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German Pages 710 Year 2018
Björn Bartholdy, Linda Breitlauch, André Czauderna, Gundolf S. Freyermuth Games studieren – was, wie, wo?
Bild und Bit. Studien zur digitalen Medienkultur | Band 6
Editorial Die interdisziplinäre Reihe Bild und Bit versammelt Positionen zu einem neuen Forschungsfeld: den medientheoretischen und medienästhetischen Konsequenzen digitaler Produktion, Distribution und Rezeption audiovisueller Werke. Im Zentrum des Interesses stehen dabei zwei Prozesse, die den aktuellen Medienwandel dominieren: einerseits die Ausbildung neuer nonlinearer (oder zumindest nicht-so-linearer) Formen audiovisueller Narration, wie sie sich vor allem in Computer- oder Videospielen vollzieht, andererseits die parallele digitale Transformation linearen audiovisuellen Erzählens, insbesondere in den Bereichen Spielfilm und Fernsehserie. Gerade in ihrem spannungsreichen Mit-, Gegen- und Zueinander prägen beide Prozesse den epochalen Übergang von industrieller zu digitaler Medienkultur. Kulturelle Formen werden dabei nicht nur dar-, sondern überhaupt erst hergestellt – in einem komplexen Wechselspiel technologischer und sozialer, ästhetischer und epistemologischer Faktoren. Neben dem ästhetischen Wandel audiovisuellen Erzählens umfasst das inhaltliche Spektrum der Reihe die konstitutive Beteiligung digitaler Medienkultur an der Herausbildung neuer künstlerischer Formen und Praxen. Wichtige Themen sind u.a. Fragen der Autorenschaft, die sich aus der Demokratisierung der audiovisuellen Produktionsmittel und Distributionsmöglichkeiten ergeben, die Audiovisualisierung nonfiktionalen Wissenstransfers, medientechnologische Innovation sowie die medienästhetisch instruktive Eskalation von Inter- und Transmedialität. Der skizzierte Wandel kulminiert gegenwärtig in der Emergenz einer historisch neuen Medienkultur, die in nahezu allen Bereichen audiovisueller Produktion die Reevaluierung etablierter Praktiken und medientechnische wie medienästhetische Neuorientierung einleitet. Die schwierige Aufgabe, diesen tiefgreifenden Wandel audiovisueller Kultur gewissermaßen in statu nascendi zu begreifen, kann und soll wesentlich durch die Verbindung wissenschaftlicher und künstlerischer Perspektiven und Forschungsergebnisse gelingen. Die Reihe wird herausgegeben von Gundolf S. Freyermuth und Lisa Gotto. Björn Bartholdy (Prof.) lehrt am Cologne Game Lab der TH Köln Media Design und ist einer der beiden Gründungsdirektoren des Instituts. Er studierte an der Stuttgarter Merz Akademie und der Kunsthochschule für Medien Köln und war von 2003 bis 2014 Professor für Audiovisuelle Medien an der Köln International School of Design. Seine Hauptschwerpunkte sind künstlerische Forschung und immersive Technologien. Linda Breitlauch (Prof. Dr. phil.) lehrt Game Design im Studiengang Intermedia Games an der Hochschule Trier. Zuvor wurde sie 2007 zur ersten Professorin für Game Design in Europa nach Düsseldorf berufen. Sie lehrt und forscht mit besonderem Fokus auf Dynamic Storytelling, Serious Games sowie Spielertypen-optimierte Gameplay-Mechaniken. André Czauderna (Dr. phil.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cologne Game Lab der TH Köln. Er ist dort für das Management und die Weiterentwicklung der Studiengänge zuständig. Außerdem lehrt er Player Studies. Seine Forschungsschwerpunkte sind Lernen in digitalen Spielen, Video Game Affinity Spaces, hochschulische GamesAusbildung und qualitative Forschungsmethoden. Gundolf S. Freyermuth (Prof. Dr. phil.) ist einer der beiden Gründungsdirektoren des Cologne Game Lab der TH Köln. Er lehrt dort Media and Game Studies sowie an der internationalen filmschule köln (ifs) Comparative Media Studies. Seine Forschungsschwerpunkte sind Digitale Spiele, Audiovisualität, Transmedialität und Netzwerkkultur.
Björn Bartholdy, Linda Breitlauch, André Czauderna, Gundolf S. Freyermuth
Games studieren – was, wie, wo? Staatliche Studienangebote im Bereich digitaler Spiele
Diese Publikation wurde durch die freundliche Unterstützung der Technischen Hochschule Köln, der Hochschule Trier und des game – Bundesverband der deutschen Games-Branche ermöglicht.
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Inhalt
Vorwort
Björn Bartholdy, Linda Breitlauch, André Czauderna, Gundolf S. Freyermuth | 11 Games lehren und lernen in Deutschland. Neun Thesen zur Einleitung
Gundolf S. Freyermuth | 25
TEIL I: LEHRE UND FORSCHUNG 1 Game Studies Loading... Game Studies und Medienkulturwissenschaften
Benjamin Beil | 53 Game Space Design. Raum als Gestaltungselement des Computerspiels
Stephan Günzel | 71 Einordnung von Computerspieltypen, -genres und -plattformen
Ralf Hebecker | 119 Sozialwissenschaftliche Game Studies. Entwurf eines curricularen Rahmens für das Studium der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele
André Czauderna | 127 Perspektiven auf Digitale Spiele. Plädoyer für eine kunstwissenschaftliche Betrachtung des Digitalen Spiels in Forschung und Lehre
Stephan Schwingeler | 155
Computerspielwissenschaften und Ludoliteracy
Jochen Koubek | 179
2 Game Design Die Zukunft des interaktiven Erzählens
Linda Breitlauch | 205 Das Spiel ist das Interface. Bessere Spielerfahrung durch Interaktionsgestaltung
Dominik Wilhelm | 217 Plädoyer für ein holistisches Game Design
Markus Wiemker | 225
3 Game Arts »The Creative Process«. Vom Prozesshaften der Gestaltung
Björn Bartholdy | 239 Kunst erleben. »3D Animation and CG Art for Games« vielfältig inspiriert
Nanette Kaulig | 249
4 Game Informatics and Technology Games Engineering. Wissenschaft mit, über und für Interaktive Systeme
Sebastian von Mammen, Andreas Knote, Daniel Roth, Marc Erich Latoschik | 269 Programmieren, was andere spielen sollen. Game Informatics in Forschung, Theorie und Praxis
Roland Klemke, Markus Hettlich | 319
Games, Interaktive Technologien und industrielle Anwendungen. Interdisziplinäre Vernetzung | gemeinsame Technologien
Wolfgang Höhl | 325
5 Game Economics and Producing Wirtschaftswissenschaften, Unternehmertum und Projektmanagement
Odile Limpach | 347 Die Digitalen Revolutionen der Distribution im Games-Sektor
Malte Behrmann | 363
6 Perspektiven der Games-Industrie Betrachtungen auf die akademische Ausbildung im deutschen Games-Markt. Eine Industrie-Perspektive
Karsten Lehmann | 379 »Eine Branche, eine Stimme«
Felix Falk im Gespräch mit Gundolf S. Freyermuth | 393 »Was muss man haben, um nicht nur in der Spieleindustrie zu landen, sondern auch erfolgreich und glücklich zu sein?«. Rede vor Absolventen eines Games-Studiengangs
Wolfgang Walk | 399
TEIL II: STUDIENGÄNGE 1 Bachelor BA »Digital Games«. Cologne Game Lab der TH Köln
Björn Bartholdy, André Czauderna, Gundolf S. Freyermuth | 419
BA »Game Design«. Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Raven Rusch | 439 BSc »Informatik – Digitale Medien und Spiele«. Hochschule Trier
Christoph Lürig | 447 BA »Intermedia Design«. Hochschule Trier
Linda Breitlauch | 453 BA »Animation & Game«. Hochschule Darmstadt
Tilmann Kohlhaase | 461 BA »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung«. Hochschule Anhalt
Alexander Carôt, Stefan Schlechtweg-Dorendorf | 475 BA »Medienwissenschaft und Medienpraxis«. Universität Bayreuth
Jochen Koubek | 483 BSc »Games Engineering«. Universität Würzburg
Marc Erich Latoschik, Sebastian von Mammen | 491 BA/BSc »Interaktive Medien«. Hochschule Augsburg
Jens Müller, Thomas Rist | 503
2 Master MA »Game Development and Research«. Cologne Game Lab der TH Köln
Björn Bartholdy, André Czauderna, Gundolf S. Freyermuth | 519
MA »Digital Games«. Cologne Game Lab der TH Köln
Björn Bartholdy, André Czauderna, Gundolf S. Freyermuth | 529 MA »3D Animation for Film & Games«. Cologne Game Lab der TH Köln und ifs internationale filmschule köln
Björn Bartholdy, Laura Frings | 537 MA »Zeitabhängige Medien / Sound – Vision – Games«. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Ralf Hebecker | 545 MA »Medien- und Spielekonzeption«. Hochschule Harz
Dominik Wilhelm, Daniel Ackermann | 555 MA/MSc »Computerspielwissenschaften«. Universität Bayreuth
Jochen Koubek | 573 MA »Informatik – Schwerpunkt Games Technology«. Hochschule Trier
Christoph Lürig | 579 MA »Intermedia Design«. Hochschule Trier
Linda Breitlauch | 583 MA »Interaktive Medien«. Hochschule Anhalt / Universität Halle-Wittenberg
Alexander Carôt, Mark Hall | 589 MA »Interaktive Mediensysteme«. Hochschule Augsburg
Jens Müller, Thomas Rist | 593
3 Vernetzte BA- und MA-Studiengänge Bachelor- und Masterstudiengänge am Institut für Games. Hochschule der Medien Stuttgart
Sabiha Ghellal | 601 Serious-Games-Forschung und -Lehre in der Informatik. Technische Universität Darmstadt
Stefan Göbel, Robert Konrad, Florian Mehm, Polona Caserman, Thomas Tregel, Augusto Garcia-Agundez | 613
NACHWORT Games-Studium im Ausland. Ein vergleichender Blick auf Angebote in Westeuropa, Nordamerika und Australien
André Czauderna | 659 Autorinnen und Autoren | 695
Vorwort B JÖRN B ARTHOLDY , L INDA B REITLAUCH , A NDRÉ C ZAUDERNA , G UNDOLF S. F REYERMUTH
Digitale Spiele sind ein Medium der Massen. Die Hälfte aller Deutschen spielt regelmäßig. Auch die Verteilung nach Geschlechtern ist mit 47 Prozent weiblichen zu 53 Prozent männlichen Spielern relativ ausgeglichen.1 Die Umsätze der internationalen und nationalen Gamesbranche wachsen kontinuierlich. Global stiegen sie von rund 106 Milliarden im Jahre 2016 auf rund 122 Milliarden Dollar im Jahr 2017. Für 2018 wird ein Umsatz von 138 Milliarden Dollar prognostiziert.2 In Deutschland legte der Games-Markt allein zwischen 2016 und 2017 um 15 Prozent zu: von 2,9 auf 3,3 Milliarden Euro.3 Der Popularität digitaler Spiele entspricht ihr kultureller wie ästhetischer Einfluss als zentrales Medium sozialer Realitätskonstruktion.4 Games geben zahlrei-
1
Vgl. game – Verband der deutschen Games-Branche: »Deutscher Games-Markt 2018«, https://www.game.de/marktdaten/deutscher-games-markt-2018/
2
Wijman, Tom: »Mobile Revenues Account for More Than 50% of the Global Games Market as It Reaches $137.9 Billion in 2018«, newzoo.com, 30. April 2018, https://newzoo.com/insights/articles/global-games-market-reaches-137-9-billion-in-20 18-mobile-games-take-half/
3
Puppe, Martin: »Anzahl der Beschäftigten in der deutschen Games-Branche stabilisiert sich nach Rückgang«, game.de, 2. August 2018, https://www.game.de/blog/2018/08/02 /anzahl-der-beschaeftigten-in-der-deutschen-games-branche-stabilisiert-sich-nachrueckgang/
4
Vgl. z.B. Eric Zimmerman’s »Manifesto for a Ludic Century« in: Walz, Steffen P./ Deterding, Sebastian: The Gameful World: Approaches, Issues, Applications, MIT Press 2014, S. 19-22. – Deutsche Übersetzung: Zimmerman, Eric: »Manifest für ein ludisches Jahrhundert«, in: Benjamin Beil, Gundolf S. Freyermuth, Lisa Gotto (Hg.),
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chen Bereichen des kulturellen Lebens neue Impulse – von der Literatur über Film und Theater bis hin zum Sport. Umso auffälliger ist der Umstand, dass Deutschland primär ein Land der Konsumenten und nicht der Produzenten digitaler Spiele ist. Hoch war der Anteil deutscher Spiele auf dem deutschen Markt ohnehin nie. Doch in den vergangenen Jahren fiel er zudem noch: von 6,9 Prozent im Jahre 2014 auf 5,4 Prozent im Jahre 2017.5 Gegenwärtig – im Sommer 2018 – beschäftigen in Deutschland ein halbes Tausend Firmen knapp 12 000 Arbeitnehmer, die Spiele herstellen und vertreiben. Zählt man den erweiterten Markt dazu, also Handel, Dienstleister, öffentliche Einrichtungen, kommt man auf knapp 30 000 Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit digitalen Spielen verdienen. 6 Der Umstand, dass die deutsche Games-Branche und damit in Deutschland hergestellte Spiele hierzulande und erst recht im Rest der Welt von äußerst geringem Einfluss sind, ist ökonomisch wie kulturell unglücklich. Um diese Situation dauerhaft zu ändern, bedarf es einerseits gewiss wirtschaftlicher Förderungsmodelle, wie sie game, der Bundesverband der deutschen Games-Branche, denn auch fordert.7 Von ebenso großer Bedeutung ist freilich die Bildung und Ausbildung qualifizierter Fachkräfte. Sie fehlen in Deutschland bislang in so hohem Maße, dass selbst mittlere und kleine Firmen im Ausland anwerben müssen. Einen wesentlichen Anteil an diesem personellen Mangel hatten die staatlichen Hochschulen. Über Jahrzehnte hinweg haben sie das neue Medium digitaler Spiele weitgehend ignoriert; im deutlichen Gegensatz zu angelsächsischen und skandinavischen Institutionen, an denen im vergangenen Vierteljahrhundert eine Vielzahl künstlerisch-wissenschaftliche Studiengänge entstand.8 In Deutschland jedoch stellten bis vor einem Jahrzehnt fast ausschließlich private Anbieter kostenpflichtige Angebote im Bereich digitaler Spiele bereit. Sie allerdings vermittelNew Game Plus: Perspektiven der Game Studies. Genres - Künste - Diskurse, Bielefeld: transcript 2015, S. 13-23. 5
Puppe, Martin: »Marktanteil deutscher Spiele-Entwicklungen fällt auf unter 6 Prozent«, game.de, 14. August 2018; https://www.game.de/blog/2018/08/14/marktanteil-deutsch er-spiele-entwicklungen-faellt-auf-unter-6-prozent/
6
M. Puppe: »Anzahl der Beschäftigten in der deutschen Games-Branche stabilisiert sich nach Rückgang«.
7
Vgl. das im Februar 2017 vorgestellte und im Mai 2017 aktualisierte Förderkonzept des game: http://game-bundesverband.de/wp-content/uploads/2017/05/Förderkonzept-GA ME_Rev2.pdf sowie in diesem Band die entsprechenden Passagen im Interview mit Felix Falk (S. »Eine Branche393f.; S. 39)
8
Vergleiche dazu wie zum Folgenden in diesem Band Freyermuth, Gundolf S.: »Games lehren und lernen in Deutschland. Neun Thesen zur Einleitung«, S. 25.
VORWORT
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ten (und vermitteln weiterhin) für mehrere Tausend Euro pro Semester in der Regel eher pragmatisch-handwerkliche Ausbildung denn wissenschaftlich-künstlerische Bildung.9 Nach Jahren des Stillstands schreitet nun aber auch an deutschen staatlichen Hochschulen und Universitäten die Etablierung entsprechender Bachelor- und Master-Studiengänge voran. Sukzessive gewinnen (Aus-) Bildungsangebote zu digitalen Spielen wissenschaftlich, künstlerisch, ökonomisch und kulturell eine Bedeutung, wie sie seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Filmstudiengängen zukommt.10 In dieser historischen Umbruchssituation scheint ein Überblick hilfreich, der das bereits Erreichte sichtet. Der vorliegende Band will daher den Stand staatlicher Studienangebote im Bereich digitaler Spiele gleichermaßen einer interessierten Öffentlichkeit vermitteln – zukünftigen Studierenden, Lehrenden im schulischen Bereich, Kulturschaffenden und Multiplikatoren – wie auch denjenigen, die gegenwärtig an deutschen Hochschulen zu Games forschen und lehren. Für ältere Medien wie Literatur und Film existieren ähnliche Studien bereits.11 Sie können in ihrem Aufbau und Vorgehen freilich nur begrenzt als Vorbild dienen, da sie der – jedenfalls im deutschen Sprachraum: traditionellen – Trennung von theoretischer und praktischer Ausbildung noch recht strikt folgen. Die Institutionalisierung von Studiengängen zu diesem neuen audiovisuellen Medium bietet jedoch die Gelegenheit, die im Prozess der Industrialisierung entstandene und weitgehend unproduktive Trennung von wissenschaftlich-theoretischer und künstlerisch-praktischer Lehre und Forschung zu überwinden. Zentral dafür 9
Diesem Umstand ist geschuldet, dass sich unser Band in seinem zweiten Teil auf die Darstellung staatlicher Studiengänge beschränkt und die – zudem stark fluktuierenden – Angebote privater Anbieter ausklammert. Anders verhält es sich im wissenschaftlichen ersten Teil des Bandes. Hier haben wir selbstverständlich auch Kollegen um Beiträge gebeten, die gegenwärtig an privaten Hochschulen tätig sind.
10 Zu den ästhetischen wie kulturellen Konsequenzen vgl. Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2015, S. 248: »Ob sie es beabsichtigen oder nicht, die künstlerisch-wissenschaftlichen Ausbildungsgänge, die gegenwärtig entstehen, werden die ästhetische Produktion verändern. Denn sie formen künstlerische Persönlichkeiten, die ohne diese Ausbildung entweder keine Spiele oder eben andere Spiele produziert hätten.« 11 Vgl. z. B. Haslinger, Josef: Wie werde ich ein verdammt guter Schriftsteller? Berichte aus der Werkstatt, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005; Ottersbach, Beatrice/Schadt, Thomas (Hg.): Filmlehren. Ein undogmatischer Leitfaden für Studierende, Berlin: Bertz + Fischer 2013.
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scheint in den eher künstlerisch ausgerichteten Games-Studiengängen die Integration theoretischer Reflexion in die praktische Projektarbeit und umgekehrt in den eher wissenschaftlich orientierten Studiengängen die Integration auch künstlerischer Praxis. Für eine solche Interdependenz praktischer und theoretischer Ansätze sprechen auch – neben all den Erwägungen, die sich dafür generell in der Auseinandersetzung mit jeder Kunstform vorbringen lassen – im Falle digitaler Spiele deren besondere Qualitäten. Im Gegensatz etwa zu Literatur und auch Film, die in Produktion wie Rezeption weiterhin einer starken nationalen Prägung unterliegen, handelt es sich bei Games um virtuelle Artefakte, die, nachdem sie in digitaler Wissensarbeit hergestellt wurden, grundsätzlich global vertrieben und rezipiert werden. Um erfolgreich zu sein, müssen sie über so etwas wie ›innere Multikulturalität‹ verfügen. Ihre Entwicklung verlangt daher zweierlei: zum einen historisch-theoretische Kenntnisse sowie ein gesteigertes Reflexionsvermögen; zum zweiten die interkulturelle Befähigung, sowohl die Artefakte selbst wie ihre Aufnahme in diversen sozialen Umgebungen intellektuell mitbedenken zu können. Aus diesen Erwägungen ergab sich die Zweiteilung des vorliegenden Bandes: •
•
Im ersten Teil versammelt Games studieren Schwerpunkte und Spezialisierungen in der Lehre und Forschung zu digitalen Spielen – zu ihrer künstlerischen Entwicklung wie zu ihrer theoretischen Interpretation, kulturellen Analyse und medienhistorischen Kontextualisierung. Vorgestellt werden insgesamt sechzehn Lehr- und Forschungskonzepte der »Game Studies«, des »Game Design«, der »Game Arts«, von »Game Informatics and Technology«, »Game Economics and Producing« sowie drei »Perspektiven der GamesBranche« auf diese hochschulischen (Aus-) Bildungskonzepte. Der zweite Teil informiert über neun Bachelor- und zehn Master-Studiengänge, in deren Zentrum digitale Spiele stehen und die gegenwärtig an zwölf staatlichen deutschen Hochschulen und Universitäten angeboten werden. *
Einleitend skizziert Gundolf S. Freyermuth (TH Köln) die Geschichte und Gegenwart hochschulischer Beschäftigung mit digitalen Spielen, u.a. die Verspätung der deutschen Games-Ausbildung und die Debatte um Ausbildung vs. Bildung. Mit der Etablierung künstlerisch-wissenschaftlicher Studiengänge an staatlichen Hochschulen, insbesondere mit ihrer Vermittlung von »games literacy«, verbindet er die Hoffnung auf eine qualitative Verbesserung der Produktion wie Rezeption
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digitaler Spiele (»Games lehren und lernen in Deutschland. Neun Thesen zur Einleitung«).12 * Teil I-1 zu den Spielarten der »Game Studies« leitet Benjamin Beil (Universität zu Köln) mit einem Beitrag ein, in dem er – aus der Beobachtung des eklatanten Missverhältnisses zwischen der Rolle, die digitalen Spielen in der zeitgenössischen Kultur zukommt, und der geringen Rolle, die sie in universitären Curricula spielen – nach dem Grund für »das Fremdeln der Medienkulturwissenschaft mit dem Medium Computerspiel« fragt. Als eine Voraussetzung für einen »Durchbruch« der Game Studies identifiziert er die Modifikation des überkommenen Begriffs vom »Massenmedium« sowie als große Chance der Game Studies die Verbindung mit der künstlerischen Reflektion der Game-Design-Theorie (»Loading... Game Studies und die Medienkulturwissenschaften«).13 Das Potential einer solchen Verbindung von wissenschaftlicher Analyse mit der Reflektion künstlerischer Praxis demonstriert Stephan Günzel (University of Applied Sciences Europe, Berlin) am Beispiel der Raumfigurationen im Computerspiel. Ausgehend vom On- und Off-Screen-Raum des Films analysiert er den On- und Off-Screen-Raum digitaler Spiele bis hin zu jüngsten Verfahren der Raumgestaltung. Als besonders innovativ erscheint ihm »die Rückbindung der Gegnerinteraktion an die absolute, äußere Raumbegrenzung«, so dass die Spieler – wie etwa in PORTAL – »nicht mehr mit einzelnen Bildobjekten, sondern mit der Hülle der Spielwelt selbst« interagieren (»Game Space Design. Raum als Gestaltungselement des Computerspiels«).14 Im folgenden Beitrag geht es Ralf Hebecker (Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg) um eine Einordnung digitaler Spiele mit dem Ziel, ihre Diskussion – und damit auch die Reflexion der hochschulischen Lehre – zu ermöglichen. Zu diesem Zweck stellt er Unterscheidungskriterien in Form von Gegensatzpaaren vor; u.a. »ludisch« vs. »narrativ« und »Casual Games« vs. »Core Games«. Darüber hinaus differenziert Hebecker nach Abspielplattformen, Formaten und Bedienungsparadigmen. (»Einordnung von Computerspieltypen, -genres und -plattformen«).15
12 S. 25-47 in diesem Band. 13 S. 53-70. 14 S. 71-118. 15 S. 119-125.
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André Czauderna (TH Köln) befasst sich danach mit jenen sozialwissenschaftlichen Ansätzen der Game Studies, die sich den Spielern digitaler Spiele widmen. Er definiert Themenfelder und schlägt exemplarisch Studien vor, die (auch) für das Studium der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele von Relevanz sind. Damit steckt er einen curricularen Rahmen für das Fach ›Player Studies‹ als Teil der hochschulischen (Aus-) Bildung ab (»Sozialwissenschaftliche Game Studies. Entwurf eines curricularen Rahmens für das Studium der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele«).16 Demgegenüber untersucht Stephan Schwingeler (Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, Hildesheim) digitale Spiele unter drei geisteswissenschaftlich geprägten Perspektiven: systematisch als Gegenstand der Bild- und Kunstwissenschaft, historisch als Teil der Kunstgeschichte sowie pragmatisch als ästhetisches Material, welches »das Potenzial des künstlerischen Ausdrucks in sich trägt« (»Perspektiven auf Digitale Spiele. Plädoyer für eine kunstwissenschaftliche Betrachtung des Digitalen Spiels in Forschung und Lehre«).17 Zum Abschluss der Auseinandersetzung mit aktuellen Varianten der Game Studies entwirft Jochen Koubek (Universität Bayreuth) das Fach »Computerspielwissenschaft« als synergetische Kombination der geistes- und kulturwissenschaftlich geprägten Medienwissenschaft mit der technikwissenschaftlichen Informatik. In der angestrebten »Zusammenwirkung medienwissenschaftlicher und informatischer Bildung« soll als zentrale Kompetenz »Ludoliteracy« vermittelt werden, die Fähigkeit also, digitale Spiele sowohl verstehen wie produzieren zu können (»Computerspielwissenschaften und Ludoliteracy«).18 * Den Auftakt zu Teil I-2 »Game Design« macht Linda Breitlauch (Hochschule Trier). Sie setzt sich mit den Herausforderungen auseinander, vor die interaktives Erzählen die klassischen Erzähltheorien stellt. Sobald Spieler Teil der Erzählung werden und sie als Ko-Autoren mitgestalten, betrachten sie Gang und Ausgang einer Geschichte nicht mehr automatisch als vorgegeben. Der Beitrag untersucht, wie in den unterschiedlichen Spielegenres dieser Erwartungshaltung überzeugend und authentisch entsprochen werden kann (»Die Zukunft des interaktiven Erzählens«).19 16 S. 127-153. 17 S. 155-177. 18 S. 179-201. 19 S. 205-216.
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Um eine »ganzheitliche Planungsphilosophie«, die auf einer »Verschmelzung von Game-Design, Art, Interface-Design und User-Experience-Design« beruht, geht es Dominik Wilhelm (Hochschule Harz) in seiner Lehre. Die Aufgabe des Game Designers sieht er darin, »ein interaktives System zu entwickeln, welches unter Einbeziehung des Spielers und im ständigen Austausch mit diesem seinen Zustand verändert« (»Das Spiel ist das Interface. Bessere Spielerfahrung durch Interaktionsgestaltung«).20 Für eine anders und weiter gefasste Ganzheitlichkeit argumentiert Markus Wiemker (media Akademie – Hochschule Stuttgart): Sein Ansatz zielt über das Game Design im engeren Sinne hinaus auf verwandte Bereiche wie den Entwurf interaktiver Erfahrungen, analoger oder hybrider Spiele und inkludiert auch die Verwendung von Spielzeug sowie die Auseinandersetzung mit Elementen des Glücksspiels. Darüber hinaus hält Wiemker die Vertrautheit mit den Erkenntnissen humanwissenschaftlicher Disziplinen für notwendig, damit Designer die »wichtige kulturelle und gesellschaftlich Dimension« ihrer Spiele besser verstehen (»Plädoyer für ein holistisches Game Design«).21 * In Teil I-3 »Game Arts« gilt der erste Beitrag dem kreativen Prozess: Björn Bartholdy (TH Köln) gibt Einblicke in ein Projektseminar, das er im dritten Semester für Studierende der Spezialisierung »Game Arts« anbietet. Ziel ist eine intensive »Auseinandersetzung mit dem Gestaltungsprozess« sowie »die technisch hochqualitative Umsetzung eines visuellen Konzepts« in Form von Design-Praktiken wie ›Character Design‹, ›Environmental Design‹ oder ›Props‹. Vorgestellt werden sowohl die Herangehensweise der Lehre wie auch die studentischen Lernprozesse (»›The Creative Process‹. Vom Prozesshaften der Gestaltung«).22 In der Folge skizziert Nanette Kaulig (TH Köln) ihr Verständnis des Feldes »Game Arts« und schildert ihren Unterricht im Bereich der 3D-Animation. Neben technischen und gestalterischen Aspekten der Computeranimation umfasst ihr Unterrichtskonzept einer Schulung des künstlerischen Sehens und Handelns u.a. Aktzeichnen, Acting Workshops sowie Besuche der Kölner Kunstsammlungen (»Kunst erleben – ›3D Animation and CG Art for Games‹ vielfältig inspiriert«).23
20 S. 217-223. 21 S. 225-235. 22 S. 239-247. 23 S. 249-265.
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* Den Abschnitt I-4 zu »Game Informatics and Technology« eröffnen Sebastian von Mammen, Andreas Knote, Daniel Roth und Marc Erich Latoschik (Universität Würzburg) mit einem Beitrag zu »Games Engineering«. In ihm beschreiben sie informatische Methoden des Entwurfs, der Entwicklung und Verbesserung von Algorithmen, Engines, Plugins, Tools sowie Entwurfsmuster zur Realisierung interaktiver Spiele und Systeme. (»Game Engineering. Wissenschaft mit, über und für Interaktive Systeme«).24 Danach erläutern Roland Klemke und Markus Hettlich (TH Köln), wie sie am Cologne Game Lab »Game Informatics« unterrichten: Ausgehend von einer grundlegenden Bestimmung der Disziplin skizzieren sie Lehrformate, Prüfungsformen, thematische Schwerpunkte und Forschungsarbeiten. (»Programmieren, was andere spielen sollen. Game Informatics in Forschung, Theorie und Praxis«).25 Den Ausgangspunkt von Wolfgang Höhls informatischem Lehrkonzept stellt die Prämisse »Alles Wissen ist fehlbar« dar. Erprobt hat er sein Konzept an fünf deutschen und österreichischen Hochschulen, darunter an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Technischen Universität München. Lehre und Forschung betrachtet er als »offenen und iterativen Prozess«, basierend auf Versuch und Irrtum. (»Games, Interaktive Technologien und industrielle Anwendungen. Interdisziplinäre Vernetzung | gemeinsame Technologien«).26 * Zu Beginn des Teils I,5 »Game Economics and Producing« stellt Odile Limpach (TH Köln) ihren Bachelor- wie Master-Unterricht im Fach »Economics and Entrepreneurship for Games« vor. Über die Vermittlung der für die Spieleproduktion notwendigen Grundlagen von Makro- und Mikroökonomie, Management und Organisation hinaus prägt ihre Lehre die Einsicht, dass im Bereich digitaler Spiele »zunehmend die Grenzen zwischen Produktion und Vermarktung« verschwimmen. Damit gewinnen verstärkt wirtschaftliche – bzw. kundenorientierte – Aspekte Einfluss auf die Spieleentwicklung (»Wirtschaftswissenschaften, Unternehmertum und Projektmanagement«).27 24 S. 269-318. 25 S. 319-324. 26 S. 325-342. 27 S. 347-361.
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Entscheidend für diese wachsende Interdependenz zwischen Produktion und Vermarktung ist die digitale Revolutionierung des Vertriebs. Sie gliedert Malte Behrmann (bbw Hochschule Berlin) in drei große Akte: vom analogen Einzelhandels-Vertrieb über verschiedene Varianten des stationären Online-Spielens zu den aktuellen Varianten mobiler Vertriebsformen (»Die Digitalen Revolutionen der Distribution im Games-Sektor«).28 * Staatliche Hochschulen wollen langfristig bilden und die Persönlichkeit ihrer Studierenden formen. Sie vermitteln Kenntnisse und Fähigkeiten, die über kurzfristige ›Employability‹ hinausgehen, insbesondere wissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen, grundlegendes Orientierungswissen, die Entwicklung von künstlerischen Ausdrucksformen und kritischer Reflexion. Damit sollen die Absolventen in die Lage versetzt werden, über die Anforderungen der Gegenwart hinaus auf zukünftige Veränderungen eigenständig reagieren zu können. Mehr denn je aber wird von Hochschulen auch eine unmittelbare berufliche Qualifizierung ihrer Absolventen für den Arbeitsmarkt erwartet. In Anbetracht dieses Spannungsfeldes von langfristig orientierter Bildung und kurzfristig orientierter Ausbildung bewerten in Teil I-6 drei Vertreter der deutschen Games-Branche die hochschulische Ausbildungslandschaft. Karsten Lehmann, bei Ubisoft Blue Byte zuständig für die Koordination der Hochschulkooperationen, betrachtet die Entwicklung der (Aus-) Bildungslandschaft positiv, als »einen Meilenstein in der Historie der Gamesentwicklung in Deutschland«. In seinem Beitrag skizziert er, was die Branche von den Absolventen und damit von den Hochschulen erwartet. Er zeigt aber auch auf, was die Branche selbst tun kann, um den akademischen Betrieb bzw. die Qualifizierung der Studierenden zu unterstützen – damit, in Verbindung mit erforderlichen politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen, »aus dem Games-Entwicklungsland Deutschland ein nachhaltiges Games-Entwicklerland wird« (»Betrachtungen auf die akademische Ausbildung im deutschen Games-Markt. Eine Industrie-Perspektive«).29 Auf den Vertreter eines der größten deutschen Spieleentwickler folgt mit Felix Falk der Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche. Er betont die Bedeutung künstlerisch-wissenschaftlicher Studiengänge für die Branche: »Die akademische Bildung vermittelt die Grundvoraussetzungen und Fertig28 S. 363-374. 29 S. 379-392.
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keiten, um wirklich schöpferisch tätig zu werden und grundlegend Neues zu erschaffen« (»›Eine Branche, eine Stimme.‹ Felix Falk im Gespräch mit Gundolf S. Freyermuth«).30 Abschließend beantwortet der Spieleentwickler und Branchen-Veteran Wolfgang Walk in einem Beitrag, der ursprünglich als Rede vor Absolventen des Cologne Game Lab (TH Köln) gehalten wurde, die Frage, was man mitbringen muss, »um nicht nur in der Spieleindustrie zu landen, sondern auch zu bleiben« (»›Was muss man haben, um nicht nur in der Spieleindustrie zu landen, sondern auch erfolgreich und glücklich zu sein?‹ Rede vor Absolventen eines Games-Studiengangs«).31 * Der zweite Teil des Bandes stellt die wichtigsten staatlichen Bachelor- und Master-Studiengänge im Bereich digitaler Spiele vor: ihre Struktur, ihre Lehrkonzepte, inhaltliche Schwerpunkte und didaktische Herangehensweisen. Darüber hinaus werden Einblicke in Projekte der Studierenden wie auch die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der Lehrenden gegeben. Studieninteressierte finden Informationen zur Wahl des richtigen Studienfaches und Studienortes, und potentielle Kooperationspartner erfahren, welche Institute für ihr jeweiliges Vorhaben besonders infrage kommen. Nicht zuletzt erhalten die gegenwärtigen Anbieter akademischer Games-Studiengänge oder auch Lehrende und Institute, die in Zukunft solche Studiengänge anbieten wollen, die Gelegenheit, von den Ansätzen und Erfahrungen ihrer Peers zu lernen. Dieser zweite Teil gliedert sich in drei Unterkapitel: »Bachelor«, »Master« und »Vernetzte BA- und MA-Studiengänge«. * Teil II-1 »Bachelor« umfasst neun Studiengänge staatlicher Hochschulen, die einen Schwerpunkt oder eine Gesamtausrichtung auf den Bereich digitaler Spiele legen.32 Addiert man deren Angebote, kommt man auf rund 450 Studienplätze pro Jahr bzw. auf rund 1400 Studierende, die in Deutschland in einem auf die Analyse und Entwicklung digitaler Spiele spezialisierten sechs- oder siebensemestrigen Bachelorstudiengang eingeschrieben sind. 30 S. 393-398. 31 S. 399-412. 32 Zur geographischen Verteilung siehe in diesem Band S. 40.
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Auf die eher künstlerisch-gestalterischen Aspekte der Spieleentwicklung – Game Design und Game Arts – spezialisieren sich drei dieser neun Studiengänge: »Intermedia Design« an der Hochschule Trier,33 »Game Design« an der HTW Berlin34 und »Animation & Game« an der Hochschule Darmstadt.35 Die Studiengänge in Trier und Darmstadt bieten über die Ausrichtung auf Game Design hinaus auch die Möglichkeit, die Gestaltung anderer digitaler Medien zu studieren, beispielsweise Film, Animation oder Webentwicklung. Drei weitere Studiengänge konzentrieren sich auf die Programmierung digitaler Spiele: »Informatik – Digitale Medien und Spiele« in Trier,36 »Games Engineering« in Würzburg,37 »Angewandte Informatik« in Anhalt,38 wobei die Hochschule Trier mit dem bereits 2008 etablierten Studiengang »Digitale Medien und Spiele« die erste staatliche Hochschule in Deutschland war, die einen eigenen informatischen Studiengang für die Spieleentwicklung anbot. Beide Schwerpunkte – Informatik und Game Design – verbindet der Studiengang »Interaktive Medien« an der Hochschule Augsburg.39 Demgegenüber beschäftigt sich der Studiengang »Medienwissenschaft und Medienpraxis« an der Universität Bayreuth40 mit medientheoretischem Wissen und medienpraktisch-informatischen Fähigkeiten rund um die Spielentwicklung. Auf doppelte Weise einzigartig ist der Bachelor »Digital Games« am Cologne Game Lab der TH Köln.41 Denn als einziger Studiengang bietet er seit 2014 alle drei künstlerischen Vertiefungsrichtungen an: Game Design, Game Programming und Game Arts, kombiniert mit medienwissenschaftlicher Lehre zur Theorie und Geschichte digitaler Spiele. Der Studiengang ist zudem international ausgerichtet und wird ausschließlich in englischer Sprache unterrichtet. *
33 S. 453-459. 34 S. 439-445. 35 S. 461-473. 36 S. 447-451. 37 S. 491-502. 38 S. 475-481. 39 S. 503-515. 40 S. 483-490. 41 S. 419-437.
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Teil II-2 »Master« versammelt zehn drei- oder viersemestrige Studiengänge mit einem Games-Schwerpunkt.42 Das Gesamtangebot von Studienplätzen halbwegs exakt zu bestimmen, ist nicht möglich, da die gute Hälfte der Angebote zulassungsfrei ist und daher, in der Regel abhängig vom Verlauf der Eignungsprüfungen, jährlich wechselnde Zahlen von Studierenden akzeptiert werden. Mit einiger Sicherheit kann nur festgehalten werden, dass die staatlichen deutschen MasterStudiengänge pro Jahr zusammen auf mindestens 200 bis 300 Studienanfänger kommen. Künstlerisch-gestalterische Aspekte stehen bei zwei Studiengängen im Vordergrund: dem drei- oder viersemestrig zu studierenden MA »Intermedia Design« der Hochschule Trier und dem viersemestrigen englischsprachigen Weiterbildungs-Master »3D-Animation for Film and Games«, den das Cologne Game Lab der TH Köln gemeinsam mit der ifs internationale filmschule köln verantwortet.43 Primär informatisch ausgerichtet sind der viersemestrige MA »Informatik – Schwerpunkt Games Technology« der Hochschule Trier44 und der dreisemestrige MA »Interaktive Medien«, den die Hochschule Anhalt in Kooperation mit der Universität Halle-Wittenberg durchführt.45 Beide Schwerpunkte, die künstlerische und informatische (Aus-) Bildung, verknüpfen drei weitere, jeweils dreisemestrige Angebote: der MA-Studiengang »Interaktive Medien« an der Hochschule Augsburg, der das gleichnamige BachelorProgramm fortsetzt sowie der MA »Medien- und Spielekonzeption« der Hochschule Harz und der MA »Zeitabhängige Medien / Sound – Vision – Games«, die sich beide an Absolventen gestalterischer und informatischer BA-Studiengänge wenden. Eine andere Verbindung, die zwischen Medienwissenschaft und Informatik, strebt der viersemestrige Studiengang »Computerspielwissenschaften« der Universität Bayreuth an. Er kann wahlweise mit einem Master of Arts oder einem Master of Science abgeschlossen werden. Auf ganzheitliche Spieleentwicklung, die alle oben genannten Spezialisierungen umfasst, zielen schließlich zwei englischsprachige und international ausgerichtete Studiengänge des Cologne Game Lab der TH Köln: zum einen der dreisemestrige Master-Studiengang »Digital Games«, der sowohl von Absolventen des BA »Digital Games« wie auch im Quereinstieg von Absolventen ähnlicher Games-Studiengänge studiert werden kann; zum zweiten der viersemestrige Weiter42 Zur geographischen Verteilung siehe in diesem Band S. 40. 43 S. 537-544. 44 S. 579-582. 45 S. 589-592.
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bildungs-Master »Game Development and Research46, der allen einschlägig qualifizierten Interessenten offensteht. * Zwei weitere Hochschulen haben, obwohl sie keine eigenen Bachelor- oder Master-Studiengänge im Bereich digitaler Spiele anbieten, eine ausgewiesene Expertise im Bereich digitaler Spiele, die anderen Angeboten ihrer Hochschule zugutekommt. Sie werden daher in Teil II-3 gesondert dargestellt: das Institut für Games an der Hochschule der Medien Stuttgart47 und der Forschungsschwerpunkt »Serious Games« der Technischen Universität Darmstadt.48 * Zusammenfassend mag es hilfreich sein, die staatlichen Studienangebote, die in diesem Band ihre Ansätze und Besonderheiten darstellen, auch im Hinblick auf die Quantität ihres Angebots zu sortieren: Der größte Studienstandort für Spieleentwicklung ist die Hochschule Trier, die in zwei Studienrichtungen mit je einem BA- und MA-Angebot insgesamt rund 800 Studierende aufweist. Die Informatikstudiengänge sind nicht zulassungsbeschränkt. Dort schreiben sich jährlich rund 200 Studierende ein. Im Studiengang »Intermedia Design« werden pro Jahr 50-60 Studierende aufgenommen, die über eine künstlerisch-wissenschaftliche Eignungsprüfung ausgewählt werden. Zweitgrößter Anbieter in Deutschland ist die TH Köln mit rund 350 GamesStudierenden. Jährlich lässt das Cologne Game Lab der TH Köln in seinem BAStudiengang »Digital Games« und den drei MA-Studiengängen (»Digital Games«, »Game Development and Research«, »3D-Animation for Film and Games«) nach Eignungsprüfungen rund 90 neue Studierende zu. Auf diese beiden Standorte folgen mehrere Hochschulen mit 100 bis 200 Studierenden. Die Hochschule Anhalt etwa akzeptiert pro Jahr um die 50 Bewerber in den BA-Studiengang »Angewandte Informatik, Digitale Medien und Spieleentwicklung« sowie eine wechselnde Zahl von Studierenden in den zulassungsfreien MA-Studiengang »Interaktive Medien«, den sie gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchführt. Die Hochschule Darmstadt immatrikuliert in ihren BA-Studiengang »Animation and Game« nach einem Eignungstest 40-60 Studie46 S. 519-527. 47 S. 601-611. 48 S. 613-654.
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rende pro Jahr. Die HTW Berlin weist pro Jahr 40 Neueinschreibungen in den BAStudiengang »Game Design« auf. Der Rest der Standorte ist eher noch kleiner. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Die Universität Würzburg hat mit dem relativ jungen BA-Studiengang »Games Engineering« aktuell rund 60 Studierende. Der Studiengang erhebt einen Numerus Clausus und akzeptiert jährlich rund 30 Studierende. Die HAW Hamburg, die jährlich 20 Studierende in ihren MA-Studiengang aufnimmt, kommt auf ca. 50 Games-Studierende. * Den Schlusspunkt des Bandes setzt André Czauderna (TH Köln): Er blickt über den Tellerrand der staatlichen Games-Ausbildung in Deutschland hinaus und stellt ausgewählte Studiengänge ausländischer Hochschulen vor. Im Vergleich mit den Angeboten deutscher Hochschulen beobachtet er dabei sowohl einen globalen Transfer von curricularen und didaktischen Konzepten als auch regionale Besonderheiten (»Games-Studium im Ausland. Ein vergleichender Blick auf Angebote in Westeuropa, Nordamerika und Australien«).49 * Das Konzept für Games studieren – was, wie wo? entwickelte Gundolf S. Freyermuth im Frühjahr 2016. Am Cologne Game Lab der TH Köln gewann er Björn Bartholdy und André Czauderna als Mitherausgeber. Einer breiteren akademischen Öffentlichkeit wurde der geplante Band bei einem Treffen von Vertretern staatlicher Hochschulen im Rahmen der zweiten Konferenz »Games & Ausbildung« vorgestellt, die am 6. Dezember 2016 in Köln stattfand. In der Folge stieß Linda Breitlauch als vierte Herausgeberin hinzu. Wir danken allen Beiträgern für ihre Textarbeit sowie der Technischen Hochschule Köln, der Hochschule Trier und dem game – Verband der deutschen Games-Branche e.V für die finanzielle Förderung. Ohne sie wäre diese Publikation nicht möglich gewesen. Die Druckvorlage erstellte unser studentischer Mitarbeiter Raven Rusch. Für seinen unermüdlichen Einsatz unter oft widrigen Bedingungen schulden wir ihm großen Dank. Weitere Informationen zur Schriftenreihe »Bild und Bit. Studien zur digitalen Medienkultur« finden sich unter www.bildundbit.de. 49 S. 659-693.
Games lehren und lernen in Deutschland Neun Thesen zur Einleitung1 G UNDOLF S. F REYERMUTH »If you work for a living, why do you kill yourself working?« TUCO! 2
Vor einem halben Jahrhundert kam Sergio Leones Film THE GOOD, THE BAD, AND THE UGLY in die Kinos. Die Hauptrollen spielten Clint Eastwood als Der Gute, Lee van Cleef als Der Schlechte und Eli Wallach als Der
1
Teile dieses Beitrags wurden bereits publiziert; in drei Vorträgen: »Game Studies in Germany«, gehalten am 3. November 2015 im Rahmen des Game Studies Summits der Clash of Realities – International Conference on the Art, Technology and Theory of Digital Games in Köln; »Fehlstarts, Sonderwege, Lichtblicke. Zehn Thesen zur deutschen Games-Ausbildung«, gehalten am 16. Dezember 2015 im Rahmen der ersten Fachkonferenz Games & Ausbildung in Köln; »Games-Ausbildung an staatlichen Hochschulen in NRW«, gehalten am 9. Mai 2018 im Rahmen des ersten Games-Gipfel in der Staatskanzlei NRW in Düsseldorf; sowie in der Monographie Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2015.
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Tuco, gespielt von Eli Wallach, in THE GOOD, THE BAD, AND THE UGLY (Italien 1966, R: Sergio Leone).
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Hässliche. Diese Triade kann als thematisches Muster für die Situation der Bildung und Ausbildung im Bereich digitaler Spiele dienen. Das Gute betrifft die historische Situation. Digitale Spiele haben sich seit den 1980er Jahren zur dritten großen audiovisuellen Ausdrucksform der Neuzeit entwickelt; nach dem modernen Theater, das im Gefolge der Renaissance zu den Brettern wurde, die die Welt bedeuteten, und nach den linearen Audiovisionen von Film und Fernsehen, die im 20. Jahrhundert zu Leitmedien der industriellen Kultur wurden. Der ökonomischen Rolle digitaler Spiele korreliert heute ihre soziale Bedeutung: Rund die Hälfte aller Deutschen, Männer wie Frauen, Jüngere wie Ältere spielen regelmäßig.3 Als zentrales Medium sozialer Realitätskonstruktion in der digitalen Kultur prägen Games heute die Welt- und Selbstwahrnehmung4 und üben gleichzeitig in eine postindustrielle Arbeitswelt ein, die von Wissensarbeit, d.h. vernetzter Manipulation digitaler Symbole geprägt wird.5 In direktem Zusammenhang bilden sich zwei neue Bereiche und Praktiken aus: die künstlerisch-handwerkliche und die intellektuell-theoretische Auseinandersetzung mit digitalen Spielen. Erstens: Kein anderes Medium hat seit der Wende zum 21. Jahrhundert eine vergleichbar rasante künstlerisch-technische Entwicklung durchgemacht. Wer heute digitale Spiele entwickelt, ist privilegiert: Ihr und ihm bieten sich wie nur den Angehörigen weniger Generationen zuvor die Gelegenheit, in der Frühzeit eines radikal neuen Mediums entscheidende Verfahren und Formen zu kreieren. Denn wie sich digitale Spiele von Spielfilmen und Fernsehserien durch Dramaturgien und Darstellungsweisen unterscheiden, die der Tendenz nach nonlinear und iterativ sind, so differieren die Praktiken
3
Vgl. game – Verband der deutschen Games-Branche, »Nutzer digitaler Spiele in Deutschland 2018«, https://www.game.de/marktdaten/nutzer-digitaler-spiele-indeutschland-2018/; und: ders., »Altersverteilung der Nutzer digitaler Spiele in Deutschland 2018«, https://www.game.de/marktdaten/altersverteilung-der-nut zer-digitaler-spiele-in-deutschland-2018/
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Vgl. z.B. Eric Zimmermans »Manifesto for a Ludic Century«, in: Walz/Deterding, The Gameful World, MIT Press 2014, p.19-22. – Deutsche Übersetzung: Zimmerman, Eric: »Manifest für ein ludisches Jahrhundert«, in: Beil, Benjamin/ Freyermuth, Gundolf S./Gotto, Lisa (Hg.), New Game Plus: Perspektiven der Game Studies. Genres – Künste – Diskurse, Bielefeld: transcript 2015, S. 13-23.
5
Siehe dazu unten Abschnitt »9 Game Literacy«, S. 41.
GAMES LEHREN UND LERNEN IN DEUTSCHLAND
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der Spieleproduktion von denen, die in der Film- und Fernsehproduktion etabliert sind. Wie Janet Murray in Designing the Medium6 darlegt, sind die teils handwerklichen, teils künstlerischen Verfahren von Game Development und speziell Game Design zu einer zentralen Disziplin kreativer Produktion geworden. Von ihr geht einige Vorbild-Wirkung für das Design anderer Software sowie von Prozessen wie Erfahrungen aus. Zweitens: Gleichzeitig entsteht die analytisch-kritische Auseinandersetzung mit digitalen Spielen. Auch in diesem Kontext eröffneten sich außergewöhnliche Chancen, denn vergleichsweise selten können akademische Disziplinen begründet werden, die zu ihrem Gegenstand ein kulturelles Leitmedium haben. Bereits Anfang der 1980er Jahre formte sich eine theoretische und auch (aus-)bildungsorientierte Perspektive auf digitale Spiele, zunächst im Bereich des Game Design. Bahnbrechend war 1984 Chris Crawfords The Art of Computer Game Design.7 Um dieselbe Zeit entwickelten sich erste sozial- und geisteswissenschaftliche Ansätze. Richtungsweisende Studien, die digitale Spiele als ein neues Medium und eine neue Ausdrucksform begriffen und interpretierten, erschienen im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, insbesondere Brenda Laurels Computers as Theatre,8 Espen Aarseths Cybertext9 und Janet Murrays Hamlet on the Holodeck.10 Zu Beginn des 21. Jahrhunderts begann dann die institutionelle Etablierung der Game Studies. Die Jahre nach der Jahrhundertwende können als die Entstehungszeit der Game Studies gelten.11 Neben einer steigenden Zahl von Buch- und Zeit-
6
Murray, Janet Horowitz: Inventing the Medium: Principles of Interaction Design as a Cultural Practice, Cambridge, Mass.: MIT Press 2012.
7
Crawford, Chris: The Art of Computer Game Design, Berkeley, Calif.: Osborne/ McGraw-Hill 1984.
8
Laurel, Brenda: Computers as Theatre, Reading Mass.: Addison-Wesley Pub. Co. 1993.
9
Aarseth, Espen J.: Cybertext: Perspectives on Ergodic Literature, Baltimore Md.: Johns Hopkins University Press 1997.
