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German Pages 357 [358] Year 2017
Camilla Kling Gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken
Schriften zum europäischen Urheber-, Immaterialgüter- und Informationsrecht
Herausgegeben von Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer, Köln Prof. Dr. Karl Riesenhuber, M. C. J. (Austin/Texas), Bochum
EurUR Band 13
Camilla Kling
Gebietsübergreifende Vergabe von OnlineRechten an Musikwerken Probleme einer effizienten Lizenzierungspraxis unter Geltung des VGG
Dr. iur. Camilla Kling, Universität zu Köln
ISBN: 978-3-11-057213-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-057416-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-057266-7 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Meiner Familie
Vorwort Diese Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln im Sommersemester 2017 als Dissertation angenommen. Sie wurde am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht mit Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz, Neue Medien und Wirtschaftsrecht erarbeitet. Meine tiefe Dankbarkeit gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer, ohne dessen unermüdliche Unterstützung die Arbeit in dieser Form nicht vorliegen würde. Seine akademische Hingabe und Genauigkeit waren mir stets ein Vorbild. Mein ebenfalls großer Dank gilt meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Ulrich Ehricke, der eine rasche Durchführung des Promotionsverfahrens mit seiner außerordentlich schnellen Korrektur der Arbeit möglich machte. Dieser Arbeit wurde der CBH Promotionspreis des Jahres 2017 im Forschungsbereich des Rechts des Geistigen Eigentums verliehen. Für diese besondere Auszeichnung bin ich der Stifterin CBH Rechtsanwälte sehr dankbar. Ganz besonders danken möchte ich meinen wissenschaftlichen Begleiterinnen Christine Steffen und Nora Lorentz. Ich konnte immer auf euren Rückhalt und eure klugen Anmerkungen vertrauen. Bei euch fand ich stets ein offenes Ohr, auch für äußerst komplexe und zeitintensive Fragestellungen. Eure höchst sorgfältige Durchsicht der Arbeit macht sie lesenswerter. Mein inniger Dank gilt darüber hinaus Silke Kletzien, Bibliotheksangestellte unseres Instituts, die bei jedem noch so ausgefallenen Bücherwunsch alles für mich gab, was in ihren Kräften stand, und – viel wichtiger – eine große mentale Stütze war. Aus tiefstem Herzen dankbar bin ich meinem Partner Denis, der einige Anstrengungen auf sich nahm, sodass ich mich allein auf die Abfassung der Dissertationsschrift konzentrieren konnte. Ich kenne kaum einen positiveren, liebevolleren, warmherzigeren und gütigeren Menschen. Deine Fürsorge und dein Beistand machen auch die grauen Tage erträglich. Die Arbeit ist meiner Familie, meinen Eltern und meinen Brüdern, gewidmet. Ihr unerschütterliches Vertrauen, ihre uneingeschränkte Unterstützung und bedingungslose Liebe haben meine Persönlichkeit und meinen Lebensweg geprägt. Ich wünschte, ich könnte ebenso viel zurückgeben. Ihr seid meine Festung. Köln, im August 2017
https://doi.org/10.1515/9783110539134-007
Camilla Kling
Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis
XXI
Einleitung 1 A. Problemdarstellung 1 6 B. Arbeitshypothese C. Stand der Forschung 7 D. Gang der Darstellung 10
. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen A. B. C. D. E.
12 Einführung Der Musikmarkt 16 Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten Darstellung der Interessen der Betroffenen Fazit 33
21 31
. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich 34 A. Für Online-Musikdienste erforderliche Rechte B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU 70 C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung 81
. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
131 A. Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) B. Regelungen des VGG hinsichtlich Repertoirefragmentierung, Wahlfreiheit, Vergütungsgerechtigkeit, Transparenz und Geltungsbereich 132 C. Das anglo-amerikanische Repertoire und seine Auswirkungen auf europäische Lizenzierungsstrukturen 277
. Teil: Schlussbetrachtungen A. Ausblick 286 B. Ergebnis 288 C. Zusammenfassende Thesen
Sachregister
329
291
Inhalt Abkürzungsverzeichnis
XXI
Einleitung 1 A. Problemdarstellung 1 6 B. Arbeitshypothese C. Stand der Forschung 7 D. Gang der Darstellung 10
. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen 12 A. Einführung B. Der Musikmarkt 16 I. Umsatzzahlen 16 20 II. Netzwerkeffekte C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten I. Klassische Online-Musikdienste 21 25 II. Nischendienste III. Audiovisuelle Dienste 26 IV. Sonstige Dienste 27 V. Online-Radiodienste 28 30 VI. Online-Musikdistributoren D. Darstellung der Interessen der Betroffenen E. Fazit 33
21
31
. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich A. Für Online-Musikdienste erforderliche Rechte 34 I. Verwertungsrecht, Nutzungsrecht, Nutzungsart 34 II. Lizenzierung: Übertragung oder Einräumung der Nutzungsrechte? 35 III. Rechtegeflecht bei der Entstehung von Musikwerken 37 IV. Schwierigkeit der Rechtebestimmung und -verwaltung bei split 39 copyrights V. Repertoire 41 . Definition 42
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Inhalt
. Mögliche Kategorisierungen 42 43 a. Anglo-amerikanisches Repertoire b. Kontinental-europäisches Repertoire 44 . Fazit 45 VI. Für die einzelnen Nutzungshandlungen relevante Rechte 45 46 . Urheberrechte a. Vervielfältigungsrecht 46 46 aa. Upstreaming durch Verwerter bb. Werkgenuss durch Endnutzer 49 cc. Zwischenfazit 54 54 b. Recht der öffentlichen Wiedergabe aa. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung 54 bb. Abgrenzung zum Senderecht, § 20 UrhG 62 65 . Leistungsschutzrechte a. Rechte der Tonträgerhersteller 66 b. Rechte der ausübenden Künstler 68 69 c. Schutzrechte des Veranstalters . Fazit 69 B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU 70 I. Kollektive vs. individuelle Rechtswahrnehmung 71 II. Individuelles Wahrnehmungspotential von Urheber- und 72 Leistungsschutzrechten . Urheberrechte 73 75 . Leistungsschutzrechte . Ergebnis 76 III. Veränderung durch technologische Einflüsse 76 . DRM-Systeme 77 . Plattformen 77 . Blockchain-Technologie 78 IV. Fazit 80 C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung 81 I. Einführung 81 II. Wahrnehmung der Online-Rechte über Verwertungsgesellschaften am Beispiel der GEMA 82 . „Online“ als bekannte Nutzungsart 82 83 . Wahlfreiheit . Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung 84 a. Gründe für eine ausschließliche Rechtswahrnehmung 84 b. Aktuelle Rechtslage 86
Inhalt
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c. Folgen der Ausschließlichkeit 86 87 III. Versuche zur Überwindung der Aufspaltung der Rechte . Gegenseitigkeitsverträge 88 a. Einführung 88 b. Territoriale Beschränkung 89 91 . Abkommen zur Überwindung der territorialen Grenzen a. Simulcasting-Abkommen 92 94 b. Santiago-Abkommen c. Barcelona-Abkommen 95 d. Zwischenergebnis 95 . Überwindung der territorialen Grenzen außerhalb des Systems 95 der Gegenseitigkeitsverträge auf europäischer Ebene a. Anfänge einer Harmonisierung der Rechtswahrnehmung 96 auf Unionsebene b. Empfehlung der EU-Kommission vom 18. Oktober 2005 98 98 aa. Inhalt bb. Problem: Der Unterschied zwischen Urhebereigenschaft und Rechtsinhaberschaft 100 cc. Option-3-Gesellschaften 101 106 dd. Gründe und Folgen der Herausnahme ee. Getrennte Einräumung von Vervielfältigungs- und Zugänglichmachungsrecht? 108 111 c. Die CISAC-Entscheidung der EU-Kommission aa. Inhalt der Entscheidung 112 bb. Wirkung der Entscheidung 113 d. Das CISAC-Urteil des EuG 114 aa. Inhalt des Urteils 114 bb. Wirkung des Urteils 115 e. Die Richtlinie 2014/26/EU 116 aa. Anfänge bis zum Richtlinienentwurf 116 bb. Die Richtlinie 2014/26/EU 117 f. Zusammenfassung 127 IV. Verifikation einzelner Aspekte der Arbeitshypothese 128
XIV
Inhalt
. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen A. Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) 131 B. Regelungen des VGG hinsichtlich Repertoirefragmentierung, Wahlfreiheit, Vergütungsgerechtigkeit, Transparenz und 132 Geltungsbereich I. Wahrnehmungsinstitutionen nach dem VGG und ihr Verhältnis untereinander 133 133 . Klassische Verwertungsgesellschaften (§ 2 VGG) a. Tatbestandsmerkmale 134 aa. Berechtigung zur Wahrnehmung 134 bb. Keine Beschränkung auf die Wahrnehmung nationaler Rechte 134 cc. Wahrnehmung als ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck 135 136 dd. Für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber ee. Zu deren kollektivem Nutzen 137 ff. Im Eigentum von oder Beherrschung durch ihre 138 Mitglieder gg. Ohne Gewinnerzielungsabsicht 139 b. Besondere Anforderungen an Verwertungsgesellschaften, 140 die Mehrgebietslizenzen erteilen aa. Front Office 141 bb. Middle Office 141 cc. Back Office 141 dd. Einordnung der Bestimmungen des VGG unter die Tätigkeitsbereiche 141 c. Sinn und Zweck von Kooperationen 142 . Abhängige Verwertungseinrichtungen (§ 3 VGG) 143 a. Einführung 143 b. Beispiele: ICE, Armonia, Amsterdam Initiative 144 aa. Option-3-Gesellschaften 144 bb. ICE 145 cc. Armonia 148 dd. Amsterdam Initiative 149 ee. Zusammenfassung 150 c. Auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmale 151 aa. Eine oder mehrere Muttergesellschaften 151
Inhalt
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bb. Einordnung von Option-3-Gesellschaften 152 cc. Subsumtion der Lizenzierungsinitiativen unter die Definition einer abhängigen Verwertungseinrichtung 155 d. Für Tochtergesellschaften geltende Vorschriften 156 e. Fazit: Folgen der Regulierung und des 157 Wettbewerbs 157 aa. Nicht erfasste Einrichtungen bb. Abwandern aufgrund hohen Regulierungsniveaus? 158 158 cc. Wettbewerbsintensivierung dd. Spaltung nach Nutzungsart 159 ee. Wettbewerbsparameter IT-Kapazität 159 161 ff. Eindämmung der Repertoirefragmentierung . Unabhängige Verwertungseinrichtungen (§ 4 VGG) 161 a. Entstehung der Regelung 162 162 aa. Ansicht der EU-Kommission bb. Ministerrat 162 cc. EU-Parlament 163 b. Tatbestandsmerkmale 164 c. Beispiele: Soundreef, Jamendo, Epidemic Sound, 164 YouTube aa. Hintergrundmusik: Soundreef und Jamendo 164 Licensing bb. Production Music: Epidemic Sound 166 cc. YouTube 168 d. Auf unabhängige Verwertungseinrichtungen anwendbare Vorschriften 172 aa. Überblick 172 bb. Nicht anwendbare Vorschriften 173 cc. Einzelne Problempunkte bei Informationspflichten 174 e. Subsumtion der dargestellten Unternehmen unter die Definition einer unabhängigen Verwertungseinrichtung 177 177 aa. Soundreef, Jamendo, Epidemic Sound bb. YouTube 178 f. Extensive Auslegung erforderlich? 182 g. Nationale Umsetzungen 183 aa. Deutschland 183
XVI
Inhalt
bb. Österreich 184 184 h. Fazit . Auswirkung auf den Markt 186 II. Regelungen zur gebietsübergreifenden Vergabe von Urheberrechten an Musikwerken zur Online-Nutzung 188 188 . Einführung . Ausnahmeregelungen (§ 60 VGG) 189 a. Angemessenheit der Wahrnehmungsbedingungen (§ 60 190 Abs. 1 VGG) aa. Wahrnehmungszwang 190 191 bb. Keine Geltung von § 9 S. 2 VGG cc. Fazit 195 b. Abschlusszwang, Tarifaufstellung, Gesamtverträge (§ 60 195 Abs. 2 VGG) aa. Abschlusszwang (§ 34 Abs. 1 S. 1 VGG) 195 bb. Tarifaufstellungspflicht 197 198 cc. Gesamtverträge c. Fazit 198 . Repräsentationszwang (§ 69 VGG) 198 a. Telos der Norm 199 199 b. Regelungsgehalt c. Nicht-Ausschließlichkeit der Repräsentationsvereinbarungen 200 d. Komplexität des Systems: Inhalt von 202 Repräsentationsvereinbarungen aa. Vergütung für eine grenzüberschreitende Lizenz 202 bb. Abzüge von der Vergütung 204 e. Kein Zwang zur tatsächlichen Lizenzierung von FremdRepertoire 205 f. Wirkungskraft des Repräsentationszwangs 206 aa. Deutsche Verwertungsgesellschaften 207 bb. Deutsche Verwertungseinrichtungen 207 cc. EU-Verwertungseinrichtungen 208 g. Bewertung der Regelung eines Repräsentationszwangs 209 . Selbstvornahme für Mehrgebietslizenzierung (§ 72 VGG) 211 a. Wahlfreiheit 212 aa. Voraussetzungen des Selbstvornahmerechts 212
Inhalt
XVII
bb. Verhältnis von § 72 zu § 12 VGG 213 cc. Rechteherausnahme zur individuellen 214 Lizenzvergabe dd. Kritik an der Zielerreichung der Wahlfreiheit 216 b. Selbstvornahmerecht und Eingebietslizenzvergabe 217 218 aa. Dogmatische Einordnung des § 72 VGG bb. Umsetzung in Berechtigungsverträgen 219 221 cc. Pflicht zur Eingebietslizenzvergabe? c. Praktische Bedeutung und Zweckerfüllung des Selbstvornahmerechts 222 224 . Rundfunkprogrammausnahme (§ 74 VGG) a. Relevanz der Regelung 224 b. Anwendung des Sendelandprinzips? 225 226 aa. Europäische Satellitensendung bb. Andere Sendungen 226 cc. Grundsatz: Bestimmungslandprinzip 228 229 dd. Entwicklungen auf EU-Ebene c. Sinn und Zweck der Ausnahme 229 d. Regelungsgehalt 231 e. Tatbestandsvoraussetzungen 231 231 aa. Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung bb. Online-Sendung und begleitender OnlineAuftritt 231 f. Ausnahme von der Ausnahme: Beachtung von 234 Wettbewerbsrecht g. Rechtsfolge der Ausnahmebestimmung 235 h. Anwendungsfälle 236 i. Zwischenfazit 237 . Fazit 237 III. Probetarife (§ 34 Abs. 2 VGG) 239 . Sinn und Zweck 239 . Anwendungsbereich 240 . Primärrechtsverstoß? 240 . Bewertung 241 IV. Transparenzbestimmungen (§§ 53 ff., 61 ff. VGG) 242 242 . Interessenlage . Herausforderungen 243 . Technologische Entwicklungen 245 a. International Standard Work Code 245 b. Interested Parties Information 245
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Inhalt
V.
c. CIS-Net 246 d. Gescheitertes Projekt: Global Repertoire 246 Database . Lösungen des VGG 248 a. Gleichartige technische Standards 248 248 b. Datenbanken c. Repertoiretransparenz 249 250 d. Nutzungsdatenbank . Fazit 251 Geltungsbereich des VGG 251 251 . Grundsatz: Sitzlandprinzip . Beispiel: American Music Rights Association 252 a. Sachverhalt 252 b. Verwertungsgesellschaft oder unabhängige 255 Verwertungseinrichtung? . Aufsicht und Erlaubnispflicht bei 256 Verwertungsgesellschaften a. Aufsicht (§§ 75, 76 VGG) 256 b. Erlaubnispflicht, Anzeigepflicht (§ 77 VGG) 257 c. Zwischenergebnis 259 . Aufsicht, Erlaubnispflicht und Anzeigepflicht bei abhängigen 260 Verwertungseinrichtungen (§ 90 VGG) . Aufsicht und Anzeigepflicht bei unabhängigen Verwertungs261 einrichtungen (§ 91 VGG) . Subsumtion der dargestellten Wahrnehmungsinstitutionen unter die Regelungen des VGG 261 a. AMRA als ausländische Verwertungsgesellschaft 262 aa. Folgen der Einordnung 262 bb. AMRA als unabhängige Verwertungseinrichtung? 263 cc. Bewertung der Regelungen über die Aufsicht ausländischer Verwertungsgesellschaften 264 b. Abhängige Verwertungseinrichtungen 266 aa. Abhängige EU-Verwertungseinrichtungen 266 bb. Abhängige Verwertungseinrichtungen aus Drittstaaten 267 c. Unabhängige Verwertungseinrichtungen 268 aa. Inländische, europäische und ausländische unabhängige Verwertungseinrichtungen 268
Inhalt
XIX
bb. Bewertung der Regelungen über die Aufsicht 269 unabhängiger Verwertungseinrichtungen . Fazit 270 VI. Zusammenfassung: Verifikation weiterer Aspekte der Arbeitshypothese 271 272 . Repertoireaggregation . Wahlfreiheit 274 276 . Vergütungsgerechtigkeit . Transparenz 276 . Geltungsbereich 277 C. Das anglo-amerikanische Repertoire und seine Auswirkungen auf 277 europäische Lizenzierungsstrukturen I. Wahrnehmungsstruktur der Rechte 277 277 . Die an der Wahrnehmung Beteiligten a. Tonträgerhersteller 278 b. Inhaber der Aufführungsrechte 278 279 c. Inhaber der Vervielfältigungsrechte . „Online-Rechte“ nach amerikanischem Recht 280 II. Modifikationen der Wahrnehmungspraxis amerikanischer Verwertungsgesellschaften 281 281 . Bisherige Lizenzierungspraxis . Anpassung der Consent Decrees? 282 a. Fractional licensing? 282 283 b. Mögliche Folgen von 100 % licensing c. Folgen für die europäische Lizenzierungspraxis 284 . Ausblick 285
. Teil: Schlussbetrachtungen A. Ausblick 286 I. Entwicklungen abseits der gesetzgeberischen Regulierung II. Europäische Entwicklungen 287 . Auswirkung und Folgen des Brexit 287 . Unionsgesetzgebung 287 288 B. Ergebnis C. Zusammenfassende Thesen 291 I. Verwertungsgesellschaften 291 II. Abhängige Verwertungseinrichtungen 291 III. Unabhängige Verwertungseinrichtungen 292
286
XX
Inhalt
IV. V. VI. VII.
§§ 59 ff. VGG 293 295 Transparenzregelungen Geltungsbereich 296 Ausländische Entwicklungen 297
Literaturverzeichnis
299
Quellenverzeichnis 319 Presseartikel zu Fragen der Rechtelizenzierung Musikwirtschaftliche Studien 326 328 Sonstige Quellen Sachregister
329
319
Abkürzungsverzeichnis ABl. ACUM AEPI AEPO-ARTIS AEUV AKM
Amtsblatt der Europäischen Union Association of Composers, Authors and Publishers of Music in Israel, Tel-Aviv Hellenic Society for the Protection of Intellectual Property S. A., Athen Association of European Performers’ Organisations, Brüssel Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger, Wien AMRA American Music Rights Association, Coral Gables APRA Australasian Performing Right Association, Crows Nest ARESA Anglo-American Rights European Service Agency GmbH, München Artisjus Hungarian Bureau for the Protection of Authors’ Rights, Budapest ASCAP American Society of Composers, Authors and Publishers, New York Austro Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte, Wien BerV Berechtigungsvertrag BGBl. Bundesgesetzblatt BIEM Bureau International des Sociétés Gérant les Droits d’Enregistrement et de Reproduction Mécanique, Neuilly-sur-Seine BITKOM Digitalverband Bitkom e.V., Berlin BMG BMG Rights Management (Tonträgerhersteller und Musikverlag) BMI Broadcast Music Inc., New York BT-Drs. Bundestags-Drucksache Buma/Stemra Het Bureau voor Muziek-Auteursrecht, Hoofddorp / Stichting Stemra, Hoofddorp BVMI Bundesverband Musikindustrie CELAS Centralized European Licensing and Administrative Service GmbH, München, jetzt → SOLAR CIS Common Information System CISAC Confédération Internationale des Sociétés d’Auteurs et Compositeurs, Paris CMCR Collective Management of Copyright (EU Directive) Regulations 2016, 25th February 2016, Großbritannien Content ID Content Identification Program, YouTube DEAL Direct European Administration and Licensing DOJ Department of Justice, U.S.A. DPMA Deutsches Patent- und Markenamt, München DRM Digital Rights Management EMI EMI Music (Tonträgerhersteller) und EMI Music Publishing (Musikverlag) Erwgr. Erwägungsgrund EWR Europäischer Wirtschaftsraum EWSA Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss FKVO Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. 1. 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“)
https://doi.org/10.1515/9783110539134-021
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GEMA
Abkürzungsverzeichnis
Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, München GESAC Groupement Européen des Sociétés d’Auteurs et Compositeurs, Brüssel GMR Global Music Rights, LLC, Los Angeles GTA Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger, abgeschlossen in Genf am 29. 10. 1971 GVL Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH, Berlin Hdb. Handbuch HDS Hrvatsko Drustvo Skladatelja, Zagreb ICE Operations ICE Operations AB, Stockholm (Unternehmensgegenstand: Holding der ICE International Copyright Enterprise Germany GmbH) / ICE International Copyright Enterprise Germany GmbH, Berlin (Unternehmensgegenstand: technische und administrative Unterstützung der International Copyright Enterprise Services, London) ICE Services International Copyright Enterprise Services Ltd., London IFPI International Federation of the Phonographic Industry, London IMRO Irish Music Rights Organisation, Dublin INTA Ausschuss für Internationalen Handel des Europäischen Parlaments IPI Interested Parties Information IPO Intellectual Property Office, Großbritannien ISWC International Standard Work Code IT4IPM IT for Intellectual Property Management JURI Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments Koda Selskabet til Forvaltning af Internationale Komponistrettigheder i Danmark, Gentofte MCPS Mechanical Copyright Protection Society Ltd., London Mint Mint Digital Services: Mint SESAC Digital Licensing (Lizenzierungseinheit der SESAC Holdings) und Mint SUISA Digital Licensing (Lizenzierungseinheit der SUISA) MPI Max Planck Institut OSA Ochranný Svaz Autorský, Prag P.E.D.L. Pan-European Digital Licensing Hub PAECOL Pan-European Central Online Licensing GmbH, München, jetzt → SOLAR PRSfM Performing Right Society for Music Ltd., London RBÜ Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. 9. 1886 in der Pariser Fassung vom 24. 7. 1971 RefE Referentenentwurf RegE Regierungsentwurf RL-E Richtlinienentwurf, COM(2012) 372 final Rom-Abkommen Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. 10. 1961 SABAM Société Belge des Auteurs, Compositeurs et Editeurs, Brüssel SACEM Société des Auteurs, Compositeurs et Editeurs de Musique, Neuilly-sur-Seine SAMRO Southern African Musical Rights Organisation Ltd., Johannesburg SESAC SESAC Inc., New York SGAE Sociedad General de Autores y Editores, Madrid SIAE Società Italiana degli Autori ed Editori, Rom
Abkürzungsverzeichnis
SOCAN SOLAR Sony SOZA SPA STIM SUISA TEOSTO TONO TRIPs UCMR-ADA Universal UrhG UrhR UrhWG VerlG VGG VGG-Ö VO Warner WCT WIPO WPPT ZAIKS ZBT ZPÜ
XXIII
Société Canadienne des Auteurs, Compositeurs et Editeurs de Musique, Don Mills SOLAR Music Rights Management Ltd., London Sony Music Entertainment (Tonträgerhersteller) und Sony/ATV (Musikverlag) Slovenský Ochranný Zväz Autorsky, Bratislava Sociedade Portuguesa de Autores, Lissabon Svenska Tonsättares Internationella Musikbyra, Stockholm Schweizerische Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke, Zürich Säveltäjäin Tekijänoikeustoimisto, Helsinki Norsk Komponistforenings Internasjonale Musikkbyra, Oslo Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, Including Trade in Counterfeit Goods vom 15. 4. 1994 Asociata Pentru Drepturi de Autor, Bukarest Universal Music Group (Tonträgerhersteller und Musikverlag) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 9. 9. 1965 Urheberrecht Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. 9. 1965 Gesetz über das Verlagsrecht vom 19. 6. 1901 Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz) 27. Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) vom 20. 5. 2016 Verordnung Warner Music Group (Tonträgerhersteller und Musikverlag) WIPO Copyright Treaty vom 20. 12. 1996 World Intellectual Property Organization, Genf WIPO Performances and Phonograms Treaty vom 20. 12. 1996 Stowarzyszenie Autorów, Warschau Zentralstelle Bibliothekstantieme Zentralstelle für private Überspielungsrechte, München
Im Übrigen wird auf Kirchner, Hildebert (Begr.), Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Auflage, Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston 2015 verwiesen.
Einleitung A. Problemdarstellung Die Rechtelizenzierungspraxis der analogen Welt aus der Zeit vor 1990 auf OnlineSachverhalte wie die Musikverwertung im Internet zu übertragen, ist bis heute ineffizient und daher für alle Beteiligten kaum zufriedenstellend gelungen.¹ Während in der Vergangenheit der Werkgenuss meist an Ländergrenzen endete, entweder weil das Werk auf nationale Rezeption ausgelegt war oder weil der Verwerter² nur ein regionales Geschäftsmodell verfolgte, verlor der nationale Zuschnitt von Rechten mit dem Aufkommen digitaler Freiheiten insbesondere durch das Internet an Bedeutung. Internetdienste sind ubiquitär, Grenzen verschwinden und eine Monetarisierung und Durchsetzung des geltenden Urheberrechts im digitalen Raum ist komplexer: Globale Geschäftsmodelle haben sich entwickelt, viele Verwerter suchen ihre Kunden über Landesgrenzen hinweg und benötigen die für die Bedienung des Marktes erforderlichen Rechte. Werke der Musik sind als Völker verbindende Kunstform besonders berufen für eine zunehmende Verbreitung über informationstechnisch neue Wege. Doch hindert das Recht gelegentlich das tatsächlich Mögliche. Auch bei Internetdiensten wurde das bestehende Recht von Technik und geänderten Sachverhalten überholt.³ So sind die Rechtsverhältnisse an Musikwerken, die zur grenzüberschreitenden Rezeption verfügbar gemacht werden sollen, nahezu unüberschaubar. Daher nehmen Verwertungsgesellschaften und ähnliche Einrichtungen eine gewichtige Rolle ein. Im Idealfall ermöglichen sie als zentrale Ansprechpartner eine Bündelung der notwendigen Rechte, über die Urheber vergütet und funktionierende legale Geschäftsmodelle im Online-Musikbereich errichtet werden können,
Peifer, in: Büscher u. a., Festschrift Bornkamm, S. 937, 939, stellt klar, dass hinsichtlich der urheberrechtlichen Verwertungsrechte ein Transfer von analogem Denken in die digitale Welt durch Aushandlung neuer Rechte wie dem ausschließlichen Verwertungsrecht der öffentlichen Zugänglichmachung hingegen sehr wohl gelungen ist. Wenngleich vielfach auch der Ausdruck „Nutzer“ zu lesen ist, vgl. § 8 VGG, trifft dies ebenfalls den Kern, doch birgt er die Gefahr von Missverständnissen, da unter Nutzer auch der Endverbraucher zu verstehen sein kann. „Verwerter“ oder „Rechtenutzer“ meint aus Gründen der sprachlichen Klarheit daher im Folgenden stets den Lizenznehmer, der Rechte für sein Geschäftsmodell nutzt und auswertet. Hierzu Peifer, in: Leible, Schutz des Geistigen Eigentums, S. 4 f.
https://doi.org/10.1515/9783110539134-025
2
Einleitung
die wie Spotify oder Deezer grundsätzlich auch länderübergreifend rezipiert werden können.⁴ Aufgrund ihrer exponierten Stellung am Markt sind Verwertungsgesellschaften in Deutschland seit Inkrafttreten des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes am 9. September 1965 vielfach gesetzlich gebunden und kontrolliert.⁵ Um sie für das neue Zeitalter zu rüsten, war eine europaweit einheitliche Regulierung ihrer Struktur und Wahrnehmungspraxis erforderlich. Denn die Errichtung eines einheitlichen Binnenmarktes als primäres Ziel der Europäischen Union gilt auch für den digitalen Bereich. Nachdem zum Zwecke seiner Verwirklichung nach und nach ein Harmonisierungsprozess des Urheberrechts in materieller Hinsicht einsetzte,⁶ rückte auch das Wahrnehmungsrecht immer mehr in den Fokus.⁷ Es steht dabei in einem Abhängigkeitsverhältnis zum materiellen Urheberrecht. Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist der Gegenstand der Rechtswahrnehmung vom nationalen Recht abhängig. Solange aber keine unionsweite vollständige Angleichung des Urheberrechts in Sicht ist,⁸ werden und wurden andere Wege beschritten, die die Adaption des Urheberrechts an die digitale Zeit mithilfe von Mechanismen zur Überwindung des Territorialitätsgrundsatzes möglich machten. Zentral für diese Entwicklung war insbesondere der Beschluss einer Empfehlung durch die EU-Kommission im Jahre 2005⁹ für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden. Ihr Ansatz, einen Wettbewerb um Rechtsinhaber zu entfachen, zielt darauf, die Art der Rechtswahrnehmung grundsätzlich zu ändern. Sie legte den Grundstein für die sieben Jahre später
Vgl. https://support.spotify.com/de/account_payment_help/account_settings/how-can-i-chan ge-my-country-setting/. Vgl. nur §§ 1, 6 und 11 UrhWG a.F.; Maracke, in: Dreier/Hilty, Festschrift 50 Jahre UrhG, S. 41, 49 ff.; Riesenhuber, in: Peifer/Gersmann, S. 109, 114. Hierzu grundlegend Dietz, GRUR Int 1978, 101 ff. und ZUM 1998, 438 ff. Vogel, GRUR 1993, 513, 531; Dillenz, GRUR Int 1997, 315 ff.; Loewenheim, GRUR Int 1997, 285 ff.; Schwarze, ZUM 2003, 15. Zur Forderung nach einem einzigen, einheitlichen EU-Urheberrecht Schack, in: Dreier/Hilty, Festschrift 50 Jahre UrhG, S. 277; Schack, in: Leistner, S. 173, 178, 184; Fischer, Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht; Hargreaves/Hugenholtz, Lisbon Council, Issue 13, 2013, S. 6. Der jüngste Richtlinienvorschlag behandelt allerdings wieder nur einen kleinen Ausschnitt, vgl. EUKommission, Richtlinienvorschlag über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt vom 14.9. 2016, COM(2016) 593 final. EU-Kommission, Empfehlung vom 18. Oktober 2005, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff.
A. Problemdarstellung
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folgende Richtlinie 2014/26/EU¹⁰. Die Verwertungsgesellschaftenrichtlinie soll die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten in Europa unionsweit auf neue Füße stellen. Einer der Schwerpunkte der Richtlinie liegt, dem Regelungsgegenstand der Empfehlung folgend, auf der Ermöglichung von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt. Genügte es vormals, Rechte national beschränkt zu erhalten, so sind für Online-Nutzungen, bzw. unionsweit agierende Online-Musikdienste Rechte für alle Territorien erforderlich, an die sich ein Dienst bestimmungsgemäß richtet. Konnte früher über Gegenseitigkeitsverträge das Weltrepertoire der Schwestergesellschaften, allerdings nur für das jeweilige Verwaltungsgebiet einer Verwertungsgesellschaft, lizenziert werden, entspricht eine Lizenzierung über nur eine Verwertungsgesellschaft für ausschließlich ihr Territorium dem Bedürfnis nach Mehrgebietslizenzen nicht mehr. So entwickelte sich die Lizenzierungspraxis weg von einer MultirepertoireEinzelstaatslizenzierung hin zu einer Monorepertoire¹¹-Multiterritorienlizenzierung. Gegenseitigkeitsverträge verloren für die Nutzungsart „Online“ an Bedeutung. Diverse neuartige Lizenzierungseinrichtungen entstanden, da große Rechtsinhaber wie Sony, Warner und Universal¹² ihre Rechte aus der kollektiven Wahrnehmungspraxis der Verwertungsgesellschaften herausnahmen. Diese Lizenzierungseinrichtungen verwalten noch immer allein das Repertoire eines großen Rechtsinhabers, ohne dass sie unter die bisherigen Regularien für Verwertungsgesellschaften zu fassen waren. Aus dieser Entwicklung resultieren große Herausforderungen für alle Marktbeteiligten. Rechtenutzer haben eine intransparente Repertoirefragmentierung zu bewältigen; klassische Verwertungsgesellschaften müssen im Online-
Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt, ABl. L 84/72 ff. Hierbei meint Monorepertoire das Repertoire einer Verwertungseinrichtung, das aus Rechten besteht, die ihr durch Wahrnehmungsverträge direkt eingeräumt, also nicht über Gegenseitigkeits- oder Repräsentationsverträge zur Lizenzierung von anderen Gesellschaften anvertraut wurden. Wenn von großen Rechtsinhabern oder Majors die Rede ist, sind ausschließlich die drei angloamerikanischen Musikunternehmen Sony, Warner und Universal angesprochen, vgl. Langus/Neven/Poukens, Economic Analysis, S. 35. Seit 1999 haben sich die großen Rechtsinhaber von den „Big Six“ (Warner, EMI, Sony, BMG, Universal und PolyGram) jeweils im Vierjahresabstand durch gegenseitige Aufkäufe halbiert, zuletzt durch die Übernahme des Musikverlags Sony/ATV, der seinerseits 2012 den Musikverlag EMI übernommen hatte, durch Sony, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 8018 – Sony.
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Einleitung
Bereich neue Wege gehen und sehen sich gleichzeitig mit Akteuren konfrontiert, die unreguliert ihr Geschäftsmodell übernehmen. Rechtsinhaber kämpfen um eine angemessene Vergütung. Konkrete Herausforderungen für die Rechtswahrnehmung zeigen sich darin, dass für die Errichtung eines pan-europäischen Online-Musikdienstes auch ein Jahr nach Erlass der Richtlinie Lizenzverhandlungen mit mindestens 35 unterschiedlichen Lizenzgebern zu führen waren, die sich langwierig und damit innovationshemmend gestalten.¹³ Eine exakte Zahl an Verträgen, die ein unionsweiter Online-Musikdienst zur Einholung aller erforderlichen Rechte abschließen muss, lässt sich kaum ermitteln. ARD und ZDF beispielsweise schließen mehr als 150.000 Verträge pro Jahr für die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken in ihren Programmen.¹⁴ Selbst bei größtem Bemühen besteht keine Rechtssicherheit, dass tatsächlich alle Rechte geklärt sind. Online-Musikdiensteanbieter sehen sich konfrontiert mit erheblichen Transaktionskosten, die wiederum auf die Endverbraucherpreise aufgeschlagen werden. Eine die Richtlinie 2014/26/EU vorbereitende Studie im Auftrag der EU-Kommission ermittelte für einen grenzüberschreitenden Online-Musikdienst mit einem Musikkatalog von mehr als einer Million Musikwerken im Jahr 2012 ex-ante-Transaktionskosten in Höhe von bis zu 260.000 Euro und einen Personalbedarf von sechs Vollzeitbeschäftigten bei einer Vertragsverhandlungsdauer von bis zu zwei Jahren.¹⁵ Die Schöpfer andererseits monieren eine nur marginale Vergütung im Bereich der Online-Verwertung ihrer Werke.¹⁶ Das System der kollektiven Rechtewahrnehmung muss Lösungen anbieten können, um den beteiligten Interessenträgern ausreichend Rechnung zu tragen. Ziel der Richtlinie 2014/26/EU ist es, hier Entspannung zu schaffen. Grundsätzlich sind Rechtsnormen auch dem Ziel verpflichtet, Markttransaktionen zu erleichtern, was vor allem durch Minimierung von Transaktionskosten beim Markteintritt gelingen kann.¹⁷ Solche Kosten betreffen Such- und Informations-
ERA Manifesto 2015, S. 17, abrufbar unter www.eraltd.org/about/era-manifesto/. Gesamtanzahl, nicht nur für die Online-Nutzung, vgl. EU-Kommission, Impact Assessment, Part 1/3, SWD(2016) 301 final, S. 22, Fn. 75. KEA/Vrije Universiteit Brussel, Final study, S. 4, 46, 51. Gabric, Artikel vom 26.6. 2015, musikmarkt.de; Tota, Artikel vom 4.11. 2014, faz.net; Arthur, Artikel vom 15.7. 2013, theguardian.com. Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 65, 97 ff. Vertiefend zur Notwendigkeit kollektiver Rechtewahrnehmung im Lichte der Transaktionskosten- und Informationsökonomik, Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int. 2007, 461, 466 f. Grundlegend zu Transaktionskosten im Urheberrecht vgl. Landes/Posner, 18. J. Legal Studies (1989), p. 325 ff. Ein Versuch einer ungefähren Schätzung der Transaktionskostenhöhe bei dem Start eines Online-Musikdienstes in
A. Problemdarstellung
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kosten, Verhandlungs- und Entscheidungskosten, Überwachungs- und Durchsetzungskosten sowie Anpassungskosten.¹⁸ Auf alle Kategorien können gesetzliche Regelungen einwirken. Daher adressiert die Richtlinie erstens eine Verbesserung der Repertoiretransparenz, zielt zweitens auf ein level playing field ¹⁹ innerhalb des Rechtewahrnehmungssystems von Verwertungsgesellschaften und verwandten Einrichtungen und drittens auf multiterritoriale Multirepertoire-Lizenzen für Online-Musikverwerter und möchte viertens harmonisierte Wahrnehmungsbedingungen bei gleichzeitiger Senkung der Verwaltungskosten für höhere Vergütungsausschüttung an Berechtigte erreichen. Das in Umsetzung der Richtlinie erlassene deutsche Verwertungsgesellschaftengesetz²⁰ soll die Wettbewerbsfähigkeit von Verwertungsgesellschaften und verwandten Verwertungseinrichtungen im Bereich der gebietsübergreifenden Vergabe von Urheberrechten an Musikwerken (wieder‐)herstellen und Anreize zur Multiterritorialität im Online-Musikbereich setzen. Die vorliegende Arbeit analysiert diese Regelungen auf ihre Funktionalität und Effizienz. Letztere ist stets das Ergebnis einer umfassenden Abwägung mehrerer zur Verfügung stehender Optionen. Sie ist eine maßgebende Methode zur Bewertung von Rechtsnormen auf ihre Wirkungsgrade hin.²¹ Ziel der Arbeit ist es, mögliche Inkonsistenzen darzulegen, diesen „New Deal“²² zu bewerten und interessengerechte Lösungswege aufzuzeigen. Untersucht werden soll, ob das VGG im Musikbereich die Anforde-
Deutschland, Österreich, Polen, Großbritannien und Frankreich findet sich bei Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 67 ff. Grundlegend dazu Coase, J. Law&Economics, Vol. 3 (1960), p. 1 ff.; Cooter/Ulen, Law & Economics, S. 84 f., 298 f.; Hansen, in: Ensthaler/Weidert, Hdb. UrhR und Internet, Kap. 6, Rdnr. 6. Zu den Positionen im Einzelnen Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 251. Ein level playing field meint dieselben Rahmenbedingungen für Verwertungsgesellschaften und verwandte Einrichtungen und ihr Verhältnis zu Nutzern und Rechtsinhabern, die gleiche Wettbewerbschancen im gesamten Binnenmarkt gewährleisten sollen, siehe schon Reinbothe, ZUM 2003, 27, 31. Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften vom 24. 5. 2016, BGBl. I, Nr. 24, S. 1190 ff. Zum Vorrang von Effizienz vor Einkommensverteilung bei der Analyse von Regelungen des Privatrechts Cooter/Ulen, Law & Economics, S. 7 f. So Bundesjustizminister Heiko Maas anlässlich des Tags des Geistigen Eigentums am 24. April 2015: Der „New Deal“ soll unter Berücksichtigung aller tangierten Belange eine einfache und schnelle Verbreitung von Inhalten im Internet ermöglichen, vgl. Krempl, Artikel vom 24.4. 2015, heise.de. Damit wird auf das Stabilisierungsprogramm New Deal des damaligen U.S.-Präsidenten Franklin Delano Roosevelt in Zeiten der Weltwirtschaftskrise zwischen 1933 und 1938 Bezug genommen, das tiefgreifende Sozial- und Wirtschaftsreformen umfasste, vgl. Cognosco, NAR, Vol. 236, No. 6 (Dec., 1933), 481.
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Einleitung
rungen erfüllt, die für eine optimierte Lizenzierungspraxis zur Verwertung von Musikwerken online notwendig sind.
B. Arbeitshypothese Die Arbeit geht davon aus, dass die Rechtelizenzierung im Online-Musikbereich dysfunktional ist und auch die jüngsten Regelungen des VGG dies nur begrenzt verbessern können. Geboten ist daher eine umfassende Untersuchung des Status quo sowie eine Analyse der Folgen der von EU und Deutschland vorgenommenen Regulierung, bei der folgendes zu berücksichtigen ist: Die Funktionalität des Systems im Online-Musikbereich leidet an mehreren Problemen, die unmittelbar oder jedenfalls mittelbar aus dem Territorialitätsprinzip im Urheberrecht resultieren: Repertoirefragmentierung, Repertoireintransparenz und Unklarheiten bezüglich des Geltungsbereichs von nationalen Regelungen aufgrund der im europäischen Recht verankerten Dienstleistungsund Niederlassungsfreiheit. Und doch hat die kollektive Rechtewahrnehmung ihre Berechtigung gerade in einem von Massennutzern und Massennutzungen geprägten digitalen Umfeld gegenüber individueller Lizenzierung nicht verloren. Rechtsinhaber werden dann zur kollektiven Wahrnehmung ihrer Rechte bereit sein, wenn deren Vorteile die der individuellen Wahrnehmung überwiegen. Nicht nur die Vereinfachung ist also ein bestimmender Faktor eines funktionierenden Systems, sondern auch monetäre Erwägungen. Da sich kostenintensive Rechteklärungsmodelle, insbesondere hohe Verwaltungskosten, bei den Rechtsinhabern vergütungsmindernd auswirken,²³ ist der Anreiz für eine freiwillige kollektive Wahrnehmung in der Reduktion der Transaktionskosten zu suchen. Eine freiwillige, kollektive Wahrnehmung der betroffenen Online-Rechte an Musikwerken ist folglich besser als die individuelle Wahrnehmung, wenn es ein funktionierendes Lizenzierungssystem von Multirepertoire-Multiterritorien-Lizenzen gibt, das die Repertoirefragmentierung und Informationsasymmetrien zu begrenzen und so bestehende Transaktionskosten zugunsten sowohl der Verwerter als auch der Rechteinhaber zu senken geeignet ist. Aber nur, wenn die starke Rechtsposition der Rechtsinhaber in einem solidarischen System aufrechterhalten wird, also eine angemessene Vergütung und sichere Vergütungsausschüttung gewährleistet werden kann,²⁴ wird sich ein
Weber, Sicht des Sendeunternehmens, in: Peifer u. a., S. 38. Peifer, Werkvermittlung, in: Peifer u. a., S. 20.
C. Stand der Forschung
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Rechtsinhaber für die kollektive Wahrnehmung entscheiden. Wahlfreiheit und Vergütungsgerechtigkeit sind maßgebliche Faktoren für die Attraktivität kollektiver Rechtswahrnehmung. Eine kollektive Rechtswahrnehmung muss darüber hinaus Verwertern eine Rechteklärung und anschließende Lizenzierung vereinfachen und die Nachfrage der Endrezipienten nach Kultur und Vielfalt befriedigen. Nur dann bleibt sie gewinnbringend und zeitgemäß. Eine ungleiche, nicht zu rechtfertigende, Behandlung von gleichen Sachverhalten in Zeiten neuartiger gewinnorientierter Intermediäre und marktmächtiger Akteure wie Alphabet (vormals Google) oder Apple, die einerseits massenhaft Rechte verwerten, aber gleichzeitig selbst die erforderliche IT-Infrastruktur für eine proprietäre Rechtewahrnehmung besitzen, können die Aufgabe der Verwertungsgesellschaften gefährden, wie das Rechtemanagement-System Content ID von Alphabet-Tochter YouTube zeigt. Das VGG als Umsetzungsgesetz der Richtlinie 2014/26/EU adressiert die Problemkreise Repertoirefragmentierung, Wahlfreiheit, Vergütungsgerechtigkeit, Transparenz und Geltungsbereich teilweise ausreichend, aber mitunter auch nicht richtlinienkonform und ungenügend. Außereuropäische Entwicklungen können zu einer Verfehlung des gesetzgeberischen Ziels der Vereinfachung von Musiklizenzierungsstrukturen mittel- und langfristig beitragen.
C. Stand der Forschung Grundsätzlich wurden einschneidende Entwicklungen der unionalen Rechtswahrnehmung stets wissenschaftlich begleitet. So beschäftigen sich mehrere Arbeiten mit den Auswirkungen der Kommissionsempfehlung 2005/737/EG für die Lizenzierung im Online-Bereich und dem Verhältnis von kollektiver Rechtewahrnehmung und Wettbewerbsrecht.²⁵ Auch mit der nachfolgenden Richtlinie befassen sich bereits mehrere jüngere Werke. Wübbelt beschreibt anschaulich die existenten Ineffizienzen auf dem Online-Musikmarkt.²⁶ Er untersucht ihre Gründe, findet sie in der europaweit uneinheitlichen Systematik des Urheberrechts
Altemark, Wahrnehmung von Online-Musikrechten; Düsing, Die Gestaltung einer europäischen Lizenzierungspraxis für Online-Musikrechte; v. Einem, Verwertungsgesellschaften; Fischer, Lizenzierungsstrukturen; Gorski, Effizienz, Wahlfreiheit und Gleichbehandlung?; Grote, Europäische Perspektiven; Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung von Online-Musikrechten; Pentheroudakis, Urheberrechtlicher Wandel; Runge, Kollektive Lizenzierung von Onlinenutzungsrechten für Musik; Wünschmann, Kollektive Verwertung von Urheber- und Leistungsschutzrechten. Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtewahrnehmung.
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Einleitung
und der daraus resultierenden Repertoirezersplitterung.²⁷ Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ist hingegen nicht Thema dieser Arbeit. Auch Weller befasst sich mit der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten bei der Online-Nutzung von Musikwerken.²⁸ Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Untersuchung der CELAS, einer Tochtergesellschaft der GEMA für die grenzüberschreitende Lizenzierung der Rechte des EMI-Musikverlages.²⁹ Dort wird die Richtlinie als praxisgerechtes Lösungskonzept für die grenzüberschreitende Lizenzierung von Online-Musiknutzungen in Europa klassifiziert.³⁰ Denga behandelt die Richtlinie nur am Rande und greift die gängigen Kritikpunkte gegen sie auf.³¹ Die dieser Arbeit vorangestellte konkrete Arbeitshypothese wurde wissenschaftlich noch nicht erforscht. Zu den Auswirkungen der Bestimmungen des VGG, die die Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten an Musikwerken adressieren, findet sich keine umfassende Untersuchung. Es existieren zwar diverse Stellungnahmen zum einen der betroffenen Interessenvertreter und zum anderen aus dem akademischen Bereich sowohl zur Richtlinie 2014/26/EU als auch zum Referentenentwurf und vereinzelt zum Regierungsentwurf des deutschen VGG.³² Die Regelungen über die gebietsübergreifende Vergabe von OnlineRechten an Musikwerken werden dort allerdings – wenn überhaupt – nur punktuell angesprochen und sind teilweise interessenmotiviert. Ausführliche Kommentierungen des Gesetzes sind erst im Erscheinen. Für die vorliegende Arbeit wertvolle Erkenntnisse liefert Emler. ³³ Er analysiert den Richtlinienentwurf der EU-Kommission aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive. Seine Arbeit unternimmt eine ökonomische Analyse von Verwertungsgesellschaften und ihrer Regulierung und bezieht dabei auch Anreize für im Online-Bereich erforderliche hohe Investitionen in den technologischen Fort-
Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtewahrnehmung, S. 128. Weller, Die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten. Weller, Die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten, S. 169 ff. Weller, Die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten, S. 237 ff. Denga, Legitimität und Krise, S. 200 ff. Der Entstehensprozess der Richtlinie einschließlich der Positionen und Stellungnahmen wird beim Institut für Urheber- und Medienrecht dokumentiert unter www.urheberrecht.org/topic/Ver wertungsgesellschaften-RL/. Nahezu alle Stellungnahmen zum Referenten- und Regierungsentwurf des VGG sind ebenfalls dort abrufbar, www.urheberrecht.org/topic/UmsetzungVG-RL/. Durch drei Veranstaltungen des Instituts wurden die Richtlinie und auch das deutsche Umsetzungsgesetz akademisch begleitet. Die Beiträge zum Richtlinienentwurf finden sich gesammelt in ZUM 3/2013, die Vorträge zur Umsetzung in deutsches Recht in ZUM 6/2014 und zum Referentenentwurf des VGG in ZUM 2/2016. Emler, Wettbewerb.
C. Stand der Forschung
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schritt ein.³⁴ Nach Emler verursacht Wettbewerb bei der Verwertung von Musikrechten im Offline-Bereich aufgrund hoher Verbund- und Skalenvorteile bei fixen Transaktionskosten für Rechteinhaber und Lizenznehmer bedeutende produktive Ineffizienzen wegen der Vervielfachung von Fixkostenblöcken. Die Forderung nach mehr Wettbewerb sei dort daher kritisch zu sehen. Im Online-Bereich befürwortet der Autor Repertoirewettbewerb, d. h. Wettbewerb um Rechtsinhaber, da aufgrund technologischer Mittel wie automatisiertem Marktmonitoring oder zentraler Urheberrechtsdatenbanken Fixkosten bei der Rechtewahrnehmung gesenkt werden könnten.³⁵ An diesen Punkt knüpft die vorliegende Arbeit an und untersucht, ob die Neuregelung einen Repertoirewettbewerb im Online-Bereich erzeugt und wenn ja, ob die ihn flankierenden Regelungen förderlich oder eher hinderlich für die Marktentwicklung sind. Die grundlegenden Defizite von Rechteklärung und -erwerb konkret für Online-Musikdiensteanbieter stellt Wiebe ³⁶ durch Zusammenfassung und Bewertung von Studien der KEA³⁷ und des Impact Assessments der EU-Kommission zum Richtlinienentwurf ³⁸ dar. Nach Aufschlüsselung der größten Hemmnisse – Rechtsunsicherheit aufgrund von Rechtefragmentierung, Territorialität, Anzahl der nötigen Rechte, Co-Urheberschaft, national unterschiedliche Umsetzung der InfoSoc-Richtlinie, Identifikations- und Ermittlungsprobleme von Rechteinhabern, uneinheitliche und unvollständige Werkdaten, Intransparenzen des Rechtemanagements, übermäßige Marktmacht der großen Musikverlage sowie Vielzahl der beteiligten Akteure – werden die dadurch hervorgerufenen Transaktionskosten für das Errichten eines Online-Musikdienstes errechnet, der in fünf EU-Mitgliedstaaten operiert. Dies gelingt lediglich auf vagen Schätzungen, untermauert aber die bestehenden Ineffizienzen³⁹ und stützt den Verdacht prohibitiv hoher Transaktionskosten. Bei Wiebe werden Alternativen diskutiert, um Online-Musikdiensteanbietern zukünftig die Rechteeinholung zu erleichtern, doch bleiben dabei die Interessen der Urheber untergewichtet.⁴⁰ Diskutiert werden Maßnahmen zur verbesserten
Emler, Wettbewerb, S. 291. Emler, Wettbewerb, S. 298. Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music. KEA/Vrije Universiteit Brussel, Final study. EU-Kommission, Richtlinienvorschlag über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen vom 11.7. 2012, COM(2012) 372 final (im Folgenden COM(2012) 372 final). Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 1 ff. sowie S. 97 ff. Kling, UFITA, 2015/III, 923, 926.
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Einleitung
Werkidentifikation auf technischer wie rechtlicher Ebene⁴¹, Möglichkeiten der Bündelung von bislang bestehenden, mehreren Verwertungsrechten zu einem Online-Recht⁴², Reduktion der Ausschließlichkeitsrechte auf Vergütungsansprüche gekoppelt mit gesetzlichen (Zwangs‐)Lizenzen⁴³, Anwendung des Ursprungslandprinzips der Satelliten-Kabel-Richtlinie⁴⁴ auf den Bereich der OnlineMusik oder eine gesetzliche One-Stop-Shop-Stelle für Lizenzierungsanfragen, die indes nicht selbst Rechte vergeben kann.⁴⁵ Damit konzentriert sich dieses Werk auf andere Überwindungsmechanismen als das unionsgesetzgeberisch nunmehr vorgegebene Hub-System mit Repertoirewettbewerb. Es ist daher als alternative Untersuchung des Musikmarktes aus Sicht eines Online-Musikdienstes zu sehen. Die vorliegende Arbeit geht demgegenüber nicht der Frage nach, welche alternativen Optionen der erlassenen Richtlinie möglicherweise sinnvoller gewesen wären, sondern fokussiert die getroffene Entscheidung der Richtlinie. Auf alternative Ansätze wird dabei allerdings Rücksicht genommen.
D. Gang der Darstellung Nach einer kurzen Beschreibung von Marktsituation und Besonderheit digitaler Online-Musikgeschäftsmodelle (1. Teil) werden im 2. Teil die erforderlichen Online-Rechte an Musikwerken für ihre Online-Nutzung im Wege des Streaming, Download und der Sendung erarbeitet (A.). Anschließend wird auf die kollektive Wahrnehmung dieser Rechte eingegangen (B.), und zwar unter Berücksichtigung der unionsgesetzgeberischen Maßnahmen und ihrer Auswirkung auf die Lizenzierungspraxis (C.). Der 3. Teil befasst sich mit dem VGG (A.) und der Untersuchung des Zielerreichungsgrades der VGG-Regelungen hinsichtlich der eruierten Problemkreise (B.). Hier wird umfassend auf einzelne Regelungen eingegangen, die explizit dazu geschaffen wurden, das Lizenzierungssystem von Online-Musikrechten zu verbessern. Eine außereuropäische Betrachtung muss die gefundenen Ergebnisse möglicherweise relativieren (C.). Die Arbeit schließt mit einem Ausblick und zusammenfassenden Thesen (4. Teil.).
Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 101 f. Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 103 f. Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 106. Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, ABl. L 248/15 ff. Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 111.
D. Gang der Darstellung
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Behandelt werden nur urheberrechtlich geschützte Werke der Musik, da in dieser Werkkategorie besondere Bedingungen der Lizenzierung greifen.⁴⁶ Einbezogen werden Urheberrechte und sofern angebracht verwandte Schutzrechte, da die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie und des VGG zur Mehrgebietslizenzierung nur auf Urheberrechte Anwendung finden.
So die Begründung für den begrenzten Anwendungsbereich von Titel III der Richtlinie, EUKommission, Commission Staff Working Document – Impact Assessment accompanying the document Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on collective management of copyright and related rights and multi-territorial licensing of rights in musical works for online uses in the internal market vom 11.7. 2012, SWD(2012) 204 final, S. 12, Fn. 50 (im Folgenden Impact Assessment, SWD(2012) 204 final).
1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen A. Einführung Aufgrund des informationstechnologischen Fortschritts hat sich der Musikmarkt rasant verändert. Vinyl-Langspielplatten wurden zunehmend durch Compact Discs (CDs) substituiert, letztere werden nun verstärkt durch unkörperliche Werkstücke verdrängt. Dass auf die technologischen Entwicklungen seitens der marktbeteiligten Rechtsinhaber, Rechtemittler und Rechtenutzer zu spät reagiert wurde, zeigt der über Jahre generell rückläufige monetäre Erfolg im Bereich des Musikdirektvertriebs.¹ Kopien lassen sich mittlerweile technisch einfach, ohne Qualitätsverlust, schnell und vielzählig erstellen wie verbreiten.² Der zügige Ausbau der Netzinfrastrukturen begünstigte die Entfaltung von Online-Services.³ Gerade das Musikgeschäft war für diese Entwicklung prädestiniert. Die Datenpakete sind nicht übermäßig groß, erfordern eine geringe Bandbreite und sind daher schneller zu verbreiten als beispielsweise Filmwerke. Mangels legaler Alternativen für den Endnutzer wurden unter Missachtung der bestehenden Urheberrechte Geschäftsmodelle erschlossen, um die steigende digitale Nachfrage zu befriedigen.⁴ Dieser Prozess ging einher mit mangelnder Aufklärung der Nutzer und ohne Bewusstsein für den kulturellen Wert der schöpferischen Leistung, das zunehmend in den Hintergrund rückte. Die Nachwirkungen werden nun deutlich, das Urheberrecht und seine gesellschaftliche Akzeptanz befinden sich in einer
Theurer, Artikel vom 17. 3. 2008, FAZ, Nr. 65, S. 21. Für den Ursprung dieser Entwicklung wird häufig auf das Format mp3 abgestellt, das Anfang der 90er Jahre entdeckt, von der Öffentlichkeit aber erst nach einigen Jahren in seiner tiefgreifenden Bedeutung erkannt wurde. Tituliert wird dieser technische Vorstoß der freien Verfügbarmachung an die breite Öffentlichkeit oft als „Kriegserklärung“ an die Musikwirtschaft, vgl. Czychowski, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 68, Rdnr. 93. Schwemer, in: Watt , S. 141. Beispielsweise die Musiktauschbörsen der neunziger Jahre eMule, Bearshare oder KaZaa, deren technische Grundlage darin bestand, Nutzer zusammenzuführen, die die nachgefragten Werke mithilfe von „Freigabe“-Ordnern zum Download für andere Nutzer bereithielten. Startete ein Nutzer den Download, stellte er gleichzeitig seine digitale Kopie wiederum anderen Nutzern zur Verfügung, usf. Mittlerweile ist die Client-Informationstechnik weiter fortgeschritten, sodass nicht mehr vollständige Dateien von einem einzigen Nutzer bezogen, sondern kleinste Datenpakete aus den verschiedensten Quellen abgerufen werden, die dann letztlich bei dem nachfragenden Nutzer nur noch zusammengefügt werden, vgl. Gercke, in: Spindler/Schuster, Recht der e-Medien, Vorb §§ 106 ff., Rdnr. 6 ff.
https://doi.org/10.1515/9783110539134-036
A. Einführung
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Sinn- und Legitimationskrise.⁵ Verantwortlich für den beim Rezipienten eingetretenen Gewöhnungseffekt für unentgeltlich möglichen Werkgenuss sind auch Verwertungsgesellschaften,⁶ die allzu lange an analogen Denkmodellen festhielten, in der Befürchtung, herkömmliche Geldströme könnten versiegen, wenn digitale Nutzungen zu großzügig lizenziert würden. Zwar schlossen sich die europäischen Verwertungsgesellschaften bereits im Jahr 2000 zusammen, um die Lizenzvergabe für Musiknutzungen im Internet gemeinsam und multiterritorial zu ermöglichen,⁷ doch basierten ihre Abkommen auf für das Internet ungeeigneten territorialen Restriktionen. So enthielt die sogenannte Santiago-Vereinbarung⁸ von der EU-Kommission beanstandete wettbewerbswidrige Klauseln,⁹ zu deren Aufgabe nur die niederländische Verwertungsgesellschaft Buma und die belgische SABAM bereit waren,¹⁰ sodass die gesellschaftsübergreifende Kooperation über das Jahr 2004 hinaus nicht verlängert werden durfte. Durch das Beharren der Verwertungsgesellschaften auf ihrer (meist faktischen) Monopolstellung erschwerten sie sich den Umgang mit den höhere Flexibilität erfordernden Marktbedingungen im Internet und sie überließen anderen Marktteilnehmern das Feld.¹¹ Allein die Tatsache, dass Verwertungsgesellschaften noch immer Vergütung für (flüchtiges) Streaming als abgeschwächte Form eines (dauerhaften) mp3Kaufs einstufen, der wiederum seinerseits mit dem Kauf einer CD verglichen wird,¹² entblößt eine gewisse Hilflosigkeit bei der angemessenen Einordnung neuer Nutzungsarten. Neben verzögerter Reaktionen ist auch die Komplexität der Rechtsbeziehungen Grund für die Schwerfälligkeit der Anpassung.¹³ Aufgrund des das Ur Ähnlich Haedicke, Patente und Piraten, S. 13 ff.: beispielhaft seien auf die Ausführungen zur Etablierung des abfälligen Begriffes eines „Copyright Nazis“ verwiesen, der für ihre Rechte konsequent durchsetzende Rechtsinhaber steht. Von „Theft“ spricht Lessig, The Future of Ideas, S. 254; Yu, 76 U. Colo. L. Rev. (2005), 653, 658 ff., von „Copyright wars“, Rösler, GRUR Int 2005, 991, 992. Muñoz Vico, Int. J. Int. Prop. Management 2015, Vol. 8, Nos. 1/2, 3, 14. EU-Kommission, ABl. 2001 C 145/2, S. 2 – BUMA, GEMA, PRS, SACEM; EU-Kommission, Online Commerce Roundtable vom 26.5. 2009, S. 3. EU-Kommission, IP/04/586, 3. 5. 2004, abrufbar unter europa.eu/rapid/press-release_IP-04– 586_de.htm. Näher Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann, Hdb. Musikwirtschaft, S. 638 ff. Vgl. Fn. 8. Vgl. EU-Kommission, ABl. C 200/11 vom 17.8. 2005. Czychowski, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 68, Rdnr. 96. Europa blieb hinsichtlich der Nutzbarmachung der technischen Entwicklung lange Zeit zurück, belief sich die Zahl der Musikdownloads in den U.S.A. im Jahr 2010 doch auf das Vierfache im Vergleich zur EU, siehe EUKommission, Mitteilung Digitale Agenda, KOM(2010) 245 endg., S. 10. Vgl. Haunss, Internet Policy Review, 2 (3), 2013, S. 3. Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, 2014, S. 4.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
heberrecht beherrschenden Territorialitätsprinzips entsteht in der Hand des Schöpfers ein Bündel an Rechten,¹⁴ welche jeweils an den Landesgrenzen beginnen bzw. enden. Die territoriale Bindung war so lange ein vernachlässigungswürdiges Problem, wie die Nutzungen sich auf ein bestimmtes Gebiet konzentrierten; Grenzüberschreitungen der analogen Werkstücke waren körperlich und daher besser erfass- und regelbar. Demgemäß waren Verwertungsgesellschaften meist nur für die Wahrnehmung der Rechte in ihrem Hoheitsgebiet zuständig.¹⁵ Die Gründe für geographische Beschränkungen von Rechten liegen jedoch nicht nur in der territorialen Natur von Urheberrechten, sie beruhen auch auf ökonomischem Kalkül sowohl der Rechtsinhaber als auch der Verwerter.¹⁶ Die Lösung vom haptischen Transportmittel der Musik hin zu unkörperlicher Wiedergabe bewirkte gleichzeitig eine Verschiebung der tatsächlichen Bedeutung der einzelnen Verwertungs- und Nutzungsrechte: Während für das Herstellen von CDs noch das mechanische Vervielfältigungsrecht maßgeblich war, sind es nun insbesondere die Wiedergaberechte, die die Online-Wahrnehmbarmachung ermöglichen. Der Ubiquität der Internetdienste scheint das Territorialitätsprinzip entgegenzustehen. Für eine Verwertung von schöpferischen Musikwerken im Internet ist stets dasjenige Rechtebündel einzuholen, das auch der Reichweite der Verwertung entspricht.¹⁷ Fehlen Nutzungsrechte in einzelnen Ländern, wird mithilfe von Geoblocking¹⁸ die Verwertung eingegrenzt, was zulasten des EU-Binnenmarktes und der Endrezipienten geht, die ein nachvollziehbares Interesse an grenzüberschreitender Nutzung haben. Einfluss auf die Quantität der Rechte und die Intensität der erforderlichen Rechteklärung hat auch der Umstand, dass regelmäßig mehrere Urheber – Komponisten und Textdichter – an der Schaffung eines endgültigen Werkes mitwirken, denn hierdurch vervielfachen sich die an dem Prozess der grenzüberschreitenden Verwertung beteiligten Akteure. Wurde das Musikwerk fixiert, bestehen Tonträgerherstellungsrechte, wurde es dargeboten, entstehen Künstlerrechte.¹⁹ Dem ist bei der Verwertung Rechnung zu tragen. Die Rechte sind
Peifer, ZUM 2006, 1, 3 f. Hilty/Nérisson, MPI Research Paper No. 13 – 09, S. 7. Siehe Langus/Neven/Poukens, Economic Analysis, S. 3. Zum Territorialitätsprinzip auch Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 67 ff. Allgemein zu Geoblocking und dessen europarechtlicher Einordnung Wiebe, ZUM 2015, 932; Schwarz, ZUM 2015, 950 ff. Art. 14 Abs. 1 TRIPs.
A. Einführung
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allerdings nicht gebündelt aus einer einzigen Hand zu erlangen;²⁰ vielmehr liegen sie entweder bei den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten selbst, bei Tonträgerherstellern, Produzenten, Verlagen, Lizenzagenten oder Verwertungsgesellschaften. Darüber hinaus kann jeder Rechtsinhaber über seine verschiedenen Verwertungsrechte je nach Nutzungsart frei verfügen und sie einzeln und beschränkt, nicht-exklusiv oder exklusiv für ausgewählte Territorien einem oder mehreren Dritten einräumen. D. h. das Bündel an territorialen Nutzungsrechten kann nach Nutzungsart und Nutzungsort aufgespalten und verschiedenen Erwerbern eingeräumt werden. Für Endrezipienten, Rechtenutzer, aber auch Urheber und Leistungsschutzberechtigte selbst ist die tatsächliche Rechtslage zunehmend undurchsichtig. Verwertungsgesellschaften als zentrale Lizenzierungsstelle der erforderlichen Nutzungsrechte für die Musikverwertung sind in dieser Situation für Urheber und Rechtenutzer gleichermaßen tätig. Als Rechtevermittlungs-, -überwachungs-, und -vergütungsinstitution haben sie sich in einem stetig wandelnden Umfeld bereits über einhundert Jahre behauptet.²¹ Dies erklärt ihre historisch gewachsenen und daher teilweise schwerfälligen Strukturen. Wenn ihr kontinuierlicher Erfolg der Fähigkeit zugeschrieben wird, Aktivitäten den gegebenen Marktsituationen stets entsprechend anzupassen,²² muss diese These allerdings für das 21. Jahrhundert überprüft werden. Nicht mehr nur Verwertungsgesellschaften im klassischen Sinne befassen sich mit der Wahrnehmung von Online-Musikrechten; neue Marktakteure bieten ähnliche Dienstleistungen und treten mit Verwertungsgesellschaften in Konkurrenz um Rechteinhaber, Repertoire und technische Administration. Im Folgenden wird auf die volkswirtschaftliche Bedeutung des Musikmarktes eingegangen. Die Zahlen verdeutlichen dabei den Wert einer effizienten Lizenzierungspraxis, die Grundlage und Antrieb einer erfolgreichen Verwertung von urheberrechtlich geschützten Musikwerken ist (B.). Nachfolgend werden digitale
Anders bei Filmwerken, hier ermöglicht § 89 Abs. 1 UrhG eine Bündelung der Rechte beim Filmhersteller, sodass die Sachverhalte in dieser Hinsicht schwer vergleichbar sind. Überlegungen, diesen Rechtsgedanken auf Musikwerke zu übertragen, finden sich bei Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 105 f. Den Anstoß der kollektiven Rechteverwertung im Musikbereich gab der französische Komponist Ernest Bourget im Jahr 1847. Das kollektive Rechtemanagement in seiner Gesamtheit nahm seinen Ursprung bereits im 18. Jahrhundert, Gervais, in: Gervais, S. 5 f.; Shang, Int. J. Int. Prop. Management 2015,Vol. 8, Nos. 1/2, 58, 59; Seifert, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 15, Rdnr. 1; ebenso Kohlick, 14. 2. 2014, faz.net. Uwemedimo, GRUR Int 2010, 685, 687.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
Geschäftsmodelle in diesem Marktsegment dargestellt (C.), um sodann auf die Interessen der Marktbeteiligten einzugehen (D.).
B. Der Musikmarkt I. Umsatzzahlen Im Jahr 2016 wuchs der Umsatz des globalen Musikmarktes im zweiten Jahr in Folge nach leichtem Rückgang in den vorhergehenden Jahren²³ um 5,9 % auf 15,7 Mrd. U.S.-Dollar.²⁴ Insgesamt bestreitet der digitale Musikmarkt hieran bereits 50 %. Er nahm im Jahr 2016 um 17,7 % auf 7,8 Mrd. U.S.-Dollar zu.²⁵ Die Nutzungsart Streaming ist hieran für 59 % verantwortlich.²⁶ In Europa wuchs der Umsatz des Musikmarktes im Jahr 2016 um 4 % auf ca. 5,8 Mrd. U.S.-Dollar.²⁷ Streamingeinkünfte stiegen hier um 45,5 %. Der deutsche Musikmarkt (Musikverkauf, Synchronisations- und Leistungsschutzrechte) als viertgrößter Musikmarkt weltweit²⁸ wuchs im Jahr 2016 um 3 % auf einen Gesamtumsatz von 1,593 Mrd. Euro.²⁹ Der digitale Musikverkauf macht mit 604 Mio. Euro 37,9 % des Gesamtumsatzes aus.³⁰ Der Umsatz mit Downloads (12,2 %) ist weiter rückläufig; die Einkünfte aus Streamingangeboten (24,2 %) wuchsen hingegen um 72,7 % auf 385 Mio. Euro.³¹ Im Jahr 2012 noch betrugen die Umsätze im Bereich des digitalen Musikmarktes hierzulande lediglich 294 Mio. Euro, Downloads machten 18 % und Streaming-Dienste bloß 2,5 % des Gesamtumsatzes aus.³² Entgegen der Sorge der Musikbranche, der Rückgang von Einnahmen im Bereich des analogen Musikvertriebs könne durch den Zuwachs der digitalen
o.V., Artikel vom 18. 3. 2014, tagesspiegel.de. IFPI, Global Music Report, 2017, S. 6, 11. IFPI, Global Music Report, 2017, S. 6, 11. IFPI, Global Music Report, 2017, S. 12. IFPI, Global Music Report, 2017, S. 12; Hochrechnung unter Zugrundelegung der Zahlen von IFPI, Umsätze der Musikindustrie weltweit nach Regionen in den Jahren 2013 und 2014, in: Statista – Das Statistik-Portal. Hinter den U.S.A., Japan und Großbritannien, vgl. http://www.theindustryobserver.com.au/ ifpis-2017-global-music-report-the-key-takeaways/. BVMI, Musikindustrie in Zahlen 2016, S. 6. BVMI, Musikindustrie in Zahlen 2016, S. 7. BVMI, Musikindustrie in Zahlen 2016, S. 9. BVMI, Musikindustrie in Zahlen 2012, S. 9, 10.
B. Der Musikmarkt
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Verkäufe nicht ausgeglichen werden, dokumentieren die Zahlen, dass die Zukunft der Musikindustrie im Digitalgeschäft liegt.³³ Die Musikbranche befindet sich in einer Erholungsphase, wie auch die Umsatzzahlen der Labels und Anbieter im Digitalgeschäft belegen. Der weltgrößte Musikkonzern Universal Music verzeichnete eigenen Angaben zufolge im Jahr 2013 erstmals in der Geschichte mehr Umsatz mit dem Verkauf von digitalen Musikwerken als mit analogen Tonträgern³⁴, obschon Vinyl-Platten eine Renaissance bei Liebhabern erleben.³⁵ Globale Zahlen belegen, dass im Durchschnitt 62,4 % aller Musikeinnahmen von den drei großen Musikunternehmen Sony, Warner und Universal generiert werden. Schätzungen zufolge vereinen sie auf sich 80 % aller durch Musikstreaming erzeugten Einnahmen.³⁶ Dies entspricht in etwa auch der Marktmacht der drei großen Rechtsinhaber Sony, Warner und Universal. Sie kamen im Jahr 2015 zusammen auf einen Marktanteil im globalen Musiksegment von 73,2 %, im digitalen Bereich sogar auf 76,2 %.³⁷ Demgegenüber bestreiten die restlichen 23,8 % Marktanteil die sogenannten Independent Labels („Indies“). Waren es im Jahr 2012 noch 20 Mio. Abonnenten eines kostenpflichtigen digitalen Musikdienstes, stieg die Zahl innerhalb von vier Jahren um nahezu das Fünffache auf 97 Mio.³⁸ Online-Musikstreaming-Dienste wie Spotify oder Deezer verbuchten im Jahr 2015 insgesamt einen Umsatzanstieg von 45,2 % auf 2,89 Mrd. U.S.-Dollar.³⁹ Der Ausbau der Breitbandleitungen, die wachsende Nutzung auf Mobilgeräten⁴⁰ und neue Geschäftskooperationen beispielsweise mit führenden Kfz-Herstellern⁴¹ machten diese Entwicklung möglich. Jedoch zeichnet sich be Theurer, Artikel vom 17. 3. 2008, FAZ, Nr. 65, S. 21. Die Umsätze des globalen physikalischen Tonträgermarkts gingen im Jahr 2016 um 7,6 % zurück, vgl. IFPI, Global Music Report 2017, S. 13. Pressemitteilung von Vivendi, 25. 2. 2014, S. 3, abrufbar unter www.vivendi.com/wp-content/ uploads/2014/02/20140225_VIV_PR_2013-earnings.pdf. In Deutschland beispielsweise betrugen die Umsätze in diesem Segment im Jahr 2015 50 Mio. Euro. Dies bedeutet einen Anstieg um das Zehnfache in einem Zeitraum von zehn Jahren, vgl. BVMI, Musikindustrie in Zahlen 2015, S. 10. In Großbritannien überholten im Dezember 2016 Vinylverkäufe erstmals Digitalverkäufe von Musikwerken, siehe Savage, Artikel vom 6.12. 2016, www.bbc.com. Vgl. Resnikoff, Artikel vom 3. 8. 2016, digitalmusicnews.com. Vgl. Informa (Music & Copyright), Marktanteile der größten Plattenfirmen weltweit in den Jahren 2011 bis 2015, in: Statista – Das Statistik-Portal. IFPI, Global Music Report, 2017, S. 16. IFPI, Global Music Report, 2016, S. 15. Im Jahr 2016 gaben bereits 55 % der Befragten aus 13 Ländern an, Musik über ihr Mobilgerät zu konsumieren, IFPI, Consumer Insight Report, 2016, S. 6, 9. Vgl. http://www.bmw.de/de/topics/faszination-bmw/connecteddrive/digital-services/onlineentertainment.html; https://support.spotify.com/at/listen_everywhere/in_the_car/.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
reits ab, dass die Download-Verkäufe zunehmend von der Streaming-Nutzung substituiert werden.⁴² Dies belegen Zahlen aus den U.S.A.⁴³ und auch aus Deutschland: So wurden im Jahr 2016 bereits um 21,5 % weniger Download-Alben als im Vorjahr verkauft, bei Singles beträgt der Rückgang 16 %.⁴⁴ Streaming gilt als die treibende Kraft im digitalen Musiksektor. Sowohl im Video- als auch im Music-on-Demand-Bereich zeigen sich deutliche Zuwachsraten.⁴⁵ Die Streaming-Einnahmen in Deutschland wuchsen im Jahr 2016 um 73 %.⁴⁶ Dies wird vor allem vier Wachstumstreibern zugeschrieben, neuen innovativen Geschäftsmodellen, der share-economy-Bereitschaft einer Gesellschaft (der „Besitz“ wird immer unwichtiger)⁴⁷, der benötigten Technik, wie mobile Endgeräte, dem Netzausbau sowie einer veränderten Mediennutzung der Rezipienten.⁴⁸ Digitale Musikstreaming-Dienste profitieren: Mit 60 Mio. zahlenden Kunden weltweit Ende Juli 2017 ist der schwedische Dienst Spotify Marktführer,⁴⁹ sein Umsatz stieg Ende 2015 um 80 % auf 1,945 Mrd. Euro.⁵⁰ Seine werbefinanzierte Freemium-Version verzeichnet weltweit über 140 Mio. aktive Nutzer.⁵¹ Auf Spotify folgt Apple Music mit 27 Mio. zahlenden Abonnement-Kunden,⁵² eine FreemiumVersion stellt Apple nicht bereit. Der französische Streaming-Dienstleister Deezer folgt dahinter mit 16 Mio. Nutzern, von denen 6 Mio. die zahlungspflichtige Pre-
Wlömert/Papies, Int. J. Research in Marketing, Vol. 33, Issue 2 (2016), 314. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im Jahr 2014 13 % weniger einzelne Musikdateien auf dem U.S.-Markt abgesetzt, Sokolov, Artikel vom 4.7. 2014, heise.de. Im Jahr 2016 bereits brachen kostenpflichtige Downloads um 22 % auf 1,84 Mrd. Umsatz ein, während Streaming mit 3,93 Mrd. U.S.Dollar 51 % des gesamten Endkundenumsatzes ausmacht, Sokolov, Artikel vom 31. 3. 2017, heise.de. Warner Music gab für das 1. Quartal 2015 erstmals einen höheren Umsatz mit Streaming als mit Downloads an, vgl. Holland, Artikel vom 12.5. 2015, heise.de. BVMI, Musikindustrie in Zahlen 2016, S. 11. So hört schon jeder zweite Internetnutzer zwischen 14 und 29 Jahren Musik per Streaming, die Anzahl der Klicks in Deutschland wuchs von 2,8 Mrd. im Jahr 2013 auf ca. 5 Mrd. Streams im ersten Halbjahr 2014 an, vgl. BITKOM/Deloitte, Die Zukunft der Consumer Electronics – 2014, S. 16 und Pressemitteilung des BVMI, 9.7. 2014, abrufbar unter http://www.musikindustrie.de/news-detail/ controller/News/action/detail/news/musikstreaming-waechst-weiter-verdoppelung-von-umsatzund-nutzung/. Sokolov, Artikel vom 31. 3. 2017, heise.de. Siehe hierzu die Beiträge von DiMatteo, Ortiz und Meller-Hannich, in: Schulze/Staudenmayer, S. 89 ff. BITKOM/Deloitte, Die Zukunft der Consumer Electronics – 2014, S. 30. Plaugic, Artikel vom 31. 7. 2017, theverge.com. Statista, Anzahl der Paid Subscribers von Spotify von März 2011 bis März 2017. Vgl. Fn. 49. Vgl. Fn. 49.
B. Der Musikmarkt
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mium-Version nutzen.⁵³ Insgesamt verantworten Musikstreaming-Dienste geschätzte 2 Mrd. U.S.-Dollar Umsatz aus zahlungspflichtigen Abonnements. Im Gegensatz hierzu stehen Plattformen wie die Alphabet-Tochter YouTube, die 900 Mio. Gratis-Nutzer auf sich vereinen, allerdings nur 634 Mio. U.S.-Dollar an Einnahmen aus den zugänglichen Musikwerken generieren.⁵⁴ Klassische Online-Musikdienste wie Spotify schreiben nach wie vor rote Zahlen.⁵⁵ Im Gegensatz zum Werbeeinnahmenbeteiligungsmodell bei YouTube existieren branchenübliche Quasi-Buyout-Verträge zwischen Major-Rechtsinhabern und lizenzierenden Musikdiensten wie Spotify,⁵⁶ die den Ertrag der überwiegend werbefinanzierten Freemium-Nutzung wohl nicht auffangen können. Hierfür lassen sich konkrete Anhaltspunkte finden, wie ein im Internet bekannt gewordener, vertraulicher Vertrag zwischen Spotify und Sony (Sony Music Entertainment als Leistungsschutzrechtsinhaber) aus dem Jahr 2011 zeigt. Er beansprucht allein Geltung für die U.S.A., hat also für das europäische Territorium nur begrenzte Aussagekraft.⁵⁷ Er lässt aber den Schluss zu, dass sich die von den Majors gehaltenen Unternehmensanteile an Spotify auf die Tantiemenhöhe auswirken.⁵⁸ Werden Vergütungen unterhalb des Marktüblichen vereinbart – und auch seine Ermittlung ist schwierig, wenn alle Musikdienste unterhalb der Gewinnzone agieren und sich aufgrund von Marktanteilsgewinnung auf höhere Preise einlassen: das Marktübliche bleibt dann eine leblose Definition –, so zahlt der Musikstreaming-Dienst gewöhnlich mit Unternehmensanteilen (in Sonys Fall sollen dies mehr als fünf Prozent sein⁵⁹). Damit wird eine Zwitterinteressenlage erzeugt, die den Rechtsinhaber gleichzeitig zu hohen und niedrigen Vergütungen anhalten wird. Wie sich das auf seine Einnahmenausschüttung an die Interpreten auswirkt, ist nicht bekannt und Gegenstand eines in den U.S.A. angestrengten Klageverfahrens.⁶⁰ Üblich ist es jedoch auch, dass Rechteinhaber vergünstigte Werbezeiten auf den Streaming-Diensten und hohe Vorauszahlungen erhalten.⁶¹
Kannenberg, Meldung vom 14.9. 2016, heise.de. IFPI, Global Music Report, 2016, S. 22. Statista, Umsatz und Gewinn bzw. Verlust von Spotify in den Jahren 2008 bis 2015. Singleton, Artikel vom 19.5. 2015, theverge.com. Zu beachten ist, dass dies ausschließlich die Leistungsschutzrechte betrifft. Singleton, Artikel vom 19.5. 2015, theverge.com. Die Vertragsbedingungen werden aber ähnlich sein. Eine Übersicht über gängige Vertragsklauseln zwischen Musikunternehmen und OnlineMusikdiensten findet sich bei Langus/Neven/Poukens, Economic Analysis, S. 50 ff. Vgl. Tschmuck, Artikel vom 19.7. 2015, musikwirtschaftsforschung.wordpress.com. Vgl. Gabric, Artikel vom 26.6. 2015, musikmarkt.de. Gabric, Artikel vom 26.6. 2015, musikmarkt.de. „The „credit for advertising inventory“ clause mentioned in section 14(a) grants Sony Music a total of $9 million in ad space […]. And the free ads don’t come at market rates either – they must
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
Diese werden nicht unbedingt an die Künstler weitergereicht.⁶² Sofern also pauschal beklagt wird, die Streaming-Dienste zahlten zu wenig,⁶³ berücksichtigt diese Schlussfolgerung nicht die Verteilungswirkung von Verträgen zwischen Künstler und Label und hat auch nur Geltung für den Markt der Leistungsschutzrechte.
II. Netzwerkeffekte Digitalunternehmen wie Spotify und YouTube können auf eine starke Unternehmensbasis mit beeindruckenden Nutzerzahlen zurückgreifen. Dabei sind digitale Geschäftsmodelle prädestiniert für Monopolbildungen, auch im digitalen Musikmarkt. Dies hängt vor allem mit den hohen Netzwerkeffekten⁶⁴ zusammen, die ein Dienst durch die Nutzungszunahme aufgrund steigender Teilnehmerzahl entfalten kann, der den Nutzen mit jedem Wachstum sich selbst verstärkend potenziert.⁶⁵ Dies mag einer der Gründe für die Entwicklung solch marktmächtiger – da fast konkurrenzloser – großer Internetakteure wie Alphabet oder Facebook sein, deren Geschäftsmodell auf der Vernetzung von Informationen beruht, aber genährt wird von kreativen (Fremd‐)Inhalten. Im digitalen Bereich besteht zudem die Besonderheit derart, dass zwar der Aufbau und Erhalt der technischen Infrastruktur kostenintensiv ist, der Aufwand für das Zugänglichmachen eines zusätzlichen digitalen Werkstückes dabei jedoch gegen Null tendiert. Steigende Nutzerzahlen verbessern ferner indirekt die angebotene Dienstleistung: Je mehr gesucht und geklickt wird, desto genauer werden personalisierte Werbung und Vorschlagsalgorithmen.⁶⁶ Darüber hinaus erschweren Koordinationseffekte es
be given to Sony Music at a heavily discounted rate.“, Singleton, Artikel vom 19. 5. 2015, theverge.com. Rethink Music Initiative, Fair Music, 2015, S. 16. Vgl. Fn. 16. Zahlen von Juni 2017 bei Information is beautiful, http://www.informationisbeauti ful.net/visualizations/spotify-apple-music-tidal-music-streaming-services-royalty-rates-compa red/; Resnikoff, Artikel vom 24. 5. 2016, digitalmusicnews.com; ders., Artikel vom 12.4. 2016, digitalmusicnews.com; Rack, Artikel vom 9. 3. 2016, telemedicus.info. Pohlmeier, Netzwerkeffekte und Kartellrecht, S. 55 ff., S. 89 ff., 195: „Je mehr Käufer kommen, desto mehr Händler werden ihre Ware anpreisen, desto umfangreicher und qualitativ besser werden die Waren, je besser die Waren, desto mehr Käufer werden kommen.“ Siehe auch Podszun/Franz, ZGE 2015, 15, 26 zu den Netzwerkeffekten auf der Marktgegenseite, bei Verwertungsgesellschaften, und ebenso Emler, Wettbewerb, S. 259. So machen beispielsweise lediglich 1 % der in der EU aktiven Webseiten beinahe 50 % des gesamten Internet-Traffics aus, siehe EU-Kommission, SWD(2015) 100 final, S. 52; Hamann/ Schieritz, Artikel vom 31.7. 2014, zeit.de; Bartl, Artikel vom 21. 5. 2014, kress.de. Waelbroeck, Digital music, in: Towse/Handke, S. 389 f.
C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten
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kleineren Marktteilnehmern, Schritt zu halten: Je größer ein IT-Unternehmen, desto einfacher ist die Ressourcennutzung für die Entwicklung technischer Lösungen zur Minimierung von Transaktionskosten,⁶⁷ wie YouTube’s Rechteklärungsinstrument Content ID zeigt, das eine ex-post-Vergütung von Rechtsinhabern in Videos genutzter Werke ermöglicht. Solche Effekte begünstigen das Entstehen marktstarker Unternehmen, die eine hohe Wertschöpfung generieren und angewiesen sind auf einfache Lizenzierungsstrukturen.
C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten Neben Spotify oder YouTube ist die Rezeptionsvielfalt von Musik online nahezu grenzenlos. Musik ist bei der Nutzung von Internetdiensten nicht mehr wegzudenken. Sie substituiert den körperlichen Besitz oder das Abspielen von haptischen Trägern im Alltag, macht Werbung effektvoller⁶⁸ und dient der Untermalung von eigenen Homepages und Home-Videos als User Generated Content⁶⁹, beispielsweise auch auf Facebook. Außerdem wird sie auf Video-Portalen wie vimeo, vevo, aber auch Netflix, Amazon Prime Video oder in Mediatheken der Sendeunternehmen rezipiert.
I. Klassische Online-Musikdienste Wenn von Online-Musikdiensten die Rede ist, sind meist solche Musikangebote angesprochen, bei denen der reine Musikgenuss im Vordergrund steht und Hauptbestandteil, nicht nur schmückendes Beiwerk ist, d. h. also Streaming- oder Downloaddienste wie iTunes, Apple Music, Spotify, Deezer (in Deutschland vergünstigt über Lidl You⁷⁰), TIDAL, Amazon Music Unlimited, Napster⁷¹ (in
Dobusch, in: Otto, S. 163, 164. Hierzu Riesenhuber, ZUM 2010, 137. Hierzu Vianello, MMR 2009, 90. Im Vergleich zum Deezer-Premium-Abonnement um zwei Euro vergünstigt, Briegleb, Artikel vom 2.11. 2016, heise.de. Die vormals unlizenzierte Tauschbörse Napster gehört seit 2011 zu dem U.S.-Konzern Rhapsody International, Inc., der den Dienst zu einem Online-Musikstreamingservice modifiziert hat und über 32 Mio. lizenzierte Songs sowie Hörbücher für den On- oder Offline-Werkgenuss bereithält, vgl. www.napster.de.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
Deutschland über Aldi life Musik⁷²), Google Play und YouTube, Microsoft Groove, Pandora⁷³ oder SoundCloud.⁷⁴ Weltweit bestehen über 400 digitale Musikdienste.⁷⁵ In Deutschland gelten derzeit ca. 40 audio(visuelle‐) Online-Musikdienste, die Verträge mit Rechtsinhabern geschlossen haben, als „lizenziert“.⁷⁶ Im Bereich der reinen Online-Musik können generell in wirtschaftlicher und faktischer (nicht rechtlicher!) Hinsicht unterschieden werden Download-, zahlungspflichtige oder werbefinanzierte Subskriptions- oder Internetradio-Dienste in vielfältigen Ausgestaltungen. So sind Spotify und Deezer in ihrer Premiumfunktion Subskriptions-Streaming-Dienste mit monatlich fälliger Nutzungsgebühr,⁷⁷ als Freemium-Version werbefinanziert. iTunes, Qobuz oder Amazon Music bieten auch dauerhafte Downloads an. Vevo⁷⁸ oder vimeo sind hingegen audiovisuelle Dienste mit Programminhalteinflussnahmemöglichkeit und ohne nutzergenerierte Inhalte, die keinerlei Abonnement zur Nutzung voraussetzen. Pandora hingegen ist ein U.S.-amerikanisches Webradio, das eine Werkauswahl nur in begrenztem Umfang zulässt. Eine Einordnung von Online-Musikdiensten kann daher auch nach dem Kriterium der Linearität oder Non-Linearität der Datenübermittlung vorgenommen werden,⁷⁹ die ihrerseits jedoch ebenfalls als Subskriptions- oder werbefinanzierter Dienst ausgestaltet sein können. In technischer Hinsicht kann der Zugriff auf Musikinhalte durch Streamingoder Download-Dienste erfolgen. In beiden Fällen geht es um die Übermittlung von Dateien über ein Computernetzwerk. Beim Download wird eine Datei übertragen, abgespeichert und sodann wiedergegeben. Streaming bezeichnet die Übertragung zur möglichst sofortigen Wiedergabe ohne die Absicht der dauerhaften Speicherung der Daten auf dem abrufenden Endgerät. Der Download-
https://www.aldilife.com/musik-streaming. https://www.pandora.com/restricted. https://soundcloud.com/. Auflistung nach Ländern unter www.pro-music.org/legal-music-services.php. www.pro-music.org/legal-music-services-europe.php. Geschätzt wird, dass 35 % der Internetnutzer trotzdem regelmäßig auf unlizenzierte Musikdienste zurückgreifen, IFPI, Music Consumer Insight Report, 2016, S. 14. Etwas weniger als die Hälfte der 140 Mio. Spotify-Nutzer sind Premiumkunden, Plaugic, Artikel vom 31. 7. 2017, theverge.com. An Vevo hält Google-Mutterkonzern Alphabet 18 %, Sony und Universal sind Haupteigentümer, Seliger/Nüssli, Artikel vom 9.1. 2014 in Kultur/Wissen 23, WOZ Nr. 1+2. Vgl. Düsing, Gestaltung einer europäischen Lizenzierungspraxis, S. 7, sie können jedoch ebenfalls als Subskriptions- oder werbefinanzierte Dienste ausgestaltet sein.
C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten
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Dienst unterscheidet sich vom Streaming-Dienst folglich in der Dauerhaftigkeit der übermittelten Kopie.⁸⁰ In inhaltlicher Hinsicht unterscheiden sich die Dienste entweder durch die Größe des Repertoires – sie variiert mittlerweile zwischen 20 und 40 Mio. Titeln und ist daher wohl ein zu vernachlässigendes Entscheidungskriterium für Musiknutzer⁸¹ – oder aber über Zusatzservices, wie etwa eine Kooperation mit Songtext-Dienstleistern wie Musixmatch (verfügbar in den Musikapps von Spotify und Apple Music auf Mobilgeräten⁸²), persönliche Empfehlungen, die dem im Online-Musikmarkt vorherrschenden Beratungsdefizit aufgrund der Verfügbarkeit nahezu unendlicher Musikauswahl entgegen wirken sollen⁸³ (bei Apple Music, Spotify und Deezer sowohl durch Algorithmen als auch durch renommierte Musikredakteure⁸⁴), Podcasts (von Kooperationspartnern wie der Financial Times), zusätzlichen Radiosendungen und Musikvideos, wie beispielsweise YouTube Red⁸⁵ oder Ampya⁸⁶ und neuerdings auch Spotify⁸⁷ und Deezer⁸⁸, oder auch das „Scrobblen“⁸⁹ des Musikgeschmacks (Last.fm⁹⁰). Weiteres Diversifikationsmerkmal kann eine Bluetooth-Schnittstelle einschließlich entsprechender App im
Zu den technischen Einzelheiten siehe Tanenbaum/Wetherall, Computer Networks, S. 713 ff.; Malcher, Personalisierte Webradios, S. 18 ff. Definition bei Stieper, MMR 2012, 12, dort auch eingehend zu den Unterscheidungen zwischen True-Streaming und Progressive Download. Siehe auch Bäcker/Höfinger, ZUM 2013, 623, 624. Eine Ausnahme macht der ursprünglich als Remix-Plattform gestartete deutsche OnlineMusikdienst SoundCloud Go, dessen Bibliothek nach eigenen Angaben über 135 Mio. Titel aufweist. Eine Verlängerung der Kooperation für die Desktopversion von Spotify kam nicht zustande, siehe Ciociola, Blogeintrag vom 1.6. 2016, blog.musixmatch.com. Koof, Senderecht, S. 55. Möller, Artikel vom 5.9. 2016 auf swr.de. Kostenpflichtiges Pendant zu YouTube, Sokolov, Artikel vom 22.10. 2015, heise.de. Der Streaming-Dienst wurde 2014 von ProSiebenSat.1 Media AG an Deezer verkauft, siehe die Pressemitteilung vom 10.6. 2014, abrufbar unter http://blog.deezer.com/de/prosiebensat-1/. Wie beispielsweise die wöchentliche Sendung „Fest und Flauschig“ von Jan Böhmermann und Olli Schulz auf Spotify, http://www.festundflauschig.de/. Briegleb, Artikel vom 20. 5. 2015, heise.de. „Scrobblen“ bezeichnet das Tracken (Nachverfolgen) mittels installierter Software von gehörter Musik, das über einen Algorithmus Rückschlüsse auf Hörverhalten und musikalische Vorlieben zulässt und aufgrund dessen verwandte Musikwerke vorschlägt. Im Jahr 2014 wurde der eigene Streaming-Dienst mangels Rentabilität eingestellt. Das in London beheimatete Unternehmen kooperiert nun mit Spotify, Guvera, YouTube und Vevo; es ist nunmehr als Host-Provider einzuordnen, ohne selbst Lizenznehmer zu sein, dessen Geschäftsmodell allein das Erstellen eines Musikgeschmackprofils und darauf aufbauende Playlist-Vorschläge ist, Leuck, Artikel vom 2. 3. 2016, golem.de; Arthur, Artikel vom 27. 3. 2014, theguardian.com.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
Auto sein, wie die für Käufer in den U.S.A. kostenlose Integration der PremiumVariante von Spotify in Limousinen des Elektrofahrzeugherstellers Tesla⁹¹, oder die Kooperation des schwedischen Automobilherstellers Volvo mit Spotify und Deezer. BMW implementierte Napster und Deezer in sein Paket Online Entertainment ⁹², auch Spotify ist dort zu hören.⁹³ Kooperationen zwischen Mobilfunkanbietern und Streaming-Diensten wie zwischen der Telekom und Spotify oder Vodafone und Deezer dergestalt, dass Musikstreaming nicht auf das benötigte Datenvolumen angerechnet wird,⁹⁴ sollen ebenfalls Marktanteile generieren. Auch eine Nutzer-Aktivitätsvernetzung zwischen Online-Musikdiensten und Sportunternehmen ist denkbar, wie die Partnerschaft zwischen Spotify Running und Nike+ zeigt, innerhalb derer Musik auf das individuelle Lauftempo zugeschnitten werden kann.⁹⁵ Die Preisgestaltung der Dienste ist wenig volatil, alle zahlungspflichtigen Abonnements kosten pro Monat ca. zehn Euro. Da sich die Dienste nicht durch Preis oder Dienstleistungsumfang diversifizieren können, liegt der Fokus auch auf Qualität – TIDAL setzt in seinem Premiumabonnement auf eine Übertragungsrate von 1411 kbit/s⁹⁶, Qobuz macht den Empfang von Dateien in Hi-Res 24-Bit möglich⁹⁷ – oder auf Marktabgrenzung durch exklusive Inhalte. Was lange als distanzierendes Kriterium zur Filmindustrie galt, kann heute keine Geltung mehr beanspruchen: Exklusivität und Inhaltemanagement sind zu entscheidenden Erfolgsfaktoren von Online-Musikdiensten geworden, Individualität und Lokalität spielen eine große Rolle für das Bestehen am Markt.⁹⁸ Apple beispielsweise schenkte seinen 500 Mio. iTunesNutzern das aktuelle Album der britischen Band U2, die hierfür einen Betrag in unbekannter Höhe erhielt. Damit einher ging die Exklusivitätsvereinbarung mit
o.V., Meldung vom 21.12. 2015, sueddeutsche.de. http://www.bmw.de/de/topics/faszination-bmw/connecteddrive/digital-services/online-en tertainment.html. https://support.spotify.com/at/listen_everywhere/in_the_car/. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fallen im Rahmen der entsprechenden Tarife der Telekom nun tatsächlich keine zusätzlichen Datenvolumina für die Nutzung des Musikdienstes an, vgl. Becker, Artikel vom 2. 2. 2015, heise.de. Informationen unter https://www.telekom.de/unterwegs/ apps-und-dienste/spotify. Briegleb, Artikel vom 20.5. 2015, heise.de. So die Angaben auf der offiziellen Website, 28.10. 2014, http://news.cision.com/tidal/r/tidalhigh-fidelity-music-streaming-service-launches-today,c9707115. www.qobuz.com/de-de/about. Langus/Neven/Poukens, Economic Analysis, S. 30 f.; Tönnesmann, Artikel vom 2.7. 2015 in ZEIT, S. 32.
C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten
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Universal, dem Musikunternehmen der Gruppe, für einen gewissen Zeitraum alleiniger Vertriebspartner dieses konkreten Albums zu sein.⁹⁹ Apple ebnete damit den Weg für neue Musikvertriebsmechanismen, die dem Konzern den verlorenen Vorsprung vor anderen Diensten zurückbringen sollte. Diversifizierung durch Alleinstellungsmerkmale wie Inhalteexklusivität scheint dabei zielführendes Mittel zu sein.¹⁰⁰ Gleichzeitig aber treten auch Musikverlage in Konkurrenz mit Streaming-Drittanbietern wie Spotify oder Apple, indem sie eigene Streamingplattformen ihrer hauseigenen Kataloge im Direktvertrieb vermarkten.¹⁰¹ Rentabel erscheint dies allerdings nur für die großen Rechtsinhaber, da sie über die kritische Masse an Repertoire verfügen. Sie erhalten so alleinige Kontrolle und können zumindest teilweise auf eigene Rechte zugreifen, ohne hohe Transaktionskosten in die Rechteklärung investieren zu müssen. Da die Lizenzverträge mit den Online-Musikdiensten jedoch zumeist unter anderem auch Unternehmensanteile als Gegenleistung vorsehen,¹⁰² ist die Unterhaltung eines eigenen umfassenden Online-Musikdienstes unnötig und unwirtschaftlich.
II. Nischendienste Nicht nur der Massenmarkt wird bedient. The Opera Platform beispielsweise bietet audiovisuellen Zugang zu vollständigen Opernaufführungen aus 15 Opernhäusern Europas inklusive Untertitelung in sechs Sprachen.¹⁰³ Generell ist vorstellbar, dass spezifische Online-Musikangebote für diverse Musikrichtungen existieren, so beispielsweise Schlager oder Heavy Metal. Dass es hieran noch fehlt, weckt Zweifel an der Wirtschaftlichkeit eines solchen Nischen-Geschäftsmodells. Oftmals ist der Musikgeschmack derart vielfältig, dass es nicht nutzergerecht wäre, mehrere Streaming-Dienste im Abonnementmodell abzuschließen, um den Musikgeschmack möglichst breit abdecken zu können. Die „All-in“-Lö-
Beuth, Artikel vom 11.9. 2014, zeit.de. Apple hat darüber hinaus Taylor Swift, Coldplay und nach langer Online-Abstinenz auch Herbert Grönemeyer kurzfristig exklusiv an sich binden können, Jacobsen, Artikel vom 14.12. 2015, meedia.de; Sokolow, Artikel vom 12.12. 2015, heise.de. Chance the Rapper erhielt 500.000 U.S.Dollar für die zweiwöchige exklusive Verfügbarkeit seines Albums „Coloring Book“ bei Apple Music, Schwan, Artikel vom 20. 3. 2017, heise.de. Mit dem auf zunächst britisches Territorium begrenzten Streaming-Dienst NOW Music+ treten nun Sony und Universal in Konkurrenz zu den etablierten Diensten. Der Dienst soll allerdings nur eingeschränkte Zugriffsmöglichkeit und einen limitierten Katalog von „Hits“ der beiden Rechteinhaber erhalten, vgl. o.V., Meldung vom 15.9. 2016, theguardian.com. Vgl. Fn. 78. www.theoperaplatform.eu/de/uber-uns.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
sung scheint um vieles bequemer.¹⁰⁴ Darüber hinaus stünden die Rechteklärungsund Unterhaltungskosten für einen solchen Dienst außer Verhältnis zu seinen Einnahmen. Auch würden diese Angebote direkt mit (Internet‐) Radioprogrammen konkurrieren, die eine gleichgeartete Musikdiversität offerieren, allerdings keine Zugriffsmöglichkeit oder Programmeinflussnahme erlauben.¹⁰⁵ So bietet die Deutsche Grammophon¹⁰⁶ mittlerweile eine kuratierte Playlist auf Apple Music an und stellte dafür den Betrieb ihres hauseigenen StreamingDienstes ein. Für Online-Musikdienste ist es von großer ökonomischer Relevanz, möglichst jeden nur denkbaren Inhalt für Kunden verfügbar zu halten, um sie möglichst lange an sich zu binden. Ebenso ist es für Rechtsinhaber von hoher Bedeutung, auf möglichst allen Online-Musikdiensten verfügbar und hörbar zu sein. Online-Musikdienste und Rechtsinhaber stehen in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zueinander.
III. Audiovisuelle Dienste Für das audiovisuelle Erleben von Musik existiert eine Vielzahl an Diensten, darunter YouTube und vimeo (neben offiziellen Musikvideokanälen auch nutzergenerierte Inhalte), vevo (offizielle Musikvideos) und Dooop.¹⁰⁷ Dooop bietet Künstlern eine Plattform zur Internet-Liveübertragung ihrer (Heim‐)Konzerte. Abgerechnet wird pro Auftritt, die Künstler können die Höhe der „Ticketpreise“ selbst bestimmen. Dooop zahlt 80 % der Ticketeinnahmen aus. Live-Konzerte per Video-Streaming sind aber auch im klassischen Bereich über die Digital Concert
So stehen Nischendienste regelmäßig in direktem Wettbewerbsverhältnis zu den All-in-Angeboten wie Spotify, vgl. die Untersuchung zu digitalen Start-Ups des MPI, Urheberrecht und Innovation, 2016, S. 193. Aus diesem Grund wird eine „Kannibalisierung“ des herkömmlichen Radiodienstes durch Streaming-Angebote prognostiziert, vgl. Krempl, Artikel vom 3.9. 2014, heise.de. Tatsächlich scheinen jüngste Zahlen diesen Effekt zu belegen: Einer BBC-Studie zufolge entschieden sich 48 % der 15- bis 24-Jährigen für die Verwendung von Audio-Apps via Bluetooth-Schnittstelle im Auto statt einer Radionutzung, vgl. Pressemitteilung der Medientage München, 27.10. 2016, abrufbar unter www.medientage.de/presse/news/detail/news/detail/News/radio-durch-streaming dienste-unter-innovationsdruck/. Tonträgerhersteller, dessen Muttergesellschaft die Universal Music Group ist, siehe die Webseite der Deutschen Grammophon, www.deutschegrammophon.com/de/. www.dooop.de/.
C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten
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Hall der Berliner Philharmoniker zu genießen.¹⁰⁸ Die Videoplattform Maxdome hingegen bietet Aufzeichnungen von Live-Konzerten on demand an. Ebenso verhält es sich mit Concert Vault, bei dem Liebhaber von Vintage-Live-Konzerten aufbereitet in HD-Qualität auf ihre Kosten kommen.¹⁰⁹ Daneben sind auch Mediatheken von Sendeunternehmen als Musikdienste im weitesten Sinn zu verstehen. Sie verbreiten ihre telemedialen Inhalte, die auch Musik enthalten, und haben daher ebenfalls die betreffenden Online-Rechte zu klären.
IV. Sonstige Dienste Zu den oben genannten Diensten treten weitere Mediendieste, etwa Daytrotter¹¹⁰, der Mitschnitte aus Tonstudio-Sessions von teilnehmenden Bands gegen eine monatliche Gebühr zugänglich macht, oder Focus@will¹¹¹, ein Musikdienst, der Wissenschaft und Musik zu einer konzentrationsfördernden und geistig stimulierenden Wirkung verbinden will, oder die Plattform Tomahawk¹¹², die alle herkömmlichen Musikdienste auf sich vereint und eine einheitliche Wiedergabe aus allen verfügbaren Playern ermöglicht, die ein Nutzer abonniert hat.¹¹³ Weiter zu nennen ist der im Beta-Status befindliche Misch-Dienst Arena¹¹⁴, ein Geschäftsmodell, das nach dem Prinzip listen to own verfährt. Sobald eine bestimmte Abspiel-Anzahl eines Liedes erreicht ist, hat der Nutzer den Song dauerhaft erworben.¹¹⁵ www.digitalconcerthall.com/de/live. Zur Vorreiterstellung im Jahr 2008, der Entwicklung und Philosophie dieses Geschäftsmodells siehe Koepping, Artikel vom 11. 2. 2016, irights.de; Tantschinez, Artikel vom 1.12. 2015, golem.de. Tantschinez, Artikel vom 1.12. 2015, golem.de. Tantschinez, Artikel vom 1.12. 2015, golem.de. Siehe www.focusatwill.com/app/#/pages/v3oi?_k=0qhc86; Tantschinez, Artikel vom 1.12. 2015, golem.de. http://blog.tomahawk-player.org/post/101838247563/tomahawk-08-allow-ourselves-to-rein troduce. Tomahawk selbst ist dabei nur als Wiedergabeplayer einzuordnen, der selbst keiner Lizenzierungspflicht unterfällt. https://arena.com/listen-to-own. Aus der in den Medien stets geschilderten geringen Vergütungsauskehr der marktführenden Musikstreaming-Dienste erwachsen also auch neue Geschäftsmodelle, die das Credo „Fair Pay“ gezielt zu Marketingzwecken nutzen, vgl. https://arena. com/get-started. Die einzelnen Hörvorgänge per Stream werden wohl auch als On-Demand-Nutzung ohne Erstellung einer dauerhaften digitalen Kopie eingeordnet und als solche einzeln abgerechnet; ist aber die erforderliche Anzahl an Hör-Vorgängen erreicht, muss ein eigentlich einheitlicher
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
Auch Cloud-Dienstleistungen werden immer populärer. Der virtuelle Wolkenspeicher ermöglicht die Mitnahme der eigenen Musiksammlungen überall dorthin, wo das Gerät genutzt wird und eine Internetverbindung besteht. Entweder wird nicht direkt Musik angeboten, sondern lediglich die Speicherparzelle für eigene Musiksammlungen zur Miete offeriert¹¹⁶, oder aber die Musik zum Download oder Streaming in der Cloud bereitgestellt.¹¹⁷
V. Online-Radiodienste Aber auch nahezu jeder herkömmlich empfangbare Radiosender verfügt über einen Internetradioauftritt und/oder ist über eine App mobil zu konsumieren. Über radio.de ist beispielsweise ein gebündelter Zugriff auf über 30.000 Radiosender unterschiedlichster Genres möglich.¹¹⁸ Neben Simulcasting-Diensten existieren auch reine Webcasting-Anbieter, die ausschließlich online zu empfangen sind. Vor allem Spartenkanäle, gebündelt auf einer einzigen Plattform wie laut.fm oder radionomy, nutzen das reine Webcasting zur Erstverwertung ihres Programms.¹¹⁹ Ein Webradio-Dienst wird, anders als die im Rahmen des herkömmlichen terrestrischen, Kabel- oder Satellitenradios übertragenen klassischen Radiosendungen, ausschließlich über das Internet wiedergegeben. Er folgt einem Sendeplan, auf den der Hörer keinen Einfluss hat. Tritt das Verbreitungsmittel Internet zu den herkömmlichen technischen Verbreitungswegen hinzu und wird das Programm über all diese gleichzeitig gesendet, so spricht man von Simulcast-Diensten. Technologisch wird auch bei Internetradio-Diensten das Streaming-Verfahren angewandt.¹²⁰ Kennzeichnend für Online-Radiodienste ist ihre Linearität, also die fehlende zeitliche und inhaltliche Einflussnahmemöglichkeit des Hörers.
Sachverhalt – das Streaming ist lediglich notwendige Bedingung und „Vorbereitungshandlung“ – in Streaming und Download aufgespalten werden und entsprechend abgerechnet werden. Jedenfalls muss der Dienst die umfassenden Rechte auch für das Angebot von Downloads lizenziert haben. Beispielsweise (je nach Speichergröße kostenpflichtige) Dienste wie Dropbox oder iCloud. Zur dogmatischen Einordnung der Werkübermittlung in der Cloud Zech, ZUM 2014, 3. Waelbroeck, Digital music, in: Towse/Handke, S. 389, 395; Chiou, GRUR Int 2014, 228, 229; Müller, ZUM 2014, 11. Hier wird eine umfassende Rechteeinholung notwendig. Zur dogmatischen Einordnung der Werkübermittlung in der Cloud im Verhältnis B2C Zech, ZUM 2014, 3. http://corporate.radio.de/. Handig, GRUR Int 2007, 206, 207. Zu den technischen Einzelheiten siehe Malcher, Personalisierte Webradios, S. 18 ff. und Fn. 80.
C. Digitale Geschäftsmodelle mit Musikinhalten
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Aber auch On-Demand-Streaming-Dienste haben nicht selten ein WebcastRadio in ihrem Portfolio. So hat auch Spotify sein Angebot um ein lineares Internetradio-Programm,¹²¹ aber auch Podcasts¹²², beispielsweise der Tagesschau oder komödiantische Inhalte¹²³, erweitert. Andererseits bieten herkömmliche Internet-Radiosender auch Dateien zum Nachhören ihrer Sendungen on demand oder aber originär für den Dienst produzierte, in sich abgeschlossene Inhalte online an. Eine Vermischung von linearen und non-linearen Inhalten ist keine Seltenheit. Eine weitere Ausprägung ist das personalisierte Internetradio, das zumindest begrenzte Einflussnahme auf die inhaltliche Auswahl zulässt, und daher eine Zwitterstellung einnimmt. Im Gegensatz zu Simulcasting erlauben nur Webcasting-Dienste aufgrund ihrer Rückkanalfähigkeit eine Individualisierung. Bekanntestes Beispiel ist das amerikanische Internetradio Pandora, das allerdings noch nicht in Deutschland verfügbar ist. Andere Anbieter wie Aupeo oder last.fm konnten dem Wettbewerb nur begrenzt standhalten und sind nun in ihrer Funktionalität eingeschränkt oder nur noch auf Mobilgeräten und in Kraftfahrzeugen kooperierender Hersteller verfügbar.¹²⁴ In der Tat substituieren große On-Demand-Musikdienste wie Deezer, Spotify oder Apple Music personalisierbare Musikangebote, da sie selbst ebenfalls aufgrund von entsprechender interner Datenerhebung und -sammlung über erhebliche Informationen zu jedem nutzereigenen Musikgeschmack verfügen können. Spotify und Apple Music können daher neben ihrer reinen On-Demand-Funktion auch den Service einer benutzerdefinierten, personalisierbaren Radiostation anbieten.¹²⁵ Die Substitution von klassischem Internetradio durch große Musikdienste zeigt die jüngste Nutzungserhebung im Bereich Internetradio: Spotify ist danach unangefochten der meistgehörte Dienst mit 97,25 Mio. Sessions durchschnittlich pro Monat. Platz Zwei der Kategorie Personal Radio belegt hinter Spotify mit 7,52 Mio. Sessions im 3. Quartal 2016 der User-Generated-Radio-Dienst laut.fm, auf Platz 3 folgt die
Briegleb, Artikel vom 20. 5. 2015, heise.de. Das Wort Podcast setzt sich aus den Begriffen iPod und Broadcast zusammen und bezeichnet über das Internet verbreitete Audio- oder Videodateien, die über ein sogenanntes FeedAbonnement, meist im Format Really Simple Syndication – RSS-Feed – automatisch dauerhaft geladen werden (Download), vgl. Amlung/Fisch, ZUM 2009, 442, 444. Die Grenze zu bereits gesendeten Programmen auf Abruf im Wege des flüchtigen Streaming ist dabei aber fließend. Auch hier findet sich die Bezeichnung Podcast. S.o. Fn. 87. Siehe www.last.fm/de/ und https://heise.de/-3458650 Vgl. https://support.apple.com/de-de/ht204951 und https://support.spotify.com/de/article/ spotify-radio/.
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
Senderbündelungsplattform radionomy.¹²⁶ Das zeigt, dass die Kategorisierung von Online-Diensten noch unsicher ist. Teilweise ordnen statistische Erhebungen Spotify generell, und nicht seine spezifische Funktion, als Personal Radio ein, um eine Vergleichbarkeit der Kategorie Webradio zu erreichen. Statistiken rund um Online-Musik sind daher mit Vorsicht zu betrachten.
