entscheidender Schlag gegen die Jesuiten waren audi die Untersuchungen, die der Fiskal des Kastilienrates, Don Pedro Rodriguez Campomanes anstellen ließ, um die Urheber der Madrider Unruhen herauszufinden. Dazu wurde nun auch noch behauptet, daß die Jesuiten in Paraguay eine geradezu unumschränkte Herrsdiaft ausübten und bei der Einnahme von Manila gemeinsame Sache mit Draper gemacht hätten. Ausschlaggebend war dann schließlich ein angeblicher Brief des Ordensgenerals Pater Ricci, in dem behauptet wurde, Karl III. sei ein natürlicher Sohn Elisabeth Farneses und des Abbé Alberoni. Roda und Aranda hatten über ihren Plan ein so absolutes Stillschweigen zu wahren gewußt, daß am 1. April 1767 binnen weniger Stunden die Häuser, die die Jesuiten in Spanien und Amerika besaßen, plötzlich und für die Betroffenen völlig überraschend umstellt waren. Die Unglücklichen wurden zu den Häfen gebracht, wo sie die für diesen Zweck bereitliegenden Schiffe besteigen mußten, die sie in den Kirchenstaat bringen sollten. Für den Kulturstand Spaniens und seiner Besitzungen hatte die Ausweisung keine sehr günstigen Folgen, da der Jesuitenorden eine Unzahl von Lehranstalten in der Neuen Welt sowie einen großen Teil der Höheren Schulen im Mutterlande geleitet hatte. Unter den Verbannten befanden sich berühmte Gelehrte, wie z. B. der große Historiker und Kritiker Pater Masdeu, der Philologe Hervâs y Panduro, der Schriftsteller Pater Isla, Pau, Clavijera und Arteaga. Karl III. teilte dem Papst seinen Entschluß mit und erklärte, er schidte ihm die Jesuiten, damit sie von jetzt ab unter seiner „unmittelbaren, heiligen und weisen Leitung" ständen. Clemens XIII., den diese Maßnahme außerordentlich erschütterte, antwortete mit dem Sendbrief „Inter acerbissima". Auf Betreiben Rodas erwiderte der zu einer Sondersitzung zusammengetretene Rat mit einem Gutachten, in dem alle Klagen, die man gegen den Jesuitenorden vorzubringen hatte, aufgezählt waren. Man brachte darin den allgemeinen Haß gegen Melchor Cano zur Sprache, den Verdacht, den man gegen Arias Montano hegte, die Beschwerden gegen den strengen Mariana, man beklagte sich über das selbstherrliche Auftreten des Ordensgenerals Pater Acquaviva, über die von spanisdien Jesuiten verbreiteten Lehren des Probabilismus und Molinismus, über die Doktrin des Königsmordes, die sogenannten „malabarischen Riten", die Erhebung in Paraguay und die allgemeine Verfassung der Gesellschaft Jesu. Dem Inhalt dieses Gutachtens gemäß antwortete Karl III. dem Papst mit einigen höflichen Sätzen, — dieser jedoch weigerte sich energisch, die Jesuiten in seinen Staaten aufzunehmen, bis er schließlich angesichts der Entbehrungen, die sie auf der von Bürgerkriegen zerrissenen Insel Korsika zu erdulden Ballesteros, Spanien
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hatten, zehntausend Mitgliedern des Ordens in seinen Kirchenprovinzen in Bologna und Ferrara Aufnahme gewährte. Aus Frankreich waren die Jesuiten durch Choiseul und die Marquise von Pompadour ausgewiesen worden, aus Portugal durch den Marquis von Pombai; aus Neapel vertrieb sie der Marquis von Campoflorido und aus Parma der Herzog Ferdinand, der ein Schüler Condillacs und des Abbé Mably war und sich durch den französischen Abenteurer Tillot beeinflussen ließ. Der Heilige Stuhl erklärte, die Urheber dieser Ausweisungsdekrete hätten die in der Bulle „in coena domini" aufgestellten Forderungen verletzt. Als Gegenmaßnahme besetzten die Franzosen Avignon, die Neapolitaner Benevent, und in Spanien wurde das „regium exequátur" in Kraft gesetzt. Campomanes veröffentlichte seinen „Juicio Imparcial", während in Rom der Venezianer Rezzonico starb und als neuer Papst der Franziskaner Lorenzo Ganganelli gewählt wurde. Dieser, eine schwache, unentschlossene Natur, ließ sich von dem neuen spanischen Botschafter José Moñino, dem Fiskal des Kastilienrates, die Unterschrift unter das Auflösungsdekret des Jesuitenordens abzwingen, an dem auch Neapel und Frankreich sehr interessiert waren. „Das möge Gott Seiner Katholischen Majestät vergelten!" hatte der Papst gesagt, als er von der Ernennung Moñinos erfuhr. Der spanische Kirchenvertreter in Rom, der Aragonese Don José Nicolás de Azara, war wenig erbaut von der Ernennung Moñinos, nannte ihn einen Don Quijote und meinte, er würde bald scheitern, und all seine „murcianische Gelehrsamkeit" würde ihm nichts nützen. Azara sollte sich jedoch mit seinen Voraussagen geirrt haben und später selbst die großen Fähigkeiten dieses Mannes anerkennen. Don José Moñino y Redondo erreichte vom Papst die Aufhebung des Jesuitenordens (1773) und erhielt später in Anerkennung seiner Verdienste von Karl III. den Titel eines Grafen von Floridabianca. Großen Einfluß in der Sache der Jesuitenausiweisung hatte zweifellos auch Tanucci auf den spanischen König ausgeübt. Dieser Minister in Neapel war geradezu besessen von dem Gedanken, daß der Orden eine ernstliche Gefahr darstelle. Genau besehen, übertrieb man damals die Bedeutung der Gesellschaft Jesu ein wenig, — denn wenn auch ihre Autorität und ihr Ruf ganz außerordentlich waren, so hatte es doch schon Zeiten gegeben, in denen sie eine viel größere politische Macht ausgeübt hatte, ohne dadurch derartige Feindschaft zu erregen. Beleuchtet man die Angelegenheit von allen Seiten, so ergibt sich als wahrer Grund ein weltanschaulicher Haß, der vor allem von den Regalisten ausging, da diese genau wußten, daß die Gesellschaft Jesu stets die unterwürfig ergebene Tochter des Heiligen Stuhles war.
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D i e f o r t s c h r i t t l i c h e n M i n i s t e r . Spanien blieb nicht unberührt von den Strömungen der Zeit, und seine Staatsform wandelte sich, so daß man sie jetzt als aufgeklärten Despotismus bezeichnen konnte. Als Karl III. aus Neapel kam, hatte er den Kopf voller Reformpläne und wünschte, den Kulturstand seines Reiches dem der anderen europäischen Nationen anzupassen. Zu Beginn seiner Regierungszeit zog er die spanischen Minister weniger heran und gebrauchte daher auch nicht die Dienste Ensenadas und Macanaz\ Die mächtigsten Männer im Staate waren in jener Zeit, wie wir schon andeuteten, der Sizilianer Squilace und der Genuese Grimaldi. Beide stützten sich auf die sogenannte „Halskragen-Partei", eine entschlossene und einflußreiche Gruppe, die bedeutende Persönlichkeiten, darunter den weisen Campomanes und Monino zu den Ihren zählte. Der elegante, geistreiche und gewandte Marquis von Grimaldi hatte die Manieren und das Auftreten eines großen Herrn. Er hatte keinen Anteil an den ins Werk gesetzten Reformen; als er jedoch als Botschafter in Paris tätig war, zog er Spanien in das unheilvolle Bündnis mit Frankreich und in den Kampf gegen England. Squilace, der Emporkömmling aus Sizilien, war ein peinlich genauer und ordentlicher Mensch, der sehr viel redete, gewöhnliche Umgangsformen hatte, aber das volle Vertrauen Karls III. genoß, der alle Reformvorschläge seines begünstigten Ministers guthieß. Squilace verfügte den freien Verkauf des Brotgetreides, die Unterdrückung des Bettlerwesens und großzügige Sanierungsarbeiten in den Städten. Er griff die Privilegien der Kirche an und hatte dabei den Klerus, den vom Prinzen von Asturien geführten Hochadel und schließlich auch das Volk gegen sich. Als es dann" zum Aufstand gegen Squilace und zum Sturz dieses Ministers kam, wurde Aranda zum Präsidenten des Kastilienrates ernannt und damit auf den höchsten Regierungsposten berufen. Diese Ernennung bedeutete eine Weiterführung der eingeleiteten Reformen. Der Graf von Aranda, ein aragonesischer Edelmann und Schwager des Herzogs von Hijar, hatte bereits im Alter von 42 Jahren die Stellung eines Generalkapitäns, also den höchsten militärischen Rang in Spanien, inne. Er hatte in Italien und in dem kurzen Krieg gegen Portugal mitgekämpft und bekleidete zur Zeit seiner Ernennung den Posten eines Generalkapitäns von Valencia. Aranda war eine aufallende Erscheinung: braune Hautfarbe, dunkelbraune Haare, eine fleischige, gebogene Nase, an der immer Tabaksreste hingen, große graue Augen und ein zahnloser Mund bildeten die einzelnen Bestandteile einer ungewöhnlichen Häßlichkeit. Sein Charakter war eine seltsame Mischung von Vorzügen und Fehlern. Er war ungläubig, hatte aufklärerische Neigungen, war starrköpfig, ein kluger Epikuräer und unduldsamer Aristokrat, gallig, jähzornig, streitsüchtig, grillenhaft und 27*
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taktlos. Er war hochgebildet, dodi war keinerlei System in seinen Kenntnissen, so daß ein Zeitgenosse von ihm sagen konnte, er sei „ein tiefer Brunnen mit einer zu engen Öffnung". Da er großzügig, grob und freimütig zugleich war, liebte ihn das Volk, dessen Beschwerden er geduldig anzuhören pflegte. Mit einem W o r t : er war ein großer Verstand mit einem eisernen Willen. Karl III. pflegte von ihm zu sagen, er sei „starrköpfiger als ein aragonesischer Maulesel". In seinem Regierungsamt führte Aranda die Reformen seines Vorgängers weiter, vor allem sofern sie das Sozialwesen und die innere Verwaltung" betrafen. Daneben trat er als Beschützer der Schauspielkunst auf und führte die Karnevalsfeste ein. Sein schwieriger Charakter, sein schroffes Wesen und seine Redeweise, die durchaus nicht immer so war, wie es einem Untertanen geziemte, ließen ihn schließlidi in Ungnade fallen, die der König mit der Ernennung zum Gesandten in Paris bemäntelte. Als dann auch Grimaldi infolge der unglücklich verlaufenen Expedition nach Algier gestürzt war, vertraute Karl III. seine Regierung José Monino an, den er mit dem anläßlich der Rückeroberung Floridas geschaffenen Titel eines Grafen von Floridabianca auszeichnete. Monino, den wir bereits in Sachen der Auflösung des Jesuitenordens in Rom angetroffen haben, war der Sohn eines Notars in Murcia. Er gehörte der „Hakkragen-Partei" an und stand in entschiedenem Gegensatz zu der von Aranda geführten aragonesisdien Hofpartei, in der auch Roda und Azara vertreten waren. Monino hatte ein kühles, zurückhaltendes Temperament, einen klaren, methodischen Geist, einen ausgeglichenen, umsichtigen Charakter und ein würdevolles, beinahe feierliches Auftreten. Im Grunde seines Wesens war er herrschsüchtig bis zur Despotie. Er besaß die Geschicklichkeit, sich soweit des unbedingten Vertrauens seines Herrschers zu versichern, daß für Karl III. „ein Wort seines Ministers dem Evangelium gleichkam". Der schlaue, in allen Ränken erfahrene frühere Gesandte in Rom verdiente mit Recht den Beinamen „alter Fuchs", den seine Zeitgenossen ihm gaben. Auf dem Gebiet der Außenpolitik schlug Floridabianca einen unabhängigen Kurs ein. Er benutzte den Aufstand in den nordamerikanischen Kolonien Englands, um Menorca und Florida zurückzuerobern. Er wünschte nicht, daß sein Land weiterhin das Sklavenjoch Frankreichs tragen sollte, und knüpfte dagegen ein Freundschaftsbündnis mit Portugal an, schloß einen Handelsvertrag mit England und verstand es, die Berberpiraten in Schranken zu halten. Er war ein Vertreter des Wirtschaftszentralismus; in der „Junta de Estado" schuf er eine Art Ministerkabinett. Seinen Regierungsposten behielt er bis zum Tode Karls III. inne. Bei dem weiteren Ausbau der inneren Reformen hatte Floridabianca den größten aller spanischen Finanz- und Wirtschaftspolitiker, Campomanes,
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als Mitarbeiter. Persönlich schätzte der Minister diesen Mann keineswegs, doch erkannte er die unstreitbaren Verdienste des großen Asturiers an, so daß für diesen jetzt die Zeit seiner einflußreichsten Wirksamkeit gekommen war. Don Pedro Rodríguez, Graf von Campomanes, war ein hochgebildeter Historiker, Rechtsgelehrter und Wirtschaftler, dessen lauterer Charakter, großzügige Denkweise und überragende Intelligenz ihm die Achtung aller seiner Zeitgenossen sicherten. Zu diesen hervorragenden Eigenschaften gesellte sich ein leidenschaftlicher Haß gegen die Jesuiten und ein gewisses Sektierertum. Seine Verdienste brachten ihm die Stellung eines Präsidenten im Kastilienrat ein. Fast alle zu jener Zeit veröffentlichten Erlasse über die Reform des Unterrichts tragen die Unterschrift des Campomanes. Er begann mit der Zentralisierung und Verweltlichung des Schulwesens, die den Kampf gegen alle „scholastische" Philosophie und das Eindringen der gallikanischen und jansenistischen Literatur auf den spanischen Universitäten mit sich brachte. Eine der berühmtesten Reformen jener Zeit betraf die innere Kolonisation. Der bayrische Baron Johann Kaspar von Thürriegel hatte der spanischen Regierung das Angebot gemacht, etwa 6000 katholische Deutsche und Flamen nach Spanien zu bringen, die zur Kolonisierung der Sierra Morena und der unbebauten Gebiete Andalusiens angesetzt werden sollten. Es handelte sich um die Urbarmachung von Heide und Ödland. Der Gedanke wurde dann durch den peruanischen Advokaten Pablo de Olavide ausgeführt, der die Kolonien La Carolina, La Carlota und Luisiana mit einer ganzen Reihe von angeschlossenen Dörfern und Ortschaften begründete. Wer war Pablo de Olavide? Ein junger Spanisch-Amerikaner, eine der ersten politischen Früchte jener Generationen von Criollos, die nun eine gewisse geistige Reife erlangt hatten. Diese Söhne Spaniens begannen nun den Beweis anzutreten, daß das Mutterland dem amerikanischen Kontinent in verschwenderischer Fülle die Mittel zur geistigen Entwicklung geboten hatte, die jene aufgeweckten Köpfe von jenseits des Ozeans sich zunutze zu machen wußten. Olavide war in Lima geboren und bekleidete bereits mit 20 Jahren eine Beamtenstellung in der Audiencia. Kurz darauf aber wurde er der Unterschlagung beschuldigt und nach Spanien gebracht. In Madrid wurde er gefangengesetzt und zur Zahlung großer Summen gezwungen, da man ihn anklagte, anläßlich des Erdbebens von Lima Plünderungen vorgenommen zu haben. Als er dann finanziell ruiniert, krank und verzweifelt aus dem Gefängnis entlassen wurde, bat er um die Erlaubnis, sich in Leganés niederlassen zu dürfen. Hier aber bot sich ihm die unverhoffte Rettung. Doña Isabel de los Ríos, eine reiche Frau und Witwe zweier schwerbegüterter Männer, verliebte sich in Olavide. Er heiratete sie, und damit hatte sein Leben eine entscheidende Wendung genommen. Eine
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Reise nach Frankreich brachte ihm eine vollständige geistige Umwandlung. Nach seiner Rüdekehr nach Spanien trat Olavide in enge Verbindung mit Aranda und unterstützte diesen in seinem Haß gegen die Jesuiten. Aranda machte ihn zum Direktor der Armenhäuser von Madrid und San Fernando. Später wurde Olavide Intendant des Heeres, und schließlich erwählte man ihn zum Oberaufseher über die neugegründeten Ortschaften. Pedro Rodríguez Campomanes übernahm die Aufsicht über das Unterrichtswesen, und Olavide, der außerdem noch einen Posten in Sevilla erhielt, ging nach Andalusien, um die Kolonisierungsarbeiten zu überwachen. Abgesehen von den schon erwähnten deutschen und flämischen Einwandern hatte Alfonso de Alburquerque noch die Erlaubnis erhalten, 140 griechische Familien nach Spanien zu bringen, und Joseph Iauck hatte eine gleiche Genehmigung für 100 Schweizer Familien bekommen. Gleichzeitig aber begann auch ein Feldzug gegen die Kolonisation. Man sprach von falschen Informationen, degenerierten, hinkenden und einarmigen Einwanderern, die den Auswurf eines Volkes darstellten, vom schlechten Zustand der neugegründeten Ortschaften, geradezu unglaublichen gesundheitlichen Verhältnissen und Kämpfen zwischen den Siedlern. Es mochte wohl etwas Wahres daran sein; gegenüber diesem düsteren Bild jedoch schilderten Olavide und seine Leute ein wahrhaft paradiesisches Wohlleben und eine vollkommene Kolonisation, die sich alle Errungenschaften der Zeit — die zum großen Teil nur aiuf dem Papier existierten — zunutze gemacht hatte. Beide, die Anhänger wie die Gegner des Kolonisationsgedankens, entwerfen ein falsches Bild von den wirklichen Verhältnissen. Die Kolonien waren bestimmt nicht jenes Wunderwerk, von dem die begeisterten Verteidiger dieser Arbeiten sprachen; denn es wäre nur durch Zauberei möglich gewesen, plötzlich dort, wo verödetes Land gewesen war, blühende Städte und Ortschaften aus dem Boden schießen zu lassen. Andererseits handelte es sich aber auch keinesfalls um einen vollkommen sinnlosen und geldraubenden Plan, selbst wenn ansehnliche Summen, die für die Reformarbeiten bestimmt waren, unterschlagen wurden. Der Beweis für den guten Erfolg des Unternehmens ist die Tatsache, dal? die in jener Zeit gegründeten Orte noch heute bestehen und sich zum Teil sogar zu wichtigen Bevölkerungszentren entwickelt haben. Das Kolonisationsdekret stammt aus dem Jahre 1767, und zwei Jahre darauf bestätigte Pedro Pérez Valiente nach einer Inspektionsreise den guten Zustand der Kolonien, obgleich sein Zeugnis vielleicht nicht ganz unparteiisch ist. Bald darauf kam es zu einem Zerwürfnis zwischen dem deutschen Priester Romuald von Freiburg und Pablo Olavide. Der deutsche Geistliche wurde aus Spanien ausgewiesen, gleichzeitig aber wurde Olavide,
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der von der Inquisition verfolgt wurde, ins Gefängnis geworfen (1776). In einer für uns heute ganz unerklärlichen Weise zogen sich alle Freunde von Olavide zurück, und nun begann ein Prozeß, der uns übertrieben, unzeitgemäß und bis zu einem gewissen Grade auch ungerecht dünkt, da man schließlich aus den gleichen Gründen und vielleicht mit noch mehr Berechtigung gegen Aranda, Roda, Grimaldi, Müzquiz und andere Freunde Olavides hätte vorgehen können. Olavide gelang es, nach Frankreich zu entkommen. Dort wurde er von der Revolution überrascht und kehrte zur Zeit Godoys nach Spanien zurück. In Baeza starb er in vorgerücktem Alter. In seinen letzten Jahren hatte er sich zum wahren Glauben bekehrt und ein W e r k mit dem Titel „El Evangelio en triunfo" verfaßt. Die Reformen auf militärischem Gebiet, die zur Zeit Karls III. vorgenommen wurden, verdankt Spanien dem Grafen von O'Reilly, der die preußische Taktik einführte. Der Graf Gazzola organisierte die Artillerie und der Ingenieur Sabatini das Pionierkorps. Weiterhin schuf man den Orden Karls III. und den „Monte de Piedad" (Pfandleihe) und veröffentlichte die Militärverordnungen, die wegen ihrer Strenge berühmt wurden. Der König, der sich sehr für das Schiffsbauwesen interessierte, ließ der spanischen Flotte beträchtliche Unterstützung zuteil werden. Campomanes und Jovellanos bemühten sich um die Förderung des öffentlichen Wohlstandes. In 5000 Städten und Ortschaften ließen sie Getreidespeicher errichten. Sie schufen landwirtschaftliche Kreditanstalten und brachten im Jahre 1765 eine Verordnung heraus, die den freien Handel des Brotgetreides gestattete. Das Gemeindeland wurde in Parzellen aufgeteilt, die man den einzelnen Siedlern zur Bewirtschaftung zuwies. Weiterhin führte man Grundbücher ein und war bestrebt, Viehzucht, Industrie und Handel zu schützen. Die Verkehrswege wurden verbessert und mehrere Kanäle angelegt. Man schuf die „Wirtschaftsgesellschaften der Freunde des Landes", und die Verfasser von Flug- und Zeitschriften wandten sidi scharf gegen die Privilegien der Viehzüchtervereinigungen und Majoratsbesitzer. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Cabarrus gründete in Spanien die Bank von San Carlos. Eine Hauptsorge der Minister war auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die Wahrung der guten Sitten. Skandale und Streitfälle, die bis dahin an der Tagesordnung gewesen waren, sudite man nach Kräften zu unterbinden. In Madrid wurden die Straßen gepflastert, eine Straßenbeleuchtung eingeführt und unter dem Namen der „salvaguardias y milicianos urbanos" eine städtische Polizei geschaffen. Ein anderer Lieblingsplan der spanischen Wirtschaftspolitiker galt der Austilgung des Bettler- und Landstreicheranwesens. Man veröffentlichte Gesetze gegen die Zigeuner und gründete Wohlfahrtsgesellschaften.
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Karl III., der bereits in Neapel bewiesen hatte, daß er einer der glühendsten Anhänger des aufgeklärten Absolutismus war, nahm ständigen und regen Anteil an den Regierungsgeschäften. Als er den spanischen Thron be stieg, war er ein reifer Mann von 43 Jahren, auf dessen Urteilsbildung der kluge Tanucci einen großen Einfluß ausgeübt hatte. Karl war ein mittelgroßer Mensch von robuster Gesundheit. Da er täglich ausritt und als unermüdlicher Jäger galt, war sein Gesicht von Luft und Sonne gebräunt. Er befleißigte sich einer einfachen bürgerlichen Lebenshaltung. Seine Zeitgenossen berichten von ihm, daß er mitteilsam und leutselig gewesen sei; seine wohlwollende und liebenswürdige Art gewann ihm die Herzen seiner Umgebung. Als er nach zweiundzwanzigjähriger glücklicher Ehe mit Maria Amalia von Sachsen zum Witwer wurde, ging er keine zweite Heirat ein und führte einen musterhaften Lebenswandel. In seiner gerechten, unbeugsamen und ausgleichenden Art kam er seinen königlichen Pflichten stets mit einer fast medianischen Genauigkeit nach. Zu der innigen Frömmigkeit des Königs gesellte sich eine überraschend freie geistige Haltung. Er verfügte zwar über keine außergewöhnlichen Talente, dafür aber über einen durchaus gesunden Menschenverstand, eine tiefe Liebe und Fürsorge seinem Volk gegenüber und ein großes Geschick, verdiente und treue Männer auf die leitenden Ministerposten zu stellen. Als begeisterter Anhänger aller guten Reformen pflegte er von den Spaniern zu sagen: „Meine Untertanen sind wie Kinder; sie weinen, wenn man sie waschen will." Seine guten persönlichen Eigenschaften werden allgemein anerkannt, seine Regierungstätigkeit jedoch hat zu vielen Diskussionen Anlaß gegeben. Auf dem Gebiet der Außenpolitik beging er Fehler über Fehler, zu denen er sich durch seinen Haß gegen England hinreißen ließ. Ein einziges Mal nur nützte Spanien die günstige Gelegenheit aus, die ihm durch den Unabhängigkeitskrieg Nordamerikas geboten wurde. Gerade diese Kämpfe jedoch sollten später ein unheilvolles Beispiel für die spanischen Kolonien in Amerika sein. Viele der von Karl III. durchgeführten inneren Reformen sind durchaus lobenswert, wenngleich bei einigen eine gewisse antiklerikale Voreingenommenheit mitgesprodien hat, die auf jeden Fall das Verdienst der Tat herabsetzt, da Leidenschaftlichkeit stets auch die besten Handlungen herabzieht, indem sie den Urheber des Gebrauchs seiner klaren Vernunft beraubt und ihn die Grenzen der Gerechtigkeit überschreiten läßt. Einzelne Maßnahmen, wie z. B. die Ausweisung der Jesuiten, waren — unter welchen Gesichtspunkten man sie auch sehen mag — auf jeden Fall verfehlt. Abschließend läßt sidi sagen, daß Karl III. in seinen Absichten und auch in vielen seiner Handlungen ein guter König war, dem das Gedeihen seiner Nation am Herzen lag und der auf materielle und kulturelle Verbesserungen, die einen Fortschritt seines Volkes bewirken konnten, bedacht war.
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D i e a m e r i k a n i s c h e n B e s i t z u n g e n . Im Vizekönigreich Mexiko betrieben die Jesuitenmissionen ihre Arbeit weiter. Es folgten dann die Franziskanermissionen in Oberkalifornien (San Francisco) und in Texas, in denen sich vor allem der Priester Junípero Serra aus Mallorca durch seine Tätigkeit auszeichnete. Vizekönige, die sich durch ihre hervorragende Verwaltung hervortaten, waren der Marquis von Cruillas und der Marquis von Croix. Das Vizekönigreich hatte zu jener Zeit 18 Millionen Einwohner und 16 Städte, die die Bevölkerungszahl Madrids erreichten oder sogar übertrafen. Der Kolonialinspektor Don José de Gálvez, Marquis von La Sonora, leitete die Verwaltung und organisierte das Heer. Unter der Regierung der Vizekönige Bucarelli, Matías Gálvez, Bernardo Gálvez, Graf von Gálvez und des Grafen von Revillagigedo nahm die Entwicklung der Kolonie einen weiteren günstigen Fortgang. Auch das erst kürzlich gegründete Vizekönigreich Neugranada unterstand hervorragenden Vizekönigen, wie dem tapferen Eslava, dem gelehrten Guirior oder dem Erzbischof Caballero Góngora y Ezpeleta. Das Institut für Naturwissenschaften leitete der berühmte José Celestino Mutis, der in Francisco José de Caldas einen hervorragenden Schüler herangebildet hatte. Zu Neugranada gehörte auch die Generalkapitanie Venezuela. Die Holländer hatten sich der Insel Curaçao bemächtigt und versuchten von hier aus den Bestrebungen Spaniens zur Unterdrückung des Schleichhandels entgegenzuarbeiten. Zur Bekämpfung dieser Machenschaften wurde im Jahre 1728 die „Compañía guipuzcoana de Caracas" ins Leben gerufen. Später verlieh man ihr das Handelsmonopol mit Venezuela, mußte es jedoch angesichts der sich darauf erhebenden Proteste wieder zurückziehen. Dem am Ende des 18. Jahrhunderts gegründeten Konsulat von Caracas sind fruchtbare Anregungen zugunsten der Landwirtschaft und des Handels zu verdanken. Das reichste aller Vizekönigreiche aber blieb nach wie vor Peru, auch nachdem sein Gebiet durch die Schaffung des neuen Vizekönigreichs La Plata und die Eingliederung des Bezirks von Quito in Neugranada erheblich verkleinert worden war. Die Bevölkerung dieses Reiches war gering und belief sich auf nicht ganz zwei Millionen, obgleich die Stadt Lima im Jahre 1810 bereits 80000 Einwohner zählte. Die berühmtesten Vizekönige von Peru aus jener Zeit waren Gil Taboada und O'Higgins. Von Peru unabhängig war die Generalkapitanie Chile, die infolge der Naturreichtümer dieses Landes in einer blühenden Aufwärtsentwicklung begriffen war. Große Bedeutung erlangte im Laufe der Zeit das Vizekönigreich Rio de la Plata. Noch vor der Einsetzung des ersten Vizekönigs gründete der Gouverneur Bruno Zabala die Stadt Montevideo (1726). Der erste Vizekönig dieses Reiches war der berühmte Pedro de Ceballos Cortés; der
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Vizekönig Vertis vergrößerte Buenos Aires und legte so den Grundstein zu dem künftigen Reiditum der Stadt. Der Erzbisdiof hatte seinen Wohnsitz in Chuquisaca, und in Córdoba befand sidi die Universität. Im Frieden von Ryswick wurde den Franzosen der Besitz der Kolonie Haiti, die von Seeräubern dieser Nation gegründet worden war, zugesprochen. Die Grenzen setzte man im 18. Jahrhundert fest, und im Frieden von Basel sollte Spanien dann die gesamte Insel Santo Domingo an Frankreich abtreten. Die spanischen Familien siedelten nach Kuba über, das vor allem unter der Verwaltung des Generalkapitäns Don Luis de las Casas einen beträchtlichen Aufschwung erlebte. Schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts bestand in La Habana eine Universität. Im Frieden von Versailles gab Frankreich die Provinz Louisiana an Spanien ab. Infolge verschiedener Neuerungen und des Mißbrauchs der Amtsgewalt, den sich einige Gouverneure erlaubten, kam es in Guanajuato, San Luis de Potosí, Habana und Buenos Aires zu Aufständen. Die gefährlichste Rebellion jedoch unternahm der Inka Tupac-Amaru zur Zeit Karls III. im Vizekönigreich Peru. José Gabriel Condorcanqui, der sich Tupac-Amaru nannte, stellte sich an die Spitze von 6000 Indianern und schlug den spanischen Heerführer Landa, wurde jedoch dann bei Cuzco besiegt. Mit über 50000 Indianern rückte er darauf von neuem gegen Cuzco vor, bis er durch den General Del Valle geschlagen und gefangengenommen wurde. Auch nach der Hinrichtung Tupac-Amarus setzte sein Nachfolger, Diego Cristóbal, der den gleichen Namen Tupac-Amaru angenommen hatte, den Krieg fort und konnte schließlich nach einigen Anfangserfolgen überwunden werden. Auch in Paraguay und Neugranada fanden verschiedene Erhebungen, die sogenannten „Comuneros-Aufstände", statt. P o r t u g a l . Der Zeitgenosse Ferdinands VI. und Karls III. auf dem portugiesischen Thron war Joseph I. dér „Reformator". Josephs Premierminister, Don Sebastiäo José de Carvalho e Mello, Graf von Oeiras und Marquis von Pombai, war der bedeutendste Vertreter des aufgeklärten Absolutismus in Portugal. Seine hohe Stellung verdankte er den außergewöhnlichen Fähigkeiten, die er anläßlich des großen Erdbebens von Lissabon, das im Jahre 1755 fast die ganze Stadt zerstörte, beweisen konnte. Pombai ergriff bei dieser Gelegenheit sofort energische Maßnahmen zur Bestrafung der Übeltäter, die sich raubend und plündernd auf die Trümmer gestürzt hatten, ließ Unterstützungen für die Betroffenen verteilen und leitete mit großem Geschick die Wiederaufbauarbeiten. Größere Macht noch erlangte Pombai nach dem mißglückten Attentat auf Joseph I. Als der König eines Nachts im Wagen nach Lissabon zurückkehrte, gaben in Beiern einige Verschwörer Schüsse auf den Wagen ab, die den Herrscher am Arm verletzten. Als Urheber des Attentats beschul-
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digte man — ob mit oder ohne Grund ist bis heute nidit erwiesen — den Herzog von Aveiro, den Marquis und die Marquise von Távora und deren Söhne Luis Bernardo und José María, den Grafen von Atouguia und Jerónimo de Ataide. Auf die Familie Távora, eines der ersten Geschlechter Portugals, fiel der Verdacht, weil der König unerlaubte Beziehungen mit Teresa de Távora unterhielt. Die Angeklagten wurden nach unsäglichen und geradezu barbarischen Martern hingerichtet und verbrannt. Der Urheber dieser mittelalterlichen Maßnahmen war der Marquis von Pombai, der von nun an das unbegrenzte Vertrauen seines Königs genoß. Der Marquis verfolgte dann die Jesuiten, wies sie aus dem Königreich aus und ließ den Pater Malagrida der Folter unterwerfen. Man beschuldigte die Jesuiten, in die Verschwörung, die zum Attentat gegen den König führte, verwickelt gewesen zu sein, konnte diese schwere Anklage jedoch nie beweisen. Andererseits ist anzuerkennen, daß Pombai der große Reformator Portugals war, der seinem Volke eine glänzende Zeit des Wohlstandes bereitete und die Grundlagen der modernen portugiesischen Kultur schuf. Er förderte nach Kräften Handel, Industrie und Landwirtschaft. Auf seine Veranlassung hin wurde die „Comanhia Geral da Agricultura das Vinhas do Alto Douro", die für die Entwicklung des Handels so wichtige „Companhia de Grao Pará e Maranhäo" und die sogenannte „Aula de commercio" gegründet. Ferner schuf er das „Real Colegio de Nobres" und die „Junta de providencia litterária". Daneben ist ihm die Befreiung der Indianer und die Abschaffung der Sklaverei zu verdanken.
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DER AUSGANG DES ANCIEN REGIME K a r l IV. (1788—1808). Als der Sohn und Nachfolger Karls III. den spanischen Thron bestieg, war er vierzig Jahre alt und bereits 23 Jahre mit seiner Base Maria Luise von Parma verheiratet. Karl IV. ergriff das Szepter also in der Vollkraft seiner Jahre, leider aber besaß der Mann, der dies hohe Amt übernehmen mußte, nicht die hierfür nötige Energie und Festigkeit. Sein gütiges, aber schwaches Herz war ganz und gar seiner Gattin ergeben, die er für eine außergewöhnlich begabte Frau hielt. Die frivole, geistreiche, und herrschsüchtige Maria Luise war also die unumschränkte Herrscherin über den Willen ihres königlichen Gemahls; sie ließ sich jedoch bei der Ausübung ihrer Macht nicht durch hohe Ziele,
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sondern durch die Launen des Augenblicks lenken. Die gesamte Tätigkeit des Königs beschränkte sich demgemäß auf Jagd- und Hundesport und das Anhören der Berichte seiner Minister. Während der Herrscher so das Leben eines leidenschaftlichen Jagdliebhabers, keineswegs aber das eines guten Königs führte, hielt seine Gemahlin Maria Luise einen prächtigen Hof, an dem ihre weibliche Eitelkeit Triumphe feiern konnte. Als Karl III. starb, stand an der Spitze des spanischen Kabinetts der alte Minister Floridabianca, der in seiner Jugend ein zwar radikaler, aber königstreuer Mann mit fortschrittlichen Ideen gewesen war, sich dann aber den Ereignissen gegenüber, die sich in Frankreich abspielten, entschieden ablehnend verhielt. Das erste Regierungsjahr Karls IV. bedeutete einen vielversprechenden Anfang: Wissenschaft und Handwerk wurden geschützt und Verfügungen gegen die Aufkäufer und Hamsterer erlassen. Auch wurde das von Philipp V. eingeführte salische Gesetz widerrufen — durch besondere Umstände kam es allerdings nie zur Veröffentlichung des Widerrufungsdekretes. Als dann im Jahre 1789 der Ausbruch der Französischen Revolution ganz Europa erschütterte, zeigte sich Floridabianca als ausgesprochener Feind dieser Bewegung, sandte scharfe Briefe an die revolutionäre Regierung und protestierte gegen die Gefangenhaltung Ludwigs XVI. in Varennes. Dem französischen Botschafter in Spanien stellte er schroff die Forderung, man solle König Ludwig gestatten, sich in ein neutrales Land zu begeben. Die französische Nationalversammlung verlachte die Noten des spanischen Ministers, und die revolutionären Abgesandten Frankreichs arbeiteten unermüdlich am Sturze Floridabiancas, den sie nach seinem heftigen Auftritt mit dem franzöischen Botschafter dann auch erreichten. In Spanien waren die politischen Gegner Floridabiancas die um Aranda gescharte aragonesische Partei, die sich aus Aristokraten und Militärs zusammensetzte. Man veröffentlichte Flugschriften gegen den Minister, wie die „Fabel vom Fuchs" oder die „Unterhaltung zwischen Floridabianca und Campomanes". Von französischer Seite gingen die Intrigen weiter und führten schließlich zu einem Attentat gegen den Minister. Zwar wurde der Schuldige namens Paret auf der Plaza de la Cebada öffentlich hingerichtet und Karl IV. versuchte, sich der Entlassung seines Ministers zu widersetzen — die aragonesische Partei aber hatte inzwischen zwei mächtige Bundesgenossen gewonnen: die Königin und ihren Günstling Godoy. Endlich gab Karl IV. den Vorstellungen und dem Drude seiner Umgebung nach und unterzeichnete die Entlassung Floridabiancas (1792). An seiner Stelle ernannte er zum Leiter der Regierungsgeschäfte den Grafen von Aranda, der als Mann von hohem militärischem Ruf, Botschafter und
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Staatsrat in ganz Europa, vor allem aber in Frankreich wohl bekannt war. Seine Verbindungen zu den Führern der Französischen Revolution trugen dazu bei, die guten Beziehungen zwischen Spanien und Frankreich wieder herzustellen. Angesichts der nun folgenden Ereignisse in Frankreich und auf das Drängen der europäischen Mächte (Wien, Berlin, Stockholm und St. Petersburg), Ludwig XVI. zu Hilfe zu kommen, entschloß Aranda sich zum Krieg gegen Frankreich. Die Niederlagen jedoch, die die Truppen des Nationalkonvents den Preußen zufügten, entmutigten ihn, so daß er die spanischen Streitkräfte wieder von der Grenze zurückzog und der französischen Regierung Spaniens Neutralität anbot. Frankreich nahm an unter der Bedingung, daß Spanien die junge französische Republik anerkannte. In diesem kritischen Augenblick aber, als Aranda noch nicht ein volles Jahr seinen Ministerposten innehatte, wurde er abgesetzt, und ihm folgte ein in der Arena der Politik bis dahin völlig unbekannter Mann: Manuel Godoy. G o d o y . Der neue Minister war in Badajoz in Extremadura geboren und entstammte der Adelsfamilie Castuera. Er war ein hübscher Mensch, der über einige Bildung und eine aufgeweckte Intelligenz verfügte. Mit 17 Jahren war Godoy nach Madrid gekommen, um hier ins Gardekorps einzutreten. In kürzester Zeit hatte er sich die ausgesprochene Freundschaft Karls und Maria Luises, die damals noch den Titel Prinz und Prinzessin von Asturien führten, gewonnen, und damit begann auch schon sein Aufstieg. Nachdem das Paar den Thron bestiegen hatte, überhäuften sie ihren stattlichen Günstling mit Ehrungen und Geschenken, obgleich dieser bis dahin noch keine anderen Verdienste aufzuweisen hatte, als den, seinen erlauchten Freunden in ganz besonderem Maße zu gefallen. So folgte in kürzester Zeit eine Ernennung auf die andere: Godoy wurde Großkomtur des Santiagoordens, Gardeoberst, Generaladjutant, Brigadechef der königlichen Armee, Feldmarschall, Kammerherr, Brigademajor der Leibwache, Herzog von Alcudia, Grande von Spanien und Staatsrat und erhielt das Großkreuz Karls III., den Orden vom Goldenen Vlies und viele andere Auszeichnungen mehr. Schließlich, im Alter von 25 Jahren, wurde er zum Minister ernannt. Aranda hatte den jungen Godoy in die Staatsgeschäfte eingeführt. Am 15. November 1792 wurde der frühere Gardeleutnant einziger Minister Spaniens und verfügte bald darauf schon die Verbannung seines politischen Lehrers und Ratgebers, des alten Grafen von Aranda. Karl IV., der sich vollständig von der Königin leiten ließ, hatte Godoy so plötzlich erhöht, ohne auf das boshafte Gerede der Menge zu achten, die der offensichtlichen Vorliebe Maria Luises für den hübschen jungen Mann aus Extremadura
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besondere Beweggründe unterlegte. Karl IV. zeigte in seiner sanften und arglosen Art herzliche Freundschaft gegen Godoy und konnte die Gesellschaft seines „Manuel", wie er ihn zu nennen pflegte, bald nicht mehr entbehren. D e r K r i e g g e g e n F r a n k r e i c h . Godoy, der frischgebackene Herzog von Alcudia, ergriff die Zügel der spanischen Regierung unter den schwierigsten politischen Umständen. Es handelte sich jetzt darum, die Haltung Spaniens gegenüber den französischen Revolutionären, die Ludwig XVI. nach dem Leben trachteten, festzulegen. Hielt man sich an die moralischen und politischen Abmachungen des „Familienpaktes", so mußte Karl IV. unbedingt seinem Vetter in Frankreich zu Hilfe kommen. Der Herzog von Alcudia schlug vor, der König von Spanien solle die Vermittlung übernehmen, um einen Frieden zwischen Frankreich und der Koalition zustande zu bringen und das Leben des französischen Herrsdiers selbst unter der Bedingung, daß Ludwig abdanken müsse, zu retten. Ocäriz, der spanische Agent in Paris, gab ungeheure Summen aus, um Stimmen für seine Sache zu gewinnen; doch alle Bemühungen waren vergebens, und im Jahre 1793 starb Ludwig XVI. auf dem Schafott. Als Dekan des Staatsrates strebte der Graf von Aranda auch weiterhin die Wahrung der bewaffneten Neutralität an. Als jedoch die revolutionäre Regierung unannehmbare Forderungen stellte und die Abrüstung Spaniens verlangte, war der Abbruch der Beziehungen unvermeidlich. Der Konvent erklärte offiziell den Ausbruch der Feindseligkeiten, und wenige Tage später vollzog Karl IV. den gleichen Schritt. Der Krieg war also unvermeidlich geworden, und verschiedene Gründe hatten mitgespielt, um die Lage so zwingend zu gestalten. Spanien konnte sich nicht ausschließen aus der allgemeinen Bestürzung, die die Völker Europas ergriffen hatte, und es konnte sich nicht taub stellen gegenüber den Bemühungen Wiens, Berlins, Stockholms und St. Petersburgs, die sich gegen das revolutionäre Frankreich zusammengeschlossen hatten. Es waren aber nicht allein die genannten Gründe oder auch das Gefühl der verletzten Menschlichkeit angesichts der Enthauptung Ludwigs XVI., des nächsten Verwandten Karls IV., die Spanien zur Kriegserklärung veranlaßten — es war auch die Erwägung, daß der spanische Bourbone ja eventuelle Nachfolgerrechte auf den französischen Thron würde erheben können. Das spanische Volk, das im innersten Herzen religiös und monarchistisch war, begeisterte sich für diesen Krieg, der eine Verteidigung seiner Ideale gegen die entfesselten Leidenschaften der Revolution darstellte. Von allen Seiten strömten die Freiwilligen herzu, ganze Armeen entstanden wie durch einen Zauber, und die Kriegskassen füllten sich durch reiche Schenkungen, die zum Teil sogar aus Amerika herüberkamen. Vor allem Katalonien
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flammte in Begeisterung, leider jedoch wußte der spanische Staat diese katatonische Bewegung nicht zu seinen Gunsten auszunutzen, um mit ihrer Hilfe die im Pyrenäenfrieden verlorengegangene Grafschaft Roussillon zurückzugewinnen. Dagegen stellte sich heraus, daß die französischen Emigranten, die in Katalonien mit offenen Armen aufgenommen wurden, zu einer Gefahr für die spanische Einheit werden konnten — wenn sie nämlich beginnen sollten, politische Gruppen zu bilden, die eine Wiederherstellung früherer historischer Zustände anstrebten. So schaffte man denn die Franzosen, in der Mehrzahl Priester, von der Grenze ins Innere des Landes. Die spanischen Streitkräfte bestanden aus drei Armeen: der katatonischen, die unter dem Befehl des Generals Antonio Ricardos stand, der aragonesischen, die von dem Fürsten von Castellfranco geführt wurde, und der in Navarra und Guipúzcoa, deren Befehlshaber Caro war. Im ersten Teil des Feldzuges konnten die spanischen Waffen bedeutende Vorteile erringen. Nach den Schlachten bei Truillas und Traseres drang der siegreiche General Ricardos bis Colliure vor. Einen unsterblichen Namen machte er sich durch jenen glänzenden Vormarsch, bei dem er mit viel zu wenig Menschen und Kriegsmaterial in schwierigen Gebirgskämpfen gegen einen übermächtigen Feind seine außergewöhnlichen militärischen Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Auch die Truppen Caros waren inzwischen über Navarra in Frankreich eingedrungen, während Castellfranco seinerseits den Gegner zurückzudrängen vermochte. Zur Belagerung Toulons, das in die Hände der Verbündeten fiel, hatte Spanien Schiffe und Truppen entsandt. Als jedoch dann die gleiche Stadt wieder durch französische Streitkräfte belagert wurde, unter denen sich auch der Artillerieoffizier Napoleon Bonaparte befand, mußten die Verbündeten Toulon wieder preisgeben. Die spanischen Truppen waren bei dieser Gelegenheit die letzten, die sich zurückzogen. Zu Beginn des Jahres 1794 trat der Staatsrat zusammen, um gemeinsam mit den Generälen über den Fortgang des Krieges zu beraten. Der Graf von Aranda äußerte sich gegen die Weiterführung der kriegerischen Unternehmungen, während der Generalkapitän und Herzog von Alcudia ein plötzliches Aufgeben als unehrenhaft bezeichnete. Es kam zu einer äußerst scharfen Meinungsverschiedenheit zwischen dem Minister und dem alten Staatsrat, die dann zur Verbannung Arandas nach Jaén und seiner späteren Gefangennahme in der Alhambra führten. Der Krieg begann von neuem, diesmal wandte sich das Glück jedoch gegen Spanien. Nacheinander fielen die Generäle Ricardos, O'Reilly und der Graf de la Unión, die als Befehlshaber der katalanischen Armee gekämpft hatten. Alle Städte, die man vorher erobert hatte, gingen wieder verloren, und die Franzosen drangen sogar in spanisches Gebiet ein und
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besetzten Figueras, dessen Kapitulation eine schlimme Überraschung für Spanien bedeutete. D e r Marquis de las Amarillas, der der Nachfolger des Grafen de la Unión war, konnte dem anstürmenden Feind keinen ernstlichen Widerstand mehr entgegensetzen. Z u den Niederlagen in Katalonien gesellten sich die in Navarra und den baskischen Provinzen, wo der Graf von Colomera wichtige Städte, wie Vera, Irún, San Marcial, Fuenterrabía und Pasajes aufgeben mußte. Im Triumph rückten die Franzosen weiter vor, besetzten noch San Sebastián, Tolosa, Bilbao und Vitoria und gelangten bis Miranda del Ebro. Angesichts dieser Schläge lenkte nun auch Godoy ein und begann mit Verhandlungen über den von Frankreich vorgeschlagenen Frieden, der dann auch glücklich unterzeichnet wurde, als die katalanischen Truppen wieder einige Erfolge erringen konnten. Der spanische Hof beeilte sich, den Abschluß der Verhandlungen zu fördern und damit audi der revolutionären Propaganda der französischen Geheimagenten in Spanien ein Ende zu machen. Immerhin hatten die Umtriebe der Franzosen doch einigen Erfolg gehabt. In verschiedenen Provinzstädten bildeten sich republikanische Geheimbünde, und eines Abends erschienen sogar in einem Madrider Theater einige junge Aristokraten mit phrygischen Mützen, während ihre Damen Gewänder in den Farben der französisdten Trikolore trugen. Diese Ereignisse, die für den Zustand der Gemüter bezeichnend waren, mußten die Regierung ernstlich beunruhigen. In dem am 22. Juli 1795 mit der französischen Republik abgeschlossenen Frieden von Basel erhielt Spanien alle im verflossenen Kriege von Franzosen besetzten Städte zurück und mußte dafür den noch spanischen T e i l der Insel Santo Domingo an Frankreich abtreten. Außerdem wurde der Republik das Recht zugesprochen, sechs Jahre lang Vieh in Andalusien zu erwerben. Dieser für Spanien so demütigende Friedensschluß, in dem die historische Insel Española verlorenging, mit der die glorreichsten Erinnerungen an den Beginn der spanischen Eroberungszüge in Amerika verknüpft waren, brachte dem Günstling Karls V I . und Maria Luises den pompösen Titel eines „Friedensfürsten" ein. Nun planten Godoy und der Konvent ein Offensiv- und Defensivbündnis. D e r Franzose Siéyes hatte zwei Gründe, die ihm eine solche Allianz als wünschenswert erscheinen ließen: einmal wollte er die Pyrenäengrenze sichern, und zum anderen wollte er bei dem bevorstehenden Kampf gegen England auf die spanische Unterstützung zählen können und die aus 6 0 Linienschiffen bestehende spanische Flotte zu seiner Verfügung haben. W i e durch ein Traumbild berückt ging der irregeleitete Godoy diesen Vertrag ein; vage erstrebte er für die Zukunft einen Bund mit Frankreich und Preußen sowie eine Konföderation mit Italien unter der Protektion Spaniens.
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Der spanische Botschafter Iriarte versuchte, sich den Befehlen Godoys hinsichtlich des Abschlusses eines Vertrages mit Barthélémy zu widersetzen, starb jedoch, bevor er mit seiner Meinung hatte durchdringen können. Als dann der Konvent aufgelöst und durch das Direktorium ersetzt wurde, erschien als Gesandter der neuen französischen Regierung der General Pérignon in Madrid. Spanien seinerseits entsandte den Marquis del Campo, den natürlichen Sohn eines Botschafters Karls III. nach Paris. Der Marquis war ein ganz würdeloser, unfähiger Mensch, der in Paris Tänzerinnen an seinen Tisch lud, in den Kreisen der wildesten Republikaner verkehrte und häufig im Salon der berühmten Madame Tallien zu sehen war, die mit ihrem spanischen Mädchennamen Teresita Cabarrus hieß und in Paris „Notre Dame de Thermidor" genannt wurde. Audi der Einladung der Republikaner zu einer Gedenkfeier an den Königsmord leistete er Folge. Schon war ein Jahr seit dem Frieden von Basel verstrichen, und immer noch konnte Pérignon keine wesentlichen Verhandlungsergebnisse aufweisen. Da aber schloß Godoy, der mit der franzosenfreundlichen Stimmung Spaniens rechnete, am 18. August 1796 den unheilvollen Vertrag von San Ildefonso ab, der Frankreich die spanische Flotte zur Verfügung stellte und somit die Republik in eine Seemacht verwandelte. Wie durch eine Ironie des Schicksals wurde so Karl IV. zum Großadmiral der Mörder seines Verwandten Ludwigs XVI. Aus dem Familienpakt war ein Bündnis zweier Nationen geworden. Mit dem Vertrag von San Ildefonso geriet Spanien endgültig auf die schiefe Ebene, und einige Jahre später sollte Napoleon das Lehnsverhältnis, das das Direktorium Spanien nunmehr aufgezwungen hatte, in eine ausgesprochene Knechtschaft verwandeln. Während der ganzen folgenden Regierungszeit Karls IV. mußte die spanische Nation allen Befehlen Frankreichs nachkommen ; der Nachbarstaat lenkte nach seinem Willen die spanische Politik und vollendete so die Schmach und Schande jener Zeit der nationalen Erniedrigung. Am 6. Oktober beging Spanien gemäß seinen Vereinbarungen mit Frankreich die Torheit, England den Krieg zu erklären. Gleichzeitig tat in Italien das spanische Geschwader unter der Führung Lángaras das seinige dazu, um die Triumphe Napoleons zu beschleunigen. Der erste Zusammenstoß zwischen der von José de Cordova geführten spanischen und der englischen'Flotte, die unter dem Befehl des Admirais Jerwis stand, fand beim Kap von San Vicente statt und entwickelte sich zu einer schweren Niederlage der spanischen Waffen. Cordova wurde daraufhin durch Don José de Mazarredo ersetzt, der sich nach Cádiz begab, wo er die Verteidigung organisierte und einen Angriff Nelsons zurückwies. Auch ein Landungsversuch Nelsons in Santa Cruz auf Teneriffa mißglückte ; Ballesteros. Spanien
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der englische Admiral verlor hier im Kampfe einen Arm und erfuhr durch den Verteidiger der Stadt, General Antonio Gutiérrez, die ritterlichste Be-. handlung. Zur gleichen Zeit hatte Don Ramón de Castro nadi heldenhafter Verteidigung die Insel Trinidad dem angreifenden englischen Admiral Harvey übergeben müssen. Mit Trinidad verlor Spanien die zweite jener Inseln, die Kolumbus einst so ruhmvoll für die Katholischen Könige in Besitz genommen hatte. Frankreich trat nunmehr in Verhandlungen mit England und den europäischen Großmächten ein; die spanischen Botschafter Cabarrús und der Marquis del Campo wurden jedoch weder bei den Konferenzen in Bern noch in Udine oder Campo-Formio zugelassen. Als sie dann schließlich an den Besprechungen in Lille teilnehmen durften, konnten sie auch hier keinerlei Vorteile für Spanien erreichen, da die französische Republik ihren Bundesgenossen im Stiche ließ und England den Besitz der Insel Trinidad bestätigte, ohne über eine Rüdegabe Gibraltars auch nur zu verhandeln. Die Haltung des Direktoriums rief in Spanien größte Enttäuschung hervor, und die Beziehungen zu Frankreich wurden merklich gespannter. Aus Paris kam jetzt Truguet, um am spanischen Hofe auf den Sturz Godoys hinzuarbeiten. Der französische Botschafter erreichte auch sein Ziel, und der „Friedensfürst" wurde durch den Finanzminister Saavedra und den berühmten Don Gaspar Melchor de Jovellanos ersetzt. Godoy verließ Madrid jedoch nicht, sondern versuchte auch weiterhin seinen Einfluß auf die spanische Politik zu erhalten. Die neuen Minister ernannten den verdienten José Nicolás de Azara zum spanischen Botschafter in Paris. Azara entfaltete in der französischen Hauptstadt eine rege Tätigkeit und erreichte es, die Politik Frankreichs zugunsten Spaniens zu beeinflussen, indem er die Führer der Revolution zu einer gewissen Mäßigung ihrer Haltung veranlaßte. Dem spanischen Hof teilte Azara mit, was er über die Betrügereien des Direktoriums in Erfahrung hatte bringen können, Saavedra jedoch und die auf ihn folgenden Minister Urquijo und Soler waren noch gefügigere Diener des Direktoriums als Godoy es gewesen war, so daß Azara nichts erreichen konnte. Im Gegenteil, er wurde schleuni'gst durch den unfähigen Muzquiz ersetzt, und auch Truguet verließ jetzt Madrid, während an seiner Stelle der Königsmörder Guillemardet zum Botschafter ernannt wurde. S p a n i e n u n d N a p o l e o n . Der Staatsstreich vom 18. Brumaire (10. November 1799), der dem siegreichen Heerführer Napoleon Bonaparte den Titel des „Ersten Konsuls" einbrachte und ihn auf den Gipfel der Madit führte, hatte angesichts der einzigartigen Fähigkeiten dieses Mannes für Spanien wie für ganz Europa die nachhaltigsten Folgen.
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Napoleon war durchaus nidit gesonnen, die Beziehungen mit Spanien zu vernachlässigen, sondern ernannte sogar einen seiner Brüder, Luden Bonaparte, zum Botschafter in Madrid. Godoy riet, sich der Ernennung Luciens zu widersetzen und brachte auch den Minister Urquijo dazu, diesen Rat zu befolgen. Der erste Konsul empörte sich hierüber und sandte Lucien an den spanischen Hof nach Eskorial, wo er den Sturz Urquijos und die Absetzung Mazarredos veranlaßte, der auf Befehl Urquijos zum Chef des Geschwaders bestimmt worden war, das nach Brest auslaufen sollte. Dann erreichte Napoleon die Unterschrift der spanischen Bevollmächtigten unter verschiedene Verträge, die das Königreich Etrurien und die Marine betrafen und zwang die Spanier zu einer Kriegserklärung an Portugal, auf die Karl IV. sich einließ, obgleich seine Gemahlin die Tochter des portugiesischen Throneriben war. Godoy wurde zum Oberbefehlshaber der Truppen ernannt, die man gegen das Bruderreich aussandte, und nun begann der sogenannte „Pomeranzenkrieg", der seinen Namen von den zwei Pomeranzenzweigen herleitete, die der „Friedensfürst" der Königin Maria Luise zusammen mit dem ersten Kriegsbericht übersandte. Dieser Kriegsbericht lautete: Als die angreifenden Truppen meine Stimme vernahmen, überreichten sie mir zwei Pomeranzenzweige, die ich hiermit meiner Königin darbringe." Dieser Kampf, der einzig und allein aus dem Willen Bonapartes entstanden war, schloß mit einem Vertrag, in dem Spanien Olivenza erhielt und Portugal sich verpflichtete, seine Häfen gegen England zu schließen. Dieses Ubereinkommen mißfiel Napoleon und führte zu einigen diplomatischen Mißhelligkeiten, die Azara jedoch beizulegen wußte. In dem darauffolgenden Frieden von Amiens zwischen Frankreich und England (1802) erhielt Spanien die Insel Menorca zurück, mußte dafür aber endgültig auf Trinidad Verzicht leisten. Keine der vertragschließenden Parteien war jedoch mit dem Erreichten zufrieden, und als im folgenden Jahre der Minister Pitt in England zur Macht kam, begann der Krieg zwischen Frankreich und England von neuem. In dem diplomatischen Kampf, der sich nun entspann, ließ Azara in Paris alle seine Künste spielen, um Vorteile für sein Vaterland herauszuschlagen, während in Madrid der englische Botschafter Freere und der formvollendete und elegante französische Gesandte Bournonville im Sinne der Politik ihres Landes intrigierten. Freere konnte dabei auf die Unterstützung des Prinzen von Asturien rechnen, Bournonville auf die Hilfe Godoys. Monate später unterzeichnete Don Nicolás de Azara schließlich einen Pakt, den man sehr zu Unrecht den „Neutralitätspakt" genannt hat. Spanien verpflichtete sich darin, zur Strafe für die Nichteinhaltung der angeblichen Klauseln des Vertrags von San Ildefonso monatlich 6 Millionen Franken an 28*
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Frankreich zu zahlen. Kurz nach Abschluß dieses schimpflichen Vertrags wurde Azara von seinem Posten abberufen und überlebte seine Entlassung aus dem Staatsdienst um ein knappes Jahr. Sein Nachfolger in Paris war Don Federico Gravina. Im Jaihre 1804 sollte sein jäher Aufstieg den großen Korsen auf noch schwindelndere Höhen führen und seinen Ehrgeiz damit noch weiter spannen: Napoleon wurde zum Kaiser der Franzosen proklamiert, und der spanische Botschafter Gravina -wohnte der Krönung dieses Mannes bei, der die spanische Nation in schmachvollster Weise an seinen Triumphwagen spannen und mit ihr nach seinem Gutdünken verfahren sollte. Am Ende des gleichen Jahres kaperten englische Schiffe eine spanische Flottille, die sich mit reichen Schätzen beladen auf dem Wege von Amerika nach Europa befand, und Spanien erklärte daraufhin Großbritannien den Krieg. Wenige Tage später unterzeichnete Gravina ein geheimes Defensivund Offensivbündnis mit dem französischen Kaiserreich. Zu diesem Zeitpunkt aber war die wirtschaftliche Lage Spaniens schon genau so verzweifelt wie seine politische: die Staatskassen waren erschöpft, die Ernte mißraten und die Pest stand vof der Tür. T r a f a l g a r . Pitt hatte sein Ziel erreicht. Da die Neutralität Spaniens, das ständig Unterstützungen nach Frankreich sandte, mejir als verdächtig war, machte der englische Minister diesem Zustand der Unentsdilossenheit ein Ende, indem er mitten im Frieden spanische Schiffe kapern ließ und einen ungerechtfertigten Angriff nach dem anderen unternahm. Der spanische Nationaktolz flammte auf, und Napoleon verstand es, die Gefühle für seine Pläne auszunutzen. „Ich bin bereit, zu Pferde zu steigen und mich ins Feldlager von Boulogne oder an jeden anderen Ort zu begeben, an dem die spanische Hilfe den Plänen des Kaisers nützlich sein kann." Diese Worte Godoys sind nur allzu bezeichnend für die knechtische Haltung, die Spanien damals dem großen Franzosen gegenüber einnahm. Um noch sicherer zu gehen, schrieb Napoleon an Karl IV.: „Ich hätte die allerhöchste Verachtung gegen das spanische Kabinett empfinden müssen, wenn dieses nach der schweren Beleidigung, die England Spanien zugefügt hat, sich zu schimpflichen Verhandlungen herbeigelassen hätte." Spanien verfügte über drei Geschwader, von denen je eines in Cádiz, El Ferrol und Cartagena lag. Zu diesen Geschwadern gehörten wenigstens 30 Schlachtschiffe, von denen 12 von neuestem Bau und hervorragender Qualität waren. Napoleon hatte die Absicht, die schon Hoche einmal gehegt hatte, nämlich eine Landung in England auszuführen. Zu diesem Zweck hatte er seine Streitkräfte im Feldlager bei Boulogne zusammengezogen. Zur
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Verwirklichung seines Traumes bedurfte er der spanischen Flotte; die gewaltige Seemacht Englands jedoch blockierte das in Brest eingeschlossene französische Geschwader und ebenso die spanischen Schiffe, die in El Ferrol lagen. Inzwischen konnte Nelson als unumschränkter Herr das Mittelmeer befahren. Der Plan Napoleons lautete dahin, die Flotte von Cádiz mit der französischen Mittelmeerflotte zu vereinen, dann einen Angriff auf Westinidien vorzutäuschen und auf diese Weise Nelson ins Karibische Meer zu locken. Daraufhin sollte das vereinigte Geschwader mit höchster Geschwindigkeit nach Europa zurückkehren, die Blockade von Brest brechen und dann mit vereinten Kräften einen Angriff auf das englische Geschwader im Kanal unternehmen. Später sollte man dann das Landheer von Boulogne nach England hinüberschaffen. Das waren jedoch allzu viele Etappen und allzu viele Bedingungen, die erfüllt sein sollten; Napoleon glaubte, daß man strategische Pläne zur See genau so einfach wie zu Lande ausführen könne. Unternehmungen zur See aber sind einer ganzen Reihe von Umständen unterworfen, und obendrein hatte Napoleon zur Ausführung seiner Befehle auch noch einen so unentschlossenen Mann wie Villeneuve erwählt, von dem Gravina sagte, „er wöge das Für und Wider wie auf einer Goldwaage ab". Villeneuve stach von Toulon aus in See, vereinte sich in Cádiz mit Gravina und schlug dann gemeinsam mit diesem den Kurs auf Martinique ein. Nelson, der von dieser Flottenbewegung in Kenntnis gesetzt worden war, folgte dem vereinigten spanisch-französischen Geschwader. Wie versichert wird, hatte Maria Antonia, die Prinzessin von Asturien, den Hof von Neapel informiert, und durch diesen wieder hatte Nelson die Nachricht erhalten. Der französische Admiral verlor nun den Kopf und trat einen langsamen Rüdezug an, worauf die Engländer Cádiz, El Ferrol und Brest blockierten. „Von dem Erfolg Eures Eintreffens in Boulogne hängt das Schicksal der Welt ab", schrieb Napoleon an Villeneuve. Nelson sandte die Fregatte „Eurialus" mit der Nachricht vom Rüdezug der alliierten Flotte nach England, und die Admiralität verstärkte sofort die Streitkräfte Calders. In der Frühe des 11. Juli 1805 stießen die feindlichen Geschwader auf der Höhe von Kap Finisterre zusammen. Villeneuve verlor Zeit mit dem Aufstellen der Schlachtlinien. Gravina, der die „Argonauta" führte, sollte an vorderster Stelle kämpfen; da jedoch der Nebel alle Manöver erschwerte und Villeneuve sich weiterhin unentschlossen zeigte, wurden die spanischen Schiffe „San Rafael" und „Firme" in den Rückzug von Calder mit fortgerissen. Am folgenden Tage ging es darum, den Feind zu verfolgen, doch Villeneuve, der sich wieder einmal nicht rasch entschließen konnte, hörte nicht auf die Ratschläge Gravinas, und als er dann endlich den er-
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wünschten Befehl gab, war es zu spät. Napoleon sprach Gravina für seine tapfere und entschlossene Haltung seine Anerkennung aus. Einer unverständlichen Eingebung zufolge segelte Villeneuve jetzt nach Cádiz und veranlaßte das gesamte vereinigte Geschwader, sich in die dortige Bucht zurückzuziehen. Der Zorn Napoleons war grenzenlos, und im „Moniiteur" erschienen Spottgedichte, die der Kaiser selbst inspiriert hatte. Das spanische Geschwader stand unter dem Befehl des Herzogs von Gravina, eines gebildeten, energischen und ritterlichen Mannes, der mit der Würde seines Auftretens eine außerordentliche Höflichkeit und Gewandtheit verband. Der andere Befehlshaber war der Vizeadmiral Ignacio de Alava, der dafür bekannt war, daß er hart gegen sich selbst, aber liebenswürdig gegen andere sein konnte. Dem Range nach folgten sodann der ehrgeizige Escaño, der nicht minder ruhmsüchtige Hidalgo de Cisneros und die Brigadiers und Kapitäne Galiano und Churruca. Der erstere war ein tapferer, kluger Mensch, der zweite aber, Don Cosme Churruca, zu seiner Zeit der volkstümlichste aller spanischen Offiziere: ein ausgezeichneter Kenner der Seefahrt, der über vollendete Manieren verfügte und in einem schwächlichen Körper einen eisernen Willen beherbergte. Das englische Geschwader führte Collingwood, bis die Admiralität es für richtiger hielt, Nelson den Oberbefehl anzubieten, der daraufhin in London von Lady Hamilton Abschied nahm und sich auf der „Victory" einschiffte, um 'sich an die Spitze seines Geschwaders zu stellen. Inzwischen hatte Villeneuve in Cádiz eine Versammlung der Admírale abgehalten, auf der beschlossen wurde, nicht in See zu stechen, obgleich diese Ansicht durchaus nicht von allen geteilt wurde und bis heute noch nicht ganz feststeht, was sich eigentlich auf dieser Versammlung ereignete. Napoleon war auch weiterhin empört über Villeneuve, nannte ihn in einem Brief sogar einen Feigling und beschloß seine Absetzung. Nun verlor Villeneuve ganz und gar den Kopf und erinnerte sich des Ausspruchs Napoleons: „An dem Tage, an dem Frankreich über drei oder vier Admírale verfügt, die bereit sind zu sterben, werden die Engländer nichts mehr ausrichten können." Er befahl, auszufahren, stellte die Schiffe in fünf Reihen auf und übernahm selbst den Befehl über das Kampfgeschwader, während Gravina die Beobachterflotte zugeteilt wurde. An Bord der „San Juan" hieß Churruca den Schiffskaplan die Mannschaft segnen und erklärte mit fester Stimme: „Meine Söhne, im Namen des Herrn der Heerscharen verspreche ich dem, der jetzt in Erfüllung seiner Pflicht fallen wird, die ewige Seligkeit." Beinahe zur gleichen Stunde sprach Nelson die historischen Worte: „England erwartet, daß jeder seine Pflicht erfüllt." Der Ruhm, der den Sieger des Tages umgeben sollte, hat dessen
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Worte unsterblich gemacht, während der Ausspruch des großen spanischen Seehelden, der fast den gleichen Inhalt hat, in Vergessenheit geriet. Die Schlacht begann mit einem unglücklichen Manöver der Verbündeten. Von links nach rechts stellten sich Gravina, Magon, Alava, Villeneuve und Dumanoir mit ihren Schiffen in einer Reihe auf, während die Engländer zwei keilförmig zusammenlaufende Angriffsreihen bildeten, um die Linie des Gegners zu durchbrechen. Collingwood und Nelson befanden sich an Bord der „Royal Sovereign" und der „Victory", die an der Spitze fuhren. Mit ihren leichten, schnellen Schiffen, ihrer ausgezeichneten Artillerie und der erfahrenen Besatzung gelang den Engländern der Durchstoß, bei dem Nelson durch einen Schuß, der von der „Redoutable" abgegeben wurde, eine tödliche Verwundung erhielt. Die Franzosen und Spanier wurden nun umzingelt, während die Nachhut Domanoirs untätig dem Kampfe fern bleiben mußte. Die von Villeneuve befehligte „Bucentauro" wurde von mehreren feindlichen Schiffen angegriffen. Auf der „Bahama" wurde Galiano durch einen Kanonenschuß getötet; die „Argonauta", die von drei Seiten zugleich angegriffen wurde, wollte sich nicht ergeben, bis schließlich Pareja, der selbst verwundet war, sich infolge der schweren Schäden, die das Schiff erlitten hatte, zur Übergabe entschloß. Wegen der erlittenen Schäden mußten die Feinde das Schiff dann doch versenken. Churruca, der die „San Juan" führte, verlor ein Bein, rief jedoch seinen Leuten zu „Weiter feuern!". Gardoqui auf der „Santa Ana" hielt vier Stunden lang dem Feuer der feindlichen Kanonen stand. Cayetano Valdes, der zur Nachhut gehörte, setzte plötzlich die Segel und erwiderte auf die Frage Dumanoirs, wohin er wolle, nur: „In den Kampf!" Als schließlich Gravina, der sich an Bord der „Principe de Asturias" befand, keine Rettung mehr erblicken konnte, befahl er den Rüdezug (21. Oktober 1805). Die Spanier hatten sich bewunderungswürdig gehalten. Galiano, Churruca, Valdes und Alcedo waren im Kampfe gefallen; Gravina, Pareja und Argumosa waren verwundet. Der Admiral Gravina erlag in Cädiz seinen Verwundungen. Doch auch die Franzosen hatten schwere Verluste erlitten. Magon fiel wie ein Held, und Villeneuve, den man den Urheber des ganzen Unglücks nannte, beging Selbstmord in Rennes. Der Franzose Cosmao konnte die „Neptuno" und die „Santa Ana" den Händen der Sieger wieder entreißen. Diese fürchteten nun auch für die übrigen Schiffe, die ihre Beute geworden waren und steckten daher die „San Agustin", die „Argonauta" und die „Trinidad", das damals größte Schiff der Welt, in Brand. Bei Trafalgar versank für lange Zeit die Seemacht Spaniens in den Wellen des Meeres. Die Spanier hatten ihre Flotte dem Ehrgeiz Napoleons zum Opfer gebracht.
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F o n t a i n e b l e a u , E l E s k o r i a l u n d A r a n j u e z . Der Günstling des Königspaares war jetzt allmächtig, wenngleich sich im Hintergrunde bereits ein Sturm zusammenbraute. Die Unzufriedenen scharten sich um den Prinzen von Asturien, weil sie von ihm bessere Zeiten und die Befreiung von jener kriecherischen Gesinnung erhofften, die Spanien in Schmach und Schande gestürzt hatte. Godoy versuchte sich bei Napoleon auf jede Weise einzuschmeicheln und sandte seinen Agenten Eugendo Izquierdo, einen klugen Menschen von auffallender Häßlichkeit, nach Paris. Izquierdo war der Direktor des Naturgeschichtlichen Kabinetts in Madrid und ein alter Freund Lacepedes gewesen, den Napoleon zum Senatspräsidenten gemacht hatte. Durch seine Beziehungen in Paris erreichte er eine direkte Fühlungnahme zwischen dem spanischen Günstling und dem französischen Kaiser. Der Inhalt der Briefe Godoys aus dieser Zeit ist von einer geradezu abstoßenden Niedrigkeit der Gesinnung und Speichelleckerei dem Kaiser gegenüber. Napoleon wünschte Truppen und Geld, und Godoy versprach ihm alles in der Hoffnung auf persönliche Vorteile und machte sogar zynische Andeutungen über die Frage der Thronfolge in Spanien, wobei er sich selbst für den Fall des Todes Karls IV. als Thronanwärter in Vorschlag brachte. Trotz dieses doppelten Spiels wurde Godoy auch weiterhin von seinen königlichen Beschützern mit Gunstbezeigungen überschüttet. Er erhielt den Rang eines Generals und den Hoheitstitel. Godoy aber schrieb an Napoleon: „Ich benutze diese Gelegenheit, um Euch dieses Amt, das mir der König soeben ehrenvollst verliehen hat, zu Füßen zu legen." Obgleich der „Friedensfürst" mit der Gräfin von Chinchön, einer Tochter des Infanten Luis, eines Onkels Karls IV. vermählt war, ging das Gerücht, er sei in geheimer Ehe mit Josefa Tudö, die im Volksmunde „Pepita Tudö" hieß, verbunden. Pepita erhielt den Titel einer Gräfin von Castillo Fiel und Vizegräfin von Rocafuerte. Der Günstling war auch hier wieder einmal Herr der Lage; er ernannte seinen Bruder Diego zum Granden von Spanien und Chef der wallonischen Garde und hatte die Frechheit, dem Erbprinzen Ferdinand eine Heirat mit seiner Schwägerin vorzuschlagen. Auf die Überredungsversuche Godoys erwiderte Ferdinand jedoch: „Lieber will ich mein ganzes Leben lang Witwer bleiben oder in ein Kloster gehen, als der Schwager Manuel Godoys zu werden." An der Einstellung des Thronfolgers war also nicht mehr zu zweifeln. Suchte jedoch Godoy den Schutz Napoleons, so erstrebte auch Ferdinand, der sich hierin von seinem Erzieher, dem Kanonikus Escöiquiz, beraten ließ, die Freundschaft des Beherrschers von Europa. Der diensteifrige Beauharnais, der Botschafter Frankreichs und Schwager der Kaiserin Josephine, brachte eine Vermählung Ferdinands mit einer Base der Kaiserin,
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Mademoiselle Tascher de la Pagerie, in Vorschlag und wollte damit einen Tnimpf gegen den ihm verhaßten Godoy ausspielen, da er selbst viel mehr ?wrf die Seite der jetzt entstehenden Partei des Prinzen von Asturien neigte. Napoleon jedoch verhandelte mit Izquierdo, und der Ehrgeiz des „Friedensfürsten" brachte Spanien eine neue Enttäuschung, die der Auftakt zu dem schwärzesten Verrat werden sollte: dem Vertrag von Fontainebleau. Napoleon, der empört war, daß Portugal seine Häfen nicht gegen England geschlossen hatte und damit seiner despotischen Forderung der Kontinentalsperre nicht nachgekommen war, hatte die Eroberung Portugals und die Aufteilung seiner Besitzungen angeordnet. Er besetzte die Staaten der Königin von Etrurien, einer Tochter Karls IV., die er für diesen Verlust nun irgendwie entschädigen mußte. So wurden denn folgende Vertragspunkte festgelegt: die Könige von Etrurien sollten zum Austausch gegen ihr Reich den nördlichen Teil Portugals erhalten; der südliche Teil (Alemtejo und Algarve) sollte ein erblicher Besitz des „Friedensfürsten" werden und über den mittleren Teil zwischen dem Douro und dem Tejo erst beim allgemeinen Friedensschluß eine endgültige Verfügung getroffen werden. Die portugiesischen Kolonien wollte man unter Frankreich und Spanien aufteilen, und wie in einer grotesken Komödie sollte Karl IV. den Titel eines Kaisers beider Amerika annehmen. Einer geheimen Abmachung zufolge sollten 28 000 französische Soldaten in Spanien einrücken, um dann gemeinsam mit der gleichen Anzahl spanischer Truppen das portugiesische Gelbiet zu erobern. Diesem ersten Truppeneinmarsch sollten noch weitere 40000 Mann folgen, die sich in Bayonne sammeln sollten (1808). Die Ereignisse überstürzten sich nun. Im Eskorial setzten der Prinz von Asturien und seine Freunde ihre Umtriebe gegen Godoy fort. Ferdinand schrieb eine lange, von Escöiquiz diktierte Denkschrift nieder, die Karl IV. die Augen über die Geschehnisse in seiner Umgebung öffnen sollte. Plötzlich aber wurde alles entdeckt — auch die Spione Godoys waren nicht untätig gewesen. Der „Friedensfürst" selbst täuschte einen Rheumaanfall vor und blieb in Madrid; die Königin aber ging mit aller Entschiedenheit vor, ließ Ferdinand rufen und seine gesamte Korrespondenz durchsuchen. Ein Bote nach dem anderen mußte nach Madrid eilen, um Godoy von dem jeweiligen Stand der Dinge zu unterrichten. Alle Diener des Prinzen wurden verhaftet. Der Präsident des Kastilienrates, Marquis von Caballero, unterzog den Prinzen, der drei Tage lang von der Außenwelt vollkommen abgeschlossen wurde, einem strengen Verhör. Einem solchen Vorgehen war Ferdinand nicht gewachsen: er wurde schwach und nannte seine Mitverschworenen: Escöiquiz und den Herzog von Infantado. Die Briefe, die der spanische Thronerbe nun an seinen Vater schrieb, sind geradezu ein Musterbeispiel von Feigheit und Schwäche. „Mein Herr
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und Vater", heißt es da, „ich habe ein Verbrechen begangen und Eure Majestät als König und Vater schwer verletzt. Aber ich bereue meine Handlungen und gelobe Eurer Majestät meine demütigste Unterwerfung. Ich hätte nichts ohne Wissen Eurer Majestät unternehmen dürfen, aber ich habe midi überrumpeln lassen. Die Namen der Schuldigen habe ich genannt, nun bitte ich Eure Majestät mir zu verzeihen zu wollen, daß ich gestern abend gelogen habe, und mir zu gestatten, Eure königlichen Füße zu küssen als Euer dankbarer Sohn Ferdinand." Der Prinz erhielt die Verzeihung seines Vaters und Herrschers, und damit war dieses Zwischenspiel für ihn erledigt. Für seine Mitschuldigen jedoch beantragte der Staatsanwalt die Todesstrafe. Da aber griff ein edler und unparteiischer Mann, die Verkörperung der Gerechtigkeit selbst, in den Gang der Dinge ein: Don Eugenio Alvarez Caballero, einer der Staatsräte von Kastilien, der dem Gerichtshof angehörte, vor dem dieses Verbrechen der Majestätsbeleidigung verhandelt werden sollte. Caballero war schwer erkrankt und bat seine Amtskollegen, sie möchten ihm gestatten, daß er sich in diesem Zustand in den Sitzungssaal bringen lasse. Die Richter begaben 9ich daraufhin in die Wohnung Caballeros und trafen ihn aufrecht im Bette sitzend an, mit der Toga und sämtlichen Abzeichen seiner Würde geschmückt. Er teilte seinen Kollegen mit, daß er an die Unschuld der Angeklagten glaube, und diese schlössen sich der Meinung Caballeros an und diktierten einen Freispruch. Zwei Tage später starb Caballero. Der Hof verurteilte sodann auf Betreiben Godoys und Maria Luises die angeblich Schuldigen zur Verbannung. Französische Historiker behaupten, der spanische Hof und vor allem Godoy hätten vor der Schlacht bei Jena ein doppeltes Spiel getrieben, aber auch das würde nicht das schändliche Vorgehen des französischen Verbündeten entschuldigen können, der sich die freundschaftliche Haltung Spaniens zunutze machte, um in Ruhe alle Festungen in der Nähe der Pyrenäen zu besetzen, während ein vertrauensvolles Volk mit Jubel die Truppen jenes Mannes empfing, in dem es seinen Befreier erblickte, da es glaubte, er würde es von dem Joch des verhaßten Günstlings befreien. Infolge dieses unerhörten Betruges befanden sich plötzlich San Sebastián, Pamplona und Barcelona in den Händen der Franzosen. Bald aber klärte sich der unheilvolle Irrtum auf, und nun, wo der Zauber gebrochen war, sollte Napoleon, der allmächtige Herrscher Europas, der Zepter und Kronen nach seinem Gutdünken verteilte, die grausamste Überraschung und die gerechteste aller Enttäuschungen erleben. Murat, der Schwager Napoleons, Großherzog von Berg, befand sich als Stellvertreter des Kaisers in Spanien und war bereit, allen Befehlen — bis jetzt waren es deren nur wenige und beschränkte — blinden Gehorsam zu leisten. Er träumte davon, selbst den spanischen Thron besteigen zu
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können, und ahnte nichts von den letzten Plänen Napoleons, als er nahe vor Madrid erfuhr, daß eine Revolution ausgebrochen und Karl IV. nicht mehr König der Spanier sei. Was war geschehen? W i r wollen jetzt darüber berichten. Bei der Nachricht, daß die Franzosen die Grenzfestungen besetzt hatten, bemächtigte sich des Hofes eine grenzenlose Bestürzung. Godoy sah plötzlich seinen Irrtum ein, und auch Karl IV. und Maria Luise fiel es wie Schuppen von den Augen. Die Ankunft des spanischen Agenten Izquierdo, der neue Einzelheiten über die traurige Wahrheit berichten konnte, bestätigte die schlimmsten Ahnungen. Nun galt es zu fliehen. Die königliche Familie, so beschloß man in aller Eile, sollte 9ich nach den amerikanischen Besitzungen begeben. Das Volk aber mit seinem sicheren Instinkt ahnte die wahren Zusammenhänge und richtete seinen Haß jetzt gegen den Mann, den es als den Urheber all des Unheils ansah. Vor dem von dem Friedensfürsten bewohnten Schlößchen in Aranjuez kam es am 17. März zu einem Volksauflauf. Als die Wache heranrückte, um die Menge auseinanderzutreiben, fiel ein Schuß, und nun drängte sich das Volk, das durch die einbrechende Dunkelheit noch wilder gemacht wurde, herzu, drückte die Türen des Schlosses ein, zertrümmerte die Möbel, brannte und plünderte, hatte jedoch die Enttäuschung, den Herrn des Hauses nicht vorzufinden. Karl IV., der jetzt alle Fassung verloren hatte, gab dem Drängen seines Hofes nach. Die Stunde des Unheils war über Godoy hereingebrochen: der König entsetzte ihn aller ihm vorher verliehenen Würden und Titel. Mit Jubel hörten die Madrider diese Nachricht; doch das Volk, das persönlich Rache nehmen wollte, drang in das Haus des gestürzten Günstlings ein und entdeckte ihn in einer Bodenkammer, wo er sich 36 Stunden lang in einer Matte verborgen hatte, bis der Durst ihn zwang, aus seinem Versteck hervorzukommen. Unter Schlägen und Püffen schleppten sie den Mann, der Wunden im Gesicht hatte und mit einem alten Mantel und einem eingebeulten Dreispitz bekleidet war, vor den Prinzen von Asturien. „Ich bitte Eure Majestät um Gnade!" rief der gestürzte Minister mit flehender Stimme. — „Manuel, du vergißt, daß mein Vater noch lebt." — „Dann bitte ich Eure Majestät, mir meine Beleidigungen zu vergeben." „Die Beleidigungen, die du mir angetan hast, sind vergeben; Spanien aber mußt du Rechenschaft ablegen über das Unheil, das du ihm zugefügt hast. Der Staatsrat wird dich richten." Karl IV. und Maria Luise fürchteten nun um ihre persönliche Sicherheit. Der König ließ den Prinzen von Asturien rufen, und im Hinblick auf den Druck, den der Hof auf ihn ausübte, übergab er ihm seine Abdankungserklärung. Damit war die Regierungszeit Karls IV. beendet, und es
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begann diejenige Ferdinands VII. Der Verrat am spanischen Volke aber hatte noch nicht sein Ende gefunden. In Aranjuez hatte der Prinz von Asturien bereits mit dem französischen Botschafter konspiriert, während das frühere Königspaar sich an Murat wandte, der versprach, ihm im Namen des französischen Kaisers seinen Schutz angedeihen zu lassen. Der Höhepunkt des Dramas war noch nicht erreicht. Karl IV. war einer der unglücklichsten Könige, die Spanien je gehabt hat, und auch in der äußeren Erscheinung dieses spanischen Herrschers kommt seine kleinmütige Natur zum Ausdrude. Er hatte große Augen, mit einem erschreckten Blick, eine fliehende Stirn, eine lange, fleischige Nase, die auf den schmalen Mund herabgebogen war, ein gekrümmtes Kinn und ein rosig-weißes Gesicht unter der gepuderten Perrücke. Der dicke Körper stand auf festen, vom vielen Jagen und Reiten muskulös gewordenen Beinen. Auf seinem Gesicht lag stets ein gutmütiges Lächeln und ein friedfertiger Ausdruck. Das war der Mann, der dazu bestimmt war, im kritischsten Augenblick der spanischen Monarchie das Zepter zu halten. Dieser Monarch mit seinem recht beschränkten Verstand und der Güte, die schon an Dummheit grenzte, ließ sich ganz und gar von Maria Luise beherrschen, die ihrerseits bestimmt kein Muster der Tugend war. Er ertrug die Anmaßung eines Günstlings bis zur Grenze der Selbsterniedrigung. Schwach, unentschlossen und willenlos ließ er sich stets von anderen regieren und regierte niemals selbst. Mit seinem Großvater Philipp V. läßt er sich überhaupt nicht vergleichen; die Charakterstärke, die dieser bei vielen Gelegenheiten bewiesen hatte, fehlte ihm nur allzusehr. Der Enkel wußte seine Autorität so wenig zu wahren, daß er Spanien, den Thron und seine eigene Würde in die höchste Gefahr brachte. Die Gestalt Godoys ist vielumstritten, und der Drang, die düsteren Farben in seinem Bilde noch düsterer zu malen, hat die Wahrheit vielfach entstellt. Die französischen Autoren bezeichnen ihn als einen ehrgeizigen Menschen von mittelmäßiger Begabung, dessen ganzes Sinnen und Trachten darauf gerichtet war, möglichst viele Reichtümer anzusammeln. Für sie ist er das Urbild der Eitelkeit und Falschheit; sie nennen ihn indolent, korrupt und käuflich. Nun war Manuel Godoy zwar kein großer Staatsmann und auch kein genialer Kopf — will man ihn jedoch als völlig talentlos hinstellen, so trifft man auch nicht die Wahrheit. Der Mann aus Badajoz verfügte über einen klaren, aufgeweckten Verstand und eine scharfe Auffassungsgabe, mit der er Aranda die Kunst des Regierens viel schneller absah, als der alte Aragonese es gewünscht hätte. Der Neid, der sich sofort gegen diesen Menschen erhob, der in so jungen Jahren einen derartigen Aufstieg erlebte, veranlaßte manche ungerechte Nachrede und Fehl-
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urteile über die angebliche Unfähigkeit Godoys, gerade als er mit einer nicht zu leugnenden Geschicklichkeit das spanische Nationalgefühl für den Krieg gegen das revolutionäre Frankreich auszunützen verstand. Später wieder hatten allzu viele ein Interesse daran, seine außerordentlichen Fähigkeiten zu rühmen und die Aureole seines Ruhms, die seine großen Mißgriffe verdecken sollte, noch glänzender zu gestalten, bis dann am Tage seines Sturzes der Volkshaß plötzlich wieder ausbrach, der sich nun schadlos halten konnte an diesem Manne, der nicht mehr die Macht besaß, sich dafür zu rächen. Ereignissen von so ungeheurer Tragweite, wie sie vor den Augen des früheren Gardeoffiziers in schwindelnder Schnelle abrollten, war Godoy nicht gewachsen. Im Anfang hatte ihn der Ruhm Napoleons geblendet, dann hatte ihn die Macht des Korsen so eingeschüchtert, daß er sich zu einer namenlosen Unterwürfigkeit und Liebedienerei veranlaßt sah. Die Eitelkeit und das Bestreben, um jeden Preis seine Machtstellung zu halten, hatten Godoy in der letzten Etappe seiner Amtszeit blind gemacht. So kam es, daß er sein Vaterland verkaufte, ohne sich vielleicht der Schwere des Verbrechens, das er beging, ganz bewußt zu sein. 25.