10 Murray, Janet Horowitz: Hamlet on the Holodeck: The Future of Narrative in Cyberspace, New York: Free Press 1997. 11 Egenfeldt-Nielsen, Simon/Smith, Jonas Heide/Tosca, Susana Pajares: Understanding Video Games: The Essential Introduction, New York: Routledge (Kindle Edition) 2008, loc. 340; Juul, Jesper: Half-Real: Video Games Between
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schriften-Publikationen,12 die von der zunehmenden Breite der Forschung zeugen, setzte an angelsächsischen und skandinavischen Universitäten die institutionelle Etablierung in Gestalt von Studiengängen, Promotionsmöglichkeiten und Game-Studies-Professuren ein.13 Den Status quo kennzeichnet inhaltliche Diversität. Praxisorientierte Game-Design-Theorien und sozial- oder geisteswissenschaftlich orientierte Ansätze koexistieren: eine bunte Mischung von Theorien älterer Disziplinen, u.a. der Bildungsforschung, Medienpädagogik, Psychologie, Designtheorie, Sport-, Sozial-, Literatur-, Kunst-, Film- und Medienwissenschaften. Diese vielfältige Interdisziplinarität und insbesondere die – noch? – existierende relative Nähe zwischen künstlerischer Praxis und wissenschaftlicher Reflexion kann als Vorbild für andere, ältere akademische Disziplinen gelten. Dem Guten steht gegenwärtig freilich eher Schlechtes zur Seite: die Situation der deutschen Gamesbranche. Innerhalb Europas ist Deutschland der größte Einzelmarkt, der Anteil am Weltmarkt beträgt immerhin 5,5 Prozent.14 Allerdings werden weit über 90 Prozent des inländischen Umsatzes von ausländischen Firmen erzielt.15 Deutschland, als fünfgrößte Wirtschaftsnation und in anderen Branchen immer wieder ›Exportweltmeister‹, konsumiert zwar Spiele, produziert und exportiert sie aber bislang in äußerst geringem Maße. Zu dem Missverhältnis trägt nicht unwesentlich der Mangel
Real Rules and Fictional Worlds, Cambridge, Mass.: MIT Press (Kindle Edition) 2005, loc. 148. 12 Die Digital Games Research Association (DIGRA, http://www.digra.org/) wurde 2003 gegründet, das Journal Game Studies publiziert seit 2001 (http://ga mestudies.org), Games and Culture seit 2006 (http://gac.sagepub.com/). 13 Im deutschen Sprachbereich steht eine solche Etablierung noch weitgehend aus. Zuerst wurde eine Professur mit der Denomination »Game Studies« 2014 an der TH Köln eingerichtet (und mit dem Autor dieses Beitrags besetzt). Siehe dazu auch unten S. XX zum ›Nebenbei-Prinzip‹. 14 Vgl. N.N.: »Deutschland ist größter Games-Markt in Europa«, Adzine, 17. März 2014, https://www.adzine.de/2014/03/media-nutzung-deutschland-ist-groesstergames-markt-in-europa-games-advertising/ 15 Vgl. game – Verband der deutschen Games-Branche, »Umsatzanteile deutscher Spieleentwicklungen am deutschen Games-Markt 2016«, https://www.game.de/ marktdaten/umsatzanteile-deutscher-spieleentwicklungen-am-deutschen-gamesmarkt-2016/
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an Fachkräften bei. Er wiederum resultiert aus dem (zu) geringen Angebot an schulischer Ausbildung und hochschulischer Bildung. Von diesem Status Quo, dem eher Hässlichen, handeln der vorliegende Band und dieser Beitrag – in neun Thesen.16
1 H ISTORISCHE S ITUATION Der Soziologe Helmut Plessner prägte das Bild von Deutschland als einer politisch verspäteten Nation.17 Auch für die hochschulische Auseinandersetzung mit digitalen Spielen stimmt diese Ansicht. In den 1970er Jahren wurden digitale Spiele zu einem populären Medium. In den 1980er Jahren begann die theoretische Auseinandersetzung mit digitalen Spielen – freilich nicht im deutschen Sprachbereich. In den 1990er Jahren entstanden die ersten Bildungs- und Ausbildungsangebote – jedoch wiederum nicht in Deutschland. Hierzulande mussten noch weitere zehn bis fünfzehn Jahre vergehen. Diese Verspätung konnte bis heute nicht aufgeholt werden – sowohl im Hinblick auf die Qualität der Studienangebote wie auf deren Quantität, ihre Vielfalt. Innerhalb dieser Verspätung allerdings gab es eine zweite, nicht minder folgenreiche: die Verspätung staatlicher Hochschulen. Auf den wachsenden Bedarf an (Aus-) Bildung seitens der Studierenden wie der Games-Branche reagierten in den Jahren nach 2000 zuerst private Schulen und Hochschulen. Bis heute bieten sie die meisten Studienplätze an – für einen Preis, im
16 Diese Thesen stellen die Summe langjähriger Erfahrungen dar. Seit 2010 bauen mein Kollege Björn Bartholdy und ich das Cologne Game Lab der TH Köln auf. Mit inzwischen zehn Professoren und rund 300 Studierenden in einem Bachelorund zwei Master-Studiengängen bietet es das in Deutschland umfassendste Angebot an Studiengängen für Games. Darüber hinaus habe ich 2013/14 an der Gründung einer privaten Hochschule mitgearbeitet, zuletzt in der Funktion eines Interims-Präsidenten. 2014 war ich in einer Kommission des Wissenschaftsrats an der Begutachtung – zwecks Re-Akkreditierung – einer der ältesten deutschen Privathochschulen mit Games-Ausbildung beteiligt. 17 Plessner, Helmuth: Die verspätete Nation; über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes, 2. erweiterte Aufl., Stuttgart: W. Kohlhammer 1959.
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wörtlichen wie im übertragenen Sinne.18 Erst um 2010 folgten die ersten staatlichen Hochschulen in Deutschland. Warum aber gelang in den vergangenen Jahren etwas, das man sich in den Jahrzehnten zuvor nicht vorstellen konnte: die Einrichtung von hochschulischen Studiengängen für die Herstellung von und die Auseinandersetzung mit Games? Verstehen lässt sich der Wandel im kulturellen Kontext, als Teil einer umfassenderen Entwicklung: der Integration digitaler Spiele in die Mainstream-Kultur. In Gang gesetzt wurde sie durch deren wachsende soziale und wirtschaftliche Bedeutung. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts – mit einer Verspätung von mehreren Jahrzehnten – begann man in Deutschland Games sowohl als Wirtschaftsfaktor wie auch als Ausdrucksform in der Tradition von Theater, Film und Fernsehen wahrzunehmen. Der Prozess kultureller Anerkennung folgte dabei deutlich dem Vorbild der einst ›neuen‹ industriellen Medien Kino und Fernsehen: Nach hartnäckiger Abwehr und im Kern kulturkonservativer Kritik initiierten ökonomischer und sozialer Erfolg eine kulturelle Akzeptanz, den Weg von der Subkultur in die Mainstream-Kultur. Die allmähliche Anerkennung drückte sich nicht zuletzt in institutioneller Integration aus: • •
•
Aufnahme in den Kanon – etwa durch die Anerkennung von Games als »Kulturgut« durch den deutschen Kulturrat im Jahre 2008; Auslobung von Preisen – zum Beispiel der seit 2004 ausgerichtete »Deutsche Entwicklerpreis« und der 2009 begründete »Deutsche Computerspielpreis«, gemeinsam getragen vom Deutschen Bundestag, der Bundesregierung und der Gamesbranche; als dritte Stufe dann die Einrichtung einschlägiger staatlicher Studiengänge. Sie setzte charakteristischerweise um dieselbe Zeit ein – 2009 –, als auch der »Deutsche Computerspielpreis« institutionalisiert wurde.
Meine erste These lautet daher: Was staatliche hochschulische Games-Bildung angeht, ist Deutschland eine verspätete Nation. Grundständige GamesStudiengänge wurden – im Vergleich zu den angelsächsischen oder skandinavischen Ländern – erst mit mehr als zehnjähriger Verspätung um und seit 2010 eingerichtet.
18 Siehe dazu unten »4 Private vs. staatliche Studiengänge«, S. 34.
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2 A USBILDUNG
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B ILDUNG
Einwenden ließe sich, dass die Berliner Games Academy bereits im Jahr 2000 ihre Pforten öffnete.19 Ihre avantgardistische Funktion kann nicht bestritten werden. Als staatlich anerkannte Ergänzungsschule offeriert sie freilich IHK-zertifizierte schulische Ausbildung, keine hochschulische Bildung, die über Bachelor und Master zur Promotion führen kann. Ähnliche private Schulen sind ihr seitdem nachgefolgt, etwa die Kölner School of Games.20 Die Diskussion um das Verhältnis schulischer Ausbildung und hochschulischer Bildung im Bereich digitaler Spiele fügt sich in eine größere Debatte ein: die Frage des Stellenwerts des dualen deutschen Bildungssystems und das gelegentlich behauptete Problem einer Unter- oder Überakademisierung im Verhältnis zu anderen OECD-Ländern. Im Kontext digitaler Spiele stellt sich diese Frage allerdings auf eine besondere Weise. Denn sie impliziert die Entscheidung, ob Games als einfache Wirtschaftsgüter wie etwa Lebensmittel oder Automobile zu verstehen sind, deren Fertigung sich in handwerklicher Schulung erlernen lässt, oder ob es sich bei ihnen um ästhetische Medienwerke handelt, vergleichbar denen des Films oder der Literatur, die kulturelle Bedeutung stiften und deren erfolgreiche Meisterung daher künstlerisch-wissenschaftliche Kenntnisse erfordert. Diesem Band liegt die Annahme zugrunde, dass letzteres zutrifft. Medien begriff Marshall McLuhan als »extensions of man«, Erweiterungen unserer Körperlichkeit und Intelligenz.21 Im Hinblick auf ihre sozio-kulturelle Funktion meinte Niklas Luhmann, die Gesellschaft schaffe sich Medien zur Selbstbeobachtung.22 Games sind insofern das jüngste Mittel – Medium – solcher Realitätskonstruktion und damit Weltwahrnehmung und Selbsterkenntnis. Für ihre Produktion reicht rein handwerkliche Schulung mit ihrer immer geringeren Halbwertszeit nicht aus. Sie verlangt vielmehr, nicht zuletzt auch mit Blick auf durchschlagende wirtschaftliche Erfolge,
19 https://games-academy.de 20 https://www.medienberufe.de/bildungsangebot/ausbildung-an-der-school-of-ga mes/ 21 McLuhan, Marshall: Understanding Media: The Extensions of Man, Berkeley: Gingko Press (Kindle Edition) 2013 (*1964). 22 Luhmann, Niklas: Die Realität der Massenmedien, 2. erweiterte Auflage, Opladen: Westdeutscher Verlag 1996, S. 173.
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nach einer Befähigung zu innovativem künstlerischen Schaffen, wie sie nur mittels historisch-theoretischer Bildung zu erzielen ist. Solche Bildung vermochten in der modernen Geschichte der Künste einzig Hochschulen zu leisten. Rückblickend war es zwar so, dass auf Grund der Verspätung staatlicher Hochschulen im Bereich digitaler Spiele handwerkliche Ausbildungen durchaus kreative Talente anzogen, die digitale Spiele als Ausdrucksform gestalten und weiterentwickeln wollten. Mit dem Ausbau hochschulischer Angebote, zumal der kostenfreien staatlichen, wandert dieses Talent jedoch in die hochschulischen Studiengänge ab. Die zweite These lautet daher: Der Sonderweg erfolgreicher schulischer Gamesausbildung nähert sich seinem Ende: Mit der Durchsetzung hochschulischer Ausbildungsangebote – privater wie staatlicher – verliert die schulische Ausbildung das Segment hochbegabter und kreativer Talente. In Zukunft wird sie eine vergleichbar beschränkte Rolle einnehmen wie nichthochschulische Ausbildungen im Bereich der Bildenden Kunst oder von Film und Fernsehen.
3 B EDARFE
DER
B RANCHE
Dass die Akademisierung der (Aus-) Bildung sich in Deutschland aber erst jetzt vollzieht – und nicht wie in anderen Ländern schon vor fünfzehn oder zwanzig Jahren begann –, liegt auch an der Gamesbranche. Internationale Unternehmen wie Electronic Arts oder Ubisoft erkannten zwar frühzeitig die Bedeutung künstlerisch-wissenschaftlicher Bildung für die Produktion digitaler Spiele.23 Auch die Branchenverbände setzten von Anfang an auf die Verbindung mit den Hochschulen.24 Doch viele mittlere und kleinere Studios vermochten die Notwendigkeit hochschulischer Studiengängen lange Zeit nicht zu verstehen. Die bisweilen abschätzige Aversion, die sogenannte
23 Electronic Arts etwa fördert seit 2006 die Forschungskonferenz »Clash of Realities«; siehe http://clashofrealities.com/2018/. Zu den Aktivitäten von Ubisoft siehe Karsten Lehmanns Beitrag »Betrachtungen auf die akademische Ausbildung im deutschen Games-Markt. Eine Industrie-Perspektive« in diesem Band, S. 379-392. 24 Zur Geschichte und Position der Branchenverbände siehe in diesem Band den Beitrag »Eine Branche, eine Stimme«, S. 393-398.
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›Veteranen‹ der Branche der Akademisierung entgegenbrachten und bisweilen bis heute entgegenbringen, erinnert an den Verlauf der Verwissenschaftlichung der Filmausbildung: an die Feindseligkeit von Altproduzenten und Altregisseuren des deutschen Films, die selbst nicht oder jedenfalls nicht Film studiert hatten und Filmhochschulen, wie sie heute weltweit selbstverständlich sind, in den 1960er und 1970er Jahren daher für überflüssig, wenn nicht sogar schädlich hielten. Zudem glauben Teile der deutschen ›Gamesindustrie‹ – wie damals Teile der ›Filmindustrie‹ – ihre gegenwärtigen wie zukünftigen Bedarfe recht genau zu kennen. Eine direkt auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnittene Ausbildung ziehen sie deshalb einer breiten künstlerisch-wissenschaftlichen Bildung des Nachwuchses vor. Dass es sich dabei jedoch um eine unzutreffende Selbsteinschätzung handelt und gerade die Branche eben nicht weiß, was sie mittel- oder gar langfristig braucht, offenbart ein Rückblick. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts haben sich gewaltige Veränderungen des digitalen Spielens vollzogen – mehr oder weniger unvorhergesehen von den einschlägigen Branchen-Experten: von neuer Spiele-Hardware (vor allem Smartphones und Tablets) über neue Finanzierungswege (u.a. Free-to-Play, Freemium, basierend auf Micropayments, sowie Crowdfunding) zu neuen virtuellen Distributionsplattformen (wie Steam und diverse App Stores). In der Summe resultierten diese Veränderungen in einer ›Demokratisierung der Spieleentwicklung‹, von der insbesondere der Aufstieg der Indie-Szene zeugt. Kaum etwas von dem kam jedoch zur Sprache, wenn man vor zehn oder gar fünfzehn Jahren sich erkundigte, welche Kenntnisse und Fähigkeiten in der Gamesbranche zukünftig gebraucht würden. An dem rasanten Tempo der Veränderung dürfte sich in den kommenden Jahren wenig ändern. Gerade im Bereich digitaler Medientechnik zeichnen sich nachhaltige Umbrüche ab. Viele Entwickler wie Theoretiker sehen digitale Spiele denn auch vor einem erneuten Entwicklungssprung. Was die Zukunft bringen mag, wissen selbstverständlich diejenigen, die staatliche Studiengänge entwerfen, nicht besser als die Vertreter der Branche. Aus genau diesem Grund aber vermittelt hochschulische Bildung neben spezifischen technischen Befähigungen, die schnellem Wandel unterliegen, breites künstlerisch-wissenschaftliches Grundlagen- und Orientierungswissen, das die Absolventen zur Adaptation an zukünftige Veränderungen befähigt. Jenseits dieser Fragen der Qualität richtet sich ein weiterer Einwand, der häufig aus der Branche gegen den Auf- und Ausbau hochschulischer Stu-
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diengänge erhoben wird, auf die Quantität der Studienangebote: Höhere Absolventenzahlen könne der Markt nicht verkraften. Eine solche Perspektive scheint dreifach kurzsichtig: Denn zum einen bilden deutsche Hochschulen nicht nur für die deutsche Games-Branche aus. Die Studierenden stammen aus vielen Ländern – am Cologne Game Lab z.B. sind über 30 Nationen vertreten –, und die Absolventen, ob aus dem In- oder Ausland, finden Anstellungen und Aufgaben weltweit. Zum zweiten bilden Games-Studiengänge nicht nur für die Games-Branche aus. Bachelor und Master, ob nun Programmierer, Artists oder Designer, sind in vielen Branchen gefragt, von Film und Fernsehen bis zu Autoindustrie oder Militär. Zum dritten und vor allem aber kann und soll die deutsche Branche nicht bleiben, wie sie ist. Der Status quo ist nicht erfreulich. Deutschland sollte es gelingen, wie Karsten Lehmann schreibt, von einem »Game-Entwicklungsland« zu einem »Game-Entwicklerland« zu werden,25 d.h. von einem Land, das Games primär konsumiert, zu einem Land, das sie auch produziert. Dafür aber braucht es neben der entsprechenden Infrastruktur mehr qualifizierten Nachwuchs, als die staatlichen Hochschulen gegenwärtig bilden und ausbilden (können). Meine dritte These, lautet daher: Die Gamesbranche weiß zwar, welches Personal sie gerade sucht, aber sie hat wenig Ahnung davon, welche Fähigkeiten und Kenntnisse sie in der nahen oder gar ferneren Zukunft benötigen wird. Um diese Zukunft künstlerisch wie wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten, braucht es gerade in den kreativen Disziplinen akademisch gebildete Talente - Individuen, die gelernt haben, auf neue Herausforderungen eigenständig und kreativ zu reagieren.
4 P RIVATE
VS . STAATLICHE
S TUDIENGÄNGE
Das wachsende Interesse junger Menschen, sich im Bereich der Produktion digitaler Spiele akademisch (aus-) bilden zu lassen, bedienten zunächst private Anbieter. Einschlägige Studiengänge offerieren heute ein halbes Dutzend private Hochschulen, u.a. die Mediadesign Hochschule,26 die SAE,27
25 Karsten Lehmann, »Betrachtungen auf die akademische Ausbildung im deutschen Games-Markt«, S. 379. 26 https://www.mediadesign.de 27 http://www.sae.edu/deu/de
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die BTK28 oder die Macromedia Hochschule.29 Indem sie vergleichsweise früh – seit Mitte der Nullerjahre – auf das Fehlen staatlicher Ausbildungsangebote reagierten, schlossen die privaten Hochschulen eine wichtige Lücke in der deutschen Ausbildungslandschaft. Das war verdienstvoll. Trotz mancher Unterschiede in der inhaltlichen Ausrichtung kennzeichnet die Angebote der Privaten allerdings eine Gemeinsamkeit. Deren Bedeutung erkennt man im Vergleich zu den USA. Private Universitäten wie Stanford, Harvard, Princeton oder die University of Chicago zählen zu den besten Universitäten des Landes. Kaum eine staatliche Universität reicht an sie heran. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens sind diese privaten Universitäten reich. Aus den sehr hohen Studiengebühren, die sie erheben, rührt ihr Wohlstand freilich nur zum geringeren Teil. Seine Basis sind vielmehr Spenden, gestiftetes Geld, das System der Endowments. Harvard etwa verfügt über ein Vermögen von rund 36 Milliarden Dollar, Yale über 27 Milliarden, Stanford über 25 Milliarden.30 In der Konsequenz ziehen die finanziell besser ausgestatteten privaten Universitäten die besten Professoren an. Ähnliches gilt für die Studierenden: Die privaten Universitäten können Hochbegabten großzügige Freistellungen von den horrenden Studiengebühren anbieten und gewinnen so nicht nur zahlungskräftige Studierende, sondern auch die besten eines jeden Jahrgangs. In Deutschland aber liegen die Verhältnisse genau umgekehrt. Private Hochschulen stehen sich in der Regel finanziell schlechter als staatliche. Da sie kaum über Stiftungsvermögen verfügen, müssen sie auf kurzfristige Profitabilität achten. Das hat zwei Konsequenzen, die ihr Angebot nicht nur von dem der privaten amerikanischen, sondern auch dem der staatlichen deutschen Hochschulen unterscheidet. Erstens bezahlen sie ihre Lehrenden in der Regel nicht so gut und bieten ihnen oft schlechtere Arbeitsbedingungen, insbesondere wenig Gelegenheit zu eigenständiger Forschung. In der Konsequenz wechseln gute Professoren nicht wie in den USA von staatlichen zu privaten Hochschulen, sondern umgekehrt – von den privaten zu den staatlichen. Zweitens gilt ähnliches für die Studierenden. Die privaten Hochschu-
28 http://www.btk-fh.de/de/ 29 https://www.macromedia-fachhochschule.de 30 Vgl. N.N.: »List of colleges and universities in the United States by endowment«, Wikipedia, https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_colleges_and_universities_in _the_United_States_by_endowment
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len können sich im Wettbewerb mit den staatlichen nicht die besten Studierenden aussuchen. Ihnen verbleiben vielmehr in der Regel jene, die in die kostenfreien staatlichen Studiengänge nicht aufgenommen werden. Als Folge müssen sich die privaten Hochschulen bemühen, die unmittelbaren Marktbedürfnisse ihrer zahlenden Kundschaft zu erfüllen. Die aber unterliegt zu einem großen Teil demselben Irrtum, den auch Teile der Industrie hegen: der Ansicht, mit einer eher handwerklich und an kurzfristigen Bedürfnissen orientierten Schulung besser bedient zu sein als mit künstlerisch-wissenschaftlicher Bildung. Zu den finanziellen Kosten – in Höhe von über 30 000 Euro für einen Bachelor – kommen insofern noch ideelle Kosten. Denn während die privaten Hochschulen durchaus in der handwerklich-technischen Ausbildung den Standards genügen, zeigen ihre Angebote deutliche Mängel in der akademischen Qualität. Nicht selten ist die Quantität professoraler Lehre vergleichsweise gering, d.h. es wird in einem hohen Maße mit Lehrbeauftragten gearbeitet, die selbst akademisch kaum vorgebildet sind. Ebenso oft werden die historisch-theoretischen Anteile der Lehre von Praktikern unterrichtet, die für die jeweiligen Fachgebiete keine ausgewiesenen Experten sind. Erst jedoch eine künstlerisch-wissenschaftliche Bildung legt das dauerhafte Fundament für ein Arbeitsleben von 40 und mehr Jahren, das die Studierenden nach ihrem Abschluss vor sich haben. Meine vierte These lautet daher: Die privaten Ausbilder reagierten zuerst auf neue Ausbildungsbedürfnisse. Dieses Verdienst schmälert jedoch, dass sie unter finanziellem Druck operieren und es ihren Studiengängen daher oft an der künstlerisch-wissenschaftlichen Qualität mangelt. Staatliche Ausbildung kann dagegen ohne unmittelbare Zwänge zur Wirtschaftlichkeit langfristiger operieren und auf wissenschaftliche Fundierung und Reflexion, künstlerische Ambitionen und ökonomischen Weitblick setzen.
5 K ÜNSTLERISCH - WISSENSCHAFTLICHE B ILDUNG Steve Jobs wird die Feststellung zugeschrieben: »There are no experts for the future. It hasn’t happened yet.« Hinzugefügt soll der damalige Apple-CEO
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haben: »But we will be the experts in creating the future.«31 Wer Gegenwart wie Zukunft gestalten will, muss jedoch nicht nur ausgebildet, sondern gebildet sein. Hochschulen vermitteln zwar auch praktische Kenntnisse und Fähigkeiten, darüber hinaus aber deren historische und theoretische Grundlagen. Im Gegensatz zu schulischer Ausbildung und professionellem Training leistet ein künstlerisch-wissenschaftliches Studium Grundlegendes und langfristig Wirksames in dreierlei Hinsicht. Zum einen wird die stete Verwissenschaftlichung erfahrbar, der in der Neuzeit alle künstlerische Medienproduktion unterliegt, die Notwendigkeit einer Verbindung von künstlerischem Talent, technischem Knowhow und theoretisch-historischem Wissen. Wer auf rein handwerkliche Prozeduren rekurriert, fällt in repetitives Kunsthandwerk zurück. Auch die Entwicklung digitaler Spiele ist weniger Handwerks- als Wissensarbeit, wie sie Peter F. Drucker oder Robert Reich definiert haben: die permanente Generierung von Ad-Hoc-Lösungen, d.h. neuem Wissen; gewonnen in prozessualer Manipulation von Software-Symbolen.32 Solche Wissensarbeit erfordert hohen Bildungsstand. Zu ihm gehören, da digitale Spiele inhärent transmedial sind, nicht zuletzt Kenntnisse der Geschichte und Theorien aller Medien. Zum zweiten betreiben künstlerisch-wissenschaftliche Studiengänge jenseits der Vermittlung von Fachwissen die Bildung eigenständiger intellektueller und künstlerischer Persönlichkeiten. Denn unter den Bedingungen von Industrialisierung und Digitalisierung entsteht künstlerische wie wirtschaftliche Innovation nicht aus handwerklichem Können sowie historisch-theoretischem Wissen allein, sondern wesentlich aus der Befähigung zur kritischen Reflexion auf das eigene Medium und das eigene Tun. Für eine solche Persönlichkeitsbildung im Sinne der Artes Liberales sind die Ermutigung zum wissenschaftlich-künstlerischen Experiment und damit zum intellektuellen wie ästhetischen Wagnis essentiell.
31 Kent Clarks Antwort auf die Frage »What was it like to deliver a presentation to Steve Jobs?«, Quora, 14. Februar 2017, https://www.quora.com/What-was-itlike-to-deliver-a-presentation-to-Steve-Jobs 32 Vgl. zu dem Begriff Wissensarbeiter bzw. Knowledge Worker: Drucker, Peter F.: Post-Capitalist Society, New York NY: HarperBusiness 1993. Und zu dem Begriff Symbolic Analyst: Reich, Robert B., The Work of Nations: Preparing Ourselves for 21st-century Capitalism, New York: A.A. Knopf 1991.
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Zum dritten werden die Studierenden nicht schlicht über den Status Quo medialer Produktion informiert und trainiert, ihm zu genügen. Ziel ist vielmehr ein »Lernen lernen« im Rückgriff auf im Studium akkumulierte intellektuelle Ressourcen. Die Vermittlung historisch-theoretischen Wissens gepaart mit der Ermutigung, ein Selbst-Bewusstsein des eigenen Handelns zu entwickeln, soll die Absolventen befähigen, auf zukünftige technische wie ästhetische Veränderungen eigenständig reagieren zu können. Die fünfte These lautet daher: Zu den Zielen künstlerisch-wissenschaftlicher Bildung, wie sie staatliche Studiengänge anstreben, gehört neben der Vermittlung historisch-theoretischen Wissens die Formung intellektueller und künstlerischer Persönlichkeiten, die zu avancierter digitaler Wissensarbeit befähigt sind, d.h. zur eigenständigen Generierung von Wissen. Mit Blick auf die hohen Bewerberzahlen, die nahezu alle in diesem Band versammelten Games-Studiengänge haben, lässt sich ohne allzu große Übertreibung behaupten, dass die nachwachsenden Generationen das schneller erkannt haben als die Industrie und auch die meisten (aus-) bildenden Institutionen. Was mich zu den bestehenden quantitativen wie qualitativen Mängeln der staatlichen Studienangebote bringt.
6 Z AHL
DER
S TUDIENPLÄTZE
Die Recherchen für diesen Band ermittelten bundesweit neun Bachelor- und zehn Master-Studiengänge mit einem inhaltlichen Schwerpunkt auf digitalen Spielen. Je zwei dieser BA-Studiengänge werden angeboten in Bayern (Universität Bayreuth, Universität Würzburg) und Rheinland-Pfalz (Hochschule Trier), je einer in Berlin (Hochschule für Technik und Wirtschaft), Hessen (Hochschule Darmstadt), Nordrhein-Westfalen (TH Köln) und Sachsen-Anhalt (Hochschule Anhalt). MA-Studiengänge gibt es je zwei in Bayern (Hochschule Augsburg, Universität Bayreuth), Nordrhein-Westfalen (TH Köln), Rheinland-Pfalz (Hochschule Trier) und Sachsen-Anhalt (Hochschule Anhalt, Hochschule Harz), einen Studiengang in Hamburg (Hochschule für Angewandte Wissenschaften) sowie in Baden-Württemberg mehrere Verbundstudiengänge in Verbindung mit dem Institut für Games der Stuttgarter Hochschule für Medien. Diesem eher schmalen Angebot stehen hohe Bewerberzahlen gegenüber. Bei den meisten hier vorgestellten grundständigen Studiengängen übertrifft
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die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber die Zahl der Studienplätze erheblich. Am Cologne Game Lab z. B. kann nur ein knappes Zehntel derjenigen angenommen werden, die sich für den Bachelor Digital Games bewerben. Etwas besser sieht es bei den Master-Studiengängen aus. Für sie erhält die knappe Hälfte der Bewerberinnen und Bewerber einen Studienplatz. Insgesamt ist jedoch ein deutliches Missverhältnis zwischen Nachfrage und Angebot festzuhalten. Auf der einen Seite stehen die Faszination, die digitale Spiele als Berufsfeld auf viele Jugendliche ausüben, sowie die ökonomische Relevanz des populären Mediums; auf der anderen Seite die Unwilligkeit der meisten deutschen Hochschulen und Universitäten, entsprechende BA- und MA-Studiengänge einzurichten. Insbesondere das Fehlen von Game-Studies-Mastern und Promotionsmöglichkeiten steht in Widerspruch zu dem wachsenden kulturellen Einfluss digitaler Spiele. Meine sechste These lautet: Das staatliche Studienangebot im Bereich digitaler Spiele ist im Umfang unzulänglich. Es erfüllt weder die Bedürfnisse der Studierenden noch wirtschaftliche und kulturelle Erfordernisse.
7 G RAD
DER
S PEZIALISIERUNG
Eine zweite große Schwäche der staatlichen Angebote resultiert aus verbreiteten Versuchen, Elemente eines Games-Studiums in existierende Studiengänge als Subspezialisierungen zu integrieren: im Bereich der praktischen Spieleentwicklung in Fächer wie Informatik, Medieninformatik, Animation, Interface Design und Interaction Design; im Bereich der theoretischen und empirischen Spiel- und Spieleranalyse in geisteswissenschaftliche Fächer wie Film-, Literatur- und Medienwissenschaft oder in sozialwissenschaftliche Fächer wie Psychologie, Medienpädagogik oder Medienökonomie. Den gegenwärtigen Zustand kennzeichnet daher, dass digitale Spiele an den meisten staatlichen Hochschulen noch nebenbei unterrichtet werden, d.h. durch Lehrende anderer Denominationen und Disziplinen, die in ihre Curricula die Auseinandersetzung mit Games gewissermaßen einschmuggeln. Meine siebte These: Lehre wie Forschung im Bereich digitaler Spiele folgt an den meisten deutschen Hochschulen und Universitäten bislang einem halbherzigen ›Nebenbei‹-Prinzip und ermangelt daher ausreichender Professionalisierung und Spezialisierung.
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8 I NTEGRATION T HEORIE
UND
P RAXIS
Ein dritter Mangel der staatlichen Angebote im Bereich digitaler Spiele resultiert aus den Strukturen des deutschen Bildungssystems: seiner relativ strikten Zweiteilung zwischen wissenschaftlich-theoretischen Studiengängen, die an Universitäten angesiedelt sind, und künstlerisch-handwerklichen Studiengängen, wie sie von Fach- und Kunsthochschulen angeboten werden. Dagegen finden sich beispielsweise in den USA wissenschaftliche wie künstlerische Studiengänge und auch die einflussreichsten Game-Studies- und Game-Design-Professuren an führenden Universitäten wie der New York University (Eric Zimmerman),33 der Carnegie Mellon University (Jesse Schell),34, dem Georgia Institute of Technology (Ian Bogost, Janet Murray) oder der University of Southern California (Tracy Fullerton).35 Unter der hiesigen Zweiteilung leiden in Lehre wie Forschung vor allem die Disziplinen, die sich mit Medien und Künsten beschäftigen – Literatur, Bildende Kunst, Musik, Theater, Film und Games. Die Notwendigkeit einer Verschränkung von Theorie und Praxis wurde bereits vor einem Jahrzehnt von Ian Bogost, Michael Mateas und Janet Murray beschrieben: »If the Game Production programs rally around the cry ›You play games, now learn to make them‹; and if the Game Studies programs declare, ›You play games, now learn to study them,‹ then we might respond, ›You must make games to study them, and you must study games to make them.‹«36
33 Vgl. http://gamecenter.nyu.edu/faculty/eric-zimmerman/ und z.B. Salen, Katie/ Eric Zimmerman: Rules of Play: Game Design Fundamentals, Cambridge, Mass.: MIT Press (Kindle Edition) 2003. 34 Vgl. http://www.etc.cmu.edu/blog/author/jschell/ und z.B. Schell, Jesse: The Art of Game Design: A Book of Lenses, Amsterdam und Boston: Elsevier/Morgan Kaufmann (Kindle Edition) 2008. 35 Vgl. http://cinema.usc.edu/directories/profile.cfm?id=6513&first=&last=&title= &did=18&referer=%2Finteractive%2Ffaculty.cfm&startpage=1&startrow=1 und z. B. Fullerton, Tracy: Game Design Workshop: A Playcentric Approach to Creating Innovative Games, 3rd edition., Boca Raton: CRC Press/Taylor & Francis 2014. 36 Murray, Janet/Bogost, Ian/Mateas, Michael/Nitsche, Michael: »Asking What Is Possible: The Georgia Tech Approach To Game Research and Education«, in:
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Wer die Curricula von Games-Studiengängen entwirft, sollte sich diese Einsicht zu Herzen nehmen.37 Denn einerseits bedarf jede Theorie, die sich mit ästhetischen Artefakten und Prozessen auseinandersetzt, der Information durch die künstlerische Praxis. Nur durch Kenntnis der künstlerischen und auch technischen Produktionsverfahren kann Theorie erfassen, was sie zu begreifen versucht. Insofern ist in der Lehre und Forschung zu Medien und Künsten stets die Perspektive der Produktion mit zu bedenken. Andererseits erlaubt die Lösung von den unmittelbaren Anforderungen künstlerischer Praxis weiterreichende Einsichten. Die unmittelbare Gegenwart des jeweiligen Mediums lässt sich so mit seiner eigenen wie generell der Vergangenheit aller künstlerischen Produktion verbinden. Darüber hinaus erlaubt die Entfernung von der Praxis auch, die Grenzen des Mediums wie des Medialen überhaupt zu transzendieren – also das Wissen über einzelne Medien und Künste mit anderen Wissensbereichen zu verbinden, etwa von den anderen Medien und Künsten, von eigenen und anderen Kulturen, von Psychologie oder Pädagogik, von Gesellschaft, Wirtschaft oder Natur. Die achte These lautet: Für erfolgreiche künstlerisch-wissenschaftliche Lehre und Forschung im Feld digitaler Spiele ist die Anstrengung wesentlich, jene unglückliche Kluft gar nicht erst entstehen zu lassen, die sich in den älteren Medien und Künsten – Literatur, Bildende Kunst, Musik, Film, Fernsehen – zwischen der künstlerischen Praxis und ihrer wissenschaftlichen Reflektion aufgetan hat.
9 G AME L ITERACY Neue Technologie führte noch stets zu nachhaltiger Modifikation überkommener Organisationsformen von Lernen und Arbeiten. Die Notwendigkeiten analoger Produktion im Allgemeinen und industrieller Produktion im
International Digital Media and Arts Association Journal 2, no. 1 (Spring 2005), S. 59-68, hier S. 67. 37 Die Konzeption der Bachelor und Masterstudiengänge am Cologne Game Lab bedachte den notwendigen Zusammenhang von Theorie und Praxis: von sieben Professuren sind anderthalb für theoretisch-historische Instruktion reserviert. Eine solche Integration von künstlerischer und wissenschaftlicher Ausbildung ist einzigartig in Deutschland.
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Besonderen – lineare Prozesse, die auf eine Endmontage zulaufen – affizierten seit dem 19. Jahrhundert alle Bereiche der Gesellschaft. Hierarchische Strukturen, fortgeschrittene Arbeitsteilung, lineare Abfolgen bestimmen bis heute viele Verwaltungs- wie (Aus-) Bildungsprozesse. Mit ihrer Virtualisierung verliert Arbeit freilich ihre notwendige Anbindung an festgelegte hierarchisch-zeitliche Abläufe. Mit der Durchsetzung digitaler Technologie wächst zudem der Anteil von immaterieller Produktion an der Wertschöpfung. Sie geschieht wesentlich in Wissensarbeit, d.h. über die vernetzte Manipulation virtueller Symbole. An die Stelle linear-verorteter Sukzession tritt dabei iteratives Durchspielen und distribuierte Kollaboration. Wissensarbeit muss, um erfolgreich zu sein, experimenteller und spielerischer vorgehen.38 In diesem Kontext einer kulturellen Ludifizierung gewinnen digitale Spiele eine Schlüsselfunktion. In ihrem interaktiven Spiegel erfahren wir uns selbst und suchen zu verstehen, was lebensweltlich im Begriff ist zu entstehen.39 Wie einst der Film die Erfahrungen der Industrialisierung gestaltete, so drücken sich heute in Games die Erfahrungen der Digitalisierung aus. An die Stelle der Maschine als dominierende Metapher industrieller Kultur tritt das Spiel als Metapher einer Kultur, die von Wissensarbeit geprägt wird. Insofern besitzt die Vermittlung des notwendigen historisch-theoretischen Grundlagenwissens und interpretatorischer Fähigkeiten, um Spiele in ihrem kulturhistorischen Kontext und in ihrer zeitgenössischen ästhetischen Wirkung begreifen zu können, eine besondere gesellschaftliche Bedeutung. Hochschulischer Forschung und Lehre fällt die Aufgabe zu, Grundlagenwissen und hermeneutische Verfahren bereitzustellen, um Spiele sowohl in ihrem kulturhistorischen Kontext wie in ihrer zeitgenössischen ästhetischen Wirkung begreifen zu können. Meine neunte These lautet: Wichtigstes Ziel der künstlerisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit digitalen Spielen und einer auf ihr beruhenden Lehre muss die Erforschung und Vermittlung von Games Literacy
38 Vgl. Chaplin, Heather: »Will The 21st Century Be Defined By Games?«, in: Kotaku, 12. September 2013, http://www.kotaku.com.au/2013/09/will-the-21stcentury-be-defined-by-games/ 39 Vgl. dazu Vf.: »Im Spiegel der Spiele. Games in der digitalen Kultur«, in: Benjamin Beil, Philipp Bojahr, T. Sofie Taubert (Hrsg.): Im Spielrausch. Streifzüge durch die Welten des Theaters und des Computerspiels, Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch 2017, S. 113-124.
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sein – der Befähigung, innerhalb des komplexen und kulturell geprägten medialen Systems digitaler Spiele souverän navigieren und durch kritische Analyse und Interpretation eigenständig Bedeutungszusammenhänge erkennen zu können.
10 K ONSEQUENZEN
AKADEMISCHER
B ILDUNG
Ausblickend stellt sich die Frage: Was werden diese – gerade erst entstandenen – Studiengänge bewirken? Unstrittig formen sie künstlerische Persönlichkeiten, die sonst entweder keine Spiele oder andere Spiele produziert hätten. Insofern verändert die Akademisierung die ästhetische Produktion. Jenova Chen, Absolvent der University of Southern California, Mitbegründer von thatgamecompany und Designer u.a. der preisgekrönten Spiele FLOWER40 und JOURNEY,41 beschreibt diese Wirkung akademischer Bildung: »[...] I was able to read and speak about game design in an academic way. This design vocabulary is going to replace ›fun‹ and ›cool,‹ allowing you to see deeper into video games. Video games are so new that the theories and rules applied in this field usually come from elsewhere. I learned theories from film, screenwriting, and psychology, and I came up with my own rules out of them. If I hadn’t gone to grad school, I probably would have never touched those areas.«42
Um die mittel- und langfristigen Konsequenzen zu erahnen, die aus der Akademisierung der Spieleentwicklung resultieren, bietet sich wiederum als historisches Modell der Film an, d.h. das Verhältnis kommerzieller Filmproduktion, akademischer Filmwissenschaft und künstlerisch-wissenschaftlicher Instruktion. In den zentralen Filmländern der demokratischen Welt entstanden sowohl die akademische Filmwissenschaft als auch die ersten künstler-
40 FLOWER (Sony Computer Entertainment 2009, O: Thatgamecompany/Bluepoint Games) 41 JOURNEY (Sony Computer Entertainment 2012, O: Thatgamecompany) 42 Zitiert nach Fullerton et al.: Game Design Workshop, loc. 5066.
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ischen Studiengänge an Filmhochschulen erst in den 1960er Jahren, als der Film bereits über ein halbes Jahrhundert alt war.43 Die Folgen für den Film als Kunst wie als Branche waren drastisch und von langfristiger Wirkung. Die erste film school generation, die erste Kohorte von Absolventen amerikanischer Filmhochschulen – u.a. George Lucas, Martin Scorcese, Robert Zemeckis, Brian de Palma –, begründete das New Hollywood-Kino und revolutionierte damit die Traumfabrik; zunächst in den sechziger und siebziger Jahren durch künstlerische Erneuerung, in den achtziger Jahren dann durch ökonomische Erneuerung, wie fragwürdig das Blockbuster-Kino auch sein mag. Vergleichbares geschah in der Bundesrepublik. Zu den ersten Absolventen westdeutscher Filmhochschulen gehörten in München Wim Wenders und Bernd Eichinger, in Berlin Wolfgang Petersen. Auch ihr Werk steht für einen künstlerischen und wirtschaftlichen Entwicklungsschub. Ein wesentlicher Grund für den filmhistorischen Bruch, den die ersten akademisch ausgebildeten Filmemacher verantworteten, dürfte in der fortgeschrittenen film literacy liegen, die sie während ihres Studiums erwarben – im Gegensatz zu den älteren Generationen primär handwerklich geprägter Filmemacher. Ähnliches lässt sich für digitale Spiele erhoffen, wiederum im Zuge des Übergangs von handwerklicher, industrieinterner Schulung zu künstlerisch-wissenschaftlicher Hochschul-Ausbildung und der damit verbundenen Entwicklung und Vermittlung von Games Literacy. Wir können insofern auf einen künstlerischen wie wirtschaftlichen Entwicklungsschub hoffen und damit verbunden auf eine Reifung des Mediums. Sie hätte sich auch in einem neuen Selbstbewusstsein niederzuschlagen, einer gewandelten Selbsteinschätzung und Selbstschätzung aller, die sich mit Games beschäftigen – ob wissenschaftlich oder künstlerisch, ob in intellektueller oder wirtschaftlicher Absicht.
43 Bald 40 Jahre nach dem Tonfilm, gut 70 Jahre nach dem Stummfilm. – Wo weniger ökonomische und mehr politische Interessen die Entwicklung bestimmten, kam es früher zur Gründung von Filmhochschulen: etwa in den kommunistischen UDSSR der 1920er Jahre, im faschistischen Italien der 1930er Jahre, im von den Nationalsozialisten besetzten Frankreich der 1940er Jahre, in der DDR der frühen 1950er Jahre.
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F ILM THE GOOD, THE BAD, AND THE UGLY (Italien 1966, R: Sergio Leone)
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S PIELE FLOWER (Sony Computer Entertainment 2009, O: thatgamecompany/Bluepoint Games) JOURNEY (Sony Computer Entertainment 2012, O: thatgamecompany)
Teil I: Lehre und Forschung
1 Game Studies
Loading... Game Studies und Medienkulturwissenschaften1 B ENJAMIN B EIL
P RAXIS I (Z UGÄNGE ) Eigentlich war die Ausgangslage nie besser. Game Studies in den Medienkulturwissenschaften – oder genauer: Computerspiele als Gegenstand universitärer Lehre – erfreuen sich großer Beliebtheit... Normalerweise folgen an dieser Stelle einige bedeutungsvolle Worte zur wachsenden kulturellen Bedeutung des Computerspiels, die einen Einzug dieses ›neuen‹ Mediums in universitäre Lehrpläne scheinbar geradezu unumgänglich machen. Dieses Argument ist zweifelsohne wichtig und richtig (auch wenn die genauen Kausalitäten oft recht diffus bleiben), soll aber an dieser Stelle übersprungen werden, um sich drei weniger schillernden, aber stärker an der universitären (Lehr-)Praxis orientierten Thesen zuzuwenden. Game Studies erfreuen sich großer Beliebtheit, weil es, erstens, eine stetig wachsende Zahl an hochkarätigen Publikationen gibt, mit denen Dozierende die Leselisten ihrer Seminare und Studierende die Bibliographien ihrer Hausarbeiten füllen können. Zweitens wächst die Gruppe derjenigen, die mit
1
Disclaimer: Dieser Beitrag versteht sich als eine Polemik. Es handelt sich um eine höchst subjektiv gefärbte Momentaunahme, die durch ihren Hang zum Anekdotischen und den engen Fokus auf die Medienkulturwissenschaft an der Universität zu Köln keinerlei Anspruch auf eine Verallgemeinerung ihrer Thesen erheben kann – es als Polemik aber natürlich immer wieder tut.
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Computerspielen ›sozialisiert‹ wurden, so dass Lehrangebote in der Regel nicht mehr als ›Orchideen-Kurse‹ wahrgenommen werden, für die nur eine kleine Anzahl Studierender (im besten Fall als Gamer, im schlimmsten Fall als Nerds bekannt) zu begeistern ist. Vor allem aber haben sich, drittens, Computerspiele selbst in einer Weise weiterentwickelt – oder etwas weniger wertend: ausdifferenziert –, die die akademische Analyse und Theoriebildung begünstigt oder eben zumindest vereinfacht bzw. beschleunigt.2 Gerade dieses dritte Argument mag aus medienhistorischer Perspektive unseriös erscheinen, schließlich ist die ›analytische Zugänglichkeit‹ eines Gegenstands kein Kriterium für seine ästhetischen Qualitäten, oft ist eher das Gegenteil der Fall. Jedoch soll der Fluchtpunkt dieser Argumentation zunächst kein medientheoretischer bzw. -historischer sein, sondern ein viel profanerer: Wie lassen sich die ›medialen Besonderheiten‹ eines Computerspiels pointiert erklären? Die Faszination von abstrakten Geschicklichkeits- oder Puzzle-Spielen, wie PONG, PAC-MAN oder TETRIS erschließt sich normalerweise auch ›NichtSpielern‹ innerhalb kurzer Zeit; ohnehin sind alle drei Titel längst fester Bestandteil der Populärkultur. Jedoch bilden abstrakte Puzzle-Spiele eben nur einen kleinen Teil des ästhetischen Repertoires zeitgenössischer Computerspiele ab. Andere neuere und ältere Klassiker wie DOOM oder HALF-LIFE, CIVILIZATION oder STARCRAFT, GRAND THEFT AUTO III oder FINAL FANTASY VII lassen sich wesentlich schwieriger medienanalytisch, -historisch und -theoretisch ›auf den Punkt bringen‹. So mag ein Rollenspiel wie FINAL FANTASY VII zwar unzähligen Erfahrungsberichten nach einen Großteil seiner Spielerschaft zu Tränen gerührt haben. Jedoch scheint diese emotionale Erfahrung ›außerhalb‹ der über 50-stündigen Spielzeit dieses JRPGs nur schwer erklär- und schon gar nicht reproduzierbar zu sein. Für NichtKenner wirken die zentralen – aber isolierten – Spielsequenzen und Cut-
2
Vielleicht erscheinen diese drei Thesen aus Sicht anwendungsorientierter Studiengänge eher abseitig. Sie verweisen jedoch auf eine in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedliche Ausgangssituation. Die Medien(kultur)wissenschaften sind an vielen Universitäten zu einem Massen-Fach aufgestiegen, d.h. man hat es normalerweise mit großen, heterogenen Studierendengruppen zu tun – oder anders formuliert: Ein Fach- oder Vorwissen zu Computerspielen kann in der Regel nicht oder nur in begrenztem Maße vorausgesetzt werden.
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scenes allenfalls wie ein sehr durchschnittlicher Anime mit kantigen Figurenmodellen. Ein Indie Game wie THE STANLEY PARABLE hingegen demonstriert in nicht einmal zehn Minuten, warum es Anfang der 2000er Jahre – so will es zumindest die Gründungslegende der Game Studies – einen Streit zwischen Ludologen und Narratologen gab. Das prototypische Art Game PASSAGE ist nicht nur ein hervorragendes Beispiel für Pixel Art, sondern zeigt in knapp fünf Minuten mit einer eindrucksvollen Leichtigkeit die ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten des Computerspiels abseits spielerischer Herausforderungen auf. Und selbst der Walking Simulator WHAT REMAINS OF EDITH FINCH benötigt für seine faszinierenden intermedialen Reflexionen (u.a. zu Comics, Daumenkinos und Fotokameras) höchstens zwei Stunden. Bei dieser Aufzählung kurzer, meist experimenteller Spiel geht es freilich nicht darum, FINAL FANTASY VII und anderen ›langen Formen‹ ihre Bedeutung abzusprechen – im Gegenteil. Jedoch stellen viele ›Klassiker‹ der Computerspielgeschichte zwar einen Zielpunkt, aber eben auch einen denkbar ungeeigneten Einstiegspunkt in die Game Studies dar. Indie Games und Art Games hingegen, die sich als ›Genre‹ (oder Gattung?) erst in den letzten Jahren durchgesetzt haben3, reflektieren und ›dokumentieren‹ auf pointierte und – in diesem Fall buchstäblich – spielerische Art und Weise die aktuellen medienästhetischen Ausdifferenzierungen des Computerspiels und öffnen das Medium dabei ›ganz nebenbei‹ für größere (eben u.a. akademische) Zielgruppen. Bei diesem Argument geht es also gerade nicht darum, in irgendeiner Form Kategorien wie Nischen- und Massenkultur (dazu später mehr) oder Hoch- und Populärkultur gegeneinander auszuspielen. Ohnehin darf das Ziel nicht nur darin bestehen, spielunerfahrenen Studierenden ein grundlegendes Verständnis des ästhetischen Formenrepertoires von Computerspielen zu vermitteln oder gar ein weiterführendes Interesse zu wecken. Ebenso entscheidend ist es, bei spielerfahrenen Studierenden, den analytischen Blick auf das Medium zu schärfen und sie für theoretische Abstraktionen jenseits eines enzyklopädischen (›Nerd‹-)Wissens zu sensibilisieren.
3
Vgl. u.a. Freyermuth, Gundolf S.: »Ursprünge der Indie-Praxis. Zur Prähistorie unabhängigen Game Designs«, in: Winfred Kaminski/Martin Lorber (Hg.), Gamebased Learning. Clash of Realities, München: kopaed 2012, S. 313-326.