VI. Online-Musikdistributoren Intermediäre zwischen Urheber und Verlag, Rechtsinhaber und Rechtenutzer, Rechtenutzer und Endrezipient sind ebenso zahlreich. Gleich ob es sich um Künstleragenturen, Musikdistributoren wie Zebralution¹²⁷, CD Baby, TuneCore und finetunes oder IT-Dienstleister zur Vereinheitlichung und Standardisierung von Musikdaten wie Phononet¹²⁸ handelt, das Dickicht von Unternehmen in der Musikbranche, ihre Verästelungen und mannigfaltigen Vertragsbeziehungen ist hoch. Für Online-Musikdienste relevant sind Musikdistributionsdienstleister, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. Innerhalb der Distributoren existieren Unternehmen wie The Orchard¹²⁹ oder Believe Digital, deren Kunden ausschließlich Labels sind. Hier übermittelt das Label selbst alle Daten an den Distributor, der sie an die entsprechenden Dienste weiterleitet. Das deutsche Unternehmen Zebralution beispielsweise arbeitet auch mit gewerbetreibenden Einzelpersonen zusammen und ist ein Vertriebskanal digitaler Medieninhalte wie Hörbücher, Musik und Musikvideos, der sie an Plattformen wie YouTube, Napster, Amazon Music und Spotify technisch aufbereitet übermittelt. Eine Rechtseinräumung findet in beiden Fällen hierfür nicht statt. The Orchard, Zebralution oder finetunes sind digitaltechnische Dienstleister, die keine Rechteaggregatoren sind. Sie sind lediglich Schnittstelle zwischen Label/Verlag/Produzent/Rechtsinhaber und Online-Musikplattformen wie iTunes, Spotify, Deezer und YouTube.¹³⁰ Gleichzeitig leiten sie an ihre Vertragspartner (Labels, Verlage) konkrete Abruf-
Schröder, ma IP Audio, Artikel vom 7.12. 2016, meedia.de. Selbständiges Tochterunternehmen von Warner Music Group, siehe Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste, WD 10 – 3000 – 049/14, S. 5, Fn. 5. Das Unternehmen Phononet ist ein IT-Dienstleister, der die informationstechnisch nötigen Standardisierungen zwischen Musikproduzierenden wie beispielsweise Tonträgerherstellern und Handel vornimmt, https://www.phononet.de/unternehmen/. Seit 2015 100 %-ige Tochter von Sony Music Entertainment, vgl. http://www.theorchard.com/ about/history/?lang=de. http://www.zebralution.com/de/informationen-für-labels-verlage.
D. Darstellung der Interessen der Betroffenen
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zahlen weiter.¹³¹ Als Gegenleistung dieser Dienstleistung sind prozentuale Umsatzbeteiligungen üblich.¹³² Digitale Musiklieferanten nehmen in der Regel selbst keine Rechte wahr und stehen als reine Administrationsdienstleister der Rechtsinhaber außerhalb des Lizenzierungsprozesses. In der Praxis funktioniert jedoch kaum ein Online-Musikdienst ohne sie.
D. Darstellung der Interessen der Betroffenen Bei der multiterritorialen Rechteverwertung und -wahrnehmung im Online-Bereich gilt es, drei unterschiedlichen Interessengruppen gerecht zu werden. Dem „verfügbarmachenden“ Online-Dienst ist an einer schnellen und effizienten Rechteklärung und rechtssicheren Lizenzierung gelegen, da sie die Betriebskosten seines Dienstes durch Verringerung der Gesamttransaktionskosten¹³³ senken. Diensteanbieter bemängeln vor allem den fehlenden oder unzureichenden Zugang zu Informationen über Rechtsinhaberschaft und Rechtewahrnehmung, wodurch der Prozess der Rechteklärung erheblich erschwert und verzögert würde.¹³⁴ Endrezipienten hoffen auf einen vereinfachten, bezahlbaren und territorial unbeschränkten Zugang zu den von ihnen nachgefragten Werken sowie ein breites Angebot, das schnell und einfach verfügbar ist, möglichst zeitgleich mit Veröffentlichung des Werkes.¹³⁵ Die Rechtsinhaber hingegen haben ihrerseits ein Interesse an einfacher Lizenzierung, da dadurch ein Anreiz zu rechtskonformem Handeln seitens der Online-Dienste geschaffen wird und Vergütungen fließen. Allerdings sollen diese Vergütungen auch angemessen sein. Einfachere Lizenzierung darf nicht auf Kosten dieses Gesichtspunkts ermöglicht werden.¹³⁶ Eine Beschränkung allein auf
www.zebralution.com/de/administration-abrechnung. Zebralution vereinbart beispielsweise eine individuelle prozentuale Umsatzbeteiligung. CD Baby hingegen behält zwischen 9 und 15 % der Einnahmen, http://members.cdbaby.com/faq.as px#digital11. Siehe zu den Positionen im Einzelnen schon oben, S. 5. EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 10. Dies ist durchaus auch im Interesse der Werkschaffenden, sollen doch mehrere Studien in Nordeuropa ergeben haben, dass Online-Streaming-Modelle die Online-Piraterie eindämmen können, vgl. Titcomb, Artikel vom 5.7. 2016, www.telegraph.co.uk. Vgl. Peifer, in: Schierholz/Melichar, Festschrift Pfennig, S. 101. So kann eine große Lizenzierungsstelle nur dann effizient sein, wenn die Rechteinhaber ihr das Vertrauen schenken, ihre Rechte – auch Erstverwertungsrechte – optimal zu lizenzieren, ergo zu angemessenen Vergü-
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1. Teil: Rechtstatsächliche Grundlagen
die Interessenlage von kommerziellen Verwertern wäre zu eng; insbesondere sind die Neuregelungen zur grenzüberschreitenden Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken auch auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen, die Rechtsinhaber angemessen vor Benachteiligungen im Verhältnis zum Verwerter und zu eventuellen Intermediären zu schützen. In der Praxis zeigen sich bei allen Interessengruppen Schwachpunkte in der Verwertung von Online-Musikrechten: Die Gruppe der Endrezipienten verfügte lange über kein Angebot zu angemessenen Preisen, das ihren Bedarf an legalem Musikgenuss deckte. Erst langsam entwickelten sich kommerziell einigermaßen rentable legale Geschäftsmodelle, was unter anderem auch auf zähe Rechteklärung und Lizenzverhandlungen zurückzuführen ist. Rechteinhaber hingegen bemängeln den zögerlichen und ungenügenden Vergütungsrückfluss aus der Nutzung ihrer Rechte. Für Online-Musikdienste zeigt sich, dass der Zeitraum der Verfügbarkeit von Inhalten ein erfolgskritischer Faktor in der Musikindustrie ist.¹³⁷ Dem IT-Unternehmen Apple war die Übernahme des amerikanischen Kopfhörer-Herstellers „Beats“ ein Rekordpreis von 3 Mrd. U.S.-Dollar wert.¹³⁸ Denn Teil des Konzerns war ein Musikstreaming-Dienst namens „Beats Music“, der Apple zum Markt aufschließen lassen sollte, dessen Anschluss es zuletzt wegen Rechteklärungsund Lizenzierungsschwierigkeiten verloren hatte. Nach Konzernangaben hatte sich der Marktstart von „Apple Music“ um Monate verzögert, die anderen Marktteilnehmern wie Pandora (im U.S.-amerikanischen Raum) oder Spotify einen Wettbewerbsvorteil verschafften.¹³⁹ Der Interessenkonflikt zwischen den beteiligten Rechtenutzern, Rechtsinhabern und ihren Rechtevermittlern konnte bislang noch nicht zufriedenstellend gelöst werden. Auch neue Geschäftsmodelle haben im Laufe der Jahre keine Entspannung gebracht. Dies belegen zahlreiche Berichte über die „Herausnahme“ von Musik aus bestimmten Musikstreaming-Diensten¹⁴⁰ oder auch die Aushandlung eines Gesamtvertrages über Vergütungen für Music-on-Demand-Nutzungen der BITKOM mit der GEMA, die sich über acht Jahre hinzog.¹⁴¹
tungssätzen: der Vereinfachung der Lizenzierung muss parallel ein starkes, harmonisiertes Urhebervertragsrecht zur Seite stehen, was jedoch nicht Thema der Arbeit ist. KEA/Vrije Universiteit Brussel, Final study, S. 5. o.V., Artikel vom 29. 5. 2014, faz.net. Schwan, Artikel vom 21.5. 2013, heise.de. S.o. Fn. 16. Vgl. BITKOM-Stellungnahme zum Fachgespräch „Urheberrecht“ vom 1.12. 2014, S. 5, abrufbar unter http://www.bundestag.de/blob/343478/077669fa135d89b277 fe3e6276cba30 f/stellung nahme_steinbrecher-data.pdf.
E. Fazit
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Während der Markt bei Online-Musikstreaming-Diensten also alles andere als gefestigt ist,¹⁴² ist die Frage nach einem gerechten Ausgleich zwischen den beteiligten Interessen – angemessene Beteiligung der Werkschöpfer, überlebensfähige Musikverbreitungsmodelle im 21. Jahrhundert bei gleichzeitiger Verbraucherakzeptanz – nicht geklärt, sondern immer drängender. Eine Vereinfachung der Lizenzierungsstrukturen ist die naheliegende Lösung.¹⁴³ Demgemäß liegt das Hauptaugenmerk der Bearbeitung auf dem Verhältnis zwischen Wahrnehmendem und Rechtenutzendem.
E. Fazit Die ökonomische Bedeutung des Online-Musikmarktes ist hoch. StreamingDienste sind seine Wachstumstreiber. Online-Musikgeschäftsmodelle sind zahlreich und von großer Vielfalt, sie bedienen eine hohe Nachfrage, die legal nur befriedigt werden kann, wenn funktionale Lizenzierungsstrukturen bestehen, die sowohl national als auch grenzüberschreitend wirken.
So hat die britische Künstlerin Adele ihre Musik vorerst gänzlich dem Streaming-Onlinemarkt vorenthalten und machte ihre Musik lediglich über CD- und Download-Verkäufe zugänglich, Sokolow, Artikel vom 12.12. 2015, heise.de. EU-Kommission, Commission Staff Working Document – Impact Assessment reforming cross-border collective Management of Copyright and related Rights for legitimate Online Music Services vom 11.10. 2005, SEC(2005) 1254, S. 11 (im Folgenden SEC(2005) 1254): Erfolge die Lizenzierung von Rechten weiterhin ausschließlich auf nationaler Basis, würden die Transaktionskosten für die Verwertung von Musik im Online-Bereich steigen und letztlich die durch eine kollektive Wahrnehmung von Rechten eingesparten Kosten vollständig konsumieren.
2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich Das folgende Kapitel widmet sich den erforderlichen Rechten für Online-Musikdienste und deren Erwerb, um Schwächen zu offenbaren, die nur bei ihrer Erkennung auch angemessen zu adressieren sind.
A. Für Online-Musikdienste erforderliche Rechte Bevor näher auf die erforderlichen Rechte für Online-Musikdienste eingegangen wird, ist eine Klarstellung der Begriffe Verwertungsrecht, Nutzungsrecht und Nutzungsart erforderlich (I.). Zugunsten von sprachlicher Eindeutigkeit wird außerdem das Verhältnis von Übertragung und Einräumung von Rechten geklärt (II.). Um die Lizenzierungspraxis der erforderlichen Rechte für Online-Musikdienste erläutern zu können, muss zunächst das Rechtegeflecht im Entstehensprozess eines Musikwerks zurückverfolgt werden (III.). Aus dieser Analyse folgt das Problem der split copyrights (IV.), die wiederum maßgeblichen Einfluss darauf haben, was überhaupt unter „Repertoire“ zu verstehen ist (V.). Schlussendlich werden die „Online-Rechte“ dargestellt (VI.).
I. Verwertungsrecht, Nutzungsrecht, Nutzungsart Während das Verwertungsrecht das natürliche und absolute, positive wie negative Bestimmungsrecht des Urhebers über das Schicksal seines Werkes¹ und Bestandteil des subjektiven Urheberrechts ist,² können Dritte nur Inhaber von eingeräumten Nutzungsrechten an dem Werk sein.³ Der Urheber verwertet seine Rechte, während Dritte sein Werk nutzen. Ein Online-Musikdienst benötigt beispielsweise ein Nutzungsrecht für die Verwendung eines Musikwerkes im Rahmen seines Geschäftsmodells „Streaming“. Dabei konkretisiert die Nutzungsart „öffentliches Bereithalten und Übermitteln von Musikwerken im Wege des flüchtigen Streaming zum rein stationären Desktopempfang oder über Mobilgeräte“ den Kotthoff, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, UrhR, § 31, Rdnr. 99; Schack, UrhR, § 1, Rdnr. 4. Schack, UrhR, § 11, Rdnr. 341; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 15, Rdnr. 5. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 31, Rdnr. 3. Wie die Entstehung eines Nutzungsrechts dogmatisch zu begründen ist, behandelt Zurth, Rechtsgeschäftliche und gesetzliche Nutzungsrechte im Urheberrecht, S. 16 ff.
https://doi.org/10.1515/9783110539134-058
A. Für Online-Musikdienste erforderliche Rechte
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inhaltlichen Umfang des eingeräumten Nutzungsrechts innerhalb eines Verwertungsrechts, hier § 19a UrhG.⁴ Die Nutzungsart unterscheidet sich von den betroffenen Verwertungsrechten grundlegend: Während Verwertungsrecht die gesetzlich normierte konkrete Ausschlussbefugnis des Urhebers bezeichnet, ist die Nutzungsart die konkrete technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes, also eine bestimmte Art und Weise der wirtschaftlichen Nutzung des Urheberrechts.⁵ Die konkrete Ausgestaltung der Werknutzung kann mehrere Verwertungsrechte berühren. Dann sind auch mehrere Nutzungsrechte – ihrerseits wiederum begrenzt durch die Festlegung der gewünschten Nutzungsarten, beispielsweise „Vervielfältigung des Werkes auf den Arbeitsspeichern und Servern des Musikdienstes zum anschließenden Bereithalten und Zugänglichmachen über das Internet für dessen Kunden“, § 16 UrhG – einzuholen.⁶ Eine Lizenzierung kann also aus unterschiedlichen Händen erfolgen. Nutzungsrecht und Nutzungsart sind in der Art konnex, dass die Nutzungsart das betroffene Nutzungsrecht kategorisiert, jeder Nutzungsart also mindestens ein Nutzungsrecht zugewiesen ist.⁷ Jedenfalls beschreibt der Terminus „Online-Nutzung“ nur einen Oberbegriff für alle möglichen auch zukünftigen Nutzungsvarianten im Internet, ist jedoch keine eigenständige Nutzungsart.⁸ Diese ist vielmehr im Einzelfall konkret zu bestimmen und einzuordnen.
II. Lizenzierung: Übertragung oder Einräumung der Nutzungsrechte? Nutzungsrechte werden für eine bestimmte Nutzungsart wahrgenommen und lizenziert.⁹ Dies kann auf zwei Arten geschehen, entweder durch Übertragung oder durch Einräumung. In Wahrnehmungsverträgen¹⁰ findet sich häufig die Formulierung: „Der Urheber überträgt durch Abschluss des Wahrnehmungsvertrages
Schack, UrhR, § 16, Rdnr. 599. J. B. Nordemann, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 60, Rdnr. 9. Str., dafür Erwägungsgründe 19, 37, 46 der Richtlinie 2014/26/EU; Schack, UrhR, § 16, Rdnr. 599, Fn. 35; Jani, ZUM 2009, 722, 723, 725; Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 19a UrhG, Rdnr. 12; a.A. OLG München, MMR 2010, 704, 705 – Videodateien; Ullrich, ZUM 2010, 311, 314, 317. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 31, Rdnr. 5. Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 31a, Rdnr. 38. Zum Begriff der Lizenz siehe McGuire, Die Lizenz, 2012, S. 31 ff.; Schulze, in: Dreier/Schulze (Hrsg.), UrhG, 5. Aufl. 2015, § 31, Rdnr. 4; Obergfell/Hauck (Hrsg.), Lizenzvertragsrecht, S. 32 ff., 82, 86 ff., 133 f. Bei der GEMA lautet der Terminus für Verträge zwischen Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften „Berechtigungsvertrag“.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
seine Urheberrechte an die Verwertungsgesellschaft.“¹¹ Sie ist zwar ungenau, beschreibt aber das wirtschaftliche Ziel der Rechteeinräumung. Denn eine Übertragung im Sinne des § 34 UrhG erfolgt durch ein Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (§§ 413, 398 ff. BGB analog) und meint die Weitergabe eines bereits bestehenden Nutzungsrechts an einen anderen. Auf sie ist das Abstraktionsprinzip uneingeschränkt anwendbar.¹² Hingegen bewirkt die Einräumung eines Nutzungsrechts erst seine konstitutive Entstehung in einfacher oder ausschließlicher Ausprägung in der Person des Nutzungsberechtigten, § 31 UrhG. Aufgrund seiner inneren Abhängigkeit vom Urheberrecht – vgl. § 9 VerlG und § 40 Abs. 3 UrhG – ist die Geltung des Abstraktionsprinzips hier zu verneinen.¹³ Eine exakte Einordnung von Übertragung oder Einräumung ist daher zwingend.¹⁴ Sofern also der Rechtsinhaber seine Verwertungsrechte treuhänderisch von einer Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lassen möchte und nicht bereits vorher einen Verlagsvertrag abgeschlossen hat, so räumt er der Verwertungsgesellschaft die vertraglich konkretisierten Nutzungsrechte – im Innenverhältnis beschränkt auf die reine Wahrnehmung dieser Rechte – konstitutiv ein, § 31 Abs. 3 UrhG.¹⁵ Ist bereits zuvor ein Vertragsverhältnis mit einem Verlag begründet worden, so räumt dann der Verlag die zuvor vom originären Rechtsinhaber eingeräumten Tochternutzungsrechte des Verlages der Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung ein, §§ 31, 35 UrhG. Dem Online-Musikdienst werden sodann sogenannte Enkelrechte gem. § 31 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 UrhG eingeräumt. Welche Rechte dies sind, wird sogleich erläutert.
Vgl. § 1 GEMA-BerV: „Der Berechtigte überträgt hiermit der GEMA als Treuhänderin alle […] Urheberrechte in folgendem Umfang […].“ Urheberrechte sind jedoch nicht übertragbar; die Formulierung erklärt sich lediglich historisch, wie Staudt einräumt, s. Staudt, in: Kreile/Becker/ Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 10, Rdnr. 29. Loewenheim/J. B. Nordemann, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 28, Rdnr. 1 und 4. Ohly, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 31, Rdnr. 15 – 17; Loewenheim/J. B. Nordemann, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 26, Rdnr. 3. Anders aber Grünberger, Das Interpretenrecht, S. 257, der die Unterscheidung von Einräumung und Übertragung als „logisch nicht haltbar“ einstuft. Die Einräumung sei ein Unterfall der Übertragung, da letztlich auch bei der Einräumung ein bereits beim Urheber bestehender Teil seines Rechts übertragen werde, der sich jedoch in der Person des dann Nutzungsberechtigten verselbstständige. Dennoch bringt der Gesetzgeber durch die getroffene Differenzierung von § 31 UrhG einerseits und § 34 UrhG andererseits die unterschiedlich betroffenen Ebenen klar zum Ausdruck: Eine Einräumung findet statt zwischen Urheber und daraufhin Nutzungsrechtsinhaber, der wiederum sein Nutzungsrecht – im Regelfall mit erforderlicher Zustimmung des Urhebers – an einen Nutzungsrechtsinhaber weiterübertragen kann (§ 34 UrhG). Um diese Ebenen sprachlich zu kennzeichnen, muss auch ein entsprechend differenzierter juristischer Sprachgebrauch erfolgen. Staudt, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 10, Rdnr. 34, S. 274.
A. Für Online-Musikdienste erforderliche Rechte
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III. Rechtegeflecht bei der Entstehung von Musikwerken Um erklären zu können, warum derart zahlreiche Rechte bestehen, die die Rechteklärung verkomplizieren, muss das Rechtegeflecht bei der Entstehung von Werken der Musik nachgezeichnet werden. Musikwerke sind meist das Ergebnis gemeinschaftlichen Schaffens. Neben Komponisten, Textdichtern oder Bearbeitern sind es Instrumentalisten und ausübende Künstler, die den Werken Klangfarbe und Leben verleihen. Die Verkörperung des Werkes ermöglicht der Beitrag des (künstlerischen) Produzenten, der verantwortlich für die technische Realisierung und Klangqualität ist.¹⁶ Daneben wird der Hersteller eines Tonträgers mit einem Schutzrecht aufgrund Übernahme des Investitions- und Vermarktungsrisikos belohnt.¹⁷ Diese Beteiligten beschreibt das Urheberrechtsgesetz als Inhaber verwandter Schutzrechte.¹⁸ An einem Musikwerk können zahlreiche Kreative beteiligt sein. Komponisten arbeiten miteinander, § 8 UrhG, Texter dichten gebenenfalls gemeinsam und schließen sich dann zusammen, um die Werkverbindung, § 9 UrhG, gemeinsam auszuwerten.¹⁹ Oftmals geschieht dies über eine gemeinsame Struktur von Musikunternehmen, also Musikverlag, Tonträgerhersteller, Label und Künstleragentur unter einem Dach.²⁰ Der Musikverlag des Unternehmens schließt beispielsweise exklusive Musikverlagsverträge²¹ mit Komponisten und beauftragt Textdichter mit der Wortgebung. Im Anschluss wird der Produzent vertraglich gebunden, um mit ebenfalls bei dem Musikunternehmen (dem Tonträgerproduzent, exklusiv) unter Vertrag stehenden ausübenden Künstlern²² das verbundene Werk zusammen mit Studiomusikern, Instrumentalisten, Background-Sängern etc. zu vertonen (Produzentenvertrag). Geht es um den Vertrieb und die Vermarktung von bereits aufgenommenen Werken, schließen Produzent und Mu-
Rossbach, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 69, Rdnr. 49. Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 85, Rdnr. 1. Zur historischen Entwicklung von verwandten Schutzrechten als Reaktion auf neue Verwertungsformen und als Gegenstand internationaler Verträge wie dem Rom-Abkommen, TRIPs und WPPT siehe Peukert, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch, Band II, S. 1725 ff. Staudt, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 10, Rdnr. 25. Beispielhaft sei hier nur an die drei Majors Universal, Sony und Warner erinnert, die mit Universal Music Publishing, Sony/ATV Music Publishing und Warner/Chappell Music jeweils eigene Verlage und mit Universal Music, Sony Music Entertainment und Warner Music eigene Labels zur Unternehmensstruktur zählen. Siehe dazu Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor § 31, Rdnr. 221 ff. Solche Verträge sind urheberrechtliche Verwertungsverträge eigener Art, BGH, GRUR 1989, 198, 201 – Künstlerverträge, und werden Tonträgerproduktionsvertrag oder Künstlerexklusivvertrag genannt, Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor § 31, Rdnr. 235 ff.; Houareau, ZUM 2015, 469.
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sikunternehmen meist einen sogenannten Bandübernahmevertrag.²³ Innerhalb dieses Entstehungsprozesses wächst den Beteiligten eine Vielzahl an Rechten zu, die dem jeweiligen Vertragspartner zur Verwertung in unterschiedlichem Umfang eingeräumt oder übertragen werden. Das ausschließliche Verwertungsrecht der Urheber, ihr Werk auf Tonträger zu fixieren, wird im Musikverlagsvertrag dem Musikunternehmen eingeräumt,²⁴ ebenso die sogenannten Nebenrechte wie das Aufführungs-, Vervielfältigungs-, Sende-, Bearbeitungs- und Verbreitungsrecht²⁵, sofern der Urheber nicht bereits einen Wahrnehmungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft abgeschlossen hat.²⁶ Ähnliche Vertragsbeziehungen bestehen bei den Leistungsschutzrechtsinhabern, denen Rechte als Tonträgerhersteller, ausübender Künstler oder auch Veranstalter zuwachsen können. Tonträgerhersteller sind zumeist mit Musikunternehmen identisch oder an sie vertraglich gebunden.²⁷ Sie nehmen die Erstverwertung ihrer Rechte selbst wahr.²⁸ Für Verwertungsgesellschaften bleiben hier meist nur die gesetzlichen Vergütungsansprüche. Ausübende Künstler räumen dem Produzenten, Tonträgerhersteller oder Musikunternehmen ihre Rechte ein, auch hier bleibt nur wenig Raum für kollektive Rechtswahrnehmung.²⁹ Die rechtliche Ausgangslage der Verwertung eines Musikstückes zeigt damit, dass die Lizenzierung auch nur eines Werkes der Musik eine Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Beteiligten erfordert.³⁰
Gilbert/Scheuermann, in: Moser/Scheuermann, Hdb. Musikwirtschaft, S. 1091 ff.; einzelne Musterverträge finden sich auf S. 1119 ff., S. 1140 ff. und S. 1158 ff. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor UrhWG, Rdnr. 1. Ventroni/Poll, MMR 2002, 638, 652. Dies ergibt sich aus der Einräumung auch künftig entstehender Rechte, beispielsweise gemäß § 1 GEMA-BerV. In der Regel haben Urheber zuvor einen Wahrnehmungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft geschlossen, sodass eine spätere Einräumung der Rechte an den Verlag rechtlich unmöglich ist. Zu den Auswirkungen zuletzt KG Berlin, ZUM 2017, 160 und BGH, GRUR 2016, 596 – Verlegeranteil. Dagegen Ventroni, ZUM 2017, 187, 193 mit Verweis auf Riesenhuber, ZUM 2012, 746, 749 f. Vgl. Fn. 20: Universal Music Group, Sony und Warner Music Group. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 54 ff. In der Praxis räumen ausübende Künstler regelmäßig alle ihnen zustehenden Ausschließlichkeitsrechte dem Tonträgerhersteller/Produzenten ein, sodass für ihre kollektive Verwertung kein Raum ist, S. Langus/Neven/Poukens, Economic Analysis, S. 39. EU-Kommission, SEC(2005) 1254, S. 8.
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IV. Schwierigkeit der Rechtebestimmung und -verwaltung bei split copyrights Aus dieser Darstellung folgt, dass die Rechte an einem Musikwerk unterschiedlichen und jeweils mehreren Inhabern zugewiesen sein können. Damit ist das Problem der sog. split copyrights angesprochen. Es geht um das Phänomen der mehrfachen Rechtszuständigkeit.³¹ Es existiert vermehrt bei Urheberrechten, seltener bei Leistungsschutzrechten. Diese werden meist bei einem Musikunternehmen, Produzenten oder Tonträgerhersteller gebündelt, der sie aus einer Hand vergibt (oben unter III.). Auch wenn eine einzige Person ein Musikwerk komponiert (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG), den Liedtext verfasst (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 UrhG), es als ausübender Künstler aufführt und selbst Tonträgerhersteller ist, also zahlreiche Rechte in sich vereint,³² kann sie sich für die Verwertung von unterschiedlichen Organisationen vertreten lassen,³³ und/oder kann einzelne Rechte oder -kategorien individuell wahrnehmen wollen. Online-Musikdienste können die für sich erforderlichen Lizenzen daher oft nicht aus einer Hand erwerben. Auch dabei kann man von „gespaltenen Rechten“ sprechen.³⁴ Nach herkömmlichem Verständnis bezeichnet der Begriff aber nur ein Mehrpersonenverhältnis im Bereich der Urheberrechte.³⁵ Wenn ein Liedtext oder eine Komposition nicht immer nur einen einzigen Schöpfer haben, sind alle an der Kreation Beteiligten Miturheber im Sinne von § 8 UrhG, sofern ihr jeweiliger Beitrag zum gemeinschaftlichen Werk eine persönliche geistige Schöpfung ist. Dann entsteht auch nur ein Urheberrecht an dem Werk.³⁶ Entscheidend für die Miturheberschaft ist das gemeinschaftliche Zusammenwirken, bei dem jeder Beteiligte seinen Beitrag einer einzigen Schöpfungsidee unterordnet.³⁷ Die gesetzlich angeordnete Rechtsfolge der urheberrechtlich modifi-
Definition bei Kohn, On Music Licensing, Chapter 6, S. 329: „A split copyright is a copyright owned by two or more people (i.e., one in which two or more persons own an undivided interest)“. Zwar können für ein und dieselbe einheitliche Tätigkeit nicht gleichzeitig Urheber- wie Leistungsschutzrechte begründet werden. Doch können sie sich in ein und derselben Person vereinigen, wenn sie jeweils sachlich unterschiedliche, voneinander getrennte Leistungen betreffen, Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, UrhR, § 2, Rdnr. 4; BGH, NJW 1984, 2582, 2583 – Filmregisseur. Dies gilt dann aber meist für alle Werke des Schöpfers. Rechte an ausgewählten Werkstücken werden nicht einzeln wahrgenommen, vgl. § 1 GEMA-BerV. So Steinbrecher/Scheufele, ZUM 2016, 91, 92 hinsichtlich der Aufspaltung von Nutzungsrechten für einen einheitlichen Nutzungsvorgang. Maier-Hauff, ZUM 2013, 182, 184; v. Albrecht, ZUM 2011, 706, 708; Alich, GRUR Int 2008, 996, 1005; Poll, ZUM 2008, 500, 506. Schack, UrhR, § 10, Rdnr. 319. Schack, UrhR, § 10, Rdnr. 313.
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zierten Gesamthandsgemeinschaft³⁸ tritt aber nur ein, wenn sich die einzelnen Schöpfungsbeiträge nicht getrennt verwerten lassen, auch wenn die Leistungen möglicherweise vom Adressatenkreis als Einheit empfunden werden.³⁹ Haben mehrere Komponisten eine Melodie gemeinsam geschaffen oder mehrere Textdichter einen Liedtext gestaltet, so sind sie jeweils Miturheber. Arbeiten sowohl Komponisten als auch Texter an der Schöpfung eines Musikwerkes derart, dass sich jeder der Gesamtidee unterordnet und so ein einheitliches, nicht gesondert verwertbares Werk entsteht, können Komponisten und Textdichter auch Miturheber des Musikwerks sein.⁴⁰ Eine Verwertung des Textes oder der Melodie ist dabei jeweils nur mit vorheriger Einwilligung aller Miturheber möglich, § 8 Abs. 2 UrhG. Wurde die Komposition mit dem Liedtext zusammengefügt oder ein Text vertont und sind beide Beiträge auch getrennt verwertbar, so entsteht demgegenüber eine Werkverbindung gemäß § 9 UrhG, die gleichzeitig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §§ 705 ff. BGB begründet.⁴¹ Doch bleibt jeder Beteiligte für seinen Beitrag Urheber im Sinne von § 7 UrhG.⁴² Bei einer solchen schuldrechtlichen Werkverbindung gemäß § 9 UrhG⁴³ hat jeder Urheber gegen den anderen einen Anspruch auf Erteilung der Einwilligung zur gemeinsamen Verwertung des verbundenen Werkes. Darunter fällt auch die Anmeldung des Werkes bei einer gemeinsamen Verwertungsgesellschaft.⁴⁴ § 9 UrhG bewirkt eine Rechtebündelung, da die Urheber gemeinschaftlich und einheitlich über das Schicksal des Werkes im Rahmen der Verwertung entscheiden müssen. Seine positive Wirkung zur Eindämmung von Rechtefragmentierung ist aber nur begrenzt, wenn sich die Urheber entscheiden, einzelne Nutzungsrechte an ihrem jeweiligen Beitrag unterschiedlichen Wahrnehmenden einzuräumen. Außerdem ist die Werkverbindung anders als die gesetzlich entstehende Miturheberschaft rein schuldrechtlicher Natur. Die Werkverbindung wird gerade nicht durch rein tatsächliches Zusammenfügen der Werke bewirkt, sondern allein durch vertragliche Verein-
Vgl. Schack, UrhR, § 10, Rdnr. 319; zur Reichweite der gesetzlichen Anordnung Spindler, in: Ohly u. a., Festschrift Schricker, S. 539, 540 ff. Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, UrhR, § 2, Rdnr. 10; Schack, UrhR, § 10, Rdnr. 313; Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 8, Rdnr. 1. Hilpert-Kruck, in: Paschke/Berlit/Meyer, MedienR, 60. Abschnitt, Rdnr. 11. BT-Drs. IV/270, S. 42; BGH, GRUR 1982, 41, 42 – Musikverleger III; Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 9, Rdnr. 9. Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 9, Rdnr. 16. Hierzu Spindler, in: Ohly u. a., Festschrift Schricker, S. 539, 553. OLG Hamburg, ZUM 1994, 738, 739; Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 9, Rdnr. 14.
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barung.⁴⁵ Dafür besteht kein Kontrahierungszwang. Existieren mehrere Urheber an einem Werk, können diese die Rechte an ihren jeweiligen Werkbeiträgen jeweils unterschiedlich wahrnehmen, bzw. wahrnehmen lassen, auch wenn eine schuldrechtliche Abrede über die Werkverbindung erfolgt ist.⁴⁶ Sofern mehrere Urheber existieren, die bei unterschiedlichen Verlagen unter Vertrag stehen, können sehr schnell sehr viele Rechtsinhaber in den Lizenzierungsprozess involviert sein. Urheber räumen nicht selten einen bestimmten prozentualen Anteil (share) an einem Verwertungsrecht ihrem Musikverlag als Gegenleistung für die Verlagsleistung ein (oben unter III.). Für den Online-Musikdienst als gewerblichen Verwerter besteht damit Rechtsunsicherheit, da er zunächst von den verschiedenen Rechtsinhabern Kenntnis haben und sodann die jeweils erforderlichen Rechte von der rechtszuständigen Stelle einholen muss. Als Beispiel für split copyrights im Rahmen von Urheberrechten wird häufig das Musikwerk „Like a Prayer“ herangezogen, das zwei Urhebern – Madonna Ciccone und Patrick Leonard als Komponisten und Textdichtern – und 12 Verlagen und Subverlagen zugehörig ist.⁴⁷
V. Repertoire Damit ist folgendes verdeutlicht: Um „Like a Prayer“ auf einem Online-Musikdienst anhören zu können, sind theoretisch die entsprechenden Urheberrechte bei 14 verschiedenen Anlaufstellen einzuholen, die Leistungsschutzrechte außen vor gelassen. Die Urheber können ihre Rechte oder den daran zurückbehaltenen Anteil aber einer oder auch verschiedenen Organisationen zur Wahrnehmung eingeräumt haben, an die sich dann zu wenden ist. Haben Madonna und Patrick Leonard weitere shares ihrer Rechte an ihre jeweiligen Musikverleger eingeräumt, können letztere, hier unter anderem Warner und Sony, diese Rechte entweder selbst wahrnehmen oder ihrerseits zur Wahrnehmung in Verwertungsgesellschaften einbringen. Da aber Musikverlage und Verwertungsgesellschaften nicht nur Verträge mit Madonna und Patrick Leonard geschlossen haben, sondern mit zahlreichen Urhebern verbunden sind, ist eine Bezeichnung für die Gesamtheit aller vereinten Rechte sowohl bei Musikverlagen als auch bei Wahrnehmungsorganisationen erforderlich: hierfür steht die Bezeichnung „Musikverlagsrepertoire“ einerseits Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 9, Rdnr. 7. Alich, GRUR Int 2008, 996, 1005. Vgl. GEMA-Repertoire-Suche auf www.gema.de; Maier-Hauff, ZUM 2013, 182, 184; v. Albrecht, ZUM 2011, 706, 708.
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und „Verwertungsgesellschaftenrepertoire“ andererseits. Beide Repertoires sind zwar auseinanderzuhalten, doch gilt für sie in rechtlicher Hinsicht dasselbe: Das Repertoire definiert die Rechtszuständigkeit für die Lizenzierung. Nun verdichtet sich das Telos der oben genannten Gesetzgebungsinitiativen für eine kollektive Rechtswahrnehmung: sie zielen auf eine Mehrgebietslizenzierung von unterschiedlichen Verwertungsgesellschaftenrepertoires aus einer oder zumindest wenigen Händen.
1. Definition Bereits im Entwurf für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt vom 11. Juli 2012⁴⁸ wurde ein Versuch einer Definition unternommen: „Repertoire“ sollte gemäß Art. 3 lit. j) des Richtlinienentwurfs umfassen die Werke oder sonstigen Schutzgegenstände, die einer Verwertungsgesellschaft zwecks Wahrnehmung der Rechte daran übertragen worden sind.
Art. 3 lit. l) der endgültigen Richtlinie 2014/26/EU nimmt lediglich eine sprachliche Glättung vor, wenn Repertoire all die Werke erfassen soll, in Bezug auf welche eine „Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung“ (Verwertungsgesellschaft oder Verwertungseinrichtung) die Rechte verwaltet. Diese etwas sperrige Formulierung ist insofern von besonderer Relevanz, als die Rechtswahrnehmung im Online-Bereich stark von den Entscheidungen der Rechtsinhaber abhängt.Wie bereits dargelegt, können verschiedene Rechtsinhaber Rechte an einem Werk innehaben.⁴⁹ Repertoire ist damit nicht – wie fälschlicherweise angenommen werden könnte – gleichzusetzen mit den geschaffenen Werken, sondern bezieht sich auf die wahrgenommenen Rechte an einem Werk.
2. Mögliche Kategorisierungen Repertoire lässt sich örtlich und inhaltlich kategorisieren: lokal, regional, national, global, nach Verwertungsrechten (Wiedergabe- und/oder Vervielfältigungsrechte), in gewisser Weise auch: attraktiv oder Nischenrepertoire. Die häufig vorgenommene Einordnung in kontinental-europäisches und anglo-amerikani EU-Kommission, COM(2012) 372 final. Siehe hierzu oben, S. 37 ff.
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sches Repertoire folgt einer geographischen Einteilung, die nichtsdestotrotz auch mit einer Werthaltigkeitsbewertung einhergeht.
a. Anglo-amerikanisches Repertoire Studien zufolge nimmt das anglo-amerikanische Repertoire eine dominante Stellung auf dem europäischen wie weltweiten Musikmarkt ein.⁵⁰ Wird von einem lukrativen (Verlags‐)Repertoire gesprochen, so handelt es sich meistens um die marktstarken Vervielfältigungsrechte der aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum erwachsenen Verlage wie Universal. Im Gegensatz zum kontinentaleuropäischen Repertoire kann beim anglo-amerikanischen Repertoire von einer sehr hohen Marktdurchdringung ausgegangen werden,⁵¹ die wiederum seine wirtschaftliche Werthaltigkeit beeinflusst. Aber auch der Terminus anglo-amerikanisches Verwertungsgesellschaftenrepertoire wurde nicht immer einheitlich gebraucht. Ursprünglich wurde damit gekennzeichnet, welche Nationalität der Urheber und seine Verwertungsgesellschaft innehatten, da damals die Staatsangehörigkeit über die Zugehörigkeit zu einer Verwertungsgesellschaft entschied. Da nunmehr jeder Rechtsinhaber seine Wahrnehmungsgesellschaft frei wählen kann, ist die Bezeichnung anglo-amerikanisches Repertoire ein Hinweis auf die beteiligten Verwertungsgesellschaften des anglo-amerikanischen Territoriums: sofern auch nur einer der Urheber eines Musikwerkes (split copyrights!, siehe unter IV.) entweder der amerikanischen ASCAP, BMI, AMRA oder SESAC, der kanadischen SOCAN, der britischen PRS, der irischen IMRO, der australischen APRA, der südafrikanischen SAMRO oder überhaupt keiner Verwertungsgesellschaft vertraglich angebunden ist, so ist die Rede von anglo-amerikanischem Repertoire. Da aber jede Wahrnehmungsinstitution ihr Repertoire selbst festlegt, müssen nicht immer alle genannten Verwertungsgesellschaften beteiligt sein. Der Rechtswahrnehmung im Online-Bereich des Repertoires des großen Rechtsinhabers Warner beispielsweise liegt eine andere Definition von Repertoire zugrunde als der des konkurrierenden Rechtsinhabers Universal.⁵² Es werden nur solche Werke wahrgenommen, die zu 100 % Warner zuzuordnen sind. Werke, die split copyrights aufweisen, fallen nicht darunter.⁵³ Warner definiert anglo-amerikanisches Repertoire derart, dass dem li-
Mazziotti, EUI Working Papers, S. 16 f. m.w.N. Zu den historischen Gründen Gyertyánfy, IIC 2010, 59, 75. Mazziotti, EUI Working Papers, S. 35. Vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 10.10. 2016. Seit zehn Jahren hat sich der Repertoire-Anteil an split copyrights von Verlagen nicht wesentlich verändert: Zahlen aus dem Jahr 2008 zufolge wird ein Anteil von 20 – 30 % an split-co-
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zenzierten Repertoire nur Werke von Urhebern angehören, die von Warner verlegt wurden und die gleichzeitig der britischen PRS oder einer der amerikanischen Verwertungsgesellschaften ASCAP, BMI oder SESAC⁵⁴ angeschlossen sind.⁵⁵ Damit fällt „Like a Prayer“ nicht unter der Repertoire-Definition der Wahrnehmung der Rechte von Warner, kann aber durchaus in die Verwertungsgesellschaftenrepertoire-Definition der GEMA fallen, wie die GEMA-Datenbanksuche bestätigt.⁵⁶ Nicht alle Verwertungsgesellschaften sind in der Lage, auch solche Werke wahrzunehmen, wenn nur einer von mehreren Urhebern oder zumindest nicht alle am Werk beteiligten Urheber einer anglo-amerikanischen Verwertungsgesellschaft zugehörig sind.⁵⁷ Mit split copyrights wird also auf verschiedene Weise umgegangen. Auch dies ist Grund für die Komplexität der Lizenzierungspraxis von Online-Rechten an Musikwerken.
b. Kontinental-europäisches Repertoire Im Unterschied zum sog. anglo-amerikanischen Repertoire wird als kontinentaleuropäisches Repertoire jedes andere Repertoire bezeichnet, das Rechte von Urhebern enthält, die keiner der genannten Verwertungsgesellschaften zuzuordnen sind. Als Synonym ist auch der Begriff BIEM-Repertoire in Gebrauch.⁵⁸ Im Bureau International des Sociétés Gérant les Droits d’Enregistrement et de Reproduction Mécanique (BIEM)⁵⁹ sind nämlich nahezu alle anderen Verwertungsgesellschaften vertreten, die eine andere Kategorie von Rechten, Vervielfältigungsrechte, wahrnehmen.
pyright-Repertoire geschätzt, vgl. Alich, GRUR Int 2008, 996, 1005. Die EU-Kommission nennt jüngst bis zu 25 %, vgl. EU-Kommission, C(2016) 5113 final, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 71 – Sony. SESAC ist eine gewinnorientierte amerikanische Verwertungsgesellschaft für Rechte der öffentlichen Wiedergabe mit im Verhältnis zu ASCAP und BMI vergleichsweise kleinem Repertoire von 30.000 Textdichtern, Komponisten und Verlagen mit 400.000 Werken, vgl. https://www.se sac.com/About/About.aspx. Durch den Ankauf der Verlagsrechteagentur Harry Fox Agency ist sie in der Lage, auch die Vervielfältigungsrechte zu vergeben. Vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 10.10. 2016. Es zeichnet sich ab, dass Warner diese Definition ändert, und damit auch nur einzelne Rechte, nicht mehr nur ganze Werke über P.E.D.L. lizenzieren lässt, vgl. die jüngste Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31.3. 2017, S. 15. GEMA-Repertoire-Suche auf www.gema.de. https://www.prsformusic.com/what-we-do/who-we-work-with/impel. EU-Kommission, Sache COMP/M.4404, S. 11, Rdnr. 37, Fn. 17 – Universal/BMG. www.biem.org, siehe Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, Vor §§ 1 ff. UrhWG, Rdnr. 21, 22; Euhus, Gegenseitigkeitsverträge, S. 27 f.; dargestellt bei Altemark, Wahrnehmung von OnlineMusikrechten, S. 138 ff.
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3. Fazit Ist von Repertoire die Rede, so ist stets genau zu überprüfen, welche Rechte tatsächlich vom Wahrnehmungsumfang einer Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung individuell erfasst werden sollen. Dies kann sie selbst festlegen, was eine zusätzliche Erschwernis bei der Informationsgewinnung über die zuständige Stelle darstellen kann.
VI. Für die einzelnen Nutzungshandlungen relevante Rechte Nachdem Repertoire als die Gesamtheit der wahrgenommenen Rechte definiert wurde, ist nun zu klären, welche Rechte dies tatsächlich sind, die ein Online-Musikdienst berührt. Hierbei kann es sich um verschiedene Rechte handeln, die den Rechtsinhabern qua völkerrechtlicher Urheberrechtsverträge wie der RBÜ⁶⁰, des Rom-Abkommens⁶¹, TRIPs⁶², WCT⁶³ und WPPT⁶⁴ oder der EU-Richtlinie 2001/29/EG⁶⁵ gewährt werden. Um ihre Lizenzierung muss sich der Online-Musikdienst im Vorhinein bemühen, damit er Musik online legal anbieten kann. Dafür ist zu bestimmen, welche Nutzungsrechte der Musikdienst benötigt, um sodann die Rechte zu ermitteln, die wegen des Territorialitätsprinzips jeweils für mehrere Länder einzuholen sein können.⁶⁶ Die verwendete Technik spielt bei der Ermittlung eine nicht unerhebliche Rolle. Zu unterscheiden ist zwischen Urheberrechten und Leistungsschutzrechten. Dabei wird allein auf solche „Online-Rechte“ eingegangen, die durch einen Online-Musikdienst berührt werden können. Der Terminus On Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9.9.1886 in der Pariser Fassung vom 24.7.1971, näher hierzu Lauber-Rönsberg, in: Ahlberg/Götting, UrhR, § 121, Rdnr. 17 ff. Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26.10.1961, BGBl. 1965 II, S. 1245, siehe v. Lewinski, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 57, Rdnr. 44 ff. Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15.4.1994, BGBl. 1994 II, S. 1730, siehe v. Lewinski, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 57, Rdnr. 66 ff. WIPO Copyright Treaty (WCT) vom 20.12.1996, siehe Lauber-Rönsberg, in: Ahlberg/Götting, UrhR, § 121, Rdnr. 29. WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WIPO Performances and Phonograms Treaty/WPPT) vom 20.12.1996, ABl. 2000 L 89, S. 15, siehe v. Lewinski, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 57, Rdnr. 89 ff. Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 22. 5. 2001, ABl. L 167/10 ff. Peifer, ZUM 2006, 1, 3 f.
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line-Recht ist hierbei zunächst untechnisch zu verstehen. Er dient lediglich der Eingrenzung der übergeordneten relevanten Nutzungsart.
1. Urheberrechte Der Chronologie der technischen Abfolge angelehnt wird zunächst mit den Urheberrechten, insbesondere dem Vervielfältigungsrecht begonnen, da dieses durch die Bereitstellung von Musik online in der Regel zeitlich zuerst betroffen ist.
a. Vervielfältigungsrecht aa. Upstreaming durch Verwerter Zur Verwertung von Musikwerken im Internet wird der Musikdienst Kopien der von ihm dargebotenen Werke auf Servern vorrätig halten und eine Musikdatenbank anlegen müssen,⁶⁷ bei deren Erstellung er Vervielfältigungsstücke der Werke gemäß Art. 9 RBÜ, Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG herstellt. Dieser Vorgang dient dem sog. Upstreaming.⁶⁸ Er stellt unstreitig einen Eingriff in das ausschließliche Vervielfältigungsrecht dar.⁶⁹ In der Praxis bieten Musikdistributoren wie Zebralution oder Finetunes⁷⁰ eine „Belieferung“ der Online-Musikdienste an (oben, S. 30), ohne selbst Lizenznehmer zu sein. Der Musikdienst als Content-Provider ist allein Initiator der urheberrechtlich relevanten Handlung und muss hierfür die erforderlichen Lizenzen vorab geklärt und erworben haben. Oftmals wird der Musikverwerter dem Upstreaming vorgelagert auch Werkkopien in den Arbeitsspeichern der diensteigenen Computersysteme anfertigen müssen.⁷¹ Genau genommen werden also jeweils zwei Vervielfältigungshandlungen vorgenommen. Da das Urheberrecht dem Territorialitätsprinzip unterliegt, stellt sich die Frage, welche Handlung Anknüpfungspunkt des Urheberrechts ist und welche Rechte welchen Staatsgebietes berührt werden. Hierfür ist zunächst das anwendbare Recht zu erörtern.
Der Online-Musikdienst 7digital hat bspw. nach eigenen Angaben 30 Mio. Songs auf Servern gespeichert, die insgesamt 5 Petabytes (5.000 Terabytes) einnehmen, vgl. ERA Manifesto 2015, S. 8, abrufbar unter www.eraltd.org/about/era-manifesto/. Vgl. Depreeuw/Hubin, Studie über das Recht der Zugänglichmachung, S. 70. BGH, ZUM 2015, 391, 394, Tz. 35 – CT-Paradies; OLG München, MMR 2010, 704, 705 – Videodateien; Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 16, Rdnr. 21; Dreier, in: Schulze/Dreier, UrhG, 5. Aufl., 2015, § 19a, Rdnr. 1. Siehe oben, S. 30 ff. Schaefer, ZUM 2010, 150, 152; v. Gerlach, Nicht-lineares Audio-Video-Streaming, S. 97.
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(1) Bestimmung des anwendbaren Rechts Für die Bestimmung des anwendbaren Rechts ist nach herrschender Meinung gemäß dem Schutzlandprinzip⁷² der Ort der Vervielfältigungshandlung zu ermitteln. Das Urheberrechtsregime des Staates, in dem die jeweilige Nutzungshandlung stattfindet, findet Anwendung. Nur für dieses Territorium wäre das Vervielfältigungsrecht zu lizenzieren. Beim Upstreaming sind einzelne Teilakte zu unterscheiden. Der Musikdienst wird bereits vor dem Aufspielen auf die Server eine Vervielfältigung der verwendeten Musikwerke auf dem Speicher seines Arbeitsgeräts vornehmen.⁷³ Diese Kopie schickt der Dienstebetreiber sodann auf den Server, auf dem sie zum Abruf bereitgehalten wird. Der Ort des Computersystems des Musikdiensts⁷⁴ und der Ort der Server⁷⁵ können dabei auseinanderfallen. Da sich die relevante Nutzungshandlung allein auf dem Server realisiere, wird vertreten, für die Bestimmung des anwendbaren Rechts müsse es allein auf den Serverstandort ankommen.⁷⁶ Zugunsten alternativer Anknüpfungspunkte wird aus praktischen Gesichtspunkten vorgebracht, dass notwendigerweise eine Kopie auf den Systemen der Content-Provider erstellt würde, sodass „so oder so“ auch die von dem Staat, in dem die Computersysteme befindlich seien, anerkannten⁷⁷ Nutzungsrechte einzuholen sein würden.⁷⁸ Damit griffen für ein und dieselbe bezweckte Vervielfältigung zwei unterschiedliche Verwertungsrechte möglicherweise unterschiedlicher Staaten.⁷⁹ Auch das OLG München deutet eine kumulative Anwendung beider Anknüpfungspunkte in seinem Urteil „Videodateien“ an, in-
Strittig ist, ob tatsächlich das Urheberrecht insgesamt dem Recht des Schutzlandes unterstellt werden soll, so stellvertretend für die h.M. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 28 ff.; dagegen Schack, UrhR, § 28, Rdnr. 1044; Schack, MMR 2000, 59, 62 ff. Kritisch hierzu Nordemann-Schiffel, in: Fromm/Nordemann, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 61; Klass, GRUR Int 2007, 373. Spindler, Morpheus, Napster & Co, in: Leible, Bedeutung des IPR, S. 155, 164; Schaefer, ZUM 2010, 150, 152; v. Gerlach, Nicht-lineares Audio-Video-Streaming, S. 97. Als relevanten Ort diskutiert, im Ergebnis aber abgelehnt v. Gerlach, Nicht-lineares AudioVideo-Streaming, S. 95 ff. und Herleitung des anwendbaren Rechts ab S. 84 ff. Maßgeblicher Standort „zweifelsfrei“ bei Hoeren, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.8, Rdnr. 16; in diese Richtung wohl auch Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 16, Rdnr. 25. Hoeren, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.8, Rdnr. 16; v. Gerlach, Nicht-lineares Audio-Video-Streaming, S. 97. Schack, MMR 2000, 59, 62. v. Gerlach, Nicht-lineares Audio-Video-Streaming, S. 97. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 33.
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dem es zunächst die Frage nach dem Veranlassungsort stellt und sodann den Serverstandort thematisiert.⁸⁰ Tatsächlich ist diese Frage also unstreitig: Letztlich findet eine Vervielfältigung überall dort statt, wo ein Speichervorgang lokalisiert werden kann. Dies ist der Fall bei den Arbeitsspeichern des Musikdienstes und der Server, auf dem die Musikwerke vorgehalten werden. Damit können mehrere Rechtsordnungen anwendbar sein.⁸¹
(2) Eigenständigkeit des Vervielfältigungsrechts Auf die Zuordnung des Vervielfältigungsrechts zu einer oder mehreren bestimmten Rechtsordnungen käme es aber möglicherweise gar nicht an, wenn das Aufspielen auf die Server einem anderen Verwertungsrecht zugeschlagen würde. Denn durch das Vorhalten der Werke ermöglicht der Musikdienst die Verfügbarmachung an die Öffentlichkeit, der sich bei gegebenem Nutzerinteresse eine Vervielfältigung (bei Streaming flüchtig, bei Download dauerhaft) durch den Nutzer anschließt. Hauptzweck des Online-Dienstes ist also die Zugänglichmachung der Musikwerke. Daraus wird geschlussfolgert, die Handlung des Aufspielens auf Server sei eine dem später nachfolgenden öffentlichen Zugänglichmachen untergeordnete notwendige Vorbereitungshandlung, die ihrerseits nicht von letzterem künstlich abzuspalten wäre.⁸² Diese Diskussion betrifft aber nicht die Frage, ob das Online-Vervielfältigungsrecht überhaupt einschlägig ist, sondern ob eine gespaltene Lizenzierung der Rechte möglich ist, die untrennbar in einer Nutzungsart verschmolzen sind. Lediglich Dustmann zieht eine Konsumtion des Vervielfältigungsrechts durch Upload auf den Server durch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung in Betracht.⁸³ Zwar wäre dies eine internettaugliche Lösung, da sie eine Reduktion der benötigten Rechte zur Folge hätte. Doch widerspricht sie der Systematik des Urheberrechts, das körperlichen und unkörperlichen Nutzungen jeweils unterschiedliche Rechte zuordnet.⁸⁴ Außerdem wäre eine solche Beschränkung der
Im Ergebnis musste das Gericht nicht entscheiden, der gegebene erforderliche hinreichende Inlandsbezug half darüber hinweg, OLG München, GRUR-RR 2011, 1, 2 mit weiteren Nachweisen – Videodateien. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 33; Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 419. Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 22. Dagegen zuletzt BGH, Urteil vom 19.1. 2017, Az. I ZR 242/15, Rdnr. 28 – East Side Gallery. Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 19a, Rdnr. 38 mit zumindest fragwürdiger Verweisung auf Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 460. Altemark, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 67 f.
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Ausschließlichkeitsbefugnisse des Urhebers grundrechtlich kaum zu rechtfertigen. Damit bleibt es bei der grundsätzlichen Betroffenheit des Vervielfältigungsrechts durch das Einstellen von Werken auf Servern, gleich, ob nun auf den Server- oder Arbeitsspeicherstandort abzustellen ist. Für den Musikdienst heißt dies, all jene entsprechenden territorialen Vervielfältigungsrechte für seinen Dienst einzuholen. Für mindestens EU-weit agierende Dienste bedeutet das im besten Fall eine unionsweite multiterritoriale Lizenz. Auch aus diesem Grund ist also die Frage nach einem funktionierenden Lizenzierungsmarkt im Bereich der Online-Musik brennend.
bb. Werkgenuss durch Endnutzer (1) Überblick Neben der Werkkopie, die durch das Aufspielen auf den Server entsteht, könnte die Wahrnehmbarmachung von Musikstücken auf Endgeräten des Rezipienten⁸⁵ im Wege des Downloads oder Streamings ebenfalls eine lizenzierungspflichtige Vervielfältigungshandlung darstellen, um deren Nutzungsrechte sich der Musikdienst bemühen müsste.⁸⁶ Eine Kopieerstellung des Werkes ist dabei technisch unumgänglich, allein die zeitliche Dimension und Datenpaketgröße variiert je nach technischer Ausgestaltung des Dienstes.⁸⁷ Das Bereithalten durch den Musikdienst und die nachfolgende Werkübermittlung kann dabei unterschiedliche Formen annehmen: entweder wird das Werk nur für eine flüchtige oder aber dauerhafte Kopie bereitgestellt.⁸⁸
Zum Streit, wer Ersteller der Kopie ist, vgl. OLG Dresden, MMR 2011, 610, 611 und die Ausführungen bei Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 53, Rdnr. 30 ff. Anders bereits Fn. 83, Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 19a, Rdnr. 38. Hoenike/ Hülsdunk, MMR 2004, 59, 61, ordnen die Vervielfältigung durch den Endnutzer noch als unter ein von dem Online-Dienst einzuholendes Nutzungsrecht ein; ebenso Müller, ZUM 2014, 11, 15; ders., in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 11.3., Rdnr. 1, S. 575. Siehe zum technischen Vorgang im Einzelnen Tanenbaum/Wetherall, Computer Networks, S. 713 ff.; Rüberg, Elektronische Übermittlung, S. 208 ff.; Malcher, Personalisierte Webradios, S. 17 ff. Heerma, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 16, Rdnr. 19, 22.
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(2) Streaming als Werkgenuss: Rechtliche Vervielfältigung? Dass das dauerhafte Abspeichern des Werkes im Wege des Downloads zu einer Kopie führt, ist unstrittig.⁸⁹ Im Falle des flüchtigen Streamings verhält es sich jedoch technisch so, dass dem Endnutzer das Werk in unzähligen Kleinteilen, die für sich genommen kaum Schutzfähigkeit genießen können, übermittelt wird, das Vervielfältigungsrecht also – wenn es eng verstanden würde – nicht betroffen wäre.⁹⁰ Vorgeschlagen wird daher als Anknüpfungspunkt für die Einschlägigkeit eines Verwertungsrechts eine funktionale Betrachtung der bezweckten Werkverwertung, nämlich der grundsätzliche Werkgenuss.⁹¹ Auf die technische Umsetzung dürfe es gerade in den Fällen, in denen die Technik zur Entziehung vor dem urheberrechtlichen Schutzregime eingesetzt wird, nicht ankommen.⁹² Vielmehr sei die Schutzfähigkeit der einzelnen Werkteile beim Streaming immer gegeben, da eine Einzelfallbetrachtung ex post zur Untersuchung der Schutzfähigkeit aufgrund von technischen Gegebenheiten schlicht unmöglich wäre.⁹³ In der Tat sprechen diese Argumente für die Anknüpfung an die Übermittlung des Gesamtwerkes an sich. Technische Feinheiten vermögen an der grundsätzlichen Betroffenheit des Vervielfältigungsrechts nichts zu ändern, so sieht es auch der EuGH. ⁹⁴ Damit ist das Vervielfältigungsrecht beim Streaming sowohl durch Handlungen des Verwerters als auch des Endrezipienten⁹⁵ betroffen. Ob und durch wen allerdings die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte einzuholen sind, ist damit noch nicht geklärt.⁹⁶ Daher muss im Folgenden das Verhältnis zwischen der Verantwortlichkeit für diese Nutzungshandlung und möglicherweise eingreifenden Schrankenregelungen untersucht werden. Von der Klärung dieser So auch Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 19a, Rdnr. 38, wenngleich er die vom Nutzer veranlasste Vervielfältigungshandlung regelmäßig gemäß § 53 UrhG für privilegiert hält. Für die Betroffenheit des Vervielfältigungsrechts Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 16, Rdnr. 13. Vgl. zur Streitdarstellung Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtswahrnehmung, S. 38 ff. Die Beurteilung, ob durch Streaming das Vervielfältigungsrecht betroffen ist, ist höchstrichterlich weder auf europäischer noch nationaler Ebene entschieden, vgl. EuGH, EuZW 2014, 388, 390, Rdnr. 41 – UPC Telekabel. Schulze, NJW 2014, 721, 722. Wandtke/v. Gerlach, GRUR 2013, 676, 678. EuGH, GRUR Int. 2011, 1063, 1073, Rdnr. 157 – FAPL/Murphy; dagegen aber Stieper, MMR 2012, 12, 14. Siehe hierzu auch Sucker, Digitaler Werkgenuss im Urheberrecht, S. 75 ff. Für die Lizenzpflichtigkeit des Musikdienstes hinsichtlich der Vervielfältigung beim Werkgenuss Hoenike/Hülsdunk, MMR 2004, 59, 61; ebenso Müller, ZUM 2014, 11, 15; ders., in: Kreile/ Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 11.3., Rdnr. 1, S. 575; ähnlich hinsichtlich der vertraglichen Einräumung des Vervielfältigungsrechts für die Online-Nutzung von Rundfunkanstalten Kähler, ZUM 2016, 417, 419.
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Frage hängt ab, welche territorialen Vervielfältigungsrechte für einen OnlineMusikservice erforderlich sind, wie groß also der Rechte-Blumenstrauß und wie zahlreich seine Lizenzpartner wären.
(3) Konkludente Einwilligung in den Werkgenuss? Auf diese Frage müsste aber gar nicht erst weiter eingegangen werden, wenn die zur Rezeption nötige Vervielfältigungshandlung seitens des Endrezipienten bereits durch eine konkludente Einwilligung des Rechtsinhabers gedeckt wäre. Dass der Rechtsinhaber durch die Zurverfügungstellung des Werks im Internet in den Werkgenuss einwilligt, wird vielfach vertreten.⁹⁷ Zumindest wenn der Rechtsinhaber selbst sein Werk unmittelbar verwertet, ist dies nachvollziehbar. Schwierig wird es, wenn Lizenznehmer als Intermediäre zwischengeschaltet werden, wie dies bei Online-Musikdiensten typischerweise der Fall ist. Dann müsste konstruiert werden können, dass in der Lizenzerteilung an den Online-Musikdienst der nachfolgende Werkgenuss inkludiert ist. Je nach vertraglicher Ausgestaltung erscheint dies zumindest möglich, wie im Folgenden erläutert werden wird. Es bleibt zunächst festzuhalten, dass der sich an das Bereithalten anschließende Werkgenuss eine Kopieerstellung des Musikwerkes erfordert, gleich ob sie flüchtig in kleinsten Bruchteilen oder dauerhaft auf das Abspielgerät des Endrezipienten übertragen wurde. Für diese Nutzung ist eine weitere Lizenzierung des Vervielfältigungsrechts erforderlich, wenn nicht bereits eine konkludente Einwilligung in den Werkgenuss durch den Rechtsinhaber angenommen werden kann oder aber Schrankenregelungen eine Lizenzpflicht ausschließen.
(4) Unterscheidung nach Intensität des Werkgenusses (a) Download: Lizenzierung des sogenannten ersten Downloads In der Praxis ist die Vervielfältigungshandlung im Wege des Downloads durch den Endrezipienten in der Lizenzierung des Online-Musikdienstes inkludiert, typischerweise werden dem Verwerter die hierfür erforderlichen Rechte ebenfalls eingeräumt.⁹⁸ So entsteht die Vergütungspflicht eines Dienstes auch „durch den
BGH, GRUR 2010, 628 – Vorschaubilder I; Ohly, GRUR 2012, 983, 987; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 369, 371 f. So ausdrücklich für die Online-Nutzung von Inhalten der Rundfunkanstalten Kähler, ZUM 2016, 417, 419; Müller, ZUM 2014, 11, 15; ders., in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 11.3., Rdnr. 1, S. 575.
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tatsächlichen Abruf eines Musikwerks des GEMA-Repertoires durch den Endnutzer“.⁹⁹ Gestützt wird dies durch § 10 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 2 des GEMA-Berechtigungsvertrages, der für eine Teilkündigung des Wahrnehmungsvertrages klarstellt, dass von einer solchen ebenfalls „die sich an eine Onlinenutzung unmittelbar anschließende Speicherung des übermittelten Werkes beim Endnutzer (Download)“ umfasst ist. Rechtlich lässt sich dies mit einer antizipierten Rechtseinräumung an den Endrezipienten begründen. Der Online-Musikdienst tritt hier seinerseits als Rechtemittler für den nachfolgenden Rechtskauf eines dauerhaften Nutzungsrechts auf, §§ 433, (453,) 398, 413 BGB oder Lizenzvertrag sui generis, ¹⁰⁰ und preist dies in sein Geschäftsmodell ein. Nur soweit der Musikdienst selbst über die erforderlichen Rechte verfügt, kann er sie im Rahmen seiner Vertragsbeziehung zu seinem Kunden weitergeben.¹⁰¹ Für das anwendbare Recht kommt es insofern auf die Standorte der Speichersysteme der Endrezipienten an, die die bereitgestellten Inhalte abrufen,¹⁰² sodass der Musikservice für die legale Inbetriebnahme seines Dienstes alle territorialen Nutzungsrechte derjenigen Länder erwerben muss, in denen er am Markt agieren will.¹⁰³
(b) Streaming: Geltung von Schrankenregelungen bei flüchtigen Kopien? Im Rahmen von Download-Diensten kommt es damit für den Fall des ersten Downloads nicht auf das Eingreifen von Schrankenregelungen an.¹⁰⁴ Sie werden erst beim Erstellen jeder weiteren Kopie vom ersten Download durch den Endrezipienten relevant. Ihre rechtliche Behandlung ist umstritten,¹⁰⁵ aber für die Bearbeitung der Arbeitshypothese nicht maßgeblich. Für die Nutzungsart Streaming ist das anders zu beurteilen. Der Eingriff in das Schutzrecht im Falle des Streamings durch den Endrezipienten könnte für diesen
Sowohl bei Download als auch Streaming, vgl. die GEMA-Tarife VR-OD 7, 8 und 9; Staudt, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 10, Rdnr. 181. Hoenike/Hülsdunk, MMR 2004, 59, 65; Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, Vor §§ 31 ff., Rdnr 75. Redeker, IT-Recht, 2012, Rdnr. 1161. Hoeren, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.8, Rdnr. 23. So argumentieren zutreffend Hoenike/Hülsdunk, MMR 2004, 59, 61. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 85; so aber vielfach gefolgert, beispielsweise Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtewahrnehmung, S. 37. Vgl. hierzu die Darstellung bei Müller, ZUM 2014, 11, 16.
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nach geltendem deutschen Recht durch § 44a UrhG gestattet sein.¹⁰⁶ Schrankenregelungen sind unionsrechtlich determiniert und daher grundsätzlich eng auszulegen.¹⁰⁷ Gemäß Art. 5 und Erwägungsgrund 33 der Richtlinie 2001/29/EG sind flüchtige und begleitende Kopien, die beim Streaming notwendigerweise entstehen, frei, sofern sie erstens entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder zweitens die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände ermöglichen und die betreffenden Vervielfältigungshandlungen keinen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen. Beteiligte des Streamingvorgangs sind der Musikdienst und sein Kunde. Hier kann schwerlich von einem Vermittler und Dritten ausgegangen werden. Nach dem EuGH ist dem 59. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29/EG zu entnehmen, dass sich der verwendete Begriff „Vermittler“ auf jede Person bezieht, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk oder einen anderen Schutzgegenstand in einem Netz überträgt¹⁰⁸, damit also vornehmlich der Host- oder Access-Provider, nicht aber der Musikdienst als Content-Provider angesprochen ist. Es müsste danach eine rechtmäßige Nutzung des Musikwerks möglich gemacht werden. Das Merkmal der Rechtmäßigkeit kann sich hierbei nicht auf die urheberrechtliche Zulässigkeit beziehen, da ansonsten ein gesetzlich normierter Zirkelschluss vorläge. Die Rechtmäßigkeit bezieht sich vielmehr vorliegend auf die Rechtsbeziehung zwischen Musikdienst und Kunde und sie liegt vor, wenn es einen wirksamen Vertrag gibt, dessen Bestimmungen eingehalten werden. Die flüchtige Vervielfältigung ist oft auch wirtschaftlich wertlos, weil nicht eigenständig verwertbar.¹⁰⁹ Gemäß Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG kommt es darüber hinaus auch auf die durch die Schranke hervorgerufene Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der Urheber an. Da allerdings der Musikdienst, der seinerseits das Streaming der Werke erst ermöglicht, für dieses Geschäftsmodell die Zustimmung der betreffenden Urheberrechtsinhaber einholen muss, sind diese Interessen gewahrt.¹¹⁰
So EuGH, ZUM 2014, 681, 684 Rdnr. 57 ff. – PRCA/NLA zum technischen Vorgang des Streaming und Caching bei dem Betrachten einer Internetwebsite. EuGH, GRUR Int 2014, 605, 608, Rdnr. 23 – ACI Adam; EuGH, GRUR Int 2014, 969, 971, Rdnr. 22 – Deckmyn. EuGH, EuZW 2014, 388, 389, Rdnr. 30 – UPC Telekabel. Müller, ZUM 2014, 11, 17. EuGH, ZUM 2014, 681, 684, Rdnr. 57 f. – PRCA/NLA; Koch, GRUR 2010, 574, 575; Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 16, Rdnr. 13; Schulze, NJW 2014, 721, 723.
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Damit ist grundsätzlich von einem Eingreifen der Schrankenregelung bei dem Werkgenuss durch Streaming im Rahmen der rechtmäßigen Nutzung eines Online-Musikdienstes auszugehen.¹¹¹
cc. Zwischenfazit Ein Online-Musikdienst berührt durch das Erstellen seiner Musikdatenbank und die Ermöglichung des Werkgenusses durch Download und Streaming Vervielfältigungsrechte. Im Rahmen von flüchtigen Vervielfältigungshandlungen beim Streaming ist dieses aber nicht lizenzierungspflichtig, da von Schrankenregelungen gedeckt. In der Praxis spielt diese rechtliche Unterscheidung keine Rolle. Der Musikdienst wird sowohl für seine Datenbank als auch für den Werkgenuss beim Endrezipienten unterschiedslos lizenziert. Er hat die Vervielfältigungsrechte all jener Länder einzuholen, in denen ein Speichervorgang lokalisiert werden kann, also am Belegenheitsort seiner Arbeitsspeicher und Server und wo der Download durch seine Rezipienten intendiert ist, in welchen Ländern sein Dienst also zur Nutzung bestimmt ist.
b. Recht der öffentlichen Wiedergabe Dadurch, dass ein Online-Musikdienst auf seinen Servern Dateien von Musikwerken vorhält, die er über seine Benutzeroberfläche zum dauerhaften Erwerb oder zur rein flüchtigen nicht-linearen oder linearen Rezeption anbietet und übermittelt, greift er in ein eigenständiges Verwertungsrecht des Urhebers ein. Im Internet erfolgt die Verwertung insoweit in unkörperlicher Form. Hierfür ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung als dem Recht der öffentlichen Wiedergabe zugeordnetes Verwertungsrecht geschaffen worden.
aa. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (1) Einführung Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung wurde in Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/29/EG erstmals europarechtlich in Umsetzung der Pflichten aus dem WIPO-Urheberrechtsvertrag kodifiziert.¹¹² Danach steht Urhebern und den in Abs. 2 aufgeführten Schutzberechtigten das ausschließliche Recht zu, ihre Werke Und dennoch in der Praxis mitlizenziert, vgl. II.1.d. der Tarife VR-OD 8 und 9 der GEMA; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 88. Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG entspricht im Wesentlichen Art. 8 WCT und Art. 10, 14 WPPT, siehe Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 2001/29/EG.
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der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl öffentlich zugänglich zu machen. Zwar war ein solches Recht bereits vorher anerkannt,¹¹³ seine Einordnung unter die bestehenden Verwertungsrechte aber umstritten.¹¹⁴ Infolge der Richtlinie hatten alle Mitgliedstaaten das Verwertungsrecht umzusetzen. In Deutschland ist dies geschehen durch Einführung des § 19a UrhG¹¹⁵ durch das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (sog. „1. Korb“).¹¹⁶ Es ist als Unterfall des in § 15 Abs. 2 UrhG normierten ausschließlichen Rechts der öffentlichen Wiedergabe konzipiert¹¹⁷ und betrifft das Recht, ein Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit, vgl. § 15 Abs. 3 UrhG, in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
(2) Geltung des Ursprungslandprinzips? Für grenzüberschreitend tätige Musikdiensteanbieter ist es grundsätzlich erforderlich, auch das Recht zu besitzen, in alle Abrufstaaten übermitteln zu dürfen. Ob es genügt, das Recht des Ortes der Bereitstellung zu berufen, ist zweifelhaft, würde aber vermeiden, dass der Online-Dienst auch Lizenzen der am Abrufort geltenden Staaten einholen muss. Da die Übermittlung des Werkes erst durch die Server des Musikdienstes möglich gemacht wird, wird in der Tat vertreten, es komme nur auf den oder die Serverstandorte des Verwerters an.¹¹⁸ Gegen die Maßgeblichkeit des Serverstandortes spricht allerdings die Befürchtung, hiermit eine Flucht in das Land des geringsten Schutzniveaus zu begünstigen.¹¹⁹ Um das zu vermeiden, müsste auch das Recht am Standort des Speichersystems des abrufenden Endrezipienten herangezogen werden. Alternativ kann das materielle
Wandtke/Schäfer, GRUR Int. 2000, 187, 189 für die Zuordnung von Internetnutzungen zu § 31 Abs. 4 UrhG als unbekannte Nutzungsart. Für die Einordnung unter das Senderecht v. Gamm, ZUM 1994, 591, 595; Becker, ZUM 1995, 231, 248; als dem Verbreitungsrecht unterfallend Thurow, in: Becker/Lerche/Mestmäcker, Festschrift Kreile, S. 763, 770. Als Innominatfall angesehen von BGH, GRUR 2003, 958, 961 – Paperboy; Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 459; Hoeren, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 21, Rdnr. 59. Ausführlich zur Historie der Norm siehe Koof, Senderecht, S. 87 ff. Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10.9. 2003, BGBL. I 2003, 46/1774 ff. Wiebe, in: Spindler/Schuster, Recht der e-Medien, § 19a UrhG, Rdnr. 1. Darstellung bei Hoeren, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.8, Rdnr. 18 ff. So auch EU-Kommission, Explanatory memorandum to the Proposal for a Directive on the Harmonization of Certain Aspects of Copyright and Related Rights in the Information Society v. 10.12.1997, KOM(97), 628 endg., S. 10.
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Recht harmonisiert werden, wie dies innerhalb der EU geschehen ist. Dadurch gibt es keine unterschiedlichen Schutzniveaus, dies ist aber weltweit noch nicht in Sicht. Eine Anknüpfung an den Ort des tatsächlichen Abrufs durch den Endrezipienten führt zu Rechtsunsicherheit für den Verwerter. Es lässt sich nur mit vergleichsweise viel Aufwand und auch erst hinterher feststellen, von welchem Ort die Übermittlung initiiert wurde. Der EuGH wählt daher einen Mittelweg und stellt auf die Ziel- und Zweckrichtung der Verwertung ab, fragt also danach, an welche Gebietskreise sich die Nutzungshandlung richtet (Bestimmungslandprinzip).¹²⁰ Erforderlich ist, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug (commercial effect) aufweisen muss.¹²¹ Dieser Inlandsbezug ist über eine Gesamtabwägung zu ermitteln, bei der einerseits die Auswirkungen der Nutzungshandlung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Schutzrechtsinhabers einzubeziehen sind und andererseits zu berücksichtigen ist, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Nutzende keinen Einfluss hat. Schließlich ist zu berücksichtigen, ob der Nutzende zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert und die Beeinträchtigung des Schutzrechtsinhabers dadurch nicht nur unwesentlich ist.¹²² Eine Eingrenzung der erforderlichen Rechte im Einzelfall lässt sich also dadurch erreichen, dass der Online-Musikdienst sein Angebot erkennbar auf ein oder mehrere spezifische Landesauditorien ausrichtet. Für grenzüberschreitende Dienste hat dies zur Folge, dass mehrere territoriale Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung einzuholen sind. Agiert ein Online-Musikdienst weltweit, würde hier eine EUweite Lizenz nur unvollständig helfen, aber zumindest Erleichterung schaffen. Dieser Verkomplizierung der Rechteklärung ließe sich entgegentreten, wenn auch für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das Ursprungslandprinzip gälte¹²³ – ähnlich dem Rechtsgedanken, der einer europäischen Satelli-
Zum Leistungsschutzrecht des Datenbankherstellers EuGH, GRUR 2012, 1245 ff., Rdnr. 39 – Football Dataco/Sportradar; hierzu Czychowski/Nordemann, J.B., NJW 2013, 756, 757; EuGH, NJW 2011, 505 ff., Rdnr. 75, 76, 80 – Pammer/Hotel Alpenhof; EuGH, GRUR 2011, 1025 ff., Rdnr. 64, 65 – L’Oréal/eBay. BGH, GRUR 2005, 431, 433 – Hotel Maritime; BGH, GRUR 2012, 621, Rdnr. 36 – Oscar. BGH, GRUR 2005, 431, 433 – Hotel Maritime; übertragen auf einen urheberrechtlichen Sachverhalt von LG Hamburg, GRUR-RS 2016, 12262. Hoeren, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.8, Rdnr. 36 ff. Die Verwertungshandlung des öffentlichen Zugänglichmachens wird nach Dustmann, in: Fromm/ Nordemann, UrhR, § 19a, Rdnr. 37a, jedenfalls auch am Standort der Upload-Server des Musikdienstes vorgenommen, da der Upload und das dortige Vorhalten der Werke wesentliche Teilakte der einheitlichen Verwertungshandlung darstellen würden.
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tensendung zugrunde liegt, mit dem Ziel, die Rechteklärung für Rundfunkunternehmen aufgrund der theoretisch ubiquitären Ausstrahlung und damit Empfangbarkeit der Inhalte zu vereinfachen.¹²⁴ Ist das Schutzniveau harmonisiert, so würde auch das Argument der Rechtsflucht nicht mehr greifen. Jedenfalls innerhalb der EU könnte dann der Bereitstellungsort genügen. Die Vergleichbarkeit der Sachverhalte von Satellitensendung und Online-Verwertung rechtfertigt die Überlegung, das Sendelandprinzip auf das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung auszudehnen. Innerhalb eines materiell harmonisierten Rechts würde es dann jedenfalls kein unterschiedliches Schutzgefälle mehr geben. So wurden denn in der 2013 initiierten öffentlichen Konsultation der EUKommission zur Überprüfung der Regeln im EU-Urheberrecht die beteiligten Kreise dazu aufgefordert, ihre Sichtweise zur Beurteilung einer Ausdehnung des Ursprungslandprinzips auch auf das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung darzulegen. Während Verwertungsgesellschaften hier ein forum shopping – ungeachtet der materiellen Harmonisierung – und einen race-to-the-bottom-Preisverfall, Rechtsinhaber eine Beschneidung ihrer Verwertungsmöglichkeiten befürchten,¹²⁵ würde den Verwertern das Ursprungslandprinzip Transaktionskosten ersparen, da nicht mehr eine Vielzahl an territorialen Nutzungsrechten lizenziert werden müsste.¹²⁶ Es zeichnet sich allerdings ab, dass wegen der erheblichen Widerstände der Rechteindustrie eine Ausdehnung des Ursprungslandprinzips nur bei Online-Nutzungen von Rundfunkprogrammen in Betracht kommen wird.¹²⁷ Für reine Online-Sachverhalte von Online-Musikdiensten sind damit nach wie vor all jene territorialen Nutzungsrechte am ausschließlichen Recht der öffentlichen Zugänglichmachung für solche Länder einzuholen, an die sich der Musikservice bestimmungsgemäß richtet,¹²⁸ sofern die betroffenen Staaten dieses Recht anerkannt haben.¹²⁹
Zum Meinungsstand v. Gerlach, Nicht-lineares Audio-Video-Streaming, S. 97 ff. EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 13, 14. EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 14. EU-Kommission, Verordnungsentwurf für die Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern vom 14.9. 2016, COM(2016) 594 final (im Folgenden COM(2016) 594 final); Rauer/Vonau, GRUR-Prax 2016, 430, 431. Einhellige Meinung, vgl. Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 205 f. m.w.N.; Hoeren, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.8, Rdnr. 23; OLG München, GRUR-RR 2011, 1, 2 m.w.N. – Videodateien; Nordemann-Schiffel, in: Fromm/Nordemann, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 77 m.w.N. Ohly, ZUM 2015, 942, 943, Fn. 16 m.w.N.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
(3) Merkmal der Öffentlichkeit Tatbestandsvoraussetzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Vorliegen einer Öffentlichkeit. In einer Vielzahl von Entscheidungen hatte sich der EuGH mit dem Merkmal der Öffentlichkeit der Wiedergabe im Sinne des Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu befassen. Dabei wurden mehrere Kriterien herausgearbeitet: Für die öffentliche Wiedergabe ist zunächst ein bewusstes, absichtliches und ursächliches Tätigwerden des wiedergebenden Nutzers in voller Kenntnis der Sachlage erforderlich.¹³⁰ Eine Öffentlichkeit wird gebildet aus einer unbestimmten Zahl potenzieller Leistungsempfänger („recht viele Personen“).¹³¹ Im deutschen Recht ist in § 15 Abs. 3 UrhG maßgebendes Kriterium der Öffentlichkeit noch das Fehlen einer persönlichen Beziehung zum Werkverwerter oder weiteren Rezipienten, doch stellt der EuGH auf andere Gesichtspunkte ab:¹³² Öffentlich ist die Wiedergabe immer dann, wenn ein neuartiges technisches Verfahren verwendet¹³³ oder ein neues Rezipientenpublikum erreicht wird, weil sich der Kreis der Werknutzer durch die Wiedergabe um vom Rechtsinhaber ursprünglich nicht bedachte Rezipienten erweitert hat.¹³⁴ Ob die öffentliche Wiedergabe darüber hinaus sowohl die Urheberrechte betreffend als auch bei den wirtschaftlich geprägten Leistungsschutzrechten Erwerbszwecken dienen muss, ist derzeit noch umstritten.¹³⁵ Sofern durch die Art der Verwertung von Musikwerken eine zusätzliche Dienstleistung erbracht wird, die einen Wettbewerbsvorteil verschafft, liegt jedenfalls eine einem Erwerbszweck dienende öffentliche Wiedergabe vor. Dabei kommt es nicht auf eine Gleichzeitigkeit der Rezeption an.
EuGH, GRUR Int. 2011, 1063, 1075 f., Rdnr. 194, 196 – FAPL/Murphy. Gerlach, in: Bullinger u. a., Festschrift Wandtke, S. 237. Ob an § 15 Abs. 3 UrhG angesichts der jüngsten EuGH-Rechtsprechung festgehalten werden kann, bezweifelt v. Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 321, 325. EuGH, ZUM 2013, 390, Rdnr. 26 – ITV Broadcasting; Grünberger, ZUM 2015, 277. LG Hamburg, AfP 2017, 78; EuGH, GRUR 2016, 1056 – GS Media; EuGH, ZUM 2014, 289, Rdnr. 31 – Svensson; EuGH, GRUR 2014, 1196, 1197, Rdnr. 19 – BestWater International/Mebes [Die Realität]; zur Kritik Leistner, ZUM 2016, 580, 581; ders., GRUR 2014, 1145; Schulze, ZUM 2015, 106; Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 460; siehe zu der faktischen Erschöpfungswirkung des öffentlichen Wiedergaberechts als Folge dieser Rechtsprechung Linking und Framing betreffend auch Peifer, AfP 2016, 5, 7 f., 10. Kritisch zu den in den obigen Urteilen herausgearbeiteten Tatbestandsmerkmalen auch Gerlach, in: Bullinger u. a., Festschrift Wandtke, S. 237; Welp, GRUR 2014, 751 ff. Zur Gewinnerzielungsabsicht EuGH, NJW 2016, 3149 – GS Media/Sanoma Media Netherlands ua; EuGH, GRUR 2012, 593 ff. – SCF. Bezüglich der Urheberrechte noch EuGH, GRUR 2014, 473, Rdnr. 35 – OSA; vgl. auch Welp, GRUR 2014, 751, 753. Nunmehr einheitliche Auslegung durch EuGH, GRUR 2016, 684, Rdnr. 28 – Reha Training/GEMA. Das Kriterium der Wiedergabe zu Erwerbszwecken sei zwar „mit Sicherheit nicht ausschlaggebend“, jedenfalls aber auch nicht unerheblich, EuGH, GRUR 2016, 684, Rdnr. 49 – Reha Training/GEMA; siehe hierzu auch die Besprechung von Grünberger, GRUR 2016, 977, 980.
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Auch ein zeitversetzter Abruf kann sich an eine unbestimmte Öffentlichkeit richten.¹³⁶ Ein Online-Musikdienst steht einer unbestimmten und ziemlich großen Anzahl von Personen zur Verfügung, möglicherweise auch länderübergreifend, erreicht damit ein neues Publikum und agiert in der Regel erwerbsorientiert. Dass nicht alle Nutzer immer gleichzeitig eine Öffentlichkeit bilden, ist irrelevant.
(4) Akt des Zugänglichmachens Ein Zugänglichmachen i.S.d. § 19a UrhG setzt voraus, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Bereithaltenden befindende geschützte Werk eröffnet wird.¹³⁷ Kernstück eines Musikdienstes ist die Hörbarmachung von Musikwerken. Sobald der Anbieter seine Musikdatenbank zur Nutzung freischaltet, nimmt er die Verwertungshandlung des Bereitstellens für die Öffentlichkeit vor. Sie ist von der späteren tatsächlichen Wahrnehmung durch seine Kunden unabhängig.¹³⁸ Es schadet ebenfalls nicht, dass die Nutzung von einer Zugangsberechtigung im Wege eines Nutzungsvertragsabschlusses mit dem Musikdienst – zum Beispiel im Rahmen eines zahlungspflichtigen Abonnements – abhängig gemacht wird. Eine Öffentlichkeit wird hierdurch trotzdem potentiell erreicht, da sich der Musikdienst zunächst an möglichst viele Nutzer richtet. In dem Fall, dass der Online-Musikdienst seine Inhalte derart bereitstellt, dass seine Kunden von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl darauf zugreifen können,¹³⁹ tangiert er also stets das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG. Eine Lizenzierung dieses dem Urheber ausschließlich zustehenden Rechts ist damit zwingend erforderlich.
(5) Umfang des Rechts: Bereithalten zum Abruf sowie Übermittlung? Welche Verwertungshandlungen tatsächlich von § 19a UrhG erfasst werden, ist umstritten und noch nicht abschließend geklärt.¹⁴⁰ Teilweise wird vertreten, § 19a
Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 458. BGH, GRUR 2011, 56, 58 – Session-ID; BGH, GRUR 2010, 628, 629, Rdnr. 19 – Vorschaubilder; Götting, in: Ahlberg/Götting, UrhR, § 19a, Rdnr. 3; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 19a, Rdnr. 60. Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 460. Zu diesem Kriterium Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 19a, Rdnr. 8; Götting, in: Ahlberg/ Götting, UrhR, § 19a, Rdnr. 10. Eine Darstellung des diesbezüglichen Meinungsstands findet sich bei v. Gerlach, Nicht-lineares Audio-Video-Streaming, S. 152 ff.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
UrhG erfasse allein das Bereithalten von Werken, während „Zugänglichmachen“ auch den Übertragungsvorgang an den Nutzer meinen kann.¹⁴¹ Die nachfolgende – und hauptsächlich wirtschaftlich relevante – Verwertungshandlung des Übermittelns der Datenpakete eines Werkes an den Nutzer sei ein unbenanntes Verwertungsrecht gemäß § 15 Abs. 2 UrhG,¹⁴² da es der Gesetzgeber bislang versäumt habe, das sich selbständig aus Art. 8 WCT („Zugänglichmachung im Wege der interaktiven Übertragung“) und infolgedessen aus Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG ergebende Recht der Abrufübertragung in nationales Recht umzusetzen. Die elektronische Werkübermittlung wird zum Teil auch unter das Senderecht gemäß § 20 UrhG subsumiert.¹⁴³ Die Bereitstellung sei noch unter das einaktige Recht der öffentlichen Zugänglichmachung zu fassen, der anschließende Übertragungsakt beträfe aber das Senderecht.¹⁴⁴ Die herrschende Meinung sieht in § 19a UrhG ein zweistufiges Nutzungsrecht, welches beide Vorgänge, Bereitstellung und Übermittlung, umfasst.¹⁴⁵ Auswirkungen hat die Einordnung auf den Zeitpunkt der potentiellen Rechtsverletzung, den Umfang der Nutzungsbefugnis – den „Wert“ dieses Rechts¹⁴⁶ – und damit die Anzahl der Verwertungsrechte, die von einem Musikdienst zu lizenzieren sind. Gegen die Einordnung der Übermittlung als Sendung spricht die hierfür erforderliche, aber nicht vorhandene Linearität und Gleichzeitigkeit einer „Ausstrahlung“ des Werkes an den Nutzer, der den Übertragungsvorgang selbst in Gang setzt. Darüber hinaus würde im Rahmen einer Online-Nutzung keine Abgrenzung zwischen Sendung und öffentlichem Zugänglichmachen mehr möglich sein – gleich welche Online-Nutzungsart gegeben wäre, es müsste immer sowohl das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, als auch das Senderecht zu lizenzieren sein.
H.M., stellvertretend Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 19a, Rdnr. 1; a.A. v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 19a, Rdnr. 32, 55, 57. v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 19a, Rdnr. 32. Soweit ersichtlich ohne nähere Begründung Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, UrhR, § 15, Rdnr. 32 und § 19a, Rdnr. 30: der „sich etwa anschließende Übermittlungsvorgang kann nur unter § 20 fallen“. Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, UrhR, § 15, Rdnr. 32 und § 19a, Rdnr. 30. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 19a, Rdnr. 1; Hoeren, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 21, Rdnr. 52, 63; Schack, GRUR 2007, 639; Poll, GRUR 2007, 476, 478; Dünnwald/Gerlach, Schutz des ausübenden Künstlers, § 78, Rdnr. 13; Nicklas/Wolf, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 15, Rdnr. 106, S. 777; Gerlach, ZUM 1999, 278, 280. Vgl. die Tarife VR-OD 7 (Download) und VR-OD 8/9 (kostenfreies und kostenpflichtiges Streaming), abrufbar unter www.gema.de.
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Für die Einordnung der Übermittlung unter § 19a UrhG¹⁴⁷ streitet das gewichtige Argument, dass mit Art. 10 WPPT und Art. 8 WCT umfassend auch die Leistungsschutzrechtsinhaber geschützt werden sollten. Würde zusätzlich ein unbenanntes Verwertungsrecht greifen, würde dieser Zweck unterlaufen, da diese Leistungsschutzrechte abschließend, ohne die Möglichkeit der Annahme eines Innominatfalles, geregelt sind. Ein Wille des Gesetzgebers, das Verwertungsrecht in zwei Akte aufzuspalten, kommt auch in den Erwägungsgründen 24 und 25 der Richtlinie 2001/29/EG zum Ausdruck. Ein Änderungsantrag zur Klarstellung des § 19a UrhG wurde allerdings abgelehnt.¹⁴⁸ Dies lässt sich aber nicht nur gegen die Annahme einer Zweiaktigkeit verwenden. Es lässt auch den Schluss zu, dass der Gesetzgeber im Wege richtlinienkonformer Auslegung eine umfassende Lesart des § 19a UrhG gewährleisten wollte.¹⁴⁹
(6) Zwischenfazit Stellt ein Musikdienst online Musikwerke zur zeitsouveränen Rezeption bereit, gleich von welcher Dauer oder Intensität die nachfolgende Übermittlung ist, so benötigt er das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG. Je nach Ausgestaltung des Dienstes als Streaming- oder Download-Service gilt zusammengefasst für den Werkgenuss folgendes: Ein zusätzliches Nutzungsrecht für den anschließenden, durch den Endrezipienten initiierten Übermittlungsvorgang ist nicht erforderlich, denn die darauffolgenden Nutzungen sind bei dauerhaften Speichervorgängen auf dem Abspielgerät des Musikdienstkunden durch die Lizenzierung der zum Werkgenuss erforderlichen Vervielfältigungen gedeckt (oben, S. 51). Bei flüchtigen Streaming-Diensten (nicht DownloadDiensten!) greift bereits § 44a UrhG (siehe oben, S. 52).
So wohl auch EuGH, ZUM 2014, 681, 684, Rdnr. 57 ff. – PRCA/NLA. Vgl. den Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. 15/837, S. 29. Durch die Ablehnung des Antrags bleibt es bei der Gesetzesbegründung zum Entwurf des 1. Korbes, BT-Drs. 15/837, S. 33. In BT-Drs. 15/38, S. 16 findet sich der Verweis auf den Willen des europäischen Gesetzgebers: „Damit beschränkt sich der [Gesetzes‐]Entwurf darauf, den Stand der internationalen Rechtsvereinheitlichung hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichmachung abzubilden.“
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bb. Abgrenzung zum Senderecht, § 20 UrhG¹⁵⁰ Für die Einordnung, ob durch ein Angebot auch Senderechte betroffen sind, kommt es auf die Bezeichnung des Dienstes, beispielsweise als „Radio“, nicht an.¹⁵¹ Ausschlaggebend ist das technische Gewand eines Online-Musikdienstes. Wie auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung fällt das Senderecht unter die übergeordnete Kategorie des Rechts der unkörperlichen öffentlichen Wiedergabe.¹⁵² Die Abgrenzung der öffentlichen Zugänglichmachung vom Senderecht ist für den Urheber und den Inhaber der Verwertungsrechte relevant, denn die erzielbare Vergütung hängt auch von der korrekten Einordnung der Nutzung ab.¹⁵³ Relevant ist die Einstufung der Rechtekategorie außerdem für Leistungsschutzrechtsinhaber, denen kein ausschließliches Senderecht durch die Richtlinie 2001/29/EG zuerkannt wurde, vgl. Art. 3 Abs. 1, der lediglich die Urheber nennt, und die somit an der Verwertung im Rahmen eines sendenden Dienstes nicht partizipieren können. Wann ein Online-Musikdienst sendet und wann er öffentlich zugänglich macht, ist nachfolgend zu erörtern.
(1) Technologieunabhängigkeit des Senderechts Gemäß § 20 UrhG ist das Senderecht das Recht, das Werk durch Funk, wie Tonund Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die tatbestandlichen Merkmale „Funk“ und „ähnliche technische Mittel“ sind nach allgemeiner Meinung weit auszulegen,¹⁵⁴ da zur Zeit der Gesetzgebung die in der Norm niedergelegten Funkmittel Stand der Technik waren.¹⁵⁵ Mit dem Zweck der Norm wäre eine technologieabhängige Begrenzung nicht zu vereinbaren, die insbesondere Internetsendungen als mittlerweile etablierte Nutzungsart aussparen würde.¹⁵⁶ Ab-
Für einen kurzen Abriss einer rechtsvergleichenden Abgrenzung des Senderechts vom Recht der öffentlichen Zugänglichmachung in Deutschland, Österreich, Polen, Großbritannien und Frankreich siehe Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 14 ff. Siehe zum Rechtsgrundsatz falsa demonstratio non nocet Armbrüster, in: Säcker/Rixecker/ Oetker/Limperg, Band 1, Allg. Teil, § 119 BGB, Rdnr. 59 ff. In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG als Bestandteil des Rechts der drahtlosen oder drahtgebundenen öffentlichen Wiedergabe und in § 15 Abs. 2 Nr. 3 UrhG als Fall der unkörperlichen öffentlichen Wiedergabe aufgeführt, vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 20, Rdnr. 1 f. Pappi, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 15, Rdnr. 44, S. 762. Zu den unterschiedlichen Tarifen siehe oben Fn. 146. Schwarz/Reber, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 21, Rdnr. 76; Gounalakis, ZUM 2009, 447, 449. v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 20, Rdnr. 14. v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 20, Rdnr. 14 f., 80 ff.; zu Sendungen im Internet ausführlich Koof, Senderecht, S. 78 ff.
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grenzungskriterium zu dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG ist zumindest nicht die technische Ausgestaltung des Dienstes, sodass die öffentliche Wiedergabe von Musik im Internet durchaus auch das Senderecht berühren kann.
(2) Souveränität oder Linearität Dem Gesetzeswortlaut folgend ist maßgebliches Merkmal, dass das Werk in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, „dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“, während das Senderecht Linearität der Musiksendung voraussetzt.¹⁵⁷ Demnach ist es einschlägig, wenn allein der Diensteanbieter ohne programmdefinierende Einflussmöglichkeit des Dienstenutzers den Zeitablauf wie Abfolge der Musikinhalte bestimmt. Das maßgebliche Abgrenzungskriterium ist also die zeitliche und inhaltliche Souveränität der Mitglieder einer Öffentlichkeit.¹⁵⁸
(3) Grenzfälle Wurde bereits im Rahmen der Darstellung von Online-Radiodiensten ihre Linearität als kennzeichnendes Merkmal hervorgehoben,¹⁵⁹ bereitet die Einordnung der dort dargestellten reinen Web- oder Simulcasting-Musikdienste¹⁶⁰ wie radio.de oder die Online-Hörfunk-Auftritte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keine Schwierigkeiten. Allerdings bietet die Technik wie gesehen einen bunten Strauß an Möglichkeiten für die Gestaltung von Musikdiensten, sodass eine eindeutige Zuordnung nicht immer gelingt. Der Musikdienst kann den individuellen Musikgeschmack Algorithmus-gesteuert über das vergangene Hörverhalten analysieren und/oder durch angestellte Musikjournalisten kuratieren, um den Spielplan und die vorgeschlagene Musik daraufhin anpassen zu können, wie dies bei Spotify, Deezer und Apple bereits geschieht (S. 21 ff.). Darüber hinaus kann eine Künstler-, Genre- und Stimmungsauswahl zu einem individualisierten Spielplan führen, wie dies bei dem U.S.-amerikanischen Anbieter Pandora der Fall ist. Wird zudem noch die Möglichkeit des Pausierens oder Überspringens gegeben, oder werden Werke in zeitlich so kurzen Abständen übermittelt, dass der
Als ungeschriebenes Erfordernis bei Koof, Senderecht, S. 72. Müller, ZUM 2009, 121; OLG Stuttgart, NJW 2008, 1605, Rdnr. 10 ff. Zum Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit oben, S. 55. Oben, S. 28. Zur Abgrenzung siehe oben, S. 28 f.
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Rezipient den Eindruck von ständiger Verfügbarkeit zu Zeiten seiner Wahl gewinnt,¹⁶¹ verschwimmen die Grenzen von Souveränität und Linearität. Bei Spotify, Deezer und Apple in ihrer Grundfunktion als On-Demand-Musikdienst steht die Souveränität der Nutzer eindeutig im Vordergrund. Algorithmen und menschliche Einflussnahme sollen lediglich die Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit des Dienstes verbessern, um dadurch erhöhte Werbeeinnahmen erzielen zu können. Der Nutzer hat nach wie vor die Hoheit über sein Musikprogramm. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist betroffen. Darüber hinaus bieten alle drei Dienste aber auch eine Radiofunktion an. Der Nutzer hat die Möglichkeit, sich einem linearen Kanal zuzuschalten.¹⁶² Die großen Musikdienste berühren zusätzlich das Senderecht. Diese rein lineare Radiofunktion kann dadurch erweitert werden, dass sich der Nutzer seinen eigenen Sender durch Auswahl bestimmter Künstler nach individuellem Musikgeschmack erschaffen kann. Diese Dienstvariante ist mit einigen Möglichkeiten ausgestattet, Einfluss auf den zeitlichen und inhaltlichen Ablauf zu nehmen.¹⁶³ So können Titel übersprungen und bewertet werden, was zu einer Verbesserung der Treffsicherheit der Musikpräferenz führen soll. Und dennoch ist der Stream linear vom Diensteanbieter vorgegeben.¹⁶⁴ Hier zeigen sich Überschneidungen der beiden Verwertungsrechte. Bei solchen personalisierbaren Internetradios wie Spotify Radio, dem benutzerdefinierten Radio-Sender von Apple oder dem Musikdienst Pandora kommt neben der Zuordnung zu den benannten ausschließlichen Verwertungsrechten entweder des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung oder des Senderechts auch der Innominatfall in Betracht. So wurde das personalisierte Webradio anfänglich nicht unter §§ 19a oder 20 UrhG gefasst, sondern hierfür ein unbenanntes Verwertungsrecht angenommen.¹⁶⁵ Da jedoch ausschließlich Urhebern unbenannte Verwertungsrechte zustehen, ist auch das Schutzinteresse der Leistungsschutzrechtsinhaber zu berücksichtigen; grundsätzlich sollte ein Innominatfall restriktiv angenommen
Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 19a, Rdnr. 20, stellt für die Abgrenzung zum Senderecht genau hierauf ab: Die Beurteilung, ob das Werk zu Zeiten der Nutzerwahl zugänglich gemacht wird, hänge von dessen subjektivem Eindruck ab. Dagegen Schack, GRUR 2007, 639, 641 f.; Poll, GRUR 2007, 476, 481. Vgl. https://support.apple.com/de-de/HT204944, https://support.spotify.com/de/article/ spotify-radio/ und http://www.deezer.com/channels/radios. Koof, Senderecht, S. 61. Koof, Senderecht, S. 56, 375. Poll, MMR 2011, 226, 231 kreiert ein „Online-Übertragungsrecht“ für solche Sachverhalte; v. Ungern-Sternberg nimmt ein unbenanntes Online-Verbreitungsrecht an, unter welches das personalisierte Internetradio falle, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 15, Rdnr. 292 ff., § 19a, Rdnr. 24 ff.
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werden. Jedenfalls verbietet sich eine schematische Einordnung.¹⁶⁶ Eine solide Abgrenzung ergibt sich, wenn eine Beurteilung von personalisierten Internetradios nach dem Grad ihrer Beeinflussungsmöglichkeiten für den Nutzer vorgenommen wird.¹⁶⁷ Ist der Dienst eher einem Push-Dienst zuzuordnen, ist das Sende- oder bloßes Vervielfältigungsrecht¹⁶⁸ einschlägig.¹⁶⁹ Besteht charakterliche Nähe eher zu einem Pull-Dienst und damit zu einem klassischen Abrufdienst, ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung betroffen.¹⁷⁰ Funktionen wie das Pausieren oder Überspringen von Titeln bis hin zum gewünschten konkreten Musikwerk auf der Playlist können Anhaltspunkte bieten. Abgrenzungskriterium sollte sein, ob dem Nutzer ein Eindruck von ständiger Verfügbarkeit und beliebiger Wiederholbarkeit¹⁷¹ vermittelt wird. Bei dem benutzerdefinierten Radio von Apple beispielsweise spricht das Gesamtgepräge für die Zuordnung zum Senderecht. Nutzer haben keine Möglichkeit, einzelne Sender wieder zu löschen.¹⁷² Hier ebenso wie bei Spotify Radio¹⁷³ steht klar die Linearität der künstlerspezifischen Radiostation im Vordergrund. Apple und Spotify, genauso wie Deezer, haben neben dem Vervielfältigungsrecht also für ihre jeweiligen Funktionen beide betroffenen Online-Rechte der unkörperlichen öffentlichen Wiedergabe – das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und das Senderecht – zu lizenzieren.
2. Leistungsschutzrechte Neben den Urheberrechten ist für einen Online-Musikdienst auch die Lizenzierung von verwandten Schutzrechten erforderlich. Deren Schutzgrund ist nicht die
Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 19a, Rdnr. 24 ff. Koof, Senderecht, S. 376 ff., im Ergebnis hält er aufgrund des linearen Gesamtgepräges von personalisierten Webradios grundsätzlich das Senderecht für einschlägig, S. 378. Schack, UrhR, § 13, Rdnr. 464; Schack, GRUR 2007, 639, 643. Push-Dienste stehen im Gegensatz zu Pull-Diensten: bei letzteren wird der Musikverbraucher initiativ tätig, indem er die gewünschten Musikwerke auswählt und eigengesteuert rezipiert. Zur Einschlägigkeit von § 16 UrhG bei Push-Diensten Hoeren, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 21, Rdnr. 63; a.A. Malcher, Personalisierte Webradios, S. 139 ff., 168, der als leitendes Abgrenzungskriterium die Geeignetheit von personalisierten Webradios für die Ablösung herkömmlicher Tonträger heranziehen will. Je größer die Substitutionsgefahr, desto mehr spräche für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung. Hierzu auch Koof, Senderecht, S. 372 m.w.N. Der Kunde bestimmt die Übermittlung in örtlicher und zeitlicher Hinsicht, Schack, GRUR 2007, 639, 643. Malcher, Personalisierte Webradios, S. 157. Fn. 162. Fn. 162.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
persönlich geistige Schöpfung, sondern die für die Verwertung des Urheberrechts notwendigen künstlerischen Darbietungen, ferner Investitionen und damit einhergehende organisatorische, technische und wirtschaftliche Leistungen.¹⁷⁴
a. Rechte der Tonträgerhersteller Speist sich das Angebot aus Musikwerken, sind bei Erstellung der diensteigenen Musikwerkdatenbank¹⁷⁵ die Rechte des Tonträgerherstellers jeder Tonaufnahme gleich welchen Inhalts¹⁷⁶ betroffen, sofern das Unternehmen auf solche Tonträger als „Masteraufnahme“ zurückgreift.¹⁷⁷ Eine Mindestharmonisierung für den Schutz von Tonträgerherstellern erfolgte international durch eine Vielzahl an Übereinkommen wie Art. 10 Rom-Abkommen¹⁷⁸, Art. 2 GTA¹⁷⁹, Art. 3, 14 TRIPs¹⁸⁰ und Art. 11 ff. WPPT¹⁸¹. Tonträger ist nach deutschem Recht gemäß § 16 Abs. 2 UrhG jede Vorrichtung zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen. Damit sind nicht nur historische Magnetbänder, Lochkarten, Kassetten, Schallplatten oder CDs erfasst, sondern auch Festplatten, SD-Speicher oder USB-Sticks.¹⁸² Als Tonträgerhersteller ist anzusehen, wer die Organisationshoheit über die Ton- oder Bildaufnahmen ausübt, verantwortlich für die Verträge mit Künstlern, Verlagen und Produzenten ist und die Durchführung der Tonfestlegung maßgeblich beeinflusst.¹⁸³
Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 85, Rdnr. 1, 10; Schack, UrhR, 3. Teil, Rdnr. 656 ff.; zur Diskussion über die teilweise geforderte Gleichstellung von ausübenden Künstlern und Urhebern vgl. Gerlach, ZUM 2008, 372 ff. m.w.N. Dabei kann dem Musikdienst an seinem Musikkatalog ein eigenes Suigeneris-Schutzrecht als Datenbankhersteller gemäß § 87a UrhG zustehen, vgl. Koch, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 77, Rdnr. 5a. Im Gegensatz zu § 73 UrhG kommt es für den Leistungsschutz gemäß § 85 UrhG nicht darauf an, dass der Tonträger eine Darbietung eines Werkes aus dem Werkkatalog des § 2 Abs. 1 UrhG oder ein Werk der Volkskunst enthält, Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 85, Rdnr. 21 und Grünberger, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 73, Rdnr. 12; Schack, UrhR, § 9, Rdnr. 220. Denn nur die erste Festlegung, die Original für alle weiteren Vervielfältigungsstücke ist, ist Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechts, Schaefer, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 85, Rdnr. 4. Fn. 61. Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger, abgeschlossen in Genf am 29.10.1971, BGBl. 1973 II, S. 1670 ff., v. Lewinski, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 57, Rdnr. 56 ff. Fn. 62. Fn. 64. Schaefer, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 85, Rdnr. 3. Schaefer, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 85, Rdnr. 8.
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Gemäß § 85 Abs. 1 UrhG stehen ihm das ausschließliche Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung¹⁸⁴ zu. Damit soll die unmittelbare Leistungsübernahme durch Überspielen, Nachpressen oder digitales Vervielfältigen von seiner Erlaubnis abhängen.¹⁸⁵ Für die Frage, in welchem Umfang diese erforderlich ist, gilt grundsätzlich das oben Gesagte. Für das Senderecht besteht die Besonderheit, dass Tonträgerhersteller bei erschienenen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachten Tonträgern, welche die Darbietung eines ausübenden Künstlers enthalten, lediglich einen schuldrechtlichen Vergütungsanspruch gegen diesen Künstler auf angemessene Beteiligung haben, vgl. § 86 UrhG.¹⁸⁶ Webradio- oder Simulcasting-Dienste benötigen folglich kein Nutzungsrecht am Senderecht des Tonträgerherstellers.¹⁸⁷ Von besonderer Relevanz ist daher die exakte Zuordnung eines Musikdienstes zu bestimmten Nutzungsarten. Je nach Ausgestaltung des Dienstes sind Ausschließlichkeitsrechte betroffen, deren Nutzungserlaubnis eingeholt werden muss, oder der Hersteller muss sich auf seinen Vergütungsanspruch verweisen lassen. Hier zeigt sich einmal mehr die Relevanz der Einordnung von personalisierbaren Internetradios (oben, S. 62). Wurde im urheberrechtlichen Abschnitt thematisiert, dass schon die Betroffenheit des Vervielfältigungsrechts beim stückweisen Übertragen des Werkes fraglich sein kann, da die einzelnen kleinsten Teile des Werkes Schöpfungshöhe aufweisen müssten, stellt sich diese Frage bei den Leistungsschutzrechten nicht, denn ihr Schutz knüpft nicht an die Schöpfung, sondern an die getätigte Investition an, sodass selbst bei kleinsten verwendeten Tonfetzen von einem Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Tonträgerherstellers gesprochen werden kann.¹⁸⁸
Als Erstverwertungsrecht zu Recht mit einem Ausschließlichkeitsrecht ausgestattet in § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG, s. auch Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 85, Rdnr. 39. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 85, Rdnr. 1; Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 85, Rdnr. 10, 14. OLG Hamburg, MMR 2006, 173 – StayTuned; OLG Hamburg, ZUM 2009, 414, 415 – StayTuned III. § 86 UrhG steht im Einklang mit Art. 12 Rom-Abkommen. Die deutsche Regelung wurde unionsweit mit Einführung von Art. 8 Abs. 2 der Vermiet- und Verleihrichtlinie 92/100/EWG übernommen, sodass insoweit kein Umsetzungsbedarf bestand. Vgl. zur Historie der Norm Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 86, Rdnr. 2 f. Nichtsdestotrotz lassen sich Tonträgerhersteller üblicherweise diesen Beteiligungsanspruch vom ausübenden Künstler abtreten, sodass sie letztlich Verhandlungspartner sind. Wagner, GRUR 2016, 874, 877. Eine kreative Nutzung kann jedoch bei Überwiegen der Kunstfreiheit über § 24 UrhG zulässig sein, siehe BVerfG, GRUR 2016, 690, 691, 693, Rdnr. 68, 88 – Metall auf Metall.
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b. Rechte der ausübenden Künstler Ausübenden Künstlern stehen Leistungsschutzrechte an ihren künstlerischen Darbietungen zu. Durch internationale Abkommen sind diese Rechte weitgehend harmonisiert. Im Rom-Abkommen¹⁸⁹, Art. 14 Abs. 1, 5 und 6 TRIPs¹⁹⁰, in Art. 5 ff. WPPT¹⁹¹ und jüngst im Beijing Treaty on Audiovisual Performances¹⁹² sind sie kodifiziert.¹⁹³ Ausschließlichkeitsrechte werden dabei nur für bestimmte Verwertungshandlungen gewährt. Für Online-Musik betrifft dies Nutzungen im Rahmen von On-Demand-Streaming- oder Download-Diensten, die das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) und das Vervielfältigungsrecht (§ 77 UrhG) berühren.¹⁹⁴ Um zu verhindern, dass Leistungsschutzberechtigte mit einer Verweigerung der Einwilligung ganze Produktionen, und damit auch eine Verwertung durch die Urheber, blockieren,¹⁹⁵ stehen ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern über § 86 UrhG anstatt eines Ausschließlichkeitsrechts teilweise nur Vergütungsansprüche zu, § 78 Abs. 2 UrhG.¹⁹⁶ Dies betrifft im Online-Musikbereich die Sendung von Darbietungen, die erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen und öffentlich zugänglich gemacht worden sind. In den meisten Fällen wird allerdings der ausübende Künstler seine Rechte und Ansprüche im Vorhinein an sein Label, den Tonträgerhersteller, gemäß § 79 Abs. 1 UrhG durch entweder einen Künstlerexklusivvertrag¹⁹⁷ oder Tonträgerlizenzvertrag (Bandübernahmevertrag)¹⁹⁸ übertragen haben (oben, S. 37).¹⁹⁹
Fn. 61. Fn. 62. Fn. 64. Es wird aber erst nach Ablauf von drei Monaten in Kraft treten, wenn 30 Staaten ihre Ratifizierungsurkunden hinterlegt haben, s. www.wipo.int/treaties/en/ip/beijing/summary_beijing. html. Zur Rechtslage vor Umsetzung der WPPT-Regelungen für Online-Nutzungen von Rechten der ausübenden Künstler Sasse/Waldhausen, ZUM 2000, 837. OLG Hamburg, ZUM 2009, 414, 415 – StayTuned III; kritisch Weber, ZUM 2007, 688, 692. Büscher, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 78, Rdnr. 22. Hierzu Apel, Der ausübende Musiker, S. 285 ff. Hierzu Rossbach, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 69, Rdnr. 12 ff. Zu den entsprechenden Vertragstypen und ihren unterschiedlichen Ausgestaltungen siehe Schack, UrhR, § 34, Rdnr. 1247 ff.; Grünberger, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 79, Rdnr. 94 ff.; Weiß, Der Künstlerexklusivvertrag; Rossbach, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 69, Rdnr. 11 ff. Beim Bandübernahmevertrag ist der ausübende Künstler zumeist zugleich der wirtschaftliche Produzent und überlässt das festgelegte Werk zur Verwertung einer Musikfirma, da ihm die eigenen Vertriebsstrukturen fehlen, Krüger, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 4. Aufl. 2010, § 79, Rdnr. 8.