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DIE SPANISCHE Z I V I L I S A T I O N Z U R Z E I T DER B O U R B O N E N D i e ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n . Autoritärer und zentralistischer noch als die Herrscher aus dem Hause Habsburg dachten die Bourbonen, so daß im 18. Jahrhundert das absolutistische Regime in Spanien noch ausgeprägter wurde. Mitte dieses Jahrhunderts kam zudem in Europa der „aufgeklärte Despotismus" auf, dessen bedeutendste Vertreter Tanucci in Neapel, Choiseul in Frankreich, Friedrich II. von Preußen, Katharina II. von Rußland, Minister Pombai in Portugal und in Spanien die Minister Karls III. waren. Nach dieser Theorie waren alle Völker sozusagen minderjährig und der Vormundschaft bedürftig, und diejenigen Männer, die sich in die Erfordernisse am besten einzufühlen verstanden, sollten die Regierung bilden und Reformen einführen, die zum Besten des Volkes dienten. Diese Reformen sollten sich sowohl auf das geistige wie auf das wirtschaftliche Gebiet erstrecken; die Regierungen sollten es sich angelegen sein lassen, die Kultur und den Wohlstand ihrer Untertanen zu fördern. Auf diese Weise wurde der Grund zu einem wirklichen Fortschritt gelegt. Sehr interessant ist in dieser Zeit die Entwicklung der Thronfolgerfrage. Philipp V. hob das hierauf bezügliche Gesetz der „Partidas" auf und erließ das sogenannte „auto acordado", wonach die weiblichen Mit-
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glieder des Königshauses von der Thronfolge ausgeschlossen wurden. Es wirkt dabei recht seltsam, daß ausgerechnet ein Monarch, der seine Krone seinen weiblichen Vorfahren verdankte, eine derartige Verfügung trifft, die das salische Gesetz in Spanien einführt. Karl IV. hatte dann die Absicht, das „auto acordado" zugunsten des alten spanischen Gesetzes wieder aufzuheben, es kam jedoch nicht zur Veröffentlichung dieses Widerrufs. Das ist besonders verwunderlich, da zu dieser Zeit Ferdinand VII. bereits geboren war; vermutlich aber war es die Absicht des Königs, seinen späteren Nachkommen die Krone zu sichern. Die Cortes hatten nur noch eine geringe Bedeutung. Philipp V. berief sie zwar ein, unterband aber jede freie Initiative dieser Körperschaft, während Ferdinand VI. sie überhaupt nicht zusammentreten ließ. Karl III. und Karl IV. beriefen sie nur zur Ablegung ihres Treueides ein, der letztere dazu noch einmal anläßlich der Widerrufung des „auto acordado" Da die politischen Sonderrechte der einzelnen Königreiche abgeschafft waren, nahmen die Bevollmächtigten von Aragon, Katalonien und Valencia an den Cortes von Kastilien teil. Nur Navarra behielt seine eigenen Cortes. Die einschneidendsten Veränderungen aber erfuhr die Organisation der Zentralgewalt. Das System Philipps II. wurde durch ein Ministerium ersetzt. Man schuf den Posten eines Generalintendanten der Finanzen und ernannte vier Staatssekretäre für die Gebiete des Kriegswesens, der Marine, der auswärtigen Angelegenheiten, der Justiz und der kirchlichen Fragen. Der Kastilienrat erstredete seine Tätigkeit auf ganz Spanien und wurde zur wichtigsten Körperschaft des zentralen Verwaltungswesens. Mit seinen verschiedenen Räten war Spanien, wie Alberoni sagte, beinahe eine Republik. Zu Beginn der Regierungszeit Philipps V. wurde der „Despacho universal" geschaffen, der sich aus den Präsidenten der einzelnen Räte zusammensetzen mußte, da ohne deren Stimme nichts entschieden werden konnte. Für jede der fünf Kammern des Kastilienrates wurde ein Präsident ernannt, die Sachgebiete geteilt und die Zahl der Staatsräte erhöht. Als beratende Organe jedoch büßten die einzelnen Räte an Bedeutung ein. Im Jahre 1714 erhielten vier der Staatssekretäre den Ministertitel; 1754 gab es bereits fünf Ministerien, und zur Zeit Karls III. schließlich kam ihre Zahl auf sieben (1787). Floridabianca gründete damals die sogenannte „Junta Suprema de Estado". Nach und nach übernahmen die Minister die Funktionen der Räte. Die einzige Ratsversammlung, die sich ihren Einfluß erhalten konnte, war der Königliche oder Kastilienrat, dessen Präsident als der höchste Staatsbeamte angesehen wurde. Durch die Verordnungen Philipps V., die auf die Einführung des Zentralismus nach französischem Muster abzielten, verschwand die Autonomie
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der Stadtverwaltungen. Im Jahre 1716 wurde das „Decreto de Nueva Planta" veröffentlicht, das die Abschaffung der politischen und wirtschaftlichen Sonderrechte Kataloniens enthielt und den Gebrauch der katalanischen Sprache innerhalb der Justizverwaltung und der Bürgerwehr verbot. Diese Maßnahme bedeutete eine Vergeltungsmaßregel für die Förderung, die die Katalanen der Sache des Erzherzogs Karl gewährt hatten. Die baskischen Provinzen bewahrten ihre selbständigen Rechte, sahen sich jedoch gezwungen, die Vertreter der Zentralgewalt in ihre Körperschaften aufzunehmen und die Zollgrenze gegen Kastilien fallen zu lassen. Navarra hatte neben den eigenen Cortes immer noch eine selbständige „Diputación", einen Staatsrat und eine Rechnungskammer. Außerdem gab es weiterhin navarrisches Geld, und die Bürger der Provinz waren von der Entrichtung bestimmter Steuern befreit. Die Zollgrenze lag auf der Ebrolinie. Die Verwaltung der einzelnen Provinzen war Sache der „Audiencias", die zugleich auch richterliche Funktionen ausübten. Neue Audencias wurden in Valencia, Zaragoza, Barcelona, Mallorca, Asturien und Extremadura gegründet. Das Amt des Corregidors, der nächst den Audiencias die höchste Gewalt innehatte, blieb bestehen. Die Stadtverwaltungen unterstanden den Inspektoren der Zentralgewalt. Karl III. schuf den Posten der sogenannten „diputados del Común", und „síndicos personales", die von den Gemeinden in indirekter Wahl gewählt wurden. Diese konnten, ebenso wie die Corregidores, den niederen Volksschichten entstammen. Der Heeresdienst war zuerst freiwillig, später erfolgte die Rekrutenaushebung nach dem Prinzip der „quintas", einer Auslosung, bei der jeder fünfte Mann eingezogen wurde. Daneben wurden auch die Landstreicher zwangsgemäß zum Heeresdienst herangezogen. Die bestausgebildeten Truppen jedoch waren die ausländischen Korps der Schweizer und Wallonen. Der flämische Ingenieur Verboom organisierte das Pionierkorps (1711), und auch bei der Artillerie wurden verschiedene Neuordnungen vorgenommen. Daneben gab es noch besondere Truppen wie das Gardekorps, die Königliche Leibwache und die berittenen Karabiniers, die die besondere Aufgabe hatten, flüchtige Verbrecher einzufangen. Die Provinzialmilizen bildeten die Reservetruppen. Wie wir bereits erwähnten, war der Marquis de la Ensenada der große Reformator der spanischen Marine. Sein Sturz wurde in London mit Feuerwerk und Volksfesten gefeiert. D a s W i r t s c h a f t s l e b e n . Zur Zeit Philipps V., in der die Zentrale Rentenkasse geschaffen wurde, begannen die Reformen auf dem Gebiet des Finanzwesens. Amelot setzte die Ein- und Ausreisegebühren fest und trennte diese Abgaben von den persönlichen Steuern, die sowohl Ausländer wie Spanier zu leisten hatten. Außerdem schlug er die Aufhebung der an die Kirche zahlbaren Kreuzzugs- und Sonderabgaben vor und wollte auch
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von den Angehörigen der Geistlichkeit die Verkaufssteuer erheben, wobei er verfügte, daß sie ohne Genehmigung des Königs keinerlei Besitz erwerben dürften. Alle diese Reformvorschläge konnten jedoch nicht in die Praxis umgesetzt werden, da die privilegierten Stände energischen Widerstand leisteten. Die Nachfolger Amelots verfolgten jedoch den von ihm eingeschlagenen Weg weiter, so daß auch Patiño und Campillo als Neuerer in diesem Sinne zu betrachten sind. Eine Hauptsorge aller Minister bis zur Regierungszeit Karls III. galt der Verbesserung des Lebensstandards der unteren Volksschichten. Zur Zeit dieses Herrschers erreichten diese Bestrebungen dann ihren Höhepunkt durch die Tätigkeit fortschrittlich gesinnter Männer wie Campomanes und Jovellanos, die dauernde Erfolge erzielen konnten. Campomanes veröffentlichte einen „Discurso sobre el fomento de la industria popular" und verteidigte, ebenso wie Jovellanos und Floridablanca, das Privateigentum gegen die Mißbräuche, die bei den Viehzüchtervereinigungen eingerissen waren, welche kraft ihrer Vorrechte den kleinbäuerlichen Besitz ruinieren zu können glaubten. Zur Zeit Ferdinands VI. gründete man die öffentlichen Leihhäuser und plante den Bau des Kastilienkanals. Die Minister Karls III. führten die Bauarbeiten an den Kanälen von Aragón, Kastilien, Campos, Tortosa und Tauste sowie am Manzanares und im Guadarrama weiter. In Aranjuez wurde eine praktische Landwirtschaftsschule eingerichtet. Die großen Förderer der spanischen Nationalindustrie aber waren die „Sociedades Económicas de Amigos del País". Der Gedanke zu ihrer Gründung entstand in einem Zirkel hochgebildeter baskischer Persönlichkeiten unter dem Vorsitz des Grafen von Peñaflorida. Dann wurde die von Karl III. selbst geförderte „Sociedad Vascongada" gegründet. Bald danach kam das „Seminario de Vergara" hinzu, dem etwas später die „Sociedad Económica Matritense" (1788) und die „Sociedad de Damas" folgten, worauf sich die Einrichtung derartiger Finanzgesellschaften rasch über die ganze Halbin-sel verbreitete. Größte Förderung auf dem Gebiet der öffentlichen Arbeiten und Bauten verdankt Spanien dem Minister Floridablanca; 195 Meilen Landstraßen und 11 Brücken wurden auf seine Veranlassung gebaut. Madrid wurde durch ausgezeichnete Straßen mit Irún, La Coruña, Valencia, Sevilla und Cádiz verbunden. Zwischen der spanischen Hauptstadt und Cádiz, Barcelona und Frankreich wurde ein regelmäßiger Postdienst eingerichtet. Dank der Beharrlichkeit des Kanonikus Pignatelli wurde der große Ebrokanal vollendet. Gleichzeitig schuf man in dem Gartenland um Lorca und in der Ebene vor Urgel ausgedehnte Bewässerungsanlagen durch Anlegung
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von Kanälen. Auch der Aquädukt von Lozoya, der Madrid mit Wasser aus dem Guadarramagebirge versorgte, wurde jetzt fertiggestellt. Die Industrie machte rasche Fortschritte dank der neuerteilten Arbeitserlaubnis für Frauen in Fabriken und Werkstätten. Musterschauen wurden veranstaltet und technische Schulen gegründet. Das herrschende Wirtschaftsprinzip für die oberen Schichten war die Begünstigung der nationalen Industrie in ihrer Konkurrenz mit der ausländischen, vor allem der französischen und englischen. Mit großem Eifer ging man an die Ausbeutung des Mineralreichtums der Halbinsel (Salz, Kupfer, Natron, Eisen). Die königlichen Fabriken in Guadalajara, Chinchón, Brihuega und San Fernando lieferten feine Tuche. Ihre inländische Konkurrenz waren die Werke von Segovia und Valdemoro, die über 30 000 Arbeiter beschäftigten. Gleichzeitig nahmen aber auch die Tuchfabriken von Vizcaya, Katalonien und Andalusien einen großen Aufschwung. Feine und grobe Stoffe wurden in Avila, San Ildefonso, Cádiz und El Ferrol hergestellt, Kattun in Barcelona, Seidenstoffe und Bänder in Valencia, Talavera, Barcelona und Sevilla. In diesem letzteren Manufakturzweig arbeiteten allein 6 0 000 Arbeiter. Die Lederindustrie blühte in Burgos und Reus, die Porzellanindustrie in El Retiro und die Glas- und Spiegelindustrie in La Granja. Auch für die Papierfabriken Kataloniens war jetzt eine Zeit des Aufschwungs gekommen. W o man überhaupt hinblickte, erlebte man eine wahre Auferstehung der Industrie. Der neuaufgekommene Gedanke der Handels- und Arbeitsfreiheit bewirkte, daß die strengen Bestimmungen der Zünfte und Innungen wesentlich gelockert wurden. Mit der Aufhebung der Zollschranken, die den Umlauf der Erzeugnisse erheblich erschwert hatten, ging ein neuer Aufstieg des Handels Hand in Hand. Die Außenhandelsziffern erhöhten sich infolge des Vertrags mit der Türkei, und der freie Handel nach Amerika brachte eine Verdoppelung des spanischen Kolonialhandels mit sich, dessen Umsatz sich 1788 auf den Jahresdurchschnitt von zweihundert Millionen Peseten belief. Die Zahl der Handelskonsulate stieg beständig, und die Kaufleute schlössen sich zu großen Firmen und Gesellschaften zusammen, während der Handelskredit durch die Gründung der Bank von San Carlos gehoben wurde. G e s e l l s c h a f t u n d R e c h t . Ein deutlicher Beweis des Fortschritts auf allen Gebieten war der Zuwachs der Bevölkerung, die sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts von 5 auf 11 Millionen Menschen erhöhte. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatten die Bemühungen des Marquis del Puerto, José Borras 5 , des Paters La Croix, des Grafen von Esminieres und des Iren B. Ward um die innere Kolonisation. Zu Ende geführt wurde dieses Werk, wie wir bereits erwähnten, durch Olavide. Weitere Siedlungsaktionen halfen zur Erhöhung des Wohlstands und Reichtums, die unBallosteres, Spanien
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mittelbar mit der Vermehrung der Bevölkerungsdichte zusammenhängt. In Extremadura, in Encina del Príncipe, in Alcudia auf Mallorca und auf den unbebauten Landstrecken bei Espiel und Orihuela wurden Kolonien gegründet. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten blieben die gleichen, wie sie in der Zeit der Habsburger gewesen waren. Neue Ideen jedoch, die aus dem Ausland hereindrangen, verkündeten auch in Spanien die Gleichheit aller vor dem Gesetz; und die aufklärerischen Wirtschaftstheoretiker, die vom allgemeinen Wohl des Volkes ausgingen, begannen, gegen die Stellung der bevorrechteten Stände Sturm zu laufen. Beispiele für diese Geistesrichtung bilden der von Campomanes verfaßte „Tratado de la regalía de amortización 7 ' und der „Informe de una ley agraria" des Jovellanos. Die Verfasser dieser Schriften richteten sich gegen die Majorate und die Besitztümer der toten Hand. Daneben strebte man an, auch den Kirchembesitz ebenso wie den weltlichen mit Steuern zu belasten. Karl III. verbot den Ankauf neuer Güter durch die tote Hand ohne ausdrückliche königliche Genehmigung, und Karl IV. veröffentlichte ein Gesetz (1789), das den Verkauf aller den Hospitälern, Hospizen und Bruderschaften gehörenden Liegenschaften verfügte. Bedauerlicherweise sollte die Veräußerung dieser Besitztümer nur dazu dienen, einen schmachvollen Tribut an Frankreich abzuzahlen. Hinsichtlich der Besteuerung und der Stellung vor Gericht konnte der Adel seine Vorrechte wahren. Neue Adelspatente wurden verliehen und der Orden Karls III. sowie der der Adligen Damen Maria Luises gegründet. Im 18. Jahrhundert erfolgte die Wiedereinrichtung der Kavalierschulen in Sevilla, Granada, Ronda, Valencia und Zaragoza. Auch die Zahl der Adelsbesitze stieg an. Die Stellung der untersten Volksschichten blieb, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, unverändert. Der Mittelstand dagegen nahm ständig zu. Zu ihm gehörten die Juristen, Kaufleute, kleineren Landbesitzer und Beamten. Bürgerliche Berufstätigkeit galt auch weiterhin als unvereinbar mit dem Adelsstand, und vergebens erließ Karl III. im Jahre 1789 eine Verordnung, die eine Bestätigung einer früheren aus der Zeit der Habsburger enthielt und besagte, daß die Ausübung eines Berufes durchaus ehrenhaft und eines Adligen würdig sei. In der Stadt konnte der Arbeiter seine Lage verbessern, auf dem Lande jedoch hatte er immer noch die größten Entbehrungen zu erdulden. In seinen verschiedenen Erlässen traf Philipp V . strenge Verfügungen, die dem Wanderleben der Zigeuner ein Ende machen sollten, doch auch hier war alle Mühe umsonst. Karl III. verfolgte eine mehr humanitäre Politik. Die sogenannten „moros cortados", die freien Muslim, wurden im Jahre 1712 ausgewiesen. Auf Mallorca genossen die
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„chuetas", die Nachkommen der dortigen Juden, den Schutz Karls III. Die Sklaverei war gesetzlich anerkannt. Urquijo hatte den Plan, sie abzuschaffen, konnte aber mit seinen Vorschlägen nicht durchdringen. Auf dem Gebiet der Rechtsprechung erhob sich infolge der Vielheit und des widersprechenden Inhalts der einzelnen Gesetze die dringende Notwendigkeit einer Neuredigierung der wichtigsten Gesetzessammlungen, da auch die „Nueva Recopilación" den Zweck, den man mit ihr verfolgt hatte, nicht erfüllen konnte. Ensenada legte den Plan zu einem neuen Kodex vor, und Juan de la Reguera, der Oberriditer von Granada, verfaßte die „Novísima Recopilación", eine äußerst mangelhafte Gesetzessammlung. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde in Katalonien eine Sammlung der dortigen Gesetze veröffentlicht, und Campmany schrieb seinen „Código del Consulado". Schon vorher war in Navarra die sogenannte „Novísima Recopiliación de Elizondo" erschienen (1726). D a s k u l t u r e l l e L e b e n . Zwei Ideen waren es vor allem, die es im 18. Jahrhundert auf dem Gebiet des höheren Erziehungswesens durchzusetzen galt: die Idee der positiven Wissenschaft und die der Säkularisation, d. h. also die nützliche Anwendung der Wissenschaften und das Aufräumen mit dem Wissenschaftsmonopol der Kirche. Hinsichtlich dieser letzteren Bestrebungen nahm die Regierung so durchgreifende Maßnahmen vor, daß ihre Haltung geradezu als kirchenfeindlich und sektiererisch angesehen werden konnte. Auf den Universitäten wurden große Neuerungen durchgeführt. Die früheren Inspektoren wurden durch Direktoren auf Lebenszeit ersetzt. Ferner mußten die Universitäten Lehrpläne und Verbesserungsvorschläge ausarbeiten. Die Universität von Salamanca zeigte sich hierbei als Verteidigerin der Tradition, während in Alcalá, Granada und Valencia begeisterte Anhänger der neuen Ideen das Wort führten. In den höheren Kollegien war es zu Mißbräuchen gekommen, gegen die sich vor allem Pérez Bayer, ein Hochschullehrer aus Salamanca, mit aller Entschiedenheit wandte. Daraufhin erfuhren zunächst die Statuten der Kollegien eine Veränderung, bis man schließlich zur Zeit Godoys zur Einziehung ihrer Güter schritt. Außerhalb der Universitäten wurden verschiedene höhere Lehranstalten neu geschaffen, wie z. B. die Chirurgenschule von San Carlos in Madrid (1787), die Kliniken des „Hospital General", die Medizinische Akademie, die Botanischen Gärten in Madrid und Sanlúcar, die Akademien für Mathematik und Rechtswissenschaft, die Observatorien in Cádiz, San Fernando und Madrid, das Chemische Laboratorium, die Tiefbauingenieurschule und das Naturwissenschaftliche Kabinett. Zur Zeit Philipps V. wurden die Königliche Sprach- und die Geschichtsakademie gegründet und während der Regierung Ferdinands VI. die 29*
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Akademie für Schöne Künste. Mit der Einrichtung der Königlichen Bibliothek, die den Grundstock der heutigen Nationalbibliothek bildet, begann man zur Zeit des ersten Bourbonenkönigs. Große Bedeutung erlangte daneben die Bibliothek von San Isidro. Auf Veranlassung des Ministers Campomanes gründete man das Kolonialarchiv (Archivo de Indias) in Sevilla und brachte auch die auf die amerikanischen Kolonien bezüglichen Urkunden und Schriften aus dem Nationalarchiv in Simancas hierher. In das ausgehende 18. Jahrhundert fällt die Einrichtung des Archivs der Krone von Aragón und die des Archivs der Rechnungskammer von Navarra. Jovellanos bemühte sich, das geistige Niveau der Universität Salamanca zu verbessern und die Lehrpläne dem neueren Stand der Wissenschaften anzupassen. Außerdem gründete er das Königliche Institut von Gijón und förderte die Ausgrabungsarbeiten in Termes, Clunia, Cabeza de Griego und Numantia. Der Grundschulunterricht war, vor allem nach der Vertreibung der Jesuiten, mehr als mangelhaft. Godoy gründete das von Schweizern geleitete „Real Instituto Militar Pestalozziano". Auch die „Sociedades de Amigos del País" bemühten sich um eine bessere Ausgestaltung des Volksschulunterrichts. Die neuen philosophischen Richtungen konnten auch auf der Pyrenäenhalbinsel mit würdigen Vertretern aufwarten. So hatte der Skeptizismus als bedeutendsten Vertreter den Doktor Martínez und die Philosophie Gassendis den Pater Tosca. Vorkämpfer des Sensualismus waren der Portugiese Verney, der diese Lehre auch nach Spanien brachte, der Doktor Antonio Eximeno aus Valencia und Don Valentín Foronda. Die Lehrer der Universität Salamanca vertraten materialistische Theorien. Auch die katholische Philosophie hatte in Spanien bedeutende Anhänger, unter denen wir vor allem den Zisterzienser Rodríguez, den aragonesischen Arzt Andrés Piquer, den Kanonikus Fernandez Valcárcel, den Dominikaner Alvarado und schließlich auch Jovellanos erwähnen. Ak Botaniker taten sich im 18. Jahrhundert Asso, La Gasea, Aymerich, Cornide, der Pater Molina, Ruiz y Pavón, Mutis, vor allem aber José de Cavanilles hervor. Untersuchungen auf dem Gebiet der Elektrizität widmeten sich mit Erfolg Silva, Campillo und Ruiz de Luzuriaga. Der Ingenieur Clavijo erfand die bei Entwässerungsarbeiten zu verwendenden Dampfpumpen, während Mesa, López Arroyo, der Marquis de la Romana und Redondo als Erfinder neuer Maschinen auftraten. Wichtige Fortschritte wurden auf dem Gebiet der Mineralogie erzielt. Berühmte spanische Ärzte des 18. Jahrhunderts waren Piquer, Virgili, Gimbernat, Casal,Salvá, Balmís, Santpons, Iberti und die Augenärztin Doña Victoria Feliz. Als große Mathematiker nennen wir Cerdá, Chaix, Jorge Juan und Ulloa. Ein
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Finanzwirtschaftler von Ruf war Larruga und ein angesehener Philosoph der Pater Hervás y Panduro, einer der ausgewiesenen Jesuiten, der den berühmten „Catálogo de las lenguas" schrieb. Seinen Anteil am Ausbau der geographischen Forschungen lieferte Spanien mit Werken wie dem „Teatro Americano" des José Antonio de Villaseñor und dem „Diccionario geográfico-histórico de las Indias Occidentales o América" von Dionisio und Antonio Alcedo (Vater und Sohn). Juan de la Cruz Cano ist der Autor einer Landkarte von Südamerika und Don Vicente Tofiño gab einen „Atlas marítimo español" heraus. Ein weiterer bekannter Kartograph war Tomás López. An Reisebeschreibungen erschienen die des Fregatienfähnridis Ziur und die des Seemannes José Manuel de Moraleda. Berühmt wurden die von Alejandero Malaspira und José de Bustamante durchgeführten Fahrten der Korvetten „Descubierta" und „Atrevida". Auf den Schonern „Sutil" und „Mexicana" unternahmen Dionisio Galiano und Cayetano Valdés, der Held vonTrafalgar, zusammen mit den Engländern eine Forschungsreise nach Vancouver und dem Golf von Georgia. Eine wissenschaftliche Expedition nach Ekuador führten die französischen Akademiker Godin, Bouger und La Condamine gemeinschaftlich mit den Spaniern Antonio de Ulloa und Jorge Juan durch. Große Bedeutung erlangte auch die wissenschaftliche Forschungsarbeit des Geographen José Celestino Mutis in Kolumbien. Zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde das „Depósito de Hidrografía" gegründet. Die Reihe berühmter Männer auf diesem Gebiete schließt mit dem großen Geographen Isidoro de Antillón. Eine der wichtigsten Errungenschaften des 18. Jahrhunderts war der Aufschwung der historischen Studien. Gerade dieses Jahrhundert, das viele so in Grund und Boden verdammen, hat uns ein hohes Beispiel an Beharrlichkeit und Fleiß hinterlassen und macht, was ihm vielleicht an Originalität mangelt, durch erfolgreiche Forschungstätigkeit wieder wett. Vergleicht man die Werke aus jener Zeit mit der platten Rhetorik aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so erscheint die gutfundierte und gewissenhafte Arbeit der ersteren Wissenschaftler immer noch geradezu glänzend. Wir erwähnten bereits, daß Philipp V. den Gedanken faßte, eine Akademie für Geschichte zu gründen. Diese Maßnahme aber steht nicht vereinzelt da und ist nicht nur für die Pyrenäenhalbinsel kennzeichnend, sondern ist nur der spanische Ausdruck einer allgemeinen europäischen Bewegung. In Frankreich wie in anderen Ländern hatten die einzelnen Forscher sich schon zu wissenschaftlichen Gesellschaften zusammengeschlossen. Wir nennen hier nur die eifrige Gemeinschaftsarbeit der Benediktiner von Sankt Maurus und die der Bollandisten. Auf den Zusammenschluß der kirchlichen Gelehrten folgte bald der der weltlichen.
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Dieser Drang nach Zusammenarbeit hatte sich bereits gegen Ende des vorhergehenden Jahrhunderts fühlbar gemacht. Eine große Persönlichkeit aus jener Zeit ist Don Gregorio Mayans y Sisear, der Bibliothekar Philipps V. und spätere Haushofmeister Karls III. Er gab die Werke des Luis Vives, des Brozas und des Fray Luis de Léon neu heraus und verfaßte die „Orígenes de la lengua española, compuestos por varios autores" sowie verschiedene andere Schriften, die in der wissenschaftlichen Welt Aufsehen erregten. Der Augustinerpater Flórez brachte das bedeutendste spanische Werk des 18. Jahrhunderts, die gewaltige „España Sagrada", heraus, in dem mit umfassendem Wissen Chroniken, Dokumente und ein geradezu unübersehbares Material an Daten und Tatsachen vereinigt und verarbeitet sind. Berganza veröffentlichte seine „Antigüedades de España", Masdeu seine „Historia crítica de España", der Pater Faustino Arévalo gab die Werke des Prudentius und des heiligen Isidor heraus und der Kardinal Lorenzana die „Padres Toledanos" und das „Breviario .gótico". Mit der historischen Methodenlehre befaßten sich Fray Jacinto Segura, der Marquis von Lieo und Fray Miguel de San José, ü b e r Rechtsgeschichte schrieb Martínez Marina, über Wirtschaftsgeschichte Campmany, Sempere, Asso, Larruga und Fray Liciniano Sáenz. Der Münzkunde widmeten sich Velázquez und Pérez Bayer, der provenzalischen Philologie Bastero und der Literaturgeschichte Tomás Antonio Sánchez. Die Ehre, als Vorläufer der modernen wissenschaftlichen Archäologie zu gelten, genießen Pons, Jovellanos, Céan Bermúdez und Bosarte. Zu erwähnen ist hier noch der gelehrte Jesuitenpater Burriel, der Archivforschungen betrieb und sich als Verfasser des berühmten „Berichtes an den Kastilienrat über die Vereinheitlichung der Maße und Gewichte" einen Namen machte. Ein Orientalist von Ruf war der Maroniterbruder Casiri. Auch zwei berühmte Benediktiner kann das 18. Jahrhundert aufweisen: den Pater Sarmiento, dem Spanien neben vielen anderen Werken den „Discurso crítico del origen de los Maragatos" verdankt, und den Pater Feijóo, der das bekannte "Teatro crítico", eine Art zeitgenössischer Enzyklopädie, verfaßte. Unter den Historikern der einzelnen Provinzen sind Fray José Teixidor, Fray Jaime Villanueva, Juan Bautista Loperráez, José Hipólito Ozaeta und Fray Ramón de Huesca zu erwähnen. D i e L i t e r a t u r . Die Literatur des 18. Jahrhunderts kennzeichnet sich in Spanien vor allem durch den vorherrschenden französischen Einfluß. Jetzt entstand der akademische Stil, der Feind jeder originellen und spontanen Schöpfung. Man spürt diesen Geist in der „Poética" des Ignacio Luzán und im „Diario de los Literatos" von Jorge Pitillas.
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Auf dem Gebiet der Lyrik treten auch jetzt nodi Dichter aus den beiden klassischen Schulen von Salamanca und Sevilla auf. Zur ersteren gehören Fray Diego González, José Iglesias de la Casa, der Bukoliker Juan Meléndez Valdés und die vaterländischen Dichter José Manuel Quintana und Juan Nicasio Gallego, zur letzteren Arjona, Blanco White, Reinoso und Alberto Lista. Am stärksten macht sidi der französische Einfluß im Drama bemerkbar. Ein Gegner dieser neuen Richtung war García de la Huerta, der Verfasser einer Tragödie mit dem Titel „Raquel", die zu ihrer Zeit sehr beliebt war. Don Leandro Fernández Moratín dagegen kam den Forderungen Boileaus bezüglich der drei Einheiten gewissenhaft nach: in zwei berühmten Werken, „La comedia Nueva o el Café" und „El sí de las niñas", zeigte dieser Dichter, daß sein Talent sich trotz aller strengen akademischen Regeln durchzusetzen verstand. Ein typisch spanisches Theater vertraten der unvergleichliche Verfasser berühmt gewordener „Saínetes", Don Ramón de la Cruz, und González de Castillo aus Cádiz. Bekannte Vertreter der in dieser Zeit blühenden Lehrfabel wären Iriarte und Samaniego. Satiren in Gedichtform schrieben José Gerardo Hervás, Forner, Cadalso und die beiden Moratins, während Prosasatiren auf die Sitten ihrer Zeit vor allem Vargas Ponce und Jovellanos verfaßten. Der satirische Roman hat einen berühmten Vertreter in dem Pater José Francisco de la Isla, dem Verfasser der reizenden „Historia del famoso predicador Fray Gerundio de Campazas", der eine scharfe Kritik gegen die schlechten Prediger mit ihren gespreizten Redewendungen und hohlen Phrasen enthält. D i e K i r eh e. Der absolutistische Standpunkt der Bourbonen gab Anlaß dazu, daß sich die Beziehungen zwischen Staat und Kirche immer mehr zuspitzten. Als weitere Gründe, die einen Zusammenstoß unvermeidlich erscheinen ließen, kamen hinzu die Ausbreitung des Jansenismus, der Wunsch nach dem unumschränkten Patronat in Westindien, die Lehren der Enzyklopädisten, die weitreichende Gerichtsbarkeit des Tribunals der Nuntiatur, das „regium exequátur", d. h. die Frage der Veröffentlichung von päpstlichen Bullen und Sendschreiben, die umstrittenen Vorrechte der Geistlichkeit hinsichtlich ihrer Unbestrafbarkeit durch weltliche Gerichte, die Frage der Einziehung kirchlicher Güter und die Tendenz zur Erweiterung des kirchlichen Asylrechts und der Macht der Inquisition. Die spanischen Regalisten waren bestrebt, alle Vorrechte und Privilegien Roms auf weltlichem Gebiet zugunsten des Königs einzuschränken. Der Inquisitionsgeriditshof verwaltete die freigewordenen Pfründen, während der Gerichtshof der Cruzada einzuschreiten hatte, wenn eine Pfründe schlecht versehen wurde. Allmonatlich außer in den Monaten
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Mai, Juni, September und Dezember besetzte die Kurie in Rom die durch Tod frei gewordenen Pfründen neu. Neben anderen Erträgnissen fielen ihr dabei die regelmäßigen Einnahmen und die Zinsen der Bankguthaben zu, so daß Rom auf diese Weise jährlich 500 000 Taler erhielt. Die Regalisten wünsditen nun um jeden Preis, diese Macht der Kirche, die der Oberherrschaft des Staates in seinen eigenen Bezirken Einbuße tat, zu brechen. Clemens XI. hatte im spanischen Erbfolgekrieg den Erzherzog von Österreich unterstützt. Das war ein hinreichender Grund für Philipp V., um die Nuntiatur in Spanien aufzuheben. Der Nuntius wurde ausgewiesen und die Beziehungen mit Rom abgebrochen (April 1709). Außerdem erließ der König eine Verfügung, laut der keine römische Bulle mehr in Spanien befolgt werden sollte, und ernannte einen Ausschuß, der die Obergriffe der römischen Kirche zu untersuchen hatte. 1713 wäre es dann beinahe wieder zu einer Aussöhnung zwischen Staat und Kirche gekommen: Aldobrandini verhandelte in Paris mit Macanaz, und die Nuntiatur wurde wieder eröffnet. Doch bald darauf schon wies Alberoni den Nuntius von neuem aus. 1737 schließlich wurde ein Konkordat geschlossen, in dem das kirchliche Asylrecht und verschiedene andere Privilegien der römischen Kurie aufgehoben wurden. Eine wirkliche Entspannung der Lage trat aber nicht ein, da immer noch die Fragen des Patronats, der vakanten Stellen, der hinterlassenen Güter verstorbener Geistlicher und weitere weniger wichtige ungelöst blieben. Zur Zeit Ferdinands VI., als Benedikt XIV. Papst war, kam es zu einem neuen Konkordat (1753). Hiernach wurde nach einer Schadenersatzleistung des Staates das königliche Patronat bei der Besetzung der kirchlichen Stellen anerkannt. Der Papst behielt sich die Verleihung von 52 Würden, die Neubesetzung der Bistümer, die während der Monate Mai, Juni, September und Dezember frei wurden, und verschiedene andere Rechte vor. Um den Abschluß dieser Vereinbarung hatten sich der Pater Ravago, Ensenada und der Auditor des kirchlichen Appellationsgerichtes, Don Manuel V. de Figueroa, bemüht. Die Beziehungen mit Rom änderten sich jedoch wieder, als Karl III. an die Regierung kam, denn nun erfuhr der Regalismus aus verschiedenen Gründen eine erhebliche Stärkung. Vor allem war der Umschwung dem verbissenen Regalisten Tanucci zuzuschreiben. Doch auch die Minister Wall und Grimaldi vertraten die gleiche Richtung, ebenso wie die Mehrzahl der spanischen Rechtsgelehrten, die durch ähnliche Strömungen in Frankreich beeinflußt waren. Campomanes, der Fiskal des Kastilienrates, war ebenfalls ein entschiedener Regalist, wie er bei Aufrollung des Problems der Verweltlichung kirchlicher Güter bewiesen hatte. Besonders zugespitzt wurde die Lage noch durch die Einstellung des Staatssekretärs in
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Rom, des unduldsamen Torrigiani. Pallavicini, der Nuntius in Madrid, kam selbtsverständlich den Anweisungen Torrigianis nach. Der spanische Vertreter in Rom war Roda, ein kluger Mann, aber ein überzeugter Regalist. Später übernahm Don José Nicolás de Azara diesen Posten und wurde durch José Moñino, den Fiskal des Kastilienrats, unterstützt. Die erste Unstimmigkeit ergab sich anläßlich eines päpstlichen Sendbriefes, in dem der von dem Theologen Mesenghi verfaßte Katechismus scharf verurteilt wurde. Auf den Rat Walls und des königlichen Beichtvaters Eleta verbot der spanische Monarch die Veröffentlichung des Sendbriefes (1761). Was dagegen das „regium exequátur", d. h. die königliche Veröffentlichungsgenehmigung für alle päpstlichen Verfügungen, ausgenommen die Sendbriefe über Büß- und Beichtangelegenheiten, betraf, so hatte der König trotz des ständigen Drängens der Regalisten Gewissensbedenken, darauf zu bestehen. Der zweite Konflikt wurde durch das gegen den Herzog von Parma gerichtete Sendschreiben veranlaßt. Nun bekannte sich Spanien zur größten Freude Tanuccis und zum Ärger Torrigianis wieder in vollem Umfange zum „Exequatur", wodurch die Veröffentlichung der Bulle „In Coena Domini" verhindert wurde. Weitere Streitigkeiten mit Rom erhoben sich in der Frage des Dreiervorschlags für die Ernennung des Tribunals der Nuntiatur. Nach dem Aufstand gegen Squilace übernahm der eingefleischteste aller Regalisten, der Graf von Aranda, die Präsidentschaft des Kastilienrates. Zur gleichen Zeit tauchte die Frage der Heiligsprechung des Bischofs Palafox von Puebla de los Angeles auf, der während der Regierung Philipps IV. einer der wichtigsten Vorkämpfer des königlichen Herrschaftsgedankens in Amerika gewesen war. Karl III. erfuhr die Genugtuung, die Zustimmung Clemens' XIII. für seine Vorschläge zu erlangen (1760). Etwas später aber ergab sich wieder ein Streitfall wegen des Bischofs von Cuenca, Carvajal y Lancaster, der eine öffentliche Rüge erhielt. Im Jahre 1771 schließlich wurde das Tribunal der Nuntiatur, das nur von Ausländern gebildet wurde, durch den Appellationsgerichtshof ersetzt, in dem lediglich Spanier vertreten waren. Die Inquisition verhängte während der Zeit der Bourbonenherrscher nur Strafen über die Anhänger des Quietismus und einige Leute aus geringerem Stande; in der Regel waren auch diese Strafen nur leicht. Die Ideen des Jansenismus verbreiteten sich immer weiter und drangen sogar in das Inquisitionsgericht ein. Während der Regierung Karls III. wurde die Gerichtsbarkeit dieses Tribunals beschränkt. Godoy, Jovellanos und Urquijo stimmten sogar dafür, es vollständig abzuschaffen. D i e K u n s t . Die Bourbonen hatten aus Frankreich den neuklassizistischen französischen Stil mitgebracht, der alle in Spanien bisher üblich
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gewesenen künstlerischen Regeln über den Haufen warf. Ein Beispiel für diesen neuen Stil ist das Schloß von La Granja, das spanische Versailles, in dem die Mode von jenseits der Pyrenäen sich in Architektur und Plastik offenbarte. Ein anderes prächtiges Bauwerk dieser Gattung ist der Königliche Palast in Madrid, der von Juvara und Sachetti begonnen und von Ventura Rodríguez beendet wurde. Hier machen sich die Einflüsse des französischen Rokoko und des italienischen Akademiestils mit seinen klassischen Motiven geltend. Typisch barock hingegen ist das Kaiserliche Kollegium von San Ignacio de Loyola zwischen Azpeitia und Azcoitia. Carlier war der Schöpfer der wundervollen Saleserkirche in Madrid. Der genialste aller spanischen Architekten jener Zeit aber war Ventura Rodríguez, den man den letzten Vertreter des churrigeresken Stils nennen kann, und der die guten Elemente dieses Stils mit dem klassischen Herrerianismus zu verbinden wußte. Seine berühmtesten Werke sind die Fassade der Kathedrale von Pamplona, das Kloster von San Marcos in Madrid, der Umbau der Kathedrale in Zaragoza, die Kirche von Silos (Burgos), die Schlösser von Liria und Altamira und die Brunnenanlagen im Prado in Madrid. Der gleichen Epoche entstammt die von Vicente Acero erbaute Kathedrale von Cádiz. Der Klassizist Juan de Villanueva schließlich war der Erbauer des Pradomuseums und der Kirche des „Caballero de Gracia" in Madrid. Auf dem Gebiet der Bildhauerkunst folgte man der Tradition des großen Montañés. In Andalusien tat sich Pedro Duque Cornejo mit seiner etwas gesuchten Art hervor, während in Madrid der Valencianer Felipe del Coral den Beifall des Publikums errang. Der berühmteste aller Künstler dieser Schule aber war zu jener Zeit der aus Murcia gebürtige Francisco Salcillo y Alcaraz, dessen beste Werke seine Heimatstadt beherbergt. Bekannt sind von ihm vor allen die „Veronika", „Der Engel im Garten Gethsemane" und „Der Judaskuß". Neben dieser traditionalistisch gestimmten nationalen Kunst aber entwickelte sich der Klassizismus Oliveris, dessen Werke in der Saleserkirche und dem Königlichen Palast stehen, Frémins und Thierrys, die La Granja ausschmückten und Michels, dessen Kunst wir heute in Aranjuez, in den Löwen am Cibelesplatz und auf der Puerta de Alcalá in Madrid bewundem. Der Größte unter ihnen war Manuel Alvarez, der den Beinamen „der Grieche" führte und die „Vier Jahreszeiten" am Apollobrunoen im Madrider Prado schuf. Weniger bedeutend, doch auch von beachtlichem Können, waren Lamberto Martínez, Pascual de Mena, Antonio Salvador, Francisco Gutiérrez, Damián Campeny und Felipe de Castro. Einen Vorläufer des Neuklassizismus besaß Spanien in Luis Salvador Carmona, dem Künstler der „Piedad" in der Kathedrale von Salamanca.
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In der Malerei wiederholte sich der gleiche Fall wie zur Zeit der Habsburger: es kamen eine ganze Reihe ausländischer Künstler nach Spanien, unter ihnen Lucas Jordan, Amiconi, Corrado, Giaquinto, Tiepolo, Procaccini, Ranc, Houasse, Frémin und Michel. Den größten Einfluß aber errang hier der Böhme Anton Raphael Mengs, der zum Hofmaler Karls III. ernannt wurde. Ebenfalls Hofmaler und Mitglieder der neugegründeten Kunstakademie waren die Spanier Mariano Maella und Francisco Bayeu. Der genialste Maler jedoch, der alle seine Zeitgenossen bei weitem überragte, war der Aragonese Francisco Manuel de Goya y Lucientes, der aus Fuente de Todos stammte. Er war der Hofmaler Karls IV. und Ferdinands VII. und hat uns in seinen herrlichen Gemälden die ganze Geschichte jener interessanten Zeit lebendig erhalten. Sein Pinsel verewigte ebenso die Mitglieder des Königshauses und des Hofes wie das niedere Volk von Madrid, die Straßenmädchen und fliegenden Händler. Seine „Erschießung der Aufständischen am 3. Mai" und die „Szene aus den Straßenkämpfen von Madrid am 2. Mai" sind vielleicht nicht ganz korrekt in ihrer Zeichnung, dafür aber spiegeln sie in einer geradezu unheimlich eindringlichen Weise die tragischen Höhepunkte jener unglückseligen Tage wider. Als Porträtist ist Goya unerreicht geblieben. Seine Meisterwerke auf diesem Gebiet sind die „Familie Karls IV.", „Die Gräfin von Chinchón" und „Der Graf von Fernán Núñez". Als Graphiker schuf Goya eine unendliche Reihe köstlichster Blätter, deren einige die stärkste realistische Wirkung ausüben, während andere von zartester Schönheit sind. Ein anderes Gebiet künstlerischen Wirkens, das deutschen Ursprungs war, brachte Karl III. aus Italien mit, um es in Spanien heimisch zu machen. Schon als er noch König von Neapel gewesen war, hatte er auf Anregung seiner Gemahlin, einer sächsischen Prinzessin, daran gedacht, die sächsische Porzellankunst in Italien einzuführen und zu diesem Zwecke eine Manufaktur in Capo di Monte gegründet. Nachdem er dann den spanischen Thron bestiegen hatte, berief er neapolitanische Künstler ins Land und gründete die königliche Porzellanfabrik des Retiro, die bald durch ihre kostbaren Erzeugnisse größten Ruf erlangte. Auch die Keramikfabriken von Alcora und die von Talavera, deren Glanzzeit jetzt allerdings schon vorüber war, waren weithin im Lande berühmt. Die Musik bewegte sich zu jener Zeit ganz in den Bahnen italienischer Vorbilder. In allen Kreisen begann man jetzt lebhaftes Interesse für die Operette zu zeigen. Mehrere Partituren verfaßte der Valencianer Martin y Soler („lo Spagnuolo"), ein Freund Mozarts, — ein anderer spanischer Komponist, dessen Namen ganz Europa kannte, war Don Manuel Vicente
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García, der Schöpfer der Serenade aus Rossinis „Barbier von Sevilla" und Vater zweier berühmter Sängerinnen: Paulina Viardot und Maria Maliibrán. Eine typisch spanische Musik, die ihre Motive vor allem dem Volkslied entlehnte, schufen Rodríguez de Hita, Esteve, Laserna und Misson. D i e V e r w a l t u n g S p a n i s c h a m e r i k a s . Im 18. Jahrhundert erfuhr die Verwaltung jener reichen Besitzungen verschiedene Veränderungen, aus denen sich schließlich die Einteilung des Gebietes in die folgenden Bezirke ergab: Vizekönigreich Mexiko, Generalkapitanie Guatemala, Vizekönigreich Neugranada, Generalkapitanie Venezuela, Vizekönigreich Peru, Generalkapitanie Chile, Vizekönigreich Rio de la Plata und Generalkapitanie Kuba. Die Neuschaffung der beiden Vizekönigreiche Neugranada und Rio de la Plata im 18. Jahrhundert erwies sich als notwendig, da es unmöglich war, mit Hilfe der alten Organisation derartig ausgedehnte Gebiete zu regieren. Dazu kam, daß die Bevölkerungszahl in den von Hispanoamerikanern besetzten Landstrichen sehr angestiegen war und der Aktionsradius der Behörden infolge der Erschließung bisher unerforschter Gebiete immer weiter gespannt wurde. Zur Zeit Karls III. wurde der Posten der Intendanten geschaffen, die zuerst nur die Finanzverwaltung überwachten, dann jedoch nach und nach verschiedene Sachgebiete der Audiencias und der Vizekönige mit übernahmen. Der König, der mit den Mißbräuchen, die sich verschiedene seiner Corregidores erlaubt hatten, aufräumen wollte, schaffte endgültig das System der „Schutzherrschaften" (encomiendas) über die Eingeborenen ab. Der freie Handelsverkehr zwischen Neuspanien (Mexiko), Guatemala, Neugranada und Peru wurde gestattet, und der König erteilte den Katalanen die Erlaubnis, mit den Antillen, Mexiko und Südamerika Handel zu treiben. Als endgültige Maßnahme ist sodann die Veröffentlichung der „Pragmática del comercio libre" anzusehen, durch die dem System geschlossener Amerikaflotten ein Ende gemacht und der Warenaustausch zwischen verschiedenen Städten des spanischen Mutterlandes und zwanzig amerikanischen Städten gestattet wurde. Die Zölle wurden gesenkt und dem Kolonialhandel damit eine wesentliche Erleichterung gewährt. Aranda machte den Vorschlag, die amerikanischen Besitzungen an spanische Infanten als Lehnsgüter zu verleihen, und Godoy dachte daran, die Vizekönige durch spanische Infanten zu ersetzen. Der Widerstand Caballeros und die europäischen Ereignisse verhinderten jedoch die Ausführung dieser Pläne.
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DER SPANISCHE UNABHÄNGIGKEITSKRIEG D e r 1. M a i . Ferdinand VII. war bereits zum König ausgerufen und damit beschäftigt, sein Ministerium zusammenzustellen, als er die Nachricht vom Einzug Murats, des Großherzogs von Berg, in Madrid erhielt. Neugierig strömte das Volk zusammen, um die Ankunft der französischen Truppen mitzuerleben. Am folgenden Tage hielt der König von Spanien, begrüßt von einer jubelnden Menge, seinen feierlichen Einzug in die Hauptstadt. Napoleon, der über den Thron von Spanien verfügen zu können glaubte, war bereits fest entschlossen, das Schicksal der spanischen Nation nunmehr endgültig mit dem Frankreichs zu verbinden. Er beurteilte ein ganzes Volk nach dieser unseligen königlichen Familie, die sich mit einer Einfalt, die schon an Idiotie grenzte", ausgeliefert hatte. Hinter dem Könighaus jedoch stand eine ganze Nation, deren jahrhundertealter Unabhängigkeitswille sich gegen diese größte Schurkerei, die die Geschichte zu verzeichnen hat, mit Recht empörte. Immerhin war Napoleon nicht ganz so vertrauensselig wie Murat und sah, obwohl er viele Meilen von Madrid entfernt war, die Ereignisse des 2. Mai voraus. Auf Drängen Savarys, Murats und des Botschafters Beauharnais ließ Ferdinand VII. sich überzeugen, daß es nötig wäre, dem Wunsch des Kaisers nach einer Zusammenkunft mit ihm nachzukommen. Er machte sich daher auf den Weg zur Grenze und begab sich nach Bayonne, wohin auch Karl IV., Maria Luise und Godoy kamen, um zugleich Zuschauer und Mitwirkende bei den schmachvollsten Szenen der gesamten spanischen Geschichte zu sein. Bei seiner Abreise aus Madrid hatte Ferdinand einen Ausschuß, an dessen Spitze sein unfähiger Onkel Don Antonio stand, mit der Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte betraut. Als Don Antonio bei einer Sitzung erregte Dikussionen mit anhören mußte, verlor er vollständig den Kopf, rang die Hände und rief: „Mein Gott, was soll bloß daraus werden, was soll bloß daraus werden!" Die Angst vor den Ereignissen, die er nun herannahen fühlte, hatte ihn völlig verstört. Das Volk von Madrid war mißgestimmt und beunruhigt über die Anwesenheit der Fremden. „Franchutes", Säufer und „Gabachos" nannte es die Franzosen; Napoleon hatte bei ihm den Spitznamen „Malaparte" und Murat hieß „der große Kohlstrunk".
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Am Morgen des 1. Mai 1808 hatten sich Gruppen bewaffneter Patrioten vor dem königlichen Schloß versammelt. Man munkelte, daß diejenigen Mitglieder der königlichen Familie, die bisher noch in Madrid verblieben waren, nun auch nach Bayonne abfahren sollten. Und die Vermutung sollte sich auch bestätigen: schon wurden die Reisewagen gerüstet. Nun erzählte man, der kleine Infant Francisco sei in Tränen ausgebrochen und habe sich geweigert wegzufahren. „Sie wollen ihn uns wegholen!" schrie eine alte Frau mit lauter Stimme. Dieser Ruf aber war das Zeichen zum Aufruhr. Die Menge stürzte sich auf die Wagen, schnitt die Riemen und Zügel durch und schlug einen Adjutanten Murats nieder. In Eile rückten die Grenadiere der nächsten Wache heran; der Großherzog von Berg gab den Befehl, auf das Volk zu schießen, und schon donnerten zwei Kanonen über den dicht von Menschen besetzten Schloßplatz. Der 1. Mai hatte begonnen. Die Madrider organisierten jetzt den Widerstand. Auf der Puerta del Sol boten sie tapfer dem Angriff der Mamelucken Trotz, mußten sich dann jedoch wegen ihrer geringeren Anzahl und schlechteren Bewaffnung durch die Monterastraße zur Puerta de Fuencarral zurückziehen. „Mein Oberst", sagte der Hauptmann Velarde zu seinem Vorgesetzten, „wir werden sterben müssen; so wollen wir uns denn gegen die Franzosen schlagen." An der Spitze einer Kompanie wandte Don Rafael de Goicoediea sich zum Artilleriepark. Die spanischen Patrioten baten die Artillerie, ihnen beizustehen und fanden den Hauptmann Daoiz und seine Untergebenen Arango und Carpegna bereit, mit ihnen gemeinsame Sache zu machen. Hier, im Park von Monteleón, entwickelte sich nun ein heldenhafter Kampf. „Die Befehle des Statthalters", rief Velarde, „haben jetzt, wo das spanische Volk sich in dieser Not befindet, keine Gültigkeit mehr. Es lebe Ferdinand VII.!" — „Wir haben diese Demütigungen nun satt!", erwiderte Daoiz darauf, „und wollen für unser Vaterland sterben." Als die Franzosen den Park zurückerobern wollten, wurde der Kampf immer erbitterter. Der Infanterieleutnant Don Jacinto Ruiz y Mendoza und der Reservehauptmann Andrés Rovira kämpften wie die Löwen. Die Artillerieoffiziere Daoiz und Velarde verteidigten die Kanonen. Pedro Velarde fiel durch einen Pistolenschuß, und Daoiz wurde durch Bajonettstiche verwundet und erlag seinen Verletzungen in seinem Hause in der Ternerastraße, wohin man ihn gebracht hatte. Der Leutnant Ruiz konnte trotz seiner schweren Verwundungen aus Madrid entkommen und starb bald darauf in Extremadura. Luis Daoiz, Pedro Velarde und Jacinto Ruiz wurden die bekanntesten Helden dieses Tages. Die spanischen Patrioten, die keine Rettung mehr sahen, mußten nun die weiße Flagge hissen. Die grausamen Sieger jedoch, die an diesem Tag dem Patriotismus eines ganzen Volkes gegenübergestanden hatten, kannten keine
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Gnade. In der Nadit des gleichen Tages noch wurden die Männer, die sich gegen den feigen Eindringling erhoben hatten, der unter der Maske der Freundschaft den Boden ihres Landes besetzt hielt, vor den Toren des Retiro, auf dem Berge des Principe Pio, in Buen Suceso und Moncloa erschossen. Am 3. Mai erließ Murat einen Aufruf, nach dem jeder Spanier, der Waffen mit sich führte, mit dem Tode bestraft wurde. Die Infanten Francisco und Antonio gingen jetzt auch nach Bayonne. Der letztere verabschiedete sich vom Regierungsauschuß mit den Worten: „Bis zum Tale Josaphats!" D i e E r e i g n i s s e in B a y o n n e . Ein französischer Historiker nennt das, was sich in Bayonne zutrug, ein Mysterium der Ungerechtigkeit. Das zweite W o r t dieser Bezeichnung mag wohl zutreffen, das erste jedoch nicht, denn der Betrug war so plump und unwürdig, daß ihm nichts Geheimnisvolles anhaftet. „Ich verbürge meinen Kopf dafür", so hatte Savary zu Ferdinand gesagt, „daß der Kaiser eine Viertelstunde nach der Ankunft Eurer Majestät in Bayonne Sie als König von Spanien anerkennen wird." Der gleiche Savary aber kam nach einer Zusammenkunft zwischen Napoleon und Ferdinand zu dem letzteren, um ihm mitzuteilen, daß der Kaiser nur Karl IV. als Herrscher von Spanien anerkennen werde. Napoleon bot Ferdinand den Thron von Etrurien an. Noch unzweideutiger sprach er sich gegen Escoiquiz aus: Die Abdankung von Aranjuez, so erklärte er, sei erzwungen gewesen und infolgedessen ungültig. D a aber Spanien keinen bourbonischen Herrscher ertragen könne, weil der Günstling Karls beim Volke so verhaßt sei, forderten die Interessen Frankreichs einen Dynastiewechsel in Spanien. Auf diese Weise konnte Napoleon sich gleichzeitig des Vaters wie des Sohnes entledigen: den ersteren stellte er als Rebellen und Usurpator hin, den letzteren lehnte er ab, weil er ein zu nachgiebiger Gatte war. Zum Schluß dieses Auftritts zog der Kaiser Escoiquiz am Ohr und rief: „Kanonikus, Kanonikus, die Interessen meines Hauses und meines Reiches erfordern es, daß die Bourbonen nicht länger in Spanien herrschen!" Das Zusammentreffen zwischen dem spanischen Königspaar und seinem Sohn verlief naturgemäß sehr kühl. Karl IV. wandte sich mit scharfen Worten an Ferdinand: „Das ist zuviel!", rief er, „Hast Du meinen weißen Haaren nicht schon genug Schande zugefügt?" Napoleon gegenüber äußerte sich der schwache Monarch: „Eure Majestät wissen nicht, was es heißt, sich über einen Sohn beklagen zu müssen." Trotz allem jedoch wollte Ferdinand nicht auf die Krone verzichten und wurde in diesem Entschluß noch durch Ceballos, Labrador, Infantado und Ayerbe unterstützt. Schließlich erwiderte er Napoleon, er werde vor den Cortes abdanken, wenn diese ordnungsgemäß einberufen würden. Karl IV. schrieb nun seinen 'berühmten,
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von Napoleon diktierten Brief, in dem er erklärte: „Mein Sohn, die treulosen Ratschläge Deiner Umgebung haben Spanien in diese schwierige Lage gebracht, aus der nur noch Napoleon es retten kann." Als die Nachricht von den Ereignissen des 1. Mai in Bayonne eintraf, veranlaßte Napoleon eine neue Zusammenkunft mit der königlichen Familie. Wieder machte Karl IV. seinem Sohn die schwersten Vorwürfe: „Das Blut meiner Untertanen ist geflossen und dazu das der Soldaten meines lieben Freundes Napoleon. Du aber hast diese ganze Katastrophe verursacht!" Und empört fuchtelte er von seinem Sessel aus mit dem Stock in der Luft herum, während Maria Luise in fieberhafter Aufregung im Zimmer umherging und ihren Sohn mit den härtesten Ausdrücken beschimpfte, ihn sogar einen Bastard nannte. Ferdinand erwiderte kein Wort. Daraufhin mischte Napoleon sich ein: „Wenn Ihr bis Mitternacht Euren Vater nicht als rechtmäßigen König anerkannt und die Mitteilung davon nach Madrid weitergeleitet habt, so werde ich Euch als Rebellen behandeln lassen." Diesem Druck gegenüber mußte König Ferdinand in seiner Angst vor Napoleon nachgeben. Am 6. Mai gab er die von ihm verlangte Rücktrittserklärung ab, und Karl IV. verzichtete zugunsten Napoleons auf die Krone von Spanien. Er stellte nur die Bedingung, daß das Gebiet des spanischen Reiches ungeteilt und unverändert bleiben und die katholische Religion anerkannt werden solle. Karl und Maria Luise gingen nach Fontainebleau, Ferdinand nach Valencay. Nun konnte Napoleon also über die spanische Krone, die er sich mit den unredlichsten Mitteln erschlichen hatte, verfügen. Hinterlist, Betrug, ausgeklügelte Ränke und schließlich wohlberechnet aufgestellte Fallen, in die seine Opfer hineingeraten mußten, das waren die Mittel, mit denen der Sieger Europas die befreundeten Monarchen um ihren angestammten Thron gebracht hatte. Kaum hatte er seinen Erfolg gesichert — noch bevor die oben beschriebenen Szenen sich ereigneten —, so hatte er auch schon über die spanische Krone zugunsten seines Bruders Joseph Bonaparte, der zur Zeit König von Neapel war, verfügt. Joseph kam den Befehlen seines Bruders nach und mußte nun ein verhältnismäßig friedliches Reich verlassen und die Herrschaft über ein unruhiges und rebellisches Volk antreten. In erheuchelter Achtung vor dem Volkswillen ließ Napoleon den Kastilienrat und den Regierungsausschuß befragen, welches Mitglied der kaiserlichen Familie dem spanischen Volk am angenehmsten wäre. Der Kastilienrat weigerte sidi zunächst, die Frage zu beantworten; als jedoch die Komödie noch weiter ausgesponnen wurde, nannte er Joseph Bonaparte. Dieser, der sich bereits in Bayonne befand, wurde nun nach einer erzwungenen Zeremonie als König von Spanien anerkannt. Bei dieser Gelegenheit hätte der
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Herzog von Infantado mit einigen Worten, die den Zorn Napoleons reizten, beinahe die ganze Feierlichkeit gestört. Auf Befehl des Kaisers veröffentlichte die „Gaceta de Madrid" am 25. Mai einen Aufruf, in dem eine Versammlung von 150 Personen für den 15. Juni nach Bayonne berufen wurde. Die Mehrzahl der Abgeordneten jedoch erschien nicht, zum Teil, weil sie von sich aus die Reise abgelehnt hatten, teils aber auch, weil die Unruhe in ihren Bezirken ihre Abwesenheit unmöglich machte. Das letztere traf z. B. für die katalanischen Abgeordneten zu. Murat und Napoleon jedoch ernannten für die Ausgebliebenen Vertreter, so daß die Versammlung schließlich doch vollzählig war. Am 20. Juni wurde ein Verfassungsentwurf vorgelegt, der eine ganze Reihe tatsächlich positiver Neuerungen auf juristischem Gebiet enthielt, die für Spanien von größtem Nutzen gewesen wären, wenn sie nicht unter derartig kritischen Umständen von einem Usurpator diktiert worden wären. Der Entwurf bestand aus 13 Abschnitten mit 146 einzelnen Artikeln. Die katholische Religion wurde darin als die einzige spanische Staatsreligion anerkannt. Weiterhin wurde die Familie Bonaparte als erbliche Dynastie Spaniens eingesetzt. Die Regierung sollte sich aus neun Ministerien zusammensetzen. Daneben wurde ein Senat, dessen Mitglieder unabsetzbar waren und auf Lebenszeit gewählt wurden, und ein Staatsrat geschaffen. Die Unabhängigkeit der richterlichen Gewalt wurde feierlich bestätigt. D a s E r w a c h e n e i n e s V o l k e s . Der Bürgermeister von Móstoles hatte die Kühnheit gehabt, Napoleon herauszufordern und den Franzosen den Krieg zu erklären. Auf Anregung des Juan Pérez Villamil veröffentlichte er das berühmte Manifest, in dem die Worte standen: „Das Vaterland ist in Gefahr. Madrid stirbt dahin als Opfer der französischen Ruchlosigkeit. Spanier, eilt herbei, um es zu retten! Den 2. Mai 1808." Asturien war die erste Provinz, in der der Funke des Aufruhrs zündete. Mit den Worten „Es lebe Ferdinand VII! Nieder mit Murat!" stürmte das Volk dort durch die Straßen von Oviedo und Gijón. Wie ein Lauffeuer griff die Bewegung nach León, Santiago und Badajoz über. In La Coruña kostete die Eehebung dem General Filangieri das Leben. Menéndez de Luarca, der Bischof von Santander, stellte sich an die Spitze der Aufständischen. In Cádiz wurde Don Francisco Solano, Marquis del Socorro, ermordet, weil er sich geweigert hatte, sich auf die Seite des Volkes und gegen die Franzosen zu stellen. Moria dagegen unterwarf sich dem Willen der Aufrührer und lieferte die Flotte des Admiráis Rosilly aus. Nun folgte ein dramatisches Ereignis auf das andere. Das Volk von Sevilla ermordete den Grafen von Aguila, und in Jaén erlitt der Oberrichter Antonio de las Lomas den Tod. In Granada fiel Pedro Trujillo und in Badajoz der Graf von Torre del Fresno der Volkswut zum Opfer. Noch schlimmer hausten die empörten 30 Ballesteros, Spanien
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Patrioten in Valencia: hier wurde der Baron von Albalat erdolcht, und die Menge zog, angeführt von dem Kanonikus der Kathedrale von Madrid, Baltasar Clavo, durch die Straßen und ermordete Hunderte von wehrlosen Franzosen. General Trujillo, der Gouverneur von Málaga, wurde von dem erregten Volk buchstäblich in Stücke gerissen. Audi in Logroño, Valladolid, Segovia, Cartagena und Murcia kam es zu bewaffneten Aufständen. In Katalonien erhob sich fast das gesamte Volk gegen den Eindringling. Barcelona war von den französischen Truppen besetzt, in Lérida dagegen konnte der bewaffnete Widerstand organisiert werden. Auf der Höhe des Bruch erscholl der erste Siegesjubel des spanischen Volkes, als am 6. Juni die Truppen des Generals Schwartz von der Bürgerwehr geschlagen wurden. Die Bürgerschaft von Esparraguera leisteten heldenhaften Widerstand gegen die Franzosen. Als Schwartz und Moncey dann ihre Truppen vereinen konnten, kam es zur zweiten Schlacht am Bruch, aus der wieder die Spanier als Sieger hervorgingen. Duhesme zog von Barcelona aus gegen Gerona und belagerte es, wurde aber durch die tapferen Verteidiger der Stadt zurückgeschlagen. Audi die Versuche Monceys, Valencia zu nehmen, verliefen ergebnislos. Neben diesen spanischen Erfolgen müssen wir jedoch auch die Niederlage von Cabezón nennen, bei der der Hauptmann Gregorio de la Cuesta von den Divisionen Lasalles und Merles geschlagen wurde (12. Juli), und den Schreckenstag von Rioseco, an dem die Truppen Bessières5 die von Cuesta und dem Brigadier Joaquín Blake angeführten Spanier besiegten, überheblich erklärte Napoleon auf die Nachricht hin: „Der Tag von Rioseco hat meinen Brüden Joseph auf den spanischen Thron gebracht." In Zaragoza hatte der junge José de Rebolledo de Palafox y Melci die Führung der Aufständischen übernommen. Nach der sogenannten „acción de las Eras" begann General Lefebvre Desnouéttes mit der Belagerung von Zaragoza, das von der Bevölkerung tapfer verteidigt wurde. Hier zeichneten sich vor allem der Militärintendant Lorenzo Calvo de Rozas, der Oberst Mariano Renovales, der Schreiber Cerezo und die beiden Frauen Josefa Vicente und Estefanía Loycer aus. Nachdem Palafox bei Epila besiegt worden war, schloß er sich in Zaragoza ein. Der Mut der Belagerten konnte weder durch die Sprengung des Pulvermagazins nodi durch die Eroberung des Torreroberges gebrochen werden. Als General Verdier an Palafox die lakonische Forderung „Frieden und Kapitulation" sandte, erwiderte dieser mit den tapferen Worten: „Krieg bis aufs Messer." Auf die Nachricht von der Schlacht bei Bailén hin mußte Lefebvre schließlich die Belagerung aufheben. Zum zweitenmal belagerte Duhesme im Juli Gerona. „Am 24. komme ich, am 25. greife idi an, am 26. nehme idi die Stadt, und am 27. mache
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idi sie dem Erdboden gleich", so hatte er prophezeit, doch all seine Großsprecherei wurde zunichte angesichts des hartnäckigen Widerstandes der Spanier, so daß er im August unverriditeter Sache wieder abziehen mußte. B a i l é n . General Dupont zog nach Südspanien, um sich dort im andalusischen Gebiet den Marschallstab zu verdienen. Er erzwang sich den Übergang über die Brücke bei Alcolea und zog im Triumph in Córdoba ein. Mehrere Tage lang ließ er seine Soldaten die Stadt plündern, bis die Nachricht vorn Heranrücken spanischer Truppen ihn veranlaßte, Córdoba wieder zu verlassen. Das spanische Heer stand unter dem Befehl des Francisco Javier Castaños, dessen Unterführer der Feldmarschall Marquis de Coupigni und der in spanischen Diensten stehende schweizerische Generalleutnant Theodor Reding waren. Die Verteidigungsausschüsse (Juntas de defensa) von Sevilla und Granada hatten dieses Heer auf die Beine gestellt, das aus 25 000 Mann Fußvolk, 2000 berittenen Soldaten und 60 Kanonen bestand. Bei dem Kriegsrat, den man in Porcuna abhielt, wurde beschlossen, einen Frontalangriff auf das Heer Duponts zu unternehmen, gleichzeitig aber die hinter dem französischen Heer liegenden Gebirgspässe zu besetzen, um ihm so den Rückzug' abzuschneiden. Den letzteren Teil der Operationen sollte Reding übernehmen. Während so Castaños seine Vorbereitungen traf, um Dupont bei Andújar anzugreifen, überschritt die Division Redings den Guadalquivir. Bei Mengibar traf sie auf die Division Gobert und vernichtete sie, wobei Gobert selbst fiel. Dann vereinigte Reding seine Truppen mit denen Coupignis, der ebenfalls den Fluß überschritten hatte. Die Spanier setzten sich in Bailén fest. Vedel hatte sich von hier aus gegen die Sierra Morena zurückgezogen, da er glaubte, daß die Freischärler auf den Pässen der Mariánica über genügend Streitkräfte verfügten, um dem französischen Heer den Rückzug abzuschneiden. Als aber auch Dupont heimlich von Andújar abzog, fand er seinen W e g durch die Divisionen Redings und Coupignis gesperrt. So kam es zu der denkwürdigen Schlacht. Vergebens suchten die Franzosen die W a n d von Feuer und Eisen zu durchbrechen, die ihnen die Straße nach Madrid versperrte. Alle Pässe waren besetzt, und die verzweifeltsten Anstrengungen der Kaiserlichen, die von dem langen Marsch ermüdet und vom Durst und der Hochsommerhitze gepeinigt waren, fruchteten nichts. Die spanischen Truppen schlugen sich mit einem Mut ohnegleichen, und die berühmten „Spießträger" richteten Verheerungen in den Reihen des französischen Fußvolks an, das jetzt zum erstenmal Gelegenheit hatte, die Tapferkeit und Behendigkeit dieser Reiter zu bewundern, die sich wie wilde Kampfstiere auf ihre Feinde stürzten. 30*
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Dupont, der eine Verwundung davongetragen hatte und fürchtete, daß jeden Augenblick Castaños heranrücken könne, um die Franzosen auch noch von der Flanke anzugreifen, bat um einen Waffenstillstand. Die Schweizer, die auf der französischen Seite gekämpft hatten, gingen jetzt zu ihren siegreichen Landsleuten über. In diesem Augenblick erschien Vedel — doch nun war es schon zu spät. Die Spanier drohten, die Truppen Duponts restlos niederzumetzeln, falls Vedel angriffe. Am 19. Juli hatte die Schlacht stattgefunden, und die beiden folgenden Tage hindurdi beriet man über die Kapitulationsbedingungen. Zweitausend Franzosen waren gefallen und 2 0 0 0 0 legten die Waffen nieder und ergaben sich ihrem Gegner auf Gnade und Ungnade. Die Legionen des Herrn Europas waren nicht unverwundbar : der Adler war getroffen. In Bailén hatte der Riese die erste Beeinträchtigung seiner militärischen Ehre einstecken müssen. Napoleon raste, nannte die Kapitulation eine Niederträchtigkeit und sagte: „Jetzt habe ich einen Flecken auf meinem Gewand." Der moralische Eindruck des Ereignisses in ganz Europa war ungeheuer, doch audh die tatsächlichen praktischen Ergebnisse des Sieges überstiegen alle Erwartungen. Die französischen Truppen hoben die Belagerung von Zaragoza auf, und der größte Teil der Pyrenäenhalbinsel wurde frei vom Feind. Die Portugiesen erhoben sich gegen Junot, und nachdem auch noch eine englische Division unter dem Befehl Sir Arthur Wellesleys in Portugal gelandet war, wurde der „Kapitulationsvertrag von Cintra" abgeschlossen, laut dem die französischen Truppen das portugiesische Gebiet räumten und auf englischen Schiffen nach Frankreich abtransportiert wurden (30. August) • D e r E i n d r i n g l i n g . Die kurze und an unvorhergesehenen Ereignissen so reiche Regierung König Josephs bedeutete für Spanien eine Zeit brutalster Vergewaltigung durch einen Tyrannen, dessen militärisches Genie und zügelloser Ehrgeiz ihm ein Recht darauf zu geben schienen, Spanien einen Herrscher aufzuzwingen. Zwar lag hier kein vereinzelter Fall vor: ohne daß die Bevölkerung sich zu widersetzen gewagt hätte, hatte Napoleon schon Ludwig I. als König von Holland eingesetzt, Eugen Beauharnais als König von Italien, den Prinzen Jérôme als König von Westfalen und Joseph an Stelle der Bourbonen als König von Neapel. Spanien machte also keine Ausnahme, es geschah ihm nur das gleiche wie anderen Ländern auch — und doch gab es einen Unterschied. Neapel und Holland waren erobert worden. Die Heere der Republik hatten unter Führung Pichegrus einen kriegerischen Einfall in die Niederlande unternommen, während in Neapel die mit England verbündeten und von Nelson, dem Freund der Königin Karoline und ihrer Vertrauten, der Lady Hamilton, unterstützten Bour-
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bonen sich ganz offen als Feinde Napoleons erklärt hatten. Spanien dagegen hatte dem großen Korsen aufrichtige Freundschaft entgegengebracht, seine Schiffe und Gelder für ihn geopfert und zum Lohn dafür die Absetzung des angestammten Herrscherhauses in Bayonne, ein aufgezwungenes Gesetz und den schönen König Joseph erhalten. Die Freunde Frankreichs haben den Ruhm des für den spanischen Thron bestimmten Königs in allen Tonarten gepriesen und ihn als ein wahres Muster an Bürgertugenden und seltenen Gaben hingestellt. Der Volksmund und die spanischen Patrioten dagegen haben uns einen schielenden Trinker, den „Pepe Botellas" gezeichnet, der in Wirklichkeit niemals existiert hat. Joseph war der ältere Bruder Napoleons, dem dieser in ganz besonderem Maße zugetan war. Äußerlich glich er dem Kaiser: er hatte regelmäßige Züge, schöne Augen und ein angenehmes Auftreten; in geistiger Hinsicht jedoch war er seinem Bruder weitaus unterlegen. Er war ein heuchlerischer, eitler Mensdh, der ungeheuer von sich selbst überzeugt war. In seinem übertriebenen Ehrgeiz war er immer in Intrigen verwickelt, weil er sich stets zurückgesetzt glaubte. Napoleon, dem Josephs Mängel wohlbekannt waren, erklärte eines Tages: „Zu lange schon habe ich meine Angelegenheiten den Händen von Narren anvertraut!" Der Kanzler Pasquier sagte einmal von ihm: „Joseph hat sich den Ereignissen, die sich in seiner Umgebung zutrugen, niemals gewachsen gezeigt." Er schätzte eine wohlbesetzte Tafel und hatte Liebschaften, die viel von sich reden machten. So ließ er der Gräfin von Jaruco aus dem Kriegsentschädigungsfonds 4 Millionen Realen überweisen und unterhielt geradezu skandalöse Beziehungen zu der Marquise von Montehermoso und zu verschiedenen anderen Damen. Seine Gattin Julie Clary lebte die ganze Zeit über in Paris oder auf ihrem Landgut in Morfontaines. Trotz dieser wenig rühmenswerten Eigenschaften hatte er jedodi manchmal recht vernünftige Ansichten, wie z. B. aus einem an den Kaiser gerichteten Brief hervorgeht, den er kurz nach seiner Ankunft in Spanien schrieb. Darin sagte er unter anderem: „Bald werden wir hier kein Geld mehr haben. Heinrich IV. hatte eine Partei gegen sich, Philipp V. hatte nur einen Rivalen zu bekämpfen — mir dagegen steht als Feind eine ganze Nation von 12 Millionen tapferer und erbitterter Menschen gegenüber. Dabei sind mir die Ehrenmänner nicht mehr zugetan als die Schelme. Nein, Herr, Ihr begeht da einen großen Irrtum; Euer Ruhm wird in Spanien untergehen." — In einem anderen Brief schrieb Joseph die bezeichnenden Worte: „Ihr habt die Jahre 89 und 93 (der Französischen Revolution) erlebt — so glaubt mir denn: hierzulande sind die Begeisterung und der Mut nicht geringer."