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P RAXIS II (R EALITY C HECK ) Abseits all dieser euphorisch stimmenden Entwicklungen sorgt ein Blick in die Vorlesungsverzeichnisse deutscher Universitäten jedoch auch im Jahr 2018 in den meisten Fällen eher für Ernüchterung. Denn während die meisten Fach- und Technischen Hochschulen sowie einige Kunsthochschulen das Thema Computerspiele bereits vor Jahren für sich entdeckt haben, wie der vorliegende Band eindrucksvoll belegt, bleiben Game Studies-Kurse (als Theorie-Kurse) im universitären Bereich meist singuläre Erscheinungen. Obwohl bei allen drei genannten Kriterien – die akademische und gesellschaftliche Verbreitung des Mediums sowie seine Zugänglichkeit – gerade in den letzten Jahren eine deutliche Entwicklung auszumachen ist, findet an Universitäten die Computerspielforschung immer noch vorwiegend als Game Design-Schwerpunkt in Informatikstudiengängen statt. Ein Fallbeispiel: Im Wintersemester 2013/14 konnten die Studierenden der medienkulturwissenschaftlichen Studiengänge der Universität zu Köln aus insgesamt neun verschiedenen Kursen zum Thema Game Studies auswählen. Angefangen bei der Ringvorlesung NewGame Plus – Neue Perspektiven der Game Studies über Seminare u.a. zu Game Modding und Game Art bis hin zu einem Projektkurs, in dem ein Location-based Game für das Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) konzipiert wurde. Ein Blick in die Modulhandbücher des Instituts für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln verrät jedoch: Es gibt hier keinen Studiengang Game Studies. Es gibt noch nicht einmal ein Modul, das auf Computerspiele verweist. Erst in einigen Beschreibungstexten findet sich der Begriff – und dann auch stets als Teil einer Aufzählung, meist an letzter Stelle hinter Film, Funk und Fernsehen, als jüngster Spross der Medienfamilie. Was war passiert? Im Wintersemester 2012/13, wurde am Institut für Medienkultur und Theater eine Juniorprofessur für »Medienwissenschaft mit Schwerpunkt Digitalkulturen« besetzt, so dass in diesem Semester erstmals zwei Game Studies-Kurse angeboten werden konnten. Ein Jahr später konnte das Angebot durch die Schaffung von zwei neuen Lecturer-Stellen auf neun Kurse erhöht werden. Wiederum ein Jahr später schrumpfte die Zahl der Game Studies-Seminare jedoch wieder, im Wintersemester 2014/15 waren es nur noch vier Kurse. Für das kommende Wintersemester sind wieder nur zwei Kurse geplant. Interessanterweise sind die Gründe für diese erheblichen Schwankungen vorwiegend struktureller Natur: Veränderungen bei den
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Hochschulpakt- (HSP) und Qualitätsverbesserungsmitteln (QVM), ein kurzzeitiger Anstieg der Studierendenzahlen (doppelte Abiturjahrgänge) und daraus resultierend vor allem Wechsel auf personeller Ebene. Freilich ist eine solche Aufzählung nur eine Momentaufnahme und natürlich mag sie ein Extrembeispiel darstellen. Der Punkt, der hier herausgestellt werden soll, ist jedoch, dass Kursangebote zum Thema Computerspiele von strukturellen Veränderungen in der universitären Lehre oftmals im besonderen Maße betroffen sind. Denn bezeichnenderweise, um noch einmal das Beispiel Köln aufzugreifen, zeigte das Kursangebot im Bereich Theater, Film und Fernsehen in den letzten Jahren eine deutlich geringere Fluktuation – schlicht, weil diese Themen einerseits klarer im Lehrprogramm verankert sind und weil sie andererseits deutlich öfter zum ›Standard-Kurs-Repertoire‹ von Medienkulturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern gehören. Es mag zwar mühselig erscheinen, eine Argumentation über solche Einzelfälle anzustoßen, doch wenn sowohl die Computerspielforschung (siehe oben) wie auch die gesellschaftliche Bedeutung von Computerspielen (siehe unten) die schleppende Durchsetzung der Game Studies an Universitäten nicht erklären können, bleibt zunächst nur ein Blick auf strukturelle Aspekte. Noch einmal: ›Neue Medien‹ wie Computerspiele oder auch das Internet – die scheinbar auch nach Jahrzehnten immer noch als neu gelten, schließlich ist seitdem noch kein neueres Medium am Horizont erschienen – sind in den Medienkulturwissenschaften in aller Munde, aber bislang kaum institutionalisiert. So kann man zwar auch den Kölner Medienkulturwissenschaften nicht unterstellen, dass sie das Computerspiel nicht mitdenken würden, genauso wie die anderen so genannten neuen Medien stets mitgedacht werden. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Umbenennung im Jahr 2012: Aus dem Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft wurde das Institut für Medienkultur und Theater, die Strategie der additiven Namensgebung war ausgereizt. Hinzu kam ebenfalls 2012, wie bereits erwähnt, die Schaffung einer Juniorprofessur für »Medienwissenschaft mit Schwerpunkt Digitalkulturen«, die über ihre Denomination die Bedeutung der neuen – scheinbar selbstverständlich: digitalen – Medien betont. Doch im Zuge einer inzwischen nahezu vollständig ›durchdigitalisierten‹ Medienlandschaft, scheint es auch hier nicht ganz überzeugend, mit dem Verweis auf »Digitalkulturen« einen Schwerpunkt Game Studies auszurufen, wenn altehrwürdige Medien wie Film und Literatur ebenfalls längst digitale Medien geworden sind.
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CAN ’ T HAVE YOUR CAKE AND EAT IT .)
Natürlich ist eine solche Argumentation gleich in zweierlei Hinsicht wenig zielführend: Erstens scheint es gerade an einer großen Universität wie Köln unumgänglich, den Bereich Medien möglichst breit abzudecken und sich nicht in vermeintlich kurzlebigen Trends und Spezialisierungen zu verzetteln. Zweitens sind Studiengangsbezeichnungen und Denominationen in den meisten Fällen bewusst offen gehalten und geben nur einen groben Rahmen vor, der erst durch Personen mit Leben gefüllt werden muss. Mehr noch sind offene Denominationen geradezu unerlässlich für die akademische Weiterentwicklung eines Faches: Sie öffnen das Fach für neue Strömungen, erhöhen die Mobilität und Flexibilität der Lehrenden und verhindern (zumindest in der Theorie) gezielt auf bestimmte Personen zugeschnittene Stellenanzeigen (›Kronprinzen‹ in Berufungskommissionen). Umgekehrt bedeutet diese Offenheit aber auch, dass inhaltliche Schwerpunktsetzungen und – vielleicht noch entscheidender – die inhaltliche Kontinuität eines Standorts eben in hohem Maße von einzelnen Personen abhängen. Noch einmal: Es hat zweifelsohne viele Vorteile, dass es nicht Dutzende verschiedene ›Einzelmedien-Wissenschaften‹ gibt, sondern dass das Fach Medienkulturwissenschaft – in seiner ganzen Breite und Vielfalt – inzwischen an nahezu jeder deutschen Universität zu finden ist. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist jedoch, dass selbst etablierte Massenmedien wie das Fernsehen und der Film kaum spezialisierte universitäre Studiengänge hervorgebracht haben, sondern allenfalls in Form einzelner Studiengangsmodule ›institutionalisiert‹ sind.4 Dies bringt gerade den akademischen Nachwuchs in eine leicht schizophrene Lage. Einerseits ist eine Spezialisierung
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Man könnte an dieser Stelle natürlich vortrefflich darüber streiten, ob der Filmoder der Fernsehwissenschaft diese fehlende Institutionalisierung geschadet hat. Die äußerst lebendige Tagungs-, Workshops- und Publikationslandschaft deutet auf den ersten Blick nicht darauf hin. Auf die konkreten Auswirkungen auf akademische Karrieren (bzw. Karriereplanungen) lässt diese Entwicklung aber nur bedingt Rückschlüsse zu. Vgl. hierzu auch Freyermuth, Gundolf S.: »Angewandte Medienwissenschaften. Integration künstlerischer und wissenschaftlicher Perspektiven in Lehre und Forschung«, in: Beatrice Ottersbach/Thomas Schadt (Hg.), Filmlehren. Ein undogmatischer Leitfaden für Studierende, Berlin: Bertz + Fischer 2013, S. 263-278.
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natürlich gewünscht, andererseits sollte die Nische aber auch nicht zu eng sein, schließlich fordert nahezu jede Stellenausschreibung, dass die Bewerberin oder der Bewerber das Fach in der Lehre »in seiner ganzen Breite« vertreten soll. Eine Spezialisierung ist also riskant und der einzige Weg, um dieses Risiko zu mindern, ist, so scheint es, eine möglichst breite Nische zu wählen. Denn wenn Berufungskommissionen in der Regel interdisziplinär besetzt sind (und auch das ist gut so!), ist ein Film- oder Fernsehschwerpunkt am Ende vielleicht doch anschlussfähiger oder ein medienhistorisches Thema seriöser als ›irgendwas mit Computerspielen‹. Was tun? Game Studies müssen anschlussfähig(iger) werden. Game Studies müssen seriös(er) werden. Es gibt gute Gründe dafür, dass im akademischen Elfenbeinturm nicht jeder mediale Trend sofort zu euphorischen oder apokalyptischen Hysterien führt (in den meisten Fällen zumindest). Doch natürlich erscheint es äußerst unbefriedigend, wenn der Rat lautet, den Durchbruch der Game Studies einfach abzuwarten – zumal dieser Durchbruch zumindest im deutschsprachigen Raum schon seit nunmehr gut einem Jahrzehnt prophezeit wird, ohne dass sich spürbar etwas geändert hätte. Zwar scheinen die Game Studies einerseits die Herausforderung einer ›Verbreiterung‹ des Faches mehr oder weniger gut gemeistert zu haben, zumindest sind institutionelle Grabenkämpfe einer thematischen Vielfalt gewichen.5 Andererseits ist diese Ausdifferenzierung jedoch nicht mit einer Reflexion und Stabilisierung der disziplinären Zugänge gleichzusetzen, denn obwohl Konferenzen, Dissertationen bzw. Habilitationen sowie Sammelbände zum Computerspiel mittlerweile keine Kuriositäten mehr darstellen, ist eine nachhaltige Institutionalisierung oder auch Konsolidierung eben kaum eingetreten – teils ist gar ein latenter ›Rückzug‹ in Subdisziplinen etablierter Fächer auszumachen (siehe unten). Damit bleibt die Computerspielforschung jedoch
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Vgl. u.a Neitzel, Britta/Nohr, Rolf F. (2010): »Game Studies«, in: Medienwissenschaft. Rezensionen 4 (2010), S. 416-435; GamesCoop (Hg.), Theorien des Computerspiels. Zur Einführung, Hamburg: Junius 2012; Sachs-Hombach, Klaus/ Thon, Jan-Noël (Hg.): Game Studies: Aktuelle Ansätze der Computerspiel-forschung, Köln: Herbert von Halem 2015.
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ein akademischer ›Liebhaberdiskurs‹, ein ›zweites Standbein‹, das neben dem ›offiziellen‹ Forschungsinteresse existiert.6
T HEORIE (C OMPUTERSPIELE , EIN N ISCHEN -M ASSEN -M EDIUM ) Freilich sind solche Spekulationen über strukturelle Gründe nicht nur mühselig, sondern letztlich auch kaum verallgemeinerbar, da jeder Standort ganz unterschiedlich gewachsene Hierarchien, Sympathien und Feindschaften aufweist. Abseits aller struktureller (Ab-)Gründe, soll deshalb im letzten Abschnitt dieses Essays der Versuch unternommen werden, das Fremdeln der Medienkulturwissenschaft mit dem Medium Computerspiel medienkulturwissenschaftlich zu erklären. »Video games are a pop-cultural paradox – ridiculously lucrative but strangely sequestered, simultaneously entertainment’s biggest niche and its final frontier. If video games are the future, they have, for some reason, remained a future non-gamers have 7
safely ignored.«
Wie kaum ein anderes Medium haben sich Computerspiele in den letzten Jahrzehnten zu einem ökonomisch bedeutenden Massenphänomen entwickelt, dessen öffentliche Wahrnehmung jedoch stetig zwischen Skepsis und Euphorie schwankt – zwischen ›Killerspiel‹ und ›Kulturgut‹.8 Zwar scheint
6
Vgl. Beil, Benjamin/Freyermuth, Gundolf S./Gotto, Lisa (Hg.): New Game Plus. Perspektiven der Game Studies. Genres – Künste – Diskurse, Bielefeld: transcript 2014.
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Rivera, Joshua: »Why Video-Game Culture Is Stuck Between Leftism and Libertarians«, http://www.vulture.com/2015/10/gamers-stuck-between-leftists-and-lib ertarians.html vom 26.10.2015.
8
Drews, Albert (Hg.): Kulturgut Computerspiel? Ein Mediengenre zwischen Schmuddelimage und Akzeptanz, Rehburg-Loccum: Evangelische Akademi Loccum 2012; Hensel, Thomas: »Rohes Entertainment oder raffiniertes Kulturgut? Überlegungen zum Computerspiel«, in: Stefan Hradil (Hg.), Der Alltag der digitalen Gesellschaft – Chancen und Risiken, Mainz: Akademie der Wissenschaften und der Literatur 2015, S. 9-15.
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die ›Killerspiel‹-Debatte langsam aber sicher der Vergangenheit anzugehören: Während Anfang der 2000er sich noch Titel wie Digital Spielen, real morden!9 in den Bestsellerlisten fanden, listet amazon.de Anfang 2017 kurioserweise den Titel Killer-Sudoku 4: Hardcore. Die schwierigsten Rätsel der Welt als einen der ersten Suchvorschläge zum Thema. Der Spiegel titelte Anfang 2014 gar: »Spielen macht klug – Warum Computerspiele besser sind als ihr Ruf«.10 Doch natürlich ist dies nur die eine Seite der Medaille, denn neben einer inzwischen oft erfreulich facettenreichen Berichterstattung über Computerspiele zeigte – ebenfalls im Jahr 2014 – die durch unverhohlenen Sexismus geprägte GamerGate-Kontroverse, dass der neuerdings scheinbar ›gute Ruf‹ der Computerspielkultur schnell wieder ins Gegenteil umschlagen kann.11 Christian Huberts fasst diese Entwicklung 2015 pointiert im Titel eines Essays zusammen: »Die wollen nur spielen – leider. Und jetzt alle im Chor: Games sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen! – Nein, sind sie nicht. Industrie, Politik und Spielende machen es sich im Stillstand bequem.«12 Aus medienkulturwissenschaftlicher Perspektive präsentieren sich Computerspiele somit in einer stetigen Oszillation zwischen Nischen- und Mas-
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Fromm, Rainer: Digital spielen – real morden? Shooter, Clans und Fragger, Marburg: Schüren 2002.
10 Der Spiegel, 3/2014, http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2014-3.html vom 13.01.2014. 11 Vgl. u.a. Sigl, Rainer (2014): »#GamerGate: Spieler-Revolution oder Rückzug ins Ghetto?«, http://derstandard.at/2000005205238/GamerGate-Spieler-Revolution-oder-Rueckzug-ins-Ghetto vom 06.09.2014; Cross, Katherine: »›We Will Force Gaming to be Free‹. On GamerGate and the License to Inflict Suffering«, http://www.firstpersonscholar.com/we-will-force-gaming-to-be-free/ vom 08.10. 2014; Golding, Dan: »The End of Gamers«, http://dangolding.tumblr.com/ post/95985875943/the-end-of-gamers vom 28.08.2014. Beachtenswert an der GamerGate-Kontroverse ist vor allem, dass sie, im Gegensatz zur ›Killerspiel‹Debatte, die maßgeblich ›von außen‹ an die Gaming Culture herangetragen wurde, in erster Linie ›innerhalb‹ der Computerspielkultur entstanden und damit und vor allem durch ein ›Abschmelzen‹ von Subkulturen kennzeichnet ist. 12 Huberts, Christian: »Games als Kulturgut: Die wollen nur spielen – leider«, http://www.zeit.de/digital/games/2015-07/games-kulturgut-diskursvermeidung/k omplettansicht vom 02.07.2015.
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senmedium – ein ›Schwebezustand‹, der geradezu typisch für einen Umbruch von etablierten hin zu den ›neuen Medien‹ anmutet. An der vergleichsweise kurzen, aber dennoch ereignisreichen Mediengeschichte des Computerspiels lässt sich dies (1) an einer scheinbar (immer noch) ›verschobenen‹ öffentlichen Wahrnehmung des Mediums und (2) einem vor allem durch die Digitalisierung bedingten größeren Umbruch der Medienlandschaft (und damit auch der Medienkulturwissenschaft) festmachen. Ad 1) Zwar sind Computerspiele aus ökonomischer Sicht zweifelsohne ein Massenmedium13, in der gesellschaftlichen Wahrnehmung scheinen sie aber dennoch bislang nicht vergleichbar mit älteren und neueren Massenmedien wie Film, Funk und Fernsehen. Computerspiele werden häufig immer noch tendenziell als ein mehr oder weniger bedenkliches Nischenmedium wahrgenommen, ein Spielzeug vornehmlich für junge (männliche) Nerds.14 Nun ließe sich diese ›Schieflage‹ schlicht medienhistorisch mit dem jungen Alter des Mediums Computerspiel – von knapp über 50 Jahren – begründen, doch lohnt sich ein genauerer Blick auf die aktuelle mediale Gemengelage. Denn das Missverhältnis zwischen gesellschaftlicher Verbreitung und gesellschaftlicher Wahrnehmung ist durchaus hervorstechend: So liegt der Anteil derjenigen, die regelmäßig spielen, z.B. in Deutschland bei fast 50%, von diesen Spielern sind 47 % Spielerinnen – Tendenz steigend, in beiden Fällen.15 Dass das Computerspiel dennoch oft als Nischenmedium dargestellt wird, scheint somit vielmehr darin begründet, dass es erhebliche (insbesondere demographische) Unterschiede in der Kompetenz im Umgang mit dem neuen Medium gibt und dass dadurch eine bestimmte Form des Computerspiels immer noch vielfach vorherrschend ist für die Wahrnehmung eines mittlerweile bedeutend ausdifferenzierteren Mediums. Die Vorstellung von
13 Vgl. Müller-Lietzkow, Jörg: Ökonomie, Qualität und Management von Unterhaltungsmedien, Baden Baden: Nomos 2012; BUI – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware: »Deutscher Markt für digitale Spiele 2015«, https://w ww.biu-online.de/marktdaten/deutscher-markt-fuer-digitale-spiele-2015/ 14 Vgl. Venus, Jochen: »Du sollst nicht töten spielen. Medienmorphologische Anmerkungen zur Killerspiel-Debatte«, in: Lili 37/146 (2007), S. 67-90; Sørensen, Estrid: »Violent Computer Games in the German Press«, in: New Media & Society 15/6 (2013), S. 963-981. 15 Vgl. BIU: »Deutscher Markt für digitale Spiele 2015« https://www.biu-online.de/marktdaten/deutscher-markt-fuer-digitale-spiele-2015/ von 2015.
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einem ›typischen‹ Computerspiel ist im Wesentlichen geprägt durch Blockbuster-Spielreihen wie CALL OF DUTY oder GRAND THEFT AUTO, deren Spielmechaniken durch gewalttätige Auseinandersetzungen dominiert sind. Indie Games, Serious Games und selbst massenmedial (-ökonomisch) erfolgreiche Phänomene wie Casual Games (wie z.B. CANDY CRUSH SAGA) oder E-Sports gelten eher als Variationen, als ›Sonderfall‹ des Computerspiels.16 Ad 2) Hinzu kommt gerade in der Medienkulturwissenschaft eine gewisse Irritation hinsichtlich der ›Klassifikation‹ dieses neuen Mediums. Denn Computerspiele sind gleich in zweifacher Hinsicht kein ›typisches‹ Massenmedium: Erstens weil sie – genau wie das Internet, aber anders als die ›klassischen Massenmedien‹ – im Grunde keine ›Massen‹ ansprechen17, sondern vielmehr individuelle mediale Interaktionen voraussetzen, die teils mit bi- und poly-direktionalen Kommunikationsformen kombiniert werden (z.B. Multiplayer Games), aber letztlich eben keine (mono-direktionale) Massen-Kommunikation hervorbringen. Zweitens, weil das Computerspiel von der Forschung bislang vor allem als medienkombinatorischer Gegenstand in den Blick genommen wurde18 – insb. vor dem Hintergrund, dass im Rahmen einer zunehmenden Digitalisierung und Konvergenz von Medientechnologien19 Einzelmedien »rapide an struktureller Orientierungsleistung verloren haben«.20 Anders formuliert: Das Computerspiel erscheint weniger
16 Vgl. u.a. Juul, Jesper: A Casual Revolution. Reinventing Video Games and Their Players, Cambridge, MA: MIT Press 2010; Fuchs, Mathias et al. (Hg.): Rethinking Gamification, Lüneburg: Meson Press 2014; Schrank, Brian: Avant-garde Videogames – Playing With Technoculture, Cambridge, MA: MIT Press 2014; Freyermuth: »Ursprünge der Indie-Praxis«. 17 Vgl. Kümmel, Albert et al.: »Die Rhetorik des Neuen. Mediendiskurse zwischen Buchdruck, Zeitung, Film, Radio und Hypertext«, in: Jürgen Fohrmann/Erhard Schüttpelz (Hg.), Die Kommunikation der Medien, Tübingen: Niemeyer 2004, S. 195-228. 18 Vgl. Backe, Hans-Joachim: Strukturen und Funktionen des Erzählens im Computerspiel: eine typologische Einführung, Würzburg: Königshausen & Neumann 2008, S. 131. 19 Vgl. Jenkins, Henry: Convergence Culture. Where Old and New Media Collide, New York: New York Univ. Press 2006. 20 Leschke, Rainer: Medien und Formen. Eine Morphologie der Medien, Konstanz: UVK 2010, S. 7.
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als ein ›neues (Massen-)Medium‹, sondern vielmehr als die »›ultimative‹ Remediation«21 im Sinne Bolter und Grusins.22 Dieser ›Remediations-Charakter‹ führt in der akademischen Praxis nun aber paradoxerweise oft nicht zu einer Stärkung (oder überhaupt zu einer Etablierung) des Faches Game Studies, sondern nicht selten zu einer weiteren Zerfaserung. Besonders vor dem Hintergrund scheinbar ständig die große Anschlussfähigkeit des ›neuen‹ Mediums demonstrieren zu müssen (siehe oben), tendieren die (deutschen) Game Studies immer noch stark zu einem Computerspiele-und-Ansatz – der aus interdisziplinärer Perspektive natürlich prinzipiell begrüßenswert ist, aber hinsichtlich der Institutionalisierung eben auch stets die Gefahr birgt, dass das und zum Anlass genommen wird, Computerspiele einfach durch das und-Fach zu assimilieren.
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UND
P RAXIS (S CHLUSS )
Will man das Computerspiel als ›neues‹ Massenmedium verstehen – was, wie hier kursorisch dargelegt wurde, zentral für die Etablierung des Computerspiels im medienkulturwissenschaftlichen Kanon ist –, ist also zunächst eine Re-Lektüre des Konzepts des Massenmediums erforderlich. Eine solche Re-Lektüre ist in den Medienkulturwissenschaften in den letzten Jahren durchaus erfolgt, so finden sich eine Reihe wenn auch zaghafter Versuche, den Begriff des Massenmediums gleichsam ›normativ zu entlasten‹ und stärker vom psychologischen Begriff der Masse23 abzugrenzen bzw. diesen in erster Linie als medienhistorische Debatte zu behandeln.24 Damit wird ein
21 Neitzel, Britta et al.: »Benutzerführung und Technik-Entkulturation. Leitmediale Funktionen von Computerspielen«, in: Daniel Müller et al. (Hg.), Leitmedien: Konzepte – Relevanz – Geschichte, 2 Bd., Bielefeld: transcript 2009, S. 231-256, hier S. 236. 22 Bolter, Jay David/Grusin, Richard: Remediation. Understanding New Media, Cambridge, MA: MIT Press 1999. 23 Vgl. LeBon, Gustave: Psychologie der Massen, Leipzig: Alfred Kröner Verlag 1957 (1895). 24 Vgl. Bartz, Christina: MassenMedium Fernsehen. Die Semantik der Masse in der Medienbeschreibung, Bielefeld: transcript 2007; Müller, Daniel et al. (Hg.): Leitmedien: Konzepte – Relevanz – Geschichte, 2 Bd., Bielefeld: transcript 2009. Eine
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Massenmedium weniger auf »Inhaltlichkeit, […] Formathaftigkeit oder […] Agenda-Settings«25 bezogen, sondern auf ein Potenzial einer (abstrakten) Vermittlung von Handlungsmustern im Sinne einer »Normalisierung und Naturalisierung medientechnischer Veränderungen«.26 Das Computerspiel kann vor diesem Hintergrund als Massenmedium verstanden werden, weil es den Gebrauch digitaler Technologien beispielhaft modelliert und längst auch (digitale) Interaktionsformen sowie Handlungs- und Steuerungslogiken außerhalb eines Spielkontextes strukturiert. Dabei ist es entscheidend, Computerspielkulturen in der hier dargestellten ›erweiterten Form‹ zu betrachten, denn die ›Massenmedialität‹ eines Mediums ist grundlegend an Strategien einer Ausdifferenzierung geknüpft: »The more things games can do, the more the general public will become accepting of, and interested in, the medium in general.«27 Das vorangegangene Zitat stammt aus Ian Bogosts Buch How to Do Things With Videogames – und auch wenn es sich bei diesem Band ›nur‹ um die Sammlung verschiedener (teils polemischer) Essays zum Thema handelt, zeigen die einzelnen Texte doch sehr anschaulich die Ausdifferenzierung des Computerspiels innerhalb der letzten Jahre auf. Entscheidend ist dabei, dass diese Ausdifferenzierung gerade nicht zu einer Zerfaserung des Mediums führt, sondern vielmehr die medialen Charakteristika des Computerspiels
solche Kritik des Massenmedium-Begriffs ist freilich nur der erste Schritt hin zu elaborierteren Modellen des medialen Wandels: Vgl. hierzu Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2014, S. 45-60; Baxmann, Inge/Beyes, Timon/Pias, Claus (Hg.): Soziale Medien – Neue Massen, Zürich 2014. 25 Neitzel et al.: »Benutzerführung und Technik-Entkulturation«, S. 233. 26 Ebd., S. 254; vgl. auch Nohr, Rolf F.: Die Natürlichkeit des Spielens – vom Verschwinden des Gemachten im Computerspiel, Münster: Lit 2008; Neitzel, Britta: »Computerspiele als Leitmedium des 21. Jahrhunderts«, in: Winfried Kaminski/ Martin Lorber (Hg.), Clash of Realities 2008. Spielen in digitalen Welten, München: kopaed 2008, S. 61-75. 27 Bogost, Ian: How to Do Things with Videogames, Minneapolis: Univ. of Minnesota Press 2011, S. 153; vgl. auch Bogost, Ian: How to Talk About Videogames, Minneapolis: Univ. of Minnesota Press 2015; Ruffino, Paolo: »Form Engagement to Life, or: How to Do Things with Gamification«, in: Mathias Fuchs et al. (Hg.), Rethinking Gamification, Lüneburg: Meson Press 2014, S. 47-68.
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gerade hervorhebt und damit auch die Notwendigkeit spezifischer Analysemethoden betont. Es gilt also, das mediale Universum des Computerspiels nicht nur von seinem Zentrum (AAA-Titel), sondern vor allen von seinen Rändern aus zu erschließen (Indie Games, Serious Games, Art Games und Game Art). Dies eröffnet zudem die geradezu historische Chance einer enge(re)n Verflechtung von Game Studies und Game Design – eine Chance die im Fall von Film/Filmwissenschaft und Fernsehen/Fernsehwissenschaft leider weitgehend verpasst wurde.28 Ein solcher Appell für ein eigenes Fach bzw. eine eigene Methodik mag unweigerlich an die Forderungen der Ludologen Anfang der 2000er Jahre erinnern, die ebenfalls versuchten, Game Studies als eigenständiges Fach zu etablieren (was u.a. im skandinavischen Raum auch teils gelang). Jedoch schossen die Debattenbeiträge der Ludologen nicht selten übers Ziel hinaus, weil ihre Argumentationen im besten Fall über strikte Abgrenzungen29, im schlimmsten Fall über regelrechte Beschimpfungen anderer Fächer funktonierten.30 Der problematischste Punkt der Ludologie-Debatte mag allerdings – aus heutiger Sicht – ihre äußerst restriktive Definition des Computerspiels (als Spiel-Simulation mit bedeutungslosem narrativen Dekor) gewesen sein. Man muss zweifelsohne aus diesen Fehlern der Vergangenheit lernen, sie sollten aber keinen Hinderungsgrund darstellen, weiterhin an der Etablierung eines Faches Game Studies an Universitäten zu arbeiten – besser, als einfach nur abzuwarten.
L ITERATUR Aarseth, Espen J.: »Genre Trouble. Narrativism and the Art of Simulation«, in: Noah Wardrip-Fruin/Pat Harrigan (Hg.), First Person. New Media as
28 Vgl. Freyermuth: »Angewandte Medienwissenschaften«. 29 Vgl. z.B. Aarseth, Espen J.: »Genre Trouble. Narrativism and the Art of Simulation«, in: Noah Wardrip-Fruin/Pat Harrigan (Hg.), First Person. New Media as Story, Performance, and Game, Cambridge, MA: MIT Press 2004, S. 45-55. 30 Vgl. z.B. Eskelinen, Markku: »The Gaming Situation«, http://www.gamest udies.org/0101/eskelinen/ von 2001.
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Story, Performance, and Game, Cambridge, MA: MIT Press 2004, S. 45-55. Backe, Hans-Joachim: Strukturen und Funktionen des Erzählens im Computerspiel: eine typologische Einführung, Würzburg: Königshausen & Neumann 2008. Bartz, Christina: MassenMedium Fernsehen. Die Semantik der Masse in der Medienbeschreibung, Bielefeld: transcript 2007. Baxmann, Inge/Beyes, Timon/Pias, Claus (Hg.): Soziale Medien - Neue Massen, Zürich 2014. Beil, Benjamin/Freyermuth, Gundolf S./Gotto, Lisa (Hg.): New Game Plus. Perspektiven der Game Studies. Genres – Künste – Diskurse, Bielefeld: transcript 2014. Bogost, Ian: How to Do Things with Videogames, Minneapolis: Univ. of Minnesota Press 2011. Bogost, Ian: How to Talk About Videogames, Minneapolis: Univ. of Minnesota Press 2015. Bolter, Jay David/Grusin, Richard: Remediation. Understanding New Media, Cambridge, MA: MIT Press 1999. BUI – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware: »Deutscher Markt für digitale Spiele 2015«, https://www.biu-online.de/marktdaten/deuts cher-markt-fuer-digitale-spiele-2015/ Cross, Katherine: »›We Will Force Gaming to be Free‹. On GamerGate and the License to Inflict Suffering« http://www.firstpersonscholar.com/wewill-force-gaming-to-be-free/ vom 08.10.2014. Drews, Albert (Hg.): Kulturgut Computerspiel? Ein Mediengenre zwischen Schmuddelimage und Akzeptanz, Rehburg-Loccum: Evangelische Akademi Loccum 2012. Eskelinen, Markku: »The Gaming Situation«, http://www.gamestudies.org /0101/eskelinen/ von 2001. Freyermuth, Gundolf S.: »Ursprünge der Indie-Praxis. Zur Prähistorie unabhängigen Game Designs«, in: Winfred Kaminski/Martin Lorber (Hg.), Gamebased Learning. Clash of Realities, München: kopaed 2012, S. 313-326. Ders.: »Angewandte Medienwissenschaften. Integration künstlerischer und wissenschaftlicher Perspektiven in Lehre und Forschung«, in: Beatrice Ottersbach/Thomas Schadt (Hg.), Filmlehren. Ein undog-matischer Leitfaden für Studierende, Berlin: Bertz + Fischer 2013, S. 263-278.
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Ders.: Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2014. Fromm, Rainer: Digital spielen – real morden? Shooter, Clans und Fragger, Marburg: Schüren 2002. Fuchs, Mathias et al. (Hg.): Rethinking Gamification, Lüneburg: Meson Press 2014. GamesCoop (Hg.): Theorien des Computerspiels. Zur Einführung, Hamburg: Junius 2012. Golding, Dan: »The End of Gamers«, http://dangolding.tumblr.com/po st/95985875943/the-end-of-gamers vom 28.08.2014. Hensel, Thomas: »Rohes Entertainment oder raffiniertes Kulturgut? Überlegungen zum Computerspiel«, in: Stefan Hradil (Hg.), Der Alltag der digitalen Gesellschaft – Chancen und Risiken, Mainz: Akademie der Wissenschaften und der Literatur 2015, S. 9-15. Huberts, Christian: »Games als Kulturgut: Die wollen nur spielen – leider«, http://www.zeit.de/digital/games/2015-07/games-kulturgut-diskursverm eidung/komplettansicht vom 02.07.2015. Jenkins, Henry: Convergence Culture. Where Old and New Media Collide, New York: New York Univ. Press 2006. Juul, Jesper: A Casual Revolution. Reinventing Video Games and Their Players, Cambridge, MA: MIT Press 2010. Kümmel, Albert et al.: »Die Rhetorik des Neuen. Mediendiskurse zwischen Buchdruck, Zeitung, Film, Radio und Hypertext«, in: Jürgen Fohrmann/Erhard Schüttpelz (Hg.), Die Kommunikation der Medien, Tübingen: Niemeyer 2004, S. 195-228. LeBon, Gustave: Psychologie der Massen, Leipzig: Alfred Kröner Verlag 1957 (1895). Leschke, Rainer: Medien und Formen. Eine Morphologie der Medien, Konstanz: UVK 2010. Müller, Daniel et al. (Hg.): Leitmedien: Konzepte – Relevanz – Geschichte, 2 Bd., Bielefeld: transcript 2009. Müller-Lietzkow, Jörg: Ökonomie, Qualität und Management von Unterhaltungsmedien, Baden Baden: Nomos 2012. Neitzel, Britta: »Computerspiele als Leitmedium des 21. Jahrhunderts«, in: Winfried Kaminski/Martin Lorber (Hg.), Clash of Realities 2008. Spielen in digitalen Welten, München: kopaed 2008, S. 61-75.
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Neitzel, Britta et al.: »Benutzerführung und Technik-Entkulturation. Leitmediale Funktionen von Computerspielen«, in: Daniel Müller et al. (Hg.), Leitmedien: Konzepte – Relevanz – Geschichte, 2 Bd., Bielefeld: transcript 2009, S. 231-256. Neitzel, Britta/Nohr, Rolf F. (2010): »Game Studies«, in: Medienwissenschaft. Rezensionen 4 (2010), S. 416-435. Nohr, Rolf F.: Die Natürlichkeit des Spielens – vom Verschwinden des Gemachten im Computerspiel, Münster: Lit 2008. Rivera, Joshua: »Why Video-Game Culture Is Stuck Between Leftism and Libertarians«, http://www.vulture.com/2015/10/gamers-stuck-betweenleftists-and-libertarians.html vom 26.10.2015. Ruffino, Paolo: »Form Engagement to Life, or: How to Do Things with Gamification«, in: Mathias Fuchs et al. (Hg.), Rethinking Gamification, Lüneburg: Meson Press 2014, S. 47-68. Sachs-Hombach, Klaus/Thon, Jan-Noël (Hg.): Game Studies: Aktuelle Ansätze der Computerspielforschung, Köln: Herbert von Halem 2015. Schrank, Brian: Avant-garde Videogames – Playing With Technoculture, Cambridge, MA: MIT Press 2014. Sigl, Rainer (2014): »#GamerGate: Spieler-Revolution oder Rückzug ins Ghetto?«, http://derstandard.at/2000005205238/GamerGate-Spieler-Rev olution-oder-Rueckzug-ins-Ghetto vom 06.09.2014. Sørensen, Estrid: »Violent Computer Games in the German Press«, in: New Media & Society 15/6 (2013), S. 963-981. Venus, Jochen: »Du sollst nicht töten spielen. Medienmorphologische Anmerkungen zur Killerspiel-Debatte«, in: Lili 37/146 (2007), S. 67-90.
S PIELE CALL OF DUTY (Activision 2003, O: Infinity Ward) CANDY CRUSH SAGA (King 2012, O: King) CIVILIZATION (Microprose 1991, O: MPS Labs) DOOM (GT Interactive 1993, O: id Software) FINAL FANTASY VII (Sony Computer Entertainment 1997, O: Square) GRAND THEFT AUTO III (Rockstar Games 2001, O: DMA Design) HALF-LIFE (Sierra Studios 1998, O: Valve Corporation) PAC-MAN (Midway 1980, O: Namco)
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PASSAGE (Jason Rohrer 2007) PONG (Atari 1972, O: Atari) STARCRAFT (Blizzard 1998, O: Blizzard) TETRIS (Alexey Pajitnov 1984) THE STANLEY PARABLE (Galactic Cafe 2013, O: Galactic Cafe) WHAT REMAINS OF EDITH FINCH (Annapurna Interactive 2017, Giant Sparrow)
Game Space Design Raum als Gestaltungselement des Computerspiels S TEPHAN G ÜNZEL »Game designers don’t simply tell stories; they design worlds and sculpt spaces.« HENRY JENKINS1
Folgt man den Erkenntnissen der Grundlagenforschung zum Game Design, dann hat sich gezeigt, dass der Schlüssel zum Verständnis der Spielgestaltung der Raum ist. Der Ludologe Jesper Juul etwa hat betont, dass Computerspiele im Gegensatz zu Literatur immer nur jetzt stattfinden können,2 so dass als variables Designelement nicht die Zeit, sondern nur der Raum in Frage kommt.3 Game Design besteht daher essentiell in der Gestaltung von Räumen.4 – Diesem Grundsatz folgend wird im vorliegenden Beitrag eine Übersicht der Möglichkeiten gegeben, wie das Design digitaler Spiele den
1
Jenkins, Henry: »Game Design as Narrative Architecture«, in: Noah WardripFruin/Pat Harrigan (Hg.), FirstPerson. New Media as Story, Performance, and Game, Cambridge/London: MIT Press 2004, S. 118-130, hier S. 121.
2
Vgl. Juul, Jesper: »A Clash between Game and Narrative«, 1998, http://www.je
3
Vgl. Aarseth, Espen: »Allegorien des Raums. Räumlichkeit in Computerspielen
4
Vgl. Nitsche, Michael: Video Game Spaces. Image, Play, and Structure in 3D
sperjuul.net/text/clash_between_game_and_narrative.html (1998)«, in: Zeitschrift für Semiotik 23/1 (2001), S. 301-318. Game Worlds, Cambridge/London: MIT Press 2008.
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Raum aus ihrer Entwicklungsgeschichte heraus entfaltet. Ist diese Evolution zunächst technisch bedingt, so besteht gerade heute – im Zeichen des Retrogamings – eine Relevanz, auf Gestaltungsansätze aus früheren Jahren des Spieledesigns zurückzublicken, als etwa Tiefenraumdarstellungen noch nicht in Form zentralperspektivischer Echtzeitdarstellung berechnet werden konnten.
D ER R AUM
DES
F ILMS
Die Filmanalyse berücksichtigt seit Längerem den Aspekt der medialen Räumlichkeit von Bildern. Im Unterschied zum Raum eines Standbildes besteht derjenige des Filmbildes jedoch nicht allein aus der Bewegungsdarstellung, sondern auch in der Dialektik von ansichtigen und nichtansichtigen Bereichen sowie in den Synthesen, welche von verschiedenen Standpunkten, durch unterschiedliche Kameraeinstellungen und Schnitte herbeigeführt werden. Die besondere Spatialität des Bewegungsbildes wird mithin als ›diegetischer Raum‹ bezeichnet. Das Konzept geht auf einen Vorschlag von Étienne Souriau aus den frühen 1950er Jahren zurück5 und kann auch als ›Erzählraum‹ oder ›erzählter Raum‹ umschrieben werden; und Stephen Heath bringt zwei Jahrzehnte später das Konzept eines ›narrative space‹ des Films auf.6 ›Narration‹ bzw. ›Diegese‹ sind hierbei in begrifflicher Abgrenzung von Mimesis als unmittelbarer Nachahmung zu verstehen: »Der diegetische Raum«, so Souriau, »[wird] nur im Denken des Zuschauers rekonstruiert […]; in ihm sollen alle Ereignisse, die man mir zeigt, sich abspielen, in ihm scheinen sich die Figuren zu bewegen, sobald ich die Szene verstehe, an der man mich teilhaben lässt.«7 Edward Branigan spricht im Anschluss hieran auch von einer »Raumhypothese«,8 die ein Filmbild ›formuliert‹, und
5
Vgl. Souriau, Etienne: »Die Struktur des filmischen Universums und das Vokabular der Filmologie« (1951), in: montage-av 6/2 (1997), S. 140-157.
6
Vgl. Heath, Stephen: »Narrative Space (1976)«, in: Philip Rosen (Hg.), Narrative, Apparatus, Ideology. A Film Theory Reader, New York: Columbia University Press 1986, S. 379-420.
7
E. Souriau: »Struktur des filmischen Universums«, S. 144.
8
Branigan, Edward: Point of View in the Cinema. A Theory of Narration and Subjectivity in Classical Film, Berlin/New York: Mouton 1984, S. 74.
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Hermann Kappelhoff geht gar soweit, diesen Vorgang mit der »transzendentalen Apperzeption«9 gleichzusetzen, das heißt, mit der vorgängigen Syntheseleistung des Bewusstseins. Wie bereits der Phänomenologe Edmund Husserl zwischen dem Bild als Erscheinung und dem Bild als materiellem Träger unterschied,10 so wird durch Souriau mit dem Konzept des diegetischen Raums ferner dessen Differenz zum »leinwandlichen (écranique) Raum«11 in Anschlag gebracht: Diegese bezeichnet damit zunächst die Objekt(raum)ebene des Bildes als eine immaterielle Bewegungswahrnehmung im Unterschied zum materiellen Bildträger. Der Raum der Leinwand, die angefasst werden kann, ist damit ein ganz anderer als derjenige, der gezeigt wird. Für Michel Foucault geht daraus der grundlegend heterotope Charakter des Kinos hervor: Es sind zwei Räume oder Raumarten, die sich am selben Ort befinden und daher als Mischörtlichkeit konstituiert sind.12 Husserl fasst diese Überlagerung unter dem Begriff des ›Widerstreits‹ zwischen den beiden Bildebenen des Trägers (Raum der Leinwand) und der Erscheinung (Raum der Darstellung) sowie zwischen diesem reinen Phänomen und dem Bildsujet als möglicher Referenz.13 In der Bildbetrachtung liegt damit etwas vor, was der medialen Formlogik zufolge als die Unmöglichkeit einer gleichzeitigen Beobachtbarkeit beider Seiten einer Differenz genannt wird. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann macht diesen Gedanken unter Rückgriff auf den Mathematiker George
9
Kappelhoff, Hermann: »Der Bildraum des Kinos. Modulationen einer ästhetischen Erfahrungsform«, in: Gertrud Koch (Hg.): Umwidmungen. Architektonische und kinematographische Räume, Berlin: Vorwerk8 2005, S. 138-149, hier S. 138.
10 Vgl. Husserl, Edmund: Phantasie und Bildbewusstsein (1904/05), Hamburg: Meiner 2008. 11 E. Souriau: »Struktur des filmischen Universums«, S. 144. 12 Vgl. Foucault, Michel »Von anderen Räumen« (1967), in: Ders., Schriften in vier Bänden, Bd. 4, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2005, S. 931-942. 13 Vgl. Wiesing, Lambert: »Phänomenologie des Bildes nach Edmund Husserl und Jean-Paul Sartre (1995)«, in: Ders., Phänomene im Bild, München: Fink 2000, S. 43-59.
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Spencer Brown für den Medienbegriff fruchtbar.14 Tatsächlich bringt dieses Konzept das Anliegen der phänomenologischen Bildtheorie auf den Punkt, da Spencer Brown selbst bereits von den beiden Seiten einer Unterscheidung als von zwei ›Räumen‹ spricht:15 Einem »marked space« und einem »unmarked space«, wobei es sich bei ›markiert‹ und ›unmarkiert‹ nicht um substantielle Eigenschaften handelt, sondern um funktionale Eigenschaften, die Raum im Zustand der Beobachtung in einem spezifischen Kontext oder – wie es wiederum der Bildtheoretiker Hans Dieter Huber im Sinne der Systemtheorie nennt – in einem ›Milieu‹ haben kann,16 wodurch der Raum gewissermaßen immer neu geteilt und ausdifferenziert wird. Die Teilung ist jedoch selbst keine Grenze im Raum, sondern die Grenze des Raums, als dem Unterschied zwischen dem, was wahrgenommen, und dem, was nicht wahrgenommen ist. So kommt es bei der Bildbetrachtung im Milieu ›Kino‹ zumeist dazu, dass vom Raum des Bildträgers abgesehen und der Raum des Bildobjektes als Bewegungsbild wahrgenommen wird. Dieser wird im betreffenden Fall zum marked space, während der Raum des Bildträgers zum unmarked space wird. Die Erfahrung des Kinoraums als eine Heterotopie kann dann erfolgen, wenn es aufgrund einer Irritation zu einem Wechsel zwischen den beiden Auffassungen kommt. Das kann etwa eintreten, wenn der Filmvorführer, der ansonsten den Bildträger beobachtet und für den das Leinwandgeschehen ein unmarked space ist, den Film aus seinem Vorführraum betrachtet und dabei nicht auf die Filmspule achtet, die ihrem Ende zugeht. Er wird dann wohl auch die Überblen dungsmarken, die sich für ihn gerade ›im‹ unmarked space befinden, übersehen oder nicht beobachten. Dieser wird dem Filmvorführer, wie wohl auch allen anderen Zuschauern im Kino, zum marked space, wenn nicht nur einzelne Bildobjekte, sondern das Bewegungsbild im Ganzen verschwindet. Beim Computerspiel verhält es sich nur wenig anders, weil die Beobachtung der Bildobjekte als marked space einer Manipulation durch den Beo-
14 Vgl. Luhmann, Niklas: »Die Paradoxie der Form«, in: Dirk Baecker (Hg.): Kalkül der Form, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993, S. 197-212. 15 Vgl. Spencer Brown, George: Gesetze der Form (1969), Lübeck: Bohmeier 1997, S. 60-66. 16 Vgl. Huber, Hans Dieter: Bild – Beobachter – Milieu. Entwurf einer allgemeinen Bildwissenschaft, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz 2004.
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bachter bedarf. Auch bei einem Computerspiel kann daher die Frage nach der Form als Frage nach räumlichen Differenzphänomenen gestellt werden. Anders als bei der Wahrnehmung des Filmbildes, wo die Bewegung der Objekte eine Ereignisfolge festgelegt ist, muss sie beim Simulationsbild induziert werden. Mit dem Bild solcherart zu interagieren, würde Spencer Brown zufolge dazu führen, dass der Raum als ›Inhalt‹ des Bildes sowie das Trägermedium notwendigerweise zum unmarked space werden. Der maßgebliche Unterschied zwischen dem diegetischen Raum des Films und dem des Computerspiels besteht daher darin, dass die Bildsynthese (oder ›Kameraführung‹) beim Computerspielen durch die Bildbetrachter selbst erfolgt. Dass hierauf trotzdem der Begriff der Diegese anwendbar ist, hat Lev Manovich im Blick auf die Räumlichkeit von Computerspielen deutlich gemacht und unter Rückgriff auf einen Hinweis Michel de Certeaus daran erinnert, dass bereits das antike Konzept der diegesis eine Raumbewegung impliziert.17 Diese bezieht sich nicht nur auf mnemotechnische Aspekte des erinnernden Rundgangs durch ein Haus, wie er als rhetorische Methode durch Cicero überliefert ist, sondern in erster Linie darauf, dass »die Handlung von der räumlichen Bewegung eines Protagonisten getrieben wird«.18 Erst in der Moderne wird laut Manovich aus dieser äußeren, physischen Bewegung von Erzählungen eine innere, psychische Bewegtheit. Eine Raumbewegung liegt damit nur noch im metaphorischen Sinne vor. Weitergehend spricht Manovich gar davon, dass Repräsentationsmedien (oder zur Repräsentation verwendete Bilder) zeitlich-psychisch sind, Simulation dagegen räumlich-physisch. Onscreen- und Offscreenraum im Filmbild Die Unterscheidung von Onscreen- und Offscreenraum ist die grundsätzlichste Unterscheidung von Räumlichkeit, die für die Bilderscheinung des
17 »Die Erzählung heißt im Griechischen diagesis; Sie stellt eine Route durch ein Terrain fest, (sie führt) und sie durchfährt es.« (Michel de Certeau nach Manovich, Lev: »Navigable Space. Raumbewegung als kulturelle Form« (1999), in: Hans Beller/Martin Emele/Michael Schuster (Hg.), Onscreen/Offscreen. Grenzen, Übergänge und Wandel des filmischen Raumes, Ostfildern bei Stuttgart: Hatje Cantz 2000, S. 185-207, hier S. 187. 18 Ebd.
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Films veranschlagt werden kann: »Das Filmbild ist immer endlich, es unterteilt den Raum in onscreen und offscreen space, also in den Raum, der sich im Bild befindet, und in den Raum oder vielmehr Bereich des Raums, der sich außerhalb des Bildes befindet.«19 – ›Off (the) screen‹ ist demnach der außerhalb des Bildausschnitts liegende Bereich des Filmbildes, welcher vom sichtbaren Bildobjekt, dem Raum ›on screen‹, entweder impliziert wird (etwa wenn die Kamera einen Spielraum nach rechts und links innerhalb der Kulisse hat), oder der sich an den sichtbaren Bildraum anschließt und etwa hinter der im Bild gezeigten Rückwand eines Zimmers angesiedelt ist. Auf Spencer Brown gewendet, liegt hier also eine weitergehende Differenzierung des marked space der Beobachtungsebene von Bildobjekten vor. Die Unterscheidung der zwei bildinternen Räume, oder genauer der beiden Raumteile von On- und Offscreenraum selbst, geht auf Noël Burch zurück:20 Kann ›off screen‹ beim Film auch den privaten Bereich und das Verhalten eines Schauspielers vor der Leinwand bezeichnen, so ist im Film von Burch eine spezifische Raumform gemeint, ein vom ansichtigen Bild inkludierter Bereich, der selbst nicht gezeigt ist und durch den Rahmen vom Bild getrennt ist: »To understand cinematic space it may prove useful to consider it as in fact consisting of two different kinds of space: that included within the frame and that outside the frame. «21. Damit wird die Bildbetrachtung regelrecht umgewertet: Nicht von dem, was auf dem Bild zu sehen ist, wird ausgegangen, sondern wie es sich zu dem verhält, was nicht zu sehen ist. Im Französischen wird dieser Bereich sachlich treffend als ›außerhalb des Bildfeldes (hors-champ)‹ bezeichnet. Selbst wenn die inneren Arrangements komplex sind, wird Raum im Bild dadurch zunächst als eine Einheit bestimmt, der gegenüber dieses nichtansichtigen Offscreenbereichs vielfältiger Art ist.
19 Süß, Gunter: »Filmstudien und Computerspielanalyse«, in: Evelyne Keitel et al. (Hg.), Computerspiele. Eine Provokation für die Kulturwissenschaften?, Lengerich u.a.: Pabst, S. 33-48, hier S. 42. 20 Fünf Jahre nach Burch unterscheidet auch Heath in vergleichbarer Weise den Filmraum ›in frame‹ und den Filmraum ›out of frame‹. (Vgl. S. Heath, »Narrative Space«, S. 389f.) 21 Burch, Noël: »Nana, or the Two Kinds of Space« (1961), in: Ders., Theory of Film Practice, Princeton: Princeton University Press 1981, S. 17-31, hier S. 17.
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Entsprechend den Kardinalachsen eines dreidimensionalen Koordinatensystems identifiziert Burch sechs ausgezeichnete Richtungen, in die der Offscreenraum an das erscheinende Bild anschließen kann. Vier davon kommen mit den Kanten des Bildes zur Deckung: links (1), oben (2), rechts (3) und unten (4). Es sind die Seiten der Basis einer Bildfläche, die seit Leon Battista Alberti als Schnittfläche eines gedachten Sehkegels dem Verständnis und der Beschreibung zentralperspektivischer Bilder zugrunde liegt.22 Die vertikale und die horizontale Achse bilden hierbei ein frontales Kreuz, dessen Teilstücke als Vektoren aufzufassen sind und die parallel zur Ebene der Leinwand oder des Bildträgers je in Richtung eine der vier Offscreenbereiche weisen. In den meisten Filmen erfolgt die Bewegung eines Protagonisten vektoriell entlang der horizontalen Achse; das heißt, Schauspieler verlassen oder betreten den Onscreenbereich seitlich nach bzw. von rechts oder links. Bewegung oder Verweise nach oben und unten sind demgegenüber selten und treten vor allem bei der Nahaufnahme eines menschlichen Körpers oder des Gesichts auf. Gleichwohl unterscheiden sich alle vier möglichen Richtungen und Bereiche voneinander nur graduell, da sie sich jeweils in einem vergleichbaren Verhältnis zum Zuschauer bestimmen: Sie bilden die Peripherie der zentralen Blickachse in der Bildbetrachtung. Abbildung 1: Offscreenbereiche
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
22 Vgl. Alberti, Leon Battista: Über die Malkunst (1435/36), Darmstadt: WBG 2002, S. 67ff.
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Die beiden übrigen Bewegungsrichtungen sind für Burch von diesen vier qualitativ unterschieden, insofern sie beide auf der Achse des Betrachterblicks liegen und darüber zwei Bewegungsvektoren definieren, die in Kinofilmen selten vorkommen, auch wenn es sich hierbei um die originären Bewegungsrichtungen handelt: Rückzug oder Fortgang, das heißt, eine Bewegung aus dem Bildraum heraus (5) oder in den Bildraum hinein (6). Insbesondere die Bewegung in Richtung des Offscreenbereichs ›vor‹ dem Bild als sogenannter vierter Wand ist bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Filmgeschichte anzutreffen. Einschlägig ist etwa L’ARRIVÉE D’UN TRAIN EN GARE DE LA CIOTAT der Lumière-Brüder: Der Zug fährt an der Kameraposition vorbei ins Aus hinter den durch das Bild festgelegten Standort des Betrachters im marked space der Bewegtbildwahrnehmung Abbildung 2: L’ARRIVÉE D’UN TRAIN EN GARE DE LA CIOTAT
Quelle: https://www.alarecherchedupasse-halluin.net/arph/index.php
Die gegenteilige Bewegung aus dem Bildraum hinaus in das Off hinter den sichtbaren Bildraum erfolgt meist durch eine Tür in der Rückwand der Kulisse und als Verschwinden des Protagonisten. Eine Steigerung dazu sind Kamerafahrten, zu deren Herstellung die Kamera auf ein Vehikel – wie etwa
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einen Zug oder eine Straßenbahn wie in A TRIP DOWN MARKET STREET − montiert wird, sodass nicht mehr ein einzelnes Bildobjekt, sondern der Bildraum selbst auf die Betrachter zuläuft. (Tom Gunning stuft dies im Rückblick auf die filmischen ›Ghost Rides‹ als direkte Umkehrung oder Negation des »offscreen glance«,23 des Blicks zu den Zuschauern oder eines anderen Verweises jenseits des Rahmes, ein.) Abbildung 3: A TRIP DOWN MARKET STREET
Quelle: https://ww2.kqed.org/wp-content/uploads/sites/2/2018/01/Miles-Brothers_Tr ip-Down-Market-Street-COVER-1920x1081.png
Über die beiden Möglichkeiten der expliziten und der impliziten Bewegung hinaus nimmt Burch an, dass es zwei verschiedene Arten gibt, das jeweilige Außen des Filmraums mittels Bildschnitt einzubeziehen: entweder durch Präsentation oder durch Nichtpräsentation des Offs. Für Burch ist diese die eigentlich interessante Verwendungsweise, da der Offscreenraum darüber zu einem maßgeblichen Teil der Filmbilderzählung wird. Eine Sonderstellung nehmen dabei Fälle ein, in denen die Onscreenwerdung eines vorherigen
23 Gunning, Tom: »An Unseen Energy Swallows Space. The Space in Early Film and Its Relation to American Avant-Garde Film«, in: John L. Fell (Hg.): Film before Griffith, Berkeley et al.: University of California Press 1983, S. 355-366, hier S. 360.