A. Für Online-Musikdienste erforderliche Rechte
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c. Schutzrechte des Veranstalters Gemäß § 81 UrhG kann bei der Verwertung von Musik über Online-Dienste auch das Recht des Veranstalters betroffen sein, wenn beispielsweise der Musikdienst den Konzertmittschnitt eines musikalischen Live-Auftritts für seine Endnutzer bereithalten möchte,²⁰⁰ wie maxdome oder Concert Vault. Für ihn gilt das zum Interpreten Gesagte, allerdings steht dem Veranstalter kein gesetzlicher Vergütungsanspruch gemäß § 78 Abs. 2 UrhG zu.²⁰¹
3. Fazit Ein Online-Musikdienst greift durch die Erstellung der Werkdatenbank unabhängig von seiner technischen Ausgestaltung in die Vervielfältigungsrechte der Urheber dieser Werke und Träger verwandter Schutzrechte ein. Nach welcher Rechtsordnung sie sich richten, bestimmt sich danach, wo überall ein Speichervorgang lokalisiert werden kann, mindestens also nach dem Standort seiner Arbeitsmittel und Server.²⁰² Umfasst sein Service ein Download-Angebot, so ist hierfür das Vervielfältigungsrecht des ersten Downloads beim Dienste-Nutzer für alle Länder, in denen die Download-Funktion zur Verfügung stehen soll, zu lizenzieren. Flüchtige Werkkopien beim Endrezipienten durch Werkgenuss im Wege des Streaming sind durch Schrankenregelungen gedeckt, werden aber in der Praxis zumeist mitlizenziert. Sofern der Musikdienst die Werke zur optimalen Übermittlung an den Endrezipienten technisch aufbereiten muss, ist daneben das Bearbeitungsrecht einzuholen. Bietet er seinen Musikservice von Orten und zu Zeiten der Wahl seiner Kunden an, besteht also die nutzerseitige Möglichkeit der zeit- und inhaltssouveränen Einwirkung auf den Werkgenuss, so ist das Recht der öffentlichen Zugänglich-
Gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 UrhG können die gesetzlichen Vergütungsansprüche gemäß § 78 Abs. 2 im Voraus allerdings nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden, Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 78, Rdnr. 22. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor § 31, Rdnr. 233. Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 81, Rdnr. 9. Im September 2014 wurde eine 13.Verwertungsgesellschaft in Deutschland für die Wahrnehmung eben dieser Rechte zugelassen, die Gesellschaft zur Verwertung von Veranstalterrechten mbH (GWVR) mit Sitz in Hamburg, vgl. Schierholz/Gerlach, in: Dreier/Hilty, Festschrift 50 Jahre UrhG, S. 137, 140. Das OLG München, GRUR-RR 2011, 1, 2 – Videodateien, zieht auch das angesprochene Publikum des Musikdienstes heran. Soll der Musikdienst in mehreren Ländern verfügbar sein, so sind auch die Nutzungsrechte am Vervielfältigungsrecht all dieser Länder einzuholen, sollten sie dieses gewähren.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
machung betroffen. Richtet sich sein Dienst an Rezipienten mehrerer Länder, so hat er die Rechte in entsprechendem territorialem Umfang einzuholen. Webradio- oder Simulcasting-Dienste haben bei der Verbreitung ihres linearen Programms über das Internet die erforderlichen Senderechte einzuholen. Im Rahmen der Leistungsschutzrechte wird für die Sendung ein Vergütungsanspruch gewährt. Auch ein personalisierter Internetdienst benötigt Rechte. Nicht immer ist eindeutig, ob neben dem Vervielfältigungsrecht das Senderecht oder das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung einschlägig ist. Hier sollte nach der Eingriffsintensität des Rezipienten geurteilt werden, ist doch maßgebendes Kriterium für die Betroffenheit von Verwertungsrechten die Unterscheidung nach Linearität oder Non-Linearität eines Dienstes. Die Bezeichnung Streaming-Dienst ist nach oben Gesagtem rechtlich gesehen wenig aussagekräftig, da sowohl lineare als auch On-Demand-Dienste StreamingDienste sind, die wie gesehen jeweils unterschiedliche Verwertungsrechte berühren. Diese Differenzierungen spielen insofern aber eine maßgebliche Rolle, als sie unterschiedliche Nutzungsarten darstellen, die unterschiedlichen Wert haben.²⁰³ Dargelegt wurde bislang, dass mehrere Verwertungsrechte durch OnlineMusikdienste in unterschiedlichem territorialem Umfang betroffen sein können. Im folgenden Abschnitt (B.) wird erarbeitet, wie diese Rechte wahrgenommen werden und ihren Weg zum Online-Musikdienst finden können.
B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU Um eine Bündelung der erforderlichen Rechte zur Vereinfachung des Lizenzierungsprozesses zu erreichen, haben sich bereits früh kollektive Mechanismen herausgebildet. Die älteste ist die freiwillige treuhänderische Wahrnehmung über Verwertungsgesellschaften.²⁰⁴ Gelegentlich gilt Verwertungsgesellschaftspflicht (§§ 27 Abs. 3, 49 Abs. 1 S. 3, 52a Abs. 4 S. 2, 52b S. 4, 53a Abs. 2 S. 2, 54h Abs. 1, 79a Abs. 3 S. 2 und 137l Abs. 5 S. 3 UrhG), wenn die individuelle Verwertung die Auswertung blockieren oder unpraktikabel machen würde.²⁰⁵ Für die Online-
Vgl. oben, Fn. 146 zu den GEMA-Tarifen. Siehe oben, 1. Teil, Fn. 21. Schack, UrhR, § 14, Rdnr. 482, § 37, Rdnr. 1339 f. Für eine Verwertungsgesellschaftspflicht bei Online-Zweitnutzungen Holzmüller/Staats, in: Dreier/Hilty, Festschrift 50 Jahre UrhG, S. 207, 214.
B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU
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Verwertung von Rechten an Musikwerken sollte eine Zwangskollektivierung ultima ratio,²⁰⁶ freiwillige kollektive Rechtswahrnehmung dagegen das Prinzip sein.
I. Kollektive vs. individuelle Rechtswahrnehmung Grundsätzlich werden Urheber- und Leistungsschutzrechte individuell wahrgenommen. Wo aufgrund von Massennutzungen und -nutzern eine individuelle Wahrnehmung nicht zu bewältigen oder ineffizient ist, besteht Raum für kollektive Verwertung.²⁰⁷ Online-Geschäftsmodelle erfüllen im Allgemeinen die Voraussetzungen einer freiwilligen kollektiven Rechtswahrnehmung: Eine Vielzahl von Rechtsinhabern steht vielen potentiellen Rechtenutzern gegenüber, eine vollständige Rechteklärung mit anschließender Lizenzierung ist nahezu unmöglich, jedenfalls zu langsam und äußerst aufwendig.²⁰⁸ Der Dachverband der europäischen Urheberverwertungsgesellschaften GESAC (Groupement Européen des Sociétés d’Auteurs et Compositeurs) vereint 33 Verwertungsgesellschaften aus 27 europäischen Ländern und damit über eine Million Urheber und Rechtsinhaber aller Werkkategorien.²⁰⁹ Allein die GEMA vertritt über 71.000 Rechtsinhaber.²¹⁰ Müsste ein OnlineMusikdienst für ein umfassendes Angebot an Musikwerken jeweils mit ihnen einzeln kontrahieren, käme eine Rechtsverwertung – selbst nur auf nationalem Raum – zum Erliegen. Die Werkdatenbank von Spotify beispielsweise umfasst
Dies folgt schon aus der Rechtsnatur der Ausschließlichkeitsrechte, Schack, UrhR, § 1, Rdnr. 4. Handke/Towse, IIC 2007, 937, 938. Zu Verwertungsgesellschaften als Ausprägung staatlicher Schutzpflicht Denga, Legitimität und Krise, S. 147; Becker fordert zurückhaltender zumindest eine „besondere Fürsorgepflicht des Staates für diese Institutionen und die in ihnen zusammengeschlossenen Schöpfer“, Becker, in: Becker/Lerche/Mestmäcker, Festschrift Kreile, S. 31. Zumindest kommt Verwertungsgesellschaften eine staatsentlastende Funktion zu, vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“, BT-Drs. 16/7000, S. 267. Ficsor, ZUM 2003, 3, 5; Becker, ZUM 2003, 1. Creative Commons machen nur eine bilaterale Einigung über die Verwendung eines Werkes ohne vorherige Kontaktaufnahme möglich, sind aber keine Lösung für die Lizenzierung vielzähliger Werke. Für eindimensionale Werke wie Bilder oder Texte, die online verwertet werden sollen, hat sich die CC-Lizenzierungspraxis allerdings aus ihrem Schattendasein herausgearbeitet, auch dank maschinenlesbarer und daher durch entsprechende Suchmaschinen auffindbarer Programmierung. Näher zu Creative Commons Paul, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.4, Rdnr. 121 ff. Vgl. www.authorsocieties.eu/uploads/GESAC%20in%202015.pdf (Stand 2015). GEMA-Geschäftsbericht mit Transparenzbericht 2016, S. 8, abrufbar unter https://www.ge ma.de/fileadmin/user_upload/Gema/geschaeftsberichte/gema_geschaeftsbericht_transparenz bericht_2016.pdf.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
mittlerweile einen Katalog von 30 Mio. Songs, wobei an jedem einzelnen im Durchschnitt 4 bis 10 Rechtsinhaber bestehen.²¹¹ Auf der anderen Seite müssten Rechtsinhaber bei individueller Rechtswahrnehmung – auch auf ausländischen Märkten – Lizenzen an die vielen Online-Musikdienste (oben, S. 21 ff.) eigenhändig vergeben, die Rechnungen der Lizenznehmer prüfen, die Nutzung der Rechte überwachen, ihre Rechte selbstständig durchsetzen²¹² und imstande sein, alle Nutzungsmeldungen der Online-Dienste informationstechnisch zu verarbeiten. Kollektive Rechtewahrnehmung ist konzeptionell eine gute Antwort auf solche Online-Massennutzungen,²¹³ vor allem, wenn diese Nutzungen in handhabbare Kategorien von Ausschließlichkeitsrechten geordnet werden können.²¹⁴ Ob individuelle oder kollektive Rechtswahrnehmung gewählt wird, ist auch von der Art des betroffenen Rechtsinhabers – Urheber (von Sprach-²¹⁵ oder Musikwerken) oder Leistungsschutzrechtsinhaber –, aber auch von der Natur der Nutzung abhängig.²¹⁶ Da Leistungsschutzrechte bereits frühzeitig eine Bündelung erfahren, findet eine kollektive Wahrnehmung hauptsächlich im Rahmen der Vergütungsansprüche, also beim Senderecht, statt.²¹⁷ Gerade bei Musikwerken ist die umfassende Kontrolle über ihre Aufführung für einen Urheber allein tatsächlich nicht darstellbar. Traditionell wird sich hier auf das kollektive System verlassen.²¹⁸
II. Individuelles Wahrnehmungspotential von Urheber- und Leistungsschutzrechten Bei der obigen Darstellung wurde aber zweierlei nicht berücksichtigt: Zum einen können technische Gegebenheiten die Rechtsdurchsetzung im Rahmen der Online-Nutzung vereinfachen (unter III.). Zum anderen können strukturelle Unterschiede bei der Lizenzierung von Urheber- und Leistungsschutzrechten die Attraktivität kollektiver Wahrnehmung beeinflussen.
Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 10, Fn. 34. Dies alles ermöglicht die kollektive Wahrnehmung gebündelt, daher wird hier auch von einer Ermöglichungsfunktion von Verwertungsgesellschaften gesprochen, vgl. Staats, ZUM 2013, 162, 164; vgl. auch Erwgr. 2 des RL-E COM(2012) 372 final. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 5, 10. Quintais, On Peers and Copyright, S. 78. Hier überwiegt die individuelle Lizenzierung, Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 9, Fn. 29. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 9. v. Lewinski, in: Ohly u. a., Festschrift Schricker, S. 401. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 9, Fn. 29.
B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU
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1. Urheberrechte Bezüglich der Urheberrechte bestehen Unterschiede in der ökonomischen Werthaltigkeit von bestimmten Repertoires. Kaum ein Musikdienst, der grenzüberschreitend tätig ist, wird auf das attraktive anglo-amerikanische Repertoire verzichten können (zur Darstellung der Repertoire-Kategorien oben, S. 41). Diese Marktbedeutung führt zu einer Stärkung des individuellen Wahrnehmungspotentials auch bei Online-Nutzungen von einzelnen Repertoires.²¹⁹ Durch die Verschiebung von physischem Werkgenuss hin zur Online-Rezeption ist das Bestreben groß, die auf diese Weise entstandenen Einnahmenverluste durch individuelle Verhandlung über zumindest bessere Zahlungsmodalitäten zu kompensieren, was zur Herausnahme von Online-Urheberrechten aus dem System der kollektiven Wahrnehmung über Verwertungsgesellschaften gerade der marktstarken großen Rechtsinhaber geführt hat.²²⁰ Marktdominanz aufgrund von Rechtebündelung und Nichtsubstituierbarkeit von geistigem Schaffen haben Einfluss auf die Entwicklung der freiwilligen kollektiven Rechtswahrnehmung. Pauschal lässt sich also für Online-Nutzungen nicht sagen, dass aus ökonomischen Gründen allein die Wahrnehmungsgemeinschaft am besten geeignet ist, Lizenzierungsprobleme zu lösen. Gelingt es einem Rechtsinhaber, viele Rechte bei sich zu vereinen, so bietet sich für ihn eine individuelle Zentrallizenzierung an. Auch dann aber sind weitere Vorteile der kollektiven Rechtewahrnehmung bei der Entscheidung für eine Wahrnehmung, die zumindest dem klassischen kollektiven System nahe steht, zu berücksichtigen. Dass solch große Rechtsinhaber eigenständig, d. h. ohne Beteiligung von Verwertungsgesellschaften ihr Repertoire lizenzieren werden, ist nicht wahrscheinlich.²²¹ Ihr Repertoire besteht lediglich aus den Online-Vervielfältigungsrechten. Die Wiedergaberechte liegen bei den Verwertungsgesellschaften.²²² Zu groß ist daher ihre strukturelle Abhän-
Aufgrund des Absorptionseffekts von weniger stark nachgefragtem Repertoire durch attraktives Repertoire bei einer Blankolizenzierung daher als vorteilhafte Risikominimierung eingeordnet bei Peréz Gómez/Echavarría Arcila, Int. J. Int. Prop. Management 2014, Vol. 7, Nos. 3/4, 103, 111. Hierzu auch die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive von Emler, Wettbewerb, S. 259. Stellungnahme des MPI zu 2005/737/EG, GRUR Int 2006, 222, 224. Zuletzt festgestellt in der Entscheidung der EU-Kommission vom 16.6. 2015 im Wettbewerbsverfahren des Joint Ventures, International Copyright Enterprise (ICE), der britischen PRSfM, der schwedischen STIM und der GEMA, Sache COMP/M. 6800, S. 39, Rdnr. 193 – ICE. Seinen Ursprung hat dieses gespaltene System von Vervielfältigungs- und Wiedergaberechten im anglo-amerikanischen Rechtsraum: Dort treten die Urheber die Vervielfältigungsrechte vollständig an die Musikverlage ab, die sie eigenstängig wahrnehmen. Die Aufführungsrechte hingegen räumen sie zur Wahrnehmung einer Verwertungsgesellschaft ein. Vgl. hierzu
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
gigkeit von den Rechten der öffentlichen Zugänglichmachung (im Folgenden matching rights), die für sie nur über Verwertungsgesellschaften zu vermitteln sind. Schließlich sind, wie bereits erläutert, für Online-Nutzungen beide Rechte erforderlich. Darüber hinaus verfügen Verwertungsgesellschaften über einen Zugriff auf wesentlich bessere Datenbanken der matching rights und share pictures ²²³ (split copyrights), aufgrund derer sie schnell und einfach Beschwerden und Doppelbuchungen bearbeiten und vermeiden können.²²⁴ Im Laufe der Jahre haben Verwertungsgesellschaften außerdem IT-Kapazitäten und Standards entwickelt, die für schnelle Verarbeitungsprozesse der bei der Wahrnehmung von Rechten im Online-Bereich anfallenden massenhaften Daten unabdingbar sind.²²⁵ Für die großen Rechtsinhaber sind sie wichtige Quelle von nötigen Ressourcen. Sie selbst haben bisher aufgrund hoher Investitions- und Infrastrukturkosten kaum Anreiz zur vollständigen Individuallizenzierung außerhalb der kollektiven Wahrnehmung. Die bestehenden kollektiven Strukturen weisen folglich auch für große Rechtsinhaber Vorzüge auf, die sie nicht in Gänze aufgeben werden.²²⁶ Der Weg einer halb-individuellen Wahrnehmung ist allerdings weniger marktmächtigen Rechtsinhabern versperrt, sodass für sie ein Kollektiv, das die Bündelung der Rechte an einer oder auch mehreren Stellen erreichen kann, im Rahmen der Wahrnehmung von Urheberrechten probates Mittel bleibt.²²⁷
Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 13; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 188 ff., insb. S. 197, 202. Aufschlüsselung der Werthaltigkeit von Rechtebruchteilen verschiedener Rechtsinhaber bei Verwertungsgesellschaften, wie sie bei split copyrights üblich sind. Von der EU-Kommission werden sie definiert als „a dataset showing the share of the ‘rights ownership’ or the claims to total royalty for a given work which is attributable to different authors/publishers in a given musical work. This ‘share picture’ may vary from country to country […]. Moreover, the ‘share picture’ is not static, but continuously changes over time.“, EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 8, Fn. 28 – ICE. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 39 – ICE. Beispielhaft seien auf den Datenverarbeiter ICE Services, eine gemeinsame Tochtergesellschaft von PRSfM, STIM und GEMA, und die beiden IT-Tochtergesellschaften der GEMA IT4IPM und iSYS sowie den verwertungsgesellschaftsübergreifenden International Standard Work Code (ISWC) hingewiesen. Hierzu oben, Fn. 221. Eine Analyse von individueller oder kollektiver Rechtswahrnehmung im Online-Bereich findet sich bei Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 452 ff., 463 f.
B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU
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2. Leistungsschutzrechte Im Gegensatz zum Urheberrecht können die Leistungsschutzrechte des ausübenden Künstlers aus §§ 77 und 78 UrhG gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 UrhG translativ übertragen werden;²²⁸ die Möglichkeit der Einräumung von Nutzungsrechten gemäß § 79 Abs. 2 UrhG bleibt daneben bestehen.²²⁹ Es wurde bereits erklärt, dass die Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler zumeist dem Tonträgerhersteller vertraglich übertragen werden, sodass in seiner Hand eine Rechtebündelung erfolgt.²³⁰ Die Leistungsschutzrechte sind meist bei großen Musikunternehmen vereint,²³¹ denen im Gegensatz zu den einzelnen Urhebern die individuelle Lizenzierung kaum Probleme bereitet.²³² Die Rechtsmärkte sind daher nicht zu vergleichen. Es wurde ebenfalls dargestellt, dass sowohl ausübende Künstler als auch Tonträgerhersteller über Ausschließlichkeitsrechte (Vervielfältigungsrecht und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, teilweise Senderecht) und Vergütungsansprüche (Senderecht) verfügen. Für Online-Musikdienste sind beide Arten von Relevanz, sofern sie sowohl ein Abrufangebot als auch ein lineares Radio bereitstellen. Traditionell ist die Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten durch Verwertungsgesellschaften auf die Zweitverwertungsrechte beschränkt, wie beispielsweise der Vergütungsanspruch bei Sendung von Tonträgern über Webradios.²³³ Die Erstverwertungsrechte im Online-Bereich – Zugänglichmachung und Vervielfältigung – werden individuell durch die Tonträgerhersteller wahrgenommen.²³⁴ Die kollektive Rechtswahrnehmung im Bereich der Leistungsschutzrechte ist für den vorliegenden Sachverhalt überwiegend zu vernachlässigen und wird nur im Bereich der Sendung relevant. Selbst kleinere Musikunternehmen, sogenannte Independent Labels, haben ihre Art der kollektiv-individuellen Rechtswahrnehmung ihrer Online-Rechte als Tonträgerhersteller abseits der klassischen Verwertungsgesellschaften etabliert.
Dagegen aber Grünberger, Das Interpretenrecht, S. 257 f. Büscher, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 79, Rdnr. 2. Dies ist der Regelfall, s. Ingendaay, Künstlerverträge, S. 109 ff. Beachtlich ist aber, dass die publishing rights und die recording rights, also Verlagsurheberrechte und Tonträgerherstellerrechte, nicht immer in der Hand eines Musikunternehmens liegen müssen, selbst wenn das Unternehmen Verlag und Tonträgerhersteller in sich vereint. Häufig liegen auch diese Rechte bei unterschiedlichen Unternehmen, vgl. EU-Kommission, C(2016) 5113 final, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 70 – Sony. Handke/Towse, IIC 2007, 937, 940. Ruzicka, in: Gerlach/Evers, § 1, S. 7. Schaefer, in: Gerlach/Evers (Hrsg.), 50 Jahre GVL, 2012, § 4, S. 39; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 270.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
Sie sind in dem europäischen Verband Impala²³⁵ organisiert, der mit Merlin eine Lizenzierungsplattform für ihre Online-Rechte geschaffen hat.²³⁶ Impala selbst ist eines von 25 Mitgliedern der globalen Organisation Worldwide Independent Network (WIN), in der Indie-Verbände aus aller Welt vereint sind. Sie bilden ein Gegengewicht zu den drei großen Musikunternehmen (Sony, Warner und Universal, die jeweils Musikverlag und Tonträgerhersteller sind, vgl. Fn. 20) und werden daher oft als vierter Major bezeichnet.²³⁷
3. Ergebnis Damit ist die allgemeine Behauptung widerlegt, das klassische Modell der kollektiven Rechtswahrnehmung über ausschließlich herkömmliche Verwertungsgesellschaften sei die beste Lösung der Lizenzierungsprobleme im Online-Bereich.²³⁸ Die Frage ist vielmehr die, wie Verwertungsgesellschaften so effektiv werden, dass sie mit der individuellen Verwertung konkurrieren können und somit einen Anreiz für die Rechteinhaber schaffen, Verwertungsgesellschaften ihr Repertoire zur Wahrnehmung zu überlassen.
III. Veränderung durch technologische Einflüsse Dabei kann die fortschreitende technologische Entwicklung hinderlich oder förderlich für die Attraktivität von Verwertungsgesellschaften sein. Durch das Internet mit seinen facettenreichen Möglichkeiten wurde der kollektiven Rechtewahrnehmung ein erheblicher Wandel prognostiziert.²³⁹ Für Rechteinhaber sei es im Online-Bereich ein Leichtes, ihre Rechte an Nutzer individuell zu vergeben, sodass sie sich nicht mehr den unflexiblen Strukturen einer Verwertungsgesell-
Gegründet 2000, vgl. www.impalamusic.org/node/9. Gegründet 2007, http://www.merlinnetwork.org/. Tatsächlich stehen den drei großen Musikunternehmen tausende Independents gegenüber, die sich selbst einen globalen Marktanteil von 37,6 % zuschreiben, Worldwide Independent Network (WIN), Worldwide Independent Market Report 2016, S. 25, 26, 28. Und dennoch stammen 95 % aller Top-100-Songs aus Radio und Downloadvertrieb in Europa aus dem Repertoire der drei Majors, vgl. www.impalamusic.org/node/9. Drexl, in: Riesenhuber, Wahrnehmungsrecht in Polen, § 10, S. 223. Möschel/Bechtold, MMR 1998, 571, 576; Bechtold, Implikationen des Digital Rights Management; besprochen von Peukert, UFITA 2002, 689 ff.
B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU
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schaft unterzuordnen hätten. Die Digitalisierung und das Internet ermögliche es sogar den Urhebern, die Verwertung ihrer Werke selbst in die Hand zu nehmen.²⁴⁰
1. DRM-Systeme Dieser Effekt ist bislang nicht eingetreten,²⁴¹ da eine individuelle Rechtswahrnehmung im Hinblick auf die Rechtsdurchsetzung unter anderem eng an die Akzeptanz und Funktionsfähigkeit von Digital-Rights-Management-(DRM‐)Systemen²⁴² geknüpft ist. Beides hat sich im Musiksektor wegen mangelnder technischen Standardisierung und fehlendem Verbraucherschutz²⁴³ nicht etablieren können. Waren DRM-Systeme ursprünglich als Hilfsmittel der individuellen Wahrnehmung gedacht, fungieren sie nunmehr als technische Lösungen für die Nachverfolgung von Abrufzahlen online und haben sich damit zu einer wichtigen Stütze der kollektiven Rechtswahrnehmung entwickelt.²⁴⁴
2. Plattformen Allerdings zeichnen sich Tendenzen ab, die sowohl das Geschäftsmodell der kollektiven Wahrnehmung als auch das des Verlages aufgrund technischen Fortschritts zumindest anzugreifen geeignet sind. Risikobereite Urheber und Künstler testen die Möglichkeit des Selbstverlages oder andere Chancen der Selbstvermarktung auf Online-Musikplattformen wie SoundCloud, auf der sie ihre Werke einem interessierten Publikum vorstellen, in Verbindung zu ihren Fans treten und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen können.²⁴⁵ Die Plattform substituiert
Schack, UrhR, § 39, Rdnr. 1382; The Harvard Law Review Association (Publ.), Harvard L.Rev. 114 (2001) 2438, 2449. Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461 ff.; Müller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 39. Digital-Rights-Management-Systeme umschreiben lediglich eine bestimmte Klassifikation eines technischen Datei-Kopierschutzes, ohne den Anspruch eines abschließenden Charakters zu haben. DRM bezeichnet elektronische Vertriebssysteme digitaler urheberrechtlich geschützter Inhalte, welche deren sichere Verbreitung und Verwertung ermöglichen, s. Flechsig, in: Loewenheim, Festschrift W. Nordemann, S. 313, wie beispielsweise im iTunes-Katalog von Apple bis 2009 üblicherweise praktiziert. Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461, 476, 479; Müller, in: Hoeren/Sieber/ Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 39. Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 272. Siehe https://soundcloud.com/pro.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
damit in gewissem Maße die Funktion eines Verlages²⁴⁶ und dient der Selbstlizenzierung. Allerdings ist diese Form der individuellen Rechtswahrnehmung an eine Einzelplattform gebunden und nicht ausreichend, die kollektive Rechtswahrnehmung vollumfänglich zu ersetzen. Für Rechtsinhaber ist es nicht wirtschaftlich, ausschließlich auf einer Plattform vertreten zu sein. Von Wert ist sie allerdings als Testballon für Schöpfungen und ihre Vermarktung. Darüber hinaus können auch Distributoren die Rolle von kollektiven Wahrnehmungsstrukturen und auch Verlagen übernehmen.²⁴⁷ Sie machen eine individuelle Wahrnehmung möglich, da sie ohne vorherige Rechtseinräumung lediglich den Online-Musikdiensten das Werk übermitteln. Rechtsinhaber behalten dadurch vollständig ihre Rechte. Dies kommt allerdings nur für solche Rechtsinhaber in Betracht, die alle Rechte an einem Werk innehaben. Solche Modelle verdeutlichen aber den Wandel der Rechteverwertung:²⁴⁸ Auch Musikverlage sehen sich einem zunehmenden Wettbewerb mit neuen Marktakteuren ausgesetzt, wodurch das Modell der Rechtseinräumung als Gegenleistung für Verlagsleistungen herausgefordert wird.
3. Blockchain-Technologie Künstler wie Imogen Heap testen neuartige informationstechnologische Modelle, die abseits der klassischen kollektiven Wahrnehmung von Musikrechten entwickelt wurden. Ein durch die Internetwährung Bitcoin erstmals implementiertes dezentrales Protokoll namens Blockchain erlaubt die legale Verbreitung von Musikwerken mit allen erforderlichen Daten aus einer einzigen Quelle unter steter, softwarebasierter Kontrolle des gesamten Netzwerkes. Jede denkbare Transaktion, die innerhalb eines P2P-Netzwerkes als Block erstellt wird, wird mit einem Hash-Wert versehen, welcher transparent und so gut wie nicht fälschbar ist.²⁴⁹ Jede nachfolgende Transaktion, jeder weitere Block, wird verkettet und hinzugerechnet, sodass hieraus ebenfalls wieder ein Hash-Wert dargestellt wird. Die Transaktionskette ist damit kaum manipulierbar, da der am Ende stehende Hash-Wert einzigartig und durch den Algorithmus verifiziert ist.²⁵⁰ Stimmt der Endwert nicht mit dem Zielwert überein, können die Manipulationen in der Kette
Mit seinem Programm Deezer Next bewirbt und baut der französische Streamingdienst Künstler auf seiner Plattform gezielt auf und und übernimmt damit verlegerische Dienstleistungen, vgl. Schmiechen, Artikel vom 12.4. 2017, welt.de. Zu der Rolle der Musikverlage im Musikgeschäft grundlegend Kohn, On Music Licensing, S. 74 ff. Jones, Artikel vom 9. 3. 2017, musicbusinessworldwide.com. Ebd. Kaulartz, CR 2016, 474, 475. Kaulartz, CR 2016, 474, 476.
B. Kollektive Wahrnehmung der Verwertungsrechte in der EU
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nachvollzogen werden. Wird nun ein Musikwerk über eine Blockchain an den Endnutzer verteilt, kann die Datei mit allen nur denkbaren, für den Rechtsinhaber für wichtig befundenen Daten versehen werden: Nutzungsbedingungen, die am Werk Beteiligten, Verlagsinformationen, Gebietsbeschränkungen, Kopierschutzdateien sowie die Zahlungsmodalitäten, etc. Automatisiert könnten so Vergütungsrückflüsse über Kryptowährungen direkt innerhalb weniger als einer Sekunde an die Rechteinhaber zurückgeleitet werden, und zwar entsprechend ihren vertraglich vereinbarten und zugewiesenen Anteilen an einem Werk.²⁵¹ Gerade für unabhängige Urheber und Künstler, die nicht an einen Verlag gebunden sind, kann Blockchain einen einfachen Zugang zu Rezipienten mit entsprechender Vergütung bedeuten. Es existieren bereits darauf basierende Mikrolizenzdienstleister, wie beispielsweise Ujo Music. Ujo ist eine Musikdistributionsplattform und basiert auf der Ethereum-Blockchain. Künstler sollen über die Website ihre Werke direkt lizenzieren können. Am Beispiel des Musikwerks „Tiny Human“ von Imogen Heap wird auf der Website verdeutlicht, wie Transaktionen und Lizenzierungsprozesse über Musikwerke zukünftig vereinfacht werden könnten; dort sind alle Rechtsinhaber dokumentiert, ihre prozentualen Anteile, die Lizenznehmer anonymisiert durch ihren Blockchain-Schlüssel und wie viel bereits über die Webseite eingenommen wurde.²⁵² Die Musikindustrie hat auf dieses Verfahren bereits ein wachsames Auge geworfen. Die von ihnen verarbeiteten riesigen Datenvolumina wachsen jährlich um das 15-fache.²⁵³ Um sie aufzubereiten, einzupflegen und zu verarbeiten, sind Datenbanken von enormer Größe und gewaltige personelle Ressourcen erforderlich, die nicht frei von einer gewissen Fehleranfälligkeit sind. Die Technologie erscheint vielversprechend für ein effizientes Lizenzierungsverfahren im OnlineMusiksegment.²⁵⁴ Ein datenbankspezifisches Beispiel liefert Dot Blockchain Music. Anstelle der Erzeugung einer .mp3- oder .wav-Datei werden Werke in dem Format .bc erzeugt und übermittelt. Diese Datei enthält dann alle denkbaren Informationen bezüglich des Werkes wie in einem Container, der in die Blockchain eingetragen wird.²⁵⁵ Dennoch befinden sich auch diesbezügliche Überlegungen zur Umsetzung in die Praxis noch in den Kinderschuhen. Ob tatsächlich gegen den Widerstand der großen Verlage ein gemeinsamer Standard zur Lizenzierung via Blockchain gefunden werden kann, ist fraglich. Darüber hinaus sind die rechtlich relevanten
Ein Rechenbeispiel findet sich bei Rethink Music Initiative, Fair Music, 2015, S. 27. Siehe https://alpha.ujomusic.com/#/imogen_heap/tiny_human/tiny_human. Schwirzke, Artikel vom 1.9. 2016, heise.de. Hierzu auch Scheufele, ZUM 2017, 316, 319. Rogers, Artikel vom 24. 2. 2016, www.medium.com/cuepoint.
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Fragen bislang ungeklärt: wer soll Daten eintragen dürfen und die Verantwortung für falsche Daten übernehmen und wie kann Missbrauch verhindert werden? Sofern es den Marktbeteiligten gelingt, gemeinsame Richtlinien zu finden, böte das Verfahren die Möglichkeit, über eine solche einheitliche Datenbank die Lizenzierung von Online-Rechten zu vereinfachen und zu beschleunigen. Eine solche Datenbank müsste nicht öffentlich zugänglich sein. Schon heute bieten Unternehmen wie IBM Lösungen für Implementierungen der Blockchain, die sowohl Interoperabilität als auch vertrauliche Transaktionen möglich machen.²⁵⁶ Verwertungsgesellschaften könnten hier eine führende Rolle einnehmen und als Verwalter fungieren, ohne um ihre Existenz fürchten zu müssen.²⁵⁷
IV. Fazit Während das System der individuellen Lizenzierung von Leistungsschutzrechten gefestigt ist,²⁵⁸ hat die kollektive Wahrnehmung im Bereich der Urheberrechte ihre Berechtigung durch den digitalen Wandel nicht verloren. Nach wie vor kommt es auf die Bündelung von Verhandlungsmacht an. Neue technische Möglichkeiten haben sich noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Eine ebenso effiziente Bündelungsmöglichkeit der Rechte wie im Rahmen der Wahrnehmung von zahlreichen Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften wurde zumindest für die Vielzahl der vereinzelten Rechtsinhaber noch nicht gefunden. Für Rechtsinhaber ist der Aufwand einer rein individuellen Wahrnehmung oft nicht zu bewältigen und daher ineffizient, wollen sie auf mehr als einer Plattform gehört werden. Das provoziert die Frage, ob die bisherige Lizenzierungspraxis von OnlineRechten eine ernsthafte Alternative zur individuellen Wahrnehmung darstellt, oder für Rechtsinhaber nur geringeres Übel ist.
Siehe www.ibm.com/blockchain/hyperledger.html. Hierfür gibt es erste Anzeichen: PRSfM, ASCAP und SACEM vermeldeten im April 2017 eine Blockchain-Kooperation unter Beteiligung von IBM’s Hyperledger Fabric für den Aufbau einer ersten dezentralen Datenbank für Metadaten von Musikwerken, vgl. die Pressemitteilung von ASCAP, 7.4. 2017, abrufbar unter: https://www.ascap.com/press/2017/04- 07-ascap-sacem-prsblockchain. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 273.
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C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung I. Einführung Grenzüberschreitend tätige Verwerter von Musik im Online-Bereich stehen vor der Herausforderung, die erforderlichen Nutzungsrechte zu ermitteln und an den entsprechenden Stellen einholen zu müssen. Da sie unter ökonomischen Gesichtspunkten auf eine hohe Verbraucherakzeptanz angewiesen sind, ist ein umfassendes Repertoire unerlässlich. Die gegenwärtige Praxis der Online-Musikdiensteanbieter im Rahmen der Rechteklärung folgt einer stufenweisen Rechteeinholung: Zunächst werden die Leistungsschutzrechte bei den Tonträgerherstellern gesichert.²⁵⁹ Nachfolgend werden Lizenzverhandlungen mit den großen Musikverlagen wie Sony, Warner und Universal über deren Urheberrechte geführt. Zuletzt werden die übrigen erforderlichen Rechte von den Verwertungsgesellschaften lizenziert.²⁶⁰ Diese stufenweise Lizenzierungspraxis spiegelt sich auch in der prozentualen Verteilung der von Online-Diensten gezahlten Vergütungen wider: Während lediglich 12 % der Einkünfte eines Online-Musikdienstes an Verwertungsgesellschaften und Musikverlage fließen, erhalten einer Analyse der EU-Kommission zufolge Tonträgerhersteller durchschnittlich 60 % der Einnahmen.²⁶¹ Gleichwohl sind die kollektiv wahrgenommenen Urheberrechte über Verwertungsgesellschaften für die Musikverwertung im Online-Bereich unabdingbar und verschaffen Musikanbietern Zugang zu einem breiten und vielfältigen Werkspektrum, da Verwertungsgesellschaften stets Blankolizenzen an ihrem gesamten Repertoire vergeben.²⁶² Neben der Repertoiregröße ist für einen grenzübergreifend tätigen OnlineMusikdienst allerdings auch die territoriale Reichweite der eingeräumten Rechte entscheidend. Wie oben dargestellt²⁶³ sind alle erforderlichen Rechte für all jene Länder einzuholen, an die sich ein Online-Musikdienst bestimmungsgemäß richtet. Der folgende Abschnitt behandelt diesen Rechtefluss. Die Wahrnehmung der „Online-Rechte“ wird zunächst national am Beispiel der GEMA erläutert (II.), um anschließend das System der Gegenseitigkeitsver-
EU-Kommission, C(2016) 5113 final, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 89 – Sony. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 48. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 62. Drexl, Collective Management of Copyrights, in: Purnhagen/Rott, S. 463; Melichar, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 45, Rdnr. 7. Oben, S. 39 ff.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
träge darzustellen, das sich für den multiterritorialen Online-Bereich als ungeeignet erwiesen hat (III.). Da über sie nicht an grenzüberschreitende Lizenzen zu gelangen war, wurden verschiedentliche Maßnahmen auf EU-Ebene ergriffen, die anschließend erörtert werden. Aus dieser europäischen Entwicklung folgen die Gründe für eine grundsätzliche Neukonzeption der Rechtswahrnehmung im Online-Bereich durch die Richtlinie 2014/26/EU.
II. Wahrnehmung der Online-Rechte über Verwertungsgesellschaften am Beispiel der GEMA 1. „Online“ als bekannte Nutzungsart Die GEMA führte bereits 1996 die Online-Rechte in ihren Berechtigungsvertrag ein und war damit fortschrittlich.²⁶⁴ Aufgrund von vor diesem Zeitpunkt geschlossenen Treuhandverträgen war die GEMA jedoch nicht mit der Wahrnehmung im Online-Bereich betraut, da sie wegen § 31 Abs. 4 UrhG a.F.²⁶⁵ nicht Rechtsinhaberin der Nutzungsrechte für die Verwertung von Musikwerken im Internet geworden war. § 31 Abs. 4 UrhG a.F. normierte die Unwirksamkeit von Rechtseinräumungen für unbekannte Nutzungsarten. So erforderte die Wahrnehmung dieser Rechte durch die GEMA einen stets individuell erfolgten Neu-Vertragsabschluss mit ihren Mitgliedern.²⁶⁶ Hinsichtlich aller Neuverträge nimmt die GEMA alle Online-Verwertungsrechte wahr. Sofern also ein Komponist oder Textdichter sich für die kollektive Wahrnehmung seiner Rechte entscheidet, und sie nicht bereits an einen Verlag ausschließlich eingeräumt hat,²⁶⁷ hat er der GEMA an bestehenden und künftigen
Beschluss der GEMA-Mitgliederversammlung vom 9./10.7.1996, vgl. § 1 lit. h GEMA-BerV 1996, GEMA-Jahrbuch 1996/1997, S. 161 f. Spätestens seit dem Jahr 2000 sind Werkverwertungen in Online-Diensten als bekannte Nutzungsarten anzusehen, nach diesem Zeitpunkt geschlossene Wahrnehmungsverträge erfassen also unproblematisch die Online-Auswertung von Urheberrechten, Wiebe, in: Spindler/Schuster, Recht der e-Medien, § 31a UrhG, Rdnr. 7. Ersatzlos gestrichen durch das zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26.10. 2007, BGBl. 2007 I, S. 2513 f. Nur zögerlich kamen die großen Major-Verlage dem nach. Noch im Jahr 2003 fehlten die Unterschriften von Warner, EMI, Universal, Sony und BMG, vgl. Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann, Hdb. Musikwirtschaft, S. 632, 634. Es ist dennoch davon auszugehen, dass alle großen Rechtsinhaber die Klarstellung zum Wahrnehmungsumfang auch der Online-Rechte der GEMA unterzeichnet haben, da ansonsten eine Herausnahme dieser Rechte, wie später geschehen, unnötig gewesen wäre. Zum Prioritätsprinzip zuletzt BGH, GRUR 2016, 596 – Verlegeranteil. Dagegen Ventroni, ZUM 2017, 187, 193 mit Verweis auf Riesenhuber, ZUM 2012, 746, 749 f.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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Werken das Recht zur Vervielfältigung in Datenbanken, Dokumentationssystemen oder in Speichern ähnlicher Art, § 16 UrhG, sowie das Recht, die in Datenbanken, Dokumentationssystemen oder Speichern ähnlicher Art eingebrachten Werke elektronisch oder in ähnlicher Weise zu übermitteln, § 19a UrhG, eingeräumt.²⁶⁸ Ihr wird auch das Senderecht zur Wahrnehmung eingeräumt.²⁶⁹ Das gewählte technische Übertragungsmittel einer Sendung ist für den Lizenzierungsvorgang nicht relevant, es existiert daher kein spezielles „Online-Senderecht“. Es wird den „Online-Rechten“ bei Internetsachverhalten zugerechnet (oben, S. 62). Damit ist die GEMA grundsätzlich in der Lage, die erforderlichen Urheberrechte der ihr angeschlossenen Urheber an Online-Musikdienste zu vergeben.
2. Wahlfreiheit Rechtsinhaber können die Verwertungsgesellschaft, der sie ihre Rechte zur Wahrnehmung einräumen wollen, vollkommen frei wählen.²⁷⁰ Üblicherweise wird in den Berechtigungsverträgen mit der Verwertungsgesellschaft festgelegt, welche Rechte für bestimmte Nutzungsformen für welche Territorien zur Wahrnehmung an die Verwertungsgesellschaft eingeräumt werden. Der GEMA-Berechtigungsvertrag enthält mit § 16 eine entsprechende Bestimmung. Diese umfassende Wahlfreiheit wurde mit Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2014/26/EU unionsweit festgeschrieben, sodass beispielsweise eine Verwertungsgesellschaft auch nur mit dem Recht der Vervielfältigung zur Verbreitung im Internet betraut werden kann.²⁷¹ Damit können die Nutzungsrechte für unterschiedliche OnlineNutzungsformen, einmal das Vervielfältigungsrecht und das Recht für die OnlineZurverfügungstellung von Musik im Wege des Streaming oder Downloading, in verschiedenen Händen liegen.²⁷² Der Umfang der Rechtseinräumung an eine Verwertungsgesellschaft kann also durchaus inhaltlich beschränkt sein – für den Rechtenutzer eine intransparente Verkomplizierung der Rechteklärung. Für den Rechtsinhaber aber macht dies eine kollektive Rechtswahrnehmung durchaus attraktiv, da er Verwertungsgesellschaften nur für solche Nutzungsarten beauftragen kann, bei denen sich für ihn eine individuelle Wahrnehmung nicht rechnet, wie dies im Online-Bereich (noch) der Regelfall ist.
Vgl. § 1 lit. h GEMA-BerV; LG München I, ZUM-RD 2015, 600, 601. § 1 lit. i GEMA-BerV. EG-Kommission, Entscheidung vom 2.6.1971, ABl. L 134/15 ff. – GEMA I und EuGH, GRUR Int. 1974, 342 – SABAM III; EuGH, GRUR Int 1983, 734 – GVL. Vgl. Erwgr. 19 der Richtlinie 2014/26/EU. Ausdrücklich Erwägungsgrund 37 der Richtlinie 2014/26/EU.
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3. Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung Hat sich ein Rechtsinhaber für die kollektive Rechtswahrnehmung entschieden, ist er von weiterer Verfügung ausgeschlossen, d. h. weder er noch ein Dritter kann künftig rechtmäßig Lizenzen erteilen, wenn die Rechtseinräumung ausschließlich erfolgt. Allein die beauftragte Verwertungsgesellschaft kann – zumindest in ihrem Territorium – dann die vertraglich vereinbarten Kategorien verwerten.²⁷³ Er entledigt sich vollständig seiner Verfügungsbefugnis über seine Verwertungsrechte, es sei denn, die Ausschließlichkeit wurde zwischen den Parteien eingeschränkt, was § 31 Abs. 3 S. 2 UrhG grundsätzlich zugunsten des Inhabers gestattet (sogenannte Ausschließlichkeit schwächerer Wirkung).²⁷⁴ Dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall. Die Online-Rechte werden der GEMA gemäß § 1 lit. h) ihres Berechtigungsvertrages von den Rechtsinhabern exklusiv zur Wahrnehmung eingeräumt.²⁷⁵
a. Gründe für eine ausschließliche Rechtswahrnehmung Im Gegensatz zur Praxis der U.S.-amerikanischen Verwertungsgesellschaften²⁷⁶ wurde die kollektive Rechtewahrnehmung in Europa über Jahrzehnte von Exklusivitätsklauseln beherrscht. Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung ist letztlich Ausfluss und Basis eines rechtlich gebilligten natürlichen Monopols von Verwertungsgesellschaften.²⁷⁷ Würde die Wahl zwischen ausschließlicher und einfacher Rechtseinräumung gewährt, so wäre zumindest theoretisch die Ausbildung konkurrierender Wahrnehmungsinitiativen/-agenten denkbar. Gerechtfertigt wird die Exklusivität mit dem Konzept einer Treuhandschaft, die der Wahrnehmungstätigkeit von Verwertungsgesellschaften gesetzlich auferlegt ist.²⁷⁸ Damit verbindet sich die Erwartung größerer Wirksamkeit der Rechtewahrnehmung, wie die Verwertungsgesellschaften argumentieren: Nur über
LG Köln, ZUM 1998, 168, 169 – Kunstklotz. Beck, Der Lizenzvertrag im Verlagswesen, S. 20; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 31, Rdnr. 58 ff. OLG München, ZUM 2016, 56. Poll, K&R 2015, 166, 167. Auch die britische PRS for Music lässt sich ausschließliche Rechte einräumen, vgl. PRS for Music Code of Conduct, S. 11, abrufbar unter https://www.prsformusic. com/code-of-conduct. Eingehend zur Ausbildung von Netzwerkeffekten auch bei Verwertungsgesellschaften, die in ein solches Monopol führen können, Drexl, in: Hilty/Geiger, S. 376; aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive Emler, Wettbewerb, S. 164. Vgl. § 2 VGG, ausweislich der Gesetzesbegründung soll das Merkmal „zu deren kollektiven Nutzen“ inhaltlich der „gemeinsamen Auswertung“ aus dem abgelösten UrhWG entsprechen, BTDrs. 18/7223, S. 72; Schack, UrhR, § 37, Rdnr. 1348.
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ausschließliche Rechtseinräumung könne ein Handeln im besten Wissen und Interesse für die Rechteinhaber erfolgen, da die Ausschließlichkeit erst eine kritische Verhandlungsmacht begründe.²⁷⁹ Gerade die aus einem exklusiven Repertoire folgende Verhandlungsstärke komme den Rechtsinhabern zugute und helfe bei der Durchsetzung höherer Vergütungen.²⁸⁰ Dagegen würde Nicht-Exklusivität einen Wettlauf um die geringste Lizenzgebühr hervorrufen – diese Diskussion wird an anderer Stelle unter dem Stichwort der sogenannten race-tothe-bottom-Problematik geführt²⁸¹, die letztlich zu einer Preisabwärtsspirale für Lizenzen und ihrer Entwertung führte –, da sich der gewerbliche Nutzer stets für diejenige Verwertungsgesellschaft entscheiden würde, die ihm die geringste Lizenzgebühr anbieten kann. Ferner könnte zu befürchten sein, dass die Quersubventionierung von Nischenrepertoire außerhalb des Mainstream-Erfolgsrepertoires in kulturschädigendem Ausmaße durch Preisgabe der Exklusivitätsregelungen verhindert würde. Steht weniger Geld zur Verfügung, wird auch die kulturelle Förderung, auf die mancher Urheber angewiesen ist, dementsprechend verringert.²⁸² Hat ein Rechtsinhaber seine Rechte mehreren Verwertungsgesellschaften zur Wahrnehmung eingeräumt, könnte der gewerbliche Nutzer sich seinen Lizenzgeber aussuchen. Wird er die niedrigste Lizenzgebühr wählen, kommt davon auch weniger bei den Rechtsinhabern an, die letztlich nichts von der Nicht-Ausschließlichkeit haben, sofern keine Einheitspreise festgelegt werden.
Diese Praxis wurde jedoch stets von der EG-Kommission und gerichtlich gebilligt, vgl. EGKommission, ABl. 1971 L 134/15 ff. – GEMA I und EuGH, GRUR Int. 1974, 342 – SABAM III. Hierzu Karnell, GRUR Int 1991, 583, 588 ff. Diese Repertoire-Exklusivität hob bereits die EU-Kommission im Jahr 2005 hervor, um ihr Option-3-Modell zu begründen, EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 42. Aus diesem Grunde wurde bereits im Jahr 2005 von einer europäischen Implementierung der „Option 2“ (Aufhebung der territorialen und mitgliedschaftlichen Beschränkungsregeln in sämtlichen Gegenseitigkeitsverträgen) abgesehen und stattdessen die vielkritisierte „Option-3“Empfehlung der EU-Kommission ausgesprochen, vgl. EU-Kommission, SEC(2005) 1254, S. 18. Ministerrat, Addendum vom 17. 2. 2014, Erklärungen, 6434/14, S. 4. Die Richtlinie 2014/26/EU möchte lediglich zu Kulturförderung ermuntern. § 32 VGG ist der Richtlinie entsprechend als SollVorschrift ausgestaltet. Die GEMA investiert gemäß §§ 30 ff. ihres Verteilungsplans in soziale und kulturelle Zwecke. In Deutschland ist die Zulässigkeit einer „Abzweigung für soziale Zwecke“ vor dem Hintergrund des Art. 14 GG umstritten, ablehnend Schack, UrhR, § 38, Rdnr. 1373 m.w.N.; Gounalakis, Stellungnahme zum VGG-RegE, 15. 2. 2016, S. 4 m.w.N.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
b. Aktuelle Rechtslage Entgegen mancher Ansicht²⁸³ erfordert die Richtlinie 2014/26/EU gerade keine Nicht-Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung. Nur die Repräsentationsverträge zwischen Verwertungsgesellschaften müssen nicht-ausschließlich ausgestaltet sein.²⁸⁴ Änderungsanträge im Richtlinienverfahren, die eine Wahlmöglichkeit der Rechteinhaber bezüglich der ausschließlichen oder nicht-ausschließlichen Rechtseinräumung festzuschreiben beabsichtigten, wurden abgelehnt.²⁸⁵ Die Interessen der Musikverlage an einer wahlweisen konkurrierenden individuellen Rechtevergabe konnten sich nicht durchsetzen.²⁸⁶ Im unionalen Entschließungsprozess für mögliche Handlungsalternativen²⁸⁷ wurde zwar ein System der parallelen Direktlizenzierung neben dem kollektiven System für die gebietsübergreifende Lizenzierung von Online-Rechten an Musikwerken erwogen, das auf einfachen Nutzungsrechten beruht hätte.²⁸⁸ Letztlich wurde aber auf eine Non-Exklusivität der Rechtseinräumung im Online-Bereich im Verhältnis des Rechtsinhabers zu seiner Verwertungsgesellschaft verzichtet, um eine Abwärtsspirale des Lizenzpreises als verbleibenden Wettbewerbsparameter zu verhindern.²⁸⁹
c. Folgen der Ausschließlichkeit Die Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung an Verwertungsgesellschaften ist geeignet, ihre Attraktivität für Rechtsinhaber zumindest auf gleichem Niveau wie vor dem Richtlinienerlass zu halten. Schließlich war die Ausschließlichkeit der Schunke, in: Bisges, Hdb. UrhR, Kap. 4, Rdnr. 453; Peréz Gómez/Echavarría Arcila, Int. J. Int. Prop. Management 2014, Vol. 7, Nos. 3/4, 103, 111. EuGH, GRUR Int. 1990, 622ff. – Tournier, sowie EuGH, EuZW 1990, 515ff. – Lucazeau u. a.; EuGH, GRUR 2014, 473 Rdnr. 73– 75 – OSA. Jetzt kodifiziert in Art. 29 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie 2014/26/EU. Insofern ist auch Schunke, in: Bisges, Hdb. UrhR, Kap. 4, Rdnr. 453 nicht zuzustimmen. Art. 29 der Richtlinie verlangt gerade nicht, „dass die Online-Rechte an Musikwerken nicht-exklusiver Natur sind.“ Vielmehr müssen allein die Repräsentationsverträge mit Schwestergesellschaften nichtausschließlich ausgestaltet sein, ohne dass dies Einfluss auf das zugrunde liegende Wahrnehmungsverhältnis hätte. Änderungsanträge 255, 256, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013. Vgl. die Forderung der ICMP (International Confederation of Music Publishers), Stellungnahme, 23.4. 2010, S. 2, abrufbar unter ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/management/hearing20100423/panel_1_icmp_en.pdf. Dargestellt im Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 6. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 6; Holzmüller, ZUM 2013, 168, 169. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 163: „In this respect, there will be greater legal certainty, and possibly trust and confidence in the operational capacities of licensing entities, than a model that relies simply on the competitive pressures exerted by non-exclusive mandates.“
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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Rechtseinräumung in Europa bereits vorher gängige Praxis. Sie dient dem Schutz der Urheber vor dem Druck der Verwerter, auch ihnen Rechte zu gewähren. Folge der Wahlfreiheit der Rechtsinhaber ist aber auch, dass die Ausschließlichkeit begrenzt ist auf den Umfang der Rechtseinräumung. Gemäß dem Territorialitätsprinzip kann ein Rechtsinhaber beispielsweise seine nach deutschem, spanischem, englischem Urheberrecht gewährten Nutzungsrechte der GEMA ausschließlich einräumen, das französische, italienische und norwegische Recht hingegen ausschließlich der SACEM.²⁹⁰ Zudem kann er seine Rechte nach einzelnen Nutzungsarten auf mehrere Wahrnehmende verteilen. Ein einheitliches Werk kann dann durchaus von verschiedenen Gesellschaften wahrgenommen werden.²⁹¹ Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung hat damit nicht zwangsläufig eine Rechtebündelung der Rechte eines Urhebers bei einer Verwertungsgesellschaft zur Folge. Sie ist zwar schützende Instanz für strukturell unterlegene Urheber gegenüber Verwertern, doch trägt sie nichts zu einer Vereinfachung der Rechteklärung bei. Hat ein Urheber sich für die GEMA zur weltweiten Wahrnehmung seiner Online-Rechte entschieden, so kann er nicht mehr SACEM beauftragen. Ein französischer Online-Musikverwerter müsste also an die GEMA – anstelle der für ihn möglicherweise naheliegenderen SACEM – zur Lizenzierung der Rechte dieses Urhebers herantreten. Eine Übertragung dieses Gedankens auf alle europäischen Musikwerke ergibt, dass sich ein Online-Musikdiensteanbieter theoretisch an alle Verwertungsgesellschaften zwecks Lizenzierungsverhandlung wenden muss, um alle Repertoires zu erhalten. Damit ist aber noch nicht sicher, dass er auch tatsächlich Lizenzen für alle erforderlichen Länder erhalten kann. Eine Aufspaltung der Rechte ist in mehrfacher Hinsicht möglich. Im Folgenden wird erörtert, welche Strategien zur Überwindung dieser inhaltlichen und territorialen Aufspaltung erarbeitet wurden.
III. Versuche zur Überwindung der Aufspaltung der Rechte Grundgedanke der Zusammenarbeit von Verwertungsgesellschaften untereinander ist folgender: Jede Verwertungsgesellschaft soll nicht nur die Rechte der ihr originär über Wahrnehmungsverträge angeschlossenen Rechteinhaber lizenzieren können. Einem Verwerter soll vielmehr ein möglichst großes Repertoire auch Anderslautende Mitgliedschaftsbestimmungen in der Mustervereinbarung der CISAC wurden durch die EU-Kommission im CISAC-Verfahren kassiert, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/C2/ 38.698 – CISAC, Rdnr. 123 ff. Karbaum/Oeller, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 17, Rndr. 10, S. 795. Dies verkennend Denga, Legitimität und Krise, S. 36.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
von ausländischen Werken für bestimmte Nutzungen zur Verfügung gestellt werden können, um die Attraktivität von kollektiver Rechtswahrnehmung zu erhöhen. Auf diese Weise sind nämlich eine Repertoireaggregation und die Wahrnehmung des Hausrepertoires im Ausland über die Strukturen der Schwestergesellschaften möglich. Zu diesem Zweck existieren sogenannte Gegenseitigkeitsverträge. Solche Gegenseitigkeitsverträge sind ein Weg, Repertoirefragmentierung abzumildern (1.). Ihre Bedeutung im Online-Bereich ist aber begrenzt, da im Bereich der Urheberrechte durch sie die territoriale Fragmentierung gerade nicht überwunden werden konnte (2.). Das lässt fragen, welche Wege zur Überwindung des Territorialitätsprinzips stattdessen beschritten wurden, die letztlich in die Richtlinie 2014/26/EU mündeten (3.). Ihre diesbezüglichen Regelungen über die Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten an Musikwerken werden anschließend vorgestellt.
1. Gegenseitigkeitsverträge a. Einführung Der Gegenseitigkeitsvertrag ist ein bilateraler Vertrag zwischen zwei Verwertungsgesellschaften, durch den sich die beteiligten Gesellschaften gegenseitig berechtigen und verpflichten, in dem Gebiet, das ihr Verwaltungsgebiet ist, die Nutzung des jeweils anderen Repertoires zu den gleichen Bedingungen wie ihr eigenes Repertoire zu lizenzieren, die dafür anfallenden Vergütungen einzuziehen, abzurechnen und der jeweils anderen Gesellschaft auszuschütten.²⁹² Ihr Zweck liegt in einer arbeitsteiligen und umfassenden Auswertung des Schaffens ihrer angeschlossenen Urheber im Ausland. Über Ländergrenzen hinaus werden mehrere Repertoires verhältnismäßig verwaltungskostenarm zugänglich gemacht und gleichzeitig Vergütungsflüsse generiert.²⁹³ Über solche Verträge ist es möglich, ein Weltrepertoire zumindest für das jeweilige Verwaltungsgebiet national tätiger Verwertungsgesellschaften zu erhalten und zu lizenzieren, sofern Urheber bei Abschluss des Wahrnehmungsvertrages nicht bestimmte Länder und Verwertungsrechte von der Wahrnehmung durch ihre Verwertungsgesellschaft ausgeschlossen haben (oben, Wahlfreiheit). Verwertungsgesellschaften konnten jedenfalls in einem solchen Fall nicht voll-
Karbaum/Oeller, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 17, Rdnr. 2, S. 794; zur Frage, welche Rechtsordnung auf den jeweiligen Gegenseitigkeitsvertrag anzuwenden ist, siehe Euhus, Gegenseitigkeitsverträge, S. 35 ff., zum Inhalt von Gegenseitigkeitsverträgen, S. 120 ff. Zum Sinn und Zweck von Gegenseitigkeitsverträgen Pentheroudakis, Urheberrechtlicher Wandel, S. 308.
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umfänglich gewährleisten, dass sie von allen sie beauftragenden Urhebern über alle Rechte in allen Ländern der Welt verfügen. Möchte die GEMA ihr Repertoire auch in Frankreich, Spanien und Italien lizenzieren lassen und zusätzlich auch das französische, spanische und italienische Repertoire an Verwerter für Deutschland (= ihr Verwaltungsgebiet) selbst lizenzieren, so kann sie mit allen drei Verwertungsgesellschaften (SACEM, SGAE und SIAE) Gegenseitigkeitsverträge abschließen. Gegenseitigkeitsverträge existieren sowohl für Aufführungsrechte (seit dem Jahr 1936 nach dem CISAC-Standardvertrag²⁹⁴) als auch für Vervielfältigungsrechte (BIEM-Standardvertrag²⁹⁵). Die GEMA ist mit über 70 Gesellschaften für Aufführungs- und mit über 50 Gesellschaften für Vervielfältigungsrechte vertraglich verbunden.²⁹⁶ Unter diesen befinden sich auch die amerikanischen Verwertungsgesellschaften für Aufführungsrechte ASCAP, BMI und SESAC, sodass die GEMA auch deren Repertoire für Deutschland, unter anderem also „Like a Prayer“, lizenzieren kann. Diese Verträge bilden ein umfassendes Netz, durch das Verwertungsgesellschaften in der Lage sind, Nutzungen auch von ausländischem Repertoire zu genehmigen und damit die Verwertbarkeit von transnationalen Musikwerken zu erhöhen.
b. Territoriale Beschränkung Wurde oben von einer Beschränkung der Wahrnehmung des Weltrepertoires auf das eigene Verwaltungsgebiet einer Verwertungsgesellschaft ausgegangen, so bedarf dies näherer Erläuterung. Durch Gegenseitigkeitsverträge wird zwar Repertoire aggregiert, aber gerade nicht ermöglicht, dass Ländergrenzen, also die
Vgl. die Pressemitteilung des EuG Nr. 43/13, 12.4. 2013, abrufbar unter http://curia.europa.eu/ jcms/upload/docs/application/pdf/2013 – 04/cp130043de.pdf. Der CISAC-Standardvertrag trägt seinen Namen nach der entsprechenden Confédération Internationale des Sociétés d’Auteurs et Compositeurs (CISAC), unter deren Dach die Verwertungsgesellschaften ihn erarbeitet haben und stetig anpassen, vgl. www.cisac.org; Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, Vor §§ 1 ff. UrhWG, Rdnr. 21; Euhus, Gegenseitigkeitsverträge, S. 29 f. Neueste Fassung im GEMA-Jahrbuch 2016/2017, S. 281 ff. Bureau International des Sociétés Gérant les Droits d’Enregistrement et de Reproduction Mécanique (BIEM), www.biem.org; siehe Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, UrhR,Vor §§ 1 ff. UrhWG, Rdnr. 21, 22; Euhus, Gegenseitigkeitsverträge, S. 27 f.; dargestellt bei Altemark, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 138 ff. Eine Auflistung der an die GEMA vertraglich gebundenen Musikverwertungsgesellschaften findet sich in GEMA-Jahrbuch, 2016/2017, S. 221 ff.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
territoriale Aufspaltung, überwunden werden. Stets erfolgt eine Lizenzierung nur für das Verwaltungsgebiet der lizenzierenden Verwertungsgesellschaft.²⁹⁷ Die Begrenzung der Wahrnehmung des Weltrepertoires auf ein Verwaltungsgebiet resultiert aus dem traditionellen Verständnis der Verwertungsgesellschaften, nur räumlich begrenzte Kontroll- und Durchsetzungsmechanismen unterhalten zu können.²⁹⁸ Ein notwendiger Überwachungsapparat der Rechtenutzung stünde nur in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet zur Verfügung. Für die Nutzung in anderen Territorien müsste auf Rechtedurchsetzungsinstitutionen der dort jeweils tätigen Verwertungsgesellschaften zurückgegriffen werden, was nur über das System der Gegenseitigkeitsverträge funktioniere.²⁹⁹ Zudem bestand vor dem Aufkommen der grenzenlosen Online-Auswertung kaum Bedarf an grenzüberschreitender Lizenzierung.³⁰⁰ Aus Praktikabilitätsgründen kamen Verwertungsgesellschaften überein, einer Schwestergesellschaft das eigene Repertoire allein für die Wahrnehmung in deren Verwaltungsgebiet einzuräumen.³⁰¹ Dies hatte zur Folge, dass ein Online-Musikdienst beispielsweise mit Tätigkeit in Frankreich, Spanien und Italien, der aber auch Musik von Herbert Grönemeyer ³⁰² anbieten wollte, sich an SACEM, SGAE und SIAE wenden musste, die jeweils einen Gegenseitigkeitsvertrag mit der GEMA abgeschlossen hatten. Die Gegenseitigkeitsverträge ermöglichten, dass SACEM für ihr Verwaltungsgebiet Frankreich Herbert Grönemeyer an den Musikdienst lizenzieren konnte, SGAE für Spanien und SIAE für Italien. Dies war erforderlich, da die SGAE beispielsweise nicht berechtigt war, das Repertoire der GEMA auch für das Verwaltungsgebiet der SACEM zu erteilen. Hätte er sich nur an die GEMA für die Lizenzierung von GEMARepertoire in Italien, Spanien und Portugal gewandt, hätte er – wenn über-
Karbaum/Oeller, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 17, Rdnr. 2, S. 794; Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 114. EU-Kommission, K(2008)3435 endgültig, Sache COMP/C2/38.698 – CISAC, Rdnr. 63; Karbaum/Oeller, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 17, Rdnr. 11, S. 795. So die Argumentation in der letztlich für nicht wettbewerbswidrig befundenen Rechtssache Tournier, EuGH Slg. 1989, 2521, 2574, Rdnr. 19 – Tournier = GRUR Int. 1990, 622, 624. Selbst als die technischen Voraussetzungen eine grenzüberschreitende Tätigkeit zuließen, setzten Online-Musikdienste zunächst auf die Bedienung des Marktes von Landesfenstern, vgl. Stellungnahme der GEMA vom 27.7. 2005 zur Study on a community initiative vom 7.7. 2005, S. 4 f. Vgl. auch EU-Kommission, MEMO/07/126, 3.4. 2007, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/pressrelease_MEMO-07– 126_en.htm und EU-Kommission, IP/08/22, 9.1. 2008, abrufbar unter http://eu ropa.eu/rapid/press-release_IP-08 – 22_de.htm. Siehe Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 CISAC-Standardvertrag für das Aufführungsrecht und Art. I i.V.m. Art. III BIEM-Standardvertrag für Vervielfältigungshandlungen; Alich, GRUR Int 2008, 996. GEMA-Wahrnehmungsberechtigter, IPI-Nummer 00038841270.
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haupt³⁰³ – auch nur ihr Repertoire und nicht etwa auch französisches, spanisches und italienisches erhalten. Wollte er dieses zusätzlich lizenzieren, hätte er sich also an vier Gesellschaften wenden müssen. Der Abschluss von Gegenseitigkeitsverträgen kann diese Rechnung mindestens um ein transaktionskostenerhöhendes Element kürzen. Im Fall eines multiterritorialen Geschäftsmodells können Gegenseitigkeitsverträge Repertoire aggregieren, doch reduzieren sie nicht die Verwaltungs- und Überwachungskosten, die jede Verwertungsgesellschaft, bei der ein grenzüberschreitender Dienst eine nationale Lizenz einholen muss, geltend macht.³⁰⁴ Ein Bedürfnis nach multiterritorialen MultirepertoireLizenzen entstand. Mit Aufkommen der Online-Nutzungen ab dem Jahr 1996 erkannten Verwertungsgesellschaften die territoriale Beschränkung der jeweiligen Rechtewahrnehmung auf das Verwaltungsgebiet der lizenzierenden Verwertungsgesellschaft im Bereich von Online-Musiknutzungen für überwindungsbedürftig und schlossen zu diesem Zwecke einige Abkommen.³⁰⁵ Die Gegenseitigkeitsverträge für die herkömmliche Offline-Nutzung inklusive der Verwaltungsgebietsbeschränkung blieben davon unberührt.
2. Abkommen zur Überwindung der territorialen Grenzen Verwertungsgesellschaften für Tonträgerhersteller entwarfen bereits im Jahr 2000 die Simulcasting- und Webcasting³⁰⁶-Vereinbarung für zu lizenzierende Rundfunkunternehmen, die in ihr Programm Tonträgermaterial aufnehmen und über das Internet entweder gleichzeitig oder ausschließlich zu verbreiten beabsichtigen (a.). In Anlehnung daran erarbeiteten die Verwertungsgesellschaften für Urheberrechte zur Überbrückung der aus der Gegenseitigkeitsvertragspraxis resultierenden Weltrepertoire-Einzelstaaten-Blankolizenz von Aufführungsrechten im Santiago-Abkommen (b.) und für Vervielfältigungsrechte im Barcelona-Abkommen (c.) gemeinsam Strategien einer effizienten Rechteverwaltung für die OnlineLizenzierung. Diese Abkommen sollten jeweils die bestehenden Gegenseitig-
Die GEMA hat auch ihr originäres Repertoire selbst nie grenzüberschreitend lizenziert, EUKommission, Sache COMP/M. 6800, S. 6, Rdnr. 25 – ICE. Dies übernimmt nun ihre Tochter ICE Services von London aus, siehe unten, S. 146 ff. Towse/Handke, Regulating copyright collecting societies, SERCI, S. 13; Pérez Gómez/Echavarría Arcila, Int. J. Int. Prop. Management 2014,Vol. 7, Nos. 3/4, 103, 105; Langus/Neven/Poukens, Economic Analysis, S. 101. Drexl, in: Gerlach/Evers, 50 Jahre GVL, S. 12; Heine/Eisenberg, GRUR Int 2009, 277, 278. Zur begrifflichen Bedeutung s. schon oben, S. 28.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
keitsverträge ergänzen, Mehrgebietslizenzen ermöglichen und wurden zunächst befristet auf einige Jahre geschlossen.
a. Simulcasting-Abkommen Für den Bereich der Verbreitung von Tonaufzeichnungen über das Internet, die im jeweiligen Sendeprogramm enthalten sind, gleichzeitig/simultan zur Übertragung mittels Rundfunk- oder Fernsehsignalen meldete am 16. November 2000 die IFPI³⁰⁷ im Namen vieler europäischer Verwertungsgesellschaften der Tonträgerhersteller und ausübenden Künstler das sogenannte Simulcasting-Abkommen bei der EU-Kommission an.³⁰⁸ Gegenstand war die Erweiterung der zwischen ihnen bereits bestehenden Gegenseitigkeitsverträge in der Art, dass den Rundfunkveranstaltern die Einräumung von Lizenzen an den von ihnen insgesamt wahrgenommenen Leistungsschutzrechten (Weltrepertoire) für mehrere Territorien ermöglicht wird.³⁰⁹ Da nur das Senderecht kollektiv wahrgenommen wird (siehe oben, S. 75), betrifft das Abkommen also auch nur solche Sendeanstalten, die die Ausschließlichkeitsrechte (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 UrhG) und gesetzlichen Vergütungsansprüche für das Senderecht der Leistungsschutzrechtsinhaber berühren.³¹⁰ Für klassische Online-Musikdienste mit zeitsouveränem Angebot (oben, S. 21 ff.) hat das Abkommen keine praktische Relevanz. Das Abkommen wurde von der EU-Kommission – bis Ende 2004 befristet – gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV a.F. freigestellt. Ursprünglich enthielt das Abkommen eine Zuständigkeitsbindung für bestimmte Kundenkreise (sogenannte customer allocation clause).³¹¹ Danach hätte zwar die teilnehmende Verwertungsgesellschaft multiterritoriale Lizenzen für die Online-Sendung von Aufnahmen erteilen können, aber nur an solche Sendeanstalten, die ihren Sitz im Verwaltungsgebiet der erteilenden Verwertungsgesellschaften hatten. Eine solche Wettbewerbsbeschränkung ließ die Kommission nicht zu.³¹² Darüber hinaus verpflichtete sie die Gesellschaften, Lizenzgebühr und Verwaltungskosten getrennt auszuweisen, da-
International Federation of the Phonographic Industry – Dachverband der Tonträgerhersteller, siehe http://ifpi.org/what-we-do.php. EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., S. 59 – IFPI Simulcasting. Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 171; Bortloff, GRUR Int 2003, 669, 680 f.; Gaster, ZUM 2006, 8, 12. EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., Rdnr. 20 – IFPI Simulcasting. EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., Rdnr. 27 – IFPI Simulcasting. EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., Rdnr. 28 – IFPI Simulcasting.
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mit in diesem Bereich ein Wettbewerb um Verwerter angestoßen wurde.³¹³ Ursprünglich sah das Abkommen vor, dass sich die Vergütung für eine multiterritoriale Lizenz aus der Gesamtheit aller Tarife der Verwertungsgesellschaften in den Empfangsstaaten zusammensetzen sollte.³¹⁴ Aus diesem Einheitspreis wäre der Verwaltungskostenanteil der Verwertungsgesellschaft, für den sich die Sendeanstalt entschieden hätte, nicht ersichtlich gewesen, was den Wettbewerb beschränkt hätte.³¹⁵ Das Abkommen wurde nach entsprechenden Verpflichtungszusagen der beteiligten Verwertungsgesellschaften von der EU-Kommission freigestellt, über 2004 hinaus verlängert und gilt bis heute.³¹⁶ Es wurde im Jahr 2003 um die Nutzungsarten Webcasting, Catch-up-TV (zeitversetzte Rezeption auf Abruf) und Radio erweitert. Damit wurde eine multiterritoriale Lizenzierung der Leistungsschutzrechte für die Internetsendung ohne gleichzeitige Rundfunkausstrahlung ermöglicht.³¹⁷ Das Abkommen beruht allerdings auf einer nicht-ausschließlichen Rechtseinräumung, sodass die Tonträgerhersteller ihrerseits Direktlizenzen außerhalb des Systems der Verwertungsgesellschaften erteilen können. Diese Nicht-Ausschließlichkeit schmälert die Verhandlungsmacht der Verwertungsgesellschaften, da Tonträgerhersteller in der rechtlichen Position verbleiben, Lizenzverträge außerhalb des solidarischen Tarifsystems der Verwertungsgesellschaften zu für sie besseren Konditionen abschließen zu können. Ihr Repertoire wird aus der verwertungsgesellschaftlichen Lizenz dann herausgenommen. Andererseits können schwächere Rechtsinhaber von marktmächtigen Sendeanstalten zu einer Rechtseinräumung für wenig bis gar keine Vergütung gezwungen werden.³¹⁸ Sowohl für weniger begehrte Rechtsinhaber in den Verwertungsgesellschaften als auch für Rechteverwerter ist dies eine missliche Situation, da sich zum einen das
EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., insb. Rdnr. 103 ff. – IFPI Simulcasting; Bortloff, GRUR Int 2003, 669, 681. Kritisch hierzu Mestmäcker, WuW 2004, 754 ff. EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., insb. Rdnr. 24 – IFPI Simulcasting. Dies ist auch heute noch der Fall, AEPO-ARTIS, EU Hearing, 23.4. 2010, S. 1, abrufbar unter http://ec.europa.eu/inter nal_market/copyright/docs/management/hearing20100423/panel_2_aepo_artis_en.pdf. EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., Rdnr. 69, 71 – IFPI Simulcasting. Castendyk/Kyre, in: Wandtke/Ohst, Praxishdb. MedienR, Bd. 1, § 7, Rdnr. 337. Drexl, in: Hilty/Geiger, S. 378. Gemäß Eberle, in: Gerlach/Evers, 50 Jahre GVL, S. 52, sind die Tonträgerhersteller dazu übergegangen, ihre Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung für Sendungen auf Abruf ebenfalls in die kollektive Rechtswahrnehmung einzubringen. Für Sendeanstalten ist damit ein Gleichlauf von linearer und non-linearer Online-Nutzung erzielt. AEPO-ARTIS, EU Hearing on Collective Management, 23.4. 2010, S. 1, abrufbar unter http:// ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/management/hearing20100423/panel_2_aepo_ar tis_en.pdf.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
Geschäftsaufkommen der Verwertungsgesellschaften, auf das die Verwaltungskosten umgelegt werden, reduziert, gleichzeitig aber die Verwaltungskosten mit abnehmendem Repertoire ansteigen, deren Anteil jedoch von weniger Berechtigten getragen werden muss. Zum anderen entstehen für die Rechteverwerter erhöhte Transaktionskosten, da neben der Verwertungsgesellschaft einzelne Tonträgerhersteller, die zunächst ermittelt werden müssen, zwecks Lizenzverhandlungen hinzukommen. Der positive Effekt des Simulcasting-Abkommens muss im Online-Musikbereich generell als begrenzt eingeschätzt werden.³¹⁹ Im Rahmen einer multiterritorialen Multirepertoire-Lizenzierung hätte es für den Online-Bereich insgesamt aber Modellcharakter haben können.
b. Santiago-Abkommen Anders als die Beschränkung auf eine konkrete Nutzungsform im SimulcastingAbkommen sollte die Santiago-Vereinbarung die unkörperliche Online-Auswertung von Urheberrechten im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung ermöglichen, was letztlich jedoch scheiterte.³²⁰ Bei der EU-Kommission am 17. April 2001 angemeldet, sollte das Abkommen eine Multirepertoire-Multistaatenlizenz für die benötigten Online-Wiedergaberechte für die Online-Nutzungen in Form des Webcastings und on demand³²¹ aus einer Hand, nämlich faktisch von der Verwertungsgesellschaft des Sitzlandes eines Online-Diensteanbieters (sog. economic residence clause), gestatten.³²² Anhand der URL-Kennung und der verwendeten Sprache, hilfsweise dem Firmensitz, sollte die jeweils zuständige Verwertungsgesellschaft ermittelt werden.³²³ Wettbewerb um die Inhalteanbieter wurde auf diese Weise faktisch unterbunden. Anders als beim Simulcasting-Abkommen konnten sich die beteiligten Verwertungsgesellschaften gegen die Haltung der anglo-amerikanischen Rechteinhaber nicht auf eine Streichung dieser Sitzlandbestimmung einigen, die wohl zu einer Freistellung des Abkommens durch die EU-Kommission geführt hätte.³²⁴ Das Abkommen wurde anlässlich der Einleitung eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens seitens der EU-Kommission
Hellenic Foundation, IP/B/CULT/IC/2008_136, S. 21. Eingehend Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 201 ff. EU-Kommission, ABl. 2001 C 145/2 – BUMA, GEMA, PRS, SACEM. Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann, Hdb. Musikwirtschaft, S. 632, 648. Ventroni/Poll, MMR 2002, 648, 652. Darstellung bei Weller, Die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten, S. 71 ff.
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gegen die beteiligten Verwertungsgesellschaften³²⁵ daher über das Jahr 2004 hinaus nicht verlängert.
c. Barcelona-Abkommen Angemeldet am 28. Februar 2002 durch das BIEM im Namen der ihm angeschlossenen Urheber-Verwertungsgesellschaften bildet das Barcelona-Abkommen für Vervielfältigungsrechte im Online-Bereich das Pendant zum Santiago-Abkommen.³²⁶ Es gelten die obigen Ausführungen.³²⁷
d. Zwischenergebnis Im Bereich der Leistungsschutzrechte können multiterritoriale Lizenzen für bestimmte Online-Nutzungen erhältlich sein. Nicht alle Verwertungsgesellschaften haben aber entsprechende Gegenseitigkeitsverträge abgeschlossen und auch nicht alle Rechtsinhaber lassen diese Rechte kollektiv wahrnehmen. Grundsätzlich aber existiert hier ein (ausbaufähiges) System von effizienter MultirepertoireMehrgebietslizenzierung. Daneben sind jedoch alle weiteren erforderlichen Rechte einzuholen, die von dem Simulcasting-Abkommen nicht erfasst sind. Im Bereich der Urheberrechte existierte über das Jahr 2004 hinaus keine Möglichkeit, von einer Verwertungsgesellschaft Mehrgebietslizenzen zu erhalten. Eine grenzüberschreitende Nutzung von Musikwerken im Online-Bereich war nur möglich, wenn mit jeder nationalen Verwertungsgesellschaft in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet kontrahiert wurde. Allein bei nationaler Eingebietslizenzierung war eine Verwertungsgesellschaft innerhalb ihres Verwaltungsgebietes annähernd in der Lage, das Weltrepertoire zu vergeben. Grenzüberschreitende Lizenzen aus einer Hand waren über das System der Gegenseitigkeitsverträge nicht zu erlangen. Für den Online-Bereich standen sie auf dem Prüfstand.
3. Überwindung der territorialen Grenzen außerhalb des Systems der Gegenseitigkeitsverträge auf europäischer Ebene Ziel für den Online-Bereich ist eine multiterritoriale Lizenzierung von möglichst großem Repertoire aus einer Hand. Gegenseitigkeitsverträge halfen zwar über die Repertoirefragmentierung hinweg, nicht aber über die territoriale Aufspaltung. Vgl. EU-Kommission, IP/04/586, 3. 5. 2004, abrufbar unter europa.eu/rapid/press-release_IP04– 586_de.htm. EU-Kommission, ABl. 2002 C 132/18 – BIEM Barcelona Agreements. S. 94.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
Für ihre Überwindung erwiesen sich die herkömmlichen Gegenseitigkeitsverträge der Urheber-Verwertungsgesellschaften als ungeeignet. Die Behelfslösung, dass ein europaweit agierender Musikdienst an viele nationale Verwertungsgesellschaften zur Lizenzierung herantreten musste, um das Weltrepertoire zu erhalten, wurde als angemessenes, kleineres Übel zu den dadurch perpetuierten Monopolstrukturen hingenommen. Die nationale Lizenzierung des Weltrepertoires wurde durch territoriale Fragmentierung erkauft. Die Versuche auf europäischer Ebene, im Sinne eines einheitlichen digitalen Binnenmarktes doch beides zu ermöglichen, werden im Folgenden dargestellt.
a. Anfänge einer Harmonisierung der Rechtswahrnehmung auf Unionsebene Die Notwendigkeit einer Harmonisierung im Bereich der kollektiven Rechtswahrnehmung wurde auf Unionsebene früh erkannt. So forderte die EU-Kommission bereits 1991 eine Untersuchung der europäischen kollektiven Wahrnehmungspraxis im Hinblick auf eine Vervollständigung des Binnenmarktes im Jahr 1993.³²⁸ Im Grünbuch zum Urheberrecht und den verwandten Schutzrechten in der Informationsgesellschaft aus dem Jahr 1995 wurde eine „zentrale Anlaufstelle“ für sinnvoll gehalten, die die beteiligten Interessen kanalisieren und als Datenbank für die Rechtewahrnehmung fungieren könnte. Ein Zusammenschluss von Verwertungsgesellschaften hätte über Lizenzgebühren oder Rechtsinhaberschaften informieren können, „wenn die Datenbanken der verschiedenen Gesellschaften gemeinsam verwaltet und darüber hinaus allmählich Identifizierungssysteme eingeführt würden.“³²⁹ Im Jahr 1997 war die Haltung der EU-Kommission, mehr Wettbewerb unter den Musikverwertungsgesellschaften zu fordern, ebenfalls noch zurückhaltend. In einigen Mitgliedstaaten existierten nach den Erhebungen der Kommission konkurrierende Verwertungsgesellschaften, die dasselbe Repertoire wahrnähmen. Dies habe jedoch in der Praxis oftmals nicht den gewünschten Effekt einer Verbesserung der Marktsituation, sondern führe im Gegenteil zu höheren Verwaltungskosten, geringeren Vergütungen für die Rechtsinhaber und schaffe Rechtsunsicherheit.³³⁰ Ein Bestreben der Verwertungsgesellschaften, sich in einem zentralen Verwaltungssystem zur Rationalisierung der Verwertung über die digitalen Netze der Informationsgesellschaft zusammenzuschließen, sei unter Beachtung der EG-Wettbewerbsregeln zu fördern, jedoch nicht zu erzwingen.³³¹
EU-Kommission, Follow-Up to the Green Paper, COM(90) 584 final, S. 3 f. EU-Kommission, Grünbuch zum Urheberrecht, KOM(95) 382 endg., S. 76. Europäische Union, GRUR Int 1997, 571. Europäische Union, GRUR Int 1997, 572.
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Während der letzten annähernd 20 Jahre haben sich die Institutionen der Europäischen Union immer wieder an dieses Thema gewagt. Das prioritäre Ziel bestand stets darin, die kulturelle Wirtschaft zu fördern und an die geänderten Marktbedingungen anzupassen, sodass sich der europäische Binnenmarkt auch im Kreativmarkt verwirklichen und sich im globalen Wettbewerb ohne Anschlussverlust im digitalen Zeitalter behaupten könne. Gebietsabgrenzungen, wie sie die Verwertungsgesellschaften nach ihrem herkömmlichen System praktizierten, erschienen hierbei hinderlich. Insgesamt vier internationale Urheberrechtskonferenzen³³² der EU-Kommission widmeten sich unter anderem auch der kollektiven Rechtewahrnehmung und der Ankündigung einer Regelung der Wahrnehmungspraxis.³³³ Aber erst nach Aufforderung zu einem legislativen Tätigwerden durch das EU-Parlament im Jahr 2004³³⁴ nahm sich die EU-Kommission in einer Mitteilung der Materie an.³³⁵ Darin monierte sie allgemein Defizite bei der grenzüberschreitenden Lizenzierung von Nutzungsrechten, eine unterschiedliche Regelungsdichte in den Mitgliedstaaten, defizitäre Mitbestimmungsregelungen für Rechtsinhaber und generelle Intransparenz³³⁶, ohne dies auf Online-Musikrechte zu beschränken.³³⁷ Zugleich stellte sie fest, dass Verwertungsgesellschaften bereits in ihrem jeweiligen Land als One-Stop-Shops für die Lizenzierung der Rechte am weltweiten Repertoire der von ihnen vertretenen Gruppe von Rechteinhabern fungierten. Dieser für Nutzer und Rechteinhaber gleichermaßen bestehende Vorteil sollte „nicht angetastet werden“.³³⁸ Allerdings hielt sie sich – aller Wahrscheinlichkeit nach auf Druck der Verwerter, die sich über vermeintlich allzu hohe Lizenzvergütungen beschwerten, aber auch auf Druck großer Rechtsinhaber, denen an einer umfassenden Flexibilisierung der Rechtswahrnehmung gelegen war³³⁹ – selbst nicht an
1996 in Florenz, 1998 in Wien, 2000 in Straßburg und 2002 in Santiago de Compostela. Eingehend Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 141, Fn. 625 m.w.N. EU-Parlament, A5 – 0478/2003 endg. – Echerer-Bericht, S. 14. EU-Parlament, ABl. 2004 C 92 E, S. 425, Rdnr. 12, 13. Der Entschließung vorausgegangen war der vielbeachtete Echerer-Bericht, EU-Parlament, A5 – 0478/2003. EU-Kommission, Mitteilung vom 16.4. 2004, KOM(2004) 261 endg. Kritisch Riesenhuber/v. Vogel, EuZW 2004, 519. EU-Kommission, Mitteilung vom 16.4. 2004, KOM(2004) 261 endg., S. 18, 20 ff. Zunächst war die kollektive Rechtewahrnehmung in ihrer Gesamtheit Prüfgegenstand. Während des Untersuchungsprozesses trat ein Bereich als besonders dringlich hervor – die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Musikrechten, EU-Kommission, Mitteilung vom 16.4. 2004, KOM(2004) 261 endg., Punkt 1.2.4., S. 9 ff. EU-Kommission, Mitteilung vom 16.4. 2004, KOM(2004) 261 endg., S. 11. So stellte die EU-Kommission fest: „Auch bestimmte Rechteinhaber üben Kritik an der kollektiven Rechtewahrnehmung. Diejenigen, die sich in einer hinreichend starken Verhandlungs-
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
ihre durchaus weise Einschätzung. So beschloss sie am 18. Oktober 2005 schließlich ihre viel kritisierte, weil folgenschwere „Online-Empfehlung“³⁴⁰.
b. Empfehlung der EU-Kommission vom 18. Oktober 2005 aa. Inhalt Auf Grundlage der Ergebnisse des mittlerweile zehnjährigen Abwägungsprozesses³⁴¹, einer Studie über die grenzüberschreitende, kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten³⁴² und einer Folgenabschätzung³⁴³ basierend auf einer Konsultation mit den betroffenen Kreisen beschloss die EU-Kommission am 18. Oktober 2005 eine Empfehlung für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden.³⁴⁴ Zielsetzung war die Förderung des Marktpotentials im Bereich der Verwertung von Musikwerken im Internet.³⁴⁵ Die EU-Kommission störte sich an mehreren Punkten, die das existierende Verwertungssystem betrafen. So erschwerten Vereinbarungen in den Gegenseitigkeitsverträgen es Online-Diensteanbietern, von einer Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl Lizenzen für mehr als ein Territorium zu erhalten.³⁴⁶ Darüber hinaus würden Wahrnehmungsberechtigte von Verwertungsgesellschaften (stillschweigend oder sogar vertraglich festgelegt) nach Nationalität eingeteilt, während ein Wechsel der Rechteinhaber von einer Verwertungsgesellschaft zu einer anderen unmöglich gemacht würde, sofern sie durch Gegenseitigkeitsverträge aneinander gebunden
position befinden, beispielsweise große Tonträgerhersteller, versuchen in zunehmendem Maße, von Verwertungsgesellschaften für die Wahrnehmung ihrer Rechte unabhängig zu sein.“, EU-Kommission, Mitteilung vom 16.4. 2004, KOM(2004) 261 endg., S. 18. Hellenic Foundation, IP/B/CULT/IC/ 2008_136, S. 27. EU-Kommission, Empfehlung vom 18. Oktober 2005, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff. Die falsche Datierung im Amtsblatt wurde in L 284 vom 27.10. 2005, S. 10 korrigiert. Majer, in: Riesenhuber, Wahrnehmungsrecht in Polen, § 8, S. 148. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005. EU-Kommission, SEC(2005) 1254. Im Fall Daft Punk wurde erstmals das Problem eines Rechteinhabers offenbar, Rechte aus dem kollektiven System zur individuellen Wahrnehmung nicht herausnehmen zu können, EUKommission, Sache COMP/C2/37.219 – Daft Punk; EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 24, 25 und 28; EU-Kommission, SEC(2005) 1254, S. 5. EU-Kommission, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff. EU-Kommission Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 31; EU-Kommission, SEC(2005) 1254, S. 16. Siehe hierzu schon die Darstellung der Defizite des Systems der Gegenseitigkeitsverträge, oben S. 89 ff. und 91 ff.
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waren.³⁴⁷ Rechteinhaber seien bei ihrer derzeitigen Verwertungsgesellschaft regelrecht „eingesperrt“. Ferner wurde der fehlende Wettbewerb in dem Sektor des Rechtemanagements bemängelt, der zulasten der Rechteinhaber, Verbraucher und Verwerter gehe.³⁴⁸ Insbesondere die Verwaltungskosten, die durch die Gegenseitigkeitsverträge erzeugt würden, wurden von der EU-Kommission kritisiert.³⁴⁹ In der Empfehlung stellte die EU-Kommission drei mögliche Handlungsoptionen vor. Die Option, nichts zu tun, wurde als nicht zielführend verworfen.³⁵⁰ Option 2, die eine Ausweitung der Gegenseitigkeitsverträge ohne territoriale und herkunftsspezifische Beschränkungen (bereinigtes Santiago- und Barcelona-Abkommen) auf Mehrgebietslizenzen vorgesehen hätte, wurde abgelehnt, da aufgrund von Wettbewerb um potentielle Verwerter (nicht um Rechtsinhaber!) eine Preisabwärtsspirale zulasten der Rechtsinhaber befürchtet wurde.³⁵¹ Gegen zahlreiche kritische Stimmen³⁵² sprach sich die EU-Kommission für Option 3 aus, einer freien Wahl der Rechtsinhaber zur Betrauung einer Verwertungsgesellschaft mit der Rechteauswertung für das gesamte EU-Territorium. Nach Vorstellung der EU-Kommission würde diese Option Gegenseitigkeitsverträge überflüssig machen, da jeder Rechtsinhaber die Möglichkeit hätte, seine Rechte jeder Verwertungsgesellschaft seiner Wahl zur EU-weiten Auswertung einzuräumen.³⁵³ Ein territorialer Mittler in Gestalt der Schwestergesellschaften würde überflüssig. Option 3 brächte aufgrund der freien Wahlmöglichkeit der Rechtsinhaber mehr Wettbewerb in das System der Verwertungsgesellschaften.³⁵⁴ Die Online-Empfehlung der EU-Kommission markiert damit einen Wendepunkt in der Rechtewahrnehmungspraxis der EU-Verwertungsgesellschaften im Bereich der Online-Verwertung von Musik. EU-weite Direktlizenzierung sollte das System der Gegenseitigkeitsverträge partiell ablösen, Multirepertoire-monoterritoriale Lizenzen sollten durch multiterritoriale Monorepertoire-Lizenzen³⁵⁵ ersetzt werden. Der Wettbewerb um das attraktivste Repertoire war eröffnet.³⁵⁶
EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 27. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 14, 32, 35, 40 ff. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 45, 47. Ein gesetzgeberisches Eingreifen wurde von den Verwertungsgesellschaften kritisch gesehen, vgl. Kreile, in: GEMA-Jahrbuch 2004/2005, S. 53. EU-Kommission, SEC(2005) 1254, S. 18, 26, 29. Neun von elf befragten Organisationen, Unternehmen und Vereinigungen sprachen sich für „Option 2“ aus, siehe EU-Kommission, SEC(2005) 1254, S. 35 f. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 55. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 35. Hierbei meint Monorepertoire das Repertoire einer Lizenzierungseinheit, das aus Rechten besteht, die ihr durch Wahrnehmungsverträge direkt eingeräumt sind, also nicht über Gegen-
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bb. Problem: Der Unterschied zwischen Urhebereigenschaft und Rechtsinhaberschaft Die EU-Kommission hat dabei aber nicht bedacht, dass im Rahmen der OnlineRechte ein maßgeblicher Unterschied zwischen anglo-amerikanischen und kontinental-europäischen Rechten besteht. Ein Online-Musikdienst benötigt sowohl Vervielfältigungsrechte als auch Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung (oben, S. 45 ff.). Diese können bei verschiedenen Rechtsinhabern liegen. Ursache hierfür sind neben mehreren beteiligten Schöpfern auch unterschiedliche Urheberrechtssysteme, die dem Urheber unterschiedlich intensive Entscheidungsbefugnisse über ihre Ausschließlichkeitsrechte zuweisen. So besteht im kontinentaleuropäischen Rechtsraum das Droît-d’Auteur-Regime und im anglo-amerikanischen Rechtsraum das Copyright-System.³⁵⁷ Kennzeichnend für ersteres ist die Unübertragbarkeit des Urheberrechts.³⁵⁸ Lediglich Nutzungsrechte können eingeräumt werden, was nichts an der unveräußerlichen Urhebereigenschaft ändert. Im Gegensatz hierzu steht das Copyright-System, nach dem sich Urheber vollständig ihrer Rechtsposition entledigen und ihre Urheberschaft auf Verlage als Gegenleistung für die getätigte Investition übertragen können.³⁵⁹ Im kontinentaleuropäischen Rechtsraum räumt der Urheber (oder sein Verlag) traditionell sowohl die Vervielfältigungs- als auch die Aufführungsrechte einer Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung ein.³⁶⁰ Hier behält der Urheber die Kontrolle über beide Rechte. Sein Verlag ist nicht Rechtsinhaber, sondern hat lediglich einen vertraglich vereinbarten Anspruch auf Beteiligung an der Vergütung (Verlagsanteil).³⁶¹ seitigkeits- oder Repräsentationsverträge zur Lizenzierung von anderen Gesellschaften anvertraut wurden. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 48. Umfassende Darstellung der Auswirkungen des Copyright-Systems gegenüber dem Droîtd’Auteur-Regime bei Poll, ZUM 2008, 500, 504; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 156 ff. Zum Harmonisierungsbedarf des Urheberpersönlichkeitsrechts Klass, ZUM 2015, 290. EU-Kommission, Sache COMP/M.4404, S. 38, Rdnr. 152 – Universal/BMG. Flechsig, GRUR-Prax 2017, 31; Ventroni, ZUM 2017, 187, 192. EU-Kommission, Sache COMP/M.4404, S. 39, Fn. 48 – Universal/BMG. Unklar ist in diesem Zusammenhang, ob an der herkömmlichen Ausschüttungspraxis der deutschen Musik-Verwertungsgesellschaft GEMA festgehalten werden kann. Der Verlagsanteil wurde bislang nach einem Verteilungsschlüssel an die Verlage ausgeschüttet. Mit der Entscheidung des KG Berlin, ZUM 2017, 160, in Anlehnung an BGH, GRUR 2016, 596, 599 – Verlegeranteil, wurden die entsprechenden Verteilungspläne für unwirksam erklärt. Zukünftig wird es insbesondere auf den Abschluss und Inhalt sinngemäßer Abtretungsvereinbarungen und konkreter Zahlungsanweisungen zwischen Urheber und Verlag ankommen, um die bisherige Ausschüttungspraxis aufrechterhalten zu können. Weiterführend Flechsig, GRUR-Prax 2017, 31; Ventroni, ZUM 2017, 187.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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Ein Urheber aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum hingegen überträgt mangels kollektiver Wahrnehmungsalternative – lediglich für die Aufführungsrechte existieren dort entsprechende Urheber-Verwertungsgesellschaften – seine Vervielfältigungsrechte vollständig unter Aufgabe jeglicher Kontrolle an seinen Verlag. Dieser nimmt sie über Agenturen (wie die britische MCPS oder die amerikanische Harry Fox Agency³⁶² für die nationale Auswertung) und/oder Subverlage (für die internationale Auswertung) selbst wahr.³⁶³ Die Subverlage ihrerseits räumen diese abgeleiteten Rechte dann Verwertungsgesellschaften zur territorial begrenzten Wahrnehmung ein. Die Aufführungsrechte werden wie im kontinental-europäischen System von den Urhebern kontrolliert.³⁶⁴ Eine Ausnahme gilt allerdings für die Aufführungsrechte U.S.-amerikanischer Urheber. Sie treten ihre Rechte sowohl Verwertungsgesellschaften wie der dortigen ASCAP, BMI oder SESAC zur Wahrnehmung als auch an ihre Verlage ab. Dies ist aufgrund der Ausgestaltung der jeweiligen Verträge auf nicht-ausschließlicher Basis rechtlich möglich.³⁶⁵ Die U.S.-amerikanischen Urheber haben damit die Kontrolle über ihre verwertungsgesellschaftlich wahrgenommenen Rechte, nicht jedoch darüber, in welcher Form die Verlage die ihnen zur nicht-ausschließlichen Verfügung überlassenen Aufführungsrechte und die ihnen vollständig übertragenen Vervielfältigungsrechte auswerten.³⁶⁶ Aus diesen Unterschieden folgen unterschiedliche Rechtszuständigkeiten, die die Rechteklärungssituation für Online-Musikdienste weiter erschwert. Zum einen sind Verwertungsgesellschaften für die Lizenzierung der erforderlichen Online-Rechte zuständig, zum anderen können dies auch die Verlage sein. Erneut wird die Unterscheidung von angloamerikanischem und kontinental-europäischem Repertoire relevant (oben, S. 41). Sie hat erhebliche Auswirkung auf die Folgen der Online-Empfehlung.
cc. Option-3-Gesellschaften Während die Empfehlung durchaus vorsah, dass Rechteinhaber das Recht haben sollten, „alle Online-Rechte herauszunehmen und die Wahrnehmung dieser Rechte für ein geographisches Gebiet ihrer Wahl einer Verwertungsgesellschaft
https://www.harryfox.com/. Im Jahr 2015 wurde die Agentur von der gewinnorientierten U.S.-amerikanischen Verwertungsgesellschaft SESAC übernommen, Sisario, Artikel vom 6.7. 2015, nytimes.com. EU-Kommission, Sache COMP/M.4404, S. 11, 40, Rdnr. 38, 161 – Universal/BMG; Poll, ZUM 2008, 500, 504; Alich, GRUR Int 2008, 996, 999; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 197. EU-Kommission, Sache COMP/M.4404, S. 41, Rdnr. 164 – Universal/BMG. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 202. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 203 ff.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
ihrer Wahl zu übertragen […]“, wurde in der Folgenabschätzung der Kommission nicht vorhergesehen, dass diese zum Anlass dafür genommen wurde, nun eine Verwertungsgesellschaft nach Wahl der großen Rechteinhaber eigens zu schaffen und mit der Wahrnehmung einzelner Repertoires zu betrauen.³⁶⁷ In der Praxis führten die Art. 5 lit. c) und d) der Online-Empfehlung allerdings dazu, dass die großen Musikverlage ihre „Online-Rechte“ des anglo-amerikanischen Repertoires aus den Verwertungsgesellschaften durch Kündigung der jeweiligen Subverlagsverträge³⁶⁸ herausnahmen und in Ausgründungen von Lizenzierungsinitiativen, sogenannte Option-3-Gesellschaften, einbrachten, die nun das jeweilige Repertoire der großen Rechteinhaber verwalteten. Aus diesem Grund spricht man bei allen großen Rechtsinhabern, die der Online-Empfehlung nachkamen wie Sony, Warner und Universal, auch von sogenannten Option-3Verlagen.³⁶⁹ Die Folge war eine Vergabe von multiterritorialen MonorepertoireLizenzen an ihren Online-Vervielfältigungsrechten. Nur über diese hatten sie die entsprechende Kontrolle zur Herausnahme.³⁷⁰ Über die Rechte der Urheber, die ihrer alleinigen Kontrolle unterlagen, konnten die Verlage nicht verfügen (oben, S. 100). Die einzelnen Urheber allerdings sahen keinen Bedarf bzw. Praktikabilität für eine Herausnahme, ebenso wenig die Leistungsschutzrechtsinhaber,³⁷¹ die ja entweder bereits individuell, über Merlin oder das Simulcasting-Abkommen gebietsübergreifende Lizenzierungssysteme geschaffen hatten (oben, S. 75 ff. und 92 ff.). Die für einen Online-Dienst ebenfalls notwendigen Vervielfältigungsrechte konnten also nicht mehr über Gegenseitigkeitsverträge vermittelt werden, sodass das Weltrepertoire noch nicht einmal mehr national über Verwertungsgesellschaften zu erhalten war.³⁷² Damit hatte sich das verwerterfreundliche Idealbild
Und auch anderen Marktteilnehmern waren die Folgen nicht bewusst. Noch vor Veröffentlichung der Kommissionsempfehlung befand sich die GEMA gut gewappnet, um eine der wenigen übrig bleibenden Verwertungsgesellschaften zu werden, sollte sich die Kommission für „Option 3“ entscheiden, GEMA-Jahrbuch 2005/2006, S. 14. Zum rechtlichen Dürfen einer solchen Herausnahme Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 213 ff. Soweit ersichtlich wurde im Oktober 2004 erstmalig angekündigt, diese Rechte zurückziehen zu wollen, v. Lewinski, in: Ohly u. a., Festschrift Schricker, S. 401, 409. Definiert als solche Verlage, die bereits ihre Vervielfältigungsrechte aus dem System der Gegenseitigkeitsverträge entzogen oder reorganisiert haben, oder es noch vorhaben, vgl. EUKommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, Annex I, S. 4 und EU-Kommission, C(2016) 5113 final, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 26 – Sony. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 264. Hellenic Foundation, IP/B/CULT/IC/2008_136, S. 26; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 272. Grote, Europäische Perspektiven, S. 123 f.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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eines One-Stop-Shops vorerst zerschlagen. Theoretisch musste ein Online-Musikdienst neben der Rechteklärung der Leistungsschutzrechte damit an alle nationalen Urheberverwertungsgesellschaften zur monoterritorialen Lizenzierung ihres verbliebenen Repertoires und zusätzlich an die neuen Lizenzierungsinitiativen herantreten, um alle erforderlichen Rechte zu erhalten. Selbst wenn er nur national tätig werden wollte, konnte er sich nicht mehr nur an eine Verwertungsgesellschaft wenden, sondern musste zusätzlich an die Option-3-Gesellschaften herantreten. Im Folgenden werden diese Initiativen näher vorgestellt. Sie spielen im Rahmen der heutigen Online-Rechteverwertung von Musikwerken nach wie vor eine maßgebliche Rolle.
(1) P.E.D.L. Bereits im Juni 2006 initiierte Warner für sein Repertoire an Online-Urheber-Vervielfältigungsrechten den Pan-European Digital Licensing Hub (P.E.D.L.).³⁷³ Der Musikverlag entschied sich für eine nicht-exklusive Rechtseinräumung seiner Online-Vervielfältigungsrechte zur Wahrnehmung an ausgewählte europäische Verwertungsgesellschaften, die ihrerseits jeweils sein Repertoire europaweit lizenzieren können sollten. Verwertungsgesellschaften konnten sich um die Wahrnehmung dieses Repertoires bewerben. Voraussetzung für die Aufnahme in die Initiative war die Erfüllung gewisser von Warner festgelegter Standards hinsichtlich Transparenz, Korrektheit der Daten und Effizienz.³⁷⁴ Mit Warner daraufhin kooperierende Verwertungsgesellschaften sind PRS for Music, SACEM, SGAE, STIM, SABAM und Buma/Stemra.³⁷⁵ Merkmal der nicht-ausschließlichen Vereinbarung ist, dass jede Verwertungsgesellschaft das Repertoire von Warner europaweit lizenzieren und möglicher Ansprechpartner eines Online-Musikdienstes sein kann. Beachtlich ist, dass P.E.D.L. nur solche Rechte vergibt, die Warner zu 100 % gehören. Warner legt eine Definition von anglo-amerikanischem Vgl. die Pressemitteilung von Warner/Chappell vom 2.6. 2006 unter http://investors.wmg. com/phoenix.zhtml?c=182480&p=irol-newsArticle&ID=863421. In der Literatur wurde dieser Bewerbungsprozess als Gefahr einer Übervorteilung von Warner durch geringere Verwaltungskosten und ohne Sozialabgabenpflicht gegenüber anderen Berechtigten der Verwertungsgesellschaften durchaus kritisch gesehen, Mazziotti, EUI Working Papers, S. 22. So die Angaben des WIPO 2015, www.collectingsocietieshb.com/CollectingSocieties/Display CollectingSocieties?societyfk=143. Peréz Gómez/Echavarría Arcila, Int. J. Int. Prop. Management 2014,Vol. 7, Nos. 3/4, 103, 106 nennen nur PRS, STIM, SACEM, SGAE und Buma/Stemra. Im Januar 2008 waren es noch MCPS/PRS Alliance Digital, GEMA und STIM, vgl. Schütt, MMR 2008, (Heft 4) XVIII.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
Repertoire zugrunde, wonach dem lizenzierten Repertoire nur Werke von Urhebern angehören, die von Warner verlegt wurden und die gleichzeitig PRS, ASCAP, BMI oder SESAC angeschlossen sind (oben, S. 41).³⁷⁶
(2) DEAL Der Musikverlag Universal hat sich infolge der Online-Empfehlung der EU-Kommission für eine ausschließliche Kooperation im Rahmen eines exklusiven Wahrnehmungsvertrages mit der französischen Verwertungsgesellschaft entschlossen. Unter dem Namen Direct European Administration and Licensing wird über SACEM das Online-Repertoire von Universal europaweit lizenziert.³⁷⁷ Zu den Lizenznehmern gehören YouTube, Apple Music und SoundCloud³⁷⁸.
(3) SOLAR Music Rights Management Die Rechte für die Vervielfältigung zum Zwecke der Online-Verwertung von Musikwerken des Repertoires des damals vierten großen Major-Verlages EMI Music Publishing wurden seit 2006 durch eine Tochtergesellschaft von GEMA und der britischen PRS for Music Ltd. (damals noch über die Administrationsgesellschaft MCPS-PRS Alliance Ltd.³⁷⁹), der CELAS GmbH, wahrgenommen.³⁸⁰ Ein weiterer Major, Sony/ATV Music Publishing, hatte das im Jahr 2008 eigens geschaffene hundertprozentige Tochterunternehmen der GEMA, PAECOL GmbH, mit der europaweiten Lizenzierung seiner Rechte betraut. Lizenziert wurden durch PAECOL jedoch ebenfalls nur die Vervielfältigungsrechte am Sony/ATV-Katalog im Bereich Online und Mobile. Mit der Zerschlagung des Musikunternehmens EMI im Jahre 2012 – das Verlagsgeschäft erwarb Universal, den Rechtekatalog Sony Corporation of Ameri-
Vgl. aber Fn. 55. SACEM, Annual Report 2015, S. 34. Pressemitteilung der SACEM, 2.6. 2016, abrufbar unter https://societe.sacem.fr/en/press-re sources/per-publication/Press-releases/a-new-deal-license-sacem-universal-music-publishing-in ternational-and-soundcloud-strike-new-european-deal. Ihrerseits eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der britischen PRS zur Verwaltung und Vergabe der Lizenzen an dem gebündelten Repertoire von Vervielfältigungs- und Zugänglichmachungsrechten. Im Jahr 2009 wurde sie in PRS for Music Ltd., im Folgenden PRSfM, umfirmiert und vereint ebenfalls sowohl die Aufführungsrechte der PRS als auch die mechanischen Rechte der MCPS zur multiterritorialen Vergabe aus einer Hand, vgl. https://www.prsformusic.com/ab out-us/history. Hoeren/Altemark, GRUR 2010, 16.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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ca³⁸¹ – wurden CELAS und PAECOL zusammengelegt,³⁸² da die Aufrechterhaltung zweier Lizenzierungsshops für einen Rechteinhaber unwirtschaftlich geworden war. Die so entstandene SOLAR-Music Rights Management GmbH (SOLAR GmbH mit Sitz in München)³⁸³ vergab über Vereinbarungen mit ihren Muttergesellschaften, die über die benötigten Zugänglichmachungsrechte verfügen, alle erforderlichen Rechte, d. h. die Online-Vervielfältigungs- und die korrespondierenden Wiedergaberechte, sog. matching performing rights, des Sony-/EMIWerkkatalogs aus einer Hand.³⁸⁴ Im Jahr 2014 wurde dann die britische SOLAR Music Rights Management Ltd. mit Sitz in London (im Folgenden SOLAR Ltd.) gegründet, an der die SOLAR GmbH zunächst 100 % hielt.³⁸⁵ Seit Mitte 2015 war alleiniger Geschäftszweck der SOLAR GmbH die Vermögensverwaltung der SOLAR Ltd. (Holdingfunktion), im Januar 2017 wurde sie gänzlich liquidiert. Nunmehr nimmt die SOLAR Ltd. von London aus das anglo-amerikanische Repertoire von Sony/EMI wahr, d. h. Rechte an Werken, die über Subverlage von Sony/EMI verlegt und die von Urhebern komponiert oder gedichtet werden, die entweder der ASCAP, BMI, AMRA und SESAC, der SOCAN, PRS, IMRO, APRA oder der südafrikanischen SAMRO angeschlossen sind, oder aber gar keiner Gesellschaft angehören oder repräsentiert werden durch Global Music Rights³⁸⁶.³⁸⁷ Das Repertoire von SOLAR Ltd. entspricht also der obigen Definition von anglo-amerikanischem Repertoire.³⁸⁸ Dies lässt vermuten, dass SOLAR Ltd. die Vervielfältigungsrechte zur Online-Nutzung direkt vom Rechteinhaber Sony zur Wahrnehmung erhält. Die zu den Vervielfältigungsrechten korrespondierenden europaweiten Online-Aufführungsrechte der Urheber (matching perfoming rights) bezieht sie über die PRSfM, die ihrerseits die
Die Administration der Rechte sollte Sony/ATV übernehmen, EU-Kommission, Sache COMP/ M. 6459, Rdnr. 5 – Sony/Mubadala Development/EMI Music Publishing. Pressemitteilung der GEMA, 25.9. 2014, www.gema.de/presse/pressemitteilungen/presse-de tails/article/sonyatv-prs-for-music-und-gema-geben-joint-venture-bekannt.html. Die GEMA beteiligte sich zu 50 % mit einem anteiligen Eigenkapital in Höhe von 512.000 Euro an SOLAR-Music Rights Management GmbH. SOLAR erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2015 einen anteiligen Jahresüberschuss von 659.000 Euro, GEMA-Jahrbuch 2016/2017, S. 65; ein Teil der Kapitalrücklage konnte an die Gesellschafter zurückgeführt werden, SOLAR GmbH, Lagebericht des Jahresabschlusses zum Geschäftsjahr 2014. EuG, ZUM-RD 2013, 293, Rdnr. 175 – CISAC./.EU-Kommission; Poll, K&R 2015, 166, 169, Fn. 18; Mazziotti, EUI Working Papers, S. 19. Vgl. den Annual Report 2015 der SOLAR Ltd., S. 13. Global Music Rights ist eine im Jahr 2013 gegründete amerikanische Verwertungseinrichtung für Aufführungsrechte, http://globalmusicrights.com/about. Vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31.3. 2017. S. 41 ff.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
SOLAR Ltd. zum Zwecke der Vertragsverhandlung über die matching performing rights mit den Online-Musikdiensten mandatiert.³⁸⁹ Ist eine Einigung über die Vertragsbedingungen erzielt, tritt SOLAR Ltd. zur Freigabe der entsprechenden Rechte an PRSfM heran, die dann der Lizenz hinzugefügt werden.³⁹⁰ Dadurch ist ein gemeinsamer Rechtefluss aus einer Hand – von SOLAR Ltd. – gewährleistet.