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Einige Spanier, die nicht wert sind, Spanier zu heißen, hatten sich dazu hergegeben, die Minister des Eindringlings zu spielen. Unter ihnen nennen wir Miguel José de Asanza, Herzog von Santa Fe, Mariano Luis de Urquijo, den General O'Farril, Mazarredo und den General Negrete, Graf von Campo Alange. Begeisterte Franzosenfreunde waren Llórente, der Pater Santander, Arribas, der Kommissar Angulo und Francisco Amorós. König Joseph versuchte, sich liebenswürdig zu geben, um sich die Spanier zu gewinnen, doch reich und arm wichen ihm aus, so daß um seinen Thron herum gähnende Leere entstand. Später gründete er den „Orden de España", den die Patrioten in Spott den „Orden de la Berengena" nannten. Nach der Kapitulation von Bailén mußte er eilends die Hauptstadt verlassen. Die bösen Zungen behaupteten damals, daß „Pepe Botellas" in seiner Tasche die Krone mitgenommen habe, die ihm auf dem Kopf nicht festsitzen wollte. Die P r o v i n z i a l a u s s c h ü s s e und der O b e r s t e Z e n t r a l e Reg i e r u n g s a u s s c h u ß d e s Reiches. Der von Ferdinand VII. ernannte Oberste Regierungsausschuß war allgemein in Mißkredit geraten. Diese Tatsache sowie die Schwierigkeit einer Verbindung zwischen den einzelnen spanischen Bezirken, die durch napoleonische Truppeneinheiten voneinander getrennt waren, ließ die Provinzialausschüsse (Juntas provinciales) entstehen, die vollkommen unabhängig voneinander arbeiteten, wenngleich das gemeinsame vaterländische Ideal, dem sie alle dienten, eine gleichmäßige Zielrichtung gewährleistete. Der Ausschuß von Sevilla erklärte Napoleon den Krieg, und der von Zaragoza berief die alten aragonesischen Cortes ein. In Asturien beschloß der Ausschuß, Vertreter nach London zu entsenden, um den Schutz Englands für die spanische Sache zu erbitten. Der Vizegraf von Matarrosa, späterer Graf von Toreno, und der Doktor Vega Infanzón wurden von Canning, den sie um Munition und Geld baten, sehr liebenswürdig aufgenommen. Canning bot den Spanfern an, das marschbereite Heer Wellesleys zu schicken, doch die Asturier wollten von einer derartigen bewaffneten Hilfe nichts wissen und (bestanden auf ihren Bitten. Inzwischen kamen auch noch Bermúdez de Castro und Freire de Andrade als Vertreter des Ausschusses von Galicien und kurz darauf Adrián Jácome und Juan Ruiz de Apodaca als Abgesandte Sevillas in England an. Jetzt aber entsandte das englische Kabinett, das in dieser ganzen Angelegenheit nicht klar sah, seine Kommissionäre Stuart und Vaugham nach Spanien, um hier Erkundigungen über die Sachlage anzustellen und die Behauptungen der spanischen Abgesandten nachzuprüfen. Um der fruchtbaren Arbeit der einzelnen Ausschüsse die nötige Durchschlagskraft zu sichern, bedurfte es jedoch nun einer Vereinigung derselben.
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Diese Notwendigkeit wurden von Galicien, Valencia, Murcia, Badajoz und Granada lebhaft empfunden, und man veröffentlichte hier Manifeste, in denen die Schaffung eines Zentralausschusses, der sich aus je zwei Vertretern jeder Provinz zusammensetzen sollte, gefordert wurde. In Aranjuez kamen die Abgeordneten der Provinzen zusammen, und hier begann am 25. September 1808 diese Vereinigung, die sich den prunkvollen Titel „Oberster Zentraler Regierungsausschuß des Reiches" zugelegt hatte, ihre Arbeit. Zu ihrem Präsidenten wählten die 35 Männer, die den Ausschuß bildeten, den alten Grafen von Floridabianca. In London gingen inzwischen die Verhandlungen weiter, und Apodaca blieb als Gesandter des Zentralen Regierungsausschusses in England. Die englische Regierung hatte bereits anderthalb Millionen Pesos an die Ausschüsse von Galicien, Asturien und Sevilla abgeschickt, und Sir John Moore war mit 3 5 0 0 0 Mann von England abgesegelt und in La Coruna gelandet. Nun zögerte England auch nicht länger, Freere als neuen Botschafter nach Spanien zu entsenden. Innerhalb des Zentralen Regierungsausschusses bildeten sich zwei Parteien: diejenige, an deren Spitze Floridabianca stand, vertrat mit aller Entschiedenheit das alte Regime, Jovellanos und seine Anhänger dagegen waren für eine Einberufung der Cortes. So konnte die ganze Vereinigung in diesem Zustand dauernden Kampfes wenig oder gar nichts ausrichten. Die Generäle kümmerten sich nicht um ihre Anordnungen, wenn die Umstände es anders erforderten, und hinzu kam, daß eine rasche Verbindung und Nachrichtenübermittlung unmöglich war. Das Wohl des Vaterlandes stand über allen Pflichten, und ihm wurden, mochte es im Einzelfall richtig sein oder nicht, sämtliche Abmachungen und Gebote aufgeopfert. Die Arbeit des Ausschusses beschränkte sich also im wesentlichen auf die Herausgabe zahlreicher vaterländischer Proklamationen und Manifeste, die meist von Quintana verfaßt waren. übrigens erließ der Ausschuß eine Bestimmung, nach der der Verkauf der Besitztümer der „toten Hand" aufgehoben wurde, und gestattete den ausgewiesenen Jesuiten die Rückkehr nach Spanien. N a p o l e o n in S p a n i e n . Don Pedro Caro y Sureda, Marquis de la Romana, flüchtete auf gefahrvollen Wegen mit 9000 Spaniern von den Küsten Langelands, um auf englischen Schiffen nach Spanien zu gelangen und hier das bedrohte Vaterland zu verteidigen. Diese gleichen spanischen Truppen waren seinerzeit, als Spanien noch der Verbündete Frankreichs war, auf Geheiß Napoleons nach Dänemark geschafft worden. Auch die Baskischen Provinzen und Navarra, die von den Eindringlingen besetzt waren, erhoben sich jetzt gegen die Franzosen. Napoleon sah nun
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ein, daß es wohl nötig wäre, persönlich einzugreifen. Sein Optimismus hinsichtlich Spaniens war verflogen. Er kannte jetzt die Widerstandskraft dieses Landes und kam daher mit einem Heer von 2 0 0 0 0 0 Mann ausgesuchtester Truppen auf die Halbinsel. Spanien dagegen konnte nur 83 000 Mann auf die Beine stellen, und auch das waren in der Hauptsache neuangeworbene Rekruten, die noch nichts von Disziplin verstanden und nur spärlich bewaffnet waren. Die spanische Armee teilte sich in drei Korps -, das sogenannte „linke Korps" unter Führung von Blake, das Zentralkorps, das von Castaños befehligt wurde, und das Reservekorps, dessen Führer der junge General Palafox war. Napoleon hatte die Absicht, zuerst das Zentralkorps anzugreifen und dann von hier aus die beiden Seitenflügel zu bedrängen, um auf diese Weise den Widerstand zu brechen. Das linke Korps jedoch drängte sich in einem unbezähmbaren Kampfeseifer vor, so daß die ersten Zusammenstöße zwischen den Franzosen und diesen Truppen stattfanden. Der Kaiser war ungeduldig und wollte nun „die spanische Angelegenheit", wie er sie nannte, ein für allemal erledigen. In Tolosa hielt er eine Ansprache an die Kapuziner, die herbeigeeilt waren, um ihn zu begrüßen, und sagte dabei unter anderem: „Meine Herren Mönche, wenn ihr die Frechheit haben solltet, euch in militärische Angelegenheiten zu mischen, so verspreche ich euch, daß ich euch die Ohren abschneiden lasse." Marschall Lefebvre, Herzog von Danzig, schlug Blake bei Durango, und dieser, der nicht zwischen zwei Feuer kommen wollte und von der Rivalität, die zwischen Lefebvre und Victor bestand, nichts ahnte, zog sich eilends zurück. Bei Espinosa de los Monteros wurde er jedoch von Victor eingeholt und erlitt hier eine furchtbare Niederlage, in die unglücklicherweise auch die Truppen des Marquis de la Romana hineingezogen wurden, die eben erst nach ihrer langen Oberfahrt von Dänemark her in Spanien gelandet waren. Soult, der Herzog von Dalmatien, warf in dem Treffen bei Gamonal kurz vor den Toren von Burgos den unfähigen Grafen von Belveder zurück. Die Stadt Burgos erlebte nun eine furchtbare Plünderung, unter der vor allem das Kloster Las Huelgas und das Karthäuserkloster von Miraflores zu leiden hatte. Castaños, der sich mit den Truppen des Generals Palafox vereinigt hatte, wurde in einer blutigen Schlacht bei Tudela besiegt. „Seit ich Soldat bin, habe ich nie eine vollständigere Niederlage gesehen!" rief Marschall Lannes, der Sieger des Tages, nach Beendigung der Schlacht aus. Napoleon und seine Generäle jedoch sollten sich mit diesem Urteil geirrt haben: die besondere Tugend der Spanier in diesem Krieg war es gerade, daß sie sich auch nach den größten Niederlagen immer wieder zu erheben wußten, und daß wie durch einen Zauber immer neue Heere entstanden, die alle von der gleichen Begeisterung und von dem gleichen un-
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erschütterlichen Vertrauen auf den Endsieg als die einzig mögliche Lösung ihrer gerechten Sadie beseelt waren. Nun, wo der Weg nadi Madrid frei schien, entsdiloß sich Napoleon gegen die Hauptstadt vorzurücken. Inzwischen hatte sich jedoch ein neues spanisches Heer gebildet, das aus der Entfernung durch die drei Generäle Castelar, Moria und Eguia befehligt wurde. 8000 Spanier suchten mit ihrer Artillerie den Paß von Somosierra zu sperren. Napoleon befahl, das Gelände zu erkunden, doch der Oberst Pire kehrte zurück und erklärte: „ Unmöglich, Sire!" „Dieses Wort kenne ich nicht!" erwiderte der Kaiser, wandte sieht an sein Gefolge und rief: „Nehmt den Paß im Sturm!" Nun kam es zu dem berühmten Angriff der polnischen Lanzenreiter unter Kotzietulski. Die Spanier, die durch den heldenmütigen Ansturm der Polen vollkommen überrascht wurden, glaubten sidi verraten und verließen ihre Stellungen. In ihrer Empörung ermordeten sie ihren unschuldigen Führer, den tapferen Benito San Juan. Am 1. Dezember befand sich das französische Heer vor der offenen Stadt Madrid, die sich mit verzweifeltem Heldenmut zur Verteidigung rüstete. Napoleon war außer sich vor Wut, denn er hatte gewünscht, kampflos in die Hauptstadt einziehen zu können, wie es ihm bisher bei den Hauptstädten aller europäischen Länder, die er mit Waffengewalt erobert hatte, möglich gewesen war. Auf die Aufforderung, sich zu ergeben, erwiderten die Madrider: „Das Volk von Madrid wird sich lieber unter den Ruinen seiner Häuser begraben lassen, als daß es sich ergibt." Napoleons Empörung stieg noch mehr; seine Truppen schlugen eine Bresche in die Ziegelmauer gegenüber der Puerta de Alcalá, und bis zum Prado hin entwickelte sich eine wilde Schießerei. Wieder machte der Belagerer Angebote. Den Abgesandten des Madrider Volkes, die sich im französischen Lager einstellten, sagte er: „Kehrt sofort zurück! Wenn ich um drei Uhr nachmittags nicht die weiße Fahne auf den Türmen erblicke, wird morgen mit der gesamten Bevölkerung ein Spießrutenlaufen veranstaltet." Daraufhin wurde schließlich die Kapitulation unterzeichnet. Napoleon nahm nicht in Madrid selbst Quartier, sondern blieb in Chamartin de la Rosa auf dem Landgut der Herzöge von Infantado. Nur für einen Tag kam er nach Madrid, um hier das Bild Philipps II. von Pantoja zu besichtigen. Er besuchte auch den Königlichen Palast und soll bei dieser Gelegenheit zu Joseph gesagt haben: „Wirklich, mein Bruder, Ihr seid besser untergebracht als ich." Er spielte damit auf die prächtige Einrichtung des spanischen Herrscherhauses an. Spanien wurde jetzt als erobertes Land behandelt. Von El Pardo aus erließ Napoleon seine Verordnungen, schaffte die Inquisition ab, beschränkte die Zahl der Klöster auf ein Drittel, hob die inländischen Zölle auf und machte den Vorrechten der Feudalherren ein Ende.
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Zu Ende des an einschneidenden Ereignissen so reichen Jahres 1808 fand dann noch der Feldzug Napoleons gegen die englischen Truppen Sir John Moores statt. Der englische Feldherr hatte Salamanca erreicht und war bereits entschlossen, sich nach Portugal zurückzuziehen, als die Bitten des Zentralausschusses und der Wunsch, den Kampfgeist in England aufrechtzuerhalten, ihn auf den verwegenen Gedanken brachte, sich auf der Straße nach Frankreich festzusetzen und Napoleon so den Rüdezug abzuschneiden. Der Kaiser sah sofort, daß es ein schwerer Fehler des Engländers war, sich mit nur 8000 Mann an diese Unternehmung zu wagen. Als er daher merkte, daß Moore seine Operationsbasis verlegte, gab er die entsprechende Order an Soult und Ney, damit sie die Engländer mehr nach Osten hin abdrängen sollten. Inzwischen überschritt Napoleon bei einem wilden Schneegestöber mitten im Dezember in Eilmärschen das Guadarramagebirge und machte sich an die Verfolgung Moores, der die Gefahr spürte und eiligst nach Galicien zu floh. Als Napoleon merkte, daß er seinen Gegner nicht erreichen konnte, wuchs seine W u t immer mehr. Bei Benavente kam die französische Kavallerie schließlich in Berührung mit dem Feind; der General Lefebvre Desnouettes geriet in Gefangenschaft, und wieder entzogen sich die Engländer in rascher Flucht ihren französischen Verfolgern. Napoleon, der schlechte Nachrichten aus Österreich erhielt, kehrte schleunigst nach Paris zurück und überlies es Soult, den begonnenen Feldzug zu Ende zu führen. Schließlich konnte der Herzog von Dalmatien Moore bei La Coruna stellen, wo es zu einer blutigen und unentschiedenen Schlacht kam. Der englische Heerführer wurde hiebei tödlich verwundet, seine Truppen jedoch konnten sich auf die englischen Schiffe retten. Z a r a g o z a u n d G e r o n a . Saint-Cyr schlug Reding bei Molins de Rey (1808) und Victor besiegte bei Ucles die Generäle Venegas und Senra (Januar 1809). Im Dezember hatte der Marschall Moncey mit Unterstützung Mortiers die zweite Belagerung Zaragozas begonnen. Kurz darauf traf auch der Marschall Lannes, der sich von einer Verwundung erholt hatte, hier ein, um sich an die Spitze der Belagererarmee zu stellen. Palafox hatte sidi nach der Schlacht bei Tudela in die Stadt zurückgezogen und war nun entschlossen, sie bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Vor den Toren Zaragozas stand jetzt ein Heer von 4 0 0 0 0 Mann. 25 Tage lang kämpfte man um eine Bresche, die die Belagerer hatten schlagen können, und 52 Tage dauerte es, bis die Franzosen überhaupt in die Stadt eindringen konnten. Dann aber mußten sie unter schwerem Ringen Straße für Straße und Haus für Haus erkämpfen. Dabei gab es 2 0 0 0 0 Tote und 13 000 Kranke und Verwundete auf seiten der Spanier, während die Franzosen diese Belagerung über 8000 Mann kostete. Die spanischen Truppen, die die Stadt
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halten sollten, beliefen sich nur auf 30000 Soldaten, doch 54000 Einwohner ohne Unterschied des Geschlechtes nahmen an der heldenhaften Verteidigung ihrer Vaterstadt teil und füllten so eines der schönsten Ruhmesblätter in der Geschichte des spanischen Freiheitskampfes gegen den Eindringling. Durch ein Beobachtungskorps, das sie in Calatayud aufgestellt hatten, blockierten die Franzosen die Stadt. Als die schwere französische Artillerie das Feuer eröffnete, entstand eine Bresche in der Mauer, worauf die Eindringlinge sich mit einem Sturmangriff des Klosters von San José, des Blockhauses von Pilar und der Huervabrücke bemächtigen konnten. Ein weiterer Sturmangriff, den Marschall Lannes etwas später befahl, hatte zur Folge, daß die Franzosen in die Stadt selbst eindringen konnten. Dann aber begann der harte Kampf in den Straßen gegen die tapferen Patrioten, die jede Handbreit des Bodens ihrer Stadt verteidigten. Der Krieg, der mit Minen und Gegenminen geführt wurde, war furchtbar, und dazu richtete der Hunger noch in den Reihen der Streiter Verwüstungen an. Endlich fand sich Don Pedro Maria Rie im französischen Hauptquartier ein, um zu verhandeln. „Die Frauen und Kinder sollen geschont werden", erklärte Lannes, „und damit ist die Angelegenheit erledigt." — „Im Gegenteil, damit beginnt sie erst", entgegnete Rie, „denn das hieße ja sonst, daß wir uns unseren Feinden auf Gnade und Ungnade ergeben sollten. In diesem Falle aber würde Zaragoza sich weiterhin verteidigen, denn noch verfügt die Stadt über Waffen und Munition, vor allem aber über Fäuste." Daraufhin wurde eine Kapitulation unter ehrenhaften Bedingungen abgeschlossen. Die Belagerung hatte am 20. Dezember 1808 begonnen, und am 21. Februar 1809 hatte die Stadt sich ergeben. Bei der Verteidigung hatte sich vor allem Jorge Ibort, der im Volksmund „Onkel Jorge" genannt wurde, die Gräfin von Bureta und Agustina de Aragón hervorgetan. Im Mai 1809 begann die dritte Belagerung der Stadt Gerona. 20 000 Soldaten umzingelten unter Führung des Generals Verdier die Stadt. Innerhalb der Mauern befanden sich nur 6000 Soldaten, diese aber unterstanden dem Befehl des beherzten Mariano Alvarez de Castro. Bald langte vor Gerona der General Gouvion Saint-Cyr an, der entschlossen war, die Stadt um jeden Preis zu nehmen. Es begann ein furchtbares Bombardement, das die Einwohnerschaft jedoch mutig ertrug. Blake versuchte dreimal, Gerona zu Hilfe zu kommen und Proviant in die Stadt zu schaffen, doch nur bei einem dieser Versuche konnte er mit 2000 Mann die Umzingelung durchbrechen und sein Vorhaben ausführen. Die Franzosen bemächtigten sich der Forts von San Luis, San Narciso und San Daniel, während noch 30 000 Mann Verstärkung in ihr Lager einrückten. Schließlich konnten sie auch noch das Schloß von Mcmtjuich nehmen. Die Eingeschlossenen jedoch, die
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an dem unerschütterlichen Mut des heldenhaften Alvarez ein leuchtendes Beispiel hatten, ergaben sich nicht. Als sich dann französische Parlamentäre in Gerona einstellten, empfing Alvarez sie mit den Worten: „Mit den Feinden meines Vaterlandes wünsche ich nicht zu verhandeln; der nächste Abgesandte wird mit Schüssen empfangen werden." Dann ließ er ein Plakat mit folgendem Wortlaut anschlagen: „Unseren Truppen in den vordersten Stellungen tue ich hiermit zu wissen, daß die Soldaten in der zweiten Linie den Befehl haben, gegen jeden, der von vorn auf sie zukommt, sei es ein Spanier oder ein Franzose, das Feuer zu eröffnen." Immer wieder versuchten die Feinde einen Sturmangriff, und immer wieder wurden sie durch die Verteidiger der Stadt zurückgeschlagen. Als bei einer Gelegenheit ein Offizier Alvarez fragte: „Und der Rückzug?" erwiderte dieser: „Geht nur auf den Friedhof." Saint-Cyr wurde durch Augereau ersetzt. Die Lage der Eingeschlossenen wurde immer schlimmer — sie waren jetzt schon genötigt, Pferdefleisch und andere, unbekömmliche Speisen zu sich zu nehmen. Alvarez erkrankte, und nun bat Gerona um Kapitulation, die ihm auch gewährt wurde. Mit allen Ehren durften die 1500 Verteidiger durch die Bresdie in der Stadtmauer abziehen. Das Belagererheer war äußerst verwundert, daß diese Handvoll verhungerter Leute dem Ansturm von 50000 Mann hatten standhalten können. Sieben Monate, von Mai bis Dezember, hatte die Verteidigung Geronas gedauert, mit der sich diese ruhmreiche Stadt unverwelkliche Lorbeeren errungen hat. D i e e n g l i s c h e H i l f e . Nach dem Marsch Napoleons auf Madrid hatten die Ereignisse in Spanien im allgemeinen einen für die französischen Waffen günstigen Verlauf genommen. Joseph zog nun wieder in Madrid ein. Der General Victor, Herzog von Bellune, schlug den General Cuesta bei Medellin (März 1809), und Sebastiani besiegte den Grafen von Cartaojal bei Ciudad Real. Inzwischen war Wellesley in Lissabon gelandet, um von hier aus den Krieg in Spanien zu beginnen. Sir Arthur Wellesley war ein hochintelligenter Offizier, der außerordentlich befähigt war, ein Heer zu organisieren und zu leiten. Er besaß unbestreitbares militärisches Talent, einen trockenen und egoistischen Charakter und hatte ein kühles und gewandtes Auftreten. In allem, was die Disziplin betraf, war er von unbeugsamer Härte. So war er der gegebene Mann, um die Pläne Englands in Spanien zu verwirklichen. Hinsichtlich der plötzlichen Liebe, die England für Spanien an den Tag legte, brauchten die Spanier sich jedoch keinerlei Illusionen zu machen. Die Pyrenäenhalbinsel war für die Engländer nur ein ausgezeichnetes Schlachtfeld, auf dem man die Streitkräfte Napoleons stellen konnte, und so geschah es im Dienste der eigenen Interessen, wenn England den
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patriotischen Eifer der Spanier unterstützte: man hoffte, hier den unversöhnlichen Feind Großbritanniens besiegen zu können. Den berechnenden Engländern schien dieser Krieg vorteilhaft für ihr Land, doch sie brachten keinen Funken Idealismus dafür auf. Und der geeignete Mann, um diese Gedankengänge Englands auszuführen, war Wellesley, der sich niemals von Gefühlen leiten ließ und den Feldzug nur mit Verstand führte, ohne auch nur einen Augenblick sein Herz zu befragen. So sagte er auch in einem seiner Briefe: „Die Spanier stellen ihre Heere auf mit einer Sache, die sie Begeisterung nennen. Ich weiß nicht, was das ist; ich weiß nur, daß man mit dieser Begeisterung keine Waffen, keine Kleidung, keine Disziplin und überhaupt nichts herstellen und erreichen kann." Dem eiskalten Wesen des künftigen „eisernen Herzogs" mußte die tatsächliche Kraft, die dieser spanischen Begeisterung innewohnte, unverständlich bleiben. Er konnte es nicht fassen, daß die Begeisterung jahrelang ein ganzes Volk befähigen konnte, einem mächtigen Gegner zu widerstehen, und daß 9ie ein Heer nach dem anderen erstehen lassen konnte, Armeen, die sich wohl aus einer ungeübten und undisziplinierten Masse zusammensetzten, ohne die jedoch der große englische General niemals auf dem Boden der Halbinsel hätte vorrücken können. Niemals hätte er auch ohne diese spanischen Streitkräfte seine Siege über die Franzosen erringen können, die ihre großen Heeresmassen zersplittern mußten, um in den verschiedensten und entlegensten Provinzen gegen jene tapferen, von der Begeisterung entflammten Männer zu kämpfen. Die Bedeutung der englischen Hilfe ist vielfach übertrieben worden. Geld sandte England nur wenig, weil es selbst nicht genug hatte, und was die Truppen betrifft, so muß gesagt werden, daß sie wohl bei verschiedenen Gelegenheiten den Ausschlag für den Sieg gegeben haben, daß sie aber andererseits das Land mindestens ebenso oder vielleicht noch mehr aussaugten als die Franzosen. Ihre Übergriffe und Brandstiftungen, wie z. B. der von ihnen angelegte Brand von San Sebastián, wurden von der spanischen Bevölkerung viel schmerzlicher empfunden als das Vorgehen der Franzosen. Von den Feinden konnte man es nicht anders erwarten, die Engländer aber galten schließlich als Verbündete des Landes. Abgesehen hiervon hätte Spanien auch ohne Wellington den Krieg weitergeführt und es auf jeden Fall erlebt, daß im Winter 1814 die Halbinsel von den Franzosen geräumt worden wäre, während die Engländer hingegen ohne die spanische Hilfe niemals über das Gebiet von Portugal hinausgekommen wären. König Joseph, der keinerlei militärische Talente hatte, mußte sich ganz und gar auf die Marschälle seines kaiserlichen Bruders verlassen, die durch ihre gegenseitigen Eifersüchteleien oftmals den Gang der Operationen
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verzögerten. So gelang es Soult und Ney nicht, das aufständische Galicien zu unterwerfen, und Ney konnte am 7. Juni 1809 nicht den Übergang über die Brücke bei Sampayo erzwingen und erlitt eine beträchtliche Niederlage. Bei Alcañiz konnte Blake gegen den französischen General Suchet erfolgreich Widerstand leisten, wenngleidi dieser ihn später bei Maria und Beldiite besiegte. Dank der Geschicklichkeit Suchets, des erfolgreichsten aller Generäle Napoleons in Spanien, blieb das gesamte aragonesisdie Gebiet in der Hand der Franzosen. Audi Valencia wurde unterworfen, und in Katalonien errangen Saint-Cyr und Augereau den gleichen Erfolg. Wellesley hatte Soult bei Oporto geschlagen und vereinbarte, da er den Franzosen vernichtet glaubte, mit Cuesta und Venegas einen raschen Vormarsch gegen Madrid. König Joseph rückte mit Jourdan, seinem Generalstabschef, dem heranziehenden Feind entgegen. Beim Paß von Alberche vereinigten Victor und Sebastiani ihre Streitkräfte und stießen dann bei Talavera de la Reina auf die Truppen der Spanier und Engländer. Die Franzosen setzten ihre Ehre darein, den Berg von Medellin zu nehmen, der von den unerschrockenen englischen Regimentern verteidigt wurde. Victor wurde zurückgeschlagen, griff aber sofort wieder an und versuchte, die Feinde zu umzingeln. Seine Unternehmung scheiterte jedoch an dem Widerstand einer spanischen Division, die auf den Felsen und Klippen der Atalaya aufgestellt war. Nun gingen die verbündeten Spanier und Engländer zum Angriff vor und überrannten mit ihrer Kavallerie den Feind, der sich am folgenden Tage von dem Schlachtfeld zurückziehen mußte. Der Ausgang der Schlacht war zwar unentschieden, ein niederschmetternder moralischer Eindruck auf die französischen Truppen war jedoch nicht zu verkennen (Juli 1809). Cuesta wurde mit dem Großkreuz Karls III. ausgezeichnet, Wellesley zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt; außerdem verlieh England seinem Heerführer noch den Titel eines Vizegrafen von Wellington. „Was für eine großartige Gelegenheit haben wir uns da entgehen lassen!" rief Napoleon aus, als er den Bericht über die Schlacht empfing. „Dreißigtausend Engländer haben hundertfünfzig Meilen von der Küste entfernt 100 000 der besten Soldaten der Welt gegenübergestanden! Mein Gott, so geht es, wenn man ein Heer ohne General hat!" Der Sieg bei Talavera erwies sich jedoch als ziemlich ergebnislos. Soult ging nach Plascencia, und Wellington zog sich vorsichtigerweise nach Portugal zurück. Kurz darauf wurde Venegas bei Almonacid geschlagen. Die Zuversicht der vaterlandstreuen Spanier wurde jedoch wieder erhöht durch das standhafte Vorgehen des Generals Santolcides, der Carrier bei Astorga zurück-
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drängte, und durch das Kriegsglück des Herzogs del Parque, der bei Tamames die Truppen Neys zum Weichen bringen konnte. Weitere Erfolge stellten sich jedoch nicht ein: der Herzog del Parque wurde bei Medina del Campo und Alba de Tormes besiegt. Die schwerste Niederlage erlitten die Spanier aber bei Ocaña, wo der unfähige Juan Carlos Areizaga es fertig bradite, an der Spitze von 51 000 Mann eine Schlacht zu verlieren. Nur diejenigen, die den typischen spanischen Kleinkrieg führten, konnten damals die Ehre der spanischen Waffen aufrechterhalten. Unter ihnen zeichneten sich vor allem Juan Martínez Díaz, der „Hartnäckige", der Kleriker Don Jerónimo Merino, Renovales, Miguel Sarasa, Francisco Javier Mina, Ignacio Cuevillas, der Priester Tapia, der Oberst Gayán, der Brigadeoffizier Villacampa, Salazar, Angulo, Alonso, Fray Juan Delica („der Kapuziner"), Tomás García Vicente, Julián Sánchez, Romeu und andere aus. Diese unermüdlichen Vorkämpfer der Freiheit, die immer wieder das feindliche Heer auf seinem Marsch beeinträchtigten, Überfälle auf die Nachhut unternahmen, die Lebensmittelzufuhren abschnitten und überall wie aus heiterem Himmel auftauchten und sich auf die Franzosen stürzten, bildeten zu jener Zeit den Kern des Widerstandes und verwirklichten den Wunsch, daß die Franzosen nur so viel von dem spanischen Boden beherrschen sollten, wie sie jeweils unter den Füßen hatten. Nachdem er Österreich niedergerungen hatte, konnte Napoleon seinem Bruder Verstärkungen schicken, der nun über etwa 400 000 Mann verfügte. Nach der Schlacht bei Navas de Tolosa, in der Areizaga noch einmal geschlagen wurde (1810), gingen die Franzosen unter Führung Soults an die Eroberung Andalusiens. Abgesehen von Cádiz, das der Herzog von Alburquerque retten konnte, wurde die gesamte Provinz ohne größere Schwierigkeiten besetzt. Das Heer Massenas nahm Ciudad Rodrigo, Astorga und Almeida ein, griff die Engländer und Portugiesen bei Busaco an und kam erst vor dem gewaltigen Widerstand bei Torres Vedras zum Stehen, wo Wellington den Franzosen den Weg nach Lissabon versperrte. Fünf Monate lang blieb Massena in Portugal. Inzwischen war Soult bei Chiclana durch die vereinten Truppen der Engländer und Portugiesen geschlagen worden. Da er das Vergebliche seiner Bemühungen um Cádiz einsah, zog er auf Befehl des Kaisers ab, um Massena zu Hilfe zu kommen. Auf seinem Marsch nahm er Badajoz; er kam jedoch zu spät, denn Massena zog sich bereits zurück. Nun folgte die unentschiedene Schlacht bei Fuentes de Oñoro, in der die Engländer Vorteile erringen konnten (1811). Massena gab daraufhin den Oberbefehl an Marmont, Herzog von Ragusa, ab und kehrte nach Frankreich zurück.
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Bei Albuera wurde Soult durch die vereinten Streitkräfte der Generäle Castaños, Blake und Beresford zurückgeschlagen. Die Niederlage wurde jedoch ausgeglichen durch die Eroberung Valencias seitens Suchets. Der Einzug der Franzosen in Valencia (1812) bedeutete die Krönung des langen Eroberungswerkes des Franzosen in Ostspanien, dem Städte wie Lérida, Mequinenza, Tortosa und Tarragona — einige davon nach langem, zähem Widerstand — zum Opfer gefallen waren. Wellington nahm nun Ciudad Rodrigo und Badajoz. Da das Interesse Napoleons durch den Feldzug in Rußland in Anspruch genommen war, konnte der Engländer bis Salamanca vorrücken, wo er auf das Heer Marmonts stieß. Die Franzosen wurden nun in der Schlacht bei den Arapiles besiegt, die diesen Namen nach zwei Hügeln erhalten hat, deren das französische Heer sich bemächtigen wollte. Da Marmont überzeugt war, daß er die Hügel nicht in einem Frontalangriff nehmen konnte, machte er eine Schwenkung, um von der Seite anzugreifen. In diesem Augenblick aber drangen die Engländer und Spanier vor und konnten mit ihren Reservetruppen verhindern, daß die Flanke des Feindes dem Zentrum zu Hilfe kam. Der rechte Flügel der Franzosen deckte den Rückzug, zu dem der Herzog von Ragusa, der bereits zu Beginn der Schlacht eine todbringende Wunde erhalten hatte, gezwungen wurde. Die spanischen Cortes verliehen Wellington daraufhin den Orden des Goldenen Vlieses. Das Ergebnis der Schlacht war, daß König Joseph und der General Jourdan Madrid verlassen und sich zu dem von Suchet befehligten Heer von Valencia begeben mußten. Soult kehrte aus Andalusien zurück, und nun standen, nachdem auch die französischen Heere aus dem Norden und aus Portugal noch hinzugekommen waren, 100 000 Soldaten bereit, die darauf brannten, die bei den Arapiles erlittene Schlappe zu rächen. Vorsichtig zog sich der Engländer nach Portugal zurück, um hier den Gang der Ereignisse abzuwarten. Dieser Rückzug des englischen Heeres bedeutete das Ende des Feldzugs von 1812. D i e R e g e n t s c h a f t u n d d i e C o r t e s ' v o n C á d i z . Als die Lage am kritischsten war, hatte der Regierungsausschuß sich nach Sevilla geflüchtet und nun von hier aus Beweise seiner Tatkraft erbracht. Der Gedanke einer Regentschaft jedoch gewann jetzt immer mehr Boden. Zunächst erreichten Jovellanos und Calvo de Rozas die Ernennung eines Exekutivkomitees, das mit der Regierung des Reiches betraut wurde. Der Regierungsausschuß sollte die Fragen behandeln, die noch der Beratung bedurften; die Cortes wurden zum 1. März 1810 einberufen. Als dann die Franzosen in Andalusien einbrachen, sah der Ausschuß sich gezwungen, sich auf die Isla de León zurückzuziehen. Hier wurde ein Regentschaftsrat von fünf Mitgliedern gewählt.
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Der Regentsdiaftsrat setzte sich zusammen aus dem General Castaños, Don Francisco Saavedra, Don Antonio Escaño und Don Esteban Fernández de León, der später durch den Mexikaner Don Miguel de Lardizábal y Cribe ersetzt wurde. Den Vorsitz führte der alte und energische Bischof von Orense, Don Pedro de Quevedo y Quintano. Mit Unterstützung des Kastilienrats setzten die Mitglieder des Rates durch, daß die Eröffnung der Cortes auf einen späteren Zeitpunkt verlegt wurde, obgleich die Provinzialausschüsse, vor allem der von Cádiz, auf ein baldiges Erscheinen der gewählten Vertreter und den Beginn der Sitzungen drängten. Als ein vom Ausschuß von Cádiz eingereichtes Gesuch nicht genehmigt wurde, kam es zu Unruhen. N u n verfügte der Regentschaftsausschuß die Einberufung der Cortes und schrieb die indirekte W a h l der Mitglieder durch Wahlmänner aus. Da ein großer Teil des spanischen Landes vom Feind besetzt war, wurden die Vertreter dieser Bezirke in Cádiz gewählt, ebenso wie die sogenannten „suplentes", die Vertreter der Abgeordneten aus Amerika und der Südsee. Die allgemeinen und außerordentlichen Cortes wurden am 24. September 1810 auf der Isla de Léon eröffnet. Die Sitzungen fanden in dem dortigen Theater statt. In der ersten Sitzungsperiode tat sich vor allem der beredte Don Diego M u ñ o z Torrero hervor. Er war Abgeordneter der Provinz Extremadura, früherer Rektor der Universität Salamanca, und hing den Ideen des Jansenismus an. Torrero erreichte die Veröffentlichung eines Dekrets, in dem Ferdinand VII. als legitimer König von Spanien proklamiert und die Cortes zum Träger der nationalen Souveränität erklärt wurden. Die legislative Gewalt lag bei den Cortes, deren Abgeordnete als unverletzlich galten. Bald brach nun ein Streit zwischen den Cortes und dem Regentschaftsrat aus, weil der starrköpfige Bischof von Orense sich nur mit einem gewissen Vorbehalt auf das genannte Dekret vereidigen lassen wollte. Die Beziehungen zwischen den beiden Organismen spitzten sich noch weiter zu, als die Cortes den Anspruch erhoben, bei der Ausübung der Exekutivgewalt mitzuwirken. Capmany legte einen Antrag vor, nach dem es jedem Mitglied der Cortes verboten sein sollte, irgendeine Ehrung oder Belohnung seitens der Regentschaft anzunehmen. N u n spalteten sich die Cortes ganz klar in zwei Parteien: die „liberale" und die „servile". Die „Liberalen" waren Anhänger entschiedener Reformbestrebungen, verteidigten das Gedankengut der französischen Revolution, neigten zum Konstitutionalismus und waren daher entschieden gegen eine absolute Regierungsform. Die „Servilen" dagegen waren die Vertreter der Tradition und in gewisser Weise auch die Vorkämpfer einer unbeschränkten königlichen Macht. Ballesteros, Spanien
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Diese entgegengesetzten Richlingen mußten vor allem bei der Erörterung des von Don Agustín Argüelles eingebrachten Pressegesetzentwurfes aufeinanderprallen. Unter den Liberalen taten sich in der Diskussion Argüelles, Muñoz Torrero, Mejía und Nicasio Gallego besonders hervor, während als bedeutendste Vertreter der servilen Richtung Creus, Morales Gallego und Rodríguez de la Barcena zu nennen sind. Die Cortes ernannten nun einen neuen Regentschaftsrat, in dem der General Blake, der Geschwaderchef Gabriel Ciscar und der Fregattenkapitän Pedro Agar vertreten waren. Als die Franzosen in Andalusien einbrachen, wurde der Sitz der Cortes nach Cádiz verlegt (24. April 1811). Hier hielten sie weiterhin ihre Beratungen ab, trotz aller Erschütterungen durch das Bombardement und den Donner der Kanonen, die die Bevölkerung von Cádiz standhaft ertrug. Die Liberalen, darunter vor allem Toreno, Argüelles, Quintana, Juan Nicasio Gallego, Gallardo, Martínez de la Rosa, Alcalá Galiano und Sáavedra, der spätere Herzog von Rivas, kamen gewöhnlich im Hause der Doña Margarita Martínez de Moria, der Freundin der Madame de Staël, zusammen, während das Ehepaar Böhl de Faber, die Eltern der Dichterin Fernán Caballero, einen anderen literarischen Zirkel unterhielten, bei dem die Servilen zu erscheinen pflegten. Die Cortes hatten inzwischen auf ihren häufigen Sitzungen verschiedene Erlasse ausgearbeitet. In einem derselben wurden alle Verfügungen Ferdinands VII. in Bayonne ebenso wie diejenigen, die er als Gefangener der Franzosen getroffen hatte, für null und nichtig erklärt. Daneben gab es noch eine ganze Anzahl weiterer Erlasse. Die wichtigsten bezogen sich auf die Anerkennung des Provinzialreglements, die Gründung des Ordens des heil. Ferdinand und die Dienstordnung für den Kleinkrieg gegen die Franzosen. Weiterhin wurde die Folter abgeschafft und die Verstaatlichung sämtlicher Besitzungen der öffentlichen Gerichtsbarkeit verfügt. Das bedeutendste Werk der Cortes war die Ausarbeitung der Verfassung von 1812. In feierlichen Sitzungen berieten die Abgeordneten über grundlegende Probleme wie das der nationalen Souveränität, das des absoluten oder suspensiven königlichen Vetos und das des Ein- oder Zweikammersystems. Am 18. März 1812 wurde die Verfassung unterzeichnet und am 19. des gleichen Monats veröffentlicht. Diese Verfassung bestand aus 384 Artikeln, die nach zehn verschiedenen Hauptgebieten eingeteilt waren. Diese Gebiete behandelten: die spanische Nation und die Spanier, das Staatsgebiet, die Religion, die spanische Regierung und die Staatsbürgerschaft, die Cortes, den König, die Gerichtshöfe und die Gerichtsverwaltung, die Provinzial- und Stadtverwaltungen, die Besteuerung, das Heer, den öffentlichen Unterricht und
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die Wahrung der Verfassung. Das zweite Kapitel des ersten Absatzes, das den Wortlaut hat: „Die Vaterlandsliebe ist eine der höchsten Pflichten jedes Spaniers, ebenso wie die Gerechtigkeit und die Wohltätigkeit", gab in der Folgezeit Anlaß zu vielen mehr oder minder respektlosen Randbemerkungen. Die Cortes verfügten die Aufhebung des Santiagogelübdes und die Abschaffung des Inquisitionsgerichts. Weiterhin wurden verschiedene Dekrete hinsichtlich der kirchlichen Besitztümer veröffentlicht, in denen der Zwiespalt zwischen Regentschaft und Cortes klar zutage trat. Kurz darauf wurde ein anderer Regentschaftsrat ernannt, der sich aus Agar, Ciscar und dem Erzbischof von Toledo zusammensetzte. Die außerordentlichen Cortes, die ihre Sitzungen in der Philippenserkirche in Cádiz abgehalten hatten, schlössen am 14. September 1813. Im Oktober wurden dann die regulären Cortes eröffnet. Da jedoch ganz Cádiz durch das grassierende Gelbe Fieber in Angst versetzt war, vereinbarte man die Verlegung der Cortes nach Madrid, wohin sie für den 15. Januar des folgenden Jahres einberufen wurden. D a s Ende d e s K r i e g e s . Wellington, der zum Oberbefehlshaber der vereinigten spanischen und englischen Streitkräfte ernannt worden war, rückte mit der ganzen Armee nach Norden vor und überschritt dabei die Rückzugslinie des französischen Heeres. Gegen den Rat der Mehrzahl seiner Generäle bestand König Joseph darauf, sich seinen Gegnern bei Vitoria zur Schlacht zu stellen. Die Franzosen hatten sich in einer parallelen Linie zur Straße nach Frankreich aufgestellt; zur Deckung der Flanken jedoch mußte König Joseph noch beträchtliche Streitkräfte aufbieten. Die Engländer griffen nun am Verbindungspunkt zwischen dem Zentrum und dem linken Flügel an, worauf die Franzosen in ungeordneter Flucht zurückwichen und dabei ihre Artillerie und einen erheblichen Teil ihres Trosses dem Feind überlassen mußten (1. Juni 1813). Als dann die Engländer San Sebastian und Pamplona belagerten, wollte Soult diesen Städten zu Hilfe kommen, mußte sich aber nach dem Treffen bei Sorauren und der Schlacht bei San Marcial, bei denen die spanischen Truppen unter General Freire wahre Heldentaten vollbrachten, zurückziehen. San Sebastian wurde im Sturmangriff genommen, und Pamplona kapitulierte. Nun ging Wellington auf französisches Gebiet über. In methodisch-geordnetem Rückzug räumte Suchet inzwischen die Provinz Valencia und ging von hier nach Katalonien, um sodann die Pyrenäen zu überschreiten. Damit war der Unabhängigkeitskrieg beendet. Spanien hatte sich, wie Napoleon später auf Sankt Helena sagte, „wie ein Ehrenmann geschlagen". Allzu spät für Spanien sah so der Herr Europas seinen Irrtum ein: der heldenhafte Kampf, den die Spanier durch31*
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gefochten hatte, konnte auf anderem Gebiet keine günstigen Folgen zeitigen, sondern mußte unweigerlich zum wirtschaftlichen Ruin des Landes führen. Die letzte auf Spanien bezügliche Handlung Napoleons war der Abschluß des Vertrages von Valencay, in dem der Kaiser Ferdinand VII. als König von Spanien und Westindien anerkannte. Anfänglich wollte Napoleon die Bedingung stellen, daß der spanische König sich verpflichten solle, die Engländer von der Pyrenäenhalbinsel zu entfernen, doch Ferdinand berief sich darauf, daß er hierzu die Genehmigung des Regierungsausschusses benötige. Später legten dann Laforest und der Herzog von San Carlos die Grundlagen für einen Vertrag fest, in dem der spanische Monarch sich verpflichten sollte, die franzosenfreundlichen Spanier wieder in den vollen Genuß ihrer Rechte und Ehrentitel zu setzen, Karl IV. und Maria Luise jährlich 30 Millionen Realen auszuzahlen und einen Handelsvertrag mit Frankreich abzuschließen. Als der Herzog von San Carlos in Madrid eintraf, um den Vertrag vom Regentschaftsausschuß ratifizieren zu lassen, weigerte sich dieser mit der Begründung, daß Ferdinand sich ja noch in Gefangenschaft befinde. Im Einvernehmen mit der Regentschaft veröffentlichten die Cortes am 1. Februar 1814 ein Dekret, das den gleichen Inhalt hatte wie eine bereits von den Cortes in Cádiz erlassene Verordnung und sich mit der Antwort des Regentschaftsrates deckte. So bestand bereits vor der Rückkehr Ferdinands VII. aus Frankreich ein gewisser Zwiespalt zwischen dem Herrscher und vielen seiner Untertanen.
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FERDINAND VII. D i e R ü c k k e h r a u s V a l e n c a y . ü b e r Toulouse und Perpignan kehrte Ferdinand VII. zurück und betrat am 22. März 1814 zum ersten Male wieder spanischen Boden. Er setzte seine Fahrt dann über Figueras, Gerona, Tarragona, Reus, Lérida und Zaragoza fort und nahm in Daroca an einer Sitzung teil, bei der die Begleiter des Königs erklärten, Ferdinand dürfe den Eid auf die Verfassung nicht ablegen. Einzig Palafox war anderer Ansicht. Der spanische Herrscher ging nun nach Teruel und von hier nach Segorbe, wo eine zweite Sitzung stattfand, während der der Herzog von Infantado sagte: „Es gibt hier nur drei Möglichkeiten: schwören, nicht schwören oder mit Einschränkungen schwören." Pedro Gómez Labrador äußerte empört, „man müsse die Liberalen in einer Faust zerdrücken."
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In Valencia, wohin Ferdinand sich nun begab, hielt der General Francisco Javier Elio eine Rede, die mit den Worten schloß: „Hier, Herr, übergebe ich Euch den Generalsstab; ergreift ihn!" Und er fügte hinzu: „Ergreift ihn, Herr! Wenn Eure Majestät ihn nur einen Augenblick fest in die Hand nimmt, so wird er neue Kraft und Stärke gewinnen." In der Nähe von Puzol empfing der König dann den Erzbischof von Toledo und Präsidenten des Regentschaftsrates, Don Luis de Bourbon, dem er eine kühle Begrüßung zuteil werden ließ. Elio stellte dem König das Offizierskorps des Heeres vor und fragte dieses: „Schwört ihr, daß ihr den König in der Wahrung aller seiner Rechte unterstützen wollt?", und alle erwiderten: „Ja, das schwören wir!" Spanien war nun in zwei unversöhnliche Lager gespalten: das der Absolutisten und das der Liberalen. Es kam ein Manifest heraus, das von den mit der Verfassung unzufriedenen Abgeordneten unterzeichnet war, das sogenannte „Perser-Manifest", das mit den Worten begann: „Bei den alten Persern war es Sitte . . . " Demgegenüber stimmten die Cortes einem Vorschlag des Martínez de la Rosa zu, wonach jeder Abgeordnete, der bis zum Zeitpunkt von acht Tagen nach der Veröffentlichung der Verfassung eine Abänderung oder einen Zusatz zu derselben verlangte, als Hochverräter angesehen und zum Tode verurteilt werden sollte. D a s a b s o l u t i s t i s c h e R e g i m e . Don Francisco Ramón de Eguía j Latorre wurde zum Generalkapitän von Neukastilien ernannt. Dieser Offizier, der den Spitznamen „Coletilla", der „Perückenzopf", führte, war einer der entschiedensten Vorkämpfer des Absolutismus. Bald wurden Verhaftungsbefehle für die eifrigsten liberalen Abgeordneten ausgestellt. Ferdinand VII. ließ ein Manifest veröffentlichen, in dem er erklärte, daß er den Eid auf die Verfassung nicht abzulegen gedenke, und kurz darauf hielt der „Ersehnte und Bejubelte" seinen glanzvollen Einzug in Madrid. Es wurde ein Ministerium gebildet, in dem der Herzog von San Carlos, Don Pedro Macanaz, der General Eguía, Don Luis Salazar und Don Cristóbal Góngora vertreten waren. In einem neuen Dekret wurden diejenigen Persönlichkeiten, die König Joseph Dienste geleistet hatten, zu lebenslänglicher Verbannung verurteilt, ü b e r eine weitere Reihe von Männern, die sich in irgendeiner Form als Franzosenfreunde gezeigt hatten, wurden Enteignungsurteile ausgesprochen. Unter anderem wurden Meléndez Valdés, Moratín, Burgos und Lista von diesen Maßnahmen betroffen. So zielte die Innenpolitik der neuen Regierung darauf ab, die Zustände von vor 1808 wieder herzustellen. Königliche Launen ließen ein Ministerium das andere in rascher Folge ablösen. Don Pedro Macanaz wurde des Ämterverkaufs beschuldigt und gefangengesetzt; Echevarri mußte, als er von seinem Ministerposten ab-
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trat, in die Verbannung gehen, desgleichen Ballesteros. González Vallejo wanderte vom Ministersessel für zehn Jahre ins Gefängnis von Ceuta. Die wirklichen Regierenden aber waren die Mitglieder der Hofkamarilla, unter anderen Escóiquiz, der Kanonikus Ostolaza, die Herzöge von Alagón und Infantado, Don Antonio de ligarte, der in seiner Kindheit Korbträger gewesen war, und der aus Colmenar Viejo gebürtige Pedro Collado, ein früherer Wasserträger vom Berrobrunnen. Dieser letztere, ein ganz gewöhnlicher Mensch, der zu Intrigen und plumpen Spässen neigte, führte den Spitznamen „Chamorro" und übte einen ungeheuren Einfluß auf Ferdinand VII. aus, der großen Gefallen an seinen zynischen und groben Redensarten fand. Auch der russische Botschafter TattisdiefT gehörte zu diesem Kreis. Er hatte den Ankauf russischer Schiffe durch die spanische Regierung vermittelt; die Sdiiffe erwiesen sich allerdings als unbrauchbar, wurden jedoch höchstwahrscheinlich auch nicht bezahlt, so daß sie den spanischen Staat nicht teuer zu stehen kamen. Aus dieser Reihe mittelmäßiger und schlechter Minister ragt Don Martin Garay als eine Ausnahmeerscheinung hervor. Dieser verdiente Finanzpolitiker war bestrebt, sein Vaterland aus dem wirtschaftlichen Ruin, in den es hineingeraten war, zu erretten. Infolge seiner wohltätigen Reformen war Garay allgemein beliebt. Die bekanntesten und fähigsten Liberalen saßen jetzt im Gefängnis: Agustín Argüelles, José María Calatrava, Muñoz Torrero, Nicasio Gallego, Martínez de la Rosa und Canga Argüelles. Währenddessen spielte Spanien eine klägliche Rolle auf dem Wiener Kongreß. Der unfähige spanische Vertreter, Gómez Labrador, verstand es in keiner Weise, die Rechte seines Landes, das einen so großen Anteil an dem hier gefeierten Sturz des Korsen gehabt hatte, durchzusetzen. Der Kongreß überließ Spanien lediglich das Herzogtum Parma für den Infanten Karl Ludwig und das Herzogtum Lucca für die Königin von Etrurien — zwei Geschenke, an denen die spanische Nation überhaupt nicht interessiert war. Dafür aber sollte Spanien die Festung Olivenza an Portugal ausliefern. Mit aller Entschiedenheit weigerte sidi die Regierung, diese Klausel des Vertrages zu erfüllen. Eine derartige Behandlung war der Dank Europas für den Opfermut Spaniens. D i e R e v o l u t i o n v o n 1820. Die liberalen Kreise des Landes waren empört über die absolutistische Regierungsführung des Königs, und immer mehr Gründe kamen hinzu, um die Anhänger der Verfassung an Einfluß gewinnen zu lassen. Das Freimaurertum mit seinen amerikanischen, französischen und franzosenfreundlichen Logen bereitete den Boden vor. Die Offiziere, die aus Frankreich zurückkehrten, waren fast alle Freimaurer geworden, unter anderen auch Rafael Riego und Evaristo San Miguel. Möglicherweise gab es bereits während der Unabhängigkeitskriege liberale
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Logen, sicherlich aber bestanden eine ganze Reihe von ihnen während der absolutistischen Epoche. Der Abenteurer Van Halen gründete eine Loge in Murcia, in die auch Torrijos eintrat; der unter dem Namen „Onkel Pedro" bekannte Graf von Montijo eröffnete eine in Granada, und schließlich kam es so weit, daß beinahe das gesamte Heer freimaurerisch war. Nun begannen die Verschwörungen und Putschversuche der Offiziere. Wir nennen die von Mina (1814), Porlier (1815), Richar, Lacy y Milans (1817) und Joaquín Vidal (1819). Die folgenreichste aller Verschwörungen wurde in Cádiz angezettelt. Bei dieser Gelegenheit wirkten spanisch-amerikanische Persönlichkeiten und Gelder mit, um zu verhindern, daß von Spanien aus eine Expedition gegen die aufständischen Kolonien in Ubersee entsandt wurde. Bedeutende Männer saßen in den Logen von Cádiz, unter anderen Francisco Javier Istúriz, Juan Alvarez Mendizábal und Antonio Alcalá Galiano. Am 1. Januar 1820 verkündete Riego in Cabezas de San Juan das Inkrafttreten der Verfassung. Bei Arcos errang er einen Überraschungssieg über den alten Calleja, vereinigte sich dann mit den Truppen des Obersten Antonio Quiroga und hielt mit diesem zusammen seinen Einzug in San Fernando. Es folgte der Aufstand des Obersten Acebedo in La Coruña und weitere Meutereien und Putsche in El Ferrol, Vigo, Zaragoza und Pamplona. Der Graf von La Bisbai legte in Ocaña seinen Eid auf die Verfassung ab. Als dann auch Madrid zum Aufstand rüstete, beeilte sich Ferdinand VII., gleichfalls den Eid auf die Verfassung abzulegen und veröffentlichte das Manifest mit dem berühmt gewordenen Satz: „Mit aller Entschiedenheit wollen wir nun, ich an der Spitze, den Weg der Verfassung beschreiten." Der Herrscher mußte ein liberales Ministerium mit Evaristo Pérez de Castro als Präsidenten ernennen. Weitere Mitglieder des neuen Kabinetts waren García Herreros, Canga Argüelles, Augustin Argüelles, der Marquis de las Amarillas, Jabat und Porcel. Die Liberalen kosteten ihren Triumph aus und überspannten dabei den Bogen. Die revolutionären Versammlungen im Café Lorencini auf der Puerta del Sol, im „Malteserkreuz" und im „Goldenen Brunnen" auf der Carrera de San Jerónimo, wo Alcalá Galiano seine Ansprachen hielt, verschärften die allgemeine Aufruhrstimmung. In den Cortes wurde der Zwiespalt zwischen „Gemäßigten" und „Extremen" noch offensichtlicher. Riego wurde bei seiner Ankunft in Madrid von seinen begeisterten Anhängern, die die berühmte Riego-Hymne anstimmten, im Triumph durch die Straßen begleitet. In den Cortes versuchten die Gemäßigten wie Argüelles und Martínez de la Rosa mit schönen Reden, die Extremisten, unter denen sich Romero Alpuente, Calatrava, Istúriz und Flores Estrada befanden, zu beschwichtigen. Auch auf Seiten der Königstreuen folgte eine Verschwörung und ein
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Putschversuch dem anderen, so daß die Lage nachgerade chaotisch zu nennen war. Die Liberalen sangen weiterhin ihre Spottlieder, und aus dem Eskorial sandte der König ein Dekret, das keinem seiner Minister zur Unterschrift vorgelegen hatte und in dem er den General Carvajal zum Generalkapitän von Neukastilien ernannte. Man glaubte an einen Staatsstreich, und der König wurde nach seiner Rückkehr nach Madrid vom Volk auf offener Straße beschimpft. Bei der Eröffnung der zweiten Gesetzgebenden Versammlung verlas Ferdinand eine Thronrede, an die er einen Zusatz anfügte, in dem die Haltung des Kabinetts aufs strengste gerügt wurde. Die Minister dankten daraufhin ab, und es wurden auf Vorschlag des Staatsrates andere ernannt. Es kam erneut zu Aufständen. Die Absolutisten brüteten ihre Verschwörungen in den Vereinen „El Angel Exterminador" und „La Concepción" aus. Martínez de la Rosa protestierte in seiner Eigenschaft als Präsident der außerordentlichen Cortes (1821) gegen die herrschende Anarchie und wurde in diesem Vorgehen durch Toreno unterstützt. Als Antwort stürmten die Aufrührer das Haus Torenos, zertrümmerten die Einrichtung und mißhandelten die Dienstboten. In seiner Empörung über die Vorgänge hielt Calatrava eine flammende Rede vor den Cortes. Im Jahre 1821 war Martínez de la Rosa Präsident des Staatsrates. Die absolutistischen Parteien, unter ihnen vor allem die „Trapenserpartei" in Katalonien und die des Jaime el Barbudo in Murcia, entfalteten auch weiterhin eine rege Tätigkeit. Am 7. Juli kam es zu einem Aufstand von vier Bataillonen der Königlichen Garde, die von dem Fähnrich Luis Fernández de Córdoba geführt wurden. Mit dem Ruf „Es lebe der absolutistische König!" stürmten sie durch die Straßen Madrids. Die nationalen Milizen stellten sich ihnen mit dem Schlachtruf „Es lebe die Verfassung!" entgegen und drängten die Garden auf die Plaza Mayor zurüdc. Die königlichen Truppen mußten noch weiter durch die Calle del Arenal bis zur Plaza de Oriente zurückweichen. Hier soll — wie erzählt wird — Ferdinand VII. auf einen Balkon hinausgetreten sein und seine Leute mit den Worten „Auf sie! Auf sie!" angefeuert haben. Das Ministerium trat zurück, und als neuer Staatsminister wurde der extreme Evaristo San Miguel ernannt. Der General Elio wurde zum Tode verurteilt. Die Stärke der Liberalen beruhte vor allem auf den Freimauererorganisationen und auf dem Heer, mit dessen Anhänglichkeit sie unbedingt rechnen konnten. Unter sich zerfielen sie wieder in verschiedene Parteien, wie die „Doceañistas", die „Comuneros", die „Carbonarios" und die „Anilleros" (Gemäßigte). Fast sämtliche Minister, Abgeordnete, Räte und übrigen Beamten gehörten der einen oder anderen dieser Parteien an. Auf der anderen Seite wirkten die patriotischen Gesellschaften, wie das
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„Malteserkreuz" (Gemäßigte), „der goldene Brunnen" (Freimaurer) und die „Landaburiana" (Extreme). Unterstützt wurde der innerpolitisdie Kampf der Liberalen durch verschiedene Zeitungen wie den „Espectador" (Organ des Großen Orientordens), der von Evaristo San Miguel geleitet wurde, den „Universal" (gemäßigte Partei) und den „Imparcial" (gemäßigt), in dem Burgos, Hermosilla, Lista und der zynisch-grobe Zurriago schrieben. Und schließlich taten auch noch die Bücher und Broschüren, die Theatervorstellungen und nicht zuletzt die der liberalen Idee begeistert ergebene Nationalmiliz das ihrige dazu. Der Bürgerkrieg hatte jedoch bereits begonnen. Quesada und Santos Ladrón, zwei unbedingt königstreue Männer, erhoben sich in Navarra. In Urgel trat ein Regentschaftsrat zusammen. General Mina unternahm einen Feldzug gegen die gegnerischen Parteien, bei dem es zu den schlimmsten Grausamkeiten kam. Ferdinand VII. erbat die Hilfe der Heiligen Allianz, und der Kongreß von Verona entschloß sich zu einer Intervention in Spanien, deren Ausführung Ludwig XVIII. von Frankreich übertragen wurde. D i e h u n d e r t t a u s e n d S ö h n e d e s H e i l i g e n L u d w i g . Rußland, Österreich und Preußen machten kein Hehl daraus, daß sie der liberalen Bewegung in Spanien durchaus feindlich gegenüberstanden, und betonten immer wieder, daß es jetzt die Sache Frankreichs sei, die nötigen Schritte zur Intervention zu ergreifen. Der französische Minister Villéle widersetzte sich zunächst diesem Ansinnen, da er die französischen Liberalen und vor allem England, den Bannerträger des europäischen Liberalismus, fürchtete. Auch die Erinnerung an die spanischen Befreiungskriege mag bei diesen Erwägungen mitgespielt haben. So wünschte er die Bildung einer gemäßigten Partei mit Männern wie dem königstreuen Baron von Eróles und dem liberalen Martínez de la Rosa, die die Verfassung im absolutischen Sinne abändern würde. Der Graf von Montmorency und der Vicomte von Chateaubriand dagegen erklärten sich für die Intervention. In Verona wurde ein Abkommen zwischen Rußland, Preußen, Österreich und Frankreich getroffen, wonach jedes dieser Länder jährlich zwanzig Millionen zu dieser Unternehmung beitragen sollte. Vergebens versuchte England, die Durchführung des Planes zu vereiteln. Die Großmächte sandten Schreiben an Evaristo San Miguel, auf die dieser eine empörte Erwiderung zurückschickte. Auf den nun einberufenen außerordentlichen Cortes hielten Saavedra, Canga Argüelles und Alcalá Galiano flammende Reden gegen die drohende und unrechtmäßige Einmischung des Auslandes in die spanische Politik. Die Regierung beschloß nun, den Sitz des Hofes zu verlegen, und Ferdinand VII. erwählte Sevilla zu seiner neuen Residenz. Die Cortes er-
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nannten ein Kabinett, als dessen bedeutendste Persönlichkeit Don José María Calatrava zu nennen ist. Es waren zwar nicht hunderttausend Franzosen, die der Herzog von Angouléme über die Grenze führte, sondern sechzigtausend, die sich dann mit 35 000 absolutistischen Spaniern vereinten. Die Zahl hunderttausend jedoch wurde berühmt und gab später der ganzen Interventionsunternehmung den Namen. Cádiz wurde belagert und derTrocadero genommen. Der König war als moralisch unfähig erklärt worden. „Was soll das heißen? Bin ich vielleicht verrückt?" hatte Ferdinand VII. daraufhin ausgerufen. Doch ein Widerstand war unmöglich, und die Minister reichten ihre Entlassung ein. Der König und seine Familie begaben sich auf ein Waditschiff im Hafen von Santa Maria, wo sie mit großen Freudenbezeugungen empfangen wurden. Wieder begann Ferdinand VII. jetzt mit einem absoluten Regime (1. Oktober 1823) und erklärte alle seit dem 7. März 1820 getroffenen Verfügungen für ungültig. D i e a b s o l u t i s t i s c h e R e a k t i o n . Von Jerez aus erließ der König am 2. Oktober eine Verfügung, nach der es jedem Minister, Abgeordneten, Staatsbeamten oder Offizier des früheren Regimes strengstens verboten war, sich während der Reise Ferdinands nach Madrid auf mehr als vier Meilen dessen jeweiligen Aufenthaltsort zu nähem. „Hoch der absolute König! Hoch die Ketten!" begann das Volk jetzt zu rufen. Nun ging die Reihe der Verfügungen an: in Madrid wurde Riego auf der Plaza de la Cebada hingerichtet und 112 weitere Personen gehängt oder erschossen. Auf das Kabinett Casa Irujo folgte das des Grafen von Ofalia, in dem zum ersten Male Don Francisco Tadeo Calomarde vertreten war. Dieser Minister führte das System der sogenannten „Säuberungen" ein, eine von den extremen Mitgliedern der Apostolischen Partei Karls, des Bruders von Ferdinand VII., erfundene Maßnahme. Nun häuften sich erst recht die Exekutionen. Der „Empecinado", General Juan Martínez Diaz, starb auf dem Schafott, und die Aibsolutisten stürzten sich in den Kampf, um „die Schwarzen (die Liberalen) bis zur vierten Generation auszurotten". Auch der Graf von Ofalia wurde gestürzt und durch Don Francisco Cea Bermúdez ersetzt, einen besonnenen Mann, der die Richtung des sogenannten „aufgeklärten Despotismus" vertrat. Auch er konnte jedoch nicht verhindern, daß immer neue Todesstrafen verhängt wurden. Vor allem der Kriegsminister Aymerich und der Präsident der Madrider Militärkommission, Chaperón, erlangten eine traurige Berühmtheit durch ihre blutigen Verfügungen. Cayetano Ripoll aus Valencia* wurde als Ketzer gehängt.
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Und als sei die absolutistische Haltung der Regierung nicht schon deutlich genug, bildete sich in Katalonien eine „Föderation der reinen Königstreuen", die durch den Infanten Karl und dessen Gemahlin Francisca unterstützt wurde. Es kam zu einem offenen Aufruhr, so daß von Madrid aus Truppen unter dem Grafen de España anrücken mußten, um die Provinz wieder zu unterwerfen. Ferdinand VII. begab sich selbst nach Katalonien, um durch seine Gegenwart die Gemüter zu beschwichtigen. Innerhalb des Kabinetts fand die Unduldsamkeit Calomardes einen Ausgleich durch die Anwesenheit des Finanzministers Luis López Ballesteros. Die Stelle Ceas nahm nach dessen Sturz der Herzog von Infantado ein und nach diesem wieder Manuel González Salmón. Calomarde und Ballesteros behielten ihre Ämter bis zum 1. Oktober 1832 inne. Ballesteros, ein Finanzgenie, war bemüht, die spanische Wirtschaft neu aufzubauen. Er besaß einen klaren Verstand, war unermüdlich tätig und wußte stets neue Wege zu finden. Durch die Vermittlung Aguados nahm er Anleihen im Werte von 1842 Millionen auf, um das Defizit im Staatshaushalt zu decken. Er gründete die San-Francisco-Bank, schuf die Amortisationskasse, eröffnete das Große Schuldbuch und führte bedeutende Einsparungen im Etat durch. So gelang es ihm, in den Jahren 1828 und 1829 die finanzielle Lage zu klären. Daneben eröffnete er eine ständige Industrieausstellung und schützte die Erzeugnisse des Landes. Francisco Tadeo Calomarde, der den größten Einfluß innerhalb des Kabinetts hatte, verstand es, alle hohen Posten mit ihm absolut ergebenen Männern zu besetzen. Als einmal die Diözese von Segovia zu vergeben war, sagte Ferdinand VII. zu Calomarde: „Hast du nicht irgendeinen Aragonesen zur Hand, den man zum Bischof machen könnte?" Wenige Tage darauf brachte der Minister einen seiner Freunde in Vorschlag. Calomarde ist der Verfasser eines Amnestiegesetzes aus dem Jahre 1824 und eines Unterrichtsplanes, den er im gleichen Jahre vorlegte und der eine sehr verschiedene Beurteilung erfahren hat. Der König vermählte sich mit seiner Nichte Maria Christina von Neapel. Die Aussicht auf die eventuelle baldige Geburt eines Thronfolgers brachte die Anhänger Prinz Karls ganz aus der Fassung. Einerseits dachte man daran, jetzt auf das sogenannte „auto acordado" Philipps V. zurückzugreifen, während andererseits die Gemäßigten bemüht waren, die „Pragmatische Sanktion" Karls IV., die seinerzeit zwar nicht veröffentlicht, jedoch in den Cortes beraten worden war, wieder aufleben zu lassen. In diesem Jahr kam es zu neuen Verfolgungen, die sich diesmal gegen die Liberalen richteten, die früher ausgewandert waren und jetzt versuchten, wieder nach Spanien zu gelangen, um hier die Verfassung zu proklamieren. Der Oberst José de Pablo, der den Beinamen „Chapalangarra"
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führte, fiel im Kampf, und General Torrijos wurde mit seinen Leuten durch den verräterischen Militärgouverneur von Málaga, Vicente González Moreno, den „Henker von Málaga", in eine Falle gelockt und dann erschossen. Auf der Liste der Personen, die diesen Verfolgungen zum Opfer fielen, finden wir auch den Namen einer unschuldigen Frau, der Mariana de Pineda, die in Granada hingerichtet wurde, weil sie das Verbrechen begangen hatte, eine lila Fahne mit dem Sinnspruch „Gesetz, Freiheit, Gleichheit" zu sticken. D i e T h r o n f o l g e . Noch vor der Geburt der Thronerbin veröffentlidite Ferdinand VII. die „Pragmatische Sanktion" von 1789 (29. März 1830). Prinz Karl legte Protest ein, und kurz darauf wurde die spätere Isabella II. geboren. Im Jahre 1832, als ein schwerer Gichtanfall das Leben Ferdiands VII. bedrohte, brach der Konflikt aus. Die Situation war allerdings kritisch, denn nach dem Tode des Königs hätten sich die Anhänger Prinz Karls, der mit rund 200 000 treuergebenen Royalisten redinen konnte, und die gemäßigten Absolutisten sowie die Liberalen, die Maria Ghristina stützten, kampfbereit gegenübergestanden. Als daher der König in La Granja erkrankte, eilten sofort Calomarde und der Bischof von León dorthin, um ihrem schwer fiebernden Monarchen einen Testamentsnachtrag vorzulegen. Der König unterschrieb das Schriftstück, das die Widerrufung der „Pragmatischen Sanktion" und damit die Enterbung seiner Töchter enthielt. Luisa Carlota, die energische Schwester der Königin, kam daraufhin unverzüglich aus Andalusien nach La Granja und machte hier Christina die schwersten Vorwürfe. Sie nannte ihre Schwester eine „regina di galería" und ohrfeigte Calomarde, der höflich erwiderte: „Weiße Hände, meine Dame, können nicht beleidigen." Nachdem die Gesundheit Ferdinands sich gebessert hatte, widerrief er das Salische Gesetz. Die Anhänger Ghristinas hatten triumphiert. Calomarde wurde abgesetzt und mußte nach Olba fliehen, um von hier aus in der Kleidung eines Bernhardinermönches die französische Grenze zu überschreiten. An seiner Stelle wurde Cea Bermúdez zum Minister ernannt. Prinz Karl floh nach Portugal, und seine Anhänger begannen sich zum Kampf zu rüsten. Ferdinand VII. tat in diesen Monaten einmal den Ausspruch: „Spanien ist eine Bierflasche, und ich bin der Pfropfen. Sobald ich herausspringe, wird sich der gesamte Inhalt in weiß Gott welcher Richtung ergießen." Maria Christina wurde mit der Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte beauftragt. Mit dem ihr eigenen Scharfsinn erkannte sie, daß es am besten für sie sein würde, wenn sie die Liberalen begünstigte. Aus dieser Erwägung heraus veröffentlidite sie einen Amnestieerlaß (16. Oktober 1832), kraft
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dessen eine ganze Reihe von Emigranten es wagen konnte, wieder nach Spanien zurückzukehren. Dann gewährte sie einen allgemeinen Straferlaß und verstand es, das Heer für sich zu gewinnen. Ferdinand bestimmte noch, daß seine Tochter Isabella den Regierungseid ablegen solle (20. Juni 1833) und starb wenige Monate später an den Folgen eines Schlaganfalls (September 1833). Mit ganz wenigen Ausnahmen fällen die Historiker ein sehr scharfes Urteil über Ferdinand VII. Wir wollen uns hier zunächst an die ungünstigste Beurteilung halten und das Bild betrachten, das die Gegner Ferdinands von ihm entworfen haben. Hiernach war er seit seiner Kindheit eine kalte, zurückhaltende Natur, die jeder wärmeren Regung unfähig war und nicht einmal seinem Vater gegenüber Zuneigung aufbringen konnte. Für Milde gab es in seinem Herzen keinen Raum. Er sprach nur wenig, niemals erschien auf seinen Lippen ein Lächeln und nur selten hörte man von ihm die Wahrheit. Er war übermäßig mißtrauisch und daher auch falsch und hinterlistig. So zeigte er sich als ein gelehriger Schüler seines Erziehers und Beichtvaters Escöiquiz. Wie man erzählt, hatte er einen Widerwillen gegen seine erste Gemahlin Maria Antonia von Bourbon, eine bezaubernde Frau von außerordentlicher Schönheit, die wesentlich klüger war als ihr Gatte. Im Eskorialprozeß offenbarte er seine Charakterschwäche und Feigheit, indem er seine Freunde und Ratgeber als schuldig und strafwürdig hinstellte, und nach dem Aufstand von Aranjuez soll er Godoy in kindischer Eitelkeit zugerufen haben: „Ich schenke dir das Leben!" Ein Schriftsteller, der ganz besonders gegen Ferdinand VII. eingenommen ist, beschreibt seine Thronbesteigung als die eines heimtückischen jungen Menschen, der dazu bestimmt war, der unseligste und unfähigste aller Bourbonen zu sein. Wenn der gleiche Verfasser Ferdinand für den Unabhängigkeitskrieg verantwortlich macht, so geht er zweifellos damit etwas zu weit; dagegen kann man ihm eine gewisse Berechtigung nicht absprechen, wenn er dem König die Schuld an dem Verlust der amerikanischen Besitzungen Spaniens zuschiebt. Ferdinand, dessen ganzes Interesse darauf gerichtet war, sich vermittels der bewaffneten Intervention der Großmächte, die er sich heimlich erbettelte, mit den Konstitutionalisten auseinanderzusetzen, hatte keinen Sinn für die Probleme in seinen Kolonien. Er zeichnete auch verantwortlich für die wütende Verfolgung der Liberalen, die so ganz dem Charakter eines Monarchen entsprach, für den Mitleid nur ein leeres Wort und Grausamkeit ein Sport war, dem nur durch die Furcht Grenzen gesteckt waren. So konnte es so weit kommen, daß eine Kamarilla regierte, daß geschickte Vermittler zu Günstlingen wurden, daß unter Umgehung der Botschafter heimlich ein diplomatisches Doppelspiel gespielt und die Minister betrogen und bestochen wurden. Aus alledem aber ergab sich unweiger-
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lieh der Niedergang der Monarchie und das Herannahen eines furchtbaren Bürgerkrieges. Weiterhin war man allgemein empört, als Ferdinand in seiner Liebedienerei Napoleon gegenüber so weit ging, daß er um die Hand „Lolottes", der Tochter Lucien Bonapartes und Catherine Boyers, deren Eltern einfache Wirtshausbesitzer waren, warb. Audi seine übergroße Nachgiebigkeit und den Mangel an Weitblick, den er bewies, als er nach Bayonne ging, macht man Ferdinand zum Vorwurf. Andere Zeichen seiner feigen Schwäche sind der Glückwunschbrief an Joseph anläßlich der Thronbesteigung und die Schreiben an Napoleon, in denen er ihm zu den Siegen der französischen Truppen über die Spanier gratulierte. Die Absolutisten und die Gemäßigten haben die Handlungsweise Ferdinands gleichermaßen streng verworfen. Heutzutage dagegen bemüht man sich in lobenswerter Weise um eine Rechtfertigung dieses so allgemein verabscheuten Königs. Er war von angenehmem Äußeren und hatte eine mittelgroße Gestalt und ein längliches Gesicht. Sein scharfes Profil brachte ihm den Spitznamen „Narizotas" (Großnase) oder „Pastetengesicht" ein. Seine liebenswürdige Art und seine Gewandtheit in der Unterhaltung machten ihn sympathisch. Seiner leutseligen Art widerstand die strenge Hofetikette, so daß er ein Leben führte wie ein einfacher Bürger. In seinen Privatgemächern empfing er seine Freunde und veranstaltete Konzerte. In einem der damals üblichen offenen Wagen unternahm er mit einem Begleiter seine Spazierfahrten und verzichtete auf jede feierliche Eskorte. Bei den Audienzen saß der Herrscher gewöhnlich unaufhörlich rauchend auf einem Sofa. Täglich war öffentliche Audienz, bei der jedermann, selbst der geringste Bettler, Zutritt hatte. Der König hörte alle an und bearbeitete mit seinen Sekretären die eingegangenen Bittschriften. So wandte sich einmal ein Wasserträger an den König, weil der Stadtrichter ihm seinen Stand auf der Plaza de Oriente weggenommen hatte. Ferdinand erlaubte ihm, seinen Stand an dieser Stelle wieder aufzuschlagen und ein Schild mit den Worten „Hier wird auf königlichen Befehl Wasser verkauft" daran anzubringen. Der Witz des Königs war sehr scharf. Den Prinzen Antonio nannte er stets „mein Onkel, der Doktor", weil die Universität von Salamanca die Schwäche besessen hatte, dem Prinzen diesen Titel zu verleihen. Ein Schreiber des Kastilienrats machte dem Schriftsteller Mesonero Romanos Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung seines „Manual de Madrid". Der Angegriffene wandte sich an den König, der das Buch durchblätterte und entschied: „Das Werk erscheint mir sehr gut und nützlich. Ich weiß schon, daß Ihr Ärger mit den Gerichtsbeamten hattet. Das ist eine schlimme Gesellschaft." Der Hauptfehler Ferdinands VII. war seine Feigheit. Zuerst hatte er Angst vor Godoy, dann — in Valencay — vor Napoleon und schließlich
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vor den Liberalen. Immer stand ihm das Schicksal des Herzogs von Enghien vor Augen, und ständig befürchtete er, das Opfer einer Laune des Franzosenkaisers zu werden. Diese Angst erklärt sein schmachvolles Verhalten zu jener Zeit. Diejenigen Personen, die ein Interesse daran hatten, daß der König die Liberalen fürchtete, erzählten ihm, daß man auf einer Versammlung im Café Apollo in Cádiz seinen Tod beschlossen habe. Die Feigheit entwickelte noch eine andere abstoßende Eigenschaft bei ihm: die Falschheit. Der „rey chispero", wie man ihn nannte, schmeichelte seinen Opfern, bevor er sie verurteilte. Hinsichtlich seiner Geistesgaben war er der begabteste aller spanischen Bourbonen. Er hatte den ehrlichen Willen, sein Volk richtig zu regieren, schätzte gute Bücher und Kunstwerke, verstand jedoch seine Aufgabe als König ganz anders als die extremen Absolutesten oder auch die Liberalen, die für die Verfassung stimmten. In seinen Ideen neigte Ferdinand eher auf die Seite der ersteren, während die politische Auffassung der letzteren der seinen vollkommen entgegengesetzt war. Es trifft allerdings zu, daß Ferdinand VII. sich dem fortschrittlichen Geist seines Jahrhunderts nicht anpassen konnte und den Ereignissen oft nicht gewachsen war. Er konnte es nicht verstehen, daß sich in Europa ein geistiger Wandel und eine politische Umwälzung vollzogen hatten. Um seine absolutistischen Gedanken durchzusetzen, griff er zu den schlechtesten Mitteln. Wenn man jedoch bedenkt, daß selbst Männer von den Fähigkeiten eines Metternich eisern an der Tradition und dem alten Regime festhielten, kann man Ferdinand seine Ansichten über ein richtiges Regierungssystem nicht unbedingt zum Vorwurf machen. Und was die Falschheit, das viele vergossene Blut und die Verfolgungen anbetrifft, so muß eine unparteiische Kritik ebenso wie Ferdinand auch den Liberalen Mina, die Konstitutionalisten, die den Priester von Tamajón und Elio ermordeten, und die königstreue Partei, die ihre politischen Gegner aufs Schafott brachte, gleichermaßen verurteilen. Der Unabhängigkeitskampf der spanisch-amerikanischen K o l o n i e n . Die Neue Welt, die Spanien entdeckt, zivilisiert und großenteils neu bevölkert hatte, empfand jetzt den Wunsch, sich unabhängig zu machen. In drei Jahrhunderten war dort eine Mischbevölkerung herangewachsen, die sich nun allmählich reif genug fühlte, Freiheit und Selbstverwaltung für sich beanspruchen zu können. Die geistigen und politischen Strömungen, die zu jener Zeit die Welt bewegten, waren auch auf den amerikanischen Kontinent hinübergedrungen und wie ein Keim, der auf fruchtbaren Boden fällt, rasch angewachsen. Die neuerworbene Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Nordamerika und die Französische Revolution konnten auch auf die Hispanoamerikaner ihren Einfluß nicht verfehlen — hatten sie doch schon seit Mitte
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des 18. Jahrhunderts begonnen, die Herrschaft des Mutterlandes als drückend zu empfinden. Die demokratischen Ideen der anderen Länder verliehen dem vorerst noch unbestimmten Drang der Hispanoamerikaner eine Form, und die politischen Schicksalsschläge, die das Mutterland trafen, machten es den Kolonien leichter, das Ziel ihrer Wünsche zu erreichen. Die Freimaurerei und die anfangs geheime und schließlich offene Unterstützung durch England trugen dann zur endgültigen Loslösung des alten spanischen Kolonialbesitzes bei. Der Vorläufer der südamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung war der Venezolaner Francisco Miranda, ein unruhiger und phantasievoller Geist, der alle Höfe Europas besuchte, um hier für die Sache der Emanzipation des spanischen Amerika zu werben. Auf seinen Ideen fußten sein Landsmann Simón Bolívar in Venezuela, Nariño in Neugranada, San Martin im Vizekönigtum Rio de la Plata und Carrera sowie O'Higgins in Chile. Nach schweren, mehrere Jahre dauernden Kämpfen gelang es Bolívar, in der Schlacht bei Carabobo die Unabhängigkeit Venezuelas zu erreichen. Neugranada wurde frei, als Bolívar die spanischen und königstreuen Truppen bei Boyacá besiegt hatte. Sein Stellvertreter Sucre gewann die Schlacht am Pichincha und erlangte damit die Unabhängigkeit Ekuadors. In dem Treffen bei Junin konnten die Peruaner die Freiheit von Hochperu erkämpfen, das sich sodann unter dem Namen Bolivien zur Republik erklärte. Die Schlacht bei Maipó bildete den Beginn der Unabhängigkeit Chiles, und bei Ayacucho schließlich erreichten die „Patrioten" die endgültige Loslösung Perus vom Mutterland. In Mexiko kämpften die Priester Hidalgo und Morelos. Nach vielen Wechselfällen konnten die Mexikaner unter Führung Agustín Iturbides ihre Unabhängigkeit durchsetzen. So konnte Spanien von seinem unermeßlichen Kolonialreich allein Kuba und Puerto Rico retten, bis ihm auch diese letzten Kolonien im Jahre 1898 von Nordamerika entrissen wurden.