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Offs die Bildbetrachter durch absichtliche oder unabsichtliche Anschlussfehler enttäuscht. In der hierbei fehlgehenden oder unvollständigen Synthese würde der diegetische Raum, so Branigan im Blick auf Burch, zum »impossible story space«,24 dessen Inkohärenz beim Bildbetrachter wiederum für Irritation sorgt. Durch die Unstimmigkeit zwischen dem Bildraum ›on screen‹ und seinem Off schlägt Gilles Deleuze vor, dieses dem Bild zugehörige Außen (das nicht mit dem unmarked space der Bildbetrachtung zu verwechseln ist, sondern zum marked space der Bildobjekte gehört), einen »beliebigen Raum« zu nennen, den er näher bestimmt als »ein[en] Raum virtueller Verbindungen, der als ein bloßer Ort des Möglichen gefasst wird«.25 Bei der Begehung oder Erfahrung dieses virtuellen Raums hängt die Bildbetrachtung jedoch von der vorher festgelegten Folge der Einstellungen ab, der virtuelle Raum als Ort des Möglichen kann vom Kinozuschauer nicht durch einen eigenwilligen Kameraschwenk aufgesucht werden. Im Simulationsbild kann diese Möglichkeit hingegen als prinzipielle Eigenschaft gegeben sein. (Darauf deutet bereits die Nomenklatur einer hierfür notwendigen Hardwarekomponente hin: So heißt der Speicher des Computers, welcher die Bildschirminhalte aufbaut und der also die Visualisierung als Onscreenraum vorbereitet, ›Offscreenbuffer‹. Er hält den Bereich vor, welcher als nächstes ins Bild kommen kann und – das ist der Unterscheid zum Filmbild – es auch wird, wenn die Bildbenutzer dies durch ihre Eingaben bewirken.)
ON-
UND
O FFSCREENRAUM
DES
C OMPUTERSPIELS
Mark J. P. Wolf verfasst 1997 eine Taxonomie auf der Basis von Bildräumlichkeit und schlägt darin eine elfgliedrige Unterteilung zur Differenzierung von Raumstrukturen in Videospielen vor. Der Film- und Fernsehtheoretiker ist damit der Erste, der eine Klassifizierung von Computerspielen ausschließlich auf Grundlage der Bildräumlichkeit vorzulegen versucht. Für seine Unterteilungen bezieht sich Wolf zunächst auf Burchs Leitdifferenz von On-
24 Branigan, Edward: Narrative Comprehension and Film, London/New York: Routledge 1992, S. 50. 25 Deleuze, Gilles: Kino 1. Das Bewegungs-Bild (1983), Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1989, S. 153.
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und Offscreenraum. Auch er konstatiert dabei einen grundsätzlichen Unterschied, den es zwischen den Bildmedien zu berücksichtigen gilt: Ähnlich dem Übergang von ›off stage‹ im Theater zu ›off screen‹ im Film würde sich mit dem Schritt vom Film zum Videospiel dasjenige verändern, was jeweils als ›off‹ angesehen wird: Im Theater kann der Raum außerhalb der Bühne potentiell noch von jedem anwesenden Zuschauer betreten werden; im Kino kann der Raum außerhalb der Leinwand nur von der Kamera betreten werden (oder genauer: betreten worden sein). Der nicht gezeigte Offscreenraum eines Filmbildes bleibt für alle Zeiten im Bild unansichtig. Im Videospiel dagegen kann jeder programmierte Offscreenbereich sichtbar werden, gerade weil es keiner Vorlage bedarf, die von einer Kamera zuvor erfasst wurde: »[U]nlike off-screen space in film,« so Wolf, »off-screen space in a video game does not need to have a pro-filmic referent, existing prior to the film itself, the way a filmed space does.«26 Damit kehrt die Situation, die im Theater besteht, unter veränderten Vorzeichen wieder: Das Betreten des Offscreenbereichs ist für die Betrachter wieder möglich, jedoch nur im Bild. Während das Off im Film wirklich ist, aber als Bild unsichtbar bleiben kann, hat es im Computerspiel wirklich nie existiert, kann als Bild aber real werden, wenn diese Möglichkeit programmiert wurde. So schreibt Dieter Mersch pointiert: »Simulationen bilden ausschließlich das Resultat von Algorithmen, die jeden Bildpunkt in jedem Augenblick allererst errechnen. […] Es gibt folglich auch keinen Außenraum, der durch die Bildaufnahme geschnitten würde […].«27 Damit »entfällt« laut Mersch die herkömmliche »Trennung zwischen On und Off […], vielmehr ist das, was sichtbar ›ist‹, die Funktion einer mathematischen Konstruktion.«28
26 Wolf, Mark J.P.: »Space in the Video Game« (1997), in: Ders. (Hg.): The Medium of the Video Game, Austin: University of Texas Press 2001, S. 52-75, hier S. 52. 27 Mersch, Dieter: »Logik und Medialität des Computerspiels. Eine medientheoretische Analyse«, in: Jan Distelmeyer/Christine Hanke/Dieter Mersch, Game over!? Perspektiven des Computerspiels, Bielefeld: transcript, S. 19-41, hier S. 23. 28 Ebd.
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Geschlossener Bildschirm Wolf gelingt unter Rückgriff auf die bildräumliche Differenzbeschreibung nach Burch eine beachtenswerte Klassifikation der Bildräume von Computerspielen. Durch die Abgrenzung vom jeweiligen Offscreenraum können die interaktiven Simulationsbilder nach Wolf in elf Bildraumtypen unterschieden werden, wobei die Gruppe der rein textbasierten Adventurespiele sogleich herausfällt, da sie gänzlich ohne Visualisierung sind: »[T]here is no on-screen to speak of; everything has to be imagined on the basis of the descriptions.«29 Zwar stellen Textadventures einen bildräumlichen Sonderfall dar, sind aber dennoch im Verhältnis von Onscreen- zu Offscreenraum beschreibbar; nur ist hier nicht ein Teil, sondern der ganze Bildraum ›off the screen‹. Klassen der Raumdarstellung, bei denen der Onscreenraum tatsächlich auch ›on screen‹ erscheint, decken dagegen alle übrigen Spiele ab. Wolf führt zunächst vier Gruppen an, die wiederum in zwei größere Klassen zusammengefasst werden können: Solche Spiele, deren Räumlichkeit durch die primäre Bildgrenze bestimmt wird, und solche, deren Räumlichkeit durch einen sich bewegenden Bildausschnitt per Scrolling bestimmt ist. Im Fall eines solchen Laufbildes gibt das Bildobjekt Ausschnitte des Bildraums zu sehen, die sich wie auf einer Papyrusrolle oder wie die Seitenfolge in einem Textverarbeitungsprogramm kontinuierlich aneinanderfügen. Die Raumformen unterscheiden sich nach Wolf maßgeblich durch ihr jeweiliges Off: In beiden Fällen sei zwar Raum außerhalb des sichtbaren Bildes impliziert, jedoch kann dieser nur bei der zweiten Gruppe zur Erscheinung kommen. In SPACE INVADERS von 1978 beispielsweise gibt es einen Raum seitlich oberhalb des Onscreenbereichs, von wo aus die angreifenden Flugobjekte in den ansichtigen Bildraum hineinkommen. Es ist aber nicht möglich, diesen Offscreenbereich mit dem von den Spielern gelenkten Vehikel anzusteuern. Vergleichbares gilt für PONG: Auch hier kann der Lichtpunkt zwar an den beiden Balken vorbei rechts oder links ›aus gehen‹, die Spieler können den Lichtpunkt (oder Ball) aber nicht von dort zurückholen, stattdessen kommt dieser ›von selbst‹ ins Bild zurück.
29 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 54. – »One could argue that everything takes place off-screen, as on a radio program; or, if the concept of on-screen space is necessary for the concept of off-screen space to make sense, one could argue that neither is present at all.« (Ebd.)
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Abbildung 4: SPACE INVADERS
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Mathias Mertens hat PONG daher treffend beschrieben als einen »aus seinen Begrenzungen herausdrängenden Raum, der abwechselnd auf der einen und der anderen Seite ein Schlupfloch sucht«.30 Wolf vergleicht die Raumstruktur dieser unbeweglichen Bildrahmen wiederum mit einem Lumière-Film, bei dessen Aufnahme die Kamera fixiert bleibt, der Offscreenraum aber durch die Bewegung der einzelnen Bildobjekte impliziert wird: So laufen etwa in ARBEITER VERLASSEN DIE LUMIÈRE-WERKE Fabrikarbeiter am Bildbereich der Kamera vorbei in den Offscreenraum, ohne dass dieser jemals onscreen erscheinen würde. Auch wenn dieses Filmbild sich von SPACE
30 Mertens, Mathias: »A Mind Forever Voyaging‹. Durch Computerspielräume von den Siebzigern bis heute«, in: Claus Pias/Christian Holtorf (Hg.): Escape! Computerspiele als Kulturtechnik, Köln/Weimar/Wien: Böhlau 2007, S. 45-54, hier S. 46.
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INVADERS oder PONG hinsichtlich der Bildperspektive eindeutig unterscheidet, so gleichen sich beide Bildräume doch hinsichtlich der statischen Begrenzung, und der Bewegung in das Off bzw. aus dem Off heraus. Abbildung 5: LA SORTIE DE L’USINE LUMIÈRE À LYON
Quelle: http://www.institut-lumiere.org/musee/les-freres-lumiere-et-leurs-inventions/ films-lumiere.html
Umlauf Eine Unterklasse des interaktiven Bildes mit fixiertem Rahmen stellen solche Spiele dar, die erlauben, den Onscreenraum auf einer Seite des Bildschirms zu verlassen und auf der anderen wieder zu betreten, ohne dass die Spieler dabei die von ihnen gesteuerte Figur begleiten können: In PAC MAN etwa gibt es eine Öffnung jeweils an den beiden Seiten des Onscreenbereichs. Verlässt die Spielfigur das Labyrinth nach rechts, taucht sie mit einiger Verzögerung in der linken Öffnung auf. Es gibt eine Röhre, durch die beide Öffnungen miteinander verbunden sind. Besonders bei älteren Spielen ist auffällig, dass sich durch solche Möglichkeiten Raumformen ausbilden, die kaum mehr durch Wirklichkeitsanalogien zum Ausdruck gebracht werden
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können: Die Welt von PAC MAN ist entweder ein planes Labyrinth mit einem es unterlaufenden Tunnel oder eine in sich geschlossene Fläche. Abbildung 6: PAC MAN
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Von Steven Poole wird das Raumbild von PAC MAN daher als euklidischer Torus charakterisiert,31 als ein Raum, der in sich selbst zurückläuft. Dies gilt jedoch nur für zwei Stellen dieser Welt, sodass es sich weniger um einen echten Torus handelt, als um eine Zylinderwelt, dessen Oberfläche unterbrochen ist und von einer Passage überbrückt wird. Andere Spiele, wie ASTEROIDS von 1979, schlagen hingegen an allen Seiten um: Die Bildobjekte können den Onscreenbereich in jede beliebige Richtung innerhalb der Fläche verlassen und auf der gegenüberliegenden Seite an entsprechender Stelle wieder in das Bild eintreten. (Ein vergleichbares, von Wolf nicht erwähntes
31 Poole, Steven: Trigger Happy. The Inner Life of Videogames, London: Fourth Estate 2000, S. 130.
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Phänomen ist auch in Filmen anzutreffen, dort jedoch fast ausschließlich als Parodie, wenn ein Protagonist den Raum aus einer Tür verlässt, um ihn kurz darauf aus einer anderen wieder zu betreten.) Abbildung 7: ASTEROIDS
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Bei diesen Spielen wirkt sich nun erstmals die zwar von Wolf konstatierte, aber nicht durchgängig berücksichtigte Unterscheidung zwischen dem Filmbild und dem Simulationsbild aus: Als Film gesehen, gibt es bei ASTEROIDS und verwandten Spielen einen Offscreenbereich, weil der passiv rezipierte Bildraum sich potentiell in jede der vier in der Ebene bespielbaren Kardinalrichtungen fortsetzt. Von Seiten der Simulation und des programmierten ›Welt(raum)vorrats‹ aus gesehen, gibt es dagegen keinerlei Raum außerhalb der Bilderscheinung, weil aufgrund des Umlaufs jedes Verlassen des Rahmens zu einem Wiedereintritt auf der gegenüberliegenden Seite führt. In dieser Klasse von Spielen mit den Bildraumeigenschaften ›one screen, contained, wraparound‹ gibt es keinen Raum, der nicht im Bild präsent ist und damit kein Off. (Das gilt auch für PAC MAN, allerdings mit Ausnahme der ›Tunnelstrecke‹, wo zwischen dem Ein- und Austritt eine Verzögerung besteht.) Eine Art Inversion des Wraparound ist in SUPER MARIO GALAXY von 2007 anzutreffen, wo Kugeloberflächen bespielt werden.
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Abbildung 8: SUPER MARIO GALAXY
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Scrolling Mit Umlauf oder ohne, für beide Fälle des begrenzten Videospielbildes gilt nach Wolf gleichermaßen: »[T]he player can see everything there is to see on-screen and will probably concentrate most on the character represented there which he or she is controlling.«32 Spiele, die einen Bildlauf erlauben, weisen dagegen eine geradezu konventionelle Raumdarstellung auf, besonders innerhalb der ersten Unterklasse: Diese wird durch Spiele gebildet, deren Bewegungs- oder Rollrichtung nur eine ist. Zudem ist das Rollen in diese Richtung oft nicht beeinflussbar. Das zu steuernde Vehikel oder die Figur bleibt dabei meist in der Mitte des Bildschirms stehen, während der Raum unter ihm bzw. unter ihr hinwegzieht. Beim sogenannten locked scrolling rollt der Raum zudem in einer vorgegebenen Geschwindigkeit aus dem Off ins On und wieder ins Off.33 Ein Sportspiel wie SKIING ist hierfür exemplarisch, insofern der virtuelle Raum außerhalb des Bildes und mit ihm die Hindernisse unweigerlich auf die Spielfigur zukommen, weshalb ein Teil der Spielherausforderung in deren Antizipation besteht: »Scrolling games vary
32 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 56. 33 »By moving the game’s ›set piece‹ across the screen, often synchronized with the player’s movements, the game designers can create a scrolling space in which objects come on and off the screen.« (Ebd., S. 57.)
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in their emphasis of the importance of off-screen space. In some games, the configuration of objects found in this space are always the same, allowing a player to anticipate what lies ahead in the game, off-screen but approaching.«34 Abbildung 9: SKIING
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Vertikales und horizontales Rollen gehören trotz der Unterschiede nach Wolf in eine gemeinsame Gruppe. (Vertikales Rollen ist zumeist bei Laufspielen, horizontales bei Autorennspielen anzutreffen.) Vom Offscreenbereich im Filmbild mit kontinuierlich bewegter Kamera unterscheiden sich nun aber beide Spielarten dadurch, dass das Off einzig auf die Achse der Bewegungsrichtung bezogen ist, also auf den Bereich, der überhaupt in der Simulation visualisiert werden kann. Im (relativen) Aus sind im Simulationsbild nur die Bereiche unter- und oberhalb des Skiläufers, nicht aber die Bereiche rechts und links der Piste. Bei einem Panoramaschwenk der Kamera gehört nicht
34 Ebd. – Wiederum kann eine Parallele zu frühen Filmbildern gezogen werden, in denen panning, panorama oder tracking shots zur Anwendung kommen: so etwa erstmalig in LIFE OF AN AMERICAN FIREMAN von 1903. Im Bereich der Computerspiele sticht hierbei besonders das Spiel MARBLE MADNESS von 1984 hervor, in dem eine Murmel in einer isometrischen 3D-Umgebung ›bildabwärts‹ ins Ziel zu steuern ist.
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nur der Bereich zum Off, welcher sich rechts und links des Rahmes befindet, sondern auch potentiell Oben und Unten. Bewegung auf zwei Achsen Von Videospielen, deren Räumlichkeit durch Rollen entlang einer Achse erzeugt wird, setzt Wolf solche Spiele ab, die ein Rollen entlang beider Achsen und damit in jede Richtung der Fläche erlauben. Damit rücken nun Spiele in die übergreifende Gruppe der Laufbildspiele auf, die hinsichtlich der Spielperformance und dem Ziel des Spiels keinerlei Gemeinsamkeit haben. So ist die Rolloption in beide Richtungen vor allem in Strategiespielen anzutreffen. Bei dem in seiner ersten Version zunächst für Macintosh hergestellten SimCity sind noch die beiden Scrollbars am rechten und am unteren Bildrand zu erkennen, wie sie auch in Textverarbeitungsprogrammen verwendet werden. Abbildung 10: SIMCITY
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Der Bildlauf erfüllt in diesen Spielen einen anderen Zweck als im Fall von Sportspielen, deren Interaktion nur entlang einer Raumachse erfolgt. Denn es werden keine Objekte im Bildraum gesteuert, sondern der Bildausschnitt wird im Ganzen variiert. Es überrascht daher zunächst, dass Wolf Spiele außer Acht lässt, bei denen ein Scrolling in beide Richtungen erfolgt, und diese Bildmanipulation über die Steuerung eines Bildobjektes erfolgt: Zu denken
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ist an Spiele wie PITFALL! von 1982 oder den sieben Jahre später veröffentlichten PRINCE OF PERSIA, in dem die Spielfigur durch die Gänge und Etagen eines Palasts gesteuert werden kann. Abbildung 11: PRINCE OF PERSIA
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Die sogenannten Jump’n’Run-Spiele weisen jedoch nur in der vertikalen Achse eine kontinuierliche Bildbewegung auf, etwa wenn die Figur in einen Schacht stürzt, dessen Boden zunächst im unteren Bereich außerhalb des Bildes liegt. Auf der horizontalen Achse dagegen gibt es keinen Bildlauf im Sinne Wolfs. Stattdessen werden die Bildraumabschnitte zusammengeschnitten, wenn die Spielfigur den Bildrand erreicht. Diese Darstellungsweise des Simulationsbildes beschreibt Wolf als »adjacent spaces displayed one at a time«,35 womit er von der zwar kontinuierlichen vertikalen Bildlaufbewegung absieht und die Besonderheit des Bildes an der Aneinanderreihung von Einzelräumen festmacht. Zu den Aneinandergereihten-RäumeSpielen zählen nach Wolf daher auch MANIAC MANSION, wo bei Verlassen eines Zimmers komplett in die Ansicht des nächsten gewechselt wird. OffScreen sind also immer alle anderen Zimmer oder Bereiche, in denen man
35 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 59. – Vgl. auch Ders., »Theorizing Navigable Space in Video Games«, in: Stephan Günzel/Michael Liebe/Dieter Mersch (Hg.), DIGAREC Keynote-Lectures 2009/10, Potsdam: University Press 2011, S. 18-49.
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sich nicht befindet. Eine Variante dieser Bildraumform sind wiederum die »multiple, nonadjacent spaces displayed on-screen simultaniously«36, die eine seltene Zweispielervariante des Haupttyps sind, und mit Bildschirmaufteilung arbeiten, wie etwa SPY VS. SPY. Abbildung 12: SPY VS. SPY
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Wolf geht es mit der Kategorisierung des Laufbildes auf zwei Achsen daher nicht mehr allein um das Verhältnis von On- zu Offscreenraum, da sich Strategie- und Plattformspiele hinsichtlich der reinen Bildbewegung einzig in dem horizontalen Anschluss der Bildausschnitte unterscheiden. Ein Strategiespiel sei aber »more than just a combination of the two types of scrolling, because it implies a large plane of space, of which only a small rectangle is seen at any given time«.37 Wolf hat mit diesem Typ also eine Hybridform identifiziert, die nicht allein durch das kontinuierliche Rollen des Bildschirms charakterisiert ist, sondern auch in dem Verhältnis der Gesamtfläche zum jeweiligen Onscreenraum. Jedoch ist dies kein Alleinstellungsmerkmal
36 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 64. 37 Ebd., S. 58.
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des Bildraums von Strategiespielen, da ein solch ungleiches Verhältnis zwischen Onscreen- und Offscreenraum auch in anderen Spielen vorkommen kann. Nicht allein ist es also dieses Verhältnis in Verbindung mit dem Doppelscrolling, sondern das besondere Merkmal von Spielen wie SIMCITY besteht zuletzt in der Verbindung von planimetrischer Karten- und seitlicher Objektansicht: »Most of these games involve a bird’s-eye view of some terrain, although the objects within that terrain are typically shown in side view«.38 Diese Hybriddarstellung hat ihre Entsprechung in der spezifischen Form des Bildhandelns, bei welcher die Bildraumbewegung nicht der Spielfigur angehängt ist, sondern mittels des Spielraums als solcher bewegt wird. Unabhängige Ebenen Mit der Leitdifferenz von Onscreen und Offscreen ebenfalls nur unzureichend bestimmt, ist auch eine weitere Kategorie von Wolf, die dadurch auffällt, dass sie sowohl Plattformspiele, die aus aneinandergehängten Teilraumansichten bestehen, wie auch Flugshooter umfasst: So gehören nach Wolf etwa SUPER MARIO BROS. und ZAXXON in eine Gruppe. Abbildung 13: SUPER MARIO BROS.
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
38 Ebd.
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In beiden Fällen zeichne sich der Bildraum durch »layers of independently moving planes«39 aus. Bei SUPER MARIO BROS. ist das offenkundig: Die Wolken im Hintergrund bewegen sich hier mit einer anderen Geschwindigkeit als die Figuren oder Elemente am Boden. Inwiefern ist dies aber mit dem Interaktionsbild ZAXXON vergleichbar, das nicht durch die isometrische Projektionsgeometrie erkennbar von SUPER MARIO BROS. differiert, sondern auch dadurch, dass kein Geschwindigkeitsunterschied zwischen möglichen Bildebenen besteht? Abbildung 14: ZAXXON
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Eine Erklärung für Wolfs Vergleich ist, dass die beiden – als unabhängig erklärten − Bildebenen von ZAXXON schlicht Figur und Grund des Bildes sind: Wolf spricht damit ein Verhältnis an, das in allen Spielbildern anzutreffen ist, in denen Spielfiguren gesteuert werden oder gegnerische Bildobjekte erscheinen. Dann wäre dies aber keine historische Besonderheit der
39 Ebd., S. 61.
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Spielbildentwicklung, sondern geradezu deren Eigenschaft durchweg. Daher ist zu vermuten, dass Wolf nicht den wahrnehmbaren Unterschied zwischen Vorder- und Hintergrund oder zwischen diesem und dem herausgehobenen Bildobjekt meint, sondern letztlich eine technische Besonderheit im Bildaufbau: Wolf wechselt mit dieser Beschreibung jedoch die Ebene und geht von der Beschreibung der Bildrezeption zu derjenigen der Bildproduktion über. Denn, dass es sich um zwei Bildschichten handelt, können Spieler nur in SUPER MARIO BROS. sehen, nicht aber in ZAXXON. Z-Achse Von der wahrnehmbaren Bilderscheinung ausgehend, müsste ZAXXON eher einer Gruppe zugesprochen werden, die Wolf als durch die Bewegung entlang der Z-Achse bestimmt ansieht; also auf der nach Burch gegenüber der X- und Y-Achse qualitativ unterschiedenen Bewegungsachse in den Bildraum hinein oder aus diesem heraus. Auch wenn das Raumschiff nicht aus der Pilotensicht gesteuert werden kann, bewegt sich das Raumschiff in ZAXXON dennoch auf einer Achse durch das tiefenräumlich organisierte Bild, die dem Raum »on screen« ein Vorne und Hinten sowie entsprechende Offscreenbereiche zuweist. Zwar kann aufgrund der vorgegebenen Bildlaufgeschwindigkeit von ZAXXON das Raumschiff nicht aktiv entlang der schräggestellten Tiefenachse bewegt werden, Spieler können aber zumindest die Flughöhe des Schiffs variieren und es in der Horizontalen bewegen, während das fixe Scrolling entlang der Tiefenachse erfolgt. − Der Grund, aus dem Wolf ZAXXON als Trennschichtspiel rubriziert, ist, dass es ihm nicht allein um die Bewegung entlang der Z-Achse geht, sondern um das Zusammenfallen der Bewegungsrichtung mit der Blickrichtung: Handeln und Sehen fallen zusammen. Wolf führt als Spielbeispiel das Autorennspiel NIGHT DRIVER von Atari aus dem Jahr 1976 an: In dem Spiel wird der Blick aus einem Cockpit heraus und die Fahrt in den Raum hinein aus Sicht des dem diegetischen Bildraum zugehörigen Fahrers gezeigt, dessen implizierte Position offscreen mit der Position der Bildbenutzer zusammenfällt. Als vermittelnde Instanz wird der vordere Teil des virtuellen Fahrzeugs statisch am unteren Bildrand präsentiert, wobei es in der ursprünglichen Automatenversion zu einer bemerkenswerten Dopplung kommt: Das Lenkrad ist doppelt vorhanden, zum einen in
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der Bildanzeige als Teil des Fahrzeugs, zum anderen als Eingabegerät am Automaten. In einem 2009 veröffentlichten ›Nachtrag‹ zu seinem zwölf Jahre zuvor erscheinenden Text widmet sich Wolf nochmals eingehend der Z-AchsenBewegung und ihrer Darstellung in Videospielen. Er macht hierbei eine Reihe auf, die er mit PONG beginnen lässt. In der Tat ist hier bereits eine ZAchse vorhanden, jedoch in ähnlich negativer Weise, wie Raum in einem Textadventure: als Abwesenheit. Die weißen ›Gestalten‹ auf schwarzem Grund können diesen als einen unbestimmten Tiefenraum erscheinen lassen. Der nächste Schritt erfolgt dann mit NIGHT DRIVER, wo skalierbare Sprites vor dem schwarzen Hintergrund diesen deutlich als fluchtenden Raum auszeichnen: »By matching their change in size with their position onscreen, sprites can appear to be moving along the z-axis, reducing as they near the vanishing point or enlarging as they move away from it […].«40 Abbildung 15: Night Driver
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
40 Mark J.P. Wolf: »Z-axis Development in the Video Game«, in: Bernard Perron/Ders. (Hg.), Video Game Theory Reader 2, New York/London: Routledge 2009, S. 151-168, hier S. 153.
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3D-Umgebung Von Interaktionsbildern wie NIGHT DRIVER, die ein Sehen und Handeln entlang der Z-Achse aufweisen, unterscheidet Wolf in seinem frühen Text bereits Spiele, die durch ein »interactive three-dimensional environment«41 charakterisiert sind, also durch die freie Bewegung entlang aller Achsen. Wird der Raum in NIGHT DRIVER letztlich nur in eine Richtung unter den Bildbetrachtern ›weggezogen‹, so sei etwa in einem Egoshooter die Bewegungsrichtung frei wählbar. Dies macht sie für Wolf mit klassischen Hollywoodfilmen vergleichbar, deren formaler Aufbau die Konsistenz der räumlichen Darstellung zu Zwecken der Erzählung sichern sollte. In erster Linie dient hierzu das Schuss-Gegenschuss-Verfahren (also die Kombination der Blickpunkte von Dialogpartnern) welches zentraler Bestandteil des amerikanischen Filmkodex der 1930er und 1940er Jahre ist, des Continuity Editing:42 Diejenige Figur, die spricht, wird aus der Perspektive desjenigen gezeigt, der angesprochen ist, und umgekehrt. »Spaces and the objects in them can be viewed from multiple angles and viewpoints which are linked together in such a way as to make the diegetic world appear to have at least enough spatial consistency so as to be navigable by the player.«43 Doch zeigt der Vergleich von Film- und Spielbild an dieser Stelle weniger eine Gemeinsamkeit, als er vielmehr den fundamentalen Unterschied von Bewegungs- und Interaktionsbild aufdeckt. Denn insbesondere 3D-Computerspiele unterscheiden sich von Filmen dadurch, dass die freie Bewegung im Raum bereits kontinuierlich erfolgt und die einzelnen Einstellungen nicht ihrerseits auf einen zugrunde liegenden kontinuierlichen Raum bezogen werden müssen. Eine Aneinanderstücklung von Raum, die dem Schnitt entspräche, erfolgt allein aus Gründen der Rechnerkapazität, also beim Wechsel zum nächsten Level. Sobald flächendeckend mehr Speicherplatz verbreitet ist, können auch die Level größer ausfallen oder wird eine Einteilung in verschiedene Level hinfällig: An deren Stelle treten dann einzelne Ladepunkte. Doch auch ohne den Vergleich zum Film ist die Kategorie des dreidimensionalen interaktiven
41 Ders.: »Space in the Video Game«, S. 65. 42 Vgl. Bordwell, David: »Space in the Classical Film«, in: Ders./Janet Staiger/Kristin Thompson, The Classical Hollywood Cinema. Film Style and Mode of Production to 1960, London: Routledge 1985, S. 50-59, hier S. 55ff. 43 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 66.
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Umgebungsraums nicht spezifisch: Denn hierunter fallen heute fast alle Videospiele, angefangen von den SUPER MARIO-Spielen seit 1996 bis hin zu den Multiplayer Onlinerollenspielen wie EVERQUEST von 1999 und vergleichbaren Nachfolgern bis zu WORLD OF WARCRAFT. Abbildung 16: EVERQUEST
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Abbildung 17: SUPER PAPER MARIO (2D)
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
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SUPER PAPER MARIO von 2007 greift diesen Entwicklungsschritt selbst wieder auf, insofern innerhalb des Spiels zwischen einer Flächen- und einer Raumansicht mit jeweils entsprechenden Steuerungsmöglichkeiten nicht nur gewählt werden kann, sondern sie zum erfolgreichen Beenden eines Spielabschnitts verwendet werden muss. Abbildung 18: SUPER PAPER MARIO
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Die Rubrizierungen von Wolf hätten damit nunmehr den Nutzen, entwicklungstechnische Generationen von Spielen zu identifizieren, aber nicht mehr eigenständige Spieletypen hinsichtlich ihrer Räumlichkeit zu differenzieren. So ist es kaum mehr überraschend, dass Wolf als Beispiele für die Gruppe der 3D-Umgebungsspiele das Einzelbildspiel MYST ebenso anführt wie den First Person Shooter DOOM, die beide gänzlich unterschiedliche Möglichkeiten der Bildraumerfahrungen bieten. Beide Spiele stellen zwar hinsichtlich des Sehens aus der Sicht des Egos dar, aber die Handlungsperspektive ist eine ganz andere oder besser gesagt: Sehen und Agieren ist im Shooter verkoppelt, im Adventure hingegen bewegen die Spieler den Mauszeiger in der vorderen Bildebene, ohne dass die Bewegung des Interface einen Einfluss auf die Darstellung hätte. Der Mauszeiger wird ohne Manipulation der Perspektive auf vorgesehene Bildteile gezogen, wobei durch das Betätigen der Maustaste ein weiteres, ebenfalls statisches Anschlussbild aufgerufen wird.
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Spieler agieren in MYST somit auf der Ebene des Bildträgers, während in einem Egoshooter die Interaktion auf der Ebene der Bildobjekte erfolgt. Abbildung 19: MYST
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Aus noch einem ganz anderen Grund halten die Spieledesigner Katie Salen und Eric Zimmerman die Kategorisierung der 3D-Umgebungsspiele nach Wolf für unterbestimmt und machen ihre Kritik gerade an der Zuordnung von DOOM zu dieser Gruppe fest: »[T]here is a fundamental difference between a ›two-and-a-half‹ dimensional space like DOOM and a more fully 3D space like TOMB RAIDER […].«44 Dabei rekurrieren Salen und Zimmerman ebenfalls auf die zwei Momente des Interaktionsbildes, das eben zugleich sichtbar ist wie auch in der Rezeption manipuliert. Sie kritisieren damit grundsätzlich Wolfs Herangehensweise, das Spiel im Hinblick auf Filmbilder zu beschreiben, indem sie auf die Eigenart des digitalen Spielraums verweisen: »The space of a game is quite literally its space of play.«45 Um nicht allein die sichtbaren, sondern auch die spielbaren Raumdimensionen zur Grundlage einer Kategorisierung zu machen, soll nach dem Vorschlag von Salen und Zimmerman einerseits
44 Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge/London: MIT Press 2004, S. 394. – »In DOOM the player can only move in two dimensions and the objects are completely flat.« (Ebd.) 45 Ebd., S. 396.
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zwischen 3D-Spielen differenziert werden, in denen nur eine tiefenräumliche Ansicht gegeben ist, jedoch keine dreidimensionale Interaktion, und andererseits solchen, bei denen Aktionen in jede Richtung möglich sind. Tatsächlich erlauben weder WOLFENSTEIN 3D noch DOOM einen Blick entlang der vertikalen Achse und auch keine Handlungen, die nach oben oder unten gerichtet sind. Abbildung 20: DOOM
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Dies werde erst Mitte der 1990er Jahre möglich, etwa in QUAKE von 1996. Doch auch wenn Salen und Zimmerman diesen weiteren technischen Schritt betonen, so bleibt damit doch unberücksichtigt, dass nicht die volle 3D-Interaktion über die besondere Spielform entscheidet, sondern der Umstand, dass das Spielprinzip hier selbst auf der Bildform gründet, weshalb zwischen DOOM und QUAKE zwar ein Unterschied in der Zahl der interagierbaren Dimensionen besteht, beide aber auf demselben raumbildlichen Interaktionsprinzip gründen. Denn die tiefenräumliche Visualisierung und die freie Manövrierbarkeit entlang aller Kardinalachsen des Raums ist nur eine Seite, die andere ist der Blick aus Sicht der selbst nicht mehr sichtbaren Spielfigur, die damit aus dem Onscreenbereich heraustritt und in den Offscreenraum überwechselt. In diesem Ort vor dem Bild fällt die Position der Spieler mit derjenigen der Spielfigur zusammen. − Dieser Schritt ist in der Videospielgeschichte einzigartig.
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Der Gegenvorschlag von Salen und Zimmerman weist somit zwar in die richtige Richtung, ist aber letztlich nicht hinreichend für die Bestimmung des Computerspiels als Interaktionsbild. Ein Grund hierfür ist letztlich in dem Umstand zu suchen, dass von der Warte des Designers die Rezeption des Spielbildes sekundär ist gegenüber dessen Erzeugung, welche die Spielraumerfahrung bedinge.46 Wolfs Ansatz, Egoshooter in bildräumlicher Hinsicht in eine andere Gruppe zu fassen als Autorennspiele in der Perspektive der ersten Person, ist gleichwohl berechtigt: Egoshooter sind von diesen, aber auch von Schach- oder Adventurespielen als Interaktionsbild deutlich unterschieden. Ein Schachspiel oder Adventure kann in beliebigen Perspektiven oder auch ohne Onscreenraum realisiert werden, eben in planer Draufsicht, als perspektivische Ansicht oder überhaupt nicht – ein Egoshooter hingegen muss als tiefenräumliche Bildsimulationen realisiert werden. Wolfs Text von 2009 kann somit nicht nur als Ergänzung, sondern auch als eine Antwort auf seine Kritiker verstanden werden, wenn er die Z-Achsen Entwicklung differenzierter betrachtet, als dies im ersten Ansatz geschieht. Jedoch revidiert er seinen Ansatz nicht, sondern vertieft ihn dadurch, dass er, wie bereits bei der Beschreibung der unabhängigen Bildschichten geschehen, auf die programmiertechnischen Grundlagen des Spielbildes und seine Raumdarstellung verweist; sodass sich für ihn folgende Entwicklung ergibt. Auf die reine Figur-Grund-Konstellation und die skalierbaren Sprites folgt die Vektorgrafik, die eine echte Alternative zu den sich ebenfalls ausdifferenzierenden Spritedarstellungen bietet, welche die begrenzte Bildschirmauflösung durch eine Veränderung von Farben der Einzelsprites (sub-pixel rendering) oder eine Verjüngung der horizontalen Linien (texture gradient) unterläuft: »Rather than using its memory to produce raster imagery of limited resolution, which looked like filled rectangles in a grid, vector graphics were drawn onscreen one line at a time, at any angle, resulting in wireframe
46 »The structure of a digital game space always grows directly from the formal system that defines the game. However, the space that a player experiences is also a function of representation (how the space is displayed to the player) and interaction (how a player navigates through the space). These three elements – formal structure, structure of display, and interaction – together constitute the experience of a digital game space.« (Ebd., S. 394.)
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graphics.«47 Erst hierdurch wird eine Linearperspektive im Wortsinne möglich, wie sie prominent mit BATTLEZONE von 1980 vorliegt. Abbildung 21: BATTLEZONE
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Bezeichnend an Wolfs Neuanordnung der Bildentwicklung ist, dass die überlappenden Bildebenen (und damit die isometrische Projektion) nun nicht nur als ein Schritt neben, sondern über die Vektorgrafik hinaus angegeben werden, da sie es sind, die sich letztlich durchsetzen und zu den Vorläufern der Polygondarstellungen werden.48 Die labyrinthische Anlage dränge sich nach Wolf für Egoshooter daher regelrecht auf, insofern das Echtzeitrendering einer Begrenzung des Sichtfeldes, etwa als Einfaltung der Wegstrecke bedarf:
47 M. Wolf: »Z-axis Development«, S. 155. 48 »Although BATTLEZONE had a true three-dimensional environment, it was a very simple one, and the computing power it used was still more than most game designers were willing to sacrifice. And there were other techniques developing that had a three-dimensional look which allowed raster imagery to be used, giving game graphics a solid and colorful look, all without real 3-D computation. These strategies allowed the z-axis to develop throughout the 1980s, and most of them were successful enough to continue to be used into the era of game graphics generated by true 3-D computation.« (Ebd., S. 157.)
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»In such cases, while a game’s world may be huge, only a small portion of it is rendered at any given time. Passages between rooms can further be designed to turn corners, avoiding the need to show interiors at a distance from inside other then adjacent rooms.«49 Wenn eine weitere Perspektive zu sehen sein sollte, wie dies etwa in Third-Person-Shootern vorliegt, dann wird der Hintergrund abgedunkelt, sodass auch hier nicht alle Details des Spielraums visualisiert werden müssen. Hiermit kommt es zu einem Effekt, bei dem – in Wolfs eigenen Termini – die Offscreendarstellung ›onscreen‹ ist, aber nicht – wie es die folgende Kategorie der ›mapped spaces‹ zeigt – in der Fläche, sondern in der Tiefe. Ein Beispiel ist DIE HARD TRILOGY: Die Verdunkelung des entfernten Bereichs ist auf der Z-Achse anzutreffen. Abbildung 22: DIE HARD TRILOGY
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Raumrepräsentation Eine letzte Raumstruktur bezeichnet Wolf als »represented or ›mapped‹ spaces«.50 Bemerkenswert ist die Ambiguität der Benennung, insofern für Wolf alle Bildformen des Computerspiels bereits Raumrepräsentationen
49 Ebd., S. 165. 50 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 67.
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sind. Daher macht die ergänzende Bezeichnung der ›mapped spaces‹ deutlich, worum es im Besonderen geht: um eine Vermittlung des Spielraums durch Karten oder kartographische Darstellungen. Die Bandbreite der Visualisierungsmöglichkeiten reicht dabei von einfachen, spielunterstützenden Minikarten bis hin zu komplexeren Übersichtskarten oder auch zu solchen Spielen, die gänzlich als Karte gespielt werden. Für Letzteres könnte gerade SIMCITY einschlägig sein, weist das Spiel doch eine plane Wiedergabe des bewirtschaftbaren Territoriums auf. Doch das Primärbild von SIMCITY zeigt keine gänzlich plane Ansicht, sondern ist ein Hybrid aus parallelprojektiver und isometrischer Darstellung. SIMCITY ist prototypisch für viele nachfolgende Strategiespiele, in denen eine zusätzliche Übersichtskarte aufgerufen werden kann, welche den Onscreenbereich im Verhältnis zu einem Off – als Offscreenbereich onscreen − darstellt. Was hier unterstützende Karte und was Primärbild ist, kann also nicht allein aus der Bildperspektive abgeleitet werden, sondern muss durch das Handlungsprinzip ergänzt werden: Das Spielprinzip der Minikarte in SIMCITY besteht allein darin, den Bildausschnitt der Primäransicht zu kontrollieren. Wiederum bleibt diese entscheidende Interaktionsdifferenz, die eine deutlichere Bestimmung des kartierten Raums im Videospiel erlaubt, von Wolf unberücksichtigt. Dennoch spricht er den Umstand an, dass in kartographischen Spielbildern ein besonderes Verhältnis von Onscreen- zu Offscreenraum vorliegen kann. Ein noch ungespieltes Territorium kann im Bild »off the screen« sein: »In games in which exploration is important, such as Sid Meier’s CIVILIZATION, unexplored areas of the screen remain blacked out until a player has moved into the area. In this sense, off-screen space should be the middle of the screen; the player could circle around an area, not venturing into it, leaving it black.«51 In der kartographischen Darstellung wird ein Raumabschnitt markiert, der im Spiel noch nicht betreten wurde. (Mit
51 Ebd. – »Once this area is ventured into, its contents are revealed and appear onscreen, the black area having represented the unexplored space can be interpreted in two ways: it could refer to the land areas which lie outside the frame at any given moment while not including the black areas (which are still ›spaces‹ even though their content is not shown); or, the blackened-out spaces on-screen could be included in the term because their contents are not displayed on-screen, just like areas lying outside the frame. It all depends on whether the space, or what is in space, must be depicted in order to be considered ›on-screen‹.« (Ebd., S. 68f.)
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Spencer Brown gesprochen, handelt es sich um die Besonderheit eines ›marked space‹, dessen Form ›Unmarkiertheit‹ ist.) Dennoch ist der ›offscreen space on screen‹ von CIVILIZATION nicht nur in der Minimap ansichtig, sondern bereits im primären Spielbild; und nur hier kann der ansichtige Offscreenraum in einen Onscreenraum verwandelt werden. Die Interaktion in der eigentlichen Karte ist allein auf das Verschieben des Bildausschnitts beschränkt. Eine Transformation des Spielraums ist hier nicht möglich. Abbildung 23: CIVILIZATION
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Nach Salen und Zimmerman handelt es sich bei Wolfs Klassifikationsversuch um eine »typology«.52 Die Gruppierung bewegt sich offenkundig zwischen einer geschlossenen Systematik und einer offenen Taxonomie. Treffend wäre es, hier gar von einer ›Symptomatik‹ zu sprechen; denn augenfällig ist, dass Wolf unter der Hand die Hard- und Software-Geschichte der Computerspiele in eine Abfolge von Raumrepräsentationsformen oder Strukturen von Räumlichkeit ummünzt. Damit hebt er symptomatisch hervor, welche Raumdarstellung jeweils im Wechsel der Computergenerationen
52 K. Salen/E. Zimmerman: Rules of Play, S. 394.
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möglich wurde, das heißt, welche Unterschiede in der Hardware der Grafikgenerierung zugrunde liegen. Von daher lehnt es Wolf in seinem Text von 1997 ausdrücklich ab, BATTLEZONE in die Kategorie »interactive three-dimensional environment« aufzunehmen: »Although first-person points of view had been around as early as BATTLEZONE, creating them in real time represented a computational challenge, because they required the game’s diegetic world to be presented as a three-dimensional model which could be rendered from changing points of view.«53 Wiederum kann Wolf zugestimmt werden, denn das virtuelle Vehikel in BATTLEZONE bewegt sich so langsam, dass eine Bewegung um die gegnerischen Objekte herum nicht möglich ist. Trotzdem ist das Spiel durch seine Bildräumlichkeit und dem daraus resultierenden Spielprinzip von anderen Spielen eindeutig geschieden. Eher wäre umgekehrt zu fragen, in welche Rubrik BATTLEZONE in Wolfs Klassifikation anderenfalls gehören würde, wenn nicht in die fehlende Zwischengruppe von Z-Achsen- und 3D-Umgebungsspielen, wie seine 2009 skizzierte Entwicklungsgeschichte selbst nahelegt? Ist Wolfs Unterteilung innovativ und trägt sie vor allem dazu bei, die Relevanz der Räumlichkeit für die Analyse des Computerspieldesigns zu unterstreichen, so verhindert die enge Anlehnung an die Filmanalyse – auch in dem Nachtragstext − die durchgängige Einbeziehung des Interaktionsaspekts. Bezüglich eines determinierten Filmbildes kann dieser vernachlässigt werden, weil er schlichtweg nicht vorhanden ist, beim Computerspiel macht es jedoch einen Wesenszug dieses Bildmediums aus. Weiterhin offen bleibt also die Frage, wie eine Rubrizierung von Computerspielen anzusetzen hat, ohne dass ein wesentlicher Aspekt der Bilderscheinung und -interaktion vernachlässigt wird. Interaktionsräumlichkeit Der medienspezifischen Verquickung von Aktion und Darstellung im Computerspiel widmet sich wegweisend Clara Fernández-Vara mit ihren Kollegen José Pablo Zagal und Michael Mateas. Sie unterbreiten den Vorschlag, das Game Design nicht nur anhand der sichtbaren Räumlichkeit zu beschreiben, sondern ebenfalls hinsichtlich der bespielbaren Dimensionen oder
53 M. Wolf: »Space in the Video Game«, S. 99.
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Kardinalachsen: »Gameplay and space are related by cardinality of gameplay, which defines how the player can move around the gameworld. Cardinality of gameplay refers to the degree of freedom the player has with respect the control of movement in a game.«54 Die Autoren sind der Auffassung, dass es für die Rubrizierung von Spielen hilfreich sein kann, ein Schema zu entwickeln, mit dem Räumlichkeit im Computerspiele sowohl anhand der Aktionsdimensionen als auch anhand der präsentierten Räumlichkeit klassifiziert werden können. Zudem finden die bereits von Wolf thematisierten Übergänge zwischen Bildräumen und auch das Verhältnis von Off- und Onscreenraum Beachtung, insofern die Autoren zwischen diskreten und kontinuierlichen Übergängen unterscheiden und die fixierte Bildgrenze (single screen) absetzen.55 Es können demnach also drei Raumaspekte des Simulationsbildes beschrieben werden: zum ersten die Raumdarstellungsdimensionalität, zum zweiten die Raumhandlungsdimensionalität und zum dritten die Art der Verbindung zwischen spielbaren Bildräumen. Daraus folgen zwei Hauptgruppen von Spielen: Solche, die ein zweidimensionales Simulationsbild zeigen und solche, die ein dreidimensionales Simulationsbild präsentieren. In beiden Gruppen kann zudem unterschieden werden, wie die Raumübergänge gestaltet sind (kontinuierlich und diskonti-
54 Fernández-Vara, Clara/Zagal, José Pablo/Mateas, Michael: »Evolution of Spatial Configurations in Videogames«, in: Proceedings of DiGRA 2005 Conference. Changing Views – Worlds in Play, http://www.digra.org/dl/db/06278.04249.pdf, S. 2. − »The cardinality is defined by the number of axes that the player can use to move entities around. (X, Y, Z), i.e. side to side, up and down, back and forth. This term only refers to the movements the player can perform, independently of other actions or the effects they may have in a different dimension (e.g. shooting), because it does not affect the way the player moves within the gameworld.« (Ebd.) 55 Weiterführend hierzu wenden sich die Autoren zuletzt auch der Frage nach der räumlichen Unterteilung von Spielen über die Bildansicht und Navigationsmöglichkeit hinaus zu. Hierzu gehören vor allem die Unterteilung in Spielabschnitte, wie das rapide Anwachsen der feindlichen Objektmenge oder Endgegner, aber auch die Unterteilung in Levels als solche. (Vgl. Zagal, José Pablo/FernándezVara, Clara/Mateas, Michael: »Rounds, Levels, and Waves. The Early Evolution of Gameplay Segmentation«, in: Games and Culture 3/2 (2008), S. 175-198.)
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nuierlich), und schließlich, in welchen Dimensionen agiert werden kann.56 Einzelraumdarstellungen zieht das Klassifikationsraster jeweils zusammen, da das Agieren hier immer auf den einen Bildausschnitt begrenzt bleibt. (Konsequenter Weise müsste die Tabellen die ›single screen‹-Spiele beider Tabellen separat auflisten; stattdessen folgt daraus eine Leerstelle jeweils in der Untergruppe ›continous‹.57) Unter ›one-‹ und ›two-dimensional gameplay‹ fasst die erste Tabelle jeweils Scrolling-Spiele in einer bzw. zwei Achsen und korrigiert damit gleichfalls die von Wolf am Bildlauf nur unzureichend festzumachende Unterscheidung zwischen Einachs- und Zweiachsrollspielen. Während sichtbare Dimensionen nur zweidimensional (›flach‹) oder dreidimensional (›tief‹) sein können, so gibt es bei der Interaktion auch halbe Dimensionen. Spiele können sowohl eindimensional oder zwei- und dreidimensional sein, wie auch 1,5- und 2,5-dimensional. Gemeint ist damit, dass es neben der oder den zentrale(n) Interaktionsachse(n) noch ausweichende Bewegungen gibt, mit der die Hauptbewegungsrichtung bedingt verlassen werden kann. Etwa weisen die meisten Plattformspiele eine 1,5-dimensionale Kardinalität der Bildinteraktion auf, da die Spielfigur zwar über Hindernisse springen kann, sich aber nicht beliebig nach oben und unten bewegen kann. Bisweilen wird diese Begrenzung auch innerhalb der Spiele optional aufgehoben, so etwa im Unterwasserlevel von SUPER MARIO BROS. 3, bei dem die Vertikale gleichwertig zur horizontalen gespielt werden kann, oder durch die levelübergreifende Funktion des Fliegens mittels Waschbärenschwanz, womit ein intensiveres Agieren in der Vertikalen möglich wird. Auch gerade viele alte Autorennspiele weisen eine solche 1,5-dimensionale Interaktionskardinalität
56 Eine letzte Subdifferenzierung, ist diejenige einer vorgegebenen Bildrollgeschwindigkeit (›locked scrolling‹) oder des freien Bildlaufs. 57 TECHNICBEAT als einziges Beispiel eines ›Single-Screen‹-Spiels mit 3D-Visualisierung nötigt obendrein zum Verlassen des reinen Videospiel-Bereichs; handelt es sich hier doch um eine Interaktion, nicht primär nicht einem Bildobjekt, sondern mit Punkten am Boden, welche zu spielende Notenfolgen vorgeben, die nebenbei auch in Form einer agierenden Figur auf dem Bildschirm repräsentiert werden. – Eine weitere Leerstelle ergibt sich in Gruppe 2/eindimensionales Gameplay/diskontinuierlicher Raumübergang: Dem würde etwa ein Autorennspiel aus der Cockpitansicht entsprechen, bei dem nach jeder Straßenabzweigung ein neuer Bildraum betreten würde.