(4) ARESA Als vollständiges, weiteres Tochterunternehmen der GEMA nimmt die ARESA GmbH (Anglo-American Rights European Service Agency mit Sitz in München) die anglo-amerikanischen Rechte des Musikverlags BMG Rights Management³⁹¹ für die Online- und Mobile-Nutzung des dort vereinten Werkkatalogs europaweit wahr.³⁹² Es ist davon auszugehen, dass ARESA selbst für das BMG-Repertoire nur hinsichtlich der Vervielfältigungsrechte originär berechtigt ist. Die Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung am BMG-Repertoire werden ihr hingegen über die GEMA aufgrund ihrer Repräsentationsverträge mit den oben beschriebenen anglo-amerikanischen Performance Rights Organisations (PROs) ASCAP, BMI, AMRA und SESAC, der SOCAN, PRS, IMRO, APRA und SAMRO an ARESA zur Vergabe aus einer Hand für europäisches Territorium vermittelt.³⁹³
dd. Gründe und Folgen der Herausnahme Aus dem Blickwinkel der Majors liegt der Sinn und Zweck dieser eigenständigen Initiativen darin, die eigenen Rechte weitgehend noch zu beherrschen und die Vertragsfreiheit gegenüber dem Abschlusszwang mit Verwertungsgesellschaften so weit als möglich zu nutzen.³⁹⁴ Dies erlaubt es den Musikverlagen auch, die
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 3, 42 – ICE. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 42 – ICE. Anteile des Rechtekatalogs von BMG wurden nach Entscheidung der EU-Kommission, Sache COMP/M.4404 – Universal/BMG rechtskräftig von der Universal Music Group übernommen; soweit ersichtlich hat dies bislang noch keinen vergleichbaren Einfluss auf die Lizenzierungspraxis wie die Zusammenlegung von CELAS und PAECOL zu SOLAR für das EMI-Repertoire nach dessen Übernahme durch Sony Corporation of America. Repertoire mit Wirkung zum 1.10. 2015 geändert, vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31.3. 2017. Vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31. 3. 2017. Ungenau in dieser Hinsicht Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtewahrnehmung, S. 101. Die Gegenseitigkeitsverträge mit amerikanischen Verwertungsgesellschaften sind nicht territorial beschränkt. Dies spricht für sich, wenn die CELAS für das der Online-Verfügbarkeit untergeordnete Vervielfältigungs-Teilrecht das bis zu 60fache des geltenden GEMA-Tarifs für immerhin 85 % des
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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Bedingungen der Wahrnehmung selbst steuern zu können. Dadurch sind Vereinbarungen von Abschlagszahlungen und Minimumgarantien sowie kürzere Fristen für Vergütungsrückflüsse möglich, als ihnen im System der Verwertungsgesellschaft jemals gewährt werden könnte. Verwertungsgesellschaften hingegen sahen kaum eine andere Möglichkeit, als sich um die Wahrnehmung des begehrten Repertoires zu bewerben: Kompensation des Repertoireverlusts durch Tochtergesellschaften und internationale Kooperationen erschienen immer erforderlicher, um Einfluss und Verhandlungsmacht innerhalb der Verwertungsgesellschaft zu sichern, insbesondere um einen Wertverlust des Repertoires zu vermeiden.³⁹⁵ War das anglo-amerikanische Repertoire vor der Online-Empfehlung für zwischen 50 und 70 % der eingezogenen Vergütungen europäischer Verwertungsgesellschaften verantwortlich,³⁹⁶ so fiel dieses rentable Standbein – auch zur Quersubventionierung von Nischen- und ernsthaftem Repertoire – weg. Zum anderen verschob sich infolge des Rückzugs der großen Verlage die Verhandlungsposition der Verwertungsgesellschaften deutlich zu ihren Ungunsten. Auch wurden einige erleichternde Vermutungsregelungen für Verwertungsgesellschaften hinfällig und die Urheberrechtsdurchsetzung und Verfolgung von Rechtsverletzungen im Ausland ausgesetzt.³⁹⁷ Dabei verschlechterte sich die Stellung einiger Urheber, da ihnen weniger Vergütungsmasse für kulturelle und soziale Förderung zur Verfügung stand³⁹⁸ und eine finanzielle Unterstützung von weniger lukrativen Schöpfungen durch profitable Werke erschwert wurde.³⁹⁹ Darüber hinaus bestimmt jeder große Rechtsinhaber eigenständig, welches Repertoire er über „seine“ Option-3-Gesellschaft europaweit wahrnehmen lässt. Das Beispiel von P.E.D.L. zeigt, dass auch hier das Problem der split copyrights virulent wird. Sobald ein Werk einem Urheber zuzuordnen ist, der einem anderen Verlag als Warner oder einer anderen Verwertungsgesellschaft als PRS, ASCAP, BMI oder SESAC zugehörig ist, fällt dieses Werk aus der grenzüberschreitenden
Weltrepertoires verlangte, Maier-Hauff, ZUM 2013, 182, 183. EU-Kommission, C(2016) 5113 final, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 18 – Sony. Becker, in: GEMA-Jahrbuch 2006/2007, S. 52; Heker, in: GEMA-Jahrbüchern 2007/2008, S. 12, 48, 2008/2009, S. 39, 2012/2013, S. 41. Niggemeier, Medialex 2013, 65, 69; Hellenic Foundation, IP/B/CULT/IC/2008_136, S. 69, 112 ff., 124, bemängelt die kaum verfügbaren Informationen über die Lizenzierungstätigkeit der Option-3-Gesellschaften, sodass eine exakte Einschätzung der Auswirkung der Online-Empfehlung unterbleiben müsse. Grote, Europäische Perspektiven, S. 151 f. Siehe oben, Fn. 282. Zu den rechtsinhaberseitigen Verbund- und Skalenvorteilen Emler, Wettbewerb, S. 162 ff.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
Lizenzierung über P.E.D.L. heraus.⁴⁰⁰ Transparenz hinsichtlich des Umfangs des wahrgenommenen Repertoires der Lizenzierungsinitiativen ist nur schwer zu erlangen.⁴⁰¹ Es entsteht der Eindruck, die Berechtigten selbst könnten keine exakte Auskunft geben. Rechtsunsicherheit ist die Folge. Mehrere Systeme bestanden infolge der Herausnahme nebeneinander: Gegenseitigkeitsverträge, über die nun nicht mehr das Weltrepertoire für zumindest das Heimatterritorium lizenziert werden konnte, das Modell der Direktlizenzierung EU-weit für einzelne Repertoires und Rechtekategorien der großen Musikverlage sowie das spezielle System der Lizenzierung der Leistungsschutzrechte. Für Online-Musikdienste verkomplizierte sich die Situation, weil die Zahl der Verhandlungspartner stieg. Darüber hinaus müssen sie sich den Wahrnehmungsbedingungen der Lizenzierungsinitiativen unterwerfen, da sie auf das beliebte anglo-amerikanische Repertoire angewiesen sind.⁴⁰² Wünscht also ein grenzüberschreitender Musikdienst unionsweite Rechte für das Weltrepertoire, bleibt ihm nichts anderes übrig, als für den Erwerb der Urheberrechte jede nationale Verwertungsgesellschaft und zusätzlich jede Option-3Einrichtung zwecks Lizenzierung anzugehen. Eine Vereinfachung wird insoweit nicht erzielt. So ist die Kritik⁴⁰³, die die Empfehlung der EU-Kommission erfahren musste, nur verständlich.
ee. Getrennte Einräumung von Vervielfältigungs- und Zugänglichmachungsrecht? Abgeschwächt würde der Zersplitterungseffekt, wenn eine getrennte Einräumung der Vervielfältigungs- und Zugänglichmachungsrechte aus verschiedenen Händen rechtlich unzulässig wäre. Die Folge wäre eine Bündelung in einer Hand, entweder bei der Option-3-Einrichtung oder der Verwertungsgesellschaft. Sowohl das LG München als auch das OLG München als Berufungsinstanz haben sich mit der Frage der dinglichen Aufspaltbarkeit von Nutzungsrechten für eine einheitliche Online-Nutzung beschäftigt.⁴⁰⁴
Vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 10.10. 2016, siehe aber Fn. 55. Hellenic Foundation, IP/B/CULT/IC/2008_136, S. 69, 112 ff., 124. Baierle, MMR 2012, 503, 505. Fischer, Lizenzierungsstrukturen, S. 498 ff.; Altemark, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 202 ff.; Spohn/Hullen, GRUR 2010, 1053, 1056; Müller, ZUM 2009, 121, 126; Poll, ZUM 2008, 500, 503; Alich, GRUR Int 2008, 996; Drexl, Das Recht der Verwertungsgesellschaften, in: Hilty/Geiger, S. 382 ff.; v. Einem, MMR 2006, 647, 648. LG München I, ZUM 2009, 788; bestätigt von OLG München, ZUM 2010, 709, 712 – Videodateien.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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Nach bisheriger deutscher Rechtsprechung ist eine getrennte Einräumung von Nutzungsrechten bei einem einheitlichen Nutzungsvorgang rechtlich nicht möglich. Für die wirtschaftlich-technisch eigenständige Nutzungsart „OnlineMusikdienst“ durften somit die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte nicht getrennt vergeben werden.⁴⁰⁵ Je nach betroffener Interessenlage wurde dem zugestimmt⁴⁰⁶ oder das Ergebnis scharf kritisiert.⁴⁰⁷ Zweifeln lässt sich aber schon daran, ob eine Aufspaltung im tatsächlichen Sinne gegeben ist, wenn zwei für sich stehende Verwertungsrechte betroffen sind, an denen einzelne Nutzungsrechte eingeräumt werden können.⁴⁰⁸ Die Richtlinie 2014/26/EU erscheint in diesem Punkt nunmehr eindeutig,⁴⁰⁹ aber kontraproduktiv, was die Rechtebündelung angeht. Sie lässt die Selbstständigkeit der betroffenen Nutzungsrechte unberührt und erlaubt eine getrennte Einräumung, auch wenn sie gleichzeitig eine Rechtebündelung in einer, zumindest aber in wenigen Händen fördern will. Erwägungsgrund 37 der Richtlinie bestimmt, dass […] zu den Rechten des Urhebers das ausschließliche Recht auf Vervielfältigung und das ausschließliche Recht auf öffentliche Wiedergabe von Musikwerken gehört, das das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung miteinschließt. Diese Rechte können von den Rechtsinhabern selbst, wie etwa den Urhebern oder Musikverlegern, oder von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung wahrgenommen werden, die Leistungen im Bereich der kollektiven Rechtewahrnehmung erbringen. Das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe des Urhebers kann von verschiedenen Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung wahrgenommen werden. […]
Dies bestätigt Erwägungsgrund 19, der als eine Kategorie von Rechten für bestimmte Nutzungsformen die Kategorie „Vervielfältigung zur Verbreitung im Internet“ nennt und gerade nicht gleichzeitig das Online-Bereithalten. Damit ist aber nur gesagt, dass die Nutzungsrechte bei verschiedenen Wahrnehmenden liegen können, aber insbesondere noch nicht, dass sie nicht doch aus einer Hand an den Verwerter vergeben werden müssen. Zur Beantwortung dieser Frage lässt sich Erwägungsgrund 46 heranziehen. Danach soll der
So auch Schaefer, ZUM 2010, 150, 152; befürwortend ebenso Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtewahrnehmung, S. 116; Altemark, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 260 ff. Schaefer, ZUM 2010, 150, 154; v. Albrecht, K&R 2009, 658, 661. Gervais, in: Gervais, S. 13; Schack, UrhR, § 16, Rdnr. 599; Müller, ZUM 2011, 1; Melichar, ZUM 2010, 713; Jani, ZUM 2009, 722, 725; Spohn/Hullen, GRUR 2010, 1053, 1057. Siehe oben, S. 34; so auch Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 31, Rdnr. 29. Ebenso Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 31, Rdnr. 29, der allerdings nur auf Erwägungsgrund 37 rekurriert.
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Repräsentationszwang zur Übernahme fremden Repertoires in die originäre Mehrgebietslizenz einer Verwertungsgesellschaft eben nicht für solche Einrichtungen gelten, die bloß Rechte an denselben Werken bündeln, um das Recht zur Vervielfältigung das Recht zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke zusammen vergeben zu können.
Hiermit wird eine freiwillige Bündelung von Rechten privilegiert. Diese Einschränkung des Repräsentationszwangs würde ins Leere laufen, wenn eine Verpflichtung zur gemeinsamen Vergabe bestünde. Die ökonomisch nachvollziehbare Ansicht des Ausschusses für Internationalen Handel des EU-Parlaments,⁴¹⁰ die Einteilung von Lizenzen in mechanische Vervielfältigungs- und Aufführungsrechte [sei] in einer Online-Umgebung wenig sinnvoll [und] eine derartige Aufteilung [führe] zu höheren Preisen für Nutzer und höheren Transaktionskosten,
konnte sich nicht durchsetzen. Zugunsten der vollen Verfügungsbefugnis des Urhebers, bzw. der großen Rechtsinhaber, setzt die Richtlinie auf eine fortschreitende freiwillige Bündelung von Rechten und darüber hinausgehende Aggregation von Repertoire. Eine strengere nationale Regelung, die eine Vergabe aus einer Hand erzwingen würde, ist aufgrund der Vollharmonisierung der Richtlinie in diesem Abschnitt der Bestimmungen über Mehrgebietslizenzen nicht zulässig.⁴¹¹ Faktisch kooperieren Option-3-Gesellschaft und Verwertungsgesellschaft, bei der die korrespondierenden Online-Wiedergaberechte liegen.⁴¹² Gegenüber einem Verwerter tritt nur die Lizenzierungsinitiative des Majors (beispielsweise ARESA) auf, die „im Auftrag“ – hier der GEMA – auch die Nutzungsrechte nach § 19a UrhG wahrnimmt.⁴¹³ Damit wird eine freiwillige Bündelung der Rechte bei den Option-3-Gesellschaften bewirkt, ganz so wie es die Richtlinie anregt. Sie werden von ihren Mutterverwertungsgesellschaften mit der Verhandlung auch der Online-Aufführungsrechte mandatiert, um anschließend bei dieser um die Freigabe der korrespondierenden Rechte zu ersuchen. PRSfM beispielsweise, bei der die passenden Aufführungsrechte des gesamten Major-Repertoires für Europa liegen, hat die EU-Parlament, Stellungnahme des INTA, 20.6. 2013, A7– 0281/2013 (COM(2012)0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 115. Siehe Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2014/26/EU. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 42 f., Rdnr. 207 ff. – ICE. Alich, GRUR Int 2008, 996, 1001; kritisch hierzu v. Albrecht, ZUM 2011, 706, 711.
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Vergabe dieser Rechte über die Option-3-Gesellschaft SOLAR Ltd. (oder erst über die Mutterverwertungsgesellschaft einer Option-3-Gesellschaft) noch nie verweigert.⁴¹⁴ Auf diese Weise wird aus zwei Nutzungsrechte-Strömen ein Rechtefluss aus einer Hand gewährleistet. Eine rechtliche Pflicht aber besteht nicht. Außerdem ist der Bündelungseffekt nur sehr gering, wenn die Mutterverwertungsgesellschaft sowieso zwecks Lizenzierung ihres Originär-Repertoires angegangen werden muss. Eine Reduzierung der Transaktionskosten wird nur dann erreicht, wenn insgesamt das Repertoire der Verwertungsgesellschaften zusammengebracht werden kann. Zunächst aber erfuhr es eine weitere Zersplitterung (c.).
c. Die CISAC-Entscheidung der EU-Kommission Während sich die Generaldirektion Binnenmarkt für die Online-Empfehlung vom 18. Oktober 2005 verantwortlich zeichnete, hatte auch die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der kollektiven Rechtswahrnehmung im Online-Bereich. Die Online-Empfehlung von 2005 führte zu einem Umbruch der Wahrnehmung der Vervielfältigungsrechte; die CISAC-Entscheidung von 2008 sollte auch hinsichtlich der Wiedergaberechte Umwälzungen hervorrufen: In der Entscheidung vom 16. Juli 2008⁴¹⁵ monierte sie die von der Online-Empfehlung unberührt gebliebenen Gegenseitigkeitsverträge für die Aufführungsrechte für Internet-, Satellitensendung und Kabelweiterleitung als wettbewerbsrechtswidrig. Anlässlich zweier Beschwerden der RTL Group SA aus Luxemburg aus dem Jahr 2000 sowie der Music Choice Europe Ltd. (Music Choice) aus dem Jahr 2003 vermutete die EU-Kommission eine Diskriminierung aufgrund bestimmter Mitgliedschafts-, Ausschließlichkeits- und Gebietsklauseln in den Wahrnehmungsund Gegenseitigkeitsverträgen der Urheber-Verwertungsgesellschaften, die auf Bestimmungen des CISAC-Standardvertrags zurückzuführen waren.⁴¹⁶ Das Vorgehen beschränkte sich allerdings auf die Untersuchung der Vergabe von Urheber-Wiedergaberechten für die Übertragung über Internet, Satellit und Kabel.⁴¹⁷ Eingeleitet wurde das Verfahren zu Beginn des Jahres 2006 mit der Übersendung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte (Statement of Objections) zur Überprüfung
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 43, Rdnr. 211 – ICE. EU-Kommission, Sache COMP/C2/38.698 – CISAC. Die Erwiderung der GEMA findet sich zusammengefasst im GEMA-Jahrbuch 2006/2007, S. 49 f. EU-Kommission, Sache COMP/C2/38.698, Rdnr. 153 – CISAC.
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der Wahrnehmungsverträge mit Wahrnehmungsberechtigten wie dem Inhalt der Gegenseitigkeitsverträge der betreffenden Verwertungsgesellschaften.⁴¹⁸
aa. Inhalt der Entscheidung Drei möglicherweise wettbewerbsbeschränkende Regelungen in den Gegenseitigkeitsverträgen wurden daraufhin identifiziert⁴¹⁹: Zum einen störte sich die Generaldirektion an der Mitgliedschaftsbeschränkungsklausel gemäß Art. 11 Abs. 2 CISAC-Standardvertrag a.F. Ihr zufolge verhinderte eine Mitgliedschaft in einer Verwertungsgesellschaft die Mitgliedschaft in einer anderen. Außerdem determinierte die Staatsangehörigkeit die Wahl der Verwertungsgesellschaft. Alle 24 Verwertungsgesellschaften, die eine solche Klausel in ihre Gegenseitigkeitsverträge aufgenommen hatten, verstießen demzufolge gegen Art. 81 Abs. 1 EGVertrag a.F. Weiter wurden Exklusivitätsklauseln beanstandet. Art. 1 Abs. 1 und 2 der alten Fassung normierten die ausschließliche Rechtswahrnehmung der Verwertungsgesellschaften des ihnen anvertrauten Repertoires in ihrem Verwaltungsgebiet. Auch die Territorialitätsbeschränkungsklausel erfuhr Ablehnung. Art. 6 Abs. 1 und 2 des CISAC-Standardvertrags a.F. restringierte die gegenseitige Rechtseinräumung auf das jeweilige Hoheitsgebiet der beteiligten Verwertungsgesellschaften. Solche Klauseln waren bereits Gegenstand früherer Kommissions- und EuGHEntscheidungen.⁴²⁰ Anders als früher konnte die EU-Kommission keine Rechtfertigung für die Existenz der Klauseln erkennen.⁴²¹ Sie sah in der Koordinierung der mitgliedschaftlichen, inhaltlichen und territorialen Abgrenzungen durch den CISAC-Standardvertrag einen Verstoß der beteiligten 24 Verwertungsgesellschaften gegen Art. 81 EG-Vertrag und Art. 53 EWR-Abkommen.⁴²² Verpflichtungszusagen der Verwertungsgesellschaften wurden von der Kommission als nicht ef-
GEMA-Jahrbuch 2006/2007, S. 13. Hierzu Guibault/van Gompel, Collective Management, in: Gervais, S. 139, 161 f. EU-Kommission, Entscheidung vom 2.6.1971, ABl. L 134/15 ff. – GEMA I; EU-Kommission, ABl. 1981 L 370/49 ff. – GVL; EuGH, GRUR Int. 1990, 622 ff. – Tournier, sowie EuGH, EuZW 1990, 515 ff. – Lucazeau u. a.; EuGH, GRUR 2014, 473, Rdnr. 73 ff. – OSA. So für die Offline-Nutzung noch EU-Kommission, Entscheidung vom 2.6.1971, ABl. L 134/ 15 ff. – GEMA I; EuGH, GRUR Int. 1990, 622 ff. – Tournier. Müller, ZUM 2009, 121, 129.
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fektiv genug angesehen,⁴²³ sodass das Verfahren in eine Untersagungsverfügung mündete.Verboten wurden abgestimmte Verhaltensweisen zahlreicher Beteiligter.
bb. Wirkung der Entscheidung Territoriale Restriktionen sind nach der Verfügung aber zulässig, sofern sie nur bilateral ausgehandelt sind.⁴²⁴ Damit blieb Raum für eine bilaterale Neuverhandlung der Gegenseitigkeitsverträge, die daraufhin für den Bereich der OnlineNutzung von Musikwerken mit neuem Inhalt erfolgte.⁴²⁵ Die GEMA wurde für die Online-Nutzung von Repertoire ihrer Schwestergesellschaften lediglich autorisiert, hierüber als Nichtberechtigte gegenüber inländischen, also deutschen Verwertern zu verfügen. Für nicht-deutsche („multinationale“) Verwerter behielten sich die jeweiligen Schwestergesellschaften vor, ihr Originalrepertoire im Wege der Direktlizenzierung selbst zu vergeben.⁴²⁶ Damit konnte die GEMA an gebietsübergreifend tätige Online-Musikdienste auch für Deutschland nicht mehr das Weltrepertoire vermitteln.⁴²⁷ An rein nationale Anbieter jedoch lizenzierte sie auch das Repertoire ihrer Schwestergesellschaften für die Online-Nutzung. Damit war das System der Gegenseitigkeitsverträge nicht nur hinsichtlich der Vervielfältigungsrechte, sondern auch hinsichtlich der multiterritorialen Zugänglichmachungsrechte torpediert. Gegen die Untersagungsverfügung haben mehrere Verwertungsgesellschaften, darunter die GEMA, Teilnichtigkeitsklage lediglich im Hinblick auf die Entscheidung über die Gebietsbeschränkungsklauseln erhoben und die Aussetzung des Sofortvollzugs beim EuG beantragt. Das EuG sah für den einstweiligen Rechtsschutz jedoch keine Dringlichkeit und lehnte die Anträge ab.⁴²⁸
Näher hierzu GEMA-Jahrbuch 2008/2009, S. 63 und Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 116 f. EU-Kommission, MEMO/08/511, 16.7. 2008, abrufbar unter europa.eu/rapid/press-release_MEMO-08 – 511_en.htm?locale=en. Über den Inhalt ist keine genaue Kenntnis zu erlangen; Mazziotti, EUI Working Papers, S. 19: „(secret!) system of reciprocal representation“; Gyertyánfy, IIC 2010, 59, 81. GEMA-Jahrbuch, 2009/2010, S. 38 f. GEMA-Jahrbuch, 2009/2010, S. 39; Ventroni, MMR 2012, 565, 566. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 122, Fn. 179.
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d. Das CISAC-Urteil des EuG Im Hauptsacheverfahren hatte das Vorbringen der Verwertungsgesellschaften jedoch Erfolg.⁴²⁹ So konnte das EuG es als tatsächlich nicht von der EU-Kommission bewiesen ansehen, dass die Gebietsbeschränkungsklauseln aufgrund einer abgestimmten Verhaltensweise zustande gekommen seien. Für das Parallelverhalten ließen sich auch wettbewerbliche Motive finden, wie von CISAC vorgebracht: „Gebietsbeschränkungen auf das Inland seien das Ergebnis in praktischer und wirtschaftlicher Hinsicht durchdachter und rationaler individueller Entscheidungen unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen des Marktes“⁴³⁰, da „zur wirksamen Überwachung der Nutzung der Urheberrechte eine Präsenz vor Ort erforderlich sei und gewährleistet werden müsse, dass die Vergütungen, die die Urheber erhalten, nicht sänken. Außerdem verweist die Klägerin [CISAC] auf die Bedeutung der Gebietsbeschränkungen auf das Inland für die Erhaltung der nationalen zentralen Anlaufstellen, bei denen Nutzer Lizenzen für das Weltrepertoire erhalten könnten.“⁴³¹
aa. Inhalt des Urteils Für die Durchsetzung der Urheberrechte, die ebenfalls zur Aufgabe einer Verwertungsgesellschaft gehöre, sei für das jeweilige Gebiet diejenige lokale Verwertungsgesellschaft besonders geeignet, die den Markt ihres Verwaltungsgebietes am besten kenne. Die Kosten für die hierzu erforderlichen Kontrollen müssten durch die später erhaltenen Vergütungszahlungen ausgeglichen werden. Würde aber eine andere Verwertungsgesellschaft auch das nationale Territorium der Überwachungsverwertungsgesellschaft lizenzieren, so fiele diese Vergütungsabsicherung für die letztere Verwertungsgesellschaft weg, eine Kontrolle würde unrentabel und die Verwertungsgesellschaft in ihrer Aufgabenerfüllung gehindert. Auch dies sei ein plausibles Argument für die in Streit stehenden Gebietsbeschränkungsklauseln, zu dessen Entkräftung die EU-Kommission nichts vorgebracht habe.⁴³² Das Gericht straft die angefochtene Kommissionsentscheidung regelrecht ab, wenn es die Widersprüchlichkeit ihrer Forderung nach mehr Wettbewerb wie folgt entlarvt: Die EU-Kommission habe nicht erklären können, wie Verwertungsgesellschaften zusammenarbeiten können sollen, die hinsichtlich der Erteilung von
EuG, ZUM-RD 2013, 293 – CISAC./.EU-Kommission. EuG, ZUM-RD 2013, 293, 306, Rdnr. 134 – CISAC./.EU-Kommission. EuG, ZUM-RD 2013, 293, 306, Rdnr. 110, 135 – CISAC./.EU-Kommission. EuG, ZUM-RD 2013, 293, 308, Rdnr. 150 – CISAC./.EU-Kommission.
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Lizenzen für sich überschneidende Repertoires und für dieselben Gebiete miteinander in Wettbewerb stehen. Eine solche Zusammenarbeit sei aber nach dem Zugeständnis der EU-Kommission ⁴³³ erforderlich, damit jede von ihnen Lizenzen für mehrere Repertoires anbieten könne. Die EU-Kommission sei eine Erklärung schuldig geblieben, wie eine solche Zusammenarbeit insbesondere bei der Überwachung und gerichtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen aussehen könnte, wenn doch die beteiligten Verwertungsgesellschaften Wettbewerber geworden seien.⁴³⁴ Gebietsübergreifende Direktlizenzen lohnten sich nur bei Großnutzern, da nur in diesem Fall die Nutzungsüberwachungskosten durch die große Zahl der Nutzungen und damit durch hohe Vergütungen aufgewogen würden.⁴³⁵ Hier bestünde von vornherein kein Wettbewerbsverhältnis zur lokalen Verwertungsgesellschaft, die Eingebietslizenzen erteilt. Das Verlangen nach Wettbewerb der EUKommission geht nach Ansicht des Gerichts in dieser Hinsicht vollkommen fehl.⁴³⁶
bb. Wirkung des Urteils Das Urteil des EuG entfaltete allerdings keine Wirkung auf die Lizenzierungspraxis. Die Entscheidung der EU-Kommission hatte bereits zu umfassender Neuverhandlung der Gegenseitigkeitsverträge geführt, über deren Inhalt kaum Kenntnis zu erlangen ist.⁴³⁷ Über die Wahrnehmung der Online-Urheberrechte im System der Gegenseitigkeitsverträge nach der CISAC-Entscheidung kann daher nur gemutmaßt werden.⁴³⁸ Wahrscheinlich ist die oben beschriebene Praxis, dass an gebietsübergreifend tätige Verwerter eine Direktlizenzierung einzelner Originär-Repertoires der Verwertungsgesellschaften zumindest möglich ist⁴³⁹ (das Weltrepertoire also nicht grenzübergreifend aus einer Hand zu erlangen ist), na-
EU-Kommission, Sache COMP/C2/38.698, Rdnr. 166 – CISAC. EuG, ZUM-RD 2013, 293, 308, Rdnr. 151 – CISAC./.EU-Kommission. EuG, ZUM-RD 2013, 293, 311, Rdnr. 176 – CISAC./.EU-Kommission. Kritisch Weller, Die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten, S. 118 ff. Müller, ZUM 2011, 13, 14; Grewenig, ZUM 2011, 27, 30. Sicher ist, dass Verwertungsgesellschaften bilateral sogenannte Carve Out Clauses vereinbart haben, die für ausgewählte OnlineMusikdienste eine grenzüberschreitende Direktlizenzierung von Verwertungsgesellschaften ihres Originär-Repertoires wie das von PRSfM vorsehen, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 6, Rdnr. 23 ff. – ICE. Zu den drei möglichen Modellen Weller, Die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten, S. 258 ff. Die GEMA aber beispielsweise will nie grenzüberschreitende Lizenzen ihres Repertoires vergeben haben, PRSfM und STIM hingegen schon, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 6, Rdnr. 23 ff. – ICE.
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tionale Musikdienste aber über das herkömmliche System der Gegenseitigkeitsverträge das Weltrepertoire von ihrer nationalen Verwertungsgesellschaft erhalten können (oben, S. 113). Letztlich führen diesbezügliche Spekulationen aber nicht weiter, da mit der Richtlinie 2014/26/EU ein Regulierungsrahmen geschaffen wurde, der gegebenenfalls Anpassungen erforderlich macht (e.).
e. Die Richtlinie 2014/26/EU In der Zwischenzeit, am 11. Juli 2012, hatte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt veröffentlicht.⁴⁴⁰ Auch dieser folgt dem in den Empfehlungen zutage getretenen Wettbewerbskonzept der EU-Kommission. Das Urteil des EuG hatte dagegen nur geringfügigen Einfluss auf den Diskussionsverlauf hin zur endgültigen Richtlinie.⁴⁴¹
aa. Anfänge bis zum Richtlinienentwurf Grenzüberschreitende Lizenzierung seitens der klassischen Verwertungsgesellschaften war infolge der durch die (unverbindliche) Online-Empfehlung der EUKommission ausgelösten Rechtsunsicherheit nur sehr zögerlich erfolgt.⁴⁴² Eine Harmonisierung des Verwertungsgesellschaftenrechts war zunächst nicht in Sicht. Im Januar 2010 verlangten acht europäische Verwertungsgesellschaften ein legislatives Tätigwerden in Form einer verbindlichen Richtlinie über die Grundzüge des Wahrnehmungsrechts.⁴⁴³ Dem nahm sich die EU-Kommission an: Ihre Strategie Europa 2020 vom 3. März 2010 hält für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum auch den urheberrechtlichen Rahmen für anpassungsbedürftig.⁴⁴⁴ In der Mitteilung „Eine digitale Agenda für Europa“ vom 13. Mai 2010 wurde die Modernisierung und Harmonisierung eines Regelungsrahmens für europäische Verwertungsgesellschaften in den legislativen Aktionsplan aufgenommen.⁴⁴⁵
EU-Kommission, COM(2012) 372 final. Niggemeier, Medialex 2013, 65, 73. Kritisch zum Richtlinienentwurf Gerlach, ZUM 2013, 174 ff., Nérisson, ZUM 2013, 185, 189; zur endgültigen Richtlinie Holzmüller, ZUM 2014, 468 f. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 106; EU-Kommission, Monitoring der OnlineEmpfehlung 2005 vom 7. 2. 2008, S. 5 ff. GEMA-Jahrbuch 2011/2012, S. 39. EU-Kommission, Mitteilung Strategie Europa 2020, KOM(2010) 2020 endg., S. 5, 15. EU-Kommission, Mitteilung Digitale Agenda, KOM(2010) 245 endg., S. 8 ff.
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Die Binnenmarktakte vom 13. April 2011 fokussiert die Vereinfachung der bestehenden Rechtewahrnehmungssysteme zur Erteilung von Lizenzen für die Nutzung von Urheberrechten für legale Online-Angebote.⁴⁴⁶ Dazu sollte die Entwicklung eines europäischen Modells für eine Rechteverwaltung gehören, die die Erteilung von für mehrere Regionen geltenden Lizenzen für eine Vielzahl von Online-Diensten erleichtern und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Rechtsinhaber gewähren sollte. Demzufolge konkretisiert sich das Regulierungsziel in der Mitteilung zu einem Binnenmarkt für Rechte des geistigen Eigentums vom 24. Mai 2011 zu einer Schaffung eines Rechtsrahmens für die gemeinsame Verwaltung von Urheberrechten, der eine Mehrgebietslizenzierung sowie eine gesamteuropäische Lizenzierung ermöglicht. […] Um die Entwicklung neuer Online-Dienste zu fördern, die einen größeren Anteil des weltweiten Angebots abdecken und einen größeren Anteil der europäischen Verbraucher erreichen, sollte der [Regelungs‐]Rahmen die Einführung europäischer „Rechtemakler“ zulassen, die in der Lage sind, den weltweiten Musikbestand auf Mehrgebietsebene zu lizenzieren und zu verwalten und gleichzeitig die Entwicklung der kulturellen Vielfalt in Europa zu gewährleisten.⁴⁴⁷
bb. Die Richtlinie 2014/26/EU Der Richtlinienentwurf vom 11. Juli 2012 nimmt diese Überlegungen auf.⁴⁴⁸ Er besteht aus zwei Regelungskomplexen, von denen sich der erste mit Transparenzund Good-Governance-Vorschriften für kollektive Rechtewahrnehmungsorganisationen befasst, während der zweite Teil ausschließlich auf Bestimmungen über die Anforderungen an die Vergabe von Mehrgebietslizenzen durch Verwertungsgesellschaften für die Online-Nutzung von Urheberrechten an Musikwerken ausgerichtet ist. Hierauf wird im Folgenden der Fokus gelegt. Nach intensiven Debatten im EU-Parlament und informellem Trilog wurde die Richtlinie 2014/26/EU am 4. Februar 2014 im EU-Parlament mit 640 Stimmen bei 18 Gegenstimmen und 22 Enthaltungen verabschiedet.⁴⁴⁹ Am 20. Februar wurde die Richtlinie im Rat der Europäischen Union angenommen. Unterzeichnet wurde sie am 26. Februar 2014, im Amtsblatt veröffentlicht am 20. März 2014. Hinsichtlich
EU-Kommission, Mitteilung Binnenmarktakte, KOM(2011) 206 endg., S. 10. EU-Kommission, Mitteilung Binnenmarkt für Rechte des geistigen Eigentums, KOM(2011) 287 endg., S. 13. EU-Kommission, COM(2012) 372 final. Vgl. die Pressemitteilung des EU-Parlaments, 20140203IPR34615, 4. 2. 2014, abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/pdfs/news/expert/infopress/20140203IPR34615/ 20140203IPR34615_de.pdf.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
der Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten der Urheber hat die finale Richtlinie nur wenige Änderungen erfahren. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick gegeben, Einzelheiten folgen im Zusammenhang spezifischer Regelungsprobleme.
(1) Sitzlandprinzip Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2014/26/EU normiert das Sitzlandprinzip. Demgemäß ist grundsätzlich das Umsetzungsgesetz desjenigen Landes anwendbar, in dem die Vewertungsgesellschaft oder Verwertungseinrichtung ihren Sitz hat.⁴⁵⁰
(2) Beschränkung auf Urheberrechte an Musikwerken Die EU-Kommission beschränkte bereits den Entwurf zur Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung für die gebietsübergreifende Online-Nutzung von Musikrechten bewusst auf Urheberrechte an schutzfähigen Werken im Bereich „Musik“. Während die Binnenmarktakte noch allgemein von Online-Diensten sprach, konzentriert sich die nachfolgende Mitteilung „Ein Binnenmarkt für Rechte des Geistigen Eigentums“ auf die Mehrgebietslizenzierung im Musikbereich.⁴⁵¹ Es ist zu vermuten, dass der Handlungsbedarf in diesem Marktsegment als deutlich dringlicher empfunden wurde, gleichzeitig der Musikmarkt aber auch als „Testballon“ für weitere Branchen dienen sollte.⁴⁵² Dies bestätigt die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Richtlinienentwurf. In ihr beschreibt der Ausschuss „das Anwendungsgebiet angesichts des Anteils der Musik an den Online-Märkten für kulturelle Inhalte für richtig gewählt“. Dadurch würde es möglich, Erkenntnisse über eine grenzüberschreitende Wahrnehmung von Urheberrechten zu erlangen, „die hernach als Modell oder zumindest als Inspiration für den Online-Handel mit jeder Art von Multimedia-Inhalten und Büchern dienen“ könnten.⁴⁵³ Weiter führt der Ausschuss an, dass Musik nicht erst „sprachlich angepasst werden muss“.⁴⁵⁴
Staats, ZUM 2014, 470, 472. EU-Kommission, Mitteilung Binnenmarktakte, KOM(2011) 206 endg., S. 10 und EU-Kommission, Mitteilung Binnenmarkt für Rechte des geistigen Eigentums, KOM(2011) 287 endg., S. 14. Csillag, MuR 2012, 234, 235. Stellungnahme des EWSA, 12.12. 2012, ABl. 2013 C 44/104. Stellungnahme des EWSA, 12.12. 2012, ABl. 2013 C 44/105.
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Der Ausschluss von Leistungsschutzrechten ist nachvollziehbar und nicht etwa Ausdruck der Handhabung von „Rechten zweiter Klasse“.⁴⁵⁵ Bei der Untersuchung der Schwierigkeiten einer kollektiven Wahrnehmung von Online-Rechten an Musikwerken wurde schlicht kein Regelungsbedarf der Lizenzierung der verwandten Schutzrechte durch Verwertungsgesellschaften ermittelt.⁴⁵⁶ Entweder werden Leistungsschutzrechte – je nach Rechtekategorie und Entscheidung des Tonträgerherstellers – bereits grenzüberschreitend individuell, über Merlin oder aber über das Simulcasting-Abkommen kollektiv lizenziert (oben, 2. Teil, B. II., S. 75 f. und C. IV. 2. a., S. 92 ff.). Da Leistungsschutzrechtsinhaber bereits Möglichkeiten einer multiterritorialen Lizenzierung der erforderlichen Online-Rechte der Vervielfältigung, der Sendung und der öffentlichen Zugänglichmachung gefunden haben, entspräche ihre Regulierung also nicht der gegenwärtigen Lizenzierungspraxis der verwandten Rechte.
(3) Lizenzierungsgegenstand: Online-Rechte Weitere Voraussetzung für die Geltung der Vorschriften über die Mehrgebietslizenzierung ist das Vorliegen von „Online-Rechten“. Der Begriff „Online-Recht“ per se ist (noch) nicht verbindlich definiert. Im Jahr 1996 wurde zwar im WIPO⁴⁵⁷ Copyright Treaty als Sonderabkommen im Sinne des Art. 20 S. 1 RBÜ erstmals in Reaktion auf den digitalen Wandel ein Recht der öffentlichen Zugänglichmachung in Art. 8 WCT – allerdings nur für das Urheberrecht⁴⁵⁸ – festgeschrieben, ohne dass es jedoch als „Online-Recht“ bezeichnet wurde.⁴⁵⁹ Die EU-Kommission spricht in ihrer Empfehlung vom 18. Oktober 2005⁴⁶⁰ erstmalig in Erwägungsgrund 9 von „Online-Rechten“. Nach Ziff. 2 lit. f) sind darunter nicht alle betroffenen Einzelrechte zusammengefasst zu verstehen, sondern das einzelne
Vgl. Gerlach, in: Bullinger u. a., Festschrift Wandtke, S. 233: Der EuGH gehe bei Leistungsschutzrechten von einem „Schutz zweiter Klasse“ aus, was mit seiner Rechtsprechung zu belegen wäre, EuGH, ZUM-RD 2012, 241 – SCF und EuGH, ZUM 2012, 393 – PPL. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 14, 23; vgl. auch auch KEA/Vrije Universiteit Brussel, Final study, S. 41. Zur Funktion, Tätigkeit und Struktur der World Intellectual Property Organization siehe Birkbeck, WIPO, 2016, S. 7 ff., 55 ff. Für Tonträgerhersteller und ausübende Künstler gelten die internationalen Verträge RomAbkommen und WPPT, näher dazu Katzenberger/Metzger, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 61 ff. Katzenberger/Metzger, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 39. EU-Kommission, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff.
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i) „ausschließliche Recht der Vervielfältigung in der Form von unkörperlichen Kopien (Richtlinie 2001/29/EG), die im Zuge der Online-Verbreitung von Musikwerken vorgenommen werden; ii) Recht der öffentlichen Wiedergabe eines Musikwerks, entweder in der Form eines Rechts zu erlauben oder zu verbieten (Richtlinie 2001/29/EG), oder eines Rechts auf angemessene Vergütung (Richtlinie 92/100/EWG). Diese Rechte erstrecken sich auf Webcasting, Internet-Radio und Simulcasting oder „Near-on-Demand“-Dienste, die entweder auf einem PC oder auf einem Mobiltelefon empfangen werden; iii) ausschließliche Recht der öffentlichen Zugänglichmachung eines Musikwerks (Richtlinie 2001/29/EG), das „On-Demand“ oder andere „interaktive“ Dienste umfasst“.
Online-Rechte sind also keine eigenständigen Rechte, sondern eine Kombination der Vervielfältigungs- und der Wiedergaberechte für Online-Anwendungen.⁴⁶¹ Die Definition in Art. 3 lit. n) der Richtlinie 2014/26/EU weicht hiervon nicht ab, sie ist nur erheblich verschlankt: „Online-Rechte an Musikwerken“ sind die dem Urheber zustehenden Rechte an einem Musikwerk im Sinne der Artikel 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG, die für die Bereitstellung eines Online-Dienstes erforderlich sind.
Im Online-Bereich maßgeblich sind das in Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG geregelte Vervielfältigungsrecht und je nach Ausgestaltung des Dienstes ebenfalls das in Art. 3 Abs. 2 normierte Recht der öffentlichen Zugänglichmachung oder das Senderecht gemäß Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG.⁴⁶² Ein ausschließliches Senderecht steht den verwandten Schutzrechtsinhabern gemäß Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG nicht zu. Dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte werden in der Richtlinie 2014/26/EU dennoch über die Verwendung des Wortes „Rechtsinhaber“ außerhalb des Titels III umfassend erfasst. Diese sind nach Art. 3 lit. c) alle natürlichen oder juristischen Personen […], die Inhaber eines Urheberoder eines verwandten Schutzrechts sind […]. Zwar wird auch in Titel III der Terminus „Rechtsinhaber“ gebraucht. Doch aufgrund der tatbestandlichen Reduktion auf die Mehrgebietslizenzierung von Urheberrechten werden Leistungsschutzrechtsträger aus oben genannten Gründen ausgeschlossen. Forderungen nach einer Vereinfachung der Rechtestrukturen durch die Lizenzierung eines „Online-Rechts“ anstatt von Wiedergabe-, und Vervielfälti Lüder, GRUR Int 2007, 649, 651 ff.; EU-Kommission, Sache COMP/M. 4404, S. 6 – Universal/ BMG. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 20, Rdnr. 2; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 20, Rdnr. 7. Gekennzeichnet als Rechte der öffentlichen Wiedergabe, die auf Online-Übertragungen anwendbar sind, von Poll, MMR 2011, 226, 227.
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gungsrechten der Urheber und Leistungsschutzrechtsinhaber haben sich nicht durchsetzen können.⁴⁶³ Allerdings könnte ein „unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe im Internet“ de lege ferenda zur Entspannung der Lizenzierungspraxis beitragen, wenn es alle nötigen Rechte umfassen und so das multi split copyright zumindest hinsichtlich der verschiedenen Nutzungsarten zu lediglich einem notwendig einzuholenden Recht bündeln würde.⁴⁶⁴ Davon sind die bestehenden Richtlinien auf EU-Ebene aber noch entfernt, auch weil dadurch die Differenzierung zwischen Urhebern und Leistungsschutzberechtigten gefährdet würde.
(4) Anwendungsbereich: Mehrgebietslizenzierung von Urheberrechten an Musikwerken Titel III ist ausschließlich für die Vergabe von Mehrgebietslizenzen anwendbar. Eine Mehrgebietslizenz ist gemäß Art. 3 lit. m) der Richtlinie eine Lizenz, die sich auf das Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedstaat erstreckt. Im Ergebnis bedeutet dies aufgrund der Geltung des Territorialitätsprinzips die Erteilung einer Nutzungserlaubnis in mehreren Mitgliedstaaten, also die Lizenzierung eines Rechtebündels, das mindestens aus zwei territorialen Rechten besteht, beispielsweise dem deutschen und dem österreichischen Wiedergabe- und Vervielfältigungsrecht zur Online-Verfügbarmachung eines Musikwerkes in Deutschland und Österreich.
(5) Lizenznehmer: „Online-Musikdienst“ Eine Definition des Online-Musikdienstes fehlt in der Richtlinie.Während in Art. 3 lit. m) der Entwurfsfassung⁴⁶⁵ ein solcher noch zumindest vage beschrieben wurde als „eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft im Sinne des Arti-
Für ein „Online-Verbreitungsrecht“ im Bereich des Senderechts bei personalisierten Internetradios v. Ungern-Sternberg, Senderecht, in: Peifer u. a., S. 64 ff.; ähnlich auch Krause, ZUM 2011, 21, 24. Vgl. auch Wiebe (Hrsg.), Rights Clearance for Online Music, S. 104, der jedoch verkennt, dass zwar Rechtekategorien reduziert würden, nicht aber zwangsläufig auch die Zahl der möglichen Rechteinhaber an diesem „single right“. Der Effekt auf die Transaktionskostenhöhe wäre ohne flankierende Maßnahmen nur geringfügig. Zudem würden Leistungsschutzberechtigte ohne Zutun des (europäischen) Gesetzgebers zumindest nach deutschem Recht davon ausgeschlossen sein – ihre Verwertungsrechte sind abschließend geregelt. Eine rückwirkende Regelung verstieße gegen Art. 14 GG und das Rückwirkungsverbot. Eine zukünftige europäische Harmonisierung erfasste also nur Neuschöpfungen, dem aufwendigen Status quo wäre kaum geholfen. EU-Kommission, COM(2012) 372 final.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
kels 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34/EG, die die Einräumung von Nutzungsrechten an Musikwerken voraussetzt“, wurde er auf den Änderungsvorschlag des Rats der Europäischen Union hin gestrichen.⁴⁶⁶ Zu viele Auslegungsprobleme hätten sich aus der Verweisung ergeben.⁴⁶⁷ Um die Flexibilität neuer Geschäftsmodelle nicht im Vorhinein zu beschränken, war eine Streichung daher geboten. Es kommt allein darauf an, dass Mehrgebietslizenzen für Online-Rechte der Urheber an Musikwerken vergeben werden; an wen, ist zunächst einmal uninteressant.
(6) Sinn und Zweck der Richtlinie Bei der Auslegung von Unionsakten hat die teleologische, an Sinn und Zweck des EU-Rechts orientierte Methode herausragende Bedeutung.⁴⁶⁸ Für die Arbeitshypothese relevantes, primäres Ziel der Richtlinie ist die Anregung und Vereinfachung der multiterritorialen Rechtevergabe.⁴⁶⁹ Dies soll auch durch die Stimulation von Wettbewerb zwischen Verwertungsgesellschaften gelingen,⁴⁷⁰ wofür eine Marktkonzentration bei wenigen effizienten Online-Rechte-Gebern durchaus dienlich sein kann. Insoweit riskiert die Richtlinie einen schwierigen Spagat. Es ist nicht verwunderlich, dass nach einem langwierigen Konsultations- und Verhandlungsprozess das ursprüngliche Ziel, vollständigen Wettbewerb unter allen Verwertungsgesellschaften durchzusetzen, modifiziert werden musste.⁴⁷¹ Man konzentriert sich nun darauf, Wettbewerb unter den wenigen großen Verwer-
Ministerrat, Presidency Compromise, 2012/0180 (COD), 8013/13, S. 16. Rupp, MMR 2014, 217, 219, weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei dieser Definition um einen Zirkelschluss gehandelt hätte und sie daher begründet gestrichen wurde. Zu dem Merkmal „in der Regel gegen Entgelt“ bei Speicherung der Nutzerdaten zum Zwecke der personalisierten Werbung Faust, Braucht das BGB ein Update?, S. 6 ff. Oppermann/Classen/Nettesheim, EuropaR, S. 141 f. Art. 1 der Richtlinie, hierzu Guibault, in: Stamatoudi/Torremans, S. 698, 705, Rdnr. 14.01, 14.09; Papēde, Verwertungsgesellschaften, S. 311. Drexl, Collective Management of Copyrights, in: Purnhagen/Rott, S. 462. Durch die dezidierten Passport-Voraussetzungen für eine Vergabe von Mehrgebietslizenzen solle wettbewerblicher Druck ausgeübt werden, um kollektive Lizenzierungspraktiken zu verbessern, Stellungnahme des EWSA, 12.12. 2012, ABl. 2013 C 44/106. Der ursprüngliche Richtlinienentwurf der EU-Kommission stand ganz im Zeichen der Anwendbarkeit der Dienstleistungsrichtlinie, siehe hierzu Ficsor, in: Gervais, S. 42; Csillag, MuR 2012, 234, 243. Aus diesem Grunde ist die Richtlinie geprägt von den widerstreitenden Meinungen der Gesetzgebungsorgane, sodass sich kein einheitliches Bild hinsichtlich der Geltung der Dienstleistungsrichtlinie ergibt. Nicht alle Folgen der anfänglichen Anwendbarkeit der Dienstleistungsrichtlinie wurden konsequent aus dem endgültigen Richtlinientext beseitigt, so auch Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE vom 14. 8. 2015, S. 7, Rdnr. 14.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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tungsgesellschaften sicherzustellen,⁴⁷² die über die erforderlichen Kapazitäten und Leistungsstärke verfügen,⁴⁷³ anderes Repertoire ebenfalls zu schultern. Zwischen ihnen sollen gleiche Handlungsbedingungen (level playing field) geschaffen werden,⁴⁷⁴ während zwischen kleineren und größeren Einheiten Zusammenarbeit ermöglicht und durch das „Hub-System“ auch angereizt wird. Ob das durchgängig gelungen ist, ist Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit.
(7) Das Hub-Modell Das Hub-(„Huckepack“‐)Modell der Richtlinie, welches in Art. 29 bis 31 konkretisiert wird, zeichnete sich bereits in der Studie über eine Initiative zur grenzüberschreitenden kollektiven Verwertung der Urheberrechte im Musiksektor⁴⁷⁵ ab, auf deren Grundlage die Online-Empfehlung der EU-Kommission im Jahr 2005⁴⁷⁶ erlassen wurde. Gegenseitigkeitsverträge sollten durch EU-weite Direktlizenzierung des Hausrepertoires von drei bis vier großen Verwertungsgesellschaften ersetzt werden,⁴⁷⁷ ein One-Stop-Shop hinsichtlich des vollständigen Weltrepertoires war nicht mehr erwünscht. Nur so erachtete die EU-Kommission eine Verhandlungsmöglichkeit auf Augenhöhe mit den großen Online-Musikdiensteanbietern herstellen zu können. Die kleineren Verwertungsgesellschaften sollten Vertretungsverträge mit den gebietsübergreifend lizenzierenden Verwertungsgesellschaften schließen.⁴⁷⁸ Die EU-Kommission entlehnte ihr finalisiertes Hub-Modell für den Richtlinienentwurf der Praxis: Die irische IMRO hatte ihr Repertoire zur gebietsübergreifenden Lizenzierung für Online-Nutzungen bereits der britischen PRS eingeräumt;
So versteht es auch der deutsche Gesetzgeber im VGG, siehe BT-Drs. 18/7223, S. 61. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 20, Rdnr. 83, 84 – ICE: Bei einer multiterritorialen Lizenzierung steige im Vergleich zur rein nationalen Lizenzierung die Komplexität der Datenverarbeitung dramatisch an. Je größer das jeweilige Repertoire, desto umfangreicher die erforderlichen Kapazitäten. Zum Richtlinienentwurf Drexl/Nérisson/Trumpke/Hilty, Stellungnahme des MPI zum RL-E, 17.1. 2013, S. 5; zum VGG die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 18/7223, S. 91. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005. EU-Kommission, SEC(2005) 1254. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 42; die Folgenabschätzung zum Richtlinienentwurf spricht von „a reasonable number“, Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162. EU-Kommission, Study on a community initiative, 7.7. 2005, S. 44 f.; Schmidt, ZUM 2005, 783, 788.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
das Repertoire der portugiesischen SPA wurde grenzüberschreitend im OnlineBereich bereits seit 2009 durch die spanische SGAE wahrgenommen.⁴⁷⁹ Nach Vorstellung der EU-Kommission sollte das Hub-Modell zu einer Wettbewerbsintensivierung unter den Verwertungsgesellschaften in Europa führen, für Rechteverwerter eine Repertoireaggregation und damit Reduktion der Transaktionskosten bewirken, aber auch dem Schutz der Rechtsinhaber dienen.⁴⁸⁰ Unter bestimmten Voraussetzungen sollen die Huckepack-Vorschriften aber auch zu einer Art Solidarisierung der europäischen Verwertungsgesellschaften führen. Verwertungsgesellschaften mit kleineren Repertoires ohne eigene technische Infrastruktur sollen die Möglichkeit erhalten, ihr Repertoire gebietsübergreifend zu vergeben. Die leistungsstarken Rechtekollektive sollen verpflichtet werden, andere Repertoires über Repräsentationsverträge „Huckepack“ („Hub“) zu nehmen, d. h. sie in ihr grenzüberschreitendes Lizenzangebot zu denselben Bedingungen wie ihr eigenes Repertoire mitaufzunehmen.⁴⁸¹ Damit sollen auch Angehörige kleinerer Verwertungsgesellschaften in die Lage versetzt werden, Tantiemen aufgrund von gebietsübergreifender Lizenzierung ihrer Online-Rechte unter nicht-diskriminierenden Bedingungen über die mandatierte Verwertungsgesellschaft einziehen zu können. Tut sie dies nicht, soll der Rechtsinhaber die Möglichkeit zur Rechteherausnahme erhalten. Regelungsziel der Richtlinie ist folglich ein mittelbarer Wettbewerb um Rechteinhaber im Bereich der multiterritorialen Lizenzierung der Online-Rechte von Urhebern an ihren Musikwerken.⁴⁸²
(8) Wettbewerb um Rechteinhaber Kleinere Verwertungsgesellschaften sollen sich für den am effizientesten arbeitenden Wahrnehmungs-Hub entscheiden können. Voraussetzung dafür ist allerdings die Entstehung mehrerer Hubs. Ersichtlich setzte die EU-Kommission hier auf die drei größten europäischen Verwertungsgesellschaften PRS, SACEM und GEMA. Nur wenn die kleinere Verwertungsgesellschaft keinen Willen zeigt, ihr Repertoire gebietsübergreifend wahrnehmen zu lassen, soll der direkte Wettbewerb um Rechtsinhaber eröffnet sein, da sich Rechtsinhaber dann zur Herausnahme ihrer Online-Rechte für eine anderweitige Vergabe von Mehrgebietslizenzen entscheiden können sollen (Art. 31). Die Wirkungskraft dieses Druckmittels wird noch näher zu untersuchen sein. Jedenfalls sollte ein Wettbewerb um Vgl. die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31. 3. 2017; EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 3; Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162 ff. Holzmüller, ZUM 2013, 168, 171. SWD(2012) 204, S. 163.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
125
Rechteverwerter, also Online-Musikdienste, unbedingt vermieden werden. Zu groß war die Sorge vor einer Preisabwärtsspirale, dem sog. race-to-the-bottomPhänomen. Denn sofern mehrere Lizenzierungshubs dasselbe Repertoire lizenzieren könnten, würde die Vergütungshöhe ausschlaggebendes Entscheidungskriterium des Online-Dienstes sein. Zum Schutz der Rechtsinhaber sollte ein solches Ergebnis unter allen Umständen unterbunden werden. Aus diesem Grund entschied sich der Gesetzgeber für einen Wettbewerb um Rechtsinhaber. Wettbewerbsparameter soll nicht der Lizenzpreis, sondern vielmehr die Effizienz einer Verwertungsgesellschaft sein. Der Rechtsinhaber soll die freie Wahl haben, die nach seiner Beurteilung am besten geeignete Verwertungsgesellschaft mit der Wahrnehmung seiner Rechte zu betrauen.
(9) Einfluss auf das System der Gegenseitigkeitsverträge Letztlich perpetuierte dieses Modell bereits die aus der Online-Empfehlung bekannte Kommissions-Strategie der Repertoireaggregation außerhalb von territorial beschränkten Gegenseitigkeitsverträgen. Diese sollten auf nationaler Ebene aber weiterhin ihre Berechtigung haben. Die Richtlinie 2014/26/EU enthält Bestimmungen zu solchen Verträgen. Sie nennt sie nicht mehr Gegenseitigkeitsverträge, sondern Repräsentationsvereinbarungen, vgl. Art. 14 und Erwägungsgrund 11. Inhaltlich ist damit eine Aufweichung des möglichen Inhalts von Verträgen zwischen Verwertungsgesellschaften vollzogen: Der europäische Gesetzgeber wollte nicht nur reziproke Gegenseitigkeitsvereinbarungen regulieren, sondern auch einseitige Repertoirevertretungen erfassen.⁴⁸³ Denn nicht jeder Dienst benötigt Lizenzen für mehr als einen Rechtsraum (in der Richtlinie als Eingebietslizenz bezeichnet). Das Weltrepertoire sollte für nationale Dienste in ihrem Territorium von einer Verwertungsgesellschaft erhältlich bleiben. Sie sollten nicht für gewisse Repertoires an mehrere Hubs zusätzlich herantreten müssen. Dieser Vereinfachungseffekt für nationale Dienste kann aber nur dann eintreten, wenn auch tatsächlich im Rahmen einer Eingebietslizenzierung das Weltrepertoire lizenziert wird. Auch dies ist ein Attraktivitätsfaktor für Verwertungsgesellschaften. Der Gesetzgeber unterschied klar zwischen Mehrgebietslizenzierung und Eingebietslizenzierung. Im Bereich der Eingebietslizenzierung wurde es bei der durch Gegenseitigkeitsverträge bewirkten Repertoireaggregation belassen, da es hier eben nicht entscheidend ist, wenn Rechte territorial fragmentiert sind, sondern wichtiger ist, dass ein vollständiges Repertoire lizenziert werden kann. Im
Vgl. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 164.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
Bereich der Mehrgebietslizenzierung jedoch soll zum einen die territoriale Aufspaltung von Lizenzen gemindert und gleichzeitig eine Repertoireaggregation bewirkt werden. Zu diesem Zwecke sollen Verwertungsgesellschaften durch die Richtlinie angereizt werden, entsprechende „Huckepack“-Repräsentationsverträge mit leistungsstarken Verwertungsgesellschaften zu schließen.
(10) Territoriale Marktaufteilung durch Aufspaltung von Nutzungsrechten? Zentral ist, ob eine Einräumung an einen Verwerter überhaupt territorial begrenzt werden kann, ob also eine Lizenz auch territorial aufspaltbar ist.⁴⁸⁴ Der EuGH billigt dies, solange über vertragliche Zweckbestimmungen keine Abschottung der Märkte bewirkt⁴⁸⁵ und dadurch der einheitliche Binnenmarkt gefährdet wird. Nach Stieper ⁴⁸⁶ könnte aber zu erwägen sein, ob nicht auch bei der dinglichen Beschränkung von Nutzungsrechten auf bestimmte Territorien die Grenze der Aufspaltbarkeit von Nutzungsrechten erreicht wäre. Würde also bereits aufgrund des dinglichen Charakters von Nutzungsrechten die Möglichkeit der territorialen Rechtevergabe von vorneherein ausscheiden, müssten nicht alle Nutzungsrechte in den Ländern, in denen der Dienst bestimmungsgemäß abgerufen werden kann, eingeholt werden, sondern lediglich eines – das des Ursprungslandes, Mehrgebietslizenzen erübrigten sich. Damit würde de facto das Ursprungslandprinzip durch die Hintertür eingeführt. Im Online-Musikbereich ist aber nicht von einer fehlenden wirtschaftlichen und technischen Eigenständigkeit der territorialen Nutzungen auszugehen. Die Bedienung eines neuen, durch andere Tradition, Kultur und Identität geprägten Marktes entfaltet wirtschaftliche Eigenständigkeit. Die territoriale Herrschaft des Schöpfers über sein Werk ist Teil der Befugnis zur umfassenden Verwertung. Eine nationale Abschottung durch Einräumung von Rechten für einzelne Territorien ist im Musikbereich eher unwahrscheinlich.⁴⁸⁷ Die Richtlinie 2014/26/EU billigt eine territoriale Aufspaltung sogar ausdrücklich, indem sie eine Eingebietslizenzierung normiert, vgl. Erwägungsgründe 46 und 47, Art. 31 der Richtlinie 2014/26/EU. Zu unterscheiden ist diese grundsätzliche Frage aber von dem Fall, dass Verwertungsgesellschaften oder -einrichtungen, gerade wenn sie Kooperationen
EuGH, GRUR Int. 2011, 1063, 1072, Rdnr. 139 – FAPL/Murphy; hierzu Peifer, GRUR-Prax 2011, 435 ff.; Stieper, MMR 2011, 817, 825 ff.; Leistner, JZ 2011, 1140, 1142, 1148; Metzger, GRUR 2012, 118, 120; Berger, ZUM 2012, 353, 359 ff.; v. Albrecht/Mutschler-Siebert/Bosch, ZUM 2012, 93, 96; Wiebe, ZUM 2015, 932; Strowel, in: Stamatoudi/Torremans, S. 1132 ff., Rdnr. 21.15. EuGH, GRUR Int. 2011, 1063, 1073, Rdnr. 142 – FAPL/Murphy. Stieper, GRUR 2015, 1145, 1147, hinsichtlich der Online-Nutzung von audiovisuellen Werken. So schon EuG, ZUM-RD 2013, 293, Rdnr. 176 – CISAC./.EU-Kommission.
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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eingegangen sind, eine territoriale Marktaufteilung unter sich vereinbaren könnten.⁴⁸⁸ Im Rahmen einer Eingebietslizenzierung über Gegenseitigkeitsverträge steht dem aus oben genannten Gründen nichts entgegen. Bei einer multiterritorialen Lizenzierung des originären Repertoires jedoch ist ein solches Vorgehen wettbewerbsrechtlich ausgeschlossen. Die Hubs sind mit eigenen Rechten ausgestattet, um für alle Gebiete ihr Rechterepertoire als One-Stop-Shop vergeben zu können. Eine Marktaufteilung der Lizenzierung über die Muttergesellschaften wäre bei einer kollektiven Vergabe von grenzüberschreitenden Lizenzen wettbewerbsrechtlich unzulässig. Anhaltspunkte für solche Entwicklungen sind aber nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass im Verhältnis zu Option-3Gesellschaften die korrespondierenden Aufführungsrechte von den Muttergesellschaften direkt erteilt oder aber über eine vertragliche Verbindung zu einer anderen Muttergesellschaft einer Option-3-Gesellschaft vermittelt werden.⁴⁸⁹
f. Zusammenfassung Bis zum Jahr 2004 befanden sich die Urheberverwertungsgesellschaften, sofern sie denn über beide erforderlichen Rechte für Wiedergabe und Vervielfältigung verfügten,⁴⁹⁰ in der Lage, einem Verwerter im Online-Musikbereich jeweils eine auf ihr Verwaltungsterritorium begrenzte Lizenz für das Weltrepertoire zu erteilen. Mit dem Auslaufen der beiden Abkommen über die Lizenzierung von OnlineNutzungen der Urheber-Verwertungsgesellschaften und den Folgen der OnlineEmpfehlung von 2005 stieg die Zahl der Vertragspartner, die Rechteklärung verkomplizierte sich. Durch die Herausnahme der Online-Vervielfältigungsrechte zum Zwecke der Zentrallizenzierung konnte keine Verwertungsgesellschaft mehr das Weltrepertoire erteilen. Zusätzlich zu allen Verwertungsgesellschaften und den Leistungsschutzrechtsinhabern mussten Lizenzwillige sich an die neuen Lizenzierungsshops wie ARESA, SOLAR oder P.E.D.L. wenden. Infolge der CISACEntscheidung der EU-Kommission wurden auch die Gegenseitigkeitsverträge
Eine solche (unzulässige) Aufteilung ist dokumentiert bei der Vergabe der korrespondierenden Aufführungsrechte am EMI-Repertoire über die Muttergesellschaften der damaligen CELAS, vgl. Alich, GRUR Int 2008, 996, 1001 m.w.N. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 43, Rdnr. 209 – ICE. Nicht alle Urheber-Verwertungsgesellschaften nehmen beide Kategorien wahr, so in Österreich die AUSTRO-MECHANA und die AKM, http://www.akm.at/; in Frankreich die SACEM und SDRM, https://sdrm.sacem.fr/en; in Irland MCPSI und IMRO, https://www.imro.ie/faqs/what-ismcpsi/; in den Niederlanden Buma und Stemra, http://www.bumastemra.nl/en/ oder in Großbritannien MCPS und PRS, https://www.prsformusic.com/what-we-do/prs-and-mcps. Zumeist kooperieren sie jedoch, sodass beide Rechte aus nur einer Hand zu erlangen sind.
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2. Teil: Die Lizenzierung von Musikwerken im Online-Bereich
hinsichtlich der Wiedergaberechte neu verhandelt. In welchem territorialen Umfang die Rechte bei welcher Verwertungsgesellschaft liegen, ist nicht transparent. Über Gegenseitigkeitsverträge war das Weltrepertoire weder hinsichtlich der Online-Vervielfältigungs- noch der Online-Wiedergaberechte zu erlangen, schon gar nicht für mehrere Territorien. Die Richtlinie 2014/26/EU will für gebietsübergreifend tätige Online-Rechteverwerter hier Entspannung schaffen. Durch sie soll stärker differenziert werden zwischen Mehrgebietslizenzierung und Eingebietslizenzierung. Für die Mehrgebietslizenzierung entwarf der Gesetzgeber ein Huckepack-Modell, das sowohl Repertoire zusammenführen als auch territoriale Fragmentiertung vermindern soll. Für die Eingebietslizenzierung soll das herkömmliche System der Gegenseitigkeitsverträge reanimiert werden, über das nationale Verwerter wieder das Weltrepertoire erhalten können sollen. Damit greift der europäische Gesetzgeber Marktentwicklungen in der Lizenzierungspraxis von Online-Urheberrechten auf, die sich in der Zwischenzeit bereits herausgebildet hatten. Inwieweit die endgültigen Bestimmungen der Richtlinie in ihrer nationalen Umsetzung diesbezüglich eine erfolgreiche Einflussnahme auf das Musikgeschäft in Gänze nehmen können, wird im 3. Teil zu untersuchen sein.
IV. Verifikation einzelner Aspekte der Arbeitshypothese Die Ausführungen des 2. Teils verdeutlichen dreierlei: Ein manifestes Problem der Verfügbarkeit von Musikwerken online ist wie gesehen die Fragmentierung von Rechten. Alle Maßnahmen der Verwertungsgesellschaften zielen historisch betrachtet darauf ab, Repertoire zu aggregieren, um sowohl für ihre Rechteinhaber als auch Rechtenutzer ein attraktives Portfolio bieten zu können, nicht aber darauf, Repertoire auch multiterritorial wahrzunehmen. Für grenzüberschreitende Online-Musikdienste ist dies problematisch. In der Praxis zeigt sich, dass vor allem populäres Repertoire außerhalb des klassischen Verwertungsgesellschaftensystems auf einer multiterritorialen Basis lizenziert wird. Gerade dieses Repertoire wurde aus dem System der Gegenseitigkeitsverträge, das die Lizenzierung des Weltrepertoires ermöglichte, herausgenommen. Aufgrund der Abkehr von einer Lizenzierungspraxis innerhalb hoheitlicher Grenzen formierte sich Repertoire bei neuartigen wie alten Verwertungseinrichtungen um. Zersplitterungsprozesse entlang der Nutzungsart Online begannen und führten zu einer undurchsichtigen neuen Zuständigkeitsverteilung. Mit der Repertoirezersplitterung hängt die fehlende Repertoire-Transparenz eng zusammen, die nicht in derselben Schnelligkeit wie die Repertoireentwick-
C. Lizenzierungspraxis in Europa: Darstellung ihrer Entwicklung
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lungen Schritt gehalten hat, bzw. es vor dem Aufkommen der Nutzungsart Online auch nicht musste, da es für ein Hoheitsgebiet nur einen bis wenige zuständige Ansprechpartner gab. Im Grunde sind aber alle beteiligten Interessengruppen auf eine korrekte und aktuelle Informationsübermittlung der bestehenden Rechte an einem Werk im Rahmen jeder Nutzungsart angewiesen. Rechtsinhabern werden aufgrund dieser Werkinformationen Tantiemen ausgeschüttet. Je genauer Verwertungsgesellschaften arbeiten, desto höher ist die Vergütungsgerechtigkeit, desto höher ihre Attraktivität für Rechtsinhaber. Rechtenutzer benötigen die Informationen zur Rechteklärung. Endrezipienten profitieren indirekt von verbesserter Transparenz, die ihnen ein vielfältiges Musikangebot ermöglicht, für das der Preis sinkt, da weniger Transaktionskosten auf sie umgelegt werden müssen. Ein weiterer Problemkreis ergibt sich aus der Zusammenfassung des oben Gesagten. Werden zwar Verwertungsgesellschaften reguliert, haben sich Repertoirefragmente aber auf andere Verwertungseinrichtungen, wie die Option-3-Gesellschaften, verlagert, so kann der im Bereich der Urheberrechte an Musikwerken im Online-Sektor gerade erwünschte Wettbewerb nur dann funktionieren, wenn alle Akteure gleichermaßen einer angemessenen Regulierung unterliegen. Nur dann kann auch echte Wahlfreiheit der Rechtsinhaber sichergestellt werden. Nur wenn ganzheitlich alle Problemkreise hinreichend adressiert wurden, kann das VGG sein Ziel der Vereinfachung von Lizenzierungsstrukturen im Online-Musikbereich erreichen. Es ist daher auch Aufgabe der Arbeit, der Frage nachzugehen, ob im VGG ausreichende Mechanismen zur Gewährleistung von Repertoireaggregation, Wahlfreiheit, Vergütungsgerechtigkeit und Transparenz für alle am Markt relevanten Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen implementiert wurden (3. Teil).
3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen Die oben identifizierten Problemkreise sollen im Folgenden daraufhin untersucht werden, ob ihnen die entsprechenden Regelungen des VGG, das der Richtlinie 2014/26/EU im Großen und Ganzen folgt, genügend entgegenwirken können. Der Untersuchung ist dabei zugrunde zu legen, dass den Mitgliedstaaten gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV die Umsetzungsform und -mittel der Richtlinienbestimmungen selbst überlassen bleiben, das Richtlinienziel jedoch in jedem Fall erreicht werden muss.¹ Sofern in Einzelfällen ein Umsetzungsspielraum bestand, ist zu untersuchen, ob und inwieweit dieser sinnvoll genutzt wurde. Bei manchen Regelungen ist eine rein nationale Betrachtung nicht zielführend. In diesen Fällen wird unter Orientierung an den Richtlinienbestimmungen ein Blick in das europäische Ausland geworfen. Nicht nur unter Effizienzgesichtspunkten², sondern im Wege einer umfassenden Abwägung der tangierten Interessen sollen die Regelungen auf ihre Ausgewogenheit und Wirkungsfolgen hinsichtlich der fünf Problemkreise überprüft werden.³ Effektivität betrifft dabei die Frage, ob eine Maßnahme geeignet ist, ein vorgegebenes Ziel möglichst wirkungsvoll zu erreichen.⁴ Nach der Vorstellung des Verwertungsgesellschaftengesetzes (A.) folgt eine dezidierte Untersuchung ausgewählter Regelungen, die besonderen Einfluss auf die Entwicklung der Lizenzierungspraxis von Online-Rechten haben (B.).
Wagner, GRUR 2016, 874, 881. Siehe zu den Zielen der Richtlinie oben, S. 122 ff. Zur Effizienz als Rechtsprinzip die grundlegenden Thesen der ökonomischen Analyse des Rechts zusammenfassend Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 4 und den drei grundlegenden Effizienzkriterien der Wohlfahrtsökonomik Pareto-Kriterium S. 48 f., Kaldor/Hicks-Kriterium S. 51 f. und dem Wohlstandsmaximierungsprinzip S. 54. Die Untersuchung des Zielerreichungsgrades von Normen ist Teildis ziplin der Gesetzgebungslehre, vgl. Karpen, Gesetzgebungslehre, S. 42; Böhret, in: Schreckenberger/Merten, Grundfragen der Gesetzgebungslehre, S. 131, 146. Nach den Grundsätzen des effet utile, vgl. Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 288, Rdnr. 26.
https://doi.org/10.1515/9783110539134-154
A. Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG)
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A. Das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) Das VGG löst das deutsche Urheberrechtswahrnehmungsgesetz ab. Einige der Regelungen wurden beibehalten, soweit Erwägungsgrund 9 der Richtlinie hierfür Raum ließ. Der Gesetzgebungsprozess begann mit einer Anhörung der beteiligten Akteure durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 15. September 2014.⁵ Entgegen manchen Erwartungen entschied sich das Ministerium für die Verabschiedung eines vollkommen neuen Gesetzes anstelle einer Implementierung der Richtlinienbestimmungen in das bestehende UrhWG. Der Referentenentwurf vom 9. Juni 2015⁶ hat überwiegend Anerkennung erfahren. Streitige Punkte betrafen allein solche Regelungen, die außerhalb der unionsrechtlichen Vorgaben Eingang in den Entwurf fanden, beispielsweise ein Zwang zur Kooperation zwischen Verwertungsgesellschaften im Rahmen von Gesamtvertragsabschlüssen.⁷ Letzterer wurde in der abschließenden Verhandlung am 28. April 2016 auf Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz nach erheblichem Widerstand⁸ ersatzlos gestrichen.⁹ Nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 31. Mai 2016 trat das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung (VG-RichtlinieUmsetzungsgesetz) vom 24. Mai 2016 zum 1. Juni 2016 mit etwas über einem Monat Verspätung in Kraft.¹⁰
Siehe Fragebogen des BMJV vom 9.7. 2014, abrufbar unter www.urheberrecht.org/topic/Umset zungVG-RL/Anhoerung.pdf. BMJV, VGG-RefE vom 9.6. 2015. Ein Zwang zum Abschluss von Gesamtverträgen blieb in § 35 VGG jedoch grundsätzlich erhalten, wenn ein solcher für die Verwertungsgesellschaft nicht unzumutbar ist. § 35 VGG für unvereinbar mit Europarecht haltend Hoeren, CR 2016, 557, 562. Vgl. die Stellungnahmen der Vertreter der Verwertungsgesellschaften wie die GEMA-Stellungnahme zum VGG-RegE vom 17. 2. 2016, S. 1 f. (abrufbar unter http://www.bundestag.de/blob/ 407828/3265a8b8faebc6985969d3b4838f9e6c/holzmueller-data.pdf) und VG-Wort-Stellungnahme zum VGG-RegE vom 17. 2. 2016, S. 5 f. (abrufbar unter www.bundestag.de/blob/407822/ deb7d29b8901b263489a49edf71c5d4 f/staatsdata.pdf); Holzmüller, ZUM 2016, 88, 90 f. Dagegen die Verwerter wie beispielsweise die Rundfunkanstalten: Weber, ZUM 2016, 222, 223. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum VGG-RegE vom 27.4. 2016, BT-Drs. 18/8268, S. 4. Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften vom 24. 5. 2016, BGBl. I, Nr. 24, S. 1190 ff.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Das VGG verwendet zum Teil andere Begriffe als die Richtlinie, „ohne dass damit inhaltliche Änderungen verbunden wären“¹¹, wie beispielsweise anstelle des in der Richtlinie gebräuchlichen Begriffs „Mehrgebietslizenzen“ die Wendung „gebietsübergreifende Vergabe“, anstelle der „Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung“ den traditionellen Terminus „Verwertungsgesellschaft“ und für „Tochtergesellschaft“ die sprachliche Verdeutlichung „abhängige Verwertungseinrichtung“. Die Ziele des VGG weichen nur an wenigen Stellen von denen der Richtlinie ab.¹² In dem für die Arbeitshypothese relevanten Bereich über die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken ist die Richtlinie ohnehin vollharmonisierend. Aus diesem Grund erklärt der deutsche Gesetzgeber strengere Vorschriften als solche, die die Richtlinie vorsieht, im Bereich der Mehrgebietslizenzierung auch für nicht anwendbar.¹³ Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten der Urheber an Musikwerken, die Umsetzung der diesbezüglichen Bestimmungen im VGG und ihre zu erwartenden Auswirkungen auf den Lizenzierungsmarkt.
B. Regelungen des VGG hinsichtlich Repertoirefragmentierung, Wahlfreiheit, Vergütungsgerechtigkeit, Transparenz und Geltungsbereich Die §§ 59 ff. VGG adressieren generell den Problemkreis Rechtefragmentierung, haben aber auch Auswirkung auf Transparenz, Wahlfreiheit oder Vergütungsgerechtigkeit. Fraglich ist, ob sie ein level playing field für alle relevanten Akteure – Verwertungsgesellschaften, abhängige und unabhängige Verwertungseinrichtungen – gewährleisten. Der Fokus der Untersuchung liegt auf der Analyse von §§ 2, 3 und 4 VGG, der Abgrenzung zwischen klassischen Verwertungsgesellschaften und Verwertungseinrichtungen und ihrer Relevanz für Online-Musikdienste (I.), der Ausnahmebestimmung des § 60 VGG sowie dem Repräsentationszwang gemäß § 69 VGG und dessen Durchsetzung in § 72 VGG, dem Selbstvornahmerecht (II.). Die Ausnahme für Musik in Rundfunkprogrammen in § 74 VGG als Bestandteil der Regelungen über Mehrgebietslizenzierung wird in das bestehende Lizenzierungssystem eingeordnet und einer kritischen Würdigung unterzogen. Die Regelung über Probe BT-Drs. 18/7223, S. 91. So beispielsweise bei §§ 112 ff.VGG, dem Verfahren der Geräte- und Speichermedienvergütung, das außerhalb der Richtlinienvorgaben steht; hierzu BT-Drs. 18/7223, S. 64 ff. Vgl. BT-Drs. 18/7223, S. 63.
B. Regelungen des VGG
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tarife, § 34 Abs. 2 VGG, strahlt ebenfalls auf den Regelungskomplex über Mehrgebietslizenzen aus (III.). Transparenzbestimmungen, die eine Lizenzierung vereinfachen und beschleunigen sollen, finden sich in §§ 53 ff. und §§ 61 ff. VGG (IV.). Die genannten Vorschriften haben in ihrer Gesamtheit erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der zukünftigen Lizenzierungspraxis von Online-Rechten an Musikwerken, während ihr Geltungsbereich jedoch unklar ist (V.).
I. Wahrnehmungsinstitutionen nach dem VGG und ihr Verhältnis untereinander Anwendungsbereich und Reichweite der Regelungen hängen auch davon ab, welche Wahrnehmungsinstitutionen von ihr betroffen sind. Werden Gesellschaften nicht adressiert, obschon eine Regulierung angezeigt wäre, offenbaren sich Gesetzeslücken, die schädlich sowohl für den gewollten Wettbewerb als auch für die Interessen der Rechtsinhaber und Nutzer sein können. Auf dem Markt der Musikrechtewahrnehmung sind neben den Option-3-Gesellschaften (oben, S. 100) eine Vielzahl von Akteuren entstanden oder haben sich einer – teils gemeinschaftlichen – Metamorphose unterzogen. Einige von ihnen könnten dem jetzt harmonisierten Regulierungsrahmen unterfallen, andere wiederum könnten mangels Erfüllung der engen Tatbestandsvoraussetzungen vom Anwendungsbereich ausgenommen sein, obwohl gerade für sie unter dem Gesichtspunkt des level playing field eine rechtliche Gleichstellung angebracht wäre. Die Richtlinie und das VGG unterscheiden Verwertungsgesellschaften, abhängige und unabhängige Verwertungseinrichtungen. Sie werden im Folgenden erläutert.
1. Klassische Verwertungsgesellschaften (§ 2 VGG) § 2 VGG setzt Art. 3 lit. a) der Richtlinie 2014/26/EU um, der die eine Verwertungsgesellschaft definierenden Merkmale behandelt. Der in der Richtlinie verwendete Terminus „Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung“ deckt sich mit dem Begriff der „Verwertungsgesellschaft“.¹⁴ Im Übrigen enthalten Richtlinie und VGG nahezu alle Tatbestandsmerkmale, die bereits nach dem UrhWG für eine Verwertungsgesellschaft charakteristisch waren. Die Ausführungen hierzu können daher kurz ausfallen.
So schon Peifer, ZUM 2014, 453, 454 f.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
a. Tatbestandsmerkmale Gemäß § 2 Abs. 1 VGG ist eine Verwertungsgesellschaft eine Organisation, die gesetzlich oder auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung berechtigt ist und deren ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck es ist, für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte zu deren kollektiven Nutzen wahrzunehmen, gleichviel, ob in eigenem oder in fremdem Namen. Abs. 2 fügt hinzu, dass die Organisation mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllen muss: 1. ihre Anteile werden von ihren Mitgliedern (§ 7) gehalten oder sie wird von ihren Mitgliedern beherrscht; 2. sie ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet.
aa. Berechtigung zur Wahrnehmung Sofern die Mitgliedstaaten einen Verwertungsgesellschaftenzwang vorsehen, etwa für die Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen, besteht eine gesetzliche Berechtigung von Verwertungsgesellschaften zur Wahrnehmung der eingeräumten Rechte. Die Richtlinie stellt klar, dass die kollektive Rechtswahrnehmung auch translativ Berechtigten offensteht, da ausdrücklich eine Berechtigung aufgrund einer Abtretungsvereinbarung begründet werden kann.¹⁵ Ebenso verhält es sich mit einer Wahrnehmung aufgrund einer Lizenz- oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung. Am Erfordernis eines Wahrnehmungsvertrags als der Wahrnehmung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis ändert sich durch die Richtlinie – und daher auch im nationalen Recht – nichts. Die Vorgabe sorgt für eine breite Vereinigung von Repertoires.
bb. Keine Beschränkung auf die Wahrnehmung nationaler Rechte Eine Beschränkung der Wahrnehmungstätigkeit auf nationale Rechte findet in der Richtlinie und in ihrer Umsetzung im VGG nicht statt. Damit kommt es für die Eigenschaft als Verwertungsgesellschaft nicht darauf an, dass lediglich Rechte nach deutschem Urheberrechtsgesetz wahrgenommen werden. Dies stellt eine Erweiterung zum Urheberrechtswahrnehmungsgesetz a.F. dar.¹⁶ Auch eine Gesellschaft, die andere als deutsche Rechte wahrnimmt, unterliegt damit grundsätzlich dem VGG. Diese Vorgabe ermöglicht die multiterritoriale Lizenzierung. Für § 1 UrhWG war umstritten, ob auch translative Rechtsinhaber infolge Abtretung einen Anspruch auf Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft haben sollten, vgl. die Nachweise bei Schack, UrhR, § 37, Rdnr. 1345. BT-Drs. 18/7223, S. 72.
B. Regelungen des VGG
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cc. Wahrnehmung als ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck Eine gelegentliche oder kurzfristige Wahrnehmung genügt nicht.¹⁷ Organisationen, die im Rahmen einer Nebentätigkeit Rechte vergeben und verwalten, unterfallen nach der Richtlinie und damit gemäß § 2 VGG nicht der Regulierung. Einerseits können Rechtsinhaber dadurch angehalten werden, ihre Rechte einer Verwertungsgesellschaft einzuräumen, da ihnen auf diese Weise Informations- und Mitbestimmungsrechte ipso iure beschieden sind, die ihnen gegenüber lediglich nebentätig Wahrnehmenden nicht zustehen. Es ist aber zu bezweifeln, ob der (europäische) Gesetzgeber in diesem Punkt die Verhandlungsmacht der Urheber richtig eingeschätzt hat. Denn diese sind gegenüber einer semi-professionellen Wahrnehmungstätigkeit schutzwürdig. Unternehmen wie Verlage, die beiläufig Rechte verwalten und vergeben, könnten Urhebern abverlangen, die Dienstleistungen bei ihnen zu bündeln, sodass ihnen eine freie Wahl der Rechtswahrnehmung erschwert wird. Sofern die verlegerische Wahrnehmungstätigkeit als gelegentlich und nebengewerblich eingestuft würde, fiele sie aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes und der Urheber wäre an sie gebunden, ohne durch das VGG geschützt zu sein. Ursprünglich sollte das Ausmaß der Wahrnehmungstätigkeit darüber entscheiden, ob eine Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 2 UrhWG a.F. angebracht war oder nicht.¹⁸ Da die Richtlinie jedoch keine Erlaubnispflicht normiert, kann es darauf nicht mehr ankommen. Allerdings enthält die Richtlinie umfangreiche Governance-, Mitbestimmungs- und Transparenzpflichten, sodass mit der Haupttätigkeit als Voraussetzung sichergestellt werden soll, dass Unternehmen, die mit der Rechtswahrnehmung nur beiläufig befasst sind, keinen zusätzlichen Handlungsbeschränkungen unterworfen werden. Die Freiheit unternehmerischer Entscheidungen steht damit in einem Spannungsverhältnis zur Schutzwürdigkeit grundsätzlich strukturell unterlegener Urheber. Das Gesetz entscheidet hier zugunsten der unternehmerischen Handlungsfreiheit. Urheber in einer schwächeren Marktposition werden auf andere Handlungsalternativen wie das Urhebervertragsrecht, das AGG und allgemeine zivilrechtliche Ansprüche im Verhältnis zu nur beiläufig Wahrnehmenden verwiesen. Zur Vermeidung von Umgehungen sollte jedoch die Schwelle, ab wann von einer Nebentätigkeit ausgegangen werden muss, nicht zu hoch angesetzt
W. Nordemann/Wirtz, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 1, Rdnr. 6. Vgl. BT-Drs. IV/271, S. 14.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
werden.¹⁹ Insgesamt ermöglicht das Kriterium zwar Wettbewerb, gefährdet aber einen angemessenen Urheberschutz und das level playing field.
dd. Für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber Weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer Verwertungsgesellschaft ist das Tätigwerden für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber. Während die deutsche Fassung der Richtlinie in Art. 3 lit. a) aufgrund ihrer Formulierung „im Namen mehrerer Rechtsinhaber“ den Eindruck erweckt, eine Verwertungsgesellschaft sei nur Verwertungsgesellschaft, wenn sie die ihr eingeräumten Rechte stets im eigenen Namen ausüben würde, hat der deutsche Gesetzgeber in § 2 VGG klargestellt, dass gleichgültig ist, ob die Wahrnehmung in eigenem oder fremdem Namen erfolgt.²⁰ Darüber hinaus muss die Verwertungsgesellschaft die Rechte mehrerer Rechtsinhaber wahrnehmen. Werden zwar mehrere Werke – ein Katalog – aber nur eines Rechtsinhabers wahrgenommen, so ist die Einrichtung keine Verwertungsgesellschaft und bleibt unreguliert. Es ist fraglich, ob die Wahrnehmung für mehrere noch eine zeitgemäße Anforderung ist. Da nicht mehr gefordert wird, dass nur nach deutschem Urheberrechtsgesetz gewährte Rechte wahrgenommen werden können, mag auch die Wahrnehmung von Rechten möglich sein, die eine Übertragung des Urheberrechts gestatten und somit eine Rechtebündelung in einer Person ermöglichen. Während die Gesetzesbegründung zum UrhWG 1965 noch „von einer großen Zahl von Berechtigten zur gemeinsamen Auswertung“ sprach,²¹ hat sich die Wahrnehmungslandschaft erheblich verändert. An dieser Stelle geht es nicht um den Schutz des Rechtsinhabers, dessen Verfügungsmacht als einziger Wahrnehmungsberechtigter über „seine“ Einrichtung im Regelfall groß sein wird, sondern um die Beseitigung von Störungen des Wettbewerbsverhältnisses zu anderen Verwertungsgesellschaften und zuletzt um gesellschaftspolitische Argumente: Soll unterbunden werden, dass einzelne Akteure auf Kosten von Vielfalt und
Die österreichischen Verwertungsgesellschaften empfahlen gar eine Streichung dieses einengenden Merkmals, da sie eine Umgehung der an die Verwertungsgesellschaftseigenschaft anknüpfenden Rechtsfolgen durch reine Nebentätigkeiten befürchteten, Gemeinsame Stellungnahme der österreichischen Verwertungsgesellschaften zum Ministerialentwurf vom 9. 2. 2016, 29. 2. 2016, S. 3, abrufbar unter www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/SNME_06237/imfna me_512907.pdf. Siehe die Gesetzesbegründung zu § 2 VGG, BT-Drs. 18/7223, S. 72. BT-Drs. IV/271, S. 8.
B. Regelungen des VGG
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Transparenz immer größer werden, muss eine ungleiche Regulierung von gleichen Tätigkeiten unterbunden werden. Für eine Einbeziehung jeder Rechtewahrnehmung spricht die englische Fassung der Richtlinie, die für eine Verwertungsgesellschaft die Wahrnehmung für „more than one rightholder“ verlangt. Danach können bereits zwei Miturheber eines Werkes eine „Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung“ darstellen, wobei in diesem Zusammenhang bereits das Merkmal „Organisation“ bei zwei Urhebern nicht trennscharf ist.²² Daher sollte es nicht auf die Personenzahl, sondern auf die Vielzahl von wahrgenommen Rechten als prägendes Merkmal einer Verwertungsgesellschaft ankommen.²³ Anderenfalls wäre auch hier das level playing field gefährdet.
ee. Zu deren kollektivem Nutzen Während die Gesetzesbegründung für das UrhWG 1965 ausdrücklich die Treuhänderstellung von Verwertungsgesellschaften betonte,²⁴ findet sich deren Erwähnung nur in der Gesetzesbegründung zum VGG²⁵ und nicht bei der Definition einer Verwertungsgesellschaft in § 2 VGG. Die Treuhändereigenschaft ist nach wie vor prägendes Merkmal von klassischen Verwertungsgesellschaften in Deutschland.²⁶ Die Richtlinie erkennt dies an, wenn sie formuliert, dass Verwertungsgesellschaften „im besten kollektiven Interesse ihrer Rechtsinhaber handeln“ sollen, vgl. Art. 4 und Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2014/26/EU. Die Treuhandfunktion ist maßgeblicher Rechtfertigungsgrund für die strikten Richtlinienbestimmungen: Begibt sich ein Rechtsinhaber durch die Einräumung seiner Rechte an einen Dritten eines wesentlichen Teils seiner vermögenswerten Rechte, hat der Dritte im besten Interesse des Treugebers zu agieren.²⁷ Die fehlende Erwähnung erweckt den Eindruck, dass eine eigennützige Wahrnehmung möglich ist, das bezieht zwar zusätzliche Or-
Ficsor, Collective Rights Management, in: Gervais, S. 43. Im Ergebnis lehnt Ficsor es allerdings ab, allein einen Rechtsinhaber für das Vorliegen einer Verwertungsgesellschaft ausreichen zu lassen, ebd. Vgl. BT-Drs. IV/271, S. 8, 13, 14, 19, 20. Gesetzesbegründung zu § 57 VGG, BT-Drs. 18/7223, S. 90. Vgl. hierzu die Ausführungen zu § 7 UrhWG a.F. im jüngsten höchstrichterlichen Urteil zur Vergütungsverteilung aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen BGH, GRUR 2016, 596, 599 – Verlegeranteil und die Formulierung der Gesetzesbegründung zum VGG: „Verwertungsgesellschaften sind grundsätzlich verpflichtet, ihre treuhänderische Dienstleistung jedem Rechtsinhaber anzubieten, auch im Hinblick auf weniger populäres Repertoire.“, BT-Drs. 18/7223, S. 57. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 1 UrhWG, Rdnr. 10; Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 1 UrhWG, Rdnr. 4; Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 16.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
ganisationen ein, gefährdet aber die Interessenwahrnehmung im Sinne der Urheber.
ff. Im Eigentum von oder Beherrschung durch ihre Mitglieder Die Kontrollstruktur einer Verwertungsgesellschaft ist als eines von zwei KannKriterien gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VGG (Art. 3 lit. a) i)) normiert. Nur wenn die Verwertungsgesellschaft nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 VGG (Art. 3 lit. a) ii)), kann sie auch unabhängig von ihren Eigentums- und Kontrollverhältnissen als Verwertungsgesellschaft zu qualifizieren sein. Anknüpfungspunkt für solche Verhältnisse sind die Mitglieder. § 7 VGG (Art. 3 lit. d)) bestimmt, wann eine Mitgliedschaft im Gegensatz zur bloßen Wahrnehmungsberechtigung (§ 6 VGG) vorliegt: danach ist Mitglied ein Rechtsinhaber oder eine Einrichtung, die Rechtsinhaber vertritt, einschließlich anderer Verwertungsgesellschaften und Vereinigungen von Rechtsinhabern, die die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Verwertungsgesellschaft erfüllen und von dieser aufgenommen wurden. Die Verwertungsgesellschaft kann hierdurch indirekt Einfluss darauf nehmen, wer sie kontrolliert und/oder beherrscht. Sie kann innerhalb des § 13 VGG (Art. 6 Abs. 2 bis 5) festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine Mitgliedschaft begründet wird. Die Anknüpfung an die Eigentümerstellung oder Beherrschung ist den möglichen Rechtsformen geschuldet, in denen eine Verwertungsgesellschaft organisiert sein kann.²⁸ Während die Mitglieder eines wirtschaftlichen Vereins diesen beherrschen können, hat eine GmbH Anteilseigner. Der Grad der erforderlichen Einflussnahme ergibt sich auch durch die in §§ 18 ff. VGG (Art. 8 der Richtlinie) festgeschriebenen Rechte und Pflichten des Kontrollorgans, der Mitgliederhauptversammlung. Gemäß Erwägungsgrund 14 gelten diese Vorschriften für alle Rechtsformen. Die Richtlinie ist hinsichtlich der erforderlichen Intensität der Beherrschung oder möglicher Miteigentümerstellung nicht eindeutig. Unter Zugrundelegung einer strengen Auslegung des Wortlauts von Art. 3 lit. a) wäre erforderlich, dass die Verwertungsgesellschaft vollständig von ihren Mitgliedern beherrscht werden muss oder alle Geschäftsanteile von ihren Mitgliedern gehalten werden müssen (vgl. §§ 5, 14 GmbHG). Eine solch absolute Auslegung eröffnet allerdings Umgehungsmöglichkeiten. Eine Wahrnehmungsorganisation könnte sich den Governance- und Transparenzbestimmungen entziehen, indem sie ihre Eigentumsoder Kontrollstruktur entsprechend modifiziert, um nicht der Definition zu un-
Vgl. Erwägungsgrund 14.
B. Regelungen des VGG
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terfallen. Dies war nicht Intention des Unionsgesetzgebers. Eine Zusammenschau mit Art. 3 lit. b) lässt denn auch einen teilweisen oder indirekten Einfluss auf die Verwertungsgesellschaft genügen. Erst wenn keinerlei indirekte oder teilweise Kontrolle durch die Rechtsinhaber möglich ist, liegt keine Verwertungsgesellschaft mehr vor, sondern eine unabhängige Verwertungseinrichtung. Eine solche Auslegung gewährleistet, dass jede Organisation, die mit der Rechtswahrnehmung betraut ist, innerhalb des von der Richtlinie bezweckten level playing field agiert und lückenlos von ihr erfasst wird.
gg. Ohne Gewinnerzielungsabsicht Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 VGG (Art. 3 lit. a) ii)) darf eine Verwertungsgesellschaft nur dann, wenn sie von ihren Mitgliedern gehalten oder kontrolliert wird, auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein.²⁹ Sofern sie nicht von ihren Mitgliedern gehalten oder kontrolliert wird, schließt eine Gewinnerzielungsabsicht die Einordnung als Verwertungsgesellschaft aus. Eine Verwertungsgesellschaft kann aber auch zugleich von ihren Mitgliedern gehalten oder kontrolliert werden und ohne Gewinnerzielungsabsicht agieren. Die Gewinnerzielungsabsicht war bereits nach dem deutschen UrhWG a.F. kein starres Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer Verwertungsgesellschaft.³⁰ An sich sollen Verwertungsgesellschaften im besten kollektiven Interesse ihrer Rechtsinhaber tätig werden und nicht auf deren Kosten für eigene Profite unnötig Risiken eingehen. Gleichwohl wird nun durch die Gewinnerzielungsabsicht auch das Merkmal „zu deren kollektiven Nutzen“ näher erläutert: Treuhandstellung und Gewinnerzielungsabsicht schließen einander nunmehr nicht aus.³¹ Vielmehr kann eine Verwertungsgesellschaft auch in einer Zwitterstellung von fremd- und zugleich eigennütziger Treuhand tätig werden.
Anders noch diverse Änderungsanträge des EU-Parlaments, die die gemeinnützige („nonprofit“) Eigenschaft einer Verwertungsgesellschaft als zwingende Voraussetzung vorsahen, Änderungsanträge 230, 232, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013; Änderungsantrag 10 des Rechtsausschusses zur Einfügung eines neuen Erwägungsgrundes 7 f, PE527.267 vom 31.1. 2014. Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 1 UrhWG, Rdnr.10; Riesenhuber, ZUM 2008, 625, 630 f.; ders., Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, S. 9; Staats, in: Bullinger u. a., Festschrift Wandtke, S. 211, 217; dagegen Sporn, in: Schwartmann, Praxishdb. Medien-, IT-, und UrhR, Kap. 27, Rdnr. 4; Freudenberg, in: Ahlberg/Götting, UrhR, § 1 UrhWG, Rdnr. 28. So aber noch Himmelmann, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 18, Rdnr. 22, 23, S. 827; ähnlich liest sich Lerche, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 3, Rdnr. 4, S. 26.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Eine Definition der Gewinnerzielungsabsicht findet sich weder im Gesetz noch in den Gesetzgebungsmaterialien. Aus der Natur der Rechtswahrnehmung lassen sich einige Kriterien ableiten: Die treuhänderische Funktion einer Verwertungsgesellschaft bewirkt, dass sie ihre gesamten Einnahmen abzüglich der Verwaltungskosten an ihre Berechtigten auszuschütten haben. Selbst wenn sie einen „Gewinn“ in Form einer höheren als der üblichen Lizenzgebühr erwirtschaftet, würde sie dieses Mehr nach Verteilungsschlüssel auskehren müssen.³² Demnach steht fest, dass der Gewinn für die Zwecke der Verwertungsgesellschaft verwendet werden muss. Eine andere Auslegung würde dem treuhänderischen Charakter einer Verwertungsgesellschaft widersprechen und das Interesse der treugebenden Urheber gefährden.
b. Besondere Anforderungen an Verwertungsgesellschaften, die Mehrgebietslizenzen erteilen Sofern Verwertungsgesellschaften Mehrgebietslizenzen erteilen wollen, müssen sie besondere, in § 61 VGG (Art. 24) näher benannte Voraussetzungen erfüllen. Der Gesetzgeber will durch sie ein Mindestmaß an Transparenz, Rechtssicherheit und Schutz von Rechtsinhabern wie Online-Musikdiensten sicherstellen. Unerlässlich für die Mehrgebietslizenzvergabe sind danach die Fähigkeit der absoluten Bestimmbarkeit des Repertoires, der zu repräsentierenden Gebiete und jeglicher Rechtsinhaber anhand von eindeutigen technischen Identifikatoren sowie konkrete Mechanismen zur Erkennung und Bewältigung von fehlerhaften Informationen, § 61 Abs. 2 VGG (Art. 24 Abs. 2). Dies zeigt die Intention des Gesetzgebers, die Effizienzsteigerung im Bereich der gebietsübergreifenden Vergabe von OnlineMusikrechten, Schutz der Rechtsinhaber und erhöhte Transparenz zu ermöglichen. Im Rahmen einer erlaubten Mehrgebietslizenzierung sehen §§ 62 bis 74 VGG (Art. 25 bis 31) im Vergleich zur herkömmlichen Lizenzierung schärfere Transparenz- und Governancevorschriften vor, die unterschiedliche Tätigkeitsfelder der Verwertungsgesellschaft berühren. Diese strengeren Bestimmungen werden für erforderlich gehalten, die Rechtelizenzierung im Online-Bereich angemessen bewältigen zu können. Nur wenn sie befolgt werden, ist eine Repertoireaggregation sinnvoll und trägt zu verbesserter Transparenz bei. Die Aufgabenbereiche werden im Folgenden kurz erörtert.
Siehe auch Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 62.
B. Regelungen des VGG
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aa. Front Office Eine Front-Office-Tätigkeit betrifft das tatsächliche Lizenzierungsgeschäft: Verhandlungen mit und Betreuung von Lizenznehmern sowie Durchsetzung der betroffenen Rechte und Verfolgung von unberechtigter Rechtenutzung. In Abgrenzung hierzu gliedern sich Middle-Office- und Back-Office-Tätigkeiten an.
bb. Middle Office Das Middle Office befasst sich mit der Rechnungserstellung, diesbezüglicher Sachbearbeitung und der Einziehung und Verteilung von Vergütungen.
cc. Back Office Back Office kennzeichnet die Verwaltung der Rechte, beispielsweise den Aufbau einer umfassenden Datenbank, IT-Anwendungen zur Datenverarbeitung von Nutzungsmeldungen und ähnliches. Die Grenzen der einzelnen Tätigkeitsbereiche sind fließend, einzelne Zuordnungen zu Front-, Middle- oder Back-Office-Tätigkeitsfeldern können je nach Unternehmensverständnis hiervon abweichen.³³
dd. Einordnung der Bestimmungen des VGG unter die Tätigkeitsbereiche In jedem dieser Bereiche fordert das VGG die Einhaltung gewisser Standards, die den Zugang zu Mehrgebietslizenzen erleichtern sollen. Jede Bestimmung lässt sich einem dieser Tätigkeitsbereiche zuordnen. So betreffen beispielsweise §§ 61 bis 64 VGG (Art. 24, 25 und 26) das Back Office, §§ 65 bis 68 VGG (Art. 27 und 28) das Middle Office, und §§ 69 bis 74 VGG (Art. 29, 30 und 31) die eigentliche Lizenzierungstätigkeit. Verwertungsgesellschaften, die Mehrgebietslizenzen erteilen, sollen aber auch die Möglichkeit erhalten, bestimmte Tätigkeitsbereiche zur Erfüllung dieser Anforderungen auslagern zu können (vgl. Erwägungsgrund 43), sodass nicht alle Betätigungsfelder ausschließlich durch sie ausgeführt werden müssen. Eine Kooperation von Verwertungsgesellschaften kann entweder bereichsspezifisch oder bereichsübergreifend geschehen. Dadurch sollen die hohen Anforderungen für eine Mehrgebietslizenzierung auf mehreren Schultern verteilt und eine Spezialisierung zugelassen werden können. Haben sich Spezialisten für die einzelnen Tätigkeitsbereiche herausgebildet, so ist die Markteintrittsschwelle für eine multiterritoriale Lizenzvergabe zumindest geringer und Repertoireaggregation wahrscheinlicher.
Vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 10 f.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
c. Sinn und Zweck von Kooperationen Es ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Art und Weise der Mehrgebietslizenzierung erhebliche wettbewerbsverstärkende Wirkung haben. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll nicht ausschließlich der Lizenzpreis maßgebender Wettbewerbsparameter der Online-Rechtewahrnehmung sein. Vielmehr bezwecken die Mehrgebietslizenzierungsregelungen einen Repertoirewettbewerb um Rechtsinhaber, die sich aufgrund der Leistungsbilanz einer Rechtswahrnehmungsgesellschaft für oder gegen eine Wahrnehmung durch sie entscheiden können sollen. Indikator der Leistung soll die Höhe der Verwaltungskosten sein. Für die Zielerreichung musste der Gesetzgeber Freiräume schaffen, die es Kollektiven ermöglichen, wettbewerbsfähig zu sein. Der Gesetzgeber akzeptiert daher freiwillige Kooperationen von Rechtswahrnehmungsgesellschaften und Auslagerungen von Geschäftsfeldern unter der Voraussetzung wettbewerbsrechtlicher Zulässigkeit, sofern der Service für Rechtsinhaber und Rechtenutzer durch die Zusammenarbeit verbessert wird, ohne dass Konkurrenten behindert werden. In Erwägungsgrund 17 der Richtlinie 2014/26/EU werden Tätigkeitsbeispiele für Auslagerungen benannt: Verwertungsgesellschaften sollen Tochtergesellschaften mit der Fakturierung oder der Verteilung der Einnahmen aus den Rechten beauftragen können. Kooperationen und/oder Auslagerungen können dazu beitragen, im Wettbewerb zu bestehen und für Rechtsinhaber attraktiv zu sein, wenn dadurch Verwaltungskosten reduziert werden können. Ein Beispiel aus der Praxis liefert der spanische Gesetzgeber. Das spanische Wahrnehmungsgesetz³⁴ normiert eine Verpflichtung zu einem One-Stop-Shop (ventanilla única) für Back- und Middle-Office-Tätigkeiten von spanischen Verwertungsgesellschaften. Gemäß Art. 154 Abs. 5 lit. d) und Art. 157 Abs. 1 lit. e) müssen sich Verwertungsgesellschaften an der Errichtung und Finanzierung einer solchen Stelle beteiligen. Über sie soll die Rechnungsstellung, -bearbeitung und Vergütungseinziehung für Rechtenutzer online möglich gemacht werden. Der Gesetzgeber verspricht sich hiervon auch einen Aufschwung digitaler Unterhaltungsdienste, deren Betrieb aufgrund gemeinsamer Services und der Möglichkeit, alle beteiligten Gesellschaften mit einer einzigen gemeinsamen Zahlung zu befriedigen, erheblich erleichtert werden soll.³⁵ Demgemäß ist die ergänzende Regelung (Disposición adicional primera) mit der Überschrift „Maßnahmen zur Reduktion von Transaktionskosten“ versehen. Der spanische One-Stop-Shop wird Ley 21/2014, de 4 de noviembre, por la que se modifica el texto refundido de la Ley de Propiedad Intelectual, aprobado por Real Decreto Legislativo 1/1996, de 12 de abril, y la Ley 1/ 2000, de 7 de enero, de Enjuiciamiento Civil, abrufbar unter www.boe.es/boe/dias/2014/11/05/ pdfs/BOE-A-2014-11404.pdf. Muñoz Vico, Int. J. Int. Prop. Management 2015, Vol. 8, Nos. 1/2, 3, 11.
B. Regelungen des VGG
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überwacht von der nationalen Wettbewerbskommission. Ein solcher Zwang zur Kooperation erscheint zunächst zielführend. Da die Richtlinie allerdings ausschließlich einen strengeren Regelungsrahmen für Titel II, d. h. für Transparenzund Governance-Vorschriften, nicht aber für die gebietsübergreifende Wahrnehmung von Online-Rechten erlaubt (vgl. Erwägungsgrund 9), müsste das spanische Wahrnehmungsgesetz für Verwertungsgesellschaften gerade in diesem Bereich eine Ausnahme vorsehen. Ansonsten wären sie in dieser Hinsicht einem Wettbewerbsnachteil auf dem europäischen Markt ausgesetzt und das Wahrnehmungsgesetz nicht richtlinienkonform. Bislang differenziert der spanische Gesetzgeber hier nicht.³⁶ Gleichzeitig muss die gesetzliche Regulierung ein level playing field gewährleisten, das verhindert, dass Verwertungsgesellschaften oder andere Rechtswahrnehmungsorganisationen sich durch Kooperationen oder Auslagerungen dem Regulierungsrahmen entziehen können. Neben Verwertungsgesellschaften werden abhängige Verwertungseinrichtungen (2.) und unabhängige Verwertungseinrichtungen (3.) reguliert. Inwieweit der Regelungsrahmen ausreichend für ein solches level playing field ist, wird im Folgenden erörtert.
2. Abhängige Verwertungseinrichtungen (§ 3 VGG) a. Einführung Eine Möglichkeit von Kooperationen oder Auslagerungen für Verwertungsgesellschaften besteht in der Gründung einer Tochtergesellschaft. § 3 VGG definiert abhängige Verwertungseinrichtungen und setzt damit Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie um. In Erwägungsgrund 17 werden sie als Tochtergesellschaften oder kontrollierte Einrichtungen bezeichnet. Der deutsche Gesetzgeber entschied sich für eine sprachliche Anpassung, um den Unterschied zwischen abhängigen und unabhängigen Verwertungseinrichtungen zu verdeutlichen, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung im Vergleich zum Richtlinientext bezweckt war.³⁷ Für die Einordnung als abhängige Verwertungseinrichtung kommt es allein auf die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sowie darauf an, ob die Tätigkeit auch als solche einer Verwertungsgesellschaft zu qualifizieren ist. Eine treuhänderische Betätigung, eine Mitgliederstruktur oder eine Mindestanzahl der von ihr vertretenen Rechtsinhaber ist hingegen für die Einordnung als abhängige Verwertungseinrichtung nicht erfor Die Richtlinie wurde bislang nicht umgesetzt. Muñoz Vico, Int. J. Int. Prop. Management 2015, Vol. 8, Nos. 1/2, 3, 13. BT-Drs. 18/7223, S. 72. Soweit ersichtlich hat kein europäisches Umsetzungsgesetz eine solche sprachliche Verfeinerung vorgenommen, vgl. beispielsweise § 1 Abs. 3 VGG-Ö 2016.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
derlich. Damit unterfallen auch Einrichtungen dem Gesetz, die lediglich einen einzigen Rechtsinhaber als Berechtigten vertreten.³⁸ Nach § 3 Abs. 1 VGG muss die Verwertungsgesellschaft die Befugnis zur Einwirkung auf das an sie gebundene Unternehmen haben. Dazu genügen Beherrschung oder Eigentümerstellung. Anknüpfungspunkt für die abhängige Einrichtung ist anstelle der Mitglieder die Muttergesellschaft selbst. Eine abhängige Verwertungseinrichtung liegt auch vor, wenn die Tochtergesellschaft ihrerseits eine Tochtergesellschaft gründet, wenn hier die Einflussnahmemöglichkeiten der ursprünglichen Verwertungsgesellschaft zumindest indirekt fortbestehen. Im Sinne eines einheitlichen Regulierungsrahmens gelten für sie alle Bestimmungen, die auch für Verwertungsgesellschaften gelten, damit insbesondere auch die Vorschriften über die Mehrgebietslizenzierung, sofern Tochtergesellschaften diese Tätigkeit ausüben. Am besten lassen sich abhängige Verwertungseinrichtungen anhand einiger Beispiele konkretisieren.
b. Beispiele: ICE, Armonia, Amsterdam Initiative Die im Folgenden beschriebenen Marktteilnehmer bilden einen winzigen Ausschnitt der am Rechtswahrnehmungsprozess beteiligten Akteure. Ausgewählt wurden diese Einrichtungen, da sie beispielhaft für die vielen an der Musiklizenzierung beteiligten Mitwirkenden stehen und durch sie die verschiedenen Marktentwicklungen verdeutlicht werden können. Ihnen gemeinsam ist, dass sie aufgrund der zuvor beschriebenen Umbrüche in der Musikbranche entstanden sind.
aa. Option-3-Gesellschaften Option-3-Gesellschaften wie ARESA und SOLAR als Ausgründungen von Verwertungsgesellschaften zur europaweiten Lizenzierung der Online-Rechte der jeweiligen großen Rechtsinhaber wurden bereits vorgestellt (oben, S. 101). Sie entstanden infolge der Online-Empfehlung der EU-Kommission im Jahr 2005. Aber nicht nur Musikverlage ordneten ihre Lizenzierungspraxis neu. Der expandierende Online-Bereich machte es auch für Verwertungsgesellschaften erforderlich, über Kräftebündelungsmöglichkeiten nachzudenken. Infolgedessen entstanden einige Verwertungsgesellschaftsinitiativen, die einer näheren
An dem Merkmal „für mehrere Rechtsinhaber“ scheiterte die Einordnung der CELAS GmbH als Verwertungsgesellschaft vor dem DPMA, Schreiben des DPMA vom 7. 2. 2007, nicht veröffentlicht.
B. Regelungen des VGG
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Betrachtung bedürfen. Sie sind möglicherweise als abhängige Verwertungseinrichtungen zu kategorisieren, die eine Rechteklärung für Online-Musikdienste vereinfachen, da sie Repertoire zusammenführen.
bb. ICE ICE wurde durch die europäischen Verwertungsgesellschaften PRSfM³⁹ und STIM⁴⁰ im Jahr 2006 initiiert.⁴¹ Die International Copyright Enterprise Services Ltd. sollte die englischen und schwedischen Online-Musikrechte dokumentieren und katalogisieren, aber auch lizenzieren und Einnahmen verwalten. Die GEMA entschied sich im Jahr 2011 für eine Beteiligung.⁴² Alle drei Verwertungsgesellschaften sind gleichberechtigte Shareholder.⁴³ Die beteiligten Verwertungsgesellschaften bezwecken die Ausnutzung von Skaleneffekten, Kostenersparnis, Zugangssicherung zum anglo-amerikanischen Repertoire, Optimierung der technischen Dokumentations- und IT-Leistungen in der Hand der GEMA sowie eine einheitliche Mehrgebietslizenzerteilung der zusammengelegten Repertoires.⁴⁴ Entstanden ist damit „das erste integrierte Lizenz- und Verarbeitungszentrum für den digitalen, paneuropäischen Musikmarkt“.⁴⁵ Tatsächlich vereinen die drei Muttergesellschaften unter der International Copyright Enterprise verschiedene Unternehmen, die unterschiedliche Dienstleistungen sowohl für Musikverwerter, als auch für andere Verwertungsgesellschaften und große Musikverlage anbieten.⁴⁶
Ehemals MCPS/PRS Alliance Limited, ihrerseits eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der britischen PRS zur Verwaltung und Vergabe der Lizenzen an dem gebündelten Repertoire von Vervielfältigungs- und Zugänglichmachungsrechten. Svenska Tonsättares Internationella Musikbyrå ist eine Verwertungsgesellschaft für Aufführungs- und mechanische Rechte, §§ 2 und 3 der STIM-Satzung. www.iceservices.com/about-ice/#ice-history. GEMA-Jahrbuch 2012/2013, S. 10, 41; GEMA-Jahrbuch 2013/2014, S. 40. ICE Services, Annual Report 2015, S. 18. GEMA-Jahrbuch 2012/2013, S. 10; Pressemitteilung der CISAC, 20.7. 2015, abrufbar unter http:// www.cisac.org/Newsroom/Society-News/PRS-For-Music-STIM-And-GEMA-Establish-The-World-sFirst-Integrated-Licensing-And-Processing-Hub-To-Power-The-21st-Century-Digital-Music-Market. GEMA-Jahrbuch 2015/2016, S. 39, 59; vgl. Pressemitteilung der GEMA, 20.7. 2015, abrufbar unter https://www.gema.de/aktuelles/joint_venture_gema_prs_for_music_und_stim_gruenden_ das_erste_integrierte_lizenz_und_verarbeitungs/; Heker, The Sound of Music, in: Zimmermann/ Geißler, S. 17. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 32 und 36 – ICE; http://icerights.com/ice-services/.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
(1) ICE Services Die International Copyright Enterprise Services Ltd. (ICE Services) mit Sitz in London führt Front- und Middle-Office-Tätigkeiten aus: Über sie erfolgt eine gemeinsame multiterritoriale Lizenzierung digitaler Musikdienste für das Repertoire der Muttergesellschaften – die ICE Core License –, die Akquise von weiterem Musikrepertoire anderer Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen sowie die Unterstützung der Kunden bei Rechnungsstellung und eine rechtliche und administrative Begleitung der Dienstleistung sowie Geschäftsanalysen. ICE Services vergibt aus einer Hand die Vervielfältigungs- und Aufführungsrechte an dem originären Repertoire ihrer Muttergesellschaften. Ihr Angebot richtet sich aber auch an andere Repertoires. Als ersten paneuropäischen Lizenznehmer nannte die ICE Services Mitte 2016 Google Play, Apple Music und iTunes folgten.⁴⁷
(2) ICE Operations Die ICE International Copyright Enterprise Germany GmbH (ICE Operations) mit Sitz in Berlin (gehalten von der ICE Operations AB mit Sitz in Stockholm) ist zuständig für das Back Office: sie begleitet den Aufbau einer gemeinsamen Datenbank, betreut die gemeinsame Dokumentation der Vereinbarungen, verarbeitet die Nutzungsmeldungen der Kunden und offeriert anderen Verwertungsgesellschaften und Option-3-Verlagen⁴⁸ IT- und Administrationsdienstleistungen zur Verwaltung ihrer Repertoires.⁴⁹ Sieben europäische Verwertungsgesellschaften lassen ihr Repertoire bereits von ICE Operations verwalten, die GEMA folgt 2018.⁵⁰
(3) Wettbewerbsrechtliche Bedenken der EU-Kommission Der umfassenden Vereinigung von Dienstleistungen und Repertoires zum Zwecke einer exklusiven pan-europäischen Lizenzierung für die digitale Nutzung online und mobil⁵¹ war eine umfangreiche wettbewerbsrechtliche Prüfung durch die EUKommission vorausgegangen. Die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission leitete nach Erhalt einer Notifikation gemäß Art. 4 Abs. 5 FKVO⁵² über den geplanten Zusammenschluss der beteiligten Parteien PRS, GEMA und STIM Ende
Beer, Artikel vom 24. 5. 2016, heise.de. Zu dieser Begrifflichkeit siehe oben, S. 101. www.gema.de/die-gema/organisation/ice-international-copyright-enterprise/#c1681. Virtuos 01– 2017, S. 40. GEMA-Jahrbuch 2014/2015, S. 10. Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20.1. 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABl. L 24/1 ff.