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ISABELLA II. D i e R e g e n t s c h a f t M a r i a C h r i s t i n a s . Ferdinand VII. hatte in Aranjuez ein Testament verfaßt, in dem er bestimmte, daß Maria Christina mit Unterstützung eines Regierungsausschusses die Regentschaft führen sollte. Cea Bermüdez verblieb auch weiterhin an der Spitze der Regierung. In einem Manifest kündigte er Verwaltungsreformen an und versprach,
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die Grundgesetze und die katholische Religion zu achten. Am 23. Oktober kam ein Amnestieerlaß für 31 Abgeordnete der früheren Cortes heraus, und am folgenden Tage wurde Isabella II. zur Königin von Spanien proklamiert. Schon am 3. Oktober war ein Bürgerkrieg ausgebrochen. England und Frankreich erkannten die regierende Königin an, die Großmächte des Nordens und Gregor XVI. nahmen eine etwas zweideutige Haltung ein, doch berief der Papst seinen Nuntius nicht zurück. Luis Fernández de Córdova, der spanische Gesandte in Lissabon, erschien bei Prinz Karl und forderte ihn auf, Portugal zu verlassen. „Jetzt bin ich König", sagte der Thronprätendent, „und Du kannst, wenn Du willst, mein Gesandter in Portugal sein." — „Nein, Herr!" erwiderte Córdova, „ich bin Gesandter der Königin, und nur ihr schulde ich Gehorsam und Treue." — „Dann geh doch", antwortete erzürnt Prinz Karl, „ich erkenne Dich nicht an und brauche Dich auch nicht." Cea Bermúdez wollte nach dem Rezept des „aufgeklärten Despotismus" regieren; die Liberalen jedoch waren ungeduldig und fanden, daß der Ministerpräsident die Durchführung der angekündigten Reformen zu lange hinauszögere. Llauder, der Generalkapitän von Katalonien, General Córdova und der Marquis von Miraflores forderten die Einberufung der Cortes, und der General Quesada wandte sich in einer Anklageschrift gegen die Regierung. Die Folge davon war, daß Cea zurücktreten mußte und durch Martínez de la Rosa ersetzt wurde (1834). Die Einsetzung des neuen Ministerpräsidenten bedeutete zwar im Grunde genommen ein Zugeständnis an die Liberalen, doch hatte der frühere Volkstribun sich im Laufe der Jahre gewandelt. Er schuf das sogenannte „Estatuto Real", das er am 13. April 1834 veröffentlichte. Dieses Statut war nun keineswegs jenes grundlegende Gesetz, von dem die Liberalen geträumt hatten, im Gegenteil, die radikaleren Prinzipien der Verfassung wurden dadurch abgemildert, so daß es nicht zu verwundern ist, wenn die Aufnahme seitens der Liberalen recht kühl war. Das Statut sah die Einberufung von allgemeinen Cortes des Reiches vor, die sidr aus zwei Ständen zusammensetzen sollten: den Vertretern des Adels (proceres) und den Bevollmächtigten des Volkes (procuradores). Die einzige Aufgabe dieser Cortes sollte es sein, über die von dem König eingebrachten Vorschläge und Gesetzesentwürfe zu beraten und Gesuche an diesen aufzusetzen. Nach Einberufung der Cortes beschlossen diese einen Zusatz zu dem Statut, der eine Proklamation ihrer Rechte enthielt. Trotz der antiklerikalen Maßnahmen des Ministerpräsidenten wandte sich die öffentliche Meinung gegen Martínez de la Rosa, der zu seinen Feinden vor allem die geheimen Gesellschaften, die Presse und das Heer zählen mußte. Ballesteros, Spanien
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Als dann die Cholera in Madrid ausbrach, beschuldigte das verblendete Volk die Geistlichkeit, diese habe die Brunnen vergiftet. Mit dem Ruf „Nieder mit den Mönchen" stürmten wilde Volkshaufen das Jesuitenkloster in der Toledostraße sowie das Thomas-, das Franziskaner- und das Mercedkloster und töteten eine Anzahl Mönche. Inzwischen hatte sidi, da der Minister Llauder das Mißfallen der Gemäßigten erregt hatte, Cardero, ein Adjutant eines aragonesisdien Freiwilligenregiments, mit 700 Mann des Postgebäudes (heute Innenministerium) bemächtigt. Canterac, der Oberbefehlshaber von Madrid, war auf den Stufen des Gebäudes im Kampf gegen die rebellische Soldateska gefallen. In einem Anfall unverständlicher Schwäche trat die Regierung in Verhandlungen mit den Aufrührern ein. Frankreich, Spanien, England und Portugal bildeten nun eine Quadrupelallianz, um die Prinzen Michael und Karl endgültig zu verdrängen. Martínez de la Rosa beging den großen Fehler, den Thronprätendenten wie einen beliebigen Aufrührer zu behandeln. So veranlaßte er indirekt die Bildung der Karlistenpartei und trug die Schuld daran, daß der Bürgerkrieg ganz unerwartete Ausmaße annahm. Als der Ministerpräsident die verbündeten Mächte dann um ihre Intervention anging, weigerte England sich, und Martínez de la Rosa mußte zurücktreten. Drei Monate lang regierte daraufhin der Graf von Toreno, der sich durch seine radikalen Maßnahmen auszeichnete. Er verbot den Jesuitenorden und schloß alle Klöster, die weniger als zwölf Mönche aufwiesen. Wieder kam es in Katalonien und Murcia zur Ermordung von Geistlichen. Als sich schließlich in Valencia und Aragón revolutionäre Ausschüsse bildeten, mußte auch Toreno sein Abschiedsgesuch einreichen. Nach ihm übernahm Juan Alvarez Mendizábal y Méndez die Regierung. Er war jüdischer Abkunft, hatte sich von Jugend auf dem Handel gewidmet und verfügte über bedeutende Fähigkeiten auf dem Gebiet des Finanzwesens. In England, wohin er im Jahre 1823 ausgewandert war, trieb er Geschäfte und erwarb sich ein Vermögen. In London unterhielt er ein großes Handelshaus, das an Kaiser Pedro von Brasilien eine Anleihe für die Expedition der Maria da Gloria nach Portugal gab. Als er 1835 Finanzminsiter des Grafen von Toreno war, arbeitete Mendizábal seine Finanzreformen aus.. Der neue Ministerpräsident fand Unterstützung bei den fortschrittlichen Liberalen und dem englischen Botschafter. Die Regierung machte die glänzendsten Versprechungen. In der Hauptsache plante man die Wiedereinsetzung der Provinzdeputationen, eine vorläufigen Regelung der Justizverwaltung und die Aushebung von 100000 Mann zur Niederwerfung des Karlistenaufstandes. Daneben wurde am 19. Februar 1836 jenes berühmte Dekret veröffentlicht, auf Grund dessen sämtliche Besitztümer der religiösen
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Gesellschaften für den Staat eingezogen wurden. Diese Enteignung der Klöster durch den Staat rief im ganzen Lande große Unruhe hervor. Es folgte daraus die Verpflichtung für den Staat zur Unterhaltung der Geistlichkeit und zur Einführung staatlicher Wohlfahrtseinrichtungen. Das Börsenspiel erlangte jetzt auch in Spanien große Verbreitung, und es entstand nun eine Klasse reicher Bürger und Plutokraten, die sich die prächtigsten Besitztümer für entwertete Papiere erwerben konnten. Mendizábal war der Führer jener Partei, die sich damals den Namen „Fortschrittler" zulegte. Die Regierung wurde in den Cortes von den Próceres und von der Minderheit der Procuradores angegriffen, die Istúriz und Alcalá Galiano führten. Die beiden letzteren Männer waren als „Gemäßigte" aus ihrer Verbannung zurückgekehrt. Sie stürzten Mendizábal, der am 15. Mai 1836 seine Entlassung einreichte. Die Regierung Istúriz, die auf Mendizábal folgte, war sehr kurz. Sie war die Frucht eines Zusammenschlusses der Gemäßigten und der Fortschrittlichen Liberalen, die persönliche Feinde Mendizábals waren, und wurde heftig in den Cortes angegriffen. Hier legte man eine Eingabe folgenden Wortlautes vor: „Wir bitten die Cortes, zu erklären, daß die Persönlichkeiten, die augenblicklich das spanische Kabinett bilden, das Vertrauen der Nation nicht verdienen." Anstatt zurückzutreten, löste die Regierung die Cortes auf und plante die Ausarbeitung einer Verfassung. Jetzt überstürzten sich die Ereignisse: Málaga, Granada und Zaragoza proklamierten die Verfassung von 1812, und in Madrid erfolgte ein Putschversuch Carderas. Schließlich brach ein Aufstand in La Granja aus; einige Sergeanten und Korporale drangen in das königliche Schloß ein und zwangen die Regentin, ihre Unterschrift unter ein Manifest zu setzen, in dem die Verfassung von Cádiz anerkannt wurde. Die Folge dieses Handstreichs war der Sturz des Ministeriums Istúriz und die Ernennung Calatravas. Das Kabinett Calatrava begann seine Tätigkeit mit der Einberufung der Cortes. Diese arbeiteten die Verfassung von 1837 aus, deren hauptsächlichste Reformen die Schaffung zweier gesetzgebender Körperschaften und die Einführung der direkten Wahl der Abgeordneten waren. Der König sollte die Gesetze sanktionieren, jährlich die Cortes einberufen und die Schlußsitzung derselben leiten. Ihm stand auch das Recht zu, sie zu vertagen oder aufzulösen. Die Abgeordneten sollten für den Zeitraum von drei Jahren gewählt werden. Was die Minister betraf, so durften sie auch das Amt eines Abgeordneten oder Senators bekleiden. In ihrer Einteilung ähnelte diese Verfassung der späteren von 1876. Ein besonderer Absatz war der Definition der spanischen Staatsbürgerschaft gewidmet. Weiterhin wurde darin die Pressefreiheit erklärt und bestimmt, daß kein Mensch, außer in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen, verhaftet, gefangen32*
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genommen oder mit Gewalt aus seinem Hause entfernt werden dürfe. Es bestand eine Möglichkeit, auch die verfassungsmäßigen Garantien aufzuheben. Die katholische Religion wurde als Staatsreligion anerkannt. Calatrava hatte Mendizábal als Finanzminister in sein Kabinett berufen, so daß dieser nunmehr an die Durchführung seiner finanziellen Reformpläne gehen konnte. Die spanische Staatsschuld belief sich zu jener Zeit auf 135 Millionen Pesos. Man hatte für Spanien recht schmachvolle Verträge mit dem französischen Finanzmann Ardouin abgeschlossen; der neue Finanzminister regelte diese Angelegenheit zur allgemeinen Zufriedenheit und ging nun an die Planung umfassender Reformen. Einige gescheiterte Maßnahmen des Kabinetts und die antiklerikalen Gesetze hatten die Bildung einer neuen Gruppe von Absolutisten und Liberalen zur Folge, die sich „Jovellanisten" nannte und die Regierung zu stürzen versuchte. Der siegreiche General Espartero, der die Karlisten gezwungen hatte, die Belagerung von Bilbao aufzuheben, rückte jetzt mit seinen Truppen gegen Madrid, und in Pozuelo de Aravaca erhaben sich 11 Offiziere der Van Halenschen Brigade und forderten den Sturz des Kabinetts. Die Königin nahm das Entlassungsgesuch Calatravas entgegen und bot die Macht jetzt Espartero an, der sie ausschlug. Daraufhin übernahm Emilio Bardají die Präsidentschaft und stellte ein Ministerium zusammen, das sozusagen eine Brücke zu einer gemäßigteren Politik bildete, die dann schließlich durch den Grafen von Ofalia verkörpert wurde (1838). Das gemäßigte Kabinett hatte den Vorsatz, dem Bürgerkrieg ein Ende zu machen und die Finanzlage zu klären. Das erste Ziel konnte zwar nicht erreicht werden, das zweite dagegen wurde dank der Fähigkeit des Ministers Alejandro Mon, der eine Anleihe von 500 Millionen Peseten für die notleidende Staatskasse aufnahm, mit Erfolg in Angriff genommen. Scharfe Diskussionen im Parlament, der entschiedene Widerstand Esparteros gegen die Minister Mon und Castro und sein Ärger darüber, daß Narváez zum General ernannt worden war, führten jedoch auch den Sturz dieses Kabinetts herbei, das durch das nächste unter Bernardino Fernández de Velasco, Herzog von Frías, abgelöst wurde. Das neue Ministerium mußte zwischen den beiden einander entgegengesetzten Einflüssen der Generäle Espartero und Narváez lavieren. Als der letztere zum Generalkapitän von Altkastilien ernannt und zur Unterdrückung eines Aufstandes nach Madrid gerufen wurde, gewann er für kurze Zeit die Oberhand; jedoch ein Streit zwischen ihm und Quiroga, dem Generalkapitän von Neukastilien, hatte ein Demissionsgesuch des letzteren zur Folge, das nicht angenommen wurde. Narváez mußte sich daraufhin nach Loja zurückziehen. Das Kabinett, das ständig zwischen der Fortschrittlichen und Gemäßigten Partei hin- und herschwankte, nahm keine eindeutige
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Haltung ein. Narváez und Luis Fernández de Córdova versuchten in Sevilla einen Putsch, nach dessen Scheitern Narváez nach Gibraltar und Córdova nach Portugal ging. Das Kabinett trat zurück, und es folgte eine Koalitionsregierung unter Pérez de Castro (Dezember 1838). D e r B ü r g e r k r i e g . Nach dem Erlaß von Abrantes vom 1. Oktober 1833 bereitete sich Prinz Karl auf den Kampf vor. Der Herd des Widerstandes lag im Baskenland; hier erstand den Karlisten ein begabter Führer in Gestalt des Tomás Zumalacárregui, der sich an die Spitze der Truppen stellte. Der Schlachtruf der Karlisten lautete: „Hoch Prinz Karl, die Religion und unsere Provinzialredite!" Bei Berrueza konnten General Lorenzo und Oráa Zumalacárregui schlagen. Morella erklärte sich für den Thronprätendenten, und als neuer freiwilliger Führer tauchte Ramón Cabrera auf. Valdés brachte Zumalacárregui bei Navascués eine Niederlage bei. Als dann Rodil in Portugal eindrang, wurde Prinz Michael ausgewiesen und mußte mit Prinz Karl in England Zufludit suchen. Die Gemahlin des Thronprätendenten sagte zu ihm: „Wer sich mit Gewalt eine Krone erringen will, darf auf die Gefahren nicht achten, sondern muß allein darauf sehen, sich in eine Lage zu versetzen, die ihm den Sieg einbringt." Die Worte entflammten den Prinzen, der sich daraufhin in die baskischen Provinzen begab, wo Zumalacárregui ihn erwartete. Die Truppen der Liberalen führte der kränkliche Mina, unter dessen Befehl Lorenzo, Córdova, Oráa, der General Espartero und der Brigadier O'Donnell kämpften. Die von Zumalacárregui befehligten Karlisten siegten bei Alegría und wurden dann wieder von Córdova bei Mendoza geschlagen. Im Gebirge von Aguijas konnten sie die erlittene Schlappe wieder wettmachen (1834). In Katalonien gewann Cabrera das Treffen bei Mayals. Als er bei Beginn des Kampfes die Nachricht vom Tode seiner Freunde erhielt, die auf Befehl der Regierung erschossen worden waren, soll er ausgerufen haben: „Unerbittlich ist das Schicksal! Mein Freund Marcoval, mein Beschützer, ermordet! Ja, blutig wird der Krieg sein, den wir jetzt beginnen. Gebe Gott, daß ich nicht eines Tages der Rächer dieser Untat sein muß!" Der Krieg wurde auf beiden Seiten mit äußerster Erbitterung geführt. Nach der unentschiedenen Schlacht bei Ormaiztegui kämpfte Mina bei Larramear gegen Zumalacárregui und konnte hierbei einige Vorteile erringen. Als dann Mina durch Jerónimo Valdés ersetzt worden war, vereinbarte man einen Austausch der Gefangenen. Córdova brach in die Gegend von Amézcoas ein, Eraso erlitt eine Niederlage bei Larrainzar und Espartero wurde bei Descarga geschlagen. „Ich werde meine Freiwilligen gegen Madrid führen, und dort werden wir siegen!" hatte Zumalacárregui zu Prinz Karl gesagt; der Thronprätendent hingegen hatte seinem General den Befehl erteilt, zunächst Bilbao zu
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nehmen. Bei dem ersten Sturmangriff schlugen sich die navarrischen Bataillone mit solch unerhörter Tapferkeit, daß die Einwohner von Bilbao sie fragten: „Wohin wollt ihr denn, ihr navarrischen Barbaren?" „In den Tod!" lautete die gleichmütige Antwort. Als Zumalacárregui auf einen Balkon des Schlosses von Begoña hinausgetreten war, um die Aufstellung einer Batterie zu überwachen, wurde er durch einen Schuß am Bein verwundet. Infolge schlechter Behandlung durch einen Kurpfuscher traten zu der Entzündung am Bein nodi andere Leiden hinzu, die ein Nervenfieber zur Folge hatten, dem der große Heerführer bald darauf erlag. Seinen Freunden, die ihn nach seinen letzten Verfügungen fragten, sagte er: „Ich hinterlasse meine Frau und meine Kinder, das ist das einzige, was ich besitze." Bei der Bestandsaufnahme seines Eigentums fand man drei Pferde mit Sattelzeug, einen Maulesel, drei Pistolen, einen Säbel, ein Jagdgewehr, ein Fernrohr und etwas über 14 Unzen in Silbermünzen. Das war das gesamte Vermögen, das der Oberbefehlshaber des Karlistenheeres seiner unglücklichen Familie hinterlassen konnte (1835). Den Posten Zumalacárreguis übernahm nun González Moreno, der „Henker von Málaga", der gegen Luis Fernández de Cordova, den Nadifolger des Generals Valdés, die Schlacht bei Mendigorria verlor. In Katalonien fochten Tristany und Cabrera für die Sache des Prinzen Karl. Der Graf von Casa Eguía hatte bei Montejürra einen unentschiedenen Kampf gegen Córdova auszufechten. Inzwischen zog der Brigadier Gergué mit seinen Truppen durch Katalonien, kämpften Nogueras und Cabrera mit ungewöhnlicher Verbissenheit und Grausamkeit, wurde Eguía durch ViMarreal ersetzt und gelangte Gómez mit einem kleinen Teil des Karlistenheeres bis in den äußersten Winkel Andalusiens und bewies hier seine taktische Klugheit, als Espartero, Alaix, Rodil und Narváez ihn verfolgten, ohne daß es ihnen gelungen wäre, seine Streitkräfte zu vernichten. Wohlbehalten gelangte er mit ihnen wieder in die baskisdien Provinzen zurück (1836). Der wilde Nogueras ließ jetzt die Mutter Cabreras erschießen, und dieser nahm blutigste Vergeltung für diese Tat und erwarb sich dadurch den Beinamen „der Tiger des Ordenslandes". Als er die Nachricht vom Tode seiner Mutter erhielt, hatte er gesagt: „Ich ersticke, gebt mir Wasser. Nein, kein Wasser, Blut, Blut, das ist es, was ich brauche! Die Welt soll erzittern! Unselig der, der mir jetzt noch von Mitleid und Erbarmen spricht!" Von diesem Zeitpunkt an nahm der Kampf in Ostspanien so grausame Formen an, wie sie zivilisierter Heere unwürdig sind. Als Córdova von den Ereignissen in La Granja erfuhr, legte er den Befehl über das Heer nieder und ging nach Frankreich. Die Regierung ernannte nun Espartero zum Oberbefehlshaber der Truppen. Prinz Karl war ent-
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schlössen, die Stadt Bilbao zu nehmen. Zum zweitenmal setzte er eine Belagerung an, und wieder wurde er gezwungen, sich zurückzuziehen. Erst als er ein drittesmal anrückte, konnten sich seine Truppen der äußeren Befestigungswerke bemächtigen, so daß die Eingeschlossenen in höchste Bedrängnis gerieten. In einer stürmischen Nacht führte Espartero seine Hilfstruppen zum Entsatz Bilbaos heran. Und am 24. Dezember 1836 fand die Schlacht bei Luchana statt, in der 70000 Spanier auf beiden Seiten mit äußerster Erbitterung kämpften. Trotz einer fieberhaften Erkrankung leitete Espartero selbst den Sturmangriff auf die Brücke von Luchana, und Oráa unterstützte ihn mit geradezu bewunderungswürdigem Geschick in diesen Operationen, die den Anhängern Maria Christinas den Sieg einbringen sollten. Der tiefe Eindruck, den dieser Sieg der Regierungstruppen auslöste, spiegelt sich großartig wider in einer Rede des berühmten Abgeordneten Joaquín Maria López. Darin heißt es: „Mit solchen Führern und Soldaten, meine Herren, ist nichts unmöglich und nichts schwierig. Man tut, was man will, man befiehlt dem Schicksal, steigt in den Himmel empor und macht so das alte Märchen von den Titanen wieder zur Wirklichkeit." Das Jahr 1838 brachte den Zug Prinz Karls nach Mittelspanien. An Stelle von Villarreal hatte inzwischen der Prinz Sebastian den Oberbefehl übernommen. Prinz Karl wandte sich nach Aragón und konnte nach verschiedenen mehr oder weniger erfolgreichen Treffen seine Truppen mit denen Cabreras vereinigen. In der Zwischenzeit hatte Zariátegui, um die Streitkräfte Esparteros zu zersplittern, sich der Stadt Segovia bemächtigt und bedrohte jetzt Madrid. Auf der anderen Seite rückte Prinz Karl bis Arganda vor, und im Arroyo de Abroñigal fand eine lebhafte Schießerei zwischen einer Jägerkompanie der regierenden Königin und karlistisdien Truppen statt. Prinz Karl, der das Heranrücken Esparteros fürchtete, stieß bei Aranda de Duero zu Zariátegui. Espartero jedoch schlug die Karlisten bei Retuarta, so daß diese sich nach Vizcaya zurückziehen mußten. Auch die kühnen Vorstöße einzelner Karlistenführer, wie des Basilio Antonio Garcia, des Grafen von Negri und des Priesters Merino, waren zum Scheitern verurteilt. Maroto wurde nun zum Oberbefehlshaber der karlistisdien Truppen ernannt, und Cabrera konnte sich Cantaviejas und Morellas bemächtigen. Die regierungstreuen Generäle Pardiñas und Oráa kämpften gegen Cabrera. Der General León nahm Belascoain, und Espartero besetzte Peñacerrada. Der Krieg neigte sich jetzt seinem Ende zu, denn Maroto, der das Intrigenwesen in der Umgebung Prinz Karls satt hatte, war entschlossen, ein Exempel zu statuieren. Die liberale Regierung bediente sich indessen des gewandten Verschwörers Eugenio de Aviraneta. Als die Feinde Marotos sich gegen diesen zusammenschlössen, erhielt der General davon Kenntnis,
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eilte nach Estella und befahl die Erschießung der Rebellen. Prinz Karl teilte er den Vorfall mit folgenden Worten mit: „Herr, ich habe Befehl gegeben, die Generäle Gergué, García und Sanz, den Brigadier Carmona und den Intendanten Urziz standrechtlich zu erschießen." Durch die Vermittlung John Hays bereitete Maroto ein Abkommen vor, das am 26. August 1839 in Oñate unterzeichnet wurde und in Vergara, wo der Karlistengeneral und Espartero sich vor versammelter Truppe umarmten, seine Bekräftigung erhielt. Prinz Karl flüchtete über die Pyrenäen nach Frankreich. Die Regierung verpflichtete sich, die Ämter, Grade und Ehrenzeichen des Karlistenheeres anzuerkennen und gab das Versprechen, daß auf den Cortes die Provinzialrechte (Fueros) garantiert oder erneuert werden sollten. Das Ende der Regentschaft Maria Christinas. Espartero. Das Ministerium Pérez de Castro hatte die Cortes aufgelöst und neue für den 1. September einberufen. Auf ihnen wurde die Frage der Fueros erörtert. Olózaga griff die Regierung heftig an. Die offene Art des Kriegsministers Alaix entwaffnete ihn jedoch derartig, daß die beiden Gegner sich schließlich vor dem ganzen Parlament umarmten. „Das ist die Umarmung von Vergara", sagte Alaix. In das Kabinett traten jetz verschiedene Mitglieder der gemäßigten Richtung ein, die der Regentin zur Auflösung des Kongresses rieten. In der Zeitung „El Eco del Comercio" erschien ein Brief des Generals Linage, der Sekretär Esparteros war, in dem dieser dem Widerstand Esparteros gegen die Auflösung der Cortes Ausdruck gab. Die neuen Cortes, die 1840 zusammentraten, hielten einige Sitzungen ab, die so stürmisch verliefen, daß die Bildung des Kongresses immer weiter hinausgeschoben wurde. Als dann Espartero vorschlug, seinen Sekretär Linage zum Feldniarschall zu ernennen, kam es zu einer Spaltung des Kabinetts. Ein weiterer Streit zwischen den Gemäßigten und Fortschrittlern entstand bei der Diskussion über das Gemeindegesetz. Gegen die Ansicht Esparteros bestätigte die Königin dieses Gesetz. Die Gemäßigten unterstützten Ohristina, doch diese hatte sich Espartero anvertraut. Als am 1. September ein Aufstand in Madrid ausbrach, beauftragte die Königin Espartero mit der Unterdrückung desselben. In einem Brief setzte der General ihr seine Meinung auseinander. „Es handelt sich hier" — so schrieb er — „nicht um ein anarchistisches Gesindel ohne jeden politischen Glauben, sondern um die geknechtete Liberale Partei, die voller Angst vor der Rückkehr des Despotismus die Waffen ergriffen hat." Die Königin, die sich bereits in Valencia befand, ernannte jetzt ein fortschrittliches Ministerium unter der Führung Esparteros; als dieser ihr jedoch sein Regierungsprogramm vorlegte, sprach sie ihren unwiderruflichen Ent-
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schluß aus, die Regentschaft niederzulegen. Sie dankte ab und schiffte sich am 12. Oktober 1840 nach Marseille ein. Einer der entscheidenden Gründe für ihre Abdankung war, wie man behauptete, ein Artikel des „Guirigay", in dem auf ihre morganatische Ehe mit dem Leibgardisten Fernando Muñoz, dem Sohn einer Tabakhändlerin aus Tarancón, angespielt wurde. Als Verfasser des Artikels galt González Brabo. Von Marseille aus erließ Maria Christina ein Manifest; inzwischen jedoch hatten verfassungsgemäß Espartero und seine Minister die Macht übernommen, bis die Cortes einen neuen Regenten ernennen würden. Die fortschrittliche Mehrheit in den Cortes verhandelte nun auch über die wichtige Frage der Regentschaft. Hierbei spalteten sich die Fortschrittler in „Unitarier", die die Regentschaft einer einzigen Person anvertrauen wollten, und „Trinitarier", die dafür stimmten, die Verantwortung unter drei Männer aufzuteilen. Die Unitarier vertrat vor allem Olózaga, während an der Spitze der Trinitarier Joaquín María López und dessen Anhänger González Brabo standen. Die erstere Partei konnte sich schließlich durchsetzen, und mit 169 Stimmen wurde Baldomero Espartero, Herzog de la Victoria, zum Regenten erwählt (1841). Die Spaltung innerhalb der fortschrittlichen Partei wurde nodi fühlbarer, als Espartero jetzt in sein Kabinett lediglich Unitarier berief. Ministerpräsident wurde Antonio González, Kriegsminister Evaristo San Miguel. Zum Vormund der jungen Königin ernannten die Cortes den alten und vertrauenswürdigen Agustín Argüelles. Don Martin de los Heros wurde mit der Verwaltung des königlichen Hauses und Besitzes betraut, und Quintana hatte die Erziehung Isabellas II. und ihrer Schwester Luisa Fernanda zu leiten. Maria Christina protestierte von Paris aus gegen die Ernennung eines Vormunds und fand damit offene Zustimmung bei der gemäßigten Partei. Die Folge davon war ein Aufstand O'Donnells in Pamplona, der Einzug Borso di Cárminatis in Zaragoza und endlich der Putschversuch Conchas und Leóns, die mit dem Regiment der Prinzessin vor den königlichen Palast zogen, um sich der Person der Königin zu bemächtigen. Mit 18 Hellebardiers verteidigte der Oberst Domingo Dulce die Treppe des Schlosses und warf die Eindringlinge zurüdc. Diego León, der Held von Villarrobledo und Belascoain, der erste Degen Spaniens, wurde zum Bedauern seiner Freunde wie seiner Gegner standrechtlich erschossen. Espartero büßte durch diese harte Maßnahme einen großen Teil der öffentlichen Sympathie ein. Als die Cortes wieder zusammentraten, gab es hier drei große Parteien : die „Ministerialen" oder Anhänger des Kabinetts, die von López und Caballero geführten Trinitarier und die Dissidenten, an deren Spitze Olózaga und Cortina standen. Infolge einer Abstimmung wurde die Regierung gestürzt. Auch als General Rodil die Macht übernommen hatte, gingen die
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Angriffe gegen den Regenten und seine Anhänger, die sogenannten „Ayacuchos", weiter. Diese Bezeichnung rührte von der irrtümlichen Annahme her, daß der Herzog de la Victoria an der Schlacht bei Ayacucho auf dem amerikanischen Kontinent teilgenommen habe. Man behauptete auch, Espartero sei vollkommen englandhörig geworden, und da er im Palast von Buenavista in der Nähe der Englischen Botschaft wohnte, heftete man eines Tages an die Mauer des Palastes ein Flugblatt, in dem auf die Freundschaft zwischen dem Regenten und dem Vertreter Großbritanniens angespielt wurde. Bald darauf bradi in Barcelona ein Aufstand aus, so daß Espartero sich gezwungen sah, gegen diese Stadt zu rücken und sie zu bombardieren. Die Cortes wurden aufgelöst (1843), und bei den Wahlen wurde das Kabinett durch die Koalition Olózaga-Cortina gestürzt. General Rodil reichte sein Rücktrittsgesuch ein, und man bildete ein Kabinett der Versöhnung unter Joaquín María López. Dieser legte den Entwurf eines Amnestieerlasses vor, den der Regent jedoch nicht unterzeichnen wollte. Das neue Kabinett versuchte vergebens, den General Linage, den man den schwarzen Schatten Esparteros nannte, von dessen Seite zu entfernen. López reichte daraufhin gleichfalls seinen Rücktritt ein und wurde durch Gómez Becerra ersetzt. In allen Kreisen war man äußerst unzufrieden mit dieser neuen Lösung, und in den Cortes hielt Salustiano Olózaga eine flammende Rede, in der er den Regenten mit den Worten herausforderte: „Der Regent möge zwischen diesem Menschen (Linage) und der gesamten Nation wählen!" Er schloß seine Ansprache mit den Worten: „Gott rette das Land! Gott rette die Königin!" Wieder wurden die Cortes aufgelöst, und mit dem Ruf: „Nieder mit dem Regenten!" erhob sich jetzt die Stadt Málaga. Der Aufruhr breitete sich rasch über ganz Andalusien, Zaragoza, Valencia und Barcelona aus. Narváez, Concha und Pezuela kehrten nach Spanien zurück. In Torrejón de Ardoz mußten Zurbano und Seoane, Anhänger Esparteros, es erleben, daß ihre Truppen mit dem Ruf: „Wir alle gehören zusammen!" zu Narváez übergingen. Nun mußte Espartero, der Sevilla belagerte, sich schleunigst nach Cádiz begeben und sich dort auf der „Betis" einschiffen, von der er dann auf den englischen Dampfer „Malabar" überstieg, welcher ihn nach London brachte (30. Juli 1843). D i e V o l l j ä h r i g k e i t d e r K ö n i g i n . Die Fortschrittler und die Gemäßigten hatten gemeinsam den Herzog de la Victoria gestürzt. López stellte nun naturgemäß ein Kabinett von Fortschrittlern zusammen, besetzte jedoch die wichtigsten militärischen Stellen mit Mitgliedern der Gemäßigten Partei. So erhielt z. B. Narváez die Stellung eines Generalkapitäns von Madrid. Auf den neueröffneten Cortes wurde die Frage erörtert, ob man
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einen neuen Regenten einsetzen oder aber die Volljährigkeit der Königin erklären sollte, da schließlich nur noch wenige Monate bis zu Isabellas vierzehntem Geburtstag fehlten. Der Kongreß entschied sich für die letztere Lösung, die Königin wurde für volljährig erklärt, legte im November 1843 den Eid auf die Verfassung ab, und das Kabinett trat zurück. Salustiano Olózaga übernahm jetzt die Leitung eines Kabinetts, in dem die Fortsdirittler bestimmten. Es kam daraufhin zu einer endgültigen Spaltung zwischen Gemäßtigten und Fortsdirittlern. Da die Gemäßigten über äußerst gewandte Diplomaten und Intriganten verfügten, fürchtete Olózaga ihre Opposition in den Cortes und erreichte durch ein Dekret die Auflösung derselben. Zu dieser Zeit tauchte das Gerücht auf, der Königin sei Gewalt angetan worden. Zwar erklärten die Fortschrittler, es handele sich hierbei nur um eine von Narváez angezettelte Palastintrige, die Gemäßigten jedoch griffen die Angelegenheit freudig auf. Olózaga wurde auf den Cortes von González Brabo angegriffen und verteidigte sich äußerst beredt; trotzdem wurde er abgesetzt und ging nach Portugal. G e m ä ß i g t e u n d F o r t s c h r i t t l e r . González Brabo bildete jetzt ein Kabinett, das allerdings auch noch nicht als ein reines gemäßigtes Kabinett zu bezeichnen war, da der Ministerpräsident die Führung einer neuen parlamentarischen Fraktion mit dem Namen „Das junge Spanien" übernommen hatte. Er erließ jetzt das Gemeindegesetz vom Jahre 1840 und knebelte die Presse. Nun kehrte auch Maria Christina, die zu dieser Zeit mit zahlreichen Anhängern rechnen konnte, nach Spanien zurück. In Alicante kam es zu einer Erhebung der Fortschrittler, die mit starker Hand unterdrückt wurde. Während der Regierungszeit dieses Kabinetts organisierte sich die spanische Bürgerwehr, die „Guardia Civil". Auf González Brabo folgte Don Ramón Narváez, der Führer der Gemäßigten Partei. Mitglieder seines Kabinetts waren Don Pedro Pidal, der Marquis von Viluma, Mayans, der General Armero und der bekannte Finanzmann Alejandro Mon. Dieser letztere traf sehr glückliche Maßnahmen hinsichtlich der Beleihung des Staatsschatzes, der Konvertierung der konsolidierten Schuld und der erweiterten Notenausgaben. Außerdem schloß er noch verschiedene Verträge mit der Bank von San Fernando ab und organisierte das Steuerwesen. Ihre wichtigste Aufgabe sah die Regierung Narváez in der Reform der Verfassung von 1837, die abgeändert wurde, um die königliche Autorität und die Macht der Exekutive zu stärken. Die Mitglieder des Senats sollten hiernach vom König ernannt werden. Die Nationalmiliz wurde abgeschafft. Dies war nunmehr die Verfassung von 1845. Die Fortschrittler erschienen nun nicht mehr auf den Cortes, konspirierten dagegen vom Auslande aus. So arbeiteten Espartero und Olózaga
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in London und Mendizábal in Paris für ihre Sache. General Zurbano unternahm einen Putschversuch und wurde nach dessen Scheitern standrechtlich erschossen. Sein Wahlspruch hatte gelautet: „Hoch die Verfassung von 1837, Königin Isabella II., der Zentralausschuß und Espartero!" Im Parlament wurde das Gesetz über die Dotierung des Klerus diskutiert und angenommen. Bei dieser Gelegenheit trat auch Donoso Cortés' rhetorisches Talent in Erscheinung. Das kirchliche Appelationsgeridit trat zusammen und man bestimmte, daß die weltliche Geistlichkeit alle bisher nodi nicht eingezogenen Teile ihres Besitztums behalten dürfe. In die gleiche Zeit fällt ein Aufstand in Kuba, der durch den Generalkapitän O'Donnell unterdrückt wurde. Eines der Opfer, die in diesen Kämpfen fielen, war der als Dichter hochbegabte Mulatte Gabriel de la Concepción Valdés, der unter dem Namen „Plácido" bekannt war. Im Jahre 1846 vermählte sich die Königin. Verschiedene Fürsten hatten sich um ihre Hand beworben. Aparisi, Guijarro und der große Philosoph Balmes unterstützten die Werbung des Grafen von Montemolin und Sohnes des Prinzen Karl aus der Erwägung heraus, daß mit einer solchen Heirat der dynastische Streit ein Ende finden würde. Der Graf von Aguila und der Graf von Tràpani, von denen der letztere mit der Unterstützung Maria Christinas rechnen konnte, fanden erbitterte Widersacher auf Seiten der Katholiken, die mit ihrer Propaganda die öffentliche Meinung auf ihre Seite zogen, so daß diese Bewerbungen ebenso wie die Montemolins abgelehnt wurden. Da wiederum eine Heirat mit einem Sohn Louis Philipps in England Mißfallen erregen konnte, kamen schließlich nur zwei spanische Prinzen, Enrique und Francisco de Asís, die Söhne des Infanten Francisco de Paula und seiner Gemahlin Carlota in die engere Wahl. Enrique machte sich durch seine offensichtliche Neigung zu den Fortschrittlern unmöglich, und so entschied sich die Regierung schließlich für seinen Bruder. Der Ministerpräsident Narváez wurde gestürzt und durch Istúriz ersetzt. Während seiner Amtszeit wurde mit großem Pomp die Hochzeit Isabellas II. mit Francisco de Asís und die ihrer Schwester Luisa Fernanda mit dem Herzog von Montpensier gefeiert. Nach dem Herzog von Sotomayor übernahm dann Joaquín María Pacheco den Posten des Ministerpräsidenten. In den Cortes führte er eine neue gemäßigte Minderheitspartei, die sich „Puritaner" nannte. José Salamanca war der Finanzminister Pachecos, der allgewaltige Mann des Kabinetts jedoch war Francisco Serrano y Domínguez, den das Volk den „hübschen General" oder auch den „Günstling" nannte. Da Pacheco und Pastor Díaz bald keine Lust mehr hatten, sich jeder Laune Serranos fügen zu müssen, lösten sie das gesamte Kabinett auf. Salamanca, der mit der Neubildung beauftragt war, trat den Posten des Mini-
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sterpräsidenten an den Juristen Florencio Garcia Goyena ab, blieb jedoch selbst die Seele des Kabinetts. Dieser kluge Anwalt aus Málaga hatte eine besondere Befähigung für große Bank- und Börsengeschäfte und schloß mit den einzelnen Regierungen Verträge über die Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten ab. Er ließ Millionen durch seine Hände gehen und führte ein Leben im großen Stil. Dazu war er ein hochgebildeter Mensch, der viel Interesse für Kunst und Wissenschaften hatte. Zwei Arten gäbe es, reich zu werden, so sagte er: entweder man müsse Pfennige sparen oder mit den Goldstücken um sich werfen. Salamanca, die Königin Maria Ghristina und, wie von einigen Seiten behauptet wurde, die französische Regierung erreichten nun die Rüdekehr des Narváez. Jetzt wandte sich die fortschrittliche Presse voller Wut gegen dessen Parteigenossen Serrano, nannte ihn den „Judas von Arjonilla" und erklärte, er habe der Gemäßigten Partei die Macht überantwortet. Um allen Verleumdungen die Spitze abzubrechen, vereinbarte Serrano mit Narváez, daß er sich aus Madrid entfernen und ihm der Posten eines Generalkapitäns von Granada übertragen werden sollte (1847). Die Regierung Narváez hielt sich volle zwei Jahre, von Ende 1847 bis Ende 1849. In dieser Zeit, die man die „Diktatur des Haudegens und Häuptlings von Loja" nannte, wurden alle Putschversuche unnachsichtig in Bhit erstickt. So konnte man verhindern, daß die Revolution von 1848, die von Frankreich auf Italien, Deutschland und Polen übergegriffen hatte, auch in Spanien einen Widerhall fand. Audi der drohende Ausbruch eines Bürgerkrieges wurde sofort in seinem Beginn unterdrückt. Doch wenn eine Militärdiktatur an sich schon stets den Haß der Unterdrückten aufflammen läßt, so machte sich das Kabinett Narváez noch dazu unmöglich durch die skandalösen Geschäfte, die Salamanca offenbar in Verbindung mit der Regierung getätigt hatte, und durch das von Sartorius ausgebaute Günstlingswesen, das man damals das „Polackensystem" nannte. Die Hofkamarilla, die ihren Mittelpunkt in den Gemächern des Prinzgemahls Francisco hatte, konnte so schließlich Narváez stürzen. Ihm folgte das sogenannte Blitzministerium unter dem Grafen von Cleonard, der nur 17 Stunden im Amt blieb. Narváez gelangte wieder an die Macht und verbannte nun den Beichtvater des Königs, Pater Fulgencio, entfernte dessen Kammerherrn Quiroga vom Hofe und veranlaßte, daß die Schwester Quirogas, die Nonne Patrocinio, sich nach Talavera zurückzog. Zu der Königin sagte er: „Das sollte ein Drama werden, in dem ein König, ein Geistlicher und eine Nonne die Hauptrollen übernommen hatten; schließlich aiber ist eine Operette daraus geworden." Das neue Kabinett hatte das Glück, die Karlistenkriege beenden
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zu können. Cabrera, der noch immer in Katalonien gekämpft hatte, mußte jetzt über die Pyrenäen flüchten. Von seinem Posten als Innenminister aus bildete Sartorius einen sogenannten „Familienkongreß"; Fortschrittler waren kaum noch vertreten, und die wenigen, die sich halten konnten, nannte man die „Geduldeten" (1850). Als Bravo Murillo Einsparungen im Staatshaushalt forderte, kam es zu Zwistigkeiten im Kabinett, und Narváez bot die Demission an. Die Königin sprach dem General erneut ihr Vertrauen aus, und Bravo Murillo mußte gehen. Bei seinem Rücktritt äußerte er: „Ich habe den Glauben und die Begeisterung verloren, wir treiben einem Abgrund entgegen." Auf den Cortes sah sich das Kabinett den schärfsten Angriffen durch Donoso Cortés, den Absolutisten Isabellas II., ausgesetzt. Martínez de la Rosa hielt die Erwiderungsrede und wandte sich am Schluß der Debatte zu Narváez mit den Worten: „Mein General, wir haben den Sieg auf unserer Seite." — „Nun, dann sollen Sie es auch sein, der ihn auskostet", entgegnete Narváez, „denn ich werde heute nacht noch zurücktreten." Auf die Bitten seiner Freunde hin verschob er jedoch seinen Rücktritt noch bis zur Genehmigung des Haushaltsplanes. Dann reichte er sein Abschiedsgesuch ein und ging nach Frankreich (10. Januar 1851). Bravo Murillo, dem man nun die Macht übertragen hatte, übernahm den Posten des Finanzministers. Er beabsichtigte, die Angelegenheit der Staatsschuld zu regeln, mit dem sogenannten „Prätorianertum", der Herrschaft der Militärs, aufzuräumen, indem er die Rechte der Zivilgewalt verstärkte, und den Auswüchsen des Parlamentarismus ein Ende zu machen. Die Cortes wurden aufgelöst und neue einberufen, die nun das Gesetz über die Rechnungslegung bewilligten. So konnte man nunmehr an den Bau des Kanals Isabellas II. und verschiedener Eisenbahnlinien gehen. Im Jahre 1852 wurde Isabella II. das Opfer eines Attentats: ein sechzigjähriger Priester namens Martin Merino versuchte die Königin mit einem Dolch zu ermorden; glücklicherweise prallte die Waffe an einem Fischbeinstab des Mieders ab, so daß die Königin mit dem Leben davonkam. Die Koalition der Generäle gegen den „Advokaten", wie sie Bravo Murillo nannten, fand Widerhall bei den Gemäßigten und den Fortschrittlern. Das Kabinett wurde gestürzt und General Rodil zum Ministerpräsidenten ernannt. Doch konnte Rodil ebenso wie sein Nachfolger, der General Lersundi, sich nur kurze Zeit behaupten (1853). Sartorius, der inzwischen Graf von San Luis geworden war, übernahm die Regierung und begann mit einer Unterdrückungspolitik, die von der Presse und den Parteien aufs heftigste befehdet wurde. Man beschuldigte das Kabinett unredlicher Geschäftemacherei und nannte als Hauptverbrecher Salamanca, den Minister Esteban Collantes und auch den Grafen von San
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Luis selbst. „Nieder mit den Polen! Es lebe die Anständigkeit!" gellte der Ruf. Verschiedene Generäle wurden verbannt. Unter Führung Leopoldo O'Donnells bildete sich eine Militärverschwörung, deren bedeutendste Mitglieder der Marquis de la Vega de Armigo, Adelardo López de Ayala und Antonio Cánovas de Castillo waren. Als dann Dulce, Ros de Olano und Mesina zu den Waffen griffen, fand bei Vicálvaro ein unentschiedenes Gefecht zwischen der Infanterie und der aufständischen Kavallerie statt. Von Manzanares aus veröffentlichte O'Donnell ein berühmtes von Cánovas verfaßtes Manifest, in dem er einen „Thron ohne entehrende Kamarilla" forderte (1854). Isabella ernannte indessen zum Ministerpräsidenten den General Cordova, der seinen Posten an den Herzog von Rivas abtrat. In Madrid brach ein Volksaufstand aus, bei dem die Häuser des Grafen von San Luis, Esteban Collantes', Salamancas und der Palast Maria Christinas geplündert wurden. Ilm weitere Ausschreitungen den Massen zu verhindern, bildete sich ein „Rettungs-, Bewaffnungsund Verteidigungsausschuß". Jetzt rief Isabella den General Espartero zurück. Der Herzog de la Victoria kam nach Madrid, wurde im Triumph empfangen, umarmte O'Donnell vor versammeltem Volk und übernahm die Bildung eines neuen Kabinetts. Er machte O'Donnell zum Kriegsminister und berief die verfassunggebenden Cortes ein. Auf einer Wahlversammlung im Königlichen Theater trat zum ersten Male der große Redner Emilio Castelar auf, dem González Brabo den berühmten Satz „Ich grüße dich, junge Demokratie!" zurief. Königin Maria Christina wurde angeklagt und ihre Güter eingezogen. Die Regierung zwang sie, nach Portugal zu flüchten. Auf den bewegten Sitzungen der Cortes traten die glänzendsten Redner wie Laureano Figuerola, Ríos Rosas, Cándido Nocedal und José Moreno Nieto auf. Die vom Kabinett ergriffenen Maßnahmen zeigten einen ausgesprochen antiklerikalen Charakter; so verfügte man z. B. die Ausweisung der Jesuiten, verbot Prozessionen auf Staatsstraßen, wies den Nuntius aus, schloß den kirchlichen Appellationsgerichtshof und verbannte schließlich die Bischöfe von Urgel, Osma und Barcelona. Die Fortsdirittler mit Olózaga an der Spitze wollten O'Donnell stürzen, doch wuchs dessen Anhängerschaft von Tag zu Tag, so daß Espartero sozusagen der Gefangene seines Verbündeten war und bei jeder Gelegenheit nur sagte: „Der Wille der Nation möge geschehen." Die revolutionären Erhebungen mehrten sich und veranlaßten O'Donnell zur Ergreifung neuer konservativer Maßnahmen. Im Jahre 1856 machte er den Vorschlag, die Unruhen im Lande mit aller Energie zu unterdrücken. Escosura reichte seinen Abschied ein, und O'Donnell tat das
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gleiche, die Königin aber nahm nur das Rüdktrittsgesuch des ersteren an und wollte den General halten. Da erhob sich Espartero, nahm Escosura beim Arm und sagte: „Warten Sie, wir können gleich zusammen gehen." So endete die politische Laufbahn Baldomero Esparteros, dieses tapferen und selbstlosen Offiziers, der stets auf die Wahrung der Disziplin gehalten hatte. Wenn er auch nicht gerade über außergewöhnliche strategische Fähigkeiten verfügte, so waren seine militärischen Unternehmungen doch stets vom Glück begünstigt gewesen. Er verstand es, feurig und eindringlich zu seinen Soldaten zu reden und sie mitzureißen. Als Politiker war er nur von mittelmäßiger Begabung; seine eigenen Ideen auf diesem Gebiet waren nur dürftig, und er ließ sich vollständig von Linage leiten, der die Geschicklichkeit besaß, dem General, ohne daß dieser es merkte, seine eigenen Gedanken zu suggerieren. D i e L i b e r a l e U n i o n . Es ist hier die Stelle, einmal die einzelnen politischen Parteien, die solange Zeit hindurch die öffentliche Meinung Spaniens zu lenken verstanden, etwas näher zu betrachten. Die alte Fortschrittliche Partei, die sich jetzt in die Liberale Partei verwandelt hatte, verteidigte nun nicht mehr die Verfassung von 1812, sondern eher einen allgemeinen zeitgenössischen Konstitutionalismus. Sie verlangte die Achtung der Gesetze und verschwendete ihre Kräfte im Widerstand gegen die Übergriffe der äußersten Rechten, die aus der Verfassung einen schönen Traum machen und die Verhältnisse aus der Zeit Ferdinands VII. wieder heraufbeschwören wollte. England war das politische Vorbild der Fortschrittler, und dorthin gingen die Mitglieder dieser Partei, wenn sie aus Spanien verbannt wurden. Anläßlich der Frage der Vermählung Isabellas unterstützte die Fortschrittliche Partei die Bewerbung Leopolds von Koburg, der ein Verwandter der Königin Victoria war. Wenngleich Espartero Fortschrittler und Liberaler der neuen Schule war, erklärte sich die Liberale Partei doch gegen ihn und seine Anhänger, die „Ayacuchos" (die Englandfreunde), und zwar nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil die Regierung Esparteros in der Praxis allzu viele Fehler gemacht und Unruhe gestiftet hatte. Die nächstwichtige Partei war die der Gemäßigten, wie sie während der Regentschaft Maria Christinas hieß, oder auch, wie einige sie nannten, die „Konservative Partei". Von ihr ging die Revolution gegen Espartero aus, doch benutzte sie hierbei auch liberale Elemente zur Unterstützung. Das Ergebnis des Unternehmens war günstig für die Gemäßigten, und General Narváez, der Führer dieser Partei, wurde mehrere Male Ministerpräsident. Das Programm der Gemäßigten war wenig inhaltsreich. Im wesentlidien sahen sie ihre Aufgabe darin, den reformatorischen Schwung der Liberalen
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zu hemmen, wobei eine Richtung, die wir etwa als die äußerste Linke der Konservativen bezeichnen könnten, für die Verfassung eintrat. Die große Masse der Gemäßigten jedoch kannte keine andere Regierungsform als Strenge und Despotismus der in Narváez verkörperten Exekutivgewalt, wobei allerdings zu bemerken ist, daß auch bei dieser Regierung, wie der Name Sartorius beweist, Unterschlagungsaffären vorkamen. Als Hinweis, daß derartige Dinge auch bei den Liberalen möglich waren, genügt die Erinnerung an Salamanca. Auf der äußersten Rechten standen Männer wie Bravo Murillo, die neben ihren Bemühungen zur Stützung der Staatsgewalt noch eine Reihe verfassungswidriger Maßnahmen einleiteten, die geradezu auf ein absolutes Regime abzielten. Die eifrigsten Diener der Hofkamarilla waren Istúriz und vor allem González Brabo, der, wie wir weiter unten ausführen werden, durch seine ungeschickten Maßnahmen (die Revolution von 1868 heraufbeschwor. Die Gemäßigten waren für ein enges Bündnis mit Frankreich und unterstützten die Bewerbungen der Bourbonen um die Hand der spanischen Königin und die ihrer Schwester. Vor allem der Herzog von Montpensier, ein Sohn Louis Philipps, konnte mit den Gemäßigten in Spanien rechnen, denen es denn auch zu verdanken war, daß der französische Minister Guizot schließlich seinen Plan verwirklichen konnte. Die dritte liberale Partei war die von O'Donnell begründete Liberale Union. Ihr gehörten diejenigen Liberalen an, die sich an den ungewöhnlichen Maßnahmen Esparteros stießen, sowie die etwas liberaler gesinnten Konservativen, die gegen die Reaktion und den Absolutismus waren. Die extremeren Liberalen haßten O'Donnell, weil er die Revolution von 1856 unterdrückt hatte, und die eingefleischten Konservativen mißtrauten ihm wegen des Aufstands von Vicálvaro. Den Kern der Union bildeten jene Elemente, die an dem genannten Aufstand teilgenommen hatten. Die äußerste Rechte wurde von González Brabo geführt, die äußerste Linke von Olózaga. O'Donnell hatte die besten Absichten, eine Versöhnungspolitik einzuleiten, doch sah er sich immer wieder gezwungen, Aufstände in Madrid und an anderen Punkten Spaniens zu unterdrücken. Die Verfassung vom Jahre 1845 wurde wieder in Kraft gesetzt und mit einer Zusatzakte versehen, die verschiedene liberale Reformen enthielt (15. September 1856). Die Stadt- und Provinzialverwaltungen wurden neu organisiert und die Beschlagnahme der Güter Maria Christinas wieder aufgehoben. Auf O'Donnell folgte ein Kabinett der Gemäßigten unter Narváez (1856), in welchem Cándido Nocedal das Amt des Innenministers bekleidete. Dieses Kabinett bedeutete eine Reaktion gegen die Ereignisse vom Jahre 1854. Die Zusatzakte wurde außer Kraft gesetzt und die Ver33 Ballesteros, Spanien
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fassung von 1845 in Anlehnung an ein Rundschreiben Nocedals abgeändert. Auf den Cortes wurde die Teilnahme Narváez' an den Umtrieben gegen den Grafen von San Luis offenbar. Das Bekenntnis des Generals hatte den Sturz des Kabinetts zur Folge, und seine Freunde wurden mit dem Schimpfnamen „Neukatholiken" belegt. Bei dieser Gelegenheit trat auch Claudio Moyano, der Verfasser des bis vor wenigen Jahren gültigen Gesetzes über den öffentlichen Unterricht auf (1857). Die Königin, die der plötzlichen Dreistigkeiten ihres Ministerpräsidenten überdrüssig war, bot die Macht jetzt dem General Armero an. Nach dessen kurzer Amtszeit folgte wieder ein Kabinett unter Istúriz, das sich gleichfalls nicht lange halten konnte. Die Gemäßigte Partei hatte sich in viele einzelne Richtungen aufgespalten. Istúriz vollzog eine Änderung im Kabinett, indem er das Mitglied der Union, Posada Herrera, zum Innenminister machte. Als dann ein Streit innerhalb des Kabinetts ausbrach, berief die Königin wieder Leopoldo O'Donnell an die Spitze der Regierung (1858). Nun begann die lange Herrschaft der Liberalen Union, als deren Seele Don José Posada Herrera zu bezeichnen ist. Er war Advokat, stammte aus Asturien, besaß großen Verstand und praktische Fähigkeiten und verstand sich meisterhaft auf das politische Spiel. „Sie nennen mich einen Skeptiker, weil idi nicht an sie glaube", pflegte er zu sagen. Sein Wahlspruch lautete: „Nicht die Ministerien müssen sich den Parlamenten unterordnen, sondern umgekehrt diese den Ministerien." Bei einer Gelegenheit stellte er die Frage: „Was für ein Stüde Brot gebt ihr den Armen, wenn ihr ihnen «in Recht einräumt?" Die nach außen hin repräsentative Gestalt der Liberalen Union war O'Donnell, ein phlegmatischer Mensch von unerschütterlicher Gemütsruhe, der zwar sehr machtgierig war, jedoch einen einwandfreien Landeswandel führte. Seine politischen Kenntnisse und Ideen waren äußerst dürftig; die Gedanken in seinen Reden und Aufrufen stammten gewöhnlich von anderen Leuten. So erwiderte Cánovas auch einmal auf den begeisterten Ausspruch: „Don Leopoldo war doch wirklich ein Idol!" — „Ja, ein Idol, ein wahres Götzenbild ist er, das weiß ich gut genug, denn ich habe oft aus ihm gesprochen." Die hohen .militärischen Posten gab O'Donnell jenen „beherzten Männern", die im Jahre 1854 seine Gefolgsleute gewesen waren. In die Regierungszeit der Liberalen Union fällt die Expedition nach Cochinchina (1859), der Krieg in Afrika (1859—1860) und der Aufstand des Generallcapitäns der Balearen Don Jaime Ortega in San Carlos de la Rápita. Montemolín und sein Bruder wurden gefangengesetzt, verzichteten auf alle Rechte auf die spanische Krone und wurden aus dem Lande gewiesen;
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Ortega wurde standrechtlich erschossen (1860). Im Jahre 1861 fand die Annektion von Santo Domingo und der republikanische Aufstand von Loja statt. 1862 ging eine Expedition nach Mexiko und das folgende Jahr brachte den Sturz der Liberalen Union, weil zwei ihrer Minister, der Marquis de la Vega de Armijo und Don Augusto Ulloa, das Mißfallen der Königin erregt hatten. O'Donnell wurde durch den Marquis von Miraflores und dieser wieder durch Arrazola ersetzt. Schließlich riet O'Donnell der Königin, Narváez wieder zu berufen. Isabella tat es, und so übernahm der Herzog von Valencia wieder einmal das Kabinett (1864). Inzwischen war innerhalb der Parteien ein Wandel eingetreten, da sich neben der früheren Fortschrittlichen Partei eine Demokratische Partei gebildet hatte, der als bedeutendste Mitglieder Nicolás Salmerón, Francisco Giner, Federico de Castro, Francisco de Paula Canalejas, Sanz del Río, Emilio Castelar, Francisco Pi Margall und Roque Barcia angehörten. Juan Prim, der damalige Führer der Fortschrittlichen Partei, schlug ganz offen einen revolutionären W e g ein. Das zeigte sich vor allem in einer Rede, •die er auf einem Bankett in den „Campos Eliseos" hielt, sowie bei verschiedenen unterdrückten Militärrevolten. Die Fortschrittler enthielten sich infolgedessen der Wahl. Die Bulle „Quanta cura" und die Veröffentlichung des „Syllabus" gaben Anlaß zu heftigen Polemiken in den Zeitungen. Als Isabella II. drei Viertel bestimmter Güter, die ihr als Privateigentum zuerkannt wurden, an die Nation abtrat, schrieb Castelar in der „Democracia" einen Artikel mit dem Titel „El Rasgo". Alcalá Galiano, der Ernährungsminister, ließ daraufhin ein Verfahren gegen Castelar einleiten* Aus diesem Anlaß trat der Rektor der Universität, Juan Manuel Montalbán zurück; sein Nachfolger wurde von den Studenten ausgepfiffen und die Unruhen griffen auf die Puerta del Sol und das Innenministerium über. González Brabo gab den Befehl, die Demonstranten niederzumachen (10. April 1865, die „Danielsnacht"). In den Cortes hielt Ríos Rosas seine berühmte Rede, in der er diejenigen, die den T o d der Aufrührer auf dem Gewissen hatten, als „Elende" bezeichnete, und González Brabo erwiderte mit einer äußerst geschickten und beredten Ansprache. Die Lage war jedoch unhaltbar geworden, und die Königin bot O'Donnell wieder die Übernahme des Präsidentenpostens an. Während der nun folgenden Regierungsetappe erkannte die Liberale Union das Königreich Italien an. Obgleich O'Donnell versucht hatte, Prim zu sich herüberzuziehen, konspirierte dieser weiterhin gegen ihn. Nach einem gescheiterten Aufstandsversuch im Januar 1866 mußte Prim nach Portugal gehen. Zur gleichen Zeit kam es zum Pazifischen Krieg und zu dem berühmten Aufstand der Sergeanten in der San-Gil-Kaserne, der durch den General Serrano unterdrückt wurde. Bei dieser Gelegenheit 33*
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zeichnete sich auch Narváez aus. Als ein Adjutant O'Donnells zu ihm sagte, er möge sich vor dem Feuer der Gegner in acht nehmen, erwiderte er: „Herr Kommandant, behalten Sie Ihre Ratschläge solange für sich, bis Sie darum gebeten werden!" Narváez wurde mit der Bildung eines neuen Kabinetts beauftragt, und O'Donnell zog sich nach Frankreich zurück, wo er kurz darauf starb. Auf den neu einberufenen Cortes bestand die Fraktion der Liberalen Union nur noch aus vier Abgeordneten, deren Führer Cánovas sich seinen Freunden bei ihrem Rüdetritt nicht anschloß. Das Hauptgewicht der Verhandlungen lag bei González Brabo, der sich wieder als glänzender Redner offenbarte. Die Revolution war jedoch nicht mehr zu verhindern. Prim und Olózaga konspirierten in Brüssel, und der Herzog von Montpensier hatte keine Bedenken, an dem Sturz seiner Schwägerin mitzuarbeiten. Im Jahre 1868 starb Narváez und wurde durch González Brabo ersetzt, der durch seine strengen Maßnahmen das Herannahen der Revolution nur noch beschleunigte. D i e A u ß e n p o l i t i k . Im Jahre 1847 hatte Spanien in Portugal eingegriffen, um hier bei der Niederwerfung eines Aufstandes mitzuhelfen. Diese Tat hatte dem Führer der spanischen Truppen, Don Manuel de la Concha, den Titel eines Marquis del Duero eingetragen. Zwei Jahre später entsandte Spanien den General Fernando Fernández de Cordova zur Unterstützung des Papstes Pius IX. nach Italien. Eine der ruhmvollsten Unternehmungen der Regierung der Liberalen Union war der afrikanische Krieg. Die Kabylen von Anghera hatten die spanischen Befestigungswerke von Ceuta zerstört und die Nationalflagge beschimpft. Am 22. Oktober 1859 erklärte Spanien dem Sultan Muley Abderrachman den Krieg. Drei Divisionen unter dem Befehl Echagües, Zabalas und Ros de Oíanos und zwei weitere Reservedivisionen, die von Prim und Galiano geführt wurden, passierten die Meerenge von Gibraltar. Der Oberbefehlshaber der Spanier war Leopoldo O'Donnell. In dem Treffen am Serrallo hielten die Truppen Echagües dem Ansturm der Mauren tapfer stand. Der Kampf zog sich gegen Tetuan hin, und dort kam es schließlich zu der berühmten Schlacht von Castillejos, in der die Spanier sich dank der Unterstützung durch die Truppen Zabalas und das mutige Vorgehen Prims aus schwerster Gefahr retten konnten. Während der Schlacht wandte Prim sich mit folgenden Worten an seine Leute: „Soldaten! Diese Tornister hier gehören Euch und Ihr könnt sie im Stich lassen. Das hier aber ist die Fahne unseres Vaterlandes. Könnt Ihr zulassen, daß das Banner Spaniens in die Hände der Mauren fällt? Wollt Ihr Euren General allein sterben lassen?" Daraufhin sprengte er im Galopp mitten in die feindlichen Reihen. Die Gegner lieferten sich
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dann noch eine Sdiladit vor den Mauern von Tetuan, in der Muley El Abbas, der Bruder des bereits verstorbenen Sultans, fiel. Dies war die Schlacht bei Wad-Ras. Ein für Spanien äußerst günstiger Friedensschluß beendete den Krieg (1860). Ein bemerkenswertes Ereignis aus der Regierungszeit Isabellas II. war die Annektion der Insel Santo Domingo, die Spanien in dem unheilvollen Vertrag von Basel an Frankreich abgetreten hatte. Die dortige Einwohnerschaft hatte sich ihre unverbrüchliche Liebe und Anhänglichkeit zu Spanien über das Jahr 1821 hinaus bewahrt, und der spanische Teil der Insel gab immer wieder seinem Wunsch Ausdruck, sich wieder an das alte Mutterland anschließen zu dürfen. Im Jahre 1855 forderten die Dominikaner die Annektion durch das „alte Spanien", wie sie sich ausdrückten, und die Regierung der Liberalen Union entschloß sich schließlich, ihrem Verlangen zu entsprechen (1861). Später fiel jedoch auch diese Kolonie wieder von Spanien ab. Napoleon III. versuchte, Spanien auch mit in die Angelegenheit des mexikanischen Kaiserreichs zu verwickeln. Das spanische Expeditionskorps, das in dieser Sache nach Übersee ging, wurde von Juan Prim befehligt. In seinem berühmten Brief, den er von Orizaba aus an den Kaiser schrieb, sagte Prim mit seltener Klarsichtigkeit die Entwicklung der Dinge voraus. Auf Befehl ihres Generals wurden die spanischen Truppen dann aus Mexiko herausgezogen, denn Prim wünschte nicht, an diesem gewagten Unternehmen, in dem Mexiko gegen seinen Willen einen Kaiser erhalten sollte, teilzunehmen. O'Donnell allerdings war anderer Ansicht und war höchst unangenehm überrascht, als ihm bei seiner Ankunft im Königlichen Schloß der Prinzgemahl mit den Worten entgegenkam: „Herzlich willkommen! Die Königin erwartet dich bereits ungeduldig. Wir nehmen an, du kommst, um uns zu dieser mexikanischen Angelegenheit zu gratulieren. Prim hat sich großartig verhalten." Und die Königin fügte hinzu: „Kann man sich etwas Richtigeres vorstellen als das, was Prim gemacht hat?" O'Donnell, der den Entwurf zu einem Dekret in der Tasche trug, in dem das Vorgehen Prims scharf verurteilt wurde, entschied sich jetzt dafür, diesen Entwurf nicht vorzulegen, sondern sich im Gegenteil auch dahingehend zu äußern, daß der General sich sehr geschickt verhalten habe. Das Jahr 1866 brachte den sogenannten „Pazifischen Krieg". Die wichtigsten Episoden hieraus sind die Wegnahme des spanischen Schoners „Covadonga" durch die Chilenen, die den Selbstmord des hierdurch schwer getroffenen Generals Pareja zur Folge hatte, und die Bombardierung der Häfen Valparaiso und Callao. Der Krieg richtete sich gegen Chile und Peru, und da man die Spanier beschuldigte, eine offene Stadt wie Valparaiso bombardiert zu haben, begann das spanische Geschwader, das aus
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den Fregatten „Numancia", „Villa de Madrid", „Berenguela", „Bianca", „Almansa" und „Resolución" sowie dem Schoner „Vencedora" bestand, nunmehr mit der Beschießung des Hafens von Callao, der über gepanzerte Abwehrbatterien verfügte. Von dem Führer des spanischen Geschwaders, dem tapferen Casto Méndez Núñez wird erzählt, daß er auf den Hinweis hin, das im Hafen vor Anker liegende Geschwader der Vereinigten Staaten könne die ärmlichen spanischen Holzschiffe leicht versenken, ausgerufen habe: „Spanien zieht seine Ehre ohne Schiffe Schiffen ohne Ehre vor!" D i e R e v o l u t i o n v o n 1868. Schon im Jahre 1867 konnte man in ganz Spanien den Eindruck gewinnen, daß eine Revolution im Anzüge war und der Thron Isabellas zu schwanken begann. Als O'Donnell in Biarritz gestorben war, ging die Führung der Liberalen Union an den General Serrano über, der sofort mit den Fortschrittlern und den RadikalDemokraten in Verbindung trat. Castelar, Salmerón, Sanz del Río, Giner und Fernando de Castro mußten ihre Lehrstühle an der Universität aufgeben. In Brüssel konspirierten inzwischen Prim und Olózaga. Prinz Karl konnte zwar nicht zur Teilnahme an der Verschwörung gewonnen werden, dafür aber der Herzog und die Herzogin von Montpensier, die den Wunsch hegten, die Nachfolger Isabellas auf dem spanischen Thron zu werden. Luisa Fernanda soll, wie behauptet wird, Topete von der Notwendigkeit einer Erhebung überzeugt haben. Ministerpräsident war zu dieser Zeit González Brabo. Er hoffte, die Revolution noch einmal abwenden zu können, indem er Don Manuel Pavía, den Marquis von Novaliches, zu sich heranzog und die Generäle Zavala, Serrano, Dulce, Cordova, Echagüe, Caballero de Rodas sowie das Herzogspaar von Montpensier aus Spanien auswies. Die Königin verbrachte die Sommermonate in Lequeitio. Am 18. September erhob sich die Besatzung des Geschwaders von Cádiz mit dem Ruf „Nieder mit den Bourbonen!". In den einzelnen Städten bildeten sich revolutionäre Ausschüsse, die das allgemeine Wahlrecht, Freiheit der Religion und des Unterrichts, freies Versammlungsrecht, Pressefreiheit und die Abschaffung der Todesstrafe forderten. Der Brigadier Juan Bautista Topete hatte das erste Zeichen zum Aufruhr gegeben. Er sowie Prim erkannten sodann als ihren obersten Befehlshaber Don Francisco Serrano, den Herzog von La Torre, an. Das Kabinett González Brabo trat zurück, und die Königin legte in diesem kritischen Augenblick die Macht in die Hände des Marquis de la Habana, Don José de la Concha. Der Marquis von Novaliches zog mit den königstreuen Truppen den Revolutionären entgegen und traf bei der Brücke von Alcolea auf die Streitkräfte Serranos. Hier konnten am 20. September die Revolutio-
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näre einen Sieg erringen. Die Folge davon war eine allgemeine Erhebung und die Abdankung Isabellas II. Von Lequeitio aus begab sich die Königin nadi San Sebastián und von hier nach Frankreich. P o r t u g a l . In einer überraschenden Ähnlichkeit mit der spanischen Geschichte rollte in diesen Jahren die Geschichte Portugals ab. Auf Joseph I. folgte im Jahre 1777 Maria I., die mit ihrem Onkel Peter, dem dritten dieses Namens in Portugal, vermählt war. Da die Königin eine ausgesprochene Antipathie gegen den Marquis von Pombai hegte, machte sie ihm den Prozeß. Man kann wohl mit Recht sagen, daß das Werk dieser Herrscherin den reformatorischen Aufbauplänen Pcwnbals strikt zuwiderlief. Die portugiesische Regierung öffnete den nordamerikanischen Aufständischen die Häfen und verhielt sich durchaus ablehnend gegen alle Einflüsse aus dem revolutionären Frankreich. Als sich dann bei Königin Maria, wohl infolge des erschütternden Eindrucks der Ereignisse der Französischen Revolution, Anzeichen von Geistesverwirrung bemerkbar machten, wurde ihr Sohn, Prinz Johann, zum Regenten eingesetzt. Die Portugiesen nahmen an dem Feldzug in Roussillon gegen Frankreich teil, verloren jedoch dann im Kriege gegen Spanien und Frankreich Olivenza. Dann kam die Kontinentalsperre, der Einbruch Junots in Portugal und die Flucht der königlichen Familie nach Brasilien (1807). Sir Arthur Wellesley schlug als Führer der portugiesischen Truppen die Franzosen in den Schlachten bei Rolika und Vimeiro, worauf die Kapitulation von Cintra erfolgte. Bei einer zweiten französischen Invasion drang Soult bis Oporto vor, mußte sich jedoch dann vor den durch den Engländer Beresford organisierten portugiesischen Truppen wieder über die Grenze zurückziehen. Die dritte Invasion leitete der Marschall Massena, „das verhätschelte Kind des Sieges"; doch auch er wurde durch die Befestigungen von Torres Vedras, hinter denen Wellington mit seinen englischen Streitkräften stand, aufgehalten. Nachdem der Feind endgültig vom portugiesischen Boden vertrieben war, wurde Johann VI. zum König ausgerufen. Der neue Herrscher hielt sich jedoch noch einige Zeit in Brasilien auf. Gegen Beresford, der inzwischen das Portugiesische Reich regierte und sich durch seine strengen Maßnahmen unbeliebt machte, brach 1817 eine Verschwörung aus, die mit den schärfsten Mitteln unterdrückt wurde. Bei der nun folgenden Revolution von 1820 wurde eine Verfassung proklamiert, auf die Johann VI. bei seiner Rückkehr aus Brasilien den Eid ablegte. Königin Carlota Joaquina, eine Schwester Ferdinands VII., weigerte sich, diesen Eid abzulegen, und um sie begann sich jetzt ein Kreis absolutistisch gesinnter Männer zu scharen. Brasilien sagte sich von Portugal los und erwählte Pedro I., den
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ältesten Sohn Johanns VI., zu seinem Kaiser. Gegen die Verfassung von 1822 richteten sich die Aufstände von Villafranca und Abril, die von Don Miguel, dem zweiten Sohn Johanns VI., geleitet wurden. Nach dem 1826 erfolgten Tode König Johanns wurde Pedro IV., der Kaiser von Brasilien, zum Herrscher ausgerufen. Er verzichtete auf den Thron zugunsten seiner Tochter Maria da Gloria, die nun in Portugal die konstitutionalische Richtung förderte, während Dom Miguel der Führer der Absolutisten war. Vor seinem Thronverzicht hatte Pedro eine Verfassung für Portugal ausgearbeitet, die nach dem Muster der brasilianischen Verfassung abgefaßt war. Als dann Miguel mit Gewalt den Thron seiner Nichte an sich bradite, brach der Bürgerkrieg aus. Pedro kam nach Europa, um die Rechte seiner Tochter zu verteidigen, und in den Schlachten bei Almoster und Asseiceira konnten die Konstitutionellen den Sieg erringen (1834). Die Regierungszeit Marias II. ist, ebenso wie die Isabellas von Bourbon in Spanien, eine der längsten der portugiesischen Geschichte (1828—1853). In sie fällt das Wirken Don José Javier Mousinho da Silveiras, eines der größten Staatsmänner Portugals. Eine ständige Bedrohung der inneren Ruhe und Ordnung waren die Kämpfe zwischen den Anhängern der verschiedenen Verfassungen, wobei sich unter den sogenannten „cartistas", den Verteidigern der von Pedro IV. gegebenen Verfassung, vor allem der berühmte Marschall Saldanha hervortat. Schließlich konnte Costa Cabral die Macht an sich reißen und, ebenso wie Narváez in Spanien, eine Diktatur ausüben, bis er durch die Revolution von 1846 gestürzt wurde. Nachdem er noch einmal die Regierung übernommen hatte, brachte ihn Saldanha, eine Art portugiesischer Espartero, wieder zu Fall und ergriff nun selbst die Zügel. Auf Maria folgte ihr Sohn Peter V. (1853), ein gütiger Herrscher, dessen Andenken noch heute in Portugal geehrt wird. Er starb im Jahre 1861 und hinterließ den Thron seinem Bruder Ludwig I. 29. KAPITEL
V O N DER ERSTEN ZUR ZWEITEN REPUBLIK (1868—1931) D i e p r o v i s o r i s c h e R e g i e r u n g . Prim, der Führer der Fortschrittler, hatte seinen Platz zwar an Serrano abgetreten, in Wirklichkeit aber war der Held von Castillejos die Seele der Revolution gewesen. Im Triumph hielt Serrano, der Sieger von Alcolea, seinen Einzug in Madrid; die Begrüßung, die ihm das Volk zuteil werden ließ, war jedoch nicht zu ver-
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gleichen mit dem Jubel, der Prim umbrauste, als er dann, aus dem Osten des Landes kommend, in der Hauptstadt eintraf. Es bildete sich jetzt eine provisorische Regierung unter dem Herzog von La Torre, bei der Prim das Kriegsministerium übernahm. Weitere verdiente Mitglieder des Kabinetts waren Sagasta, Ruiz Zorrilla, Topete, Figuerola, Lorenzana und López de Ayala. Don Práxedes Mateo Sagasta hatte aktiv an der Revolution teilgenommen und übernahm nun den Posten des Innenministers; Figuerola war ein hervorragender Wirtschaftler, Lorenzana ein berühmter Journalist und López de Ayala ein bedeutender Schriftsteller. Eine für Prim bisher unbekannte Gestalt war Topete, der kein eigentlicher Politiker, dafür aber ein begeisterter Anhänger Montpensiers war und von dem Herzog eine beträchtliche Summe für die Organisation des Aufstandes der Marine erhalten hatte. Ruiz Zorilla vertrat einen extremeren liberalen Standpunkt. Um auch die Demokraten, die ebenfalls das ihre zum Siege beigetragen hatten, zufriedenzustellen, übertrug man Nicolás María Rivero den Posten des Bürgermeisters von Madrid. D i e v e r f a s s u n g g e b e n d e n C o r t e s . Auf den nunmehr einberufenen Cortes wurde die Exekutivgewalt ernannt und die provisorische Regierung bestätigt. Die Parteien waren hier schon klar geschieden. In der Mehrheit saßen die Fortschrittspartei und die Liberale Union, die in der Diskussion bald mit den Demokraten aneinandergrieten. Diese letzteren hatten sich bereits in zwei Fraktionen gespalten: die Monarchisten, wie Becerra, Rivero und Martos, und die Republikaner, unter denen es wieder Unitarier wie Garcia Ruiz und Föderalisten wie Orense, Figueras, Castelar, Pi y Margall und Salmerón gab. Die Führer der Katholischen Partei waren Cándido Nocedal und Aparisi y Guijarro; der letztere ging dann zu den Karlisten über. Die früheren „Isabelliner" nannten sich jetzt „Alfonsiner" und wurden von Cánovas del Castillo geführt. Auf den Cortes entwickelte sich ein wahres Turnier der Beredsamkeit, wobei sich besonders Olózaga, Figueras, Moret, Cánovas, Monescillo und Manterola hervortaten. Der brillanteste aller Redner jedoch war unbestreitbar Emilio Castelar. Man arbeitete hier die liberalste aller Verfassungen aus, die Spanien jemals erhalten hat. Am 6. Juni 1869 legte die Regierung ihren Eid auf diese Verfassung ab, und darnach wurde der Herzog von La Torre in aller Form zum Regenten des Reiches ernannt. S p a n i e n o h n e K ö n i g . Prim war Präsident des Ministerrates, und die Regierung mußte jetzt auf der einen Seite den Karlismus, auf der anderen den republikanischen Föderalismus bekämpfen. Einzelne republikanische Aufstände, die hier und da aufflackerten, wurden von Prim mit aller Energie unterdrückt. Don Juan von Bourbon dankte zugunsten seines Sohnes Prinz Karl ab, und kurz darauf unterzeichnete auch Isabella
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in Paris die Urkunde, in der sie zugunsten ihres Sohnes Alfons auf ihre Thronrechte Verzicht leistete. Die brennendste Fraige auf den Cortes war die Entscheidung über die künftige Regierungsform. Eine große Mehrheit trat offen für das monarchische System ein, nur bestand eine Schwierigkeit in der Auswahl des aussichtsreichsten Kandidaten. Der Herzog von Montpensier konnte auf eine ganze Reihe begeisterter Anhänger zählen. Der Herzog von la Victoria weigerte sich, als Thronanwärter aufzutreten. Auch Ferdinand von Koburg, der Witwer Maria da Glorias, der in Spanien sehr beliebt war, verzichtete von vornherein auf den spanischen Thron. Nun wandte Prim seine Blicke nach Italien, und zwar dachte er an einen der Söhne des Königs Victor Emanuel. So kam es, daß die Wünsche der •spanischen Fortschrittler sich auf den Herzog von Aosta konzentrierten. Inzwischen hatte die Liberale Union im Parlament gegen Prim rebelliert, und dieser hatte als Erwiderung eine sehr energische Rede gehalten, die mit den Worten schloß: „Radikale, auf zur Verteidigung! W e r mich liebt, der folge mir!" Die Aussichten Montpensiers auf den spanischen Thron wurden geringer, als er in einem Duell den Infanten Don Enrique tödlich verwundete. Man dachte auch an eine Kandidatur des preußischen Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, eines Neffen Wilhelms I. von Preußen. Die diesbezüglichen Verhandlungen der spanischen Regierung mit Preußen wurden zum Anlaß des Deutsch-französischen Krieges von 1870/71. Einige Abgeordnete wünschten auch, daß Alfons, der Sohn Isabellas, den Thron besteigen sollte, doch Prim hatte hierzu geäußert: „Eine Restauration mit Prinz Alfons? Niemals, niemals, niemals!" — „Wir werden einen König haben, wenn Prim es will, und zwar den, den er will", erklärte ein Abgeordneter, und so war es auch. Jetzt zögerte Prim nicht länger, sondern entschied sich für den Herzog von Aosta. Man leitete die offiziellen Verhandlungen ein und sicherte sich die Zustimmung des Kandidaten sowie die des Königs von Italien. Am 16. November 1870 fand auf den Cortes die Königswahl statt, /bei der der Herzog von Aosta mit 191 Stimmen den Sieg davontrug. Ruiz Zorrilla begab sich mit einer Kommission des Kongresses nach Italien, um dem Herzog Amadeus, der bereits nach dem auf den Cortes offenbar gewordenen Willen des Volkes König von Spanien war, die Krone anzubieten. Prinz Karl und Königin Isabella protestierten gegen die Ernennung. Am 17. Dezember wurde der General Prim auf der Turco-Straße (der heutigen Marquis-von-Cubas-Straße) durch einige gegen seinen Watgen abgefeuerte Schüsse tödlich verwundet. Die öffentliche Meinung nannte als Schuldigen den extremen Republikaner und Direktor der Zeitung „El Combate", Paul
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y Angulo, der einmal geäußert hatte, er wolle „Prim wie einen tollen Hund auf der Straße niederschießen". Don Juan Prim war der fähigste spanische Staatsmann des 19. Jahrhunderts. Gegen die geistige Mittelmäßigkeit seiner militärischen Berufskameraden sticht seine Persönlichkeit auffallend ab. Sein in der mexikanischen Angelegenheit bewiesener Weitblick, seine klare Erfassung des kubanischen Streitfalles und die seiner Umgebung gegenüber gezeigte Menschenkenntnis stellen Prim im Vergleich zu Espartero, Narväez, Serrano oder O'Donnell auf ein weit höheres Niveau. Allerdings hat die in die Augen stechende soldatische Tapferkeit Prims viele vergessen lassen, daß er daneben noch über eine hervorragende staatsmännische Begabung verfügte. Den Zeitumständen entsprechend mußte Prim, um sich die erste Stellung im Staate zu erringen, ein Revolutionär sein. Er spielte diese Rolle aus Ehrgeiz, nicht aber, das wagen wir zu sagen, aus Berufung; denn wenn ihm andere Mittel, an die Macht zu gelangen, zu Gebote gestanden hätten, so würde er sie zweifelsohne angewandt haben. Die unruhigen Zeiten zwangen ihn zu dieser Einstellung; auch Espartero, Narväez, O'Donnell und Serrano hatten sich auf die gleiche Art emporgearbeitet, nur besaßen sie weder Prims klare Erfassung der zukünftigen Entwicklung noch einen anderen Ehrgeiz als den, sich auf ihrem Posten zu behaupten und ihre Feinde zu bekämpfen. Prim hatte sich hinsichtlich der Zukunft Spaniens ein klares Ziel gesteckt. Er dachte an eine Dynastie mit demokratischen Regierungsmethoden und hatte auch in der Wahl des Königs Amadeus eine glückliche Hand bewiesen — nur konnte auch er nicht die Wechselfälle auf dem stürmischen Meer der spanischen Politik voraussehen und konnte nicht ahnen, daß durch sie alle guten Absichten des Savoyers zuschanden gemacht würden. Die große Persönlichkeit Prims ist die abgerundetste unserer gesamten zeitgenössischen Geschichte. Er war ein überzeugter Monarchist, versteifte sich jedoch nicht auf eine bestimmte Dynastie. Als Gegner der Republik verfocht er doch alle liberalen und fortschrittlichen Ideen, soweit sie sich mit einer straffen Staatsführung vereinbaren ließen. Vor allem aber war Prim ein Mann von Charakter, Energie und Temperament, der keine geheimen Ratgeber brauchte, um unbeirrt seinen politischen Kurs zu steuern und die erste Stellung im Staate zu halten, die ihm von Rechts wegen zukam. Keineswegs war er, wie einige glauben wollten, ein plumper Soldat: der Graf von Reus, Vizegraf del Bruch und Marquis von los Castillejos war ein äußerst gewandter Diplomat, ein Staatsmann und ein Mann von Welt. A m a d e u s I. Trübe Vorzeichen begleiteten den Regierungsantritt des Herzogs von Aosta. Amadeus, der kurz nach der Ermordung Prims in Cartagena spanischen Boden betrat, war sich zunächst im Zweifel, was
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er tun sollte, entschloß sich dann aber, seine Reise nach Madrid fortzusetzen, wo er am 2. Januar 1871 eintraf. Der Herzog von La Torre übernahm die Bildung eines Kabinetts, das er mit den hervorragendsten Männern besetzte. Sagasta erhielt das Innenministerium, Cristino Martos das Außenministerium, Moret wurde Finanzminister, Ruiz Zorrilla Wirtschaftsminister, Ulloa Justizminister, López de Ayala Kolonialminister und Béranger Marineminister. Auf den Cortes erklärte Amadeus, daß er „niemals versuchen werde, gegen den Willen des Volkes zu handeln". Die Rivalität zwischen Sagasta und Ruiz Zorrilla war einer der Gründe für den bald folgenden Sturz des Königs Amadeus. In rascher Folge wechselten sich die Kabinette Ruiz Zorrilla, Malcampo und Sagasta ab. Die Lage wurde noch verwickelter, als ein neuer Karlistenkrieg ausbrach und Prinz Karl, der von seinen Anhängern Karl VII. genannt wurde, nach Spanien kam. Die Republikaner waren «nbezwinglich, vor allem, wenn es galt, die einzigen Stützen des Thrones, Sagasta und Ruiz Zorrilla, die unter sich wieder unversöhnliche Gegner waren, zu bekämpfen. Voller Taktgefühl und in klarer Erkenntnis der wirklichen Lage sah der König ein, daß er seinen Posten nicht weiter ausfüllen konnte, und dankte daher am 11. Februar 1873 ab. D i e R e p u b l i k . Eine wirkliche rein republikanische Staatsform mit einem Präsidenten als oberster Regierungsgewalt gab es, genau besehen, auch in den folgenden Jahren in Spanien nicht, wohl aber eine republikanische Exekutivgewalt, an deren Spitze nacheinander Estanisiao Figueras, Francisco Pi y Margall, Nicolás Salmerón und Emilio Castelar standen. Am 11. Februar 1873 gaben die Cortes die öffentliche Erklärung ab, daß die Staatsform Spaniens die einer Republik sei, zu der man, wie Castelar es ausdrückte, „infolge einer Verschwörung der Gesellschaft, der Natur und der Geschichte" gelangt war. Das erste von Figueras geleitete Kabinett zählte zu seinen Mitgliedern Castelar, Pi y Margall, Salmerón, Echegaray, Fernández de Córdova, Becerra und Béranger. Figueras, ein geschickter Rechtsanwalt, war von der fortschrittlichen Partei ins republikanische Lager hinübergewechselt. Seine Erhebung zum Ministerpräsidenten verdankte er einem Streit zwischen Martos und Nicolás María Rivero, der zur Folge hatte, daß der letztere sein Amt im Parlament niederlegte und sich weigerte, eine Regierung zu bilden, als er mit der Ministerpräsidentschaft betraut worden war. Das Mißtrauen, das man den neuen Republikanern und den sogenannten „Cimbriern", den Anhängern Martos', entgegenbrachte, führte zur Bildung eines Kabinetts, das ausschließlich aus alten Republikanern bestand.
