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German Pages 28 [36] Year 1902
GESCHICHTE DER
GOTISCHEN LITERATUR VON
WILHELM
STREITBERG.
Sonderabdruck aus der zweiten Auflage von Pauls Grundriss der germanischen Philologie.
STRASSBURG. K A R L J. T R Ü B N E R 1901 ;Alle Rechte, besonders das der Übersetzung,
vorbehalten.]
VERLAG
VON
KARL
J. T R Ü B N E R
IN
STRASSBURG.
Aus der zweiten Auflage von „ P a u l s Grundriss der germanischen P h i l o l o g i e " sind bis jetzt folgende Sonderabdrücke erschienen:
A m i r a , K. v., Grundriss des g e r m a n i s c h e n Rechts. Mit Register. VI, 184 S. Der zweiten verbesserten Auflage zweiter Abdruck 1901. M. 4. — . B e h a g h e l , Otto, G e s c h i c h t e der deutschen Sprache. Mit einet Karte. IV und (I. Band) S. 650—780 und 9 S. Register. 1898. M. 4. . B r e m e r , O., E t h n o g r a p h i e der g e r m a n i s c h e n Stämme. XII, 216 S. Mit 6 Karten. 1900. M. 6 . — . Kluge, Friedr., V o r g e s c h i c h t e der altgermanischen Dialekte. Mit einem A n h a n g : Geschichte der gotischen Sprachc. XI und (I. Band) S. 323—517 und 10 S. Register. 1897. M. 4.50. — —, G e s c h i c h t e der englischen Sprache. Mit Beiträgen von D. B e h r e n s und E. E i n e n k e l und mit einer Karte. IV und (I. Band) S. 926—1148 und 14 S. Register. 1899. M. 5.50. Kögel, Rudolf, und W i l h e l m B r u c k n e r , Geschichte der althochund altniederdeutschen Literatur. IV, 132 S. 1901. M. :>. . M o g k , E u g e n , G e r m a n i s c h e Mythologie. VI, 177 S. 1898. M. 4.50. Noreen, Adolf, G e s c h i c h t e der nordischen Sprachen. IV und (I. Band) S. 518—649 und 7 S. Register. 1898. M. 4 . — . Paul, H e r m a n n , G e s c h i c h t e der g e r m a n i s c h e n Philologie. IV und (I. Band) S. 9—158 und 23 S. Register. 1897. M. 4. . , Methodenlehre der g e r m a n i s c h e n Philologie. IV und (I. Band) S. 159—247. 1897. M. 2.—. S y m o n s , B., G e r m a n i s c h e Heldensage. Mit Register. VI, 138 S. 1898. M. 3.50. W i n k e l , J. te, G e s c h i c h t e der niederländischen Mit einer Karte. IV und (I. Band) S. 781—925 Register. 1898.
Sprache. und 6 S. M. 5.—.
VI. ABSCHNITT.
LITERATURGESCHICHTE. i. GOTISCHE LITERATUR VON
WILHELM
STREITBERG.1
I. DICHTUNG. 2 Die Geschicke der gotischen Völker sind der Bewahrung volkstümlicher Dichtung nicht günstig gewesen. So reichen Stoff die Perioden der kriegerischen Wanderungen für die Ausbildung einer gotischen Heldendichtung bieten mussten, so wenig waren diese Zeiten dazu angethan zur Aufzeichnung der von Mund zu Mund getragenen Gesänge anzuregen. Und sobald die Goten, sesshaft geworden, mit der antiken Kultur in innigere Berührung traten, wurden die geistigen Kräfte des Volkes um so rascher und leichter nach anderer Seite hin in Anspruch genommen, je grösser die Aufnahmefähigkeit für jene fremde Kultur war. Ein paar dürftige Notizen bei den zeitgenössischen Geschichtsschreibern sind daher fast alles, was wir über gotische Dichtung wissen, und diese genügen nicht, um ein deutliches Bild von dem Umfang und der Eigenart der dichterischen Erzeugnisse zu geben, an denen das Gotenvolk gleich den übrigen altgermanischen Stämmen reich gewesen sein muss. Am besten sind L i e d e r s a g e n h a f t - g e s c h i c h t l i c h e n I n h a l t s bei den Goten bezeugt. Die alte Sage von der Auswanderung des Volkes aus der Insel Scandza unter Führung des Königs Berig, deren Jordanes mit den Worten gedenkt: Ex hac igitur Scandza insula . . . cum rege suo nomine Berig Gothi quondam memorantur egressi3 wird ebenso sicher in poetischer Form fortgepflanzt und verbreitet worden sein, wie es nach 1 Die beiden ersten Abschnitte sind fast unverändert aus der ersten, von S i e v e r s bearbeiteten Auflage herüber genommen; sonst haben die Forschungen der letzten Jahre eine Neubearbeitung nötig gemacht. 2 Vgl. M ü l l e n h o f f , De antiquissima Germanorum poesi chorica, Kiel 1847W . W a c k e r n a g e l , Literaturgeschichte I 2 16 ff., wo auch die Zeugnisse über die älteste Dichtung der verwandten Stämme gesammelt sind. J. K e l l e , Geschichte der deutschen Literatur I, 15 ff. R. K ö g e l , Geschichte der deutschen Literatur I, I, S. 47 ff. 58. 1 1 3 f. 134 ff. 146 ff. 3 J o r d a n e s , Kap. 4, § 25.