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November 2014 zwei Monate später gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c) FKVO ein formales Verfahren ein.⁵³ Die EU-Kommission befürchtete höhere Lizenzgebühren und schlechtere Geschäftsbedingungen für Rechtenutzer, die letztlich zu höheren Preisen und geringerer Wahlfreiheit der Endrezipienten von Online-Musik führten. Auch Markteintrittsbarrieren für neue Akteure und eine missbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung seitens der PRSfM wurden für möglich gehalten.⁵⁴ Sie könnte die jeweiligen matching performing rights als Druckmittel einsetzen, um Option-3-Verlage zur Kooperation sowohl mit ICE Services als auch mit ICE Operations zu bewegen, sie also gewissermaßen zur Beauftragung für Urheberrechtsverwaltungsdienste von ausschließlich ICE zu zwingen.⁵⁵ Ferner würden nach erfolgtem Zusammenschluss der Verwertungsgesellschaften zur europaweiten Lizenzierung des gemeinsamen Repertoires über ICE Services den Option-3-Verlagen als Verwaltungsdienstleistungskooperationspartner nur noch zwei anstelle von vier großen europäischen Rechtewahrnehmungsorganisationen zur Verfügung stehen.⁵⁶ So könnten möglicherweise die Qualität und Konditionen für die betreffenden Leistungen leiden. Die erstgenannte Besorgnis – höhere Lizenzgebühren aufgrund marktmächtiger Stellung durch größeres Repertoire – bestätigte sich nicht.⁵⁷ Eine Marktanalyse ergab, dass die Größe des Repertoires keine spürbare Auswirkung auf die Lizenzhöhe hat.⁵⁸ Das Repertoire aller Verwertungsgesellschaften ist komplementär und daher nicht substituierbar. Ein Musikdienst muss sich zur Lizenzierung an alle Shops wenden, um das Weltrepertoire zu erhalten. Die weiteren Wettbewerbsbedenken wurden durch verschiedene Verpflichtungszusagen seitens der drei Muttergesellschaften ausgeräumt. Sie sollen es Wettbewerbern ermöglichen, ebenfalls in den umkämpften Markt der Urheberrechtsverwertungsdienstleistungen einzutreten. Dies soll gelingen, indem sich die PRSfM gegenüber der EU-Kommission dazu verpflichtete, die bei ihr liegenden korrespondierenden Wiedergaberechte nicht als Druckmittel für ein Aufzwingen der ICE-Verwaltungsdienstleistungen auf Option-3-Verlage einzusetzen. Weiter muss ICE anderen Verwertungsgesellschaften wichtige Ur EU-Kommission, IP/15/3300, 14.1. 2015, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_ IP-15 – 3300_de.htm. EU-Kommission, IP/15/5204, 16.6. 2015, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-relea se_IP-15 – 5204_de.htm. Fn. 53. So wortwörtlich die EU-Kommission, Fn. 53. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 55 ff., Rdnr. 259 ff. – ICE. Unter gewissen Voraussetzungen führt eine Repertoire-Bündelung nach der ökonomischen Theorie sogar zu niedrigeren Vergütungen, um die Nachfrage zu steigern, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 55 f., Rdnr. 262, 263 – ICE. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 60, Rdnr. 288 – ICE.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
heberrechtsverwaltungsdienstleistungen zu Bedingungen anbieten, die im Verhältnis zu den Bedingungen, unter denen sie für STIM, PRS und GEMA tätig wird, angemessen, fair und diskriminierungsfrei sind. ICE muss etwaige Wechsel zu anderen Datenbankdienstleistern reibungsfrei ermöglichen; eine Kündigung muss jederzeit möglich sein. Darüber hinaus darf ICE keine Alleinverträge für Urheberrechtsverwaltungs- und Lizenzierungsdienste mit seinen Kunden, d. h. anderen Verwertungseinrichtungen, abschließen. Ausgenommen von diesem Exklusivitätsverbot sind Datenbankdienste.⁵⁹ Neben ihren Gründergesellschafterinnen⁶⁰ sind bereits die niederländische Buma/Stemra, die belgische SABAM sowie der nordische Zusammenschluss Polaris Nordic Kunden der Back-Office-Dienstleistungen von ICE Operations.⁶¹ Die Datenbank von ICE Operations umfasst bereits 19 Mio. Titel.⁶²
cc. Armonia Eine weitere Lizenzierungsinitiative, die ausschließlich auf Betreiben von Verwertungsgesellschaften zur Lizenzierung ihres originären Online-Repertoires entstanden ist, ist Armonia mit Sitz in Neuilly-sur-Seine. Sie wurde von den südeuropäischen Verwertungsgesellschaften SACEM (Frankreich und Luxemburg), SGAE (Spanien) und SIAE (Italien) zur unionsweiten Lizenzierung des gebündelten Repertoires für Online- und Mobilfunknutzungen in Europa gegründet.⁶³ Mittlerweile sind dem Zusammenschluss weitere fünf Verwertungsgesellschaften beigetreten, im September 2013 die ungarische Verwertungsgesellschaft Artisjus und die belgische SABAM, im November 2014 die Dies widerspricht den Ergebnissen von Emler, Wettbewerb, S. 261 ff., 269, der sogar eine spezifische staatliche Regulierung von informationstechnischen Standards fordert: „Kooperieren Akteure bezüglich der Schaffung informationstechnischer Standards nicht, ist davon auszugehen, dass ein intensiver Wettbewerb um proprietäre de-facto-Standards eintritt. Dieser intensive Wettbewerb gründet darin, dass jene Akteure, denen es gelingt, einen de-facto-Standard zu etablieren, anschließend über zusätzliche Marktmacht infolge von indirekten Netzeffekten verfügen.“ Die GEMA zählt neben ihrer Gesellschafterstellung gleichzeitig zu dem größten Kunden von ICE, siehe die Pressemitteilung vom 1.7. 2015, abrufbar unter http://www.iceservices.com/euro pean-commission-approval/. www.iceservices.com/our-customers/, vgl. Pressemitteilung der ICE, 15.10. 2015, abrufbar unter http://www.authorsocieties.eu/uploads/20151015 %20-%20Polaris%20Nordic%20is% 20now%20live%20on%20ICE%20press%20release.pdf. Vgl. www.iceservices.com/about-ice/. Grote, Europäische Perspektiven, S. 73; am 19.4. 2013 hat sie ihre Tätigkeit aufgenommen, als Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung wurde sie allerdings erst am 12. 5. 2013 in Frankreich eingetragen.
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schweizerische SUISA und 2015 die portugiesische Verwertungsgesellschaft SPA. Seit Juni 2016 ist die österreichische AKM ebenfalls Teil des licensing hub. ⁶⁴ Neben diesen Originär-Repertoires verwaltet Armonia über SACEM das anglo-amerikanische Repertoire von Universal (über DEAL, s.o.) und über SGAE das lateinamerikanische Repertoire von Sony, den Verlagen Peermusic und Wixen Music Publishing (über PEL, Pan-European Licensing initiative of Latin-American repertoire).⁶⁵ Die kanadische SOCAN ist ebenfalls auf Auftragsbasis lose angeschlossen.⁶⁶ Insgesamt vereint Armonia mittlerweile über 13 Mio. Werke in 33 Ländern unter einem Dach.⁶⁷ Die Kooperation ist in der Rechtsform einer European Economic Interest Grouping (EIG) organisiert und steht anderen Verwertungsgesellschaften offen. Teilnehmen können diese entweder durch Eintritt in die EIG oder aber durch Betrauen eines Armonia-Mitglieds mit der gebietsübergreifenden Wahrnehmung ihres Repertoires. Armonia lizenziert bereits sieben multiterritoriale Online-Dienste für Europa, die nach eigenen Angaben zusammengenommen über 80 % Marktanteil verfügen; weitere fünf Lizenzverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen.⁶⁸ Armonia bietet sowohl seine Technologie, als auch seine Lizenzierungsstruktur anderen Verwertungsgesellschaften, aber auch Option-3-Verlagen an.⁶⁹ Damit steht die Initiative in einem direkten Wettbewerbsverhältnis zu ICE und den bisherigen Option-3-Gesellschaften.
dd. Amsterdam Initiative In Reaktion auf den Richtlinienentwurf erwogen 16 mittlere und kleinere Verwertungsgesellschaften in der EU eine Kooperation zur vereinten Verwaltung ihres Repertoires im Online-Musikmarkt.⁷⁰ Beteiligt sind SABAM, IMRO, SUISA, AKM, Austro Mechana, Buma/Stemra, OSA, SOZA (Slowakei), ACUM (Israel), AEPI (Griechenland), HDS (Kroatien), UCMR‐ADA (Rumänien), ZAIKS (Polen), Koda,
Pressemitteilung von Armonia Online, 1.6. 2016, abrufbar unter www.armoniaonline.eu/en/ en/http%3 A/armoniaonline.com/node/124/edit. Pressemitteilung von Armonia Online, 19.11. 2012, abrufbar unter www.armoniaonline.eu/en/ press-release-19 -11-2012; Arezzo, IIC 2015, 534, 546, Fn. 64. SGAE hat beide Online-Rechte – Online-Zugänglichmachen und Vervielfältigung – erworben, sodass die matching performing rights nicht gesondert zugeleitet werden müssen, vgl. Mazziotti, EUI Working Papers, S. 19. SACEM, Annual Report 2015, S. 9. Siehe http://armoniaonline.com/. Vgl. Fn. 64. http://armoniaonline.com/en/benefits. Pressemitteilung der GESAC, 9.6. 2013, abrufbar unter www.authorsocieties.eu/mediaroom/ 96/33/Press-Release-The-Amsterdam-Initiative-16-small-amp-medium-sized-author-societies-exp lore-cooperation.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
TONO und TEOSTO. Mit SUISA und AKM haben sich allerdings bereits zwei Verwertungsgesellschaften einem anderen Hub, Armonia, angeschlossen. Für eine weitere Beteiligung wäre dies jedoch unschädlich, da sowohl Armonia, als auch die Amsterdam Initiative auf nicht-ausschließlichen Vertragsbeziehungen beruhen soll,⁷¹ sodass SUISA und AKM nicht ausgeschlossen wären. IMRO lässt multiterritoriale Lizenzen an seinem Repertoire nunmehr über PRSfM und SACEM vergeben.⁷² Buma/Stemra nimmt bereits IT-Dienstleistungen für die Online-Datenverarbeitung von ICE Operations zwecks Vereinfachung eigenhändiger unionsweiter Direktlizenzierung seines Repertoires in Anspruch. Dass ein solch multiterritorial operierendes Lizenzierungsvehikel der kleinen Verwertungsgesellschaften in absehbarer Zeit als Gegenpol zu den zwei großen europäischen Hubs ICE Services und Armonia in voller Funktionsfähigkeit tatsächlich in den Wettbewerb eintreten kann,⁷³ erscheint vor dem Hintergrund des erheblichen Zeitdrucks, der benötigten Finanzkraft und der erforderlichen IT-Infrastruktur als nicht sehr wahrscheinlich. Zumindest Back-Office-Dienstleistungen werden die teilnehmenden Gesellschaften voraussichtlich über externe Unternehmen wie ICE Operations beziehen.⁷⁴ Dies verdeutlicht einmal mehr die Abhängigkeit des Gelingens einer Multirepertoire-Mehrgebietslizenzierung von technischen Lösungen, aber auch die dahinter stehende Marktmacht, wenn entsprechende IT-Kapazitäten vorhanden sind.
ee. Zusammenfassung Grundsätzlich können neue Lizenzierungsinitiativen für die Wahrnehmung von Online-Musikrechten in zwei Kategorien unterteilt werden. Zum einen existieren seit der Online-Empfehlung von 2005 sogenannte Option-3-Gesellschaften, die an bestehende Verwertungsgesellschaften angegliedert sind und ausschließlich das Repertoire eines Rechtsinhabers lizenzieren. Daneben haben die Verwertungsgesellschaften selbst ihre Kräfte für die Wahrnehmung ihrer Originär-Repertoires im grenzübergreifenden Online-Bereich gebündelt. Mit ICE, Armonia und möglicherweise der Amsterdam Initiative existieren Ausgründungen im Front-, Middle-, und Back-Office-Bereich. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob diese neuartigen Initiativen unter die nunmehr harmonisierten Bestimmungen zu fassen
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 35 – ICE. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 31 – ICE. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 30 – ICE. Dies entspricht auch der Einschätzung der PRSfM in EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 37 – ICE.
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sind, insbesondere ob es sich bei ihnen um abhängige Verwertungseinrichtungen handelt.
c. Auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmale Die Richtlinie kennt den Begriff der abhängigen Verwertungseinrichtungen nicht. Hinsichtlich der Regelungen über Mehrgebietslizenzierung waren die Bestimmungen zu Verwertungseinrichtungen, die nicht klassische Verwertungsgesellschaften sind, diejenigen, die den meisten Änderungen unterlagen. Im Kommissionsentwurf noch sollten Tochtergesellschaften nur dann von der Richtlinie erfasst werden, soweit sie Mehrgebietslizenzen für Online-Rechte an Musikwerken erteilen, vgl. Art. 31 RL-E.⁷⁵ Auf Betreiben des EU-Parlaments und des Ministerrates wurden die sie betreffenden Vorschriften „vor die Klammer gezogen“,⁷⁶ sodass eine Angleichung des Regulierungsrahmens für Verwertungsgesellschaften und abhängige Einrichtungen bewirkt wurde. Letztlich wurden sie in Art. 2 Abs. 3 der endgültigen Richtlinie definiert als „Einrichtungen, die sich direkt oder indirekt, vollständig oder teilweise im Eigentum einer Verwertungsgesellschaft befinden oder direkt oder indirekt, vollständig oder teilweise von einer solchen beherrscht werden.“ Diese Definition wirft einige Fragen auf, denen im Folgenden nachgegangen wird.
aa. Eine oder mehrere Muttergesellschaften Der Wortlaut des deutschen Gesetzes dehnt die Definition einer abhängigen Verwertungsgesellschaft dahingehend aus, dass mindestens eine Verwertungsgesellschaft beteiligt sein muss, also auch solche Töchter den Bestimmungen unterfallen, die nicht nur eine einzige Mutterverwertungsgesellschaft aufweisen. Im Richtlinientext wird dies nicht hinreichend deutlich. Dem Richtliniengesetzgeber kann es aber offenkundig nicht darauf angekommen sein, nur Tochtergesellschaften zu erfassen, die lediglich von einer Verwertungsgesellschaft kontrolliert werden.Würden nur solche Tochtergesellschaften erfasst, die eine einzige Mutterverwertungsgesellschaft besitzen, würde dies dem Ziel einer einheitlichen Regulierung zur Schaffung eines level playing field widersprechen. Dies hieße, dass beispielsweise SOLAR oder die ICE-Gesellschaften gänzlich außerhalb der Richtlinienbestimmungen agieren könnten, obwohl sich ihr Geschäftsgegenstand EU-Kommission, COM(2012) 372 final. Vgl. die Änderungsanträge 215, 218, 220 und 223, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013 und Ministerrat, Revised Presidency Compromise vom 31.5. 2013, 2012/0180(COD), 9743/13, S. 21.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
von anderen Tochtergesellschaften wie ARESA nur dadurch unterscheidet, dass sie mit GEMA und PRSfM (und STIM) mehrere Muttergesellschaften haben. Die deutsche Definition einer abhängigen Verwertungsgesellschaft ist hier klarer: Demnach ist eine Beherrschung oder Eigentümerstellung von mindestens einer Verwertungsgesellschaft erforderlich.
bb. Einordnung von Option-3-Gesellschaften Anders als der Richtliniengesetzgeber nennt der deutsche Gesetzgeber konkrete Beispiele für abhängige Verwertungseinrichtungen. In der Gesetzesbegründung zu § 3 VGG heißt es, sie könnten mit allen Tätigkeiten betraut werden, denen auch eine Verwertungsgesellschaft nachgehen könne.⁷⁷ Demnach seien sog. Z-Gesellschaften wie die ZPÜ oder ZBT⁷⁸, aber auch Tochtergesellschaften der GEMA wie die ARESA als abhängige Verwertungseinrichtungen zu charakterisieren. Zentralstellen wie ZPÜ oder ZBT unterfallen der Definition, da sie im Eigentum der beteiligten Verwertungsgesellschaften stehen und zum Zweck der Übernahme von Verwaltungsaufgaben gegründet wurden, wie Erwägungsgrund 17 der Richtlinie es anführt. Sie sind allerdings nur administrative, keine Front-OfficeGesellschaften. Es ist fraglich, ob lizenzierende Option-3-Gesellschaften als Tochtergesellschaften einzuordnen sind.
(1) Ansicht der EU-Kommission Aus dem Richtlinienentwurf und seiner Folgenabschätzung der EU-Kommission ergibt sich hinsichtlich der Einordnung von Option-3-Gesellschaften kein einheitliches Bild. Generell wurde differenziert zwischen collecting societies und publisher/licensing agents, which grant licences for the publisher’s Anglo-American repertoire on a multi-territory basis […]⁷⁹, aber auch independent rights management service providers who act as agents for rightholders. ⁸⁰ Agents stünden außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie und befänden sich im Wettbewerb um Repertoires mit Verwertungseinrichtungen (Verwertungsgesellschaften und Tochtergesellschaften), die unter Hub-Voraussetzungen agieren müssten.⁸¹ Die EU-Kommission blieb hier äußerst vage. Jedenfalls die CELAS als Option-3Gesellschaft (Rechtsvorgängerin der SOLAR) stufte sie wohl weder als Verwer
BT-Drs. 18/7223, S. 72. Zu diesen Zentralstellen Melichar, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 46, Rdnr. 21 f. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 14. Erwägungsgrund 4 des Richtlinienentwurfs, COM(2012) 372 final. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162.
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tungsgesellschaft noch als Tochtergesellschaft ein: Rechteinhaber würden bereits erwägen, ihr Repertoire an Passport-fähige Verwertungsgesellschaften zurückzuübertragen.⁸² Dies sei die CELAS betreffend bereits der Fall. Die CELAS hätte Sub-Agenturverträge mit Verwertungsgesellschaften wie der dänischen Koda, der schwedischen STIM und der finnischen TEOSTO geschlossen.⁸³ Dies wäre als Argumentationshilfe für die Begründung der positiven Effekte einer Errichtung des Passport-Modells jedoch unnötig, wenn die CELAS nach Ansicht der EUKommission nicht bereits selbst die diesbezüglichen Richtlinienbestimmungen als Verwertungsgesellschaft oder zumindest als Tochtergesellschaft einzuhalten verpflichtet gewesen wäre. Dem Richtlinienentwurf ist daher keine pauschale Einordnung der Option-3Gesellschaften zu entnehmen.⁸⁴ Sofern sie nicht eindeutig als Verwertungsgesellschaft oder als Tochtergesellschaft einzuordnen waren, sollten sie nach Ansicht der EU-Kommission als „agents“ aus dem Anwendungsbereich des Richtlinienentwurfs gänzlich herausfallen.
(2) Ansicht des EU-Parlaments Nach Auffassung des EU-Parlaments war der Vorschlag der EU-Kommission gemäß Art. 31 RL-E dahingehend unzureichend durchdacht, dass er nur Tochtergesellschaften, die bereits Mehrgebietslizenzen erteilten oder anboten, erfasste. Damit wären ZPÜ und ZBT unreguliert geblieben. Außerdem war der Anwendungsbereich der sie betreffenden Regelungen sehr begrenzt: sie sollten nur wenige allgemeine Informationspflichten über Standardlizenzverträge und anwendbare Tarife, ihr Repertoire inklusive dem räumlichen Geltungsbereich und Gegenseitigkeitsverträge auf Anfrage bereitstellen müssen und insbesondere nicht zum Huckepack-Modell verpflichtet werden können. In mehreren Änderungsanträgen wurde daher eine allgemeine Regelung gefordert,⁸⁵ die wettbewerbsschädliche Auswirkungen minimieren sollte, indem die Richtlinie für alle
Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162, Fn. 277: „This is to some extent already the case for some rightholders and societies: e. g. CELAS has concluded sub-agency agreements with collecting societies such as KODA (DK), STIM (SE) and TEOSTO (FI), see KODA, Annual Report 2010, p. 7.“ Anders aber die Ansichten zum Richtlinienentwurf von Niggemeier, Medialex 2013, 65, 69 f. und Hullen, JurisPR-ITR 5/2014, Anm. 2, allerdings ohne nähere Begründung, die sie als unabhängige Agenten einordnen. Vgl. die Änderungsanträge 215, 218, 220 und 223 sowie 505 und 506, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 und Änderungsanträge 332– 540, PE513.142 vom 6.6. 2013.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Tochtergesellschaften von Verwertungsgesellschaften gleichermaßen und auch in demselben Umfang wie für ihre Muttergesellschaften gelten sollte: Der derzeitige Anwendungsbereich der Richtlinie könnte bewirken, dass Gesellschaften und Vereinigungen wie CELAS, PAECOL oder PEDL die gemäß der Richtlinie für Gesellschaften geltenden Verpflichtungen bewusst umgehen. Damit wirklich gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen, muss mindestens sichergestellt werden, dass Tochtergesellschaften von Organisationen zur kollektiven Rechtewahrnehmung oder andere Gesellschaften, die Urheber- und verwandte Schutzrechte wahrnehmen, den gleichen Anforderungen hinsichtlich Unternehmensführung und Transparenz unterliegen wie die Organisationen zur kollektiven Rechtewahrnehmung selbst.⁸⁶
Doch aus diesem Argument lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob Option-3Gesellschaften als Tochtergesellschaften oder „andere Gesellschaften“ angesehen wurden. Während des Richtlinienprozesses war eine Einordnung der sogenannten Option-3-Gesellschaft unter Berücksichtigung der obigen Untersuchung nicht eindeutig möglich. Diese Rechtsunsicherheit zeigte sich durch vollständig divergierende Auffassungen im Schrifttum.⁸⁷ Unter Zugrundelegung des Richtlinienentwurfs⁸⁸ wurde sogar noch die Auffassung vertreten, Option-3-Gesellschaften generell als Verwertungsgesellschaften anzusehen.⁸⁹
(3) Endgültige Richtlinienbestimmung Die Gesetzgebungsmaterialien sind demnach für eine teleologische Auslegung unergiebig. Gemäß Art. 2 Abs. 3 und Erwägungsgrund 17 der Richtlinie kommt es allein auf den Grad der Beherrschung und Eigentümerstruktur der Mutterverwertungsgesellschaften an. Daher fällt eine Subsumtion nunmehr leicht:
Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013, S. 80. Für Tochtergesellschaften Ventroni in Burner, ZUM 2014, 489, 490; Pfennig, ZUM 2014, 484, 488; Wübbelt, Die Zukunft der kollektiven Rechtewahrnehmung, S. 181 pauschal als von Verwertungsgesellschaften beherrschte Einrichtungen. Für unabhängige Einrichtungen: Zum Richtlinienentwurf Niggemeier, Medialex 2013, 65, 69 f.; Hullen, JurisPR-ITR 5/2014, Anm. 2; zur Richtlinie 2014/26/EU Grohmann, GRUR-Prax 2014, 145; Maier-Hauff, ZUM 2014, 479, 481; Rehbinder/Peukert, UrhR, § 51, Rdnr. 1199; zurückhaltend Peifer, ZUM 2014, 453, 455 f.; Mešević, Urheberrechtssysteme S. 213; Arezzo, IIC 2015, 534, 555. EU-Kommission, COM(2012) 372 final. Zur deutschen Rechtslage vor Veröffentlichung des Richtlinienentwurfs Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 309 ff.; Ventroni, MMR 2008, 273, 274; offen lassend Poll, ZUM 2008, 500, 506 und Alich, GRUR Int 2008, 996, 1002; für eine solche Ausweitung des Richtlinienentwurfs Rehse, ZUM 2013, 191, 193.
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cc. Subsumtion der Lizenzierungsinitiativen unter die Definition einer abhängigen Verwertungseinrichtung Wie dargestellt, ist einzige Voraussetzung einer Tochtergesellschaft die Eigentümerstellung von oder Beherrschung durch eine oder mehrere Mutterverwertungsgesellschaften. Insofern hat der deutsche Gesetzgeber Art. 2 Abs. 3 in seiner Einschätzung, auch lizenzierende Einrichtungen wie ARESA können abhängige Verwertungseinrichtungen darstellen, richtlinienkonform umgesetzt. Folgende Option-3-Gesellschaften unterfallen der Definition: Die SOLAR Ltd. steht vollständig im Eigentum von GEMA und PRSfM. Darüber hinaus, obgleich nicht erforderlich, spricht zusätzlich für die Beherrschung durch diese, dass alle betrieblichen Aufgaben von den Gesellschaftern GEMA und PRSfM wahrgenommen werden und alle operativen Geschäftsprozesse auf beide ausgelagert sind.⁹⁰ Die so entstehenden Dienstleistungskosten werden den Gesellschaftern ausgeglichen. Die deutsche ARESA GmbH ist hundertprozentige Tochter der GEMA, auch sie ist unstreitig eine abhängige Verwertungseinrichtung. Die lizenzierende ICE Services steht im Eigentum ihrer drei Muttergesellschaften GEMA, PRSfM und STIM. ICE Operations wird ebenfalls über gleichmäßige Anteile ihrer Muttergesellschaften beherrscht. Nach der weiten Definition des Richtliniengesetzgebers, der allein auf das Rechtsverhältnis zur Mutterverwertungsgesellschaft abstellt, sind auch sie Tochtergesellschaften.⁹¹ Sofern die südeuropäische Lizenzierungsinitiative Armonia EIG tatsächlich im Eigentum der drei Gründungsgesellschaften steht und nicht bloß Bezeichnung für eine Lizenzierungspraxis über SACEM ist, wäre auch sie eine abhängige Verwertungseinrichtung.⁹² Über die Amsterdam Initiative hingegen sind nur ungenügende Informationen verfügbar, ihr Status ist wenig konkret. Eine Einordnung ist daher nicht möglich. P.E.D.L. und DEAL sind keine abhängigen Verwertungseinrichtungen, da sie lediglich ein Lizenzierungssystem bezeichnen, bei dem die beteiligten Verwertungsgesellschaften vollkommen unabhängig und eigenständig bleiben. Die Initiativen besitzen keine Rechtspersönlichkeit oder Gesellschaftsstruktur. Die Verwertungsgesellschaften, die infolge des Bewerbungsverfahrens an der Lizenzierung teilnehmen, sind allerdings zur Einhaltung der Richtlinie verpflichtet. Dass P.E.D.L. nach mancher Ansicht im EU-Parlament entweder abhängige oder unabhängige Verwertungseinrichtung sein soll, ist auf die Tatsache zurückzu-
Siehe hierzu oben, S. 104 ff. So auch die Einschätzung der EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 12. Hierzu schon oben, S. 148 f.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
führen, dass CELAS, PAECOL und P.E.D.L. oftmals in einem Atemzug genannt wurden.⁹³ Ebenso wie P.E.D.L. beschreibt DEAL lediglich die Art der ausschließlichen Wahrnehmung des Universal-Repertoires zur gebietsübergreifenden Vergabe seiner Online-Rechte durch SACEM. DEAL selbst ist keine Verwertungsgesellschaft, allein SACEM erfüllt die Kriterien einer Verwertungsgesellschaft.
d. Für Tochtergesellschaften geltende Vorschriften § 3 Abs. 2 S. 1 VGG (Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2014/26/EU) beschränkt den Anwendungsbereich des Gesetzes für abhängige Verwertungseinrichtungen. „Soweit die abhängige Verwertungseinrichtung Tätigkeiten einer Verwertungsgesellschaft ausübt, sind die für diese Tätigkeiten geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend anzuwenden.“ Welche einschlägigen Bestimmungen dies sein sollen, wird nicht näher konkretisiert, auch nicht durch Erwägungsgrund 17 der Richtlinie. Hier ist ein großer Auslegungsspielraum eröffnet. Beispielsweise könnte geschlussfolgert werden, dass der Wahrnehmungszwang gemäß § 9 VGG und die entsprechenden Mitgliederbestimmungen gemäß §§ 13 ff. (Art. 6 und 8) auf sie nicht anwendbar seien, da Tochtergesellschaften definitionsgemäß keine ähnliche Mitgliederstruktur aufweisen würden wie Verwertungsgesellschaften. Dies verkennt aber, dass gerade solche Bestimmungen für sie im Sinne einer vollständigen Wahlfreiheit der Rechtsinhaber gelten sollen, die auch eine Verwertungsgesellschaft beträfen, würde sie anstelle der Tochtergesellschaft handeln. Ist eine Tochtergesellschaft also ähnlich einer Verwertungsgesellschaft organisiert und erlaubt eine Mitgliedschaft, so sind auch auf sie die entsprechenden Vorschriften anwendbar. Dass eine Tochtergesellschaft im vollständigen oder teilweisen Eigentum einer Verwertungsgesellschaft steht, schließt eine Mitgliederstruktur grundsätzlich nicht aus. Betrauen Rechtsinhaber eine Tochtergesellschaft direkt mit der Wahrnehmung ihrer Rechte, so gelten insbesondere §§ 9 ff. (Wahrnehmungszwang, Art. 5 und 7 der Richtlinie), aber auch die Verpflichtung zu internen Kontrollmechanismen, §§ 21 ff. (Art. 10), die Verwaltungsvorschriften bei der Einziehung und Verwendung der Einnahmen aus den Rechten, §§ 23 ff. (Art. 11), Informationspflichten über eventuelle Abzüge, § 31 (Art. 12), die Verteilungsvorschriften gemäß §§ 27 ff. (Art. 13⁹⁴) und schließlich ebenfalls die tätigkeitsbezogenen Transparenzvorschriften gemäß §§ 54 bis 58 (Art. 18 bis 22). Im
So aber noch die Antragsbegründung der Änderungsanträge 211, 217 und 220, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013, S. 69, 72, 73. Siehe hierzu Guibault, in: Stamatoudi/Torremans, S. 740 ff., Rdnr. 14.46 ff.
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Verhältnis zum Nutzer haben auch Tochtergesellschaften die Nutzungsverhandlungen nach Treu und Glauben zu führen und Rechtsinhabern eine angemessene Vergütung auszuhandeln. Auf der anderen Seite werden ihnen aber auch die entsprechenden Rechte zuerkannt, wie sie beispielsweise §§ 36, 39 und 41 ff. (Art. 16 Abs. 2 und 17) normieren. Auch der Abschlusszwang, § 34 Abs. 1, und die Regelung über Probetarife gelten für sie, § 34 Abs. 2 (Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 1 S. 2). Sofern Tochtergesellschaften direkt mit Nutzern kontrahieren, müssen diese sie über die Nutzung der repräsentierten Rechte informieren. Sofern sie über Repräsentationsverträge mit anderen Einrichtungen verbunden sind, gelten für sie §§ 44 ff. (Art. 14 und 15) gleichermaßen. Vergeben sie Mehrgebietslizenzen an Online-Rechten, ist Teil 3 des VGG, §§ 59 ff., grundsätzlich auf sie anwendbar.
e. Fazit: Folgen der Regulierung und des Wettbewerbs aa. Nicht erfasste Einrichtungen Nicht nur die Frage, welche Einrichtungen der Regulierung unterfallen, ist brisant, sondern vor allem die Frage, welche Gesellschaften nicht durch die Richtlinie erfasst werden. Das oft postulierte level playing field spielt auch bei administrativen Tätigkeiten eine maßgebliche Rolle, kommt es für die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinienbestimmungen doch allein auf die Art der Verbindung zu einer oder mehreren Verwertungsgesellschaften an, während die dann ausgeführte Tätigkeit die anwendbaren Regelungen determiniert. Im digitalen Kontext der Musikverwertung ist der akkurate Umgang mit den dabei anfallenden Daten von großer Bedeutung für das Bestehen am Markt. Diese sogenannten BackOffice-Tätigkeiten müssen jedoch nicht von Tochtergesellschaften ausgeführt werden. Zahlreiche externe Dienstleister sind bereits rund um das Geschäftsfeld Copyright IT Services entstanden, beispielsweise BMAT Licensing, S.L., Audiam Inc., Deloitte, Music Reports, Inc. oder MondiaMedia (Tochter der Bertelsmann Group, der auch BMG Rights Management zugehörig ist), die die Datenverarbeitungsprozesse für Verwertungsgesellschaften (BMAT für SACEM) oder auch nur einzelne Rechtsinhaber übernehmen. Die Markteintrittsschwelle für IT-Dienstleister ist dabei gering; vorstellbar ist ebenso, dass Alphabet, Apple oder Amazon ähnliche Tätigkeiten aufnehmen werden. Sie alle unterliegen im Gegensatz zu den von Verwertungsgesellschaften abhängigen Tochtergesellschaften nicht den Richtlinienbestimmungen. Wettbewerbsverzerrungen sind dabei unter Annahme der Beschränkung der genannten Dienstleister auf reine IT-Services jedoch nicht zu befürchten, da die Richtlinie keine expliziten Regelungen hinsichtlich der Back-Office-Betätigungen enthält, die nur die Tochtergesellschaften zu befolgen hätten. Entsprechende Daten-
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
schutzregelungen betreffen alle Unternehmen dieses Geschäftszweiges gleichermaßen, insbesondere die den europäischen Markt vermeintlich vollharmonisierende EU-Datenschutzgrundverordnung⁹⁵.
bb. Abwandern aufgrund hohen Regulierungsniveaus? Lizenzierende abhängige Verwertungseinrichtungen haben sich vornehmlich in solchen Mitgliedstaaten angesiedelt, in denen ihre marktstarken Muttergesellschaften ansässig sind. Mit ARESA in Deutschland, Armonia in Frankreich und SOLAR und ICE in Großbritannien wird die enge Beziehung zu ihren Eigentümerinnen offenbar. Ein befürchtetes Abwandern der Option-3-Gesellschaften in Länder außerhalb der EU, um den strikten Richtlinien- und mitgliedstaatlichen Vorgaben zu entgehen,⁹⁶ zeichnet sich auch wenige Jahre nach Verabschiedung der Richtlinie nicht maßgeblich ab. Zu wertvoll sind die gewonnenen Synergieeffekte und die Vereinfachung der Rechtebündelung von Vervielfältigungsrechten bei Option-3-Gesellschaften und den Zugänglichmachungsrechten bei den Müttern. Zudem genügen die „großen 3“ der Verwertungsgesellschaften PRSfM, SACEM und GEMA bereits den meisten der Richtlinienvorgaben, die sie ohne viel Aufwand auch bei ihren Töchtern implementieren können.
cc. Wettbewerbsintensivierung Möglich ist jedoch, dass die bestehenden Lizenzierungsstrukturen durch neue Wettbewerber herausgefordert werden. Die schweizerische Verwertungsgesellschaft SUISA wurde als Online-Lizenzpartner der U.S.-amerikanischen SESAC für eine gemeinsame EU-weite Lizenzierung der Online-Rechte ihrer Repertoires ab Januar 2017 ausgewählt. Dieses jüngste europäische Joint Venture „Mint Digital Services“ richtet sich ausdrücklich an die großen Majors und auch andere Verwertungsgesellschaften.⁹⁷ Seine Besonderheit besteht darin, dass sich zwei Verwertungsgesellschaften ausschließlich aus Drittstaaten zusammengefunden haben. Damit kann festgehalten werden, dass der Markt für die Verwaltung des attraktiven anglo-amerikanischen Repertoires stark umkämpft ist. Mit ICE, Armonia, den bestehenden Option-3-Gesellschaften und Mint existieren Hubs, die
Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119/ 1 ff. Pfennig, ZUM 2014, 484, 488. https://www.suisa.ch/de/suisa/mint/mint-digital-services.html.
B. Regelungen des VGG
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grundsätzlich zu einer Verwaltung der Rechte in der Lage sind. Das Ziel der Richtlinie,Wettbewerb um Repertoire zu entfachen, ist damit erreicht. Fraglich ist, auf wessen Kosten dies geschieht.
dd. Spaltung nach Nutzungsart Im Musikbereich hat eine Aufspaltung der Wahrnehmung von Rechten für den Offline- und Online-Bereich stattgefunden.⁹⁸ Neue Lizenzierungsinitiativen existieren allein für die Wahrnehmung von Online-Rechten. Eine Rechtswahrnehmung erfolgt nicht mehr nur entlang der Werkart, sondern im Musikbereich auch entlang der Nutzungsart. Wenn das Musikgeschäftsmodell der Zukunft aber hauptsächlich im Online-Bereich gesehen wird,⁹⁹ wird die Bedeutung der klassischen Verwertungsgesellschaften in diesem Bereich zulasten des weniger stark nachgefragten Nischenrepertoires und der Vergütungsgerechtigkeit der Rechtsinhaber, die die gleich bleibenden Verwaltungskosten tragen müssen, abnehmen.¹⁰⁰ Werden Online-Nutzungen hauptsächlich von Tochtergesellschaften grenzüberschreitend lizenziert, verbleibt klassischen Verwertungsgesellschaften letztlich die nationale Online- und Offline-Rechtswahrnehmung. Allein die gebietsübergreifende Vergabe entwickelt sich abseits der herkömmlichen Struktur. Verwertungsgesellschaften selbst werden nicht so sehr zu Wettbewerb angeregt wie ihre Tochtergesellschaften, die Verhandlungsmacht auf dem Markt der Online-Lizenzierung durch Repertoire-Aggregation anderer Verwertungsgesellschaften gewinnen müssen. Ein Anreiz für eine Verminderung der Repertoirefragmentierung ist damit bei Tochtergesellschaften klar erkennbar, allerdings drohen hier Einbußen an Vergütungsgerechtigkeit.
ee. Wettbewerbsparameter IT-Kapazität Die Qualität der IT-Dienstleistungen bestimmt den Zielerreichungsgrad für Repertoireaggregation. Die Fähigkeit, schnell und akkurat Datenströme auszuwer-
Hierzu bereits Arezzo, IIC 2015, 534, 554. Siehe zur Darstellung von Streaming als Markttreiber oben, S. 16 ff. Diese Untersuchung ist nicht frei von gewichtigen Gegenstimmen, die auch dem Streaming eine recht kurze Lebensdauer bescheiden, vgl. Arthur, Artikel vom 26.12. 2016, theguardian.com. Arezzo, IIC 2015, 534, 556; so auch die Befürchtung Polens, die daher die Richtlinienregelungen über die Mehrgebietslizenzierung ablehnen, Ministerrat, Addendum vom 17. 2. 2014, Erklärungen, 6434/14, S. 4.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
ten und zuzuordnen, bestimmt den Erfolg am Markt.¹⁰¹ Als Reaktion darauf wurde mit ICE Operations eine weitere Tochtergesellschaft für Dokumentationsdienstleistungen unter Aufbringung von erheblichen Investitionen der beteiligten Verwertungsgesellschaften gegründet. Ihr Wettbewerber Armonia nutzt für diese Zwecke den Dienstleister BMAT music innovation.¹⁰² Damit ist aber bereits die Grenze des gewünschten Wettbewerbs festgelegt: Nur solche Verwertungsgesellschaften in Europa werden mit Armonia, ICE und Mint konkurrieren können, die die nötigen finanziellen Mittel und Kapazitäten für eben diese Form der Massendatenverarbeitung haben.¹⁰³ Sogar bei optimistischer Prognose wird dies aktuell keine weitere Verwertungsgesellschaft aus eigener Kraft aufbringen können. Können kleinere Verwertungsgesellschaften jedoch an den Datenverarbeitungskapazitäten der Tochterunternehmen wie der ICE Operations partizipieren, wie von der EU-Kommission in der diesbezüglichen Freigabeentscheidung intendiert, so wird zumindest die Möglichkeit erhalten, dass auch andere Verwertungsgesellschaften an ihrem Repertoire gebietsübergreifende Lizenzen erteilen, ohne auf einen Rückgriff auf Armonia oder ICE Services (der Lizenzierungseinheit) angewiesen zu sein. Einer Repertoirefragmentierung wirkt dies allerdings nicht entgegen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet wäre es effizient, würde sich der Markt im Online-Musikbereich um einige wenige Tochtergesellschaften wie Armonia, ICE und Mint stabilisieren, wie auch aktuelle Entwicklungen belegen (AKM tritt Armonia bei), sofern nicht außereuropäische Verwertungsgesellschaften oder gänzlich neue Akteure wie Apple oder Alphabet auf den Markt drängen. Vorstellbar ist dies allemal, da sie über die erforderlichen Kapazitäten verfügen.¹⁰⁴ Jedes Unternehmen, das seine Stärken im Bereich der Datenverarbeitung hat, ist potentiell prädestiniert für die Rechtswahrnehmung im Online-Bereich. Da sie ohne Beteiligung einer Verwertungsgesellschaft agieren können, würde eine
Lucena, Collective Rights and Digital Content, S. 28: „Modern collecting societies are to be basically data processing societies, where technology must be at the service of efficiency for all stakeholders“. Armonia bewirbt sein Back Office mit „average processing capacity of 2 gigabytes/ minutes“, vgl. http://armoniaonline.com/en/benefits. Armonia, Pressemitteilung vom 14. 5. 2015, abrufbar unter www.armoniaonline.eu/en/pressrelease-14- 05 -2015. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 20, Rdnr. 83, 84 – ICE; Niggemeier bezeichnet die IT-Kapazität als „größte Eintrittshürde“ für eine Verwertungsgesellschaft, Medialex 2013, 65, 69. Alphabet’s Investmenttochter GV (Google Ventures) hat 60 Mio. Dollar in das Musikunternehmen Kobalt investiert, das daraufhin die Verwertungsgesellschaft AMRA aufkaufen konnte, vgl. Ingham, Artikel vom 26. 3. 2015, musicbusinessworldwide.com. Hier zeichnen sich Bestrebungen ab, Synergieeffekte durch große datenverarbeitende Unternehmen nicht ungenutzt zu lassen.
B. Regelungen des VGG
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Einordnung als abhängige Verwertungseinrichtungen für sie nicht in Betracht kommen, was das level playing field gefährdet.
ff. Eindämmung der Repertoirefragmentierung Wettbewerb wurde vor allem um das Repertoire der großen Rechtsinhaber Sony, Universal und Warner hervorgerufen. Diese Wettbewerbsvorstellung des Unionsgesetzgebers hat aber nur so lange Bestand, wie die Majors nicht außerhalb des Systems von kollektiven Strukturen direkt lizenzieren. Allerdings haben sie bisher aufgrund hoher Investitions- und Infrastrukturkosten kaum Anreiz zur vollständigen Individuallizenzierung.¹⁰⁵ Darüber hinaus sind sie abhängig von der Vergabe der korrespondierenden Wiedergaberechte, über die sie keine Kontrolle haben. Die vorsichtige Prognose, dass die Symbiose zwischen großen Rechtsinhabern und Verwertungsgesellschaftsstrukturen rund um den richtliniengemäßen Hubs gefestigt wird, wird auch durch dieses Abhängigkeitsverhältnis gestützt. Eine Herausnahme aus dem System über Option-3-Gesellschaften und damit eine erneute Repertoirezersplitterung, ist zunächst nicht zu befürchten. Festzuhalten ist, dass die zuvor genutzten Strukturen, mithilfe von Gegenseitigkeitsverträgen Repertoire zu bündeln, das jeweils nur in einem Gebiet lizenziert wird, stückweise durch eine Tendenz ersetzt werden, Mehrgebietslizenzen an Monorepertoire zu erteilen. Eine Entwicklung, aus einem Monorepertoire wieder ein Multirepertoire werden zu lassen, zeichnet sich ab, allerdings nicht über Verwertungsgesellschaften direkt, sondern über eigens gegründete Tochtergesellschaften wie ICE, Armonia und Mint. Anzeichen zur Repertoirezusammenführung zum Zwecke der multiterritorialen Online-Rechtevergabe sind klar erkennbar.
3. Unabhängige Verwertungseinrichtungen (§ 4 VGG) Der neue Regulierungsrahmen kennt neben den abhängigen die unabhängigen Verwertungseinrichtungen. Die Abgrenzung zwischen beiden ist unklar.¹⁰⁶
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 39 – ICE. So zur Richtlinie 2014/26/EU auch Staats, ZUM 2014, 470, 471; zum VGG-E Gerlach, ZUM 2016, 85.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
a. Entstehung der Regelung aa. Ansicht der EU-Kommission Im Richtlinienentwurf ¹⁰⁷ wurden Verwertungsorganisationen aufgenommen, die unabhängig von den herkömmlichen Strukturen einer Verwertungsgesellschaft operieren. Für sie existierten im Richtlinienentwurf keine spezifischen Regelungen. Erwägungsgrund 4 nahm sie vom Geltungsbereich des Richtlinienentwurfs, insbesondere also auch Titel III, vollständig aus. Sie sollten abseits der europäischen Regulierung agieren,¹⁰⁸ ein Wettbewerbsverhältnis zu den regulierten Passport-Verwertungsgesellschaften war erwünscht.¹⁰⁹ Welche Einrichtungen die EU-Kommission als „independent rights management service providers“¹¹⁰ verstanden wissen wollte, geht aus den Dokumenten indes nicht eindeutig hervor, insbesondere nicht, ob sie bereits bekannte Unternehmen wie die bereits untersuchten Option-3-Gesellschaften oder andere zukünftige Verwertungsmodelle zu adressieren beabsichtigte.¹¹¹ Diese Unklarheit setzte sich im weiteren Richtlinienprozess fort.
bb. Ministerrat Der Kompromissvorschlag des Ministerrates¹¹² wollte unabhängige Rechteverwerter gänzlich unerwähnt lassen und empfahl eine Streichung des Erwägungsgrundes 4.¹¹³ Über die Motive kann nur spekuliert werden. Wahrscheinlich ist, dass der Kommissionsentwurf, ohne in Erwägungsgrund 4 konkret zu definieren, was unter unabhängige Rechtemanagement-Dienstleister zu fassen sein sollte, lediglich die Nicht-Anwendbarkeit der Richtlinienbestimmungen zum Ausdruck brachte, und dadurch mehr Verwirrung als Rechtssicherheit hervorrief.
EU-Kommission, COM(2012) 372 final, S. 15. Hiergegen wandten sich die Stellungnahmen von INTA und CULT, die Titel III auf unabhängige Rechteverwerter ausweiten wollten, EU-Parlament, A7– 0281/2013 (COM(2012)0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 102, 135 und 248. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 162. Erwgr. 4, COM(2012) 372 final. Siehe hierzu oben, S. 152 ff. Ministerrat, Presidency Compromise vom 5.4. 2013, 2012/0180 (COD), 8013/13. Vgl. den geänderten Erwgr. 4 des Presidency Compromise vom 5.4. 2013, 2012/0180 (COD), 8013/13, S. 2.
B. Regelungen des VGG
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cc. EU-Parlament Die Änderungsanträge des EU-Parlaments offenbaren eine gewisse Uneinigkeit hinsichtlich der unabhängigen Rechteverwerter im Vergleich zum ursprünglichen Text der EU-Kommission. Zunächst richtete sich die Kritik des EU-Parlaments dagegen, dass Vermittler und gewerbliche Einrichtungen, die in ähnlicher Weise wie Verwertungsgesellschaften mit der Lizenzierung von Rechten betraut sind und daher in einem Wettbewerbsverhältnis mit diesen stehen, keiner Regulierung unterworfen wurden. Nach Ansicht des EU-Parlaments würde dadurch die Tragweite der wettbewerblichen Auswirkung auf ein einheitliches Marktsegment nicht ausreichend berücksichtigt.¹¹⁴ Mehrere Änderungsanträge verlangten in Übereinstimmung mit der Ansicht des Ministerrates die Streichung des fraglichen letzten Satzes in Erwägungsgrund 4.¹¹⁵ Darüber hinaus wurde der Anwendungsbereich der Richtlinie als zu eng kritisiert, da sie allein für „collecting societies“ und (nur!) gebietsübergreifend Online-Musikrechte lizenzierende „subsidiaries“ gelten sollte. Der Regulierungsrahmen sollte insgesamt auf Tochtergesellschaften und „andere Unternehmen“ ausgedehnt werden, um eine Umgehung der Richtlinienvorgaben durch bis dato unregulierte Einrichtungen unmöglich zu machen.¹¹⁶ Die Vielzahl der beantragten Definitionen für solche anderen Unternehmen zeigt die Unsicherheit darüber, wie diese Gesellschaften einzuordnen sein sollten.¹¹⁷ Einigkeit demonstrierten alle Änderungsanträge hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes, der dem einer Verwertungsgesellschaft entsprechen musste. Als weitere Voraussetzung sollte der gewerbliche Zweck, also die Gewinnerzielungsabsicht, normiert werden. Erst mit Änderungsantrag 170 vom 29. Januar 2014¹¹⁸ einigte man sich im verabschiedeten Standpunkt des EU-Parlaments vom 4. Februar 2014¹¹⁹ auf den endgültigen Begriff „unabhängige Verwertungseinrichtung“ mit Definition in Art. 3 lit. b) – 22 Tage vor Verabschiedung der Richtlinie. Ähnlich der Definition einer Verwertungsgesellschaft sollte neben den beiden bereits genannten Voraussetzungen die Unternehmens- und Kontrollstruktur maßgeblich für eine unabhängige Verwertungseinrichtung sein, die
EU-Parlament, PE502.061v01– 00 (COM(2012) 0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 3. Änderungsanträge 137 und 139, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013. Änderungsanträge 208 – 211, 215, 218 – 220, 223, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013. Änderungsantrag 41 zur Einfügung eines Art. 3 Abs. 1 lit. aa), Stellungnahme CULT, EUParlament, A7– 0281/2013 (COM(2012)0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 250; Änderungsantrag 39 von JURI zur Einfügung eines Art. 2 Abs. 1c, PE527.267 vom 31.1. 2014; Änderungsanträge 210, 218 – 220, 223, Änderungsanträge 123 – 331, PE513.141 vom 6.6. 2013. EU-Parlament, 29.1. 2014, PE527.267. EU-Parlament, Standpunkt des EP in erster Lesung vom 4. 2. 2014, S. 45.
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im Gegensatz zu derjenigen einer Verwertungsgesellschaft unabhängig von den Rechtsinhabern ausgestaltet sein muss.
b. Tatbestandsmerkmale „Unabhängige Verwertungseinrichtung“ ist jede Organisation, die gesetzlich oder auf der Grundlage einer Abtretungs-, Lizenz- oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung berechtigt ist und deren ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck es ist, Urheber- oder verwandte Schutzrechte im Namen mehrerer Rechtsinhaber zu deren kollektivem Nutzen wahrzunehmen und die i) weder direkt noch indirekt, vollständig oder teilweise im Eigentum der Rechtsinhaber steht noch direkt oder indirekt, vollständig oder teilweise von den Rechtsinhabern beherrscht wird; und ii) auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.
Erwägungsgrund 16 schließt Tonträgerhersteller und Sendeunternehmen in ihrer Rolle als Rechtsinhaber, ebenso wie Buch-, Musik- oder Presseverleger als unabhängige Verwertungseinrichtungen aus, da sie bei der Auswertung der ihnen eingeräumten oder ipso iure gewährten Rechte im eigenen Interesse handeln. Somit ist das Tatbestandsmerkmal „zu deren kollektiven Nutzen“ nicht erfüllt. Außerdem sind Manager und Agenten von Rechtsinhabern vom Anwendungsbereich ausgeschlossen, da sie nicht in gleicher Weise wie eine Verwertungsgesellschaft mit der Wahrnehmung von Rechten betraut sind, sondern lediglich eine Vermittlerposition zwischen Rechtsinhaber und Verwertungsgesellschaft einnehmen. Damit bleiben als Unterscheidungsmerkmale zwischen einer unabhängigen Verwertungseinrichtung und einer Verwertungsgesellschaft die vollständige Loslösung von den Rechtsinhabern und das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht.
c. Beispiele: Soundreef, Jamendo, Epidemic Sound, YouTube aa. Hintergrundmusik: Soundreef und Jamendo Licensing (1) Soundreef Soundreef ist ein britisches Unternehmen, das sich selbst als unabhängige Verwertungseinrichtung bezeichnet.¹²⁰ Es ist auf der Webseite des britischen Intel-
http://www.soundreef.com/en/about.
B. Regelungen des VGG
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lectual Property Office ¹²¹ als licensing body gelistet, nicht als Verwertungsgesellschaft.¹²² Es lizenziert in über 20 Ländern sowohl die Urheberrechte als auch die Leistungsschutzrechte für die Wiedergabe von Hintergrundmusik von über 150.000 Musikwerken in Ladengeschäften. In Italien wird auch die Aufführung auf Live-Events lizenziert. Neben der grenzüberschreitenden Lizenzierungstätigkeit zieht Soundreef die Vergütungen für die Nutzungen ein und verteilt sie an seine Mitglieder. Es tritt damit in direkte Konkurrenz zu nationalen Verwertungsgesellschaften wie der SGAE, GEMA, SIAE oder der französischen SACEM.¹²³ Lizenznehmern für Live-Events verspricht es eine Ersparnis von bis zu 50 % dessen, was sie für eine SIAE-Lizenz zu leisten hätten. Urheber und andere Rechtsinhaber schließen mit Soundreef nicht-ausschließliche Wahrnehmungsverträge über die Rechte zur Wiedergabe von Werken als Hintergrundmusik für alle Länder außer den U.S.A. und Kanada und erhalten 50 % der eingezogenen Vergütungen, abzüglich Steuern, während die andere Hälfte bei Soundreef verbleibt.¹²⁴ Allerdings wird nicht jedes Musikwerk in den Katalog von Soundreef aufgenommen. Die Werke müssen gewissen Qualitätsstandards in Hinblick auf den Zweck ihrer Wiedergabe, wie Hintergrundmusik in Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistungsunternehmen, genügen.¹²⁵ Eine vollkommene Wahlfreiheit der Urheber besteht also nicht. Soundreef stellt für die Hörbarmachung seiner Werke selbst die Plattform bereit: Entweder es übermittelt einzelne Tracks per FTP¹²⁶ an das lizenzierte Unternehmen oder übermittelt ihm einen Link, mit dem es sich in das In-StoreWebradio von Soundreef einloggen kann. Bemerkenswert ist, dass Soundreef mittlerweile auch im Bereich des OnlineStreaming von Musikwerken tätig ist (allerdings bisher nur im italienischen
Aufsichtsbehörde nach dem britischen Umsetzungsgesetz der Richtlinie 2014/26/EU, Collective Management of Copyright (EU Directive) Regulations 2016 (CMCR 2016), 25th February 2016 (im Folgenden CMCR 2016), abrufbar unter www.legislation.gov.uk/uksi/2016/221/intro duction/made. www.gov.uk/guidance/licensing-bodies-and-collective-management-organisations#music1. Vgl. www.soundreef.com/en/about. Vgl. https://soundreef.zendesk.com/hc/en-us/articles/204295762-What-type-of-contractdoes-Soundreef-offer- und https://soundreef.zendesk.com/hc/en-us/articles/204401091-Howmuch-does-the-registration-cost-. https://soundreef.zendesk.com/hc/en-us/articles/204295582-What-type-of-music-doesSoundreef-broadcast-and-what-kind-of-music-can-I-register-with-you-. File Transfer Protocol, ein verbindungsorientiertes Anwendungsprotokoll, das eine Dateiübermittlung zwischen zwei über ein Internetprotokoll-Netz verbundene Rechner ermöglicht, siehe Badach/Hofmann, Technik der IP-Netze, S. 40.
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Staatsgebiet).¹²⁷ Damit hat Soundreef die eng umgrenzte Nutzungsform „Hintergrundmusik für öffentliche Orte“ verlassen und ist in den Markt der Rechtswahrnehmung für Online-Musik eingetreten.
(2) Jamendo Ein weiteres Unternehmen ist Jamendo Licensing, ein Unternehmen, das ebenfalls Hintergrundmusik für alle öffentlichen Orte, aber auch für Multimediaprojekte lizenziert.¹²⁸ Sein Katalog umfasst 200.000 Titel von 40.000 unabhängigen Künstlern und lizenziert unter anderem McDonald’s, IKEA, H&M oder Nespresso. Auch Jamendo arbeitet mit unterschiedlichen Webradiostationen, denen sich seine Kunden zuschalten können, beispielsweise als Bekleidungsgeschäft in das Fashion Radio oder als Inhaber eines Chinesischen Restaurants in das Asien Radio.¹²⁹ Alternativ können USB-Sticks mit darauf enthaltener Musik erworben werden.
bb. Production Music: Epidemic Sound Nicht nur Hintergrundmusik kann abseits der herkömmlichen kollektiven Rechtswahrnehmung lizenziert werden. Für die Nutzungsform Produktionsmusik existieren neben Epidemic Sound zahlreiche ähnliche Lizenzierungseinrichtungen. Das Angebot von Epidemic Sound umfasst globale Nutzungsrechte an Musikwerken, die außerhalb des Systems kollektiver Wahrnehmung geschaffen werden. Es wird sogar garantiert, dass die Urheber der angebotenen Werke nicht Berechtigte einer Verwertungsgesellschaft sind. Mit von Epidemic Sound global lizenzierten Werken können YouTube-Videos unterlegt, von Sendeunternehmen für deren Inhalte oder für Werbung verwendet werden.¹³⁰ Die Nutzung von Musikwerken wird mit 0,99 Euro pro Sekunde oder 99 Euro pro Werk final abgerechnet, ohne dass Nutzungsmeldungen erfolgen müssen. Mit der Dienstleistung YouTube Subscription hat ein Lizenznehmer ab 13 Euro pro Monat und pro YouTube-Kanal Zugriff auf den gesamten Werkkatalog von Epidemic Sound für die
Vgl. http://www.soundreef.com/en/get_paid_for_your_music/#sr_songwriters_publishers_ online und https://soundreef.zendesk.com/hc/en-us/articles/204400731-Can-Soundreef-manageall-my-royalties-Do-you-manage-royalties-for-online-streaming-performance-and-other-uses-ofmy-music-. https://licensing.jamendo.com/de. https://licensing.jamendo.com/de/faq. www.epidemicsound.com/license-tracks/#how-it-works-section.
B. Regelungen des VGG
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Unterlegung seiner Inhalte auf YouTube.¹³¹ Hierbei besteht zudem die Möglichkeit der Rückvergütung über YouTube’s Content ID¹³²: Der Lizenznehmer kann an dem Monetarisierungsprogramm bei Verwendung von über Epidemic Sound lizenzierten Werken teilnehmen und von YouTube an den Werbeeinnahmen, die über seine Videos generiert wurden, beteiligt werden. Epidemic Sound schließt selbst Verträge mit den Schöpfern der Musikwerke und ist damit Verleger, Verwerter, Verwertungseinrichtung und Lizenzgeber in einem. Seinen Hauptsitz hat das Unternehmen in Stockholm und seit Anfang 2015 einen Sitz in Hamburg.¹³³ Weitere kommerzielle Anbieter dieser Art sind Proud Music Library¹³⁴, Getty Images Music¹³⁵, musicfox¹³⁶, Frametraxx¹³⁷ oder der von der amerikanischen gewinnorientierten Verwertungsgesellschaft SESAC akquirierte Lizenzdienstleister Rumblefish¹³⁸. Geworben wird häufig mit der ungehinderten Nutzbarkeit von „GEMA-freier Musik“. Es wird garantiert, dass alle Rechte geklärt sind und die Werke nach Zahlung des entsprechenden Entgelts für die gewählte Kategorie – beispielsweise als Hintergrundmusik, Beschallung, Musikuntermalung von eigenem Content, Musik in Werbung und Film oder in Telefonwarteschleifen – dauerhaft verwendet werden können. Unterschieden werden mehrere Lizenzkategorien: Es können Flatrate-Lizenzen, Einzellizenzen, Lizenzbundles oder auch individuelle Lizenzen erworben werden.¹³⁹ Aus Nutzersicht liegt der Vorteil dieser Musikservices eindeutig in dem rechtssicheren Zugang zu Musikwerken, ohne mit der Rechteeinholung belastet zu werden. Kunden erhalten alle benötigten Rechte und damit Rechtssicherheit aus einer Hand, weitere Vertragsverhandlungen erübrigen sich. Außerdem können über Auftragsproduktionen maßgeschneiderte Werke abgestimmt auf die Projekte der Kunden angefertigt werden. Für Urheber, die Musikwerke für Hintergrundbeschallung oder Untermalung von audiovisuellem Inhalt schaffen, bieten Unternehmen wie Soundreef oder Epidemic Sound umfassende Dienstleistungen aus einer Hand, die vollständig auf
Drei Lizenzarten werden unterschieden: Starter (13 Euro pro Monat pro Kanal mit bis zu 500.000 Aufrufen), Professional (27 Euro pro Monat pro Kanal mit bis zu 5.000.000 Aufrufen) und Epic (125 Euro pro Monat pro Kanal für unendlich viele Abrufe), http://www.epidemicsound.com/ YouTube-subscription/. https://support.google.com/youtube/answer/2797370?hl=de. www.epidemicsound.com/announcement/epidemic-sound-launches-in-germany/. www.proudmusiclibrary.com/de/home/. www.gettyimages.de/music und www.pumpaudio.com. www.musicfox.com/. www.frametraxx.de/. www.rumblefish.com/micro-licensing/. Vgl. beispielsweise www.frametraxx.de/info/Lizenzen.html.
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die Bedürfnisse gerade dieser Nutzungsart zugeschnitten sind. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um Spezialisten, die hinsichtlich der Rechtswahrnehmung in einem Wettbewerbsverhältnis zu klassischen Verwertungsgesellschaften stehen.
cc. YouTube Als drittes Unternehmen soll YouTube einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Auf den ersten Blick mag die Einordnung von YouTube als Verwertungseinrichtung eher fernliegend scheinen. Bei der Schaffung eines harmonisierenden Rechtsrahmens für Verwertungsgesellschaften und ähnliche Einrichtungen wurde mutmaßlich auch nicht an die Alphabet-Tochter gedacht. Doch ist ihre Regulierung durch die Richtlinie 2014/26/EU und damit eine Unterwerfung unter möglicherweise mehrere nationale Regelungen nicht abwegig.
(1) Einführung Plattformen wie YouTube, Facebook¹⁴⁰, Dailymotion¹⁴¹ oder vimeo¹⁴², deren Geschäftsmodell die Verfügbarhaltung von durch Nutzer eingestellten möglicherweise urheberrechtlich geschützten Inhalten ist, sehen sich zunehmender Kritik ausgesetzt, Rechtsverletzungen zu begünstigen oder diesen zumindest nicht angemessen zu begegnen. Der Videodienst YouTube ist „Marktführer“ im Bereich nutzergenerierter Videoangebote.¹⁴³ Er entwickelte eine technische Lösung zur Identifikation und Zuweisung von Werken zu den jeweiligen Rechtsinhabern, genannt Content Identification Program (Content ID), das Bestandteil von YouTube’s Rechteverwaltungssystem¹⁴⁴ ist.
Facebook implementierte im Juni 2016 ebenfalls ein Identifikationstool für unlizenzierte Nutzungen urheberrechtlich geschützter Videos auf Facebook, Holland, Artikel vom 21.6. 2016, heise.de. Eine Beteiligungsmöglichkeit an durch die Zurverfügungstellung generierten Werbeeinnahmen besteht für Deutschland allerdings noch nicht. Rechteinhaber müssen sich unter https://rightsmanager.fb.com/ anmelden und Referenzdateien hochladen. In den U.S.A. wird seit 2017 eine „Monetization“ getestet. http://www.dailymotion.com/de. https://vimeo.com/. Beuth u. a., Artikel vom 14. 2. 2015, zeit.de. https://support.google.com/youtube/answer/2797370?hl=de&ref_topic=2778544.
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(2) Prozessbeschreibung Über Content ID haben Rechtsinhaber die Möglichkeit, Referenzdateien und Metadaten ihrer Werke einschließlich dem Umfang ihrer Rechtsinhaberschaft (hinsichtlich Territorien, Nutzungsarten, etc.) an die Referenzdatenbank von YouTube zu übermitteln und ihrem Werk gewissermaßen eine Identität zuzuweisen, sodass mithilfe dieser Quelldatenbank monierte Rechtsverletzungen mit von Nutzern eingestellten Videos auf registrierte Werke abgeglichen werden können. Fällt der Abgleich positiv aus, hat der Rechtsinhaber die Wahl, ob er das Video sperren, stumm schalten, die Zuschauerzahlen beobachten oder über eine entsprechende Beteiligung an den Werbeeinnahmen, die die Verfügbarkeit des Videos weiter zulässt, monetarisieren möchte.¹⁴⁵ Rechtsinhaber können auf diese Weise aus Werbeeinnahmen direkt von YouTube vergütet werden.¹⁴⁶ Die durch das Video generierten Werbeeinnahmen stehen dann nicht mehr dem Uploader zu, sondern dem oder den Rechtsinhabern des oder der Werke, die Bestandteil des Videos sind. Dabei kann sich der Rechtsinhaber für die einzelnen Territorien jeweils unabhängig entscheiden: Soll das Video, welches geschütztes Material enthält, beispielsweise in den U.S.A. vergütet werden, kann der Rechtsinhaber es für die Online-Bereithaltung in Deutschland sperren. Dieses Rechteverwaltungssystem ermöglicht, dass auch für den Fall, dass eine vorherige Rechteklärung durch die Nutzer der Werke nicht stattgefunden hat, Rechtsinhaber ihre Entscheidungshoheit über die Verwertung ihrer Werke auf der Videoplattform ausüben können. Es kehrt die Suchkosten gewissermaßen um, da sich hier die Rechtsinhaber in diesem System aktiv um die Einhaltung ihrer Rechte bemühen müssen; es dient gewissermaßen der „Eigenhilfe“ für Rechtsinhaber.¹⁴⁷
Informationen unter https://support.google.com/youtube/answer/2797370?hl=de&ref_to pic=2778544. Insgesamt haben sich 95 % der Rechtsinhaber für eine Monetarisierung entschieden, vgl. o.V., Artikel vom 16. 8. 2016, zeit.de. Nach YouTube’s eigenen Angaben zahlte der Videodienst allein im Jahr 2016 insgesamt 1 Mrd. U.S.-Dollar an die Musikindustrie, darin inbegriffen alle Vergütungsströme inklusive Content ID. Dies entspricht einem Viertel der Gesamtausschüttung seit 2007. Die Höhe der Ausschüttungen ist in der Tendenz stetig steigend, vgl. Sokolov, Artikel vom 7.12. 2016, heise.de. Diese Zahlen lassen sich schwer bestätigen oder nachvollziehen. Eine irgendwie geartete Transparenz existiert nicht. Der internationale Verband der phonographischen Industrie IFPI stellt demzufolge klar, dass YouTube also bei 800 Mio. Nutzern weltweit pro Nutzer etwas über 1 U.S.-Dollar generiert, was 1/18 der durchschnittlichen Vergütung pro Nutzer von Spotify entspräche, vgl. Pressemitteilung des IFPI, 7.12. 2016, abrufbar unter http://www.ifpi.org/news/Youtubes-payment-tothe-music-industry-no-reason-for-celebration. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 390 – YouTube.
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Auf diese Weise entwickelt sich Alphabet’s Tochtergesellschaft zu einer wichtigen Rechteklärungsstelle.¹⁴⁸ YouTube füllt damit eine bislang von der bestehenden kollektiven Rechtewahrnehmung nicht zufriedenstellend beantwortete Lücke¹⁴⁹: Das Content-ID-System kommt einer schon oft geforderten Werk- und Rechtedatenbank¹⁵⁰ von urheberrechtsgeschütztem geistigem Schaffen sehr nahe, allerdings innerhalb eines proprietären, privatwirtschaftlich auf Gewinn angelegten Systems, das zudem nicht jedem Rechteinhaber gleichermaßen offensteht.
(3) Berechtigung zur Teilnahme an Content ID Für die Teilnahme am Content-ID-System ist eine „Bewerbung“ bei YouTube erforderlich; eingebunden werden nur Rechtsinhaber, die von Google formulierte Kriterien erfüllen.¹⁵¹ Dazu gehört die ausschließliche Rechtsinhaberschaft an Werken in einer „erheblichen Anzahl an Videos, die von der YouTube-NutzerCommunity häufig hochgeladen werden.“¹⁵² Über die sonstigen Entscheidungskriterien informiert YouTube nicht; auch was „erheblich“ und „häufig“ ist, entscheidet das Unternehmen nach nicht veröffentlichten Kriterien.¹⁵³ Gerechtfertigt wird der begrenzte Teilnehmerkreis mit der Rentabilität und Nützlichkeit dieses Verwaltungstools, die erst ab einer bestimmten kritischen Masse an „Claims“ verwirklicht würde.¹⁵⁴ Für kleinere Rechteinhaber seien möglicherweise andere Durchsetzungsmechanismen wie das „Webformular zum Einreichen von Urheberrechtsbeschwerden“ oder das Programm zur Inhaltsprüfung („Content Verifi-
Dobusch, Artikel vom 9.12. 2014, netzpolitik.org. Dobusch, Artikel vom 24.11. 2015, netzpolitik.org, spricht von „Rechteklärung via YouTube, [die ironischerweise] auf gesetzlicher Ebene als unrealistisch gilt.“ So zuletzt auf europäischer Ebene die EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 22 ff.; EU-Kommission, Internal Draft (noch nicht veröffentlicht), White Paper, S. 15. Offensichtlich ist YouTube’s Definition von „Rechtsinhaber“ jedoch wirtschaftlich determiniert. Wichtig ist allein, dass ein Verwaltungskollektiv teilnimmt und YouTube sich daher nicht mit jedem „kleinen“ Rechtsinhaber einzeln auseinandersetzen muss. Denn auch der Musikdistributor CD Baby beispielsweise, der lediglich die Rechte seiner Klienten verwaltet, ohne selbst Rechtsinhaber zu sein, nimmt an Content ID für eben jene Künstler teil und verwaltet deren Content-ID-Einnahmen, vgl. http://members.cdbaby.com/YouTube.aspx. Siehe „Wer kann Content ID verwenden“ unter https://support.google.com/YouTube/ans wer/2797370?hl=de&ref_topic=4515467. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) kritisiert Content ID daher als „undurchsichtiges und proprietäres System, in dem der Ankläger gleichzeitig als Richter, Jury und Henker fungieren kann“, Higgins, Artikel vom 8. 8. 2012, eff.org. https://support.google.com/YouTube/answer/1311402.
B. Regelungen des VGG
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cation Program“) besser geeignet.¹⁵⁵ Einzelpersonen steht nur das Webformular zur Verfügung, während am Content Verification Program wiederum nur Unternehmen nach erfolgreicher Registrierung teilnehmen können. Durch die Zulassungsbeschränkung soll der missbräuchlichen Verwendung dieses Tools vorgebeugt werden.¹⁵⁶ Je mehr Rechte an nachgefragtem Repertoire sich ausschließlich bei einem Rechtsinhaber befinden, desto größer ist die Chance, dass er die Voraussetzungen für die Aufnahme in Content ID erfüllt. Daher werden zumindest die großen Majors entsprechende Vereinbarungen über das Management ihrer Rechte mit Alphabet Inc., dessen Tochter Google direkt¹⁵⁷ oder aber zumindest YouTube geschlossen haben.¹⁵⁸ Angeschlossene Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft jedenfalls können dieses sogenannte Partnerprogramm¹⁵⁹ bislang nicht nutzen, da YouTube die ausschließliche Rechtsinhaberschaft voraussetzt. Dem ist zugute zu halten, dass dadurch Doppelvergütungen vermieden werden. Allerdings war YouTube in einem deutschen Gerichtsverfahren der Ansicht, die GEMA selbst sei verpflichtet, als Vertragspartnerin einen Content-ID-Rechteverwaltungsvertrag über die von ihr vertretenen Werke auf YouTube abzuschließen,¹⁶⁰ um dadurch das von ihr repräsentierte Repertoire an die Nutzer gewissermaßen durch die Hintertür zu lizenzieren und YouTube damit von seiner Störereigenschaft zu befreien. Die GEMA „sei der „cheapest cost avoider“ und deshalb prädestiniert und verpflichtet, dieses Instrument zu nutzen.“¹⁶¹ YouTube sieht sich selbst im Wesentlichen in der Rolle eines „Werkzeuglieferanten“, es „möchte verständlicherweise durch die Verlagerung der Bedienung von Content-ID auf den Rechteinhaber „eine Verringerung seines Aufwandes bei der Verhinderung von Rechtsverletzungen“ erreichen.“¹⁶² Diese Rechtsauffassung kann jedoch nicht überzeugen. Ein „Ermittlungswerkzeug“ wie das vorliegende ist zwar ein Service, der aber YouTube nicht von seiner Verantwortlichkeit als Störer zur Verhinderung und Beendigung von Rechtsver-
Ebd. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14371, Tz. 28 – YouTube. So die Ausführungen zum Tatbestand des Urteils LG Hamburg, MMR 2012, 404 m. krit. Anm. Leupold. Dem Urteil LG München I, ZUM 2014, 981, 985, lässt sich entnehmen, dass zumindest Universal Music Group, EMI und Sony Music Entertainment Vertragspartner und Content-ID-Berechtigte von YouTube sind. LG München I, ZUM 2014, 981, 982. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 71, 384 – YouTube. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 392 – YouTube. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 392 – YouTube.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
letzungen entbindet.¹⁶³ Die GEMA kann nicht verpflichtet werden, die RechteNutzung auf YouTube über Content ID zu gestatten. Grundsätzlich ist es aber möglich, dass sich die GEMA als Rechtswahrnehmende des Werkzeugs von YouTube bedient. In ihrem Interesse – und damit im Interesse ihrer Rechtsinhaber – ist dies nicht, da sie nicht nur an den Werbeeinnahmen beteiligt werden will, sondern von YouTube als direktem Lizenzpartner eine Vergütung pro View fordert.¹⁶⁴
(4) Rechtliche Wirkung Derjenige Rechtsinhaber, der über die ausschließlichen kommerziellen Verwertungsrechte an seinem Werk verfügt, räumt mit der Teilnahme an dem Programm YouTube eine „weltweite, nicht exklusive und gebührenfreie Lizenz (mit dem Recht der Unterlizenzierung)“ gemäß Ziff. 10 der Nutzungsbedingungen ein. Eine solche Lizenz wird auch jedem Nutzer der Website eingeräumt, Ziff. 10.1.B.¹⁶⁵ YouTube stellt damit ein Podium bereit, das die normalerweise individuell zu gestaltende Rechtewahrnehmung über sein Portal bündelt. YouTube tritt als Quasi-Agent der Rechteinhaber auf und stellt dabei gleichzeitig auch die Plattform bereit, über die Rechte monetarisiert werden können.
d. Auf unabhängige Verwertungseinrichtungen anwendbare Vorschriften Ob und welche Pflichten Soundreef, Epidemic Sound und/oder YouTube bei der Rechtswahrnehmung auferlegt werden können, ist nachfolgend zu erörtern.
aa. Überblick Auf unabhängige Verwertungseinrichtungen sind nur wenige Bestimmungen anzuwenden, die hauptsächlich Informationspflichten normieren. Transparenz-, OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 402– 404 – YouTube. YouTube und GEMA haben sich mittlerweile temporär über eine Vergütung für die Nutzung des GEMA-Repertoires auf der Videoplattform geeinigt. Damit wurden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten beigelegt, Pressemitteilung der GEMA, 1.11. 2016, abrufbar unter https://www.ge ma.de/aktuelles/gema_unterzeichnet_vertrag_mit_YouTube_meilenstein_fuer_eine_fai re_verguetung_der_musikurheber_im_d/. Die Einzelheiten unterliegen Verschwiegenheitsvereinbarungen. Den Berechtigten wird die GEMA aber berichten, vgl. den Wortlaut der E-Mail an alle GEMA-Mitglieder, veröffentlicht auf www.frazy.tv/news/blog/242-gema-YouTube-einigung-mit glieder-email. Abrufbar unter www.YouTube.com/static?gl=DE&template=terms&hl=de (Datum: 8.11. 2007, Stand: Juli 2017).
B. Regelungen des VGG
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Kontroll- und Aufsichtsvorschriften gelten für unabhängige Verwertungseinrichtungen nur eingeschränkt. Zumindest sollen auch sie mit Rechtenutzern über die Lizenzierung von Nutzungsrechten nach Treu und Glauben verhandeln und sich gegenseitig alle notwendigen Informationen bereitstellen, § 36 VGG (Art. 16 Abs. 1).¹⁶⁶ Allgemeine Informationen über Repertoire und Lizenzierungsgebiete sind Rechtsinhabern und Nutzern ebenso wie anderen mit ihnen vertraglich verbundenen Einrichtungen auf Anfrage zu erteilen, §§ 54 f. (Art. 20). Der Öffentlichkeit sind Statut, Vertrags- und Lizenzbedingungen sowie die allgemeinen Grundsätze über Verwaltungskosten bekanntzumachen, § 56 (Art. 21 Abs. 1). Da sich durch erhöhte Transparenz über die Verwaltungskostenhöhe Wettbewerb insbesondere um Rechtsinhaber entwickeln soll, ist zu untersuchen, ob die Schaffung eines level playing field durch die eingeschränkte Anwendbarkeit der Regulierung behindert wird, wenn im Verhältnis zwischen Verwertungsgesellschaften und unabhängigen Einrichtungen letztere doch genau derselben Tätigkeit nachgehen. Darüber hinaus ist die begrenzte Regelungsdichte auch hinsichtlich des Schutzes der Rechtsinhaber zu hinterfragen. Tatbestandsmerkmal ist ausdrücklich auch die Treuhandstellung einer unabhängigen Verwertungseinrichtung, genauso wie bei Verwertungsgesellschaften, siehe oben, S. 137. Dort war aber gerade die Treuhandstellung Rechtfertigung für alle einer Verwertungsgesellschaft auferlegten Pflichten. Ist auch eine unabhängige Verwertungseinrichtung nur im besten kollektiven Interesse tätig, so ist nicht einzusehen, warum dann nicht auch die strengen Regelungen für sie gelten sollen.
bb. Nicht anwendbare Vorschriften Unabhängige Verwertungseinrichtungen unterliegen nicht den im Online-Musikbereich besonders relevanten Regelungen über die Mehrgebietslizenzierung. Selbst wenn Soundreef eine gebietsübergreifende Vergabe der Online-Rechte seiner Rechtsinhaber über das Territorium Italien hinaus in Erwägung zieht, muss es daher nicht die in § 61 VGG (Art. 24) verpflichtenden Anforderungen erfüllen und genießt ebenso wie YouTube wesentlich mehr Freiheiten als Verwertungsgesellschaften und ihre abhängigen Einrichtungen. Auch die zum Zwecke des Rechtsinhaberschutzes und seiner Wahlfreiheit erlassenen Vorschriften wie Wahrnehmungszwang, angemessene Wahrnehmungsbedingungen, Diskriminierungsfreiheit etc., gelten für sie nicht. Soundreef kann sich seine Rechte aussuchen, ebenso wie YouTube. Dadurch wird die Solidarität von kollektiver Rechts-
Siehe zu Art. 16 Guibault, in: Stamatoudi/Torremans, S. 749 ff., Rdnr. 14.54 ff.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
wahrnehmung unterwandert, die doch auch der Definition einer unabhängigen Verwertungsgesellschaft zugrunde liegt. Schließlich enthält sie alle Merkmale einer klassischen Verwertungsgesellschaft außer der fehlenden Kontrolle bei gleichzeitiger Gewinnerzielungsabsicht.
cc. Einzelne Problempunkte bei Informationspflichten Bei näherer Betrachtung zeigen sich in der Regulierung weitere Schwächen, die den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber sich dem grundsätzlichen Regulierungsgegenstand „unabhängige Verwertungseinrichtung“ und der Tragweite nicht vollständig im Klaren war. Bereits bei den wenigen auf unabhängige Verwertungseinrichtungen anwendbaren Vorschriften besteht Auslegungsbedarf.
(1) Verwaltungskosten und unabhängige Verwertungseinrichtungen Die Abzüge von Verwaltungskosten sowie Nutzungs- und Ausschüttungsdaten ihrer Werke müssen den von einer unabhängigen Verwertungseinrichtung vertretenen Rechtsinhabern gleich einer Verwertungsgesellschaft zur Kenntnis gegeben werden, § 54 (Art. 18). Telos von § 54 Nr. 5 (Art. 18 Abs. 1 lit. e)) ist ein fairer Wettbewerb um Rechtsinhaber aufgrund einer Transparenz der Verwaltungskosten.¹⁶⁷ Er soll die den Rechtsinhabern zugestandene Wahlfreiheit auf eine fundierte Basis stellen. Rechtsinhaber sollen durch die Regelung einen Einblick darüber gewinnen, inwiefern es für sie möglicherweise lohnender ist, eine Verwertungsgesellschaft mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zu betrauen. Fraglich aber ist im Rahmen von § 54 Nr. 5 (Art. 18 Abs. 1 lit. e)), ob für unabhängige Verwertungseinrichtungen überhaupt ein ähnliches Konstrukt wie Verwaltungskosten existiert, welche sie offenlegen müssten. Da sie gewinnorientiert arbeiten, wird der Verwaltungskostenanteil regelmäßig in ihre „Gegenleistung“ eingepreist. Dem Rechtsinhaber wird grundsätzlich ein fester Prozentsatz an der Höhe der Lizenzeinnahmen vertraglich zugewiesen (bei YouTube 55 %¹⁶⁸, bei Soundreef für Online-Rechte 81 %¹⁶⁹).
Wie dies sowohl von der Kommission als auch vom EuGH gefordert wird, EU-Kommission, ABl. 2003 L 107/58 ff., insb. Rdnr. 103 ff. – IFPI Simulcasting, hierzu Bortloff, GRUR Int 2003, 669, 681; EuGH, GRUR Int. 1990, 622, 626, Rdnr. 42 – Tournier; dagegen Heine, Wahrnehmung von Online-Musikrechten, S. 196 ff. Gurbuxani, Artikel vom 29.6. 2016, forbes.com. Soundreef behält 19 % Kommission, Nr. 3.4 des Membership Agreements, abrufbar auf der Soundreef-Webseite unter „About us“, „Regulation and rates“.
B. Regelungen des VGG
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Die Regelungen erweisen sich bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen im Hinblick auf ihr Telos – Transparenz als Mittel für eine informierte Entscheidung des Rechtsinhabers – als nicht zielführend. Gemäß § 54 Nr. 5 haben unabhängige Verwertungseinrichtungen dem von ihnen vertretenen Rechtsinhaber „die zur Deckung der Verwaltungskosten vorgenommenen Abzüge“ mitzuteilen. Aufgrund der zumeist prozentualen, festen Teilungsklausel werden sich unabhängige Verwertungseinrichtungen darauf zurückziehen können, dass dem Rechtsinhaber kein Abzug entsteht, der ihm offenbart werden müsste, da es diesen faktisch nicht gibt, er vielmehr stets den vereinbarten Teil der eingenommenen Vergütung erhält, selbst wenn die Einrichtung pauschal und hypothetisch betrachtet höhere Verwaltungskosten zu bestreiten hätte. Dem Rechtsinhaber hilft zur Ermittlung eines validen Vergleichs zu den bei einer Verwertungsgesellschaft anfallenden Kosten hier auch nicht § 56 Abs. 1 Nr. 8 (Art. 21 Abs. 1 lit. f)). Dieser normiert lediglich die Pflicht zur Veröffentlichung der „allgemeinen Grundsätze der Verwaltungskosten“. Welche diese sein könnten, lassen sowohl der betreffende Erwägungsgrund 35 als auch die deutsche Gesetzesbegründung offen. Plausibel erscheint, dass darunter nur solche Kriterien und Faktoren zu verstehen sind, die Verwaltungskosten dem Grunde nach entstehen lassen. Dies wären beispielsweise IT-Dienstleistungen zum Zwecke der Nutzungskontrolle und Personal. Da es bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen der Natur ihres Geschäftsmodells entsprechend keine „zur Deckung der Verwaltungskosten vorgenommenen Abzüge“ im Sinne von § 54 Nr. 5 mitzuteilen gibt, ist die Bestimmung zum Schutz der von ihnen vertretenen Rechtsinhaber dahingehend auszulegen, dass der Wortlaut die Offenlegung der konkret entstandenen Verwaltungskosten umfasst. Im Sinne des Telos der Regelung, ein level playing field für alle am Markt agierenden Verwertungseinrichtungen zu schaffen und dem Rechtsinhaber hinreichende Transparenz zur bestmöglichen Verwertung seiner Rechte zu gewähren, ist eine solche Korrektur geboten und erforderlich.
(2) Transparenzbericht und unabhängige Verwertungseinrichtung Da § 4 VGG (Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie) nicht auf § 58 (Art. 22) verweist, müssen unabhängige Verwertungseinrichtungen im Gegensatz zu Verwertungsgesellschaften und ihren abhängigen Verwertungseinrichtungen auch keinen jährlichen Transparenzbericht veröffentlichen, obschon dieser gemäß Erwägungsgrund 36 genau diesem Zweck entspräche: Um Rechtsinhaber in die Lage zu versetzen, die Leistungen von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung zu überwachen und miteinander zu vergleichen, sollten sie
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
bezogen auf ihre spezifische Tätigkeit einen jährlichen Transparenzbericht mit vergleichbaren geprüften Finanzdaten veröffentlichen.
Offenbar wird, dass bei strenger Auslegung des Gesetzes ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil zugunsten der unabhängigen Verwertungseinrichtungen streitet, der das Wettbewerbsverhältnis zu Verwertungsgesellschaften verzerrt, ohne dass hierfür Rechtfertigungsgründe explizit genannt wären. Erklären lässt sich dies nur dann, wenn man die im Transparenzbericht geforderten Informationen als Geschäftsgeheimnisse ansähe. Dann dürften sie aber im Verhältnis zu einer Verwertungsgesellschaft keine Geschäftsgeheimnisse darstellen. Denn ihr und ihren Töchtern wird vollständige Transparenz abverlangt. Der Unterschied zur Offenlegungspflicht einer Verwertungsgesellschaft ist möglicherweise aber dadurch gerechtfertigt, dass eine Verwertungsgesellschaft von ihren Mitgliedern gehalten und beherrscht werden kann. Ist sie es nicht und erfüllt nur deshalb die Definition einer Verwertungsgesellschaft, weil sie nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist (zur Erinnerung: dies ist wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu einer unabhängigen Verwertungseinrichtung), so entfällt aber wiederum die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung, da dann der Verwaltungskostenposten als Geschäftsgeheimnis auch nicht von einer derart organisierten Verwertungsgesellschaft abzuverlangen wäre. Würde für unabhängige Verwertungseinrichtungen ebenfalls die Pflicht zur Offenlegung eines Transparenzberichtes gelten, so könnte dies zwar einen Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit darstellen. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass getreu dem Wortlaut der Definition eine unabhängige Verwertungseinrichtung im kollektiven Interesse der Rechtsinhaber agieren muss. Hierin liegt aber auch die Rechtfertigung für den Eingriff in die unternehmerische Freiheit: Um überhaupt beurteilen zu können, ob die Verwertungseinrichtung tatsächlich im besten Interesse für den Rechtsinhaber handelt, bedarf es einer solchen Offenlegung. Wie gesehen sind die gegebenen Informationspflichten nicht ausreichend. Die gesetzliche Regelung ist also in sich widersprüchlich. Ein weiterer wettbewerbsverzerrender Aspekt kommt hinzu: Dadurch, dass Verwertungsgesellschaften und ihren Einrichtungen umfangreichere Pflichten als unabhängigen Verwertungseinrichtungen auferlegt werden, erhöhen sich für erstere wiederum die für ihre Erfüllung erforderlichen Verwaltungskosten, denen sich letztere nicht ausgesetzt sehen.¹⁷⁰
Schierholz/Gerlach, in: Dreier/Hilty, Festschrift 50 Jahre UrhG, S. 137, 149.
B. Regelungen des VGG
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(3) Aktualitätspflicht der Informationen Anders als § 56 Abs. 2 VGG (Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie) es für Verwertungsgesellschaften und ihre Töchter vorsieht, ist für unabhängige Einrichtungen nicht bestimmt, dass diese Informationen aktuell gehalten werden müssen, da § 4 nur auf Abs. 1 der Vorschrift verweist. Dies kann nur als Redaktionsversehen (des europäischen Gesetzgebers) aufgefasst werden. Der deutsche Gesetzgeber hat insofern sogar überschießend reguliert, als er auch für unabhängige Verwertungseinrichtungen bestimmt hat, dass sie die Informationen im Internet zugänglich machen müssen. Der Richtliniengesetzgeber hatte diese Pflicht in dem nicht von der Verweisung umfassten Abs. 2 sehr intransparent geregelt. Da die Richtlinienbestimmungen über unabhängige Verwertungseinrichtungen erst spät Eingang in den Richtlinienprozess gefunden haben, mag man dem Richtliniengesetzgeber eine gewisse fehlende Präzision verzeihen. Die der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellenden Informationen sind demnach von allen geregelten Verwertungsinstitutionen stets auf dem neuesten Stand bereitzuhalten. Hier wird der EuGH Gelegenheit haben, entsprechende Klarstellungen vorzunehmen, spätestens aber die EU-Kommission zum 10. April 2021, die gem. Art. 40 der Richtlinie ihrem Bewertungsbericht einen entsprechenden Legislativvorschlag beifügen sollte.
e. Subsumtion der dargestellten Unternehmen unter die Definition einer unabhängigen Verwertungseinrichtung aa. Soundreef, Jamendo, Epidemic Sound Soundreef und Jamendo erfüllen alle Voraussetzungen einer unabhängigen Verwertungseinrichtung. Im Fall der schwedischen Epidemic Sound AB stellt sich die Schwierigkeit, dass die Einrichtung die Rechte seiner Rechtsinhaber lizenziert, aber auch „Verleger“ und damit als tauglicher Regelungsadressat auszuschließen ist. Epidemic Sound wird bei Verträgen mit U.S.-amerikanischen Urhebern als Auftraggeber selbst Rechtsinhaber und verwertet insoweit seine eigenen Rechte. In Ländern, in denen nicht das Copyright-System, sondern das Droît-d’auteurSystem besteht (oben, S. 100), lässt sich Epidemic Sound im Wege eines total buyout alle Rechte der Urheber gegen einmalige Vergütung ausschließlich einräumen, die sie dann an Nutzer zur Verwendung ihrer Inhalte online weitergeben. Dabei handelt das Unternehmen ausschließlich im eigenen Interesse und ist daher nicht als unabhängige Verwertungseinrichtung anzusehen.
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bb. YouTube YouTube als Verantwortlicher seiner privatwirtschaftlich geschaffenen Rechteklärungslösung Content ID könnte als unabhängige Verwertungseinrichtung zu qualifizieren sein, was der Plattform zumindest einige Informations- und Transparenzpflichten auferlegen würde. Hierfür müssten aber alle erforderlichen Tatbestandsmerkmale einer unabhängigen Verwertungseinrichtung gegeben sein. Dies wird im Folgenden näher erörtert.
(1) Berechtigung aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Vereinbarung YouTube selbst ist durch seine Nutzungsbedingungen aufgrund vertraglicher Vereinbarung berechtigt, die ihm eingeräumten Nutzungsrechte von mehreren Rechtsinhabern wahrzunehmen; mindestens 4.000 Rechtsinhaber, darunter die großen Majors und einige Independent-Verlage, nutzen Content ID als Vergütungsquelle.¹⁷¹
(2) Gewinnerzielungsabsicht und Unabhängigkeit YouTube ist auf Gewinn ausgerichtet und steht weder im Eigentum noch wird es durch die Rechtsinhaber kontrolliert.
(3) Als ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck Allerdings ist fraglich, ob die Wahrnehmung von Rechten ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck ist.¹⁷² YouTube mag sich darauf zurückziehen, dass sein ausschließlicher Zweck die Bereitstellung einer Plattform für Videoinhalte sei, um durch vorgeschaltete Werbung und Anzeigen während der Inhalterezeption Einnahmen zu generieren, nicht aber die Wahrnehmung von Rechten anderer Rechtsinhaber und Weiterleitung der „Vergütung“ in Gestalt von Werbeeinnahmenbeteiligung an die Rechtsinhaber. Diese mag nur eine Art nachgelagerte Verwaltung und ein Reflex der originären Tätigkeit sein. Allerdings bestehen an den meisten auf der YouTube-Plattform verfügbaren Inhalten Rechte. Entschei-
Nolte/Wimmers, GRUR 2014, 16, 23, Fn. 117. Die österreichischen Verwertungsgesellschaften empfahlen gar eine Streichung dieses einengenden Merkmals, da sie eine Umgehung der an die Verwertungsgesellschaftseigenschaft anknüpfenden Rechtsfolgen durch reine Nebentätigkeiten befürchteten, Gemeinsame Stellungnahme der österreichischen Verwertungsgesellschaften zum Ministerialentwurf vom 9. 2. 2016, 29. 2. 2016, S. 3.
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dende Grundlage für das Geschäftsmodell stellt die Werkverwertung dar.¹⁷³ Belegt wird dies insbesondere durch die Nutzungsbedingungen und die bloße Existenz von Content ID, das ein Vergütungssystem für eben diese Rechtenutzung schafft. Indem der Rechtsinhaber die Nutzung seines Werkes über Content ID, vor allem wenn er die Monetarisierung wählt, gestattet, erklärt er die stillschweigende Genehmigung der Rechtenutzung – über YouTube als Verwaltungsinstitution. YouTube wird damit zum maßgeblichen Rechtemittler. Mehr als 50 % des Umsatzes der Musikbranche auf YouTube wird über Content ID erzielt.¹⁷⁴ Darüber hinaus streitet für die Einordnung als unabhängige Verwertungseinrichtung das Argument, dass gerichtlich bereits ein bestehendes Wettbewerbsverhältnis zwischen GEMA und YouTube festgestellt wurde: Die GEMA legte ein direktes Wettbewerbsverhältnis zu YouTube jedenfalls im Hinblick auf den Einkauf und Erwerb von Rechten an den Musikvideos dar, dem das LG München I folgte.¹⁷⁵ Dieses stellte fest, dass das wirtschaftliche Interesse beider Parteien darin bestehe, Rechtsinhaber an sich zu binden und sie sich daher in einem gemeinsamen Wettbewerb um Rechtsinhaber befinden.¹⁷⁶ Gewichtige Argumente stehen also für die Annahme der Rechtewahrnehmung als zumindest hauptsächlicher Zweck. Für die Auslegung des Merkmals bei einer unabhängigen Verwertungseinrichtung gilt erst recht das oben Gesagte zum Merkmal des ausschließlichen Zwecks bei einer klassischen Verwertungsgesellschaft (S. 135 f.). Zum Schutz der Rechtsinhaber ist im Zweifel vom Vorliegen des hauptsächlichen Zwecks auszugehen.
(4) Zu deren kollektivem Nutzen Darüber hinaus ist aber auch eine weitere Tatbestandsvoraussetzung problematisch: Das Merkmal „zu deren kollektiven Nutzen“ verkörpert die Treuhandeigenschaft einer solchen Einrichtung, die für YouTube untersucht werden muss. Zwar schließen sich Gewinnausrichtung und Treuhand nicht per se aus, doch fällt es schwer, alle im Sachverhalt aufgeführten Geschäftsmodelle, die als unabhängige Verwertungseinrichtung in Betracht kämen, als Treuhänder im altherge-
Vgl. Ludyga, ZUM 2016, 1013, 1018: Ohne Werbung, d. h. ohne Inhalte, d. h. ohne urheberrechtlich geschütztes Material würde es YouTube vermutlich nicht geben. o.V., Artikel vom 16. 8. 2016, zeit.de. Sofern konkurrierende Verwertungseinrichtungen in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des UWG stehen, sind sie bei Verstößen gegen die ihnen gegenseitig auferlegten Wettbewerbsregeln auch klagebefugt, Melichar, in: Loewenheim, Hdb. UrhR, § 45, Rdnr. 17. LG München I, ZUM 2014, 981, 986.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
brachten Sinne zu verstehen. Richtig ist, dass diese Unternehmen zumindest auch im eigenen Interesse handeln. Damit rücken sie aber in die Nähe der Negativdefinition einer unabhängigen Verwertungseinrichtung gemäß Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2014/26/EU, der gerade auf das Eigeninteresse als Ausschlusskriterium abstellt. Dadurch, dass die Richtlinie zum einen die Gewinnerzielungsabsicht als zwingende Voraussetzung normiert und gleichzeitig aber ein Handeln im eigenen Interesse als Ausschlusskriterium festsetzt, gestaltet sich die Auslegung der Bestimmung als Gratwanderung. Zur Annäherung an eine objektivierte Beantwortung, ob YouTube mit Content ID ausschließlich im Eigeninteresse handelt, kann auch auf Ausführungen in Gerichtsverfahren zurückgegriffen werden. Content ID wurde zuletzt vor dem OLG Hamburg im Jahr 2015 thematisiert. Verfahrensgegenstand war die Frage einer Störerhaftung von YouTube, nachdem die GEMA als Rechtsinhaberin Rechtsverletzungen auf der Plattform moniert und angezeigt hatte, aber erneut rechtsverletzende Inhalte gesichtet worden waren.¹⁷⁷ Die Urteilsausführungen behandeln allein die Streitfrage, ob YouTube nach deutschem Recht selbst als Täterin oder zumindest als Störerin für Rechtsverletzungen auf ihrer Plattform in Anspruch genommen werden kann, und zwar anhand der Untersuchung, ob sie sich die Inhalte zu eigen macht. Dennoch haben die vorgebrachten Argumentationslinien Aussagekraft für die Klärung der Frage, ob YouTube mit Content ID auch im kollektiven Interesse der Rechtsinhaber handelt. Hierzu führt das Gericht aus: Vor diesem Hintergrund [der Frage einer Täterschaft] kann [YouTube] auch der Umstand, dass sie den Bestand ihrer Videos fortlaufend mittels Content-ID überprüfen und in Einzelfällen sperren lässt, nicht entgegengehalten werden. Denn hierbei handelt es sich zunächst ebenfalls um eine Maßnahme, die die Beklagte nicht allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse vornimmt, sondern mit der die Beklagte ihrer rechtlichen Verantwortung gerecht werden will, damit als rechtsverletzend erkannte Inhalte nicht länger öffentlich zugänglich bleiben. Hierzu ist die Beklagte in rechtlicher Hinsicht verpflichtet, auch wenn sie kein Interesse an den eingestellten Inhalten ihrer Nutzer hat, allein um sich nicht einer urheberrechtlichen Verantwortlichkeit auszusetzen. ¹⁷⁸
Im Rahmen der Erörterung einer täterschaftlichen Urheberrechtsverletzung von YouTube äußert der Senat auch eine Einschätzung zu Content ID: […] für den verletzten Rechteinhaber [besteht] die Wahl zwischen einem „Blockieren“ oder einem „Monetarisieren“ des Inhalts. Letzteres geschieht nach dem Verständnis des Senats
OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 22 – YouTube. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 163 – YouTube, Hervorhebungen durch Verf.
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sodann ohne Kenntnis von und Rücksprache mit dem einstellenden Nutzer sowie gegebenenfalls auch gegen dessen erklärten Willen. […] diese Art der Monetarisierung [beschränkt sich] auf vorgefundene und von dem Rechteinhaber der Musikwerke bestätigte Rechtsverletzungen. Diese könnten (und müssten andernfalls) von der Beklagten vorbehaltlos gelöscht werden. In einer derartigen Situation erscheint es als eine vernünftige Option, wenn der verletzte Rechtsinhaber eine fortdauernde Nutzung des rechtsverletzenden Musikvideos gegenüber der Beklagten ausdrücklich „legitimiert“, hieran zugleich aber durch Werbeeinnahmen, die das von ihm geschaffene oder wahrgenommene geistige Eigentum zu erzielen geeignet ist, profitiert. Dabei handelt es sich – selbst wenn im Ergebnis auch die Beklagte hiervon finanziell profitiert – aus Sicht des Senats in erster Linie um eine Maßnahme der Schadensbeseitigung bzw. -begrenzung im Drittinteresse, nicht jedoch um die Übernahme einer eigenverantwortlichen Kontrolle über Fremdinhalte […].¹⁷⁹
Später führt der Senat aus: [D]as Programm Content-ID [ist] nach der Darstellung [von YouTube] in seiner gesamten Grundkonzeption maßgeblich auf die Interessen der Rechteinhaber und eine Bedienung durch diese ausgerichtet […]. Es soll diesen nach Darstellung [von YouTube] eine umfassende Rechteverwaltung – einschließlich einer Monetarisierung von Inhalten – ermöglichen. ¹⁸⁰
Diese Ausführungen sprechen dafür, dass YouTube im Interesse der Rechtsinhaber handeln will. Auch YouTube vertritt diese Auffassung. Das Unternehmen erklärte, Content ID sei verantwortlich für 50 % aller gezahlten Vergütungen, die aus der Nutzung von Musikwerken auf YouTube erzielt worden waren.¹⁸¹ Das spricht für die Einziehung und Ausschüttung von Vergütungen, die der Tätigkeit einer Verwertungsgesellschaft entsprechen. Dadurch dass YouTube die Beteiligungsquote an den Werbeeinnahmen verhandelt und durch die Entscheidungsmöglichkeit, ob der Inhalt blockiert oder vergütet werden soll, eine Quasi-Lizenzvergabe stattfindet, ist die Plattform nicht nur Manager oder Agent, der die Rechtsinhaber ausschließlich in ihren Beziehungen zu ihren Verwertungsgesellschaften vertritt. Durch Content ID ist YouTube daneben verantwortlich für die Rechtsdurchsetzung der Interessen der Rechtsinhaber, wie beispielsweise durch Löschung, territoriale Sperrung etc. Dies kommt einem der maßgeblichen Betätigungsfelder einer Verwertungsgesellschaft gleich. Nach eigenen Angaben würden mittlerweile nahezu
OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 255 – YouTube. OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 395 – YouTube. Resnikoff, Artikel vom 8. 8. 2016, digitalmusicnews.com.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
alle größeren Labels heute Content-ID in sehr effektiver Weise [verwenden], um die Nutzung ihrer Inhalte auf YouTube zu verwalten und so entweder Rechtsverletzungen auf ein Minimum zu reduzieren oder ihre Inhalte zu monetarisieren. ¹⁸²
Damit ist den Ausführungen von YouTube ausdrücklich zu entnehmen, dass sie sich als Dienstleister für Rechteverwaltung sehen. Dann müssen die entsprechenden Regelungen aus der Richtlinie auch für sie gelten.
f. Extensive Auslegung erforderlich? Auch wenn der Ansicht, dass YouTube im kollektiven Interesse der Rechtsinhaber handele, gefolgt wird und/oder keine Zweifel an der Hauptsächlichkeit des Zwecks der Rechtswahrnehmung bestehen, ist es dennoch geboten, über eine extensive Auslegung des Merkmals des kollektiven Nutzens bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen nachzudenken. Es zeigt sich nämlich ein Widerspruch, wenn eine unabhängige Verwertungseinrichtung zwar im kollektiven Interesse ihrer Berechtigten tätig werden soll, aber gleichzeitig weder von ihnen beherrscht noch gehalten werden darf.¹⁸³ Wenn die Rechtsinhaber keinerlei Kontrolle über die Einrichtung haben, ist ihre Interessenvertretung alles andere als gesichert. Einen Anreiz, zugunsten der Rechtsinhaber zu handeln, liegt dann allein im erfolgreichen Bestehen am Markt, was nur mit attraktiven Rechten von Rechtsinhabern gelingen kann, die mit der Verwaltung ihrer Rechte zufrieden sind. Hat sich aber eine Einrichtung erst einmal die Rechtswahrnehmung gesichert, bestehen gerade keinerlei Schutzmechanismen für Rechtsinhaber gegenüber ihrer unabhängigen Verwertungseinrichtung, wie die Richtlinie sie Verwertungsgesellschaften und Tochterunternehmen auferlegt. Die Regulierungsdichte für unabhängige Verwertungseinrichtungen ist wie dargelegt sehr dünn (oben, S. 172 ff.). Die Richtlinie scheint hier strenge Maßstäbe einer unternehmensinternen Selbstkontrolle zu intendieren, die in ihrer Art bislang einzigartig ist. Würde hier verlangt, dass unabhängige Verwertungseinrichtungen ausschließlich im besten Interesse der Rechtsinhaber agieren müssen, so würden solche, die zumindest auch im eigenen Interesse handeln – wie bei gewinnorientierten Unternehmen üblich – und daher mitunter Entscheidungen zulasten ihrer Rechtsinhaber treffen, aus der Definition und dem Regelungsbereich der Richtlinie herausfallen und unreguliert auf demselben Markt agieren können. Die Folge sind Wettbewerbsverzerrungen und ein unheitliches Schutzniveau der Rechtsinhaber. Die Richtlinie selbst zeigt diesen Widerspruch, wenn Erwägungsgrund 22 und OLG Hamburg, GRUR-RS 2015, 14370, Tz. 90 – YouTube. Schwemer, Emerging Models, in: Riis, S. 88, Fn. 47.
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Art. 4 allein darauf abstellen, dass Verwertungsgesellschaften, nicht aber unabhängige Verwertungseinrichtungen, stets im besten Interesse ihrer vertretenen Rechtsinhaber zu handeln haben. Es ergibt sich das Bild eines Richtliniengesetzgebers, der vorausschauend regulieren wollte, ohne einen klaren Weg vor sich zu sehen. Um den Anwendungsbereich von § 4 VGG nicht vollständig auszuhöhlen, sind an die Erfüllung des Merkmals „zu deren kollektiven Nutzen“ keine hohen Anforderungen zu stellen.
g. Nationale Umsetzungen Der Umsetzungsspielraum von Titel I und damit von Art. 2 Abs. 4 und Art. 3 lit. b) ist aufgrund von Erwägungsgrund 9 der Richtlinie begrenzt. Dieser erlaubt eine strengere mitgliedstaatliche Regulierung für Wahrnehmungsinstitutionen mit Sitz im nationalen Hoheitsgebiet nur für Titel II der Richtlinie, also hinsichtlich der Mitbestimmungs-, Transparenz- und Governancebestimmungen. Ein EU-weit einheitlicher Rechtsrahmen sollte aber insbesondere bei den Tatbestandsmerkmalen der unterschiedlichen Einrichtungen, den Definitionen, den Bestimmungen über die Mehrgebietslizenzierung und hinsichtlich der Aufsicht geschaffen werden.
aa. Deutschland Insofern formuliert die Gesetzesbegründung des deutschen Gesetzgebers zu § 4 VGG auch der Richtlinie entsprechend unabhängige Verwertungseinrichtungen als kommerzielle Einrichtungen zur kollektiven Wahrnehmung¹⁸⁴, bei denen es sich um in der Regel (!) gewinnorientierte Einrichtungen handele, die sich zudem dadurch von Verwertungsgesellschaften unterscheiden, dass ihre Anteile weder von Berechtigten gehalten noch dass sie von Berechtigten zumindest indirekt oder teilweise beherrscht werden.¹⁸⁵
§ 4 VGG ist dem Sinn und Zweck seines Regelungsgehalts nach weit auszulegen. So hat der deutsche Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung eine Einschränkung der Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen, wonach die Tätigkeit lediglich in der Regel gewinnorientiert sein muss. Dadurch ist der Weg für eine Ausnahme be-
BT-Drs. 18/7223, S. 62. BT-Drs. 18/7223, S. 73.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
reitet, was eine gewisse Unzufriedenheit über die missglückte Richtliniendefinition der unabhängigen Verwertungseinrichtung zeigt. Ein level playing field auf dem europäischen Binnenmarkt im Bereich der kollektiven Rechtewahrnehmung, zu dem das deutsche Gesetz der Richtlinie entsprechend verpflichtet ist, würde nicht erreicht, wenn kommerzielle Einrichtungen operieren könnten, ohne auch nur ansatzweise einem Pflichtenprogramm wie Verwertungsgesellschaften zu unterliegen. Auch zum Schutz und im Interesse der Rechtsinhaber, die ihre Rechte über eine unabhängige Verwertungseinrichtung verwerten lassen, ist ein weiter Anwendungsbereich geboten, da ihnen dadurch zumindest die Informationspflichten nicht abbedungen werden können.
bb. Österreich Im österreichischen Umsetzungsgesetz hingegen gelten für unabhängige Verwertungseinrichtungen alle die Wahrnehmungstätigkeit adressierenden Vorschriften wie für Verwertungsgesellschaften auch, vgl. § 4 VGG-Ö.¹⁸⁶ Es greifen auch für sie der Monopolgrundsatz, der Genehmigungsvorbehalt, die Wahrnehmungspflicht und die Vorschriften über Mehrgebietslizenzierung.¹⁸⁷ Damit setzt sich der österreichische Gesetzgeber über die eindeutige Richtlinienbestimmung hinweg, diesen Einrichtungen nur ausgewählte Informationspflichten aufzuerlegen. Eine solche Konsequenz ist allerdings ganz im Sinne einer Vereinheitlichung der Regelungen für alle Wahrnehmungseinrichtungen. Damit ist aber Geschäftsmodellen wie Jamendo und Soundreef der österreichische Markt versperrt, da die Wahrnehmung eines bestimmten Rechts lediglich einem Monopolisten vorbehalten ist, § 7 VGG-Ö. Möglicherweise hat der österreichische Gesetzgeber hier eine mutige Vorreiterrolle übernommen, oder ihm drohen Rügen seitens der EUKommission.
h. Fazit Mit der Einführung einer Definition und Regulierung von unabhängigen Verwertungseinrichtungen reagiert der europäische Gesetzgeber auf Entwicklungen, die zu einer kollektiven Rechtswahrnehmung außerhalb des Systems von rein fremdnützigen Verwertungsgesellschaften führten und gravierende Umwälzun-
Walter, MuR 2016, 3, 5. 27. Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) vom 20. 5. 2016, BGBl. I, Nr. 27.
B. Regelungen des VGG
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gen am Markt hervorriefen. Als Verwertungsgesellschaften waren sie nicht einzuordnen, da ihnen gerade das prägende Merkmal der Kontrolle durch die treugebenden Rechtsinhaber fehlte. Eine einer Verwertungsgesellschaft vergleichbare Mitgliederstruktur ist solchen Unternehmen fremd. Ein Hauptziel der Richtlinie ist aber die Harmonisierung der Mitgliedschafts-, Governance- und Transparenzbestimmungen, die auf unabhängige Verwertungseinrichtungen gerade nicht passen.¹⁸⁸ War die EU-Kommission noch im Erwägungsgrund 4 des Richtlinienentwurfes der Ansicht, dass diese unabhängigen Dienstleister nicht die Probleme verursachen, die die Richtlinie zu lösen versucht, da sie als Agenten der Rechteinhaber auftreten und deren Rechte auf kommerzieller Basis wahrnehmen, ohne dass die Rechteinhaber irgendwelche Mitgliedsrechte besitzen,
mag dies zwar für diesen ersten Regelungsbereich der Richtlinie – Mitgliedschaft – stimmen. Sie sind jedoch, wie YouTube, auch aus Geschäftsmodellen im Online-Bereich heraus entstanden, sodass zumindest die Lösungen in Titel III sie sehr wohl beträfen. Diesen Widerspruch erkennend wurde diese Passage in der finalen Richtlinie zu Recht gestrichen¹⁸⁹, ohne aber nähere Anpassungen für sie in Titel III aufzunehmen. Zurück bleibt daher der Eindruck einer halbgaren, in ihrer Wirkung nicht vollständig bedachten Regelung. Rechtsinhaber, die sich ohne eine Möglichkeit der Einflussnahme solcher Einrichtungen bedienen, erscheinen erst recht schutzwürdig; dass ihnen die Richtlinie lediglich Informationsansprüche einräumt, ist insbesondere vor dem Hintergrund eines ganzheitlichen wettbewerblichen Ansatzes der Richtlinie zumindest in der Online-Umgebung inkonsequent. Obschon im Verhältnis von Verwertungsgesellschaften zu diesen kommerziellen Musikanbietern unterschiedliches Repertoire angeboten wird, stehen sie in einem direkten Wettbewerbsverhältnis zueinander, da sie Verwertern gleichermaßen Rechte zur kommerziellen Nutzung einräumen. Sie stehen auch im Wettbewerb um Urheber zueinander, da die jeweilige Verwertung des Werkschaffens in einem Exklusivverhältnis zueinander steht. Rechtsinhaber können sich jetzt für die Herausnahme ihrer Rechte zur Online-Lizenzierung entscheiden und sie Soundreef zur Wahrnehmung einräumen. Die Rechtsinhaber werden sich nach Kriterien wie Qualität, Praktikabilität und Kosten zwischen den beiden Wahrnehmungsformen entscheiden. Zu diesem Zweck müssen aber korrekte Informationen einfach zu erlangen sein, was die
Quintais, EIPR 2013, 35(2), 65. EU-Parlament, A7– 0281/2013 (COM(2012)0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 9: Änderungsantrag 4 des EU-Parlaments = Erwg. 5 2014/26/EU.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Regelungen im VGG aufgrund unglücklicher Richtlinienbestimmungen de lege lata nicht gewährleisten können. Der Umstand, dass für unabhängige Verwertungseinrichtungen kein Wahrnehmungszwang greift, ist für kleinere Rechtsinhaber gerade im Hinblick auf Soundreef und YouTube misslich. Ihnen steht im Gegensatz zu den großen Playern der Zugang zur Monetarisierung nicht offen, sie werden auf die im Vergleich zu Content ID, das innerhalb von einem Tag die Sperrung veranlassen kann, weniger effizienten Durchsetzungsmechanismen der manuellen Anzeige von urheberrechtsverletzenden Inhalten verwiesen. Es wird spannend sein, die nationalen Umsetzungsentwicklungen weiter zu verfolgen; sollte Österreich mit seiner restriktiven Regelung Recht behalten, könnte dies auch andere nationale Gesetzgeber zu mehr Mut bewegen.
4. Auswirkung auf den Markt Neben Verwertungsgesellschaften agieren neue Teilnehmer im Online-Bereich. Sie nutzen Rechte und wollen von ihrer Verwertung unter anderem auch profitieren. Verwertungsgesellschaften in ihrer klassischen, rein treuhänderischen Funktion setzen dieser Entwicklung Tochtergesellschaften wie ICE, Armonia und Mint entgegen, die allein den Online-Bereich betreuen sollen. Damit andere, kleinere Verwertungsgesellschaften den Anschluss zumindest nicht ganz so schnell verlieren, musste jedoch auch das Wettbewerbsrecht bemüht werden. Die EU-Kommission genehmigte den Zusammenschluss zur Gründung von ICE nur unter strengen Auflagen. So wird ermöglicht, dass beispielsweise die niederländische Buma/Stemra Back-Office-Kapazitäten von ICE Operations nutzt und auf Grundlage dieser Kooperation in den kommenden Jahren in der Lage sein wird, ihr Repertoire selbst multiterritorial zu lizenzieren.¹⁹⁰ Sofern kleineren und mittleren Verwertungsgesellschaften die Last der erforderlichen IT-Infrastruktur und der Datenverarbeitungskapazitäten durch einen externen Dienstleister abgenommen wird, ist denkbar, dass sie selbst imstande sind, Mehrgebietslizenzierungen vorzunehmen, und zwar außerhalb des Anschlusses an einen Hub. Buma/Stemra ist hierfür nur ein Beispiel. Repertoireaggregation kann auf diese Weise aber nicht erfolgen. Das System der Gegenseitigkeitsverträge (monoterritoriale Multi(Welt‐)repertoire-Lizenz) wird ersetzt durch multiterritoriale Monorepertoire-Lizenzen, wodurch sich an der Anzahl der zuständigen Lizenzierungsshops nur unwesentlich etwas ändert. Wettbewerb wird unter Verwertungseinrichtungen zunächst nicht um Repertoire
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 41.