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In den Provinzen kam es in dieser Zeit wieder zu Militärrevolten. Man veröffentlichte ein Gesetz, nach dem die Sklaverei in Puerto Rico abgeschafft wurde, und die Regierung rief die verfassunggebenden Cortes ein. Auf den Cortes entschied man sich für eine demokratisch-föderalistische Republik. Zum Präsidenten der Exekutivgewalt wurde Pi y Margall ernannt. Als die Regierung sich gezwungen sah, den Karlistenkrieg wieder aufzunehmen und die Aufstände in Cartagena und Cádiz zu bekämpfen, wurde die Lage äußerst schwierig. Nicolás Salmerón, der nunmehr die Macht übernahm, tat sein Möglichstes, um die Ordnung wieder herzustellen und konnte dies auch zum größten Teil erreichen. Der Bezirk von Cartagena jedoch wahrte auch weiterhin seine Unabhängigkeit. Am 7. September wurde Castelar Präsident und sah sich sogleich heftigen Anfeindungen durch die Republikaner selbst ausgesetzt. Der Bürgerkrieg ging ohne Unterbrechung weiter, und auch im Heere machte sich eine zunehmende Disziplinlosigkeit bemerkbar. Castelar führte zwar sowohl auf dem Gebiet der inneren wie auf dem der internationalen Politik die glücklichsten Maßnahmen durch, doch trotz all seiner Anstrengungen kam eines Tages der Augenblick, an dem er den Angriffen Salmeróns weichen und von seinem Posten zurücktreten mußte. Manuel Pavía zwang sodann in der Nacht zum 4. Januar 1874 mit Waffengewalt das Parlament zur Auflösung. D i e R e s t a u r a t i o n . Unter der Führung des Grafen von La Torre trat eine provisorische Regierung zusammen. Später übernahm dann der Graf die Exekutivgewalt, und General Zavala bildete ein Kabinett, dem Sagasta, Topete, Martos, Echegaray und Balaguer als Mitglieder angehörten. Die größte Sorge der Regierung war der Karlistenkrieg. Auch der Graf von La Torre und später der Marquis del Duero und Zavala mußten sich auf den Kriegsschauplatz begeben. Bei Montenuevo errangen die Karlisten einen Sieg, und Don Manuel de la Concha, der Marquis del Duero, fiel, als er sich gegen Estella wandte, um dem Ringen im Norden ein Ende zu machen. Bei ihren Vorstößen bemächtigten die Karlisten sich der Stadt Teruel, drangen bis Cuenca vor und nahmen auch diesen Ort ein. Gegen die karlistischen Streitkräfte kämpften liberale Generäle wie Serrano Bedoya, López Domínguez und Martínez Campos. Die Sache der Karlisten hatte bereits in ganz Spanien erheblich an Boden verloren, als Cánovas del Castillo während der Präsidentschaft Sagastas einen Brief an den Prinzen Alfons richtete, der inzwischen vom Theresianum in Österreich auf das Sandhurst-College nach England über-
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gesiedelt war. Als Führer der Alfonistem riet Cánovas dem Prinzen, ein Manifest zu erlassen, und dieser befolgte den Rat. Alle Welt begann nun zu konspirieren. Serrano hatte den Ehrgeiz, ein neuer Monk zu sein, und den Ruhm, den Sohn Isabellas II. nach Spanien zurückgebracht zu haben, für sich in Anspruch zu nehmen. Im Kreise der Herzogin von La Torre erhoffte man eine Art Zwischenregierung für den Herzog, wie sie Mac-Mahon in Frankreich ausgeübt hatte. Zweimal versuchte der Graf von Balmaseda mit dem Ruf: „Es lebe Alfons XII.!" den Dingen eine entscheidende Wendung zu geben. Die Alfonsisten dagegen, an deren Spitze Cánovas stand, waren nicht für einen Handstreich, sondern wünschten eine Einsetzung des Königs auf legalem Wege; die Ereignisse jedoch sollten ihren Wünschen vorgreifen. Martínez Campos, der mit der Unterstützung der Division Dabán rechnete, konnte seine Ungeduld nicht länger zügeln. Er zog von Madrid nach Sagunt, vereinigte sich dort mit den Truppen Luis Dabáns und schlug nun den W e g nach Valencia ein. Nachdem er zwei Kilometer weit marschiert war, gebot er Halt und ließ die Soldaten in einem Rechteck antreten. Nach einer kurzen Ansprache rief Martínez Campos jetzt Alfons XII. zum König von Spanien aus (29. Dezember 1874). Jovellar stimmte ihm begeistert zu, und bald hatte er die ganze Nation auf seiner Seite. So kehrte die Dynastie der Bourbonen auf den spanischen Thron zurück. A l f o n s XII. (1874—1885). Zehn Jahre lang sollte derSohn Isabellas II. in Spanien regieren. Die Persönlichkeit aber, die während dieser ganzen Zeit das unumschränkte Vertrauen des Herrschers genoß, war Antonio Cánovas, der Führer jener Partei, die sich damals als die der Konservativen Liberalen bezeichnete. Die Grundzüge der Restaurationspolitik hatte Cánovas in dem von Alfons unterzeichneten Brief oder Manifest von Sandhurst festgelegt. Als ihre wichtigste Aufgabe sah die neue Regierung es an, dem Karlistenkrieg nunmehr ein Ende zu machen. Einige kleinere Erfolge der karlistischen Partei veranlaßten die Truppen des Königs, jetzt nach einem methodischen Plan vorzugehen. Zweihunderttausend Mann griffen zu den Waffen. Die königlichen Streitkräfte wurden befehligt von den Generälen Jovellar, Quesada und Martínez Campos. Am 1. August 1875 wurde der Krieg durch die von Martínez Campos durchgeführte Einnahme von Seo de Urgel beendet. Der Kampf hatte in Katalonien, Navarra und deft baskischen Provinzen getobt. Don Carlos Maria de los Dolores von Boufbon ging mit dem ihm ergebenene karlistischen Regiment nach Frankreich. Im Parlament traten verschiedene dynastische Parteien auf. Die von dem Grafen von Cheste geführten „Historischen Gemäßigten" verloren immer mehr an politischem Einfluß, bis die Partei sich schließlich ganz
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auflösen mußte. Sagasta war der Führer der sogenannten „Konstitutionellen", und der „Zentralistischen Partei", die von Manuel Alonso Martínez und Germán Gamazo geleitet wurde, schloß sich auch nodi Posada Herrera mit dem Rest der Liberalen Union an. Cánovas, den Führer der bereits erwähnten Konservativen Liberalen, kann man als den geistigen Vater der Verfassung von 1876 bezeichnen. Unter den antidynastisdien Parteien ist vor allem die der „Revolutionären Republikaner" zu nennen, deren bedeutendste Mitglieder Ruiz Zorrilla und Salmerón waren. Sie war beständig in Verschwörungen und Konspirationen verwickelt und erhielt ihre Befehle aus Paris, wo Ruiz Zorrilla lebte. Um den glänzenden Redner und Abgeordneten Emilio Castelar scharte sich eine Anzahl von Bewunderern, die die sogenannte „Possibilistische" Partei bildeten. Don Cándido Nocedal war der anerkannte Führer der Karlisten, und der ernste Pi y Margall schließlich leitete die Partei der Föderalistischen Republikaner. Im Jahre 1878 vermählte Alfons XII. sich mit seiner Base Mercedes von Orléans, der Tochter des Herzogpaares von Montpensier. Die Ehe war jedoch sehr kurz, denn fünf Monate nach der Hochzeit schon starb die von allen geliebte und verehrte Königin. Im gleichen Jahr wurde der Friede von Zanjón geschlossen, der dem kubanischen Krieg ein Ende machte. Zehn Kampfesjahre hatten die Gemüter für die nun durch Martínez Campos besiegelte Verständigung reif werden lassen. Im folgenden Jahr ging der König eine zweite Ehe ein, und zwar heiratete er Maria Christina von Habsburg, die Tochter des Erzherzogpaares Karl und Elisabeth von Österreich. 1880 bildete sich die „Fusionistische Partei" mit Sagasta als Führer, der bekannte Politiker wie Alonso Martínez, Posada Herrera, Romero Ortiz und Vega de Amijo sowie die Generäle Martínez Campos und Jovellar angehörten. In Kuba unterdrückte der General Camilo Polavieja einen Aufstand, die sogenannte „guerra chiquita". Die „Fusionisten" kamen 1881 zur Macht und konnten sich bis 1883 behaupten. Während ihrer Herrschaft bildete sich die „Dynastische Linke" unter General Serrano, der unter anderen Victor Balaguer, Linares Rivas, López Domínguez, Montero Ríos, Moret und Béranger als Mitglieder beitraten. Nach der kurzen Regierumgszeit eines Kabinetts unter Posada Herrera kehrte Cánovas im Jahre 1884 auf den Posten des Ministerpräsidenten zurück. Am 28. November 1885 starb in El Pardo König Alfons XII. Nach Aussage der Ärzte war er einem Lungenleiden zum Opfer gefallen. Während der Regierungszeit Alfons5 XII. kam es infolge der Beziehungen Spaniens zum deutschen Kaiserreich zweimal zu ernsteren Mißhelligkeiten. Der erste derartige Fall ereignete sich, als Alfons im Jahre
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1883 von einem in Hamburg stattgefundenen Manöver zurückkehrte und bei seiner Ankunft in Paris von einer pfeifenden und gröhlenden Menge empfangen wurde. Die Pariser wollten so ihrer Empörung darüber Ausdruck geben, daß der spanische König die Ernennung zum Obersten eines damals in Straßburg garnisonierten Husarenregiments angenommen hatte. Das zweite Mal kam es zu Unruhen, als Deutschland die Insel Jap, eine der Karolinen, besetzt hatte. Das spanische Volk protestierte in öffentlichen Kundgebungen sehr energisch gegen das deutsche Kaiserreich, während sich die spanische Regierung bei dieser Gelegenheit als äußerst geschickt erwies. Papst Leo XIII., dem die Entscheidung in dieser Angelegenheit übertragen worden war, erkannte die Oberherrschaft Spaniens über die gesamte Inselgruppe der Karolinen an. D i e R e g e n t s c h a f t M a r i a C h r i s t i n a s . Cánovas war der Mann der Restauration gewesen, Sagasta sollte der Politiker sein, der während der Zeit der Regentschaft die Zügel in der Hand hatte. Noch kurz vor dem Tode Alfons' XII. vereinbarten Cánovas und Sagasta, zwei dynastische Parteien zu gründen, die die Monarchie in den nun bevorstehenden schwierigen Zeiten der Minderjährigkeit des noch nidit geborenen Königs retten und erhalten sollten. Cánovas trat zurück, und Sagasta gelangte mit den „Fusionisten" zur Macht. Am 17. Mai 1886 brachte Maria Christina den spanischen Thronerben, den späteren Alfons XIII., zur Welt. Práxedes Mateo Sagasta blieb beinahe fünf Jahre, bis zum 5. Juli 1890, im Amt. Die politischen Parteien hatten sich hinsichtlich ihres Ideengehalts nicht wesentlich verändert, wohl aber im Hinblick auf die Persönlichkeiten, die die Führung innehatten. Romero Robledo hatte sich von Cánovas und seinem Kreis, den sogenannten „Husaren", .getrennt. Cristino Martos führte die „Cimbrier", und die Föderalistischen Republikaner hatten sich in vier Gruppen gespalten, deren wichtigste Pi y Margall zum Führer hatte. Die Fortschrittler folgten Ruiz Zorrilla, die Zentralisten Salmerón und die Historischen Republikaner Carvajal. Was die Possibilisten Castelars betraf, so hatten sie sich den Fusionisten angeschlossen. Daneben gab es, abgesehen von den dynastischen Parteien, noch die Karlisten und die Integristen; die letzteren wurden von Ramón Nocedal angeführt. Da man verschiedentlich Zweifel an der Unbestechlichkeit der Regierung äußerte, mußte das Kabinett zurücktreten, und die Konservativen kamen an die Macht. Wieder nahm Cánovas den Posten des Ministerpräsidenten ein. 1891 nahm der Führer der Konservativen Partei in seine Reihen auch wieder Romero Robledo auf, der wie der verlorene Sohn zurückkehrte. Um ihm einen Platz im Kabinett zu verschaffen, beschwor Cánovas eine Kabinettskrise herauf, nach der Romero der Posten eines Kolonialministers
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übertragen wurde. Die Krise brachte es mit sich, daß Silvela als unversöhnlicher Gegner Romeros aus dem Kabinett ausschied und von diesem Zeitpunkt ab eine neue Partei führte. Die durch Romero Robledo in Kuba vorgenommenen Reformen und der entschiedene Schutz, den er der „Konstitutionalen Union" von Kuba und der „Inkonditionellen Partei" von Puerto Rico angedeihen ließ, riefen auf den Antillen eine wachsende Mißstimmung hervor. Silvela nahm einen scharfen Oppositionskampf auf und brachte das alte Thema der Bestechlichkeit wieder aufs Tapet. Die Beschuldigungen richteten sich diesmal gegen die Freunde Romeros, vor allem gegen Alberto Bosch y Fustigueras, den Bürgermeister von Madrid. So führten die „Russen", wie man die Anhänger Silvelas nannte, den Sturz von Cánovas herbei, der am 11. Dezember 1892 durch Sagasta ersetzt wurde. Maura, der neue Kolonialminister, kam mit autonomistischen Reformplänen, die sogar durch einige liberale Mitglieder seiner Partei sehr angefeindet wurden. Im Jahre 1893 griffen die Rifkabylen das Fort von SidiAguariach an, und kurz darauf wurde General Margallo, der Gouverneur von Melilla, beim Verlassen des Forts Cabrerizas von einigen Mauren ermordet. General Martínez Campos ging daraufhin nach Melilla und stellte die Ehre der spanischen Waffen wieder her. Im folgenden Jahr war die Opposition gegen Maura so stark geworden, daß er sein Rücktrittsgesuch einreichen mußte. Es wurde angenommen, und Don Manuel Becerra übernahm das Kolonialministerium. Als im Jahre 1895 der Reformplan für Kuba angenommen wurde, brach auf der Insel ein neuer Aufstand aus. Sagasta wurde gestürzt, und wieder kamen die Konservativen an die Macht—allerdings ohne die Partei Silvelas, die sich auch weiterhin in scharfem Widerspruch zum Kabinett Cánovas befand. Martínez Campos wurde nach Kuba entsandt und kämpfte dort gegen die Truppen, die von Martí, Máximo Gómez und Antonio Maceo befehligt wurden. Als er verschiedene Niederlagen erlitten hatte, sandte man von Spanien aus Valeriano Weyler y Nicolau nach, der Konzentrationslager errichtete und den Krieg auf eine methodische und wohl auch etwas grausame Art führte. Unter seinem Befehl kämpften 205000 Soldaten. Als dann Maceo bei Punta Brava fiel, hatte auch der Aufstand ein Ende gefunden. Inzwischen war auf den Philippinen der Geist des Aufruhrs wach geworden. Der Führer dieser Bewegung war der junge und hochgebildete Philippiner José Rizal, und die Logen sowie die Gruppen der Eingeborenen schürten die Stimmung gegen die spanische Herrschaft. Als dann auch noch ein tatkräftiger Mann, Emilio Aguinaldo, auf den Plan trat, brach der Aufstand aus. Die spanische Regierung entsandte den General Polavieja, Ballesteros, Spanien
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der einen siegreichen Feldzug führte, den er mit der Einnahme von Cavite im Jahre 1897 glücklich beendete. Der Führer der Revolution, Rizal, erlitt die Todesstrafe. Die Vereinigten Staaten versuchten, in der Angelegenheit Kubas zu intervenieren, und diese Tendenz trat noch klarer zutage, als Mac Kinley nordamerikanischer Präsident wurde. Die Regierung Cánovas war schließlich, wenn auch spät, geneigt, den Kubanern die geforderte Autonomie zu gewähren. Am 8. August 1897 wurde Cánovas in dem Badeort Santa Agueda durch den italienischen Anarchisten Angiolillo ermordet. Nach einem Übergangskabinett unter General Azcárraga übernahm Sagasta mit seiner Gefolgschaft wieder die Macht im Staate. General Blanco wurde nach Kuba geschickt, um dort die autonome Verfassung einzuführen, und Primo de Rivera schloß in Biacnabató einen Vertrag mit dem philippinischen Aufrührer Aguinaldo. Die Vereinigten Staaten mit ihren imperialistischen Bestrebungen jedoch wünschten eine Intervention um jeden Preis und sehnten einen Krieg mit Spanien herbei. Infolge einer üblen Verleumdung wurden die Spanier beschuldigt, den amerikanischen Dampfer „Maine" in der Bucht von La Habana torpediert zu haben, und Mac Kinley erklärte Spanien daraufhin den Krieg. Der nun beginnende Kampf sollte eine Folge von Mißgeschicken werden. Als der in Santiago de Cuba eingeschlossene Admiral Cervera einen verzweifelten Ausbruchsversuch unternahm, gingen sämtliche spanischen Schiffe verloren. Kürz zuvor hatte bei Caney ein heldenhafter Kampf stattgefunden, in dem der General Vara del Rey gefallen war. Die Stadt Santiago ergab sich den Amerikanern. Bei den Philippinen wurde das aus Holzschiffen bestehende Geschwader des Admiráis Montojo durch die Panzerschiffe der Flotte des Komodore Dewey vernichtet. Die Nordamerikaner landeten in Puerto Rico und bemächtigten sich der Insel, und auch auf den Philippinen mußte die Hauptstadt Manila kapitulieren. In dem Frieden von Paris, der den Feindseligkeiten ein Ende machte, verlor Spanien die Philippinen und Puerto Rico und mußte auf die Oberherrschaft über Kuba verzichten. Im Jahre 1899 errang die Konservative Union einen innerpolitischen Sieg. Silvela wurde Ministerpräsident, Polavieja Kriegsminister, Eduardo Dato Innenminister, Villaverde Finanz- und Kolonialminister und Durán y Bas Justizminister. Vor allem Villaverde mit seinen Plänen für den Staatshaushalt leistete Hervorragendes. 1900 trat Silvela zurück, und General Azcárraga übernahm die Macht. Der Etat dieses Jahres mußte zu einem Triumph für Villaverde werden, da sich hierbei ein Überschuß von 58 Millionen Peseten ergab. Im Jahre 1901 bildete Sagasta ein Kabinett, an dem er im folgenden Jahre einige Veränderungen vornahm, um auch Canalejas
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die Übernahme eines Ministerpostens zu ermöglichen. Am 17. Mai 1902 legte Alfons XIII. vor den versammelten Cortes den Eid auf die Verfassung der spanischen Monarchie ab. A l f o n s X I I I . Don Práxedes Mateo Sagasta blieb auch weiterhin an der Macht. Bald jedoch brachte der Abfall Canalejas' das Kabinett aus dem Gleichgewicht, und am Ende des Jahres mußte es den ständigen Angriffen der Sozialisten und Konservativen nachgeben und zurücktreten. Es folgte ein Koalitionskäbinett Silvela-Maura. Nach dem T o d Sagastas entspann sich innerhalb der Liberalen Partei ein Streit um die Führung, der lange Zeit nicht entschieden werden konnte. Im Kabinett führte die von Villaverde verteidigte Politik der Sparsamkeit zu ernstlichen Meinungsverschiedenheiten, die den Rücktritt des Finanzministers zur Folge hatten. Angesichts der Unbeugsamkeit Villaverdes reichte Silvela, der sich ohnehin aus dem politischen Leben zurückziehen wollte, sein Abschiedsgesuch ein, worauf der König am 19. Juli 1903 Villaverde mit der Neubildung des Kabinetts betraute. Da jedoch die Mehrheit für Antonio Maura stimmte, übertrug Alfons diesem kurz darauf (5. September 1903) die Macht. Das erste Kabinett Maura hielt sich bis zum 14. Dezember 1904. Das meistdiskutierte Ereignis aus dieser Zeit ist die Ernennung des Paters Nozaleda, der sein Amt als Erzbischof in Manila niedergelegt hatte, zum Erzbischof von Valencia. Bei dieser Gelegenheit kam es zwischen den Linksund den Rechtsparteien im Parlament zu den hitzigsten Auseinandersetzungen. Nachdem Azcárraga und Villaverde wieder nacheinander für kurze Zeit den Posten des Ministerpräsidenten bekleidet hatten, übertrug der König 1905 die Macht an Montero Ríos. Dieser schrieb Wahlen aus und unterdrückte die auf Grund eines Artikels in der Zeitung „Cu-cut" in Barcelona entsandenen Unruhen. Auf Montero Ríos folgte am 1. Dezember 1905 ein Kabinett Moret. Am 31. Mai 1906 vermählte Alfons XIII. sich mit der Prinzessin Victoria Eugenia von Battenberg, einer Enkelin der Königin Victoria von England. Bei der Rückkehr von der Trauung, die in der Hieronymiterkirche in Madrid stattgefunden hatte, wurde in der Calle Mayor ein Attentat auf das königliche Brautpaar ausgeübt. Der sofort festgenommene Täter, ein gewisser Mateo Morral, war ein Schüler der in Barcelona durch Francisco Ferrer Guardia geschaffenen „Escuela Moderna". Auf ein Kabinett unter López Domínguez, das nur kurze Zeit am Ruder blieb, folgte ein von Moret geführtes Blitzkabinett. Die dann entstehende Krise, die wegen eines von Santiago Alba überbrachten Sendschreibens die „Papierkrise" genannt wurde, fand ihre Lösung in der Machtübernahme 34*
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durch Vega de Armijo, der mit seinem Kabinett die liberalistischen Strömungen ausschaltete. Der am 24. Januar 1907 auf ihn folgende Maura konnte sich mit seinen Anhängern ziemlich lange halten. Aus seiner Regierungszeit stammen eine ganze Reihe von Gesetzentwürfen, die das Verwaltungswesen, die Schifffahrt und andere wichtige Gebiete betreffen. Gegen Maura kämpften der „Block der Linksparteien" und der von Miguel Moya angeführte Zeitungstrust. Zu dieser Zeit ereigneten sich in Marokko verschiedene höchst unerfreuliche Zwischenfälle, wie z. B. der bei Barranco del Lobo am 27. Juli 1909. Als man die Truppen aus Barcelona zurückgezogen hatte, kam es hier zu der sogenannten „tragischen Woche", während der die Revolutionäre unzählige Gewalttaten begingen. Die Urheber der Unruhen erlitten die strengsten Strafen. Unter anderen wurde Francisco Ferrer standrechtlich erschossen. Im Parlament richtete Moret einen Angriff gegen die Regierung Maura, worauf der Ministerpräsident zurücktrat (21. Oktober 1909). Moret übernahm die Regierung, mußte jedoch wenige Monate später Don José Canalejas weichen (9. Februar 1910). Canalejas regierte bis zum 12. November 1912, dem Tage, an dem er durch den Anarchisten Manuel Pardinas auf der Puerta del Sol ermordet wurde. Im großen ganzen läßt sich sagen, daß seine Maßnahmen Segen über das Land gebracht hatten. Ihm verdankt Spanien die Besetzung von Laradie und Alcazarquivir. In der energischen Haltung, mit der er dem Eisenbahnerstreik gegenübergetreten war, ist vielleicht der Grund für das Attentat zu sehen, das seinem Leben ein Ende machte. Die politischen Erben Canalejas 1 waren Manuel Garcia Prieto und der Graf von Romanones. In einer äußerst bestimmt gehaltenen Denkschrift protestierte jetzt Maura gegen die von der Regierung eingeschlagene Richtung und verzichtete auf sein Amt als Abgeordneter. Zum erstenmal erscholl jetzt der Ruf nach den „Tauglichsten" („idöneos"). Am 27. Oktober übernahm Eduardo Dato die Führung des Ministerrats und verkörperte die „taugliche" Haltung der Konservativen Partei gegenüber der doktrinären Richtung des Fraktionsführers Maura („Maurismus"). Als dann der Weltkrieg ausbrach, verkündete das Kabinett Dato am 30. Juli 1914 die Neutralität Spaniens. Im öffentlichen Leben Spaniens schieden sich die Geister. Schriftsteller und Redner gaben ihrer Sympathie für die Verbündeten oder die Mittelmächte Ausdrude, je nachdem ob sie den „Frankophilen" oder den „Germanophilen" angehörten. Am 6. Dezember 1915 kam der Graf von Romanones zur Macht und konnte sich bis zum 20. April 1917 halten.
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Während der Regierung García Prietos bildeten sich die sogenannten „Juntas militares", die viel Unruhe im Staat erregten und die Autorität bedenklich ins Wanken geraten ließen. Am 11. Juni 1917 erkannte Dato, der nun wieder zur Macht gelangt war, die Organisation und das Programm der „Juntas" an. In Barcelona bildete sich jetzt eine „Versammlung der Parlamentäre", die am 19. Juli 1917 durch den Provinzialgouverneur aufgelöst wurde. Der entschlossenen Haltung der Regierung war es zu danken, daß auch der am 13. August ausgebrochene Generalstreik zusammenbrach. Nun waren die sogenannten „Konzentrationsministerien" an der Reihe. García Prieto stand einem Kabinett vor, in dem Juan de la Cierva den Posten des Kriegsministers bekleidete (1. November 1917). Die „Juntas" stifteten weiterhin Unruhe und Verwirrung. Am 21. März 1918 bildete sich angesichts der zugespitzten Lage eine nationale Regierung unter Maura, der Dato, García Prieto, Alba, Cambó und der Graf von Romanones angehörten. Audi dieses Ministerium wurde jedoch 'gestürzt und durch ein liberales Kabinett ersetzt, in dem García Prieto den Vorsitz übernahm (9. November 1918). In dieser Zeit tauchte wieder die katalanische Frage auf. Auf García Prieto folgte Romanones. Am 15. April 1919 übergab der König die Macht an Maura, der nun mit seinen Getreuen, den sogenannten „Mauristen", die Zügel der Regierung ergriff. Infolge eines parlamentarischen Kunstgriffs der „Tauglichen" mußte auch dieses Kabinett wieder abtreten und Sánchez Toca nebst seinen Anhängern den Platz räumen. Gegen die neue Regierung arbeiteten wieder die „Juntas", denen es denn auch gelang, sie zu stürzen. Ein Oberbrückungskabinett unter Allende Salazar versuchte, die Lage wieder ins Gleichgewicht zu bringen (12. Dezember 1919 bis 3. März 1920). Dato, der nunmehr die Macht übernommen hatte, suchte vergebens die aufgeregten Gemüter zu beschwichtigen. Immer wieder kam es zu politischen Attentaten, und am 8. März 1921 fiel schließlich auch der Präsident des Ministerrates als Opfer eines anarchistischen Anschlags. Ihm folgte in der Regierung für kurze Zeit Bugallal, der dann wieder durch Allende Salazar ersetzt wurde, welcher am 12. März ein Kabinett von „Tauglichen" und „Ciervisten" zusammenstellte. Im Juli 1921 kam es zu dem unglückseligen Marokkokrieg. General Fernández Silvestre fiel, und auf dem verzweifelten Rückzug bei Annual und Monte Arruit verlor Spanien an Toten, Vermißten und Gefangenen 1 4 0 0 0 Mann. Abd-el-Krim, der Führer der Rifkabylen, hatte einen großen Sieg errungen. Maura setzte seinen ganzen Ruf ein, um die unglückliche Lage zu retten (4. August 1921). Er stellte ein Koalitionskabinett zusammen und begann in Marokko einen Feldzug zur Rückeroberung der verlorenen Gebiete. Den Oberbefehl über die Truppen übertrug er dem General Dámaso Berenguer.
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Dodi auch Maura mußte der aufgeregten öffentlichen Meinung, die ihn für jeden Fehlschlag zur Verantwortung ziehen wollte, weichen. Nach ihm leitete José Sánchez Guerra ein aus Konservativen gebildetes Kabinett (8. März 1922). Nun aber wollten auch die Linksparteien wieder einmal zur Madit kommen. García Prieto, der jetzt bereits den Titel eines Marquis de Alhucemas trug, ergriff die Zügel der Regierung (7. Dezember 1922). Die innerpolitische Lage verschlechterte sich jedoch immer mehr, und die führenden Männer konnten sich nicht die nötige Autorität verschaffen. Das spanische Volk hatte nun übergenug von all den kleinlichen politischen Intrigen und begrüßte mit Begeisterung die nun folgende Diktatur des Generals Miguel Primo de Rivera, der ohne große Schwierigkeit am 13. September 1923 García Prieto absetzte. Je länger jedoch der nunmehr geschaffene Ausnahmezustand andauerte, um so größer wurde die Zahl seiner Feinde, die zuerst heimlich, später ganz offenkundig das monarchische Regime zu unterhöhlen begannen. Ein unbestreitbarer Erfolg des Diktators und seiner Regierung war die im Einverständnis mit Frankreich getroffene Lösung des Marokkoproblems. Die Truppenlandung in Alhucemas und die darauf folgenden siegreichen Kämpfe erledigten die Republik der Rifkabylen und ihren Führer Abd-el-Krim, der sich den Franzosen ergab (1924—1925). Ende 1925 wurde das Militärdirektorium durch ein ziviles ersetzt, das jedoch die gegen Primo de Rivera aufgebrachten Gemüter auch nicht beschwichtigen konnte. Den unzufriedenen Militärs schlössen sich nun auch noch die verfolgten Politiker, die Mitglieder des „Ateneo" und ein Großteil der Studentenschaft an. Im Verlaufe der Jahre 1926—1928 wuchs diese Opposition immer mehr an, und die heimlichen Kämpfe wurden immer erbitterter. Während der Diktator eine Nationalversammlung berief, konspirierte José Sánchez Guerra vom Auslande aus gegen die spanische Staatsführung. Der Aufstand von San Juan sowie der von Sánchez Guerra geleitete Aufstand von Valencia scheiterten zwar, aber bald zwangen unglückliche Maßnahmen den Diktator dodi zur Abdankung (Januar 1930). Don Miguel Primo de Rivera, Marquis de Estella, war ein aufrichtiger Patriot, der die Gefahren, welche für das monarchische Regime und seine Institutionen heraufzogen, vorausgesehen hatte. Zum Präsidenten des Ministerrats ernannte der König nun den General ßerenguer. Die republikanischen und sozialistischen Parteien arbeiteten jetzt ganz offen auf den Umsturz hin. Im August 1930 wurde von den oppositionellen Gruppen der Pakt von San Sebastián geschlossen. Am 12. Dezember kam es zu dem Aufstand von Jaca, der niedergeschlagen wurde. Die
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Führer des Aufstandes, Fermín Galán und Angel García Hernández, wurden standrechtlich erschossen. Immer fieberhafter wurde die Tätigkeit der Parteien, und die Unruhe im Lande wuchs. Das Kabinett Berenguer mußte zurücktreten, und Palacio Sánchez Guerra, der das neue Kabinett bilden sollte, versuchte sogar die im Modelogefängnis in Madrid eingesperrten Politiker wieder zur Mitarbeit heranzuziehen. Am 18. Februar 1931 trat das letzte Kabinett der spanischen Monarchie unter dem Großadmiral Juan B. Aznar zusammen. Die Munizipalwahlen am 13. April 1931 brachten den Sturz der Monarchie. In einem Auto begab sich Alfons XIII. von Madrid nach Cartagena, wo er einen Dampfer nach Marseille bestieg. In Spanien wurde die Republik ausgerufen. 30. KAPITEL
DIE ZWEITE REPUBLIK DIE NATIONALE REVOLUTION U N D DER BEFREIUNGSKRIEG D i e p r o v i s o r i s c h e R e g i e r u n g . Die Neurepublikaner vereinbarten, daß Niceto Alcalá Zamora den Posten des Ministerpräsidenten übernehmen sollte. Das Innenministerium erhielt Miguel Maura, einer der Söhne Don Antonio Mauras. Den wichtigen Posten des Kriegsministers bekleidete Manuel Azaña, der langjährige Sekretär des Madrider „Ateneo". Er war ein wenig bekannter Schriftsteller und etwas schwülstiger Redner, der sich als besonderes Studiengebiet das französische Heer zur Zeit Napoleons III. erwählt hatte. Das Marineministerium leitete der galicische Politiker Casares Quiroga. Zwei der hervorragendsten Mitglieder der eben im Entstehen begriffenen Radikalsozialistischen Partei, Marcelino Domingo und Alvaro Albornoz, wurden zum Unterrichtsminister und zum Minister für öffentliche Arbeiten ernannt. Die Sozialisten spielten in der neuen Regierung ebenfalls eine bedeutende Rolle: Fernando de los Ríos war zum Justizminister bestimmt, Indalecio Prieto zum Finanzminister und Largo Caballero zum Arbeitsminister. Die restlichen Mitglieder des Kabinetts waren der aus Sevilla stammende Freund und Vertreter Lerroux', Martínez Barrios, der das Verkehrsministerium übernahm, und der katalanische Gräzist Nicolau de Olwer, der zum Wirtschaftsminister ernannt wurde. Die ersten Taten der provisorischen Regierung bestanden in einem Amnestieerlaß und in der Ersetzung der traditionellen rotgelben Flagge Spaniens durch das rot-gelb-violette Banner der Föderalisten. Auf die Proklamierung der katalanischen Republik in Barcelona durch den früheren Obersten Maciá hin begaben sich drei Minister in die Hauptstadt der alten
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Grafschaft und vereinbarten hier die Schaffung eines neuen Organismus, der sogenannten „Generalidad de Cataluña", die die vier kalatanischen Provinzen verwalten sollte. Maciá wurde zum Präsidenten der „Generalidad" ernannt, und man versprach, anläßlich der nächsten verfassunggebenden Cortes ein Selbstverwaltungsstatut für Katalonien auszuarbeiten. Bald sollte sich zeigen, daß die Sozialisten die wahren Nutznießer der Gewalt waren. In sämtlichen spanischen Provinzen setzte man mit allen Vollmachten ausgestattete Verwaltungskommissionen ein, und der Marxismus begann im Lande Wurzel zu fassen. Die Regierung selbst änderte jetzt das Wahlgesetz ab, um sich den Erfolg zu sichern. Am 1. Mai 1931 ruhten zum erstenmal im ganzen Lande alle Hände, um feierlich das „Fest der Arbeit" zu begehen. Dies allein schon wäre ein deutliches Zeichen dafür gewesen, wer jetzt die Herren Spaniens waren. Noch offensichtlicher trat der Charakter der neugebackenen Republick jedoch zutage, als am 11. Mai die Regierung untätig zusah, wie in Madrid und in einer Reihe anderer spanischer Städte die Kirchen in Flammen aufgingen. Die spanischen Bischöfe protestierten gegen diese dauernden Übergriffe und Verletzungen des Konkordats, worauf Kardinal Segura, der Erzbischof von Toledo, unter Bewachung zur Grenze abgeschoben wurde. In den verfassunggebenden Cortes, die jetzt zusammentraten, sah man als Vertreter der spanischen Rechten navarrische Traditionalisten, die Katholiken der „Acción Popular" und Mitglieder der Agrarpartei; die Monarchisten waren so gut wie ausgeschaltet. Zu den reinen Republikanern zählten die Fortschrittler Alcalá Zamoras und Miguel Mauras, die Radikalen unter Führung von Lerroux, die Republikanische Allianz Manuel Azañas, die Radikalsozialistische Partei, die kleine Gruppe der Föderalisten, die Intellektuellen mit ihrer „Republikanischen Dienstbereitschaft" (Al servicio de la República) und die große Partei der Sozialisten. Katalonien war durdi seine beiden einander feindlichen Parteien, die „Lliga Regionalista" und die „Esquerra de Catalunya" (Katalanische Linke") vertreten. Auf den Sitzungen, die am 14. Juni begannen, wurde eine vollkommen chaotische Verfassung ausgearbeitet, die nidit einen einzigen Tag in Kraft war. Diese Verfassung datiert vom Jahre 1932 und bezeichnet Spanien als eine „Republik von Werktätigen aller Klassen". Hinsichtlich der sozialen und wirtschaftlichen Fragen wurde sie von vielen Seiten ein verschlechterter Abklatsch der Weimarer Verfassung genannt. Ohne irgendeinen Grund, der eine derartige Maßnahme gerechtfertigt hätte, wurde wenige Tage später ein sogenanntes „Gesetz zum Schutze der Republik" veröffentlicht. Bald trennten sich Alcalá Zamora und Miguel Maura von der Mehrheit, und auf die Rede des Staatspräsidenten erwiderte Azaña mit dem Satz: „Spanien hat aufgehört, katholisch zu sein."
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Julián Besteiro, der Präsident der verfassunggebenden Cortes, übertrug Azaña die Macht, und kurz darauf verzichtete Alcalá Zamora, dem man dafür den Posten des Staatspräsidenten versprach, auf seine oppositionelle Haltung. Das Versprechen wurde bald eingelöst. D i e z w e i J a h r e d e r H e r r s c h a f t A z a ñ a s . Zwei Jahre lang wurde Spanien von Manuel Azaña regiert, dem Neurepublikaner, den seine Parteigenossen wegen seiner vielgerühmten geistigen und rednerischen Fähigkeiten und seiner angeblichen Charakterfestigkeit als eine Offenbarung ansahen. Unter den sozialistischen Ministern seines Kabinetts ragte Indalecio Prieto hervor, den man allgemein für einen geschickten Parlamentarier hielt, der jedoch in Wirklichkeit vor allem ein skrupelloser Mensdi und verbissener Gegner der Rechtsparteien war und sidi vollkommen der Revolution und der Internationale verschrieben hatte. Seine Tätigkeit als Finanzminister bedeutete ein wahres Unglück für das Land, besonders wegen des von ihm abgeschlossenen Vertrags mit der Sowjetunion über den Ankauf von Petroleum und dessen Nebenprodukten. Noch unheilvoller war die Wirksamkeit des sozialistischen Arbeitsministers Largo Caballero, der von seinem Posten aus ganz offen die der Kommunistischen Internationale angeschlossenen Arbeiter des Verbandes der U . G X (Unión General de Trabajadores) begünstigte. Der Minister selbst war Sekretär der roten Gewerkschaft und damit Direktor der sozialistischen Syndikate. Gegen diese offenkundige Protektionswirtschaft empörten sich in Andalusien und Extremadura die anarcho-syndikalistischen Gruppen der „Confederación Nacional del Trabajo (C.N.T.), die als unversöhnliche Feinde der U . G . T . galten. Azaña war gleichzeitig Ministerpräsident und Kriegsminister. Seine Absicht war es, das in seiner Mehrzahl monarchistisch gesinnte Offizierskorps aufzulösen und dafür ein republikanisches Heer aufzubauen. Zu diesem Zweck übte er einen starken Drude auf die Monarchisten aus und versprach ihnen, falls sie ihren Abschied einreichten, das volle Offiziergehalt als Pension. Der Haß gegen die Monarchie gipfelte in dem Urteilsspruch gegen Alfons XIII., laut dem seine Güter vom Staat eingezogen wurden. Die Minister, die zur Zeit der Diktatur Primo de Riveras im Amte gewesen waren, wurden unter Anklage gestellt, und auch Calvo Sotelo durfte, obgleich er zum Abgeordneten gewählt worden war, nicht nach Spanien kommen. In Extremadura kam es zu Unruhen der Linksradikalen, und Ende August 1931 ermordeten die Einwohner von Castilblanco in der Provinz Badajoz einige Mitglieder der Guardia Civil und schändeten deren Leichen.
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Inzwischen wurde auf Grund der Forderungen und Drohungen Maciás und der „Esquerra Catalana" auf den Cortes das katalanische Statut beraten. Einige tapfere Offiziere, die über die herrschenden Zustände empört waren, versuchten am 10. August 1932 durch einen Gewaltstreidi die Republik zu stürzen. In Madrid scheiterte die Unternehmung, wobei ein Teil der Offiziere den Tod fand. General Sanjurjo dagegen gelang es, sidi Sevillas zu bemächtigen; als er jedoch keine weitere Hilfe erhielt, mußte auch er die Sache aufgeben. Er wurde zunächst zum Tode verurteilt, das Urteil sodann in eine Gefängnisstrafe umgewandelt. Die Regierung zeigte sich den Aufrührern gegenüber unerbittlich :-diejenigen, deren man hatte habhaft werden können, wurden nach Villa Cisneros gebracht, von wo einige entfliehen konnten. Die Antwort auf den 10. August war die Anerkennung des katalanischen Statuts. Zu Beginn des Jahres 1933 brach plötzlich ein Aufstand der Anarcho-Syndikalisten in Casas Viejas aus. Die Regierung, die nun einmal den Weg der Strenge beschritten hatte, ging auch hier mit größter Härte vor. „Auf den Bauch!" soll Azaña bei dieser Gelegenheit gesagt und damit angedeutet haben, wohin seine Leute bei der Unterdrückung eines derartigen Aufstandes zielen sollten. Als die öffentliche Meinung sich immer mehr gegen die Regierung wandte, veranstaltete Azaña Teilwahlen, die ein niederschmetterndes Ergebnis für die Machthaber hatten. In seinem Unmut bezeichnete Azaña diese Distrikte als „verfaulte Burgen". Im September 1933 trat er zurück. Nun bildete sich ein republikanisches Konzentrationskabinett unter Führung von Lerroux, das sich jedoch nur wenige Tage halten konnte. Der Ministerpräsident des folgenden Kabinetts, das aus Anhängern Lerroux', aus Mitglieder der Partei Azañas, Radikalsozialisten und Leuten der „Republikanischen Dienstbereitschaft" bestand, war Martínez Barrios. Die verfassunggebenden Cortes wurden aufgelöst und Neuwahlen für die ersten regulären Cortes der Republik ausgeschrieben. Das Unerwartete trat ein: die verfolgte Rechte errang einen glatten Sieg. Die Sozialisten verloren etwa die Hälfte ihrer Stimmen, und die Herren von gestern konnten jetzt nur noch über eine recht geringe Zahl von Abgeordneten verfügen. Die siegreiche Partei aber war die „Ceda", mit vollem Namen die „Confederación Española de Derechos Autónomos". Der aufgehende Stern sollte der Führer dieser Partei, Gil Rabies, sein. D i e z w e i J a h r e d e r „ C e d a " - M e h r h e i t . Diese zweite Periode der neuen spanischen Republik zeichnete sich durch einen dauernden und unerklärlichen Zustand der Anormalität aus. Alcalá Zamora, der Präsident der Republik, beauftragte nämlich den Führer der größten Partei nicht mit
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der Bildung des Kabinetts, hatte jedoch gegen die Übernahme eines Ministerpostens durch Gil Robles nichts einzuwenden. Der Sieg der Rechten und der Zentrumspartei vom 19. November 1933 bedeutete einen Protest des Landes gegen die antireligiösen Maßnahmen, auf die sich die Linke mit geradezu blinder Hartnäckigkeit versteift hatte. So hatte sie z. B. den Jesuitenorden in Spanien aufgelöst. Daneben empörte sich Spanien gegen das von der „Esquerra Catalana" zu deren Vorteil erzwungene katalanische Statut, durch das die übrigen katalanischen Parteien vollständig unterdrückt und die nationale Einheit geschmälert wurde. Gil Robles war ein junger Rechtswissenschaftler, der an der Universität seiner Vaterstadt Salamanca lehrte. Im Verlauf seiner politischen Tätigkeit hatte er sich als geschickter und erfahrener Polemiker ausgezeichnet. Seine untadelige Lebensweise und seine geistigen Fähigkeiten hatten mitgewirkt, ihn zum Vertrauensmann eines großen Teils der spanischen Rechten zu machen. Nach den Wahlen bildete Alejandro Lerroux ein Kabinett mit sechs seiner Parteigenossen, einem Liberal-Demokraten, einem Vertreter der Agrarpartei, einem Unabhängigen und einem Fortschrittler der Partei Alcalá Zamoras. Es begann nun allmählich Verwunderung zu erregen, daß die „Ceda" mit ihren Stimmen eine Regierung unterstützte, in der sie selbst überhaupt nicht vertreten war. Bald darauf trennte sich Martínez Barrios, der Großmeister eines Freimaurerordens war, von der Radikalen Partei, legte seinen Posten als Kriegsminister nieder. und bildete eine neue Splitterpartei, die „Republikanische Union". Am 3. März 1934 nahm Lerroux gewisse Änderungen im Kabinett vor, verblieb jedoch selbst an der Spitze desselben. Die von der unterdrückten Linken ständig hervorgerufenen Unruhen nötigten die Regierung schließlich am 7. März, den Ausnahmezustand über das Land zu verhängen. Die Rechtsparteien erlangten jetzt eine Amnestie für die Aufrührer des 10. August. Der Präsident der Republik unterzeichnete das Amnestiegesetz jedoch erst am letzten T a g der ihm verfassungsgemäß zustehenden Frist. Angesichts dieses verhüllten Einspruchs reichte Lerroux seinen Rücktritt ein. Und wieder geschah etwas Unerwartetes. Anstatt Gil Robles jetzt an die Spitze der Regierung zu berufen, beauftragte Alcalá Zamora einen bis dahin fast unbekannten Politiker aus Valencia, der ein Parteigenosse Lerroux' war, mit der Bildung des Kabinetts. So kam die Regierung Samper zustande, die nun auch von der „Ceda" unterstützt wurde. Im Eskorial veranstaltete die „Ceda" einen Parteitag, der zu einer eindrucksvollen Demonstration ihrer Macht wurde. Immer offensichtlicher wurde es, daß die Macht der Regierung erschüttert war, und immer mehr wuchs die Angst und Bedrückung des Volkes. Die
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Kommission, die die Verfassung zu garantieren hatte, widerrief ein Gesetz der Generalidad von Katalonien, und diese begann daraufhin mit einer offenen Auflehnung gegen die Zentralgewalt. Die Unruhe griff auf die benachbarten Bezirke über. In Bilbao verlangte ein Ausschuß die Ausschreibung der Munizipalwahlen in Vizcaya und Guipúzcoa. Die Wahlen wurden denn auch am 18. August unter recht tumultuarischen Umständen abgehalten, und die neuen Abgeordneten versammelten sich am 2. Dezember in Anwesenheit Indalecio Prietos und eines Vertreters der Generalidad in Zumárraga. Die Lage wurde allmählich unhaltbar, bis es endlich Gil Robles gelang, durch eine scharfe Rede den Sturz des Kabinetts Samper herbeizuführen. In den ersten Oktobertagen bildete Lerroux ein neues Kabinett, in dem ein Vertreter der Agrarpartei, ein liberaler Demokrat, acht Radikale, drei Mitglieder der Ceda und zwei Minister ohne Portefeuille zusammenarbeiteten. Einer der letzteren war Martínez de Velasco, der Führer der Agrarpartei. Die Linksparteien legten einen Gemeinschaftsprotest gegen den Eintritt der Ceda ins Kabinett ein. Als der Staatspräsident sich auch durch die persönlichen Einschüchterungsversuche der Linken nicht beeinflussen ließ, brach in der Nacht vom 4. zum 5. Oktober in Madrid ein Aufstand aus, der jedoch mit Leichtigkeit unterdrückt werden konnte. Nun erhoben sich in Asturien 30000 Arbeiter und hätten sich beinahe Oviedos bemächtigen können, wo die Wahrer der Ordnung sich mit knapper Not zu halten vermochten. Der Kampfruf der U.H.P. (Union de Hermanos Proletarios) scholl durch das Land. Zur Unterdrückung der revolutionären Bewegung mußte man Truppen aus Afrika nach Asturien entsenden. Inzwischen war in Katalonien Maciá, der Präsident der Generalidad, gestorben. Sein Nachfolger Companys unternahm in der Nacht zum 7. Oktober einen Aufstandsversuch gegen die Madrider Regierung. In wenigen Stunden konnten jedoch die Regierungstruppen der Bewegung Herr werden. Companys und auch Azaña, die zu Kerkerstrafen verurteilt wurden, verhaftete man in Uruguay. Im übrigen zeigte sich die Regierung den Aufrührern gegenüber von außerordentlicher Milde. Immer noch arbeitete die Ceda im Bunde mit den Radikalen. Am 8. März 1935 trat Gil Robles selbst in Lerroux' Kabinett ein und übernahm das Kriegsministerium. Er bewies großes Geschick in der Wahrnehmung seiner Geschäfte und konnte die Folgen der umstürzlerischen Arbeit Azañas zum Teil wieder ausgleichen. Für Katalonien wurde ein Generalgouverneur ernannt, und der Oberste Gerichtshof sprach Azaña, den man mit den Ereignissen im Oktober in Zusammenhang gebracht hatte, frei. Einmal jedoch mußte es zu einem Zusammenstoß zwischen der Ceda und den ihr verbündeten Radikalen kommen. Schon als ein Abgeordneter im
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Parlament die Entfernung der Freimaurer aus dem Heere verlangte, stieß er damit auf den entschiedenen Widerstand der Radikalen. Als dann aber die Frage der Amnestie für die Urheber der Revolution von 1934 erörtert wurde, kam es zum offenen Bruch. Gil Robles sprach sich gegen die Amnestie aus, und damit war die Krise heraufbeschworen. Lerroux suchte sie mit einem Kabinett zu lösen, das einzig aus Radikalen bestand und aus dem die Vertreter der Agrarpartei und der Ceda ausgeschaltet waren. Diese Ereignisse spielten sich am 3. April 1935 ab. Das neue Kabinett Lerroux konnte sich jedoch gerade 24 Stunden halten. Am 8. Mai übernahm wiederum Lerroux die Kabinettsbildung und übertrug nun Gil Robles das Kriegsministerium und dem Freimaurer Pórtela Valladares das Innenministerium, um auf diese Weise den Einfluß der Ceda abzuschwächen. Bedrohliche Zeichen tauchten nunmehr am Horizont auf. Am 27. Mai hielt Azaña in Valencia eine eindringliche Rede, die donnernden Beifall fand. Die Mordlust der verhetzten Massen erwachte. Die Regierung konnte jetzt kein einziges nützliches Gesetz mehr durchbringen. Hier und da kam es zu Attentaten. Als sich dann die Linksparteien über ein dunkles Geschäft mit einem neuen Spiel, dem sogenannten „Straperlo", empörten, nahm der Skandal ungeheure Ausmaße an, da dies den genannten Parteien für ihre Zwecke nützlich schien. Auf diese Weise fiel auf das Kabinett Lerroux der Schatten der Bestechlichkeit, und die Regierung verlor immer mehr das Vertrauen des Volkes. Azaña tauchte wieder in Madrid auf und sprach vor 200000 Zuhörern. Ein neues Kabinett unter Chapaprieta, das von der Ceda und der Agrarpartei gestützt wurde, konnte sich bis zum 10. Dezember 1935 halten. Nach dem Skandal um Nonbela verlangte Gil Robles, mit der Neubildung des Kabinetts betraut zu werden. Alcalá Zamora weigerte sich, dieser Forderung zu entsprechen und führte als Grund an, Gil Robles habe noch keine offizielle Erklärung darüber abgegeben, daß er die Republik unter allen Umständen erhalten werde. Der Staatspräsident übertrug statt dessen Pórtela die Macht, der sich nun angesichts der drohenden Haltung des Parlaments gezwungen sah, am 7. Januar 1936 die Cortes mit der CedaMehrheit aufzulösen. D i e V o l k s f r o n t . Die revolutionären Parteien rüsteten jetzt zum Kampf, und ihre eingeschüchterten Gegner, die Ceda, die Agrarpartei, die Radikalen, die Monarchisten und die katalanische regionalistische Lliga schlössen sich zusammen. Die betrogenen Volksmassen erhofften sich alles von den republikanischen Linksparteien. Diese wiederum waren fest entschlossen, um jeden Preis den Sieg an sich zu reißen, wobei ihnen jedes Mittel recht war. So verfolgten die Anhänger der Republikanischen Allianz, der Republikanischen Union, der Radikalsozialistischen Partei gemeinsam
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mit den Baskisdien Nationalisten, den Galicischen Regionalsten und den Katalanischen Separatisten ein und dasselbe Ziel. Nun ereignete sich wieder beinahe das gleiche, wie seinerzeit bei den Wahlen vom 14. April 1931 — nur daß man diesmal andere Konsequenzen zog. Die Gruppe der Rechtsparteien errang die Mehrheit, die absurde Fassung des Wahlgesetzes jedoch und die Dreistigkeit der Linken wirkten zusammen, um diesen den Sieg zuzuschanzen. Nodi vor dem Zusammentreten der Cortes forderten sie die Übernahme der Macht, und als sie dann die Regierung besetzt hatten, stand ihnen die Möglichkeit frei, die Akten, die für ihre Gegner sprachen, zu vernichten. Die erste Folge der Machtergreifung durch die Linksparteien war die Bildung eines Kabinetts Azaña. In einem zweiten Wahlgang blieb die Rechte in der Minderheit, und die geschaffene Lage war damit gefestigt. Alcalá Zamora wurde unter dem Vorwand, daß er die Cortes von 1933 unberechtigterweise aufgelöst habe, seines Amtes als Staatspräsident enthoben, und der Vizepräsident Martínez Barrios übernahm vorläufig seinen Posten. Die Urheber der Oktoberrevolution erhielten Straferlaß. Companys kehrte nach Katalonien zuück und wurde wieder Präsident der Generalidad. Die Sitzungen der Cortes ergaben ein wahrhaft schmähliches Bild. Bei den am 16. April 1936 stattfindenden Wahlen wurden die Volksvertreter ernannt, die dann ihrerseits den Präsidenten der Republik zu erwählen hatten. Am 10. Mai wurde dann Manuel Azaña gewählt, und zwei Tage später bildete Casares Quiroga ein Kabinett, das wohl für alle Zeiten in düsterster Erinnerung bleiben wird. Die Volksfront hatte die Macht ergriffen. In einer unerträglich gespannten Atmosphäre, die sich immer wieder entladen zu wollen schien, vergingen die Monate Mai und Juni. Man brauchte kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, daß Ereignisse bevorstanden, die das gesamte nationale Leben erschüttern mußten. Glücklicherweise waren immer noch Kräfte am Werk, die bemüht waren, der sozialen Zersetzung entgegenzuarbeiten und die herannahende marxistische Revolution zu bekämpfen. Am 29. Oktober 1933 hatte José Antonio Primo de Rivera, der Sohn des früheren Diktators, eine neue mächtige Partei ins Leben gerufen. Auf einer Versammlung im Komödienhaus war er als Redner aufgetreten und hatte sein Programm dargelegt. Damit war die „Falange Española" geschaffen, der bald darauf die „Jons" (Junta de Ofensiva Nacional Sindicalista) angegliedert wurde. José Antonio war von dem Wunsch beseelt, ein geeintes Spanien auf neuen Grundlagen zu errichten, das seiner historischen Sendung gemäß im Geiste seiner früheren machtvollen Größe leben sollte. Im November wurde der Führer der neuen Partei zum Abgeordneten gewählt, bald
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darauf jedoch wurde er schon von der Volksfront verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Nie wieder sollte er die Freiheit erlangen. Zur gleichen Zeit arbeitete eine Gruppe der gebildetsten Männer, unter ihnen Ramiro de Maeztu und Victor Pradera, die sich zur „Acción Española" zusammengeschlossen hatten, gegen die Machthalber der Republik. Mit ihnen befreundet war José Calvo Sotelo, der Führer des „Nationalen Blödes", dem die Monarchisten der „Renovación Española", die Traditionalisten und einige Unabhängige angehörten. Mit kühnen Worten hatte Calvo Sotelo im Parlament vom Jahre 1933 ab die Irrtümer und Mißgriffe der unseligen Führer der Linken kritisiert. Als bei einer Parlamentsdebatte am 16. Juni 1936 Calvo Sotelo sich scharf gegen die herrschende Anarchie wandte und die Notwendigkeit eines Staatsstreiches zur Verhütung des Chaos darlegte, antwortete ihm Casares Quiroga: „Ich mache Euer Hochwohlgeboren für die kommenden Ereignisse verantwortlich!" — „Und idi nehme diese Warnung zur Kenntnis", erwiderte Calvo Sotelo. „Meine Schultern sind b r e i t . . . Idi aber will jetzt meinerseits Euer Hochwohlgeboren die gleiche Antwort geben, die einst der heilige Domingo von Silos einem kastilischen König erteilte: Herr, das Leben könnt Ihr mir nehmen, mehr aber vermögt Ihr nicht!" Heute klingen uns diese Worte wie eine furchtbare Vorahnung dessen, was nun kommen sollte. In der Nacht vom 12. zum 13. Juli drang ein Trupp Sturmsoldaten unter einem Vorwand in das Haus José Calvo Sotelos ein und ermordete ihn hinterrücks. Durch ganz Spanien lief eine Woge des Schreckens und Abscheus. Nun galt es, keinen Augenblick mehr zu zögern. Die Bewegung, die für einen späteren Termin vorbereitet war, mußte sofort losbrechen. D i e F r e i h e i t s e r h e b u n g . Man mußte aufräumen mit dieser Krankheit, die Spanien zu ersticken drohte. Das Heer konnte die Beleidigungen und Demütigungen, denen es immer wieder ausgesetzt war, nicht mehr ertragen. Noch am 12. April 1936 waren die Soldaten und Offiziere anläßlich einer Parade zum Jahrestag der Republik öffentlich beschimpft worden. Am 18. April ermächtigten die Cortes die Regierung, die Pensionen der Offiziere außer Dienst, die man als Feinde des bestehenden Regimes ansah, zu streichen. Eine geheime Organisation die zwar militärischen Charakter hatte, der jedoch auch viele Zivilisten angehörten, bereitete eine bewaffnete Erhebung vor, die gleichzeitig in ganz Spanien losbrechen sollte. Die Ermordung Calvo Sotelos beschleunigte die Entwicklung der Dinge. Man wußte jetzt, daß die Kommunisten die rote Revolution vorbereiteten und hatte keine Zeit mehr zu verlieren. In den ersten Stunden des 19. Juli sollten sich schlagartig und gleichzeitig die Garnisonen in ganz Spanien erheben. In den wichtigen Großstädten wie Madrid, Barcelona, Valencia scheiterte der Versuch jedoch aus dein
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einen oder anderen Grund, und die Regierung konnte sich als Herr der Lage behaupten. In Altkastilien, einem großen Teil Andalusiens, Galiciens und Navarras dagegen bemächtigte sich das aufständische Heer der Regierungsstellen. Santander, die baskischen Provinzen, Katalonien, Valencia, Málaga und Almeria wurde eine Beute des Marxismus. Aus Afrika sollte die Rettung kommen, aus jener Pflanzschule tapferer Offiziere, die in Kämpfen gegen die Eingeborenen erprobt waren und jetzt mit den spanientreuen Muslim die Meerenge von Gibraltar überquerten, um Spanien von der Herrschaft der Gottlosen zu befreien. Von Lissabon aus kam General Sanjurjo in einem Flugzeug, um sich an die Spitze der Erhebung zu stellen, ein Unglücksfall jedoch machte bedauerlicherweise seinem Leben ein jähes Ende. Von den Kanarischen Inseln startete mit einem Flugzeug der General Francisco Franco, der nun auf der Pyrenäenhalbinsel die Leitung des bereits ausgebrochenen Krieges übernahm. Dem Heere hatten sich vom ersten Augenblick an die navarrischen Traditionalisten angeschlossen, deren tapfere Requetés von dem Tage an, an dem General Mola in Pamplona einen Aufruf erlassen hatte, in Scharen zu den Fahnen strömten. Aus Valladolid und anderen Städten und Ortschaften sandte die Falange ihre Hundertschaf ten nach Somosierra. Auf dem Alto de León kämpften die Männer der „Renovación Española", und in wenigen Tagen erstanden wie durch einen Zauber immer neue Soldaten und Regimenter. General Queipo de Llano sprühte von heldenhaftem Geist und rettete mit den geringen ihm zur Verfügung stehenden Streitkräften Sevilla. Gleichzeitig errangen General Varela in Cádiz und Oberst Carrasco in Córdoba den Sieg. Die ersten größeren Truppenkontingente formierten sich in Pamplona und Sevilla, und die andalusischen Truppen rückten gemeinsam mit den afrikanischen Legionären und den marokkanischen Hilfstruppen gegen Extremadura vor. Der Vormarsch ging rasch vonstatten: am 10. August fiel Mérida, und am 13. wurde Badajoz durch die Kolonnen des Oberst Yagüe erobert. Das Ergebnis dieser Erfolge war die nunmehr hergestellte Verbindung mit Portugal und die zwischen der Süd- und der Nordarmee. Inzwischen versuchte Mola die Verbindung zwischen den baskischen Provinzen und Frankreich abzuschneiden. Die navarrischen Requetés besetzten Oyarzun und Irún, und am 13. September zog Oberst Beorlegui als Sieger in San Sebastián ein. Von hier aus setzten die nationalen Truppen ihren Vormarsch fort und gelangten bis an die Linie des Devaflusses. Die Roten dagegen konnten bis zu diesem Zeitpunk nur einen einzigen militärischen Erfolg, die Einnahme von Guadalajara, aufweisen. Aranda in Oviedo, Moscardó im Alcazár von Toledo und die Besatzung des anda-
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lusisdien Heiligtums Santa María de la Cabeza verteidigten sich mit beispielloser Tapferkeit gegen die rote Übermacht. In einem Helden unserer Tage, dem Oberst Moscardó, wiederholte sich die Geschichte Guzmáns des Guten, des berühmten Verteidigers von Tarifa aus dem Jahre 1292. Auch Moscardó wollte lieber seinen Sohn opfern, der von den Roten hingemetzelt wurde, als den Alcazár von Toledo, den er für Spanien zu halten hatte, zu übergeben. Nach einer 68 Tage währenden Belagerung konnten am 28. September schließlich die Kolonnen des Generals Varela in Toledo eindringen und den schon beinahe in Trümmern liegenden Alcazár aus der roten Umklammerung befreien. Als Varela den Alcazár betrat, meldete sich Moscardó bei ihm mit den historisch gewordenen, in ihrer Schlichtheit erhabenen Worten: „Im Alcazár nichts Neues, Herr General!" Die galicischen Truppen des Obersten Martín Alonso konnten am 17. Oktober Oviedo zu Hilfe eilen, das Oberst Aranda mit nur 3500 Mann gégen tausende mit reichlichem Kriegsmaterial versehene asturische Bergarbeiter verteidigt hatte. In Gijón dagegen waren die heldenhaften Verteidiger der Simancaskaserne der Übermacht erlegen. Das Heiligtum von Santa María de la Cabeza hielt der Hauptmann Cortés. Er machte die unerhörtesten Anstrengungen, um den Widerstand so lange wie möglich auszudehnen, die nationalen Truppen konnten jedoch nicht bis dorthin durchdringen, und schließlich bemächtigten sich die Roten doch des Heiligtums und ermordeten die überlebenden Verteidiger. In den ersten Novembertagen näherten sich die Truppen Francos Madrid, und am 6. und 7. wurde bereits im Gebiet der Casa del Campo gekämpft. Schon war man bis zum Ufer des Manzanares vorgedrungen, und es bedurfte nur noch eines energischen Vorstoßes, um in die Straßen der Stadt selbst einzurücken. Da aber erschienen starke Streitkräfte der internationalen Brigaden auf den Plan, die eine Durchführung des Unternehmens ohne größtes Risiko unmöglich machten. Damit war der spanische Bürgerkrieg auf die Ebene einer internationalen Auseinandersetzung verschoben worden. Die beiden miteinander ringenden Weltanschauungen Europas sollten sich auf den Schlachtfeldern Spaniens im Kampfe messen. Die großen Demokratien, vertreten durch Frankreich, England und die Vereinigten Staaten, bewiesen ihre Sympathie für das rote, freimaurerische und bolschewistische Spanien, das sich der bedingungslosen Freundschaft Sowjetrußlands erfeute. Die Nationalisten dagegen hatten die totalitären Staaten Deutschland und Italien auf ihrer Seite. So kam es, daß auch die spanischen Truppen Francos von den Roten als „Faschisten" bezeichnet wurden. D a s n a t i o n a l e S p a n i e n . Vom 1. Oktober an hatten die nationalen Truppen einen Führer, den das Offizierskorps selbst auf diesen Posten geBallesteros, Spanien
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stellt hatte. Dieser Führer war der General Francisco Franco Bahamonte, der zum Generalissimus der Land-, Wasser- und Luftstreitkräfte und zum Staatschef Spaniens proklamiert worden war. Durch die jüngsten Eroberungen des nationalen Spaniens konnte er seine Stellung sichern und — wie ein Schriftsteller es ausdrückt — mit der Besetzung des Universitätsviertels einen Widerhaken in das Fleisch der Hauptstadt treiben. Man schritt jetzt zu einer regelrechten Belagerung Madrids und nützte die Wartezeit, um das Heer von Grund auf neu zu organisieren. Die Roten hatten inzwischen anläßlich ihrer von Bayo befehligten Expeditionen nach Mallorca eine schmähliche Niederlage erlitten, konnten jedoch Menorca und Ibiza halten. Uber den Kanarischen Inseln hingegen wehte das Banner der Nationalisten. Sein Hauptquartier schlug General Franco in Salamanca auf. Von dieser Stadt aus sollte der Rundfunk von jetzt ab jene nüchternen und wahrheitsgetreuen Wehrmachtsberichte veröffentlichen, die die Marksteine auf dem Wege dieser neuen Reconquista, dieses Kreuzzugs gegen die Feinde des wahren Spaniens, bildeten. Eine wertvolle Unterstützung bei der Durchführung des schwierigen Unternehmens war die Hilfe Deutschlands und Italiens. Im Februar 1937 konnten die nationalen Truppen einen glänzenden Sieg erringen. General Queipo de Llano, der die Südarmee befehligte, rückte mit Linientruppen, Falangisten und italienischen Legionären gegen Málaga vor und eroberte am 8. die Stadt. Im Anschluß an diesen Erfolg drangen die nationalen Truppen bei der Verfolgung der fliehenden Roten bis Motril vor. Die Einnahme Málagas, eines der wichtigsten Mittelpunkte des Marxismus in Spanien, mußte ein fühlbarer Schlag gegen die Roten sein und eine ungeheure Wirkung ausüben. Die entsetzte Regierung belegte denn auch ihre besiegten Heerführer mit schweren Strafen. Das nächste Ziel Francos war es, den Ring um Madrid enger zu schließen und die Verbindung zwischen der Hauptstadt und Valencia abzuschneiden. Zu diesem Zweck kam es zu mehreren Kämpfen auf der Tajuña- und der Jaramalinie; als man jedoch im März zu einer Generaloffensive ansetzte, hielt ein Gegenstoß des Feindes bei Brihuega den Angriff wieder auf. Unterstützt von starken internationalen Brigaden und großen Artillerie- und Luftstreitkräften begannen die Roten einen Gegenangriff und brachten den Vormarsch der nationalen Truppen zum Stehen. Das schlechte Wetter begünstigte die Bewegungen der Roten bei diesem Kampfe, der unter dem Namen der Schlacht bei Guadalajara bekannt wurde. Nun ging Franco daran, zunächst die noch von den Roten besetzten Gebiete im Norden des Landes zu befreien. Nach der Einnahme von Málaga hatten die Truppen der Madrider Regierung, die eine Vergeltung herbei-
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sehpten, mehrere heftige aber vergebliche Angriffe auf Oviedo unternommen. Der kriegserfahrene General Mola, der die Nordarmee befehligte, konnte durdi seine geschickten Manöver den Feldzug gegen die baskischen Autonomisten glücklich eröffnen. Weder die Großsprecherei des Präsidenten Aguirre noch der berühmte „eiserne Ring" konnten den Vormarsch der nationalen Truppen aufhalten. Unglücklicherweise kam Mola bald darauf bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Seinen Posten übernahm General Dävila. Die Roten wurden eingeschlossen, und am 19. Juni 1937 konnten die Truppen Francos Bilbao besetzen. Während die Marxisten in Richtung auf Santander flohen, bereiteten die roten Machthaber eine Offensive in Mittelspanien vor, um den Drude auf Madrid etwas zu lockern und den Vormarsch der Nationalen im Norden abzustoppen. Es kam zu der berühmten Schlacht bei Brunete, die die Einnahme Santanders zwar um vier Wochen hinauszögerte, jedoch mit einer Niederlage der Roten endete (24. Juli 1937). Im Norden wurde nun der Kampf wieder aufgenommen, und am 25. August wurde Santander befreit. Eine Unzahl baskischer Milizen streckte die Waffen, und eine wahre Woge flüchtender Truppen ergoß sich nach Asturien. Noch einmal versuchten die Roten, die Aufmerksamkeit der Nationalisten durch Angriffe auf aragonesischem Gebiet von dem Feldzug im Norden abzulenken. In heldenhaftem Ringen opferte sich die Besatzung von Beldiite, um Zaragoza zu retten und die Streitkräfte der Roten zum Stehen zu bringen. Bei den nun beginnenden harten Kämpfen in Asturien schickte Belarmino Tomas, der rote Diktator dieser Provinz, seine Bergarbeiter vor, konnte jedoch auch mit dieser Maßnahme nichts gegen den Ansturm der navarrischen Brigaden ausrichten. Als die Nationalisten in Villaviciosa eindrangen, brach die rote Front zusammen. Am 21. Oktober fiel Gijön. „Die Nordfront existiert nicht mehr", lautete der Wehrmachtsbericht. Franco bereitete einen neuen Angriff auf Madrid vor, als beunruhigende Nachrichten von einem Vormarsch der Roten gegen Teruel eintrafen. Es erwies sich als nötig, diesem Ort zu Hilfe zu kommen, der die heldenhaftesten Anstrengungen machte, um sich gegen die andrängenden gewaltigen Truppenkontingente der Roten zu verteidigen. General Varela eilte dorthin. Schon standen die Nationalisten unmittelbar vor der Stadt, in der eine Handvoll Menschen versuchte, sich einer ungeheuren Ubermacht zu erwehren, als ein Schneesturm die Befreiung verhinderte. Das Thermometer zeigte auf 19 Grad unter Null, und die Roten machten sich die Gelegenheit zunutze, um in den Vorstädten, in die sie bereits eingedrungen waren, ihren Angriff zu verschärfen und am 7. Januar schließlich die Stadt zu be35«
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setzen. Dies war der einzige Erfolg der Marxisten, den sie bald darauf teuer bezahlen sollten. Wie nicht anders zu erwarten war, verletzten sie die Kapitulationsbedingungen und begingen alle nur erdenklichen Greuel gegen die wehrlose Bevölkerung. D a s r o t e S p a n i e n . W i r würden die angsterfüllten und furchtbaren Jahre des spanischen Bürgerkriegs nicht verstehen können, wenn wir nicht noch einmal kurz erläutern wollten, wie denn eigentlich die rote Herrschaft in den von den Marxisten besetzten Teilen Spaniens aussah. Der Name „rote Revolution" ist in Wirklichkeit der geeignetste für diese Bewegung, denn ihre Maßnahmen gehören zu den blutrünstigsten, die die Geschichte kennt. Die Regierung ordnete Massenmorde an. So kennt man den Minister Giral als den moralischen Urheber des Blutbads unter den Matrosen von Cartagena. In Menorca wurden unzählige Artilleristen hingemetzelt, und in Madrid fielen die Verteidiger der MontanaKaserne der W u t der entfesselten Volksmenge zum Opfer. Da der politische Mord von den ersten Zeiten der roten Herrschaft an straffrei war, mußte sich die Zahl der Opfer bei den tragischen sogenannten „Spazierfahrten" von Tag zu Tag erhöhen. Es gab kein Recht mehr, das die den Rachegelüsten und der Parteiwut ausgesetzten Bürger beschützt hätte. Es war eine rein bolschewistische Revolution mit all ihren Schredcnissen. Unter den vielen Tschekas, die sich bildeten, genossen in Madrid vor allem diejenigen, die im Wirtschaftsministerium und im Madrider Kunstverein saßen, traurige Berühmtheit. Ungehindert tobte sich die „Morgenrotbrigade" aus, die sich ihre Opfer aus den Wohnungen herausholte, um sie niederzumetzeln oder zu berauben. Raub und Mord waren das Ziel der bis zum Irrsinn aufgepeitschten Verbrecherhorden, die die Straßen und das Leben des roten Spaniens und seiner Bewohner beherrschten. Die Morde gingen in die Tausende, und die tragische Geschichte des „Todeszugs", der Gefangene von Jaén nach der Hauptstadt befördern sollte, ist nur eine der vielen blutigen Episoden dieser Zeit. Unbeschreiblich ist die Rat- und Machtlosigkeit, mit der die Regierung diesen Übergriffen des Mobs gegenüberstand. Als das Kabinett Giral zurücktrat, kam Largo Caballero und damit der unverhüllte Kommunismus an die Macht. Die Roten waren wie besessen von der Idee des Krieges, und die Siege der Nationalisten erhöhten nur noch die W u t dieser Menschen, die eine Bestrafung ihrer Untaten fürchten mußten und daher ihre leitenden Männer immer wieder zu neuen sinnlosen Opfern veranlaßten. Als am 6. November 1936 die Truppen Francos vor Madrid erschienen, begab sich die Regierung Largo Caballeros nach Valencia und bildete hier den „Ausschuß zur Verteidigung Madrids", während sie die tatsächliche Verteidigung der Hauptstadt dem General Miaja überließ.
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Am 19. November 1936 wurde in Alicante der Gründer der Falange Española, José Antonio Primo de Rivera, von den Roten erschossen. In jenen grauenvollen Herbstmonaten häuften sich überall die politischen Morde. Abgeordnete, Aristokraten, Rechtsanwälte, Ärzte, Falangisten und dazu unzählige Mitglieder aller Berufe fielen Ende 1936 und Anfang 1937 der Wut ihrer Feinde zum Opfer. In Guipúzcoa ermordeten die Roten Victor Pradera und Honorio Maura. In Bilbao starben der Historiker Balparda und der Genealoge Quadra Salcedo. Bei dem Blutbad im ModeloGefängnis zu Madrid kamen Melquíades Alvarez und Martínez de Velasco, der Führer der Agrarpartei, ums Leben, und ebenfalls in Madrid fanden der Schriftsteller Ramiro de Maeztu, der Komödiendichter Muñoz Seca und Historiker wie der Jesuitenpater Zacarías García Villada und der Augustinerpater Zarco Cuevas den Tod. Unter den unzähligen ermordeten Mitgliedern des spanischen Adels erwähnen wir seiner Bedeutung wegen nur den Herzog von Veragua, Don Cristóbal Colón, der ein Nachkomme des Entdeckers der Neuen Welt war und jetzt den Horden seiner Gegner zum Opfer fiel, ohne daß die Vertreter der ibero-amerikanischen Republiken, die vergeblich bei der roten Regierung Einspruch erhoben, dies hätten verhindern können. Allein die Aufzählung der Namen all der bedeutenderen Opfer der Revolution wäre eine geradezu endlose Arbeit. Es scheint unerklärlich, wie eine derartig gespenstisdi-düstere Scheinregierung, die ihren Standort wechseln mußte und einem Staatspräsidenten unterstand, der in seiner Handlungsfreiheit gehemmt und ein Spielball der von Blut- und Geldgier angetriebenen Parteien mit ihren verschiedenen Süchten und Wünschen war, sich überhaupt halten konnte. Dieser stets von neuem prahlerisch herausgestrichenen, in Wirklichkeit aber lächerlichen Legalität leisteten Frankreich und England offene Unterstützung, die sich auch auf den von ihnen aufs stärkste beeinflußten Völkerbund in Genf erstredete, wo die rotspanische Regierung vertreten war, während die nationalistische selbstverständlich weder Sitz noch Stimme hatte. Redinen wir hierzu das tatsächliche Eingreifen Rußlands, dem die Führung der kommunistischen Parteien Spaniens ganz offensichtlich unterstand und das neben Miaja in Madrid seine eigenen militärischen Befehlshaber unterhielt, so haben wir die Gründe für die Verlängerung des Widerstandes und die einzelnen Elemente des antispanischen Kräftekomplexes, der drei Jahre hindurch der heldischen Begeisterung des nationalen Spaniens entgegenwirkte. Auch in Valencia erhielt die rote Regierung den Schein der Legalität durch die Einberufung der Cortes aufrecht. In der „Lonja" versammelte sich diese Versammlung der Volksvertreter, deren Minderheit entweder durch einen gewaltsamen T o d ausgelöscht war oder aber freiwillig fern-
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blieb, um nicht ein gleiches Schicksal wie ihre Gesinnungsgenossen zu erdulden. In den öffentlichen Bekanntmachungen wurde auch weiterhin mitgeteilt, daß der „Alarmzustand" andauere — eine groteske Erklärung, mit der die Unwirklichkeit der roten Regierungseinrichtungen durchaus im Einklang stand. Largo Caballero wurde durch den nun folgenden Ministerpräsidenten Dr. Negrin abgelöst, der Indalecio Prieto mit den Geschäften des Verteidigungsministeriums betraute. Prieto wollte nun ein regelrechtes Heer auf die Beine stellen, indem er auf Disziplin drang, die Befehlsstellen erfahrenen Militärs übertrug und nach Möglichkeit die politischen Kommissare, die nur Unruhe in die Feldlager trugen, ausschaltete. Ihm lag daran, mit den Anarchisten urtd den sogenannten „Trotzkisten" aufzuräumen und die Vereinigung der syndikalistischen Kräfte weitestgehend zu unterstützen. Die Straßen Barcelonas wurden so zum Kampfplatz der Kommunisten und Anarchisten, und General Pozas sollte den letzteren, die in großen Scharen fielen, ein tapferer Führer sein. Mit reichlichem Kriegsmaterial und 450 000 Mann bereitete Prieto den Sturm auf Teruel vor, dessen in den Staatskanzleien der Demokratien schon lange vorher angekündigte Einnahme den Ruf der rotspanischen Regierung im Ausland wieder heben sollte. Während diese Dinge sich ereigneten, fanden diejenigen Anhänger der Ordnung, die dem Massenschlachten hatten entrinnen können, eine Zuflucht in den Gebäuden der Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate, die Tausende von Menschen aufnahmen und ihnen auf diese Weise das Leben retteten. Die Tsdiekas übten ihr Henkeramt weiter, und die Gefängnisse füllten sich mit Häftlingen, die den kommunistischen Machthabern irgendwie verdächtig erschienen. D e r E n d s i e g . Schon seit einigen Monaten hatte die rote Regierung ihren Sitz in Barcelona aufgeschlagen. Es lag ihr jetzt daran, den Erfolg von Teruel wahrzunehmen, doch gerade dieser Erfolg sollte sich- als ein Pyrrhussieg erweisen. Die Nationalisten holten zum Gegenschlag aus, und noch im Januar 1938 begann die Umzingelung der roten Truppen von Teruel. Am 1. Februar begann die Schlacht bei Alfambra. Nach sechzig Tagen beinahe unaufhörlichen Ringens führte der Vorstoß der Nationalisten schließlich zu einer ernsten Niederlage ihrer Gegner. Die Stadt Huesca war bereits seit August 1936 einer hartnäckigen Belagerung durch die Roten ausgesetzt, und es mußte fast wie ein Wunder erscheinen, daß sie bisher immer noch nicht dieser Bedrückung erlegen war. Der große aragonesische Feldzug sollte nun auch dieser Stadt, die bis dahin durch den Mut ihrer Einwohner gehalten worden war, die Freiheit bringen.