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auf, insofern zwar auf der Z-Achse gefahren und auf der X-Achse ausgewichen wird, ohne, dass das Vehikel entgegen des Straßenverlaufs gedreht werden kann.58 Abbildung 24: Raumkonfigurationen im Computerspiel
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Versucht sich das Schema in erster Linie zwar an einer Einordnung von Spielen, so ist medientheoretisch aber vielmehr von Interesse, welche grundsätzlichen Einsichten sich hieraus ergeben oder vielmehr dem Schema bereits vorausgesetzt. Eine wichtige Erkenntnis ist sicher die Minimalbedingung einer Aktionsdimension: Dies meint keinesfalls die Aktion in nur eine Richtung, sondern die Aktion auf einer Bildachse. Denn es kann schlichtweg kein Computerspiel geben, bei dem nur in eine Richtung interagiert wird, weil
58 Auch in dem Spiel 1942, das die Autoren als Beispiel für »two-dimensional gameplay« anführen, wird streng genommen in 2,5-Dimensionen agiert, insofern mit dem Flugzeug Loopings möglich sind, um einem feindlichen Beschuss zu entgehen. Das Spiel wäre damit der besondere Fall einer mehr als zweidimensionalen Interaktionskardinalität in einer zweidimensionalen Raumansicht.
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damit eine fundamentale Bedingung für das Spielen fehlen würde: die Freiheit, oder genauer: die Wahlfreiheit zwischen mindestens zwei Optionen. Eine alternativlose Bewegung in eine Richtung ist keine freie Aktion, sondern erzwungenes Handeln, wodurch aus dem Computerspiel ein determiniertes Bewegungsbild wird. Hierfür muss nicht einmal eine volle Bewegung in beide Richtungen der Achse möglich sein: Es reicht bereits, dass die Spielfigur auf einer Achse bewegt oder nicht bewegt werden kann, wie es etwa innerhalb der Laufdisziplinen von Sportspielen der Fall sein kann. Diese besitzen streng genommen eine 0,5-dimensionale Handlungskardinalität, als die Wahlmöglichkeit zwischen Stillstand und (der selbst wieder variablen) Bewegung. Damit lässt sich die Grenze des Computerspiels als einem räumlichen Interaktionsbild markieren: Es ist der Schritt von einer nulldimensionalen zur mehr als nur halbdimensionalen Handlungskardinalität. Auf dieser Grenze angesiedelt ist das Spielexperiment TETRIS 1D. Abbildung 25: TETRIS 1D
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Anstatt wie im klassischen TETRIS fallen die Blöcke darin nicht in unterschiedlichen Breiten von oben herab und müssen in eine möglichst passgenaue Zielposition manövriert werden, sondern besitzen wie der Spielraum selbst nur die Breite ›eins‹ und können daher (trotz unterschiedlicher Länge) nur in die eine Richtung, in der sie fallen, beschleunigt werden, nicht aber können sie gedreht werden. Während das sichtbare Spielbild die Minimalanforderung einer zweidimensionalen Erscheinung erfüllt (eine strikt eindi-
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mensionale Darstellung wäre nicht wahrnehmbar), so unterschreitet das spielbare Bild die erforderliche Kardinalität. Das Simulationsbild wird vielmehr zu einem Film, dessen Bildgeschehen betrachten werden kann, ohne dass dazu selbst Hand an das Bild gelegt werden muss. Und selbst wenn der Betrachter in das Bild eingreifen würde, wäre das noch kein Spielen, sondern entspräche vielmehr einer Beschleunigung der Bewegungsdarstellung wie sie gleichfalls auch bei Filmen als Schnelldurchlauf realisierbar ist. – Als Grenzfall des Interaktionsbildes liegt TETRIS 1D damit außerhalb einer in der Kardinalität des Interaktionsbildes gründenden Taxonomie und steht zugleich denjenigen Spielen diametral gegenüber, welche ein dreidimensionales Agieren in einer dreidimensionalen Bilderscheinung ermöglichen. Raumgrenzen Gerade im jüngeren Spieldesign zeichnet sich nicht nur ein Rückgriff auf frühe Formen und Probleme der Spielraumgestaltung ab, sondern findet eine Hinwendung zum eigentlichen Kern der Raumdifferenzierung statt, insofern die Grenze zwischen On- und Offscreenraum selbst zum Spielprinzip wird. Schon hinter dem Interaktionsprinzip von PONG (»Avoid missing ball for highscore«) verbirgt sich nichts anderes als die Problemstellung für beide Parteien, den Lichtpunkt am Verlassen der Spielfläche zu hindern, so dass er vom Onscreenbereich nicht in den selbst nicht einsehbaren und navigierbaren Offscreenbereich gerät. Die externe Begrenzung, die lediglich als Bildrahmen rundum vorhanden ist, fehlt an den beiden seitlichen Enden des Spielraums, die allein noch als zwei bewegliche Teilstücke vorhanden sind. Fast gänzlich geschlossen ist dagegen der Spielraum von PAC MAN. Waren in PONG die Teilstücke der Raumbegrenzung beweglich, so sind sie hier zu Öffnungen der absoluten Spielfeldbegrenzungen an den gegenüberliegenden Seiten geworden. Gesteuert wird hier nicht mehr ein Teil der Raumbegrenzung, sondern der (vormalige) Ball. PAC MAN ist aber auch exemplarisch für die gleichzeitige Existenz einer inneren wie äußeren Begrenzung. Die äußere Begrenzung fällt mit Ausnahme der beiden Öffnungen mit dem Bildrahmen zusammen. Die inneren Begrenzungen sorgen hier dafür, dass der Weg nicht direkt beschritten werden kann. Wie Wolf gezeigt hat, wird diese Form der Problematisierung des feststehenden Bildraums durch Umlauf oder Bildschirmteilung weiter ausdifferenziert und durch das Scrolling letztlich auf eine neue Ebene gehoben:
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Der in PONG außen liegende Offscreenraum läuft nun über den Rahmen als Grenze des spielbaren Bereichs in diesen selbst hinein. Spielen wird hier zur andauernden Grenzverschiebung, wie sie dann auch den Z-Achsenspielen und schließlich den 3D-Shootern zugrunde liegt, einzig limitiert durch den programmierten Spielraumvorrat. Das Ende der Spielwelt kann dann entweder als Arena betont oder als gefalteter Weg verschleiert werden und in Form ›unsichtbarer Wände‹ als eine pure Sanktion der Bildbewegung ohne sichtbare Hindernisse gegeben sein. Der vielleicht innovativste Schritt in der jüngeren Computerspielentwicklung lässt sich von hier aus als die Rückbindung der Gegnerinteraktion an die absolute, äußere Raumbegrenzung begreifen: Der Bildbenutzer interagiert hier nicht mehr mit einzelnen Bildobjekten, sondern mit der Hülle der Spielwelt selbst – und dies unter den Bedingungen der Perspektive. Hierbei wird der Bildfluchtpunkt, mit dem ansonsten auftauchende Elemente identifiziert werden, dazu verwendet, Verbindungen im Raum allererst herzustellen. Mit anderen Worten, es wird ein Korridor gesetzt und der Raum an seiner Außenseite auf sich gefaltet, so dass sich die Raumabschnitte auf der Innenseite verdoppeln oder vervielfachen. Es verhält sich hierbei wie im Fall des Verbindungsstücks bei PAC MAN, das den Onscreenraum mit sich selbst kurzschließt. Der Zielpunkt des Bildes bestimmt hierbei den Ort, an dem die Verbindung oder die räumliche Überbrückung bestehen soll. Abbildung 26: NARBACULAR DROP
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
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Diese Interaktionsform lag zunächst mit der Spielstudie NARBACULAR DROP von 2005 vor, die von Studenten des DigiPen Institut of Technology entwickelt wurde. Bekannt wurde diese Spielform jedoch erst zwei Jahre später als das gleiche Team für Valve das Spielprinzip mit deren Source Engine umsetzt. Im dem Spiel, das unter dem treffenden Titel PORTAL veröffentlicht wurde, sind kaum innerräumliche Gegner vorhanden und wenn doch, so kann mit diesen auch nicht direkt interagiert werden, sondern sie müssen ebenfalls durch die Faltung des Raums überwunden werden. Dies geschieht dadurch, dass an den Wänden, Decken oder Böden mittels des Zielpunktes zwei unterschiedliche Arten der Öffnung gesetzt werden können. Die linke Maustaste aktiviert ein blau umrandetes, kreisförmiges Tor oder Portal, die rechte ein orangefarbenes als jeweils Ein- bzw. Ausgang, wobei jeder Durchgang auch in die Gegenrichtung durchschritten werden kann. (Der Unterschied kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn es gleich nach dem Durchstieg erforderlich ist, den Eingang an anderer Stelle zu setzen und die Beschleunigung, die etwa durch den freien Fall entsteht, auszunutzen. Ansonsten sind beide Portale gleichwertig.) Abbildung 27: PORTAL
Quelle: Aus dem Archiv des Autors
Der Raum von PORTAL differiert damit vom euklidischen nicht durch das Verstellen der geradlinigen Verbindung, sondern durch deren Minimierung. Es ist dies der besondere Fall, dass der erfahrbare Raum nicht kleiner ist, als der geometrische Raum, sondern ›größer‹. Hier wird nicht die Aufgabe gestellt, im Raum einen Gegner zu überwinden, um auf kürzest möglichem
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Wege von A nach B zu kommen, sondern der Raum muss selbst überwunden werden; er ist selbst problematisch. Dies zeigt sich wie folgt: Beim Betreten eines Abschnitts ist zumeist der zu erreichende Zielort als absoluter Ausgang zu sehen, dennoch gibt es keine Möglichkeit auf direktem Wege oder über Umwege im gegebenen Raum zu dieser Stelle zu gelangen. Stattdessen muss ein relativer Ein- wie auch ein relativer Ausgang gesetzt werden, um diesen Ort zu erreichen. Eine einfache Problemstellung kann etwa so aussehen, dass der Ausgang knapp unter der Decke am gegenüberliegenden Ende des Abschnitts liegt und es keine Stufen oder Leitern gibt, die zu der Plattform vor dem Ausgang führen bzw. für deren Erreichung verwendet werden können. Mit dem auf narrativer Ebene als weiblich ausgegebenen Ursprungsort der Handlung wird dazu am Boden ein blaues Portal als (relativer) Eingang und an der Decke kurz vor dem Ausgang das orange Portal als (relativer) Ausgang gesetzt. Zur Lösung des Raumproblems lässt sich die Handlungsinstanz in das Loch fallen und fällt von der Decke auf die Plattform. Der Boden wurde dabei also auf die Decke gefaltet und der Raum bildet somit gewissermaßen sein eigenes darüber- wie aber auch darunterliegendes Stockwerk. Diese Aufgabenstellung wird nun von Abschnitt zu Abschnitt komplexer, jedoch bleibt die Herausforderung stets die gleiche: die Stelle zu suchen, an der der Raum durch einen Kurzschluss überwunden werden kann. Diese Stellen können an allen Flächen der würfelförmigen Räume liegen und bewegliche Plattformen einbeziehen oder zunächst uneinsichtige Stellen beinhalten, die nur eine vorhergehende Raumfaltung oder im freien Fall erreichbar sind, das heißt, mittels der Bildperspektive anvisiert werden können. In PORTAL ist die Grenze des Raums nicht mehr nur eine Spielbedingung, sondern das alleinige Spielprinzip.59
L ITERATUR Aarseth, Espen: »Allegorien des Raums. Räumlichkeit in Computerspielen (1998)«, in: Zeitschrift für Semiotik 23/1 (2001), S. 301-318. Alberti, Leon Battista: Über die Malkunst (1435/36), Darmstadt: WBG 2002.
59 Vgl. Hensel, Thomas/Neitzel, Britta/Nohr, Rolf F. (Hg.): ›The cake is a lie‹ Polyperspektivische Betrachtungen des Computerspiels am Beispiel von ›Portal‹, Münster: Lit 2015.
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F ILME A TRIP DOWN MARKET STREET (USA 1906, Harry, Herbert, Joseph und Earle C. Miles) L’ARRIVÉE D’UN TRAIN EN GARE DE LA CIOTAT (F 1896, Auguste und Louis Lumière) LA SORTIE DE L'USINE LUMIÈRE À LYON (F 1895, Auguste und Louis Lumière) LIFE OF AN AMERICAN FIREMAN (USA 1903, George S. Fleming und Edwin S. Porter)
S PIELE 1942 (Capcom 1984, O: Yoshiki Okamoto) ASTEROIDS (Atari 1979, O: Lyle Rains/Edd Logg) BATTLEZONE (Atari 1980, O: Ed Rotberg/Morgan Hoff) CIVILIZATION (MicroProse 1991, O: Sid Meyer) DIE HARD TRILOGY (Fox Entertainment 1996, O: Probe Entertainment) DOOM (GT Interactive 1993, O: id Software) EVERQUEST (Sony Online Entertainment 1999, O: Sony Online Entertainment) MANIAC MANSION (Lucasfilm Games 1987, O: Ron Gilbert) MARBLE MADNESS (Atari 1984, O: Mark Cerny) MYST (Brøderbund 1993, O: Cyan Worlds)
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NARBACULAR DROP (DigiPen Institute of Technology 1993, O: Nuclear Monkey Software) NIGHT DRIVER (Micronetics 1976, O: Atari) PAC MAN (Midway Games 1980, O: Namco) PITFALL! (Activision 1982, O: David Crane) PONG (Atari 1972, O: Allan Alcorn) PORTAL (Valve 2007, O: Kim Swift) PRINCE OF PERSIA (Brøderbund 1989, O: Jordan Mechner) QUAKE (GT Interactive 1996, O: id Software) SIMCITY (Maxis 1989, O: Will Wright) SKIING (Activision 1980, O: Bob Whitehead) SPACE INVADERS (Taito 1978, O: Tomohiro Nishikado) SPY VS. SPY (Beyond Software 1984, O: First Star Software) SUPER MARIO BROS. (Nintendo 1985, O: Shigeru Miyamoto) SUPER MARIO BROS. 3 (Nintendo 1988, O: Shigeru Miyamoto) SUPER MARIO GALAXY (Nintendo 2007, O: Shigeru Miyamoto) SUPER PAPER MARIO (Nintendo 2007, O: Ryota Kawade) TECHNICBEAT (Arike 2002, O: Kiminori Tsubouchi) TETRIS (Dorodnitsyn Computing Centre 1984, O: Alexey Pazhitnov) TETRIS 1D (Terminal Studio Games 2008, O: HMN Wilson) TOMB RAIDER (Eidos Interactive 1996, O: Core Design) WOLFENSTEIN 3D (Apogee Software 1992, O: id Software) WORLD OF WARCRAFT (Blizzard Entertainment 2004, O: Blizzard Entertainment) ZAXXON (Sega 1982, O: Sega)
Einordnung von Computerspieltypen, -genres und -plattformen R ALF H EBECKER
Die Diskussion über Computerspiele und auch die ihrer Lehre ist bisweilen geprägt von Generalisierungen und der Vermischung recht verschiedener Genres und Projektgattungen. In diesem Text stelle ich Unterscheidungskriterien in Form von Gegensatzpaaren vor, um die Einordnung und damit die Diskussion von Computerspielen zu erleichtern. Dabei ist es meiner Meinung nach besonders wichtig zu verstehen, wie sich kommerzielle Großproduktionen (sogenannte ›AAA-Titel‹) von ›Indie‹Produktionen unterscheiden und diese wiederum von akademischen, vielleicht stärker experimentellen Projekten.
L UDISCH
ODER
Ludisch
N ARRATIV
Narrativ
Ein erstes hilfreiches Unterscheidungsmerkmal zur Klassifizierung von digitalen Spielen ist das Gegensatzpaar ›ludisch‹ und ›narrativ‹: Manche Spiele, zum Beispiel TETRIS oder PONG, stützen sich stark auf ihre Spielmechaniken und kommen mit einem Minimum an ästhetischer Gestaltung oder gar Narration aus. Diese Spiele werden ›ludisch‹ (also stärker generativ bzw. regelbasiert) genannt. Andere Spiele, zum Beispiel die zu Recht hochgelobten
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Titel THE LAST OF US und LIFE IS STRANGE, verfügen über ausgefeilte Hintergrundgeschichten und Spielewelten mit sehr fein ausgearbeiteten Charakteren. Auf sie trifft die Bezeichnung ›narrativ‹ (stärker storybasiert) zu.
›C ASUAL ‹
ODER
›Casual Game‹
›C ORE ‹ G AMES
›Core Game‹
›Core‹ Games sind die in den 1990ern und 2000ern gängigen, umfangreichen und bewusst fordernden Computerspiele. Die großen Mainstream-Produktionen (AAA-Titel) richten sich oft an ›Core-Gamer‹. Parallel dazu gab es immer schon kleinere, einfachere Computerspiele für Zwischendurch für eine andere Klientel. Das dem Betriebssystem Microsofts Windows beigefügte Spiel SOLITAIRE ist ein frühes und damals überaus populäres Beispiel. Auch das auf vielen Nokia-Telefonen vorinstallierte Spiel SNAKE fällt in diese Kategorie. Spätestens seit dem Erfolg von OnlineSpielen sind diese kleinen und oft kostenlosen (bzw. werbefinanzierten) Spiele ein Breitenphänomen geworden, das unter dem Begriff ›Casual Games‹ ein wenig verschwommen zusammengefasst wird. Die Interessen und Zielgruppen von Core- und Casual-Games stehen fast diametral zueinander. Core-Gamer suchen schwierige Herausfor-derungen und sind dazu bereit, Geld und Zeit zu investieren und viel Frustration zu ertragen. Casual Gamer hingegen wollen einfache Bestätigung und kontinuierliche Erfolgserlebnisse. Frustration oder steile Lernkurven sind hier meist fehl am Platz.
G ENRESPEZIFISCHE S CHWIERIGKEITSGRADE Die folgende Tabelle versucht sehr vereinfacht, den Schwierigkeitsgrad der Entwicklung verschiedener Genres darzustellen, wenngleich er im Detail von vielen weiteren Parametern abhängt. Der hier für die Lehre – und kleine Teams – besonders relevante Punkt ist, dass manche Genres von Spielen deutlich einfacher herzustellen sind als andere.
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Tabelle 1: Eine einfache Übersicht der Umsetzungs-Schwierigkeitsgrade grundlegender Videospiele-Genres. Die Genres in der linken Spalte sind geeigneter für Einsteiger. Die Genres in der rechten Spalte stellen höhere Anforderungen an die Entwickler. Einfacher • • •
Puzzles Adventure-Games 2D- und 3D-Platformer
Anspruchsvoller • • • •
3D Action / Shooter Renn- / Vehikelsimulationen Sportsimulationen MMOG
Quelle: Eigene Tabelle
Viele Studierende wollen mit 3D-Entwicklungsumgebung wie Unity oder Unreal, 3D-Programmen wie Maya oder Blender und weiterer Software 3DSpiele erstellen. Das ist verständlich, nachvollziehbar und meist auch berechtigt, weil diese Kompetenzen auch in den produzierenden Firmen gesucht werden. Aber es sollte dabei klar sein, dass actionlastige 3D-Spiele und Multiplayer-Onlinespiele zu den kompliziertesten und technisch aufwendigsten Spielegenres gehören. Genres wie Puzzle, (Point-and-Click-) Adventure oder Plattformer sind jedoch oft gute Genres für Einsteiger.
G RUPPENGRÖSSE
Kleingruppenprojekte
Großprojekte
Für Games-Design-Amateure ist es hilfreich, sich zwar mit ihren Träumen und Ideen an den riesigen Blockbuster-Produktionen zu orientieren, sich aber auch darüber klar zu sein, dass man mit einem Kleinteam aus ein bis fünf Personen nicht die Arbeit von 100 oder mehr Teilnehmern leisten kann. Manche der aufwendigen 3D- oder Multiplayer-Spiele sind mit so wenigen Leuten schlicht nicht zu realisieren. Kleingruppen aus z.B. einem Programmierer und einem Artist waren in der Frühphase der Computerspiele durchaus gängig, und wurden erst in den 1990ern und 2000ern durch immer größere Studioproduktionen abgelöst.
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Erfreulicherweise erleben Kleinstteams auch im professionellen Bereich gerade eine Renaissance, teilweise sogar mit enormen kommerziellen Erfolgen. Die Mitglieder in Kleinteams müssen meist ein größeres Spektrum an Tätigkeiten abdecken, also gleichzeitig Generalisten und Spezialisten sein. Den ›Luxus‹ ausschließlicher Spezialisierung hingegen wird man, wenn überhaupt, eher in größeren Teams und größeren Firmen antreffen. Kleine Teams bedeuten übrigens nicht zwingend ›Independent‹.
K OMMERZIELLES P OTENTIAL
Wenig kommerziell
Stark kommerziell
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist das Gegensatzpaar: ›wenig kommerziell‹ und ›sehr kommerziell‹. Ein häufiger Irrtum hierbei ist, den Willen zum Experiment oder die Projektgröße mit den kommerziellen Erfolgsaussichten gleichzusetzen. Es gibt experimentelle Projekte mit erheblichem geschäftlichen Erfolg – das Bau-Spiel MINECRAFT ist ein herausragendes Beispiel dafür – und umgekehrt.
E XPERIMENTIERFREUDE
Wenig experimentell
Stark experimentell
›Experimentierfreude‹ (oder ›Risikobereitschaft‹) ist ein schwer fassbares Kriterium, für die Lehre aber wichtig und nutzbringend. Die Lust am Experimentieren ist bei Studierenden überraschenderweise manchmal etwas gebremst. Teilweise ist dies wohl mit einer instinktiven – und vielleicht auch klugen – Risikovermeidungsstrategie erklärbar. Die geringe Größe oder das geringe kommerzielle Potential von Projekten machen, wie in anderen Mediengattungen auch, nicht zwingend ein expe-
EINORDNUNG VON C OMPUTERSPIELTYPEN , - GENRES UND - PLATTFORMEN | 123
rimentelles Projekt aus. Zwar mögen diese Variablen durchaus nicht selten Hand in Hand gehen, aber ebenso möglich sind zum Beispiel gleichzeitig hoch experimentelle und kommerzielle Projekte.
F REIHEITSGRAD
Wenig abhängig
Stark abhängig
Das Gegensatzpaar ›wenig abhängig‹ und ›stark abhängig‹ beschreibt die ›Independence‹, die wie auch beim Film ein nebulöses Attribut darstellt. ›Indie-Games‹ erleben seit etwa einem Jahrzehnt einen steilen Aufschwung, der sich in vielen hochkarätigen, künstlerisch wagemutigen und experimentellen Spielen äußert. Wirklich neue Interpretationen des Mediums entstehen tatsächlich oft in diesem Bereich, auch weil sich große Mainstream-Produktionen mit Dutzenden oder Hunderten von Millionen Produktionsbudget das Risiko des Scheiterns einfach nicht leisten können. So unscharf das Feld ist, eine Abgrenzung lässt sich über kleine Teams, extrem geringe Budgets und nicht selten auch den Eigenvertrieb wagen. Die heute durchaus gängige Anschubfinanzierung über Crowd-Sourcing-Plattformen wie Kickstarter verlagert die Abhängigkeit eigentlich lediglich weg von großen Verlagen und hin zu selbst gepflegten Netzwerken aus Fans, Magazinen und Kleinverlegern. Erreichen die Produktionen eine gewisse Marktgröße, werden meist etablierte Verleger für den weiteren Vertrieb hinzugenommen.
A BSPIELPLATTFORMEN Als letztes Unterscheidungskriterium sei hier – wieder sehr vereinfacht – die Abspielplattform angeführt. Viele Spiele erscheinen zwar heutzutage auf mehreren Plattformen gleichzeitig. Parallel dazu fächert sich die Welt der Computerspiele aber immer weiter auf. Online-Spiele, ›Apps‹ und mobile Geräte und neue Spielkonsolentypen verändern immer wieder die Spiele und die Spielenutzung. Spieler verteilen ihre Zeit auf die verschiedenen Platt-
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formen, Formate und Bedienungsmethoden. Touch-Oberflächen ihrerseits erzwingen andere, gröbere Bedienprinzipien als mausgesteuerte PC-Spiele. Reduzierte Spielmechaniken sind deshalb momentan – und vielleicht auch langfristig – besonders erfolgreich. Abbildung 1: Computerspiele finden auf sehr verschiedenen Plattformen statt, die sich in Bedienung, Spielsituation und teilweise auch Spieltiefe erheblich unterscheiden. Von links: Arcade Game Konsolen, Personal Computer, Spielkonsolen (mit Großbildfernseher) und in den letzten Jahren vermehrt Mobiltelefone und Tablets.
Quelle: Eigene Abbildung
Als abschließendes Kriterium wird noch zwischen verschiedenen Herstellern, Betriebssystemen und Varianten auf den jeweiligen Plattformen unterschieden. Die reguläre Entwicklung zertifizierter Titel für die Konsolen von Microsoft, Sony und Nintendo ging einher mit erheblichen Kosten und Hürden, die stark auf die Erfordernisse großer Studioproduktionen zugeschnitten waren. Derartige Bedingungen sind jedoch für akademische Projekte oft unrealistisch. Die entsprechenden Indie-Programme der Konsolen und auch die Entwicklung für Mobile oder PCs sind hingegen heute wesentlich leichter zugänglich und üben sicher auch deshalb große Anziehung auf Studierende aus. Teilweise haben die Anbieter der großen Konsolen hier vielleicht auch zu lange gewartet und ihren eigenen Plattformen so geschadet. Zusammenfassend kann also gesagt werden: bei der Diskussion von Computerspielen und auch der entsprechenden Lehre sollte neben verschiedenen genrespezifischen Faktoren differenziert werden hinsichtlich der Teamgröße, des Budgets, der Experimentierfreude und der Plattform mit ihren Betriebssystemen, Formaten und Bedienungsparadigmen. Akademische Projekte zeichnen sich dabei meist durch kleinere Teams aus, in denen die
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Beteiligten gleichermaßen über generelle und Expertenfähigkeiten verfügen sollten.
S PIELE LIFE IS STRANGE (Square Enix 2015, O: Don’t Nod Entertainment) MINECRAFT (Mojang/Microsoft Games Studios 2011, O: Mojang/4J Studios) PONG (Atari 1972, O: Atari/Allan Alcorn) SNAKE (Nokia 1998, O: Taneli Armanto) SOLITAIRE (Microsoft 1990, O: Wes Cherry/Susan Kare) TETRIS (The Tetris Company 1984, O: Alexei L. Paschitnow/Vladimir Pokhilko) THE LAST OF US (Sony Computer Entertainment 2013, O: Naughty Dog)
Sozialwissenschaftliche Game Studies Entwurf eines curricularen Rahmens für das Studium der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele A NDRÉ C ZAUDERNA
Der vorliegende Beitrag entwirft einen curricularen Rahmen der sozialwissenschaftlichen Game Studies als Teil der hochschulischen (Aus-) Bildung von Game Designern, Game Artists und Game Programmern. Nach einführenden Erläuterungen zur Bedeutung der sozialwissenschaftlichen Game Studies für das Studium der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele werden Themenfelder definiert, Lehrinhalte vorgeschlagen und Literaturhinweise gegeben.
B EDEUTUNG
DER SOZIALWISSENSCHAFTLICHEN
G AME S TUDIES
Während geisteswissenschaftliche Ansätze der Game Studies digitale Spiele selbst und/oder ihren kulturellen Kontext in den Blick nehmen, beschäftigen sich sozialwissenschaftliche Ansätze der Game Studies mit den Spielern digitaler Spiele. Dementsprechend kann auch der Begriff Spielerforschung (›Player Research‹ oder ›Player Studies‹) verwendet werden, um den Kern sozialwissenschaftlicher Game Studies zu beschreiben. Spielerforschung richtet den Blick auf zwei unterschiedliche Analyseeinheiten: Zum einen wird der Spieler als Einzelperson in seiner Interaktion mit dem Spiel (und
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teilweise auch anderen Spielern) beobachtet. Zum anderen werden Gruppen von Spielern bzw. Spieler als Teil einer Community und Kultur untersucht. Die Bedeutung sozialwissenschaftlicher Ansätze der Game Studies für die akademische Bildung der Gestalter und Entwickler digitaler Spiele ergibt sich unmittelbar aus der besonderen Rolle, die dem Spieler – dem Untersuchungsobjekt sozialwissenschaftlicher Game Studies – im Entwicklungsprozess beigemessen wird.1 Dass das Verständnis der eigenen Zielgruppe in ihrer Interaktion mit dem Medium und Mitspielern sowie die Erhebung konkreter Reaktionen auf die eigenen Produkte eine notwendige Bedingung professioneller Entwicklung darstellt, ist in Literatur und Praxis nicht umstritten. Große Unternehmen wie Electronic Arts, Microsoft oder Ubisoft beschäftigen ganze Abteilungen, die im Rahmen von ›Games User Research‹ (GUR) mit den Mitteln qualitativer und quantitativer Sozialforschung den Affinitäten und Bedürfnissen ihrer Spieler nachspüren. Und schon im Studium werden ›Playtestings‹ im eigenen Umfeld oder sogar mit Angehörigen der Zielgruppe durchgeführt. Für Game Designer sind sozialwissenschaftliche Ansätze der Game Studies in zweierlei Hinsicht von Interesse. So sollten sie ihnen erstens helfen, spielerisches Handeln im Allgemeinen und das ihrer jeweiligen Zielgruppe im Besonderen besser zu verstehen. Die akademischen Fragestellungen und empirischen Erkenntnisse sozialwissenschaftlicher Game Studies ermöglichen es Game Designern, nicht nur auf Grundlage ihrer subjektiven Spielerfahrungen und/oder unsystematischen Beobachtungen im eigenen Umfeld, sondern auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Bedürfnisse und Verhaltensweisen ihrer Spieler nachzudenken und zu diskutieren, so dass diese letztlich bei der Entwicklung angemessen berücksichtigt werden können. Zweitens werden Game Designer – in Abhängigkeit von der Größe und Arbeitsteilung des Projektes, in dem sie gerade arbeiten – entweder die Ergebnisse und Empfehlungen der GUR-Fachabteilung einzuschätzen haben oder sogar selbst die Methoden sozialwissenschaftlicher Game Studies im Rahmen von ›Playtestings‹ (in vereinfachter Form) anwenden müssen.
1
Vgl. z.B. die Game Design-Ansätze von: Fullerton, Tracy: Game Design Workshop. A Playcentric Approach to Creating Innovative Games, Boca Raton/London/New York: CRC Press 2014; Macklin, Colleen/Sharp, John: Games, Design and Play. A Detailed Approach to Iterative Game Design, Boston, MA: AddisonWesley Professional 2016.
SOZIALWISSENSCHAFTLICHE G AME STUDIES
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An dieser Stelle ist zu bemerken, dass sich die Methoden der Grundlagenforschung im Rahmen der akademischen Game Studies und die Methoden der Praxisforschung im Rahmen von ›Playtesting‹ und ›Games User Research‹ strukturell ähneln, weshalb eine Beschäftigung mit Grundlagenforschung (um die es in diesem Beitrag vor allem gehen wird) für Games-Studierende nicht nur inhaltliche, sondern auch methodische Lernmöglichkeiten bietet.2 Im BA Digital Games des Cologne Game Lab der TH Köln ergänzt das Fach ›Player Research‹ die geisteswissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Ansätze in den ›Media und Game Studies‹-Modulen. Zudem wird im siebten Semester ein Kolloquium angeboten, das Studierenden, die sich in ihrer Bachelor-Thesis mit sozialwissenschaftlichen Fragestellungen beschäftigen, die fachliche Diskussion ihrer Arbeit ermöglicht. Im konsekutiven MA Digital Games wird der Schwerpunkt im Fachgebiet – im Rahmen der ›Media und Game Studies‹-Module der ersten beiden Semester – zum einen auf die Lektüre von Forschungsliteratur, zum anderen auf die Durchführung einer kleinen empirischen Studie gelegt. Im Folgenden werde ich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einen curricularen Rahmen der sozialwissenschaftlichen Game Studies als Teil der akademischen Ausbildung der Gestalter und Entwickler digitaler Spiele skizzieren, d.h. wichtige Themenfelder definieren und auf exemplarische Literatur verweisen. Ich gehe dabei davon aus, dass alle Themen im Verlauf einer ein- oder mehrsemestrigen »Einführung in die sozialwissenschaftlichen Game Studies« behandelt werden können; dass sich die meisten Themen aber auch für vertiefende semesterlange Seminare eignen, gegebenenfalls in Kombination mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Darüber hinaus können die Inhalte des Faches eine wichtige Rolle für die Erarbeitung der Bachelor- oder Master-Thesis spielen, weil die sozialwissenschaftlichen Game Studies (auch für Praktiker) interessante Forschungsperspektiven eröffnen.
2
Sebastian Deterding sieht in einer stärkeren Kopplung von Game Studies und Game Design Practice eine Möglichkeit, die interdisziplinäre Relevanz von Game Studies auszubauen: Deterding, Sebastian: »The Pyrrhic Victory of Game Studies. Assessing the Past, Present, and Future of Interdisciplinary Game Research«, in: Games and Culture (2016).
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T HEMENFELDER DER SOZIALWISSENSCHAFTLICHEN
G AME S TUDIES
1 Überblick In einem ersten Schritt ist das Feld der sozialwissenschaftlichen Game Studies abzustecken. Nach einer grundlegenden Bestimmung der Sozialwissenschaften im Allgemeinen werden mit den Studierenden die Gegenstände und Forschungsfragen der sozialwissenschaftlichen Game Studies im Besonderen herausgearbeitet – und zwar auch in Abgrenzung zu den geisteswissenschaftlich orientierten Game Studies (ohne zu versäumen, auf Schnittmengen hinzuweisen). Dabei gewinnen die Studierenden einen ersten Überblick über die sozialwissenschaftlichen Game Studies und werden sich der Bedeutung der sozialwissenschaftlichen Game Studies für den Prozess des Game Designs bewusst.3 2 Methoden der sozialwissenschaftlichen Game Studies Von besonderer Bedeutung ist meines Erachtens eine gründliche Einführung in die Methoden der sozialwissenschaftlichen Game Studies. Denn eine Kenntnis der Methoden empirischer Sozialforschung ist zum einen Voraussetzung für eine kritische Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen des Feldes. Zum anderen ermöglicht sie auch eine Anwendung der Methoden im Rahmen von ›Playtestings‹ und ›Games User Research‹ in der eigenen hochschulischen Entwicklungspraxis. Im Verlauf des Studiums können dann einzelne Methoden anhand von Beispielen aus der behandelten Literatur näher kennengelernt und gegebenenfalls im Rahmen von Übungen angewandt werden. In der in diesem Beitrag vorgeschlagenen thematischen Reihung bilden die Themen »Methoden der sozialwissenschaftliche Game Studies« und »Games User Research und Player-Centric Game Development« einen Rahmen, da die Methoden im
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Für den Einstieg eignen sich Einführungsbände, wie z.B.: Egenfeldt-Nielsen, Simon/Smith, Jonas Heide/Tosca, Susana Pajares: Understanding Video Games. The Essential Introduction. Dritte Auflage, New York/London: Routledge 2016; Mäyrä, Frans: An Introduction to Game Studies, London: Sage 2008.
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erstgenannten Thema eingeführt und im letztgenannten Thema mit konkretem Bezug zur eigenen Entwicklungspraxis behandelt und – wenn möglich – selbständig im Seminarkontext oder im Rahmen von Projekten angewandt werden. Die vorgestellten Methoden reichen von qualitativen bis zu quantitativen Verfahren; von der hermeneutischen Interpretation von Spieltagebüchern bis zum standardisierten Tracking von Spielhandlungen in Online-Spielen.4 3 Die Spieler digitaler Spiele – erste soziologische Grundbestimmung Zu Beginn der soziologischen Beschäftigung mit den Spielern digitaler Spiele gewinnen die Studierenden ein Verständnis davon, wer in welchem Umfang welche digitalen Spiele spielt.5 Dabei sollten die Studierenden erkennen, dass Computerspieler keine homogene Gruppe sind. Es sollte deutlich werden, dass nicht mehr nur die vermeintliche Kernzielgruppe der adoleszenten jungen Männer digital spielt. Und dass unter denjenigen, die spielen, was die Genre-Präferenzen und das Zeitinvestment anbelangt, unterschiedliche Spielergruppen zu finden sind.6 Außerdem ist die Rolle von demographischen Variablen wie z.B. Alter, Geschlecht und soziale Herkunft zu diskutieren. Die vergleichende Untersuchung nationaler bzw. regionaler Spieler-Kulturen kann eine weitere Vertiefung darstellen. Während sich die Studierenden zunächst mit den Ergebnissen von quantitativen Befragungsstudien auseinandersetzen, können im weiteren Verlauf auch qualitative Studien z.B. aus ethnographischer Feldforschung, die sich einzelnen Spielergruppen widmen, hinzugezogen werden. Neben die Be-
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Vgl. z.B. Lankoski, Patri/Björk, Staffan: Game Research Methods. An Overview, Pittsburgh, PA: ETC Press 2015; Boellstorff, Tom: Ethnography and Virtual Worlds. A Handbook of Method, Princeton, NJ: Princeton University Press 2012.
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Vgl. z.B. Quandt, Thorsten/Wimmer, Jeffrey/Wolling, Jens (Hg.): Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames, Wiesbaden: Springer VS 2008; The Entertainment Software Association (Hg.): 2017 Essential Facts About the Computer and Video Game Industry. 2017.
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Vgl. z.B. Williams, Dmitri/Yee, Nick/Caplan Scott E.: »Who Plays, How Much, and Why? Debunking the Stereotypical Gamer Profile«, in: Journal of Computer‐ Mediated Communication 13.4 (2008), S. 993-1018.
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schäftigung mit den sogenannten ›Core Gamern‹ muss auch eine Betrachtung von anderen Spielergruppen treten, z.B. von ›Casual Gamern‹7, älteren Spielern8, weiblichen Spielern9 oder Spielern mit speziellen Genre-Präferenzen (wie z.B. den Spielern von Sportspielen10). Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil diese Spielergruppen im Rahmen der Entwicklungen der vergangenen Jahre, die u.a. als »Casual Revolution«11 beschrieben wurden, an Marktrelevanz gewonnen haben. In diesem Zusammenhang kann auch diskutiert werden, ob die begriffliche Dichotomie von ›Casual Gamern‹ auf der einen Seite und ›Core Gamern‹ (und ›Hardcore Gamern‹) auf der anderen Seite der Vielfalt und Komplexität der tatsächlich auftretenden Spielgruppen überhaupt noch gerecht werden kann. Die simplifizierende Gegenüberstellung dieser Begriffe ist allein deshalb problematisch, weil Spieler sogenannter ›Casual Games‹ mit einfachen Mechaniken, wie z.B. der CANDY CRUSH SAGA12, eben auch Eigenschaften von ›Core-Spielern‹ haben können, wenn sie z.B. einen hohen Zeit- bzw. Trainingsaufwand in ihr Hobby investieren.13 Schließlich schlage ich eine Auseinandersetzung mit der grundlegenden Fragestellung vor, ob der Begriff ›Gamer‹ mit seinem impliziten Ausschließlichkeitsanspruch (als ob nur ›Gamer‹ digitale Spiele spielen würden und als ob ›Gamer‹ keine anderen Medien nutzen würden) als Bezeichnung für die
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Vgl. z.B. Juul, Jesper: A Casual Revolution: Reinventing Video Games and Their
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Vgl. z.B. Quandt, Thorsten/Grueninger, Helmut/Wimmer, Jeffrey: »The Gray
Players, Cambridge/London: MIT Press 2010. Haired Gaming Generation. Findings from an Explorative Interview Study on Older Computer Gamers«, in: Games and Culture (2008). 9
Vgl. z.B. Kafai, Yasmin B./Tynes, Brendesha M./Richard, Gabriela T. (Hg.): Diversifying Barbie and Mortal Kombat. Intersectional Perspectives and Inclusive Designs in Gaming, Pittsburgh, PA: ETC Press 2016.
10 Vgl. z.B. Stein, Abraham/Mitgutsch, Konstantin/Consalvo, Mia: »Who Are Sports Gamers? A Large Scale Study of Sports Video Game Players«, in: Convergence 19.3 (2013), S. 345-363. 11 Vgl. J. Juul: A Casual Revolution. 12 CANDY CRUSH (King 2012, O: King) 13 Vgl. Consalvo, Mia: »Hardcore Casual: Game Culture Return(s) to Ravenhearst«, in: Proceedings of the 4th International Conference on Foundations of Digital Games (2009), S. 50-54.
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›Audience‹ digitaler Spiele sprachlich und soziologisch überhaupt angemessen sein kann.14 4 Motivationen und Gratifikationen Die Frage, warum Computerspieler spielen – oder anders formuliert: warum digitale Spiele faszinieren – ist für die Arbeit von Game Designern von besonderer Relevanz. So sollten im Studium Forschungsergebnisse aus der Medienpsychologie besprochen werden, die sich theoretisch und empirisch mit den Motivationen sowie den erwarteten und erreichten Gratifikationen von Computerspielern befassen. In diesen Arbeiten geht es um die Gründe, warum Spieler das Spielen von Computerspielen gegenüber anderen Tätigkeiten bevorzugen und weshalb sie bestimmte Spiele anderen Spielen vorziehen. In der Medienpsychologie spricht man in diesem Zusammenhang von der Selektion digitaler Spiele.15 Im Rahmen dieser Thematik sollten sich die Studierenden mit theoretischen und empirischen Arbeiten zu Konzepten auseinandersetzen, welche
14 Vgl. z.B. Grooten, Jan/Kowert, Rachel: »Going Beyond the Game. Development of Gamer Identities within Societal Discourse and Virtual Spaces«, in: Loading… The Journal of the Canadian Game Studies Association 9.14 (2015), S. 70-87. Vgl. auch die journalistische Diskussion um die Angemessenheit des Begriffes ›Gamer‹, so z.B.: Alexander, Leigh: »›Gamers‹ Don’t Have to Be Your Audience. ›Gamers‹ Are Over«, in: Gamasutra. The Art and Business of Making Games, online veröffentlicht am 28.08.2014, http://www.gamasutra.com/view/news /224400/Gamers_dont_have_to_be_your_audience_Gamers_are_over.php 15 Vgl. einführend Reinecke, Leonard/Klein, Sina A.: »Games Studies und Medienpsychologie«, in: Klaus Sachs-Hombach/Jan-Noël Thon (Hg.), Game Studies. Aktuelle Ansätze der Computerspielforschung, Köln 2015: Herbert von Halem Verlag, S. 210-251; Sherry, John L./Lucas, Kristen/Greenberg, Bradley S./Lachlan, Ken: »Video Game Uses and Gratifications As Predictors of Use and Game Preferences«, in: Peter Vorderer/Jennings Bryant (Hg.), Playing Video Games. Motives, Responses, and Consequences, New York/London 2012: Routledge, S. 213224; Hamari, Juho/Keronen, Lauri: »Why Do People Play Games? A Meta-Analysis«, in: International Journal of Information Management 37.3 (2017), S. 125-141.
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die Faszination von digitalen Spielen miterklären: Selbstwirksamkeit16, ›Competence Need Satisfaction‹17, simulierte Lebenserfahrung und Probehandlungen18, Rollenspiel19, parasoziale Interaktion und Identifikation mit dem eigenen Avatar20, Immersion21 und Flow-Erleben22 sowie Wettbewerb23 und soziale Interaktion24.
16 Vgl. z.B. Klimmt, Christoph/Blake, Christopher: »Selbstwirksamkeitsmaschinen: Motivationsprozesse interaktiver Unterhaltung«, in: Leonard Reinecke/ Sabine Trepte (Hg.), Unterhaltung in neuen Medien. Perspektiven zur Rezeption und Wirkung von Online-Medien und interaktiven Unterhaltungsformaten, Köln: Herbert von Halem Verlag 2012, S. 65-81; Klimmt, Christoph/Hartmann, Tilo/ Frey, Andreas: »Effectance and Control As Determinants of Video Game Enjoyment«, in: CyberPsychology & Behavior 10.6 (2007), S. 845-848. 17 Vgl. z.B. Przybylski, Andrew K./Rigby, C. Scott/Ryan, Richard M.: »A motivational model of video game engagement«, in: Review of General Psychology 14. 2 (2010), S. 154-166. 18 Vgl. z.B. Klimmt, Christoph: Computerspielen als Handlung. Dimensionen und Determinanten des Erlebens interaktiver Unterhaltungsangebote, Köln: Herbert von Halem Verlag 2006. 19 Vgl. z.B. Turkle, Sherry: Life on the Screen: Identity in the Age of the Internet. New York: Simon & Schuster 1995. 20 Vgl. z.B. Hefner, Dorothée/Klimmt, Christoph/ Vorderer, Peter: »Identification with the Player Character As Determinant of Video Game Enjoyment«, in: Entertainment Computing–ICEC 2007, Berlin/Heidelberg: Springer 2007, S. 39-48. 21 Vgl. z.B. Ermi, Laura/Mäyrä, Frans: »Fundamental Components of the Gameplay Experience: Analysing Immersion«, in: Worlds in Play: International Perspectives on Digital Games Research 37.2 (2005). 22 Vgl. z.B. Cowley, Ben/Charles, Darryl/Black, Michaela/Hickey, Ray: »Toward an Understanding of Flow in Video Games«, in: Computers in Entertainment (CIE) 6.2 (2008), 20. 23 Vgl. z.B. Vorderer, Peter/Hartmann, Tilo/Klimmt, Christoph: »Explaining the Enjoyment of Playing Video Games: the Role of Competition«, in: Proceedings of the Second International Conference on Entertainment Computing, Pittsburgh, PA: ACM Digital Library 2003, S. 1-9. 24 Vgl. z.B. Mortensen, Torill Elvira: »Mutual Fantasy Online: Playing with People«, in: The Players’ Realm: Studies in Video Games and Gaming (2007), S. 188-211.
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Darüber hinaus kann speziell nach der Faszination bestimmter Spielformen oder Genres gefragt werden. Relevante Forschungsergebnisse liegen beispielsweise vor zur Motivation von Spielern von First-Person-Shootern25, Massively Multiplayer Online Games (MMOs)26 und Browser Games27. Nicht zuletzt kann mit Studien, wie sie z.B. Nick Yee schon in den 2000er Jahren publiziert hat, auch der Zusammenhang zwischen Motivationen und demographischen Variablen wie Alter, Geschlecht und ›usage patterns‹ diskutiert werden.28 Als Ergänzung der einschlägigen Forschungsartikel ist Katherine Isbisters Monographie How Games Move Us: Emotion by Design zu empfehlen, weil sie die Frage nach den Gratifikationen digitaler Spiele noch einmal enger fasst, indem sie speziell danach fragt, wie uns digitale Spiele emotional bewegen. Außerdem finde ich ihr Buch auch deshalb für Game Designer besonders wichtig, weil sie anhand zahlreicher Beispiele unmittelbar auf die den Gratifikationen zugrundeliegenden bzw. vorausgehenden Game DesignTechniken eingeht.29 Insgesamt bietet das Thema »Motivationen und Gratifikationen« Möglichkeiten, die behandelten Forschungsergebnisse vor dem Hintergrund des eigenen Spielerlebens zu reflektieren und auf die eigenen Entwicklungsprojekte anzuwenden. Als Beispiel dafür, wie ein theoretisches Konzept als Ausgangs- und Referenzpunkt eines Entwicklungsprojektes dienen kann, können Arbeiten von Jenova Chen herangezogen werden: Das von Chen im Rahmen
25 Vgl. Lehmann, Philipp/Reiter, Andreas/Schumann, Christina/Wolling, Jens: »Die First-Person-Shooter«, in: Thorsten Quandt/Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hg.), Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames, Wiesbaden: Springer VS 2008, S. 241-261. 26 Vgl. Cole, Helena/Griffiths, Mark D.: »Social Interactions in Massively Multiplayer Online Role-Playing Gamers«, in: CyberPsychology & Behavior 10.4 (2007), S. 575-583; Yee, Nick: »Motivations for Play in Online Games«, in: CyberPsychology & Behavior 9.6 (2006), S. 772-775. 27 Vgl. Klimmt, Christoph/Schmid, Hannah/Orthmann, Julia: »Exploring the Enjoyment of Playing Browser Games«, in: CyberPsychology & Behavior 12.2 (2009), S. 231-234. 28 Vgl. N. Yee: Motivations for Play in Online Games. 29 Vgl. Isbister, Katherine: How Games Move Us. Emotion by Design, Cambridge/London: MIT Press 2016.
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seines Game Design-Studiums an der University of Southern California entwickelte Spiel JOURNEY30 basiert auf Überlegungen31 zum Flow-Konzept des Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi, das einen mentalen Zustand der totalen Immersion in einer Tätigkeit beschreibt, der u.a. dadurch begünstigt wird, dass ein Gleichgewicht zwischen der ›Challenge‹ der Tätigkeit und den ›Skills‹ der handelnden Person besteht.32 5 Spielertypen Die Beschäftigung mit verschiedenen Spielertypen erfolgte bis hierhin primär auf Basis von Kategorisierungen, die sich auf Genrepräferenz und Spielintensität beziehen. In der wissenschaftlichen Diskussion um Spielertypen sind aber vor allem Taxonomien von Relevanz, die Spieler hinsichtlich ihrer Spielhandlungen und/oder Spielmotivationen klassifizieren. Die meist zitierte Taxonomie entwickelte Richard Bartle bereits in den frühen 1990erJahren auf Grundlage einer qualitativen Feldstudie in einem ›Multi User Dungeon‹ (MUD), also einem textbasierten Online-Rollenspiel. Bartle klassifizierte Spieler auf Grundlage ihrer bevorzugten Spielhandlungen und unterschied die folgenden Typen: »Achievers«, »Explorers«, »Socializers« und »Killers«.33 Bereits die Berücksichtigung des klassischen Modells von Bartle kann Game Designern dabei helfen, mit ihren Spielen verschiedene Spielertypen anzusprechen oder ihre Zielgruppe zu schärfen und besser zu bedienen. Im Anschluss an Bartles Typologie haben andere Autoren mithilfe verschiedener Methoden (aber mit einem Schwerpunkt auf der statistischen Auswertung von Surveys) und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Genres Modifikationen der vier Typen von Bartle sowie komplexere Typologien und Modelle vorgelegt.34
30 JOURNEY (Sony Computer Entertainment 2012, O: thatgamecompany) 31 Vgl. Chen, Jenova: »Flow in Games (and Everything Else)«, in: Communications of the ACM 50.4 (2007), S. 31-34. 32 Vgl. Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow and the Psychology of Discovery and Invention, New York, NY: Harper Collins 1996. 33 Vgl. Bartle, Richard: »Hearts, Clubs, Diamonds, Spades: Players Who Suit MUDs«, in: Journal of MUD Research 1.1 (1996), 19. 34 Vgl. z.B. Hamari, Juho/Tuunanen, Janne: »Player Types: A Meta-Synthesis«, in: Transactions of the Digital Games Research Association 1.2 (2014); Bateman,
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Nick Yee beispielsweise unterscheidet in seinem genre- und kulturübergreifenden »Gamer Motivation Model«, das er mithilfe einer statistischen Faktorenanalyse aus einem Survey abgeleitet hat, sechs Cluster, denen wiederum jeweils zwei Komponenten untergeordnet sind: »Action« (»Destruction«/»Excitement«), »Social« (»Competition«/»Community«), »Mastery« (»Challenge«/»Strategy«), »Achievement« (»Completion«/ »Power«), »Immersion« (»Fantasy«/»Story«) und »Creativity« (»Design«/»Discovery«). Yee geht hier, wie schon in seinen früheren Arbeiten zu MMOs35, nicht von sich gegenseitig ausschließenden Typen, sondern von einem komplexen Netz an Motivationsfaktoren aus, die pro Person jeweils in individueller Ausprägung auftreten.36 Ein anderes Beispiel ist die Arbeit von Kirsi Pauliina Kallio, Frans Mäyrä und Kirsikka Kaipainen, in der die Autoren zur Kategorisierung von Spielverhalten das Konzept der »gaming mentality« vorschlagen, welches sie im Rahmen einer Triangulation von finnischen Daten aus einem Survey und drei verschiedenen Formen von qualitativen Interviews (»structured interviews, in-depth interviews, and focus group interviews«) untersuchen. Ihre Heuristik ist ebenfalls genreübergreifend angelegt und adressiert »light casual and light social gaming motivations as well as more dedicated ones in a joint framework«. Die Autoren können zeigen, dass der größte Anteil des digitalen Spielens zwischen »casual relaxing« und »committed entertaining« anzusiedeln ist, »where the multiplicity of experiences, feelings, and understandings that people have about their playing and digital games is wide ranging«37. Im Einzelnen umfasst ihr Modell neun »mentalities«, die sie drei übergeordneten Kategorien zuordnen: »Gaming with Children«, »Gaming with Mates« und »Gaming for Company« (»Social Mentalities«); »Killing Time«, »Filling Gaps« und »Relaxing« (»Casual Mentalities«); »Gaming for
Chris/Lowenhaupt, Rebecca/Nacke, Lennart E.: »Player Typology in Theory and Practice«, in: Proceedings of DiGRA 2011 Conference: Think Design Play, S. 1-24. 35 Vgl. z.B. N. Yee: Motivations for Play in Online Games. 36 Vgl. Quantic/Yee, Nick: Gamer Motivation Model, 2016, http://quanticfoun dry.com/2015/12/15/handy-reference 37 Kallio, Kirsi Pauliina/Mäyrä, Frans/Kaipainen, Kirsikka: »At Least Nine Ways to Play: Approaching Gamer Mentalities«, in: Games and Culture 6.4 (2011), S. 327-353, hier: S. 327.