B. Regelungen des VGG
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geführt, sondern um Back- und Middle-Office-Leistungsstärke. Denn diese gewährt den Zugang zu dem wertvollen Option-3-Repertoire: Wie gesehen binden sich große Rechtsinhaber gewöhnlich an Verwertungsgesellschaften und sofern die Administrationsvoraussetzungen geschaffen sind, können sich auch kleinere und mittlere Verwertungsgesellschaften um die Lizenzierung des attraktiven Repertoires von kleinen und mittleren anglo-amerikanischen Verlagen bemühen.¹⁹¹ Ein Blick in die Praxis zeigt, dass Wahrnehmungsvertragslaufzeiten zwischen Majors und Mutterverwertungsgesellschaft teilweise recht kurz bemessen sind.¹⁹² Zukünftig sind hier Veränderungen und Bewegungen am Markt zu erwarten. Doch ebenso muss der Prozess außerhalb der klassischen Rechtewahrnehmung aufmerksam verfolgt werden. Auch Inhalte-Anbieter können sich zugunsten ihres ursprünglichen Geschäftsmodells zu proprietären Wahrnehmungsinstitutionen entwickeln, die ausschließlich für ihr Angebot zuständig sind und damit eine Zwitterstellung zwischen Rechtsverwerter und Rechtswahrnehmenden einnehmen. Gleichzeitig werden herkömmliche Institutionen durch einen Anstieg solcher Dienstleister stärker herausgefordert. Jüngste Vorschläge der EU-Kommission zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt¹⁹³ perpetuieren ein solches Geschäftsmodell wie YouTube’s Content ID. Art. 13 Abs. 1 des Richtlinienentwurfes zum Urheberrecht normiert: Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände in Absprache mit den Rechteinhabern speichern oder öffentlich zugänglich machen, ergreifen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände regeln, oder die die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen, eingehalten werden. Diese Maßnahmen wie beispielsweise wirksame Inhaltserkennungstechniken müssen geeignet und angemessen sein. Die Diensteanbieter müssen gegenüber den Rechteinhabern in angemessener Weise darlegen, wie die Maßnahmen funktionieren und eingesetzt werden und ihnen gegebenenfalls über die Erkennung und Nutzung ihrer Werke und sonstigen Schutzgegenstände Bericht erstatten.
Gemäß der EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 41 – ICE, bewerben sich SUISA und Buma/Stemra um die Lizenzierung von Option-3-Repertoire. Beispielsweise haben BMG und GEMA im Juni 2015 eine Vertragsverlängerung für weitere drei Jahre der Rechtswahrnehmung bei ARESA beschlossen, Pressemitteilung der GEMA vom 10.6. 2015, abrufbar unter https://www.gema.de/en/aktuelles/bmg_und_gema_verlaengern_ver einbarung_zur_lizenzierung_von_digitalen_musikdiensten_fuer_den_europaei/. EU-Kommission, Richtlinienvorschlag über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt vom 14.9. 2016, COM(2016) 593 final.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Sollte dieser Richtlinienvorschlag umgesetzt werden, würden solche Rechtedurchsetzungsmaßnahmen wie die Filtertechniken von YouTube, die der privatwirtschaftlichen „Hilfssheriff-Lösung“ Content ID zugrunde liegen, anstelle vorheriger Rechtseinholung profitieren. YouTube ist damit klar im Vorteil, da es bereits entsprechende Mechanismen implementiert hat. Die Markteintrittsschwelle für andere Plattform-Anbieter ist damit um einiges höher gelegt.
II. Regelungen zur gebietsübergreifenden Vergabe von Urheberrechten an Musikwerken zur Online-Nutzung 1. Einführung Die Entwicklung von Multirepertoire-Monoterritoriumslizenzen über Gegenseitigkeitsverträge hin zu einer multiterritorialen Monorepertoire-Lizenzierung für die Online-Verwertung von Musikwerken wurde durch mehrere europäische Entscheidungen wie der Online-Empfehlung von 2005 oder der CISAC-Entscheidung der EU-Kommission von 2008 in Gang gesetzt. Nur große Repertoires verwaltende Institutionen wie SOLAR, ARESA, ICE, Armonia oder Mint sind diesen Weg bisher gegangen. Das Weltrepertoire ist aus einer Hand für mehrere Länder nicht zu erhalten. Außerdem ist der Markt von Online-Musikdiensten nicht gefestigt, sondern durch Konsolidierungsprozesse und stetige Expansion in europäische Territorien geprägt. Insgesamt war die Nachfrage nach Mehrgebietslizenzen im Jahr 2014 noch überschaubar.¹⁹⁴ Sie korreliert jedoch auch mit der begrenzten Verfügbarkeit von Mehrgebietslizenzen. Bedarf kann sich nur bei wechselseitiger Stärkung des Marktes entwickeln: Können sich Online-Musikdiensteanbieter eine europaweite Tätigkeit erlauben, so werden Mehrgebietslizenzen an möglichst vielen Repertoires nachgefragt. Sind Mehrgebietslizenzen leichter zu erlangen, so wird eine europaweite Expansion des Musikangebots einfacher und kostengünstiger. Die Richtlinie 2014/26/EU und ihre nationalen Implementierungen bezwecken, entsprechende Anreize zur gebietsübergreifenden Vergabe von Nutzungsrechten bei gleichzeitiger Aggregation von Repertoire zu setzen, um so eine multiterritoriale Multirepertoire-Lizenzierung für die Online-Nutzung zu ermöglichen. Grundprinzip ist hierbei das oben dargestellte Hub-System, das durch weitere Regelungen flankiert wird. Auf sie soll im Folgenden eingegangen sowie ihre Wirkungskraft untersucht werden.
EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 10.
B. Regelungen des VGG
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Der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten der Urheber an Musikwerken liegt dabei ein anderes Regelungskonzept als der herkömmlichen Rechtswahrnehmung von Offline-Nutzungsrechten zugrunde. So wurden Bestimmungen geschaffen, die von der grundsätzlichen europäischen Haltung, Wahrnehmungsmonopole zuzulassen und nur in begrenztem Umfang Wettbewerb in der Lizenzierungspraxis zu verlangen, abweichen.¹⁹⁵ Der endgültigen Fassung der Richtlinie insgesamt ist die Schaffung von Wettbewerb als eines ihrer Ziele nur noch äußerst zurückhaltend zu entnehmen.¹⁹⁶ Verschiedene Institutionen der EU haben vielfach mit mehr oder weniger einschneidenden Folgen versucht, Wettbewerb unter Verwertungsgesellschaften zu erzeugen,¹⁹⁷ sodass der Unionsgesetzgeber nunmehr einem Weg der Rückbesinnung auf die spezifischen Eigenarten des Wahrnehmungsmarktes folgt. Insoweit befindet er sich im Einklang mit der Einschätzung des EuGH, der Monopolstellungen von Wahrnehmungsinstitutionen auf dem nationalen Markt der Offline-Nutzungen für zulässig hält.¹⁹⁸ Im Rahmen der Wahrnehmung von Online-Rechten gilt jedoch anderes: Verwertungsgesellschaften und Verwertungseinrichtungen sollen um Repertoire, welches sie zur Mehrgebietslizenzierung übernehmen, konkurrieren. Um hierfür ein level playing field zu schaffen, ist Titel III der Richtlinie mangels Umsetzungsspielraum als vollharmonisierend zu verstehen. Abweichende mitgliedstaatliche Regelungen wären daher unionsrechtswidrig.
2. Ausnahmeregelungen (§ 60 VGG) Da der deutsche Gesetzgeber mit Regelungen wie dem Abschlusszwang wegen Erwägungsgrund 9 in zulässiger Weise über den europäischen Regulierungsgrad außerhalb der Bestimmungen über Mehrgebietslizenzierung hinausgegangen ist, muss das deutsche VGG entsprechende Ausnahmeregelungen für die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten vorsehen. Weiterer Beweggrund der Ausnahmebestimmungen ist allerdings auch, deutschen Wahrnehmungsinstitutionen keine Regulierung aufzubürden, die sie im europäischen Umfeld schwächen würde.¹⁹⁹
EuGH, GRUR 2014, 473 – OSA. Podszun/Franz, ZGE 2015, 15, 45. EU-Kommission, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff.; EU-Kommission, Sache COMP/C2/38.698 – CISAC. EuGH, GRUR 2014, 473 – OSA. BT-Drs. 18/7223, S. 91.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Im Folgenden werden die spezifischen Eigenarten der Regulierung einer gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Musikrechten nach dem VGG infolge entsprechender Richtlinienbestimmungen und ihre Ausnahmeregelungen untersucht. Dadurch lässt sich zeigen, ob tatsächlich eine Vereinfachung der Lizenzierungspraxis unter anderem durch Repertoireaggregation im Online-Bereich erreicht werden kann. Es wird untersucht, welche Regelungen die Attraktivität von Verwertungsgesellschaften entweder für Rechtsinhaber und/oder für Rechtenutzer erhöhen oder vermindern. Zu bedenken ist dabei stets, dass diese Regelungen ausschließlich für klassische Verwertungsgesellschaften und ihre Tochtergesellschaften, nicht dagegen für unabhängige Verwertungseinrichtungen und für andere als Urheberrechte gelten.
a. Angemessenheit der Wahrnehmungsbedingungen (§ 60 Abs. 1 VGG) Der Online-Sondersituation entsprechend bestimmt § 60 VGG, welche Regelungen des VGG auf die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten nicht anwendbar sein sollen. Zunächst ist dies gemäß § 60 Abs. 1 VGG die Bestimmung über die Pflicht zur Angemessenheit der Wahrnehmungsbedingungen, § 9 S. 2 VGG. Da ausschließlich auf S. 2 verwiesen wird, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass der Wahrnehmungszwang greifen soll.
aa. Wahrnehmungszwang Der Wahrnehmungszwang ist nunmehr auch auf europäischer Ebene verpflichtend (Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie).²⁰⁰ § 9 Abs. 1 VGG definiert, wer berechtigt ist, eine Verwertungsgesellschaft mit der Rechtswahrnehmung zu betrauen. Sie ist verpflichtet, auf Verlangen eines jeden Rechtsinhabers, § 5 VGG, dessen Rechte seiner Wahl an Arten von Werken und sonstigen Schutzgegenständen seiner Wahl in Gebieten seiner Wahl wahrzunehmen (Wahrnehmungszwang). Der Wahrnehmungszwang besteht aber nur, wenn die fraglichen Rechte inhaltlich und territorial dem Tätigkeitsbereich der angefragten Verwertungsgesellschaft unterfallen und der Wahrnehmung keine objektiven Gründe entgegenstehen. Anspruchsberechtigt ist grundsätzlich jeder Rechtsinhaber. Das VGG sieht als Rechtsinhaber in § 5 VGG den „Inhaber eines Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts“ an oder den Anspruchsinhaber aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Regelung. Damit kann jedes beliebige Urheberrechtsregime angespro-
BT-Drs. 18/7223, S. 74; Drexl, Stellungnahme des MPI vom 14.8. 2015, S. 21, Rdnr. 43; a.A. Podszun/Franz, ZGE 2015, 15, 31.
B. Regelungen des VGG
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chen sein. Gemäß § 9 Abs. 1 VGG unterliegen deutsche Verwertungsgesellschaften daher auch gegenüber ausländischen Rechtsinhabern einem Wahrnehmungszwang.²⁰¹ Der Wahrnehmungszwang bedeutet für Verwertungsgesellschaften im Rahmen der Mehrgebietslizenzierung keine Einschränkung oder unzumutbare Belastung, weshalb ihn der europäische Gesetzgeber auch nicht aus dem Anwendungsbereich von Titel III herausgenommen hat: Sie können eine Wahrnehmung der Online-Rechte ablehnen, wenn sie selbst nicht gebietsübergreifend tätig sind und auch keine Repräsentationsvereinbarung geschlossen haben, da dies ein objektiv nachvollziehbarer Grund wäre. Für Rechtsinhaber macht der gesetzliche Zwang Verwertungsgesellschaften attraktiv, da sie ihn nur schwer abweisen können und er durch sie die Möglichkeit der Verwertung seiner Rechte außerhalb seiner individuellen Kontrolle erhält.
bb. Keine Geltung von § 9 S. 2 VGG Damit eine Verwertungsgesellschaft den durch den Wahrnehmungszwang gewährten Schutz nicht unterlaufen kann, bestimmt § 9 S. 2 eine Pflicht, angemessene Wahrnehmungsbedingungen bereitzustellen. Dies gilt allerdings nicht für die gebietsübergreifende Vergabe von Nutzungsrechten zur Online-Verwertung im Verhältnis zum Rechtsinhaber, § 60 Abs. 1 VGG. Die Gesetzesbegründung führt aus, dass „im Kontext der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken die Verwertungsgesellschaft nicht verpflichtet ist, über die Richtlinienvorgaben hinaus angemessene Nutzungsbedingungen für Rechtsinhaber bereitzustellen“.²⁰² Damit können nur Wahrnehmungsbedingungen gemeint sein. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Ausnahme von § 9 S. 2 VGG von den Vorschriften zur Mehrgebietslizenzierung ein level playing field in diesem Marktsegment auf europäischer Ebene schaffen. Denn eine entsprechende Regelung finde sich in der Richtlinie nicht, sodass § 9 S. 2 VGG über das von der Richtlinie Verlangte hinausginge. Wäre eine in Deutschland ansässige Verwertungsgesellschaft über die Richtlinienvorgaben hinaus an die Angemessenheitspflicht gebunden, wäre dies ein Standort- und Wettbewerbsnachteil, der nicht auszugleichen wäre. Möglicherweise geht dies zulasten der Attraktivität für Rechtsinhaber, die durch die Ausnahmeregelung dazu angehalten werden, ihre Online-Rechte anderweitig wahrzunehmen.
Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhWG, § 6, Rdnr. 1. BT-Drs. 18/7223, S. 91.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
(1) Sinn und Zweck der Ausnahme Der Zweck der Anordnung der Nichtgeltung von § 9 S. 2 VGG liegt aber auch darin, Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen die Möglichkeit zu verschaffen, „mit auf den Einzelfall zugeschnittenen Wahrnehmungsbedingungen in die Verhandlungen vor allem mit Rechtsinhabern einzutreten, die über ein besonders attraktives Repertoire verfügen.“²⁰³ Versteckt lässt sich hier ein Anreiz zur Repertoire-Rückgewinnung erkennen. Schon die EU-Kommission hoffte im Impact Assessment auf eine Reaggregation des Vervielfältigungsrechte-Repertoires als indirekte Konsequenz einer einheitlichen und strafferen Regulierung der europäischen Verwertungsgesellschaften:²⁰⁴ Wenn alle Verwertungsgesellschaften Transparenz- und Governance-Bestimmungen unterworfen wären, würde für große Rechtsinhaber Anreiz geschaffen werden, ihr Repertoire zurück in das kollektive System zu geben, da die Herausnahme allein Resultat von auf Uninformiertheit gründendem Misstrauen gewesen wäre.²⁰⁵ Nach den bisherigen Erfahrungen jedoch ist dies eine utopische Hoffnung: zu bequem ist die wirkungsvolle Symbiose zwischen eigens für den Verlag initiierter Option-3-Gesellschaft und Mutterverwertungsgesellschaft (oben, S. 158).²⁰⁶ Die vereinbarten Wahrnehmungsbedingungen (frühere Anzahlungen, „promotional support“²⁰⁷) scheinen bereits zufriedenstellend. Um Wettbewerb aber zu ermöglichen, sollen Verwertungsgesellschaften dennoch einen möglichst breiten Spielraum erhalten, für große Rechteinhaber günstige Konditionen individuell anbieten zu können, um sie in die kollektive Wahrnehmung zurückzuholen.²⁰⁸
(2) Kritik Dem auf den ersten Blick als in guter Absicht erdachten Zweck der in § 60 VGG gewährten Erleichterungen sind mehrere Vorwürfe zu machen. Dass der Regelungsgehalt von § 9 S. 2 VGG der Richtlinie fremd wäre,²⁰⁹ ist nicht richtig. Art. 4 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Verwertungsgesellschaften im besten Interesse der Rechtsinhaber handeln, deren Rechte sie repräsentieren, und diesen keine Pflichten auferlegen, die objektiv für den Schutz
BT-Drs. 18/7223, S. 91. Anthonis, Int. J. Int. Prop. Management 2014, Vol. 7, Nos. 3/4, 151, 158. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 28. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 43 – ICE: kein Option-3-Verlag beabsichtigt in naher Zukunft, sein Repertoire direkt über ICE zu lizenzieren. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 61 – ICE. Holzmüller in Niederalt/Pech, ZUM 2016, 239, 253. BT-Drs. 18/7223, S. 75.
B. Regelungen des VGG
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ihrer Rechte und Interessen oder für die wirksame Wahrnehmung dieser Rechte nicht notwendig sind. Dieser Formulierung ist ein allgemeiner Grundsatz zur angemessenen Behandlung der Rechtsinhaber zu entnehmen. Wenn allerdings Art. 4 ein solches Prinzip normiert und es im Titel III für die Mehrgebietslizenzierung hiervon keine Ausnahmebestimmung gibt, darf auch § 60 Abs. 1 VGG von diesem Prinzip nicht abweichen. Ferner geht aus der Gesetzesbegründung an verschiedenen Stellen hervor, dass die Wahrnehmungsbedingungen grundsätzlich beidseitig angemessen sein müssen.²¹⁰ Wenn bezweckt ist, aufgrund der Ausnahme „mit auf den Einzelfall zugeschnittenen Wahrnehmungsbedingungen in die Verhandlungen vor allem mit Rechtsinhabern einzutreten, die über ein besonders attraktives Repertoire verfügen“, wird der Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung indirekt eine Befugnis erteilt, solche Bedingungen festzulegen, die im Bereich der grenzüberschreitenden Nutzungsrechtsvergabe für Musikwerke für sie und Verwerter nachteilig, aber für ausgewählte Rechtsinhaber attraktiv sind. Eine solche nachteilige Bedingung könnte beispielsweise eine flexiblere Handhabung der Vergütung gegenüber Verwertern mit kürzeren Ausschüttungsfristen sein. Beides wären schärfere Bedingungen, die das Verhältnis zum Verwerter und der Verwertungsgesellschaften beträfen. Befürwortet man den Sinn und Zweck der Vorschrift in Abs. 1, Bedingungen zulasten von Verwertungsgesellschaft und Verwerter zuzulassen, so wirft dies die Frage auf, ob eine Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung damit nicht gegen ihre Treuhandstellung gegenüber allen anderen Berechtigten verstoßen würde. Ihre Treuhandfunktion ist unionsrechtlich durch die Richtlinie 2014/26/EU festgeschrieben, wie die Formulierung „zu deren kollektivem Nutzen“ in Art. 3 lit. a) zeigt.²¹¹ Wenn sie auf Kosten der übrigen Berechtigten abweichende Vertragsbedingungen vereinbaren kann, ist möglicherweise ein Missbrauch ihrer Treuhandstellung gegenüber ihren übrigen Treugebern gegeben. Der deutschen Ausnahmebestimmung ist eine weitere Schwäche vorzuwerfen. Die Richtlinie enthält neben Art. 4 nur punktuell Bestimmungen darüber, wie das Wahrnehmungsverhältnis angemessen auszugestalten ist, beispielsweise Art. 5 Abs. 6. Er verbietet es Verwertungsgesellschaften, die Beendigung des Wahrnehmungsverhältnisses von der Bedingung abhängig zu machen, die ent-
In der Begründung zu § 11 heißt es: „Die Interessen der Verwertungsgesellschaft an einer wirksamen und effizienten Rechtewahrnehmung sind dabei angemessen zu berücksichtigen.“ Zu § 12 heißt es: „Bei der Bemessung der angemessenen Frist sind die Interessen der Verwertungsgesellschaft an einer wirksamen und effizienten Rechtewahrnehmung ebenso zu berücksichtigen wie das Interesses des Rechtsinhabers […].“, BT-Drs. 18/7223, S. 75. Peifer, ZUM 2014, 453, 455.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
zogenen Rechte einer anderen Verwertungsgesellschaft zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen. Der deutsche Gesetzgeber entschied sich ausdrücklich dagegen, Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie umzusetzen. Eine solche Bedingung würde bereits gegen § 9 S. 2 VGG verstoßen und sei damit unwirksam.²¹² Wenn allerdings Art. 5 Abs. 6 nicht im Allgemeinen Teil bei § 12 VGG, der Beendigung der Rechtswahrnehmung, geregelt wird, so könnte eine Verwertungsgesellschaft sehr wohl einen Rechteentzug zur Mehrgebietslizenzierung von dieser Bedingung abhängig machen, da § 9 S. 2 für die Mehrgebietslizenzierung nicht gelten soll. Die deutsche Nichtumsetzung könnte also gegen Bestimmungen der Richtlinie verstoßen. Art. 31 der Richtlinie trifft im Bereich der Mehrgebietslizenzierung eine Sonderregelung zu Art. 5 Abs. 6. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechtsinhaber, die eine Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung mit der Repräsentation ihrer Online-Rechte an Musikwerken betraut haben, dieser die OnlineRechte an Musikwerken für Zwecke der Vergabe von Mehrgebietslizenzen für alle Gebiete wieder entziehen können, ohne ihr auch die Online-Rechte an Musikwerken für die Vergabe von Eingebietslizenzen zu entziehen, um selbst, über einen bevollmächtigten Dritten oder über eine andere Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, die die Anforderungen dieses Titels erfüllt, entsprechende Mehrgebietslizenzen erteilen zu können […].
§ 72 VGG lautet hingegen: „Eine Verwertungsgesellschaft […] ermöglicht es dem Berechtigten, seine Online-Rechte gebietsübergreifend anderweitig zu vergeben.“ Dem ist nicht zu entnehmen, dass eine bedingte Rechteherausnahme nicht gestattet ist. Damit ist der deutsche Gesetzgeber seiner Umsetzungspflicht nur unzureichend nachgekommen. Da § 60 Abs. 1 VGG nicht vorschreibt, dass die Wahrnehmungsbedingungen angemessen sein müssen, muss § 72 VGG dahingehend richtlinienkonform ausgelegt werden, um diese Regelungslücke zu schließen. Durch die Gesetzesbegründung wird dies bereits ermöglicht, da sie die Grenze des Zulässigen bei abweichenden Wahrnehmungsbedingungen in den sonstigen Richtlinienvorgaben zieht.²¹³ Eine solche Richtlinienvorgabe ist die verbotene Verknüpfung von der Rechteherausnahme mit der Wahrnehmung durch eine andere Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung auch im Bereich der Mehrgebietslizenzierung.
BT-Drs. 18/7223, S. 75. BT-Drs. 18/7223, S. 91.
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cc. Fazit Insgesamt ist die Ausnahmebestimmung in § 60 Abs. 1 VGG im Hinblick auf den Anreiz zur gebietsübergreifenden Rechtevergabe und Repertoireaggregation nur mäßig gelungen. Nur große Rechtsinhaber werden von ihr profitieren. Auf den Großteil der Urheber hat sie hingegen eher negativen Einfluss. Die Ungleichbehandlung lässt sie möglicherweise nach Alternativen zur gebietsübergreifenden kollektiven Rechtevergabe suchen. Ob die Vorschrift überhaupt Wirkungskraft entfalten wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls bietet sie Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen ebenso wie Rechtsinhabern ein Schlupfloch, ihre individuellen Wahrnehmungsbedingungen verteidigen zu können – möglicherweise auch zulasten anderer Rechtsinhaber. Die Grenze des Zulässigen scheint hiermit dehnbar.
b. Abschlusszwang, Tarifaufstellung, Gesamtverträge (§ 60 Abs. 2 VGG) aa. Abschlusszwang (§ 34 Abs. 1 S. 1 VGG) Auch der Abschlusszwang ist gemäß § 60 Abs. 2 VGG für die Mehrgebietslizenzierung ausgenommen. Er ist eine deutsche Sonderregelung und soll zur Vermeidung wettbewerbsverzerrender Auswirkungen im Bereich der multiterritorialen Rechtevergabe keine Anwendung finden.²¹⁴
(1) Sinn und Zweck Der Abschlusszwang²¹⁵ – früher in § 11 UrhWG geregelt – ist eine Stabilisierungsregel für die gesetzgeberisch gewünschten faktischen Monopolverwertungsgesellschaften.²¹⁶ Durch ihn wird gewährleistet, dass der Zugang zu Werken über Verwertungsgesellschaften für Verwerter nur in wenigen Ausnahmefällen²¹⁷ verwehrt bleibt. Urheber begeben sich damit ihrer ausschließlichen Verfügungsrechte: § 35 Abs. 1 S. 2 UrhG hebt die grundsätzliche Zustimmungsbedürftigkeit für Klett/Schlüter, K&R 2016, 567, 568. Zum Abschlusszwang nach dem VGG vgl. die Ausführungen bei Hilty, Kollektive Rechtewahrnehmung, in: Leistner, S. 143; Staats, www.vgwort.de/fileadmin/pdf/allgemeine_pdf/Save_ the_rights.pdf, S. 13; Stellungnahme der Initiative Urheberrecht zur Anhörung des BMJV vom 10.9. 2014, S. 7; zum Abschlusszwang nach UrhWG a.F. Riesenhuber/v. Vogel, in: Kreile/Becker/ Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 14, Rdnr. 30 ff. Vgl. die relativen Abschlusszwänge in § 17 II VGG-Ö, § 56 II 1 UrhG Griechenland und Art. 157 Nr. 1 lit. a URG Spanien; Banck, Kontrahierungszwang, S. 32 ff. m.w.N. Auch dieser nach dem Wortlaut des § 11 UrhWG absolute Kontrahierungszwang unterliegt Beschränkungen im Einzelfall, vgl. BGH, NJW-RR 2010, 612 ff. – Seeing is Believing; Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 11 UrhWG, Rdnr. 8.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
die Weitergabe von Nutzungsrechten in Fällen auf, in denen das ursprüngliche Nutzungsrecht zur Wahrnehmung für die Belange des Urhebers eingeräumt wurde. Da im Bereich der Mehrgebietslizenzierung Wettbewerb unter Verwertungsgesellschaften bereits Realität ist – also keine faktische Monopolstellung herrscht – und der Abschlusszwang über die europäischen Harmonisierungsvorgaben hinausgeht, ist er für diesen Bereich ausgenommen.²¹⁸ Seine Auswirkungen werden im Folgenden untersucht.
(2) Folge der Ausnahme: ausschließliche Enkelrechtseinräumung? Mit Wegfall des Abschlusszwangs könnte die bis dato allein zulässige Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts an den Rechtenutzer im Bereich der Mehrgebietslizenzierung um die Möglichkeit der Exklusivität erweitert werden. Für Online-Musikdienste könnte dies die Attraktivität von Verwertungsgesellschaften erhöhen. Denn Exklusivität ist in zunehmender Weise die Existenzgrundlage der digitalen Geschäftsmodelle für Musikverwertung.²¹⁹ Nicht nur im Filmbereich, wo aufgrund von Sprachbarrieren Exklusivität die Regel ist, hat sich auch im Musiksegment die künstliche Verknappung von Werkverfügbarkeit als probates Mittel erwiesen. Dies wird oft als Ratio proklamiert, warum mächtige Rechteinhaber ihre Rechte nur sehr zögerlich in Verwertungsgesellschaften einbrächten: Aufgrund des ihnen obliegenden Abschlusszwangs kann den Ausschließlichkeitsbedürfnissen des Marktes nicht mehr entsprochen werden, da er die Einräumung von einfachen Nutzungsrechten an jeden Verwerter zur Folge hat, der eine Vergütung für die Lizenzierung zahlt. Im Bereich der gebietsübergreifenden Rechtevergabe gilt dies nun jedoch nicht mehr. Die Verwertungsgesellschaft als Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts könnte gemäß § 31 Abs. 3 i.V.m § 35 UrhG nun ebenfalls ausschließliche Nutzungsrechte an Verwerter einräumen.²²⁰ Gerade die Tochtergesellschaften ICE und Armonia könnten hier musikdienstspezifisch agieren und über solche Flexibilität einen Anreiz zur Einbringung von Rechten bieten. Doch ob es praktikabel ist und sich faktisch durchsetzen wird, wo doch eine Lizenzierung des gesamten Repertoires in dem Wesen der Verwertungsgesellschaften verankert ist und für nachfolgende Lizenznachfrager erst ermittelt werden müsste, welches Repertoire nun überhaupt zur Verfügung steht, darf stark BT-Drs. 18/7223, S. 63. Hierzu oben, S. 21 ff. Ohly, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 31, Rdnr. 50. Eine Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten verfolgt auch nicht per se einen wettbewerbswidrigen Zweck, vgl. EuGH, Slg. 1982, 3381, Rdnr. 15 – Coditel II; EuGH, GRUR Int. 2011, 1063, 1072, Rdnr. 137 – FAPL/Murphy.
B. Regelungen des VGG
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bezweifelt werden. In der Praxis sind solche Bestrebungen denn auch nicht ersichtlich, sondern zumindest bei den Verwertungsgesellschaften-Hubs ausgeschlossen.²²¹ Exklusivität wird ausschließlich über die individuelle Verhandlung über Leistungsschutznutzungsrechte der Tonträgerhersteller erzielt. Insgesamt ist die Ausnahme vom Abschlusszwang in § 60 Abs. 2 VGG konsequent und richtig, da die Richtlinie einen solchen nicht kennt und Titel III eben vollharmonisierend ist. Faktische Auswirkungen kommen ihm in nächster Zeit nicht zu.
bb. Tarifaufstellungspflicht Anders als Verwertungsgesellschaften für die rein nationale Wahrnehmung sind multiterritorial lizenzierende Verwertungsgesellschaften und ihre Einrichtungen nicht zur Tarifaufstellung verpflichtet. Die in § 39 VGG geregelten Tarifgestaltungsgrundsätze hingegen bleiben in Einklang mit Art. 16 und Erwägungsgrund 31 der Richtlinie 2014/26/EU anwendbar, der auch für die Mehrgebietslizenzierung gilt. Da die Richtlinie selbst keine direkte Tarifaufstellungspflicht normiert,²²² wäre deren Geltung für die Vergabe von Mehrgebietslizenzen ein deutsches Mehr an Regulierung, was zu einem Wettbewerbsnachteil von Verwertungsgesellschaften mit Sitz in Deutschland führen würde. Andere europäische Mitgliedstaaten wie Österreich oder (noch) Großbritannien haben sich für eine ebenso wenig strengere Regulierung entschieden.²²³ Dadurch wird Flexibilität sichergestellt, mit Online-Musikdiensten und neuartigen Nutzungen angemessene Vergütungen aushandeln zu können. Dies kann sowohl zugunsten der Rechtsinhaber wie zugunsten der Rechtenutzer, je nach Verhandlungsstärke, wirken.
ICE beispielsweise vergibt stets ihr gesamtes Repertoire, EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 5 – ICE. Erwgr. 31 der Richtlinie 2014/26/EU verlangt allein, dass Verwertungsgesellschaften „und Nutzer Lizenzverhandlungen nach Treu und Glauben führen und Tarife anwenden sollten, die anhand objektiver und diskriminierungsfreier Kriterien festgelegt werden sollten.“ Siehe zu Art. 16 Guibault, in: Stamatoudi/Torremans S. 749 ff., Rdnr. 14.54 ff. Großbritannien: Sec. 15 (4) (b) und (c) Collective Management of Copyright (EU Directive) Regulations 2016 (CMCR 2016), 25th February 2016, abrufbar unter www.legislation.gov.uk/uksi/ 2016/221/introduction/made; innerhalb der Regelungen über die Mehrgebietslizenzierung normieren die CMCR 2016 selbst keine Tarifaufstellungspflicht. Österreich: § 37 Abs. 3 und 4 VGG-Ö kennen ebenfalls keine Tarifaufstellungspflicht.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
cc. Gesamtverträge Gemäß § 60 Abs. 2 VGG entfällt die Verpflichtung zum Abschluss von Gesamtverträgen im Bereich der Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten der Urheber. Diese Regelung ist auch im Zusammenhang mit anderen Vorschriften wie der Nichtgeltung von angemessenen Wahrnehmungsbedingungen und der fehlenden Tarifaufstellungspflicht zu sehen, die eine Flexibilisierung und Beschleunigung der Rechteklärung anreizen soll. Gesamtvertragsverhandlungen können über Jahre andauern, Beispiel hierfür ist der Gesamtvertrag der GEMA mit der BITKOM über die Nutzung von Online-Rechten bei Music-on-Demand, der über acht Jahre ausgehandelt wurde.²²⁴ Ein Rationalisierungseffekt, der in Form eines Gesamtvertragsrabattes an die Verwerter weitergegeben würde, fällt damit allerdings weg.²²⁵
c. Fazit Die Ausnahmeregelung des § 60 VGG steht ganz im Zeichen der richtlinienkonformen Umsetzung des Titels III. Dies gelingt nicht vollständig, sodass eine Art. 5 Abs. 6 entsprechende Auslegung des § 72 VGG nötig ist. Darüber hinaus jedoch werden alle den multiterritorialen Lizenzierungsprozess erschwerenden oder verlangsamenden Bestimmungen ausgenommen, sodass die europäische Ausgangssituation eines level playing field wiederhergestellt wird. § 60 VGG trifft weitreichende Ausnahmeregelungen zur Erleichterung des Lizenzverkehrs. Damit lässt sich festhalten, dass § 60 VGG einer angemessenen Lösung der erörterten Problemkreise Repertoirefragmentierung und Wahlfreiheit nicht im Wege steht, sie jedoch auch nicht befördert. Die Bedeutung von § 60 VGG ist vielmehr als für die Zielerreichung neutral einzuschätzen.
3. Repräsentationszwang (§ 69 VGG) Im Gegensatz hierzu ist § 69 VGG eine der zentralen Vorschriften zur Beförderung von Repertoireaggregation und Vergabe von multiterritorialen Lizenzen. Die Vorschrift wird im Folgenden auf ihre Effizienz hin untersucht.
Vgl. BITKOM-Stellungnahme, 1.12. 2014, S. 5. Gerlach, Nutzerperspektive, in: Zimmermann/Geißler, S. 33.
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a. Telos der Norm Die Wahrnehmungsverpflichtung in Bezug auf fremdes Repertoire bezweckt, die Mehrgebietslizenzierung durch die tatsächliche Umsetzung und Praktizierung des Hub-Modells voranzutreiben. Die diesbezüglichen Vorschriften in Art. 29 und Art. 30 der Richtlinie 2014/26/EU dienen – zusammen mit den Erwägungsgründen 44 und 46 – dem in Erwägungsgrund 40 festgehaltenen Ziel, Verwertungsgesellschaften zur Vergabe von Mehrgebietslizenzen zu „ermuntern“. Die Verpflichtung zur Repräsentation soll hierfür Durchsetzungsmittel sein. Den Richtlinienbestimmungen entsprechend sieht auch der deutsche Gesetzgeber in § 69 VGG eine Kernbestimmung der Regelungen zur gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Nutzungsrechten.²²⁶
b. Regelungsgehalt Abs. 1 enthält eine Verpflichtung zum Abschluss einer Repräsentationsvereinbarung unter Einhaltung der in Abs. 3 normierten Beschränkung auf ihren nichtexklusiven Charakter. Danach haben Verwertungsgesellschaften einen Anspruch auf Abgabe der entsprechenden Willenserklärung der beauftragten Verwertungsgesellschaft, wenn diese bereits für mindestens eine andere Verwertungsgesellschaft gebietsübergreifende Nutzungsrechte in einer bestimmten Kategorie von Rechten anbietet oder erteilt. Damit werden für die Geltung des Zwangs bestimmte Voraussetzungen festgeschrieben, die die beauftragte Verwertungsgesellschaft aus Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht übermäßig belasten dürfen: Um Anspruchsgegner sein zu können, darf die zu beauftragende Verwertungsgesellschaft nicht nur ihr eigenes Repertoire gebietsübergreifend zur Verfügung stellen, sondern muss dies bereits für mindestens eine weitere Verwertungsgesellschaft tun.²²⁷ Weiter ist der Anspruch auf die Rechtekategorie, in der Mehrgebietslizenzen angeboten oder erteilt werden, beschränkt. Auf eine bereits existierende Vergabepraxis von mehrfach territorialen Rechten kommt es nicht an. Weiter hat die Norm allein die konkrete Bündelung von gesamtem Repertoire zum Ziel, nicht aber die Bündelung von Rechten für bestimmte Nutzungsarten. So sollen Verwertungsgesellschaften nicht dem Repräsentationszwang unterliegen, wenn sie „bloß Rechte an denselben Werken bündeln, um das
BT-Drs. 18/7223, S. 92. So liest sich Erwgr. 46; der Repräsentationszwang greift also dann nicht, wenn eine Verwertungsgesellschaft ihr eigenes Repertoire selbst nicht gebietsübergreifend anbietet, aber dasjenige von zwei anderen Verwertungsgesellschaften.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Recht zur Vervielfältigung und das Recht zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke zusammen vergeben zu können“.²²⁸
c. Nicht-Ausschließlichkeit der Repräsentationsvereinbarungen Fraglich ist, ob § 69 VGG tatsächlich tauglich ist, die Repertoirefragmentierung und die dadurch hervorgerufenen Transaktionskosten zu minimieren. Dagegen wird seitens der Verwertungsgesellschaften vorgebracht, die gesetzliche Pflicht zur nicht-ausschließlichen Einräumung der Rechte an dem jeweiligen Repertoire würde dazu führen, dass die Rechtsunsicherheit bei Verwertungsgesellschaften wie Verwertern noch erhöht werde. Denn zum einen könnten die Mehrgebietslizenzen anbietenden Verwertungsgesellschaften nicht überblicken, zu welchen Überschneidungen es bei paralleler Vergabe innerhalb des lizenzierten Repertoires komme.²²⁹ Die Ermittlung der Repertoirezugehörigkeit würde ungleich schwieriger, wenn jeder Hub potentiell das Repertoire von kleineren Verwertungsgesellschaften gebietsübergreifend lizenzieren kann.²³⁰ Ein Anreiz zum Aufbau eines kosteneffizienten Lizenzierungssystems nach dem Hub-Modell würde so gerade nicht geschaffen. Denn unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten würden Verwertungsgesellschaften, die theoretisch in der Lage wären, die gesetzlich normierten „besonderen Anforderungen“ gemäß § 61 VGG zu stemmen, genau überdenken, ob sie die Aufwendungen für die geforderte Repertoiredokumentation und Errichtung neuer technischer Lösungen auf sich nehmen wollen, wenn ihnen nicht einmal die Möglichkeit eröffnet wird, über exklusive Verträge zumindest für einen gewissen Zeitraum diese Kosten amortisieren zu können. Da der Verwerter für ein und denselben Nutzen, nämlich die Mehrgebietslizenz für ein bestimmtes Repertoire, nicht doppelt vergüten möchte, folgen Zuständigkeitsprobleme und Abrechnungsschwierigkeiten bei der Lizenzierung.²³¹ Es müsste eine Abstimmung unter den Hubs erfolgen, welcher von ihnen in welchem Fall die Lizenzierung des einen konkreten Repertoires, das die beauftragende Gesellschaft mehreren von ihnen zur paneuropäischen Lizenzierung eingeräumt hat, tatsächlich vornimmt, sodass es nicht zu Überschneidungen kommt. Zusätzlich erhöht sich für den Online-Musikdienst der Aufwand der Rechteklärung, da eben nicht jeder Hub über ein identisches Repertoire verfügt. Es bleibt der beauftragenden Gesellschaft überlassen, ihr Repertoire mehreren Hubs einzuräumen oder es bei einer nicht-ausschließlichen Einräumung an eine hub-fähige
Erwgr. 46 der Richtlinie 2014/26/EU. Holzmüller, ZUM 2013, 168, 173. Vučković, IIC 2016, 28, 49; Holzmüller, ZUM 2013, 168, 173. Holzmüller, ZUM 2013, 168, 173.
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Verwertungsgesellschaft ihres Vertrauens zu belassen. Damit bleibt es dem Verwerter überantwortet, die Schnittmengen zu eruieren und evtl. fehlende Rechte bei anderen Hubs einzuholen. Eine Eingrenzung der Repertoirefragmentierung wird durch die Nicht-Ausschließlichkeit der Repräsentationsvereinbarungen torpediert. Eine konkurrierende Wahrnehmung von Rechten an identischen Werken durch mehrere Hubs ist die Folge. Wenn aber eine solche Konkurrenzsituation herausgefordert wird – immer gesetzt den Fall, dass beauftragende Verwertungsgesellschaften tatsächlich ihr Repertoire mehreren Hubs einräumen –, werden andere Mechanismen aktiviert, um in diesem neuen Wettbewerb zu bestehen. Naheliegend erscheint daher die Befürchtung, dass Steuerungsinstrument der Nachfrage die Lizenzhöhe sein wird. Durch geringe Lizenzgebühren könnten möglichst viele Verwerter bei einem Hub vereint werden.²³² Ein oft befürchteter race to the bottom würde auf diese Weise provoziert. Dagegen spricht jedoch, dass die Selbstregulierungskräfte des Verwertungsgesellschaftenmarktes eine solche Preis-Abwärtsspirale verhindern werden. Denn auch die beauftragende Verwertungsgesellschaft wird ihr Repertoire nur einer Hub-Gesellschaft auf Dauer überlassen, wenn sie aus der so ermöglichten paneuropäischen Lizenzierung für ihre Berechtigten verhältnismäßig angemessene Vergütungen generieren kann. Dies ist auch im Hinblick auf die jeweils anfallenden Verwaltungskosten zu sehen.²³³ Nur wenn eine Kosten-Nutzen-Analyse der beauftragenden Verwertungsgesellschaft ergibt, dass die Verwaltungskosten von mehreren Hubs mit einer stärkeren Verbreitung und Lizenzierung ihres Repertoires und damit höheren Vergütungseinnahmen zu rechtfertigen sind, wird sie sich für eine mehrfache Einräumung ihres Repertoires zu dann im Vergleich höheren Verwaltungskosten entscheiden. Ein Zwang zur mehrfachen Repertoirevergabe besteht nicht.²³⁴ Dies sind jedoch faktische, nicht rechtliche Argumente, die die Bedrohungssituation durch die Nicht-Ausschließlichkeit der Repräsentationsverträge abmildern können. Sollte sich die tatsächliche Ausgangslage einmal verändern, werden die Befürchtungen wieder erstarken.
So die Kritik an der Nicht-Ausschließlichkeit der Repräsentationsvereinbarungen bei Müller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 63. Drexl, Collective Management of Copyrights, in: Purnhagen/Rott, S. 470. Dies stellt die Gesetzesbegründung der Bundesregierung im Gegensatz zum Referentenentwurf nun deutlich klar, vgl. BT-Drs. 18/7223, S. 93. Die Substituierbarkeit des Lizenzportfolios wird dadurch nicht erreicht, und damit auch kein Wettbewerb um Rechtenutzer, so aber im Richtlinienprozess gefordert von Janik/Tiwisina, ZUM 2013, 177, 178.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
d. Komplexität des Systems: Inhalt von Repräsentationsvereinbarungen Je höher der Grad der Komplexität des neuartigen Systems, desto stärker mindert sich auch die Anreizwirkung zur Minimierung der Repertoirezersplitterung, bzw. der gemeinsamen Durchführung von Mehrgebietslizenzierungen. Ein Rechtsinhaber wird seine Online-Rechte nur über kollektive Strukturen wahrnehmen lassen, wenn er Vergütungsgerechtigkeit erwarten kann. Innerhalb von Repräsentationsverträgen könnten daran Zweifel bestehen, wenn die beauftragte Verwertungsgesellschaft mit seinen Rechten in diskriminierender Weise verfährt.
aa. Vergütung für eine grenzüberschreitende Lizenz Entschließt sich eine weniger leistungsstarke Verwertungsgesellschaft dazu, Mehrgebietslizenzen ihres Repertoires über eine andere Verwertungsgesellschaft erteilen zu lassen, so wird die beauftragte, einziehende Verwertungsgesellschaft über eine entsprechende Repräsentationsvereinbarung das Vergütungsaufkommen über das wahrgenommene Repertoire an die beauftragende Verwertungsgesellschaft ausschütten. Die richtliniengemäßen Angaben zu den eingezogenen Vergütungen schlüsseln sich in 1. territoriale Nutzungs- und Zeiträume, 2. hinsichtlich jedes Online-Rechts und 3. hinsichtlich jedes Anbieters eines OnlineDienstes auf, die die beauftragte Verwertungsgesellschaft der anderen Verwertungsgesellschaft zu übermitteln hat, vgl. § 68 Abs. 3 i.V.m Abs. 1 und 2 VGG in Umsetzung von Art. 28 Abs. 3 i.V.m Abs. 1 und 2 der Richtlinie. Bei einer multiterritorialen Multirepertoire-Lizenzierung im Online-Musikbereich werden transactional licences vergeben, das heißt, es wird jede einzelne Nutzung abgerechnet, grundsätzlich wird aber eine Blankolizenz²³⁵ erteilt. Erhält also ein Musikdienst eine gebietsübergreifende Lizenz, so muss er sie nicht EU-weit nutzen, er zahlt nur für die tatsächliche Wahrnehmung.²³⁶ Aus diesem Grund ist eine unionsweite Lizenzvergabe für einen nur partiell EU-weit tätigen Musikdiensteanbieter nicht
Eine Blankolizenz für das Weltrepertoire für die monoterritoriale Nutzung wird über einen Pauschalpreis abgerechnet, der das tatsächliche und potentielle Publikum der Repertoires widerspiegelt. Der nationale Online-Musikdienst vergütet im Ergebnis die Nutzungsmöglichkeit des gesamten Repertoires, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 8, 20 – ICE. Berechnungsbasis sind meistens Nettoeinnahmen des Musikdienstes, von denen ein prozentualer Anteil abgeführt wird, vgl. für die GEMA in Deutschland die Vergütungssätze VR-OD 8 für die Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires im Rahmen von entgeltlichen Streaming-Angeboten (sogenannte „unlimitierte Abonnements“) und Vergütungssätze VR-OD 9 für die Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires im Rahmen von sogenannten Ad-funded-Streaming-Angeboten, siehe oben, 2. Teil, Fn. 146. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 20 – ICE.
B. Regelungen des VGG
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von Nachteil und wird daher auch vermehrt praktiziert.²³⁷ Sofern der Verwerter sein Geschäftsmodell auf weitere EU-Länder erweitert, entstehen ihm keine Transaktionsmehrkosten, da er bereits EU-weit lizenziert ist.²³⁸ Ausschließlich die zu übermittelnden Datenmengen ändern sich. Allerdings spielt die Frage der Vergütungsvereinbarung eine große Rolle bei der vereinbarten Höhe der Vorauszahlung durch den Musikdienst, in der die voraussichtliche Repertoirenutzung einkalkuliert wird. Doch wie die einzelnen territorialen Rechte bewertet werden, ist damit noch nicht geklärt. Möglicherweise wird jedes Recht in jedem Mitgliedstaat, der Bestandteil einer Mehrgebietslizenzierung ist, unterschiedlich bewertet. Dies hieße, dass jedes nationale Repertoire einer Verwertungsgesellschaft in Beziehung zu seinem Wert bei Nutzung in jedem anderen Mitgliedstaat gesetzt würde: wie viel ist beispielsweise das kroatische Repertoire im Rahmen seiner Mehrgebietslizenzierung durch ICE bei der Nutzung in Tschechien, Deutschland, Frankreich und Italien wert? Eine auf diese Weise ermittelte Vergütungshöhe würde allerdings stärker nachgefragtes Repertoire, wie das anglo-amerikanische, eindeutig bevorzugen. Ökonomisch betrachtet weist es eine höhere Wertigkeit auf als beispielsweise tschechisches oder kroatisches Repertoire: Es erfreut sich durchgängig europaweit einer größeren Beliebtheit als beispielsweise das tschechische Repertoire in Italien. Da soziale und kulturelle Abzüge keine Berücksichtigung finden müssen – nur dann, wenn die beteiligten Verwertungsgesellschaften in dieser Frage übereinstimmen, § 45 VGG (Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie) –, würde hierdurch der ökonomische Wert in den Vordergrund gerückt, eine Stärkung des englischsprachigen Repertoires und eine Entwertung des kontinental-europäischen Repertoires wird prognostizierbar.²³⁹ Dieser Befürchtung lässt sich aber begegnen. Eine Einflussnahme der beauftragenden Verwertungsgesellschaft auf die Höhe der Lizenzgebühr für ihr Repertoire sieht das Gesetz nicht vor. Die beauftragte Verwertungsgesellschaft allein bestimmt das „vernünftige Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert der Rechtenutzung in einem bestimmten Zusammenhang“.²⁴⁰ Die Grundsätze der Tarifgestaltung aus § 39 VGG sind lediglich im Verhältnis zum Verwerter gemäß § 60 Abs. 2 S. 2 VGG anwendbar, nicht aber im Verhältnis zur beauftragenden Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung. Nach § 69 Abs. 2 VGG (Art. 29 Abs. 3 der Richtlinie) hat die Hub-Verwertungsgesellschaft die antragende Vertrags
EU-Kommission, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 54, 55 – Sony. Vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 62 – ICE. Vučković, IIC 2016, 28, 51. Erwgr. 31 der Richtlinie 2014/26/EU.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
partnerin über die zentralen Bedingungen für die Lizenzvergabe lediglich zu informieren. Gleichzeitig darf sie das Huckepack-Repertoire nicht anders behandeln als ihr eigenes, § 73 Abs. 1. Der Gesetzgeber fördert damit eine einseitige Festlegung der Lizenzbedingungen durch die beauftragte Verwertungsgesellschaft. Damit soll das System der Repertoirerepräsentation möglichst einfach und schnell gehalten werden. Langwierige Verhandlungen über die Vergütungshöhe sollen vermieden werden, genauso wie die Diskriminierung von Huckepack-Repertoire. Da die mehrgebietslizenzierende Verwertungsgesellschaft alle besonderen Voraussetzungen für die Vergabe von Mehrgebietslizenzen erfüllt (§ 61 VGG), wird vermutet, dass bereits vernünftige und gerechte Tarife für die Mehrgebietslizenzierung von Repertoire, und zwar einheitlich für den gesamten europäischen Raum,²⁴¹ etabliert wurden. Dies führt aber auch dazu, dass nicht nach Qualität des Repertoires entschieden wird. Gesichtspunkte der Attraktivität des Repertoires fließen nicht in die Vergütungsberechnung innerhalb des Systems der Urheber-Verwertungsgesellschaften ein. Weichen Passport-fähige Verwertungsgesellschaften in ihrer Bewertung des Repertoires voneinander ab, wird sich die beauftragende Verwertungsgesellschaft gegen eine Mehrfachbeauftragung von Verwertungsgesellschaften entscheiden und der oben bereits dargestellte nicht-ausschließliche Charakter der Repräsentationsvereinbarung läuft leer. Die Regelungen über die Vergütung innerhalb von Repräsentationsvereinbarungen zur Huckepack-Mehrgebietslizenzierung erzeugen Vergütungsgerechtigkeit. Sie schaffen einen Anreiz für Urheber, ihr Repertoire zur kollektiven Mehrgebietslizenzierung freizugeben.
bb. Abzüge von der Vergütung Noch nicht erörtert wurde aber, ob sich eine kleinere Verwertungsgesellschaft die Mandatierung leisten und damit überhaupt erst in den Markt der Mehrgebietslizenzierung eintreten können wird.²⁴² Nur dann würde eine Repertoireaggregation bei einem Hub erreicht. Entscheidender Faktor sind hier die Kosten der beauftragten Verwertungsgesellschaft für die Übernahme des Fremd-Repertoires. Sie werden von der Vergütung abgezogen. Wenn der Abzug so hoch ist, dass der Mehrwert einer multiterritorialen Lizenzierung verschwindet, wird sich eine kleine Verwertungsgesellschaft gegen die Huckepack-Lösung entscheiden. Der (Unions‐)Gesetzgeber setzt zwar eine Obergrenze der Verwaltungskosten fest: die
EU-Kommission, Sache COMP/M. 8018, Rdnr. 56, 65 – Sony. Skeptisch auch Guibault/van Gompel, Collective Management, in: Gervais, S. 172.
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beauftragte Verwertungsgesellschaft kann nur solche Verwaltungskosten geltend machen, die vernünftigerweise entstanden sind, § 73 Abs. 3 VGG (Art. 30 Abs. 5). Da aber die Vergabe von Mehrgebietslizenzen angeregt werden soll, kann dies nur dann gelingen, wenn die grenzüberschreitende Lizenzierung von mehreren Repertoires für Huckepack-Hubs mindestens ein Nullsummengeschäft ist. Beide Interessen – möglichst niedrige Verwaltungskosten für kleine Verwertungsgesellschaften und vernünftiger Ausgleich der entstandenen Mehrkosten bei Huckepack-Hubs – sind in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Vorrangig scheint der Anreiz für kleinere Verwertungsgesellschaften, sich grundsätzlich für eine Beauftragung zu entscheiden. Ansonsten würde eine Repertoireaggregation vereitelt. Das Merkmal der vernünftiger Weise entstandenen Verwaltungskosten sollte daher eng ausgelegt werden. Es können allerdings weitere Kosten hinzukommen, wenn die beauftragende Verwertungsgesellschaft Repertoireinformationen unzureichend oder in mangelhafter Form zur Verfügung stellt. Für die Aufbereitung der Informationen kann die beauftragte Verwertungsgesellschaft wiederum die Kosten geltend machen, die hierfür vernünftigerweise angefallen sind, § 70 Abs. 2 Nr. 1 VGG (Art. 30 Abs. 6). Es ist nicht unwahrscheinlich, dass gerade kleinere Verwertungsgesellschaften zunächst erhebliche Investitionen in ihre Datenaufbereitung tätigen oder aber externe Dienstleistungen hierfür in Anspruch nehmen müssen, um zusätzliche Kosten zu vermeiden. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Der hierdurch gesetzte Anreiz zur Schaffung einheitlicher Standards ist jedoch nicht von der Hand zu weisen.
e. Kein Zwang zur tatsächlichen Lizenzierung von Fremd-Repertoire § 69 Abs. 1 S. 1 VGG verpflichtet eine Hub-Verwertungsgesellschaft lediglich zum Abschluss einer Repräsentationsvereinbarung und damit zur Aufnahme des repräsentierten Repertoires in ihr Angebot an Online-Musikdienstleister. Es besteht keinerlei Zwang zur tatsächlichen Lizenzierung des Fremdrepertoires. § 73 Abs. 2 VGG (Art. 30 Abs. 4) verlangt lediglich eine Aufnahme in das Repertoire-Angebot. Naheliegend ist daher die Befürchtung, Nischenrepertoire und Werke nationaler Prägung würden mangels grenzüberschreitender Nachfrage zu einem Schattendasein degradiert²⁴³ und eine Repräsentation über einen Hub nicht wirtschaftlich. Damit würde einer Perpetuierung der Vormachtstellung der bereits marktstarken großen Rechtsinhaber Vorschub geleistet und Kulturdiversität mangels Förderung
Vučković, IIC 2016, 28, 50.
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der Rentabilität hintangestellt.²⁴⁴ Enthielte die Richtlinie einen Lizenzierungszwang des repräsentierten Repertoires, wären Vergütungseinnahmen zumindest wahrscheinlicher. Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit § 73 VGG an den Wortlaut der Richtlinie gehalten. Zwar sollen insbesondere kleine und weniger bekannte Repertoires in den Mitgliedstaaten Zugang zum Binnenmarkt erhalten,²⁴⁵ dieser wird ihnen jedoch bereits über ihre nationalen Verwertungsgesellschaften und Gegenseitigkeitsverträge gewährt. Befürchtungen, wonach ohne eine Lizenzierungspflicht die Richtlinie ihren Zweck verfehlt und der Status quo einer Monorepertoire-Mehrgebietslizenzierung von erfolgreichem Mainstream-Repertoire mit nationaler Lizenzierung des Repertoires der kleineren Verwertungsgesellschaft verfestigt würde, können beschwichtigt werden. Das Ziel, zumindest einen Teil des Weltrepertoires dem Endrezipienten über Hubs auch im Ausland zugänglich zu machen und kulturelle Vielfalt zu fördern, ist bereits durch die bloße Aufnahme in das Angebot zu erreichen. Da eine nutzungsgenaue Abrechnung vorgesehen wurde, würde selbst eine Lizenzierungspflicht nicht zwangsläufig zu mehr Einnahmen und stärkerer Nutzung des Repertoires führen. Zumindest von Verwertungsgesellschaften initiierte Hubs wie ICE und Armonia haben ein berechtigtes Interesse daran, Rosinenpicken der Online-Musikdienste zu vermeiden. Da sie treuhänderisch für alle Rechtsinhaber tätig werden, ist ihnen daran gelegen, ihr System von Quersubventionierung und Kulturförderung aufrecht zu erhalten. So ist beispielsweise bei ICE eine Lizenzierung von ausgewähltem Repertoire ausgeschlossen.²⁴⁶ Online-Musikdienste verlangen ihrerseits Zugang zu vollständigem Repertoire, um die Nachfrage der Endrezipienten umfassend befriedigen zu können. Dass § 73 Abs. 2 VGG lediglich die Aufnahme des Fremd-Repertoires in das Angebot vorsieht, wirkt sich nicht nachteilig auf die Rechtsinhaber aus.
f. Wirkungskraft des Repräsentationszwangs Es ist fraglich, ob der Repräsentationszwang in absehbarer Zeit Wirkung entfalten wird.
Kritisch bereits zum Richtlinienentwurf Graber, The WIPO Journal,Vol. 4, No. 1, 2012, 35, 41 ff. BT-Drs. 18/7223, S. 94. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 5 – ICE.
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aa. Deutsche Verwertungsgesellschaften Abgesehen davon, dass die GEMA ihr Repertoire zur gebietsübergreifenden Lizenzierung von Online-Nutzungen bereits der ICE Services in London zur Wahrnehmung eingeräumt hat,²⁴⁷ hat sie zuvor keine Mehrgebietslizenzen an ihrem eigenen oder dem Repertoire einer anderen Verwertungsgesellschaft vergeben. Damit ist die GEMA als Hub entgegen der gesetzgeberisch postulierten Annahme²⁴⁸ selbst kein tauglicher Adressat des Repräsentationszwangs. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die GEMA an der gebietsübergreifend lizenzierenden ICE Services beteiligt ist. Sie selbst vergibt keine Mehrgebietslizenzen.
bb. Deutsche Verwertungseinrichtungen Eine Anwendung des deutschen Repräsentationszwangs käme aber für ihre Tochter ARESA mit Sitz in München infrage. Dafür ist zunächst erforderlich, dass § 69 VGG tatsächlich auf abhängige Verwertungseinrichtungen Anwendung findet. Hier ist die Richtlinie und infolgedessen § 3 VGG aber eindeutig: Sofern die Tochtergesellschaft Tätigkeiten einer Verwertungsgesellschaft ausübt – Lizenzierung ist das zentrale Betätigungsfeld einer Verwertungsgesellschaft –, sind auf sie dieselben Vorschriften entsprechend anwendbar, also auch und vor allem §§ 59 ff. VGG. ARESA nimmt ausschließlich das Repertoire von BMG Rights Management wahr. Ihr wurden die Online-Vervielfältigungsrechte vom Rechtsinhaber BMG originär zur Wahrnehmung eingeräumt. Die dazugehörigen Online-Wiedergaberechte der anglo-amerikanischen Verwertungsgesellschaften ASCAP, BMI, SESAC, AMRA, SOCAN, PRS, IMRO, APRA und SAMRO werden ihr über ihre Muttergesellschaft GEMA vermittelt,²⁴⁹ um eine gebietsübergreifende Lizenzierung des gesamten Online-Repertoires von BMG aus einer Hand zu ermöglichen. Damit könnte sie grundsätzlich die Voraussetzungen des Repräsentationszwangs erfüllen: Eine Verwertungsgesellschaft oder abhängige Verwertungseinrichtung muss den Antrag annehmen, wenn sie bereits Mehrgebietslizenzen für dieselbe
GEMA-Jahrbuch 2016/2017, S. 37. BT-Drs. 18/7223, S. 68. Dass ARESA selbst über Repräsentationsvereinbarungen mit den genannten Verwertungsgesellschaften verbunden ist, ist nicht auszuschließen, aber nicht wahrscheinlich, da beispielsweise ASCAP lediglich mit solchen Gesellschaften kooperiert, die originär performing rights wahrnehmen, was ARESA nicht tut. Als „affiliated foreign society“ wird sie bei ASCAP nicht gelistet, vgl. www.ascap.com/about/collecting/affiliated.aspx. Grundsätzlich gelten aber für abhängige Verwertungseinrichtungen die Bestimmungen über Repräsentationsvereinbarungen gemäß Art. 14 und 15 der Richtlinie ebenfalls.
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Kategorie von Online-Rechten an Musikwerken aus dem Repertoire einer oder mehrerer anderer Verwertungsgesellschaften vergibt oder anbietet. Allerdings unterliegt sie aus einem anderem Grund nicht dem Repräsentationszwang gem. § 69 VGG. § 69 Abs. 1 S. 2 VGG bestimmt, dass die Verpflichtung nur hinsichtlich der Kategorie von Online-Rechten besteht, die die Einrichtung bereits gebietsübergreifend vergibt. Hinsichtlich der Vervielfältigungsrechte von BMG nimmt ARESA aber nicht bereits für mindestens eine andere Verwertungsgesellschaft Vervielfältigungsrechte wahr. Hinsichtlich der Wiedergaberechte nimmt ARESA diese nicht originär und unmittelbar wahr, sodass das Merkmal „für mindestens eine andere“ Gesellschaft zumindest fraglich ist. In jedem Fall aber sieht Erwägungsgrund 46 der Richtlinie exakt für diesen Sachverhalt eine Ausnahme vor: Der Repräsentationszwang sollte für Einrichtungen nicht gelten, „die bloß Rechte an denselben Werken bündeln, um das Recht zur Vervielfältigung und das Recht zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke zusammen vergeben zu können.“ Bedeutsam ist dies für alle Einrichtungen, die infolge der Kommissionsempfehlung für die Wahrnehmung der Vervielfältigungsrechte der großen Musikverlage gegründet wurden, egal in welchem Mitgliedstaat sie ansässig sind. ARESA, ebenso wie die lizenzierende SOLAR Ltd. mit Sitz in London (Sony/EMI-Repertoire), unterfällt daher nicht dem Repräsentationszwang, obschon dieser grundsätzlich auch für Tochtergesellschaften gilt. Da das deutsche Umsetzungsgesetz eine dem Erwägungsgrund 46 entsprechende ausdrückliche Ausnahme nicht enthält, ist dieser bei Auslegungsfragen des § 69 VGG stets zu berücksichtigen.
cc. EU-Verwertungseinrichtungen Der Repräsentationszwang entfaltet seine Wirkung für die französische Armonia und die britische ICE Services.²⁵⁰ Beide lizenzieren das eigene und mindestens ein weiteres Repertoire einer Verwertungsgesellschaft gebietsübergreifend. Nach dem Sitzlandprinzip der Richtlinie (siehe oben, S. 118) gilt für sie aber das französische und britische Umsetzungsgesetz. Sofern beide Regelungen richtliniengemäß umgesetzt wurden,²⁵¹ können kleinere und mittlere Verwertungsgesellschaften ihnen entsprechende Repräsentationsvereinbarungen in der Gewissheit antra-
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 13 – ICE. In Großbritannien in Sec. 29 CMCR 2016 umgesetzt, der allerdings nicht verlangt, dass die beauftragte Verwertungsgesellschaft neben dem mindestens einer anderen Verwertungsgesellschaft bereits ihr eigenes Repertoire gebietsübergreifend vergibt. Spätestens der EuGH wird über diese Voraussetzung zu urteilen haben. In Frankreich umgesetzt in Art. L. 325 – 3 Ordonnance n° 2016 – 1823 du 22 décembre 2016.
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gen, nicht abgelehnt werden zu dürfen. Allerdings schwebt über derartigen Anträgen stets das Damoklesschwert des europäischen und gegebenenfalls nationalen Wettbewerbsrechts. Die EU-Kommission behält sich ausdrücklich eine kartellrechtliche Prüfung jedes weiteren Hinzukommens eines Dritt-Repertoires vor – sei es von einer Verwertungsgesellschaft oder einem Option-3-Verlag.²⁵²
g. Bewertung der Regelung eines Repräsentationszwangs Die oben erörterten Probleme zeigen, dass der Repräsentationszwang zahlreiche Unwägbarkeiten enthält, deren Auswirkungen auf die bestehenden Strukturen nur schwerlich einzuschätzen sind. Viel wird davon abhängen, inwieweit Verwertungsgesellschaften untereinander zur Kooperation bereit sind und ob die EUKommission ihre Haltung zu wettbewerbsrechtlich scheinbar bedenklichen Absprachen überdenken kann. § 69 VGG allein ist nicht geeignet, Transaktionskosten und Repertoirefragmentierung zu minimieren. Gleichzeitig wird hierdurch eher eine abschreckende Wirkung erzeugt, Mehrgebietslizenzen überhaupt anzubieten, da die Aufbaukosten eines solchen Systems erheblich und nicht einfach zu amortisieren sind. Darüber hinaus soll es den mandatierenden Verwertungsgesellschaften unbenommen bleiben, weiterhin Eingebietslizenzen für ihren Sitzstaat zu erteilen (siehe hierzu oben, S. 125),²⁵³ sodass wenig Anreiz besteht, an dem über Gegenseitigkeitsverträge gewährleisteten Status quo etwas zu ändern. Dies wird dadurch bestärkt, dass die großen Rechteinhaber wieder dazu übergegangen sind, ihr (Online-Vervielfältigungs‐)Rechterepertoire den einzelnen nationalen Verwertungsgesellschaften zur Eingebietslizenzierung zurückzugeben.²⁵⁴ Eine Lizenzierung des Weltrepertoires, begrenzt auf das Verwaltungsgebiet einer Verwertungsgesellschaft im Online-Bereich, erscheint nun wieder möglich. Die Richtlinie hätte hier eine Beschränkung der Wahlmöglichkeit vorsehen können, die bei einem vorhandenen Angebot eines gebietsübergreifenden Rechterepertoires eine daneben denkbare Eingebietslizenzierung unmöglich gemacht hätte. Die ICE Services hat diesen Gedanken bereits übernommen und ist einer wünschenswerten Regulierung bereits voraus: Auf vertraglicher Ebene verhindert ICE Services die Lizenzierung von Monorepertoire und die Erteilung von Einzelstaatsli-
EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 64 – ICE. Instruktiv Lichtenegger, Verwertungsgesellschaften, S. 452 ff. Vgl. Erwgr. 46 der Richtlinie 2014/26/EU. Vgl. für das Repertoire von AMRA Ingham, Artikel vom 8.6. 2015, musicbusinessworldwide.com; für IMPEL-Verlage vgl. https://www.prsformusic.com/what-we-do/who-we-work-with/ impel unter „What about services not on a multi-territory level?“.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
zenzen an grenzüberschreitende Online-Dienste.²⁵⁵ Eine solche Regelung auf Gesetzes- und nicht bloß vertraglicher Ebene hätte die Durchschlagskraft der Mehrgebietslizenzierung deutlich erhöht. Eine Abkehr von der Praxis, an alle europäischen Verwertungsgesellschaften zur EU-weiten Online-Nutzung von Urheberrechten an Musikwerken herantreten zu müssen, ist nur in Sicht, wenn tatsächlich auch das Weltrepertoire multiterritorial von weniger Stellen zu erhalten ist, da sich nur dann die Transaktionskosten verringern. Der Erfolg einer multiterritorialen Lizenzierung hängt also maßgeblich von dem Willen der Repertoireinhaber, aber auch der Nachfrage der Verwerter ab, multiterritoriale Lizenzierung zu wählen. Da der Repräsentationszwang außerdem nur greift, wenn die zu mandatierende Verwertungsgesellschaft nicht nur ihr eigenes, sondern auch Repertoires anderer Verwertungsgesellschaften zur Mehrgebietslizenzierung anbietet, könnten sich die Verwertungsgesellschaften zunächst auf die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten allein ihres Repertoires zurückziehen.²⁵⁶ Sollte eine Entwicklung in diese Richtung eintreten, verlöre die „Huckepack“-Lösung der Richtlinie an Bedeutung, die Lizenzierungspraxis verlagerte sich von der territorialen Problematik hin zu einem Repertoireaggregationsproblem.²⁵⁷ Gerade wenn für eine Nutzungsart erforderliche unterschiedliche Rechte bei verschiedenen Einrichtungen liegen – wie im Online-Musiksegment durch die Praxis der Majors etabliert –, wäre es unter Effizienzgesichtspunkten wünschenswert, über eine Verpflichtung zur Wahrnehmung der anderen Rechtekategorie eine Aggregation der benötigten Rechte aus einer Hand zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch ausdrücklich für eine freiwillige Bündelung entschieden. Der Vertrauensvorschuss in Marktmechanismen, die diese Entwicklung befördern sollen, ist groß. Insgesamt hängt die Anreizwirkung des Repräsentationszwangs davon ab, ob ein Repertoire von kleineren und mittleren Verwertungsgesellschaften überhaupt am Markt der Mehrgebietslizenzierung nachgefragt wird. Nicht unwahrscheinlich ist, dass die bestehenden Hubs wegen ihres marktstarken Repertoires konsultiert werden, der gebietsübergreifend tätige Dienstleister auf das nationale Repertoire aber über die Eingebietslizenzvergabe der nationalen (beispielsweise tschechischen) Verwertungsgesellschaft zurückgreifen wird, um nur sein dortiges Landesfenster zu bedienen. Dem kann dann abgeholfen werden, wenn eine multiterritoriale Lizenzierung transaktionskostenärmer als die zusätzliche nationale EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 11, Rdnr. 46 – ICE. Peréz Gómez/Echavarría Arcila, Int. J. Int. Prop. Management 2014, Vol. 7, Nos. 3/4, 103, 117. So schon die Berichterstatterin des Rechtsausschusses, Marielle Gallo, 4. 3. 2013, PE502.061v01– 00 (COM(2012) 0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 7.
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Lizenzierung ist und die Lizenzhöhe identisch ist. Möglicherweise wird der Unionsgesetzgeber hier nachzubessern haben. Die Chance hierzu erhält er zum 10. April 2021. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die EU-Kommission gem. Art. 40 der Richtlinie einen Bericht zu erstellen, der die Auswirkungen der Richtlinie einer kritischen Bewertung unterzieht und dem gegebenenfalls bereits ein Legislativvorschlag beizulegen ist.
4. Selbstvornahme für Mehrgebietslizenzierung (§ 72 VGG) § 72 VGG ist ebenso wie § 69 VGG eine zentrale Kernvorschrift des Teils 3 des VGG und weiterer Hebel für eine Anreizwirkung von grenzüberschreitender Musikrechte-Vergabe. § 72 VGG dient der Umsetzung von Art. 31 der Richtlinie und normiert das sogenannte Selbstvornahmerecht²⁵⁸ von Online-Rechtsinhabern. Es verschafft den Berechtigten eine Rechtsposition, die ihnen nach dem Gesetzeswortlaut ab einem konkreten Datum der Nicht-Vergabe von Mehrgebietslizenzen die Herausnahme ihrer Online-Rechte aus der ursprünglichen Verwertungsgesellschaft zur individuellen oder anderweitig kollektiven Wahrnehmung ermöglicht – allerdings ausschließlich zum Zwecke der Einräumung von mehrfach territorialen OnlineNutzungsrechten. Die Vergabe von Eingebietslizenzen durch die ursprüngliche Verwertungsgesellschaft soll dem Urheber erhalten bleiben, vgl. § 72 S. 2 VGG: „zur Vergabe in einzelnen Gebieten“. Die Vorschrift hat damit zwei Zielrichtungen. Einerseits soll ein Anreiz für Verwertungsgesellschaften geschaffen werden, Mehrgebietslizenzen zu erteilen, da sie ansonsten einen Repertoireverlust befürchten müssten. § 72 VGG flankiert die Bestimmungen zur Vergabe von Mehrgebietslizenzen. Dies folgt aus Erwägungsgrund 44 der Richtlinie: Verwertungsgesellschaften, die nicht willens oder in der Lage sind, selbst Mehrgebietslizenzen für ihr eigenes Musikrepertoire zu erteilen, sollen „dazu ermuntert werden“, auf freiwilliger Basis andere Verwertungsgesellschaften mit der diskriminierungsfreien Verwaltung ihres Repertoires zu beauftragen. Zum anderen dient § 72 VGG der Stärkung der Wahlfreiheit der Urheber. § 72 VGG steht damit im Spannungsverhältnis zwischen zwei betroffenen Interessen: Verwertungsgesellschaften ist an einer möglichst großen Verhandlungsmasse gelegen; dem Urheber soll aber ebenfalls eine starke Rechtsposition zugestanden werden, frei über sein Werk verfügen zu können.
Müller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 61.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
a. Wahlfreiheit Das Wahlrecht des Rechtsinhabers erstreckt sich zunächst auf die Wahl zwischen individueller und kollektiver gebietsübergreifender Wahrnehmung seiner OnlineRechte, die ihm mangels Verwertungsgesellschaftspflichtigkeit jedoch ohnehin zusteht (oben, S. 71). Hat er sich für die kollektive Wahrnehmung entschieden, ist sein Wahlrecht faktisch auf solche Verwertungsgesellschaften beschränkt, die Mehrgebietslizenzen entweder selbst erteilen oder ihr Repertoire zur gebietsübergreifenden Lizenzvergabe einer anderen weiterreichen. § 72 VGG gewährleistet, dass der Rechtsinhaber dieses Wahlrecht auch ausüben kann. Die Begrenzung des Wahlrechts auf solche Verwertungsgesellschaften oder abhängigen Einrichtungen, die tatsächlich dem Hub-System folgen werden, ist der Natur der Sache geschuldet.
aa. Voraussetzungen des Selbstvornahmerechts Während die Online-Empfehlung der EU-Kommission von 2005²⁵⁹ in besonderem Maße von dem Willen des Unionsgesetzgebers geprägt war, dem Urheber – bzw. Rechteinhaber (oben, S. 100) – weitreichende Entscheidungsbefugnisse über sein Werk zu gewähren, findet sich das Wahlrecht der Rechtsinhaber zwar auch in der Richtlinie wieder, allerdings nicht, ohne daran Bedingungen zu knüpfen:²⁶⁰ Das Selbstvornahmerecht des Urhebers bezüglich seiner Online-Rechte ist an die Ausübung des vorgelagerten Wahlrechts der ursprünglichen Verwertungsgesellschaft gebunden. Nur wenn sie sich weigert, diese Rechte für die gebietsübergreifende Online-Nutzung auch für mehrere Territorien zu erteilen oder aber einer anderen Gesellschaft zur Mehrgebietslizenzierung einzuräumen, ist die Wahlmöglichkeit des Urhebers eröffnet. Im Bereich der Mehrgebietslizenzierung von Urheberrechten für die gebietsübergreifende Online-Nutzung gilt damit etwas anderes als für die üblichen Rechtsbeziehungen zwischen Wahrnehmungsberechtigtem und seiner Verwertungsgesellschaft: Während es Rechtsinhabern generell leicht möglich sein soll, ihre Rechte oder ganze Rechtekategorien aus Verwertungsgesellschaften herauszunehmen, § 12 VGG (Art. 5 Abs. 4 und Erwägungsgrund 19 Unterabs. 2), sollen Rechtsinhaber von Urheberrechten ihre Online-Rechte zum Zwecke der Mehrgebietslizenzierung nur dann anderweitig vergeben können, wenn die Verwertungsgesellschaft nicht selbst oder durch eine andere Mehrgebietslizenzen erteilt.
EU-Kommission, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff. Kritisch Müller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 61.
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Das Wahlrecht des Rechtsinhabers im Bereich der Verwertung seiner OnlineRechte ist darüber hinaus deutlich eingeschränkt.²⁶¹ Nur in dem Fall, dass tatsächlich eine Mehrgebietslizenzierung bezweckt wird, muss die Verwertungsgesellschaft ihm nach der Richtlinie eine anderweitige gebietsübergreifende Vergabe ermöglichen, vgl. Art. 31: Der Rechtsinhaber muss die Online-Rechte an Musikwerken für Zwecke der Vergabe von Mehrgebietslizenzen für alle Gebiete wieder entziehen können.
Weiter ist das Wahlrecht auch in seinem Umfang beschränkt: Erwägungsgrund 47 bestimmt, dass die Entziehung nur insoweit in Betracht kommt, wie es für die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung erforderlich ist. Damit soll das in Erwägungsgrund 19 Unterabs. 2 angesprochene Gleichgewicht zwischen Urheberinteressen und Repertoireinteressen der Verwertungsgesellschaften²⁶² auch und vor allem im Bereich der Online-Auswertung von Musikwerken gesichert werden, hier zugunsten der verwertungsgesellschaftlichen Interessen. Dem Gesetzeswortlaut des VGG lässt sich eine solche Einschränkung hingegen nicht entnehmen. § 72 S. 1 VGG spricht nur davon, dass eine Verwertungsgesellschaft es dem Berechtigten ermöglichen muss, seine Online-Rechte gebietsübergreifend anderweitig vergeben zu können. Diese Pflicht steht ausschließlich unter der Bedingung, dass sie weder selbst noch über eine andere Verwertungsgesellschaft Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung erteilt. Die Richtlinie ist bezüglich ihres Titels III jedoch vollharmonisierend. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 72 S. 1 VGG ist daher geboten. Das Kriterium der Zweckgebundenheit wird bei jeder Geltendmachung des Selbstvornahmerechts zu berücksichtigen sein.
bb. Verhältnis von § 72 zu § 12 VGG Oben wurde das Verhältnis von § 72 zu § 12 bereits angedeutet. Da dem Rechtsinhaber gemäß § 12 VGG ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht, könnte es sich bei § 72 S. 1 VGG um eine lex specialis für den konkreten Fall der kollektiven, gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten handeln und seine Anwendung daher verdrängen. Anderenfalls wäre die Bestimmung des § 72 VGG möglicherweise redundant.²⁶³
Ebd. Hierzu Guibault, in: Stamatoudi/Torremans, S. 722, Rdnr. 14.32. So noch zum Richtlinienentwurf Quintais, EIPR 2013 – 2, 65, 71.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Die Vorschrift über die Beendigung der Rechtswahrnehmung in § 12 VGG konkretisiert § 9 S. 2 VGG. Jede Vereinbarung, die den Rechtsinhaber über das in § 12 VGG festgehaltene Maß hinaus bindet, wäre gemäß § 9 S. 2 VGG bereits unangemessen. Da allerdings gemäß § 60 Abs. 1 VGG die Geltung von § 9 S. 2 VGG ausgeschlossen ist – trifft § 72 VGG hier eine Sonderregelung. § 12 VGG wird aber nicht schon verdrängt, wenn es bereits um die grundsätzliche Herausnahme von Online-Rechten geht; denn dies würde bedeuten, dass selbst eine reguläre Herausnahme der Online-Rechte außerhalb des Bedingungseintritts (ein Rechtsinhaber entscheidet sich aus anderen Gründen für eine andere Verwertungsgesellschaft) nur schwer und zumindest nicht nach § 12 VGG möglich wäre. Dies widerspräche dem Zweck des Gesetzes, welches einen Wettbewerb um und verbesserte Wahrnehmungsbedingungen für Rechteinhaber zum Ziel hat. Art. 14 GG gebietet auch im Rahmen der Mehrgebietslizenzierung für Online-Rechte an Musikwerken des Teils 3 des VGG, dass die Rechte der Rechtsinhaber nicht in unzulässiger Weise beschnitten werden dürfen oder dass ihre Online-Rechte bei einer Verwertungsgesellschaft stets verbleiben müssen, auch in dem Fall, dass sie Mehrgebietslizenzen selbst oder über eine andere Einrichtung vergibt. § 72 VGG soll dem Rechtsinhaber vielmehr eine zusätzliche Rechtsposition verschaffen und ihn nicht noch stärker beschränken. § 72 VGG ist daher nur lex specialis, wenn ausschließlich Mehrgebietslizenzen an Online-Rechten betroffen sind und der Rechtsinhaber eine Vergabe von multiterritorialen Rechten aus einer Hand wünscht. § 72 VGG ist nicht dahingehend zu verstehen, dass er für die Rechtekategorie Online die Kündigungs- und Rechteentziehungsmöglichkeit nach § 12 VGG ausschließlich vom Eintritt der Bedingung „Nicht-Vergabe von Mehrgebietslizenzen“ abhängig macht. Vielmehr soll zusätzlich zum ordentlichen Kündigungsrecht ein Selbstvornahmerecht bei nicht fristgemäßer Vergabe von gebietsübergreifenden Nutzungsrechten an Online-Rechten bestehen, dessen rechtliche Ausgestaltung im Folgenden zu erörtern ist.
cc. Rechteherausnahme zur individuellen Lizenzvergabe Art. 31 der Richtlinie enthält eine explizite Auflistung der Möglichkeiten, wie Rechtsinhaber, die eine Herausnahme bewirken, ihre Rechte ohne die betreffende Verwertungsgesellschaft vergeben können sollen: entweder durch den Rechtsinhaber selbst, bevollmächtigte Dritte oder andere Verwertungsgesellschaften. Ein bevollmächtigter Dritte kann auch eine unabhängige Verwertungseinrichtung sein. Diese unspezifische Bezeichnung lässt Raum für eine Auslegung, die es Rechteinhabern möglich macht, ihre Rechte jeder anderen Partei zur Lizenzierung einzuräumen. Wird eine unabhängige Verwertungseinrichtung gewählt, muss
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diese im Gegensatz zu einer anderen Verwertungsgesellschaft oder deren Tochter gerade nicht die in Art. 24 festgelegten Kriterien zur gebietsübergreifenden Vergabe erfüllen. Mit der ersten Alternative ist die individuelle Lizenzvergabe angesprochen. Auch hier befindet sich Art. 31 im Gleichklang mit Art. 5, der es einer Verwertungsgesellschaft in Abs. 6 verbietet, die generelle Kündigungsmöglichkeit davon abhängig zu machen, dass der Rechtsinhaber seine Rechte einer anderen Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung einräumt. Ihm ist also in jedem Fall – auch bei der Mehrgebietslizenzierung, anders als dies noch die Online-Empfehlung 2005/737/EG vorsah²⁶⁴ – die Möglichkeit der individuellen Wahrnehmung garantiert. Der deutsche Gesetzgeber sah von einer Umsetzung des Art. 5 Abs. 6 ab, da er meinte, eine solche Bedingung sei eine unangemessene Wahrnehmungsbedingung, die gemäß § 9 S. 2 VGG unwirksam sei.²⁶⁵ Auch Art. 31 der Richtlinie wurde nicht wortlautgetreu umgesetzt: Im Falle der speziellen Mehrgebietslizenzierung muss eine Verwertungsgesellschaft es dem Berechtigten nach § 72 VGG lediglich ermöglichen, seine Online-Rechte gebietsübergreifend anderweitig zu vergeben. Zunächst erscheint problematisch, dass § 9 S. 2 VGG gemäß § 60 Abs. 1 VGG gerade nicht gelten soll. Damit würde eine Bedingung einer Verwertungsgesellschaft, die Herausnahme der Online-Rechte nur bei nachfolgender Einräumung an eine andere Verwertungsgesellschaft zu gestatten, nicht unzulässig sein, denn die Wahrnehmungsbedingungen müssen im Fall der Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten nicht angemessen sein.²⁶⁶ Infolge einer solch strengen Auslegung jedoch wäre das deutsche Umsetzungsgesetz nicht richtlinienkonform, da Art. 31 ausdrücklich die individuelle Lizenzvergabe gestattet und § 72 VGG keine den Rechtsinhaber weitergehend beschränkenden Regelungen treffen darf. Hierüber hilft aber die Überlegung hinweg, dass streng genommen § 60 Abs. 1 VGG in einem solchen Fall gar nicht mehr greift. Aufgrund der nicht erfolgten Mehrgebietslizenzierung durch die betreffende Verwertungsgesellschaft sind die Vorschriften über die Mehrgebietslizenzierung nicht anwendbar und § 9 S. 2 VGG wieder einschlägig.²⁶⁷ Festzuhalten ist, dass auch das deutsche VGG – ohne dass dies aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig hervorgeht – eine individuelle Lizenzvergabe nach
Vgl. Nr. 5 lit. c: „Die Rechteinhaber sollten […] das Recht haben, alle Online-Rechte herauszunehmen und die Wahrnehmung dieser Rechte […] einer Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl zu übertragen; […].“ BT-Drs. 18/7223, S. 75. Siehe hierzu schon oben, S. 191 ff. Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung, die die Angemessenheit der hierüber zu treffenden Bedingungen gemäß § 9 S. 2 verlangt, BT-Drs. 18/7223, S. 93.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Rechteherausnahme aus einer Verwertungsgesellschaft – richtlinienkonform ausgelegt – gestattet. Die Wahlfreiheit der Rechtsinhaber ist in hinreichendem Maße umgesetzt.
dd. Kritik an der Zielerreichung der Wahlfreiheit Fraglich aber bleibt, ob diese Regelung geeignet ist, die Lizenzierungssituation auf dem Online-Markt für Musik zu verbessern. Unter Berücksichtigung der Marktgegebenheiten und den dortigen Unvollkommenheiten wird offenbar, dass nur Rechteinhaber, die eine beachtliche Anzahl an nachgefragten Rechten innehaben, diese Möglichkeit wählen werden.²⁶⁸ Kleinere Rechtsinhaber sind aufgrund ihrer geringen Verhandlungsmacht auf eine kollektive Lizenzierung angewiesen, auch wenn selbst für einzelne Rechte und Werke eine individuelle Lizenzierung als technisch möglich propagiert wird.²⁶⁹ Ein potentieller Rechteverwerter wird sich gegen die Online-Nutzung ihrer Werke entscheiden, wenn die hierfür erforderlichen Transaktionskosten den Nutzen für seinen Dienst übersteigen, was in der Regel der Fall sein wird. Es tritt deutlich zutage, dass die EUKommission hier dem anglo-amerikanischen Rechtssystem folgend die großen Musikverlage bevorzugt im Blick hatte. Praktische Schwierigkeiten der Herausnahme werden durch § 72 VGG nicht beseitigt. So ist aufgrund der dreiseitigen Beziehungen bei der Urheberrechtsverwertung stets unsicher, wer wem zuerst die Rechte zur Online-Verwertung eingeräumt hat, der Urheber dem Verlag in die Verwertungsgesellschaft oder der Urheber direkt in die Verwertungsgesellschaft. Nur im letzten Fall wäre die Drohgebärde der Rechteherausnahme wirkungsvoll. Da über diese Wissenslücke auch Verwertungsgesellschaften oftmals (noch) nicht hinweghelfen können, wird die Effektivität der Herausnahme durch Rechtsunsicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Berechtigung in Frage gestellt.²⁷⁰ In Zusammenschau mit der Feststellung, dass tendenziell eher Inhaber von großem Rechterepertoire den Weg der eigenständigen Zentrallizenzierung wählen werden, wird das avisierte Ziel der Regulierung, gleichermaßen gerade auch den kleinen Urheber zu schützen, verfehlt. Verlage haben sich bereits vertraglich zusichern lassen, dass der Urheber auf Verlangen des Verlags zur Herausnahme seiner Online-Rechte aus der Verwertungsgesellschaft verpflichtet ist. Hier wird
So auch Arezzo, IIC 2015, 534, 545 f. Schwirzke, Artikel vom 1.9. 2016, heise.de. So schon zum Richtlinienentwurf Drexl/Nérisson/Trumpke/Hilty, Stellungnahme des MPI, 17.1. 2013, S. 29; Guibault, in: Stamatoudi/Torremans, S. 775 f., Rdnr. 14.71.
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offenbar, dass dessen Verhandlungsposition im Vergleich zu seinem Verlag weniger stark ist.²⁷¹ Faktische Wahlfreiheit besteht gerade nicht. Im Hinblick auf den Erhalt der kulturellen Vielfalt erscheint ein solches Szenario bedrohlich. Wenn nur noch Urheber weniger stark nachgefragten Repertoires in einer Verwertungsgesellschaft vereint sind, müssen weniger Urheber für dieselben Verwaltungskosten aufkommen. Die Verwertungsgesellschaft selbst kann weniger effizient agieren, da ihre Strukturen nicht ausgelastet werden²⁷² und sie den Verlust des Repertoires so schnell nicht kompensieren kann. Es bleibt aber abzuwarten, ob ein solcher Effekt tatsächlich eintritt: Da die großen Rechtsinhaber den Verwertungsgesellschaften die ihnen zugewiesenen Online-Vervielfältigungsrechte zur multiterritorialen Vergabe bereits entzogen haben und die von ihnen geschaffenen Lizenzierungsinitiativen bereits Mehrgebietslizenzen vergeben, wird sich die Bedingung, unter der Art. 31 steht, nicht erfüllen. Die Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung stehen – zumindest nach herrschender Auffassung und bislang gelebter Praxis – nicht nur den großen Musikverlagen, sondern nach wie vor den Komponisten und Textdichtern zu, ohne deren Zustimmung sie die Rechte nicht aus den Verwertungsgesellschaften, die sie wiederum über Gegenseitigkeitsverträge beziehen, herausnehmen könnten (oben, S. 100). Für die Wahrnehmung der Online-Rechte auf individueller Basis ist daher nur wenig Spielraum. Damit wird die Regelung ohne erhebliche Auswirkung auf einen individuellen Lizenzmarkt bleiben. Sofern sich allerdings technische Möglichkeiten wie beispielsweise Blockchain (siehe hierzu oben, S. 78) durchzusetzen beginnen, kommt der individuellen Wahrnehmung – und damit § 12 und § 72 VGG – ein neuer Stellenwert zu.
b. Selbstvornahmerecht und Eingebietslizenzvergabe Nach § 72 S. 2 VGG (Erwägungsgrund 47 und Art. 31) besteht für die ursprüngliche Verwertungsgesellschaft eine Verpflichtung zur Vergabe von Eingebietslizenzen an den Online-Rechten, sofern der Berechtigte dies wünscht. Damit kann die Wahrnehmung von Rechten zur Eingebietslizenzierung und zur Mehrgebietslizenzierung unterschiedlichen Verwertungsgesellschaften eingeräumt werden.²⁷³ Erwägungsgrund 47 formuliert:
Niggemeier, Medialex 2013, 65, 70. Hohe Fixkosten und geringe Grenzkosten bei jedem hinzukommenden Wahrnehmungsberechtigten sind charakteristische Merkmale einer kollektiven Wahrnehmung, siehe hierzu auch Drexl, Collective Management of Copyrights, in: Purnhagen/Rott, S. 464; Podszun, in: Grünberger/ Leible, S. 173, 181. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 31.
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[…] entziehen können, wie es […] erforderlich ist, während diese Verwertungsgesellschaft die für die Vergabe von Eingebietslizenzen erforderlichen Rechte behält.
Art. 31 normiert: […] wieder entziehen können, ohne ihr auch die Online-Rechte an Musikwerken für die Vergabe von Eingebietslizenzen zu entziehen […].
Damit wird Online-Musikdiensten Rechnung getragen, deren Geschäftsmodell territorial beschränkt ausgestaltet ist. Auf diese Weise kann ein Dienstebetreiber weiterhin rein nationale Online-Nutzungsrechte von der ursprünglichen Verwertungsgesellschaft erhalten. Im Richtlinienprozess war dies zur Verhinderung einer Fragmentierung der Repertoires gefordert worden. Seitens der Rechtenutzer wird heute noch kritisiert, dass rein national agierende Musikdienste nicht ausreichend berücksichtigt wurden.²⁷⁴ Tatsächlich erfordert auch ein harmonisierter europäischer Markt nach wie vor die Möglichkeit der nationalen Lizenzvergabe. Während Verwertungsgesellschaften einen Bedarf von gebietsübergreifender Lizenzierung allein für wirtschaftlich erfolgreiches Repertoire der großen Musikverlage bemerkten²⁷⁵, erarbeitete die Arbeitsgruppe „Musik“ zu der EU-Kommissionsinitiative „Lizenzen für Europa“ weitere Argumente für eine nationale Rechtsverwertung.²⁷⁶ Zumeist wird ein Geschäftsmodell erst im Sitzland des Dienstes getestet, es müssen infrastrukturelle Hindernisse der Verbreitung überwunden oder es muss eine lokale Partnerschaft mit Internet Service Providern und Werbepartnern aufgebaut werden. Die Anwesenheit vor Ort sei vor allem für die Erstellung von lokalen, zusätzlichen redaktionellen Inhalten zwingend erforderlich. Manche Musikdienste richten sich gar ausschließlich an eine nationale Zielgruppe wie BelgianMusic oder Cubomusica. Dies erkennend unterscheidet § 72 S. 2 VGG zwischen Mehrgebiets- und Eingebietslizenzierung.
aa. Dogmatische Einordnung des § 72 VGG Folge der Rechtsausübung durch den Rechtsinhaber nach § 72 VGG ist die Möglichkeit der Vergabe von mindestens zwei sich territorial überschneidenden Rechten: Zum einen gilt dies, wenn der Rechtsinhaber selbst oder über eine an-
Steinbrecher/Scheufele, ZUM 2016, 91, 95. EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 10. EU-Kommission, Licences for Europe, Report from L4E Working Group 1 (music), 2.7. 2013, S. 2, abrufbar unter www.ec.europa.eu/licences-for-europe-dialogue/sites/licences-for-europedialogue/files/WG1-Music.pdf.
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dere Verwertungsgesellschaft das nationale Nutzungsrecht auch für das nationale Territorium als Teil des Mehrgebietsbündels erteilt, zum anderen, wenn die ursprüngliche Verwertungsgesellschaft ihrerseits das nationale Nutzungsrecht an einen Rechtenutzer in dem einen nationalen Territorium lizenziert. Aus § 72 VGG ergibt sich, dass in der gebietsübergreifenden Rechtsvergabe im Unterschied zur Eingebietslizenzerteilung eine davon verschiedene Nutzungsart zu sehen ist. Demzufolge handelt es sich um jeweils unterschiedliche Rechte, die einmal für die Mehrgebietslizenzierung und einmal lediglich als Nutzungsrecht in nationalem Rahmen genutzt werden. Die deutsche Rechtsprechung hat eine solche Aufspaltbarkeit von Nutzungsarten angezweifelt.²⁷⁷ Der Unionsgesetzgeber und auch die EU-Kommission sehen dies offenbar anders. Sie unterscheiden zwischen Online-Rechten für die Vergabe von Eingebietslizenzen und Online-Rechten für die Vergabe von Mehrgebietslizenzen. Auch beim Eingreifen des Repräsentationszwangs nach § 69 VGG soll die beauftragende Verwertungsgesellschaft weiterhin Nutzungsrechte an ihrem Musikrepertoire und an jedem anderen Repertoire, das sie für ein bestimmtes Gebiet repräsentiert (Gegenseitigkeitsverträge!, oben, S. 125), für das Gebiet ihres Sitzstaates, also ihr Verwaltungsgebiet, erteilen können, auch wenn sie ihr Repertoire zur Mehrgebietslizenzierung einer anderen Verwertungsgesellschaft eingeräumt hat. Die EU-Kommission sieht in der Mehrgebiets- und der Eingebietslizenzierung unterschiedliche Märkte und daher auch unterschiedliche Nutzungsarten.²⁷⁸
bb. Umsetzung in Berechtigungsverträgen Der deutsche Gesetzgeber hat die genaue Einordnung den Binnenregelungen der Verwertungsgesellschaften überlassen und damit den Gesellschaften die Freiheit zur Ausgestaltung eingeräumt. In der Gesetzesbegründung zu § 72 VGG heißt es: Die Regelung sieht angesichts der Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen davon ab, bestimmte Mechanismen vorzugeben, wie die Verwertungsgesellschaft [die anderweitige gebietsübergreifende Rechtevergabe] ermöglicht. […] Nach Satz 2 ist die Verwertungsgesellschaft gleichwohl weiterhin verpflichtet, dem Berechtigten zu ermöglichen, das Wahrnehmungsverhältnis hinsichtlich der Vergabe der Online-Rechte für einzelne Gebiete fortzusetzen, auch dies zu angemessenen Bedingungen (§ 9 S. 2).²⁷⁹
OLG München, MMR 2010, 704, 705 – Videodateien. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 28 – ICE. BT-Drs. 18/7223, S. 93.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Das grundsätzliche Wahlrecht des Rechtsinhabers ist bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie in den Berechtigungsvertrag der GEMA aufgenommen worden. Rechtsinhaber können die Rechtseinräumung auf bestimmte Länder und bestimmte Nutzungsarten einschränken bzw. diese ganz ausnehmen. Allerdings muss sich diese Ausnahme auf alle Werke eines Berechtigten beziehen, vgl. § 16 GEMA-BerV in der Fassung vom 26./27. April 2016. Ein entsprechendes Wahlrecht hinsichtlich wahrgenommener Rechtekategorie und Territorien gilt auch für die (Teil‐)Kündigung des Berechtigungsvertrages, die gemäß § 10 Ziff. 1 mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines jeden Kalenderjahres immer möglich sein soll. Die der GEMA zur Wahrnehmung eingeräumten Nutzungsrechte für Onlinenutzungen können hingegen seit ihrer Einführung durch die Beschlüsse der Mitgliederversammlung am 24./ 25. Juni 2008 abweichend von Ziff. 1 unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich zum Ende eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden, siehe § 10 Ziff. 2 Unterabs. 2 BerV, ohne den Berechtigungsvertrag im Übrigen zu tangieren. Insbesondere verbleiben die Nutzungsrechte für die Online-Nutzung im Wege der Sendung wie Internetradio und Internetfernsehen bei der GEMA. Noch nicht umgesetzt wurden die Anknüpfung an die Nicht-Vergabe von Mehrgebietslizenzen durch die ursprüngliche Verwertungsgesellschaft und die zukünftig erforderliche Differenzierung zwischen den erforderlichen Rechten für die Mehrgebietslizenzvergabe und die Vergabe von Eingebietslizenzen. Hierbei wäre zweierlei zu beachten, zum einen die dogmatische Einordnung und Umsetzung des Selbstvornahmerechts entweder als Gestaltungsrecht (Kündigungsrecht) oder auflösende Bedingung (die schwerlich rückwirkend für Alt-Verträge vereinbart werden kann) und zum anderen die Konkretisierung, dass die erforderlichen Online-Rechte für die Vergabe von Eingebietslizenzen bei der Verwertungsgesellschaft verbleiben können. Für den Berechtigungsvertrag der GEMA böte sich an, § 10 Ziff. 2 um einen Unterabsatz zu erweitern, der das Selbstvornahmerecht und seine Voraussetzungen regelt und festhält, dass die erforderlichen Rechte zur Eingebietslizenzierung von der Herausnahme zur anderweitigen Vergabe von Mehrgebietslizenzen davon unberührt bei der GEMA verbleiben. Zu beachten ist jedoch, dass derzeit kein Umsetzungsbedarf besteht, da die GEMA ihr Repertoire bereits an ICE Services zur grenzüberschreitenden Lizenzierung eingeräumt hat und damit das Selbstvornahmerecht nicht greift. Sofern diese Kooperation jedoch aufgegeben oder umgestaltet wird, wird eine Umsetzung im Berechtigungsvertrag virulent.
B. Regelungen des VGG
221
cc. Pflicht zur Eingebietslizenzvergabe? Nach Erwägungsgrund 47 der Richtlinie sollten Rechtsinhaber die Online-Rechte entziehen können, während diese Verwertungsgesellschaft die für die Vergabe von Eingebietslizenzen erforderlichen Rechte behält.
In Einklang hiermit verlangt Art. 31, dass Rechtsinhaber einer Verwertungsgesellschaft die Online-Rechte wieder entziehen können müssen, ohne ihr auch die Online-Rechte an Musikwerken für die Vergabe von Eingebietslizenzen zu entziehen, […].
Dem Wortlaut ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Rechte zur Eingebietslizenzierung stets bei der betreffenden Verwertungsgesellschaft verbleiben müssen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 72 S. 2 VGG anstelle einer Verpflichtung zum Behaltenmüssen der Rechte für die Eingebietslizenzierung für eine Wahlmöglichkeit der Rechtsinhaber entschieden: Die Verwertungsgesellschaft ist verpflichtet, auf Verlangen des Berechtigten Online-Rechte an Musikwerken weiterhin zur Vergabe in einzelnen Gebieten wahrzunehmen.
Fraglich ist, ob die Richtlinie den Mitgliedstaaten diesen Umsetzungsspielraum belassen oder ganz bewusst eine abschließende Lösung vorsehen wollte, um den Zweck der Regelungen des Titels III nicht zu gefährden. Sollte letzteres der Fall sein, würde § 72 VGG gegen die Richtlinie verstoßen. Der entsprechende Art. 30 des Richtlinienentwurfs lautete klarer: Die Verwertungsgesellschaft, die keine Mehrgebietslizenzen vergibt oder anbietet, erteilt weiterhin Lizenzen für Online-Rechte an Musikwerken dieser Rechteinhaber für das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats ihrer Niederlassung oder bietet dies weiterhin an, es sei denn, der Rechteinhaber beendet den Wahrnehmungsauftrag.
Der endgültige Wortlaut²⁸⁰ ist stets in Zusammenschau mit der grundsätzlichen Wahlfreiheit der Rechtsinhaber zu sehen. Die Zielsetzung der Richtlinie, die Entscheidungsbefugnis der Rechtsinhaber zu stärken, lässt eine Verpflichtung zur Eingebietslizenzvergabe durch die ursprüngliche Verwertungsgesellschaft nicht
EU-Parlament, Standpunkt des EP in erster Lesung vom 4. 2. 2014.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
zu.²⁸¹ Auch die Zielsetzung des Titels III kann keine andere Auslegung rechtfertigen. Zwar würde eine Verpflichtung der Verwertungsgesellschaft, nationale Einzellizenzen an nationale Online-Verwerter zu erteilen, für diese die Aufrechterhaltung des One-Stop-Shops für ein großes Repertoire bedeuten. Doch wiegen ihre Interessen nicht höher als die der Rechtsinhaber, auch und gerade mit ihren nationalen Rechten nach Belieben zur bestmöglichen Auswertung zu verfahren. § 72 VGG ist damit richtlinienkonform, auch wenn dies auf den ersten Blick nicht eindeutig zu erkennen ist. Ob Rechteinhaber von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, ihre Rechte zur Eingebietslizenzierung im Online-Bereich bei der Verwertungsgesellschaft zu belassen, ist noch nicht abzusehen. Es besteht also eine – von der Richtlinie allerdings in Kauf genommene – Gefahr, dass nationale Online-Musikdienste mit einer weiteren Zersplitterung des Repertoires und damit einhergehenden gesteigerten Transaktionskosten konfrontiert werden. Die nationale Tätigkeit einer Verwertungsgesellschaft im Online-Bereich wird bei einer Herausnahme auch der Online-Rechte zur Eingebietslizenzierung zurückgedrängt auf Lizenzierungen im Offline-Bereich. Eine Trennung der Wahrnehmung von Rechten für unterschiedliche Nutzungsarten wird so intensiviert. Das Ziel, Rechtefragmentierung abzuschwächen, wird dadurch nicht erreicht. Möglich aber ist, dass sich nationale Verwertungsgesellschaften über herkömmliche Gegenseitigkeitsverträge helfen werden. Durch sie würde ein One-Stop-Shop auch bei Herausnahme der nationalen Online-Rechte ermöglicht, sofern der Rechtsinhaber dies bei Einräumung an eine neue Verwertungsgesellschaft zulässt.
c. Praktische Bedeutung und Zweckerfüllung des Selbstvornahmerechts Dass § 72 VGG in Deutschland Geltung erlangt, ist zurzeit unwahrscheinlich, da es am Bedingungseintritt fehlt. Die GEMA hat ihrer Tochtergesellschaft ICE Services (London) bereits ihr Repertoire zur gebietsübergreifenden Vergabe von OnlineNutzungsrechten an Musikwerken eingeräumt. Auch in Österreich vermied man eine entsprechende Rechtsfolge durch Beitritt zu Armonia.²⁸² Über Armonia und ICE werden die Rechte der in den mittel-, nord- und südeuropäischen Verwertungsgesellschaften vereinten Berechtigten bereits gebietsübergreifend für meh-
Dagegen Arezzo, IIC 2015, 534, 554. In Österreich hatte bis zur Verabschiedung des Verwertungsgesellschaftengesetzes 2016 keine Verwertungsgesellschaft ihre Bereitschaft bekundet, „Nutzungsbewilligungen für OnlineDienste in mehreren Staaten zu erteilen“, so die Stellungnahme des OLG Wien zum Entwurf eines VGG-Ö vom 26. 2. 2016, S. 5, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/ SNME_06217/imfname_510864.pdf. Die AKM trat erst im Juni 2016 der Armonia bei.
B. Regelungen des VGG
223
rere Repertoires wahrgenommen, das Selbstvornahmerecht scheidet hier aus. Allein die niederländische Buma/Stemra lizenziert ihr Repertoire mithilfe der ITDienstleistungen von ICE Operations (Berlin) selbst. Das Selbstvornahmerecht betrifft wohl vornehmlich osteuropäische Verwertungsgesellschaften, die nicht bereits einem Hub das Mandat erteilt haben. Die ungarische Artisjus ist den Schritt zu Armonia gegangen. Ob Rechtsinhaber von Verwertungsgesellschaften aus Osteuropa in mehrgebietslizenzierende Verwertungsgesellschaften oder -einrichtungen eintreten werden, hängt nicht zuletzt von der Sprachbarriere, kulturellen Gepflogenheiten und genügender Praktikabilität trotz räumlicher Entfernung zu der neuen Wahrnehmungseinrichtung ab. Dass das Selbstvornahmerecht tatsächlich, wie von der Richtlinie bezweckt, Verwertungsgesellschaften „ermuntert“, Mehrgebietslizenzen zu erteilen, darf stark bezweifelt werden. Der Repertoire-Verlust ist zwar eine latente Bedrohung, doch wenn die Rechte zur Vergabe von Eingebietslizenzen bei der Verwertungsgesellschaft verbleiben sollten, besteht für Verwertungsgesellschaften kein Anreiz zur Änderung des Status quo ihrer Lizenzierungspraxis.²⁸³ Einer Repertoirezersplitterung wird allein hierdurch nicht effektiv entgegengewirkt. Kann eine Verwertungsgesellschaft selbst keine Mehrgebietslizenzen bis zum Ablauf der „Schonfrist“ von 36 Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie erteilen oder findet sie zu diesem Zwecke keinen kosteneffizient arbeitenden Partner, so bleibt es dem Rechtsinhaber überlassen, die Rechte zu diesem Zwecke aus ihr herauszunehmen und anderweitig zu erteilen, was eine weitere Fragmentierung des Repertoires und eine steigende Zahl von Ansprechpartnern für Online-Musikdienste zur Folge hat. Daneben bleibt für jeden Rechtsinhaber zu jeder Zeit das Recht aus Art. 5 (§ 12 VGG), seine Rechte einer Verwertungsgesellschaft zu entziehen. Die Möglichkeit zur Eingebietslizenzierung jedoch erleichtert dem nationalen Anbieter seine Rechteklärungsposition. Da auch die großen Rechtsinhaber die Vorteile einer nationalen Lizenzierungsstelle für lokale Verwerter erkannt haben und infolgedessen ihr Repertoire zu Eingebietslizenzierung in die Verwertungsgesellschaften zurückgebracht haben, kann nunmehr wieder von einem nationalen One-Stop-Shop für Online-Rechte gesprochen werden.²⁸⁴ Die Folgen der Online-Empfehlung wurden durch intensive Bemühungen der Verwertungsgesellschaften und der Rechtsinhaber zumindest auf nationaler Ebene beseitigt, allerdings ohne dass die europäische Gesetzgebung hierauf Einfluss gehabt hätte. Auf nationaler Ebene wird dies auch durch die neu ausgehandelten Gegensei-
Hierzu grundsätzlich Peifer, ZUM 2014, 453, 467. Vgl. Fn. 254. Diesbezüglich zu pessimistisch die Gesetzesbegründung zum VGG, BT-Drs. 18/ 7223, S. 61.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
tigkeitsverträge gewährleistet. Es bleibt jedoch dabei, dass Art. 31 der Richtlinie aus der Sicht eines Verwerters durch die Kann-Regelung Rechtsunsicherheit hervorruft,²⁸⁵ da keine Verpflichtung zum Verbleib der Rechte zur Eingebietslizenzierung in der Verwertungsgesellschaft besteht. Aus der Sicht der Rechtsinhaber freilich ist dies natürliche Folge ihres ausschließlichen Rechts, selbst über das Schicksal ihrer Rechte im Rahmen einer freiwilligen kollektiven Wahrnehmung entscheiden zu können. Einmal mehr müssen die Verwertungsgesellschaften durch gute Wahrnehmungsbedingungen um Rechtsinhaber werben. Auch dies ist ein nicht zu unterschätzender kompetitiver Anreiz.
5. Rundfunkprogrammausnahme (§ 74 VGG) Um die Rundfunkprogrammausnahme in § 74 VGG (Art. 32 und Erwägungsgrund 48) bewerten zu können, muss der Hintergrund der Ausnahmebestimmung geklärt werden. Eine Ausnahmeregelung für Teil 3 des VGG, die dazu führt, dass bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen die Regelungen für Verwertungsgesellschaften über Mehrgebietslizenzen nicht greifen, scheint auf den ersten Blick das level playing field auszuhöhlen. Die gebietsübergreifende Vergabe von OnlineRechten an Musikwerken soll gerade dazu dienen, Transaktionskosten zu minimieren und das Lizenzierungssystem im Online-Bereich effizient an die Bedürfnisse des Marktes anzupassen. Wenn nun für eine bestimmte Kategorie von Rechtenutzern etwas anderes gelten soll, obwohl ihre Tätigkeit einem OnlineMusikdienst nicht unähnlich ist, bleibt zu untersuchen, ob eine solche Ausnahme vom einheitlichen Regelungssystem für eine bestimmte Nutzungsart zweckmäßig und gerechtfertigt ist.
a. Relevanz der Regelung Die Verbreitung des Programms von Hör- und Rundfunkunternehmen über Internetdienste nahm aufgrund sich ändernder Mediennutzung und erleichtertem Online-Zugang stetig zu. Mittlerweile unterhalten private wie öffentlich-rechtliche Sendeunternehmen Online-Auftritte und Mediatheken, in denen sie ein LiveStreaming-Angebot ihres Programms und einzelne On-Demand-Abrufe sowie
Insofern greift Gounalakis zu kurz, wenn er allein die positive Wirkung des VGG „für kleine Anbieter von Online-Diensten“ hervorhebt, s. Gounalakis, Stellungnahme zum VGG-RegE vom 15. 2. 2016, S. 3 (abrufbar unter www.bundestag.de/blob/407818/1f6cc226bb7f481b8209>/gounala kis-data.pdf). Dies betont auch Arezzo, IIC 2015, 534, 550, die hohe Suchkosten für nationale oder Nischendienste beanstandet, zu deren Überwindung es versäumt wurde, sie mit korrespondierenden Transparenzbestimmungen zu flankieren.
B. Regelungen des VGG
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sendungsbezogene Zusatzangebote bereitstellen. Hierbei ist das Senderecht der Musikurheber bei der Übertragung des Programms über Kabel oder Satellit und bei zeitgleicher Übertragung über das Internet (Live-Streaming) betroffen, sofern die Sendung urheberrechtlich geschützte Werke enthält. Das Vorhalten in Mediatheken zum nutzergesteuerten Abruf (on demand) oder auch zur DownloadInitialisierung von Inhalten berührt das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und einzelfallabhängig auch das Vervielfältigungsrecht bei Speicherung auf den Servern des Sendeunternehmens und in den Arbeitsspeichern der Nutzer.²⁸⁶ Damit greifen Hör- und Rundfunkunternehmen in die Online-Rechte von Urhebern an ihren Musikwerken gemäß Art. 3 lit. n) der Richtlinie i.V.m Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG durch die Verwertung von Inhalten im Internet ein. Dementsprechend werden in Art. 32 der Richtlinie, § 74 VGG, das Recht der öffentlichen Wiedergabe, insbesondere das Senderecht, als auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung genannt. Sendeunternehmen als Verwerter wären ohne die Ausnahmeregelung angehalten, neben ihrem Lizenzierungspartner für den Bereich der traditionellen Sendung, der nationalen Verwertungsgesellschaft, zusätzlich an alle Hubs und gebietsübergreifend Repertoire lizenzierenden Stellen heranzutreten, um dasselbe Repertoire zur Online-Verwendung ihrer Inhalte zu erhalten.
b. Anwendung des Sendelandprinzips? Damit ist nicht geklärt, wie viele Rechte welchen territorialen Umfangs für die unkörperliche Wiedergabe von Programminhalten erforderlich sind. Nur wenn die Rechte für mehrere Territorien eingeholt werden müssen, ist auch der Regelungskomplex über die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken betroffen. Denn auch Internetsendungen sind potentiell ubiquitär abrufbar.²⁸⁷
Nach Kähler, ZUM 2016, 417, 419 wird letzteres zwar nicht benötigt, aber vertraglich ohnehin eingeräumt, sodass der theoretisch mögliche Streitpunkt nicht praxisrelevant ist.Vgl. auch Pappi, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 15, Rdnr. 54, S. 765. Anders aber Gervais, Collective Management of Copyright, in: Gervais, S. 13. Selbst über Geoblocking vorgenommene Einschränkungen sind über VPN-Tunnel überwindbar, vgl. Martiny, MMR 2016, 579, 581 f. und Fedderath, ZUM 2015, 929, 931.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
aa. Europäische Satellitensendung Für das zu lizenzierende Satellitensenderecht an Musikwerken gilt das Sendeland-, Ursprungs- oder Herkunftslandprinzip. Die Terminologie ist uneinheitlich.²⁸⁸ Das Sendelandprinzip soll sicherstellen, dass der Rundfunkveranstalter ausschließlich die Rechte des initialen Sendestaates einholen muss, um Rechtsverletzungen in den Empfangsstaaten auszuschließen.²⁸⁹ Gemäß der EU-Satelliten- und Kabelrichtlinie²⁹⁰ kann eine Rundfunkanstalt, die das Recht für das Sendeland erworben hat, grenzüberschreitende Signale via Satellit auch in andere, von der Lizenz an sich nicht umfasste Empfangsstaaten senden.²⁹¹ Eine territoriale Beschränkung nach Mitgliedstaaten von EU/EWR ist hiernach nicht mehr möglich,²⁹² Mehrgebietslizenzen erübrigen sich. Der Anwendungsbereich des Sendelandprinzips ist allerdings auf die zur Sendung verwendete Technologie des Übertragens per Satellit beschränkt.²⁹³ Zweck der dem § 20a UrhG zugrunde liegenden Satelliten- und Kabelrichtlinie 93/83/EWG war es, den Sendeunternehmen den Rechteerwerb zu vereinfachen, wenn sie grenzüberschreitende Verwertungshandlungen über Satellit vornehmen wollen.²⁹⁴ Obwohl dieses Telos auch auf die Verbreitung über Internettechnologie zuträfe, wurde bislang eine (auch analoge) Anwendung auf ähnliche Übertragungsarten ausgeschlossen.²⁹⁵
bb. Andere Sendungen Für nicht § 20a UrhG unterfallende Satellitensendungen und grenzüberschreitende terrestrische Sendungen ist nach wie vor umstritten, ob sie nur das Senderecht des Landes der tatsächlichen Abstrahlung betreffen, oder aber auch die Rechtsordnungen aller Staaten gelten, in denen die Sendung potentiell empfan-
Sendelandprinzip als Anwendungsfall des Herkunftslandprinzips systematisierend Ahrens, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Hdb. WettbewerbsR, § 68, Rdnr. 19. Drexl, in: Säcker/Rixecker/Oetker, Band 11, IntImmGR, Rdnr.127. Art. 1 Abs. 2 lit. b Richtlinie 93/83/EWG, Abl. L 248/15 ff. Homann, Praxishdb. FilmR, S. 326. Homann, Praxishdb. FilmR, S. 36. So das Hauptargument der Befürworter einer Ausdehnung, vgl. Krause, ZUM 2011, 21, 24; Edwards/Kamina/Peifer, EBU Copyright White Paper, 2010, S. 34. Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 20a, Rdnr. 4. Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 20a, Rdnr. 7; Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 20a, Rdnr. 5, der auf die fehlende Harmonisierung der Lizenzierungspraxis des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung als Hinderungsgrund verweist, da es teils individuell, teils kollektiv vergeben würde.