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Die Nordarmee wurde nun neu organisiert. Den Oberbefehl übernahm General Dávila, dem der General Vigón als Generalstabschef beigeordnet wurde. Im einzelnen waren die führenden Posten innerhalb der Armee Francos so verteilt, daß General Solchaga die Front in Navarra befehligen sollte und Moscardó den Vormarsch in Aragón leitete. Yagüe unterstanden die marokkanischen Truppen, Aranda das galicische Heer, Garcia Escamez führte die Verbindungsdivision und García Valiño die sogenannte „autonome Division". Z u diesen spanischen Truppen kamen noch die ausländischen Freiwilligen unter General Berti. Die Bewegungen richteten sich jetzt auf das Mittelmeer, dem man in unaufhaltsamem Vormarsch näherrückte. Am 17. März 1938 erstürmte das marokkanische Korps Caspe. Barbastro fiel am 18. März, nachdem vorher Huesca von der roten Umklammerung befreit worden war. Die Sieger in diesen Kämpfen waren die tapferen Soldaten der navarrischen Armee, die Oberaragón zurückeroberten und in Katalonien eindrangen. Moscardó konnte inzwischen mit seinen aragonesischen Truppen bis Balaguer vordringen und Yagüe mit den Marokkanern sich nach Überwindung des hartnäckigen Widerstands der Roten am 3. April der Stadt Lérida bemächtigen. García Valiño stieß im Verein mit den Legionären der Division Littorio und den Bataillonen der „Schwarzen Pfeile" sowie der „Blauen Pfeile" gegen Gandesa und Tortosa vor. Am Karfreitag, dem 15. April, eroberte der General Antonio Aranda Vinaroz. N u n konnten die Soldaten Francos bereits das Mittelmeer erblicken. Die Operation fand ihren Abschluß mit der Besetzung von Amposta, San Carlos de la Rápita, den Vororten von Tortosa und dem rechten Ebroufer. Doch immer noch wurde mit größter Erbitterung weitergekämpft. An den Fronten von Tremp und Balaguer gingen die Roten zum Gegenangriff über, während an der Levanteküste und in der Provinz Teruel das Ringen die Monate Mai und Juni hindurch ohne Unterbrechung andauerte. Am 14. Juni hielten die Truppen Arandas und die maurischen Streitkräfte siegreichen Einzug in die Stadt Castellón. Unentwegt bemühten sich die Nationalisten um die Eroberung der Straßen nach Sagunt und Segorbe. Eine unerwartete Offensive der Südarmee verfolgte den Zweck, die Umklammerung der feindlichen Truppenteile bei Don Benito und La Serena noch enger zu gestalten. Die Operation begann am 19. Juli und hatte vollen Erfolg: rund 3000 Quadratkilometer Land wurden auf diese Weise wieder dem Feinde entrissen. Am 15. Juli 1938 unternahm das marxistische Heer gemäß den Plänen seines Generals Vicente Rojo einen letzten Versuch. Es überschritt den
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Ebro, durchbrach die vordersten Linien der Nationalisten, konnte seine gesiedeten Ziele jedodi nicht erreichen. Die Nationalisten konnten sich wieder sammeln und ihre Front befestigen. Nun begann ein langwieriger Kampf, bei dem sich die Roten immer wieder verausgaben mußten, und der den Endsieg der Truppen Francos vorbereiten sollte. Die Monate September und Oktober hindurch wurde besonders hart gekämpft. Mit nicht zu überbietender Hartnäckigkeit rang man um jeden Fußbreit Boden und um jeden kleinsten Hügel. Am 24. Oktober brach dann die Gegenoffensive der Nationalisten los. Die Roten wurden über den Ebro zurüdegedrängt. Am 20. November endlich endete die gewaltige Schlacht mit einer beinahe vollständigen Vernichtung des roten Heeres, das 80 000 Mann verloren hatte. Am Segrefluß und in Extremadura war der Kampf jedoch noch nicht zu Ende. Die Nationalisten konnten jetzt noch einen weiteren Teil dieser Provinz besetzen und näherten sich dem Bergwerksgebiet von Almadén. Der entscheidende Schlag aber wurde in Katalonien geführt. Die Operationen begannen im September 1938, und am 23. Dezember brach schließlich auch die rote Front in Katalonien zusammen, so daß die Nationalisten bis an das Meer vordringen konnten. Am 14. Januar eroberten die Navarrer zusammen mit den Legionärtruppen Tarragona. Nachdem am folgenden Tage Yagüe mit seinen Marokkanern noch zu ihnen gestoßen war, rückte man gegen Barcelona vor, das am 26. Januar 1939 besetzt wurde. Damit war der Krieg so gut wie beendet. Die rote Regierung von Barcelona, an deren Spitze Negrin stand, war zusammengebrochen. In blinder Angst flohen die Roten über die französische Grenze, indem sie bis zum letzten Augenblick ihres Aufenthalts in Spanien Greueltaten und Verbrechen begingen. Auch Azaña, der Präsident der roten Republik, der im Montserrat seine Zelte aufgeschlagen hatte, konnte sich rechtzeitig über die französische Grenze in Sicherheit bringen. Das Vordringen der Nationalisten war nun durch nichts mehr aufzuhalten. Ihr Marsch zur Grenze kam einem Truppenmanöver gleich: am 5. Februar war man in Gerona, am 8. in Figueras und am 9. an der Grenze bei Perthus. Alles deutete jetzt darauf hin, daß der Endangriff bevorstand. Die Kommunisten unter Negrin wollten immer noch Widerstand leisten, obgleich Azaña, der Präsident der rotspanischen Republik, von seinem Zufluchtsort, der spanischen Botschaft in Paris, aus seinen Rücktritt bekanntgegeben hatte. Martínez Barrios hatte den Mut, diesen zweifelhaften Präsidentenposten zu übernehmen und mit der Scheinautorität des ständigen Cortes-Ausschusses zu regieren. Frankreich und England beeilten sich
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jetzt, ihren früheren Irrtum gutzumachen und sdinellstens die Regierung von Burgos anzuerkennen. Die Verwirrung im Lager der Roten war so ungeheuer, daß Negrin sich gezwungen sah, nach Madrid zu fliegen, um dort seine Parteigenossen zur Weiterführung des Kampfes zu ermuntern. Die Massen waren von einer ständig wachsenden Demoralisierung ergriffen. Vergebens versuchten die Führer der Roten in Cartagena, in Valencia und in Madrid wieder eine Front aufzubauen, überall stießen sie auf Ablehnung und Opposition. Martínez Barrios ging noch einmal nach Valencia und verschwand dann aus Spanien. Für einen kurzen Augenblick war diese zusammenstürzende Republik so weit gesunken, daß man die kommunistische Propagandarednerin Dolores Ibarruri, die berüchtigte „Pasionaria", zur Präsidentin ernannte. Als dann in Cartagena ein kommunistischer Aufstand ausbrach, entschloß sich in Madrid der Oberst Segismundo Casado, den Kampf gegen den Kommunismus in der Hauptstadt selbst aufzunehmen. Zu ihm gesellte sich Julián Besteiro, und nun bildete man gemeinsam einen „Madrider Verteidigungsrat". Im März tobte der Kampf in den Straßen Madrids. Acht Tage lang rangen die Kommunisten unter dem Kommandanten Barceló mit den Anarchisten Casados, bis schließlich das Eingreifen der anarchistischen Division Cipriano Meras die Lage zugunsten des „Verteidigungsrates" entschied. Diese Division kam von der Guadalajarafront und konnte in Madrid einrücken, ohne irgendwelchen Angriffen von seiten der Nationalisten ausgesetzt zu sein, da man hier nur die Entwicklung des Kampfes innerhalb Madrids abwarten wollte, um dann selbst den entscheidenden Schlag zu führen. Am 20. März erklärte Casado sich bereit, mit der Regierung von Burgos zu paktieren. Man antwortete ihm, man fordere eine bedingungslose Unterwerfung. Am 26. März fand die Endoffensive Francos statt. Alle Fronten der Roten brachen zusammen. Am 28. forderten die Madrider Falangisten die nationalistischen Truppen, die im Universitätsviertel standen, zum Einmarsch in die Hauptstadt auf. Kampflos öffneten jetzt die Städte ihre Tore, und die verzweifelten Roten flohen in die Hafenstädte oder gerieten in Gefangenschaft. Am 1. April lautete der Wehrmachtbericht von Burgos: „Heute haben unsere siegreichen Truppen nach der vollständigen Niederwerfung und Entwaffnung des roten Heeres ihre Endziele erreicht. Der Krieg ist beendet."
ZEITTAFEL 11. Jahrh. v. Chr. : Auftaudien der Phönizier an den Küsten Iberiens. 1050v. Chr. (gegen): Die Tyrer gründen Cadir (Cádiz). 750 v. Chr. : Erwähnung der Pyrenäenhalbinsel in den Dichtungen Hesiods. 630 v. Chr. : Landung des griechischen Kaufmanns Kolaios in Tartessos. Beginn der griechischen Kolonisation. 6. Jahrh., Ende: Gründung der Stadt Ampurias durch die Griechen. 600 v. Chr. : Vermutliches erstes Auftauchen der Kelten auf der Pyrenäenhalbinsel. 500 v. Chr. : Besetzung spanischer Küstenstreifen durch die Karthager. 400 v. Chr. : Vertreibung der Iberer aus der Provence und ihr Einbruch auf der Halbinsel. 400—230 v. Chr.: Kämpfe zwischen Iberern und Kelten. 229 v. Chr.: Hamilkar fällt in der Schlacht bei Heiice (Elche). 221 v.Chr.: Die Brüder Gnaeus und Publius Scipio fallen in Spanien im Kampf gegen die Truppen Hannibals. 219 v. Chr.: Der Fall Sagunts. Beginn des 2. Punisdien Krieges. 210v.Chr.: Scipio Africanus erobert Neukarthago (Cartagena). 206 v. Chr. : Das Ende der Karthagerherrschaft auf der Pyrenäenhalbinsel. 197 v. Chr. : Einrichtung der römischen Provinzen Hispania Citerior und Hispania Ulterior. 179v.Chr.: Tiberius Sempronius Gracchus unterwirft Keltiberien. 178—154v. Chr.: Tiberius Semporius Gracchus, Prätor. 154—139 v. Chr.: Aufstände der Lusitaner unter Viriathus. 153,23. August: Der Keltiberer Caros schlägt bei Rituerto den Konsul Quintus Fulvius Nobilior. 133 v. Chr.: Der Fall von Numantia. 80—72 v.Chr. : Die Lusitaner und Keltiberer kämpfen unter Sertorius gegen Rom. 45 v. Chr. : Cäsar besiegt die Söhne des Pompejus in der Schlacht bei Munda. 25—19 v. Chr.: Die Kantabrer und Asturer werden von Augustus unterworfen. 74 n. Chr. : Kaiser Vespasian verleiht der Halbinsel das latinische Bürgerrecht. 98: Nerva doptiert den Spanier Marcus Ulpius Trajanus. 117: Trajan, der „Restitutor Hispaniae" stirbt. 256: Erster Einfall der Franken in Spanien. 409: Einbruch der Sueben, Vandalen und Alanen in Spanien. 415: Die Westgoten dringen unter König Athaulf in Katalonien ein. 467—485: Regierungszeit des Westgotenkönigs Euridi. Die Westgoten besetzen den größten Teil der iberischen Halbinsel. 507: Alaridi II. fällt in der Schlacht bei Vouglé. 567—586: König Leowigild. Unterwerfung der Sueben. 589: Rekkared bekehrt sich zum katholischen Glauben. 642—653: Kindasvinth. VII. Konzil von Toledo.
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6 5 3 — 6 7 2 : Rekkesvinth. Ausbau der gotischen Gesetzgebung. 6 7 2 — 6 8 1 : Wamba. Unterwerfung der Vaskonen. Unterdrückung eines Aufstandes in Septimanien. 7 0 1 — 7 0 9 : Egika. 7 1 1 : Die Araber unter Tarik besiegen am Salado den letzten Westgotenkönig Roderidi. 7 1 2 — 7 1 3 : Der Kalif Musza unterwirft Spanien. 7 1 8 : Schlacht bei Covadonga. König Pelayo siegt über die Muslim. Entstehung des Königreichs Asturien. 7 3 9 — 7 5 7 : Alfons I., der Katholische, von Asturien. Besetzung von Astorga und León. 7 5 7 — 7 6 8 : Fruela I. von Asturien. Gründung der Stadt Oviedo. Eroberung Galiciens durch die Christen. 7 8 8 — 7 9 6 : Abdarradiman I. Gründung des selbständigen Reiches von Córdoba. 7 7 8 : Rüdezug Karls des Großen aus Spanien, Treffen bei Roncesvales. 7 8 9 — 8 4 2 : Alfons II., der Keusche, von Asturien. Ausdehnung der christlichen Herrschaft bis zum Duero. 7 9 6 — 8 2 2 : Hakam I. Unterdrückung eines Aufstandes in Córdoba. 8 0 1 : Ludwig der Fromme erobert Barcelona. Entstehung der „Spanischen Mark". 8 2 2 — 8 5 2 : Abdarradiman II. Verfolgungen gegen die Mozaraber. 8 4 2 — 8 5 0 : Ramiro I. von Asturien. Schlacht bei Clavijo. Beginn des Santiagokultes. 8 5 0 — 8 6 6 : Ordoño I. von Asturien. Die Normannen tauchen an den Küsten Asturiens auf und werden zurückgeschlagen. 8 5 2 — 8 8 6 : Muhammed I. Beginn des Niedergangs des Emirats. Kämpfe gegen Hafszun. 8 6 6 — 9 1 0 : Alfons III., der Große, von Asturien. Eroberung Lusitaniens. 8 7 4 — 8 9 8 : Wifred der Behaarte, der erste unabhängige Graf von Barcelona. Eroberung von Ripoll, Montserrat und der Grafschaft Manresa. 9. Jahrh., Mitte: Gründung des Königreichs Pamplona durch Iñigo Arista. 9 0 5 — 9 2 5 : Sancho Garcés I., der Große, von Navarra. Niederlage der Christen bei Valdejunquera. 9 1 2 — 9 6 1 : Abdarradiman III., Begründung der Größe Córdobas. 9 1 4 — 9 2 4 : Ordoño II. von León. 9 1 7 : Ordoño II. besiegt Abdarradiman III. bei San Esteban de Gormaz. 9 2 5 : Verlegung der Hauptstadt Asturiens von Oviedo nach León. Entstehung des Königreichs León. 9 2 5 — 9 7 0 : García Sánchez I. von Navarra. 9 2 9 : Abdarradiman III. läßt sich zum Kalifen von Córdoba ausrufen. 9 3 2 — 9 7 0 : Fernán González, der erste unabhängige Graf von Kastilien. 9 4 7 — 9 9 2 : Borrell II. Graf von Barcelona. Kämpfe um Barcelona. 9 5 6 — 9 6 6 : Sancho der Dicke von León. 961 — 9 7 6 : Hakam II. Höhepunkt der maurischen Kultur in Spanien. 9 7 0 — 9 9 4 : Sancho Garcés II., der „Riemensdiuh" von Navarra. 9 7 0 — 9 9 5 : Garci Fernández, Graf von Kastilien. 9 9 5 — 1 0 1 7 : Sancho García, Graf von Kastilien. Zug nach Córdoba.
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9 9 9 — 1 0 2 8 : Alfons V. von León. 1 0 0 0 — 1 0 3 5 : Sandio Garcés, der Große, von Navarra. Erweiterung Navarras bis zum Ebro, Erwerbung der Grafschaft Kastilien. 1002: Sieg der Christen gegen die Mauren bei Calatañazor. 1 0 1 7 — 1 0 2 8 : García, letzter Graf von Kastilien. 1 0 1 8 — 1 0 3 5 : Berenguer I., der Krumme, Graf von Barcelona. 1020: Das Konzil von León. Reform des mozarabisdien Ritus durch die Klüniazenser. 1031: Der letzte Kalif aus der Familie der Umaijaden, Hischam III. wird gestürzt. 1 0 3 5 — 1 0 6 5 : Ferdinand I., der Große, erster König von Kastilien. Maurische Könige werden tributpflichtig. 1 0 3 5 — 1 0 6 3 : Ramiro I., erster König von Aragón. Ausdehnung der christlichen Herrschaft bis zum Ebro. 1 0 3 5 — 1 0 7 6 : Ramón Berenguer I., der Alte, Graf von Barcelona. Veröffentlichung der „Usatges". 1050: Konzil von Coyanza. 1 0 6 0 — 1 0 9 6 : Bau der Wallfahrtskirche in Santiago de Compostela. 1063: Ramiro I. fällt vor den Mauern von Graus. 1 0 6 3 — 1 0 9 4 : Sandio Ramírez von Aragón. Eroberung von Barbastro und Monzón. 1 0 6 5 — 1 0 7 2 : Sancho II., der Starke, von Kastilien. Eingliederung des Königreichs León durch Kastilien. 1 0 7 2 — 1 1 0 9 : Alfons VI. von Kastilien und León. 1076: Sancho der Edle von Navarra wird von seinen Geschwistern ermordet. 1 0 7 6 — 1 0 9 2 : Berenguer Ramón II., Graf von Barcelona, der „Brudermörder". 1085: Alfons VI. besiegt Al-Kadir von Toledo. 1086: Jussuf kommt mit den Almoraviden auf die Pyrenäenhalbinsel und schlägt die Christen bei Zalaca. 1094: Der Cid zieht in Valencia ein. 1 0 9 4 — 1 1 0 4 : Peter I. von Aragón. Schlacht bei Alcoraz. 1095: Entstehung des Königreichs Portugal. 1 0 9 6 — 1 1 3 1 : Ramón Berenguer III., der Große, Graf von Barcelona. Die Almoraviden werden vor Barcelona zurückgeschlagen. 1 1 0 4 — 1 1 3 4 : Alfons I., der Kämpfer, von Aragón. 1 1 0 9 — 1 1 2 6 : Urraca von Kastilien. Innere Unruhen. 1118: Alfons, der Kämpfer, erobert Zaragoza und macht es zur Hauptstadt von Aragón. 1 1 2 6 — 1 1 5 7 : Alfons VII. von Kastilien, der „Kaiser von ganz Spanien". Eroberung Zaragozas. , 1 1 3 2 — 1 1 6 2 : Ramón Berenguer IV. von Aragón und Barcelona. Einnahme von Tortosa und Lérida. Vertreibung der Mauren aus Katalonien. 1 1 3 4 _ 1 1 3 7 : Ramiro II. von Aragón. Abtrennung Navarras von Aragón. 1 1 3 4 — 1 1 5 0 : García Ramírez von Navarra. Kämpfe gegen Kastilien und Barcelona. 1138: Affonso Enriques von Portugal besiegt die Muslim bei Ourique. 1140 (um): Entstehung des spanischen Nationalepos „Cantar del Mío Cid". 1147: Die Almoraviden werden durch die Almohaden abgelöst. 1 1 5 0 — 1 1 9 4 : Sancho, der Weise, von Navarra. Gründung der Stadt Vitoria.
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1 1 5 6 : Gründung des Alcántaraordens. 1 1 5 8 : Gründung des Calatravaordens. 1 1 5 8 — 1 2 1 4 : Alfons VIII. von Kastilien. 1 1 6 2 — 1 1 9 6 : Alfons II., der Keusche, von Aragón. Endgültige Vereinigung von Katalonien und Aragon. 1 1 7 7 : Alfons VIII. von Kastilien erobert Cuenca. 1 1 7 7 : Gewinnung der Grafschaft Roussillon. 1 1 9 4 — 1 2 3 4 : Sancho, der Starke, von Navarra, vom Papst anerkannter König. 1 1 9 5 : Alfons VIII. von Kastilien wird von den Berbern bei Alarcos geschlagen. 1 0 9 6 — 1 2 1 3 : Peter II., der Katholische, von Aragón. 1 2 1 2 : Alfons VIII. von Kastilien und Peter II. von Aragón erringen bei Navas de Tolosa einen entscheidenden Sieg über die Almohaden. 1 2 1 3 : Peter II. von Aragon fällt in der Schlacht bei Muret. 1 2 1 3 — 1 2 7 6 : Jakob I. von Aragón. 1 2 1 7 — 1 2 5 2 : Ferdinand III. von Kastilien. 1 2 2 1 : Bau der Kathedrale von Burgos. 1 2 2 9 : Abfahrt der aragonesischen Expedition zur Eroberung Mallorcas. 1 2 3 0 : Vereinigung von Kastilien und León unter Ferdinand III. 1 2 3 2 : Jakob I. von Aragón erobert Menorca. 1 2 3 4 : Beginn der Regierungszeit des Hauses Champagne in Navarra. 1 2 3 5 : Der Erzbisdiof von Tarragona erobert für Jakob I. von Aragón Ibiza. 1 2 3 6 : Ferdinand III. von Kastilien erobert Córdoba. 1 2 3 8 : Jakob I. von Aragón nimmt Valencia ein. 1 2 4 4 : Kastilien und Aragón schließen den Vertrag von Almizra. 1 2 4 5 : Sancho, „der Kardinalshut", von Portugal, wird auf dem Konzil von Lyon abgesetzt. 1 2 4 6 : Ferdinand III. von Kastilien nimmt Jaén. D e r König von Granada wird Ferdinand tributpflichtig. 1250 (um): D e r Stamm der Banu-Merin erscheint auf der Pyrenäenhalbinsel. 1 2 5 0 — 1 3 0 0 : Entstehung der spanischen Kunstprosa. 1 2 5 2 — 1 2 8 4 : Alfons X . , der Weise, von Kastilien. 1 2 5 8 : Jakob I. von Aragón und Ludwig der Heilige von Frankreich schließen den Vertrag von Corbeil. 1263: Alfons X . von Kastilien erobert Murcia. 1 2 6 5 : Alfons X . erobert Cádiz. 1 2 6 5 : D e r Adel von Aragón zwingt Jakob I. auf den Cortes von Egea zur Anerkennung seiner Privilegien. 1 2 7 6 — 1 2 8 5 : Peter III. von Aragón. 1 2 8 2 : Peter III. wird König von Sizilien. 1 2 8 3 : Peter III. erkennt auf den Cortes von Zaragoza das Privileg der „Unión" an. 1 2 8 4 — 1 2 9 5 : Sancho IV., der Kühne, von Kastilien. 1 2 8 5 — 1 2 9 1 : Alfons III. von Aragón. 1 2 9 1 : Vertrag von Tarascón über die Rückgabe Siziliens an den Heiligen Stuhl. 1291 — 1 3 2 7 : Jakob II. von Aragón. 1 2 9 2 : Kämpfe der Kastilier um Tarifa. Guzmán „der Gute".
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1295—1312: Ferdinand IV. von Kastilien. 1295: Jakob II. von Mallorca gewinnt mit Hilfe des Heiligen Stuhls seinen Thron zurüdc. 1295: Frieden von Anagni. Der Papst hebt den Bannspruch gegen Aragón auf. 1302: Ehevertrag zwischen Prinz Fadrique von Sizilien und einer Prinzessin von Anjou. 1305: Die aragonesisdien Truppen unter Roger de Flor unterstützen den Kaiser von Konstantinopel in den Kämpfen gegen die Türken. 1309: Ferdinand IV. von Kastilien erobert Gibraltar. 1312—1350: Alfons XI. von Kastilien. 1321: Tod Marias der Großen von Kastilien. 1324: Aragón ergreift Besitz von Sardinien. 1325: Jakob II. von Aragón bestätigt das Privileg der „Unión" auf den Cortes von Zaragoza. 1327—1336: Alfons IV. von Aragón. Krieg mit Genua. 1328: Philipp von Evreux besteigt den Thron von Navarra. 1336—1387: Peter IV. von Aragón. 1340: Alfons XI. von Kastilien besiegt die Marokkaner am Salado. 1344: Algeciras ergibt sich dem König von Kastilien. 1347: Die „Unión" zwingt Peter IV. von Aragón auf den Cortes von Zaragoza zur Anerkennung ihres Privilegs. 1348: Peter IV. schlägt die Truppen der „Unión" bei Epila. 1348: Alfons XI. von Kastilien veröffentlicht das „Ordenamiento de Alcalá". 1350—1369: Peter I. von Kastilien. 1352: Peter IV. von Aragón besiegt im Bündnis mit Venedig die genuesische Flotte in den Gewässern von Konstantinopel. 1367: Peter I. von Kastilien besiegt mit Hilfe des „Schwarzen Prinzen" die Truppen Heinrichs von Trastamara bei Nájera. 1369: Heinrich von Trastamara ermordet Peter I. von Kastilien. 1369—1379: Heinrich II. von Kastilien. Thronstreit mit dem Herzog von Lancaster. Bündnis mit Frankreich. 1379—1390: Johann I. von Kastilien. 1385: Johann I. wird von den Portugiesen bei Aljubarrota besiegt. 1387—1395: Johann I. von Aragón. Kirchenspaltung. 1388: Johann I. von Kastilien und der Herzog von Lancaster schließen den Frieden von Bayonne. 1390—1406: Heinrich III. von Kastilien. 1395—1410: Martin I. von Aragón. Unterdrückung der Aufstände in Sardinien. 1.402: Der Graf von Bethencourt unternimmt im Auftrag Heinrichs III. von Kastilien von La Rochelle aus eine Expedition zur Eroberung der Kanarischen Inseln. 1402—1506: Bau der Kathedrale von Sevilla. 1406—1454: Johann II. von Kastilien. 1412: Der Schiedsspruch von Caspe: Ferdinand von Antequera wird zum König von Aragón gewählt. 1412—1416: Ferdinand I. von Aragón. Waffenstillstand mit Genua.
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1415: Die Portugiesen erobern Ceuta. 1416—1458: Alfons V. von Aragón. 1420: Johanna II. von Neapel ruft Alfons V. zu Hilfe gegen Ludwig III. von Anjou. 1423: Der Gegenpapst Benedikt XIII. stirbt in Peñíscola. 1425: Johann II. von Aragón wird König von Navarra. 1431: Die Kastilier besiegen die Mauren von Granada bei Higuerela. 1435: Tod Ludwigs III. von Anjou und Johannas II. von Neapel. 1442: Alfons V. von Aragón erobert das Königreich Neapel. 1445: „Cancionero de Baena", Sammlung kastilisdier Lyrik. 1449: Alfons V. von Portugal besiegt seinen Onkel Pedro in der Schlacht bei Alfarrobeira. 1451: Karl von Viana gerät bei Aibar in die Gefangenschaft seines Vaters Johanns II. von Aragón. 1453: Der Günstling Johanns II. von Kastilien, Alvaro de Luna, wird in Valladolid hingerichtet. 1454—1474: Heinrich IV. von Kastilien. 1458—1479: Johann II. von Aragón. 1461: Karl von Viana stirbt in Barcelona. 1462 : Die Christen vertreiben die Mauren aus Gibraltar. 1466: Abul Haszan wird Sultan von Granada. 1467: Heinrich IV. von Kastilien besiegt bei Olmedo die aufständischen Adligen seines Reiches. 1468: Heinrich IV. erklärt im Kloster der „Stiere von Guisando" seine Schwester Isabella zur Nachfolgerin und Thronerbin. 1469, 18. Oktober: Heirat Isabellas von Kastilien und Ferdinands von Aragón in Valladolid. 1471: Alfons V. von Portugal erobert Tanger und andere Plätze in Afrika. 1474, Dezember: Isabella die Katholische wird in Segovia zur Königin von Kastilien proklamiert. 1476, 2. M ä r z : Ferdinand der Katholische besiegt bei Peleagonzalo Alfons V. von Portugal. 1478: Papst Sixtus IV. verfügt die Schaffung des Inquisitionsgerichts in Spanien. 1479: Ferdinand der Katholische besteigt den Thron von Aragón. 1479: Ferdinand besiegt bei Albuera den Rest der portugiesischen Truppen. 1481—1492: Der Krieg um Granada. 1482: Das Katholische Königspaar erlangt vom Papst das Recht, die spanischen Bischofsstühle zu besetzen. 1483: Die Niederlage der Kastilier gegen die Mauren von Granada im „Todestal". 1484: Diogo Cao entdeckt den Kongo. i 4 8 6 : Bartholomäus Díaz umsegelt das Kap der guten Hoffnung. 1486 (Frühjahr): Erstes Zusammentreffen zwischen Kolumbus und dem Katholischen Königspaar in Córdoba. i486: Begründung der „Heiligen Bruderschaft" (Santa Hermandad). 1487: Die Christen dringen in Vélez-Málaga ein und zwingen Málaga zur Kapitulation.
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1 4 8 8 — 1 4 9 6 : San Gregorio in Valladolid wird erbaut. 1489: Die Städte Almeria und Guadix ergeben sidi kampflos den Kastiliern. 1492, 2. Januar: Die Christen ziehen in Granada ein. Ende der Reconquista. 1492, 17. April: Das Katholische Königspaar schließt in Santa Fe einen Vertrag mit Kolumbus. 1492, 31. Mai: Ausweisung der spanischen Juden. 1492, 22. August: Die drei Karavellen des Kolumbus stechen in Palos de Moguer in See. 1492, 12. Oktober: Entdeckung Amerikas. 1493: Kolumbus kehrt von seiner ersten Reise nach Spanien zurück. 1493: Ferdinand der Katholische schließt mit Karl VIII. von Frankreich den Vertrag von Barcelona. 1494, 7. Juni: Vertrag von Tordesillas: Die Demarkationslinie zwischen dem spanischen und dem portugiesischen Eroberungsgebiet wird festgelegt. 1495: Ferdinand II. von Neapel wird bei Seminara von den französischen Truppen geschlagen. 1496: Gonzalo de Córdoba besiegt die Franzosen und zwingt Montpensier bei Atella zur Kapitulation. 1498, 30. Mai: Beginn der dritten Reise des Kolumbus. 1498: Vasco da Gama landet in Kalkutta. 1499: Alonso de Ojeda entdeckt die Perlenküste, Guayana und Venezuela. 1499: Vicente Yáñez Pinzón segelt die Ostküste Brasiliens bis zur Amazonasmündung hinab. 1499 (um): Erste Ausgabe der „Celestina". 1500: Ferdinand der Katholische schließt mit Ludwig XII. von Frankreich den Geheimvertrag von Granada. 1500: Cabral nimmt Brasilien für Portugal in Besitz. 1500: Diogo de Lepe erforscht die südlichen brasilianischen Küstengebiete. 1502. 9. Mai: Kolumbus sticht von Cádiz aus zu seiner vierten Reise in See. 1503: Gonzalo de Córdoba schlägt die Franzosen bei Cerignola. Neapel wird spanisch. 1504: Isabella die Katholische stirbt in Medina del Campo. 1 5 0 4 — 1 5 0 6 : Philipp I., der Schöne, von Kastilien. 1505: Johanna die Wahnsinnige wird auf den Cortes von Toro zur Königin von Kastilien erklärt. 1505: Ferdinand der Katholische schließt mit Ludwig XII. den Vertrag von Bois. 1505: Die Truppen des kastilischen Königs erobern Mazalquivir in Afrika. 1506: Kolumbus stirbt in Valladolid. 1511: Papst Julius II. organisiert die „Heilige Liga" gegen die Franzosen. 1513: Balbao unternimmt den Vorstoß zum Pazifischen Ozean. 1515: Navarra wird erobert und dem spanischen Gebiet eingegliedert. 1516: Tod Ferdinands des Katholischen. 1 5 1 7 — 1 5 5 6 : Karl I. von Spanien. 1518: Karl wird auf den Cortes von Valladolid, Zaragoza und Barcelona als König anerkannt.
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1519: Tod Kaiser Maximilians. Karl I. wird deutscher Kaiser (Karl V.). 1519—1521: Hernán Cortés unterwirft die Azteken in Mexiko. 1520: Magalhaes entdeckt den Durchgang zum Pazifischen Ozean. 1521: Der Aufstand der Comunidades wird niedergeschlagen. Vernichtung der alten Städtefreiheit. 1521: Der Vizekönig Diego Hurtado de Mendoza schlägt die Truppen der „Germanias" bei Orihuela. 1521: Ignatius von Loyola wird in der Schlacht bei Pamplona verwundet. 1523: Die königlichen Truppen unterdrücken einen Aufstand in Mallorca. 1525: Franz I. von Frankreich gerät bei Pavia in spanische Gefangenschaft. 1525: Der Kaiser verpflichtet in einem Erlaß die Morisken zur Einhaltung der christlichen Religionsgebräuche. 1525: Esteban Gómez erforscht die Mündung der Flüsse Connecticut, Hudson und Delaware. 1528—1546: Venezuela Kolonie der Welser. 1530: Karl wird in Bologna vom Papst zum deutschen Kaiser gekrönt. 1531—1533: Pizarro erobert Peru. 1531: Bildung des „Schmalkaldisdien Bundes" der protestantischen Fürsten Deutschlands. 1534: Ignatius von Loyola gründet den Jesuitenorden. 1535: Das Herzogtum Mailand wird mit Spanien vereinigt. 1535: Feldzug Karls V. gegen Tunis. 1535: Die Flotte Kaiser Karls schlägt den Seeräuber Barbarossa. 1536: Benalcázar, Federmann und Jiménez de Quesada gelangen auf die Hochebene von Bogotá. 1536: Pedro de Mendoza gründet die Stadt Buenos Aires. 1537: Juan de Salazar gründet die Stadt Asunción. 1537: Alvaro de Saavedra entdeckt Neuguinea. 1540: Valdivia kämpft in Chile gegen die Araukaner. 1541: Francisco Orellana entdeckt den Amazonasstrom und fährt ihn bis zu seiner Mündung hinab. 1544: Der Herzog von Enghien schlägt die spanischen Truppen bei Cerisoles. 1547: Karl V. besiegt die Protestanten in der Schlacht bei Mühlberg. 1548: Das Augsburger Interim. 1552: Heinrich II. von Frankreich bemächtigt sich der drei Bistümer Metz, Toule und Verdun. 1554: Der spanische Schelmenroman „El Lazarillo de Tormes". 1555: Im Augsburger Religionsfrieden erhalten Katholiken und Protestanten politische Gleichberechtigung. 1555: Karl V. verzichtet auf den Posten des Großmeisters im Orden vom Goldenen Vlies und tritt die flandrischen Staaten an seinen Sohn Philipp ab. 1555—1590: Blüte der spanischen Mystik (Teresa de Jesús, Luis de Granada). 1556: Karl V. und Heinrich II. von Frankreich schließen den Waffenstillstand von Vaucelles. 36 Ballesteros, Spanien
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1556: Karl V. dankt als König von Kastilien, Navarra, Westindien, Aragón, Valencia,. Sardinien, Mallorca, Barcelona und Sizilien ab. 1556—1598: Philipp II. von Spanien. 1557, 10. August: Philipp II. besiegt die Franzosen bei St. Quentin. 1558: Ferdinand, der Bruder Karls V., wird auf dem Reichstag in Frankfurt als deutscher Kaiser anerkannt. 1558: Karl V. stirbt im Kloster von San Yuste. 1558: Graf Egmont siegt bei Gravelingen über die Franzosen. 1559: Philipp II. und Heinrich II. von Frankreich schließen den Frieden von CateauCambrésis. 1562: Der Franzose Jean Ribault unternimmt eine Expedition nach Florida. 1563—1586: Bau des Eskorial. 1565: Pedro Menéndez de Aviles kommt als Statthalter Philipps II. nach Florida und besiegt die dort ansässigen französischen Protestanten. 1565: Garcia von Toledo vertreibt die Türken von Malta. 1566: In Flandern kommt es zu den ersten Aufständen der Protestanten (Geusen). 1567: Der Herzog von Alba geht nach den Niederlanden. 1568: Tod des Don Carlos. 1568—1570: Juan de Austria besiegt die aufständischen Morisken. 1571, 7. Oktober: Die Spanier unter Juan de Austria erringen in der Schlacht von Lepanto einen entscheidenden Sieg über die Türken. 1572: Neuer Aufstand der Niederländer unter Wilhelm von Oranien. 1573: Der Sohn des Herzogs von Alba erobert Haarlem. 1578: Die spanischen Truppen erringen bei Gembloux einen Überraschungssieg über das Heer der aufständischen Niederländer. 1580: Die Spanier besiegen an der Alcántarabrücke die Portugiesen. Philipp wird König von Portugal. 1580: Zweite Gründung der Stadt Buenos Aires durch Juan de Garay. 1581: Manuel López de Legazpi und Andrés de Urdaneta erobern die Philippinen und gründen die Stadt Manila. 1581: Die nördlichen Provinzen der Niederlande bilden die Republik der Generalstaaten. 1585: Ausbruch des Kriegs zwischen England und Spanien. 1585: Alessandro Farnese zwingt die Stadt Antwerpen zur Kapitulation. 1585: Der englische Seeräuber Drake plündert spanische Kolonialstädte. 1585—1635: Dramatische Tätigkeit Lope de Vegas. 1587: Der Engländer Thomas Cavendish verwüstet die Küstengebiete des Pazifischen Ozeans. 1588: Die Armada wird im Kanal vernichtet. 1588: Alessandro Farnese rettet Paris vor Heinrich dem „Bearner" und zieht sich nach Flandern zurück. 1592: Philipp II. hebt die aragonesischen Sonderrechte auf. 1598: Philipp II. und Heinrich IV. von Frankreich schließen den Frieden von Vervins. 1598—1621: Philipp III. von Spanien. Herrschaft des Herzogs von Lerma. 1599—1660: Diego de Velázquez.
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1600 : Die Spanier unterliegen Moritz von Nassau in der Dünenschlacht bei Niewport. 1601—1606: Der spanische Hof wird nach Valladolid verlegt. 1604 : Friedensschluß mit England. 1604: Ambrosio de Spinola erobert mit den spanischen Truppen Ostende. 1605—1615: Cervantes: „Don Quijote". 1609: Spanien und Holland schließen im Haag einen Waffenstillstand auf zwölf Jahre. 1609: Die Morisken von Valencia werden ausgewiesen. 1610—1614: Ausweisung der Morisken aus den übrigen spanischen Reichen. 1617: Karl Emanuel I. von Savoyen muß sich den Verträgen von Madrid und Pavia unterwerfen. 1618—1682: Bartolomé Esteban Murillo. 1621—1665: Philipp IV. von Spanien. Herrschaft des Conde-Duque von Olivares. 1625—1681: Dramatische Tätigkeit Calderóns. 1625: Eine Flotte Karls I. von England wird bei Cádiz zurückgeschlagen. 1626 : Das Veltlin wird im Vertrag von Monzón als unabhängig erklärt. 1626 : Ambrosio de Spinola zwingt Breda zur Ubergabe. 1633: Die Statthalterin der Niederlande, Erzherzogin Isabella Klara Eugenia, stirbt. 1634: Der Kardinal-Infant Ferdinand übernimmt die Statthalterschaft in den Niederlanden. 1634, 7. September: Kaiser Ferdinand erringt mit Hilfe der spanischen Truppen bei Nördlingen einen Sieg über die Protestanten. 1635: Beginn der Feindseligkeiten mit Frankreich. 1637: Das Veltlin fällt an Graubünden zurück. 1640, 7. Oktober: Katalonien erhebt sich gegen den spanischen Vizekönig. 1640, 1. Dezember: Ausbruch der Revolution in Lissabon. 1641 : Kastilien unterdrückt einen Aufstand in Andalusien. 1643: Olivares wird gestürzt. 1647: Aufstand in Neapel unter Masaniello. 1648: Das abtrünnige Neapel gerät wieder unter spanische Oberhoheit. 1648: Westfälischer Frieden. Spanien muß die Unabhängigkeit der nördlichen Niederlande anerkennen. 1652 : Barcelona ergibt sich den Truppen Juan José de Austrias. 1656: Juan José de Austria besiegt die Franzosen in der Schlacht bei Valenciennes. 1658: Turenne schlägt die spanischen Truppen in den Dünen bei Niewport. 1658: Holland raubt den Portugiesen die Kolonien Cochin und Cananore. 1659: Abschluß des „Pyrenäenfriedens" zwischen Spanien und Frankreich. 1665: Die Portugiesen siegen in der Schlacht bei Montes Claros. 1665—1700: Karl II. von Spanien. 1667: Ludwig XIV. erringt verschiedene Siege im Devolutionskrieg gegen Spanien. 1668: Spanien schließt in Lissabon Frieden mit Portugal und erkennt dessen Unabhängigkeit an. 1668: Ludwig XIV. bemächtigt sich der Freigrafschaft Burgund. 1671: Spanien schließt im Flaag ein Abkommen mit Holland für den Fall eines französischen Einfalls in Flandern. 36*
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1675: Der französische Marschall Schömberg erringt bei Bellegarde einen Sieg über die Spanier. 1678: Spanien schließt mit Frankreich den Frieden von Nimwegen und verliert dabei die Freigrafschaft Burgund. 1686: Deutschland, Spanien, Holland, Schweden und verschiedene kleinere Staaten schließen sich gegen Ludwig XIV. zur Augsburger Liga zusammen. 1688: Der spanische Seemann Lezcano entdeckt die Karolinen. 1697: Frieden von Ryswick. Frankreich gibt seine Eroberungen an Spanien zurück. 1700: Karl II. setzt Philipp von Anjou zu seinem Erben ein. 1700—1713: Der spanische Erbfolgekrieg. 1703: Abschluß des Methwenvertrags zwischen England und Portugal. 1704: Spanien verliert Gibraltar an England. 1706: Die Städte der Niederlande rufen Karl III. (später Kaiser Karl VI.) zum König aus. 1707: Philipp V. zieht als Sieger über Karl III. in Valencia ein. 1710: Philipp V. erringt bei Villaviciosa den entscheidenden Sieg über seinen Rivalen Karl. 1713: Letzte Einberufung der Cortes von Kastilien. 1713, 11. April: Vertrag von Utrecht: Aufteilung des Großspanischen Reiches. Spanien behält nur seine überseeischen Kolonien. 1714: Gründung der Spanischen Akademie. 1715: Friedensschluß mit Portugal. 1717: Ein spanisches Geschwader unter dem Marquis von Lede erobert Sardinien zurück (Alberoni). 1718: Sizilien wird fast vollständig von Spanien zurückerobert. 1720: Philipp V. schließt den Frieden von Cambray: Sardinien fällt an Savoyen, Sizilien an Österreich. 1724: Ludwig I. von Spanien. 1726: Der Gouverneur von La Plata, Bruno Zabala, gründet die Stadt Montevideo. 1731: Prinz Karl besetzt Parma und Piacenza und wird als Thronerbe von Toscana anerkannt. 1732: Die spanischen Truppeij erobern unter dem Befehl des Grafen von Montemar Oran zurück. 1733: Frankreich und Spanien schließen im Eskorial ein Offensiv- und Defensivbündnis. Teilnahme Spaniens am polnischen Thronfolgekrieg. 1734: Der Graf von Montemar erringt bei Bitonto einen glänzenden Sieg über die Österreicher. 1735: Frankreich schließt mit Österreich den Friedensvertrag von Wien: Prinz Karl Thronfolger in Neapel und Sizilien. 1735—1764: Bau des königlichen Schlosses in Madrid. 1740: Teilnahme Spaniens am österreichischen Erbfolgekrieg. 1743: Abschluß des zweiten Familienpakts zwischen Frankreich und Spanien in Fontainebleau. 1746: Karl Emanuel von Savoyen und die Österreicher schlagen die spanischen Truppen an der Trebia.
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1 7 4 6 — 1 7 5 9 : Ferdinand VI. von Spanien. 1748: Der österreichische Erbfolgekrieg findet seinen Abschluß im Frieden von Aachen: Spanien erhält Parma, Piacenza und Guastalla. 1750: Portugal und Spanien schließen in Madrid einen Vertrag über die Rüdegabe der Kolonie Sacramento. 1752: Ferdinand VI. schließt in Aranjuez mit Maria Theresia von östereidi ein Defensivbündnis zur Erhaltung der Neutralität in Italien. 1755: Lissabon wird durch ein großes Erdbeben zerstört. 1 7 5 9 — 1 7 8 8 : Karl III. von Spanien. Wirtschaftsreformen. 1761, 15. August: Abschluß des Familienpakts zwischen Spanien und Frankreich. 1763: Ende des Siebenjährigen Krieges, Frieden von Paris: Spanien verliert Florida und erhält Louisiana. 1766, 23. März: Ausbruch des Aufstandes gegen Squilace. 1767, 1. April: Ausweisung der Jesuiten aus Spanien und den spanischen Besitzungen. 1767: Dekret über die Kolonisierung der Sierra Morena durch Deutsche. 1771: Spanien ersetzt den Gerichtshof der Nuntiatur durch einen nur aus Spaniern bestehenden Kirchengerichtshof. 1774: Der Sultan von Marokko greift die spanischen Städte Melilla und Ceuta an. 1775: Unglückliche spanische Expedition nach Algier. 1 7 7 5 — 1 8 2 4 : Goyas künstlerische Tätigkeit in Madrid. 1776: Ausbruch neuer Feindseligkeiten zwischen Spanien und Portugal wegen der Kolonie Sacramento. 1777: Spanien erhält im Frieden von San Ildefonso die Kolonie Sacramento. 1777: Thronbesteigung Marias I. von Portugal. 1778: Drohender Konflikt mit England in der Frage der Falklandinseln. 1781: Die spanischen Truppen erobern Menorca zurück. 1783: Unterzeichnung des Vertrags von Versailles: Rückgabe der Insel Menorca und der Kolonie Florida an Spanien. 1 7 8 8 — 1 8 0 8 : Karl IV. von Spanien. 1788: Gründung von Gesellschaften zur Hebung der spanischen Nationalindustrie. 1792, 15. November: Godoy erreicht die Verbannung Arandas und wird einziger Minister Spaniens. 1793: Spanien erklärt dem revolutionären Frankreich den Krieg. 1795, 22. Juli: Spanien schließt den Frieden von Basel mit der Französischen Republik: ganz Haiti wird französisch. 1796, 18. August: Godoy unterzeichnet den Vertrag von San Ildefonso, in dem Spanien Frankreich seine Flotte zur Verfügung stellt. 1800: Spanien muß Louisiana an Frankreich zurückgeben. 1801: Der „Pomeranzenkrieg" gegen Portugal. 1802: Spanien gewinnt im Friedensschluß von Amiens Menorca zurück und muß dafür Trinidad abtreten. 1805, 21. Oktober: Die Engländer besiegen die spanische und französische Flotte in der Seeschlacht bei Trafalgar. 1807: Vertrag von Fontainebleau über die Aufteilung und Besetzung Portugals.
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1807: Die portugiesische Königsfamilie flieht vor der französischen Invasion nadi Brasilien. 1808: Napoleon sammelt zur Besetzung Spaniens französische Truppen in Bayonne. 1808, 17. März: Beginn der Unruhen in Aranjuez gegen Godoy. 1808, März: Karl VI. dankt zugunsten seines Sohnes Ferdinand VII. ab. 1808, 2. Mai: Das Madrider Volk erhebt die Waffen gegen die französischen Truppen und wird von diesen besiegt. 1808, 5. Mai: Napoleon hat in Bayonne eine Unterredung mit der spanischen Königsfamilie. 1808, 6. Mai: Karl VI. und Ferdinand VII. danken zugunsten Napoleons ab. Ernennung Joseph Bonapartes zum spanischen König. 1808, 6. Juni: Die katalanische Bürgerwehr erringt am Bruch den ersten Sieg über französische Truppen. 1808, 19. Juli: Die Spanier erringen bei Bailén einen bedeutenden Sieg über die Franzosen. 1808, 30. August: Die französischen Truppen werden auf englischen Schiffen aus Portugal abtransportiert. 1808, 25. September: In Aranjuez beginnt der Oberste Regierungsausschuß mit seiner Tätigkeit. 1808, 1. Dezember: Napoleon steht mit den französischen Truppen vor Madrid. 1809, 21. Februar: Zaragoza fällt nach langer Belagerung in französische Hand. 1809, Mai—Dezember: Die Belagerung von Gerona. 1810, 24. September: Die Allgemeinen und Außerordentlichen Cortes werden auf der Isla de León eröffnet. 1810: Beginn der Freiheitskämpfe in Südamerika. 1811, 24. Februar: Die Cortes werden angesichts des Einbruchs der Franzosen in Andalusien nach Cádiz verlegt. 1812, 18. März: Unterzeichnung der neuen liberalen Verfassung. 1812: Suchet zieht als Sieger in Valencia ein. 1813, 1. Juni: Die Spanier und Engländer schlagen die französischen Truppen König Josephs bei Vitoria. 1814, 2. Februar: Die Cortes veröffentlichen ein Dekret über die Ernennung Ferdinands VII. zum spanischen König. 1814, 22. März: Ferdinand VII. kehrt aus der Verbannung nach Spanien zurück. 1 8 1 4 — 1 8 1 9 : Verschwörungen und Militärputsche in verschiedenen Städten Spaniens. 1 8 1 7 : Der Gouverneur Beresford unterdrückt einen Aufstand in Portugal. 1819: Spanien verkauft Florida an die Vereinigten Staaten. 1820: Proklamation einer neuen Verfassung in Portugal. 1820, 1. Januar: Riego proklamiert die Verfassung von 1812, die Ferdinand VII. beschwören muß. 1823, April: Das französische Interventionsheer überschreitet die Pyrenäen. 1823, 1. Oktober: Ferdinand VII. übt von neuem die absolute Gewalt aus. Hinrichtung Riegos. 1824: Ende der südamerikanischen Freiheitskriege: Spanien verliert seine amerikanischen Kolonien außer Kuba und Puerto Rico.
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1826: Tod König Johanns VI. von Portugal. Peter IV., Kaiser von Brasilien, verzichtet auf den portugiesischen Thron zugunsten seiner Tochter Maria da Gloria. 1828—1853: María II. von Portugal. 1830, 29. März: Geburt der Prinzessin Isabella. Ferdinand VII. veröffentlicht die „Pragmatische Sanktion". 1832: Ausbruch des Konflikts um die spanische Thronfolge. 1833, September: Ferdinand VII. stirbt. Regentschaft Maria Christinas. 1833, 1. Oktober: Karl von Bourbon läßt sich zum Gegenkönig ausrufen. 1833, 3. Oktober: Ausbruch des ersten Karlistenkrieges. 1833, 24. Oktober: Isabella II. wird zur Königin von Spanien ausgerufen. 1834: Der Karlistengeneral Zumalacárregui besiegt die Königstruppen im Gebirge von Aguijas. 1834, 13. April: Martínez de la Rosa veröffentlicht das „Estatuto Real" (Liberale Verfassung). 1836: General Gómez dringt mit den Karlistentruppen bis nach Andalusien vor. 1836, 24. Dezember: General Espartero besiegt die Karlisten in der Schlacht bei Luchana. 1837: Wiederherstellung der Verfassung von 1812. 1839, 26. August: Das Abkommen von Vergara. Don Carlos zieht sidi nach Frankreich zurück. 1840: Einberufung der neuen Cortes. 1840, 1. September: Aufstand in Madrid gegen Maria Christina. 1840, 12. Oktober: Maria Christina dankt in Marseille ab. 1841: Espartero wird zum Regenten gewählt. 1843, Juli: Militärputsch. Espartero dankt ab. 1843, November: Isabella II. wird für mündig erklärt und legt den Eid auf die Verfassung ab. 1844—1846: Narváez, der Führer der Gemäßigten, Ministerpräsident. 1845: Veröffentlichung einer neuen Verfassung. 1846: Isabella II. vermählt sich mit Francisco de Asís. 1848, März: Narváez unterdrückt eine republikanische Erhebung in Madrid. 1851, 10. Januar: Narváez dankt ab und begibt sich nach Frankreich. 1853 : Peter V. von Portugal. 1853: Kabinettskrisen. 1854: O'Donnell veröffentlicht ein Manifest gegen die Camarilla; liberaler Militäraufstand, Rüdekehr Esparteros. 1856: Narváez wird Ministerpräsident. 1858: Die Königin ernennt O'Donnell zum Ministerpräsidenten. 1859: Spanische Expedition nach Cochinchina. 1859—1860: Spanischer Krieg gegen Marokko, Ceuta spanisch. 1860: Niederwerfung eines karlistischen Aufstandes auf den Balearen. 1861 : Ludwig I. von Portugal. 1862: Spanische Teilnahme an der französischen Expedition nach Mexiko. 1864: Narváez wird wieder Ministerpräsident.
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1 8 6 1 : Spanien annektiert Santo Domingo wieder auf Wunsch der dortigen Bevölkerung. 1866, Januar: Gescheiterter Aufstand Prims. Prim geht nach Portugal. 1 8 6 6 : Der „Pazifische Krieg". Bombardierung von Valparaiso und Callao. 1 8 6 8 : Narváez stirbt. González Brabo wird Ministerpräsident. 1868, 18. September: Aufstand der spanischen Flotte in Cádiz. 1868, 20. September: Sieg der Revolutionäre an der Brücke von Alcolea. 1868, 30. September: Isabella II. geht ins Ausland. 1869, 6. Juni: Neue spanische Verfassung. Serrano wird Regent. 1870, 12. Juli: Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen verzichtet auf den spanischen Thron. 1870, 16. November: Die Cortes wählen den Herzog Amadeus von Aosta zum spanischen König. 1870, 27. Dezember: General Prim wird in Madrid ermordet. 1871, 2. Januar: König Amadeus I. trifft in Madrid ein. 1873, 11. Februar: König Amadeus dankt ab. Die Cortes proklamieren die Spanische Republik. 1873 : Ausbruch des zweiten Karlistenkrieges. 1874, 3. Januar: Manuael Pavía löst mit Waffengewalt das Parlament auf. Serrano wird Präsident. 1874, 29. Dezember: Alfons X I I . wird zum König von Spanien ausgerufen. 1 8 7 4 — 1 8 8 5 : Alfons X I I . von Spanien. 1875, 1. August: D e r Karlistenkrieg wird durch einen Sieg der Partei Alfons 5 X I I . beendet. 1 8 8 4 : Cánovas, der Führer der Liberal-Konservativen, wird Ministerpräsident. 1885, 28. November: Alfons XII. stirbt. Beginn der Regentschaft Maria Christinas. 1886, 17. M a i : Geburt Alfons' X I I I . 1892, 11. Dezember: Cánovas wird durch Sagasta ersetzt. 1 8 9 3 : Einführung des allgemeinen Wahlrechts. 1893 : Kämpfe in Marokko. 1895 : Aufstand in Kuba. 1 8 9 7 : Niederwerfung eines Aufstands auf den Philippinen. 1897, 8. August: Cánovas wird ermordet. 1898 : Krieg mit den Vereinigten Staaten. 1898, 10. Dezember: Pariser Frieden: Spanien verliert Kuba, Puerto Rico und die Philippinen. 1 9 0 0 : Gründung der katalanischen „Lliga Regionalista". 1902, 17. M a i : Alfons X I I I . besteigt den spanischen Thron. 1 9 0 5 : Ministerpräsident Montero Ríos unterdrückt Aufstände in Barcelona. 1 9 0 9 : Spanischer Feldzug gegen die Rifkabylen. 1909, Juli: Aufstände in Barcelona, „Semana Trágica". 1910, 9. F e b r u a r — 1 9 1 2 , 12. November: Canelejas Ministerpräsident, Liberale Kulturpolitik. 1914, 30. Juli: Spanien erklärt bei Ausbruch des Weltkriegs seine Neutralität. 1919, 15. April: D e r König ernennt Maura zum Ministerpräsidenten.
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1921, 20. Juli: Abd el Krim erringt mit den Rifkabylen einen Sieg über die spanischen Truppen. 1921, 4. August: Koalitionsministerium unter Maura. Beginn der Rüdceroberungskämpfe in Marokko. 1922, 7. Dezember: García Prieto Ministerpräsident. Unruhen im ganzen Lande. 1923, 13. September—Januar 1930: Diktatur des Generals Miguel Primo de Rivera. 1924—1925: Spanien siegt gemeinsam mit den Franzosen über die Rifkabylen. 1930, August: Abkommen von San Sebastian: Zusammenschluß der Oppositionsparteien. 1930, 12. Dezember: Der Aufstand von Jaca. 1931, 18. Februar: Das letzte Kabinett der Monarchie unter Aznar. 1931, 12. April: Munizipalwahlen. Sturz der Monarchie. 1931, 11. Mai: In Madrid und in anderen spanischen Städten werden Kirchen in Brand gesteckt. 1931, 14. Juni: Beginn der Sitzungen der Cortes zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung. 1931, Oktober: Ausweisung der Jesuiten, Auflösung aller geistlichen Orden. 1931, 10. Dezember: Alcalá Zamora Staatspräsident, Azaña Ministerpräsident. 1932, 10. August: Putschversuch einer Offiziersgruppe in Madrid gescheitert. Anerkennung des katalanischen Autonomiestatuts. 1933, September: Rücktritt Azañas. 1933, 29. Oktober: José Antonio Primo de Rivera gründet die „Falange Española". 1933, 19. November: Wahlsieg der Rechten und der Zentrumspartei (Gil Robles). 1934, 3. März : Lerroux nimmt Änderungen im Kabinett vor. 1934, Oktober: Revolution in Asturien. 1935, 8. März: Gil Robles übernimmt das Kriegsministerium im Kabinett Lerroux'. 1936, 7. Januar: Alcalá Zamora löst die Cortes auf. 1936, 10. Mai: Manuel Azaña wird offiziell zum Staatspräsidenten gewählt. 1936, 13. Juli: Ermordung Calvo Sotelos. 1936, 19. Juli: Beginn des spanischen Freiheitskrieges: General Franco übernimmt die Führung der Nationalisten. 1936, 10. August: Die Truppen Francos erobern Mérida. 1936, 13. September: Oberst Beorlegui zieht als Sieger in San Sebastián ein. 1936, 28. September: General Varela kann die Besatzung des Alcázar von Toledo befreien (Oberst Moscardo). 1936, 19. November: José Antonio Primo de Rivera wird in Alicante von den Roten erschossen. 1936, November: Die Truppen Francos nähern sich Madrid. 1937, 8. Februar: General Queipo de Llano erobert mit Hilfe italienischer Legionäre Málaga. 1937, 19. Juni: Die Nationalisten besetzten Bilbao. 1937, 24. Juli: Einnahme Santanders. 1938, 7. Januar: Die Nationalisten erobern nach harten Kämpfen die Stadt Teruel. 1938, 2. Februar: Beginn der Schlacht bei Alfambra.
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1938, 3. April: General Yagüe bemäditigt sich der Stadt Lérida. 1938, 19. Juli: Beginn der Offensive der Südarmee General Francos. 1938, 25. Juli: Das marxistische Heer unternimmt seinen letzten Vorstoß und überschreitet den Ebro. 1938, 24. Oktober: Gegenoffensive der Nationalisten. 1938, 20. November: Beendigung der Ebro-Schladit, Sieg der Nationalisten. 1938, 23. Dezember: Zusammenbruch der roten Front in Katalonien. 1939, 26. Januar: Barcelona wird genommen. 1939, 26. März: Beginn der Endoffensive Francos. 1939, 1. April: Ende des Freiheitskrieges: Der Sieg Francos.
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)< um 965) f 1035 G a r c í a III. / 1035-1054 S a n c h o IV.,/ 1054-1078
Ferdinand (s. Kastilien)
Gonzalo
R a m i r o (s. auch Aragón) S a n c h o R a m í r e z V. 1063-1094
Ramiro, Infant
Peter I. 1094-1104
G a r c í a R a m í r e z IV. 1134-1150
A l f o n s I. 1104-1134
S a n c h o V I . / 1150-1194 S a n c h o VII. ( * 1154) i i 9 5 - " 3 4
Blanca OO Thibaud IV., Graf v. Champagne T h e o b a l d I. ( * 1201) 1234-1253 T h e o b a l d II. (^cum 1235) 1253-1270
Heinrich um 1238) i270-1274 J o h a n n a I. (^c 1273) CIO Philipp IV. v.Frankreich 1274-1305
L u d w i g X . (Fr.) 1305-1316 I J ohanna II. OO Philipp v. Evreux / 1328-1350 K'arl II. 1332) 1350-1387 I K a r l III. 1361) 1387-1425
P h i l i p p V. (Fr.) 1316-1322
K a r l IV. (Fr.) 1322-1328
Bianca um 1385) 1425-1441 OO Johann II. v. Aragón (f 1479) 1441-1479 K a r l v. V i ana (^í 1421) (1441-1461)
Blanca (1461-1464)
Leonor OO Gaston de Foix / 1479 I Gaston F r a n c o i s Phèbe 1479-1483
38*
K a t h a r i n a de F o i x OO Johann Albret (Navarra in Spanien eingegliedert)
Regierungszeiten der Könige von Aragón bis zur Einigung Spaniens.
R a m i r o I. (s.Navarra) / 1035—1063 S a n c h o R a m í r e z / 1063-1094 Peter I. um 1074) 1094-1104
A l f o n s I. 1104-1134
R a m i r o II. i i 3 4 - " 37 Petronila OO Ramón Berenguer IV. v. Barcelona 1137-1162 A l f o n s II. (>|< 1152) 1162-1196 Peter II. (H< 1174) 1196-1213 Jakob I. 1208) 1213-1276 I Peter III. 1239) 1276-1285
A l f o n s HI. ( * 1265) 1285-1291
J a k o b II. ( * 1266 ?) 1291-1327 A l f o n s IV. ( * 1299) 1327-1336 I Peter IV. um 1317) 1336-1387
J o h a n n I. 1350) 1387-1393
M a r t i n I. 1356) 1393-1410
F e r d i n a n d I. (>)< 1373) s. Kastilien erwählt 1412-1416 A l f o n s V. ( * 1396) 1416-1458
J o h a n n II. 1397) 1458-1479 F e r d i n a n d II. OO Isabella v. Kastilien 1479-1516 Johanna I K a r l I. 1517-1556 Fortsetzung s. Habsburger und Bourbonen.
Regierungszeiten der unabhängigen Grafen und Könige von Kastilien bis zur Einigung Spaniens. Fernán González / 931-970 I García F e r n á n d e z / 970-995 I Sancho G a r c í a I. / 995-1017 García (^c 1009?) 1017-1028
M a y o r oder E l v i r a OO Sancho Garcés III. von Navarra / 1028-1035 I F e r d i n a n d I. (erster König V.Kastilien) OO Sancha v. León / 1035-1065 Sancho II. (^c 1037) 1065-1072 Alfons VI. (>|< 1030) 1072-1109 Urraca (H< 1077) OO Raimund v.Burgund / 1109-1126 I
Teresa 0 0 Heinrich v. Burgund (s.Portugal)
Alfons VII. (>(< 1104) 1126-1157 Sancho III. / 1157-1158 A l f o n s VIII. 1155) 1158-1214 Berenguela Heinrichl. OO Alfons IX. v.León 1214-1217
F e r d i n a n d II. v.León A l f o n s IX. v.León B6*611^^ F e r d i n a n d III.,(>(c 1199) 1217-1252 A l f o n s X. (:+: 1221) 1252-1284 I S a n c h o IV. 1257) 1284-1295 I F e r d i n a n d IV. (>(c 1285) 1295-1312 I A l f o n s XI. (H< 1311) 1312-1350
Peter I. (H< 1334) 1350-1369
H e i n r i c h II. (^c 1333) 1369-1379 J o h a n n I. (>H 1358) 1379-1390
H e i n r i c h III. (>(; 1379) 1390-1406 J o h a n n II. (>|< 1405) 1406-1454 Hei n r i c h IV. ( ^ 1425) 1454—1474
F e r d i n a n d (zum König v. Aragón gewählt) s. dort
I s a b e l l a I. (die Katholische) 1474—1504 Johanna OO Philipp I. (v. Habsburg) / 1505 Ferdinand n . v.Aragón (Regent) / 1505-1516 Kardinal Cisneros (Regent) / 1516-1517 Karl I. / 1517-1556
Fortsetzung siehe Habsburger und Bourbonen.
Regierungszeiten der Könige von Portugal bis zu Philipp IL
H e i n r i c h v. B u r g u n d (Graf v.Portugal) OO Teresa'v. Kastilien I A l f o n s E n r i q u e s (erster König v.Portugal) (sf: i i o j ) 1139-1185 I Sancho I. (>tc 1154) 1185-1211 A l f o n s II. ( * 1185) 1211-1223 S a n c h o II. ( ^ 1207) 1223-1248
A l f o n s III. ( * 1210) 1248-1279 I D i o n y s i u s I. fä 1261) 1279-1325 I A l f o n s IV. ( * 1291) IJ2J-J357 I P e t e r I. (>)c 1320) 1357-1367
F e r d i n a n d I. 1345) 1367-1383
J o h a n n I. (^ 1357) 1383-1433 I D u a r t e (:+: 1391) 1433-1438
A l f o n s V. 1432) 1438-1481 I J o h a n n II. ( ^ 1455) 1481-1495
Ferdinand I E m a n u e l I. 1469) I49J-IJ"
J o h a n n III. (H< 1502)
Kardinal Heinrich
1521-1557 I Johann I S e b a s t i a n (:+: 1554) 1557-1578
1578-15,79
Isabella OO Karl I. y. Spanien I P h i l i p p II. v. Spanien 1580
Regierungszeiten der spanischen Herrscher der Häuser Habsburg und Bourbon.