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Fun«, »Immersive Play« und »Gaming for Entertainment« (»Committed Mentalities«).38 Mit statistischen Verfahren, wie sie z.B. Yee anwendet, wurde im Übrigen auch der Zusammenhang von Spielertypen auf der einen Seite und Spielpräferenzen und demographischen Daten (wie Alter und Geschlecht) auf der anderen Seite in den Blick genommen.39 Andere Studien gehen über das Typologisieren von Spielhandlungen und -motiven hinaus und befassen sich mit isolierten Strategien, Verhaltensweisen und Praktiken der Spieler, wie z.B. dem Cheating.40 Auch diese Arbeiten sind relevant für die hochschulische Ausbildung von Game Designern. 6 Spielen als soziale Praxis Während die Untersuchungseinheit bis dato der Spieler als einzelne Person war, wird im Rahmen des Themas »Spielen als soziale Praxis« die Perspektive gewechselt und der Blick auf mehrere Spieler in Interaktion miteinander bzw. auf Spieler als Teil einer Gruppe gerichtet. Dazu kann auf Publikationen von u.a. Soziologen und Kommunikationswissenschaftlern zurückgegriffen werden, die sich sowohl mit ›co-located gaming‹ als auch mit ›online gaming‹ auseinandersetzen.41 Diese Studien widmen sich der Analyse von Zusammenspiel, Kollaboration und Wettbewerb sowie von Kommunikation vor, während und nach dem digitalen Spielen. Ein Teil dieser Arbeiten geht dabei über den Rahmen des eigentlichen Spieles hinaus, wenn sie sich z.B. mit der Community bestimmter Spiele oder Genres beschäftigen sowie den sozialen Praktiken in soge-
38 Vgl. ebd., S. 339 ff. 39 Vgl. z.B. Yee, Nick: »The Demographics, Motivations, and Derived Experiences of Users of Massively Multi-User Online Graphical Environments«, in: Presence: Teleoperators and Virtual Environments 15.3 (2006), S. 309-329; Williams, Dmitri/Consalvo, Mia/Caplan, Scott/Yee, Nick: »Looking for Gender: Gender Roles and Behaviors Among Online Gamers«, in: Journal of communication 59.4 (2009), S. 700-725. 40 Vgl. z.B. Consalvo, Mia: Cheating. Gaining Advantage in Videogames, Cambridge/ London: MIT Press 2009. 41 Vgl. z.B. Quandt, Thorsten/Kröger, Sonja: Multiplayer. The Social Aspects of Digital Gaming, New York/London: Routledge 2013.
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nannten »Video Game Affinity Spaces«, d.h. in jenen sozialen Räumen des Internets (wie z.B. Internetforen oder Wikis), in denen Computerspieler zusammenkommen und kommunizieren. Viele dieser Studien zu »Video Game Affinity Spaces« befassen sich insbesondere mit Prozessen und Ergebnissen des Lernens. So untersuchen sie, wie Spieler in diesen Räumen im Rahmen des sogenannten »Metagame«42 ihre ›gaming literacy‹ ausbauen43 und dabei Literalitätspraktiken erlernen und Kompetenzen erwerben, die prinzipiell auch in andere Kontexte (wie z.B. schulische Zusammenhänge) übertragbar sind.44 An dieser Stelle werden damit Schnittstellen zu den beiden folgenden Themen – »Spielerkultur« und »Lernen in digitalen Spielen« – deutlich. 7 Spielerkultur Das Thema »Spielerkultur« knüpft an das vorangehende Thema »Spielen als soziale Praxis« an. Während zuvor primär das Spielen selbst bzw. isolierte Spielpraktiken in Gruppen von Spielern (innerhalb und außerhalb des eigentlichen Spieles) in den Blick genommen wurden, rückt nun die Kultur oder Subkultur von Spielergemeinschaften – auch über den Prozess des eigentlichen Spielens hinausgehend – in den Fokus. Ein analytischer bzw. methodischer Ausgangspunkt ist die Perspektive der britischen ›Cultural Studies‹. Die Diskussion, was unter ›Video Game Culture‹ zu verstehen ist,45 kann mit einem kursorischen Überblick über die Historie der Computerspielkultur beginnen: von den Anfängen als ›Nerd Culture‹ über die ›Arcade Culture‹ und ›Online Culture‹ (in frühen MUDs und MMOs) zu aktuellen Phänomenen wie ›Cosplay‹, ›Modding‹, ›eSport‹ und ›Let’s Play‹ sowie der heutigen Massenkultur mit ihren popkulturellen Bezügen zu und Interdependenzen
42 Vgl. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play: Game Design Fundamentals, Cambridge/London: MIT Press 2004. 43 Vgl. z.B. Czauderna, André: Lernen als soziale Praxis im Internet. Objektiv hermeneutische Rekonstruktionen aus einem Forum zum Videospiel Pokémon, Wiesbaden: Springer VS 2014. 44 Vgl. z.B. Hayes, Elisabeth R./Duncan, Sean C.: Learning in Video Game Affinity Spaces, New York: Peter Lang 2012. 45 Vgl. Shaw, Adrienne: »What Is Video Game Culture? Cultural Studies and Game Studies«, in: Games and Culture 5.4 (2010), S. 403-424.
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mit anderen Medienkulturen wie Musik, Film und Internet.46 Im Verlauf sollten Spielerkulturen als Sub-, Jugend- und Massenkulturen gerahmt werden. Insgesamt sollte deutlich werden, dass es nicht nur eine Spielerkultur gibt, sondern dass von einer Fragmentierung der Spielerschaft und nebeneinander existierenden Spielerkulturen ausgegangen werden muss. Neben historischen und kulturtheoretischen Ansätzen ist eine qualitativsoziologische oder ethnologische Analyse von einzelnen ›Gaming Cultures‹ von besonderem Interesse. Relevante Forschungsergebnisse liegen z.B. zur ›Online Game Culture‹47, eSport-Szene48 und Let’s Play-Community49 vor. Darüber hinaus sollte auch eine Beschäftigung mit ›Minorities‹ und ›Diversity‹ in der Gamer-Community (inklusive Implikationen für Game Development)50 thematisiert werden sowie der ›Clash of Cultures‹ (Male vs. Female, Hardcore vs. Casual, AAA vs. Indie, etc.), der sich z.B. im Rahmen des sogenannten ›Gamergate‹ ausgebreitet hat.51
46 Vgl. für einen solchen Überblick z.B.: S. Egenfeldt-Nielsen/J. H. Smith/S. P. Tosca: Understanding Video Games. The Essential Introduction; F. Mäyrä: An Introduction to Game Studies; Mertens, Mathias/Meißner, Tobias O.: Wir waren Space Invaders. Geschichten vom Computerspielen, Göttingen: Blumenkamp 2006; Bogost, Ian: How to Do Things with Videogames, Minneapolis/London: University of Minnesota Press 2011. 47 Vgl. z.B. Taylor, Tina L.: Play Between Worlds. Exploring Online Game Culture, Cambridge/London: MIT Press 2009; Steinkuehler, Constance A./Williams, Dmitri: »Where Everybody Knows Your (Screen) Name: Online Games As ›Third Places‹«, in: Journal of Computer‐Mediated Communication 11.4 (2006), S. 885-909. 48 Vgl. z.B. Taylor, Tina L.: Raising the Stakes. E-sports and the Professionalization of Computer Gaming, Cambridge/London: MIT Press 2012; Witkowski, Emma: »On the Digital Playing Field: How We ›Do Sport‹ with Networked Computer Games«, in: Games and Culture 7.5 (2012), S. 349-374. 49 Vgl. z.B. Ackermann, Judith (Hg.): Phänomen Let’s Play-Video – Entstehung, Ästhetik, Aneignung und Faszination aufgezeichneten Computerspielhandelns, Wiesbaden: Springer VS 2016. 50 Vgl. z.B. Shaw, Adrienne: »Do You Identify As a Gamer? Gender, Race, Sexuality, and Gamer Identity«, in: New Media & Society 14.1 (2012), S. 28-44. 51 Vgl. z.B. Consalvo, Mia: »Confronting Toxic Gamer Culture: A Challenge for Feminist Game Studies Scholars«, in: Ada: A Journal of Gender, New Media, and
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Nicht zuletzt kann ein kultur- und arbeitssoziologischer Blick auf die Praktiken und Produktionsbedingungen in der Indie-Game-Community, der Start-Up-Szene sowie den etablierten Studios verschiedener Größe geworfen werden.52 In diesem Zusammenhang ist auch das Verhältnis zwischen Produzenten und Spielern zu thematisieren, das sich u.a. durch neue Partizipationsmöglichkeiten für Letztere z.B. in Form der Beteiligung an ›Crowdfunding‹ und der Nutzung niedrigschwelliger Entwicklertools in den vergangenen Jahren noch einmal verändert hat. 8 Lernen in digitalen Spielen Das Thema »Lernen in digitalen Spielen« kann auf lernpsychologische und erziehungswissenschaftliche Arbeiten zurückgreifen, die sich theoretisch und empirisch mit Lernprozessen in digitalen Spielen befassen. Dabei sollten sowohl kommerzielle Spiele berücksichtigt werden als auch ›Serious Games‹ bzw. ›Impact Games‹, also Spiele, die einen über das reine Entertainment hinausgehenden Zweck verfolgen.53 Kommerzielle Spiele betreffend, sind u.a. die Arbeiten von James Paul Gee von Interesse, der sich in seinem Klassiker What Video Games Have to Teach Us About Learning and Literacy mit den Lernbedingungen und -mechanismen digitaler Spiele auseinandersetzt, indem er analysiert, wie die Mechaniken digitaler Spiele ihre Spieler bei der Aneignung jener ›literacy‹ unterstützen, die zur Bewältigung eines Spieles erforderlich ist.54 Aus seinen
Technology 1 (2012); Chess, Shira/Shaw, Adrienne: »A Conspiracy of Fishes, or, How We Learned to Stop Worrying About# GamerGate and Embrace Hegemonic Masculinity«, in: Journal of Broadcasting & Electronic Media 59.1 (2015), S. 208-220. 52 Vgl. z.B. Hoose, Fabian: Spiel als Arbeit. Arbeitsorientierungen von Beschäftigten der Gamesbranche, Wiesbaden: Springer VS 2015; Martin, Chase Bowen/ Deuze, Mark: »The Independent Production of Culture: A Digital Games Case Study«, in: Games and Culture 4.3 (2009), S. 276-295. 53 Vgl. einführend Squire, Kurt: Video Games and Learning. Teaching and Participatory Culture in the Digital Age, New York, NY: Teachers College Press 2011. 54 Vgl. Gee, James Paul: What Video Games Have to Teach Us About Learning and Literacy. Revised and Updated Edition, New York, NY: Macmillan 2007.
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Analysen zieht Gee auch Schlussfolgerungen für die Gestaltung schulischer Lernprozesse.55 Andere Studien beschäftigen sich weniger damit, wie mit digitalen Spielen gelernt werden kann, sondern fokussieren darauf, was in kommerziellen Spielen gleichsam nebenbei gelernt wird. Mit den Mitteln der empirischen Sozialforschung untersuchen sie Kompetenzen, die durch digitale Spiele gefordert und dadurch eben auch gefördert werden können, wenn sie z.B. die Hand-Auge-Koordination von computerspielenden und nicht-computerspielenden Personen miteinander vergleichen.56 Weitere Arbeiten zeigen, dass auch in »Video Game Affinity Spaces« – d.h. den um ein bestimmtes Spiel entstehenden Räumen im Internet, wie z.B. Foren oder Wikis, in denen sich Spieler zur Kommunikation und Kollaboration zusammenfinden – verschiedene Kompetenzen, insbesondere Literalitätspraktiken wie z.B. »science literacy«, »advanced reading comprehension« oder »information literacy« erworben werden können, die auch in anderen, über das Spiel hinausgehenden Kontexten von Relevanz sind.57 Nicht zuletzt wird der pädagogische Einsatz von kommerziellen Spielen in Bildungskontexten in den Blick genommen. So beschäftigte sich z.B. Kurt Squire mit dem Einsatz von CIVILIZATION III58 zur Vermittlung historischer Zusammenhänge.59
55 An dieser Stelle kann auf das reformpädagogische Konzept zweier Schulen in New York City und Chicago verwiesen werden, das Game Designerin Katie Salen auf der Grundlage von Spielmechaniken entwickelt hat: http://www.in stituteofplay.org/work/projects/quest-schools 56 Vgl. z.B. Gozli, Davood G./Bavelier, Daphne/Pratt, Jay: »The Effect of Action Video Game Playing on Sensorimotor Learning: Evidence from a Movement Tracking Task«, in: Human Movement Science 38 (2014), S. 152-162. 57 Vgl. Gee, James Paul: »Affinity Spaces: From Age of Mythology to Today’s Schools«, in: James Paul Gee, Good Video Games and Good Learning. Collected Essays on Video Games, Learning, and Literacy, New York, NY: Peter Lang 2007, S. 87-103; E. R. Hayes/S. C. Duncan: Learning in Video Game Affinity Spaces. 58 CIVILIZATION III (Infogrames 2001, O: Firaxis Games) 59 Vgl. Squire, Kurt: Replaying History. Learning World History through Playing Civilization III. Dissertation, Indiana University, Indianapolis, IN 2004.
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Ausgehend von den beschriebenen Lernpotentialen kommerzieller Spiele befassen sich andere Arbeiten mit ›Serious Games‹, zu denen u.a. auch Spiele zu zählen sind, die auf das Erlernen von bestimmten Wissensbeständen, Kompetenzen, Einstellungen, Verhaltensweisen usw. abzielen.60 In diesem Forschungsfeld besteht häufig eine enge Verknüpfung von sozialwissenschaftlicher Forschung und Entwicklung. Denn Game Design für den Bereich der ›Serious Games‹ erfordert nicht nur Expertise in einer bestimmten Wissens- oder Kompetenz-Domäne sowie in Psychologie und Pädagogik, sondern auch eine Evaluation der Wirkung der Spiele auf ihre Zielgruppe – idealerweise bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Entwicklungsprozesses.61 Da viele ›Serious Games‹-Projekte in vergleichsweise kleinen Teams umgesetzt werden, sollte es von Vorteil sein, wenn Designer von ›Serious Games‹ kleinere Erhebungen auch selbst durchführen können, zumindest aber in der Lage sind, in dieser Sache mit Sozial- und Erziehungswissenschaftlern sachkundig zusammenzuarbeiten. Ein weiterer Forschungsbereich, der im Rahmen der hier vorgeschlagenen Thematik integriert werden kann, befasst sich mit dem Thema ›Gamification‹, dem Einsatz von Spielmechaniken außerhalb von eigentlichen Spielen.62
60 Vgl. für einen Überblick z.B.: S. Egenfeldt-Nielsen/J. H. Smith/S. P. Tosca: Understanding Video Games. The Essential Introduction, hier: S. 229-254; Ritterfeld, Ute/Cody, Michael/Vorderer, Peter (Hg.): Serious Games. Mechanisms and Effects, New York/London: Routledge 2009. 61 Vgl. z.B. Czauderna, André/Schmitz, Birgit: »Social Research As a Means of Target-Group-Specific Serious Game Development«, in: Wimmer, Jeffrey/Mitgutsch, Konstantin/Rosenstingl, Herbert (Hg.), Applied Playfulness. Proceedings of the Vienna Games Conference 2011. Future and Reality of Gaming, Wien: New Academic Press 2012; Stokes, Benjamin/O’Shea, Gerad/Walden, Nicole/Nasso, Francesco/Mariutto, Giancarlo/Hill, Aubrey/Burak, Asi: Impact with Games. A Fragmented Field, Pittsburgh, PA: ETC Press 2016, http://gameimp act.net/reports/fragmented-field; Mitgutsch, Konstantin/Alvarado, Narda: »Purposeful by Design?: a Serious Game Design Assessment Framework«, in: Proceedings of the International Conference on the Foundations of Digital Games, Raleigh, NC: ACM Digital Library 2012, S. 121-128. 62 Vgl. z.B. Walz, Steffen P./Deterding, Sebastian: The Gameful World. Approaches, Issues, Applications, Cambridge/London: MIT Press 2015.
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Bei Arbeiten zum Thema »Lernen in digitalen Spielen« ist insgesamt zu unterscheiden zwischen lerntheoretischen Arbeiten auf der einen Seite und empirischen Arbeiten auf der anderen Seite, d.h. in der Regel Wirkungsstudien. In beiden Fällen kann es sich sowohl um Grundlagenforschung als auch angewandte Forschung handeln, wobei die Grenzen häufig verschwimmen. Zahlreiche Studien stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit Entwicklungsprojekten, zu deren Verbesserung sie im Rahmen iterativer Designprozesse beitragen können. In der Lehre bietet es sich an, das Thema mit einem Entwicklungsprojekt im Bereich ›Serious Games‹ zu verknüpfen. 9 Wirkung digitaler Spiele Neben Wirkungsstudien zum Lernen in digitalen Spielen sind andere Wirkungsstudien zu berücksichtigen, die sich sozial nicht erwünschten Effekten von digitalen Spielen widmen. Dazu gehören insbesondere Studien zum Zusammenhang von Computerspielnutzung und bestimmten Verhaltensweisen (wie z.B. Aggression) und Einstellungen (wie z.B. Vorurteilen) sowie zur sogenannten Computerspielabhängigkeit.63 Über reine Wirkungsstudien hinaus bietet es sich an, Studien einzubeziehen, die sich mit der Abbildung sozialer Wirklichkeit (wie z.B. der Darstellung von Gewalt und Geschlechterrollen) in digitalen Spielen befassen, da aus solchen Analysen Hypothesen über die Wirkung digitaler Spiele zu ziehen sind, die selbst dann, wenn ihr sozialwissenschaftlicher Beweis nicht vorliegt, für ethische Diskussionen von Bedeutung sind.64
63 Vgl. für einen Überblick z.B.: L. Reinecke/Sina A. Klein: Games Studies und Medienpsychologie; Egenfeldt-Nielsen/J. H. Smith/S. P. Tosca: Understanding Video Games. The Essential Introduction, hier: S. 255-280; Vorderer, Peter/Bryant, Jennings (Hg.): Playing Video Games. Motives, Responses, and Consequences, New York/London 2012: Routledge. 64 Vgl. z.B. Williams, Dmitri/Martins, Nicole/Consalvo, Mia/Ivory, James D.: »The Virtual Census: Representations of Gender, Race and Age in Video Games«, in: New Media & Society 11.5 (2009), S. 815-834. An dieser Stelle sei für die Lehre auf die einflussreiche YouTube-Video-Series »Tropes vs. Women in Video Games« von Anita Sarkeesian verwiesen (https://www.youtube.com/user/feministf requency).
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Nach kritischer Lektüre verschiedener Studien sollte mit den Studierenden darüber diskutiert werden, welche ethischen Schlüsse aus den vorliegenden Forschungsergebnissen für die Gestaltung und Entwicklung (und Erforschung) digitaler Spiele gezogen werden können. An dieser Stelle bietet sich eine Ausweitung des Themas auf VR-Technologien an, da sie gänzlich neue ethische Fragestellungen aufwerfen.65 Weiterhin kann in diesem Kontext eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Diskurs über digitale Spiele sinnvoll sein, der in vielen Ländern lange Zeit von pessimistischen Stimmen beherrscht wurde, welche die Risiken in den Vordergrund stellten. Von Interesse sind hier Diskursanalysen bzw. Analysen der Medienberichterstattung.66 Meines Erachtens ist das Thema »Wirkung digitaler Spiele« für Game Designer insofern von besonderer Bedeutung, als sich Medienschaffende über die ›Nebenwirkungen‹ ihrer Produkte im Klaren sein und ihre eigene Arbeit ethisch reflektieren sollten. Die Auseinandersetzung mit einschlägigen Studien zur Wirkung digitaler Spiele (inklusive der in diesen Studien verwendeten Methoden) sowie mit der öffentlichen Wahrnehmung ihrer Branche, ihrer Produkte und ihrer Kunden sollte es Game Designern ermöglichen, ihre Produkte im Speziellen sowie die Games-Branche im Allgemeinen gegen ungerechtfertigte Verurteilungen mit wissenschaftlichen Argumenten zu verteidigen. Nicht zuletzt eignet sich die teils unklare und widersprüchliche Forschungslage im Feld der Wirkungsstudien dazu, den Studierenden eine kritische Haltung gegenüber wissenschaftlicher Forschung unter Berücksichtigung von Faktoren wie Fragestellung, Methode und Auftraggeber zu vermitteln.
65 Vgl. Madary, Michael/Metzinger, Thomas K.: »Real Virtuality: A Code of Ethical Conduct. Recommendations for Good Scientific Practice and the Consumers of VR-Technology«, in: Frontiers in Robotics and AI 3 (2016), 3. 66 Vgl. z.B. McKernan, Brian: »The Morality of Play: Video Game Coverage in The New York Times from 1980 to 2010«, in: Games and Culture 8.5 (2013), S. 307-329.
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10 Games User Research und Player-Centric Game Development Das Thema »Games User Research und Player-Centric Game Development« dürfte für viele Studierende der Höhepunkt der sozialwissenschaftlichen Game Studies im Rahmen ihrer akademischen Games-Ausbildung sein, weil hier noch einmal ein unmittelbarer Bezug zur Entwicklungspraxis hergestellt wird und die (in der Grundlagenforschung) kennengelernten Methoden (zumindest in vereinfachter Form) im Rahmen einer eigenen angewandten Forschung selbständig mit dem Ziel der Verbesserung der Qualität des eigenen Spieles eingesetzt werden. In jedem Fall sollten sich die Studierenden ausführlich mit den empirischen Verfahrensweisen des ›Games User Research‹ (GUR) beschäftigen, die zwar in ihrer Struktur jenen der Grundlagenforschung ähneln, jedoch anderen Rahmenbedingungen und einer anderen Logik unterliegen und daher im Detail anders angewandt werden.67 Außerdem können Forschungsergebnisse des GUR sowie Erkenntnisse aus der Psychologie zur ›User Experience‹ (UX) rezipiert werden, welche die heutige industrielle Spieleproduktion in Form von ›user experience guidelines‹ bzw. Heuristiken leiten.68 Darüber hinaus bietet es sich an, bekannte Game Design-Ansätze speziell im Hinblick auf die Bedeutung von ›Playtesting‹ und GUR in iterativen Designprozessen zu lesen. Von besonderer Relevanz sind hier spielerzentrierte Ansätze.69 Eine interessante Lektüre auf Meta-Ebene bietet der Aufsatz »Perceptions of Player in Game Design Literature« von Olli Sota-
67 Vgl. z.B. Isbister, Katherine/Schaffer, Noah: Game Usability. Advancing the Player Experience, Boca Raton/London/New York: CRC Press 2015. 68 Vgl. z.B. Hodent, Celia: The Gamer’s Brain. How Neuroscience and UX Can Impact Video Game Design, Boca Raton/London/New York: CRC Press 2017. 69 Vgl. z.B. T. Fullerton: Game Design Workshop. A Playcentric Approach to Creating Innovative Games; C. Macklin/J. Sharp: Games, Design and Play. A Detailed Approach to Iterative Game Design; Ermi, Laura/Mäyrä, Frans: »PlayerCentred Game Design: Experiences in Using Scenario Study to Inform Mobile Game Design«, in: Game Studies 5.1 (2005), S. 1-10; Pozzi, Nathalie/Zimmerman, Eric: »Don’t Follow These Rules! A Primer for Playtesting«, in: Gundolf S. Freyermuth: Games | Game Design | Game Studies. An Introduction, Bielefeld: transcript 2015, S. 177-183.
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maa, der sich – wie der Titel besagt – mit der Wahrnehmung bzw. Rahmung des Spielers in einschlägiger Game Design-Literatur auseinandersetzt.70 Zum Abschluss ihrer sozialwissenschaftlichen Studien sollten die Studierenden ein GUR-Projekt umsetzen. Idealerweise ist es eingebunden in ein eigenes Entwicklungsprojekt und geht insofern über das übliche ›Playtesting‹ hinaus, als Fragestellung, Methode und Auswertung sozialwissenschaftlichen Standards entsprechen. Dabei müssen nicht unbedingt klassische Themen des GUR wie ›Usability‹ und ›User Experience‹ im Zentrum stehen. Auch Fragen zum ›Impact‹, der Wirkung des eigenen Spieles, wie z.B. im Hinblick auf Lernprozesse und -ergebnisse, scheinen mir vielversprechende Forschungsperspektiven für GUR-Projekte in der akademischen Games-Ausbildung.
L ITERATUR Ackermann, Judith (Hg.): Phänomen Let’s Play-Video – Entstehung, Ästhetik, Aneignung und Faszination aufgezeichneten Computerspielhandelns, Wiesbaden: Springer VS 2016. Alexander, Leigh: »›Gamers‹ Don’t Have to Be Your Audience. ›Gamers‹ Are Over«, in: Gamasutra. The Art and Business of Making Games, online veröffentlicht am 28.08.2014, http://www.gamasutra.com/vie w/news/224400/Gamers_dont_have_to_be_your_audience_Gamers_are _over.php Bartle, Richard: »Hearts, Clubs, Diamonds, Spades: Players Who Suit MUDs«, in: Journal of MUD Research 1.1 (1996), 19. Bateman, Chris/Lowenhaupt, Rebecca/Nacke, Lennart E.: »Player Typology in Theory and Practice«, in: Proceedings of DiGRA 2011 Conference: Think Design Play, S. 1-24. Boellstorff, Tom: Ethnography and Virtual Worlds. A Handbook of Method, Princeton, NJ: Princeton University Press 2012. Bogost, Ian: How to Do Things with Videogames, Minneapolis/London: University of Minnesota Press 2011.
70 Vgl. Sotamaa, Olli: »Perceptions of Player in Game Design Literature«, in: Situated Play. Proceedings of DiGRA 2007 Conference, S. 456-465.
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S PIELE CANDY CRUSH (King 2012, O: King) CIVILIZATION III (Infogames 2001, O: Firaxis Games) JOURNEY (Sony Computer Entertainment 2012, O: thatgamecompany)
Perspektiven auf Digitale Spiele Plädoyer für eine kunstwissenschaftliche Betrachtung des Digitalen Spiels in Forschung und Lehre S TEPHAN S CHWINGELER
E INLEITUNG Der folgende Text plädiert für einen methodischen Blick auf das Digitale Spiel1 aus Blickrichtungen, die durch kunstwissenschaftliche Grundlagen geprägt sind. Diese Perspektiven bilden meine methodische Ausrichtung in Forschung und Lehre. Der Beitrag gliedert sich in drei Teilperspektiven bzw. einzelne Plädoyers. • Ich plädiere für eine bildwissenschaftliche Betrachtung des Digitalen
Spiels. • Ich plädiere für eine kunsthistorische Betrachtung des Digitalen Spiels. • Ich plädiere dafür, Digitale Spiele als künstlerisches Material zu begreifen.
1
Ich verwende die Begriffe Digitales Spiel und Computerspiel synonym.
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P ERSPEKTIVE 1: C OMPUTERSPIELBILDER ALS G EGENSTAND DER K UNSTWISSENSCHAFT Ich plädiere für eine bildwissenschaftliche Betrachtung des Digitalen Spiels, um die spezifische, hybride Natur dieses (Bild-)phänomens besser verstehen zu lernen. Computerspiele sind in der Kunstwissenschaft – trotz erheblicher bildwissenschaftlicher Relevanz – ein Gegenstand, der außerhalb des Kanons (und des Paragone) steht und nur in Ausnahmen eine dezidiert kunst- bzw. bildwissenschaftliche Betrachtung erfahren hat. Auch innerhalb der Game Studies finden sich nur wenige kunstwissenschaftliche Positionen.2 Die Computerspielforschung wird um 1999 von einer ersten methodologischen Auseinandersetzung über die Forschungsperspektive auf den Gegenstand geprägt.
2
Vgl. z.B. Günzel, Stephan: »Bildtheoretische Analyse von Computerspielen in der Perspektive Erste Person«, in: Image (2006), http://www.bildwissenschaft.org /image/ausgaben?function=fnArticle&showArticle=89 vom 12.03.2012; Schwingeler, Stephan: Die Raummaschine – Raum und Perspektive im Computerspiel, Boizenburg: VWH 2008; Hensel, Thomas: »Für eine Ikonologie des Computerspiels oder: Schießen Sie auf das Bild«, Vortrag am ZIMT Siegen (2008), http://www.uni-siegen.de/zimt/dienste/mediathek/digital/archiv.xml?streamit=9 2&lang=de vom 28.05.2017; Schwingeler, Stephan: Die Raummaschine – Raum und Perspektive im Computerspiel, Boizenburg: VWH 2008; Schwingeler, Stephan/Gehring, Ulrike (Hg.): The Ludic Society. Kritische Berichte 2/2009, Marburg: Jonas Verlag 2009; Hensel, Thomas: »Das Spielen des Bildes. Für einen Iconic Turn der Game Studies«, in: Medienwissenschaft: Rezensionen: 3, Marburg: Schüren 2011, S. 282-293; Beil, Benjamin: Avatarbilder: Zur Bildlichkeit des zeitgenössischen Computerspiels, Bielefeld: transcript 2012; Beil, Benjamin/Bonner, Marc/ Hensel, Thomas (Hg.): Computer | Spiel | Bilder, Glückstadt: VWH 2014, S. 25-59.; Schwingeler, Stephan: Kunstwerk Computerspiel – Digitale Spiele als künstlerisches Material. Eine medientheoretische und bildwissenschaftliche Analyse, Bielefeld: transcript 2014.
PERSPEKTIVEN AUF D IGITALE SPIELE |
157
Dabei werden digitale Spiele aus einer narratologischen Perspektive zum einen als eine Art von Text untersucht.3
3
Folgende Beispiele narratologischer Computerspielforschung können das Feld umreissen: Mary Anne Buckles’ Dissertation Interactive Fiction as Literature: The Storygame »Adventure« aus dem Jahr 1985 gilt als erste wissenschaftliche Abhandlung über ein Computerspiel überhaupt und untersucht das Game Adventure mit einer Perspektive auf den Text (vgl. M.A. Buckles: Interactive Fiction as Literature). Vgl. zum narrativen Potenzial Neuer Medien und Computerspiele Murray, Janet: Hamlet on the Holodeck: the Future of Narrative in Cyberspace, Cambridge, MA: The MIT Press1997: Janet Murray sieht im Cyberdrama die Zukunft des Erzählens. Im deutschsprachigen Raum sind Britta Neitzels Arbeiten frühe Beispiele narratologischer Computerspielforschung. Eine breite narratologische Perspektive auf Computerspiele bietet Britta Neitzels Dissertation Gespielte Geschichten (Neitzel, Britta: Gespielte Geschichten. Struktur- und prozessanalytische Untersuchungen der Narrativität von Videospielen, Univ. Diss., Weimar, 2000), in der sie verschiedene erzähltheoretische Konzepte auf Computerspiele anlegt (Russischer Formalismus, Französischer Strukturalismus bis hin zu filmwissenschaftlichen Ansätzen etwa von David Bordwell). Konkreter um Fragen der Erzählperspektive und der Fokalisierung nach Gérard Genette widmet sich Neitzel in ihrem Aufsatz Point of View und Point of Action (Neitzel, Britta: Point of View und Point of Action. Eine Perspektive auf die Perspektive in Computerspielen, in: Bartels, Klaus/Thon, Jan-Noël (Hg.): »Computer/ Spiel/ Räume. Materialien zur Einführung in die Computer Game Studies«, in: Hamburger Hefte zur Medienkultur Nr. 5 (2001), S. 8-29). Vgl. ferner Atkins, Barry: More than a game: the computer game as fictional form, Manchester [u.a.]: Manchester University Press 2005: Barry Atkins macht sich die Methode des Close Reading bei der Analyse von Tomb Raider, Half Life, Sim City sowie Close Combat als Texte zu Nutze. Weniger methodenorientiert denn theoretisch argumentiert Julian Kücklich in seiner Magisterarbeit Computerspielphilologie (Kücklich, Julian: Computerspielphilologie – Prolegomena zu einer literaturwissenschaftlich begründeten Theorie narrativer Spiele in den elektronischen Medien, Magisterarbeit, Universität München (2002). Zugleich: Kücklich, Julian: Playability – Prolegomena zu einer Computerspielphilologie, Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller 2008).
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Ein anderer – ludologischer – Zugang analysiert Computerspiele als eine Art von Spiel.4 Neben diesen narratologischen und ludologischen Zugängen lässt
4
Gonzalo Frasca plädiert in dem Aufsatz Ludology meets Narratology von 1999 für eine eigenständige Spieleforschung, die er in Anlehnung an die Narratologie als Ludologie bezeichnet. Er kritisiert, dass Computerspiele nicht ausschließlich aus der Perspektive verstanden werden können, die sie als (erzählende) Texte konturiert. Er fordert dementsprechend eine Untersuchung digitaler Spiele primär als Spiele. Vgl. Frasca, Gonzalo: »Ludology meets Narratology: Similitude and differences between (video)games and narrative« (1999), www.ludology.org/arti cles/ludology.htm vom 12.03.2017. Aus der Kritik an der Narratologie entwickelt sich eine eigenständige, ludologische Schule der Computerspielforschung, für die z.B. Jesper Juul steht. Ausgehend von Frascas Kritik entsteht ein ludologisches Instrumentarium, dass sich insbesondere aus den Arbeiten von Johan Huizinga, Roger Caillois, Elliott M. Avedon und Brian Sutton-Smith orientiert (vgl. Huizinga, Johan: Homo ludens: vom Ursprung der Kultur im Spiel (1939), Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1987; Caillois, Roger: Les Jeux et les Hommes, Paris: Gallimard 1958; Caillois, Roger: Die Spiele und die Menschen: Maske und Rausch, Frankfurt a.M. [u.a.]: Ullstein 1982, Avedon, Elliott M./Sutton-Smith, Brian: The study of games, New York [u.a.]: J. Wiley 1971). Die Ludologie versteht Computerspiele als die jüngste, digitale Ausformung des Spiels und damit in extremer Position als neueste technisch basierte Entwicklung einer Menschheits- und Kulturgeschichte des Spiels. Somit beginnt die Geschichte des Computerspiels aus extremer ludologischer Perspektive nicht mit William Higinbothams TENNIS FOR TWO im Jahr 1958, sondern lässt sich bis auf frühe Brettspiele SENET (2686 v. Chr.) zurückführen (vgl. Juul, Jesper: Half-real: video games between real rules and fictional worlds, Cambridge, MA [u.a.]: The MIT Press 2005, S. 4). Der Standpunkt, dass digitale Spiele als Spiele untersucht werden müssen, zeigt sich illustrierend in einem Zitat von Markku Eskelinen, das die Debatte zwischen Narratologen und Ludologen ins Polemische wendet: »If I throw a ball at you I don't expect you to drop it and wait until it starts telling stories« (Eskelinen, Markku: »The Gaming Situation«, in: www.gamestudies.org, Vol. 1: Nr. 1 (2001), http://gamestudies.org/0101/eskelinen vom 13.03.2017. Um die Beantwortung der Frage, ob Computerspiele nun als Texte oder Spiele betrachtet werden sollten, wird heute nicht mehr mit Ernsthaftigkeit gestritten. Der ›Streit‹ wurde von Gonzalo Frasca (der ihn 1999 zunächst angestoßen hatte; vgl. G. Frasca: Ludology meets Narratology) auf der Level Up-Konferenz 2003 in Utrecht beigelegt, indem
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sich ein dritter, kunstwissenschaftlicher – präziser – bildwissenschaftlicher Ansatz identifizieren, der Computerspiele unter dem Gesichtspunkt ihrer Bildhaftigkeit untersucht.5 Meine Perspektive auf Digitale Spiele ist in Forschung und Lehre durch Bildwissenschaft definiert. Das interdisziplinäre Projekt der Bildwissenschaft wendet sich gegen das Text-Paradigma in der menschlichen Kultur und den Wissenschaften, durch das letzendlich alle Kultur als Text verstanden wird, und stellt das Bild dagegen in den Mittelpunkt, da ihm eine kulturell dominante und philosophisch relevante Rolle zugestanden wird. Diese Hinwendung zum Bild wird durch das Aufkommen digitaler Bilder begünstigt. Der Gegenstandsbereich der
er deutlich formulierte, dass digitale Spiele sowohl narrative als auch spielerische Züge in sich vereinen (vgl. Frasca, Gonzalo: »Ludologists love stories, too: notes from a debate that never took place«, in: Copier, Marinka und Raessens, Joost (Hg.): Level up: Digital Games Research Conference, 4 - 6 November 2003 Utrecht University, Utrecht: Faculty of Arts, Utrecht University 2003, S. 92-100.). 5
Vgl. S. Günzel: Bildtheoretische Analyse von Computerspielen in der Perspektive Erste Person; S. Schwingeler: Die Raummaschine; Hensel, Thomas: »Für eine Ikonologie des Computerspiels oder: Schießen Sie auf das Bild«, Vortrag am ZIMT Siegen (2008), http://www.uni-siegen.de/zimt/dienste/mediathek/digital/archiv.xml?streamit=92&lang=de vom 28.05.2017; Günzel, Stephan: »Das Computerspielbild als Raummedium«, in: Stephan Schwingeler Ulrike Gehring (Hg.): The Ludic Society. Kritische Berichte 2/2009, Marburg: Jonas Verlag 2009, S. 51-56; Günzel, Stephan: »The Spatial Turn in Computer Game Studies«, in: Konstantin Mitgutsch, Christoph Klimmt, Herbert Rosenstingl (Hg.): Exploring the edges of gaming. Proceedings of the Vienna Games Conference 2008-2009: Future and Reality of Gaming, Wien: new academic press 2010, S. 147-156; Günzel, Stephan: Ego-Shooter – Das Raumbild des Computerspiels, Frankfurt a.M.: Campus Verlag 2012; Hensel, Thomas: »Das Spielen des Bildes. Für einen Iconic Turn der Game Studies«, in: Medienwissenschaft: Rezensionen: 3, Marburg: Schüren 2011, S. 282-293; Hensel, Thomas: Nature Morte im Fadenkreuz – Bilderspiele mit dem Computerspiel, Trier: Intermedia Design Books FH Trier 2011; B. Beil: Avatarbilder. Vgl. zur Einordnung der bildwissenschaftlichen ›Schule‹ der Game Studies auch Beil, Benjamin/Bonner, Marc/Hensel, Thomas (Hg.): Computer | Spiel | Bilder, Glückstadt: VWH 2014, S. 25-59; Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies, Bielefeld: transcript 2015, S. 91.
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Bildwissenschaft umfasst alle Bilder, nicht nur Bilder künstlerischer Natur oder Bilder der Kunstgeschichte, wodurch erlaubt wird, dass auch die Bilder der Computerspiele mit kunstwissenschaftlichen Methoden untersucht werden können.6
6
Bildwissenschaftlich wird der Metapher der »Lesbarkeit der Welt« die Metapher der »Sichtbarkeit« und auch »Bildlichkeit« entgegengesetzt (Schulz, Martin: Ordnungen der Bilder: eine Einführung in die Bildwissenschaft, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 11). Horst Bredekamp argumentiert für die Kunstwissenschaft selbst als Bildwissenschaft und merkt an, dass schon die Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts nicht-künstlerische Bilder in ihre kunsthistorische Praxis eingeschlossen hat (vgl. Bredekamp, Horst: »Bildwissenschaft«, in: Pfisterer, Ulrich (Hg.): Metzler Lexikon Kunstwissenschaft: Ideen, Methoden, Begriffe, Darmstadt: J.B. Metzler 2003, S. 72-75, hier S. 72). Es ließe sich ebenfalls argumentieren, dass die Kunstgeschichte seit Aby Warburgs Wirken ›Bildwissenschaft‹ ist, da schon Warburg nicht-künstlerische Bilder gleichberechtigt in seine Analysen einbezogen hat (vgl. Hensel, Thomas: Wie aus der Kunstgeschichte eine Bildwissenschaft wurde: Aby Warburgs Graphien, Berlin: De Gruyter 2011). Es lassen sich mehrere bestimmende bildwissenschaftliche Positionen in der Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft identifizieren. Zum einen ist W.J.T. Mitchell zu nennen, dessen Rede vom pictorial turn dem linguistic turn der Sprachwissenschaft verpflichtet ist und kritisch daran anknüpft. Mitchells kritische Form der Ikonologie ist semiotisch geprägt und mündet in eine Theorie der Visuellen Kultur. Der iconic turn, der von Gottfried Boehm ausgemacht wird, grenzt sich wiederum stark von der Semiotik und der damit implizierten Versprachlichung des Bildes ab. Gottfried Boehm ist phänomenologisch geprägt und fasst Bilder nicht als codierte Zeichen auf, sondern attestiert Bildern eine ikonische Differenz – eine Art der Sinn- und Bedeutungserzeugung, die nur Bildern zu Eigen ist und diese dadurch vom Logos abgrenzt. Eine weitere bildwissenschaftliche Position wird von Hans Belting repräsentiert. In seiner Bild-Anthropologie argumentiert er, dass Bilder vom Menschen gemacht sind und daher stets auf diesen bezogen sind. Nur Menschen haben die Fähigkeit, Bilder herzustellen, weil nur Menschen Einbildungskraft, Imagination, besitzen. Grundbegriffe bei Belting sind Bild, Körper und Medium; die Trennung mentaler und materieller Bilder ist zentral. Außerhalb der Kunstgeschichte stehen z.B. die Arbeiten des Philosophen Klaus Sachs-Hombach, der die Formulierung einer allgemeinen Bildwissenschaft anstrebt. In einer solchen – ebenfalls semiotisch orientierten – allgemeinen Bildwissenschaft steht
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Die Kunstwissenschaft als Disziplin und die Bildwissenschaft als kunstwissenschaftliche Schule mit großen Bildkompetenzen eignen sich daher methodisch, um Computerspiele und ihre Eigenschaften zu analysieren, zu durchdringen und zu verstehen. Games bringen eine besondere Art von Bildlichkeit hervor: Man kann die von Games hervorgebrachten Bildphänome als interaktive Simulationsbilder bezeichnen. 7
die Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft in einem gemeinsamen Theorierahmen neben vielen anderen bildwissenschaftlichen Disziplinen wie Medienwissenschaft, Kognitionswissenschaft, Psychologie, Neurowissenschaft, Rhetorik etc. Vgl. allgemein zur Einführung in die Bildwissenschaft Bredekamp: Bildwissenschaft, Schulz: Ordnungen der Bilder, Frank, Gustav und Lange, Barbara: Einführung in die Bildwissenschaft: Bilder in der visuellen Kultur, Darmstadt: WBG 2010. Zur Rolle der Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft vgl. Huber, Hans Dieter/ Kerscher, Gottfried: Kunstgeschichte im »Iconic Turn«, Ein Interview mit Horst Bredekamp, in: Gottfried Kerscher/ Christoph Danelzik-Brüggemann/Hans Dieter Huber (Hg.): Netzkunst. Kritische Berichte 1/1998, Marburg: Jonas Verlag 1998, S. 85-93; Bogen, Steffen: Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft, in: SachsHombach, Klaus (Hg.): Bildwissenschaft: Disziplinen, Themen, Methoden, Frankfurt am Main: Suhrlamp 2005, S. 52-68. Zum Pictorial Turn vgl. Mitchell, W. J. T.: Der Pictorial Turn, in: Christian Kravagna (Hg.): Privileg Blick: Kritik der visuellen Kultur, Berlin: Edition ID-Archiv 1997, S. 15-40; Mitchell, W. J. T./Frank, Gustav (Hg.): Bildtheorie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008. Zum Iconic Turn vgl. Boehm, Gottfried: »Die Wiederkehr der Bilder« in: Gottfried Boehm (Hg.): Was ist ein Bild?, München: Wilhelm Fink Verlag 2006, S. 11-39. In einem Briefwechsel zwischen Mitchell und Boehm sind die leicht unterschiedlichen Ausrichtungen Thema: Vgl. Mitchell, W. J. T.: Pictorial Turn. Eine Antwort, in: Belting, Hans (Hg.): Bilderfragen: die Bildwissenschaften im Aufbruch, München [u.a.]: Wilhelm Fink 2007, S. 37-49. Zur Bild-Anthropologie vgl. Belting, Hans: Bild-Anthropologie: Entwürfe für eine Bildwissenschaft, München: Wilhelm Fink Verlag 2001. Zur allgemeinen Bildwissenschaft, für die Klaus Sachs-Hombach plädiert, vgl. Sachs-Hombach 2005: Sachs-Hombach, Klaus (Hg.): Bildwissenschaft: Disziplinen, Themen, Methoden, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005, Sachs-Hombach, Klaus: Das Bild als kommunikatives Medium: Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft, Köln: Halem Verlag 2006. 7
Lambert Wiesing identifiziert insgesamt vier unterschiedliche Modi von Bildobjekten: »Zusammengefaßt bedeutet dies, daß vier Arten von Bildobjekten denkbar
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Die manipulierbaren, interaktiven Simulationsbilder der Spiele lassen sich in scheinbarer Echtzeit vom Rezipienten bewegen. Sie zeichnen sich in besonderem Maße dadurch aus, dass sie spezifische räumliche Konfigurationen hervorbringen, mit denen Benutzer in Interaktion treten und sie zum Zwecke des Spiels manipulieren.8 Im Zusammenwirken von Bild und Handlung werden Computerspiele zu »spatial journeys«9 oder auch »navigable space«10. Das Interagieren mit Konfigurationen von Raum im Bild kann als die »raison d´être« von Computerspielen gelten.11 Dieser Ansatz, dessen
sind und daß diese Denkmöglichkeiten schrittweise durch die Entwicklung der Bildmedien verwirklicht wurden. Es gibt: 1. das starre Bildobjekt des Tafelbildes, 2. das bewegte, aber determinierte Bildobjekt des Films, 3. das frei manipulierbare Bildobjekt der Animation und 4. das interaktive Bildobjekt in der Simulation« (Wiesing, Lambert: Virtuelle Realität: Die Angleichung des Bildes an die Imagination, in: Lambert Wiesing (Hg.): Artifizielle Präsenz: Studien zur Philosophie des Bildes, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005, S. 107-125, hier S. 122). 8
Vgl. S. Schwingeler: Die Raummaschine.
9
Manovich, Lev: The Language of New Media, Cambridge, MA: MIT Press 2001, S. 214.
10 Ebd., S. 213. 11 »An anderer Stelle habe ich bereits darauf hingewiesen […], dass Räumlichkeit ein Hauptthema von Computerspielen ist. […] Insgesamt wird jedoch deutlich, dass das, was das kulturelle Genre des Computerspiels von anderen Genres wie Romanen und Filmen unterscheidet – neben seinen offensichtlichen kybernetischen Unterschieden – seine Befasstheit mit Raum ist. Viel mehr noch als Zeit (die man in den meisten Spielen anhalten kann), mehr auch als Handlungen, Ereignisse oder Ziele (die sich von Spiel zu Spiel langweilig gleich bleiben) und zweifellos mehr als Charakterschilderungen (die normalerweise gar nicht existieren) zelebrieren und erkunden die Spiele Raumdarstellungen als ihr zentrales Motiv und ihre raison d’être« (Aarseth, Espen: »Allegorien des Raums: Räumlichkeit in Computerspielen«, in: Karin Wenz (Hg.): Spiele und Spielen. Zeitschrift für Semiotik. Bd. 23, Nr. 3-4, Tübingen: Stauffenburg-Verlag 2001, S. 301-319, hier S. 303 und 309). »Mit ›Thema‹ meint er [Aarseth] damit nicht die Narration – das heißt das Bildsujet als Referenz –, sondern worum es beim Benutzen der Spiele geht: Mit dem zu interagieren, was sie darbieten; und Computerspiele bieten einem Nutzer in erster Linie Konfigurationen von Raum an, die bildlich vermittelt sind und nur in der Bildbenutzung erfahren werden können« (S. Günzel: Das
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Entwicklung nicht nur mit einem Iconic Turn12, sondern – bedingt durch die besondere Hervorbringung räumlicher Konfigurationen im Computerspielbild – auch mit einem »spatial turn der Game Studies«13 in Verbindung gebracht werden kann – stellt meine bestimmende bildwissenschaftliche Position in Forschung und Lehre dar. Das Spielen eines Computerspiels vollzieht sich primär durch das Sehen von Bildern und die Manipulation und Bewegung der Bilder durch die Spielerinnen und Spieler. Die Bildphänomene des Computerspiels müssen also nicht nur gesehen, sondern es muss auch mit ihnen gespielt werden. Als »Medien-Spiel-Hybride«14 transportieren Games nicht nur audiovisuelle Raum-
Computerspielbild als Raummedium, S. 52). Zur Räumlichkeit des Computerspiels vgl. zudem Wolf, Mark J. P.: »Space in the Video Game«, in: Wolf, Mark J. P. (Hg.): The medium of the video game, Austin, TX: University of Texas Press 2001, S. 51-77; Von Borries, Friedrich/Walz, Steffen P./Böttger, Matthias (Hg.): Space Time Play. Computer games, architecture and urbanism: the next level, Basel: Birkhäuser Architecture 2007; S. Schwingeler: Die Raummaschine.; Nitsche, Michael: Video game spaces: image, play, and structure in 3D game worlds, Cambridge, MA [u.a.]: The MIT Press 2008; Walz, Steffen P.: Toward a Ludic Architecture. The Space of Play and Games, Pittsburgh, PA: lulu.com 2010; Günzel, Stephan: »The Spatial Turn in Computer Game Studies«, in: Konstantin Mitgutsch/Christoph Klimmt/Herbert Rosenstingl (Hg.): Exploring the edges of gaming. Proceedings of the Vienna Games Conference 2008-2009: Future and Reality of Gaming, Wien: new academic press 2010, S. 147-156. 12 Vgl. T. Hensel: Das Spielen des Bildes. 13 S. Günzel: Das Computerspielbild als Raummedium, S. 54.; Vgl. auch S. Günzel: The Spatial Turn in Computer Game Studies. 14 Danny Kringiel benutzt den Begriff des Medien-Spiel-Hybrids in seiner Dissertation Computerspielanalyse konkret. Methoden und Instrumente – erprobt an Max Payne 2 (Kringiel, Danny: Computerspielanalyse konkret: Methoden und Instrumente – erprobt an Max Payne 2, München: kopaed 2009.). In einer erklärenden Fußnote schreibt er: »Das Computerspiel wird hier nicht als ›Medium‹ aufgefasst, da sich dessen spielerische Elemente ebenso wenig als Medium begreifen lassen wie etwa ein Fußballspiel oder eine Partie Schach oder auch ein Fangspiel auf dem Schulhof sinnvoll als ›Medium‹ verstanden werden kann. Dennoch wird das Computerspiel auch nicht als reines Spiel aufgefasst, da es eben stärker als die meisten vordigitalen Spiele auch mediale Elemente umfasst –
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zeitlichkeit, die sich in der Rezeption zu einer ›Welt‹ des Spiels zusammenfügt, sondern werden auch zum Zwecke des Spiels verwendet. Das Sehen der Bilder stellt dabei die Grundlage der Handlung mit und im Bild dar.15 Die apparative Bedingtheit und die Notwendigkeit eines Interface sind weitere Voraussetzungen für die Handlungen mit und im Bild. Das Spiel und sein Raum entfalten sich aus der Manipulation des Bildes durch die Rezipienten.16 Dieser Aktionsraum des Spiels entwickelt sich im Spannungsfeld von Bild und Handlung.17
P ERSPEKTIVE 2: E INGLIEDERUNG IN B ILDTRADITIONEN DER K UNSTGESCHICHTE Ich plädiere für eine kunsthistorische Betrachtung des Digitalen Spiels und seine Eingliederung in Bildtraditionen der Kunstgeschichte. Dadurch lassen sich das Digitale Spiel und seine Gestaltungsmerkmale besser verstehen und
beispielsweise Filmsequenzen, Bilder oder Erzählungen. Somit wird das Computerspiel hier grundsätzlich als ein hybrides Phänomen, eine Kreuzung aus Spiel und Medium, verstanden. Dies bedeutet jedoch auch, dass es nicht hinreichend – wie oft in der ludologischen Schule der Game Studies gesehen – verstanden werden kann, wenn es ›nur‹ als Spiel untersucht wird« (ebd., S. 15). 15 Vgl. zu Formen der Bildhandlung Seja, Silvia: Handlungstheorien des Bildes, Köln: Halem Verlag 2009. 16 »Die Daten müssen in einem Rahmen erscheinen, um den Status des Bildmediums zu erreichen, und gerade die avanciertesten Versuche, eine möglichst komplette Erfahrungswelt in Form der Begehbarkeit ›virtueller Räume‹ zu generieren, sind auf den physisch definierten Sichtraum angewiesen, der durch das Sehen und den Tastdruck der Finger erfahrbar ist« (Bredekamp, Horst: »Bildmedien«, in: Hans Belting/Heinrich Dilly/ /Wolfgang Kemp/Willibald Sauerländer/Martin Warnke (Hg.): Kunstgeschichte: Eine Einführung, Berlin: Dietrich Reimer 2008, S. 355-379, hier S. 366). 17 S. Günzel: Das Computerspielbild als Raummedium, S. 345.