Germanische Philologie II.
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2
V I . LITERATURGESCHICHTE,
I . GOTISCHE
LITERATUR.
demselben Gewährsmann alte Lieder waren, welche die Erinnerung an den Zug von der Ostsee an den Pontus wach erhielten; quemadmodum et in priscis eorum carminibus pene storicu ritu in commune recolitur.1 Wenn Jordanes berichtet: horum ergo heroum, ut ipsi suis fabulis referunt, primus fuit Gapt2 u. s. w., so kann es nicht zweifelhaft sein, dass unter diesen fabulae, welche die Ahnenreihe der gotischen Fürsten behandelten, Lieder zu verstehen sind. Die Fürsten selbst gingen in der Hochhaltung von Dichtung und Musik ihrem Volke voraus. An den Höfen der Amaler und Balthen erklangen unter Zitherbegleitung Lieder, darin die Thaten der alten Stammeshelden verherrlicht wurden; ante quos etiani cantti maiorum facta modulationibus citharisque canebant, Eterpamara, Hanale, Fridigerni, Vidigoiae (des Witege der deutschen Heldensage) et aliorum quortwt in hac gente magna opinio est, quales vix heroas fuisse miranda iactat antiquitas.3 Aus solchen Preisliedern mögen, wie Müllenhoff 4 annimmt, die kurzen Charakteristiken geflossen sein, die Cassiodor von den Vorfahren der Amalasuintha giebt: Enituit Amahis felicitate, Ostrogotha patientia, Athala mansuetudine; Winitarius aequitate, Unimundus forma, Thorismuth castitate, Walamer fide, Theudimer pietate, sapientia inclitus pater.5 Derselbe Schriftsteller weiss auch von Preisliedern auf den Amaler Gensimundus zu berichten: Gensimundus ille toto orbe cantabilis . . . . Atqtie ideo eum nostrorum fama concelebrat. Vivit Semper relationibus, qui qandoque moritura contempsit. Sic quamdiu nomen superest Gothoriim, fertur eius cunctorum attestatione praeconium.6 Von Theodorich dem Grossen erbat sich der fränkische König Chlodwig einen Rhapsoden, vgl. die bei Cassiodor überlieferten Worte des Königs in seinem Briefe an Boethius: Cum rex Francorum convivii nostri fama pellectus a nobis citharoedum magnis precibus expetisset und in jenem an Chlodwig: Citharoedum arte sua doctum destinavimus expetitum, qui ore manibusque consona voce cantando gloriam vestrae potestatis oblectet'' Und wenn auch dieser citharoeda, wie aus den begleitenden Umständen hervorgeht, wohl kein Gote, sondern eher ein römischer Sklave gewesen ist, so bleibt doch die Thatsache ein wertvolles Zeugnis für die Sinnesrichtung Theodorichs und seine Empfänglichkeit für die neue Kunst, mit der er in Italien in Berührung trat. Sein westgotischer Namensvetter Theodorich II. scheint dagegen an der schlichteren Art heimischer Kunst festgehalten zu haben: Sane intromittuntur, quamquam raro, inter cenandum mimici sales, sed ita ttt nullus conviva mordacis linguaefeile feriatur; sie tarnen quod illic nec organahydraulica sonant nec sub phonasco vocalium concentus meditatum acroama simul intonat: nullus ibi lyristes, choraules, mesochorus, tympanistria, psaltria, canit rege solum Ulis fidibus delenito quibus non minus muleet virtus animum quam cantus auditum.* Goten werden auch unter den beiden einem Skythen ausdrücklich gegenübergestellten ßdpßapoi zu verstehen sein, die nach dem Bericht des J o r d a n e s , K a p . 4, § 28. J o r d a n e s , K a p . 14, § 79. 3 J o r d a n e s , K a p . 5, § 43. 4 H Z . 12, 253. 5 C a s s i o d o r V a r i a e I i , 1. 6 C a s s i o d o r , V a r i a e 8, 9. 7 C a s s i o d o r , V a r i a e 2, 40. 41. 8 Apollinarius S i d o n i u s E p i s t o l a e I, 2. Anderseits treten im 7. Jahrhundert westgotische K ö n i g e als Dichter in lateinischer Sprache auf: S i s e b u t , Anthol. lat. ed. R i e s e 483. C h i n t i l a ebd. 494. 1
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GOTISCHE DICHTUNG.
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Priscus an Attilas Hof auftraten: 'ETtvfevonivrK bi ¿aitipa? bd.be? dv^etiaav, büo bi dvTiKpu TOO 'ATTIXO Trape\86vxe