K a r l I. (;+: 1500) 1517-1556 I P h i l i p p II. / 1556-1598 I P h i l i p p III. / 1598-1621 I P h i l i p p IV. / 1621-1665 K a i l II. / 1665-1700
Maria Theresia OO Ludwig XIV. v. Frankreich I Ludwig I P h i l i p p V. (v. Anjou) 1700-1724 / 1725-1746
L u d w i g I. / 1724-1725
F e r d i n a n d VI. / 1746-1759
K a r l III. / 1759-1788 I K a r l IV. / 1788-1808 Joseph Bonaparte 1808-1814 F e r d i n a n d VII. / 1814-1835 I s a b e l l a II. / 1833-1868 Amadeus I. (Herzog v.Aosta) 1871-1873 Spanien Republik: 1873-1874 A l f o n s XII. / 1874-1885 I A l f o n s XIII. ( * 1886) 1886-1931 Spanien Republik
Register
601
1. PERSONEN, STÄMME, VÖLKER Abarbanel, Judas, s. Hebreo, León Abbatiden 61 Abdalakam 151 Abdalasis 57 Abdallah 59 Abdarradiman I. Ibn Abdallah 57, 58 Abdarradiman II. 58 Abdarradiman III. 59, 69, 72 Abd-el-Krim 533, 534 Abd-el-Melik 109—110 Abendaño, Diego 416 Abo, Ibn 279 Abril, Pedro Simón 357 Abu Abdallah (Zagal) 189, 191, 192, 193 Abu'l-Abasz 58 Abu'l Haszan 110 Abu'l Haszan (Muley Hassan) 188, 189, 190, 191, 192 Abu Sakarija 65 Abu Ssa'id 118 Acebedo, Oberst 487 Acephalistisdie Sekte 56 Acero, Vicente 458 Acevedo, Simón Rodríguez de 273 Acosta, José de 359 Acquaviva, Pater 417 Acuña, Bisdiof 246, 247 Acuña, Diego Sarmiento de, Graf von Gondomar 305 Acuña, Fernando de 187 Adoptionisten 98 Adorno, Botta 399 Aemilianus 55 Aeteria 34 Aétius 36, 39 Affonso Enriques 82 Afranius 23 Agar, Pedro 482, 483 Agila 37, 38, 55 Agramonteser 160, 161 Agreda, María de 326, 330, 362 Agrippa, Marcus 25 Aguado 491 Aguado, Juan de 203
Aguila, Graf von 465, 508 Aguilar, Alonso de 187 Aguilar, Jerónimo de 263 Aguilar, Juan de 305 Aguilar, Graf von (Zeit Karls II.) 342 Aguinaldo, Emilio 529, 530 Aguirre, Präsident 547 Aguirre, José Sáenz de 355 Aguirre, Lope de 295 Agustín, Antonio 355, 358, 366, 368 Aiguillon 411 Ailly, Pierre d' 197 Aisdiylos 5 Aisha (Horra) 189, 191, 192, 193 Aiulf 40 Ajax 40 al-Adunar, Muhammed Ibn 150 Alagno, Lucrecia de 158 Alagón, Herzog von 486 Alaix 502, 504 Alanen 35, 36, 43, 45, 47 Alarcón, Entdecker 268 Alarcón, Ruiz de 361, 370 Alarich I. 35 Alarich II. 37, 44, 48, 55 Alava, Ignacio de 438, 439 Alba, Herzog von (Zeit der Kath. Könige) 183, 220, 279 Alba, Herzog von (Zeit Philipps II.) 258, 259, 270, 276, 278, 285, 286, 287, 288, 291 Alba, Herzog von (Zeit Philipps V.) 376 Alba, Herzog von (Zeit Karls III.) 416 Alba, Santiago 531, 533 Albaida, Marquis von 311 Albalat, Baron von 466 Albermale 410 Alberoni, Giulio 381—384, 385, 386, 388, 417, 446, 456 Albert, Pedro 174 Albigenser 88, 232 Albornoz, Alvaro 535 Albornoz, Gil Alvarez de 110, 114—115, 167
602
Register
Albrecht, Erzherzog 306, 315 Albret, Haus 220, 221, 251 Albret, Heinrich 251 Albret, Johann 220, 225 Albuquerque, Affonso d' 227 Alburquerque, Alfonso de 111 Alburquerque, Alfonso de 422 Alburquerque, Matías de 325 Alburquerque, Herzog von 479 Alcalá, Pedro de 239 Alcalá Galiano, Antonio 482, 487, 489, 499, 515, 516 Alcalá Zamora, Niceto 535, 536, 537, 538, 539, 541, 542 Alcántara-Orden 94, 140, 141, 171, 186, 187 Alcántara, hl. Pedro de 369 Alcázar, Baltasar de 360 Alcedo 439 Alcedo, Antonio 453 Alcedo, Dionisio 453 al-Chatib, Ibn 152 Alcocer, Pedro López de 354, 358 Alderete, Bernardo 358 Aldobrandini 456 Aldovaldus 51 Alemán, Mateo 361, 370 Alen?on, Herzog von 253, 298 Alessio, Giovanni 327 Alexander III., Papst 82 Alexander VI., Papst (Borgia, Rodrigo) 202, 206, 207, 209, 210 Alexander Severus 27 Alfons I. von Aragón 78—79, 84, 86, 100, 221 Alfons I. von Asturien 67—68 Alfons II. von Aragón und Barcelona 87—88 Alfons II. von Asturien 68, 97 Alfons II. von Neapel 206, 207, 208 Alfons III. von Aragón 106, 124—125, 128, 129, 134 Alfons III. von Asturien 68—69, 74, 89 Alfons III. von Portugal 115 Alfons IV. von Aragón 127—128 Alfons IV. von Portugal 109, 110, 115, 325 Alfons V. von Aragón 115—158, 160, 161, 175, 206, 209 Alfons V. von León 70 Alfons V. von Portugal 150, 183—186, 226 Alfons VI. von León und Kastilien 76—77, 78, 82, 83, 91
Alfons VI. von Portugal 325, 395, 396 Alfons VII. von Kastilien 78, 79, 87, 88, 89 Alfons VIII. von Kastilien 80—81, 82, 88, 96 Alfons IX. von Kastilien 81, 82 Alfons X. von Kastilien 101—102, 103 bis 105, 111, 115, 119, 122, 135, 167, 168, 169, 171, 178, 179, 181 Alfons XI. von Kastilien 108—111, 114, 115, 126, 127, 128, 136, 151, 164, 167, 169, 171, 178, 181, 374 Alfons XII. von Spanien 522,525,526—528 Alfons XIII. von Spanien 528, 531—535, 537 Alfons, Sohn Jakobs I. von Aragón 119 Alfons, Bruder Heinrichs IV. von Kastilien 146, 147 Alfons, Enkel Alfons' V. von Portugal 186, 214, 227 Aliaga, Luis de 304, 314 Aliatar 191, 192 Ali Pascha 280, 281 Al-Kadir 76, 78 Allende Salazar 533 Almagro, Diego de 237, 265, 266, 267, 269 Almagro, Diego (Sohn) 267 al-Ma'mun 76 al-Manszur (Abi Amir) 60, 64, 69, 70, 71, 74, 75 al-Manszur, Sultan 62, 80 Almeida, Eduardo de 185 Almeida Francisco de 227 Almela, Diego Rodríguez de 240 Almohaden 62, 64, 65, 81, 88, 100, 101, 102, 150 Almoraviden 61, 62, 64, 65, 77, 78, 79, 84, 85, 86, 97, 102 Alonso 479 Alonso, Martin 545 Alonso, Bischof von Cartagena 168 Alonso von Aragón, Herr von Villahermosa 228 Alpizcueta, Martin de 283 Alpuente, Romero 487 Altamira, Graf von 187 Altamira, Vizegraf von 240 Altamirano, Gutierre Velázquez 355 Alta villa, Juan Andrés 208 Al varado 452 Alvarado, Pedro de 264, 268
Register Alvares Pereira, Nuno 137 Alvarez, Francisco 366 Alvarez, Manuel 458 Alvarez, Melquíades 549 Alvarez de Castro 475, 476 Alvarus 58, 92 al-Wallada 66 Amadeus I. von Spanien, Herzog von Aosta 522, 5 2 3 - 5 2 4 Amalaridi 37, 50, 55 Amarillas, Marquis de las 432, 487 Amaya, Francisco de 355 Ambo 21 Amelot 376, 377, 378, 382, 388, 447, 448 Amescua, Mira de 361 Amiconi 459 Amiriden 60, 61 Amorós, Francisco 470 , Amphiloker 10 Amurates II. 157 Anacaona 238 Andiieta 242 Andiieta, José de 273 Anda, Simón de 410 Andagoya, Pascual de 265, 359 Andas 20 Andeiro, Juan Fernández 149 Andelot 276 Andevotus 39 Andino, Cristóbal de 366 Andino, Pedro de 366 Andrade 211 Andrade, Fernández de 361 Andrade, Frei re de 470 Andronicus, Paläologus 126, 182 Anghera 516 Angiolillo 530 Angleria, Pietro Mártir de 239 Angoulême, Herzog von 490 Angulo, Kommissar 470 Angulo 479 Angulo, Juan de 342 Anjou, Haus 121, 125, 155, 156, 205, 206, 209, 214, 250, 328 Anjou, Karl von 121, 122, 123 Anjou, Ludwig III. von 155, 156 Anjou, Renatus von 156, 157, 162 Anna, Base des Don Carlos 283 Anna von Österreich, Gemahlin Philipps II. 303
603
Anna von Österreich, Toditer Philipps III. 304, 306, 371 Anna, Königin von England 380 an-Naszir 62, 81 Annese, Genaro 328 Anson, Kommodore 391 Antillón, Isidoro de 453 Antistius 25 Antoninus Pius 26 Antonio, Dom, Prior von Crato 290, 291 Antonio, Nicolás 358 Antonio, Infant 461, 463, 494 Aparisi 508, 521 Apodaca, Juan Ruiz de 470, 471 Apringius 50 Aquilinus Juvencus 34 Araber 42, 43, 56—66, 74 Aragón, Agustina de 475 Aragón, Pascual de 331 Arana, Beatriz de 204 Aranda, Antonio 544, 545, 551 Aranda, Graf von (Zeit Philipps II.) 298 Aranda, Graf von (Zeit Karls III.) 410, 411, 412, 413, 416, 418, 419, 420, 422, 423, 428, 429, 430, 431, 444, 457, 460 Arango 462 Araukaner 269, 295, 312 Arbués, Pedro de 233 Arcadius 28 Arce, Rodrigo Vázquez de 303 Arcos, Herzog von 326, 328 Arcos, Graf von 415 Ardouin 500 Areizaga, Juan Carlos 479 Aremberg, Graf von 286 Aremoriker 36 Arévalo, Herzog von 183, 186 Arévalo, Faustino 454 Arévalo, Luis de 362 Arfe, Antonio de 366 Arfe, Heinrich von 242, 366 Arfe y Villafañe 363, 366 Argantonius 9 Argensola, Bartolomé de 360 Argensola, Lupercio de 360 Argüelles, Agustin 482, 486, 487, 505 Arguelles, Alvarez de 344 Argüelles, Canga 486, 487, 489 Argumosa 439 Arista, Iñigo 72
604
Register
Aristoteles 6, 65, 238, 357 Arjona 455 Armagnac, Graf von 132 Armamar, Graf von 395 Armengol 75 Armero 507, 514 Arragonen 38 Arrazola 515 Arrevaker 7, 20—21 Arriaza 388 Arribas 470 Arrieta, López 354 Arroyo, López 452 Artalejos 391 Arteaga 417 Arthur, Prince of Wales 216 Arzin d' 413 Asanza, Miguel José, Herzog von Santa Fé 470 Asís, Enrique de 508 Asís, Francisco de 508, 509, 517 Asso 452, 454 Asturier 14, 24, 25, 41 Atabaliba, s. Atahualpa Atahualpa 266—267 Ataide, Jerónimo de 427 Athanagild 37—38 Athaulf 35, 53 Atienza, Bartolomé de 354 Atougia, Graf von 427 Attila 36 Aubigny, Herr von 208, 210, 211 Audika 40 Augereau 476, 478 Augustin, hl. 49 Augustiner-Orden 257, 295, 369, 454, 549 Augustus 24, 25, 28, 30 Aurelian 27 Aurelio 68 Aurora-Ssobch 60 Ausetaner 7 Aux, Martin Diaz de 174 Avarus 21 Aveiro, Joäo Affonso d' 226 Aveiro, Herzog von 427 Averroes 65 Avien 6 Avignon, Johann von 168 Avila, Juan de 367 Avila y Zúñiga, Luis de 358
Avilés, Pedro Menéndez de 293, 295 Avinareta, Eugenio de 503 Avis, Haus 139, 149 Avis-Orden 149 Ayala, Baltasar de 355 Ayala, Pero López de 113, 114, 168, 169 Ayamonte, Marquis von 326 Ayerbe 463 Aymerich 452, 490 Aylion, Lucas Vázquez de 268 Ayolas, Juan de 269 Aytona, Marquis von 331, 335 Azambuja, Diogo d' 226 Azaña, Manuel 535, 536, 537, 538, 540, 541, 542, 552 Azara, José Nicolás de 418, 420, 434, 435, 436, 457 Azarquiel 66 Azcárraga 530, 531 Aznar 72 Aznar, Juan B. 535 Azpilcueta, Juan de 273 Azpilcueta, Martin de 355 Azteken 263—265 Bachri, El 66 Bago, Jacomart 177 Bacon, Francis 357 Badsdidscha, Ibn 65 Bagaudes 36, 40 Bailen, Graf von 367 Balaguer, Victor 525, 527 Balboa, Vasco Núñez de 237, 265 Balbuena 361 Balilla 399 Ballesteros 486 Ballesteros, Luis López 491 Balmés 508 Balmís 452 Balparda 549 Balsameda, Graf von 526 Baltasar Carlos, Infant 365 Banu-Hud 61, 78, 84 Banu-Merin 62, 64, 102, 104, 105, 106, 109, 110, 151 Barba, Alvaro Alonso 360 Barbarossa (Cheir-ed-Din) 260, 261, 281 Barbosa, Augustin 355 Barbosa, Arias 239 Barbosa, Manuel 355
Register Barbuda, Martín Yáñez de 140, 141 Barbudo, Jaime el 488 Barceló 553 Barceló, Antonio 412 Barcelos, Graf von 150 Bárcena, Rodríguez de la 482 Bardají Emilio 500 Barni, Graf von 380 Barrasa 144 Barreto, Isabel de 295 Barrientos, Bartolomé 358 Barrientos, Lope de 168 Barthelemy 433 Basilides 34 Basken 6—7, 41, 45, 71, 72 Bassá, Ferrer 177 Bastero 454 Bastetaner 7 Bastidas, Rodrigo de 236, 268 Baszam, Ibn 78 Bayard 251, 252 Bayer, Pérez 451, 454 Bayern, Herzog von 248 Bayeu, Francisco 459 Bayo 546 Bazan, Alvaro: s. Santa Cruz, Marquis von Beamonteser 160, 161, 162, 220 Beatrix von Schwaben 101 Beatriz, Königin v. Portugal 115 Beatriz, Gem. Johanns I. von Kastilien 137, 149 Beatriz, Tante Isabellas der Katholischen 186 Beatus von Liébana 92 Beauharnais, Botschafter 440, 461 Beauharnais, Eugene 468 Becerra, Gaspar 363 Becerra, Manuel 521, 524, 529 Becerril, Brüder 366 Bedford 410 Bedmar, Marquis von 308, 309 Begharden-Sekte 177 Beiisar 157 Bellido Dolfo 76 Bellisle, General 399 Belveder, Graf von 472 Benalcázar, Sebastián de 237, 267, 268, 269 Benavente, Herzog von 304 Benavente, Juan de 366
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Benavente, Juan Alfonso de 240 Benavente, Quiñones de 361 Benavides, Juan de 108 Benedikt XIII., Papst (Pedro de Luna) 132, 133, 139, 142, 154, 177 Benedikt XIV., Papst 456 Benediktiner-Orden 453—454 Benjamin von Tudela 100 Beorlegui 544 Béranger 524, 527 Berardi 199 Berber 5, 19, 43, 58, 60, 61, 62, 64, 68, 80, 102, 118, 261, 310, 420 Berceo, Gonzalo de 93 Berenguela, Gem. Alfons' VII. 79—80 Berenguela, Gem. Ferdinands II von León 81, 82, 100, 103, 119 Berenguer I. von Barcelona 75 Berenguer Ramón II. von Barcelona 85—86 Berenguer, Dámaso 533, 534, 535 Beresford 480, 519 Bergadán, Guillermo de 97 Berganza 454 Bergeyck, Graf von 380 Berlaymont 284, 285 Berlepsch, Gräfin Gertrud 342 Bermejo, Bartolomé 170 Bermejo, Juan Rodríguez 202 Bermúdez, Ceán 454 Bermudo I. von Asturien 68 Bermudo II. von León 69—70 Bermudo III. von León 70, 71, 75 Bernáldez, Andrés 240 Bernhard von Weimar 316 Berruguete, Alonso de 363 Berruguete, Pedro 242, 243 Berti, General 551 Berwick, Herzog von, Jakob Stuart 373, 375, 377, 383, 384 Bessières 466 Besteiro, Julián 537, 553 Bethencourt, Graf von 139—140 Biclara, Juan de 50, 55 Bisbai, Graf von La 487 Bisticci, Vespasiano de 158 Blake, Joaquín 466, 472, 475, 478, 480, 482 Blanca von Bourbon, Gem. Peters I. von Kastilien 112 Bianca von Kastilien 103, 134
606
Register
Blanca von Navarra, Gem. Johanns II. von Aragón 142, 155, 159, 160 Bianca von Navarra, Gem. Heinrichs IV. von Kastilien 144, 146, 161, 162, 163, 172, 221 Blanco 530 Blandiniéres, Pater 343 Blasco von Aragón 118 Blomberg, Barbara 272 Boabdil (Abu Abdallah, Zaquir) 189, 191, 192, 193, 194, 195 Bobadilla, Francisco 203, 238 Böhl de Faber 482 Boíl, Bernardo 203 Boileau 455 Boley'n, Anna 291 Bolívar, Simón 4 % Bollandisten 453 Bolonia, Juan de 363 Bonaparte, Familie 465 Bonaparte, Jeröme 468 Bonaparte, Joseph 464, 466, 468—470, 473, 476, 477, 478, 479, 480, 483, 485, 494 Bonaparte, Lucien 435, 494 Bonifaz, Ramón 101 Bonnivet 252, 253, 254 Bora, Katharina von 258 Borgia, Alfonso (Papst Calixtus III.) 161, 175 Borgia, Cesare 209, 210, 212 Borgia, Rodrigo-, s. Alexander VI., Papst Borja, Gaspar de 321 Borrás, José 449 Borrassá, Luis 177 Borrell II. 75 Borso di Carminati 505 Bosarte 454 Boscán, Juan 360 Bosch y Fustigueras, Alberto 529 Botet, Guillermo 174 Bouffiers 378 Bourbon, Kronfeldherr von 252, 253, 254, 255, 256 Bourbonen 338, 372, 377, 379, 382, 384, 386, 389, 392, 394, 405, 406, 408, 430, 445, 451, 455, 457, 463, 468, 493, 495, 513, 518, 526 Bouger 453 Bournonville 435 Bowles 402
Boyer, Catherine 494 Bracamonte, Gonzalo de 288 Bracciano, Herzog von 372 Braganza, Haus 324, 395, 409 Braganza, Herzog von 150 Braganza, Ferdinand von 226 Braganza, Katherina von 290, 324 Brancas 389 Braulius, hl. 51, 52, 55 Bravo, Juan 245, 246, 247 Bravo Murillo 510, 513 Brederode, Heinrich von 285 Bretaña, Mercedente de 170 Briant 402 Brihuega, Bernardo de 169 Brissac 270 Bristol, Lord 409 Britto, Luis de 290 Brosdii, Carlo, gen. Farinelli 398 Brozas 454 Brozas, Franzisco Sánchez de las 367 Bucarelli 411, 425 Buckingham 316 Bucquoy 307 Bugallal 533 Bulgaranus 51 Bureta, Gräfin von 475 Burgos 485, 489 Burgos, Alonso de 239 Burgund, Johann von 242, 243 Burgunder 36, 37 Burriel, Pater 454 Bustamante, José de 453 Busto, Bernabé del 358 Byng, George 383 Caballero 505 Caballero, Eugenio Alvarez 442, 460 Caballero, Fernán 482 Caballero, Marquis von 441 Caballero de Rodas 518 Cabarrus 423 Cabarrus, Botschafter 434 Cabezalero, Juan Martin 365 Cabezón, Antonio 366 Cabotto, Sebastiano 269 Cabrai, Pedralvarez 227 Cabrera, Amador de 360 Cabrera, Andrés 183 Cabrera, Bernhard von 131
Register Cabrera, Jerónimo de 295 Cabrera, Juan 201 Cabrera, Ramón 501, 502, 503, 510 Cabrera de Córdoba, Luis 358 Cadalso 455 Caepio, Quintus Servilius 20 Caesar, Gajus Julius 23—24, 158 Calasanz, San José de 369 Calatrava-Orden 94, 118, 171, 191, 203 Calatrava, José María 486, 487, 488, 490, 499, 500 Caldas, Francisco José de 425 Calder 437 Calderón, Rodrigo, Marquis de Siete Iglesias 304, 305, 313—314 Calderón de la Barca, Pedro 361 Calderona, María la 332 Caligula 25 Calixtus III., Papst (Alfonso Borgia) 161, 175 Calleja 487 Calemburg, Graf von 285 Calomarde, Francisco Tadeo 490, 491, 492 Calvete de la Estrella, Juan Cristóbal 359 Calvin 369 Calvo, Juan 360 Calvo de Rozas, Lorenzo 466, 480 Calvo Sotelo, José 537, 543 Calzadilla, Diego Ortiz 198 Cámara, Juan Rodríguez de la 168 Cambiaso, Luca 364 Cambó 533 Caminha, Herzog von 395 Camina, Graf von 187 Campaña, Pedro de: s. Campeneer Campeneer, Pieter de 364 Campeny, Damián 458 Campillo 452 Campillo, José de 392, 393, 394, 400, 401, 448 Campmany 451, 454 Campo, Marquis del 433, 434 Campo Alange, Graf von 470 Campoflorido, Marquis von 418 Campomanes, Pedro Rodríguez 416, 417, 418, 419, 420—421, 422, 423, 428, 448, 450, 451, 456 Canalejas, José 530, 531, 532 Canellas, Vidal de 174 Canning 470
607
Cano, Alonso 362, 363 Cano, Melchor 283, 357, 366, 368, 417 Cánovas de Castillo, Antonio 511, 514, 516, 521, 525, 526, 527, 528, 529, 530 Canterac 497 Cañeta, La 141, 142 Cañete, Marquis de 269, 295 Cao, Diogo 226 Capetinger 120, 135 Capmany 481 Caracalla 26 Caracciolo 156 Caracena, Marquis von 319, 326 Cárdenas, Botschafter 306 Cardera 499 Carderò 498 Cardona, Juan de 280 Cardona, Herzog von 321 Cardoso 357 Carducci 364 Carillo, Alfonso 183, 184, 185, 186 Carisius 25 Carlier 458 Carlos, Don, Sohn Philipps II. 274, 281 bis 283, 353, 367 Carlos María de los Dolores von Bourbon 526 Carlota, Infantin 508 Carlota Joaquina, Königin von Portugal 519 Carmona 504 Cannona, Luis Salvador 458 Caro, Juan 249 Caro, Rodrigo 358, 361 Caro, General 431 Caros 20 Carpegna 462 Carranza 355, 367—368 Carrasco 544 Carreño de Miranda, Juan 365 Carrera 496 Carrier 478 Carrion, Rabbi Sam Tob de 168 Cartaojal, Graf von 476 Carvajal 528 Carvajal, General 488 Carvajal, Familie 108 Carvajal, Francisco de 267 Carvajal, Galíndez de 231, 239
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Register
Carvajal y Lancaster, José de 400—402, 403, 404, 457 Casa, José Iglesias de la 455 Casa Eguia, Graf von 502 Casa Irujo 490 Casado, Segismundo 553 Casal 452 Casanate, Diego Pablo de 176 Casares Quiroga 535, 542, 543 Casas, Bartolomé de las 238, 359, 369 Casas, Luis de las 426 Casas Novoa, Francisco de 362 Cascales 358 Casiri, Fray 454 Castanhede, Graf von 325, 326 Castañeda, Juan 359 Castaños, Francisco Javier 467, 468, 472, 480, 481 Castayls, Jaime 177 Castelar, Emilio 511, 515, 518, 521, 524, 525, 527, 528 Castelar, General 473 Castelar,Marquis von 388, 389 Castelo Melhor, Marquis von 325 Castellanos, Juan 359 Castelfranco, Fürst von 431 Castello, Fabricio 364 Castello, Giambattista 362 Castello, Nicola 364 Castillejo, Cristóbal de 360 Castillo 243 Castillo, Fernando del 240 Castillo, González de 455 Castillo, Fray Hernando del 358 Castro, Familie 80 Castro, Minister 500 Castro, Alfonso de 355 Castro, Bermúdez de 470 Castro, Federico de 515 Castro, Felipe de 458 Castro, Fernando de 518 Castro, Guillén de 361 Castro, Guiomar de 146 Castro, Inés de 116 Castro, Joáo de 273 Castro, Juan Sánchez de 170 Castro, Pérez de 357 Castro, Ramón de 434 Castro, Vaca de 267 Castuera, Familie 429
Catilina 23 Catinat 372 Cato, Marcus Portius 18 Caupolicán 269 Cavanillas, José de 452 Cavendish, Thomas 294 Cazalla, Augustín de 367 Cea Bermúdez, Francisco 490, 491, 492, 4%, 497 Ceballos, Pedro de 410, 414, 425, 463 Cedillo, Juan 359 Cellini, Benvenuto 255 Celma 366 Cepeda 363 Ceralbo, Herzog von 339 Cerda 452 Cerda, Alfons de la 125 Cerda, Infanten von 104, 106, 107 Cerda, Karl von, Kronfeldherr von Spanien 158 Cerdán de Tallada, Tomás 355 Cereceda, Martín García 358 Cereza, Mateo 365 Cerezo 466 Cerrato, Ro .trigo de 169 Cerretaner 7 Cervantes, Kardinal 170 Cervantes Saavedra, Miguel de 281, 312, 361—362 Cervantes de Salazar, Francisco 359 Cervera 530 Cesareus 47 Céspedes, Baltasar de 357 Céspedes, Pablo de 364 Cetina, Gutiérrez de 370 Chacón, Pedro 355 Chaide, Malón de 361 Chaix 452 Chalais, Herzog von 372 Chaldun, Ibn 152 Champagne, Haus 119, 134 Chapaprieta 541 Chaperón 490 Chateaubriand, Vicomte de 489 Chavela, Robledo de 243 Chaves 269 Chaves, Alonso de 359 Chaves, Diego de 293 Cheir-ed-Din: s. Barbarossa Cheste, Graf von 526
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Register Chibcha-Stämme 269 Chinchilla, Garci López de 187 Chinchón, Gräfin von 440, 459 Chiusa, Gabriel 342 Chlodwig 37, 55 Chlotilde 37 Choiseul 407, 408, 410, 411, 418, 445 Churriguera, José 362, 458 Churruca, Cosme 438, 439 Cid Hiaja 194 Cid: s. Vivar, Rodrigo Díaz de Cienfuegos, Bernardo 359 Cierva, Juan de la 533 Cifuentes, Graf von 187 Ciruelo, Pedro 239 Ciscar, Gabriel 482, 483 Cisneros, Hidalgo de 438 Cisneros, Francisco Jiménez de 219, 220, 221, 222, 223—226, 232, 234, 238, 239, 242, 243 Cisneros, Schauspieler 282 Ciudad Real, Herzog von 326 Claperos, Antón 177 Claris 322 Clary, Julie 469 Claudius 25 Clavijera 417 Clavijo 452 Clavijo, Bernardo de 366 Clavo, Baltasar 466 Clayton 389 Clemens V., Papst 171 Clemens VII., Papst 132, 138, 254, 255, 272, 274 Clemens XI., Papst 456 Clemens XIII., Papst 417, 418, 457 Clemens, Aurelius Prudentius 34 Cleonard, Graf von 509 Coello, Alonso Sánchez 364 Coello, Qaudio 365 Coello, Juana 296 Colbert 391 Coligny, Gaspar de 276, 277, 293 Collado, Pedro 486 Collantes, Esteban 510, 511 Collingwood 438, 439 Colmenares 358 Coloma, Juan de 201 Colombo, Domenico 196 Colomera, Graf von 432 Ballesteros, Spanien
Colón, Cristóbal, Herzog von Veragua 549 Colón, Familie 1% Colón, Hernando 359 Colonia, Familie 169—170 Colonna, Prospero 211, 291 Columela, Junius Moderatus 31 Commodus 26 Comontes, Brüder 242 Companys 540, 542 Concepión Valdés, Gabriel de la 508 Concha, José de la 506 Concha, Manuel de la, Marquis del Duero 505, 506, 516, 525 Condamine, La 453 Condé, Prinz von 317, 318, 319, 320, 322, 339 Condillac 418 Constantina, Fernández de 240 Constantinus 27, 29 Constantius Clorus 27 Constanza, Gem. Ferdinands IV. von Kastilien 108 Constanza, Tochter Juan Manuels 109, 115 bis 116, 136 Constanza, Gem. Peters III. von Aragón 120, 122
Constanza, Gem. Fadriques von Sizilien 128, 131 Constanza, Gem. Jakobs III. von Mallorca 130, 175 Contreras 243 Coral 458 Córdoba, Diego Fernández de 191 —192 Córdoba, Diego Fernández de, Graf von Cabra 187, 192 Córdoba, Elvira de 210 Córdoba, Fernando de 168 Córdoba, Gonzalo Fernández de 192, 195, 207—213, 216, 222, 223, 225, 265 Córdova, General 497, 501, 502, 511, 518 Córdova, Fernando Fernández de 516 Córdova, José de 433 Córdova, Luis de 412, 413 Córdova, Luis Fernández de 488, 497, 501, 502, 524 Corella 175 Cornejo, Fray Damián 358 Cornejo, Pedro Duque 458 Cornide 452 Cornix 410 39
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Register
Coronado, Francisco Vázquez 268 Corrado 459 Correa, Pedro 196, 197 Corro, Antonio de 369 Cortes 545 Cortés, Donoso 508, 510 Cortés, Hernán 236, 262—265, 268, 359 Cortés, Juan Lucas 358 Cortés, Martín 359 Cortina 505, 506 Costa Cabrai 520 Cota, Rodrigo de 240 Coupigny, Marquise de 467 Covarrubias, Diego de 355, 358 Covilham, Pero de 226 Cosa, Juan de la 201, 236, 237, 240 Cosmao 439 Cramer 368 Crassus 23 Cresques, Abraham 176 Cresques, Jahuda: s. Ribes, Jaime Creus 482 Crillon, Herzog von 413 Croix, Marquis von 425 Croix, Pater La 449 Cromwell, Oliver 319 Croy, Guillaume de, Herr von Xèvres 243 244 Cruillas, Marquis von 425 Cruz, Diego de la 170 Cruz, Ramón de la 455 Cruz, San Juan de la 360, 369 Cruz, Sor Juana Inés de la 370 Cruz Cano, Juan de la 453 Cuéllar, Diego Velázquez de 236 Cuenca, Pater 415 Cuesta, Gregorio de la 466, 476, 478 Cueva, Beltrán de la 146, 183, 186 Cueva, Juan de la 361 Cuevas, Zarco 549 Cuevillas, Ignacio 479 Daban, Luis 526 Dalmau, Luis 177 Damasus 34 Dancart 242 Dante 168 Daoiz 462 Darius 334 Darwy 412
Datianus 32 Dato, Eduardo 530, 532, 533 Dauventon, Páter 373 Dávila 547, 551 Dávila, Diego 254 Dávila, Gil González 268, 342, 358 Dávila, Sandio 286, 288, 291 Daza Chacón, Dionisio 360 Delgado, Gaspar Núñez 363 Delgado, Pedro 366 Delica, Fray Juan 479 Delicado, Francisco 360 Dello 170 Descartes 357 Desclot, Bernart 176 Descoll, Bernat 176 Dewey 530 Deza, Diego 200, 239 Diaz, Bartholomäus 226 Díaz, Francisco 360 Díaz, Pater Froilán 344 Díaz del Castillo, Bemal 359 Díaz de Pisa, Bemal 203 Dictinius, hl. 55 Diocletian 27, 32 Diodor 19 Dionysius von Portugal 115 Dios, San Juan de 369 Ditalcus 20 Domingo, hl. 543 Domingo, Marcelino 535 Dominikaner-Orden 238, 257, 355, 357, 452 Domitianus 26 Donatus 50, 55 Doria, Andrea 255, 261, 279 Doria, Filippino 255 Doria, Giovanni Andrea 281, 310, 348 Dracontius 50 Dragut 262 Drake, Francis 292, 294 Draper 410, 417 Duarte von Portugal 150, 227 Duarte, Infant 290 Du Barry, Madame 411 Duhan 333 Duhesme 466 Dulce, Prinzessin von León 82 Dulce, Domingo 505, 511, 518 Dulcert, Angel (od. Dulcen) 176
Register Dumanoir 439 Dupont 467, 468 Duquesme 339 Durán y Bas 530 Duras 404, 407 Duval, Pater 343 Eanes, Gil 150 Eboli, Ruy Gómez de Silva, Fürst v. 283, 285, 296 Eboli, Ana de Mendoza de la Cerda 296, 297 Eboridi 40 Ediagüe 516, 518 Ediegaray 524, 525 Edievari 485 Ecija, Erzdediant von (s. a. Martínez, Hernando) 138, 178 Egas 170 Egas, Enrique de 242 Egika 42 Egmont, Graf 277, 284, 286 Eguia 473 Eguía y Latorre, Francisco Ramón 485 Elcano, Juan Sebastián 268 Eleta 457 Elio, Francisco Javier 485, 488, 495 Elisabeth von Bourbon, Gem. Philipps IV. 306, 328, 333 Elisabeth von England 291, 294, 302, 305 Elisabeth von Valois, Gem. Philipps II. 278, 282, 299 Elisabeth, Erzherzogin von österreidi 527 Elisabeth Christine v. Braunschweig, Gem. Karls von Österreich 378 Elisabeth Farnese, Gem. Philipps V. 381, 382, 385—386, 388, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 397, 398, 399, 400, 405, 406, 417 Elliot 413 Elpidius 55 Elvira von Kastilien 76 Emanuel Philibert, Herzog von Savoyen 276, 277, 278, 290 Enciso, Martín Fernández de 237, 359 Enghien, Herzog von (Zeit Franz, I. von Frankreich) 256 Enghien, Herzog von (Zeit Napoleons) 495 Enguera, Juan de 218 Enrique von Bourbon, Infant 522
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Enriquez, Enrique 355 Enriquez, Fadrique 148 Enriquez, Fadrique 246 Enriquez, Juana 148, 160, 161, 162 Ensenada, Marquis de la 393, 394, 400, 401, 402, 403, 404, 406, 416, 419, 447, 451, 456 Entenza, Berenguer de 126 Enzina, Juan de 240, 242, 243 Enzinas, Francisco de 368 Enzinas, Jaime de 368 Ephorus 6 Erasmus von Rotterdam 239, 357, 368 Eraso 501 Eratosthenes 5 Ercilla, Alonso de 361 Ermesindis 83, 85 Ernst von Braunsdiweig-Lüneburg 259 Eróles, Baron von 489 Ervenat, Guillermo 366 Erwich 42 Escaño 438 Escaño, Antonio 481 Escobedo 2%, 297 Escóiquiz 440, 441, 463, 486, 493 Escosura 511, 512 Escudero 354 Eslava, Sebastián de 391, 425 Esminiéres, Graf von 449 España, Graf von 491 Espartero, Baldomero 500, 501, 502, 503, 504, 505, 506, 507, 508, 511, 512, 513, 520, 523 Espinel, Vicente 361 Espinosa, Kardinal 282 Espinosa, Jacinto Jerónimo de 364 Espinosa, Pedro de 358 Essex, Graf von 302 Esteban, Maestro 366 Esteve 460 Esteve, Pedro Jaime 359 Estrée, Abbé d' 373 Estrée, Kardinal d' 372, 373 Estopiñán, Pedro 213 Etrurien, Königin von 441, 486 Etrusker 10 Eugen, Prinz 372, 373, 378, 386 Eugen III. von Toledo 51, 55 Eugen IV., Papst 157 Eulalia, hl. 32 39»
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Register
Eulogius, hl. 58, 92, 97 Eurich 36—37, 48, 55 Eusebius 54 Eutropius 50 Evreux, Philipp, König von Navarra 135, 158 Exerica, Peter von 128 Eximenis, Francisco 175 Eximeno, Antonio 452 Eyck, Jan van 170, 171 Ezra, Ibn 98 Fabrer, Andreu 175 Fadrique, Bastard Alfons* XI. 112 Fadrique, Bruder Jakobs II. von Aragon 125, 126, 127, 131, 155 Fadrique, Enkel Martins I. von Aragón 153 Fadrique III. von Neapel 208, 209, 210 Fafulla, Tito 211 Fajardo, Familie 187 Fajardo, Diego Saavedra 310, 318 Fakire 61 Fancelli, Andino 242 Fancelli, Domenico 242 Farinelli: s. Brosdii, Carlo Fariñas 358 Farnese, Alessandro 272, 281, 288, 289, 292, 298—299 Farnese, Octavio 272 Fatimiden 59 Favilla 67 Federmann 269 Feijóo, Pater 454 Félix, hl. 32 Felix, Bischof von Urgel 98 Felix, Erzbisdiof von Toledo 52 Felix, Victoria 452 Ferdinand I. von Aragon 140, 142, 148, 153—154, 159, 171 Ferdinand I., Kaiser von Deutschland 258, 260, 271, 275, 371 Ferdinand I. von Kastilien 70, 74, 75—76, 83, 89, 91 Ferdinand I. von Neapel 161, 206 Ferdinand I. von Portugal 136, 137, 149 Ferdinand II., Kaiser von Deutschland 307, 316, 317, 318, 331, 371 Ferdinand II. von León 79, 80, 81 Ferdinand II von Neapel 207, 208 Ferdinand III., Kaiser von Deutschland 371
Ferdinand III. von Kastilien und León 82, 100—103, 107, 108, 116, 136, 150, 165, 178, 189 Ferdinand IV. von Kastilien 107—108, 126, 164, 169, 178, 374 Ferdinand V. von Aragón, d. Katholische 147, 148, 149, 155, 163, 174, 179—213 (182, 183, 184, 185, 186, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 209, 212, 213), 215, 216, 217, 218, 219—223, 224, 225, 228, 230, 231, 232, 233, 237, 239, 243, 271, 275 Ferdinand VI. von Spanien 385, 394, 397 bis 405, 406, 416, 426, 446, 448, 451, 456 Ferdinand VII. von Spanien 435, 440, 441, 442, 443, 444, 446, 459, 461, 462, 463, 464, 465, 470, 481, 482, 484—496, 512, 519 Ferdinand, Infant von Aragón 117 Ferdinand, Sohn Leonors von Aragón 128, 129 Ferdinand, Bruder König Duartes von Portugal 150 Ferdinand, Herzog von Kalabrien 210, 212 Ferdinand, Kardinal 308 Ferdinand, Kardinal-Infant 315, 316, 317 Ferdinand, Infant, Vizekönig von Katalonien 321 Ferdinand von Neapel, Sohn Karls III. von Spanien 406, 409, 411, 418 Ferdinand von Koburg 522 Ferdinand de la Cerda, Sohn Alfons' X. 104 Feria, de 283 Fernán González, Graf von Kastilien 69,71 Fernán Núñez, Graf 459 Fernández, Alejo 243 Fernández, Gregorio 363 Fernández, Lucas 240 Fernández de León, Esteban 481 Fernández Silvestre 533 Fernando García 81 Ferrer, Vicente 153, 178 Ferrer Guardia, Francisco 531, 532 Fidel 55 Fieramosca, Hettore 211 Figueras, Estanislao 521, 524 Figueroa, Feliciano de 311 Figueroa, Francisco de 360
Register Figueroa, Manuel V. von 456 Figuerola, Laureano 511, 521 Filangieri 465 Filo, Furius 21 Fivaller, Juan 154 Flandern, Johann von 242 Flavier 25 Flavius Valentinian 27 Fleury, Kardinal 389, 390, 393 Flor, Roger de 126 Florentina, hl. 50, 55 Florentino, Miguel el 363 Flores Estrada 487 Flórez, Pater 454 Floridabianca, Graf von 412, 416, 418, 419, 420, 428, 446, 448, 471 Florinda (Cava) 42 Foix, Graf von 121 Foix, Graf von (um 1400) 132—133 Foix, Graf von, Gem. Leonors von Aragón 161 Foix, Germaine de 218, 220 Foix, Gaston de 219 Foix, Katharina de 220 Fontana 362 Fontanella, Juan Pedro 355 Fontaine, Graf von 318 Fonterosa (Fontanarosa), Susanna 196 Forcia, Sibila von 132 Forment, Damián 242 Forner 455 Foronda, Valentín 452 Fox Morcillo, Sebastián 355, 357 Fragoso, Juan 359, 360 Francisca, Gemahlin des Infanten Karl 491, 501 Francisco, Infant 462, 463 Francisco de Paula, Infant 508 Franco Bahamonte, Francisco 544, 545, 546, 547, 548, 551, 552, 553 Franken 27, 36, 37, 39, 41, 43, 57, 72, 74, 75, 95 Franklin 411, 412 Franqueza, Pedro 304 Franta 40 Franz I. von Frankreich 221, 244, 249, 250 bis 257, 270 Franz IV. von Gonzaga 308 Franziskanerorden 223, 238, 304, 369, 370, 418, 425
613
Fraticelli-Sekte 177 Freere 435, 471 Freiburg, Romuald von 422 Freire 483 Frémin 458, 459 Fresno, Marquis von 344 Frías, Bernardino Fernández de Velasco, Herzog von 500 Friedrich der Große von Preußen 213, 409, 445 Friedrich der Weise von Sachsen 244 Friedrich II., Kaiser von Deutschland 121 Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz 307 Friedrich Wilhelm, der „Große Kurfürst" 338 Fruela I. von Asturien 68 Fruela II. von Asturien 69 Frumari 40 Frundsberg, Georg von 255 Fructuosus, hl. 46, 52 Frutet 364 Fuenllana 366 Fuensaldaña 319 Fuensalida, Graf von 187 Fuensalida, Botschafter 225 Fuente, Marquis de la 341 Fuentes 408 Fuentes de Valdepero, Graf von 306, 308, 309 Fugger, Familie 350 Fugger, Bankier 245 Fulgencio, Pater 509 Fulgentius, hl. 50 Furnius 25 Gabirol, Ibn 98 Gaeta 26 Gages, Juan de 392, 393 Galán, Fermín 535 Galba (Prätor) 18 Galba (Kaiser) 25 Galiano, Dionisio 438, 439, 453 Galicier 63 Galindo, Beatriz 192, 239 Galla Placidia 35, 53 Gallardo 482 Gallego, Juan Nicasio 455 Gallego, Morales 482 Gallego, Nicasio 482, 486 Gallegos, Fernando 170
614 Gallier 6, 7 Gallo, Magister 283 Gálvez 411 Gálvez, Bernardo, Graf von Gálvez 412, 425 Gálvez, José de 425 Gálvez, Matías de 412, 425 Galway, Lord 375, 376 Gama, Antonio de 355 Gama, Vasco da 227 Gamazo, Germán 527 Gándara, Pater Miguel 416 Gandía, Herzog von 153 Gandía, Herzog von 311 Ganganelli, Lorenzo 418 Ganija, Ibn 85 Gante, Pedro de 358 Garay, Juan de 295 Garay, Martín 486 Garci Fernández 71 García von Galicien 76 García, Graf von Kastilien 71, 74 García I. von León 69 García von Navarra 74, 75, 82—83 García, Alejo 269 García, Basilio Antonio 503, 504 García, Manuel Vicente 459—460 García Escamez 551 Garcia Goyena, Florencio 509 García Prieto, Manuel 532, 533, 534 García Ramírez von Navarra 86, 88 García Ruiz 521 García Sánchez, König von Navarra 72 García Valiño 551 García Villada, Zacarías 549 Gardoqui, Bankier 412 Gardoqui, Seeoffiz. 439 Garibay 358 Gasea, La 452 Gasea, Pedro de la 267 Gassendi 452 Castañeta, Antonio 383 Gato, Alvarez 168, 240 Gayán 479 Gazzola, Graf 423 Geiserich 54 Gelmírez, Diego 79, 90, 180 Genst, van der, Familie 272 Georg von Hessen-Darmstadt 342 Gepiden 36
Register Geraldino, Alejandro 239 Geraldino, Antonio 239 Gerbert, Bisdiof 97 Gergué 502, 504 Germanen 34 Gesalidi 37, 55 Geusen 285 Giambelli 289 Giaquinto 459 Gibbons 412 Gil, Juan 367 Gil Robles 538, 539, 540, 541 Gimbernat 452 Giudice 382, 383, 386 Giner, Francisco 515, 518 Giral 548 Giralte 363 Girón, Pedro 246, 248 Gobert 467 Godin 402, 453 Godisvintha 39 Godmar 97 Godoy, Diego 440 Godoy, Manuel 423, 428, 429—430, 431, 432, 433, 434, 435, 436, 440, 441, 442, 443, 444—445, 451, 452, 457, 460, 461, 493, 494 Goicoediea, Rafael de 462 Gómara, Francisco López de 358, 359 Gomares, Marquis von 261 Gómez 502 Gómez, Antonio 355 Gómez, Esteban 268 Gómez, Máximo 529 Gómez, Violante 290 Gómez Becerra 506 Góngora, Cristóbal 485 Góngora, Luis Argote y 360 Góngora y Ezpeleta, Caballero 425 Gonzaga, Cario, Herzog von Nevers 315 Gonzaga, Ferrante, Fürst von Guastalla 315 Gonzaga, Francesco, Herr von Mantua 211 Gonzaga, Julia, Gräfin von Fondi 368 González, Antonio 505 González, Bartolome 364 González, Fray Diego 455 González Brabo 505, 507, 511, 513, 515, 516, 518 González Moreno, Vicente 492, 502
Register González Téllez, Manuel 355 Gonzalo, Herr vonSobrarbe undRibagorza 74, 83 Gourgues, Dominique de 294 Goya y Lucientes, Francisco Manuel de 459 Gracdius, Tiberius Sempronius 18, 20 Gracián, Baltasar 357, 360 Gralla, Johan de 175 Granada, Fray Luis de 362 Granolladis, Bernardo de 240 Granvella 284, 286 Gtravina, Federico 436, 437, 438, 439 Greco, El 364 Gregor VII., Papst 41, 50, 94, 170 Gregor IX., Papst 174 Gregor X., Papst 104, 170 Gregor XIII., Papst 290, 368 Gregor XVI., Papst 497 Griechen 9—10, 13, 32, 46, 126 Grijalba, Juan de 262, 268 Grimaldi, Marquis von 407, 408, 410, 411, 412, 414, 415, 416, 419, 420, 423, 456 Grimaldo, Marquis von 384, 388 Grotius 355 Grovier 10 Guadalupe, Pedro de 366 Guandies 140 Guarani-Indianer 370 Guas, Juan 242 Guatimozin 264 Guay-Trouin, Du 396 Gudannes, Marquise von 343 Gudiel 358 Guereau, Antón 177 Guerrera, Alfonso de 355 Guerrero, Alfonso Alvarez 358 Guerrero, Francisco 366 Guerri, Menoldo 209 Guesclin, Bertrand du 112—113, 136, 159, 169 Guevara 240 Guevara, Doktor 354 Guevara, Antonio de 357, 358 Guevara, Baltasar de 383 Guevara, Vélez de 361 Guijarro 508, 521 Guillemardet 434 Guillén, Arnau 366 Guillén, Felipe 359
615
Guirior 425 Guisa, Enrique de 328 Guise, Franz von 270, 276, 277, 278 Guise, Herzog von 299 Guisen 270, 298 Guixón, Francisco 363 Guizot 513 Gumiel, Pedro 243 Gundisalvo, Domingo 92 Gunthimar 41 Gustav Adolf von Schweden 213 Gutiérrez, Antonio 434 Gutiérrez, Francisco 458 Gutiérrez, Julián 240 Guzmán, Familie 187 Guzmán, Alfonso Pérez de, Herzog von Medina Sidonia 292 Guzmán, Alonso Pérez de, Herzog von 106, 107, 135, 374, 545 Guzmán, Enrique de 187, 190—191 Guzmán, Fernán Pérez de 168, 169 Guzmán, Leonor de 109, 111, 112, 114 Guzmán, Luisa de 324, 325 Habsburg, Haus 215, 243, 244, 248, 257, 270, 272, 275, 300, 301, 306, 307—308, 314, 331, 342, 345, 347, 349, 352, 354, 358, 360, 362, 366, 371, 405, 406, 445, 450, 459 Hadrian VI., Papst 254, 258 Hadrianus, Aelius 26, 30 Haiyan, Ibn 66 Hakam I. 58, 65 Hakam II. 59, 60, 97 Halen, Van 487, 500 Hamet 193 Hamilkar 11 Hamilton, Lady 438, 468 Hamiten 5 Hammaditen 61 Hammed el Gasel 413 Hannibal 11—13 Hanoch, Rabbi 98 Harcourt, Graf von 322 Harcourt, Marquis von 343, 344 Haro, Familie 181 Haro, Lope de 106 Haro, Diego López de 240 Haro, Graf von 247
616
Register
Haro, Luis de, Marquis von Carpió 325, 330, 331 Haro Sotomayor y Guzmán, García 331 Harrach, Graf von 342, 343 Harte, Juan 357 Harvey 434 Hasdai 98 Hasdrubal 12 Hasdrubal, Bruder Hannibals 14 Hassan Aga 261 Hawkins, John 294 Hawkins, Richard 294 Hay, John 504 Hazm, Ibn 66 Hebreo, León 357 Heinrich I. von Kastilien 82 Heinrich I. von Navarra 135 Heinrich II. von Frankreich 259, 270, 276, 278, 298 Heinrich II. von Kastilien 111, 112, 113, 130, 135—137, 149, 159, 169, 178 Heinrich III. von Frankreich 298 Heinrich III. von Kastilien 137, 138—140, 164, 169, 178 Heinrich IV. von Frankreich 298, 299, 300, 306, 469 Heinrich IV. von Kastilien 143, 144, 145 bis 148, 161, 162, 178, 179, 184, 186, 188, 214, 217, 221, 229, 234 Heinrich VII. von England 198, 199, 227 Heinrich VIII. von England 216, 222, 251, 254, 256, 274, 291 Heinrich von Burgund und Portugal 77, 82 Heinrich, Infant, Sohn Ferdinands III. von Kastilien 107 Heinrich, Sohn Ferdinands I. von Aragón 142—143, 144 Heinrich der Seefahrer 149, 150, 196 Heinrich von Viana 220 Heinridi, Kardinal, König von Portugal 290, 291 Hekateus 5 Heliogabal 26 Hellenen 10 Henriette von England 341 Heredia, Juan Fernández de 175 Heredia, Pedro de 268 Hermenigild 39, 40 Hermerich 39 Hermoso, Lorenzo 416
Hermosilla 489 Hernández, Angel Garcia 535 Hernández, Francisco 359 Hernández, Garci 199 Herodot 6 Heros, Martin de los 505 Herrera, Fernando de 360 Herrera, Francisco de (d. Alte) 364 Herrera, Francisco de (d. Knabe) 365 Herrera, Juan de 352, 362, 458 Herrera, Hernán Alonso de 239 Herreros, García 487 Heruler 37 Hervás, José Gerardo 455 Hervás y Panduro, Pater 417, 453 Hesekiel 8 Hesiod 5, 9 Hessen-Darmstadt, Landgraf von 374, 375 Hidalgo 4 % Hieronymiter-Orden 238, 367 Híjar, Herzog von 326 Híjar, Herzog von (Zeit Karls III.) 419 Hilderidi, Graf von Nîmes 41 Hildigis 42 Hisdiam I. 58 Hischäm II. 60, 66 Hischam III. 60 Hispano-Romanen 39, 43, 44,46, 47,56, 67 Hita, Erzpriester von (Ruiz, Juan) 168 Hita, Rodríguez de 460 Hoche 436 Homer 9, 195 Honorius 28, 35 Hontañón, Juan Gil de 242 Hoorn, Graf 286 Horudsdi 261 Houasse 459 Howard 292 Howe, Lord 413 Huascar 266, 267 Huelva, Alonso Sánchez de 197 Huerta, García de la 455 Huesca, Fray Ramón de 454 Huesear, Herzog von 404 Hunnen 36 Hussein, König von Algier 280 Iauck, Joseph 422 Ibarruri, Dolores („La Pasionaria") Iberer 5, 7, 13—17, 19, 22, 43, 44
553
Register Iberti 452 Ibort, Jorge 475 Idatius 39, 49—50, 54, 56 Idriszi 66 Ildefonsus 51, 55 Ilergeten 5, 18 Imperial, Francisco 168 Indibil 18 Indigeten 7 Indortes 11 Inés von Poitiers 87 Infantado, Herzöge von 169, 473 Infantado, Herzog von (Zeit Karls II.) 335 Infantado, Herzog von (Zeit Karls IV.) 441, 463, 465, 484, 486, 491 Ingunthis 39 Inkas 265—267, 426 Innozenz III., Papst 81, 116—117, 170 Innozenz VI., Papst 114 Innozenz X., Papst 328, 365 Innozenz XI., Papst 339, 344 Irala, Domingo Martínez de 269 Iriarte 433 Iriarte 455 Isabella von Portugal, Prinzessin von Aragon 115 Isabella, Tochter Jakobs I. von Aragon 119 Isabella, Gem. Johanns II. von Kastilien 144, 170 Isabella die Katholisdie 147, 148, 149, 163, 179—213 (179, 183, 184, 185, 1S6, 187, 189, 194, 195, 200, 201, 202, 203, 204, 205), 218, 219, 220, 222, 223, 224, 225, 227, 230, 233, 234, 239, 243 Isabella, Tochter der Kath. Könige 186, 214, 217, 227 Isabella, Enkelin Ferdinands von Neapel 206 Isabella, Gem. Karls V. 214, 274, 290, 300 Isabella, Wahrsagerin 344 Isabella II. von Spanien 492, 493, 496 bis 520, 521, 522, 526 Isabella Klara Eugenie 278, 299, 300, 306, 315 Isidor, hl. 45, 48, 51, 53, 55, 56, 92, 93, 97, 454 Isla, Pater 417 Isla, Pater José Francisco de la 455 Ismael, König von Granada 151 Istolacius 11
617
Istúriz, Francisco Javier 487, 499, 508, 513, 514 Iturbide, Augustin 496 Izquierdo, Eugenio 440, 441, 443 Jabat 487 Jacobo, Magister 167 Jácome, Adrian 470 Jafacha, Ibn 66 Jakob I. von Aragón 102, 104, 116—120, 129, 134, 155, 174, 176, 178 Jakob I. von England 305 Jakob II. von Aragón 106, 107, 124, 125 bis 127, 129, 134, 174, 177 Jakob III. von Mallorca 130, 131, 134, 175 Jakob IV. von Aragón 134 Jakob IV. von Mallorca 130, 134 Jakob, Bruder Peters IV. von Aragón 128 Jakob, Sohn Jakobs I. von Aragón 119, 121, 123 Jakob von Aragón, Graf von Urgel 152, 154 Jakobus d. Ält., Apostel 32, 68, 94 Jansenisten 416, 421, 455, 457, 481 Jaruco, Gräfin von 469 Jáuregui 361 Javier, San Francisco 273 Jemeniten 58 Jenkins 391 Jerwis 433 Jesuitenorden 251, 273, 323, 324, 332, 335, 336, 346, 357, 359, 366, 369, 370, 373, 386, 388, 398, 403, 404, 409, 416—418, 420, 421, 422, 424, 425, 427, 452, 453, 471, 498, 511, 539, 549 Jesús, Tomás de 369 Jimena, Witwe de Cid 78 Jiménez 268 Johann I. von Aragón 132, 175 Johann I. von Frankreich 114 Johann I. von Kastilien 137—138, 149, 164, 169 Johann I. von Portugal 137, 139, 149 Johann II. von Aragón und Navarra 142 bis 143, 144, 145, 148, 154, 155, 156, 158, 159—163, 171, 173, 182, 184, 206, 217, 240 Johann II. von Frankreich 158, 159 Johann II. von Kastilien 140—145, 146, 170, 178
618
Register
Johann II. von Portugal 198, 199, 214, 226, 227, 242 Johann III. von Portugal 273 Johann IV. von Portugal 324, 325, 395 Johann V. von Portugal 396, 397, 398 Johann VI. von Portugal 519, 520 Johann, Sohn Leonors von Aragon 128 Johann, Herzog von Lothringen 162—163 Johann, Sohn Alfons' V. von Portugal 184, 185, 186 Johann, Sohn der Kath. Könige 186, 200, 214, 215, 217, 239, 250 Johann, Erzherzog 216 Johann von Sachsen 258, 259 Johanna I. von Neapel 155 Johanna II. von Neapel 155, 156 Johanna II., Gem. Philipps von Evreux 135, 158 Johanna, Tochter Heinrichs I. von Navarra 135 Johanna, Gem. Heinrichs IV. von Kastilien 146 Johanna, „La Beltraneja" 146, 147, 150, 183, 184, 186 Johanna die „Wahnsinnige" 215, 217, 219, 221, 224, 239, 244, 246, 353, 367, 371 Johanna, Tochter Karls V. 271 Johannes, Prälat von Tarragona 55 Johanniterorden 118, 171, 369 Jordan, Lucas 459 Joseph 198 Joseph I., Kaiser von Deutschland 380 Joseph I. von Portugal 426, 519 Joseph Leopold von Bayern 342, 343, 371 Josephine, Kaiserin von Frankreich 440 Jourdan 478, 480 Jovellanos, Gaspar Melchor de 423, 434, 448, 450, 452, 454, 455, 457, 471, 480 Jovellar 526, 527 Juan de Banos, hl. 52 Juan, Bruder Sandios IV. von Kastilien 106, 107, 108 Juan der Schieläugige 108, 109 Juan de Austria 271, 272, 279, 280, 281, 282, 283, 288, 289, 296, 297 Juan von Bourbon 521 Juan José de Austria 319, 322, 326, 328, 332, 334, 335, 337, 338, 340—341 Juan Manuel, Enkel Ferdinands III. von Kastilien 108, 109, 110, 115, 136, 181
Juan Manuel, Dichter 168 Juan Manuel, Botschafter 218 Juan, Jorge 402, 414, 452, 453 Juanes, Juan de: s. Massip Juden 41, 42, 46, 63, 91, 98—100, 133, 138, 165, 167, 176, 177—178, 179, 196, 226, 227, 232, 234—236, 250, 310, 349, 357, 451 Julián, Bischof von Toledo 52, 55 Julián, Graf 42 Julián, Pedro 157 Julianillo 329 Julius II., Papst 219, 221 Juni, Juan de 363 Junot 468, 519 Justa, hl. 32 Justinian 38 Justinianus, Bischof 55 Justo, hl. 32, 34 Justus, Bischof 50, 55 Juszaf, Ibn 106 Juszaf von Ecija 178 Juszuf 61 Juszuf von Granada 151 Juszuf al-Fidiri 58 Juvara 458 Kaisz 58 Kalabrien, Herzog von 153 Kantabrer 14, 24, 25, 38 Kapuziner-Orden 342, 472 Karl I. von England 316 Karl I. von Navarra 135, 158 Karl I. von Spanien (Karl V.) 205, 215, 216, 217, 224, 225, 243—273, 275, 277, 278, 280, 281, 284, 296, 304, 327, 346, 349, 352, 353, 354, 356, 358, 360, 363, 367, 369, 380 Karl II. von England 326, 333, 395 Karl II. von Navarra 158—159, 172 Karl II. von Spanien 331—346, 354, 371 Karl III. von Durazzo 155 Karl III. von Navarra 159, 160 Karl III. von Spanien 383, 384, 387, 388, 389, 390, 392, 393, 401, 403, 404, 405—424, 426, 433, 445, 446, 447, 448, 450, 456, 457, 459, 460, 478
385, 397, 428, 451,
214, 274, 301, 355,
365,
386, 400, 429, 454,
Register Karl IV. von Spanien 427—445, 446, 450, 459, 461, 463, 464, 484, 491 Karl V. von Frankreich 159 Karl VI., Kaiser von Deutschland 343, 370, 374, 375, 376, 378, 380, 384, 386, 388, 389, 392, 396, 398, 447, 456 Karl VI. von Frankreich 209 Karl VIII. von Frankreich 199, 206, 207, 209, 215, 250 Karl X. von Frankreich 413 Karl der Große 68, 72, 74, 119, 272 Karl der Kahle 75 Karl der Kühne von Frankreich 198, 215, 243, 272 Karl der Lahme von Anjou 122, 155 Karl von Bourbon 521, 522, 524 Karl von Frankreich, Sohn Philipps des Kühnen 124 Karl von Lothringen 319, 320, 338 Karl von Valois 122, 123, 124 Karl von Viana 160—163, 175, 217 Karl, Bruder Ferdinands VII. von Spanien 490, 491, 492, 497, 498, 501, 502, 503, 504, 508, 518 Karl, Erzherzog von Österreich 527 Karl Emanuel von Sardinien 393, 394 Karl Emanuel von Savoyen 308, 309, 399 Karl Ludwig, Infant 486 Karl Martell 57 Karmeliter-Orden 369, 391 Karoline, Königin von Neapel 468 Karpetaner 7 Karthager 10, 13 Katalanen 63, 121, 126, 127, 131, 154, 161, 162, 182 Katharina, Gem. Heinrichs VIII. von England 216, 274 Katharina, Gem. Karls II. von England 395 Katharina II. von Rußland 445 Katharina Mjcaela, Tochter Philipps II. 278 Katholische Könige 121, 145, 179—213, 213—216, 226, 227, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 242, 243, 248, 249, 250, 275, 279, 323, 434 Keene, Benjamin 389, 397, 398, 401, 402, 404, 407 Kelb 58
619
Kelten 5, 6, 7, 36 Keltiberer 7—8, 14, 18, 20, 21 Kes 402 Kindasvinth 41, 48, 51, 52, 67 Kindila 41 Kino, Pater 346 Klüniazenserorden 77, 93, 94 Köln, Hans von 242 Köln, Simon von 242 Königsegg, Graf von 387, 390 Kolaios 9 Kolumbus, Bartolome 198, 203 Kolumbus, Christoph 149, 195—205, 216, 222—223, 225, 226, 236, 238, 356, 434, 549 Kolumbus, Diego 199, 236, 238 Kolumbus, Ferdinand 204, 356 Konradin von Hohenstaufen 121 Koraisdi 63 Kosman, Ibn 66 Kozietulski 473 Labrador, Pedro Gómez 463, 484, 486 Lacepède 440 Lacetaner 7 Lacy y Milans 487 Ladislaus von Neapel 155 Laforest 484 Laguna, Andres 360 Lainez, Diego 366 Lancaster, Herzog von 135, 136, 137, 138 Lancaster, Katharina von 138, 140, 141, 178 Lancaster, Philippina von 149 Landa 426 Lángara, Juan de 412, 433 Lannes 472, 474, 475 Lannoy, Charles 252, 254 Lanuza, Juan de 245 Lanuza, Juan de, Justicia von Aragón 297 Lara, Familie 80, 181 Lara, Ñuño de 104 Lardizábal y Oribe, Miguel de 481 Largo Caballero 535, 537, 548, 550 Larruga 453, 454 Lasalle 466 Laserna 460 Lastanosa, Vicente Juan de 358 Latro, Portius 31 Laudonnière, René Goulaine de 293
620
Register
Lauria, Roger de 122, 123, 124, 125 Lautaró 269 Lautrec 251, 255 Lavalette, Jean de 280 Leander von Sevilla 41, 50, 51, 55 Lede, Marquis von 383 Lee, Arthur 411, 412 Lefebvre Desnouettes 466, 472, 474 Leganés, Marquis von 317 Legazpi, Manuel López de 295 Leicester 292 Leite, Domingo 395 Leiva, Antonio de 252, 253, 255, 256 Leo X., Papst 251, 257 Leo XIII., Papst 528 Leo von Narbonne 48 León, Cieza de 359 León, Diego 503, 505 León, Fray Luis de 360, 362, 367, 454 León Pinelo, Antonio de 355 Leoni, Leone 363 Leoni, Pompeio 363 Leonor, Schwester Alfons' X. von Kastilien 104 Leonor, Gem. Jakobs I. von Aragón 119 Leonor, Gem. Alfons IV. von Aragón 127, 128 Leonor, Gem. Peters IV. von Aragón 131 Leonor, Mutter Ferdinands I. von Aragón 153 Leonor, Tochter Johanns II. von Aragón 161, 163 Leonore von England 80 Leopold, Erzherzog 318, 319 Leopold, Kaiser von Deutschland 333, 334, 338, 339, 340, 342, 343, 344, 371 Leopold v. Hohenzollern-Sigmaringen 522 Leopold von Koburg 512 Leova I. 38 Leova II. 41 Leowigild 38—39, 40, 46, 48, 50, 55 Lepe, Diego de 236 Lepidus, Marcus Aemilianus 21, 24 Lerma, Herzog von 303, 304, 305, 308, 311, 312, 313, 337 Lerroux, Alejandro 535, 536, 538, 539, 540, 541 Lersundi 510 Lesparre, Herr von 251 Leuko 21
Levi, Samuel 178 Lezcano 211 Lezcano, Steuermann 346 Lezo, Blas de 391 Licinianus 50 Ligurer 5, 6, 17 Lillo, Lorenzo Balbo de 239 Linage 504, 506, 512 Linares Rivas 527 Lippe, Graf von 410 Lira, Manuel de 342 Liria 389 Lista, Alberto 455, 485, 489 Lizárraga, Fray Reginaldo de 359 Livius, Titus 158 Llanos 364 LIanzo de Romani, Francisco 357 LJauder 497, 498 Lleó, Marquis von 454 Llórente 470 Loaisa, Jofre de 169 Loaysa, Garcia de 355 Lobkowitz 393 Lolotte 494 Lomas, Antonio de las 465 Longueville 254 Longueville, Herzog von 277 Loperráez, Juan Bautista 454 López, Francisco 240 López, Gregorio 355 López, Pater Isidoro 416 López, Joaquín María 503, 505, 506 López, Fray Juan 358 López, Tomás 453 López de Ayala, Adelardo 511, 521, 524 López Domínguez 525, 527, 531 Lorenzana, Kardinal 454 Lorenzana 521 Lorenzo, General 501 Lorenzo, Juan 249 Louis Philipp von Frankreich 508, 513 Louise von Savoyen 252, 254, 255 Louville 373 Loycer, Estefanía 466 Loyola, Blasco de 331 Loyola, Ignatius von 251, 366, 369 Luarca, Menéndez de 465 Lucanus, Marcus Annaeus 31 Lucena, Luis de 358 Ludwig I., König von Holland 468
Register Ludwig I. von Portugal 520 Ludwig I. von Spanien 378, 384—385 Ludwig X. von Frankreich 135, 158 Ludwig XI. von Frankreich 162, 163, 171, 185, 186, 199, 206, 214, 215, 222, 226, 250, 301 Ludwig XII. von Frankreich 209, 210, 212, 218, 219, 220, 222, 250 Ludwig XIII. von Frankreich 306, 317, 322, 371 Ludwig XIV. von Frankreich 312, 314, 320, 333, 334, 338, 339, 340, 341, 343, 371, 372, 373, 376, 377, 378, 379, 381, 383, 402 Ludwig XV. von Frankreich 386, 388, 392, 399, 400, 408, 409, 411 Ludwig XVI. von Frankreich 413, 428, 429, 430, 433 Ludwig XVIII. von Frankreich 489 Ludwig der Fromme 74 Ludwig der Heilige von Frankreich 103, 119, 121, 134, 135 Ludwig von Navarra, Herzog vonDurazzo 131 Ludwig, Herzog von Orléans 209 Luis, Infant von Portugal 290 Luis, Infant von Spanien 440, 485 Luisa Carlota, Schwester Maria Christinas von Spanien 492 Luisa Fernanda, Schwester Isabellas II. 505, 508, 513, 518, 527 Luise Elisabeth, Gem. Ludwigs I. von Spanien 384—385 Luise Elisabeth, Tochter Ludwigs XV. 392 Lujanes, Familie 254 Lull, Ramón 175 Luna, Alvaro de 141—145, 146, 160 Luna, Anton de 154 Luna, Juan Mate de 106 Luna, Pedro de (Papst Benedikt XIII.) 132, 133, 139, 142, 154, 177 Luna, Pedro de, Erzbischof von Toledo 142 Luque, Hernando 265 Lusitaner 7, 14, 18, 20, 29, 115 Luther, Martin 257—259, 367 Luzán, Ignacio 454 Lyon, Gaston de 192 Mably, Abbé 418 Macanaz, Pedro 419, 456, 485
621
Macchiavelli 222, 350 Maceo, Antonio 529 Maciá 535, 536, 538, 540 Macías 168 Mac Kinley 530 Mac Mahon 526 Madrid, Alonso Fernández de 358 Madrigal, Alfonso de 168 Maella, Mariano 459 Maeztu, Ramiro de 543, 549 Magalhaes, Hernando de 268 Magalhaes, General 326 Magentius 27 Magiscatzin 263 Magon 439 Maillebois 393, 394, 399 Maimonides 98 Maintenon, Marquise von 372 Malagrida, Pater 427 Malara 360 Malaspina, Alejandro 453 Malatesta, Familie 115 Malcampo 524 Maldonado, Francisco 247 Maldra 40 Malibrán, María 460 Mancera, Marquis von 342, 343 Mancinus 21 Manco 267 Mandonius 18 Manfred von Hohenstaufen 120, 121 Manfred, Sohn Fadriques von Sizilien 127 Manicháer-Sekte 56 Manrique, Fray Angel 358 Manrique, Gómez 168 Manrique, Gómez 240 Manrique, Jorge 168 Manrique, María 195 Manrique, Rodrigo, Graf von Paredes 183 Mansfeld 341 Manterola 521 Mantua, Herzoginwitwe von 323, 325 Manuel I. von Portugal 214, 227, 249, 273, 290 Manuel, Infant 181 Manzano, Ramos de 337 Maqueda, Herzog von 311 Marc Antón 24 Marc Aurel 26 Marcel, Stefan 159
622
Register
Mardi, Ausias 162, 175 March, Pedro 175 Marchena, Antonio de 200 Marcial, Valerius 31 Marcoval 501 Margallo 529 Margarete von Schweden 171 Margarete von Parma 272, 284, 285, 289 Margarethe von Österreich, Tochter Kaiser Maximilians 215, 255 Margarethe von Österreich, Gem. Philipps III. 304, 365 Margarethe, Tochter Philipps IV. 332, 342 Margarethe Therese, Tochter Philipps IV. 371 Margarit 176 Margarit, Pedro 203 Marhabal 12 Mari, Marquis Don Esteban 389 Maria de Molina 107, 1 0 8 - 1 0 9 Maria von Portugal, Gem. Alfons' XI. 109, 111 Maria von Aragon, Gem. Martins I. 132 bis 133 Maria von Aragón, Gem. Alfons' V. 158 Maria, Tochter der Kath. Könige 214 Maria von Burgund 215, 250 Maria, Tochter Karls V. 271 Maria von Portugal, Gem. Philipps II. 274, 282 Maria, Schwester Philipps IV. 316 Maria I. von Portugal 519 Maria Amalia, Gem. Karl III. 406, 407, 424, 459 Maria Ana Victoria, Infantin von Spanien 386 Maria Antonia, Gem. Ferdinands VII. 437, 493 Maria Christina von Habsburg, Gem. Alfons XII. 527, 528 Maria Christina von Neapel, Gem. Ferdinands VII. 491, 492, 496—501, 503, 504, 505, 507, 508, 509, 511, 512 Maria Francesca Isabella vonSavoyen 395, 396 Maria da Gloria von Portugal 498, 520, 522 Maria Luise von Parma, Gem. Karls IV. 427, 429, 432, 435, 441, 442, 443, 444, 450, 461, 464, 484
Marialva, Marquis von 326 Mariana, Pater, Juan de 355, 358, 417 Maria Stuart 292, 302, 305 Maria Theresia, Gem. Ludwigs XIV. von Frankreich 320, 333, 371 Maria Theresia, Kaiserin 386, 387, 392, 393, 400 Maria Theresia Barbara, Gemahlin Ferdinands VI. 398, 401, 403, 404, 405 Maria Tudor, Gem. Philipps II. 216, 274, 275, 276, 291, 302, 364 Maria von Ungarn 371 Marie Anna von Neuburg, Gem. Karls II. 341, 342, 343, 344, 345 Marie Anna von Österreich, Gem. Philipps IV. 331, 332, 334, 335, 336, 337, 338, 341, 343, 346 Marie Luise von Orléans, Gem. Karls II. 341 Marie Luise von Savoyen, Gem. Philipps V. 372, 373, 376, 381, 383, 384, 388, 397 Marina 263, 264 Marina, Martínez 454 Mariner de Alagón, Vicente 357 Marius 22 Marlborough 373, 376, 378 Marmont, Herzog von Ragusa 479, 480 Maroniter-Orden 454 Maroto 503, 504 Márquez, Juan 355 Marquilles, Jaime de 355 Marzin 333, 373, 376 Martell, Pedro 117 Marti, José 529 Martial 34 Martin I. von Aragón 131, 132—133, 152, 153, 178 Martin, Sohn Martins I. von Aragón 133, 153, 155, 159 Martin IV., Papst 122, 123 Martin von Dumi, hl. 40, 50, 55 Martín y Soler 459 Martínez, Doktor 452 Martínez, Alonso 527 Martínez, Francisco 366 Martínez, Hernando 138, 178 Martínez, Lamberto 458 Martínez, Manuel Alonso 527 Martínez Barrios 535, 538, 539, 542, 552, 553
Register Martínez Campos 525, 526, 527, 529 Martínez Díaz, Juan 479, 490 Martínez de la Rosa 482, 485, 486, 487, 488, 489, 497, 498, 510 Martínez de Velasco 540, 549 Martorell, Joanot 175 Martos, Cristino 521, 524, 525, 528 Masaniello 327 Mascarenhas, Joào de 273 Masdeu, Pater 417, 454 Masona 55 Massena 479, 519 Masserano 411 Massip, Vicente Juan 364 Mastiener 6 Maszarra, Ibn 65 Maszlama 65 Mataplana, Hugo von 97 Matas, Francisco Martínez de las 357 Mateo, Jacobo 177 Mathews 393 Maura, Antonio 529, 531, 532, 533, 534, 535 Maura, Honorio 549 Maura, Miguel 535, 536 Mauregato 68 Maurepas 411 Maximianus Hercules 27 Maximilian, Kaiser von Deutschland 207, 211, 215, 218, 219, 244 Maximilian von Bayern 307 Maximus 27 Mayans 507 Mayans y Sisear, Gregorio 454 Mayor, Doña, Königin von Navarra 74 Mazarin 317, 318, 319, 330 Mazarredo, José de 433, 435, 470 Mazarredo, Juan de 414 Medici, Familie 206, 236 Medici, Alexander von 272 Medici, Francesco de 236 Medici, Katharina von 278, 290, 298 Medici, Lorenzo de 236 Medici, Maria von 306 Medici, Pietro de 236 Medina 359 Medina, Bartolomé 360 Medina, Juan Ruiz de 232 Medina, Pedro 359 Medinaceli, Herzog von 199
623
Medinaceli, Herzog von (Zeit Philipps II.) 280 Medinaceli, Herzog von (Zeit Karls II.) 341 Medina Sidonia, Herzog von (Zeit Philipps II.): s. Guzmán. Alfonso Pérez de Medina Sidonia, Herzog von 145 Medina Sidonia, Herzog von (Zeit Isabellas) 187, 190—191, 199, 200, 213 Medina Sidonia, Herzog von (Zeit Philipps IV.) 324, 325, 326, 338 Medrano, Sebastián Fernández de 359 Mejía 482 Mela, Pomponius 31 Melandithon 258, 368 Melgar, Graf von 342 Mélito, Graf von 245 Melo, Francisco de 317 Melo, Francisco Manuel de 358 Mena, Juan de 145, 168 Mena, Pascual de 458 Mena, Pedro de 363 Mendaña, Alvaro de 295 Méndez, Juan 366 Méndez Núñez, Casto 518 Mendieta, Fray Jerónimo de 359 Mendizábal y Méndez, Juan Alvarez 487, 498, 499, 500, 508 Mendoza, Antonio de 370 Mendoza, Bernardino de 292, 358 Mendoza, Diego de 210, 368 Mendoza, Diego Hurtado de 249, 358, 360 Mendoza, García Hurtado de 269, 295 Mendoza, Iñigo de 240 Mendoza, Iñigo López de 248 Mendoza, Pedro 269 Mendoza, Pedro González de 183, 185, 200, 239 Meneses, García de 186 Mengs, Anton Raphael 459 Meno, Pedro de 363 Mera, Cipriano 553 Mercedes von Orléans, Gem. Alfons' XII. 527 Merino, Priester 503 Merino, Diego 360 Merino, Jerónimo 479 Merino, Martín 510 Merle 466 Merobíiudes, Flavius 50
624
Register
Mesa 452 Mesenghi 457 Mesina 511 Mesonero Romanos 494 Metellus, Pius Caecilius 22 Metternich 495 Mexia, Pero 358 Miaja 548, 549 Michael, Prinz 498, 501 Michelangelo 363 Michel 458, 459 Miguel, Enkel der Kath. Könige 214 Miguel, Sohn Johanns VI. von Portugal 520 Milán 366 Millán 55 Millán, Pedro 363 Mina, Marquis de la 399 Mina, Francisco Javier 479, 487, 489, 495, 501 Minas, Marquis das 375, 396 Minjares 362 Minuros 20 Miraflores, Marquis von 497, 515 Miranda, Graf von 303 Miranda, Francisco 496 Miranda, Juan 366 Miro 40 Miró, Francisco 360 Misson 460 Moctezuma 263, 264 Módena, Herzog von 393, 399 Mogrobejo, Facundo 404 Moguer, Diego Garcia de 269 Mola, General 544, 547 Molina, Pater 452 Molina, Argote de 358 Molina, Tirso de 359, 361 Molino, Miguel de 355 Mon, Alejandro 500, 507 Monardes, Nicolás 359 Moneada, Hugo de 255, 279 Moneada, Sancho de 357 Moncey 466, 474 Mondéjar, Marquis von 279, 358 Monescillo 521 Monfort, Simon de 88, 116—117 Monk 526 Montalbán, Juan Manuel 515 Montalbán, Pérez de 361
Montalto, Herzog von 341, 343 Montalvo, Alonso Díaz de 231, 239 Montano, Arias 357, 358, 417 Montano, Reinaldo González 369 Montanus 50, 56 Montañés, Juan Martínez 363, 458 Montehermoso, Marquise von 469 Monteleone 380 Montemar, Graf von 389, 390, 392, 393 Montemayor, Jorge de 361 Montemolín, Graf von 508, 514 Montero Ríos 527, 531 Monteser-Orden 177 Montesinos, Antonio 240 Montigny, Baron von 301 Montijo, Graf von 487 Montluc 256 Montmorency 276, 277 Montmorency, Graf von 489 Montojo 530 Montone, Braccio de 156 Montoro, Antón de 240 Montpensier, Gilbert de 207, 208 Montpensier, Herzog von 508, 513, 516, 518, 521, 522, 527 Montpensier, Herzog von 277 Moñino, José 457 Moore, Sir John 471, 474 Mor, Antonis 364 Mora 362 Mora, José de 363 Moragues, Pere 177 Moral, Lesmes Fernández del 363 Moral eda, José Manuel de 453 Morales (Kartenzeidiner) 240 Morales 358 Morales, Ambrosio de 353, 358 Morales, Andrés de 359 Morales, Cristóbal 366 Morales, Luis de 363 Moratín, Leandro Fernández 455, 485 Morelos 496 Moreno Nieto, José 511 Moret 521, 524, 527, 531, 532 Moreto 361 Morey, Guillén 177 Morgan, Heinrich 346 Morillo, Miguel de 232 Morisken 227, 232, 262, 278—279, 310 bis 312, 349, 352, 353, 367
625
Register Moritz von Sadisen 259, 260, 270 Moría 465, 473 Moría, Margarita Martínez de 482 Morral, Mateo 531 Mortiers 474 Moscardó 544, 545, 551 Motolinia, Pater 370 Motte, de la 322 Moura, Cristóbal de 290, 291, 303 Mousinho da Silveira, José Javier 520 Moxica 231 Moya, Miguel 532 Moyano, Claudio 514 Mozaraber 58, 59, 64, 84, 92, 94, 98 Mozart 459 Mucheid 61 Mudejaren 100, 174, 176, 178—179 Muhammed 56 Muhammed I. von Granada 59 Muhammed II. von Granada 106, 151 Muhammed II. (türk. Sultán) 157 Muhammed III. von Granada 151 Muhammed IV. von Granada 151 Muhammed V. von Granada 112, 151 Muhammed VI. von Granada 112, 151 Muhammed Alamar 101 Muhammedaner 42, 68, 72, 78, 80, 82, 83, 84, 86, 87, 88, 89, 91, 102, 133, 140, 165, 167, 173, 177, 178—179, 180, 181, 182, 188, 217, 232, 260—262, 278 bis 281, 349, 353, 373, 387, 396, 450 Muhiddin 65 Muladi 64 Muley Abdallah Ibn Aboo 279 Muley Abderradiman 516, 517 Muley El Abbas 517 Mundhir 59 Muntaner, Ramón 175, 176 Muñoz, Fernando 505 Muñoz, Sandio 366 Muñoz Seca 549 Muñoz Torrero, Diego 481, 482, 486 Murat, Grofiherzog von Berg 442—443, 444, 461, 462, 463, 465 Murillo, Bartolomé Esteban 364 Murray 413 Muslim: s. Muhammedaner Musza II. von Tlemsen 151 Musza 194 Musza Ibn Nuszair 57 Ballesteros, Spanien
Mu'tadid 61, 76 Mu'tamid 61, 66, 76 Mutis 452 Mutis, José Celestino 425, 453 Múzquiz 423, 434 Naharro, Torres 240, 361 Nájera, Herzog von 218 Nájera 363 Napoleon Bonaparte 431, 433, 434—436, 437, 438, 439, 440, 441, 442, 443, 444, 445, 461, 463, 464, 465, 466, 468, 469, 470, 471—474, 476, 478, 479, 480, 483, 484, 486, 494, 495 Napoleon III. 517, 535 Nariño 496 Narváez 366 Narváez, Pánfilo de 236, 264, 268 Narváez, Ramón 500, 501, 502, 506, 507, 508, 509, 510, 512, 513, 514, 515, 516, 520, 523 Nassau, Graf von 251 Nassau, Ludwig von 285, 286, 288 Nassau, Moritz von 213, 306, 307 Naszr von Granada 108, 151 Naszr, Familie 150, 151, 189 Navarra, José, Marquis de la Victoria 393 Navarrer 59 Navarrete 312 Navarrete, Juan Fernández 364 Navarrete, Pedro Fernández de 357 Navarro, Pedro 211, 219, 279 Nebrija, Antonio de 239 Negrete 370 Negri, Graf von 503 Negrin 550, 552, 553 Nelson 433, 434, 437, 438, 439, 468 Nemours, Herzog von 211 Nemours, Herzog von 395 Nero 25, 31 Nerva 26 Nestorianer-Sekte 56 Ney 474, 478, 479 Nibridius 55 Nocilau, Pere 174 Nicuesa, Diego 237 Niculeso, Francisco 363 Nidhard, Johann Eberhard 332, 333, 334, 335, 336, 337, 372 Nieto, Juan Menéndez 358 40
626
Register
Nikolaus V. 157 Niño, Alonso 236 Noailles, Herzog von 340 Nobilior, Quintus Fulvius 20 Nobrega, Manuel 273 Nocedal, Cándido 511, 513, 514, 521, 527 Nocedal, Ramón 528 Nogueras 502 Nombela 541 Nonius: s. Núñez, Pedro Normannen 59, 68, 75, 197 Novalidies, Marquis von 518 Novoa, Matías de 358 Noya, Francisco Vidal de 239 Nozaleda, Pater 531 Nuncto 46, 55 Núñez, Hernán 239 Núñez, Juan 111 Núñez, Pedro 359 Núñez, Pedro Juan 357 Núñez Osorio, Alvar 109 Ocampo 358 Ocampo, Héerführer 305 Ocampo, Florián de 358 Ocampo, Sebastián de 236 Ocáriz 430 Octavius 24 O'Donnell, Leopoldo 501, 505, 508, 511, 513, 514, 515, 516, 517, 518, 523 Ofalia, Graf von 490, 500 O'Farril 470 O'Higgins 425 O'Higgins (Chilene) 496 Ojeda, Alonso de 236, 237, 265 Ojeda, Diego de 361, 370 Olavide, Pablo de 421—423, 449 Olban 42 Olid, Christóbal de 268 Oliva 97 Oliva, Hernán Pérez de 357 Olivares, Graf von 313, 314, 315, 316, 317, 320, 321, 323, 324, 325, 326, 328—330, 337, 365 Oliveri 458 Olkaden 12 Olózaga, Salustiano 504, 505, 506, 507, 511, 513, 516, 518, 521 Olwer, Nicolau de 535 Ornar Ibn Hafszun 59, 69
Oñate, Juan dé 312 Oñate, Graf von 328 Oquendo, Miguel de 292 Oraá 501, 503 Oranien, Wilhelm von 284, 286, 287, 289, 301, 338, 339, 340, 343 Orden de la Banda 171 Orden der heil. Maria von Spanien 171 Ordeñana, Agustín Pablo de 404 Ordóñez, Bartolomé 242 Ordoño I. von Asturien 68 Ordoño II. von Asturien und León 69 Ordoño III. von León 69 O'Reilly, Graf von 411, 414, 423, 431 Orellana, Francisco 269 Orendayn 384, 388 Orense 521 Orentius 50 Oretaner 7 Oria, Familie 132, 133 Origenes-Sekte 56 Orisser 11 Orléans, Haus 250 Orléans, Herzog von 370, 377—378, 383, 384 Orléans-Angouléme, Haus 250 Orna, Juan de 366 Oropesa, Graf von 342, 343 Orry 376, 377, 381, 382, 388 Orsini, Prinzessin von 372, 373, 376, 377, 378, 381, 382 Orta, García de 359 Ortega, Jaime 514, 515 Osius 34 Ossorio, Garci Alvarez 283 Ossun 407 Ostgoten 36, 37 Ostolaza 486 Osuna, Pedro Martínez de 239 Osuna, Herzog von 308, 309, 313, 321 Osuna, Fürst von 326 Osuna, Herzog von 380 Otho 25 Otondo 346 Ovando, Juan de 359 Ovando, Nicolás de, Komtur von Lares 204, 238 Oviedo, Gonzalo Fernández de 240, 358, 359 Ozaeta, José Hipólito 454
Register Pablo, José de 491 Padieco, Diego 295 Pacheco, Francisco 364, 365 Pacheco, Joaquín María 508 Padieco, Juan, Marquis de Villena 146 Pacheco, María de 247, 248 Padilla, Carlos 326 Padilla, Juan de 245, 246, 247, 248 Padilla, Lorenzo de 358 Padilla, María de 112, 136 Padrón, Juan Rodríguez del 168 Paiva, Affonso de 226 Palafox, Bischof 457 Palafox y Melzi, José de Rebolledo de 466, 472, 474, 484 Palencia, Diego Fernández de 359 Palice, La 254 Pallars, Graf von 162 Pallavicini 457 Palma 240 Panormita 158 Pantoja de la Cruz 364, 473 Pardiñas 503 Pardiñas, Manuel 532 Paredes, Diego García de 210, 211 Pareja 439 Pareja, General 517 Pareja, García de 305 Paret 428 Parma, Herzog von (Zeit Philipps II.): s. Farnese, Alessandro Parma, Herzog von (Zeit Philipps V.) 381, 457 Parque, Herzog del 479 Pasionaria: s. Ibarruri, Dolores Pasquier 469 Pastor, hl. 32 Pastor 50 Pastor Díaz 508 Pastora, Doña 414 Patiño 366 Patino, José 388, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 448 Patrocinio 509 Pau 417 Paul III., Papst 256, 272 Paul IV., Papst 276, 301, 367 Paul V., Papst 305 Paul y Angulo 522—523 Paula Canalejas, Francisco de 515