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z.B. das Streben nach Hyperrealismus18 sowie das Immersionsparadigma19 des Game Design kritisch reflektieren.
18 Götz Großklaus beschreibt den Kern des Hyperrealismus wie folgt: »Erstmals in der Geschichte lassen sich über einen Apparat – den mit einem Bildschirm gekoppelten Computer – Bildwelten erzeugen, die real-weltlich kein Vor-Bild haben und damit auch nicht mehr Ab-Bild sein können« (Großklaus, Götz: MedienZeit, Medien-Raum: Zum Wandel der raumzeitlichen Wahrnehmung in der Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1995, S. 134). Gundolf S. Freyermuth charakterisiert den Hyperrealismus mit folgenden Worten: »Mit dieser [Willkür], welche die Digitalisierung den Künsten brachte, erstand am Ende des 20. Jahrhunderts, indem vielfältige Materialien samt Naturgesetzen, denen sie unterliegen, durch frei definierbare Regeln mathematischer Modelle ersetzt wurden, ein grundsätzlich neues mimetisches Verfahren. Es soll hier Hyperrealismus heißen [...]« (Freyermuth, Gundolf S.: Digitalisierung. Die transmediale Konversion von Kunst und Unterhaltung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Berlin, 2004, S. 5; Vgl. auch G.S. Freyermuth: Games | Game Design | Game Studies, S. 83101). Der Computer ermöglicht, Bilder von Objekten herzustellen, die wie echt wirken, es aber unmöglich sein können. Um diese Art der Bilderzeugung kritisch zu reflektieren, eignen sich die Bildkompetenzen der Kunstwissenschaft. 19 Im Zusammenhang mit dem Diskurs um totale Immersion und virtuelle Realitäten sei die Utopie des in letzter Konsequenz tödlichen Ultimate Display angesprochen, das der Computergrafik-Pionier Ivan Sutherland 1965 ersinnt. In dieser Utopie gibt es keine Differenz mehr zwischen Darstellung und Wirklichkeit, so dass eine in effigie abgefeuerte Pistolenkugel fatale Konsequenzen hätte, wenn sie auf den ›Betrachter‹ träfe: »The ultimate display would, of course, be a room within which the computer can control the existence of matter. A chair displayed in such a room would be good enough to sit in. Handcuffs displayed in such a room would be confining, and a bullet displayed in such a room would be fatal. With appropriate programming such a display could literally be the Wonderland into which Alice walked« (Sutherland, Ivan: »The Ultimate Display«, in: Wayne Kalenich (Hg.): Proceedings of the International Federation of Information Processing Congress 1965. Vol. 2, Washington, London, 1966, S. 506-508, hier S. 508). Aus dieser Utopie spricht eine Art Idealzustand, dem sich das (Mainstream-) Computerspiel als Medium im Sinne einer hyperrealistischen Leistungskultur und eines Immersionsparadigmas verschrieben zu haben scheint. Zum Prinzip der (totalen) Immersion in der Kunstgeschichte vgl. Grau, Oliver: Virtuelle Kunst in
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Digitale Spiele lassen sich nicht nur bedingt durch ihre Bildhaftigkeit als Gegenstand in den Kontext der Bildwissenschaft eingliedern, sondern auch dezidiert kunsthistorisch einordnen. Dies lässt sich besonders deutlich anhand der Perspektivkonstruktion zeigen. Aktuelle Games machen sich i.d.R. die Perspektivkonstruktion zu Nutze. Hier eröffnet sich in der Lehre eine deutliche Chance zur wissenschaftlichen Reflexion der Grundlagen gestalterischer und künstlerischer Mittel: Als kunsthistorischer Begriff und als Gestaltungsgrundlage bezeichnet Perspektive die Abbildung eines Raumes oder eines räumlichen Objekts auf einer ebenen, zweidimensionalen Fläche. Das kann eine Leinwand sein oder auch jede Art von Screen. Jene Gesetze, auf denen die Perspektivkonstruktion beruht, sind dezidiert geometrisch-mathematischer bzw. physikalisch-optischer Natur.20 Der räumliche Sehprozess erscheint in der Darstellung aber so, als ob mit nur einem Auge gesehen würde. Trotz dieser Einschränkung des monokularen Sehens trägt die Perspektive den menschlichen Sehbedingungen weitgehend Rechnung: Objekte in der Ferne erscheinen klein, in die Tiefe führende Geraden verkürzen sich. So ist die Perspektive also nicht nur ein Prinzip zur Herstellung räumlicher Bilder, sondern gleichzeitig auch ein Modell des menschlichen Sehens. Virtual Reality und 3D-Kino nähern sich sogar noch weiter an den optischen Wahrnehmungsapparat an, da sie stereoskopisch sind, d.h. ihre Bilder werden vom Betrachter tatsächlich mit zwei Augen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachet: Ein Bild pro Auge. Dadurch entsteht ein tiefenräumlicher Eindruck. Perspektivkonstruktion ist keine Entdeckung, sondern wurde erfunden – und zwar von dem Architekten Filippo Brunelleschi im Jahr 1413 in Florenz. Die Bilder heutiger Computerspiele lassen sich dementsprechend in Bildtraditionen eingliedern, die bis in die Renaissance zurückreichen.21 Diese Traditionslinien haben sich bis zum heutigen Tage weiterentwickelt: Perspektivkonstruktion war und ist ein nach strengen Regeln funktionierendes ›Rezept‹ zur Herstellung räumlicher Bilder. In Softwareanwen-
Geschichte und Gegenwart: visuelle Strategien, Berlin: Dietrich Reimer Verlag 2002. 20 Zu ausführlichen, mathematisch-geometrischen Details bzgl. Perspektive vgl. Rehkämper, Klaus: Bilder, Ähnlichkeit und Perspektive. Auf dem Weg zur einer neuen Theorie der bildhaften Repräsentation, Wiesbaden: Springer 2002 sowie Stärk, Roland: Darstellende Geometrie, Paderborn: Schoeningh Ferdinand 2002. 21 Vgl. S. Schwingeler: Die Raummaschine.
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dungen gehen heute die notwendigen Schritte zur Herstellung eines perspektivischen Bildes automatisch durch Algorithmen vonstatten. Dadurch wird es auch möglich, die Perspektive durch den User manipulierbar zu machen und sie zu steuern, indem abhängig von den Eingaben des Users immer wieder ein neues korrektes, perspektivisches Bild berechnet und vom Computer generiert werden kann. Die Perspektive wird ausgehend von der Renaissance auch zu einer heutigen ›Designkonvention‹, so könnte man formulieren. Sie ist aber noch mehr als das: Sie bildet eine symbolische Form, ein sogenanntes Blickregime, dass die Art und Weise, wie wir Bilder sehen und verstehen, seit der Renaissance bestimmt und nicht zuletzt Vorstellungen von Realismus, Illusion und Immersion hervorbringt und transportiert. 22
P ERSPEKTIVE 3: K ÜNSTLERISCHES M ATERIAL C OMPUTERSPIEL Ich plädiere dafür, Digitale Spiele als künstlerisches Material zu begreifen. Die Frage, ob Computerspiele intrinsisch – per se – eine Kunstform darstellen23 oder nicht24, ist (wissenschaftlich) nicht zielführend.25 Vor diesem Hintergrund lässt sich konstatieren:
22 Vgl. Panofsky, Erwin: Die Perspektive als »symbolische Form«, in: Hariolf Oberer/ Egon Verheyen (Hg.): Aufsätze zu Grundfragen der Kunstwissenschaft, Berlin: Volker Spieß 1974, S. 99-166. 23 Smuts, Aaron: »Are Video Games Art? « in: Contemporary Aesthetics: 3, 2005, http://www.contempaesthetics.org/newvolume/pages/article.php?articleID=299 vom 28.01.2017; Tavinor, Grant: »Videogames and the Philosophy of Art«, http://www.kotaku.com.au/20 10/04/video-games-and-the-philosophy-of-art/ vom 30.05.2017. 24 Vgl. Ebert, Roger: »Video games can never be art«, in: Chicago Sun-Times, 16. 04.2010, http://blogs.suntimes.com/ebert/2010/04/video_games_can_never_be_ art.html vom 28.01.2017. 25 In eine ähnliche Richtung argumentiert auch der Game Designer Eric Zimmermann. Vgl. Zimmerman, Eric: »Games, stay away from art. Please.« http://www. polygon.com/2014/9/10/6101639/games-art vom 28.01.2017.
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»Während in den Anfangszeiten der Debatte um das damals noch junge Medium diskutiert wurde, ob Computerspiele Kunst sind oder nicht, gehen die Game Studies heute von einer erweiterten Blickrichtung aus. Sie fragen nicht, ob Computerspiele zur Kunst gehören, sondern danach wie eine Kunsttheorie des Computerspiels zu entwickeln sei.«26
Computerspiele verfügen oft über eine üppige audiovisuelle Erscheinung, sie entfalten eine ihnen eigene Ästhetik und Schönheit, sie bieten ausufernden Narrationen an und sie sind in der Lage, andere Medien und Kunstformen zu remediatisieren und zu synthetisieren, was Vergleiche zum Konzept des romantischen Gesamtkunstwerks nahelegt. All dies gehört zum Repertoire der digitalen Spiele. Computerspiele aber pauschal als Kunstwerke nobilitieren zu wollen bzw. ihnen den Kunststatus abzusprechen, deutet auf einen nichtkonventionellen Kunstbegriff27, der einer Technik, einem Medium oder Material pauschal und per se den Kunststatus bescheinigt oder nicht. In der Regel werden hier notwendige und hinreichende Bedingungen nicht sauber getrennt und Kontexte ausgeblendet: Computerspiele selbst sind selbstverständlich keine Kunst, genauso wenig wie ein Gemälde oder eine Skulptur zwangsläufig ein Kunstwerk sein müssen, nur weil in Öl auf Leinwand gemalt oder ein Marmorblock behauen wird. Computerspiele sind deshalb genauso wenig von sich aus Kunst wie z.B. ein Gemälde, eine Skulptur, ein Pissoir aus Porzellan bei Marcel Duchamp, Margarine auf einem Stuhl bei Joseph Beuys, ein Waschmittelkarton aus Sperrholz bei Andy Warhol oder ein Tigerhai in Formaldehyd bei Damian Hirst von sich aus Kunst sind. Dies trifft auf jede andere denkbare Technik, jedes andere Medium und Material zu. Und natürlich gibt es sie, die Computerspiele der Kunstgeschichte, also Werke, die als im kunsthistorischen Konsens als Kunstwerke gelten und die
26 Freyermuth, Gundolf/Gotto, Lisa/Beil, Benjamin: New Game Plus – Perspektiven der Game Studies. Genres – Künste – Diskurse, Bielefeld: transcript 2014, S. 12. 27 Vgl. in Abgrenzung dazu die Überlegungen zu einem konventionellen, institutionellen Kunstbegriff bei Arthur C. Danto und George Dickie. Danto, Arthur C.: »The Artworld« in: The Journal of Philosophy, Vol. 61: No. 19, New York 1964. S. 571–584; Danto, Arthur C.: Die Verklärung des Gewöhnlichen: eine Philosophie der Kunst, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1984; Dickie, George: Aesthetics: An Introduction, Oxford: Oxford University Press 1997.
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gleichzeitig Computerspiele sind, wie z. B., künstlerische Computerspielmodifikationen von JODI (z.B. die Serie UNTITLED GAME, 1998-2001; SOD, 1999, ), LONG MARCH: RESTART (Feng Mengbo, 2008), THE NIGHT JOURNEY (Bill Viola, ab 2010) oder die interaktive Skulptur PAINSTATION der Kölner Gruppe //////////fur//// (2001). Auch haben sich vielfältige Ausstellungsprojekte seit 1999 mit Computerspielen auseinandergesetzt, wie beispielsweise die Ausstellung ZKM_Gameplay im ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie.28 Die Kunstgeschichte hat wiederholt unter Beweis gestellt, dass nicht das Material oder die Medialität den Kunststatus bestimmen. Immer wieder wurden neue Materialien, Medien und Gattungen in den Kunstkontext eingeführt. Künstler der Brücke beispielsweise haben sich Anfang des 20. Jahrhunderts dem Holzschnitt zugewendet, was zunächst als minderwertig und volkstümlich galt. Hier zeigt sich in aller Deutlichkeit: Die Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts kennt schon lange keine Medien-, Gattungsund Materialgrenzen mehr und spricht dementsprechend auch einzelnen Computerspielwerken die Kunstwürdigkeit zu.
28 Eine exemplarische Auswahl von Ausstellungen, die künstlerische Computerspiele und Computerspielmodifikationen gezeigt haben, sind seit 1999 z.B. Synreal in Wien (1999), Cracking the Maze (online, 1999), The Game Show (Mass MoCA, North Adams, 2001-2002), Games – Computerspiele von KünstlerInnen (Phoenix Halle, Dortmund, 2003), GameArt (Völklinger Hütte, 2003) oder Artgames (Ludwigforum, Aachen, 2005). Folgende miteinander verwandte Ausstellungen fanden als Ausstellungstrilogie im LABoral Centro im spanischen Gijón statt: Gameworld (2007), Playware (2007-2008) und Homo Ludens Ludens (2008). Schon 1989 werden Computerspiele ausgestellt. Die von Rochelle Slovin kuratierte nicht-künstlerische, technik-historische Ausstellung Hot Circuits: A Video Arcade (06. Juni 1989 bis 20. Mai 1990) zeigte frühe münzbetriebene Spielautomaten im Museum of the Moving Image in New York. Seit 2013 ist im ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe die vom Verfasser kuratierte Ausstellung ZKM_Gameplay zu sehen, die besonders auf künstlerische Computerspiele und Game Art ausgerichtet ist. Es werden über 60 Computerspiele und interaktive Kunstwerke Werke gezeigt. Vgl. Schwingeler, Stephan: »Start
New
Game!
Kuratorische
Bemerkungen
zur
Game-Plattform
ZKM_Gameplay« in: ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie: ZKM_Gameplay. Karlsruhe 2013, S. 7-11.
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Computerspiele können in diesem Kontext als eigenständige Gattung bzw. als künstlerisches Material begriffen werden. Sie pauschal zur Kunst zu erklären, ist aber unpräzise, gleichwohl die Kunstgeschichte zeigt, dass sie das Potenzial in sich tragen, Kunstwerke hervorzubringen. Die Frage sollte daher nicht verkürzt lauten: Sind Computerspiele Kunst? Denn dann muss die Antwort Nein heißen. Eine Analogie: Genauso wenig handelt es sich intrinsisch bei Malerei oder Bildhauerei um ›Kunst‹, sondern zunächst um Techniken, um neutrale, bildnerische Verfahren. In diesem Zusammenhang lässt sich der Blick auf den Gegenstand (künstlerisches) Computerspiel schärfen und in präzisere Perspektiven auffächern: Aus einer kunsthistorischen Warte lässt sich fragen, welche Computerspiele die Kunstgeschichte bis dato hervorgebracht hat und welche Qualitäten diese haben. Mit welchen Strategien sind KünstlerInnen mit Computerspielen umgegangen und gehen aktuell mit ihnen um? Es lassen sich die medialen und materialästhetischen Eigenschaften der Games identifizieren und analysieren, so dass aus einer Game Design-Perspektive gefragt werden kann, wie sich diese Eigenschaften gestalten und einrichten lassen. Die einzelnen Elemente eines Spielsystems sind prinzipiell veränderbar. Dabei handelt es sich um das Grundprinzip des Game Design. Game Designer gestalten die Strukturen, in denen sich spielerische Handlungen ereignen. Dabei können sie gestalterisch auf die gesamte Klaviatur gestalterischer und künstlerischer Formen und Mittel zugreifen. Sie richten die Regeln und Strukturen eines Spiels so ein, dass sie damit die Erfahrung der Spieler mit dem System beeinflussen und steuern können.29 Diese grundsätzliche Gestaltbarkeit des Mediums eröffnet den Zugang zu Computerspielen als künstlerisches Material. 30 Computerspiele können mit künstlerischen Intentionen in Kontexten der Bildenden Kunst gestaltet sein und Avantgardebildung und experimentelles Game Design vorantreiben.31 Dies eröffnet in einer weiteren Konsequenz
29 »The focus of a game designer is designing game play, conceiving and designing rules and structures that result in an experience for players« (Salen, Katie/ Zimmerman, Eric: Rules of play: game design fundamentals, Cambridge: MA [u.a.], 2004, S. 1). 30 Vgl. S. Schwingeler: Kunstwerk Computerspiel. 31 »Tatsächlich befindet sich das Computerspiel gemäß der Diktion von Lorenz Engell, der Medien in vier Phasen sich entwickeln sieht, in seiner vierten Phase,
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auch die Möglichkeit, Computerspiele dezidiert nicht nur künstlerisches, sondern auch als politisches Medium zu konturieren.32
F AZIT Der vorliegende Beitrag plädiert dafür, die Betrachtung des Digitalen Spiels in Forschung und Lehre durch Perspektiven der Kunstwissenschaft zu bereichern. In dem Beitrag habe ich drei Teilperspektiven bzw. Plädoyers vorgestellt.
derjenigen der verstärkten Selbstbeobachtung und Selbstreflexivität‹. Das Medium entwickelt Zugriff auf sich selbst, auf seine vergangenen Entwicklungsphasen, auf das in ihrem Verlauf entwickelte Regelwerk etwa, und setzt sich selbst damit auseinander. In vielen Fä̈llen kommt es dabei z.B. zu einer Zeit der experimentellen Erprobung und Erweiterung der eigenen technischen, ästhetischen und pragmatischen Möglichkeiten. [...] ein Ästhetisierungs-vorgang, der häufig als Avantgardebildung formalisiert wird. Die Öffnung des Mediums für die Kunst [...] ist etwa eine typische Verlaufsform, mit der die selbstreflexive Phase einsetzen oder sich vorbereiten kann« (T. Hensel: Nature Morte im Fadenkreuz, S. 56. Lorenz Engell zitiert nach: Engell, Lorenz: »Die genetische Funktion des Historischen in der Geschichte der Bildmedien«, in: Lorenz Engell/Joseph Vogl (Hg.): Archiv für Mediengeschichte 1 – Mediale Historiographien, Weimar: Universitätsverlag, 2001, S. 33-56, hier. 52 und 54). Lorenz Engell unterscheidet vier Phasen medialer Entwicklung: 1. Spektakuläre Phase – 2. Phase des Selbstentzugs und Fremdorientierung: Fotografie orientiert sich an Malerei, Film orientiert sich am Theater, das Computerspiel orientiert sich am Film – 3. Phase der Selbstverständlichkeit: Das Medium verschwindet aus dem Medium und verzichtet darauf, sich selbst zur Sprache zu bringen, indem es in »Transparenz« aufzugehen gedenkt – 4. Phase der verstärkten Selbstbeobachtung und Selbstreflexivität, Selbstthematisierung, Selbstkritik, Avantgardebildung und Öffnung des Mediums für die Kunst. Vgl. ebd. 32 Vgl. Schwingeler, Stephan: »The Politicization of Videogames – From Creative Subversion of Technology to Explicit Political Signifiers«, in: Nam June Paik Art Center, Jinsuk Suh (Hg.): New Gameplay, Seoul, 2017, S. 36-81; Schwingeler, Stephan: »Der Ernst der Spiele – Digitale Spiele als politische Bedeutungsträger«, in: Goethe-Institut (Hg.): Games and Politics, München 2016, S. 48-58.
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Die erste Teilperspektive plädiert dafür, Computerspiele als Forschungsgegenstand in die Disziplin der Kunstwissenschaft einzugliedern und ihre spezifische Bildlichkeit zu untersuchen. Die zweite Teilperspektive argumentiert für eine dezidiert kunsthistorische Betrachtung des Gegenstands. Die dritte Teilperspektive erweitert den Blick von den Methoden der Kunstwissenschaft auf das Game Design und argumentiert dafür, Games als künstlerisches Material aufzufassen, das das Potenzial des künstlerischen Ausdrucks in sich trägt. Dieses Potenzial wiederum kann sich durch die spezifische Einrichtung und Gestaltung der Wesensmerkmale des Computerspiels entfalten.
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Computerspielwissenschaften und Ludoliteracy J OCHEN K OUBEK
Die Bayreuther Computerspielwissenschaften sind eine Kooperation der Fächer Medienwissenschaft und Informatik. Beide Disziplinen beschäftigen sich in ihren Fachcommunities mit Computerspielen aus verschiedenen Perspektiven: Die Medienwissenschaft als Geistes- und Kulturwissenschaft stellt Fragen nach der Geschichte, Ästhetik und Theorie von Computerspielen, nach der Medialität und Bedeutungsebenen wie Narration, Bildlichkeit, Performativität oder Regelhaftigkeit. Im internationalen Kontext, häufig aber auch im deutschsprachigen Raum, bezeichnet sich diese Forschungsrichtung als Game Studies; der wissenschaftliche Austausch erfolgt in Aufsätzen und Monografien, in Workshops, Panels und Fachtagungen, deren sichtbarste die jährlich ausgerichtete Konferenz der Digital Games Research Association (DiGRA) ist. Aufgrund der geringen Anzahl an dauerhaften Forschungsstellen und Professuren werden die Game Studies in Deutschland überwiegend vom Mittelbau gestaltet, viele Vorträge und Veröffentlichungen münden in Dissertationen bzw. nehmen von dort ihren Ausgang. Die Informatik als Technikwissenschaft beschäftigt sich mit Fragen der technischen Struktur von Computerspielen, die als Softwaresystem in der Architektur von Game Engines zu finden ist: Grafik und Beleuchtung, Animation, Sound, Interfaces, Künstliche Intelligenz, Physik oder das prozedurale Erzeugen von Spielkomponenten. Aus wissenschaftlicher Sicht geht es dabei nicht um System-Entwicklung oder Programmierung, sondern um Grundlagen, Strukturen und Algorithmen. Die Umsetzung in Computer-
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programme ist eine Argumentationsform der informatischen Rationalität, kein Selbstzweck oder zentrales Ausbildungsziel: »We need to do away with the myth that computer science is about computers. Computer science is no more about computers than astronomy is about telescopes, biology is about microscopes or chemistry is about beakers and test tubes. Science is not about tools, it is about how we use them and what we find out when we do.«1 Die Wissenschaftskultur der Informatik ist bei ihrer Grundlagenforschung weniger auf Monografien und stärker auf Konferenzen und Aufsätze in Tagungsbänden konzentriert. Allein der weltgrößte Fachverband ACM bietet regelmäßig Konferenzen an, die technische Aspekte von Spielen behandeln wie SIGGRAPH, Conference On Artificial Intelligence And Interactive Digital Entertainment, Games and Software Engineering, Interactive 3D Graphics and Games, Mobile Games, Network and Systems Support for Games, Procedural Content Generation in Games. Und zu Serious Games, einem Thema, zu dem 2017 am Bayreuther Institut für Informatik ein gleichnamiger Lehrstuhl besetzt wurde. Neben Einblicken und Spezialisierungsmöglichkeiten in diese wissenschaftlichen Fachdiskurse bietet die Bayreuther Computerspielwissenschaft in ihrer Ausbildung einen hohen praktischen Anteil. Aus medienwissenschaftlicher Sicht ist dies Game Design, aus informatischer Sicht Game Development. Während die Förderung von Gestaltungskompetenzen in der Informatik selbstverständlicher Teil des Curriculums ist, bedarf sie in einer Geisteswissenschaft immer noch einer gewissen Rechtfertigung. Allzu rasch wird der Vorwurf erhoben, berufspraktisches Verfügungswissen gegen wissenschaftlich wertvolleres Orientierungswissen einzutauschen. Zwar werden diese Stimmen in den vergangenen Jahren immer leiser, dies ist jedoch dem Umstand geschuldet, dass Universitäten ihre Rolle als Bildungseinrichtung zunehmend in der Berufsvorbereitung sehen bzw. durch bildungspolitische Maßnahmen und Mittelzuweisungen zu dieser Sicht motiviert werden. Der von Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik geöffnete Gegensatz zwischen Episteme und Techne, später übersetzt als Theorie und Praxis, hält sich weiterhin bei der Frage nach dem Erkenntnisgehalt beider Weltzugänge, wobei die Geisteswissenschaften die Episteme regelmäßig als den überlegenen betrachtet. Literaturwissenschaft lehrt nicht literarisches
1
Fellows, Michael R. / Parberry, Ian: »SIGACT trying to get children excited about CS«, in: Computing Research News (1993).
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Schreiben, Musikwissenschaft nicht Musizieren, Filmwissenschaft nicht Filmen und Schneiden. Warum sollte eine Computerspielwissenschaft die Erstellung von Computerspielen ins Curriculum aufnehmen?
P RAXIS
ALS
B ERUFSPRAXIS
Um den offensichtlichsten Grund zuerst anzusprechen: Die Ausbildung praktischer Kompetenzen erhöht zunächst einmal das, was man in der Curriculumsentwicklung als »Employablity«, also Beschäftigungsfähigkeit bezeichnet. Absolventinnen und Absolventen, die mit einer Game Engine, einer Programmiersprache oder einer Grafiksoftware umgehen können, die Arbeitsabläufe, Werkzeuge und Vorgehensmodelle für Spielprojekte kennen, können aussagekräftige Bewerbungen schreiben, in Vorstellungsgesprächen überzeugen und einfacher in Produktivprozesse eingebunden werden. Bei Studierenden stehen im Bewerbungsverfahren die Fragen nach Berufsbildern, Arbeitsqualifikationen und Beschäftigungsmöglichkeiten daher weit oben und es wird erwartet, dass eine Universität hierauf relevante Antworten geben kann. Die Frage nach Employability ist aber auch in der universitären Bildungspolitik zu einer festen Größe geworden; bei der Einrichtung des Masterstudiengangs »Computerspielwissenschaften« mussten für die Verwaltung Fragen nach dem »indikatorengestützten, geschätzten Bedarf an Fachkräften mit dem angestrebten Qualifikationsprofil« oder über die »Nachfrage bei Studieninteressierten und wo auf dem Arbeitsmarkt« beantwortet werden, um die Legitimität zu begründen und die Zustimmung von Gremien und Ministerium zu erhalten. Dieses Fremd- und Selbstverständnis belegt nur einmal mehr die an verschiedenen Orten dokumentierte Wandlung der Universität vom Ort der Bildung zur Stätte der Ausbildung, vom Orientierungszum Verfügungswissen. Ein Studiengang mit einem hohen medienpraktischen Anteil scheint auf den ersten Blick genau diesem Bedarf entgegen zu kommen. Projektarbeit wird hier als Simulation beruflicher Praxis gesehen, die vor allem das Ziel verfolgt, industrienahe Qualifikationen zu vermitteln. Tatsächlich spielen diese Überlegungen bei der didaktischen Konzeption unserer medienpraktischen Lehrveranstaltungen eine Rolle: sowohl bei den Arbeitsabläufen (Workflows) als auch bei den Werkzeugen (Toolchains) orientieren wir uns
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an Industriestandards, nicht zuletzt, damit unsere Absolventen in ihren Lebensläufen interessante Häkchen setzen können. Dennoch fühlen wir uns als Universität weniger der Industrie als vielmehr dem Medium verpflichtet. Unsere Ausbildung orientiert sich nicht an marktgängigen Unterhaltungsprodukten oder an der Frage, wie mit geschickten Strategien der größte Erlös zu erzielen ist. Unser Ziel ist es nicht, dass unsere Absolventen den nächsten großen Blockmatching-Hit im AppStore schreiben. Unser Ziel ist es, die grundlegenden Funktionen, Ausdrucksmöglichkeiten und Technologien, kurz: die Medialität und Technizität des Computerspiels zu erkunden und durch nicht notwendigerweise ökonomisch erfolgreiche Werke ästhetisch und technisch zu erweitern. Auf die Spieleindustrie bezogen zielen wir eher auf innovative Indie-Games als auf konventionelle AAA-Spiele. Damit stehen wir in der Traditionslinie anderer Medienwissenschaften: Die Literaturwissenschaft bildet weder Autoren noch Verleger, die Theaterwissenschaft keine Schauspieler oder Intendanten, die Musikwissenschaft keine Komponisten und Dirigenten und die Filmwissenschaft keine Regisseure oder Kameraleute aus. Computerspielwissenschaften beschäftigen sich aus medienwissenschaftlicher Sicht mit der Geschichte und Ästhetik, mit Theorien und kulturellen Ausprägungsformen, aus informatischer Sicht mit technischen und mathematischen Grundlagen, mit Algorithmen und Datenstrukturen von Computerspielen. Für beide Disziplinen gilt, dass es das Verständnis für das Medium erhöht, wenn Werke in ihrer Entstehung nachvollzogen und als technische Produkte analysiert, Argumente und Ideen praktisch überprüft werden können. Kenntnisse in der Konzeption, Entwicklung und Gestaltung von Computerspielen sind aus dieser Sicht eine praktische Form von Orientierungswissen, ihre Verwertbarkeit in ökonomischen Berufskontexten ein willkommener Nebeneffekt, der aber weder in der Planung noch in der Durchführung unserer Lehrveranstaltungen im Vordergrund steht. Aber während die Literaturwissenschaft auf die Schule aufbauen kann, die den passiven und aktiven Umgang mit verschiedenen Textsorten als eine ihrer Kernaufgaben ansieht, fehlen diese Kompetenzen im Umgang mit Spielen, die von den meisten Studierenden vor allem als Unterhaltungsprodukt konsumiert und nicht als medienwissenschaftlicher oder informatischer Gegenstand wahrgenommen werden. Eine grundständige Ausbildung muss daher Kompetenzen aufbauen, die in der neueren Bildungsforschung als »Literacy« bezeichnet werden. Ursprünglich als Fähigkeit, Sprache lesen, spre-
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chen und schreiben zu können2, bezieht sich der Begriff heute auf die Möglichkeit, an gesellschaftlichen Symbolsystemen, kulturellen Ausdruckmöglichkeiten und sozialen Formen der Wissensproduktion partizipieren zu können, sei es in Form von Texten, Bildern, Tönen oder eben auch Spielen. Nach Paul Gee3 setzt sich Literacy aus drei Kompetenzgruppen zusammen:4 • Ability to decode • Ability to understand meanings with respect to a semiotic domain • Ability to produce meanings with respect to a semiotic domain
Bezogen auf Spiele werden diese Kompetenzen als »Ludoliteracy« diskutiert:5 • Having the ability to play games • Having the ability to understand meanings with respect to games • Having the ability to make games
In den folgenden Abschnitten wird exemplarisch diskutiert, inwiefern in diesen Kompetenzbereichen sowohl medienwissenschaftliche und informatische als auch theoretische und praktische Bildung zusammenwirken können, um Ludoliteracy und damit das Verständnis für das Medium Computerspiel zu stärken.
1 H AVING
THE
A BILITY TO P LAY G AMES
Jedes Medium benötigt Erfahrung, um angemessen decodiert zu werden: Buchstaben, Wortzeichen oder Notationsformen gilt es zu erlernen, ehe ein
2
Goody, Jack: The Logic of Writing and the Organization of Society, Cambridge/Cambridgeshire/New York: Cambridge University Press 1986.
3
Gee, James Paul: What Video Games Have to Teach Us About Learning and Literacy, New York: Palgrave Macmillan 2003, der Literacy-Begriff wird in Kap. 2 entfaltet.
4
Zagal, José P.: A Framework for Games Literacy and Understanding Games, New York, NY, USA: ACM 2008.
5
Ebd.
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Text überhaupt gelesen werden kann. Bezogen auf Bilder unterscheidet Roland Posner zehn Kompetenzebenen, von denen die perzeptuelle, plastische, signitive, syntaktische und piktorale Ebenen dafür verantwortlich sind, FarbForm-Strukturen zu sehen, von ihrer Umgebung zu trennen, und sie als Anordnung von Zeichen zu erkennen, die für Gegenstandstypen stehen.6 Um ein Computerspiel zu verstehen, muss man es erst einmal spielen können. So trivial diese Aussage klingt, so schwierig ist sie für Anfänger oder Nicht-Spieler umzusetzen, sobald sie sich von einfachen Touch-ScreenSpielen wegbewegen. Jedes Spiel-Dispositiv7 hat dabei seine eigenen Herausforderungen: Konsolenspiele sind zwar einfach zu starten, die Bedienung eines Controllers mit mehr als einem Dutzend Bedienelementen stellet aber besondere Herausforderungen an Hand-Auge-Koordination, kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit und Muskelgedächtnis. Um komplexe Spiele wie GRAND THEFT AUTO V zu spielen, sind darüber hinaus zwei unabhängige Controller-Belegungen für Spielabschnitte zu Fuß oder in Fahrzeugen zu beherrschen. PC-Spiele hingegen nutzen die aus anderen Kontexten vertraute Kombination aus Tastatur und Maus, stellen jedoch größere Herausforderungen bei Installation und Wartung des gesamten Computers, der regelmäßig Software-Updates, Konfigurationsänderungen oder neue Systemkomponenten benötigt. Nicht zuletzt aus diesen Gründen sind mobile Spiele so beliebt, weil sie einfache Installation mit intuitiver Bedienung kombinieren – jedoch ist die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Spiele für eine umfassende Ludoliteracy zu klein. Eine noch größere Herausforderung ist die Rezeption alter Spiele, die nicht in einer Neuauflage vorliegen. Hier sind Emulatoren alter Computer, mobiler und stationärer Konsolen erforderlich, die zwar von einer HobbyCommunity entwickelt und gepflegt werden, von den Spielern jedoch vielfach nur mit kenntnisreicher Handarbeit einzurichten und bespielbar sind. Ebenfalls hohe Anforderungen an grundlegende technische Kenntnisse stellen Modifikationen bestehender Spiele (Mods), die, sofern das Ausgangs-
6
Posner, Klaus: Ebenen der Bildkompetenz, in: Sachs-Hombach, Klaus (Hg): Was ist Bildkompetenz?: Studien zur Bildwissenschaft, Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag 2003, S. 17–23, hier S. 20.
7
Liebe, Michael: Die Dispositive des Computerspiels, in: Jan Distelmeyer/ Christine Hanke/Dieter Mersch: Game over!?: Perspektiven des Computerspiels, Bielefeld: transcript 2007, S. 73–94.
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spiel dies nicht explizit vorsieht, nur über händische Installationen und Eingriffe ins Dateisystem rezipierbar werden. Um die gesamte Breite des Mediums sowohl diachron-historisch als auch synchron-dispositiv zu rezipieren, sind teilweise erhebliche informationstechnische (nicht informatische) Kompetenzen erforderlich, die im Gegensatz zur Filmrezeption deutlich anspruchsvoller sind als eine DVD oder vielleicht eine VHS-Kassette in einem passenden Wiedergabegerät abzuspielen. Und selbst wer es schafft, einen Klassiker wie das Spiel ELITE (1984) auf einem PC in einem BBC-Micro-Emulator zu starten, weiß noch nicht, wie es gespielt wird. Hier sind zwar weniger IT-Kenntnisse, aber umso mehr die Dokumentationen erforderlich, die sowohl das Spielsystem als auch die Steuerung erklären. Die Decodier-Kompetenzen für Ludoliteracy – the ability to play games – umfasst die Fähigkeiten im Decodieren von Bildern, Klängen, Geschichten, Regeln und Interaktionsangeboten, um ein Spiel erfolgreich zu spielen. Die Untersuchung oder Präsentation eines Klassikers der Spielgeschichte erfordert umfangreiche Vorbereitungen und Übung, will man mehr als den Startbildschirm sehen oder zeigen. Neben der Ermöglichung, ein Spiel überhaupt spielen zu können, helfen informationstechnische Kompetenzen auch, Computerspiele als Kulturgut zu bewahren. Interaktive Software und gerade Computerspiele gelten als die komplexesten digitalen Artefakte, deren Rezeption bereits in einigen Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr ohne weiteres möglich sein wird,8 sei es, weil die Datenträger defekt oder nicht mehr zu lesen sind, weil aktuelle Hardware nicht mehr kompatibel ist, weil die alten Betriebssysteme nicht mehr funktionieren oder weil die erforderlichen Ein- und Ausgabegeräte fehlen. Als Bewahrungsstrategien bieten sich analoge Sicherung in Form von gedruckten Listings, der Erhalt der Originalhardware, die Migration auf neuere Systeme oder die Emulation an. Von diesen Strategien ist die Emulation die einzige, die nachhaltig das Originalspiel unter Bewahrung seiner Funktionalität, Interaktivität und seines Look & Feel spielbar hält.9 Emulatoren imitieren
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Loebel, Jens-Martin: Lost in Translation – Leistungsfähigkeit, Einsatz und Grenzen von Emulatoren bei der Langzeitbewahrung digitaler multimedialer Objekte am Beispiel von Computerspielen, Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch (vwh) 2014.
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Rothenberg, Jeff: Avoiding technological quicksand: finding a viable technical foundation for digital preservation: a report to the Council on Library and
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Teilaspekte von Computersystemen, wodurch es möglich ist, Software, die auf dem emulierten System ausführbar war (z.B. auf einem BBC Micro) auf dem emulierenden System auszuführen (z.B. auf einem PC mit aktuellem Betriebssystem). Im Idealfall reagiert die Software auf beiden Systemen, auf dem Original und in der Emulation, identisch. Ein Emulator bezieht sich damit immer auf zwei Systeme, das Originalsystem, das emuliert wird, und das Zielsystem, auf dem die Emulation ausgeführt wird. Die gängige Praxis ist es, alle Komponenten der Original-Hardware im Emulator zu nachzubilden. Um eine solche Emulationen zu entwickeln, zu pflegen oder an neue Zielsysteme anzupassen, sind umfangreiche Kenntnisse über Systemhardware, Prozessoren, Maschinen und Mikrocode, Event-Loops und Fetch-DecodeExecute-Zyklen sowie Ein- und Ausgabefunktionalität der Peripherie erforderlich. Dies kann nicht der normalen Ludoliteracy zugerechnet werden – ein Mediävist ist schließlich auch kein Spezialist für die Restauration mittelalterlicher Manuskripte –, dennoch sind informatische Bildung und breite Rezeptionsmöglichkeiten für Computerspiele bereits auf der beim Dekodieren erforderlichen Kompetenzebene eng miteinander verknüpft.
2 H AVING THE A BILITY TO U NDERSTAND M EANINGS W ITH R ESPECT TO G AMES Auch auf der nächsten Stufe der Ludoliteracy helfen Kenntnisse der Informatik, das Medium besser zu verstehen. Anhand der drei Kerngeschäfte der Medienwissenschaft – Theorie, Geschichte und Analyse – sollen im Folgenden mögliche Verbindung mit informatischen Konzepten exemplarisch diskutiert werden. 2.1 Medientheorie des Computerspiels Die Frage nach der Medialität ist zugleich die Frage, was ein Medium zu artikulieren imstande ist. Diese von Rainer Leschke als »Einzelmedien-ontologie« bezeichnete Ebene der Medientheorien versucht, »die unterschied-
Information Resources, Washington, DC: Council on Library and Information Resources 1999.
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lichen Merkmale des jeweiligen Mediums in einer Theorie zu integrieren und das Wesen und Sein des jeweiligen Mediums zu bestimmen.«10 Verschiedene Autoren geben hier verschiedene Antworten, die als ontologische Modelle den Aufbau von Spielen beschreiben und damit Forschungsprogramme formulieren, deren Strukturen mögliche Beobachtungen, Fragen, Konzepten und Argumentationsstrategien programmatisch ordnen. Das Bayreuther Modell untersucht in Computerspielen die Dimensionen Technik, Bild, Ton, Narration, Ludition, Performanz und Kontext.11 Sie orientiert sich damit an Prozessen der Spielproduktion, an dem Blick in die Abteilungen von Entwicklerstudios und an den Berufsbildern in der Spieleindustrie. Verantwortlich für die Hervorbringung medialer Bedeutungsprozesse sind demnach die Game-Designer und Programmierer (Ludition), die 2D- und 3D-Grafiker (Bild), Sound Artists (Sound), Autoren (Narration) und nicht zuletzt die Spielerinnen und Spieler (Performanz). Eingerahmt werden diese Prozesse von den Möglichkeiten der Medientechnik einerseits und vom immer auch historisch einzuordnenden Interpretationsrahmen der soziokulturellen Kontexte andererseits. Die in den Game Studies intensiv diskutierten Konzepte wie Raum und Zeit des Spiels, Interaktion und Interface, Bedeutung und Erfahrung, Agency und Subjekt, Immersion und Präsenz werden in dieser Sicht als aus den elementaren Dimensionen zusammengesetzt erklärt. Der Spielraum beispielsweise hat eine audiovisuelle, narrative, ludische und performative Dimension, er ist sinnlich erfahrbar, durch die Story konstruiert, durch Regeln erschlossen und durch Spielerhandlungen belebt, gleichzeitig durch die technischen Möglichkeiten beschränkt und durch soziokulturelle Kontexte hermeneutisch konfiguriert. An seiner Hervorbringung sind demnach die Künstler, Autoren, Programmierer, Game Designer und Spieler gleichermaßen beteiligt. Ein informatisches Modell hingegen orientiert sich stärker an der technischen Gemachtheit digitaler Spiele und damit an den Modulen einer Game Engine, vom Low-Level-Rendering über den Scene-Graph bis zu KI- und
10 Leschke, Rainer: Einführung in die Medientheorie, München: UTB 2007, S. 24. 11 Koubek, Jochen: Zur Medialität des Computerspiels, in: Jochen Koubek/Michael Mosel/Stefan Werning (Hg.): Spielkulturen: Funktionen und Bedeutungen des Phänomens Spiel in der Gegenwartskultur und im Alltagsdiskurs, Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch 2013.
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Physik-Simulationen. Aus dieser Sicht setzt sich auch die Bildlichkeit der Computergrafik aus elementareren Bestandteilen zusammen wie SpatialSubdivision, Level-of-Detail, Shader, statischer und dynamischer Beleuchtung, die einzeln betrachtet und optimiert werden können. Diese unterschiedliche Granularität ist zwar in Form von Schichten modellierbar – Rendering ermöglicht Bildgestaltung ermöglicht Spielräume –, dies impliziert aber nicht eine Hierarchie der Disziplinen. Keineswegs liefert die Informatik lediglich das technische Fundament, auf dem Entwickler Spiele bauen, auf denen dann die Game Studies in wissenschaftliche Höhen abheben können. Dieses Bild der Informatiker als Kellerkinder der Mediengesellschaft und -wissenschaft verkennt die eingangs erwähnten Forschungsfragen, die sich die Informatik als Wissenschaft auch in Bezug auf digitale Spiele stellt. Der technische, der gestalterische und der mediale Blick sind verschiedene Sichtweisen auf das Phänomen Computerspiel, die sich gegenseitig ergänzen und gemeinsam ein vollständigeres Bild ergeben als jede Sichtweise für sich alleine. Das produktionsorientierte Bayreuther Modell liegt zwischen der technischen Sicht der Informatik und der medialen Sicht der Game Studies. In Bezug auf die grafische Dimension vermittelt es z.B. zwischen dem, was in der Informatik als Rendering Pipeline und in der Medienwissenschaft als Bildsemiotik untersucht wird, weil die semiotisch erschließbaren Bildwelten von Künstlern und Level Designern mit digitalen Werkzeugen erschaffen und für die Rezeption am Computer vorbereitet und inszeniert werden. Das Verständnis für diese Bildwelten erfordert damit sowohl Kenntnisse in Grafikalgorithmen als auch im Bildverstehen. 2.2 Mediengeschichte des Computerspiels Die Mediengeschichte der Computerspiele ist eng mit der Technikgeschichte des Computers verbunden. Um beim Beispiel der Grafik zu bleiben: Die Entwicklung der Computergrafik kann wie in der Kunstgeschichte als eine Geschichte der menschlichen Wahrnehmung apostrophiert werden, die sich von der Fläche ausgehend allmählich den Raum erschließt, wie Stefan Günzel dies für die Ego-Shooter getan hat: »Die 1990er Jahre erscheinen hierbei als ontogenetisch verdichtete Wiederholung der Entwicklung vom 15. zum 17. Jahrhundert. […] Nämlich als Wandel von einer flächigen Organisation der
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Bilderscheinung hin zu einem in die Tiefe gestaffelten Bildaufbau.«12 Dabei anerkennt Günzel durchaus die Problematik eines solchen Vergleichs, der auf beiden Seiten mit Schematismen und Idealisierungen arbeiten muss, dennoch unterteilt er die Bildgeschichte der Ego-Shooter in Renaissance, Barock, Surrealismus und diskutiert Parallelen zu Kubismus und Modernismus.13 So visuell überzeugend eine solche Parallelführung angesichts der von ihm gewählten Beispielbilder zunächst auch sein mag, so schwer fällt es, darin mehr als eine zufällige Koinzidenz zu sehen. Denn während die Ästhetikgeschichte des Tafelbilds eine Geschichte der menschlichen Wahrnehmung, der Subjektivierung und der Phänomenologie des Raums ist, kann die Computergrafik geradezu als teleologische Bewegung hin zu einem perspektivischen Realismus verstanden werden, deren Ziel durch die Geschichte der visuellen und gestaltenden Künste – Malerei, Fotografie, Film, Bildhauerei, Architektur – bereits deutlich vorgegeben war. Die Informatik konnte also mit dem klaren Ziel des visuellen Realismus vor Augen an den technischen Möglichkeiten der Hervorbringung ihrer Bilder arbeiten und sie macht es immer noch. Allerdings steht inzwischen nicht mehr die Erschließung des Bildraums, sondern der Umgang mit Lichtbrechungen, Volumenstreuung und Reflexionen, die Mikrogeometrie von Haut, Haaren und Fell oder die Bewegung von Wasser, Rauch und Feuer auf den Forschungsprogrammen. Zwar ist die Geschichte der Computerspielbilder nicht durch die Technik determiniert, wie die verschiedenen Stile des Non Photorealistic Rendering zeigen14, dennoch kann das Ziel des visuellen Realismus bis in die Anfangsjahre der Computerspiele zurückverfolgt werden. Auch die Entscheidung, Anfang der 90er-Jahre von der avancierten 2D-Grafik in die visuell weniger überzeugende 3D-Polygon-Grafik zu wechseln, ist nicht als Renaissance der Fläche zu deuten, sondern vielmehr als strategischer Plan, den angestrebten Realismus zu erreichen. Teleologisches Vorbild der Echtzeitgrafik des Computerspiels war (und ist) die Computergrafik im VFX-Kino, die den Vorzug hat, ihre Bilder mit beliebiger Dauer einzeln zu erstellen, während
12 Günzel, Stephan: Egoshooter: Das Raumbild des Computerspiels, Frankfurt/New York: Campus Verlag 2012, S. 131. 13 Ebd., Kap. 2.2, insbesondere S. 130 ff. 14 Akenine-Möller, Tomas/ Haines, Eric/ Hoffman, Naty: Real-time Rendering, 3. Aufl. Wellesley, Mass: Taylor & Francis Ltd. 2008, S. 507 ff.
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Spielegrafiken 30- oder 60-mal pro Sekunde berechnet und ausgegeben werden müssen. Das Problem ist damit weniger die Entwicklung von Algorithmen, sondern ihre Umsetzung in verfügbarer Hardware der Spielkonsolen und PCs. Die Geschichte der Computergrafik beginnt in der Informatik-Forschung, sei es in Universitäten oder in den VFX-Studios. Beispielsweise entwickelte der amerikanische Informatiker Edwin Catmull 1974 in seiner Doktorarbeit Z Buffering und Texture Mapping15, arbeitete bei Lucasfilm am Digital Image Composing, ehe er 1986 zusammen mit Steve Jobs die Firma Pixar gründete. 3D Texture Mapping gehört seit DESCENT (1995), Z Buffering seit SUPER MARIO 64 (1996) zum Standard der Echtzeit-Computergrafik, also 20 Jahre nach ihren ersten Veröffentlichungen. Ähnliche Entwicklungen lassen sich z.B. auch für Hidden Surface16, Gouraud Shading17 oder Anti Aliasing18 aufzeigen. All diese Verfahren wurden entwickelt, um technische Bilder mit der visuellen Anmutung von Fotografien zu erzeugen. In der Computergrafik dauert die Übertragung bildgebender Algorithmen von Wissenschaft zu Spiel aufgrund technischer Entwicklungen 10–20 Jahre. Um die visuellen Darstellungsformen von Computerspielen zu verstehen, ist daher ein Blick in die Informatik hilfreicher als ein Blick in die Kunstgeschichte. Die Bildgeschichte der Computerspiele ist eine Geschichte der Computergrafik, der Bildauflösung, Farbtiefe, Grafikspeicher, Rechenleistung und Algorithmen.19
15 Catmull, Edwin: A subdivision algorithm for computer display of curved surfaces, Ph.D. Thesis University of Utah Salt Lake City 1974. 16 Warnock, John E.: A hidden surface algorithm for computer generated halftone pictures, Utah Univ Salt Lake City Dept Of Computer Science 1969, http://www. dtic.mil/docs/citations/AD0753671 17 Gouraud, Henri: Continuous Shading of Curved Surfaces. IEEE Transactions on Computers C-20, 6 (Jun. 1971), S. 623–629. 18 Crow, Franklin: The Aliasing Problem in Computer-Generated Shaded Images. in: Commun, ACM, 20(11) (1977), S. 799-805. 19 Guthe, Michael: Entwicklung der visuellen Darstellung in digitalen Spielen, in: Jochen Koubek/Michael Mosel/Stefan Werning (Hg.): Spielkulturen: Funktionen und Bedeutungen des Phänomens Spiel in der Gegenwartskultur und im Alltagsdiskurs, Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch 2013.