B. Regelungen des VGG
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gen werden kann. Die sog. Bogsch-Theorie²⁹⁶ nimmt Letzteres an, soweit das Recht des Sendestaates keinen ausreichenden Schutzstandard aufweist. Die Rechtsprechung ist dem in Einzelfällen gefolgt und knüpft ähnlich dem Bestimmungslandprinzip bei dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung an die Adressierung eines bestimmten Publikums durch den Sendungsinhalt an.²⁹⁷ Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sind daher neben den Rechten der Länder, in denen über Sendestationen die Sendung tatsächlich wiedergegeben wird,²⁹⁸ Senderechte für all jene Territorien einzuholen, in denen der Dienst empfangen werden kann, bzw. an die sich der Dienst bestimmungsgemäß richtet.²⁹⁹ Bei einer reinen Durchleitung über Kabel hingegen ist das Recht des Landes nicht betroffen, da es an einer Zugänglichmachung fehlt.³⁰⁰ Das Urheberkollisionsrecht führt zu keiner anderen Bewertung. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist die lex loci protectionis für Fragen des anwendbaren Urheberrechts bei Internetsachverhalten aufgrund der Ubiquität dahingehend einzuschränken, dass ein hinreichender Inlandsbezug gegeben sein muss.³⁰¹ Dieser ist bei Online-Sendungen, die Musik enthalten, immer dann gegeben, wenn sich die Sendung bestimmungsgemäß an das Publikum des Urheberrechtsschutz gewährenden Landes richtet.³⁰² Soll also einer Fernsehsendung ein Werk von Herbert Grönemeyer unterlegt werden, die linear im Internet einer Öffentlichkeit über einen dortigen Auftritt eines Sendeunternehmens angeboten werden soll, die sich auch an die deutschsprachige Gesellschaft in Österreich, Italien und der Schweiz richtet, so muss der Rundfunkveranstalter das deutsche, das österreichische, italienische und schweizerische Sendenutzungsrecht für die Länder Deutschland, Österreich, Italien und Schweiz einholen. Vereinfacht wird dies für Sendeunternehmen dadurch, dass ihnen die GEMA zumindest das deutsche Sendenutzungsrecht pauschal für das gesamte GEMA-Repertoire einräumen kann.³⁰³ Über Gegenseitig-
Benannt nach dem bedeutenden Fürsprecher dieser Ansicht, dem früheren WIPO-Generaldirektor Arpad Bogsch. BGH, GRUR 2003, 328, 330 – Sender Felsberg. BGH, GRUR 2003, 328, 330 – Sender Felsberg: Das Recht des Ausstrahlungslandes bleibt daneben anwendbar. BGH, GRUR 2003, 328, 330 – Sender Felsberg; Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 39; Nordemann-Schiffel, in: Fromm/ Nordemann, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 71. BGH, GRUR 1994, 798, 799 – Folgerecht bei Auslandsbezug; Nordemann-Schiffel, in: Fromm/ Nordemann, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 77; Grünberger, in: Hüßtege/Mansel (Hrsg.), Rom-VO, 2. Aufl. 2015, Art. 8 Rom-II, Rdnr. 35b, 37. v. Welser, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, Vor §§ 120 ff., Rdnr. 19. Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 20, Rdnr. 20.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
keitsverträge³⁰⁴ wird auch gewährleistet, dass das Repertoire von Wahrnehmungsberechtigten anderer Verwertungsgesellschaften der Welt von dieser Blankolizenz mitumfasst ist, sich das Sendeunternehmen also nicht für die Nutzung eines Werkes von Bob Dylan an die U.S.-amerikanische Performing Rights Organisation SESAC³⁰⁵ oder des Textdichters Eros Ramazzotti an die italienische SIAE wenden muss.³⁰⁶ Allerdings ist fraglich, für welches Territorium die Verwertungsgesellschaft die erforderlichen Rechte einräumt. Ist die Lizenz auch hier nur auf ihr Verwaltungsgebiet beschränkt, müsste sich ein Sendender doch an die Verwertungsgesellschaften SUISA, AKM und SIAE wenden, um auch in diesen Ländern senden zu dürfen.³⁰⁷ Allerdings ist anzunehmen, dass die deutschsprachigen Gesellschaften zum Zwecke der Vereinfachung andere Regelungen als im CISAC-Standardvertrag³⁰⁸ vereinbart haben, sodass die GEMA für das deutschsprachige Ausland ebenfalls die erforderlichen Rechte einräumen kann und für das Sendeunternehmen in diesem Fall als One-Stop-Shop fungieren kann.³⁰⁹
cc. Grundsatz: Bestimmungslandprinzip Jedenfalls ist eine Ausweitung des Sendelandprinzips sowohl für die OnlineRechte der Vervielfältigung zum Zwecke der öffentlichen Zugänglichmachung als auch für die Sendung nicht möglich, sodass es für Letzteres bei dem oben beschriebenen Bestimmungslandgrundsatz bleibt.³¹⁰ Demnach sind grundsätzlich die Rechte für die durch das Angebot bestimmungsgemäß angesprochenen Territorien einzuholen. Nur so lässt sich überhaupt die Existenz von Art. 32 der Richtlinie 2014/26/EU begründen.
Zu den Gegenseitigkeitsverträgen siehe oben, S. 88 ff. Siehe hierzu auch unten, S. 277. Dass Eros Ramazzotti an die italienische SIAE vertraglich angebunden ist, lässt sich dem Beitrag von Villa, Artikel vom 22. 2. 2013, rockit.it, entnehmen, abrufbar unter www.rockit.it/ news/guadagni-diritto-autore-siae-incassi-soldi. Allerdings ist anzunehmen, dass die deutschsprachigen Gesellschaften zum Zwecke der Vereinfachung andere Regelungen als im Standardvertrag vereinbart haben, sodass die GEMA für das deutschsprachige Ausland ebenfalls die erforderlichen Rechte einräumen kann und für das Sendeunternehmen in diesem Fall als One-Stop-Shop fungieren kann. Vgl. Art. 1 Abs. 3 CISAC-Standardvertrag. Danach würde die GEMA die Online-Senderechte nur für das deutsche Territorium einräumen. Kähler, ZUM 2016, 417, 420, 424 f.; Blázquez, Iris Plus 2009 – 5, S. 5 und 7. Zur Ausdehnung auf das Wiedergaberecht siehe oben, S. 55 ff.
B. Regelungen des VGG
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dd. Entwicklungen auf EU-Ebene Jüngst wird eine Ausdehnung des Geltungsbereichs der Richtlinie 93/83/EWG auf europäischer Ebene auf Online-Nutzungen diskutiert – und zwar nicht nur hinsichtlich der betroffenen Rechte an Musikwerken.³¹¹ Am 24. August 2015 eröffnete die EU-Kommission eine entsprechende Konsultation über die Ausdehnung des Sendelandprinzips für Online-Übertragungen rundfunknaher Dienste der Rundfunkveranstalter.³¹² Entgegen der Meinung vieler³¹³ entschied sich die EU-Kommission für einen Verordnungsentwurf, der alle Nutzungsrechte, die für ergänzende Online-Dienste erforderlich sind, also Vervielfältigungs-, Zugänglichmachungs- und Senderechte der Urheber und verwandten Schutzrechtsinhaber, gemäß Art. 2 dem Ursprungsland unterwirft.³¹⁴ Sollte sich der Verordnungsvorschlag durchsetzen, würde Art. 32 der VGRichtlinie obsolet. Eine Mehrgebietslizenzierung dieser Nutzungsrechte käme rechtlich und tatsächlich nicht mehr in Betracht, da Rechte für diese Nutzungsart allein in einem Territorium zu lizenzieren wären. Der folgenden Untersuchung ist weiterhin die Geltung von Art. 32 zugrunde zu legen.
c. Sinn und Zweck der Ausnahme Da Online-Angebote ihrer Natur gemäß grundsätzlich weltweit abrufbar sind und für sie das Sendelandprinzip (noch) nicht gilt, sind grundsätzlich auch alle erforderlichen territorialen Rechte an den verwendeten Musikwerken der Länder einzuholen, an die sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet. Dass sich das Online-Rundfunkangebot aus Gründen von Sprachbarriere und kulturellen Unterschieden oftmals nur an Nutzer weniger Länder richtet, lässt die grundsätzliche Erforderlichkeit von Rechten für mehrere Territorien nicht entfallen, findet
Bereits Weber, Sicht des Sendeunternehmens, in: Peifer u. a., S. 37 ff.; ders., in: Schierholz/ Melichar, Festschrift Pfennig, S. 523, 529; Schwarz, ZUM 2015, 950, 951; dafür Dörr, ZUM 2015, 954, 958, Stieper, GRUR 2015, 1145, 1147; dagegen (h.M.) die Stellungnahme des GRUR-Fachausschusses zur Überprüfung der Regeln im EU-Urheberrecht, S. 8; Stellungnahme der GEMA zur Überprüfung der Regeln im EU-Urheberrecht, S. 12, die ein Abwandern der Dienste in das Land des niedrigsten Schutzniveaus und Vergütungen ebenso befürchten wie forum shopping und race to the bottom; des Weiteren bestünde keine Vergleichbarkeit von Sendeunternehmen mit Online-Diensteanbietern allein schon aus infrastrukturellen und technischen Gesichtspunkten. EU-Kommission, Pressemitteilung vom 24. 8. 2015, abrufbar unter https://ec.europa.eu/digi tal-single-market/en/news/eu-seeks-views-satellite-and-cable-directive. Vgl. die Zusammenfassung der Antworten im Rahmen der öffentlichen Konsultation über die Überprüfung der Satelliten- und Kabelrichtlinie, veröffentlicht am 4. 5. 2016, abrufbar unter http:// ec.europa.eu/newsroom/dae/document.cfm?action=display&doc_id=15352. EU-Kommission, COM(2016) 594 final.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
sich das Zielpublikum einer deutschsprachigen Rundfunkanstalt doch auch in Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Südtirol oder in anderen europäischen Urlaubsländern. Der geschilderte Sachverhalt wäre also eindeutig unter die Bestimmungen des Titels III der Richtlinie und damit auch unter Teil 3 des VGG zu fassen. Damit ist der Anknüpfungspunkt für die Ausnahmeregelung klar: gemäß Art. 32 der Richtlinie sollen die Bestimmungen des Titels III der Richtlinie gerade nicht für solche Verwertungsgesellschaften gelten, die auf der Grundlage einer freiwilligen Bündelung der notwendigen Rechte unter Beachtung der [EU‐]Wettbewerbsregeln […] eine Mehrgebietslizenz für Online-Rechte an Musikwerken erteilen, die Sendeunternehmen benötigen, um ihre Hörfunk- oder Fernsehprogramme begleitend zur ersten Sendung oder danach sowie sonstige Online-Inhalte, einschließlich Vorschauen, die ergänzend zur ersten Sendung von dem oder für das Sendeunternehmen produziert wurden, öffentlich wiedergeben oder zugänglich machen zu können.
Aufgrund von Risikokostenkalkulationserwägungen und Rechtssicherheit müssen vor Dreh- und Produktionsbeginn die Rechte für Sendung und Online-Auswertung geklärt sein.³¹⁵ Die Rundfunkprogrammausnahme hat hier die Funktion des Erhalts des Status quo, obgleich unterschiedliche Nutzungsarten – Sendung und Online-Zugänglichmachung – betroffen sind: Alle für Sendung und OnlineAuftritt erforderlichen Rechte sollen aus einer Hand zu erhalten sein. Die Ausnahmeregelung soll Repertoire für Sendeanstalten aggregieren und sie als Rechtenutzer privilegieren. Für die Rundfunkübertragung in Deutschland erteilen sowohl die GEMA als auch die GVL Pauschallizenzen für die Verwertung der Werke von ihr angeschlossenen Urhebern und Leistungsschutzrechtsinhabern in Fernsehproduktionen (jedoch nicht immer das Filmherstellungsrecht, welches von den Verwertungsgesellschaften an den Rechtsinhaber bei Widerruf zurückfallen kann).³¹⁶ Würden sich Rundfunkveranstalter für die Mehrgebietslizenzierung im OnlineBereich an die richtliniengemäßen Hubs wenden müssen, würden ihnen zusätzliche Verwaltungs- und Lizenzierungskosten entstehen. Eine Verkomplizierung der Rechteklärung für Sendeunternehmen soll hierdurch verhindert werden. Daher sollen Verwertungsgesellschaften, wenn sie bereits Senderechte wahrnehmen, in einem einheitlichen Vertrag den Sendeunternehmen nach wie vor gleichzeitig die erforderlichen Online-Abrufrechte lizenzieren können.³¹⁷ Mit der Rundfunkausnahme wird die bestehende Lizenzierungspraxis zwischen Verwer Aufgrund der zunehmenden Konvergenz der Nutzung Weber, ZUM 2007, 688, 689; Krogmann, ZUM 2013, 180. Blázquez, Iris Plus 2009 – 5, S. 5 und 7. BT-Drs. 18/7223, S. 94; Weber, ZUM 2014, 476, 477; Krogmann, ZUM 2013, 180.
B. Regelungen des VGG
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tungsgesellschaften und Sendeunternehmen verfestigt.³¹⁸ Fehlte eine Zusammenführung dieser Rechte, wäre zu befürchten, dass Rundfunkveranstalter ganz auf ihre Verwendung verzichten.³¹⁹ Telos der Vorschrift ist also ein One-Stop-Shop für Sendeunternehmen,³²⁰ die ihren Funktionsauftrag aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG auch im Internet wahrnehmen.
d. Regelungsgehalt § 74 VGG (Art. 32 und Erwägungsgrund 48) adressiert nicht direkt die Sendeunternehmen, sondern die lizenzierenden Verwertungsgesellschaften. Sofern sie gebietsübergreifende Rechte an Musikwerken vergeben, die Sendeunternehmen für ihre Online-Betätigung benötigen, gelten für sie die Regelungen des Teils 3 des VGG nicht. Damit unterliegen sie keinem Repräsentationszwang; die Selbstvornahmemöglichkeit für Urheber greift ebenfalls nicht. Darüber hinaus müssen sie keine der besonderen Anforderungen an Bestimmbarkeit und Dokumentation ihres Repertoires gemäß § 61 VGG erfüllen. Es bleibt bei Abschlusszwang, Tarifgestaltungspflicht und der Pflicht zur Bereitstellung angemessener Wahrnehmungsbedingungen mit Rechteinhabern.
e. Tatbestandsvoraussetzungen aa. Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung § 74 VGG betrifft Verwertungsgesellschaften oder -einrichtungen, die bereits Online-Rechte gebietsübergreifend an Sendeunternehmen vergeben.
bb. Online-Sendung und begleitender Online-Auftritt Weitere Voraussetzung ist, dass das Sendeunternehmen Online-Rechte benötigt, um sein Programm entweder zeitgleich mit oder nach der ursprünglichen Sendung (das heißt, reine Webcasting-Unternehmen oder Internetradiosender sind nicht privilegiert³²¹) online verfügbar zu halten oder um sendungsbegleitende
Grewenig, ZUM 2016, 98, 100. BT-Drs. 18/7223, S. 94. Die Rundfunkveranstalter haben ihre Interessen bereits frühzeitig in den europäischen legislativen Prozess eingebracht, vgl. Alich/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR 2008, 43. Guibault/van Gompel, Collective Management, in: Gervais, S. 139, 172. BT-Drs. 18/7223, S. 94.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Online-Inhalte öffentlich zugänglich zu machen. Unter die letztgenannten Inhalte fällt auch die Online-Wiedergabe von Vorschauen („Trailer“), die in Auftrags- oder Eigenproduktion zum Programm des Sendeunternehmens entstanden sind.³²² Im Ergebnis handelt es sich also um eine Privilegierung von Live-Streaming- oder OnDemand-Angeboten der Rundfunkunternehmen, inklusive von Material, das „in einem klaren und untergeordneten Verhältnis zu der ursprünglichen Sendung steht und die Funktion einer Ergänzung, einer Vorschau oder einer Wiederholung hat.“³²³ Damit ist der Anwendungsbereich der Ausnahmebestimmung eng begrenzt, auch Erwägungsgrund 48 der Richtlinie stellt dies klar: Eine solche Ausnahmeregelung sollte nur so weit gehen, wie unbedingt nötig, um den Online-Zugang zu Hörfunk- und Fernsehprogrammen […] zu ermöglichen […].
Praktische Hinweise zur Bestimmung, wann solches Material klar abgrenzbar und in einem Unterordnungsverhältnis zur ursprünglichen Sendung steht, liefert die Richtlinie nicht.³²⁴
(1) Unterordnung Fraglich ist bereits der Bezugspunkt der Unterordnung. Dies kann der spezifische Offline-Inhalt sein, die ursprüngliche Sendung oder aber die generelle OfflineTätigkeit einer Sendeanstalt.Während die beteiligten europäischen Ausschüsse in ihren Stellungnahmen³²⁵ beinahe einheitlich äußerten, der gesamte Offline-Inhalt müsse umfasst sein, findet sich diese Ansicht entgegen der Forderung des EUParlaments ³²⁶ im endgültigen Richtlinientext nicht. Vielmehr wurde der entsprechende Erwägungsgrund 48 unverändert aus dem Richtlinienvorschlag (Erwägungsgrund 35)³²⁷ übernommen, sodass sich die Unterordnung auf die ur-
Insoweit wurde eine Angleichung im Berechtigungsvertrag der GEMA für die Vergabe des Herstellungsrechts in § 1 Abs. 2 Unterabsatz 2 durch Beschlussfassung vom 6./7. Mai 2015 vorgenommen. BT-Drs. 18/7223, S. 94. Erste Auslegungswege bei EBU/ECSA/GESAC/ICMP, 4.4. 2014, Ziff. 1.3 bis 1.6, abrufbar unter http://www.authorsocieties.eu/uploads/documents/EBU%20ECSA%20GESAC%20ICMP%20Re commendation%20for%20the%20Licensing%20of%20Broadcast-relate….pdf, und Weber, ZUM 2014, 476, 478. EU-Parlament, A7– 0281/2013 (COM(2012)0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), S. 130, 179, 245. Allein der Ausschuss INTA brachte keinen Änderungsantrag ein. EU-Parlament, A7– 0281/2013 (COM(2012)0372 – C7– 0183/2012 – 2012/0180(COD)), Änderungsantrag 30, S. 27. EU-Kommission, COM(2012) 372 final, S. 20.
B. Regelungen des VGG
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sprüngliche Sendung, nicht aber auf den generellen Zusammenhang zur OfflineTätigkeit von Sendeunternehmen beziehen muss. Damit ist die Richtlinie in ihrem Anwendungsbereich eng geblieben. Von der Mehrgebietslizenzierung auszunehmen sind allein Nutzungen, die in eindeutigem Näheverhältnis zu konkreten, linear ausgestrahlten Sendungen stehen. Einer weiten Anknüpfung an die Offline-Inhalte von Sendeunternehmen, die nahezu eine Gleichstellung mit der Handhabung von Senderechten und Blankomehrgebietslizenzierung außerhalb des strengen Regelungsrahmens für Verwertungsgesellschaften, die Online-Rechte an Musikwerken gebietsübergreifend lizenzieren, bewirkt hätte, wurde eine Absage erteilt.
(2) „Begleitende Online-Dienste“ Die Richtlinie 2014/26/EU schweigt über die Bedeutung dieser Tatbestandsvoraussetzung. Mittlerweile gibt es aber in Art. 1 lit. a) des Verordnungsentwurfs für die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern vom 14. September 2016 eine Definition eines „ergänzenden Online-Dienstes“, der einen Dienst beschreibt, der darin besteht, dass durch einen Rundfunkveranstalter oder unter dessen Kontrolle und Verantwortung Fernseh- oder Hörfunkprogramme zeitgleich mit oder für einen begrenzten Zeitraum nach ihrer Übertragung durch den Rundfunkveranstalter sowie alle durch den Rundfunkveranstalter oder für ihn produzierte Materialien, die die betreffenden Übertragungen ergänzen, online öffentlich zugänglich gemacht werden.³²⁸
Grundsätzlich gilt das Prinzip einer autonomen Auslegung von Rechtsbegriffen innerhalb verschiedener Rechtssetzungsakte der Union. In Anbetracht der Erfordernisse der Einheit und Kohärenz der Unionsrechtsordnung kann es aber notwendig sein, Rechtsbegriffe einheitlich auszulegen, sofern nicht der Unionsgesetzgeber einen anderen Willen zum Ausdruck gebracht hat.³²⁹ Hier spricht vieles dafür, von einer gleichen Bedeutung auszugehen, insbesondere, da derselbe Sachverhalt betroffen ist und die Definition im Verordnungsentwurf nahezu der Formulierung in Art. 32 der Richtlinie entspricht. Konkretere Hinweise, welches Material als ergänzend anzusehen ist, enthält die neue Definition nicht. Jedenfalls aber stellt sie klar, dass es auf die Eigenschaft als Eigen- oder Auftragsproduktion nicht ankommt. Möglicherweise konkretisiert
EU-Kommission, COM(2016) 594 final. EuGH, GRUR 2016, 684 – Reha Training/GEMA, Rdnr. 28.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
sich der Wortlaut im weiteren Verordnungsprozess. Unbestritten dürften OnlineVorschauen, kurze Sendungs-Zusammenfassungen, Porträts der beteiligten Schauspieler, der verwendeten Filmmusik, etc. zulässig sein. Wenn allerdings der Regelungsinhalt des Verordnungsentwurfs in Rechtskraft erwächst, erübrigt sich auch eine einheitliche Auslegung, da dann Art. 32 der Richtlinie über Mehrgebietslizenzierung wegfallen wird.
f. Ausnahme von der Ausnahme: Beachtung von Wettbewerbsrecht In der Stellungnahme der PRS for Music von März 2013 wurde moniert, dass die vorgesehene Einschränkung des Anwendungsbereichs des Titels III für Rundfunkunternehmen wettbewerbsverzerrende Auswirkungen hätte. Audiovisuelle Online-Inhalte anbietende Rundfunkkonzerne würden zu Online-Musikdienstleistern in Wettbewerb stehen, sodass für sie auch dieselben Marktbedingungen gelten und geschaffen werden müssten.³³⁰ Solchen Bedenken begegnet § 74 VGG (Erwägungsgrund 48) durch eine enge Begrenzung der Ausnahmeregelung: Sie darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zu anderen Diensten führen, „die Verbrauchern einen Online-Zugriff auf einzelne Musik- oder audiovisuelle Werke verschaffen, […] die einen Verstoß gegen die Artikel 101 und 102 des AEUV darstellen würden.“ Insofern wäre an eine Nichtanwendbarkeit der Ausnahme für Rundfunkprogramme reiner Musiksendungen von beispielsweise VIVA oder auch einzelne Online-Sendungen von Konzerten etc. zu denken, die tatsächlich in einem Wettbewerbsverhältnis zu Online-Musikdiensten stehen. Trotzdem geht insbesondere den Sendeunternehmen der Tatbestand der Ausnahmeregelung nicht weit genug. Dadurch, dass nach wie vor an einer klaren Trennung von linearem und non-linearem Rundfunkprogramm festgehalten würde, würde eine im Hinblick auf die zunehmende Konvergenz der Medien technologisch nicht mehr zeitgemäße Bestimmung zementiert.³³¹ Für diese Argumentation wird die besondere, grundgesetzlich verankerte demokratiebildende Funktion des (öffentlich-rechtlichen) Rundfunks herangezogen, zu dessen Auftrag auch die Online-Verbreitung gehöre. Hiergegen ist allerdings einzuwenden, dass sich für originäre Online-Inhalte von Sendeunternehmen nunmehr kein Unterschied zu Geschäftsmodellen ergä PRS for Music, Position Paper, S. 4, abrufbar unter https://www.prsformusic.com/what-wedo/influencing-policy/promoting-standards-of-collective-management. Kähler, ZUM 2016, 417, 425, 426 der eine Ausweitung des Tatbestandes von § 74 VGG auf originäre Online-Inhalte von Rundfunkanstalten empfiehlt; Grewenig, ZUM 2016, 98, 99; Weber, ZUM 2014, 476, 477.
B. Regelungen des VGG
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be, die ebenfalls Online-Inhalte mit Musik unterlegen. In diesem Fall – Andersartigkeit der Nutzung – ist es gerechtfertigt, die Sendeunternehmen denselben Marktbedingungen zu unterwerfen wie ihre Wettbewerber: eine Mehrgebietslizenzierung der betreffenden Rechte bei der zuständigen Stelle ist dann für solche Inhalte erforderlich. Sofern eine gesetzgeberische Anpassung des VGG gefordert wird, wäre eine solche überschießende Ausweitung nicht richtlinienkonform und damit ein Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Zwar normiert die Richtlinie lediglich einen Mindestharmonisierungsstandard, von dem die Mitgliedsstaaten durch strengere Regelungen im Einzelfall abweichen können. Zum einen erlaubt die Richtlinie dies aber nur für Bestimmungen ihres Titels II, vgl. Erwägungsgrund 9. Zum anderen wäre hier gerade keine strengere Regelung betroffen – beispielsweise eine strenge Korrelation von Online-Nutzung und ursprünglicher Sendung ohne zugehöriges Material –, sondern eine weichere, die erheblich von der Mindestharmonisierung abweichen würde und daher rechtswidrig wäre. Im Sinne eines level playing field auch zwischen Rundfunkanstalt und Online-Musikdienst sind im Rahmen der Anwendung der Ausnahmebestimmung stets wettbewerbsrechtliche Erwägungen miteinzubeziehen.
g. Rechtsfolge der Ausnahmebestimmung Folge der Ausnahmeregelung ist, dass eine Verwertungsgesellschaft, die an Sendeunternehmen gebietsübergreifend Online-Rechte vergibt, nicht den Regelungen des Teils 3 unterliegt. Sofern von einer Ausnahme für Hörfunk- und Fernsehsender die Rede ist, ist dies ungenau.³³² Fraglich ist allerdings die Einordnung der Vorschrift. Sendeunternehmen erhalten zwar Mehrgebietslizenzen für die begleitende Online-Nutzung³³³, aber eben nicht von den nach der Richtlinie geforderten Hubs, sondern von den Verwertungsgesellschaften, bei denen sie bereits die „herkömmlichen“ Senderechte lizenzieren. Eben jene weiteren Online-Rechte sind aber auch für alle anderen Online-Musikdienste erforderlich, deren Hauptzweck die Zugänglichmachung von Musikwerken ist. Belässt man es grundsätzlich bei der rechtlichen Zulässigkeit einer exklusiven Einräumung zur Wahrnehmung von Online-Rechten an Musikwerken an Verwertungsgesellschaften, was nach dem
Podszun, GPR 2013, 97, 101. Kähler, ZUM 2016, 417, 420, 424 f. Es ist davon auszugehen, dass die Gegenseitigkeitsverträge der GEMA eine Lizenzierung des Senderechts für die deutschsprachigen Gebiete Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und Südtirol ermöglichen, ohne dass jedoch die entsprechenden Gegenseitigkeitsverträge zugänglich wären. Vgl. die Kritik hierzu bereits bei Mazziotti, EUI Working Papers, S. 19: „(secret!) system of reciprocal representation“.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Willen des Unionsgesetzgebers auch weiterhin möglich sein soll,³³⁴ so kann § 74 VGG nur dann Wirkung entfalten, wenn es sich bei der parallelen Online-Nutzung von Musikwerken durch Sendeanstalten, für die bereits das Senderecht lizenziert wurde, um eine eigenständige Nutzungsart handelte. Anderenfalls würde stets nur ein und dieselbe Verwertungsgesellschaft an Sendeunternehmen und an Online-Musikdienste lizenzieren können. Die Passport-Regelungen liefen ins Leere, da ein und dasselbe Recht lizenziert würde. Für eine eigenständige Nutzungsart spricht der in der Richtlinie zum Ausdruck kommende untergeordnete Charakter von bereits in Sendungen verwendeter Musik, im Gegensatz zur Zugänglichmachung von Musikwerken als Hauptdienstleistung. Die Beschränkung des Tatbestandes auf sendungsbezogene Online-Rechte ist ebenfalls ein Indiz. Daneben sollen nur solche Verwertungsgesellschaften ausgenommen sein, die „auf Grundlage einer freiwilligen Bündelung der notwendigen Online-Rechte“ mit Sendeunternehmen kontrahieren. Freiwillig wäre eine Bündelung dann nicht mehr, wenn die Verwertungsgesellschaft aufgrund des Repräsentationszwangs Rechte an Repertoire für die Lizenzierung an Sendeunternehmen erhielte. Damit ist festzuhalten, dass Verwertungsgesellschaften, die neben den Senderechten auch die Online-Rechte für die digitale Verbreitung des Senderprogramms mitsamt untergeordneten Inhalten im Internet vergeben, zu diesem Zwecke ein eigenständiges Nutzungsrecht behalten, welches sie lizenzieren können.
h. Anwendungsfälle Da § 74 VGG eine bereits gebietsübergreifend tätige Verwertungsgesellschaft voraussetzt, wird die Bestimmung in Deutschland für die GEMA Relevanz erhalten. Sie erteilt Sende-Lizenzen an ihrem Repertoire, dem ihrer Schwestergesellschaften und dem aller großen Musikverlage³³⁵ für den deutschsprachigen Raum und kann daher das Weltrepertoire für programmbegleitende Online-Nutzungen der Rundfunkanstalten in mehreren Territorien bereitstellen. Dass die räumliche Beschränkung auch online eingehalten wird, sichern derzeit noch GeoblockingMaßnahmen der Rundfunkanstalten ab.³³⁶ Möglicherweise werden sie zum Teil für solche Online-Dienste überflüssig, die in den Anwendungsbereich des Ver-
Hierzu oben, S. 84 ff. Vgl. Müller, ZUM 2011, 13, 16, Fn. 10. Kähler, ZUM 2016, 417, 420.
B. Regelungen des VGG
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ordnungsentwurfes zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt vom 9. Dezember 2015 fallen.³³⁷ Die GVL hingegen ist von der Ausnahmevorschrift des § 74 VGG nicht berührt, da sie keine Urheberrechte wahrnimmt.
i. Zwischenfazit Tatsächlich wird durch die Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Regelungen über eine Mehrgebietslizenzierung eine weitere Repertoirezersplitterung verhindert, da ausschließlich der Status quo erhalten bleibt.³³⁸ Der Regelung lässt sich also zumindest zugutehalten, dass sie keine weitere Rechtefragmentierung erzeugt. Ein Anreiz, freiwillig weitere Rechte zu bündeln, ist hingegen schwerlich zu erkennen.³³⁹ Die Relevanz von § 74 VGG ist fraglich, wenn eine europäische Regelung zur Ausdehnung des Sendelandprinzips in Kraft treten sollte. Selbst wenn aber eine solche Angleichung auch auf die öffentliche Zugänglichmachung von Inhalten durch Sendeunternehmen erfolgte,³⁴⁰ wäre hierdurch der Anwendungsbereich allein auf rundfunknahe Dienstleistungen beschränkt, und nicht etwa auch eigenständige originäre Online-Nutzungen der Rundfunkanstalten erfasst.³⁴¹
6. Fazit Die Regelungen des VGG, die einer Repertoirefragmentierung entgegenwirken und den Lizenzierungsmarkt im Online-Bereich flexibilisieren sollen, reagieren ausschließlich auf bereits vergangene Marktentwicklungen. Ein wirkungsvoller Anreiz, Repertoire in Verwertungsgesellschaften zurückzuführen, besteht nicht. Eher zeigt sich eine Bemühung, den Status quo der Fragmentierung zu erhalten und es zu keiner weiteren Zersplitterung kommen zu lassen. Dafür wird eine europäische Oligopolbildung in Kauf genommen,³⁴² die zulasten von weniger nachgefragtem Repertoire und kleineren Verwertungsgesellschaften gehen
EU-Kommission, COM(2015) 627 final; hierzu Peifer, AfP 2017, 8. Weber, ZUM 2014, 476, 477. So aber die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/7223, S. 94. Hierzu oben, S. 225 ff. Für eine umfassende Ausweitung des Ursprungslandprinzips auf das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung aber Stieper, GRUR 2015, 1145, 1147. Kritisch hierzu Gounalakis, Stellungnahme zum VGG-RegE vom 15. 2. 2016, S. 3.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
wird.³⁴³ Der Gesetzgeber sieht hierin im Bereich der Online-Musik hingegen keine Gefahr, sondern einen sogar erwünschten Effekt.³⁴⁴ Nur solche Verwertungsgesellschaften sollen für kleinere Verwertungsgesellschaften deren Repertoires für die Online-Auswertung mitverwalten dürfen, die die hierfür festgesetzten Anforderungen erfüllen. „Damit soll gewährleistet werden, dass Verwertungsgesellschaften in der Lage sind, Online-Rechte effizient zu verwalten.“³⁴⁵ Diese Formulierung legt offen, dass damit nur bestehendes Repertoire gemeint ist – eine effiziente Verwaltung des bereits bei Verwertungsgesellschaften belegenen Repertoires. Anreize zur Repertoire-Aggregation lässt das Gesetz vermissen. Die großen Rechteinhaber werden die Vorteile der Rechteherausnahme, die sie im Laufe der Zeit optimiert und zu schätzen gelernt haben, nicht ohne Weiteres aufgeben. Zwar werden verschärfte Transparenz- und GoodGovernance-Vorschriften dazu führen, dass Verwertungsgesellschaften auf einem vielfach propagierten level playing field in der EU agieren können. Allerdings bleiben unabhängige Verwertungseinrichtungen, die zukünftig ebenfalls gebietsübergreifend Online-Rechte lizenzieren können, unberücksichtigt. So gilt beispielsweise die Rundfunkprogrammausnahme nicht für sie, was private Rundfunkveranstalter benachteiligt. Und obwohl sich auch in Teil 2 des Gesetzes der Gedanke des Rechtsinhaberschutzes widerspiegelt und unabhängige Verwertungseinrichtungen eine treuhänderische Funktion zukommt, gilt für in unabhängigen Verwertungseinrichtungen vereinigten Rechtsinhabern der zusätzliche Schutz gemäß § 72 VGG gerade nicht. Hierdurch wird eine Ungleichbehandlung befördert, die zu weiterer Repertoirefragmentierung bei unterschiedlichen Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen führen wird. Wenn schon kein effektives Vorgehen gegen Repertoirezersplitterung angegangen wird, dann soll zumindest eine gebietsübergreifende Vergabe des vorhandenen Repertoires von Online-Nutzungsrechten angeregt und damit das territoriale Bündel verkleinert werden. Sofern einige Bestimmungen nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers bezwecken, Rechtsinhaber für die kollektive Wahrnehmung ihrer Online-Rechte bei Hubs zu gewinnen, so sind die Anreizregelungen gerade für kleinere Rechtsinhaber nicht praktikabel. Ob kleinere Repertoires tatsächlich genügend Vertrauen in die Hubs entwickeln, einen größeren Nutzen darin sehen und es sich leisten können, ihre Daten entsprechend aufzuarbeiten, hängt zu einem Großteil auch von der Nachfrage nach kulturübergreifenden Musikwerken der Endrezipienten ab.
Pfennig, ZUM 2014, 484, 488. Vgl. die Ausführungen von Flisek, 17. 2. 2016, Protokoll-Nr. 18/88, S. 26. BT-Drs. 18/7223, S. 62.
B. Regelungen des VGG
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III. Probetarife (§ 34 Abs. 2 VGG) Die Bestimmung über Probetarife soll der Vereinfachung und Beschleunigung der Lizenzierungspraxis dienen. Sie ist nicht nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte von Online-Musiknutzungen beschränkt. Damit ist sie ein Exot unter den bisherig beleuchteten Regelungen.
1. Sinn und Zweck Gemäß § 34 Abs. 2 VGG (Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 2) sind Verwertungsgesellschaften nicht verpflichtet, zwischen ihnen und einem Nutzer, der neuartige Online-Dienste anbietet, die seit weniger als drei Jahren der Öffentlichkeit in der Union/EWR zur Verfügung stehen, vereinbarte Lizenzbedingungen als Maßstab für andere Online-Dienste heranzuziehen. In der Systematik der Richtlinie folgt diese Probetarifregelung auf die Bestimmung über die Angemessenheit von Lizenzbedingungen. Demnach ist also das Beharren einer Verwertungsgesellschaft auf einer höheren Lizenzgebühr gegenüber einem Verwerter nicht schon deshalb unangemessen oder diskriminierend, weil ein anderer neuartiger Online-Dienst mit ihr bereits einen Nutzungsvertrag zu für sie schlechteren Konditionen abgeschlossen hat. Verwertungsgesellschaften sollen dadurch in die Lage versetzt werden, flexibel und schnell auf neue Marktsituationen zu reagieren, ohne dass ein Zustand der Rechtsunsicherheit für den neuen Verwerter eintreten würde (vgl. Erwägungsgrund 32). Damit soll sichergestellt werden, dass sich Verwertungsgesellschaften nicht an Bedingungen festhalten lassen müssen, die sie aufgrund einer Markteinführung zu für sie schlechteren Bedingungen eingegangen sind. Rechtsinhaber sollen so vor dauerhaft zu niedrigen Vergütungen während einer Testverwertungsphase geschützt werden. Die Regelung über Probetarife soll also auch die Attraktivität kollektiver Rechtswahrnehmung für Rechtsinhaber erhöhen. Erwägungsgrund 32 der Richtlinie erklärt die Situation: Ohne eine Regelung über Probetarife würde jede Verwertungsgesellschaft einen Präzedenzfall zu vermeiden suchen, auf den sich nachfolgende Verwerter bei der Vergütungsverhandlung berufen könnten, obwohl die Vergütung für diese neuartige Nutzung damals unangemessen ausgehandelt und/oder bewertet wurde. Aus diesem Grunde sind Verhandlungen über die Lizenzierung von neuen Nutzungsarten zäh, langwierig und behindern Marktentwicklungen. Verwertungsgesellschaften und ihre Einrichtungen als Treuhänder der Rechtsinhaber, nicht aber unabhängige Verwertungseinrichtungen (die aber schon keiner Pflicht zu angemessenen Lizenzbedingungen unterliegen), sollen keine unangemessene Vergütungsvereinbarung fürchten müssen und aus diesem Grunde die Lizenzierung verzögern.
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2. Anwendungsbereich Beachtlich ist, dass die Regelung über Probetarife in Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 2 der Richtlinie entgegen des ursprünglichen Art. 32 des Richtlinienentwurfes nunmehr außerhalb des Titels III steht. Im Richtlinienentwurf war eine solche Regelung in ihrem Anwendungsbereich noch beschränkt auf die grenzüberschreitende Vergabe von Rechten an Online-Musikdienste, jetzt ist die Regelung unabhängig von der betroffenen Werkart im Online-Bereich auch im Rahmen einer Eingebietslizenzierung anzuwenden. Diese Angemessenheitsregelung gilt also nicht nur für Musikdienste, sondern auch für jegliche Online-Dienste, die andere Werkarten im Internet verwerten, wie Google Books, Online-Archive oder Online-Kunstausstellungen. Umgesetzt wurde Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 2 in § 34 Abs. 2 VGG.³⁴⁶ Systematisch ist die Regelung über Probetarife damit dem deutschen Abschlusszwang unterstellt, obwohl die Richtlinie selbst einen solchen nicht vorsieht. Auch abhängige Verwertungseinrichtungen können sich auf § 34 Abs. 2 berufen. Im Rahmen einer gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten greift § 34 Abs. 2 ebenso.
3. Primärrechtsverstoß? Möglich ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 20 EU-GrCh). Eindeutig werden hier Sachverhalte, wie die Angemessenheit der Lizenzbedingungen für Offline-Verwerter und Online-Verwerter, aber auch für neuartige einerseits und bekannte Online-Nutzungen andererseits, ungleich geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist.³⁴⁷ Bei Bedenken gegen diese Bestimmung aufgrund Verstoßes gegen höherrangiges Unionsrecht wäre Deutschland zur Erhebung der Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV befugt.³⁴⁸ Da der EuGH nach Art. 19 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 lit. c) Var. 2 EUV, 263 AEUV die Normverwerfungskompetenz betreffend Unionssekundärrecht innehat, besteht die aus
Diese Bestimmung ohne Begründung für „zumindest verfassungsrechtlich fragwürdig“ haltend Klett/Schlüter, K&R 2016, 567, 568. Müller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 77, hält ebenfalls ohne nähere Begründung diese „Experimentierklausel für problematisch“. EuGH, GRUR 2015, 478, Rdnr. 32 m.w.N. – Copydan Båndkopi/Nokia Danmark. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 263, Rdnr. 22.
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Art. 288 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie, solange der EuGH diese nicht für nichtig erklärt hat.³⁴⁹ Darüber hinaus besteht die Möglichkeit des Vorabentscheidungsersuchens nationaler Gerichte gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsaktes.³⁵⁰ Dafür allerdings müsste zunächst in zulässiger Weise Klage vor dem nationalen Gericht erhoben worden sein. Als Rechtfertigungsgrund kommt aber zum einen die Schnelligkeit und Leichtigkeit des Lizenzverkehrs in Betracht, zum anderen das Interesse der Rechtsinhaber an einer angemessenen und zeitnahen Vergütung auch für neuartige Online-Nutzungen. Grundsätzlich betreffen diese Gesichtspunkte sachliche Rechtfertigungen für die Ungleichbehandlung. Allerdings belässt der Wortlaut der Norm Auslegungsspielraum,³⁵¹ der dazu führen kann, dass sich Mitbewerber gegen eine wettbewerbliche Behinderung oder Benachteiligung aufgrund unangemessener Handhabung der Experimentierklausel zur Wehr setzen müssen.
4. Bewertung In der Regelung über Probetarife lässt sich ein zögerlicher Anreiz erkennen, attraktives Repertoire zurück in die kollektive Wahrnehmungspraxis zu holen. Unter anderem die mangelnde Einflussmöglichkeit von Verlagen mit stark nachgefragtem Repertoire auf die Tarifgestaltung einer Verwertungsgesellschaft war ein Grund dafür, dass Verlage kein Interesse an der kollektiven Verwertung ihrer Rechte über Verwertungsgesellschaften hatten und eine individuelle Monorepertoire-Lizenzierung zugeschnitten auf ihre Bedürfnisse anstrebten. Dabei ging es jedoch nicht so sehr um höhere Vergütungen – hinsichtlich der Lizenzhöhe orientierten sich SOLAR, ARESA und Co. an bereits bekannten Tarifen für die
Allerdings führt selbst die Nichtigerklärung einer Richtlinie durch den EuGH grundsätzlich nicht zur automatischen Unwirksamkeit des deutschen Umsetzungsgesetzes, vgl. BVerfGE 118, 79, 97. Zum Schicksal des Umsetzungsaktes bei Nichtigkeit einer Richtlinienbestimmung und eigenständiger Prüfung des Umsetzungsaktes am Maßstab nationalen Rechts Matz-Lück, Europäische Rechtsakte und nationaler Grundrechtsschutz, in: Matz-Lück/Hong, S. 161, 177 ff. Würtenberger/Loschelder, GRUR 2015, 1086, 1087 f. werfen beispielsweise die Frage auf, ob der experimentelle Tarif nach dem Motto „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ nur für den ersten Lizenznehmer gelten soll, oder aber auch auf kurze Zeit später in den Markt eintretende OnlineVerwerter Anwendung finden soll. Je nachdem würde eine enge Auslegung den zuerst kommenden möglicherweise wettbewerbsbehindernd privilegieren, wohingegen eine zu weite Auslegung, d. h. vielfache Anwendung des Probetarifs, den Experimentiercharakter gefährden würde, mit der Folge, dass die Schaffung von Präzedenzfällen doch nahe liege.
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Online-Nutzung³⁵² –, sondern vor allem um Vorauszahlungen und kürzere Abrechnungszeiträume. Wenn nun Verwertungsgesellschaften und ihren Einrichtungen ein größerer Verhandlungsspielraum bei der Lizenzierung von neuartigen Online-Diensten belassen wird, kann der seitens der Rechtsinhaber vorgebrachte Kritikpunkt der Trägheit kollektiver Strukturen entfallen. Da allerdings § 34 Abs. 2 VGG auch für Tochtereinrichtungen gilt, besteht keine Notwendigkeit, am Zentrallizenzierungsmodell etwas zu ändern.
IV. Transparenzbestimmungen (§§ 53 ff., 61 ff. VGG) Auch wenn kein intensiver Anreiz für eine Repertoireaggregierung besteht, können verbesserte Transparenzbestimmungen eine Effizienzsteigerung bei der Lizenzierungspraxis von Online-Musikrechten bewirken. Damit würden die Auffindbarkeit des verstreuten Repertoires verbessert und Transaktionskosten verringert.³⁵³
1. Interessenlage Um Verwaltungskosten zu minimieren, dem Urheber mehr Vergütung zukommen lassen zu können und Transaktionskosten zu verringern, wird am häufigsten die Forderung nach einer einheitlichen Rechtedatenbank gestellt.³⁵⁴ Urheber und Rechteinhaber lehnen ein solches Werkregister überwiegend als zu kompliziert, kostspielig und aufwändig ab.³⁵⁵ Verwertungsgesellschaften verweisen auf interne fakultative Initiativen.³⁵⁶ Ihr berechtigtes Interesse besteht in der Aufrechterhaltung ihres Geschäftsmodells, das auf der Informationshoheit über die relevanten Daten³⁵⁷, aber auch auf deren korrekter Verarbeitung durch eigens geschaffene IT-
Schon aus dem Grunde, da ansonsten ein Anzeichen für einen Missbrauch marktbeherrschender Stellung vorliegen würde, vgl. EuGH, EuZW 2014, 435, 438, Rdnr. 87 – OSA. Baierle, MMR 2012, 503, 508. Eine solche wurde bereits in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, diskutiert, BT-Drs. 17/7899, S. 41, unter Hinweis auf derzeit dem entgegenstehende Regelungen der RBÜ (Verstoß gegen das Formalitätenfreiheitsgebot in Art. 5 Abs. 2 RBÜ) und dahingehender Reformüberlegungen auf europäischer Ebene; siehe auch EU-Kommission, Mitteilung Binnenmarkt für Rechte des geistigen Eigentums, KOM(2011) 287 endg., S. 15; BITKOM-Stellungnahme zur Anhörung des BMJV vom 15.9. 2014, S. 8. EU-Kommission, Report Review of the EU Copyright rules, S. 23. Ebd. Pfennig, Artikel vom 27. 8. 2013, irights.info.
B. Regelungen des VGG
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Systeme beruht.³⁵⁸ Ihre Datenbanken sind daher proprietär und bieten keine auf EU-Ebene umfassende Information. Verwerter hingegen haben ein besonderes Interesse daran, Unsicherheiten hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft und des Rechteumfangs als bestimmende Faktoren der Höhe von ex-ante-Transaktionskosten zu beseitigen.³⁵⁹ Sie fordern eine öffentliche Werkdatenbank und vollständigen Zugang zu Informationen über die Inhaberschaft von Rechten.³⁶⁰ Dieses Begehr ist interessengeleitet, denn die Informationen über wahrgenommene Verwertungsrechte sind eine conditio sine qua non für den legalen Betrieb eines Online-Musikdienstes.³⁶¹
2. Herausforderungen Aber nicht nur Verwerter, auch Verwertungsgesellschaften haben unzureichende Kenntnis.³⁶² Sogar die jüngeren Einrichtungen wie SOLAR, DEAL und Co. sind sich über den eigenen Katalog oftmals nicht im Klaren.³⁶³ Ein „Data-Hub“ würde die relevanten Informationen über einzelne Werke, vollständige Repertoires von Verwertungsgesellschaften oder Verlagen nach einheitlichem technischen Standard aufbereiten und in einer Datenbank vereinen. Zugriff zur Lizenzierungsvereinfachung erhielten die beteiligten Datenlieferanten wie Verwertungsgesellschaften, Verlage, Urheber, aber auch die Verwerter. In der Theorie ist dies eine aus Effizienzgründen zu befürwortende Forderung, doch stellen sich neben der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit aus Geschäftsgeheimniserwägungen praktisch die nach der Zuständigkeit und der Kostentragung. Ein Gesetzgebungsvorschlag zum VGG, eine Rechteinformations-
Für die Einordnung als Geschäftsgeheimnisse Alich, GRUR Int. 2008, 996, 1006; sofern auch die Offenlegung von Gegenseitigkeitsverträgen verlangt wird, treten Verwertungsgesellschaften dem als rechtsinhaberschädlich entgegen, da die Forderung nur dazu diene, Einblick in die Tarifpraxis der Verwertungsgesellschaften zu erhalten, um eine verbesserte Verhandlungsposition zu erlangen, Pfennig, in: Erdmann u. a., Festschrift Loschelder, S. 293. So auch KEA/Vrije Universiteit Brussel, Final study, S. 45. Steinbrecher/Scheufele, ZUM 2016, 91, 94; Grewenig, ZUM 2016, 98, 101; BITKOM-Stellungnahme zur Anhörung des BMJV vom 15.9. 2014, S. 8; ICMP (International Confederation of Music Publishers), 23.4. 2010, S. 4, abrufbar unter ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/management/hearing20100423/panel_1_icmp_en.pdf. Hilty, Kollektive Rechtewahrnehmung, in: Leistner, S. 139. Ausdrücklich EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 75, Rdnr. 359 – ICE: „CMOs […] are not aware of the exact scope of their repertoires for a given licensing agreement with a DSP […].“ Zur Unkenntnis der SOLAR-Rechtsvorgängerin CELAS Alich, GRUR Int 2008, 996, 1006.
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und Clearingstelle bei den Verwertungsgesellschaften anzusiedeln, fand keine Mehrheit.³⁶⁴ In der Tat ist der Nutzen einer übergreifenden, transparenten und öffentlich zugänglichen Datenbank fraglich, wie das Beispiel der U.S.A. zeigt. Zwar gibt es dort Werkdatenbanken und Registrierungssysteme,³⁶⁵ doch ist ihre technische Umsetzung noch nicht derart fortgeschritten, dass Rechtseinräumungen oder -übertragungen in Echtzeit nachgezeichnet würden, sodass die Datenbank ein valides Mittel zur Schaffung von Rechtssicherheit wäre. Zudem ist dieser Dienst territorial begrenzt.³⁶⁶ Bei der Forderung nach einer Datenbank ist zu beachten, dass das Urheberrecht mit der Schaffung des Werkes entsteht. Es ist nicht an bestimmte Voraussetzungen wie Hinterlegung, Eintragung oder Veröffentlichung geknüpft, Art. 5 Abs. 2 S. 1 1. Halbs. RBÜ. Eine Registrierungspflicht könnte gegen das Formalitätenverbot gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 1 RBÜ bei Urheberrechten und gemäß Art. 20 WPPT für Inhaber verwandter Schutzrechte verstoßen. Doch ist nicht jede Registrierungspflicht mit dem Entstehen des Urheberrechts verbunden. So verlangen die Verwertungsgesellschaften zum Zwecke einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung regelmäßig bei Werkanmeldung die Eintragung der Werkdaten in ihre jeweilige Datenbank. Durch solche Regelungen in den meisten Wahrnehmungsverträgen³⁶⁷ wird der Berechtigte verpflichtet, seinem Vertragspartner das Werk, für das er die entsprechenden Rechte wahrnehmen lassen und dafür Vergütungen erhalten möchte, anzumelden. Die Verwertungsgesellschaft ist ohne die nötigen Informationen nicht in der Lage, ihre treuhänderische Funktion zu erfüllen. Die
Siehe den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 18/8269, S. 2, II. 1. Nr. 3, 8. Es existieren mehrere wirkungsvolle Anreize zur Anzeige des geschaffenen Werkes im (rein deklaratorischen) Werkregister des U.S. Copyright Office: Zum einen ist erst nach erfolgter Registrierung ein Rechtsprozess wegen „copyright infringements“ möglich. Die Registrierung muss vor der Urheberrechtsverletzung vorgenommen worden sein. Sodann entfaltet die Registrierung Beweiserleichterungen im Prozess. Zum anderen werden bei einer gerichtlich festgestellten Urheberrechtsverletzung dem geschädigten Urheber aufgrund der Registrierung Rechtsanwaltskosten und „statutory damages“ zugesprochen; ohne Registrierung muss sich der Urheber auf „actual damages and profits“ verweisen lassen, die er im Einzelfall nur schwer wird darlegen und beweisen können, siehe 17 U.S.C. §§ 410(c), 411, 412 und die Informationsbroschüre des U.S. Copyright Office unter dem Abschnitt „Copyright registration“, S. 7, abrufbar unter: www.copyright. gov/circs/circ01.pdf. Gervais, in: Gervais, S. 5. Art. 5 CISAC-Standardvertrag, aus dem sich ergibt, dass Verwertungsgesellschaften sich untereinander über Dokumentationen von Werken gemäß der bei ihnen erfolgten Anmeldung zu unterrichten haben. Siehe auch § 5 BerV-GEMA.
B. Regelungen des VGG
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Forderung nach einer Registrierungspflicht ist damit ein Schritt hin zu verbesserter Transparenz bei der Rechtewahrnung und unabhängig vom Entstehen des Urheberrechts.
3. Technologische Entwicklungen Grundlage eines Werkregisters ist die Technologie zu Errichtung und Betrieb. Die Interoperabilität von Verwertungsgesellschaften zur gebietsübergreifenden Wahrnehmung von Rechten der Schwestergesellschaften hängt maßgeblich von der Vereinheitlichung technischer Standards ab. Bestrebungen, dies zu bewirken, begannen früh und sind derart mannigfaltig, dass hier nur die wichtigsten Kooperationen dargestellt werden können.
a. International Standard Work Code Der International Standard Work Code (ISWC) ist ähnlich der ISBN bei Schriftwerken eine für jedes Musikwerk neu vergebene neunstellige Referenznummer.³⁶⁸ Bei Anmeldung von Werken bei einer teilnehmenden Verwertungsgesellschaft wird durch diese automatisch ein neuer Code vergeben. Jede Bearbeitung oder Übersetzung eines Werkes erhält eine eigenständige Nummer. Die Kennziffer soll den Datenaustausch zwischen den beteiligten Akteuren vereinheitlichen und eine eindeutige Identifizierung von Werken ermöglichen. ISWC Net fasst alle Datenbanken der Verwertungsgesellschaften zusammen und dokumentiert die mit einem ISWC versehenen Werke in Gänze. Der ISWC dient auch der Zurückverfolgung von tatsächlichen Werknutzungen. So arbeitet die CISAC, auf deren Betreiben der ISWC geschaffen wurde, seit Mitte 2014 mit dem Technologie-Unternehmen BMAT zusammen, das den Standard in sein Tracking-System „Vericast“ übernimmt.³⁶⁹ Es zählt die Nutzungszugriffe auf bestimmte Musikwerke für eine angemessene Tantiemenausschüttung.
b. Interested Parties Information Basierend auf dem ISWC-System etablierten die Verwertungsgesellschaften die IPI Interested Parties Information. Das IPI-System ist eine Datenbank, die – wie der ISWC jedem Werk – eine statische Nummer an jeden Urheber vergibt, über die er Siehe unter www.iswc.org/en/faq.html. Pressemitteilung der CISAC, 3.6. 2014, abrufbar unter http://www.cisac.org/Newsroom/ News-Releases/CISAC-and-BMAT-Sign-Landmark-Agreement-for-Easier-Identification-of-DigitalMusic-Worldwide.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
identifiziert werden kann.³⁷⁰ Die Kennziffer ist rein personenbezogen. Auch wenn der Urheber in mehreren Werkarten schöpferisch tätig ist, bleibt seine Nummer stets gleich. Außerdem wird ihm durch die Nummer eine einzige für ihn tätige Verwertungsgesellschaft zugewiesen.³⁷¹ Die unter der Kennziffer hinterlegten Daten über den Urheber, wie Geburts- oder Todesdatum, die zugehörige Verwertungsgesellschaft und die ihr eingeräumten Rechtekategorien an dem Werk, bestimmen, dass nur diese Verwertungsgesellschaft einen ISWC ausstellen darf. ISWC und IPI sind also miteinander verknüpft. Den Angaben der federführenden SUISA zufolge ist die Datenbank nicht beschränkt auf urheberrechtliche Werke, sondern darauf angelegt, alle Rechte des Geistigen Eigentums zu erfassen.
c. CIS-Net Werkkategorie-spezifisch arbeitet CIS-Net. CIS-Net ist ein Datenbanken-Netzwerk, das einen Austausch zwischen Verwertungsgesellschaften über Werkdokumentationen und Verträge ermöglicht. Es verknüpft regionale Datenbanken wie LatinNet, WID (Works Information Database)³⁷², sodass alle Verwertungsgesellschaften, die den technologisch erforderlichen Standard erfüllen, Zugriff auf die Repertoires der CISAC-Mitgliedsgesellschaften haben.³⁷³ Das technische Management-System FastTrack betreut die Technologien für die Netzwerke CIS-Net und ISWC-Net in elf Ländern und ermöglicht einen Datenaustausch.
d. Gescheitertes Projekt: Global Repertoire Database Das Projekt, das einer globalen Werkdatenbank am nächsten kam, war die im Jahr 2009 von Verwertungsgesellschaften initiierte Global Repertoire Database (GRD).³⁷⁴ Die Werk- und Rechtedatenbank sollte sich beschränken auf die reine Dokumentation und Katalogisierung des weltweiten Musikrepertoires. In Echtzeit sollten alle zur Rechtelizenzierung erforderlichen Informationen zugänglich sein, womit eine verbindliche Verwertungsinfrastruktur geschaffen und auch das Problem der split copyrights zumindest abgeschwächt worden wäre. Die weltweit erste, verbindliche Musikdatenbank – allerdings ohne Registrierungspflicht – sollte ein neues Musikrechte-Managementsystem ermöglichen, was global ope-
https://ipisystem.ch/. Elton, MEIEA, Vol. 8, No. 1 (2008), 49 ff. www.cisac.org/What-We-Do/Information-Services/CIS-Net; Karbaum/Oeller, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 17, Rdnr. 70, S. 809. Karbaum, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 11.1., Rdnr. 104. Hierzu Baierle, MMR 2012, 503, 508 f.
B. Regelungen des VGG
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rabel gewesen wäre und Effizienzvorteile in geschätzter Höhe von 0,7 bis 1 % des jährlichen weltweiten Vergütungsaufkommens generiert hätte.³⁷⁵ Verlage, Urheber und Verwertungsgesellschaften müssen nämlich derzeit Werke an verschiedenen Stellen in unterschiedlichen Verwaltungsgebieten melden, bzw. registrieren. Die GRD hätte eine einmalige Meldung ermöglicht. Hohe Kosten durch mehrfach anfallende Datenverarbeitungsprozesse sollten so eliminiert werden.³⁷⁶ Aus diesem Grund brachte die GRD alle Interessengruppen zusammen. Verwertungsgesellschaften, Werkschaffende, Verlage und Online-Diensteanbieter wie Alphabet und Apple beteiligten sich an ihrem Aufbau.³⁷⁷ Es wurde mit Kosten zwischen 23 und 32 Mio. Euro kalkuliert, alle beteiligten Verwertungsgesellschaften sollten ihrer Größe entsprechend über Abzüge der eingezogenen Vergütungen an der Finanzierung mitwirken. Verwerter sollten für die Nutzung der GRD Gebühren entrichten, was zur Refinanzierung des globalen Werkdatenbanksystems beigetragen hätte.³⁷⁸ Die Hürden für eine Angleichung der technischen Dokumentationsstandards waren jedoch zu hoch. Die technische Umsetzung und Anpassung an bestehende Systeme gelang nicht, das Vorhaben wurde im Juli 2014 für gescheitert erklärt.³⁷⁹ Die Einstellung des Projekts fiel sicherlich auch mit dem nun beschrittenen Weg der Verwertungsgesellschaften, selbst multiterritorial zu lizenzieren, zusammen, da sie hierfür eigene Datenbanken und Infrastrukturen errichteten. Ein Bedürfnis nach einer übergeordneten, öffentlich zugänglichen globalen Datenbank schwand. ICE Services kooperiert zu diesem Zwecke mit dem Datenverarbeiter ICE Operations, Armonia arbeitet mit BMAT zusammen. Ein globales, einheitliches Rechteregister, das Basis für eine effiziente weltweite Lizenzierungspraxis sein könnte, rückt damit in weite Ferne. Die GRD ist jedoch nicht das einzige gescheiterte Projekt dieser Art. Ebenso wie die GRD war das International Music Registry der World Intellectual Property Organisation der Versuch einer länderübergreifenden Schaffung eines freiwilligen Registrierungssystems für urheberrechtlich geschützte Werke. Aber auch diese Initiative ist im Sande verlaufen. Die obige Aufzählung ist nicht abschließend. Das Dickicht verwendeter Technologien und Systeme in den einzelnen Bereichen der Rechteverwaltung
Milosic, GRD’s Failure, Music Business Journal, 8/2015. Pressemitteilung der GEMA, 13. 5. 2013, abrufbar unter https://www.gema.de/aktuelles/ge ma_global_repertoire_database_verkuendet_standortplanung/. Milosic, GRD’s Failure, Music Business Journal, 8/2015. Ebd. Vgl. Resnikoff, Artikel vom 10.7. 2015, digitalmusicnews.com und Cooke, Artikel vom 10.7. 2014, completemusicupdate.com.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
scheint undurchdringlich. Jede Verwertungsgesellschaft, jeder Distributor hat mitunter eigene Lösungen entwickelt, die nicht immer kompatibel untereinander sind.
4. Lösungen des VGG Diese – gescheiterten – Versuche verdeutlichen die außerordentlichen Hürden für Transparenz und dokumentieren die Schwierigkeit eines Zusammenbringens von technischen Standards und umfassender Werkdokumentation im Musikbereich. Die Richtlinie und in ihrer Folge das VGG haben dies erkannt und versuchen ihrerseits ein ausgewogenes Regulierungsniveau unter Berücksichtigung aller Interessen zu schaffen. Bereits jetzt lässt sich die Kernaussage der Vorschriften vorwegnehmen, die es einem Verwerter als Minus zu vollkommener Transparenz zumindest ermöglichen wollen, über die zuständige Stelle Auskunft zu erhalten, also an wen er sich zwecks Rechteerwerb wenden muss.
a. Gleichartige technische Standards Für gleichartige technische Standards wurden keine durchgreifenden Maßnahmen ergriffen. Nur gebietsübergreifend lizenzierende Hubs müssen eindeutige Kennungen verwenden, um Rechtsinhaber und Musikwerke zu bestimmen, dies aber nur unter möglichst weitgehender Berücksichtigung freiwilliger branchenüblicher Standards und Praktiken, die auf internationaler oder Unionsebene entwickelt wurden, § 61 Abs. 2 Nr. 3 VGG (Art. 24 Abs. 2 lit. c)). Damit unternimmt der Gesetzgeber einen weiteren Appell, auf freiwillige Kooperationen und fakultative Implementierung einheitlicher Standards zu dringen, ohne konkrete Vorgaben zu machen.
b. Datenbanken Das VGG enthält weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung Ausführungen zu Datenbanken. Nur die Richtlinie erwähnt ihre grundsätzliche Erforderlichkeit. Für den Bereich der Mehrgebietslizenzierung sieht die Richtlinie in Erwägungsgrund 41 vor, dass Rechtedatenbanken erforderlich [sind], die Auskunft darüber geben, wer Inhaber der Rechte ist, die länderübergreifend lizenziert wurden, welche Werke, Rechte und Rechtsinhaber eine Verwertungsgesellschaft repräsentieren darf und welche Gebiete vom Auftrag erfasst sind. Änderungen dieser Angaben sollten unverzüglich erfasst werden, und die Datenbanken sollten laufend auf aktuellem Stand gehalten werden. Die Datenbanken sollten auch dabei helfen, Informationen zu Werken mit Informationen zu Tonträgern oder anderen Fixierun-
B. Regelungen des VGG
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gen zu bündeln. Dabei muss auch sichergestellt werden, dass potenzielle Nutzer und Rechtsinhaber sowie Verwertungsgesellschaften auf die Informationen zugreifen können, die sie benötigen, um herauszufinden, welches Repertoire die Verwertungsgesellschaften repräsentieren. Die Verwertungsgesellschaften sollten Maßnahmen ergreifen können, um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu gewährleisten, deren Weiterverwendung zu kontrollieren und sensible Geschäftsdaten zu schützen.
Auch der nachfolgende Erwägungsgrund geht auf die Kapazitäten zur Datenverarbeitung und -vorhaltung ein. Stets verwendet die Richtlinie jedoch den Plural. Verwertungsgesellschaften sollten ihre Datenbanken aktuell und exakt halten. Damit wird vorausgesetzt, dass jede Verwertungseinrichtung ihre eigene Datenbank hat und nicht zur Zusammenlegung angehalten ist. Damit wird lediglich der Status quo der Rechtedokumentation in der Richtlinie festgehalten. Eine über die bisherigen Kooperationen hinausgehende Verpflichtung wird dem System der kollektiven Rechtswahrnehmung nicht auferlegt. Der deutsche Gesetzgeber war daher nicht zu einer Erwähnung verpflichtet.
c. Repertoiretransparenz Umso wichtiger wird die Zugänglichkeit von Informationen über die repräsentierten Musikwerke und Rechte einschließlich der Lizenzgebiete, über die jeder einzelne Repertoireverwalter verfügen muss. Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen müssen diese Informationen auch an potentielle Online-Musikdienste, aber nur auf deren hinreichend begründete Anfrage, elektronisch übermitteln, § 62 VGG (Art. 25). Insofern ist diese Vorgabe weiter gefasst als die generelle Informationspflicht in § 55 VGG (Art. 20). Einen Anspruch auf Information über das wahrgenommene Repertoire haben außerhalb der Mehrgebietslizenzierung nur Nutzer, das heißt konkrete Lizenzpartner.³⁸⁰ Der deutsche Gesetzgeber wagte in diesem Punkt keine Abweichung von der Richtlinie, obwohl ihm Erwägungsgrund 9 eine strengere Regelung für in seinem Hoheitsgebiet ansässige Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen ermöglicht. Dem Interesse der Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen am Erhalt ihrer Informationshoheit wird damit weitestgehend nachgekommen. Gerade potentiellen nationalen Rechtenutzern ist nur bedingt geholfen, vor allem wenn durch Herausnahme der Rechte auch zur Eingebietslizenzierung das verfügbare Repertoire bei der nationalen Verwertungsgesellschaft weiter schrumpft.
Kritisch hierzu die Verwerterseite, s. Steinbrecher/Scheufele, ZUM 2016, 91, 94 und Grewenig, ZUM 2016, 98, 101.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
d. Nutzungsdatenbank Umgekehrt jedoch sind auch Online-Musikdienste verpflichtet, die lizenzierenden Einrichtungen umfassend über die tatsächlichen Rechtenutzungen zu informieren, § 66 VGG (Art. 27 Abs. 1 und 2), da im Online-Bereich eine nutzungsgenaue Abrechnung erfolgt. Insoweit geht § 66 VGG über § 41 VGG (Art. 17) hinaus. Die Sicherstellung der gesetzlich normierten angemessenen Vergütung der Urheber erfordert eine solche Verpflichtung der Verwerter zur Auskunft über Art und Umfang der Nutzung. Nur so kann die Verwertungsgesellschaft gewährleisten, dass die Vergütung auch bei Massennutzungen gerecht verteilt wird und sicher bei ihren Treugebern ankommt.³⁸¹ Dafür sind wiederum lesbare Datensätze erforderlich. Auch hier müssen Verwertungsgesellschaften freiwillige, branchenübliche Standards für den elektronischen Datenaustausch bereitstellen, § 66 Abs. 1 S. 2 VGG. Sie können eine Nutzungsmeldung im Format des Anbieters jedoch zurückweisen und ihn auf einen branchenüblichen Standard verweisen. Sind die Werke mit entsprechenden Programmschnittstellen und Metadaten versehen, erscheint es möglich, dass die Werke selbst ihre Nutzungshäufigkeit zurückmelden.³⁸² Dies kann jedoch nur gelingen, wenn entsprechende Technologien existieren, sie flächendeckend eingesetzt werden und in der Wartung, Unterhaltung und im Einsatz auch für kleinere Rechteinhaber/Verwertungsgesellschaften keinen Wettbewerbsnachteil darstellen. Erfolgt eine Übermittlung akkurat, kann eine Nutzungsdatenbank bei der lizenzierenden Einrichtung Redundanzen beseitigen und Transaktionskosten verringern, dies allerdings nur, wenn die Repertoire-Zuständigkeit bestimmbar ist. Sollten mehrere Hubs Repertoires nicht-ausschließlich übernehmen, kann es zu Überschneidungen kommen. Damit nicht jede Verwertungsgesellschaft ein Nutzungserfassungssystem unterhalten muss, würde ein gemeinsames Dokumentationszentrum³⁸³ der beteiligten Verwertungsgesellschaften Synergieeffekte generieren.
Die britische Verwertungsgesellschaft PRS for Music verlangte daher eine verbindliche Regelung zur Verpflichtung der Lizenznehmer (Verwerter), entsprechende Daten in guter Qualität zur weiteren Verwendung den Verwertungsgesellschaften bereitzustellen, PRS for Music, Position Paper, S. 2, Fn. 330. Siehe hierzu oben, S. 77 ff. So schon Pfennig, 10.4. 2014, S. 5, abrufbar unter http://www.urheber.info/sites/default/fi les/story/files/pfennig-eu-richtlinie-verwertungsgesellschaften.pdf.
B. Regelungen des VGG
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5. Fazit Verlässliche Daten sind Grundlage einer effizienten Rechtewahrnehmung. Verwertungsgesellschaften und ihre Einrichtungen haben Nachholbedarf bei der Ermittlung und Erfassung, welche Rechte sie tatsächlich gebietsübergreifend lizenzieren dürfen. Damit geben die Transparenzbestimmungen einen Anreiz für eine akkurate Dokumentation zumindest des eigenen Repertoires, welche im besten Fall nach einem branchenüblichen Standard erfolgt. In absehbarer Zeit ist nicht mit einer einheitlichen, globalen Rechtedatenbank zu rechnen. Immerhin gesteht das VGG den Rechtenutzern einige Informationsansprüche zu. Diese werden aber erst dann ihre volle Wirkung entfalten können, wenn tatsächliche Kenntnis über das jeweilige Repertoire besteht. Bis dahin herrscht nach wie vor Rechtsunsicherheit. Sollte in Zukunft das gesamte europäische Repertoire von einer Handvoll Hubs grenzüberschreitend zu erlangen sein, erübrigen sich hingegen die meisten Informationspflichten, da sich der Verwerter dann darauf verlassen kann, tatsächlich alle Rechte zu erlangen. Insoweit bedingt sich die Anreizwirkung der diesbezüglichen Vorschriften hier gegenseitig.
V. Geltungsbereich des VGG Die angesprochenen positiven Ansätze zur Vereinheitlichung hängen auch vom persönlichen Geltungsbereich der Regelung ab.
1. Grundsatz: Sitzlandprinzip Ist eine Wahrnehmungsorganisation Verwertungsgesellschaft, abhängige oder unabhängige Verwertungseinrichtung, so greifen zunächst die mitgliedstaatlich daran anknüpfenden Rechtsfolgen, wie oben dargestellt. Daneben ist der Unternehmensstandort entscheidend, denn die Richtlinie normiert das Sitzlandprinzip (siehe oben, S. 118). Sie gilt nur für Gesellschaften, die ihren Sitz in der Union haben, Art. 2 Abs. 1 und 2 und Erwägungsgrund 9, Art. 36 der Richtlinie. Den Mitgliedstaaten steht es aber frei, Verwertungsgesellschaften ohne Sitz in der EU denselben nationalen Regelungen zu unterwerfen, sofern sie in ihrem Mitgliedstaat tätig sind (Erwägungsgrund 10). Hat eine europäische Verwertungsgesellschaft keinen Sitz im Inland, wird sie aber dort tätig, so soll es der nationalen inländischen Aufsichtsbehörde obliegen,
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
die Einhaltung der nach dem EU-Sitzland geltenden Regelungen durch diese Verwertungsgesellschaft zu überwachen.³⁸⁴ In Deutschland kommt das Sitzlandprinzip und die Anerkennung EU-weiter Standards in §§ 76 Abs. 2 und 77 VGG zum Ausdruck. § 76 Abs. 2 legt den Prüfungsmaßstab für in Deutschland tätige Verwertungsgesellschaften, die ihren Sitz in einem anderen Staat der EU/EWR haben, auf die Regelung ihres Sitzlandes fest. Damit ergibt sich erst in seinem Umkehrschluss der Anwendungsbereich des VGG für im Inland ansässige Wahrnehmungsinstitutionen. Eine eindeutige Regelung für Verwertungsgesellschaften oder -einrichtungen mit Sitz außerhalb der Union existiert hingegen nicht. Indirekt hat der deutsche Gesetzgeber jedoch von der Möglichkeit in Erwägungsgrund 10 Gebrauch gemacht, indem beispielsweise die Erlaubnispflicht gemäß § 77 VGG auf solche Gesellschaften erstreckt wird, die Rechte nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz wahrnehmen, hier nun ganz unabhängig von ihrem Sitz – mit Ausnahme des § 77 Abs. 2 VGG. Diese komplexen Regelungen lassen den Schluss zu, dass der Anwendungsbereich für jede Norm einzeln bestimmt werden muss. Ein genereller Anwendungsbereich des VGG existiert nicht.³⁸⁵ § 1 VGG bestimmt nur, dass das VGG die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften, abhängige und unabhängige Verwertungseinrichtungen regelt. Für welche Einrichtungen welche Normen nun gelten, bestimmt eine Mischung aus Sitzlandprinzip und Betätigungsort. Um eine nähere Konkretisierung vornehmen zu können, soll auf ein Praxisbeispiel zurückgegriffen werden. Es folgen Ausführungen zu einer amerikanischen Rechtewahrnehmungsorganisation, die EU-weit im Online-Musikbereich tätig ist. Inwieweit sie den europäischen Umsetzungsgesetzen, insbesondere auch dem VGG unterfällt, wird nachgehend untersucht.
2. Beispiel: American Music Rights Association a. Sachverhalt Die U.S.-amerikanische Verwertungsgesellschaft American Mechanical Rights Agency (nunmehr American Music Rights Association, Inc.) mit Sitz in Florida wurde im Jahr 2014 von „Kobalt“, einem britischen Musikverlag, Tonträgerhersteller und Rechtemanagement-Dienstleister³⁸⁶ aufgekauft und umbenannt.³⁸⁷ Sie Art. 37, der in Deutschland in § 76 Abs. 2 VGG, in Österreich ebenfalls in § 76, in Großbritannien hingegen soweit ersichtlich nicht umgesetzt wurde. So schon Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE, 14. 8. 2015, S. 2, Rdnr. 3 f. Eigentümer Kobalt lässt sich sowohl in seiner Rolle als Musikverlag als auch als Label Service im Gegensatz zur Vertragspraxis anderer Verlage und Labels keine Nutzungsrechte seiner
B. Regelungen des VGG
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wird erörtert, weil es für den Anwendungsbereich des VGG nicht mehr darauf ankommt, dass Rechte nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz wahrgenommen werden. AMRA könnte als amerikanische Verwertungsgesellschaft also vom VGG erfasst sein. AMRA bezeichnet sich selbst als Verwertungsgesellschaft, die Musikverlagen auch ohne Verbindungen zu Kobalt offensteht und betont seine Unabhängigkeit von der Verlagsdivision Kobalt’s.³⁸⁸ Sie erfülle als CISAC-Mitglied³⁸⁹ alle von ihrem Dachverband der angeschlossenen Performing-Rights-Gesellschaften aufgestellten und für Mitglieder verbindlichen Professional Rules³⁹⁰ und komme allen für sie geltenden Regelungen – auch gemäß EU-Recht – nach.³⁹¹ Mit 450 angeschlossenen Mitgliedern ist AMRA eine vergleichsweise kleine Verwertungsgesellschaft, viele Mitglieder sind Verlage, repräsentiert wird hauptsächlich der Katalog von Kobalt.³⁹² AMRA „berechnet keine zusätzlichen Gebühren oder Kosten“. Die Wahrnehmungseinrichtung schüttet 100 % der eingenommenen Vergütungen abzüglich einer Vermittlungsgebühr („commission“) und Steuern an ihre Rechtsinhaber aus.³⁹³ Nach den Gesetzen des Bundesstaates Florida, ihrem Sitzstaat, ist sie eine for-profit corporation. ³⁹⁴ Kobalt konnte AMRA aufgrund einer Investition in Höhe von 60 Mio. Dollar seitens GV³⁹⁵, einem Tochterunternehmen des Alphabet-Konzerns im Investmentbereich³⁹⁶, übernehmen.³⁹⁷ Alphabet setzt damit ein Zeichen für sein Inter-
ihm angeschlossenen Rechtsinhaber, darunter Lionel Richie, einräumen, http://www.kobaltmu sic.com/services/music-publishing. Sie verbleiben bei den Urhebern, Verlagen, Tonträgerherstellern und Künstlern. Bei Kohn, On Music Licensing, S. 82, wird Kobalt daher als „music publishing administrator“ bezeichnet. Gottfried, Artikel vom 11.6. 2015, musikmarkt.de und Sisario, Artikel vom 8.6. 2015, B1, The New York Times. Gottfried, Artikel vom 11.6. 2015, musikmarkt.de; Lunden, Artikel vom 8.1. 2015, techcrunch.com. Siehe www.cisac.org/Our-Members. Aufgestellt am 18.6. 2014, abrufbar unter www.cisac.org/What-We-Do/Governance/Professio nal-Rules. Siehe www.amra-music.com/. http://www.cisac.org/Cisac-Home/Our-Members/Members-Directory/(society)/469/(pre vious_url)/3723. Vgl. die Angaben auf www.amra-music.com/. Siehe die Angaben bezüglich der eingetragenen Namensänderung bei der Florida Division of Corporations vom 22.9. 2014, S. 4. Google Ventures, www.gv.com/. Eine Zusammenarbeit war naheliegend, da Kobalt bereits 2014 in Zusammenarbeit mit der Alphabet-Tochter YouTube eine Identifikationssoftware namens ProKlaim für die Feststellung von Rechteinhabern von Musikwerken in User Generated Content auf YouTube entwickelt hatte. Die
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
esse am Musiklizenzierungsmarkt. Kobalt’s Direktlizenzierung über eine Tochtergesellschaft der schwedischen Verwertungsgesellschaft STIM³⁹⁸ erübrigte sich, nachdem aufgrund des Ankaufs der amerikanischen Verwertungsgesellschaft AMRA die Lizenzvergabe eigenständig ohne Rücksicht auf die Strukturen der STIM durchgeführt werden konnte. In Europa ist AMRA vor allem in der digitalen Musikverwertung tätig und lizenziert alle Online-Rechte des Kobalt-Katalogs direkt, d. h. außerhalb des Systems von Gegenseitigkeitsverträgen oder Subverlegern, und spart damit die Kosten einer Beteiligung von mehreren Verwertungsgesellschaften in mehreren Ländern.³⁹⁹ Dadurch können höhere Vergütungen an die Rechtsinhaber ausgeschüttet werden. Zu den Lizenznehmern von AMRA gehören Google Play, Apple Music (globale Lizenz mit Ausnahme von den U.S.A. und Kanada)⁴⁰⁰, Spotify (globale Lizenz), YouTube und Amazon Music Unlimited.⁴⁰¹ Neben der Direktlizenzierung des AMRA-Direct-Digital-Repertoires⁴⁰² ist AMRA weiterhin mit Schwestergesellschaften für die nationale Online-Rechtevergabe vertraglich verbunden. Sofern AMRA Urheber vertritt, die beispielsweise bei BMG Rights Management oder Sony verlegt werden, unterhält es Repräsentationsverträge mit den Muttergesellschaften PRSfM und GEMA, die ihren Töchtern SOLAR und ARESA die matching public performance rights zur Vergabe aus einer Hand ermöglichen.⁴⁰³ Mit AMRA betreibt ein Musikverlag seine eigene Verwertungsgesellschaft: Kobalt’s Algorithmus-basierte KORE™-Technologie identifiziert auch nur kleinste Werknutzungen, sodass AMRA auch minimalste Bruchteile eines Cents abrechnen kann. Die Software kann auch von anderen Verwertungsgesellschaften lizenziert werden. In ihrem ersten für den Katalog von Kobalt in Europa tätigen 3. Quartal 2015 teilte AMRA eine Einnahmensteigerung von insgesamt 28 % mit.
Kooperation zwischen AMRA und YouTube soll im Bereich von User Generated Content bereits 50 % mehr Vergütungsrückflüsse erzeugt haben, vgl. Ingham, Artikel vom 30.10. 2015, musicbusinessworldwide.com. Ingham, Artikel vom 26. 3. 2015, musicbusinessworldwide.com. Kobalt STIM Aggregated Rights AB, Pressemitteilung vom 30.1. 2014, https://www.stim.se/ en/pressreleases/stim-and-kobalt-partnership-concludes-major-music-licenses. Sisario, Artikel vom 8.6. 2015, B1, The New York Times. Lunden, Artikel vom 4. 8. 2015, techcrunch.com. Vgl. die Pressemitteilung vom 10. 5. 2016, https://www.kobaltmusic.com/press/kobalt-an nounces-unprecedented-growth-in-digital-royalty-earnings-through-amra. Hauptsächlich bestehend aus den Kobalt-Musikverlagen, aber auch solche Verlage wie Blue Mountain Music oder Helium Music, siehe die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31. 3. 2017. So die Licensing Rules Repertoire Definition der CISAC vom 31. 3. 2017.
B. Regelungen des VGG
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Portalspezifisch konnten von Spotify 26 % mehr Einnahmen, von YouTube sogar 34 % höhere Einnahmen erzielt werden.⁴⁰⁴ Für seine Dienstleistungsempfänger, also Rechteinhaber, implementierte das Unternehmen die Datenbank „Kobalt Portal“, die nutzungsgenaue Abrufzahlen von Werken im Internet in Echtzeit bereithält.⁴⁰⁵ Dies schafft Transparenz und gewährt Rechteinhabern eine gewisse Verhandlungsmacht hinsichtlich ihrer Vergütungsrückflüsse. Als ernsthafter Wettbewerber europäischer Verwertungsgesellschaften, die Mehrgebietslizenzen von möglichst attraktivem Repertoire vergeben wollen, hat sich AMRA durch technologische Werkzeuge für Rechtsinhaber attraktiv gemacht.
b. Verwertungsgesellschaft oder unabhängige Verwertungseinrichtung? AMRA führt alle Front-, Middle- und Back-Office-Tätigkeiten hinsichtlich der EUweiten Mehrgebietslizenzierung mithilfe von Kobalt’s Technologie selbst aus. Sie ist vertraglich von ihren Mitgliedern mit der Wahrnehmung der Rechte zu deren kollektivem Nutzen betraut worden. Da sie allerdings mit Gewinnerzielungsabsicht tätig ist, entscheidet sich ihre Einordnung als Verwertungsgesellschaft oder unabhängiger Verwertungseinrichtung im Sinne des VGG an ihren Beherrschungs- und Eigentümerstrukturen. Die vollständige Loslösung von den Rechtsinhabern und das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht sind Kriterien, die aus einer Verwertungsgesellschaft eine unabhängige Verwertungseinrichtung werden lassen. Wird sie nicht durch ihre Mitglieder beherrscht, ist sie unabhängige Verwertungseinrichtung und unterliegt nur wenigen Informationspflichten (oben, S. 172), obwohl sie in Europa in gleichem Maße wie herkömmliche europäische Verwertungsgesellschaften tätig ist und sogar grenzüberschreitend lizenziert. Entscheidend ist damit, ob AMRA von ihren 450 Mitgliedern beherrscht wird. Ist dies nicht der Fall, ist ebenfalls denkbar, dass Eigentümer Kobalt, seinerseits Musikverlag und damit ebenfalls Berechtigter, AMRA kontrolliert. Mitglied kann auch eine Einrichtung sein, die Rechtsinhaber vertritt, eben wie Kobalt. Gesetzt den Fall, die 450 Mitglieder hätten keinen Einfluss und Kobalt wäre das Mitglied, das als alleiniger Gesellschafter die vollständige Kontrolle über AMRA ausübt, hängt die Einordnung als Verwertungsgesellschaft weiter davon ab, ob die Definition einer Verwertungsgesellschaft eine Beherrschung durch auch nur ein Mitglied akzeptiert. Die Richtlinie spricht von einer Mehrheit an
Fn. 401. Siehe www.kobaltmusic.com/page-about.php.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Mitgliedern, die die erforderliche Kontrolle ausüben müssen. Der Unionsgesetzgeber hatte ersichtlich das klassische Modell einer Verwertungsgesellschaft vor Augen, bei denen im Regelfall mehrere Mitglieder vorhanden sind. Würde ein einzelnes Mitglied nicht ausreichen, so wäre die Richtlinie auf AMRA nicht anwendbar. Auch die Definition einer unabhängigen Verwertungseinrichtung spricht von mehreren Eigentümern, denn eine solche Organisation darf weder direkt noch indirekt, vollständig oder teilweise im Eigentum der Rechtsinhaber stehen noch direkt oder indirekt, vollständig oder teilweise von den Rechtsinhabern beherrscht werden.⁴⁰⁶ Obwohl alle anderen Merkmale von AMRA erfüllt sind, würde eine Regulierung – entweder als Verwertungsgesellschaft oder als unabhängige Verwertungseinrichtung – allein deswegen ausscheiden, da Kobalt als alleiniger kontrollierender Rechtsinhaber existiert. Hier ist von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Es würde dem Richtlinienziel zuwiderlaufen, Gleiches ungleich zu regulieren, steht doch das level playing field im Fokus der Regulierung. Letztlich ist auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen: die Wahrnehmung von Rechten mehrerer Rechtsinhaber zu deren kollektivem Nutzen. Da AMRA in erheblichem Maße Online-Rechte ihrer Mitglieder auf dem europäischen Lizenzmarkt wahrnimmt, ist sie als Verwertungsgesellschaft einzuordnen. Ansonsten hätte der europäische Gesetzgeber an der Realität vorbeireguliert.
3. Aufsicht und Erlaubnispflicht bei Verwertungsgesellschaften An die Einordnung der amerikanischen AMRA als Verwertungsgesellschaft im Sinne des VGG schließen sich weitere Fragen an. Es ist zu klären, welche Folgen die Verwertungsgesellschafteneigenschaft für AMRA hat.
a. Aufsicht (§§ 75, 76 VGG) Für die Aufsicht bestimmt § 75 Abs. 1 VGG die zuständige Behörde: das Deutsche Patent- und Markenamt in München. § 76 VGG regelt den Inhalt der Aufsicht: das DPMA hat jegliche Tätigkeiten einer Verwertungsgesellschaft im Inland daraufhin zu überprüfen, ob sie gesetzeskonform ausgeführt werden. Es würde allerdings der unionsweit bezweckten Harmonisierung zuwiderlaufen, müsste jede Aufsichtsbehörde jeden Mitgliedstaates die Tätigkeiten aller Verwertungsgesellschaften nach den Bestimmungen des jeweiligen Umsetzungsgesetzes überwa-
Hierzu näher oben, S. 164 ff.
B. Regelungen des VGG
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chen. Aus diesem Grund bestimmt § 76 Abs. 2 VGG, dass Verwertungsgesellschaften aus EU und EWR, die im Inland tätig sind, nach den Maßstäben des in ihrem Sitzland geltenden Rechts vom DPMA zu überprüfen sind. § 76 Abs. 2 VGG ist Ausfluss des Sitzlandprinzips, allerdings gekoppelt an eine inländische Tätigkeit. Für ausländische Verwertungsgesellschaften hat der deutsche Gesetzgeber von der Möglichkeit in Erwägungsgrund 10 Gebrauch gemacht: Die Richtlinie soll die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, dieselben oder vergleichbare Bestimmungen auf Verwertungsgesellschaften anzuwenden, die ihren Sitz außerhalb der Union haben, aber in dem betreffenden Mitgliedstaat tätig sind. Für die Aufsicht über eine ausländische Verwertungsgesellschaft kommt es damit allein auf ihre Tätigkeit im Inland an. Insoweit hat der deutsche Gesetzgeber die Fiktion eines inländischen Sitzes von ausländischen Verwertungsgesellschaften eingeführt. Damit hat die Aufsichtstätigkeit des DPMA eine deutliche Erweiterung erfahren. Zu ihrer Bewältigung sind dem DPMA gemäß § 85 VGG konkrete Befugnisse zugewiesen, die ihm eine wirksame Aufsicht überhaupt erst ermöglichen sollen. Danach haben ihm Verwertungsgesellschaften umfassende Informationen wie Wahrnehmungsvertrag, ihr Statut und Geschäftsbücher zur Kenntnis zu geben.
b. Erlaubnispflicht, Anzeigepflicht (§ 77 VGG) Darüber hinaus können Verwertungsgesellschaften einer Erlaubnispflicht unterliegen. Abweichend vom Sitzlandprinzip kommt es für die Erlaubnispflicht gemäß § 77 VGG grundsätzlich allein auf den Wahrnehmungsgegenstand an. Wenn Rechte von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden, die sich aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz ergeben, so muss sie einen Antrag auf Erteilung der Wahrnehmungserlaubnis stellen. Die Erlaubnis darf nur unter bestimmten Voraussetzungen versagt werden, § 79 VGG, beispielsweise wenn die Antragstellerin keine ausreichende wirtschaftliche Grundlage vorweisen kann. Hierfür kann auch der Umfang des wahrgenommenen Repertoires herangezogen werden. Es muss „hinreichend tragfähig“ sein, da nur dann von einer wirksamen Rechtewahrnehmung ausgegangen werden kann.⁴⁰⁷ Obgleich vielfach gefordert⁴⁰⁸ ist keine zusätzliche Erlaubnis für die gebietsübergreifende Rechtevergabe erforderlich. Die Erfüllung der besonderen BT-Drs. 18/7223, S. 95. BITKOM-Stellungnahme zur Anhörung des BMJV, 15.9. 2014, S. 11 und 14; GRUR-Stellungnahme zur Anhörung des BMJV vom 11.9. 2014, S. 4 und 7, abrufbar unter http://www.grur.org/up loads/tx_gstatement/2014 - 09 -11_GRUR_Stn_zum_Fragebogen_BMJV_Umsetzung_Verwertungs gesellschaften-RL.pdf; Stellungnahme der Initiative Urheberrecht zur Anhörung des BMJV,
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Anforderungen gemäß § 61 VGG wird innerhalb der regulären Aufsicht überprüft, sofern die Verwertungsgesellschaft denn aufsichtspflichtig ist. Damit bleibt es auch für gebietsübergreifend tätige Verwertungsgesellschaften bei dem in § 77 Abs. 1 VGG normierten Grundsatz, dass lediglich Verwertungsgesellschaften einer Erlaubnispflicht unterliegen, wenn sie Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte wahrnehmen, die sich aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz ergeben. In den meisten Fällen allerdings bedeutet es eine faktische Erlaubnispflicht: Unionsweite Mehrgebietslizenzen umfassen zwangsläufig auch die Rechte aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz. Die Folge wäre eine Erlaubnispflicht vor dem DPMA für alle europäischen und außereuropäischen Verwertungsgesellschaften, die Mehrgebietslizenzen vergeben. Auch dies widerspräche dem Harmonisierungs- und Vereinfachungsziel der Richtlinie auf europäischer Ebene. Für europäische Verwertungsgesellschaften gilt daher § 77 Abs. 2 VGG. Dieser schränkt den Wahrnehmungsgegenstand ein: EU-/EWR-Verwertungsgesellschaften bedürfen nur einer Erlaubnispflicht, wenn sie gesetzliche Vergütungsansprüche aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz wahrnehmen. Für ausländische Verwertungsgesellschaften mit multiterritorialer Tätigkeit hingegen gilt das zur Aufsicht Gesagte: Der deutsche Gesetzgeber entschied sich hier für eine Gleichstellung mit nationalen Verwertungsgesellschaften. Damit folgt die Erlaubnispflicht einer zweistufigen Prüfung: Anknüpfungspunkt der Erlaubnispflicht ist im ersten Schritt der Wahrnehmungsgegenstand: Rechte, die sich aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz ergeben. Im zweiten Schritt wird auf das Sitzland Bezug genommen. Für EU- oder EWR-ansässige Verwertungsgesellschaften besteht eine Erlaubnispflicht nur für gesetzliche Vergütungsansprüche. Für außereuropäische und Nicht-EWR-Verwertungsgesellschaften gilt die Erlaubnispflicht, soweit sie deutsche Rechte wahrnehmen. EU-Verwertungsgesellschaften, die keiner Erlaubnispflicht unterliegen, aber ebenfalls deutsche Rechte wahrnehmen, wie beispielsweise SACEM für das Repertoire von Warner und Universal (zu P.E.D.L. und DEAL oben, S. 103 f.), haben die Anzeigepflicht ihrer Tätigkeit beim DPMA gemäß § 82 VGG zu beachten. Sie normiert als Minus zur Erlaubnispflicht zumindest eine Pflicht zur Kenntnisgebung.
10.9. 2014, S. 6, abrufbar unter http://www.urheber.info/sites/default/files/position/files/verwer tungsgesellschaften-ini-urhr-an-bmjv-2014- 09 -10.pdf; zum VGG-RegE Steinbrecher/Scheufele, ZUM 2016, 91, 95; Grewenig, ZUM 2016, 98, 100.
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c. Zwischenergebnis Danach lässt sich folgender Grundsatz aufstellen: Die Erlaubnispflicht richtet sich nach dem Wahrnehmungsgegenstand: inländische Rechte. Die Aufsicht hingegen richtet sich allein nach dem Sitzland und einem bloßen Tätigwerden im Inland, außer jedoch bei EU-Verwertungsgesellschaften, für die wiederum § 76 Abs. 2 VGG gilt, wonach die Aufsicht die Einhaltung des im Sitzland der Verwertungsgesellschaft geltenden Rechts überprüft.⁴⁰⁹ Sobald aber auch eine ausländische Verwertungsgesellschaft im Inland tätig wird, so unterliegt sie der Aufsicht des DPMA. Sie wird behandelt, als hätte sie ihren Sitz im Inland, und damit gelten auch alle VGG-Bestimmungen wie beispielsweise der Wahrnehmungszwang, der Abschlusszwang, die Vorschriften über die Mitgliedschaftsbedingungen und die Regelungen über das Verhältnis zum Nutzer.⁴¹⁰ Greift keine Erlaubnispflicht, so hat die EU-Verwertungsgesellschaft, die Rechte nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz wahrnimmt oder die ihren Sitz im Inland hat, aber in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, dem DPMA zumindest ihre Tätigkeit schriftlich anzuzeigen, § 82 VGG. Die Folge der Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Verwertungsgesellschaften auf der einen und EU-/EWR-Gesellschaften auf der anderen Seite ist ein strengeres Regulierungsniveau für erstere. Sie sehen sich damit im Wettbewerb mit europäischen Verwertungsgesellschaften einem Nachteil ausgesetzt. Mangels einheitlicher Anwendung des Abschlusszwangs sowie der Grundsätze der Tarifbestimmung wäre ein unverfälschter Wettbewerb auf dem deutschen Lizenzmarkt sowie eine einheitliche Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen nach deutschem Urheberrechtsgesetz unabhängig vom Sitz der Verwertungsgesellschaften stark gefährdet.⁴¹¹ Aufgabe dieser Arbeit war es nicht, diesen Problemkreisen nachzugehen. Allerdings ist zu bemerken, dass Wettbewerb vor allem im Bereich der Mehrgebietslizenzierung von Online-Rechten angereizt wurde. Hier allerdings ist das Regulierungsniveau wieder einheitlich, alle strengeren Bestimmungen wurden vom Anwendungsbereich ausgenommen. Insoweit kann die Kritik entkräftet werden.
Zur diesbezüglichen Zulässigkeit Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE, 14. 8. 2015, S. 8, Rdnr. 15 f. Staats, ZUM 2016, 81, 82; a.A. Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE, 14. 8. 2015, S. 15 ff., Rdnr. 28 ff. Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE vom 14. 8. 2015, S. 18, Rdnr. 35.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
4. Aufsicht, Erlaubnispflicht und Anzeigepflicht bei abhängigen Verwertungseinrichtungen (§ 90 VGG) Abhängige Verwertungseinrichtungen mit Sitz im Inland bedürfen abweichend von § 77 VGG nur einer Erlaubnis, wenn sie gesetzliche Vergütungsansprüche wahrnehmen, § 90 Abs. 1. Warum sich der Gesetzgeber gegen eine Erlaubnispflicht wie für inländische Verwertungsgesellschaften entschieden hat, ist nicht ersichtlich. Die Richtlinie hätte mit Erwägungsgrund 9 einen Gleichlauf für inländische abhängige Verwertungseinrichtungen zugelassen. Abseits der gemeinsamen Wahrnehmung gesetzlicher Vergütungsansprüche wie der ZPÜ kommt in Deutschland hinsichtlich der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten allein ARESA in Betracht. Doch auch für sie würde wiederum § 90 Abs. 1 S. 2 VGG gelten: Selbst wenn sie gesetzliche Vergütungsansprüche wahrnehmen würde, bedürfte sie keiner Erlaubnis, da ihre Muttergesellschaft GEMA bereits über eine Erlaubnis verfügt, § 132 Abs. 1 VGG. § 90 Abs. 1 S. 2 VGG muss auch für den Fall gelten, dass entgegen des Wortlauts auch nur eine Verwertungsgesellschaft alle Anteile an der abhängigen Einrichtung hält. Entsprechend § 82 VGG normiert § 90 Abs. 2 eine Anzeigepflicht auch für abhängige Verwertungseinrichtungen, sofern sie keiner Erlaubnispflicht bedürfen. Die Anzeigepflicht beim DPMA ist wie die Erlaubnispflicht geknüpft an die Wahrnehmung von Rechten nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz oder aber an ihren Sitz im Inland bei Tätigkeit im EU-/EWR-Ausland. Tochtergesellschaften aus EU-Mitgliedstaaten unterliegen aber nicht dem deutschen VGG (Art. 37 der Richtlinie), selbst wenn sie in Deutschland tätig sind. Für sie sind allein die Regelungen ihres Sitzlandes entscheidend. Hier ist ebenfalls der Gleichlauf zu Verwertungsgesellschaften erkennbar (vgl. § 76 Abs. 2). Damit greift für sie beispielsweise der deutsche Abschlusszwang nicht.⁴¹² Im Übrigen gelten für Tochtergesellschaften die Vorschriften über die Aufsicht wie für Verwertungsgesellschaften. Sofern eine Tochtergesellschaft mit Sitz im Inland gebietsübergreifend lizenziert, überwacht und überprüft das DPMA die Einhaltung der besonderen Anforderungen an Mehrgebietslizenzen vergebende Verwertungseinrichtungen gemäß §§ 90 Abs. 3, 76 VGG. Für ausländische abhängige Verwertungseinrichtungen, die im Inland tätig sind (beispielsweise Vertragsabschlüsse mit inländischen Rechtsinhabern oder Rechtenutzern), gelten die Regelungen über die Aufsicht vollumfänglich, § 90
Dies in der Stellungnahme zum VGG-Entwurf kritisierend Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE vom 14. 8. 2015, S. 18, Rdnr. 34 f.
B. Regelungen des VGG
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Abs. 3 i.V.m. § 76 Abs. 1 VGG.⁴¹³ Auch hier ist die Parallele zu ausländischen Verwertungsgesellschaften erkennbar.
5. Aufsicht und Anzeigepflicht bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen (§ 91 VGG) Im Gegensatz zu Verwertungsgesellschaften und abhängigen Verwertungseinrichtungen bedarf eine unabhängige Verwertungseinrichtung keiner Erlaubnis. Aufsichtspflichtig ist sie aber, wenn sie ihren Sitz in Deutschland hat. In diesem Fall überwacht das DPMA die ihr obliegenden Informationspflichten nach dem VGG. Hat sie ihren Sitz im EU-/EWR-Ausland, ist aber im Inland tätig, so hat das DPMA ihre Tätigkeit nach dem anwendbaren Recht des EU-Sitzlandes zu überprüfen und gegebenenfalls Beanstandungen und diesbezügliche Informationen an die Sitzlandbehörde zu übermitteln, §§ 91 Abs. 1, 76 Abs. 2, 86 VGG. Wie bei Verwertungsgesellschaften und abhängigen Verwertungseinrichtungen aus dem Ausland ist eine unabhängige Verwertungseinrichtung bei inländischer Tätigkeit aufsichtspflichtig und untersteht den Bestimmungen des VGG. Eine solche inländische Tätigkeit kann bereits in einem Dienstleistungsangebot an deutsche Rechtenutzer liegen. Handelt es sich also um eine ausländische unabhängige Verwertungseinrichtung aus einem Drittstaat, so unterliegt auch deren inländische Tätigkeit, wie beispielsweise eine Lizenzierung an deutsche Rechtenutzer, aber ohne Sitz im Inland und ohne dass deutsche Rechte lizenziert würden, der Aufsicht des DPMA, da § 91 auf § 76 VGG verweist.⁴¹⁴ Als Minus zur Erlaubnispflicht unterliegen unabhängige Verwertungseinrichtungen gegebenenfalls einer Anzeigepflicht, um eine wirksame Aufsicht zu ermöglichen.⁴¹⁵ Die Anzeigepflicht gemäß § 91 Abs. 2 VGG obliegt aber nur solchen Einrichtungen, die ihren Sitz im Inland haben oder Rechte wahrnehmen, die sich aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz ergeben.
6. Subsumtion der dargestellten Wahrnehmungsinstitutionen unter die Regelungen des VGG Für die oben angeführten Beispieleinrichtungen bedeutet dies folgendes:
BT-Drs. 18/7223, S. 95. BT-Drs. 18/7223, S. 95. BT-Drs. 18/7223, S. 99.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
a. AMRA als ausländische Verwertungsgesellschaft AMRA hat ihren Sitz in Florida, U.S.A., wird aber in Deutschland tätig, da sie ihre Dienstleistung auch solchen Online-Musikdiensten anbietet, die europaweit operieren und daher auch Rechte nach deutschem Urheberrechtsgesetz benötigen. Anknüpfungspunkt ist die inländische Tätigkeit, die bereits gegeben ist, wenn ausländische Verwertungsgesellschaften Wahrnehmungsverträge mit im Inland ansässigen Rechtsinhabern schließen.⁴¹⁶ Dies muss auch für Lizenzverträge mit deutschen Musikdiensten und a fortiori für die Wahrnehmung von Rechten nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz gelten. Letzteres ist dann auch erlaubnispflichtig, § 77 VGG. Für Nicht-EU-Gesellschaften wird das Sitzlandprinzip zugunsten des Unternehmensgegenstands durchbrochen, es gilt dann das aus dem Wettbewerbsrecht bekannte Marktortprinzip. Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist Grundlage der Wahrnehmungstätigkeit von AMRA ein Bündel aus nationalen Rechten, das auch die Vervielfältigungs- und Zugänglichmachungsrechte des deutschen Urheberrechtsgesetzes umfasst. Daher unterliegt AMRA dem deutschen VGG und damit der Erlaubniswie Unterrichtungspflicht und der Aufsicht durch das DPMA.⁴¹⁷
aa. Folgen der Einordnung Solange AMRA eine Erlaubnis nicht erteilt wurde, kann sie keine Rechte aus dem deutschen Urheberrechtsgesetz geltend machen, § 84 VGG. In diesem Zeitraum umfasst das Repertoire von AMRA keine deutschen Rechte, ihre Vertragspartner bleiben für das deutsche Territorium unlizenziert. Da bislang keinerlei Informationen – weder ihr Statut, ihre Wahrnehmungsbedingungen, ihre Gesamtverträge noch ihre Tarife – auf ihrer Internetseite veröffentlicht sind, § 56 VGG, ist ein Tätigwerden des DPMA erforderlich.Verwertungsgesellschaften, die bislang keine Mehrgebietslizenzen erteilen, könnten AMRA mit der gebietsübergreifenden Online-Rechtevergabe betrauen, § 69 VGG. Derzeit könnte AMRA das Mandat aber ablehnen, da sie nicht bereits das Repertoire mindestens einer anderen Verwertungsgesellschaft übernommen hat. Das DPMA hat nach § 61 VGG die Erfüllung der besonderen Anforderungen einer Verwertungsgesellschaft, die gebietsübergreifende Lizenzen erteilt, zu überwachen. Außerdem unterliegt AMRA dem Wahrnehmungs- und Abschlusszwang. Verstöße hiergegen können dem DPMA gemeldet werden.
BT.-Drs. 18/7223, S. 95. Zur Erlaubnispflicht ausländischer Verwertungsgesellschaften nach dem VGG Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhWG, § 2, Rdnr. 15.
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bb. AMRA als unabhängige Verwertungseinrichtung? Sofern AMRA vollständig losgelöst von ihren Rechtsinhabern agiert, wäre sie als unabhängige Verwertungseinrichtung einzuordnen. Dann ist der Unterschied zur Regelungsdichte einer Verwertungsgesellschaft beträchtlich. Sie bedürfte keiner Erlaubnis seitens des DPMA, hätte die Regelungen über die Mehrgebietslizenzierung nicht einzuhalten und unterläge nur einer (eingeschränkten) Aufsicht, § 91 VGG. Selbst dann aber hat sie ihr Statut, Wahrnehmungsbedingungen, ihre Gesamtverträge und Tarife, § 4 Abs. 2 i.V.m. § 56 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 VGG auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Das DPMA muss also in jedem Fall tätig werden. Gerade für ausländische Verwertungsgesellschaften liegt die Befürchtung nahe, dass sie ihr Geschäftsmodell und vor allem ihre Kontrollstruktur entsprechend dem einer unabhängigen Verwertungseinrichtung anpassen, um unter Umgehung der strengen nationalen Regelungen am europäischen Wahrnehmungsmarkt teilnehmen zu können, sofern sie keine Repräsentationsverträge abschließen wollen. Die Aufsichtsbehörde wird in Zukunft einigen Mehraufwand an Sachverhaltsaufklärung und rechtlicher Prüfung zu bewältigen haben,⁴¹⁸ um eine fundierte Qualifizierung als Verwertungsgesellschaft oder unabhängige Einrichtung vornehmen zu können. Die Befugnisse des deutschen DPMA richten sich dabei nach § 85 Abs. 1 bis 3, was sie zu einer Tätigkeitsuntersagung bei wiederholter Nichteinhaltung der Informationspflichten nach Abmahnung berechtigt. Im Fall von AMRA kann das DPMA alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Sicherheit über ihre Rechtsnatur zu erlangen, Abs. 1, auch wenn dies ausdrücklich nicht dem Wortlaut zu entnehmen ist. Das Gesetz normiert lediglich die Befugnis zur Maßnahmenergreifung, dass die Verwertungsgesellschaft die ihr nach diesem Gesetz obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Dafür muss sie allerdings erst fundierte Informationen darüber haben, ob es sich um eine Verwertungsgesellschaft nach dem VGG handelt. Es muss der Aufsichtsbehörde möglich sein, aufgrund ausreichender Informationslage entscheiden zu können, die Einhaltung welchen Pflichtenkataloges je nach Einordnung der Verwertungseinrichtung zu überwachen ist. § 85 Abs. 1 VGG sollte daher eine entsprechende Kompetenz enthalten. Eine diesbezügliche klare Befugnis im Gesetz ist anzuraten.
Zu den bereits bestehenden Defiziten der Aufsicht Podszun, Die Kontrolle der Verwertungsgesellschaften, in: Grünberger/Leible, S. 173, 201 ff.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
cc. Bewertung der Regelungen über die Aufsicht ausländischer Verwertungsgesellschaften Aufgrund der unionsgesetzgeberisch gewährten mitgliedstaatlichen Freiheit, eine strengere Regulierung von ausländischen Wahrnehmungsinstitutionen vorzusehen, hätte AMRA bei der Wahrnehmung von mehreren territorialen Rechten, die sich aus den Urheberrechtsordnungen der Mitgliedstaaten ergeben, eine jede Rechtsordnung dieser Länder daraufhin zu überprüfen, ob und welche Bestimmungen möglicherweise auf sie nach nationalem Recht anwendbar sind.⁴¹⁹ Der sich daraus ergebende Aufwand für Wahrnehmungsinstitutionen aus Drittstaaten ist offensichtlich. Zu rechtfertigen ist er mit der Realisierung eines level playing field. Blieben ausländische Verwertungsgesellschaften unreguliert, würde ein erhebliches wettbewerbliches Ungleichgewicht zugunsten von ausländischen Gesellschaften erzeugt. Eine mögliche Folge wäre eine Abwanderung in Staaten mit der geringsten Regulierungsdichte. Sofern jedoch auch nur ein Mitgliedstaat die strengeren Regelungen für ausländische Verwertungsgesellschaften für anwendbar erklärt, hat dies positive externe Effekte auf das level playing field in der gesamten EU: Muss die ausländische Verwertungsgesellschaft sowieso die Voraussetzungen für einen Mitgliedstaat erfüllen, fällt es leicht, sie auch in den anderen Mitgliedstaaten einzuhalten. Ein Blick nach Österreich zeigt eine Besonderheit. Der österreichische Gesetzgeber stellt die Wahrnehmung von Rechten nach dem österreichischen Urheberrechtsgesetz unter den Vorbehalt einer zuvor erteilten Wahrnehmungsgenehmigung, vgl. § 3 VGG-Ö 2016. Diese ist anders als die deutsche Erlaubnis beschränkt auf eine Verwertungsgesellschaft pro Rechtekategorie, § 7 VGG-Ö 2016. Damit hält Österreich an seinem de-iure-Monopol fest. Durchbrochen wird das Erfordernis der Wahrnehmungsgenehmigung in § 3 Abs. 3 nur für EU-/EWRVerwertungsgesellschaften, nicht aber für ausländische Einrichtungen. Für sie ist es so gut wie ausgeschlossen, eine Wahrnehmungsgenehmigung zu erlangen, da sie sich dafür zunächst in Österreich niederlassen (§ 3 Abs. 2) und um die Genehmigung für die Vergabe von Online-Nutzungsrechten an Musikwerken gegen die eingesessenen Gesellschaften AKM und Austro Mechana bewerben müssten (§ 7 Abs. 2). Im Ergebnis verhindert der österreichische Gesetzgeber damit eine das österreichische Territorium umfassende Mehrgebietsdirektlizenzierung am Repertoire einer ausländischen Verwertungsgesellschaft in Gänze. Ihr bleibt damit allein die Einräumung zur Wahrnehmung an eine EU-Gesellschaft im Wege von Repräsentationsvereinbarungen, wenn sie auch österreichische Rechte an ihrem
In Großbritannien wurde von der Möglichkeit strengerer Regulierung soweit ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
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Repertoire lizenziert haben will. Eine solche Regelung zeigt, dass eine Monopolstellung für die Mehrgebietslizenzierung nicht sinnvoll ist. Denn sie würde voraussetzen, dass der Monopolist über das vollständige Repertoire verfügt. Dies ist aber, wie am Beispiel von AMRA gezeigt, nicht der Fall. Inwieweit die österreichischen Umsetzungsbestimmungen allerdings unionsrechtskonform sind, wird sich zeigen.⁴²⁰ Diese Untersuchung offenbart, dass AMRA derzeit weder deutsche noch österreichische Online-Rechte an ihrem Repertoire wirksam lizenzieren kann. Dies nährt die Befürchtung, dass sich ausländische Gesellschaften zulasten der Verfügbarkeit des Weltrepertoires aus der nationalen Betätigung aufgrund der beschriebenen Handlungserschwernisse zurückziehen. Ihnen steht es jedoch offen, sich über Repräsentationsverträge mit inländischen Verwertungsgesellschaften zu verbinden. Ihnen ist schließlich an der Lizenzierung ihres Repertoires in der EU gelegen. Solche Vereinbarungen erübrigen eine Anwendung des nationalen Rechts, da dann die nationale Verwertungsgesellschaft oder der Hub anstelle der ausländischen die nationalen Rechte aus einer Hand vergeben würde.⁴²¹ Hierin ist ein Anreiz zur Repertoireaggregation von ausländischem Repertoire zu erkennen. Wenn die Regulierungsdichte in Europa so hoch ist, dass eine ausländische Verwertungsgesellschaft diese nicht zu erfüllen in der Lage ist, aber dennoch den europäischen Markt bedienen will, liegt eine Kooperation mit einer Verwertungsgesellschaft nahe, die die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt und diesbezügliche Kapazitäten bereits aufgebaut hat. Oder aber ausländische Verwertungsgesellschaften passen ihre Tätigkeit schrittweise dem hohen Regulierungsniveau an.