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Paulus, Apostel 32 Paulus, General 41, 43, 52 Paulus Aemilius 18 Paulus Orosius 49 Pavía, Manuel, Marquis von Novaliches 518, 525 Paz 210 Paz, Nicolás de 239 Paz, La 389 Pedrarias de Avila 237, 265 Pedro I., Kaiser von Brasilien 498, 519, 520 Pedro, Don, Sohn Maria de Molinas 108 Pedro, Onkel Alfons' V. von Portugal 150 Pelagius 49 Pelayo 67, 89 Pelayo von Oviedo 92 Pellicer y Ossau 358 Pembroke, Lord 276 Peñafiel, Luis de 366 Peñaflorida, Graf von 448 Peñafort, San Raimundo de 174 Peñalosa 243 Peñaranda, Graf von 318, 331, 333, 335, 341 Pere, Johan 240 Pereda, Antonio 365 Pereira, Gómez 357, 360 Perestrello, Bartolomé 196, 197 Perestrello, Familie 196 Perestrello, Felipa Moniz 196, 199 Pereyra, Manuel 363 Pérez, Antonio 296—298 Pérez, Gonzalo 2 % Pérez, Juan 199, 200 Pérez, Juan Bautista 355 Pérez, Tomás 359 Pérez de Castro, Evaristo 487, 501, 504 Pérignon 433 Peris, Vicente 249 Perperna 22—23 Pescara, Marquis von 252, 253, 260 Peter I. von Aragón 84 Peter I. von Kastilien 111—114, 116, 131 bis 132, 135, 136, 138, 151, 159, 169, 178 Peter I. von Portugal 114, 116, 137, 149 Peter II. von Aragón 81, 88, 98, 116, 125 Peter II. von Portugal 370, 395, 396 Peter III. von Aragón 119, 120—124, 129, 134, 155, 174, 183
40*
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Register
Peter III. von Portugal 519 Peter IV. von Aragón 112, 114, 128-132, 134, 135, 159, 172, 174, 175, 176 Peter IV. von Portugal 519, 520 Peter V. von Portugal 520 Peter, Sohn Ferdinands I. von Aragón 142 Peter von Navarra, Herr von Agramont 160 Peterborough, Charles Mordaunt, Graf von 374—375 Petreius 23 Petronila 87 Petrus, Apostel 32 Petrus Alfonsus 100 Pezuela 506 Philipp I. von Spanien 215, 216, 217—219, 220, 223, 243 Philipp II. von Spanien 183, 214, 216, 268, 270, 271, 274—302, 303, 304, 315, 323, 324, 346, 347, 348, 349, 352, 353, 354, 356, 360, 362, 363, 367, 368, 446, 473 Philipp III. von Spanien 302—313, 316, 330, 363, 365, 371 Philipp IV. von Spanien 304, 306, 313 bis 330, 331, 332, 334, 336, 347, 356, 363, 365, 371, 457 Philipp IV. von Frankreich 135, 171 Philipp V. von Navarra 135 Philipp V. von Spanien 343, 344, 370 bis 394, 397, 398, 405, 428, 444, 445, 446, 447, 450, 451, 453, 454, 456, 469, 491 Philipp, Sohn Maria de Molinas 108 Philipp der Kühne von Frankreich 119, 124 Philipp, Sohn Philipps des Kühnen von Frankreich 124 Philipp von Evreux, König von Navarra 135, 158 Philipp von Hessen 258, 259 Philipp, Sohn Philipps V. 285, 290, 292, Philipp Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz 341 Phönizier 7—10, 11, 13 Phokäer 9, 10 Pi y Margall, Francisco 515, 521, 524, 525, 527, 528 Pialy 280 Piaristenorden 356, 369 Pidiegru 468 Pidal, Pedro 507 Pignatelli 448
Pineda, Alonso de 268 Pineda, Juan Pérez de 369 Pineda, Mariana de 492 Pintor, Pedro 240 Pinzón, Familie 201 Pinzón, Francisco Martín 201, 202 Pinzón, Martín Alonso 199, 201, 202 Pinzón, Vicente Yáñez 201, 202, 236 Piquer, Andrés 452 Pire 473 Pita, Alonso 254 Pitillas, Jorge 454 Pitt 407, 408, 409, 435, 436 Pius II., Papst 197 Pius V., Papst 280, 281, 285, 368 Pius IX., Papst 516 Pizarro, Francisco 237, 265—267 Pizarro, Gonzalo 210, 265 Pizarro, Gonzalo (Sohn) 267, 269 Pizarro, Hernando 266 Plutarch 22, 175 Pocock 410 Polavieja, Camilo 527, 529, 530 Polo, Gil 361 Polo, Marco 197, 204 Pombai, Sebastiano José, Graf von 403, 410, 418, 426, 427, 445, 519 Pompadour, Marquise von 418 Pompeius, Gnaeus 22, 23 Pompeius, Sextus u. Gnaeus 24 Ponce, Vargas 455 Ponce de la Fuente 367 Ponce de León, Familie 187 Ponce de León 236 Ponce de León, Juan 367 Ponce de León, Pedro 356 Ponce de León, Rodrigo, Marquis von Cádiz 187, 190, 191 Ponce de León, Rodrigo, Herzog von Arcos 326, 327 Pons 454 Ponzán 176 Porcel 487 Porlier 487 Porreño, Baltasar 358 Pórtela Valladares 541 Portland, Lord 343 Portocarrero 343, 371, 373 Posada Herrera, José 514, 527 Poza, Andrés de 358, 359
Register Pozas 550 Pradera, Victor 543, 549 Prado, Juan de 410 Prieto, Indalecio 535, 537, 540, 550 Prim, Juan 515, 516, 517, 518, 520, 521, 522, 523 Primo de Rivera, José Antonio 542, 549 Primo de Rivera, Miguel 530, 534, 537, 542 Priscilian 34, 49, 56 Proccacini 459 Prócida, Giovanni de 121 Prudentius 454 Puerto, Marquis del 449 Pulgar, Hernando del 190, 194 Pulgar, Hernando del (Historiker) 240 Punikus 21 Quadra Salcedo 549 Quatemoc 264 Quaupopoca 264 Queipo de Llano 544, 546 Queralt, Dalmau de 329 Quesada 489 Quesada, General 497, 526 Quesada, Gonzalo Jiménez de 269 Quevedo, Francisco de 313, 357, 360, 361 Quintana, José Manuel 455 Quintana, Pedro de Quevedo y 471, 481, 482, 505 Quintanilla, Alfonso de 200 Quintilianus, Fabius 31 Quiroga, General 500 Quiroga, Kammerherr 509 Quiroga, Antonio 487 Quirós, Pedro Fernández de 312 Rada, Rodrigo Jiménez de 80, 81, 93 Raimund von Burgund 77, 78 Raleigh, Sir Walter 312 Ramírez, Francisco 192 Ramiro I. von Aragón 74, 83 Ramiro I. von Asturien 68 Ramiro II. von Aragón 86—87 Ramiro II. von León 69, 74 Ramiro III. von León 69 Ramón, Bruder Sandios von Navarra 83 Ramón, Gründer von Pallars 72 Ramón Berenguer I. von Barcelona 85 Ramón Berenguer II. von Barcelona 85
629
Ramón Berenguer III. von Barcelona 86 Ramón Berenguer IV. von Barcelona 86, 87, 88 Ramón Borrell III. 75 Ramos del Manzano, Francisco 355 Rane 459 Ranosind 41 Ranucio von Parma 290 Rávago, Pater 398, 404, 416, 456 Ravaillac 306 Rayneval 413 Recalde, Juan Martínez 292 Reding, Theodor 467, 474 Redondo 452 Reguera, Juan de la 451 Reina, Fray Casiodoro de 369 Reinoso 455 Rekiar 40 Rekiberga 51 Rekila 39, 40 Rekisvinth 41, 48, 52 Rekkared I. 40—41, 48, 50, 55 Rekkared II. 41 Remismund 40 Renallo, Gramático 97 Renovales, Mariano 466, 479 Requesens, Luis de 288, 300 Resende 240 Resende, Andrés 358 Retogenes 21 Revillagigedo, Graf von 425 Rezzonico 418 Ribalta, Francisco de 364 Ribault, Jean 293 Ribeiro, Pinto 324 Ribera, José 364 Ribera, Juan de 311 Ribes, Jaime 176 Rie, Pedro María 475 Ricardos, Antonio 431 Ricci, Pater 417 Ridiar 487 Ridiard von Cornwallis 104 Ridielieu 225, 311, 314, 317, 322, 329 Riego, Rafael 486, 487, 490 Rincón, Antonio del 242 Rincón, Fernando del 242 Río, Martín del 355 Rioja, Francisco de 361 Ríos, Fernando de los 535
630
Register
Ríos, Isabel de los 421 Ríos, Rosas 511, 515 Ripoll, Cayetano 490 Ripperdá, Johann Wilhelm, Barón von 386 bis 388 Rivas, Herzog von 482, 511 Rivera, Pedro 362 Rivero, Diego 359 Rivero, Nicolás María 521, 524 Rizal, José 529, 530 Rizi, Fray Juan 365 Roa, Juan 355 Roa, Martín de 358 Rocaberti, Vizegraf von 124, 131 Rocaberti, Bernart de 175 Rocaberti, Inquisitor 344 Rocafort, Berenguer de 126 Roda 416, 417, 420, 423, 457 Roderidi 42, 43, 78, 102 Rodil 501, 502, 505, 506, 510 Rodney 412 Rodrigo, Mestre 198 Rodríguez 452 Rodríguez, Alfonso 242 Rodríguez, Ventura 458 Roelas, Juan de las 364 Rojas 361 Rojas, Fray Domingo de 367 Rojas, Fernando de 240 Rojas y Contreras, Diego de 416 Rojo, Manuel 410 Rojo, Vicente 551 Roldán, Magister 167 Roldán, Francisco 203 Roldán, Luisa 363 Roldán, Pedro 363 Romaiquia 66 Romana, Marquis de la 452 Romana, Pedro Caro y Sureda, Marquis de la 471, 472 Romanones, Graf von 532, 533 Romeo 366 Romero, Julián 288 Romero, Ortiz 527 Romero Robledo 528, 529 Romeu 479 Roncovieri 381 Ronquillo 245, 246 Rooke, George 374 Roque Barcia 515
Ros de Olano 511, 516 Rosilly 465 Rossini 460 Rovira, Andrés 462 Rubios, Palacios 231, 239, 355 Rucconen 38 Rudolf von Habsburg, deutscher Kaiser 104 Rueda, Lope de 361 Rufina, hl. 32 Rius, Castel dos 371 Ruiz, Agustín 295 Ruiz, Fray Francisco 357 Ruiz, Francisco 366 Ruiz, Juan, Erzpriester von Hita 168 Ruiz, Juan 366 Ruiz de Luzuriaga 452 Ruiz y Mendoza, Jacinto 462 Ruiz y Pavón 452 Ruiz Zorilla 521, 522, 524, 527, 528 Ruyter 333, 339 Sá, Estacio de 293 Sá, Salvador Correira de 395 Sáa, Pedro Núñez de 359 Saavedra, Minister 434 Saavedra, Alvaro de 268 Saavedra, Francisco 481, 482, 489 Saavedra Barba, Lope de 360 Sabatini 423 Sabuco y Alvarez, Miguel 360 Sabuco de Nantes, Oliva 357 Sabunde 175 Sachetti 458 Sachsen 36, 37 Sáenz, Fray Liciniano 454 Sagasta, Práxedes Mateo 521, 524, 525, 527, 528, 529, 530, 531 Sahagún, Fray Bernardino de 370 Saidun, Ibn 66 Saint-Andrée, Marschall von 277 Saint-Cyr, Gouvion 474, 475, 476, 478 Saint-Paul 255 Salamanca, Fray Francisco de 366 Salamanca, José 508, 509, 510, 511, 513 Salanova, Juan Pérez de 174 Salazar 479 Salazar, Juan de 269 Salazar, Luis 485 Salazar, Pedro de 358
Register Salazar y Castro 358 Salcillo y Alcarez, Francisco 458 Saldanha, Marschall 520 Salinas, Diego de 374 Salinas, Francisco de 366 Salmerón, Alfonso 366 Salmerón, Nicolás 515, 518, 521, 524, 525, 527, 528 Salmón, Manuel González 491 Salomon 7 Salondicus 21 Saluces, Marquis von 212 Salvá 452 Salvador, Antonio 458 Salvador y Pediol, Jaime 360 Salvagio 243 Salvatierra, Pater 346 Samaniego 455 Samper 539, 540 San Carlos, Herzog von 484, 485 Sandia, Gpm. Friedrichs II. von Kastilien 71, 75 Sandia, Prinzessin von León 82 Sánchez, Francisco 357 Sánchez, Garcí 240, 243 Sánchez, Jerónimo 255 Sánchez, Julián 479 Sánchez, Miguel 361 Sánchez, Tomás Antonio 454 Sánchez Guerra, José 534, 535 Sánchez Toca 533 Sancho I. von Mallorca 134 Sandio II. von Kastilien 76, 78 Sancho III. von Kastilien 79, 80 Sancho IV. von Kastilien 104, 105, 106 bis 107, 122, 125, 136, 151, 169, 178 Sancho der Dicke von León 69, 71 Sancho der Edle von Navarra 83 Sancho, Sohn Alfons VI. von Kastilien 77 Sancho der Starke von Navarra 81, 88 bis 89, 134 Sandio der Weise von Navarra 88 Sancho der Kardinalshut von Portugal 115 Sancho, Infant von Aragón 117 Sancho Garcés der Ältere von Navarrr 70, 71, 74, 82, 83, 85, 95 Sandio Garcés I. von Navarra 69, 72, 74 Sancho García, Graf von Kastilien 71 Sancho Garcés „Abarca" von Navarra 74 Sandio Ramírez von Navarra 83, 98
631
Sande, Alvaro de 258, 280 Sandoval, Fray Prudencio de 358 San Germán, Marquis von 308, 339 San Isidro del Campo 367 San Jordi, Jordi de 175 San José, Fray Manuel de 391 San José, Mariana de 304 San José, Fray Miguel de 454 San Juan, Herzog von 343 San Juan, Benito 473 San Juan, Huarte de 360 Sanjurjo 538, 544 San Martin 496 San Martín, Andrés de 359 San Martin, Juan de 232 San Miguel, Evaristo 486, 488, 489, 505 San Pedro, Diego de 168 San Román, Francisco de 368 Santa Coloma, Graf von 321 Santa Cruz 242 Santa Cruz, Marquis von 261, 280, 281, 291, 292, 310, 348 Santa Cruz, Alonso de 358, 359 Santaella, Rodrigo Fernández de 239 Santa Fe, Herzog von 470 Santa María, Gonzalo de 240 Santa Maria, Juan de 304 Santa Maria, Pablo de 169 Santander, Pater 470 Santángel, Luis de 201 Santiago-Orden 94, 142, 145, 146, 171, 191, 212, 304, 336, 429 Santiago de 231 Santillana, Marquis von 168 Santolcides 478 Santos Ladrón 489 Santpons 452 Sanz 504 Sanz del Rio 515, 518 Sarasa, Miguel 479 Sarazenen 42 Sarmiento, Pater 454 Sarriá, Marquis von 410 Sartonus, Graf von San Luis 509, 510, 511, 513, 514 Sassaniden 62 Savary 461, 463 Savoyen, Haus 380, 409 Scales, Lord 192 Schlick 171
632
Register
Schömberg 326, 333, 335, 339 Sdiwartz 466 Schwarzer Prinz 113, 159, 169 Schweizer 208, 213—216, 253, 390, 422, 447, 452, 467, 468 Scipio, Aemilianus Publius Cornelius 21 Scipio, Gnaeus und Publius 14 Scipio, Publius Cornelius 14 Sebastian von Portugal 272, 290, 362 Sebastian ,Infant 503 Sebastiani 476, 478 Segorbe, Herzog von 262 Segorbe, Herzog von 331 Segovia, Juan de 243 Segura 536 Segura, Fray Jacinto 454 Segura, Lorenzo 93 Selim 11., Sultan 280 Sempere 454 Seneca, Lucius Annaeus 31 Seneca, Marcus Annaeus 31 Senra 474 Seoane 506 Sephardim 235 Septimius Severus 26 Sepúlveda, Juan Ginés de 355, 357, 358 Serra, Junípero 425 Serra, Pedro 177 Serrache, Familie 189 Serrano Bedoya 525 Serrano y Domínguez, Francisco 508, 50° 515, 518, 520, 523, 526, 527 Sertorius, Quintus 21—23, 24 Servet, Miguel 357, 360, 368 Sesa, Carlos de 367 Severas 50 Sforza, Francesco 254, 256 Sforza, Giacomuzzo 156 Sforza, Giovanni Galeazzo 206 Sforza, Ludovico 206, 207 Siagrius 50 Siculo, Marineo 239 Sidi Muhammed Ibn Abdallah 413, 414 Sièyes 432 Sigerich 35 Sigüenza, Carlos 359 Sigiienza, Pater José de 357, 358 Sijan, Ibn 118 Siliceo, Juan Martin 274 Silo 68
Siloé, Diego de 242 Siloé, Gii de 170, 242 Silius 31 Silva 452 Silva, Diego de 310 Silva, Felipe de 322 Silveira, Antonio da 273 Silvela 529, 530, 531 Silvester II., Papst 97 Sisebuth 41, 47, 51, 54 Sisinanth 41 Sixtus IV., Papst 232 Skanderberg 157 Skarloch 414 Slaven 60, 61, 63 Socarrats, Juan de 355 Soderini, Pietro 236 Solano, Francisco 465 Solórzano Pereira, Juan de 355 Solchaga 551 Soler 434 Soliman der Prächtige 258, 260, 280 Solis, Antonio de 359 Solis, Isabel de 189, 190, 191 Solis, Juan Diaz de 236, 237 Solis, Sancho Jiménez de 189 Solivella, Guillén 177 Soria, Diego 339 Sorolla, Guillén 249 Sorribas, Cosme de 366 Soto, Alfonso de 240 Soto, Domingo de 355, 357 Soto, Hernando de 237, 268 Soto, Pedro de 366 Sotomayor, Martin Alvarez 412 Sotomayor, Herzog von 508 Soult, Herzog von Dalmatien 472, 474, 478, 479, 480, 483, 519 Spinola, Ambrosio de 307, 315 Spitalorden 85, 94 Squilace, Leopoldo de Gregorio, Marquis von 414—416, 419, 457 Ssa'id, Ibn 152 Ssumail 58 Staél, Madame de 482 Stanhope 378, 379 Stanhope, Lord 343, 387, 389 Starhemberg, Graf 378, 379 Stamina 170 Staufen 121, 122
Register Stephanie von Navarra 83 Stesichoros 9 Stuart, Kommissionär 470 Stúftiga, López de 239 Sturm, Ferdinand 364 Suárez, Antonio 366 Suárez, Diego 323 Suárez, Pater Francisco 355, 357 Suchet 478, 480, 483 Sucre 496 Sueben 27, 35, 36, 37, 39—40, 43, 45, 47, 49, 50, 51, 54, 56 Sueton 26 Sulla 22 Swinthila 41 Syrer 58 Taboada, Gil 425 Tacca 363 Tacitus 27 Tajón 52, 55 Talavera, Erzpriester von 168 Talavera, Hernando de 200, 232, 240 Tallard 343, 373 Tallien, Madame (Teresita Cabarrús) 433 Tamarit, Francisco 321 Tamerlan 140 Tanucci 406, 407, 408, 418, 424, 445, 456, 457 Tapia 479 Tarif 43 Tarifa, Marquis von 311 Tarik 43, 57 Tartesser 5, 6 Tasdier de la Pagerie, Mademoiselle 441 Tattisdieff 486 Tavera, Kardinal 300, 363 Távora, Familie 427 Távora, José Maria 427 Távora, Luis Bernardo 427 Távora, Teresa de 427 Taxis, Familie 353 Taxis, Bautista 353 Teixidor, Fray José 454 Tejada, Alfonso López de 135 Télez de Meneses, Leonor 149 Téllez, Fray Gabriel: s. Tirso de Molina Tello 231 Templerorden 85, 94, 98, 117, 118, 171, 177
633
Tenda, Mauro de 344 Tendilla, Graf von 195, 239 Tenorio, Pedro 138 Teresa, Tochter Alfons VI. von Kastilien 77, 82 Teresa de Jesús, hl. 362, 369 Termes, Marschall von 277 Terzi, Felipe 362 Tessè, Marquis von 374, 384 Teudemir 40 Teudis 37, 50, 55 Texeiras Albernas, Pedro 353 Theobald I. von Navarra 134 Theobald II. von Navarra 135 Theodelinde 51 Theodemir 40, 57 Theoderich 35, 36, 39, 40, 48, 54, 55 Theoderich (Sohn Theoderichs I.) 36 Theoderich der Große 37 Theodigisel 37 Theodosius 27, 34 Theogenes 21 Theotocópuli, Domenico: s. Greco Thierry 458 Thimeon 6 Thorismund 36 Thüringer 36 Thürriegel, Baron Johann Kaspar von 421 Thyrrener 10 Tibaldi 364 Tiberius 25 Tiepolo 459 Tillot 418 Tilly 307 Timoneda, Juan de 361 Tintoretto 364 Titus 25 Tizian 364 Tofiño, Vicente 453 „Toledano", El 81 Toledo, Antonio de 338 Toledo, Fadrique de 287, 291 Toledo, Franz von 157 Toledo, Francisco de 295 Toledo, Garcia de 279 Toledo, García de (Sohn) 280, 282 Toledo, Iñigo de 340 Toledo, Juan Bautista de 362 Toledo, Pedro de 309 Tomás, Belarmino 547
634
Register
Tomé, Narciso 362 Topete, Juan Bautista 518, 521, 525 Tordesillas, Rodrigo de 245 Toreno, Graf von 470, 482, 488, 498 Toribius, hl. 50, 55, 56 Toro, Erzdechant von 168 Torquemada, Tomás de 233 Torre, Herzog von La 521, 524, 525, 526 Torre, Francisco de la 360 Torre del Fresno, Graf von 465 Torreño, Ñuño García 359 Torres, Francisco de 366 Torres, Graf de las 389 Torrigiano, Pedro 363, 457 Torrijos 487, 492 Torroella, Gaspar 240 Torroella, Jerónimo 240 Tortosa, Arnaldo de 174 Tosca, Pater 452 Toscanelli, Paulo del Pozzo 197 Tota, Königin von Navarra 72 Tourneil 402 Tovar, Simón 360 Traba, Graf von 79 Trajanus, Marcus Ulpius 26, 30 Tràpani, Graf von 508 Trastamara, Haus 147, 148, 153, 183, 214 Traun 392 Trémouille, La 254 Trezzo, Giacomo 363 Triana, Rodrigo de 202 Tristany 502 Truguet 434 Trujillo 466 Trujillo, Pedro 465 Tudelilla 363 Tudó, Josefa (Pepita Tudó) 440 Tudor, Haus 215 Türken 126, 157, 199, 206, 209, 230, 255, 256, 258, 2 6 0 - 2 6 2 , 273, 2 7 9 - 2 8 1 , 309, 310, 340, 348, 353, 383, 397 Tufail, Ibn 65 Tulga 41 Tupac-Amará (Gabriel Condorcanqui) 295, 426 Tupac-Amaru (Diego Cristóbal) 426 Turdetaner 5, 7, 14, 21 Turenne 318, 319, 334 Turigi 311 Turmeda, Anselmo de 175
Tuy, Lucas de 93 Tyrer 8 Uceda, Herzog von 304, 305, 312, 313, 314 Ucedo, Maria Ambrosia de 336 Udine, Giovanni da 255 Udobro, Diego de 366 Ligarte, Antonio de 486 Ulloa, Antonio de 403, 452, 453 Ulloa, Augusto 515, 524 Umaija, Ibn 279 Umaijaden 57, 58, 60, 279 Unión, Graf de la 431, 432 Urban V., Papst 115 Urbieta, Juan de 254 Urbino, Giovanni de 364 Urdaneta, Andrés de 295 Ureña, Graf von 183, 186 Urquijo 434, 435, 451, 457 Urquijo, Mariano Luis de 470 Urraca, Tochter Alfons' VI. von Kastilien 77, 78—79, 84 Urraca, Tochter Ferdinands I. von Kastilien 76 Urrea 176 Urrea 240 Ursua, Pedro de 295 Urziz 504 Utrecht, Hadrian von 224, 243, 245, 246 Vakkäer 7, 12, 17, 21, 29 Valcárcel, Fernández 452 Valdecañas, Marquis von 379 Valdeflores, Marquis von 416 Valderrábano 366 Valdés (Heerführer) 277 Valdés 358 Valdés, Alfonso de 368 Valdés, Cayetano 439, 453 Valdés, Fernando 367, 368 Valdés, Jerónimo 501, 502 Valdés, Juan 368 Valdés, Juan Meléndez 455, 485 Valdés Leal, Juan 365 Valdivia, Pedro de 269 Valencia, Pedro de 357 Valenzuela y Encisco, Fernando de 335 bis 336, 337, 338, 344 Valera, Cipriano de 369 Valera, Diego de 239, 240
Register Valiente, Pedro Pérez 422 Valldaura, Christóbal Crespi de 331 Valle, General del 426 Vallejo, González 486 Vallés, Francisco 357, 360 Vallseca, Gabriel de 176 Valois-Angoulème, Haus 221, 298 Valor, Fernando de 279 Valparayso, Graf von 404 Valverde, Vicente 267 Valverde de Amusco, Juan 360 Vandalen 35, 36, 43, 45, 47, 50, 51, 54 Vara del Rey 530 Varela 544, 545, 547 Vargas, Alonso de 297 Vargas, Luis de 364 Varro 23 Vasconcelos, Miguel de 323, 324, 325 Vaskonen 7 Vasques, Fernán 149 Vasto, Marquis del 253, 256, 260, 261 Vauban 334, 338 Vaugham 470 Vázquez, Mateo 296 Vedel 467, 468 Vega, Garcilaso de la 225, 359, 360, 370 Vega, Lope de 292, 361 Vega, Pedro Laso de la 246 Vega de Armijo, Marquis de la 511, 515, 527, 532 Vega Infanzón 470 Vela, Blasco Núnez 267 Vela, Pedro Núñez 368 Velarde 462 Velasco, Iñigo de 246 Velasco, López de 359 Velázquez 454 Velázquez, Diego 262, 263, 264 Velázquez, Diego Rodríguez de Silva y 364, 365 Velez, Marquis de los 279 Vêlez, Marquis de los 322 Vendôme, Marschall 372, 378, 381 Venegas 474, 478 Venegas, Alejo de 357 Verboom 447 Verdier 466, 475 Verdugo, Guillermo 307 Vergara, Rodríguez de 269 Vergennes 411, 412, 413
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Verney 452 Vernon 391 Vero, Lucius Aurelius 26 Vertis 426 Vespasianus 25, 26 Vespucci, Amerigo 236 Viardot, Paulina 460 Vicente, Bisdiof 55 Vicente, Josefa 466 Vicente, Tomás García 479 Victor, General 472, 474, 476, 478 Victor Amadäus von Savoyen 370, 373 Victor Emanuel, König von Italien 522 Victoria, Königin von England 512, 531 Victoria, Tomás Luis de 366 Victoria Eugenia von Battenberg, Gem. Alfons' XIII. 531 Victorianus, hl. 55 Victorinus 56 Vidal, Joaquín 487 Vidal, Ramón 97 Vieira, Joäo Fernández 395 Vigarni, Felipe de 242 Viglius 284 Vigón 551 Vila Destes, Macia de 176 Vila Flor, Sandio Manuel, Graf von 325, 326 Vilagurut, Carroza von 132 Vilanova, Arnaldo de 175, 177 Villacampa 479 Villacastín, Fray Antonio de 362 Villadarias, Marquis von 374 Villafañe, Angel 295 Villafranca, Marquis von 308 Villahermosa, Herzog von, Bastard Johanns II. 184 Villahermosa, Herzog von (Zeit Philipps II.) 298 Villahermosa, Herzog von (Zeit Karls II.) 339 Villalba 210 Villalobos, Ruy López de 268 Villalpando, Cardillo de 366 Villalpando, Francisco de 366 Villanil, Juan Pérez 465 Villandrado, Rodrigo de 144 Villanueva, Fray Jaime 454 Villanueva, Juan de 458 Villa Real, Marquis von 395
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Register
Villareal 502, 503 Villaroel 379 Villarreal, Graf von 198 Villars 373, 376 Villars, General 373 Villasandino, Alvarez de 168 Villaseñor, José Antonio de 453 Villaverde 530, 531 Villegagnon, Nicolas Durand de 293 Villegas, Esteban Manuel de 361 Villegas Marmolejo, Pedro de 364 Villèle 489 Villena, Enrique de 168 Villena, Marquis von 183, 186 Villena, Marquis von 218 Villeneuve 437, 438, 439 Villeroy 372, 376 Viluma, Marquis von 507 Vmatea, Guillen de 127 Vinuesa, Pichardo 355 Violante von Kastilien 105, 119 Violante von Ungarn, Gem. Jakobs I. von Aragón 119 Virgili 452 Viriathus 18—20 Visconti, Familie 115, 209 Visconti, Filippo Maria 156—157 Visconti, Giovanni Galeazzo 209 Visconti, Valentina 209 Visconti, Vizekönig 390 Viseo, Herzog von 226 Vitellius 25 Vitoria, Francisco de 355, 357 Vivar, Rodrigo Díaz de (der Cid) 77—78 Vivero, Juan de 148 Viverom, Juan López de (Palacios Rubios) 231, 239, 355 Vives, Luis 357, 454 Vivonne 339 Vizcaíno, Sebastián 295 Waldenser 98 Waldseemüller, Martin 227 Wall, Richard 404, 414, 416, 456, 457 Wallia 35 Wallonen 307, 415, 440, 447 Walpole 390, 391 Wamba 4 1 - 4 2 , 46, 52 Ward, B. 449 Wellesley: s. Wellington
Wellington, Herzog von 468, 470, 476, 477, 478, 479, 480, 483, 519 Welser, Familie 269, 350 Westgoten 34—56, 57, 67, 90, 92, 94, 183 Weyden, Roger van der 170 Weyler y Nicolau, Valeriano 529 White, Blanco 455 Wien, Erzbischof von 344 Wifred der Behaarte 74, 75, 97 Wikinger 197 Wilhelm I. von Preußen 522 Wilhelm von England: s. Oranien Wiser, Heinrich 342 Witika 42, 43 Witt, Jan de 333 Witterich 41 Wolsey 251 Xerxes 334 Xicotencal 263 Yagüe 544, 551, 552 Yepes, Pater 358 York, Herzog von 136 Zabala, Minister 393 Zabala, General 516 Zabala, Bruno 425 Zafra, Hernando de 195 Zagal: s. Abu Abdallah Zamora, Gil de 169 Zamora, Sandio de 243 Zamorano 359 Zamudio 209 Zapata 231 Zariátegui 503 Zavala, General 518, 525 Zegri, Familie 189 Zenon 55 Zialceta, Domingo 366 Zigeuner 353, 450 Zisterzienser-Orden 169, 176, 452 Ziur 453 Zoar, Ibn 65 Zonara 175 Zuccaro, Federigo 364 Zumalacárregui, Tomás 501, 502 Zumárraga, Fray Juan de 370 Zumel 244 Zúñiga, Francesillo de 358
Register Zúñiga, Ortiz de 358 Zurbano, General 506, 508 Zurbarán, Francisco de 365
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Zurriaga 489 Zurita, Jerónimo de 358
1. GEOGRAPHISCHE NAMEN Aachen 257, 334, 399 Abdera 8 Abrantes 501 Abril 520 Abroñigal, Arroyo de 503 Abriwzen 209 Aceca 282 Adda (Fl.) 252, 314, 372 Adria 309 Aduris 48 Ägypten 57, 62, 173, 232 Äthiopien 157, 226 Aguijas, Geb. 501 Bailén 466, 467, 468, 470 Aibar 161 Aire-sur-PAdour 48 Ajarquia 191 Alarcos 62, 80, 115 Alava 74, 80, 165, 181 Alba de Tormes 38, 479 Albaicin 189, 232 Albanien 157 Albarracin 172, 232 Alberche, Paß 478 Albuera 186, 480 Alcalá de Henares 32, 111, 167, 200, 223, 242, 282, 330, 351, 352, 355, 366, 451 Alcántara 31, 186 Alcañiz 152, 478 Alcaudete 52 Alcázar do Sal 326 Alcazarquivir 532 Alcira 118, 249 Alcobaza 290 Alcolea 467, 518, 520 Alcora 459 Alcoraz 84 Alcudia 250, 450 Aledo 77 Alegría 301 Alemtejo 17, 137, 410, 441 Alesanco 401 Alfambra 550 Alfaques, Los 311
AI faro 106 Alfarrobeira 150 Algarve 7, 9, 82, 103, 115, 324, 441 Algeciras 104, 110, 128, 165 Algier 61, 220, 261, 262, 280, 340, 414, 420 Alhama 190, 191, 217 Alhandega 59, 69 Alhucemas 340, 414, 534 Alicante 57, 61, 311, 376, 507, 549 Aliseda 9 Aljubarrota 137, 149 Alkassar 150 Almadén 552 Almansa 352, 375, 376, 377, 396 Almaraz 378 Almazán 136 Almazora 9 Almeida 410, 479 Almeirín 290 Almenara 378 Almería 6, 61, 79, 107, 188, 192, 193, 194, 279, 544 Almuñécar 58 Almizra 102 Almonacid 478 Almoster 520 Alora 192 Alpera 2 Alpujarras, Geb. 194, 195, 232, 279 Altamira 2, 7, 458 Alto de León 544 Amaya 38 Amazonas 236, 269, 295 Ameixial 326 Amézcoas 501 Amiens 299, 435 Amposta 551 Ampurdán 124, 133, 173, 320 Ampurias 7, 10, 29, 32 Amsterdam 342 Anagni 125 Anahuac 264 Anas (Fl.) 19
638
Register
Anatolien 182 Andalusien 6, 9, 11, 23, 26, 28, 35, 36, 58, 62, 65, TI, 98, 103, 104, 106, 107, 112, 138, 164, 169, 178, 179, 181, 182, 184, 191, 279, 311, 326, 328, 352, 354, 367, 391, 421, 422, 432, 449, 458, 467, 479, 480, 482, 492, 502, 506, 537, 544 Andújar 101, 234, 467 Angola 395, 396 Anjou 158 Annual 533 Antequera 141 Antillen 275, 294, 319, 345, 370, 460, 529 Antillen, Kleine 203, 408 Antwerpen 276, 285, 289, 350 Añaquito 267 Apulien 12, 209 Aquitanien 5 Arabien 56, 57 Aracillum 25 Aragón 72, 74, 78, 79, 81, 83—85, 86, 87 bis 88, 89, 9 4 - 1 0 0 , 101, 102, 105, 106, 107, 109, 110, 112, 114, 1 1 6 - 1 3 3 , 135, 136, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 151, 152—163, 1 7 1 - 1 7 7 , 178, 179, 180, 182, 183, 184, 188, 199, 201, 205, 206, 207, 209, 214, 215, 217, 218, 219, 220, 221, 224, 228, 230, 232, 233, 239, 243, 245, 262, 271, 275, 296—298, 311, 321, 322, 326, 331, 334, 335, 337, 347, 352, 354, 358, 368, 375, 376, 377, 378, 418, 419, 420, 428, 431, 444, 446, 448, 452, 459, 470, 478, 491, 498, 503, 547, 550, 551 Aranda 230 Aranda del Duero 503 Aranjuez 337, 360, 400, 415, 416, 443, 444, 448, 458, 463, 471, 493, 496 Arapiles 480 Arbórea 130 Arcos 487 Arévalo 183 Arga (Fl.) 97 Arganda 503 Argar, el 4 Argecilla 4 Arjonilla 509 Arles 36 Armenien 171 Arras 284, 317
Artois 254, 320, 330 Arsila 150 Asán 55 Asseiceira 520 Asturien 25, 29, 67—69, 70, 74, 89—94, 111, 138, 160, 164, 179—180, 225, 344, 421, 447, 465, 470, 471, 514, 540, 545, 547 Asidona 38 Asiette, La 399 Astapa'13 Asti 308 Astorga 40, 50, 55, 74, 93, 352, 478, 479 Asunción 269, 295 Atacamas 294 Atalaya 478 Atapuerca 75, 83 Atella 208 Ath 340 Athen 127, 131, 133, 182 Atienza 136 Atoleiros 137 Augsburg 258, 259, 260, 269, 340, 343, 408 Aurelia 80 Ausa 26 Australien 312 Avignon 114, 132, 133, 139, 177, 418 Avila 108, 147, 181, 239, 242, 245, 246, 351, 449 Ayacudio 496, 506 Azcoitia 458 Azoren 202, 294 Azpeitia 352, 458 Babylonien 157 Badajoz 61, 76, 139, 240, 243, 291, 429, 444, 465, 471, 479, 480, 537, 544 Baesipo 9 Baetica 23, 24, 26, 28, 29, 31, 37, 39, 40, 43, 50, 54, 103 Baetis 19 Baeza 101, 355, 423 Bagdad 58, 63 Bages 98 Bahamas-Inseln 202, 413 Bahía 324 Bailén 466, 467, 468, 470 Balaguer 121, 154, 551
Register Balearen 4, 11, 28, 29, 37, 44, 61, 62, 118, 119, 120, 130, 131, 157, 179, 182, 275, 280, 514 Balsain 336 Baltimore 305 Bamba 52 Banks-Inseln 312 Banolas 1 Barä 31 Barbastro 83, 551 Barbate (Fl) 9, 43 Barcelona (Grafschaft) 7, 74—75, 78, 79, 85—86, 87, 88, 131, 162, 174, 228, 271, 320, 322, 323 Barcelona (Stadt) 10, 32, 35, 42, 60, 74, 86, 96, 97, 98, 117, 123, 128, 129, 130, 132, 152, 154, 162, 173, 175, 176, 178, 202, 206, 207, 229, 230, 233, 240, 244, 322, 334, 335, 351, 352, 353, 355, 360, 375, 378, 390, 402, 407, 442, 447, 448, 449, 466, 506, 511, 531, 532, 533, 535, 543, 550, 552 Barcelona (in Venezuela) 346 Bargas 351 Barleta 210, 211 Barranco del Lobo 532 Basel 426, 432, 433, 517 Basilicata 210 Baskisdie Provinzen 37, 40, 41, 72, 96, 179, 180—181, 199, 265, 295, 349, 391, 432, 447, 448, 471, 501, 502, 520, 542, 544, 547 Bayern 258, 307, 317, 342, 343, 392 Bayonne 113, 136, 138, 252, 441, 461, 462, 463, 464, 465, 469, 482, 494 Baza 193, 194, 232 Bearn 220 Beaucaire 104 Begona 502 Behovia 383 Beira 410 Beja 50 Belascoain 503, 505 Beldiite 478, 547 Beiern 227, 426 Belén 367 Belgien 338, 380 Bellegarde 339 Benavente 474 Benevent 418
639
Bengalen 312 Benin 226 Berberei 173, 261, 279, 280, 311 Berlin 429, 430 Bermeo 352 Bern 434 Bernia 262 Berrueza 501 Besalú 74, 97 Besançon 338 Biacnabató 530 Biagrasso 252 Biarritz 518 Biclara 55 Bidasoa (Fl.) 254, 320 Bigorra 72 Bilbao 352, 412, 432, 500, 501, 502, 503, 540, 547, 549 Bilbilis 31 Bitonto 390 Bizerta 279, 281 Blanco, Kap 150 Blois 218, 220 Bobastro 59 Böhmen 307, 459 Bogotá 269 Bohío 202 Bojador, Kap 150 Bolivien 269, 270, 496 Bologna 115, 167, 255, 418 Bombay 395 Bordeaux 36, 37, 44, 123, 319 Boriquén 203 Borneo 312 Bosporus 188 Bouillon, Herzogtum 251 Boulogne 436, 437 Bourges 36 Boyacá 4 % Brácara 40 Braga 40, 49, 52, 55, 395 Brandenburg 380 Brasilien 227, 236, 273, 293, 397, 498, 519, 520 Breda 285, 315, 399 Brest 435, 437 Bretagne 8 Brielle 287 Brihuega 352, 378, 379, 380, 449, 546 Brindisi 126
640
Register
Britannien 25, 27 Briteiros 4 Briviesca 52, 138 Bruch 466 Brügge 136, 166 Brüssel 276, 277, 284, 300, 317, 516, 518 Brúñete 547 Budens 9 Buenos Aires 269, 295, 410, 411, 426 Buen Retiro 315, 322, 337, 341, 366 Bugia 220, 262, 275 Buranda (Fl.) 220 Bureba 25 Burgo de Osma 52, 356 Burgos 52, 101, 138, 144, 169, 170, 178, 181, 239, 242, 244, 245, 351, 352, 353, 375, 449, 458, 472, 553 Burguillos 52 Burgund 77, 215, 242, 243, 250, 252, 254, 255, 275, 320, 334, 338, 339, 348, 349, 351, 363 Burriana 118 Busaco 479 Byzanz 38, 41, 48, 51, 53, 126, 157, 182, 206 Cabeza de Griego 452 Cabezas de San Juan 487 Cabezón 466 Cabrerizas 529 Cadalso de los Vidrios 351 Cádiz 4, 8, 11, 13, 29, 30, 31, 181, 188, 203, 204, 239, 292, 352, 356, 390, 393, 402, 412, 437, 438, 439, 448, 449, 451, 465, 479, 481, 482, 483, 484, 495, 499, 506, 518, 525, 544 Calagurris 31 Calahorra 31, 42 Calais 216, 277, 292 Calatañazor 60 Calatayud 31, 84, 96, 97, 128, 475 Calatrava 81 Cali 178 Callao 294, 517, 518 Camargo 1 Cambray 219, 255, 384, 385 Campeche 346, 352 Campo 98
101, 316, 433, 455, 487,
104, 350, 436, 458, 490,
152, 297,
Campo-Formio 434 Campo Santo 392 Campos 7, 107, 352, 448 Campos Góticos 38, 53 Candespina 79 Caney 530 Cangas 67 Canigó 97 Cannae 12 Cannanore 395 Cantavieja 503 Cañete 141 Capitanata 210 Capo di Monte 459 Capua 13, 210, 211, 328 Carabobo 496 Caracas 425 Carlota, La 421 Carmona 101 Carolina, La 421 Carpi 372 Cartagena 6, 7, 11, 29, 50, 104, 168, 352, 390, 403, 416, 436, 466, 523, 525, 535, 548, 553 Cartagena de Indias 294, 346, 391 Cartaginensis 28, 37, 40 Cártama 192 Carteia 8 Casal 315, 329 Casas Viejas 538 Cascaes 291 Caspe 87, 141, 148, 153, 551 Castañar 223 Castañeda 93 Castellón 551 Castelo Rodrigo 326 Castilblanco 537 Castilnovo 261 Castilleja de la Cuesta 329 Castilleja de Guzmán 3 Castillo 1 Castillo, el 2 Castillejos 516, 520 Castronuño 185 Cat 202 Catania 339 Catay 204 Cateau-Cambrésis 278, 308 Catelet 277 Cauca 27
641
Register Caudebec 299 Cavité 338, 530 Caxamarca 266 Celebes 312 Cerbères 10 Cerdaña od. Cerdagne 74, 119, 206, 214, 317, 338 Cerignola 211 Gerisoles 256 Cerro de los Santos 17 Cervaria 10 Gîuta 42, 149, 151, 273, 340, 414, 486, 516 Ceylon 395 Chaco 295, 370 Chimartín de la Rosa 473 Champagne 251, 252, 256 Charleroy 334 Charolais 320 Château-Thierry 256 Chaves 50 Chiclana 479 Chile 269, 270, 275, 295, 425, 517 China 204, 273 Chinchón 449 Cholula 264 Chuquisaca 426 Chupas 267 Ciempozuelos 4 Cintra 77, 395, 468, 519 Cipango 198, 204 Ciudad Real 104, 181, 228, 351, Ciudad de los Reyes 267 Ciudad Rodrigo 169, 479, 480 Civitella del Tronto 276 Clavijo 68 Clunia 25, 452 Cobalejos 1 Coca 27, 242 Cocherel 159 Codiin 395 Codiindiina 514 Cod, Kap 268 Cogolla, La 55 CoguI 2 Coimbra 36, 40, 76, 273 Coin 192 Coll de Panisars 124 Collado de los Jardines 17 Ballesteros, Spanien
130, 134,
352, 387,
460, 496,
Colliure 134, 431 Colmenar Viejo 486 Conflans 134, 320 Congost de Martorell 86 Connecticut 268 Consuegra 332, 334 Corbeil 119, 299 Córdoba 31, 34, 38, 58, 59, 60, 61, 63, 65, 66, 68, 69, 71, 75, 79, 92, 97, 98, 101, 178, 181, 187, 192, 196, 200, 204, 229, 231, 234, 242, 279, 351, 352, 467, 544 Córdoba (Amerika) 295, 426 Coria 38 Cortes 179, 311 Coruña, La 31, 245, 292, 448, 465, 471, 474, 487 Costa Rica 204 Courtray 334, 340 Covadonga 67 Coyanza 75, 94 Crato 290, 291 Cremona 372 Crépy 256 Cuenca 38, 76, 80, 114, 169, 181, 242, 351, 457, 525 Cullera 10 Curaçao 425 Curzolari-Inseln 280 Cutanda 84 Cuyo 295 Cuzco 267, 426 Cypern 131, 280
476 Danemark 308, 471, 472 Damaskus 57, 63, 64 Darién 237 Daroca 84, 96, 97, 128, 177, 351, 484 Dazien 26 Delaware 258 Denain 380 Denia 10, 61, 249, 311 Déols 36 Dertosa 97 Descarga 501 Despeñaperros 17 Deutschland 65, 81, 104, 105, 122, 173, 199, 205, 211, 215, 216, 219, 235, 245, 250, 251, 252, 253, 254, 2 5 7 - 2 6 0 , 262, 270, 271, 272, 275, 283, 284, 286, 287, 312, 316, 317, 41
123, 230, 256, 277, 318,
642
Register
331, 332, 339, 340, 341, 342, 344, 348, 350, 353, 354, 356, 367, 372, 373, 380, 383, 388, 410, 421, 422, 459, 509, 527, 545, 546 Deva (Fl.) 17, 544 Dinant 270 Diuweland 288 Djerba 131, 279 Dole 338 Dominica 203, 408, 426, 432, 515, 517 Donau 259, 260, 316 Don Benito 551 Donana 6 Douai 334 Dünkirchen 319, 333 Duero 7, 19, 68, 396, 441 Dumi 40, 50, 55 Durango 472 Durazzo 131, 155 Ebro 11, 12, 18, 83, 87, 173, 447, 448, 551, 552 Ebusos 11 Ecija 55, 138, 178 Egara 55 Egea 120 Egmont 411 Eisenach 257 Eisleben 257 Ekuador 270, 453, 496 Elba 327 Elbe 259 Elche 11, 17, 29, 352 Elna 10, 97, 175 Elsaß 339 Elvas 325 . Emesa 30 Emporion 10 Ems 286 Encina del Principe 450 England 80, 104, 112, 113, 123, 136, 144, 154, 158, 159, 165, 169, 192, 198, 199, 214, 215, 216, 219, 227, 251, 252, 256, 270, 274, 275, 276, 277, 278, 291—293, 301, 302, 304, 305, 312, 316, 319, 325, 326, 329, 333, 334, 338, 339, 340, 341, 343, 344, 345, 346, 348, 349, 354, 357, 372, 374, 376, 378, 379, 380, 383, 384, 386, 387, 388, 389, 390, 391, 392, 393, 395, 396, 398, 399, 400, 401, 402, 404,
405, 407, 408, 4 0 9 - 4 1 3 , 419, 420, 424, 432, 433, 434, 435, 436—439, 441, 449, 453, 468, 470, 471, 474, 476—480, 483, 484, 489, 496, 497, 498, 501, 506, 508, 512, 519, 525, 531, 545, 549, 552 Epernay 256 Epila 129, 297, 466 Erfurt 257 Ersindjan 171 Escalona 169 Eskorial 278, 281, 305, 337, 344, 345, 356, 362, 363, 364, 365, 389, 407, 414, 435, 441, 488, 493, 549 . Espadán 262 Española 202, 203, 204, 238, 359, 369, 432 Esparraguera 466 Espiel 450 Espinosa de los Monteros 472 Estella 504, 525 Estepa 13 Etrurien 435, 441, 463, 486 Eunate 98 Evora 186, 226, 324, 326 Extremadura 28, 81, 139, 179, 180, 186, 1%, 237, 240, 269, 271, 311, 364, 365, 374, 388, 429, 447, 450, 462, 481, 537, 544, 552 Fabara 31 Falklandinseln 411 Famagusta 280 Faro 9 Fear, Kap 268 Fernandina 202 Ferrara 418 Ferrol, El 390, 391, 402, 436, 437, 449, 487 Figueras 432, 484, 552 Fiorenzuola 381 Fitero 98, 176 Flandern 166, 173, 215, 216, 225, 243, 250, 254, 256, 271, 283, 284, 285, 286, 287, 292, 293, 298, 301, 306, 307, 315, 317, 318, 320, 324, 332, 334, 338, 339, 347, 348, 353, 356, 357, 364, 402 Fleurus 340 Florenz (Republik) 206, 236, 254, 350, 397 Florenz (Stadt) 230, 255 Florida 268, 293, 294, 295, 410, 412, 413, 420 Foix 220
643
Register Fontainebleau 393, 407, 441, 464 Fontaine-Française 299 Fontellas 179 Fornovo 207 Fraga 85 Frankfurt 271 Frankreich 65, 71, 81, 88, 94, 103, 106, 112, 114, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 134, 135, 136, 144, 155, 158, 171, 172, 174, 175, 185, 198, 199,205—206,207,208,209,210,211, 212, 214, 215, 216, 218, 219, 220, 221, 222, 227, 232, 235, 244, 249, 250—257, 259, 262, 270, 273, 274, 275—278, 297, 298—300, 301, 302, 306, 308, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 320, 322, 325, 326, 327, 328, 329, 331, 333, 334, 338—340, 341, 342, 343, 344, 345, 348, 349, 351, 353, 354, 356, 357, 370, 371, 372, 374, 376, 377, 378, 379, 380, 381, 382, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 389, 390, 392, 393, 395, 396, 398, 399, 400, 401, 404, 405, 406, 407, 408, 409, 410, 411, 412, 414, 418, 419, 420, 422, 423, 426, 428, 429, 430—445, 446, 448, 449, 450, 453, 454, 455, 456, 457, 458, 461—484, 489, 495, 497, 498, 502, 504, 509, 510, 513, 516, 517, 519, 122, 526, 534, 535, 544, 545, 549, 552 Friedlingen 373 Friesland 289 Frómista 93 Fuencaliente 4 Fuencarral 335 Fuente de Todos 459 Fuenterrabía 251, 252, 317, 383, 432 Fuentes de Oñoro 479 Fuerteventura 140 Gadir 8, 9 Gaeta 156, 210, 212, 376 Galicien 7, 10, 28, 29, 35, 36, 37, 39, 52, 54, 67, 68, 69, 76, 79, 93, 138, 169, 179, 180, 184, 187, 196, 202, 231, 254, 340, 470, 471, 474, 478, 542, 544, 545, 551 Gallien 17, 23, 27, 29, 35, 36, 37, 41, 43, 44, 51, 57 Gallipoli 126 Gallo 265 Gamonal 472
Gandesa 551 Gandia 355 Garigliano (Fl.) 212 Garray 20 Gascogne 80, 104, 169 Geldern 287, 289, 380 Gembloux 289 Gemmingen 286 Genf 369, 549 Genil (Fl.) 39 Gent 243, 248, 256, 339 Genua 79, 118, 127, 130, 133, 154, 156, 182, 1%, 198, 199, 230, 254, 255, 261, 280, 307, 314, 348, 350, 354, 393, 399, 419 Georgia, Golf von 453 Gerona 7, 32, 42, 50, 74, 97, 124, 162, 176, 466, 475—476, 484, 552 Gertruidenberg 379 Gibraltar 1, 7, 101, 107, 109, 110, 307, 315, 352, 373—374, 380, 381, 387, 388—389, 391, 393, 405, 407, bis 413, 434, 501, 516, 544 Gijön 452, 465, 545, 547 Goletta, La 261 Golpijar 76 Gomera 140 Gomera, La 201, 219, 280 Gozo 131 Granada (Reich) 61, 64, 84, 101, 102, 104, 106, 107, 108, 109, 110, 112, 140, 141, 143, 145, 1 5 0 - 1 5 2 , 179, 182, 183, 188—195, 199, 207, 213, 217, 222, 232, 235, 278, 279, 337, 451, 509
174,
145, 384, 412
103, 136, 181, 214, 351,
Granada (Stadt) 65, 108, 209, 228, 229, 254, 269, 351, 353, 355, 362, 363, 404, 450, 451, 465, 467, 471, 487, 492, 499 Granja, La 397, 449, 458, 492, 499, 502 Graubünden 314, 317 Graus 83 Gravelingen 251, 277, 284 Griechenland 17, 122, 131, 175, 238, 262, 422 Grönland 197 Groningen 286, 289, 386 Guadalajara 76, 138, 169, 181, 245, 386, 390, 449, 544, 546, 553 Guadalete 43, 57 41*
644 Guadalquivir 6, 19, 77, 100, 101, 181, 467 Guadalupe 180, 231 Guadarrama-Gebirge 305, 403, 448, 474 Guadeloupe 203 Guadiana 7, 19 Guadibeca 43 Guadix 65, 193, 194, 232 Guanahaní 202 Guanajuato 426 Guardia 234 Guarrazar 52 Guastalla 315, 399 Guatemala 268, 460 Guatulco 294 Guayana 236, 312 Guetaria 352 Guinea 1%, 197, 226 Guipúzcoa 80, 181, 232, 251, 254, 295, 354, 366, 367, 393, 431, 540, Guisando 147, 148
Register 352, 449,
292, 549
Haag, Den 307, 338, 339, 343, 374, 379, 387, 407 Haarlem 287 Habana, La 352, 410, 412, 426, 530 Haiti 202, 359, 426, 432, 517 Ham 277 Hamburg 528 Hawaiische Inseln 268 Hebriden 293 Heiice 11 Hemeroskopion 10 Herminioberge 23 Hesdin 270 Heyligerlee 286 Hierro, Insel 140 Higueruela 143 Hindostán 410 Hispania Citerior 18, 22, 28 Hispania Ulterior 18, 28 Hodistädt 373 Hoffnung, Kap der Guten 226, 227, 294 Holland 287, 289, 307, 309, 312, 314, 315, 317, 318, 324, 325, 326, 329, 333, 334, 338, 340, 344, 348, 349, 364, 372, 374, 380, 381, 386, 387, 390, 395, 396, 425, 468 Honduras 204, 407, 408, 411, 412, 413
Huaneavélica 360 Hudson 268 Huelva 4, 137 Huesca 42, 55, 83, 84, 86, 98, 128, 172, 174, 242, 550, 551 Huete 351 Ibiza 8, 11, 118, 134, 250, 383, 546 Igualada 154 Ilerda 23 Illiberris 10, 34 Illora 193 Indien 62, 138, 204, 226, 227, 396 Ingolstadt 259, 284 Innsbruck 260 Irache 98 Irland 305, 391, 412 Irún 432, 448, 544 Isabela 202 Isabela (Stadt) 203 Ischia 207, 210 Isla de León 480, 481 Island 196 Italica 26, 31, 32 Italien 61, 65, 114, 121, 131, 155—158, 168, 173, 175, 199, 205—213, 215, 216, 217, 219, 235, 240, 250, 251, 252, 254, 255, 258, 259, 260, 262, 265, 272, 276, 277, 278, 280, 285, 289, 308, 309, 313, 314, 315, 317, 318, 320, 324, 326, 328, 330, 347, 348, 350, 353, 354, 356, 360, 363, 364, 372, 376, 381, 382, 383, 384, 386, 388, 389, 392, 398, 400, 401, 406, 414, 416, 419, 433, 458, 459, 468, 509, 515, 516, 522, 545, 546 Jaca 72, 86, 98, 172, 534 Jadraque 382 Jaén 52, 101, 181, 188, 234, 431, 465, 548 Jalisco 268 Jamaica 203, 204, 319, 346, 352 Janda-Lagune 43 Jap 528 Jarama (Fl.) 546 Játiba 29, 118, 250, 364, 376 Java 312 Jena 442 Jerez 29, 103, 106, 490 Jerez de los Caballeros 237
Register Jerusalem 32, 85, 171, 209, 218 Jol6 312 Jucar 22 Junin 496 Kärnten 260 Kalabrien 122, 208, 209, 210, 212 Kalifornien 268, 295, 370, 425 Kalkutta 227 Kalopolis 10 Kanada 410 Kanarische Inseln 140, 201, 213, 275, 354, 544, 546 Karolinen 268, 346, 528 Kansas 268, 269 Kantabrien 25, 29, 67, 83, 101, 165 Kap Finisterre 437 Kapverdesche Inseln 150, 197, 202 Karthago 10, 13 Kassiteriden 8 Kastilien 7 0 - 7 1 , 74, 7 5 - 8 1 , 82, 84, 87, 89—94, 96, 100, 100—114, 115, 116, 119, 122, 123, 127, 128, 130, 132, 134, 135—149, 150, 151, 154, 158, 159, 160, 161, 163—171, 172, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181 — 182, 183, 184, 185, 186, 188, 199, 200, 205, 214, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 224, 226, 228, 229, 230, 231, 232, 234, 237, 243, 244, 245, 246, 249, 262, 271, 275, 303, 311, 320, 321, 323, 324, 325, 329, 331, 335, 337, 342, 347, 352, 354, 363, 364, 365, 375, 377, 378, 406, 416, 417, 418, 419, 421, 442, 446, 447, 448, 454, 456, 457, 464, 481, 494, 543, 544 Katalaunische Felder 36, 54 Katalonien 26, 29, 74, 87, 94, 101, 118, 119, 124, 131, 132, 133, 152, 153, 154, 156, 161, 162, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 179, 182, 1 % , 199, 206, 218, 229, 230, 231, 240, 244, 255, 262, 275, 311, 317, 320—323, 324, 325, 328, 329, 332, 334, 339, 340, 342, 347, 352, 354, 375, 376, 377, 378, 381, 430, 431, 432, 446, 447, 449, 451, 460, 465, 466, 478, 483, 488, 491, 497, 498, 501, 502, 510, 526, 533, 535, 536, 538, 539, 540, 541, 542, 544, 551, 552 Keltiberien 29, 31 Kephalonien 210, 280
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Kinsale 305 Kleinasien 126, 173 Kolumbien 236, 270, 453 Kongo 226 Konstantinopel 50, 122, 126, 130, 157, 188, 206, 234, 235, 350 Kopenhagen 374 Korfu 280, 383 Koron 261 Korsika 126, 131, 155, 157, 1%, 387, 417 Kreta 364 Ksar-el-Kebir 290 Kuba 202, 236, 262, 263, 264, 426, 496, 508, 523, 527, 529, 530 Kufa 63 Labrador 197, 268 Ladrones-Inseln 268, 346 Lagny 298 Lamego 76 Landau 380 Landriano 255 Langeland 471 Languedoc 399 Lanzarote 140 La-Plata-Strom 237, 269, 275, 295, 346, 403 Larache 310, 340, 532 Laredo 271 Larrainzar 501 Larramear 501 Lecrin (Fl.) 195 Leganés 421 Lena 93 Lens 318 León (Reich) 6 9 - 7 0 , 71, 74, 75, 76, 78, 79, 80, 81, 82, 8 9 - 9 4 , 96, 107, 110, 164, 179, 180, 187, 232 León (Stadt) 29, 38, 60, 69, 70, 76, 79, 94, 169, 229, 242, 351, 465, 492 Lepanto 280—281 Lequeitio 352, 518, 519 Lérida 23, 40, 42, 74, 83, 87, 98, 117, 173, 174, 176, 322, 466, 480, 484, 551 Lerma 305 Lesbos 261 Leyden 288 Leyre 98 Leyte 268
646
Register
Liébana 55, 67 Ligurien 195, 196 Lille 334, 378, 434 Lima 267, 370, 421, 425 Limburg 339 Limia 50 Lino 93 Liria 458 Lissabon 29, 36, 40, 68, 77, 136, 137, 197, 202, 227, 273, 291, 292, 323, 324, 325, 350, 362, 374, 395, 427, 476, 479, 497, 544 Llana 391 Llantada 76 Lludimayer 130 Loarre 98, 154 Lochau 259 Lodi 211, 242, 253 Loedies 329, 330 Löwen 224, 243 Logroño 135, 251, 401, 466 Logrosa 38 Loire 36 Loja 191, 192, 194, 212, 213, 500, 509, 515 Lombardei 250, 255, 308, 381 London 198, 230, 276, 294, 305, 333, 342, 344, 380, 402, 404, 408, 411, 438, 447, 470, 471, 498, 506, 508 Lopera 192 Lorca 57, 448 Loreto, Nuestra Señora de 346 Louisiana 411, 426 Lozoya 449 Lucca 86, 486 Lucena 98, 191 Ludiana 503 Lutti di 339 Lugo 31, 169 Luisiana (Spanien) 421 Lusitanien 19, 25, 28, 29, 35, 36, 37, 76 Lutos 68 Luxemburg 288, 339, 340 Luzzara 372 Lyon 115, 218 Maas (Fl.) 286, 287, 289 Maastricht 289 Macao 273 Mactán 268 Madeira 150, 197
Madrid 66, 69, 76, 139, 184, 192, 243, 245, 254, 255, 304, 308, 314, 316, 318, 319, 321, 322, 323, 324, 325, 332, 333, 335, 336, 337, 340, 341, 342, 344, 351, 352, 356, 362, 363, 364, 365, 371, 374, 375, 378, 386, 389, 391, 403, 406, 407, 409, 412, 414, 415, 416, 417, 421, 422, 423, 425, 429, 432, 433, 434, 435, 440, 441, 443, 448, 451, 457, 458, 459, 461, 462, 464, 465, 466, 467, 470, 473, 476, 478, 480, 483, 484, 485, 487, 488, 490, 491, 498, 499, 500, 501, 503, 504, 506, 509, 511, 513, 520, 521, 524, 526, 529, 531, 535, 536, 538, 540, 541, 543, 545, 546, 547, 548, 549, 553 Madrigal 228 Mafra 397 Magdalenenstrom 236, 268 Mahón 352 Mailand 27, 156, 157, 206, 209, 239, 250, 252, 254, 256, 257, 270, 275, 276, 308, 309, 317, 324, 372, 376, 380, 388, 392, 393 Mainake 10 Maipó 496 Majerit 69 Malabar 312 Malaca 8 Málaga 10, 30, 38, 50, 61, 65, 188, 189, 191, 193, 352, 466, 492, 498, 506, 509, 544, 546 Mallorca 86, 117—118, 124, 130, 131, 133 bis 134, 161, 171, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 196, 230, 249, 250, 271, 354, 383, 402, 425, 447, 450, 546 Malplaquet 378 Malta 131, 280, 396 Mancha, La 7, 265, 311 Manila 295, 312, 410, 417, 530, 531 Manises 232 Manresa 74, 323 Mantua 211, 308, 314, 315, 317, 323, 390 Manzanares (Fl.) 448, 545 Manzanares 511 Maqueda 169 Maracaibo 346 Maranhao 395 Marbella 192 Mardijk 319 María 478
Register Marianen 268, 346 Mariánica 467 Marie Galante 203 Marienburg 270 Marignano 250 Marne 299 Marokko 58, 102, 106, 109, 110, 151, 235, 275, 340, 387, 413, 414, 532, 533, 534 Marseille 9, 10, 23, 36, 156, 252, 505, 535 Marshall-Inseln 295 Martinique 204, 437 Martos 101, 108, 189 Mazagdn 273, 396 Massilia 10 Mastia 6 Matarrubilla 3 Mauretanien 36, 37, 60 Mayals 501 Mazalquivir 219, 280 Mazedonien 309 Medieln 287 Medellin 262, 476, 478 Medina Azahra 66 Medinaceli 60, 381 Medina del Campo 138, 143, 166, 169, 171, 183, 216, 229, 242, 246, 351, 352, 353, 416, 479 Medina de Rioseco 352 Medina Sidonia 38 Mekka 63 Melilla 213, 414, 529 Melzi 253 Mendigorría 502 Mendoza 501 Menga 3 Mengibar 467 Menorca 118, 134, 376, 380, 387, 391, 393, 405, 408, 411, 412, 413, 420, 435, 546, 548 Mequinenza 480 Mérida 29, 31, 32, 34, 36, 55, 186, 544 Mers el Kebir 219, 280 Messina 122, 208, 210, 280, 310, 339 Methwen 396 Metz 270 Mexiko, Golf von 268, 359 Mexiko (Reich) 262—265, 270, 275, 295, 346, 359, 370, 425, 460, 481, 496, 515, 517, 523 Mexiko (Stadt) 263, 264, 265, 355, 370
647
Meziéres 251 Mikronesien 346 Miliares, Los 4 Minateda 2 Mindanao 268 Miño (Fl.) 82 Mirabello 253 Miraflores 242 Miranda del Ebro 432 Mississippi 268, 410 Mittelamerika 268, 270, 275, 359 Modín 193 Molina 136 Molins de Rey 474 Molukken 275, 312 Mondego 76 Mondoñedo 169 Monferrato 308, 314, 315 Möns 287, 340 Montalbán 143 Monte Arruit 533 Montejurra 502 Montenuevo 525 Montesa 120 Montes Aregenses 38 Montes Claros 326, 333 Montevideo 425 Montiel 113, 135 Montijo 325 Montjuich 321, 375 Montpellier 117, 119, 130, 134, 159 Montserrat 74, 98, 177, 552 Monzón 83, 117, 314 Mook 288 Morea 157, 175, 396 Morella 118, 501, 503 Morfontaines 469 Mortara 320 Mosel 376 Móstoles 465 Motril 546 Mühlberg 259 Münster 318, 331, 341 Mugen 3 Mula 57 Munda 24 Muradal-Paß 77, 79, 100 Murana 208 Murcia (Reich) 11, 61, 103, 104, 119, 138, 179, 193, 279, 311, 488, 498
648
Register
Murcia (Stadt) 102, 105, 166, 181, 187, 197, 239, 351, 418, 420, 458, 466, 471, 487 Muret 88, 120 Nájera 72, 113 Namur 288 Nantes 230, 312 Naranco 93 Narbonne 38, 42, 44, 48, 53, 133, 154, 176 Navarra 7, 72—74, 79, 80, 81, 82—83, 86, 87, 88—89, 94—100, 101, 104, 118, 131, 134—135, 136, 142, 143, 144, 146, 148, 154, 155, 1 5 8 - 1 5 9 , 160, 161, 162, 163, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 183, 188, 213, 220—221, 222, 225, 251, 275, 295, 338, 347, 354, 368, 431, 432, 446, 447, 451, 452, 471, 489, 502, 526, 536, 544, 547, 551 Navascués 501 Navas de Tolosa 62, 81, 89, 115, 169, 479 Na via 17 Navidad 202, 203 Neapel (Reidi) 121, 122, 1 5 5 - 1 5 8 , 161, 183; 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 214, 215, 218, 219, 222, 250, 252, 254, 255, 270, 275, 276, 308, 309, 310, 313, 326, 327, 328, 376, 380, 390, 392, 393, 394, 397, 400, 401, 403, 404, 406, 409, 411, 414, 418, 419, 424, 437, 445, 459, 464, 468, 491 Neapel (Stadt) 121, 156, 157, 161, 175, 207, 255, 309, 327—328, 332, 335, 364, 368,"406, 407 Neopatria 127, 131, 133 Neufundland 197, 407, 408, 411 Neugranada 269, 275, 295, 370, 391, 425, 426, 460, 4 % Neuguinea 268 Neu-Karthago 11, 12, 13 New Mexico 295, 312, 370 New Orleans 412 Nicaea 27, 34 Niebla 61, 103, 104, 105, 165, 181 Niederlande 252, 255, 258, 259, 270, 275, 276, 278, 2 8 3 - 2 8 9 , 298, 299, 300, 306, 307, 309, 316, 318, 320, 330, 333, 338, 363, 373, 376, 378 Nimes 41, 42 Niewport 306, 319
Nimwegen 339 Nizza 256 Noain 251 Nördlingen 316, 317 Nombre de Dios 294 Normandie 158, 159 Noyon 251 Nürnberg 258 Numantia 7, 18, 2 0 - 2 1 , 29, 452 Ocaña 179, 479, 487 Österreich 215, 260, 262, 317, 342, 370, 373, 375, 378, 379, 383, 386, 387, 388, 389, 390, 392, 393, 394, 398, 399, 400, 407, 409, 410, 474, 479, 489, 525 Olba 492 Oliva, La 175 Olivenza 435, 486, 519 Olmedo 143, 147, 391 Ondárroa 352 Ontiveros 269 Oña 25, 356 Oñate 355, 504 Oporto 40, 362, 478, 519 Oran 219, 261, 275, 340, 378, 389 Orbigo (Fl.) 40 Orense 38, 169, 481 Orihuela 57, 249, 356, 450 Orinoco 203 Orizaba 517 Ormaiztegui 501 Ormuz 324 Orñón 25 Oróspeda 38 Osca 23 Osma 59, 511 Osnabrück 318 Ostende 306, 307 Ostia 209, 276 Ostindien 318, 412 Osuna 30, 355 Otranto 211 O tumba (Fl.) 265 Oudenarde 272, 339, 378 Ourique 82 Overyssel 287, 289 Oviedo 68, 69, 70, 92, 93, 356, 465, 540, 544, 545, 547 Oyarzún 544
Register Palästina 103, 119, 135 Palamós 340 Palencia 38, 50, 93, 108, 351, 352, 363 Palermo 122, 327, 339 Pallars 72 Palma de Mallorca 176, 178, 250 Palmas, Las 294 Palmella 4 Palos de Moguer 199, 201, 202, 236 Pamplona 37, 72, 74, 86, 88, 176, 220, 251, 356, 442, 458, 483, 487, 505, 544 Pamplona (Neugranada) 295 Panama 265, 266, 346 Pannonien 36, 40 Pano-Berg 71 Paraguay 269, 270, 275, 346, 370, 403, 404, 417, 426 Paraná 370 Pardo 336 Pardo, El 473, 527 Paris 46, 159, 161, 168, 199, 252, 256, 277, 298, 299, 317, 322, 343, 373, 381, 384, 389, 407, 410, 411, 414, 419, 420, 430, 433, 434, 435, 440, 456, 469, 474, 505, 508, 522, 527, 528, 530, 552 Parma 290, 298, 317, 381, 384, 385, 386, 389, 390, 392, 393, 394, 399, 409, 418, 427, 457, 487 Pasajes 383, 432 Pasiega, La 2 Passau 260 Pastora-Höhle 3 Pavia 197, 252, 253, 256, 308 Pedraza 255 Peleagonzalo 184 Peloponnes 261 Penicial 3 Pensacola 295, 410 Peñacerrada 503 Peñalén 83 Peñaranda 352 Peña Tú 4 Peñíscola 118, 154, 177 Peralada 124 Perleninsel 295 Perlenküste 236 Pernambuco 324, 395 Perpignan 123, 174, 176, 322, 484 Persien 57, 62 Perthus 552
649
Peru 2 6 5 - 2 6 7 , 269, 270, 275, 294, 295, 350, 359, 360, 370, 421, 425, 426, 460, 496, 517 Pfalz 307, 339, 341 Pharsalus 23 Philippinen 268, 275, 295, 338, 391, 410, 529, 530 Phokäa 10 Piacenza 381, 384, 385, 386, 389, 390, 392, 393, 399 Picardie 256, 317 Pichincha (Fl.) 496 Pico de Mulhacen 192 Piemont 256, 257, 270, 376, 393 Pinos-Puente 201 Piombino 327 Pisa 79, 86, 177 Pizzighetone 254 Plascencia 38, 183, 196, 478 Plymouth 292 Po (Fl.) 12, 320 Pöblet 176 Poitiers 57, 87 Polen 389, 473, 509 Pontevedra 196, 242 Ponza 156, 157 Popayán 268 Porcuna 467 Porellino 85 Porto Belo 294, 346, 391 Portologrone 327 Porto Santo 150, 196 Portucale 40 Portugal 7, 10, 17, 28, 62, 79, 82, 89, 101, 103, 104, 107, 109, 110, 114, 115—116, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 144, 146, 1 4 9 - 1 5 0 , 162, 176, 177, 180, 183, 183 bis 186, 196, 197, 198, 199, 202, 213, 215, 226—227, 234, 240, 248, 249, 272, 273, 274, 282, 289—291, 301, 303, 322, 323—326, 328, 329, 332, 333, 335, 340, 346, 353, 354, 362, 370, 373, 375, 378 381, 387, 395—397, 398, 399, 402, 403, 409, 410, 411, 414, 418, 419, 420, 426, 435, 441, 445, 452, 468, 474, 477, 478, 479, 480, 486, 492, 497, 498, 501, 507, 511, 515, 516, 5 1 9 - 5 2 0 , 544 Portugalete 352 Portus Victoriae 29 Potosí 360, 426
650
Register
Pozuelo de Ara vaca 500 Prag 307 Preußen 392, 393, 407, 409, 410, 429, 433, 445, 489, 522 Principato 210 Provence 5, 7, 37, 86, 87, 88, 97, 118, 119, 120, 157, 175, 180, 252, 256, 399 Pruna 141 Providencia 413 Puebla de los Angeles 457 Puerto Rico 203, 236, 294, 352, 4 % , 524, 529, 530 Puigcerdá 339 Punta Brava 529 Punta de Vaca 9 Puzol 485 Pyrenäen 5, 12, 18, 30, 35, 36, 50, 71, 72, 81, 84, 87, 116, 123, 124, 181, 251, 371, 432, 442, 458, 483, 504, 510 Quito 267, 425 Ramillies 376 Rastatt 380, 383 Ravenna 219 Recife 395 Regensburg 272, 340 Remesal 218 Renedo 219 Rennes 439 Renty 270 Retiro, El 449, 459 Retuerta 503 Reus 449, 484 Rhein 258, 376 Rhode 10 Rhodos 173 Rhone 12, 36 Ribagorza 74, 83, 95, 230 Riela 230 Rimac (Fl.) 267 Rio Colorado 268 Rio Janeiro 268 Rio de Janeiro 293, 346, 396 Rioja, La 68, 83, 88 Río Negro 295 Río de la Plata (Vizekönigreich) 425, 460, 496 Rioseco 466 Rio Tinto 407
Ripoll 74, 97, 98, 340 Rituerto 20 Roa 225 Robledo de Chavela 243 Rochelle, La 136, 140, 230 Rocroy 317, 319 Rolika 519 Rom 24, 26, 35, 94, 161, 177, 206, 209, 211 bis 212, 223, 252, 255, 257, 274, 276, 328, 335, 365, 368, 372, 381, 387, 418, 420, 455, 456, 457 Romagnano 252 Romeral 3 Roncesvalles 72, 177 Ronda 59, 192, 450 Rondagebirge 232 Rosas 10, 340, 384 Rottofreddo 399 Rouen 299 Roussillon 119, 123, 130, 134, 163, 206, 214, 275, 317, 320, 321, 322, 330, 338, 339, 384, 431, 519 Rueda 69, 97, 98 Rumänien 26 Rum Cay 202 Rußland 390, 407, 409, 445, 480, 486, 489, 537, 545, 549 Ryswick 340, 343, 436 Sabroso 4 Sachsen 244, 258, 259, 260, 270, 406, 424, 459 Sacralias 77 Sacramento, Colonia de 346, 403, 410, 411, 414 Sacsauana 267 Sagres 8, 149 Sagunt 12, 31, 526, 551 Saint Diziers 256 Saint Omer 339 Saint Quentin 276, 277, 278, 284, 290, 308 Saint Vincent 408 Salado (Fl.) 110, 115, 169 Salamanca 38, 93, 167, 169, 171, 184, 200, 218, 223, 239, 242, 247, 262, 328, 351, 355, 360, 451, 452, 455, 458, 474, 480, 481, 494, 539, 546 Salceda 223 Salces-Paß 123 Salces 321 Salesas Reales 404
Register Salomo-Inseln 295 Saloniki 235 Salpensa 30 Saltés 137 Salvatierra 220 Samos 9 Sampayo 478 San Agustín 294 San Carlos de la Rápita 514, 551 Sandhurst 525, 526 San Esteban de Gormaz 69, 71 San Fernando 422, 449, 451, 487 San Francisco 294, 425 San Giovanni 399 Sangüesa 98 San Ignacio de Loyola 458 San Ildefonso 384, 385, 397, 414, 433, 435, 449 San Isidro 2, 452 San Juan 534 San Juan (Insel) 203 San Juan (Priorat) 332 San Juan de las Abadesas 98, 177 San Juan de la Peña 71, 85, 97, 98 San Juan de Pie de Puerto 251, 382 San Juan de Ulúa 294 San Julián 268 Sankt Helena 483 Sankt Maurus 453 Sankt Petersburg 429, 430 San Lázaro 268 Sanlúcar 451 San Lúcar de Alpechín 329 Sanlúcar de Barrameda 203 San Marcial 432, 483 San Martin de Segovia 93 San Mateo 266 San Mateo 294 San Salvador 202 San Salvador de Oviedo 170 San Sebastian 319, 352, 383, 432, 442, 477, 483, 519, 534, 544 Santa Agueda 530 Santa Catalina 414 Santa Cruz 268, 294 Santa Cruz (Insel) 295 Santa Cruz de la Sierra 269 Santa Cruz de Teneriffa 433 Santa Elena 295 Santa Fe 200, 201, 205
651
Santa Fe de Bogotá 269 Santa Lucia 408 Santa Maria (Hafen) 197, 490 Santa Maria, Kap von 412 Santa María de la Cabeza 545 Santa María de Darién 237 Santa María de la Rábida 199, 200 Santa María de la Concepción 202 Santa María de Salas 170 Santa Marta 268 Santander 25, 67, 93, 181, 465, 544, 547 Santarem 77, 291 Santa Vittoria 372 Santiago (Azoren) 294 Santiago de Chile 295 Santiago de Compostela 32, 60, 68, 70, 78, 93, 94, 169, 170, 180, 239, 245, 355, 465, 483 Santiago de Cuba 346, 530 Santiago de Nueva Extremadura 269 Santillana del Mar 93 Santo Domingo 269, 294, 352, 426 Santoña 201, 383 Santo Tomás 203 Santo Tomás de Avila 355 Santo Tomé 268, 395 San Vicente, Kap von 17, 433 San Yuste 271, 277 San Zacarías 97 Saomete 202 Sardinien 10, 11, 61, 125, 126, 127, 130, 131, 132, 133, 134, 154, 155, 157, 161. 182, 271, 275, 343, 376, 380, 383, 384, 386, 390, 393, 399, 400 Savona 196, 222 Savoyen 256, 257, 276, 278, 290, 308, 309, 314, 317, 370, 372, 380, 383, 384, 399 Sealatis 50 Scheide 276, 289 Schottland 292, 293, 348 Schwaben 101, 104 Schweden 308, 316, 317, 334, 338, 339, 340 Schweiz 348, 390, 422 Segorbe 311, 484, 551 Segovia 31, 92, 93, 148, 149, 166, 169, 179. 181, 184, 228, 229, 242, 245, 247, 334, 351, 352, 387, 449, 466, 491, 503 Segre (Fl.) 552 Seine (Fl.) 299 Selinunt 26
652
Register
Seminara 208, 211 Seneffe 338 Senegambien 150 Seo de Urgel 526 Septimanien 37, 38, 41, 42, 44, 71 Serana, La 551 Serrallo 516 Servito 55 Sétabis 29 Setenil 192 Setubal 9, 291 Sevilla 31, 32, 41, 50,51, 54, 55,61, 62, 65, 66, 76, 80, 88, 97, 101, 104, 105 109, 112, 137, 138, 165, 166, 167, 169, 170, 178, 181, 187, 188, 199, 200, 202, 229, 238, 239, 242, 243, 253, 268, 282, 350, 351, 352, 353, 354, 356, 359, 360, 362, 363, 364, 365, 367, 388, 389, 422, 448, 449, 450, 452, 455, 465, 467, 470, 471, 480, 489, 501, 506, 535, 538, 544 Shettlandinseln 293 Sidi-Aguariach 529 Sidon 8 Siena 177 Sierra de la Estrella 19 Sierra de Filabros 232 Sierra Morena 29, 421, 467 Sigüenza 32, 223, 239 Silos 92, 93, 458 Simancas 59, 69, 74, 221, 301, 452 Sizilien 11, 120, 121, 122, 124, 125, 126, 131, 132, 133, 153, 154, 155, 156, 157, 159, 161, 182, 185, 207, 208, 209, 239, 271, 275, 313, 326, 332, 335, 338, 339, 380, 383, 384, 390, 406, 419 Skandinavien 35 Smyrna 235 Speyer 258 Sobrarbe 74, 83 Soissons 389 Solsona 98 Somme 276 Somosierra, Paß von 473, 544 Sorauren 483 Soria 20, 130, 136, 180, 245 Spanische Mark 72, 74, 75, 95 Stockholm 429, 430 Straßburg 528 Stromboli 339 Sucrón 22
Syrakus 383 Syrien 57 Tabasco 263 Tablada 112 Tacuba 265 Tänaron, Kap 397 Tajo 12, 19, 77, 82, 352, 378, 441 Tajuña (Fl.) 546 Talavera 76, 228, 351, 449, 459, 509 Talavera de la Reina 478 Tamajón 495 Tamames 479 Támara 70, 75 Tamarite de Litera 322 Tanger 150, 273, 395 Tarancón 505 Tarascón 124, 125 Tararona 84 Tarent 210 Tarifa 106, 107, 108, 110, 151, 374, 545 Tarraconensis 28, 35, 37, 40 Tarragona 7, 17, 25, 29, 31, 32, 38, 42, 54, 55, 74, 85, 86, 118, 153, 176, 358, 480, 484, 552 Tarrasa 55 Tarsis 7, 8, 9 Tartessos 6, 9 Tauste 448 Teba 109 Tenodititlán 363, 364 Terceira 395 Termes 452 Terra di Lavoro 209 Terrarossa 196 Teruel 87, 96, 128, 176, 232, 351, 484, 525, 547, 548, 550, 551 Tessin 12 Tetuan 139, 387, 516 Texas 425 Themse 276, 333 Thérouanne 270 Thrakien 127 Thüle 1% Tingitana 28, 44 Tirig 2 Tirol 258, 260, 270, 332 Tlascala 263, 264, 265 Tlemsen 152, 220, 261 Tobago 408
Register Toboso, El 416 Toledo 7, 38, 40, 41, 44, 48, 50, 51, 52, 53, 55, 56, 58, 61, 66, 76, 77, 78, 79, 80, 82, 89, 92, 104, 110, 114, 138, 142, 146, 157, 167, 169, 176, 178, 181, 183, 184, 185, 186, 187, 219, 223, 228, 229, 239, 240, 242, 243, 245, 246, 274, 282, 304, 331, 338, 351, 352, 355, 362, 363, 364, 367, 483, 485, 536, 544, 545 Tolosa 432, 472 Tornar 291 Tomeras 86 Tordesillas 142, 185, 202, 246 Torgau 258 Toro 76, 109, 112, 137, 183, 184, 185, 186, 217, 226, 231, 245, 246, 330 Torralba 2 Torrejón de Ardoz 335, 506 Torrelaguna 223 Torrelobatón 246 Torres Vedras 479, 519 Tortosa 74, 85, 87, 176, 448, 480, 551 Toskana 380, 384, 385, 386, 389, 390, 392 Toule 270 Toulon 393, 431, 437 Toulouse 36, 37, 88, 114, 175, 484 Tournai 334 Trafalgar 436—439, 453 Trapani 122 Traseres 431 Trasimenisdier See 12 Trasmós 230 Trastamara 109 Trebia 12, 394 Tremp 551 Triana 101, 243, 363 Trient 259, 366, 368 Trinidad 203, 434, 435 Tripolis 220, 279 Trocadero 490 Troncoso 138 Truillas 431 Trujillo 38, 265 Tuamotü 312 Tucumân 295 Tudela 72, 89, 100, 179, 472, 474 Türkei 235, 279—281, 340, 449 Tumbez 266 Tunis 152, 220, 261, 262, 275, 279, 281, 387
653
Turdetanien 19 Turin 376 Tuy 169, 357, 403 Tycca 19 Tyrus 8, 10 Ubeda 81 Uceda 223, 291 Uclés 77, 474 Udine 434 Ungarn 155 Unions-Inseln 312 Urgel 50, 55, 74, 75, 98, 121, 153, 340, 384, 448, 489, 511 Urso 30 Uruel 71 Uruguay-Fluß 346 Uruguay (Land) 370, 410, 540 Utrecht 289, 379, 380, 381, 383, 386 Valdejunquera 59, 69, 72 Valdemoro 449 Valencay 464, 484, 494 Valence 209 Valencia (Reich) 11, 61, 84, 87, 118, 119, 120, 127, 128, 152, 153, 157, 161, 172, 177, 182, 230, 240, 245, 262, 271, 275, 310, 331, 334, 347, 354, 375, 376, 446, 447, 471, 478, 483, 498, 506, 544 Valencia (Stadt) 34, 38, 50, 55, 76, 78, 129, 173, 174, 175, 176, 178, 179, 229, 239, 242, 249, 303, 311, 351, 352, 353, 357, 364, 376, 419, 448, 449, 450, 451, 452, 458, 466, 480, 485, 490, 504, 526, 531, 534, 539, 541, 543, 546, 548, 549, 553 Valencia (am Po) 320 Valenciennes 319, 339 Valladolid 52, 105, 109, 113, 144, 148, 181, 204, 228, 239, 242, 243, 244, 245, 246, 274, 303, 304, 351, 352, 355, 362, 363, 367, 466, 544 Vallés 98 Vallespir 134 Valparaiso 294, 517 Valtierra 84 Vancouver 453 Varennes 428 Vaucelles 270, 275 Vega, La 34
654
Register
Vélez-Malaga 19B Vellica 25 Veltlin 314 Venedig (Republik) 130, 157, 198, 199,. 206, 207, 209, 210, 219, 254, 280, 281, 300, 308, 309, 314, 350, 372, 383, 3 % , 418 Venedig (Stadt) 309 Venezuela 236, 269, 270, 275, 295, 346, 350, 370, 425, 460, 496 Vera (Granada) 193 Vera (Bask. Provinzen) 432 Vera Cruz, Villa Rica de la 263, 264, 346 Vercelli 308 Verdun 270 Vereinigte Staaten von Nordamerika 269 bis 270, 413, 424, 495, 496, 518, 519, 530, 545 Vergara 504 Verona 489 Versailles 343, 371, 384, 413, 426, 458 Veruela 98, 176 Vervins 299, 300 Viadangos 79 Viana 160 Vicälvaro 511, 513 Vieh 7, 26, 97, 98 Vierzo 46 Vigo 384, 487 Villa Cisneros 538 Villadi 260 Villafäfila 218 Villafranca 161, 520 Villalar 246, 247, 248 Villalcäzar de Sirga 170 Villalobos 240 Villalón 352 Villaricos 8 Villarreal 104, 181, 228 Villarrobledo 505 Villaviciosa 25, 225, 324, 379, 380, 547 Villaviciosa de Odón 405 Villena 142
Vimeiro 519 Vinaroz 118, 280, 311, 551 Viseo 19, 61, 76 Viterbo 115 Vitoria 88, 135, 432, 483 Vizcaya 106, 166, 181, 201, 232, 253, 292, 326, 354, 449, 503, 540 Volturno (Fl.) 210 Vouglé 37 Wad-Ras 517 Wartburg 258 Weimar 316, 536 Westfalen 468 Westindien 198, 238, 239, 265, 271, 273, 351, 380, 437, 455, 484 Wien 258, 260, 344, 374, 386, 387, 389, 390, 429, 430, 486 Wittenberg 257, 259, 368 Worms 257 Yaqui 346 Ypern 339 Yucatán 236, 270 Zahara 141, 190, 192 Zalaca 61, 77 Zamora 60, 69, 70, 76, 135, 166, 169, 183, 184, 245, 246, 351 Zanjón 527 Zaragoza 32, 34, 37, 38, 51, 52, 55, 61, 65, 66, 72, 76, 77, 78, 79, 83, 84, 95, 123, 126, 128, 129, 153, 172, 173, 175, 176, 221, 229, 233, 242, 244, 297, 335, 337, 351, 355, 378, 447, 450, 458, 466, 468, 470, 4 7 4 - 4 7 5 , 484, 487, 499, 505, 506, 547 Zarzuela, La 336 Zeeland 287, 288, 289 Zempoala 263 Zinninseln 8 Zumárraga 540
Geschichte der Völker und Staaten Geschichte des deutschen Volkes. Von Friedrich S t i e v e . 70. Tausend. 544 Seiten. 1 1 Karten. In Leinen RM. 6.50. Geschichte Englands. V o n C . M. T r e v e l y a n . 2. Auflage. 861 Seiten. 36 Karten. In zwei Leinenbänden RM. 17.50. Geschichte Indiens. Von Sir George D u n b a r . 438 Seiten, 16 Karten. In Leinen RM. 10.50. Geschichte der französischen Nation. Von Charles S e i g n o b o s . 2. Aufl. 358 Seiten. 6 Karten. In Leinen RM. 9.50. Geschichte Finnlands. Von William S o m m e r . 347 Seiten. 3 Karten. In Leinen RM. 9.50. Geschichte der islamischen Völker und Staaten. Von Carl B r o c k e l m a n n . 507 Seiten. 8 Karten. In Leinen RM. 12.50. Griechische Geschichte im Rahmen der Altertumsgeschichte. Von Ulrich W i l c k e n . 4. Aufl. 287 Seiten. 8 Karten. In Leinen RM. 5.80. Nordische Frühgeschichte und Wikingerzeit. Von Ulrich N o a c k . 350 Seiten. 19 Karten. In Leinen RM. 10.—. * „Der Verlag R. O l d e n b o u r g macht sich durch die Herausgabe von Monographien verdient, die in großem Stil europäische Geschichte treiben. In selten glücklicher Weise wird der Leser durch solche Geschichtswerke zum Verstehen der Völker befähigt."
Bücherwurm
R. Oldenbourg / München 1 und Berlin
Spaniens goldene Zeit 1501-1621. Von R. Trevor D a v i e s . Übersetzung von Joh. F. Klein. 325 Seiten. 5 Karten. 4 Tafeln. 8°. 1939. In Leinen RM. 7.50. „ I n der farbenprächtigen und fesselnden Schilderung der spanischen Geschichte des 16. Jahrhunderts zeigt uns der englische Historiker R. Trevor D a v i e s das Spanien auf der Höhe seiner Weltmacht". Deutsche Zeitung für Spanien
„ D i e Palette des Berichterstatters verfügt über leuchtende Farben, so daß seine prachtvolle Schilderung überall Leben atmet und Leben ausstrahlt. Spaniens goldene Zeit ist bedeutend gewesen für die ganze Menschheit". Der Wächter
Die Spanier in Nordamerika von 1513-1824. Von Ernst D a e n e l l . (Histor. Bibl. Bd. 22) 262 Seiten. 8°. 1911. RM. 4.50. Zur Geschichte Italiens. Masginis politisches Denken und Wollen in den geistigen Strömungen seiner Zeit. Von Otto V o s s l e r . 94 Seiten. 1927. Broschiert RM. 3.60. — Geschichte der italienischen Presse. Von Reichshauptamtsleiter Dr. Adolf D r e s l e r . Bd. I : Von den Anfängen bis 1815. 184 Seiten. 1933. Brosch. RM. 1 1 . — . Bd. II: Von 1815-1900. 198 Seiten. 1934. Brosch. RM. 8.50. Bd. III: Von 1900-1935. 195 Seiten. 1934. Brosch. RM. 8.50. Alexander Cartellieri: Weltgeschichte als Machtgeschichte. Die Zeit der Reichsgründungen. 424 Seiten. Lex.-8°. 1927. RM. 15.—. In Leinen RM. 16.50. — Die Weltstellung des Deutschen Reiches. 551 Seiten. Lex.-8°. 1932. RM. 15.—. In Leinen RM. 16.5o. — Der AufstiegdesPapsttums im Rahmen der Weltgeschichte. 335 Seiten. Lex.-8°. 1936. RM. 15.—. In Leinen RM. 16.5 o. - Der Vorrang des Papsttums %ur Zeit der ersten Kreuzige iopj-ujo. 524 Seiten, 1 Tafel. Lex.-8°. 1941. In Halbleinen RM. 16.50. Zu beziehen durch die Buchhandlungen
R. Oldenbourg / München 1 und Berlin
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Portugiesische
Entdeckungen
Bartolom tu Dias Vasco da Gama
Spanische
Entdeckungen.
"Kolumbus Ibis Heise — Atonso de Hojeda mit
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Die Entdeckungen und Eroberungen d
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