Im Hinblick auf die EuGH-Rechtsprechung scheint der österreichische Monopolgrundsatz im Bereich der gebietsübergreifenden Lizenzvergabe bereits rechtswidrig, vgl. EuGH, GRUR 2014, 473 – OSA. AMRA (mit Sitz in Los Angeles) hat beispielsweise vertraglich eine einseitige „Rechtsübertragung“ zur Wahrnehmung der Aufführungsrechte auf die GEMA geschlossen und AMRA (mit Sitz in Venice) an die GEMA ein einseitiges Mandat für die mechanischen Rechte erteilt, vgl. GEMA-Jahrbuch 2016/2017, S. 222, 224; allerdings lediglich für die Eingebietslizenzierung in ihrem Verwaltungsterritorium.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
b. Abhängige Verwertungseinrichtungen aa. Abhängige EU-Verwertungseinrichtungen Auch für Tochtergesellschaften gilt das Sitzland- und Tätigkeitsortprinzip. Für sie kommt es damit maßgeblich auf die nationale Umsetzung der Richtlinie in ihrem Heimatstaat an. Die ARESA GmbH mit Sitz in München wird ihrerseits grundsätzlich vom VGG erfasst, da sie das Repertoire von BMG gebietsübergreifend lizenziert. Für sie gilt zwar kein Repräsentationszwang (oben, S. 207), aber die besonderen Anforderungen zur Mehrgebietslizenzierung, § 61 und alle Informationspflichten, die das DPMA zu überwachen hat. Die lizenzierende SOLAR Ltd. hat die britischen Bestimmungen des Umsetzungsgesetzes Collective Management of Copyright (EU Directive) Regulations 2016 vom 25. Februar 2016 (CMCR 2016) einzuhalten.⁴²² Dasselbe gilt für die das Repertoire von GEMA, PRSfM und STIM gebietsübergreifend lizenzierende ICE Services. Für Armonia als südeuropäisches Pendant oder aber ihre ausführende Stelle SACEM gilt das französische Umsetzungsgesetz. Für ICE Services und Armonia ist vor allem der ihnen unter Umständen obliegende Repräsentationszwang von Bedeutung (oben, S. 198 ff.). Da die Richtlinie keine expliziten Bestimmungen hinsichtlich der Back-OfficeTätigkeiten enthält, insbesondere diesbezüglich kein Repräsentationszwang greift,⁴²³ ist die ICE Operations nicht von der Richtlinie und damit nicht vom VGG tangiert. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen hat die EU-Kommission sie jedoch ähnlichen Regulierungen unterworfen: So müssen die Bedingungen, unter denen die ICE Operations für andere Verwertungsgesellschaften tätig wird, fair, nichtdiskriminierend und vernünftig sein; ganz ähnlich den Bedingungen bei einer Lizenzierungstätigkeit.⁴²⁴ Auch hier bleibt die Frage offen, warum nicht bereits der Richtliniengesetzgeber die Relevanz dieser Tätigkeit erkannt und bereits regulierend eingegriffen hat. Das Nebeneinander zwischen legislativem Einwirken und Eingriffen durch die EU-Kommission ist der Rechtssicherheit nicht förderlich. Dass der deutsche Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung von lediglich sieben abhängigen Verwertungseinrichtungen ausgeht, die derzeit in
Collective Management of Copyright (EU Directive) Regulations 2016, 25th February 2016, abrufbar unter www.legislation.gov.uk/uksi/2016/221/introduction/made. Entwicklungen nach einem möglichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sind allerdings abzuwarten. Zur Reichweite des Repräsentationszwangs siehe oben, S. 198 ff. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800 – ICE, S. 69 f. und Annex I, S. 6.
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Deutschland tätig seien⁴²⁵, obwohl die ARESA GmbH ihren Sitz in München hat⁴²⁶, muss ein Redaktionsversehen sein. Da alle genannten abhängigen Verwertungseinrichtungen Rechte des deutschen Urheberrechtsgesetzes wahrnehmen, haben sie dem DPMA ihre Tätigkeit anzuzeigen, § 90 Abs. 2 Nr. 1 VGG. Auch sie unterliegen der Aufsicht des DPMA, dessen Prüfungsmaßstab allerdings das Recht des jeweiligen Sitzlandes ist.
bb. Abhängige Verwertungseinrichtungen aus Drittstaaten Die bestehenden Lizenzierungsstrukturen bei abhängigen Verwertungseinrichtungen werden aber bereits durch neue Wettbewerber, auch aus dem Ausland, herausgefordert. Ein solcher ist der Hub „Mint Digital Services“⁴²⁷ der schweizerischen Verwertungsgesellschaft SUISA und der U.S.-amerikanischen SESAC.⁴²⁸ Er dient als Beispiel für eine abhängige Verwertungseinrichtung aus Drittstaaten. Mint ist mit einer europaweiten Lizenzierung der Online-Rechte des Repertoires von SUISA und SESAC betraut.⁴²⁹ Über das jeweils hälftig gehaltene Joint Venture richten sie ihr Dienstleistungsangebot ausdrücklich an die großen Majors und auch andere Verwertungsgesellschaften.⁴³⁰ Damit kann das Ziel der Richtlinie, Wettbewerb unter Verwertungseinrichtungen um das attraktivste Repertoire anzureizen, als erreicht angesehen werden. Die Besonderheit von Mint besteht darin, dass sich zwei Verwertungsgesellschaften ausschließlich aus Drittstaaten zusammengefunden haben. Ihr Niederlassungsort steht allerdings noch nicht fest. Theoretisch könnte hier eine strategische Entscheidung fallen, das Sitzland in der EU, allerdings mit der schwächsten Regulierungsdichte, – also wie gesehen nicht Deutschland oder Österreich, die über die Richtlinie hinausgehende Be-
BT-Drs. 18/7223, S. 67; bei Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, Vor §§ 1 ff. UrhWG, Rdnr. 17 sind folgende sieben „unselbstständige Gemeinschaftsunternehmen“ aufgezählt: ZPÜ, ZBT, ZFS, ZVV, ZWF, Münchner Gruppe und ARGE KABEL; bei Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, Vor UrhWG, Rdnr. 17 sind es ohne die Wahrnehmungstätigkeiten ausübenden Tochtergesellschaften bereits acht Inkassostellen: Anstelle der Münchner Gruppe werden die Inkassostelle Kabelweitersendung und ARGE DRAMA zusätzlich genannt. GEMA-Jahrbuch 2016/2017, S. 64 f. https://www.mintservices.com/#/. Vgl. die Pressemitteilung vom 25.11. 2016, Interview abrufbar unter http://blog.suisa.ch/de/ suisa-gruendet-mit-sesac-das-joint-venture-mint-digital-licensing/. Da SUISA bislang Teil von Armonia ist, ist unklar, ob dadurch das Repertoire von SESAC ebenfalls über Armonia grenzüberschreitend wahrgenommen wird. Wahrscheinlicher ist, dass SUISA aus Armonia ausscheidet, vgl. Fn. 428. Fn. 428.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
stimmungen getroffen haben, sondern beispielsweise Großbritannien⁴³¹ – zu wählen. Wäre das Sitzland ein Drittstaat, so gälte für Mint bei einer Lizenzierung von Rechten nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz das strenge VGG, bei der Lizenzierung von Rechten nach dem österreichischen Gesetz das oben Gesagte. Dies könnte sich als Standortnachteil erweisen.
c. Unabhängige Verwertungseinrichtungen aa. Inländische, europäische und ausländische unabhängige Verwertungseinrichtungen Sofern die obigen Unternehmen einen Sitz in Deutschland haben, so wie Proud Music GbR⁴³², Getty Images Deutschland GmbH⁴³³, musicfox UG⁴³⁴ und auch Frametraxx UG⁴³⁵, gilt für sie § 4 VGG sowie die Aufsichtsregelung des § 91 VGG.⁴³⁶ Sie müssen dem DPMA ihre Tätigkeit unverzüglich schriftlich anzeigen, Abs. 2. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, so können sie die wahrgenommenen Rechte nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz nicht geltend machen, § 84 VGG. Im Fall von Soundreef als unabhängige Verwertungseinrichtung mit Sitz in London hätte die britische Aufsichtsbehörde Intellectual Property Office (IPO) dafür zu sorgen, dass zukünftig auch Verwaltungskosten seitens der Einrichtung seinen Rechtsinhabern verfügbar gemacht würden.⁴³⁷ Bislang geschieht dies nicht.⁴³⁸ Wie sich die Folgen des Brexit auf die britischen Regelungen auswirken
So wohl geschehen, vgl. unten auf https://www.mintservices.com/#/. Welche Auswirkungen der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat, ist unklar. www.proudmusiclibrary.com/de/contact/. Aus dem Lagebericht des Jahresabschlusses zum Geschäftsjahr 2014: „Ziel von Getty Images ist es, auf jedem Schlüsselmarkt die Rolle des führenden Anbieters digitaler Inhalte zu übernehmen sowie über zahlreiche Plattformen Inhalte und zugehörige Dienstleistungen für Kommunikationsprofis in verschiedenen Preisklassen anzubieten.“, abrufbar unter www.bundesanzei ger.de. www.musicfox.com/info/kontakt.php. www.frametraxx.de/info/impressum.html. Insofern ist die Behauptung unzutreffend, in Deutschland würden keine unabhängigen Verwertungsgesellschaften existieren, Müller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. MultimediaR, Teil 7.5, Rdnr. 76. Informationen hierzu finden sich auf der Homepage des IPO, www.gov.uk/government/publi cations/how-the-ipo-regulates-licensing-bodies. Vgl. die Angaben auf der Homepage: „We don’t deduct anything for administration, which is included in our 50 % cut of the licence fees“, https://soundreef.zendesk.com/hc/en-us/articles/ 204295882-Do-you-make-any-deductions-from-my-royalty-payment-.
B. Regelungen des VGG
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werden und welche Regulierung dann für Soundreef und seine Schwester-Einrichtungen gelten wird, ist noch nicht abzusehen.⁴³⁹ Bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen, die einen Sitz in einem anderen europäischen Mitgliedstaat haben, aber im Inland tätig sind, achtet das DPMA als Aufsichtsbehörde lediglich auf die Einhaltung der sie betreffenden Vorschriften ihres Sitzlandes, genauso wie bei allen anderen Verwertungsgesellschaften und -einrichtungen, §§ 75, 76, 85, 86 VGG. Soundreef beispielsweise unterliegt allein dem britischen CMCR 2016, dessen Einhaltung das DPMA allerdings auch überwachen muss, sofern Soundreef in Deutschland tätig wird. YouTube hingegen hat keinen Sitz in einem EU-Mitgliedstaat, sondern in San Bruno, Kalifornien. YouTube unterliegt aber der Aufsicht durch das DPMA und einer Anzeigepflicht seiner Tätigkeit, da es Rechte nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz wahrnimmt, § 91 Abs. 2 2. Alt.VGG. Das DPMA hat unter anderem dafür zu sorgen, dass YouTube der Informationspflicht aus § 56 VGG nachkommt.
bb. Bewertung der Regelungen über die Aufsicht unabhängiger Verwertungseinrichtungen Der gravierendste Unterschied zwischen ausländischen Verwertungsgesellschaften auf der einen und unabhängigen Verwertungseinrichtungen auf der anderen Seite aber besteht darin, dass letztere nicht an eine Erlaubnispflicht gebunden sind. Obwohl der Richtliniengesetzgeber stets ein level playing field bei Errichtung eines einheitlichen Regulierungsrahmens im Blick hatte, hat er es versäumt, über Erwägungsgrund 10 einen Umsetzungsspielraum auch für unabhängige Verwertungseinrichtungen mit Sitz im Ausland, die aber in einem Mitgliedstaat tätig sind, zu gewähren. Danach sind strengere Regelungen ausschließlich für ausländische Verwertungsgesellschaften und ihre Töchter bei Tätigkeit im Inland („Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung“) zugelassen, nicht aber auch für unabhängige Verwertungseinrichtungen. Insoweit ist dem deutschen Gesetzgeber kein Vorwurf zu machen, weil ihm die Hände gebunden waren. Die Regulierungsdichte von unabhängigen Verwertungseinrichtungen wurde bereits für kritikwürdig befunden (oben, S. 172 ff.). Hinzu kommt, dass über den begrenzten Regelungsumfang hinaus auch der Geltungsbereich der Regelungen nicht weitreichend genug ist. Durch die Richtlinie werden auch ausländische Verwertungsgesellschaften gegenüber ausländischen unabhängigen Verwertungseinrichtungen schlechter gestellt. Ein Gleichlauf bei der Wahrnehmung von
Zum Brexit und seinen Auswirkungen auf Rechte des Geistigen Eigentums Kunz-Hallstein, GRUR Int. 2017, 33 ff.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
Rechten nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz bei Verwertungsgesellschaften und unabhängigen Verwertungseinrichtungen aus Drittstaaten ist unmöglich. Am deutlichsten wird dies in den Fällen von AMRA und Soundreef. Sofern AMRA als Verwertungsgesellschaft einzuordnen ist, unterliegt sie der Erlaubnispflicht und den strikten VGG-Regelungen. Sofern sie als unabhängige Verwertungseinrichtung eingestuft wird, obliegen ihr lediglich eine Anzeigepflicht und wenige Informationspflichten. Soundreef als eindeutig unabhängige Verwertungseinrichtung kann in der EU europäische Rechte auch für die Online-Nutzung wahrnehmen, ohne auch nur annähernd das Regulierungsniveau von ausländischen, EU-Verwertungsgesellschaften und ihren Töchtern erreichen zu müssen. Damit wird eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung im Online-Bereich erzeugt. Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. Unabhängige Verwertungseinrichtungen bieten vielmehr größeren Anlass zur Kontrolle, da den Rechtsinhabern eine solche per Definition nicht zusteht und sie daher umso schutzwürdiger sind. Das Regelungsdefizit ist nur dadurch zu erklären, dass dem Unionsgesetzgeber zum Zeitpunkt des Richtlinienerlasses ausschließlich solche Einrichtungen bekannt waren, die einen Nischenmarkt wie Produktionsmusik oder Hintergrundmusik bedienten. Soundreef hat eine Erweiterung seines Geschäftsmodells erst kürzlich vorgenommen und ist erst Ende 2016 in den OnlineLizenzierungsmarkt eingetreten. Da ohnehin Zweifel daran bestehen, welche unabhängigen Einrichtungen der Gesetzgeber konkret bei ihrer Regulierung vor Augen hatte, ist naheliegend, dass er sich der Auswirkungen auf den intendierten Wettbewerb unter Lizenzierungseinheiten im Online-Musikbereich schlicht nicht bewusst war. Hier ist er in der Pflicht, zum 10. April 2021 (Art. 40) nachzubessern.
7. Fazit Der Geltungsbereich des VGG ist begrenzt. Er wird durch eine zweistufige Prüfung bestimmt: Grundsätzlich haben alle Regelungen des VGG Geltung, sobald der sachliche Anwendungsbereich des § 1 VGG eröffnet ist, es also um die Wahrnehmung von (jeglichen) Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften, abhängige oder unabhängige Verwertungseinrichtungen geht. In einem zweiten Schritt kommt es auf das Sitzland der Wahrnehmungsinstitution an. Handelt es sich um eine Gesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat der EU/EWR, so greifen die Bestimmungen des VGG nicht. In allen übrigen Fällen haben die Wahrnehmungseinrichtungen die Maßgaben des VGG einzuhalten, somit auch ausländische Gesellschaften aus Drittstaaten.⁴⁴⁰ Eine
Zur Kritik siehe Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE vom 14. 8. 2015, S. 16, Rdnr. 29,
B. Regelungen des VGG
271
solche Differenzierung wurde zwar kritisiert,⁴⁴¹ entspricht aber dem Regelungsgehalt der Richtlinie, die aufgrund ihres Mindestharmonisierungsgrades ein level playing field errichten, und gleichzeitig den Mitgliedstaaten Spielraum für strengere inländische und außereuropäische Maßstäbe bei der Rechtswahrnehmung belässt. Entscheidet sich ein Mitgliedstaat für eine strikte Regulierung, so darf dies nicht zulasten der Organisationen desselben Binnenmarktes gehen. Aus diesem Grund sind alle strengeren Regelungen für den wettbewerbsintensiven Bereich der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten an Musikwerken ausgenommen. Insofern ist die deutsche Umsetzung richtlinienkonform. Dieser neue europäische Regulierungsrahmen wird gerade ausländische Verwertungsgesellschaften überraschend treffen. Sie werden Pflichten zu erfüllen haben, die ihnen bisher fremd und unbekannt sind. Möglicherweise werden neue Wege der Kooperation gegangen, um eigentlich anwendbare Regelungen zu vermeiden. Für die deutsche Aufsichtsbehörde erwächst ein neuer Tätigkeitsbereich, der einen deutlich intensiveren Arbeitsaufwand mit sich bringen wird. Insbesondere werden Maßnahmen zur Marktbeobachtung erforderlich sein, da nicht jeder Wahrnehmungseinrichtung zumindest ihre möglicherweise bestehende Anzeigepflicht bekannt sein wird. Die Aufsichtsbehörde muss hierfür zu einem gewissen Maße als Ermittlungsbehörde auftreten. Der recht allgemein gehaltene Maßnahmenkatalog in § 85 Abs. 1 VGG wird sinn- und zweckgerichtet mit Leben zu füllen sein. Erst dann, wenn alle betreffenden Wahrnehmungsorganisationen gleichermaßen überprüft und kontrolliert werden, kann der Erfolg des Regulierungsrahmens ermittelt werden. Dabei zeigt sich ein nicht zu rechtfertigendes Regulierungsdefizit für unabhängige Verwertungseinrichtungen. Die Vorschriften über die gebietsübergreifende Vergabe von Online-Urheberrechten an Musikwerken gelten für sie überhaupt nicht. Diesbezügliche Kritik richtet sich aber an den europäischen und nicht den deutschen Gesetzgeber.
VI. Zusammenfassung: Verifikation weiterer Aspekte der Arbeitshypothese Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse zur Zielerreichung der VGGRegelungen und ihre Adressierung der Problembereiche Repertoirefragmentie-
die Anwendung der §§ 9 – 33 VGG-E würde zu tief und unangemessen extraterritorial in die Grundstrukturen ausländischer Verwertungsgesellschaften eingreifen. Drexl, Stellungnahme des MPI zum VGG-RefE vom 14. 8. 2015, S. 18, Rdnr. 35.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
rung, Wahlfreiheit, Vergütungsgerechtigkeit, Transparenz und VGG-Geltungsbereich zusammengefasst.
1. Repertoireaggregation Die Regeln in §§ 59 bis 74 VGG bezwecken die Förderung des fairen Wettbewerbs um Repertoire. Hier zeigen sich für den Bereich der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Musikrechten die intensivsten Bestrebungen, die Problemschwerpunkte Effizienzsteigerung, Schutz der Rechtsinhaber und erhöhte Transparenz angemessen zu regulieren. Da nicht verlangt werden kann, dass jede einzelne europäische Verwertungsgesellschaft die strengen Anforderungen erfüllt, sollen Verwertungsgesellschaften innerhalb ihrer drei Tätigkeitsbereiche Back-, Middle- und Front-Office miteinander kooperieren können, um im Wettbewerb zu bestehen. Das Gesetz lässt unter Einhaltung des wettbewerbsrechtlichen Rahmens viel Spielraum für die Bündelung ihrer Kräfte zur Bewältigung der Herausforderung einer gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten. Dadurch soll Repertoirefragmentierung eingedämmt werden. Zum Zwecke der multiterritorialen Vergabe ihrer Originär-Repertoires haben europäische Verwertungsgesellschaften Tochtergesellschaften gegründet, die ihre Kapazitäten und Strukturen bündeln. Dadurch sind licensing hubs entstanden, die untereinander im Wettbewerb um Repertoires stehen. Das diesbezügliche Ziel wurde erreicht, wie etwa jüngst die Kooperation von SUISA und SESAC zeigt. Die Beteiligten vergeben über Mint ihre Online-Rechte unionsweit und richten ihr Angebot an andere Verwertungsgesellschaften und Option-3-Verlage. Mint ist eine abhängige Verwertungseinrichtung. Repertoire wird bereits bei einigen Stellen gebündelt. Allerdings wurden ausschließlich Tochtergesellschaften von ihren Müttern in den Wettbewerb entsandt. Dadurch wird die Aufspaltung zwischen multiterritorialer und monoterritorialer Rechtswahrnehmung intensiviert, außerdem die Spaltung zwischen Online- und Offline-Nutzungen. Inwieweit klassische Verwertungsgesellschaften die ihnen verbleibende Tätigkeit effizient ausführen können, bleibt abzuwarten; schließlich müssen sie zunächst die gleich bleibenden Verwaltungskosten ohne Kompensation durch die Online-Lizenzierung tragen – zulasten ihrer Berechtigten, denen weniger Vergütung ausgeschüttet wird. Hier kommt es maßgeblich auf die Ausgestaltung der Verträge zu ihren Töchtern an, die möglicherweise durch Rückführung ihrer Einnahmen diesen Ausfall kompensieren können. Funktionierende Repertoireaggregation erfordert im Online-Bereich eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hubs. Sie wird geprägt durch seine IT-Kapazität. Maßgebender Wettbewerbsparameter ist die Fähigkeit zur Verarbeitung der Massendaten, die bei einer Online-Nutzung von Musik anfallen. Sie ist, wie
B. Regelungen des VGG
273
von den gesetzlichen Regelungen intendiert, ausschlaggebend für den Eintritt in, aber auch für das Bestehen im Wettbewerb. Mögliche Konkurrenten sind auch Alphabet oder Apple. Unter Verwertungseinrichtungen wird Wettbewerb daher auch um Back- und Middle-Office-Leistungsstärke geführt. Um die Repertoireaggregation anzureizen, normiert § 69 VGG eine Pflicht zur nicht-ausschließlichen Übernahme fremden Repertoires unter bestimmten Voraussetzungen. Dieser entfaltet tatsächlich Wirkung, allerdings aufgrund faktischer, von Verwertungsgesellschaften und ihren Einrichtungen implementierten Gegebenheiten und nicht aufgrund seiner rechtlichen Ausgestaltung, die aufgrund der hohen Aufbaukosten eines solchen Systems eher abschreckend wirkt. Eine mandatierende Verwertungsgesellschaft wird ihr Repertoire einer Hub-Gesellschaft auf Dauer nur überlassen, wenn sie aus der paneuropäischen Lizenzierung ein Mehr an Vergütungen generieren kann. Dies ist dann der Fall, wenn die insgesamten Verwaltungskosten die Einnahmen rechtfertigen. Auf abhängige Verwertungseinrichtungen sind insbesondere die Vorschriften über die Mehrgebietslizenzierung anwendbar. Da die Richtlinie für die Anwendbarkeit mitgliedstaatlicher Regelungen eine Kombination aus Sitzland- und Marktortprinzip bei Beachtung der EU-weiten Harmonisierung vorsieht, unterläge allein ARESA damit dem Repräsentationszwang gem. § 69 VGG. Es besteht jedoch die Besonderheit, dass ARESA ausschließlich eine Kategorie von Rechten wahrnimmt, nämlich die Online-Vervielfältigungsrechte. Ihr werden die matching performing rights über GEMA oder PRSfM zugeleitet. Damit bündelt sie Rechte für eine bestimmte Nutzungsform und ist durch die Richtlinie privilegiert. Diese Privilegierung kommt in der deutschen Umsetzung nicht hinreichend zum Ausdruck. Hier besteht Nachbesserungsbedarf. Auch das Selbstvornahmerecht gemäß § 72 VGG soll die Repertoireaggregation anreizen. Sofern von dem Selbstvornahmerecht Gebrauch gemacht wird, was noch nicht zu beobachten ist, haben Rechtsinhaber die Wahl, ihre Online-Rechte zur Eingebietslizenzierung bei der ursprünglichen Verwertungsgesellschaft zu belassen. Da ihnen keine diesbezügliche Pflicht obliegt, können sich nationale Online-Musikdienste aber mit einer weiteren Repertoirezersplitterung konfrontiert sehen, wenn nicht einmal mehr die Eingebiets-Online-Rechte von der nationalen Verwertungsgesellschaft zu erhalten sind. Diesbezüglich könnten Gegenseitigkeitsverträge helfen. § 72 VGG wird in absehbarer Zeit keine Wirkung entfalten, da die GEMA über ICE bereits gebietsübergreifend lizenziert und es damit am Bedingungseintritt fehlt. Sofern sich die Hub-Wirkung dem Regulierungsziel entsprechend weiter entfaltet und intensiviert, wird für Online-Musikdienste eine Effizienzsteigerung durch eine multiterritoriale Multirepertoire-Lizenzierung dadurch erzeugt, dass sie unionsweit lizenziert werden, selbst wenn sie noch nicht in allen Mitglied-
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
staaten aktiv sind. Online-Rechte werden exakt nach tatsächlich erfolgter Nutzung abgerechnet. Problematisch ist allerdings, dass die Richtlinie über das Verhältnis von monoterritorialen zu multiterritorialen Lizenzen schweigt. In Einzelfällen kann es für einen Online-Musikdienst günstiger sein, viele nationale Lizenzen einzuholen, als multiterritorial zu lizenzieren. Er sollte darauf beschränkt werden, bei tatsächlicher Verfügbarkeit von multiterritorialem Repertoire auch dieses lizenzieren zu müssen. Der Unionsgesetzgeber hat zum 10. April 2021 Gelegenheit zur Nachbesserung. Ansonsten besteht für kleinere Verwertungsgesellschaften nur geringer Anreiz, das System der Gegenseitigkeitsverträge für die Eingebietslizenzierung aufzugeben. Dem kann dann abgeholfen werden, wenn eine multiterritoriale Lizenzierung transaktionskostenärmer als die zusätzliche nationale Lizenzierung ist und die Lizenzhöhe identisch ist. Auch hier kommt es also auf die Leistungsfähigkeit kollektiver Wahrnehmung an. Die Rundfunkprogrammausnahme ist hinsichtlich der Zielerreichung von Repertoireaggregation neutral, da sie lediglich den Status quo der Lizenzierung von Sendeunternehmen für ihre herkömmlichen und Online-Sendungen inklusive Catch-up-TV und begleitendem Material wiedergibt. Im Sinne eines level playing field auch im Verhältnis von Rundfunkunternehmen und Online-Musikdiensten ist die Vorschrift eng auszulegen. Möglicherweise wird die Ausnahme durch europäische Regelungen obsolet.
2. Wahlfreiheit Im Rahmen der Definition einer Verwertungsgesellschaft und einer unabhängigen Verwertungseinrichtung, §§ 2, 4 VGG, sollten die Merkmale „Wahrnehmung als ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck“ und „für Rechnung mehrerer Urheber“ im Sinne einer verbesserten Wahlfreiheit für Rechtsinhaber recht weit ausgelegt werden. Anderenfalls besteht ein zu großer Spielraum für Wahrnehmungsinstitutionen, sich darauf zurückziehen zu können, die Rechte der Rechtsinhaber nur beiläufig und als Nebeneffekt wahrzunehmen. Rechtsinhaber können einer erheblichen Drucksituation ausgesetzt sein, ihre Rechte an Verwerter zur Wahrnehmung einzuräumen, die dann außerhalb des umfangreichen Pflichtenkatalogs des VGG agieren könnten. Außerdem kann es in einem europäischen Regelungsrahmen, der (noch) den angelsächsischen Rechtsraum betrifft, in dem Rechtsübertragungen und damit eine Bündelung von zahlreichen Rechten in einer Person möglich sind, nicht auf die Personenzahl, sondern es muss vielmehr auf die Anzahl der wahrgenommenen Rechte ankommen. Das ist für ein level playing field geboten.
B. Regelungen des VGG
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Darüber hinaus ist das Merkmal „zu deren kollektivem Nutzen“ bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen ungenau. Da das Handeln im besten Interesse von den vertretenen Rechtsinhabern mangels ausreichender rechtlicher Bewaffnung nicht überprüft werden kann, sollte es auch nicht Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen einer unabhängigen Verwertungseinrichtung sein. Zu groß ist die Gefahr, dass bei einer strengen Auslegung Einrichtungen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfielen, die ansonsten denselben Wahrnehmungstätigkeiten nachgehen. Dies würde das level playing field gefährden. Der österreichische Gesetzgeber ist diesbezüglich einen mutigen Schritt gegangen, fraglich ist allerdings die Richtlinienkonformität seiner vollen Gleichstellung von unabhängigen Verwertungseinrichtungen mit Verwertungsgesellschaften. Die Richtlinie hat unabhängige Verwertungseinrichtungen in fraglicher Weise unreguliert gelassen, obwohl sie ebenso auf dem Markt der Rechtswahrnehmung im Online-Bereich tätig sind. Dies betrifft etwa Soundreef und YouTube. Die auf sie anwendbaren Vorschriften sind dünn gesät. Lizenzverhandlungen mit Rechtenutzern sind nach Treu und Glauben zu führen; ihnen und Rechtsinhabern sind einige Informationen online zur Kenntnis zu geben oder auf hinreichend begründete Anfrage gegen Kostenerstattung mitzuteilen. Sofern die gesetzliche Regelung bezweckt, Transparenz hinsichtlich der Verwaltungskosten für Rechtsinhaber zu gewährleisten, auf deren Grundlage sie ihre Wahlfreiheit ausüben sollen, muss festgehalten werden, dass die diesbezügliche Regelung bei unabhängigen Verwertungseinrichtungen versagt. Abzüge zur Deckung von Verwaltungskosten existieren in ihrem Geschäftsmodell nicht. Um im Sinne des effet utile die Zielerreichung zu retten, ist die Bestimmung bis zu ihrer Neufassung dahingehend auszulegen, dass die Verpflichtung zur Offenlegung die konkret entstandenen Verwaltungskosten umfasst, welche die unabhängigen Verwertungseinrichtungen zu ermitteln haben. Darüber hinaus sollten unabhängige Verwertungseinrichtungen zur Veröffentlichung eines jährlichen Transparenzberichtes verpflichtet werden. Außerdem sind alle Informationen auf aktuellem Stand zu halten, da das Ziel eines level playing field inklusive Wahlfreiheit der Rechtsinhaber sonst vollständig unterwandert werden könnte. Dass § 4 nur auf § 56 Abs. 1 VGG verweist, ist einem Redaktionsversehen des europäischen Gesetzgebers geschuldet. Soweit Verwertungsgesellschaften, die Mehrgebietslizenzen an OnlineRechten vergeben, gem. § 60 Abs. 1 VGG von der Pflicht zur Bereitstellung angemessener Wahrnehmungsbedingungen befreit sind, ist zweifelhaft, ob die Richtlinie eine solche Ausnahme verlangt. Sie selbst stellt in Art. 4 den Grundsatz angemessener Behandlung der Rechtsinhaber auf. Da die Ausnahme in § 60 VGG eine Rückführung des attraktiven Repertoires der großen Rechtsinhaber in Ver-
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
wertungsgesellschaften bezweckt, welche nur bei Bedingungen zu deren Gunsten möglich ist, hat sie eine Benachteiligung der übrigen vertretenen Rechtsinhaber zur Folge. Durch die Treuhandstellung von Verwertungsgesellschaften gegenüber allen Berechtigten wird der vermeintliche Spielraum wieder begrenzt. Die Anreizwirkung ist dementsprechend gering. Wenn eine kleine Verwertungsgesellschaft im Rahmen der Ausübung ihres Rechts auf Repräsentation nur über ungenügende Datensätze verfügt, die einen Hub zur Zurückweisung oder kostenintensiven Aufarbeitung berechtigen, so eröffnet dies wiederum einen Spielraum zur Ausübung der Wahlfreiheit von Berechtigten. Sie können ihre Online-Rechte herausnehmen und einer geeigneteren Verwertungsgesellschaft einräumen. Dies ist zwar eine rechtliche Besserstellung, hängt aber maßgeblich davon ab, inwieweit sich kleine Urheber zu diesem Schritt aufgrund sprachlicher, räumlicher und kultureller Verbundenheit zu ihrer ursprünglichen Verwertungsgesellschaft durchringen werden. Außerdem kann der Ausübung der Wahlfreiheit die Unsicherheit darüber im Wege stehen, wer Rechte in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat. Hier müssen flankierende urhebervertragsrechtliche Regelungen eine faktische Wahlfreiheit der Urheber gegenüber ihren Verlagen ermöglichen, die ansonsten eine Rechteherausnahme durch Urheber aufgrund ihrer Verhandlungsmacht erzwingen könnten.
3. Vergütungsgerechtigkeit Die Bestimmungen über Repräsentationsvereinbarungen sind im Hinblick auf die Vergütungsgerechtigkeit für Rechtsinhaber ausreichend ausgestaltet. Denn auch die Vergütung für die Rechte der mandatierenden Verwertungsgesellschaft folgt dem Huckepack-System: es gelten die Bedingungen des mandatierten Hubs. Weichen die Tarife der Hubs voneinander ab, wird sich die mandatierende Verwertungsgesellschaft für den am Markt erfolgreichsten Hub entscheiden, der gleichzeitig die geringsten Verwaltungskosten abzieht. Urheber erhalten einen Anreiz, ihr Repertoire zur kollektiven Mehrgebietslizenzierung in dieses System zu geben. Für große Rechtsinhaber gilt ohnehin ein gesondertes System, da sie über ihre Option-3-Gesellschaften lizenzieren. Die Bestimmung über Probetarife dient der schnellen Lizenzierung von neuartigen Online-Diensten und der Vergütungsgerechtigkeit.
4. Transparenz Die Transparenzbestimmungen des VGG bringen in Deutschland kaum Verbesserungen. In solchen Mitgliedstaaten, die bisher ein geringes Niveau an Veröffentlichungspflichten hatten, können die Umsetzungsbestimmungen hier aber für
C. Das anglo-amerikanische Repertoire
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die Errichtung einheitlicher Standards bei erstmaliger Erfüllung der Transparenzpflichten sorgen. Dies würde sich positiv auf eine EU-weite Lizenzierung und ihre Abwicklung auswirken. Grundsätzlich aber hat der Gesetzgeber hier auf Freiwilligkeit gesetzt.
5. Geltungsbereich Beim Geltungsbereich des VGG fällt wiederum die unzureichende Regelung von unabhängigen Verwertungseinrichtungen auf, die ein level playing field im Bereich der Online-Rechte verhindert. Die deutsche Aufsichtsbehörde wird mit ihrer Zuständigkeit für die Aufsicht über die Einhaltung der VGG-Regelungen von inländischen wie ausländischen Verwertungsgesellschaften und ihren Töchtern, aber auch der Überprüfung inländischer Tätigkeit, d. h. auch Wahrnehmung von Rechten nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz und von EU-Einrichtungen nach dem jeweiligen Recht ihres EU-Sitzlandes, stark ausgelastet sein. Ausländische, im Inland tätige unabhängige Verwertungseinrichtungen, müssen vom DPMA zumindest hinsichtlich der Erfüllung ihrer Informationspflichten streng überwacht werden.
C. Das anglo-amerikanische Repertoire und seine Auswirkungen auf europäische Lizenzierungsstrukturen Für eine abschließende Beurteilung, ob die Umsetzung der Richtlinienvorschriften über Mehrgebietslizenzierung an Online-Rechten im VGG ihre Ziele erreichen kann, ist abschließend ein kurzer Blick auf den Musikverwertungsmarkt U.S.A. erforderlich. Der europäische Online-Musikmarkt ist nämlich auf den Zugang zum attraktiven anglo-amerikanischen Repertoire angewiesen. Ohne ihn sind die Geschäftsmodelle gefährdet. Im Folgenden wird das Urheberrechtssystem in den U.S.A. kurz skizziert, um sodann auf aktuelle Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die europäische Lizenzierungspraxis eingehen zu können.
I. Wahrnehmungsstruktur der Rechte 1. Die an der Wahrnehmung Beteiligten Der U.S.-amerikanische Copyright Act unterscheidet ebenfalls Urheber- und verwandte Schutzrechte, vgl. 17 U.S.C. § 102.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
a. Tonträgerhersteller Hinsichtlich der verwandten Schutzrechte am Sound Recording bestand lange Zeit auf Drängen der Rundfunkveranstalter-Lobby lediglich eine Vergütungspflicht für das Verbreitungs- und Vervielfältigungsrecht. Terrestrische Radiosendungen oder sonstige öffentlichen Aufführungen von Werken auf Tonträgern waren damit frei.⁴⁴² Infolge einer Gesetzesänderung im Jahr 1995 sind nunmehr digital performances vergütungspflichtig, allerdings nur solche, die nicht non-subscription broadcast transmissions sind. Durch den Digital Millennium Copyright Act of 1998 (DMCA) wurde weiter unterschieden zwischen interaktiven und nicht-interaktiven Diensten. Während Lizenzen für interaktive Dienste individuell mit den Rechtsinhabern (Tonträgerherstellern) auszuhandeln sind, existiert ein gesetzlicher Vergütungsanspruch für non-interaktive digitale Werknutzung.⁴⁴³ Dieser wird von der Verwertungsgesellschaft SoundExchange wahrgenommen.⁴⁴⁴
b. Inhaber der Aufführungsrechte In Verwertungsgesellschaften werden nur Urheberrechte und nur zur freiwilligen kollektiven Wahrnehmung eingebracht. Die bedeutendsten sind die bereits genannten ASCAP⁴⁴⁵, BMI⁴⁴⁶, SESAC und GMR (Global Music Rights). Kennzeichnend für sie ist der sehr beschränkte Wahrnehmungsgegenstand: Alle vier nehmen nur Aufführungsrechte wahr, daher auch ihre Abkürzung „PROs“ (Performing Rights Organisations), nicht dagegen Synchronisations- oder Vervielfältigungsrechte. Die Wiedergabe von Musik online wird als New Media License lizenziert.⁴⁴⁷ Internet-Livesendungen werden wie reguläre Rundfunksendungen, die Musik enthalten, lizenziert.⁴⁴⁸ GMR ist eine im Jahr 2013 gegründete amerikanische Verwertungseinrichtung für Aufführungsrechte. Sie vertritt Urhe-
Shang, Int. J. Int. Prop. Management 2015, Vol. 8, Nos. 1/2, 58, 62. Shang, Int. J. Int. Prop. Management 2015, Vol. 8, Nos. 1/2, 58, 63. Lunney, Copyright Collectives, in: Gervais, S. 319, 345; Shang, Int. J. Int. Prop. Management 2015, Vol. 8, Nos. 1/2, 58, 63. Eine historische Darstellung der Entwicklung der kollektiven Rechtswahrnehmung in den U.S.A. findet sich bei Lunney, Copyright Collectives, in: Gervais, S. 319 ff. Verwertungsgesellschaft für die Rechte der öffentlichen Wiedergabe ihrer angeschlossenen Komponisten, Textdichter und Verlage in den U.S.A., www.bmi.com/licensing/entry/business_ using_music_bmi_and_performing_rights. https://www.ascap.com/help/ascap-licensing#BF2EC1E7-48AD-459A-BE23-BDDE422D0D8F. www.ascap.com/licensing/licensefinder. In Deutschland ist dies ebenso, die GEMA hat keinen spezifischen Online-Tarif für Internetsendungen, sie werden technologieneutral als das Senderecht betreffend lizenziert, vgl. Seifert/Pappi, in: Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 15, Rdnr. 41 ff., S. 761.
C. Das anglo-amerikanische Repertoire
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ber von Werken, die z. B. von Adele, John Lennon, Prince, Metallica oder Whitney Houston interpretiert wurden.⁴⁴⁹
c. Inhaber der Vervielfältigungsrechte Die Vervielfältigungsrechte der Musikverlage – die Urheber übertragen traditioneller Weise ihre Vervielfältigungsrechte vollumfänglich an ihre Verlage (oben, S. 100 ff.) – werden von Drittverwaltern wie der Harry Fox Agency⁴⁵⁰ oder der Music Reports, Inc. (MRI)⁴⁵¹ für das amerikanische Territorium wahrgenommen. Sie sind keine Verwertungsgesellschaften im klassischen Sinne, da sie treuhänderische Agenten ihrer Verlage sind.⁴⁵² Außerhalb der U.S.A übertragen die Verlage ihre Vervielfältigungsrechte zur Wahrnehmung an Subverlage.⁴⁵³ So wurde bereits die EU-weite Rechteherausnahme der mechanischen Online-Rechte erklärt (oben, S. 98 ff.). SESAC, Inc. ist eine gewinnorientierte Verwertungsgesellschaft mit im Verhältnis zu ASCAP und BMI kleinem Repertoire für Rechte der öffentlichen Wiedergabe. Sie hat den mechanischen Rechtevermittler Harry Fox im Jahr 2015 übernommen,⁴⁵⁴ ebenso wie den Technologiedienstleister RumbleFish.⁴⁵⁵ Damit ist SESAC in der Lage, die Wiedergabe- und Vervielfältigungsrechte für mehrere Territorien aus einer Hand zu lizenzieren; der Online-Musiknutzer erhält mit RumbleFish die benötigte Datenverarbeitungssoftware zur Nutzungsübermittlung. Das ist der logische Schritt, um die Rechteverwertung im Online-Bereich in den U.S.A. zu verschlanken, die Rechte in einer Hand zu bündeln und zukünftig multiterritorial zu lizenzieren,⁴⁵⁶ um auf das gesteigerte Bedürfnis des Digitalvertriebs von Musik zu reagieren. Diese Unternehmensstrategie zahlt sich durch die Kooperation von SESAC und der schweizerischen SUISA für den europäischen Markt aus.
http://globalmusicrights.com/. Die EU-Kommission sieht in GMR keine Verwertungsgesellschaft, vgl. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, Rdnr. 191 – ICE, S. 39. Eine Einordnung als unabhängige Verwertungseinrichtung nach EU-Recht liegt nahe, vgl. schon 2. Teil, Fn. 386. Für die ihm angeschlossenen Verlage erhebt die Agentur eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 11,5 %, www.harryfox.com/publishers/commission_rate.html. www.musicreports.com/index.php#solutions. Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 168. Emler, Wettbewerb, S. 71 f. Sisario, Artikel vom 6.7. 2015, nytimes.com. www.rumblefish.com/about-rumblefish/. Lunney, Copyright Collectives, in: Gervais, S. 319, 324; in der Europäischen Union geschieht dies seit Januar 2017 durch das gemeinsame Joint Venture von SUISA und SESAC: Mint Digital Services, siehe oben S. 267.
280
3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
2. „Online-Rechte“ nach amerikanischem Recht Da mittlerweile höchstrichterlich entschieden ist, dass Digital Service Provider, die Musikdownloads anbieten, nur in das Vervielfältigungsrecht eingreifen, nicht aber auch das Recht der öffentlichen Wiedergabe tangieren,⁴⁵⁷ ist die Rolle der Performing Rights Organisations der Urheber als Lizenzierungsstelle für OnlineMusikdienste, die diese Nutzungsform anbieten, stark begrenzt. Für Streaming allerdings bleibt es bei der Auslegung, dass diese Nutzungsart dem public performance right unterfällt, die von den amerikanischen Verwertungsgesellschaften wahrgenommen wird.⁴⁵⁸ Die Einordnung der Nutzungsart Download unter das Vervielfältigungsrecht gilt allein für die U.S.A. Wenn das europäische Recht infolge des WCT-Abkommens – welches auch die U.S.A. unterzeichnet, aber bislang noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat⁴⁵⁹ – ein Recht der öffentlichen Zugänglichmachung vorsieht, steht dieses auch amerikanischen Urhebern zu, deren Werke im Schutzland verwertet werden sollen. Unklar bleibt, ob die Urheber mit Abschluss des Wahrnehmungsvertrages dieses europäische Recht ASCAP oder BMI zur Wahrnehmung in Europa über das System der Gegenseitigkeitsverträge, oder aber zuvor ihren Verlagen eingeräumt haben. Je nachdem wären weiterhin europäische Verwertungsgesellschaften oder die genannten Musikverlage zur Wahrnehmung berechtigt. Ist letzteres der Fall, ist fraglich, ob sie im Wege der Herausnahme ihrer Vervielfältigungsrechte ab 2005 auch die ihnen übertragenen Zugänglichmachungsrechte zurückgewonnen haben und sie aus einer Hand vergeben können. Sollte dies nicht der Fall sein, wären die Zugänglichmachungsrechte des anglo-amerikanischen Repertoires bei den europäischen Verwertungsgesellschaften verblieben, die möglicherweise nur Eingebietslizenzen erteilen dürften – je nach eingeräumtem Rechtsumfang. Derzeit ist diese Rechtesituation ungeklärt.⁴⁶⁰ Wurde für die obige Darstellung davon ausgegangen, dass die erforderlichen Online-Rechte des anglo-amerikanischen Repertoires sowohl über die Verlage an Option-3-Gesellschaften (Online-Vervielfältigungsrechte) als auch über
U.S. Court of Appeals for the Second Circuit, U.S. v. ASCAP, Entscheidung vom 28.9. 2010, GRUR Int 2011, 180 – RealNetworks mit Anm. Poll; zum Streitstand Kohn, On Music Licensing, S. 743 ff. U.S. v. ASCAP (in re RealNetworks), 485 F. Supp. 2d 438, 443 (S.D.N.Y. 2007), bestätigt in GRUR Int 2011, 180 – RealNetworks mit Anm. Poll: „in order for a song to be performed, it must be transmitted in a manner designed for contemporaneous perception“. Für das interaktive Streaming konnte noch keine Einigung erzielt werden, vgl. Impact Assessment, SWD(2012) 204 final, S. 143. U.S. Court of Appeals for the Second Circuit, U.S. v. ASCAP, Entscheidung vom 28.9. 2010, GRUR Int 2011, 180, 185 – RealNetworks mit Anm. Poll. Siehe SOLAR GmbH, Lagebericht des Jahresabschlusses zum Geschäftsjahr 2014.
C. Das anglo-amerikanische Repertoire
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Gegenseitigkeitsverträge an die europäischen Schwestergesellschaften (OnlineZugänglichmachungsrechte) zur multiterritorialen Vergabe vermittelt werden, so entspricht dies dem tatsächlichen Zustand. Ob dies rechtlich korrekt ist, können nicht einmal die Rechtsinhaber und Verwertungsgesellschaften bestätigen.⁴⁶¹ Sollte es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung hierüber kommen, kann dies erheblichen Einfluss auf den europäischen Lizenzierungsmarkt haben.
II. Modifikationen der Wahrnehmungspraxis amerikanischer Verwertungsgesellschaften 1. Bisherige Lizenzierungspraxis Aufgrund ihrer monopolistischen Marktstellung bestehen seit 1941 – jüngst im Jahr 2001 modifiziert⁴⁶² – für die beiden größten amerikanischen Verwertungsgesellschaften ASCAP und BMI⁴⁶³ Consent Decrees, die sie kartellrechtlichen Restriktionen unterwerfen. Die ASCAP-spezifischen Consent Decrees ⁴⁶⁴ untersagen es ASCAP, die Aufführungsrechte für den Lizenzraum U.S.A. ausschließlich wahrzunehmen, AFJ2 § IV (A). Das heißt, dass Verlage als ASCAP-Berechtigte nur entweder individuell selbst oder über Subverlage (agents) – dann aber territorial beschränkt – ihre Rechte direkt lizenzieren können. Dies ist wiederum begrenzt auf music user als Lizenznehmer. An andere Lizenzierungsinitiativen wie Verwertungsgesellschaften oder sonstige ähnliche Wahrnehmungsinstitutionen – auch nicht ausländischen – dürfen die Rechte hingegen nicht weitergegeben werden.⁴⁶⁵ Dies erklärt auch, warum die Aufführungsrechte der Verlage traditionell ausschließlich über Gegenseitigkeitsverträge mit den amerikanischen PROs wie ASCAP an die europäischen Verwertungsgesellschaften vermittelt werden: Ihnen ist eine ähnliche Lizenzierungspraxis wie bei ihren Vervielfältigungsrechten (territorial beschränkte Sublizenzierung an ausländische Subverlage, die sie
SOLAR GmbH, Lagebericht des Jahresabschlusses zum Geschäftsjahr 2014; ausdrücklich EUKommission, Sache COMP/M. 6800, S. 75, Rdnr. 359 – ICE: „CMOs […] are not aware of the exact scope of their repertoires for a given licensing agreement with a DSP […].“ U.S. v. ASCAP, No. 41 Civ. 1395, 2001WL1589999 (S.D.N.Y. June 11, 2001) (Second Amended Final Judgment, „AFJ2“), abrufbar unter www.justice.gov/atr/case-document/file/485966/down load. U.S. v. ASCAP, No. 13 Civ. 95 (S.D.N.Y. Mar. 4, 1941) und U.S. v. BMI, No. 64 Civ. 3787, 1994WL901652 (S.D.N.Y. Nov. 18, 1994). Die Wahrnehmungspraxis von BMI aufgrund ihrer Consent Decrees wird näher erläutert bei Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 206 ff. Sec. 5 ASCAP Articles of Association und Ziff. 2.7.2(b) und (c) Compendium of ASCAP Rules and Regulations; Heyde, Grenzüberschreitende Lizenzierung, S. 204 ff.
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3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
der jeweiligen nationalen Verwertungsgesellschaft zur Eingebietslizenzierung einräumen, bzw. Mehrgebietslizenzierung über die Option-3-Gesellschaften) durch die Mitgliedschaft bei ASCAP untersagt. Damit bleibt ihnen nur die direkte individuelle Lizenzierung im Ausland. Ohne die erforderlichen Lizenzierungsstrukturen und infrastrukturellen Kapazitäten ist eine solche direkte Rechtevergabe schwerlich zu praktizieren und daher auch nicht erfolgt. Also kämpfen die Verlage in den U.S.A. seit längerem für mehr Flexibilität innerhalb ihrer Verwertungsgesellschaften. Ihren Interessen entspräche eine stärkere Durchsetzungskraft ihrer Marktmacht bei Lizenzverhandlungen außerhalb der Consent Decrees.
2. Anpassung der Consent Decrees? Um bessere Wahrnehmungsbedingungen für ihr Repertoire auszuhandeln, nahmen EMI/Sony, BMG, Warner und Universal ab 2011 nacheinander ihre public performance rights an ihren Katalogen zur individuellen Lizenzierung von „new media transmissions by new media services“ in den U.S.A. heraus.⁴⁶⁶ Für alle anderen Nutzungsarten sollten die Verwertungsgesellschaften allerdings weiterhin zuständig bleiben. Diese partielle Rechteherausnahme, sogenanntes cherry picking, wurde ihnen gerichtlich untersagt, da die Consent Decrees eine Lizenzierung des vollständigen Repertoires vorschrieben.⁴⁶⁷ Das Department of Justice (DOJ) sollte Rechtssicherheit in der streitigen Frage der Zulässigkeit einer solchen partiellen Rechteherausnahme bringen.⁴⁶⁸ Daneben sollte herausgefunden werden, ob die Consent Decrees eine Wahrnehmung auch der Vervielfältigungsrechte zulassen würden – die gewinnorientierte SESAC und die kanadische SOCAN hatten eine solche Bündelung der Rechte bereits in den letzten Jahren entwickelt.⁴⁶⁹
a. Fractional licensing? Nach zweijähriger Befragung entschied sich das DOJ jedoch gegen eine Anpassung der Consent Decrees und beschloss zweierlei: zum einen müssen ASCAP und BMI „ganze Werke lizenzieren“, hierfür stehen die Begriffe full-work licensing oder auch 100 % licensing. Zum anderen müssen Verlage zwischen einer all-in- oder allout-Lösung wählen, eine partielle Rechteherausnahme für einzelne Nutzungsar
In re Pandora, No. 12 Civ. 8035, 2013 (DLC) (S.D.N.Y. Sept. 11, 2013), S. 7. In re Pandora, No. 12 Civ. 8035, 2013 (DLC) (S.D.N.Y. Sept. 11, 2013). Lunney, Copyright Collectives, in: Gervais, S. 361. Oxenford, Artikel vom 5. 8. 2016, broadcastlawblog.com.
C. Das anglo-amerikanische Repertoire
283
ten ist nicht möglich. Infolge der ersten Entscheidung soll das von ASCAP und BMI lizenzierte Repertoire nunmehr nur solche Werke umfassen, an denen sie jeweils alle Rechte aller beteiligten Miturheber haben. Eine Lizenzierung von split copyrights wäre damit ausgeschlossen. Unproblematisch ist dies in dem Fall, dass lediglich ein Urheber existiert, der seine performing rights einer der Verwertungsgesellschaften zur Wahrnehmung eingeräumt hat. Unproblematisch ist auch der Fall, dass zwar mehrere Urheber beteiligt sind, aber derselben Verwertungsgesellschaft angeschlossen sind. Sofern aber Miturheber unterschiedlichen Verwertungsgesellschaften, ASCAP, BMI, SESAC oder GMR, angeschlossen sind, ist eine Lizenzierung des Werkes nur möglich, wenn keiner der Miturheber der default-tenancy-Regelung⁴⁷⁰ widersprochen hat, wonach jeder Miturheber ohne die Zustimmung der anderen Urheber nicht-ausschließliche Lizenzen an der Nutzung des Gesamtwerkes erteilen, also auch das Gesamtwerk zur Wahrnehmung einer Performing Rights Organisation einräumen kann.⁴⁷¹ Sofern die Miturheber aber eine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen haben, fällt das Werk aus der vom DOJ festgelegten Repertoire-Definition und ist nicht mehr in der Blankettlizenz von beispielsweise ASCAP enthalten. Mit zwei nicht im selben Maße regulierten, gewinnorientierten Verwertungsgesellschaften im Wettbewerb um Rechtsinhaber, der SESAC und der GMR, sehen sich ASCAP und BMI als kartellrechtlich kontrollierte Verwertungsgesellschaften unter Zugrundelegung der Entscheidung des DOJ, es bei den bestehenden Consent Decrees zu belassen, im Nachteil.⁴⁷²
b. Mögliche Folgen von 100 % licensing Sollte diese Rechtsansicht des DOJ gerichtlich bestätigt werden,⁴⁷³ wären beträchtliche Umwälzungen in der kollektiven Rechtswahrnehmung von public
Zu joint works siehe 17 U.S.C. § 101: „A „joint work“ is a work prepared by two or more authors with the intention that their contributions be merged into inseparable or interdependent parts of a unitary whole.“ U.S. Copyright Office, Views of the U.S. Copyright Office, S. 6, abrufbar unter www.copyright. gov/policy/pro-licensing.pdf. Vgl. die Stellungnahme der BMI, 20.11. 2015, S. 2, abrufbar unter www.justice.gov/atr/public/ ascapbmi2015/ascapbmi18.pdf. In einer ersten Entscheidung über eine von BMI erhobene Feststellungsklage urteilte Judge Stanton gegen die Ansicht des DOJ, die Consent Decrees würden 100 % licensing erfordern: „The Consent Decree neither bars fractional licensing nor requires full-work licensing.“, No. 64 Civ. 3787, 2016 (LLS) (S.D.N.Y. Sept. 16, 2016), S. 6. Das DOJ hat gegen diese Entscheidung Rechtsmittel beim Court of Appeals for the Second circuit eingelegt, siehe Pressemitteilung der
284
3. Teil: Analyse der Wirkungsfolgen ausgewählter VGG-Regelungen
performing rights in den U.S.A. die Folge. Innerhalb eines Jahres müssen ASCAP und BMI ihr Repertoire, das den 100 % licensing terms entspricht, neu definieren.⁴⁷⁴ Rechtsinhaber müssten auf vertraglicher Ebene ihre Wahrnehmungs- und Lizenzierungsregelungen neu bestimmen, was teilweise an faktischen Hindernissen wie der Unauffindbarkeit der beteiligten Urheber scheitern würde. Dass eine Neujustierung des Repertoires innerhalb dieses kurzen Zeitraumes gelänge, ist unwahrscheinlich. Belastbare Daten über fractional ownership existieren erst seit November 2015. Bemerkenswerterweise wurden sie erst nach Einleitung des Überprüfungsverfahrens der Consent Decrees eingepflegt.⁴⁷⁵ Überhaupt werden die verfügbaren Informationen an der Rechtsinhaberschaft des angeblich vertretenen Repertoires als spärlich, unzureichend oder gar falsch kritisiert.⁴⁷⁶ In höchstem Maße unklar ist daher derzeit die rechtliche Ausgangslage, wer tatsächlich Rechte in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat.
c. Folgen für die europäische Lizenzierungspraxis Jedenfalls aber hängt von dieser Neudefinition maßgeblich auch der europäische Rechteumfang des amerikanischen Repertoires ab: gegebenenfalls werden die matching performing rights nicht mehr über Gegenseitigkeitsverträge an europäische Verwertungsgesellschaften wie der GEMA und PRSfM zur Wahrnehmung vermittelt, da die amerikanischen Verwertungsgesellschaften nicht mehr über sie verfügen.⁴⁷⁷ Sofern die Verlage nunmehr beide Nutzungsrechte – das Vervielfältigungs- und das „Aufführungsrecht“ – außerhalb der PROs bei sich vereinen, könnten sie diese über die europäischen Hubs wie SOLAR und ARESA auch aus einer Hand lizenzieren, ohne auf die Kooperation der Mutterverwertungsgesellschaften, die ihnen die matching rights vermitteln, angewiesen zu sein.⁴⁷⁸
CISAC, 11.11. 2016, abrufbar unter www.cisac.org/Newsroom/Society-News/ASCAP-and-BMIReact-to-US-DoJ-Appeal-on-Consent-Decree-Decision. DOJ, 4. 8. 2016, S. 17 f. Pressemitteilung der ASCAP, 10.11. 2015, abrufbar unter www.ascap.com/press/2015/11-10ascap-adds-licensable-share-info.aspx. Panjwani, Artikel vom 18.7. 2016, publicknowledge.org. GRUR Int 2011, 180, 184 – RealNetworks mit Anm. Poll. Dies berücksichtigt auch die Entscheidung der EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 52, Fn. 163 – ICE.
C. Das anglo-amerikanische Repertoire
285
3. Ausblick Nicht nur in Europa, auch in den U.S.A. durchlebt die Lizenzierungspraxis derzeit starke Umbrüche. Dieser Prozess mutet rückständig an, hatten sich die europäischen Legislativorgane doch bereits 2005 mit Fragen von fractional oder full-work licensing – nur in anderem Gewand – zu befassen. Und dennoch ist denkbar, dass die jüngere EU-Richtlinienregulierung wiederum durch die jüngste amerikanische Entwicklung überholt sein kann, wenn es aufgrund der Neudefinition der angloamerikanischen Repertoires zu einer Monopolisierung aller erforderlichen Rechte in den Händen der Verlage kommt, die dann entweder individuell oder über eigens für sie geschaffene Lizenzierungseinrichtungen am System der kollektiven Wahrnehmung vorbei Rechte vergeben können. Dadurch würden in erheblichem Maße solche Tochtergesellschaften wie SOLAR und ARESA gestärkt. Denkbar erscheint aber auch, dass sie die Aufführungsrechte in ICE Services einbringen könnten, sofern alle kartellrechtlichen Bedenken der EU-Kommission ausgeräumt werden können. Jedenfalls aber haben sich das U.S. Copyright Office ⁴⁷⁹ und ein Gericht⁴⁸⁰ bereits gegen die Interpretation der Consent Decrees als Verpflichtung zu full work licensing ausgesprochen. Das DOJ hat dagegen Rechtsmittel eingelegt. Der Court of Appeal wird nun eine grundlegende Weichenstellung für die U.S.A. hinsichtlich der Zukunft der Lizenzierungspraxis von Musikrechten im digitalen Umfeld zu treffen haben. Entweder werden Rechtenutzer durch erhöhte Rechtssicherheit (keine Lizenzierung von nur Splitterrechten) und große Rechtsinhaber durch Rückgewinn von Kontrolle über ihre Rechte privilegiert. Dies ginge zulasten der „kleinen“ Urheber, deren Rechte nur unter Aufbringung von teilweise erheblichen Transaktionskosten weiterhin lizenziert werden können. Oder aber die Praxis des bisherigen fractional licensing wird zementiert. Eine effiziente Handhabung von split copyrights ist jedenfalls auch in den U.S.A. noch nicht gefunden.
U. S. Copyright Office, S. 3, abrufbar unter https://copyright.gov/policy/pro-licensing.pdf. Allerdings nur in Bezug auf die BMI Consent Decrees, vgl. U.S. v. Broadcast Music, Inc., No. 64 Civ. 3787, 2016 (LLS) (S.D.N.Y. Sept. 16, 2016).
4. Teil: Schlussbetrachtungen A. Ausblick I. Entwicklungen abseits der gesetzgeberischen Regulierung Das grundlegende Problem, dass zwei verschiedene Urheberrechtssysteme in Einklang gebracht werden müssen,¹ um grenzüberschreitende Lizenzierung zu ermöglichen, split copyrights, auseinanderfallende Nutzungsrechte für eine Nutzungsart und schwer zugängliche Kenntnis über den Belegenheitsort der Rechte werden durch die Richtlinie und seine mitgliedstaatliche Umsetzung im VGG nicht adressiert. An der verwertungsgesellschaftlichen Fragmentierung zwischen attraktivem Repertoire und solchem, das weniger dem aktuellen Trend und Geschmack der gesellschaftlichen Mitte entspricht, wird die Implementation der Richtlinie nicht viel ändern. Die Bestimmungen zeichnen lediglich Marktentwicklungen nach, die sich im Laufe der letzten zehn Jahre herausgebildet haben. Beachtlich ist dennoch, dass unabhängig vom Gesetzgeber Modelle entstanden sind, die geeignet sind, sich mit dem Status quo von many licensing shops zu arrangieren. Aufgrund der freiwilligen Bündelung der Vervielfältigungs- und matching performing rights ist zumindest die einheitliche Lizenzierung für die Nutzungsarten Online-Musikstreaming und -download gewährleistet. Sofern ICE Services, Armonia oder auch Mint geeignete Lösungen für kleinere und mittlere Verwertungsgesellschaften anbieten können, oder sie selbst unter vertretbarem Aufwand ihre Ressourcen in der Amsterdam Initiative bündeln können, ist ein Fortschritt hin zur Repertoirebündelung zumindest der verwertungsgesellschaftlich wahrgenommenen Rechte erkennbar. Eine Kombination der intendierten Hubwirkung der Richtlinie und freiwilliger Rechtebündelung aufgrund starker Marktnachfrage² ist geeignet, das Lizenzierungssystem für Online-Musik in seiner Effizienz zu steigern.³ Besonders kommt dies europaweit tätigen Online-Musikdiensten zugute, da hier der eintretende Degressionseffekt für sinkende Transaktionskosten sorgt. Solche Dienste, die nur in einigen Ländern verfügbar sind, ist durch Mehrgebietslizenzierung nur geholfen, wenn tatsächlich alle Repertoires multiterritorial verfügbar sind; anderenfalls müssen die in wenigen Ländern tätigen Dienste zusätzlich danach differenzieren, welche Repertoires nur national
Dies als bereits im Richtlinienentwurf nicht berücksichtigt kritisierend Drexl/Nérisson/ Trumpke/Hilty, Stellungnahme des MPI zum Richtlinienentwurf, 17.1. 2013, S. 8. EU-Kommission, Sache COMP/M. 6800, S. 42 – ICE. Anthonis, Int. J. Int. Prop. Management 2014, Vol. 7, Nos. 3/4, 151, 161.
https://doi.org/10.1515/9783110539134-310
A. Ausblick
287
lizenziert werden, um dann zusätzlich bei den Verwertungsgesellschaften, deren Verwaltungsgebiet sich auf ihre Reichweite erstreckt, die fehlenden Rechte einzuholen. Derzeit privilegiert die Rechtslage also nur unionsweite oder national agierende Online-Dienste. Dienste, die nur in einigen Ländern aktiv sind, haben nach wie vor mit zu vielen Shops zu kämpfen, was einen schrittweisen Markteintritt unwirtschaftlich macht.
II. Europäische Entwicklungen 1. Auswirkung und Folgen des Brexit Ein wesentlicher Rechtsunsicherheitsfaktor wurde durch den unerwarteten Ausgang des britischen Referendums über den Verbleib Großbritanniens innerhalb der Europäischen Union hervorgerufen. Kaum ein Sektor, kaum ein Rechtsgebiet kann zu diesem Zeitpunkt Antworten auf die konkreten Auswirkungen liefern, da letztere selbst noch nicht einmal annähernd abzuschätzen sind. Je nach Austrittsausgestaltung erscheint ein Erhalt des Status quo auf dem Gebiet des Urheberrechts und seiner Wahrnehmung denkbar, aber ebenso eine vollkommene Umwälzung des angelsächsischen Rechtswahrnehmungsmarktes mit grenzüberschreitender Tragweite. Letzteres wird immer wahrscheinlicher. Die britische Premierministerin Theresa May fordert einen vollumfänglichen Austritt Großbritanniens aus dem Europäischen Binnenmarkt.⁴ Das britische Repertoire ist eines der erfolgreichsten in der EU⁵, was große Verhandlungsmacht erzeugt. Verwertungsgesellschaften und abhängige Einrichtungen mit Sitz in Großbritannien wie SOLAR und ICE Services sind künftig solche aus Drittstaaten, mit der Folge einer strengen Anwendung der wahrnehmungsrechtlichen Regularien in EU-Mitgliedstaaten. Britische unabhängige Verwertungseinrichtungen wie Soundreef sind unabhängig von Sitzland und Marktort ohnehin im Vergleich zu ihren Mitbewerbern, den Verwertungsgesellschaften und abhängigen Verwertungseinrichtungen, zu schwach reguliert.
2. Unionsgesetzgebung Auch die Unionsgesetzgebung kann Regelungen des deutschen Umsetzungsgesetzes obsolet werden lassen. Das betrifft den Vorschlag für eine Verordnung des
Zum Brexit und seinen Auswirkungen auf Rechte des Geistigen Eigentums Kunz-Hallstein, GRUR Int. 2017, 33 ff. Hellenic Foundation, IP/B/CULT/IC/2008_136, S. 117.
288
4. Teil: Schlussbetrachtungen
Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen vom 14. September 2016.⁶ Würde er umgesetzt, so würde die Rundfunkprogrammausnahme überflüssig. Der Richtlinienvorschlag über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt ebenfalls vom 14. September 2016⁷ tangiert die Rechtswahrnehmung hingegen nur mittelbar. Der Entwurf adressiert nur ein eng umgrenztes, spezifisches Geschäftsmodell eines Online-Dienstes, der von den Nutzern hochgeladene Inhalte zugänglich macht,⁸ wie beispielsweise YouTube. Art. 13 und die Erwägungsgründe 38 und 39 des Entwurfs verpflichten solche Online-Dienste, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände in Absprache mit den Rechteinhabern speichern oder öffentlich zugänglich machen, zur Ergreifung von geeigneten und angemessenen Maßnahmen zum „Schutz der Werke“. Solche Maßnahmen können Techniken zur Erkennung von Inhalten wie YouTube’s Content ID sein. Hier wird das Verhältnis des Richtlinienentwurfes zu den unabhängigen Verwertungseinrichtungen nach der Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung und Vergabe von Mehrgebietslizenzen zu klären sein.
B. Ergebnis Festzuhalten ist, dass der Wandel im Bereich der Lizenzierung von Online-Geschäftsmodellen auch durch die Richtlinie 2014/26/EU nicht vollends stabilisiert werden konnte. Dies war jedoch auch nicht vorrangiges Ziel. Dieses bestand vielmehr darin, für die Zukunft vorausschauend möglichst viele Wahrnehmungsvarianten angemessen zu regulieren. Dies ist nicht immer gelungen. Die Möglichkeit zur Nachbesserung ist aber bereits in Art. 40 der Richtlinie angelegt: bis zum 10. April 2021 erfolgen eine Bewertung der Auswirkungen der Richtlinie und eine Neufassung durch Einbringung eines Legislativvorschlags. Global betrachtet ist der Binnenmarkt Europa als Regelungsadressat gerade in einer Online-Umgebung, in der ein Großteil der Wertschöpfung aus dem angloamerikanischen Raum stammt, zu klein bemessen. Allerdings wird auf diese Weise ein ausreichender Spielraum auf Vertragsebene zwischen Wahrneh-
EU-Kommission, COM(2016) 594 final. EU-Kommission, COM(2016) 593 final. EU-Kommission, COM(2016) 593 final, S. 3.
B. Ergebnis
289
mungsinitiativen belassen, der beweisen muss, dass Mechanismen auch durch unbedachtes regulatorisches Eingreifen wie infolge der Kommissionsempfehlung von 2005⁹ gefunden werden können. Die der Arbeit vorangestellte Arbeitshypothese ist als teilweise widerlegt anzusehen (Zusammenfassung oben, S. 128 f.). Sofern keine technischen Lösungen für internetbedingte Massennutzungen in naher Zukunft gefunden werden, ist eine kollektive Rechtswahrnehmung über effiziente Lizenzierungsstellen wesentlich. Im Bereich der Lizenzierung von Online-Rechten bedarf es dafür keines One-Stop-Shops. Sofern das Weltrepertoire von einigen wenigen Shops zu erschwinglichen Konditionen zu erlangen ist, können Rechtsinhaber unionsweit von der Wettbewerbssituation profitieren. Der Weg dorthin ist beschritten, sein Verlauf ist aber schwer vorauszusehen. Grenzübergreifende Rechtenutzer werden zumindest nicht schlechter gestellt, als ihnen die Lizenzierung derzeit mangels Kenntnis über den Umfang der jeweiligen Repertoires und Repertoirezersplitterung auf unionsweiter Ebene erschwert ist. Nationale Rechtenutzer sehen sich möglicherweise mit einer weiteren Repertoirefragmentierung konfrontiert. Im Rahmen der Eingebietslizenzierung besteht aber Hoffnung auf funktionsgerechte Lösungen über das System der Gegenseitigkeitsverträge. Darüber hinaus werden die erarbeiteten Problemkreise nur am Rande verbessert (ausführliche Zusammenfassung oben, S. 271 ff.). Überwindungsmechanismen der split copyrights und Wissenslücken hinsichtlich des Repertoires werden derart vorsichtig adressiert, dass hier sehr viel den Marktakteuren überlassen bleibt. Der Geltungsbereich nationaler Umsetzungsregelungen wird noch für einige Verunsicherung sorgen, zu unklar waren hier die Richtlinienvorgaben, die zum Teil Überreste der Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie enthalten. Positiv hervorzuheben ist aber die Gewährleistung von Wahlfreiheit und Vergütungsgerechtigkeit für Rechtsinhaber. Allerdings werden alle positiven Ergebnisse überschattet von der mangelhaften Umsetzung eines level playing field für alle Wahrnehmungsinstitutionen am Markt, die Online-Rechte vergeben. Verwertungsgesellschaften und abhängige Verwertungseinrichtungen auf der einen und unabhängige Verwertungseinrichtungen auf der anderen Seite unterliegen ungleichen Spielregeln. Auch hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf für den Unionsgesetzgeber. Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem VGG ein handwerklich überzeugendes Umsetzungsgesetz mit bewährten Regelungen aus dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz inkorporiert. Allerdings ist an manchen Stellen des Gesetzes eine
EU-Kommission, 2005/737/EG, ABl. L 276/54 ff.
290
4. Teil: Schlussbetrachtungen
Nachjustierung entweder in Form einer richtlinienkonformen Auslegung oder gesetzgeberischer Intervention erforderlich: Einige Tatbestandsmerkmale einer Verwertungsgesellschaft sollten tendenziell weit ausgelegt werden, um ein level playing field nicht zu gefährden (S. 135 ff.), dasselbe gilt für abhängige Verwertungseinrichtungen (S. 151) und besonders für unabhängige Verwertungseinrichtungen (S. 182). Um eine echte Wahlfreiheit der Rechtsinhaber zu ermöglichen, müssen für unabhängige Verwertungseinrichtungen dieselben Informationspflichten wie für andere Wahrnehmungseinrichtungen gelten (S. 174 ff.). Da § 60 Abs. 1 VGG nicht vorschreibt, dass die Wahrnehmungsbedingungen einer multiterritorialen Rechtswahrnehmung angemessen sein müssen, muss das Selbstvornahmerecht gem. § 72 VGG dahingehend richtlinienkonform ausgelegt werden, dass die Verwertungsgesellschaft die Herausnahme nicht an die Bedingung der Weitereinräumung an eine Verwertungsgesellschaft knüpft (S. 192 ff.) und seine Ausübung zweckgebunden ist (S. 212). § 10 Ziff. 2 des GEMA-Berechtigungsvertrags sollte um einen Unterabsatz erweitert werden, der das Selbstvornahmerecht und seine Voraussetzungen regelt und festhält, dass die erforderlichen Rechte zur Eingebietslizenzierung von der Herausnahme zur anderweitigen Vergabe von Mehrgebietslizenzen davon unberührt bei der GEMA verbleiben (S. 219). Damit sich auch kleinere Verwertungsgesellschaften zu einer Mandatierung einer leistungsfähigen Verwertungsgesellschaft entscheiden und damit eine Repertoirezusammenführung zum Zwecke der gebietsübergreifenden Vergabe von Online-Rechten erfolgen kann, ist das Merkmal der vernünftiger Weise entstandenen Verwaltungskosten in § 73 Abs. 3 VGG eng auszulegen (S. 204). Der Repräsentationszwang gem. § 69 VGG ist im Lichte von Erwägungsgrund 46 der Richtlinie zu betrachten, der Verwertungseinrichtungen vom Repräsentationszwang befreit, wenn sie bloß Rechte an denselben Werken bündeln, um das Recht zur Vervielfältigung und das Recht zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke zusammen vergeben zu können (S. 207). Der deutsche Gesetzgeber hätte eine generelle Informationspflicht für in seinem Hoheitsgebiet ansässige Einrichtungen vorsehen können, entschied sich zulasten von nationalen Rechtenutzern aber dagegen (S. 249). Der Aufsicht müssen umfassende Ermittlungsbefugnisse zustehen (S. 263). Am dringendsten ist aber die Nachbesserung der Regulierung von unabhängigen Verwertungsgesellschaften durch den Unionsgesetzgeber (S. 269), insoweit ist dem deutschen Gesetzgeber keinen Vorwurf zu machen. Derzeit beruht das System der Verwertungsgesellschaften noch auf einer Aufspaltung der wahrnehmerischen Tätigkeiten nach Werkarten i.S.d. § 2 Abs. 1 UrhG. Nach gelungener Implementierung des Hub-Modells für multiterritoriale
C. Zusammenfassende Thesen
291
Lizenzierung kommt eine solche Wahrnehmung für alle Online-Nutzungen in Betracht.¹⁰
C. Zusammenfassende Thesen I. Verwertungsgesellschaften 1.
2.
3.
Technische Neuerungen wie die sinnvolle Implementierung einer BlockchainTechnologie für die Lizenzierung von Online-Musikinhalten können erhebliche Effizienzgewinne und Vereinfachungen sowohl im Bereich der individuellen als auch der kollektiven Rechtswahrnehmung mit sich bringen, sind aber Zukunftsmusik. Die Definition einer Verwertungsgesellschaft über das Tatbestandsmerkmal „für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber“ ist nicht mehr zeitgemäß, vor allem nicht vor dem Hintergrund der Harmonisierung der Wahrnehmung von sowohl kontinentaleuropäischem als auch angelsächsischem Urheberrecht, das eine vollständige Übertragung des Urheberrechts zulässt. Gewinnerzielungsabsicht und Treuhandeigenschaft von Verwertungsgesellschaften schließen einander gem. § 2 VGG nicht (mehr) aus. Verwertungsgesellschaften können durch ihre Tätigkeit Gewinne erwirtschaften.
II. Abhängige Verwertungseinrichtungen 1.
2.
3.
Option-3-Gesellschaften sind nicht pauschal als abhängige oder unabhängige Verwertungseinrichtung einzuordnen, wie dies im Schrifttum stets angenommen wurde. Mischlösungen sind denkbar. Die Unsicherheit der Einordnung liegt an der fehlenden gesetzgeberischen Klarheit über die Frage, was genau als unabhängige Verwertungseinrichtung anzusehen sein soll. Die bestehenden Lizenzierungsstrukturen der Tochtergesellschaften werden durch neue Wettbewerber wie Mint Digital Services aus dem EU-Ausland herausgefordert. Online-Nutzungen werden hauptsächlich von Tochtergesellschaften grenzüberschreitend lizenziert. Ihren Müttern verbleibt letztlich die nationale Online- und Offline-Nutzung. Eine Schwächung des Repertoires wird nur dann nicht eintreten, wenn kein direktes Berechtigungsrechtsverhältnis zwi-
Andeutend Holzmüller/Staats, in: Dreier/Hilty, Festschrift 50 Jahre UrhG, S. 207, 211.
292
4.
5.
4. Teil: Schlussbetrachtungen
schen Tochter und Rechtsinhaber zugelassen wird, sondern das Repertoire über die Mutter an die Tochter vermittelt wird. Nur dann bleibt eine Quersubventionierung bei angemessenen quotalen Verwaltungskosten möglich. Hinzu kommt eine weitere territoriale Fragmentierung: Entscheiden sich die Rechtsinhaber, ihre Online-Rechte zur Eingebietslizenzierung bei der Verwertungsgesellschaft zu belassen, ändert sich am Status quo der Verwertungsgesellschaftenpraxis wenig, allein die gebietsübergreifende Vergabe entwickelt sich abseits der herkömmlichen Struktur. Entwicklungen dahingehend, aus einem Monorepertoire wieder ein Multirepertoire werden zu lassen, zeichnen sich nur auf Ebene der Tochtergesellschaften ab. IT-Datenverarbeitungs-Kapazitäten werden zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren.
III. Unabhängige Verwertungseinrichtungen 1.
2.
3. 4.
Unabhängige Verwertungseinrichtungen wie Soundreef stehen in einem direkten Wettbewerbsverhältnis zu Verwertungsgesellschaften und deren Töchtern im Bereich ihrer Wahrnehmung von Online-Rechten. Ein Wettbewerb um Rechtsinhaber findet mittlerweile zwischen Verwertungsgesellschaften und unabhängigen Verwertungseinrichtungen statt. Das Tatbestandsmerkmal einer unabhängigen Verwertungseinrichtung „ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck der Wahrnehmung“ ist ebenso wie „zu deren kollektivem Nutzen“ weit auszulegen. Beide Merkmale passen auf klassische Verwertungsgesellschaften, nicht aber auf unabhängige Verwertungseinrichtungen. Um das Ziel der Richtlinie, ein level playing field zu schaffen, nicht zu gefährden, ist eine extensive Auslegung vorzunehmen. YouTube mit seinem Rechteverwaltungsinstrument Content ID ist als unabhängige Verwertungseinrichtung einzuordnen. Unabhängige Verwertungseinrichtungen haben trotz der missglückten Formulierung in § 54 Nr. 5 VGG (Art. 18 Abs. 1 lit. e)) die ihnen konkret entstehenden Verwaltungskosten für Rechtsinhaber eindeutig und auf aktuellem Stand auszuweisen. Nur so kann ein ausgewogenes Wettbewerbsverhältnis bei gleicher Informiertheit der umworbenen Rechtsinhaber gewährleistet werden.
C. Zusammenfassende Thesen
293
IV. §§ 59 ff. VGG 1.
2.
3.
4.
5.
6.
§ 60 Abs. 1 VGG und § 9 S. 2 VGG bedürfen gesetzgeberischer Klarstellung dahingehend, dass eine Rechteherausnahme unter der Bedingung, dass eine anderweitige gebietsübergreifende Vergabe nur über eine andere Verwertungsgesellschaft erfolgen darf, unzulässig wegen Unangemessenheit ist. Der Richtlinie ist in Art. 4 entgegen der gesetzgeberischen Annahme ein Grundsatz angemessener Behandlung der Rechtsinhaber zu entnehmen. In der Zwischenzeit ist § 72 VGG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine Rechteherausnahme zum Zwecke der Mehrgebietslizenzierung nicht mit der Bedingung verknüpft werden darf, sie nur einer anderen Verwertungsgesellschaft oder -einrichtung einzuräumen. Darüber hinaus steht die Ausnahmeregelung des § 60 VGG einer angemessenen Lösung der Problemkreise Repertoirefragmentierung und Wahlfreiheit nicht im Wege, befördert sie jedoch auch nicht. Mit der Ausnahme des Abschlusszwangs im Rahmen der Mehrgebietslizenzierung ist in der Praxis kein Wettbewerb um Rechtenutzer zu erwarten. Ein Preisverfall droht damit nicht. Verwertungsgesellschaften und ihre Einrichtungen vergeben im Online-Bereich Blankolizenzen ihres Repertoires, deren Abrechnung allerdings nutzungsgenau erfolgt. Exklusivität der Inhalte wird auf Ebene der Leistungsschutzrechte ausgehandelt. Der Befürchtung, eine Verwertungsgesellschaft würde ihr Repertoire gleich mehreren Hubs zur Wahrnehmung anvertrauen, wie es die Nicht-Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung in § 69 Abs. 3 VGG intendiert, können allgemeine ökonomische Überlegungen entgegengesetzt werden. Die beauftragende Verwertungsgesellschaft wird ihr Repertoire einer Hub-Gesellschaft auf Dauer nur überlassen, wenn sie aus der so ermöglichten paneuropäischen Lizenzierung für ihre Berechtigten verhältnismäßig angemessene Vergütungen generieren kann. Muss sie hohe Verwaltungskosten mehrerer Hubs tragen, die nicht mehr durch erhöhte Verbreitung und Lizenzierung ihres Repertoires aufgefangen werden, so wird sie sich gegen eine Mehrfacheinräumung entscheiden. Auch hier können die Verwaltungskosten also als Wettbewerbsregulativ wirken. Ein Zwang zur mehrfachen Repertoirevergabe besteht gerade nicht. Eine Lizenzierungspflicht des Huckepack-Repertoires ist zur Zielerreichung nicht erforderlich. Die Aufnahme in das Repertoireangebot der Hub-Gesellschaft genügt, da eine nutzungsgenaue Abrechnung erfolgt. Diesbezügliche Forderungen bewirken keinen Mehrwert. § 69 VGG entfaltet in Deutschland in absehbarer Zeit keine Wirkung. Bestimmungen zum Repräsentationszwang gemäß anderer europäischer Um-
294
4. Teil: Schlussbetrachtungen
setzungsgesetze bleiben aber auf die Hubs anwendbar. Allerdings wird jede Übernahme fremden Repertoires einer kartellrechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission unterzogen werden. Dadurch kann das Ziel des Richtliniengesetzgebers aufgrund wettbewerbsrechtlicher Überlegungen seitens der Kommission torpediert werden. 7. Der Repräsentationszwang hätte um die Beschränkung der Wahlmöglichkeit ergänzt werden müssen, die bei einem vorhandenen Angebot eines gebietsübergreifenden Rechterepertoires eine daneben denkbare Eingebietslizenzierung unmöglich gemacht hätte. Sofern ein Dienst grenzüberschreitend ausgerichtet ist, sollte ihm der Zugang zu Eingebietslizenzen verwehrt werden, wie dies die ICE Services bereits vertraglich durchsetzt. Eine solche Regelung auf Gesetzes- und nicht bloß vertraglicher Ebene hätte die Durchschlagskraft der Mehrgebietslizenzierung deutlich erhöht. Nachbesserung ist hier wünschenswert. 8. Dem Selbstvornahmerecht in § 72 VGG werden faktische Hürden entgegenstehen. So ist bei nicht originärer Rechtseinbringung in die Verwertungsgesellschaft durch den Urheber nicht eindeutig, wem das Recht zur Herausnahme zusteht. Darüber hinaus werden kleinere Rechtsinhaber von der Möglichkeit aus praktischen Gründen kaum Gebrauch machen. Allerdings ist die tatsächliche Wirkung des Selbstvornahmerechts als eher gering einzustufen, zumindest bis neue technologische Schritte für die Vereinfachung einer individuellen Wahrnehmung gegangen werden. 9. Ob Rechteinhaber von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, ihre Rechte zur Eingebietslizenzierung im Online-Bereich bei der Verwertungsgesellschaft zu belassen, ist noch nicht abzusehen. Es besteht also eine – von der Richtlinie allerdings in Kauf genommene – Gefahr, dass nationale OnlineMusikdienste mit einer weiteren Zersplitterung des Repertoires und damit einhergehenden gesteigerten Transaktionskosten konfrontiert werden. Die nationale Tätigkeit einer Verwertungsgesellschaft im Online-Bereich wird bei einer Herausnahme auch der Online-Rechte zur Eingebietslizenzierung zurückgedrängt auf Lizenzierungen im Offline-Bereich. Eine Trennung der Wahrnehmung von Rechten für unterschiedliche Nutzungsarten wird so intensiviert. Das Ziel, Rechtefragmentierung abzuschwächen, wird dadurch nicht erreicht. 10. Dass das Selbstvornahmerecht tatsächlich, wie von der Richtlinie bezweckt, Verwertungsgesellschaften „ermuntert“, Mehrgebietslizenzen zu erteilen, darf stark bezweifelt werden. Der Repertoire-Verlust ist zwar eine latente Bedrohung, doch wenn die Rechte zur Vergabe von Eingebietslizenzen bei der Verwertungsgesellschaft verbleiben sollten, besteht für Verwertungsgesellschaften kein Anreiz zur Änderung des Status quo ihrer Lizenzierungspraxis.
C. Zusammenfassende Thesen
295
Einer Repertoirezersplitterung wird hierdurch allein nicht effektiv entgegengewirkt. Kann eine Verwertungsgesellschaft selbst keine Mehrgebietslizenzen bis zum Ablauf der „Schonfrist“ von 36 Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie erteilen oder findet sie zu diesem Zwecke keinen kosteneffizient arbeitenden Partner, so bleibt es dem Rechtsinhaber überlassen, die Rechte zu diesem Zwecke aus ihr herauszunehmen und anderweitig zu vergeben, was eine weitere Fragmentierung des Repertoires und eine steigende Zahl von Ansprechpartnern für Online-Musikdienste zur Folge hätte. Daneben bleibt für jeden Rechtsinhaber zu jeder Zeit das Recht gemäß § 12 VGG (Art. 5), seine Rechte einer Verwertungsgesellschaft zu entziehen. 11. Die Rundfunkprogrammausnahme hat Potential, Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen. Aus diesem Grund muss § 74 VGG eng ausgelegt werden. Die Ausnahme darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zu anderen Diensten führen, die Verbrauchern einen Online-Zugriff auf einzelne Musikoder audiovisuelle Werke verschaffen. Handelt es sich bei dem Rundfunkprogramm um reine Musiksendungen, ist daher eine Nichtanwendbarkeit der Ausnahmeregelung in Betracht zu ziehen, sofern diese in einem Wettbewerbsverhältnis zu Online-Musikdiensten stehen. 12. Die Rundfunkprogrammausnahme bewirkt zumindest keine weitere Repertoirezersplitterung, da lediglich der Status quo der bisherigen Sendelizenzierungspraxis aufrechterhalten wird. 13. Auch die Regelung über Probetarife kodifiziert lediglich gelebte Praxis. Es verbleiben Unsicherheiten bei der Reichweite und Auslegung der Norm, die Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit nicht ganz ausräumen können.
V. Transparenzregelungen Umfassende Transparenzbestimmungen oder gar Pflichten zur Zusammenarbeit enthält das VGG nicht. Lediglich wird dazu ermuntert, auf branchenübliche Standards zurückzugreifen und die Repertoires und ihre Nutzung gemeinsam zu dokumentieren. Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis über das eigene Repertoire. In dieser Hinsicht mag das Gesetz infolge der Richtlinie einen wirkungsvollen Anreiz zur erstmaligen Implementierung gängiger technischer Standards setzen, um eine zukünftige Interoperabilität zu ermöglichen.
296
4. Teil: Schlussbetrachtungen
VI. Geltungsbereich 1.
2.
3.
4.
5.
Die deutsche Erlaubnispflicht folgt einem nach Wahrnehmungsinstitution abgestuften Konzept, gleich ob der Sitz inländisch oder ausländisch ist. Eine Verwertungsgesellschaft unterliegt der Erlaubnispflicht bei Wahrnehmung von Rechten, die sich nach deutschem Urheberrechtsgesetz ergeben. Abhängige Verwertungseinrichtungen fallen darunter, wenn sie gesetzliche Vergütungsansprüche wahrnehmen, aber nur dann, wenn ihre Mutter keine Erlaubnis hat. Unabhängige Verwertungseinrichtungen unterliegen lediglich einer eingeschränkten Aufsicht. Der Gesetzgeber hat den ihm teils gegebenen Umsetzungsspielraum nicht genutzt und ausschließlich ausländische Verwertungsgesellschaften einer Erlaubnispflicht unterworfen, nicht aber auch abhängige und unabhängige Verwertungseinrichtungen. Eine Kombination aus Sitzland- und Marktortprinzip führt dazu, dass ausländische Verwertungsgesellschaften, Tochtergesellschaften und unabhängige Verwertungseinrichtungen der Aufsicht des deutschen DPMA unterliegen, sofern sie deutsche Rechte wahrnehmen und/oder ihre Dienstleistung in Deutschland anbieten. Wollen sich ausländische Verwertungsgesellschaften den mitgliedstaatlichen Regelungen entziehen, so liegt es nahe, dass sie ihre Strukturen einer unabhängigen Verwertungseinrichtung anpassen. Die U.S.-amerikanische AMRA beispielsweise wäre als Verwertungsgesellschaft in Deutschland erlaubnispflichtig. Sofern sie auch Rechte nach dem österreichischen VGG wahrnimmt, müsste sie sich darüber hinaus um eine österreichische Wahrnehmungsgenehmigung bewerben, die allerdings immer nur einer Verwertungsgesellschaft der betreffenden Rechtekategorie erteilt wird (Monopolgrundsatz).¹¹ Als ausländische Verwertungsgesellschaft hat sie grundsätzlich alle in Umsetzung der Richtlinie ergangenen mitgliedstaatlichen Bestimmungen zu beachten. Um dies zu vermeiden, liegt entweder eine Kooperation mit einer europäischen Gesellschaft oder aber die Flucht in die Rechtsform einer unabhängigen Verwertungseinrichtung nahe. Das level playing field wird durch das unklare Konstrukt einer unabhängigen Verwertungseinrichtung torpediert. Die Aufsichtsbehörden werden dadurch zukünftig in ihrer Leistungsfähigkeit strapaziert. Die Aufsichtsbefugnisse sind in § 85 Abs. 1 VGG zu eng gefasst. Der Aufsichtsbehörde muss es möglich gemacht werden, auf umfassender fundierter
Vgl. oben, S. 264 und Alich/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR 2008, 43, 45.
C. Zusammenfassende Thesen
6.
297
Sach- und Informationslage entscheiden zu können, ob und unter welchem geltenden Rechtsrahmen sie zuständig ist oder nicht. Zulasten eines level playing field hat es der europäische Gesetzgeber versäumt, über Erwägungsgrund 10 einen Umsetzungsspielraum auch für unabhängige Verwertungseinrichtungen mit Sitz im Ausland, die aber in einem Mitgliedstaat tätig sind, zu gewähren.
VII. Ausländische Entwicklungen 1.
2.
Die europäischen Regulierungen könnten allerdings durch U.S.-amerikanische Entwicklungen bald überholt sein. Sofern eine Neudefinition des amerikanischen Repertoires stattfindet, wird der amerikanisch-europäische Lizenzierungsprozess ebenfalls neu verhandelt werden. Dann kann vom Unionsgesetzgeber nachzujustieren sein. Welche Folgen der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union haben wird, kann noch nicht beurteilt werden. Die Folgen für die dort ansässigen Verwertungsgesellschaften, abhängigen und unabhängigen Verwertungseinrichtungen können erheblich sein, gerade in solchen Ländern, die von ihrem Umsetzungsspielraum gem. Erwägungsgrund 9 Gebrauch gemacht haben, wie Deutschland und Österreich. Bei einer Tätigkeit im Inland wären sie als ausländische Einrichtungen den strengeren Bestimmungen vollständig unterworfen.
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Sachregister Abhängige Verwertungseinrichtung s. Verwertungseinrichtung, abhängige Abschlusszwang 106, 157, 195 – 197, 240, 259 f., 262, 293 Administrationsdienstleistungen 146 AKM 149 f., 160, 228, 264 Algorithmen 23, 64 Alphabet (Google) 7, 19 f., 22, 157, 160, 168 – 172, 247, 253, 273 AMRA 43, 105 f., 160, 207, 209, 252 – 256, 262 – 265, 270, 296 Amsterdam Initiative 149 f., 155, 286 Analyse, ökonomische 5 f., 8, 130 ff. Anzeigepflicht 257 f., 260 f., 269 – 271 Apple Music 18, 21, 23, 25 f., 29, 32 Arbeitsspeicher 35, 46, 48, 54, 225 ARESA 106, 110, 127, 144, 155, 158, 187 f., 207 f., 260, 266 f., 273, 284 f. Armonia 148 – 150, 155, 158, 160 f., 186, 188, 208, 222 f., 266, 286 ASCAP 43 f., 80, 89, 101, 104 – 107, 207, 277 – 284 Aufsicht 256 – 264, 267, 269, 277, 290, 296 Aufsichtsbehörde 165, 251 f., 256, 263, 268 f., 271, 277, 296 Ausschließlichkeit der Rechtseinräumung s. Exklusivität Ausschließlichkeitsrecht 38, 45 – 69, 71 f., 75, 92, 100 Ausschüttung 5 f., 169, 181 Ausübende Künstler 20, 26, 37 – 39, 63 f., 66 – 68, 75, 77 – 79, 92, 119 Back Office 141, 146, 160 Bandübernahmevertrag 38, 68 Barcelona-Abkommen 95, 99 Bearbeitungsrecht 69 Berechtigungsvertrag s. Wahrnehmungsvertrag BIEM-Standardvertrag 89 f. Binnenmarkt 2 f., 5, 14, 96 f., 116 – 118, 126, 184, 187, 206, 271, 287 f. Blankolizenz 81, 91, 202, 228, 293 Blockchain 78 – 80, 291
https://doi.org/10.1515/9783110539134-353
BMI 43 f., 89, 101, 104 – 107, 207, 277 – 285 Brexit 268 f., 287 CD Baby 30 f., 170 CELAS s. SOLAR Ltd. Cheapest cost avoider 171 CISAC-Entscheidungen 111, 114 f., 127, 188 CISAC-Standardvertrag 89 f., 111 f., 228, 244 CISAC-Urteil s. CISAC-Entscheidungen CIS-Net 246 Cloud-Dienste 28 Consent Decrees 281 – 285 Content ID 7, 21, 167 – 172, 178 – 181, 186 – 188, 288, 292 Copyright-System 100, 177 Customer allocation clause 92 Datenübermittlung 22, 28, 49 f., 55 f., 59 – 61, 65, 69, 250 DEAL 104, 149, 155 f., 243, 258 Deezer 2, 17 f., 21 – 24, 29 f., 63 – 65, 78 Department of Justice 282 – 285 Dienstleistungsfreiheit 6, 251 ff. Digitalgeschäft 17 Diskriminierungsfreiheit 173 Download 16, 18, 22 f., 28, 48 – 52, 54, 61, 69, 225, 280, 286 DRM-System 77 Droît-d’Auteur-Regime 100, 177 Economic residence clause 94 Effizienz 5, 9, 71 ff., 122 ff., 130 ff., 140, 160, 198 ff., 210, 238, 242, 271 – 277, 286 Eingebietslizenzierung 3, 95, 115, 125 – 128, 194, 209 – 211, 217 – 224, 240, 249, 273 f., 280, 282, 289 f., 292, 294 Enkelrecht 36 Epidemic Sound 166 f., 177 Erlaubnispflicht 135, 252, 256 – 262, 269 f., 296 EuG-Urteil CISAC s. CISAC-Entscheidungen Exklusivität 24 f., 84 – 87, 93, 196 f., 200 f., 293
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Sachregister
Exklusivitätsklausel 84, 112 Exklusivitätsvereinbarung 24, 85 Finetunes 30, 46 Fixkosten 9, 217 Forum shopping 57, 229 Fractional licensing 282 f., 285 Freemium 18 f., 22 Freiwillige Bündelung 110, 210, 230, 236, 286 Front Office 141 Full-work licensing 282 – 284 Gegenseitigkeitsvertrag 3, 88 – 92, 95 f., 98 f., 102, 108, 111 – 113, 115 f., 123 ff., 161, 186, 222, 273 f., 280 f., 284, 289 GEMA 71, 81 – 91, 110, 113, 145 f., 148, 171 f., 179 f., 207, 220, 222, 227 – 230, 236, 254, 260, 273, 284, 290 Geoblocking 14, 225, 236 GESAC 71, 149, 232 Gesamthandsgemeinschaft 40 Gesamttransaktionskosten s. Transaktionskosten Gesamtumsatz 16 Gesamtverträge 131, 198, 262 f. Gewinnerzielungsabsicht 7, 58, 139 f., 164, 167, 174, 178, 180, 182 f., 255, 291 Gleichbehandlungsgrundsatz 240 Global Music Rights 105, 278 f., 283 Global Repertoire Database 246 f. Google s. Alphabet Grünbuch zum Urheberrecht 96 Harry Fox Agency 44, 101, 279 Herausnahme 3, 32, 73, 102, 106 – 108, 124, 127, 161, 185, 192, 194, 211, 214 – 216, 220, 222, 238, 249, 276, 282, 290, 293 f. Hintergrundmusik 164 – 167, 270 Hoheitsgebiet s. Verwaltungsgebiet Hub-Modell 10, 123 f., 128, 188, 199 f., 212, 273, 290 Hub s. Verwertungsgesellschaften-Hub ICE Core License 146 Independent Labels 17, 75
Informationspflichten 153, 156, 172 – 176, 184, 249, 251, 255, 261, 263, 266, 269 f., 277, 290 Info-Soc-Richtlinie s. Richtlinie 2001/29/EG Infrastrukturkosten s. Transaktionskosten Innominatfall 61, 64 Interested Parties Information 245 International Copyright Enterprise (ICE) 73, 145 – ICE Operations 146 – 148, 150, 155, 160, 186, 223, 247, 266 – ICE Services 74, 91, 145 – 147, 150, 155, 160, 207 – 209, 247, 266, 285 – 287, 291, 294 International Standard Work Code 74, 245 Internetradio 22 f., 28 – 30, 64 f., 67, 70, 75, 220, 231 – personalisiertes 29, 63 ff., 67, 121 Jamendo
166, 177, 184
Kobalt 160, 252 – 256 Kommissions-Empfehlung 2005 s. OnlineEmpfehlung Komponist 14, 37, 40 f., 82, 217, Kündigungsrecht 213 f., 220 Künstler, ausübende s. Ausübende Künstler Künstlerexklusivvertrag 37, 68 Leistungsschutzrecht 19 f., 38 f., 58, 61, 65 – 72, 75, 80, 92 f., 95, 102 f., 108, 119 f., 165, 293 Level playing field 5, 123, 132 f., 136 f., 139, 143, 151, 157, 161, 173, 175, 184, 189, 191, 198, 224, 235, 238, 256, 264, 269, 271, 274 f., 277, 289 f., 292, 296 f. Lex loci protectionis 227 Linearität 22, 28 f., 54, 60, 63 – 65, 70 Lizenzierung 34 ff., 46 ff., 70 ff., 81 ff., 116 ff., 143 ff., 157 ff., 188 ff., 198 ff., 251 ff., 277 ff., 288 ff. – grenzüberschreitende 4, 8, 14, 32, 56, 81 f., 90 f., 95, 97, 107 f., 115, 118, 123 f., 127 f., 150, 165, 193, 202, 205, 210 f., 226 f., 237, 239 f., 286
Sachregister
– individuelle 6, 70 – 78, 80, 83, 86, 161, 197, 211 f., 214 – 217, 241, 278, 281 f., 291, 294 – kollektive 3 f., 6 – 8, 38, 42, 70 – 78, 81 – 129, 132 – 134, 137, 139, 154, 161, 164, 170, 173, 182 – 184, 192 – 195, 202, 204, 211 f., 224, 238 f., 241 f., 249, 255 f., 269, 271 – 277, 278, 283, 288 f. Lizenzierungseinrichtung s. Verwertungseinrichtung Lizenzvertrag 25, 52, 93, 262 Majorverlag 3, 19 f., 37, 76, 82, 104, 106, 110, 158, 161, 171, 178, 187, 210, 267 Marktmacht 7, 9, 17, 74, 93, 147 f., 150, 282 Marktortprinzip s. Tätigkeitsortprinzip Massennutzung 6, 71 f., 250, 289 Matching rights 74, 105 f., 147, 149, 254, 273, 284, 286 Mehrgebietslizenzierung 3, 8, 42, 88, 92, 95, 99, 110, 116 – 122, 124 – 126, 128, 131 – 133, 140 – 142, 144 f., 150 f., 153, 157, 161, 173, 183 f., 186, 188 f., 191, 193 – 200, 202 – 207, 209 – 215, 217, 219 – 221, 223 f., 226, 229 f., 233 – 235, 237, 248 f., 255, 258 – 260, 262 f., 265 f., 273, 275 – 277, 282, 286, 288, 290, 293 – 295 Middle Office 141 Mint Digital Services 158, 160 f., 186, 188, 267 f., 272, 279, 286, 291 Mitgliederhauptversammlung 138 Mitgliedschaftsrechte 111 f., 138, 156, 185, 259 Miturheberschaft 39 f., 137, 283 Monopol 13, 20, 84, 96, 189, 195 f., 264 f., 281 – -grundsatz 96, 184, 189, 195, 265, 296 Monorepertoire 3, 99, 102, 161, 186, 188, 206, 209, 241, 292 Multirepertoire 3, 5 f., 91, 94 f., 99, 150, 161, 188, 202, 273, 292 Multiterritorienlizenzierung s. Mehrgebietslizenzierung Music-on-Demand 18, 27, 29, 32, 64, 68, 70, 94, 120, 198, 224 f., 232 Musikdistribution s. Musikvertrieb
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Musikverlag 3, 8 f., 25, 37, 41, 76, 78, 81, 86, 102 – 104, 106, 108, 144 f., 208, 216 – 218, 236, 252 – 255, 279 f. Musikverlagsvertrag 36 – 38 Musikvertrieb 12, 16 Nicht-Ausschließlichkeit s. Exklusivität Niederlassungsfreiheit 6 Non-Linearität 22, 29, 70, 234 Nutzungsrecht 14 f., 34 – 36, 40, 45 – 70, 81 – 83, 86 f., 100, 108 – 111, 126, 188 f., 196, 199, 211, 218 – 220, 236, 264, 284, 286 – Einräumung 34 – 36, 38, 52, 75, 82 – 87, 108 f., 126, 137, 177, 196, 200 f., 211, 215, 235, 244, 264, 276, 293 – Übertragung 34 – 36, 38, 68, 75, 100 f., 136, 244, 279 f., 291 – Zweistufiges 60 One-Stop-Shop 10, 97, 103, 123, 127, 142, 222 f., 228, 231, 289 Online-Empfehlung 2, 7, 98 – 111, 116, 119, 123, 125, 127, 144, 150, 188, 212, 215, 223, 289 Online-Recht 6, 8, 10, 45 – 76, 80 – 84, 86 – 88, 100 – 102, 118 – 120, 159, 189 – 191, 210 – 225, 233, 235 f., 238, 259, 265, 271 – 277, 279 f., 289 f., 292, 294 – Online-Vervielfältigungsrecht 46 – 54, 67 – 70, 73, 75, 100 – 111, 120, 127 f., 146, 192, 207 f., 217, 225, 228 f., 273, 279 f. – Online-Wiedergaberecht 14, 73, 94, 105, 110 f., 128, 147, 161, 207 f., 278 Option-3-Gesellschaft 101 – 103, 107 f., 110 f., 127, 129, 133, 144, 149 f., 152 – 155, 158, 161 f., 187, 192, 276, 280, 282, 291 Option-3-Verlag 102, 146 f., 149, 192, 209, 272 PAECOL 104 – 106, 154, 156 Pandora 22, 29, 32, 63 f., 282 P.E.D.L. 44, 103, 107 f., 127, 155 f., 258 PEL 149 Playlist 23, 26, 65 Podcast 23, 29
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Sachregister
Probetarif 133, 157, 239 – 241, 276, 295 Production Music 166 Programmeinflussnahme 22, 26, 28 f., 64 Provider 23, 152, 162, 218, 280 – Access- 53 – Content- 46 f., 53 – Host- 53 PRS for Music 13, 43 f., 73 f., 80, 84, 94, 103 – 107, 110, 115, 123 f., 127, 145 – 148, 150, 152, 155, 158, 207, 234, 250, 254, 266, 273, 284 Pull-Dienst 65 Push-Dienst 65 Quersubventionierung
85, 107, 206, 292
Rechtedatenbank 74, 79, 83, 96, 170, 242 f., 245 – 249, 251 Rechtemanagement 7, 9, 15, 99, 162, 252 Rechtseinräumung 30, 52, 78, 82 – 87, 93, 103, 112, 196, 220, 244, 293 Regulierungsdichte 182, 264 f., 267, 269 Repertoire 3, 23, 25, 41 – 45, 52, 73, 76, 81, 85, 87 – 91, 93 – 97, 99, 102 – 108, 110 – 113, 115, 123 – 125, 127 f., 134, 137, 140, 145 – 150, 152 f., 156, 158 – 161, 171 – 173, 185 – 189, 192 f., 196 f., 199 – 212, 217 – 220, 222 f., 225, 227 f., 230 f., 236 – 238, 241 – 243, 246, 249 – 251, 254 f., 257 f., 262, 264 – 267, 272 – 276, 279, 281 – 284, 286 f., 289, 291 – 295, 297 – anglo-amerikanisches 43 f., 73, 102, 104 f., 107 f., 158, 277 – 285 – BIEM-Repertoire 44 – kontinental-europäisches 43 f., 101, 203 – Verlags- 41 ff. – Verwertungsgesellschaften- 42 – 44 Repertoireaggregation 88, 124 – 126, 129, 140 f., 159, 186, 188, 190, 195, 198, 204 f., 210, 238, 265, 272 – 274 Repertoirefragmentierung 3, 6 – 8, 40, 88, 95, 128, 159 – 161, 198, 200 – 202, 209, 218, 222 f., 237 f., 272 f., 289, 293, 295 Repertoiretransparenz 5 f., 128, 249 Repertoirewettbewerb s. Wettbewerb um Rechteinhaber
Repertoirezersplitterung s. Repertoirefragmentierung Repräsentationsvereinbarung 3, 86, 100, 106, 124 – 126, 157, 191, 199 – 202, 204 f., 207 f., 254, 263 – 265, 276 Repräsentationszwang 110, 132, 198 f., 206 – 210, 219, 231, 236, 266, 273, 290, 293 f. Richtlinie 93/83/EWG 10, 226 Richtlinie 2001/29/EG 45 f., 53 f., 58, 61 f., 120, 225 Richtlinie 2014/26/EU 3 f., 7 f., 35, 42, 82 f., 85 f., 88, 109 f., 116 – 118, 120, 125 f., 128, 130 f., 133, 137, 142, 154, 156, 161, 165, 168, 180, 188, 193, 197, 199 f., 203, 209, 228, 233, 288 Rom-Abkommen 37, 45, 66 – 68, 119 Rumblefish 167 Rundfunkprogramm 57, 132, 234, 295 Rundfunkprogrammausnahme 224 – 238, 274, 288, 295 SABAM 13, 83, 85, 103, 148 f. SACEM 13, 80, 87, 89 f., 94, 103 f., 124, 127, 148 – 150, 155 – 158, 165, 258, 266 Santiago-Abkommen 13, 91, 94 f. Satelliten-Kabel-Richtlinie s. Richtlinie 93/ 83/EWG Satellitensendung, europäische 57, 111, 226 Schrankenregelung 50 – 54, 69 Schutzlandprinzip 47 Schwestergesellschaft 3, 86, 88, 90, 99, 113, 236, 245, 254, 281 Selbstvornahmerecht 132, 211 – 214, 217, 220, 222 f., 273, 290, 294 Sendeanstalten 92 f., 230, 236 Sendelandprinzip 57, 225 f., 228 f., 237 Sendeplan 28 Senderecht 23, 55, 60, 62 – 65, 67, 70, 72, 75, 83, 92, 120 f., 225 – 230, 233, 235 f., 278 Sendeunternehmen s. Sendeanstalten Serverstandort 47 f., 55 SESAC 43 f., 89, 101, 104 – 107, 158, 167, 207, 228, 267, 272, 278 f., 282 f. Simulcasting 29, 63, 91 – 93, 120, 174 Simulcasting-Abkommen 92, 94 f., 102, 119
Sachregister
Simulcasting-Dienste 28, 67, 70 Sitzlandprinzip 118, 208, 251 f., 257, 262 Skalenvorteile 9, 107 SOCAN 43, 105 f., 149, 207, 282 SOLAR Ltd. 8, 104 – 106, 111, 127, 144, 152 – 156, 208, 243, 266 Sony 3, 17, 19 f., 22, 25, 30, 37 f., 41, 44, 75 f., 81 f., 102, 104 – 107, 149, 161, 171, 203 f., 208, 254, 282 SoundExchange 278 Sound Recording 278 Soundreef 164 – 167, 172 – 174, 177, 184 – 186, 268 – 270, 275, 287, 292 Split copyrights 34, 39 – 41, 43 f., 74, 107, 121, 246, 283, 285 f., 289 Spotify 2, 17 – 26, 29 f., 32, 63 – 65, 71, 169, 254 f. STIM 73 f., 103, 115, 145 f., 148, 152 f., 155, 254, 266 Streaming 10, 13, 16, 18 – 26, 28 f., 31, 33 f., 46 – 50, 52 – 54, 57, 59 – 61, 68 – 70, 83, 159, 165, 202, 224 f., 232, 280 Subverlage 41, 101, 105, 279, 281 SUISA 149 f., 158, 187, 228, 246, 267, 272, 279 Tarifaufstellungspflicht 197 f. Tarifgestaltung 203, 241 Tätigkeitsortprinzip 266 Territorialitätsprinzip 2, 6, 14, 45 f., 87 f., 121, 262 Textdichter 14, 37, 40 f., 44, 82, 217, 228, 278 The Orchard 30 Tochtergesellschaft s. Verwertungseinrichtung, abhängige Tonträgerhersteller 15, 26, 30, 37 – 39, 66 – 68, 75 f., 81, 91 – 94, 98, 119, 164, 197, 252 f., 278 Tonträgerherstellungsrecht 14, 66 f. Transactional licences 202 Transaktionskosten 4, 6, 9, 21, 25, 31, 33, 57, 94, 110 f., 124, 129, 142, 200, 209 f., 216, 222, 224, 242 f., 250, 285 f., 294 Transparenzbericht 71, 175 f., 275
333
Transparenzbestimmungen 135, 138, 140, 156, 174 – 177, 185, 224, 242 – 251, 276, 295 Treuhand 137, 139, 173, 179, 193, 276, 291 TuneCore 30 Umsetzungsspielraum 130, 183, 189, 221, 269, 296 f. Unabhängige Verwertungseinrichtung s. Verwertungseinrichtung, unabhängige Universal 3, 17, 22, 25 f., 37 f., 43 f., 76, 81 f., 100 – 102, 104, 106, 120, 149, 156, 161, 171, 258, 282 Upstreaming 46 f. Urheberkollisionsrecht 227 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz 2, 131, 134, 289 Ursprungslandprinzip 10, 55 – 57, 126, 237 Vergütung, angemessene 4, 6, 19, 31 f., 79, 81, 85, 88, 93, 107, 114 f., 120, 147, 157, 165, 169, 193, 201 – 205, 239 – 242, 276, 293 Vergütungsanspruch 10, 67 – 70, 72, 75, 134, 259, 278 gesetzlicher 38, 92, 258, 260, 278, 296 Vergütungsausschüttung s. Ausschüttung Vergütungsgerechtigkeit 7, 129, 132, 159, 202, 204, 272, 276, 289 Vergütungshöhe 125, 203 f. Verhandlungsmacht 80, 85, 93, 107, 135, 159, 216, 255, 276, 287 Verpflichtungszusage 93, 112, 147 Vervielfältigungshandlung 46 f., 49 – 51, 53 f., 90 Vervielfältigungsrecht s. Online-Vervielfältigungsrecht Verwaltungsgebiet 3, 14, 88 – 92, 95, 112, 114, 121, 129, 183, 209, 219, 221, 228, 247, 249, 287, 290 Verwaltungskosten 5 f., 92, 94, 96, 99, 103, 140, 142, 159, 173 – 176, 201, 204 f., 217, 242, 268, 272 f., 275 f., 290, 292 f. Verwertungseinrichtung 5, 42, 128 f., 132 – 188, 207 f., 238, 249, 252, 260 – 277, 287 – 290
334
Sachregister
– abhängige 107, 132 f., 142 – 161, 163, 173, 186, 190, 196, 208, 212, 240, 251 f., 260, 266 f., 270, 272, 285, 287, 289 – 292, 296 – unabhängige 132 f., 161 – 188, 190, 214, 238 f., 251 f., 255 f., 261, 263, 268 – 271, 274 f., 277, 287 – 292, 296 f. Verwertungsgesellschaften-Hub 197 Verwertungsgesellschaftenrichtlinie s. Richtlinie 2014/26/EU Verwertungsgesellschaftenzwang 134 Verwertungsgesellschaftspflicht 70, 212 Verwertungsrecht 10, 15, 34 – 36, 38, 41 f., 47 f., 50, 54 f., 60 – 62, 64, 70, 75, 82, 84, 88, 109, 172, 243 – unbenanntes 60 f., 64, 121 Vollharmonisierung 110, 132, 158, 189, 197, 213 Wahlfreiheit 7, 83, 87 f., 129, 132, 147, 156, 165, 173 f., 198, 211 f., 216 f., 221, 272, 274 – 276, 289 f., 293 Wahrnehmungsbedingungen 5, 108, 173, 190 – 195, 198, 214 f., 224, 231, 262 f., 275, 282, 290 Wahrnehmungserlaubnis s. Erlaubnispflicht Wahrnehmungsvertrag 35, 38, 52, 82 f., 88, 104, 134, 139, 219 f., 232, 244, 257, 280, 290 Wahrnehmungszwang 156, 173, 186, 190 f., 259 Warner 3, 17 f., 30, 37 f., 41, 43 f., 76, 81 f., 102 – 104, 107, 161, 258, 282 Webcasting 28, 91, 93 f., 120, 231 Webcasting-Dienste 29
Webradio s. Internetradio Weltrepertoire 3, 88 – 92, 95 f., 102, 107 f., 113 – 116, 123, 125, 127 f., 147, 188, 202, 206, 209 f., 236, 265, 289 Werkdatenbank 69, 71, 243 f., 246 Werkgenuss 1, 13, 21, 49 – 51, 54, 61, 69, 73 Werkkategorie 11, 71, 246 Werkregister 242, 244 f. Werkverbindung 37, 40 f. Wettbewerb 2, 9 f., 78, 86, 92 – 94, 96 f., 99, 111 f., 114 – 116, 122, 124 f., 129, 133, 136, 142, 146 f., 149 f., 152, 157 – 163, 173, 179, 182, 185 f., 189, 192, 196, 201, 214, 234 f., 255, 259, 267, 270, 272 f., 279, 291 – um Lizenznehmer 86, 94, 125, 201, 293 – um Rechtsinhaber 2, 9 f., 99, 124 f., 142, 173 – 175, 179, 192, 224, 248, 283, 292 Wiedergaberecht 14, 58, 73, 105, 111, 120, 128, 147, 161, 208, 228 YouTube 7, 19 – 23, 26, 30, 104, 164, 166 – 174, 178 – 182, 185 – 188, 253 – 255, 269, 275, 288, 292 ZBT 152 f., 267 Zebralution 30 f., 46 Zentrallizenzierung 73, 127, 216 Zielerreichung 10, 130, 142, 159, 198, 216, 271, 274 f., 293 ZPÜ 152 f., 260, 267 Zugänglichmachungsrecht 104 f., 108, 113, 145, 158, 262, 280 f. Zwangskollektivierung 71