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2.3 Analyse von Computerspielen In der Medienwissenschaft haben sich verschiedene Werkzeuge etabliert, um Kino- und Fernsehfilme zu protokollieren und sie einer zitierbaren Analyse zugänglich zu machen:20 In der Sequenzliste und im Einstellungsprotokoll werden Setting und Plotverlauf einzelner Handlungseinheiten minutiös festgehalten und Schnitte genau dokumentiert.21 Ähnlich wird die narrative Analyse mit Dokumenten vorbereitet, im Transkript wird das Drehbuch bzw. der Ablauf der Dialoge rekonstruiert, der Handlungsverlauf kann mit Konzepten wie Beat, Einstellung, Szene, Sequenz, Akt in Abschnitte unterschiedlicher Komplexität eingeteilt werden.22 All diese Werkzeuge beruhen auf dem Umstand, dass Film ein sequentielles Medium mit stabilem Bild- und Handlungsverlauf ist. Ein Sequenzprotokoll gilt damit für jede Rezeption desselben Films, selbst die sekundengenauen Timecodes bleiben verlässliche Markierungen eines Filmzitats. Es wird damit zum wertvollen Dokument, das Filmausschnitte referenzier- und vermittelbar macht. Diese Verlässlichkeit bei der Dokumentation des Rezeptionsablaufs gibt es bei Computerspielen nicht. Durch ihre Interaktivität – sowohl im Sinne von Mensch-Maschine-Interaktion als auch von Mensch-Mensch-Interaktion in Multiplayer-Spielen – kann es in zwei Spielabläufen zu erheblichen Unterschieden kommen. Ehe sinnvoll über den Aufbau und die Wirkung nichtlinearer Narration diskutiert werden kann, bedarf es daher geeigneter Notationsformen, um eine solche Narration in ihrer Struktur überhaupt einer Diskussion zugänglich zu machen. Dies kann weder in Form eines linearen Transkripts noch eines gliedernden Protokolls erfolgen, auch nicht in seiner audiovisuellen Form des (kommentarlosen) Let’s Plays, soll mehr als ein konkreter Spielverlauf untersucht werden. Auch wenn sich in den Game Studies bislang kein Analysewerkzeug durchgesetzt hat, hilft bei der Suche danach erneut ein Blick in die
20 Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse, 5. Aufl. Stuttgart: J.B. Metzler 2012, S. 35 ff. 21 Silbermann, Alphons; Schaaf, Michael; Adam, Gerhard: Filmanalyse: Grundlagen, Methoden, Didaktik, München: Oldenbourg 1980. 22 McKee, Robert: Story: Die Prinzipien des Drehbuchschreibens, 7. Aufl. Berlin: Alexander Verlag 2011.
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Informatik. Dort sind interaktive Systeme alltäglich und es gibt zahlreiche Notationsformen und Diagramme für ihre Konzeption, Darstellung und Analyse. Und da Computerspiele immer auch Software sind, lassen sie sich auch mit eben diesen Werkzeugen beschreiben. Abbildung 1: Auszug aus der narrativen Struktur von HEAVY RAIN
Quelle: Wei, Huaxin: Analyzing the Game Narrative: Structure and Technique
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Aber nicht nur die Architektur der Software kann dokumentiert werden, auch die darin realisierten interaktiven ästhetischen Formen sind mit verzweigenden Diagrammen besser dargestellt als mit Listen und Protokollen. Im Abbildung 1 ist ein Ausschnitt der von Huaxin Wei durchgeführten narrativen Analyse des Spiels HEAVY RAIN mit verschiedenen Entscheidungs- und Handlungsmöglichen abgebildet, inklusive der narrativen Verzweigungen, die vom Eintreten bestimmter Bedingungen abhängen.23 Als Notationsform wählt Wei ein Interaktionsübersichtsdiagramm, das als Teil der Unified Modeling Language (UML) definiert ist, einer grafischen Modellierungssprache für Software-Systeme, die mit 14 verschiedenen Diagrammarten unterschiedliche Sichten auf Software darzustellen erlaubt. Interaktionsübersichtsdiagramme stellen die Beziehungen von einfachen Interaktionen mit Hilfe von Kontrollstrukturen, Datenflüssen, Start- und Endpunkten dar. Zentrale Elemente sind die gepunkteten Rechtecke für Interaktionen, die ihrerseits als Aktivitätendiagramme modelliert sind. An den Rautensymbolen spaltet sich der Kontrollfluss in alternative Zweige auf bzw. wird zusammengeführt; in eckigen Klammern stehen die Bedingungen, die für den jeweiligen Zweig erfüllt sein müssen. Die Lektüre beginnt im Diagramm oben links bei der Teilnarration von Madison und arbeitet sich entlang der Kontrollflüsse bis zu einem lokalen Kapitelende in Form eines ausgefüllten Kreises. Sollte Madison an dieser Stelle des Spiels bereits verstorben sein, wenn also die Bedingung »[Madison has died = true]« erfüllt ist, so wird das Spiel direkt mit der Teilnarration von Ethan fortgesetzt. Andernfalls, wenn Madison noch lebt, wird das optionale Kapitel ausgewählt, in dem Madison die Mutter des Origami-Killers im Krankenhaus besucht. Anschließend geht es mit Ethans Kapitel weiter etc. Diese Notationsform ist nicht nur präzise, übersichtlich und in verschiedene Detailstufen skalierbar, sie hat auch den Vorzug, auf einer international standardisierten und hervorragend dokumentierten Modellsprache zu basieren, womit sie vermittelbar und anschlussfähig wird.24
23 Wei, Huaxin: Analyzing the Game Narrative: Structure and Technique, Simon Fraser University 2011, S. 167. 24 Object Management Group 2017: Unified Modeling Language™ (UML®), http://www.omg.org/spec/UML/. Wobei die von Wei benutzte Diagrammart bereits seit 2005 in UML 2.0 integriert ist.
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Derartige Werkzeuge sind selbstverständlicher Bestandteil der Informatik; ihr Zweck, komplexe Softwaresysteme zu beschreiben, zu analysieren und zu verstehen, hilft unmittelbar bei dem medienwissenschaftlichen Vorhaben, Com-puterspiele zu beschreiben, zu analysieren und zu verstehen.
3 H AVING
THE
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Eric Zimmerman veröffentlichte 2013 das Manifesto for a Ludic Century, in dem er das 21. Jahrhundert zum Jahrhundert des Spiels ausrief, das den Film als dominante kulturelle Form ablösen wird.25 Das amerikanische Pathos, das in solchen Deklarationen mitschwingt und in seinem Befreiungsgestus an die kalifornische Ideologie und die Versprechungen des Cyberspace in den 90erJahren erinnert26, wurde in Blogs und Foren hinreichend diskutiert. Der aber wohl demontierendste Einwand kam von Ethan Gach: »Shouldn’t I be Playing the Manifesto for a Ludic Century?«27 Denn wenn Spielen eine derart große Kraft zugesprochen wird, die gesellschaftlich dominante kulturelle Form zu werden, sollten sie auch imstande sein, die Kernaussagen des Manifests spielerisch zugänglich zu machen. Diese Beobachtung bringt uns zur dritten Ebene jeder Literacy: die Fähigkeit zu schreiben, d.h. sinnvolle Äußerungen in einem Zeichensystem hervor-zu-bringen; sie wird hier als »produktive Ludoliteracy« bezeichnet. Es versteht sich von selbst, dass Informatik-Kenntnisse bei der Entwicklung von Spielen außerordentlich hilfreich sind. Zwar gibt es Engines wie TWINE, INFORM oder RPG MAKER, in denen Spiele-Entwicklung auch ohne Programmierkenntnisse möglich sind, die Bandbreite der mit diesen Program-
25 Zimmerman, Eric: Manifesto for a Ludic Century, in: Steffen Walz/Sebastian Deterding: The Gameful World. Approaches, Issues, Applications, Cambridge/Massachusetts: MIT Press 2014, S. 19–22, https://static1.squarespace.com/static/ 579b8aa26b8f5b8f49605c96/t/59925ff4914e6bb6d8b3cb9c/1502765045010/Ma nifesto_for_a_Ludic_Century.pdf von 2013. 26 Rötzer, Florian (1996): Die kalifornische Ideologie - ein Phantom?, https://www. heise.de/tp/features/Die-kalifornische-Ideologie-ein-Phantom-3410920.html 27 Gach, Ethan: »Shouldn’t I be Playing the Manifesto for a Ludic Century?« https://gamingvulture.wordpress.com/2013/09/12/shouldn’t-i-be-playing-the-ma nifesto-for-a-ludic-century/ von 2013.
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men erstellbaren Spiele ist jedoch deutlich eingeschränkter als bei allgemeinen Game Engines wie z.B. UNITY oder der UNREAL ENGINE. In diesem Abschnitt soll es aber nicht um den Wert informatischer Kompetenzen für die Spieleentwicklung gehen, sondern um die Begründung, dass produktive Ludoliteracy auf mindestens zweierlei Arten epistemisch auf die Erkenntnisgewinnung zurückwirken und die Artikulation medienwissenschaftlicher Argumente ermöglichen kann. »Artikulation meint dabei nicht nur Ausdruck, also das Nachaußenbringen eines schon existierenden Inneren. Vielmehr bringt Artikulation im ›Explizit-machen‹ das Auszudrückende überhaupt erst hervor.«28 Die Informatik ist dabei nicht mehr allein das Anwendungsfach, dass im Akt des Programmierens beim Ausdruck bereits anderweitig fertig formulierter Ideen hilft, sondern das Kompetenzfeld, mit dessen Hilfe sich bestimmte Ideen in einer Art und Weise artikulieren lassen, die in anderen Medien nicht oder nur schwer möglich sind.
C OMPUTERSPIELE ALS U NTERSUCHUNGSGEGENSTAND Zum einen eröffnen sich neue Fragestellungen, die seit einigen Jahren unter dem Stichwort »Software Studies« und »Critical Code Studies« vor allem im angloamerikanischen Raum untersucht werden. Im Gegensatz zu den New Media Studies, die sich stärker auf die Interfaces und Oberflächen der Programme konzentrieren, werden dabei Software und Programmcode als eigenständiger Untersuchungsgegenstand angesehen, die sich zunehmend in soziokulturelle Prozesse und Praktiken einschreiben und die symbolische und mediale Verarbeitung der Welt entscheidend prägen. Die seit 2008 von Matthew Fuller, Lev Manovich, and Noah Wardrip-Fruin am MIT herausgegebene Buch-Reihe Software Studies beschäftigt sich mit Themen wie
28 Jörissen, Benjamin: »Digitale Medien und digitale Netzwerke: Herausforderungen für die Kulturelle Kinder- und Jugendbildung«, in: Bernd Kammerer (Hg.): 25. Nürnberger Forum der Kinder- und Jugendarbeit 2015, Nürnberg: emweVerlag 2016, S. 101–119.
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Software and Memory29, Expressive Processing30, Coding as Aesthetic and Political Expression31 oder Software and Sovereignty.32. Eine sinnfällige Teilnahme an diesen Diskursen erfordert gleichermaßen medienkulturwissenschaftliche wie technische Kompetenzen, die sich in der interdisziplinären Auseinandersetzung mit Informationstechnologien, ihren Produkten und ihren Prozessen ausbildet. Bezogen auf Computerspiele zeigt Wardrip-Fruin beispielsweise, wie das im Code von SIMCITY implementierte Modell von urbanen Räumen und Prozessen das mentale Modell der Spieler für das System ‚Stadt’ prägt oder wie THE SIMS Annahmen über das Funktionieren von sozialen Strukturen in seinen algorithmisch formulierten Regeln verbirgt.33 Der Technikhistoriker Hans Dieter Hellige forderte 2014: »Die Informatik sollte […] von der generellen Unschuldsvermutung in die von ihr geschaffenen algorithmischen und kognitiven Systeme Abschied nehmen.«34, was er vor allem auf Überwachung und die »massenhaften Missbräuche und Missbrauchspotentiale von Internet- und Data Mining-Technologien«35 bezieht. Die Aussage lässt sich aber problemlos auf Computerspiele übertragen, die als Simulationen realer oder fiktiver Systeme das Verständnis eben dieser Systeme prägen. Oder, wie Ted Nelson bereits 1987 sagte: »All
29 Chun, Wendy Hui Kyong: Programmed Visions: Software and Memory, Cambridge, Mass.: The MIT Press 2013. 30 Wardrip-Fruin, Noah: Expressive Processing: Digital Fictions, Computer Games, and Software Studies, Cambridge, Massachusetts London, England: The MIT Press 2012. 31 Cox, Geoff/McLean, Alex: Speaking Code: Coding as Aesthetic and Political Expression, Cambridge, Mass: The MIT Press 2012. 32 Bratton, Benjamin H.: The Stack: On Software and Sovereignty, Cambridge, Massachusetts: The MIT Press 2016. 33 Wardrip-Fruin, Noah: Expressive Processing, S. 299 ff. 34 Hellige, Hans-Dieter: »Die Informatisierung der Lebenswelt: Der Strategiewandel algorithmischer Alltagsbewältigung«, in: Anja Zeising/Claude Draude/Heidi Schelhowe/Susanne Maass (Hg.): Vielfalt der Informatik: Ein Beitrag zu Selbstverständnis und Außenwirkung, S. 27–61. (2014), https://elib.suub.uni-bremen.de/edocs/00104194-1.pdf 35 Ebd.
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simulations are political.«36 Der kritische Umgang mit Code ist eine Form der procedural literacy37, der kritische Umgang mit Spielecode eine Form der produktiven Ludoliteracy.
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Doch Software erschließt in der Spieleforschung nicht nur als Untersuchungsgegenstand neue Fragestellungen, sondern auch als Methode. Die prototypische Gestaltung von Spielen kann epistemisch relevant sein, wenn sie Erkenntnisse interaktiv darstellt oder sogar erst ermöglicht. Stefan Werning betrachtet Prototypen als Mittel, Rückschlüsse auf die medialen Funktionsweisen von Computerspielen zu ziehen.38 Als Beispiel für das Theoretisieren von Medieninhalten mit sekundären Medienproduktionen führt er die Experimente von Kuleshov an, der in den 1920er-Jahren die filmische Konstruktion von Bedeutung durch Montagen kleiner Bildsequenzen untersuchte. Die Produktion von filmischen Prototypen wirkte dabei Erkenntnis fördernd für das Verständnis ästhetischer Grundelemente in komplexeren Filmproduktionen. Die Argumentation zur Begründung oder Überprüfung einer Hypothese wäre weniger sprachlich-sequentiell als vielmehr ludisch-emergent, im Sinne der Verwendung eines Themas mit Variationen: »a number of small but interrelated prototypes, which present the object of study in different ways, can ‘emergently’ produce an analytical proposition through overlaps but also incongruencies viewed differently by different users.«39 Ein Beispiel für diese Form der konstruktiven Computerspielforschung ist die Masterarbeit von Martin Fasterholdt, in der er die Mechanik und das Game-Feel des Springens in SUPER MEAT BOY, SUPER MARIO BROS. 3 und LIMBO misst, operationali-
36 Wardrip-Fruin 2012, S. 303 37 Mateas, Michael: »Procedural literacy: educating the new media practitioner«, in: Drew Davidson (Hg.), Beyond Fun, Pittsburgh, PA, USA: ETC Press 2008, S. 67–83. 38 Werning, Stefan: »Functions of Prototyping in the Context of Digital Games Research«, in: International Journal of Computer Information Systems and Industrial Management Applications. Volume 3 (2011) S. 755–762. 39 Ebd., S. 757.
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siert und miteinander vergleicht.40 Als Untersuchungsmethode programmiert er mehrere Werkzeuge, um Controller-Verhalten zu simulieren sowie die HD-Aufnahmen der Spiele framegenau auszuwerten. Darauf aufbauend erstellt er mathematische Modelle der drei Sprungverhalten und implementiert einen Prototypen in UNITY, in dem er die drei Spiele interaktiv miteinander in Beziehung setzt. Sowohl die Methode als auch die Präsentation der Ergebnisse erfordern eine fruchtbare Verbindung von ästhetisch-analytischen und mathematisch-informatischen Kompetenzen und damit die Beherrschung produktiver Ludoliteracy. Es bleibt zu hoffen, dass derartige Game Mechanic Studies in Zukunft häufiger unternommen werden, um die ästhetischen Strategien des Mediums Computerspiel auf eine andere Art und Weise zu verstehen als allein mit den von Literatur- und Filmwissenschaften geerbten geisteswissenschaftlich-hermeneutischen Methoden.
F AZIT Die Kombination von Medienwissenschaft und Informatik in den Bayreuther Computerspielwissenschaften ist nicht nur eine Zusammenarbeit zweier akademischer Disziplinen, um einen Gegenstandsbereich aus zwei verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Aus der hier dargestellten Sicht ist es eine Synergie, bei der die Informatik zu neuen Konzepten, Fragestellungen und Methoden in den medienwissenschaftlichen Kernbereichen Theorie, Geschichte und Ästhetik inspiriert und damit das Verständnis für das Medium Computerspiel deutlich vertiefen kann. Das ist wenig überraschend, handelt es sich bei Computerspielen doch um Software, deren technische Struktur den Rahmen dafür absteckt, welche Bedeutungsprozesse überhaupt artikulierbar sind. Geht man einen Schritt weiter und versteht Ludoliteracy als dreigliedrigen Kompetenzbereich, der das Entziffern (Decode), Lesen (Understand Meaning) und Schreiben (Produce Meaning) von Spielen umfasst, ist Informatik sogar unverzichtbarer Bestandteil, weil Computerspiele zu entwerfen immer auch das Entwickeln von Software bedeutet.
40 Fasteholdt, Martin: You say jump, I say how high? A study of jumping in 2D platform games, Denmark: IT University of Copenhagen 2015.
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L ITERATUR Alle URLS wurden im August 2017 auf Erreichbarkeit überprüft. Akenine-Möller, Tomas/Haines, Eric/Hoffman, Naty: Real-time Rendering. 3. Aufl. Wellesley, Mass: Taylor & Francis Ltd. 2008. Bratton, Benjamin H.: The Stack: On Software and Sovereignty, Cambridge, Massachusetts: The MIT Press 2016. Catmull, Edwin: A subdivision algorithm for computer display of curved surfaces. Ph.D. Thesis University of Utah, Salt Lake City 1974. Chun, Wendy Hui Kyong: Programmed Visions: Software and Memory, Cambridge, Mass.: The MIT Press 2013. Cox, Geoff; McLean, Alex: Speaking Code: Coding as Aesthetic and Political Expression, Cambridge, Mass: The MIT Press 2012. Crow, Franklin: The Aliasing Problem in Computer-Generated Shaded Images, in: Commun. ACM, 20(11) (1977), S. 799-805. Fasteholdt, Martin: You say jump, I say how high? A study of jumping in 2D platform games, Denmark: IT University of Copenhagen 2015. Fellows, Michael R.; Parberry, Ian: SIGACT trying to get children excited about CS, in: Computing Research News (January 1993). Gach, Ethan: Shouldn’t I be Playing the Manifesto for a Ludic Century?, https://gamingvulture.wordpress.com/2013/09/12/shouldnt-i-be-playing-the-manifesto-for-a-ludic-century/ von 2013. Gee, James Paul: What Video Games Have to Teach Us About Learning and Literacy, New York: Palgrave Macmillan 2003. Goody, Jack: The Logic of Writing and the Organization of Society, Cambridge Cambridgeshire/New York: Cambridge University Press 1986. Gouraud, Henri: Continuous Shading of Curved Surfaces, IEEE Transactions on Computers C-20, 6 (Jun. 1971), S. 623–629. Günzel, Stephan: Egoshooter: Das Raumbild des Computerspiels, Frankfurt; New York: Campus Verlag 2012. Guthe, Michael: Entwicklung der visuellen Darstellung in digitalen Spielen, in: Jochen Koubek/Michael Mosel/Stefan Werning (Hg.): Spielkulturen: Funktionen und Bedeutungen des Phänomens Spiel in der Gegenwartskultur und im Alltagsdiskurs, Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch 2013.
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2 Game Design
Die Zukunft des interaktiven Erzählens L INDA B REITLAUCH »Im Film kann man sich selbst im Anderen gegenübertreten; und im Computerspiel kann man sich selbst als Anderer gegenübertreten« SCHIRRA & CARL-MCGRATH1
Mit dem Begriff ›Interactive Storytelling‹ werden seit vielen Jahren die Erzählformen in narrativen Computerspielen beschrieben. Computerspiele sind ein interaktives Medium, in dem die Spieler Ablauf, Rhythmus und Verlauf des Spieles mitgestalten. Digitales, interaktives Storytelling existiert hierbei in vielen Varianten. Die Entscheidung, wie stark Geschichten in ein Computerspiel eingebunden werden oder ob sie gar darauf beruhen, hat in der Regel mit dem grundsätzlichen Spielprinzip zu tun. So verzichten viele Computerspiele auf eine Geschichte oder stellen sie in den Hintergrund. Dies gilt beispielsweise für stark taktisch ausgerichtete Spiele, die es dem Spieler nahezu unmöglich machen, einer Geschichte zu folgen. Andere Genres sind hingegen sehr gut geeignet, um Geschichten zu erzählen. Die historische Entwicklung digitaler Spiele zeigt große Potentiale hinsichtlich Ästhetik und Technologie. Es besteht jedoch immer noch viel
1
Schirra, Jörg/Carl-Megrath, Stefan: »Identifikationsformen in Computerspiel und Spielfilm, Identifikationsformen in Computerspiel und Spielfilm«, in computervisualistik.de (2000).
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Entwicklungsspielraum in der Nutzung interaktiver Erzählmöglichkeiten. Für die Erweiterung der Möglichkeiten des interaktiven Storytellings spricht vor allem die damit verbundene, potenzielle Erhöhung des Wiederspielwertes.
D IE G ESCHICHTE VOM G ESCHICHTENERZÄHLEN IN C OMPUTERSPIELEN Der Beginn der Computerspielära wird häufig mit PONG2 assoziiert, da das von Atari 1972 veröffentlichte Arcadespiel ein ungeahnter kommerzieller Erfolg war. PONG läutete das Zeitalter des »Coin-up-Universums« ein, das bis in die späten 1980er Jahre anhalten sollte. Dramaturgisch interessanter war jedoch ein ganz anderer Titel in den Frühzeiten der Computerspielentwicklung, nämlich das 1962 erstmals spielbare SPACEWAR!.3 Die Entwicklung hatte keine kommerziellen Ziele, sondern ging aus einer Aufgabenstellung für ein Semesterprojekt am MIT4 hervor. Die Universität erhielt einen PDP15, um ihn im Hochschulbetrieb erproben zu lassen. Laut der Anforderungen an die studentischen Programmierer sollte das Programm die Performance des PDP1 testen, weshalb es bei jedem Ablauf andere Ergebnisse erzielen und den Nutzer mit einbeziehen sollte. Die Studentengruppe um Steve Russell entschieden sich aufgrund dieser Auflagen dazu, ein Computerspiel zu entwickeln. SPACEWAR! war das erste fiktionale Computerspiel.Eine Geschichte erzählte das Spiel zwar nicht, jedoch entstanden im Spiel vor allem persönliche Erlebnisse der Spieler in einer fiktionalen Welt. Somit erlebten die Spieler ihre eigene Geschichte, die für sie unvergessliche Momente von Gewinn, Verlust oder gemeinsame Stunden mit Freunden prägte.
2
PONG (Atari 1972; Erstveröffentlichung auf einem Arcade-Automat).
3
Staff, Edge: »The Making of Spacewars!« (2009), https://web.archive.org/web /20120822075507/http://www.edge-online.com/features/making-spacewar?page =show abgerufen am 23.07.2017.
4
Massachusetts Institute for Technologies, siehe ebd.
5
PDP-1 (für: Programmed Data Processor 1), first produced by Digital Equipment Corporation in 1960, siehe ebd.
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Zwar lässt sich auch mit PONG Gemeinsamkeit erleben – jedoch begann mit SPACEWAR! die Ära der fiktionalen Computerspiele und somit die Möglichkeit, eine Geschichte innerhalb einer narrativen Welt interaktiv zu erleben und in gewissem Rahmen zu gestalten. Die Genrevorläufer der heutigen, überwiegend als narrativ gekennzeichneten Spiele sind gleichwohl andernorts zu finden. Mit Spielen wie COLOSSAL CAVE ADVENTURE oder MUD16 begannen Computerspiele kurz nach der Pong-Ära mit der Kunst des interaktiven Erzählens. In den frühen 1980er Jahren waren interaktive Computerspielgeschichten technisch gesehen zwar noch reine Textadventures ohne Grafik- oder Sprachausgabe, jedoch entwickelten sie sich mit fortschreitenden technologischen Möglichkeiten – vor allem im visuellen Bereich – schnell zu den Genreklassikern Adventure und RPG weiter. Das Prinzip des interaktiven Erzählens in Computerspielen hat sich in der Anfangszeit stark an den Fantasy-Welten von Pen & Paper-Rollenspielen orientiert, die wiederum oftmals ihre Inspiration in den Geschichten J.R.R. Tolkiens fanden. Sein HERR DER RINGE – Epos hat viele Spieleentwickler dieser Generation fasziniert und inspiriert.7 Heute zählen vor allem 3rd-Person-Action-Adventures (zB. UNCHARTED, TOMB RAIDER, ASSASSINʼS CREED)8, nach wie vor klassische Point & Click Adventures (heute insbesondere die Spiele aus dem Hause Daedalic9 oder Telltale Games10) sowie die stark cineastisch präsentierten Titel von Quantic Dream11 zu den vorwiegend Story basierten Spielen. Dass aber auch Online-Rollenspiele einen hohen Erzählwert haben, lässt sich beispielsweise
6
COLOSSAL CAVE ADVENTURE (1976, O: William Crowther), siehe: https://de. wikipedia.org/wiki/Adventure_; MUD1 (Multi User Dungeon 1) (1978, O: Roy Trubshaw/Richard Bartle) siehe https://en.wikipedia.org/wiki/MUD1 abgerufen am 23.07.2017.
7
Mertens, M./Meissner, T. O.: Wir waren Space Invaders - Geschichten vom Computerspielen, Blumenkamp 2006, S. 100ff..
8
Videospielreihen von Naughty Dog (UNCHARTED), seit 2007; Core Design (bis 2003) und Crystal Dynamics (TOMB RAIDER), seit 1996; Ubisoft (ASSASIN‘S CREED), seit 2007.
9
Daedalic Entertainment GmbH, Hamburg, https://www.daedalic.com
10 Telltale Games, St. Raphael (USA), https://telltale.com 11 Quantic Dream, Paris (Frankreich), http://www.quanticdream.com/de/
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an der Verfilmung des MMORPG-Klassikers WORLD OF WARCRAFT (WARCRAFT)12 ablesen. Allerdings ist die Verfilmung eines Computerspiels nur ein Indiz, aber kein echter Beleg für Qualität oder Intensität einer Spielgeschichte.
S TORYTELLING Aristoteles unterscheidet in seiner Poetik die Dichtung von der Geschichtsschreibung. Er bezeichnet Dichtung als »Nachahmung« (Mimesis) handelnder Menschen und grenzt damit das ›Wirkliche‹ vom ›Wahrscheinlichen‹ bzw. ›Möglichen‹ ab.13 Die Darstellung und Wiedergabe von Fakten wird als dokumentarisch, historisch oder journalistisch betrachtet. Storytelling hingegen beschreibt eine durch Autoren gestaltete, dramaturgisch verdichtete Beschreibung und Darstellung von Figuren und deren Handlungen und Absichten in einer fiktiven Welt. Eine Erzählung kann sich an der wirklichen Welt orientieren, ohne zu einer Dokumentation zu werden. Die Figuren einer Erzählung werden verstanden als »Pars pro toto« – sie stehen nicht für eine bestimmte Person im wirklichen Leben. Sie sind Stellvertreter für Konflikte, die jeden ansprechen sollen, sie dienen zur Identifikation und als Tor zur Geschichte. Die historische Darstellung einer jungen Frau, die ungewollt schwanger wird und ihr Kind aus Angst vor gesellschaftlicher Ablehnung tötet, verorten wir in ein mittelalterliches, aber längst vergangenes Weltbild. Jedoch ist Gretchens Konflikt in der Geschichte »Faust« ein allgemeingültiger Kon-
12 WARCRAFT (Blizzard Entertainment Erstveröffentlichung 2004); Kinoverfilmung: WARCRAFT: THE BEGINNING (USA 2016, R: Duncan Jones, Legendary Pictures/Universal Pictures in Zusammenarbeit mit Blizzard). 13 »Aus dem Gesagten ergibt sich auch, dass es nicht Aufgabe des Dichters ist mitzuteilen, was wirklich geschehen ist, sondern vielmehr, was geschehen könnte, d. h., dass nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit Mögliche. Denn der Geschichtsschreiber und der Dichter unterscheiden sich nicht dadurch voneinander, dass sich der eine in Versen und der andere in Prosa mitteilt […]; sie unterscheiden sich vielmehr dadurch, dass der eine das wirklich Geschehene mitteilt, der andere, was geschehen könnte.« (Aristoteles: Poetik, Kapitel 9: Aufgabe des Dichters)
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flikt, denn er skizziert ein frauenverachtendes Weltbild, welches global gesehen bis heute Gültigkeit hat. Geschichten sind deshalb auch ein Spiegel gesellschaftlicher Konflikte, über die Zeit hinaus, in der sie spielen. Wenn also in GAME OF THRONES14 eine religiöse Sekte an Macht und Einfluss gewinnt, steht dahinter keine bestimmte historische, sondern eine allgemeingültige Aussage über menschliches und gesellschaftliches Verhalten. Nach Coleridge unterliegen Geschichten in der Erwartungshaltung des Rezipienten einer »[…] willing suspension of disbelief for the moment, which constitutes poetic faith.«15 Damit drückt er aus, dass es nicht darum geht, Geschichten wahrheitsgemäß im Kontext wirklichen Geschehens wiederzugeben, sondern wahrheitsgemäß im Kontext der erdichteten Welt. So ist es nicht nur hinnehmbar, wenn eine Geschichte phantastische Gestalten wie Drachen, Elfen oder Zwerge enthält, sondern gar eine willkommene Erweiterung der wirklichen Welt. Die Möglichkeit der Existenz dieser Wesen muss jedoch innerhalb der Geschichte logisch und nachvollziehbar bleiben. Der Realitätsbezug ergibt sich aus der Funktion dieser Wesen, nicht aus deren Wahrscheinlichkeit der Existenz in unserer Lebenswirklichkeit. Beim interaktiven Erzählen ergeben sich allerdings häufig Schwierigkeiten in der Balance zwischen Spiel und Geschichte – die so genannte »ludonarrative Dissonanz«16. Diese bezeichnet einen Widerspruch zwischen Gameplay und Storytelling, zumeist hinsichtlich der dramaturgischen Logik. So kann beispielsweise eine ethische Thematik relativ schnell mit einem Ego-Shooter-Spielprinzip kollidieren oder ein Gameplayelement temporär nicht mehr zur Verfügung stehen, weil es die Logik der Geschichte unterwandern würde.
14 Martin, J.R.R.: A Song of Ice and Fire series of books, Bantam Books/Voyager Books 1996 – heute; TV-Adaption: GAME OF THRONES (HBO 2011 – heute, O: David Benioff/D.B Weiss). 15 Coleridge, Samuel Taylor: Biographia Literaria, London: J. M. Dent 1997 (1817). 16 Der Begriff der ludonarrativen Dissonanz in Computerspielen wurde erstmals in größerem Rahmen im Jahr 2007 von der Öffentlichkeit wahrgenommen, als Clint Hocking, ehemaliger Kreativdirektor bei LucasArts, später Ubisoft, in seinem Blog Bioshock kritisierte. Vgl. http://clicknothing.typepad.com/click_nothing/20 07/10/ludonarrative-d.html abgerufen am 23.07.2017.
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I NTERACTIVE S TORYTELLING In prädigitalen Zeiten hat es bereits Formen medialer interaktiver Erzählungen gegeben, beispielsweise im Improvisationstheater des späten Mittelalters. Der Begriff des interaktiven Erzählens wird hier aber ausschließlich als Gestaltung von Kommunikation zwischen Menschen und digitalen Anwendungen betrachtet. Mit ›Interactive Storytelling‹ wird zunächst eine Form des Erzählens beschrieben, die es ermöglicht, Rezipienten zu aktiven Teilnehmern der Geschichte zu machen. Dabei wird noch nicht geklärt, ob eine Veränderung des linearen Ablaufs und Ausgangs seitens des Spielers möglich ist. Vielmehr bezieht sich der Begriff ›interaktiv‹ erst einmal nur darauf, ob eine Geschichte überhaupt eine Einflussnahme auf ihren Ablauf zulässt. Durch das benannte Problem der ludonarrativen Dissonanz werden die Storylines in den meisten Spielgeschichten überwiegend linear gestaltet, um zu gewährleisten, dass die Geschichte so erzählt wird, dass der Spieler sie in voller Gänze erleben kann. Aber auch eine lineare Geschichte kann interaktiv erzählt werden. Hierbei sind die dramaturgischen Komponenten Zeit, Ort und Handlung bedeutend. Durch Interaktivität wird die festgelegte Erzählzeit (bzw. -spanne) aufgebrochen. Dadurch kann der Spannungsbogen eines Formates verändert werden. Der Spieler erkundet die Erzählung idealerweise in dem Rhythmus, indem er sie erleben möchte. Der explorative Charakter bezieht auch Räume und die Umgebung mit ein. Anders als beim Film können sie durch die Spieler (mehr oder weniger) frei erkundet werden. Dabei kann die Erzählung retardieren, es können Details der Welt erfahren werden, die die Wahrnehmung der Welt, der Charaktere und letztlich der Geschichte vertiefen. Beim interaktiven Erzählen stehen insbesondere Handlungen im Fokus. Sie werden nicht alleine den Figuren überlassen, sondern ausgelagert, d.h. eine Erzählung wird erst durch die Entscheidungen des Spielers überhaupt erzählbar. Selbst wenn die Entscheidungen, die der Nutzer trifft, keine echten Auswirkungen auf den Ablauf haben, so machen diese das Fortschreiten überhaupt erst möglich. Angenommen, ein Spieler benötigt einen Schlüssel, um die nächste Tür zu öffnen und wird erst weiterkommen, wenn der Schlüssel gefunden ist. Es muss keine Entscheidung getroffen werden, aber den-
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noch ist die Handlung – das Finden des Schlüssels – der entscheidende Faktor für das Fortschreiten in der Erzählung. Anhand der Faktoren Zeit, Raum und Handlung lassen sich nun unterschiedliche Formen des ›Interactive Storytelling‹ differenzieren.
V ERSCHIEDENE M ETHODEN INTERAKTIVEN E RZÄHLENS IM C OMPUTERSPIEL Mit dem Begriff ›Narratives Gameplay‹ können Konzepte beschrieben werden, die das Gameplay in den Vordergrund stellen und entlang des Spielfortschritts eine Geschichte entwickeln. Dieses Vorgehen kann das Problem der ludonarrativen Dissonanz umgehen, indem sich die Storyline ausschließlich an den Handlungen des Spielers orientiert. Narratives Gameplay nutzt häufig die Methode des ›Environmental Storytelling‹, also die Möglichkeit, die Geschichte über die Umgebung zu erzählen. Als Paradebeispiel für diese Form des interaktiven Erzählens dient das Spiel PORTAL17. Bei diesem Puzzlegame entfaltet sich die Geschichte durch eine Off-Stimme, die sich später als der Antagonist herausstellt. Im Kontrast dazu entdeckt man Hinweise und Warnungen, die von Unbekannten auf Wände geschmiert wurden. Der Spieler erkennt erst nach und nach, dass nicht alles so ist wie es scheint, woraus ein narratives Spannungsfeld entsteht. Wenn nicht nur die vom Spiel erforderlichen Aktionen ausgeführt, sondern auch verschiedene Entscheidungen getroffen werden können und diese tatsächlich einen Einfluss auf den erzählerischen Ablauf oder gar den Ausgang einer interaktiven Erzählung haben, kann man von multilinearem Storytelling sprechen. Ein bekanntes Beispiel einer solchen Multilinearen Erzählung ist das Adventure THE STANLEY PARABLE18. Im Vergleich zu anderen Titeln dieses Genres ist die Varianz der Interaktionsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Spieler können sich in einem dreidimensionalen Raum bewegen und gele-
17 PORTAL (Valve Corporation 2007, O: Valve Corporation) 18 THE STANLEY PARABLE (ursprüngliche Mod) (2011, O: Davey Wreden); THE STANLEY PARABLE (Remake) (Galactic Cafe 2013, O: Davey Wreden/William Pugh/Galactic Cafe).
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gentlich einen Schalter umlegen oder drücken sowie Türen öffnen. Man spielt »Stanley«, einen Büroangestellten, der sich nach Bemerken der Abwesenheit aller seiner Kollegen auf den Weg durch das Bürogebäude macht, um nach der Ursache dafür zu suchen. Begleitet wird er von einer Erzählerstimme, die aus dem Off zu ihm spricht. Sie tut dies in der Vergangenheitsform, was insofern irritiert, weil sie auf die Entscheidungen des Spielers in Echtzeit eingeht. Das Besondere ist, dass sich der Spieler gegen die vorgeschriebene Erzählweise entscheiden kann, er aber andererseits feststellen muss, dass das System ihn letztlich doch determiniert. Das Spiel hat insgesamt 19 unterschiedliche Enden. Andere Computerspiele nutzen ebenfalls die Möglichkeiten multilinearen Storytellings, wie MASS EFFECT19 oder SILENT HILL20. Das französische Entwicklerstudio Quantic Dream hat es sich auf die Fahne geschrieben, cineastische Spiele mit multilinearem Storytelling zu entwickeln (FAHRENHEIT, HEAVY RAIN, BEYOND TWO SOULS21). Dennoch ist fraglich, ob sich der Aufwand der Entwicklung unterschiedlicher Storylines wirklich lohnt. Denn mit jeder Entscheidung, die eine Geschichte in eine Richtung führt, werden die anderen Möglichkeiten üblicherweise für den Spieler nicht mehr sichtbar, es sei denn, sie spielen das Spiel noch einmal mit anderen Entscheidungen. Es entsteht also ein erhöhter Produktionsaufwand, nur um dem Spieler das Gefühl zu vermitteln, dass seine Entscheidungen die Geschichte tatsächlich verändern. Hinzu kommt, dass viele Geschichten mit multilinearen Storylines zwar den Gang der Geschichte, jedoch nur unwesentlich oder gar nicht den Ausgang der Geschichte verändern. Das Adventure LIFE IS STRANGE22 wurde genau wegen dieses Versprechens zu einem Achtungserfolg. Erzählt wird ein Highschool-Drama, in dem die Protagonistin die Zeit zurückdrehen und jede getroffene Entscheidung rückgängig machen kann. Interessant im Vergleich zu anderen multilinearen Erzählungen ist hier, dass Spieler bereits während des Spielens die Geschich-
19 MASS EFFECT (Microsoft Game Studios 2007/EA 2008, O: Bioware) 20 SILENT HILL (Konami 1999, O: Konami Computer Entertainment Tokyo) 21 FAHRENHEIT (Atari 2005, O: Quantic Dream); HEAVY RAIN (Sony Computer Entertainment 2010, O: Quantic Dream); BEYOND: TWO SOULS (Sony Computer Entertainment 2013, O: Quantic Dream) 22 LIFE IS STRANGE (Square Enix 2015, O: Dontnod Entertainment)
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te verändern und jede getroffene Entscheidung sofort revidieren können. So kann man fast alle Varianten der Handlung in einem Durchgang erleben. Letztlich stellt das Spiel aber nur zwei unterschiedliche Enden zur Verfügung, die auf Entscheidungen basieren, die erst am Ende getroffen werden können. Was also zumeist fehlt, ist die Möglichkeit, durch die Entscheidungen während des Spielens den Gang und den Ausgang der Geschichte komplett zu ändern oder gar die durch Skripte festgelegten Handlungsstränge zu verlassen. Gelungen ist das dem Spiel DIE SIMS23, welches seit vielen Jahren zu einer der weltweit erfolgreichsten Spielemarken zählt. Die Grundidee ist, mit verschiedenen Figuren eine Alltagswelt zu simulieren. Dabei reagieren die Figuren aufgrund ihrer Charaktere, Wünsche und Bedürfnisse durchaus unterschiedlich aufeinander, so dass sich tatsächlich Storylines entwickeln, welche nicht durch Skripte determiniert sind. Ähnlich wie in anderern Simulationen entwickelt sich dadurch zwar eine narrative Welt, jedoch wird nicht eine zusammenhängende Geschichte erzählt, sondern viele kleine Geschichten auf zwischenmenschlichem und alltäglichem Niveau, die zumeist eher oberflächlich oder trivial wirken.
D YNAMISCHES S TORYTELLING Einige Spieleentwickler versuchen sich seit Jahren daran, im Spiel Geschichten zu erzählen, die sich den Entscheidungen des Spielers anpassen und im Idealfalle dem Spieler ermöglichen, die Storyline des Spiels durch seine Handlungen mitzubestimmen und zu formen. Zumeist wurden solche Ansätze allgemein unter ›Interactive Storytelling‹ subsumiert, bei näherer Betrachtung finden sich jedoch einige Unterschiede. Der zentrale Unterschied findet sich in der Zielsetzung ohne zuvor festgelegte Storylines und unter Berücksichtigung der Spielerhandlungen immer neue, zusammenhängende Geschichten zu erzählen. Diesem Grundkonzept stehen vier Herausforderungen gegenüber; insbesondere, wenn man es in Reinform umsetzen will.
23 DIE SIMS (EA 2000, O: Maxis)
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Ein System, das dynamisches Storytelling ermöglicht, muss erstens in der Lage sein, nicht nur auf die Handlungen des Spielers adäquat zu reagieren, sondern die Konsequenzen seiner Entscheidungen und seines Handelns in der weiteren Gestaltung der Storyline zu berücksichtigen. Sie dürfen nicht in die Illusion von Entscheidungsfreiheit münden, die eine Relevanz nur vorgaukelt und die Entscheidung entwertet, indem sie am Ende immer wieder zum gleichen Verlauf führt. Die so vom Spieler modifizierte Handlung muss zweitens im Rahmen der innerweltlichen Plausibilität bleiben, um die Glaubhaftigkeit der Geschichte und somit die narrative Immersion nicht zu brechen. Hierzu bedarf es einer klar definierten Weltenlogik und Reaktionsmustern, die sich den Aktivitäten des Spielers anpassen. Drittens verfolgen die Handlungen von Spielern selten das Ziel, die Narration des Spiels zu stärken, sondern folgen oftmals eher einer Leistungsmotivation oder dem Ausloten der Handlungsmöglichkeiten. Die sich entwickelnde Storyline des Spiels muss daher mit jedem Schritt neu geplant und bisherige Handlungsstränge basierend auf den vom Spieler gewählten Entscheidungen und Handlungen modifiziert und gegebenenfalls abgebrochen und neu begonnen werden, um im Rahmen der Spielerentscheidungen eine möglichst interessante und spannende Storyline zu ermöglichen. Sie befindet sich also in einem beständigen Zustand des Flusses und kann daher nicht vorgeplant werden. Zu guter Letzt steht der Designer sich selbst als Herausforderung gegenüber. Er muss den schwierigen Schritt gehen, die Kontrolle über die Storyline zu einem guten Teil abzugeben und in die Hände des Spielers zu legen. Der Spieler ist nun nicht mehr nur reiner Konsument, sondern auch in der Lage, selbst gleichzeitig zu gestalten und zu erleben. Ihm obliegt es, ob er will oder nicht, nun einen Teil der Verantwortung für sein eigenes Spielerleben zu übernehmen. In der Theorie des dynamischen Storytellings zeichnen sich bereits eine Reihe von Herausforderungen ab, deren Lösung noch ausstehen. Besonders das Spannungsfeld aus Entscheidungsrelevanz, Plausibilität und Narration zeigt die an diesem Konzept zerrenden Widerparte. Aber auch die Regeln der Weltenlogik und die sich selbst beständig kontrollierende und modifizierende Narration sind in der Praxis nicht leicht zu greifen. Erste Gehversuche hierzu werden an der Hochschule Trier in einer Kooperation der Fachbereiche Intermedia Design und Informatik gemacht. Die Überwindung dieser Herausforderungen hin zu einem dynamisch und reaktiv erzählenden System könnte jedoch ausgesprochen lohnend sein, denn dynamisches Storytelling ermöglicht es, Geschichte und Spiel zu verei-
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nen und so die ludonarrative Dissonanz aufzulösen. Da dynamisches Storytelling zudem in ein und demselben Spiel immer neue Storylines ermöglicht, erlebt man nicht mehr nur eine vom Designer vordefinierte Geschichte, sondern mit jedem Durchlauf neue, durch das eigene Handeln geformte und gestaltete Geschichten, was den Wiederspielwert von narrativen Spielen enorm erhöht.
L ITERATUR Coleridge, Samuel Taylor: Biographia Literaria, 1817. Hocking, Clint: http://clicknothing.typepad.com/click_nothing/2007/10/lud onarrative-d.html abgerufen am 23.07.2017. Martin, J.R.R.: Game of Thrones – A Song of Ice and Fire, Romane seit 1996. Mertens, M./Meissner, T. O.: Wir waren Space Invaders - Geschichten vom Computerspielen, Blumenkamp 2006, S. 100ff.. Schirra, Jörg/Carl-Megrath, Stefan: »Identifikationsformen in Computerspiel und Spielfilm, Identifikationsformen in Computerspiel und Spielfilm«, in computervisualistik.de (2000). Staff, Edge: »The making of Spacewars!« (2009), https://web.archive.org/ web/20120822075507/http://www.edge-online.com/features/makingspacewar?page=show abgerufen am 23.07.2017.
F ILME GAME OF THRONES (TV-Serie) (USA 2011, R: David Benioff/D. B. Weiss). WARCRAFT: THE BEGINNING (USA 2016, R: Duncan Jones)
S PIELE BEYOND: TWO SOULS (Sony Computer Entertainment 2013, O: Quantic Dream) COLOSSAL CAVE ADVENTURE (1976, O: William Crowther), siehe: https://de .wikipedia.org/wiki/Adventure_ FAHRENHEIT (Atari 2005, O: Quantic Dream)
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HEAVY RAIN (Sony Computer Entertainment 2010, O: Quantic Dream) MASS EFFECT (Microsoft Game Studios 2007/EA 2008, O: Bioware) MUD1 (Multi User Dungeon 1) (1978, O: Roy Trubshaw/Richard Bartle) siehe https://en.wikipedia.org/wiki/MUD1 abgerufen am 23.07.2017. PONG (Atari 1972, O: Atari) PORTAL (Valve Corporation 2007, O: Valve Corporation) SILENT HILL (Konami 1999, O: Konami Computer Entertainment Tokyo) THE STANLEY PARABLE (ursprüngliche Mod) (2011, O: Davey Wreden) THE STANLEY PARABLE (Remake) (Galactic Cafe 2013, O: Davey Wreden/William Pugh/Galactic Cafe). WARCRAFT (Blizzard Entertainment Erstveröffentlichung 2004)
Das Spiel ist das Interface Bessere Spielerfahrung durch Interaktionsgestaltung D OMINIK W ILHELM
Auf seiner elementarsten Ebene besteht die Aufgabe des Game-Designers darin, ein interaktives System zu entwickeln, welches unter Einbeziehung des Spielers und im ständigen Austausch mit diesem seinen Zustand verändert und an den Spieler kommuniziert. Die dem System eingeschriebenen Spielmechaniken und Regeln bestimmen, wie dieses auf Eingaben (oder deren Ausbleiben) reagiert, wie sich Spielzustand und Parameter verändern und in welcher Form und in welchem Umfang es diesen neuen Zustand an den Spieler ausgibt. Erfolgreiche Spiele verstehen es, diese Inputs (seitens des Spielers) und Outputs (seitens des Spiels) zu kontrollieren und derart zu gestalten, dass der Spieler zu jedem Zeitpunkt diejenigen Informationen über den Spielzustand zur Verfügung hat, die er benötigt, um eine »meaningful decision«1, also eine im Spielzusammenhang bedeutsame Entscheidung zu treffen. Die Outputs sind so ausgerichtet, dass der Spieler weiß, welche Handlungsmöglichkeiten er zur Verfügung hat und wie er diese im System ausführen kann. An diesen Input von Seiten des Spielers ist eine Rückmeldung geknüpft, sowohl über den Erfolg der Eingabe als auch über deren Auswirkung auf den Spielzustand.
1
Vgl. Cardona-Rivera, Rogelio E./Young, R. Michael: Games as Conversation, Raleigh: North Carolina State University, Department of Computer Science 2015.
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In der ständigen Wiederholung dieses Prozesses als Schleife wird der Dialog zwischen Spiel und Spieler2 in Schwung gehalten und entwickelt sich so stetig weiter zu den nächsten Mikro- und Makrozielen des Spielers im Spiel. Frustration über das eigene Scheitern im Spiel rührt nicht selten daher, dass Unklarheit über Spielzustand, Handlungsmöglichkeiten und Feedback besteht – letztlich handelt es sich hier um Störungen dieses Dialogs, die zu Unsicherheit und dem Gefühl des Kontrollverlusts führen. Der Spielspaß wird vermindert, das »System« verliert den Spieler. Die Schnittstelle, mit deren Hilfe Spiel und Spieler kommunizieren, besteht auf der Hardware-Ebene aus den Ein- und Ausgabemöglichkeiten der Plattform. Auf der Software-Ebene besteht die Schnittstelle jedoch nicht nur aus Menus, Buttons und über die Spielwelt gelagerten Interface-Elementen, sondern vielmehr aus der Spielwelt selbst – aus ihrem Environment- und Character-Design, ihren Klängen, visuellen Effekten, ihrer Form- und Farbgebung, ihrer räumlichen Gestaltung. Um diese Schnittstelle spiel- und spielergerecht zu gestalten, nehmen Erkenntnisse aus Interaction-, User-Interface- und User-Experience-Design zunehmend eine wichtige Rolle ein. In den Anfängen der Software-Entwicklung stand nicht selten der reine Nutzen einer Anwendung im Vordergrund. Mit dem Aufkommen von E-Commerce, der Verbreitung von Smartphones und dem Entstehen des App-Marktes wurde jedoch über die Funktionalität und Gestaltung der Benutzeroberfläche hinaus der Gestaltung der Benutzererfahrung (User-Experience) immer größere Aufmerksamkeit beigemessen. Diese setzt nicht etwa erst am Ende des Entwicklungsprozesses an, um zu versuchen, vorhandene Funktionalitäten nutzbar zu machen. Sie beginnt im Idealfall noch vor dem eigentlichen Entwicklungsprozess. Ausgehend von der Definition von Zielgruppe, Nutzungsszenarien und Produktspezifikationen, konzipiert der Designer Funktionalität, Interaktionen und Usability der Anwendung und begleitet die Umsetzung durch Test- und Iterationsphasen bis zur Veröffentlichung des Spiels. Bereiche wie User-Interface-Design (UI), User-Experience-Design (UX) und benachbarte Felder wie Informationsarchitektur und Interaction-Design haben an Bedeutung gewonnen oder sich erst herausgebildet.
2
Vgl. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge: MIT Press 2004, S. 194.
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Während Nutzer klassischer Anwendersoftware auch bei wenig überzeugender UX oft gezwungen sind, diese aufgrund ihrer Funktionalität dennoch zu benutzen, werden bei derzeit 2,2 Mio. angebotenen Apps alleine im »App Store« von Apple3, sich diejenigen Produkte am Markt durchsetzen, die mit durchdachtem User-Interface-Design die Nutzer zu überzeugen wissen. Diesem Leitbild des möglichst intuitiv zugänglichen, ganzheitlich erfahrbaren User-Interfaces folgte fast zeitgleich auch die Game-Branche. Gerade in Free-To-Play-Spielen, die sich im Gegensatz zu klassischen Distributionsmethoden größtenteils über einen Ingame-Shop finanzieren und somit in einer Vielzahl kommerzieller Mikro-Transaktionen mit dem Spieler ihre Haupteinnahmequelle haben, ist ausgefeiltes UI-/UX-Design unverzichtbar, um diese Transaktionen möglichst klar und reibungslos zu gestalten. SocialGame-Studios wie Zynga (FARMVILLE4, MAFIA WARS5) haben mit »Metricsdriven-design« eine Development-Technik etabliert, die auf Basis ständiger Messung und Analyse des Spielerverhaltens die User-Experience der schon veröffentlichen Spiele fast täglich optimiert, mit dem Ziel den Spieler – also den zahlenden Kunden – im Spiel zu halten und zum Weiterspielen zu bewegen. Doch auch abseits der Optimierung von In-Game-Kaufprozessen spielt die gezielte Gestaltung der User- bzw. Player-Experience im Game-Development eine zunehmend wichtige Rolle. Denn Spiele, die nicht benutzbar – also nicht spielbar – sind, werden vom Spieler abgelehnt, da es – anders als bei Anwendersoftware – in der Regel keinen Anreiz gibt, ein Spiel weiterzuspielen, wenn es das Versprechen von Spielspaß und Unterhaltung nicht erfüllt. In der Gestaltung dieser Spielerfahrung kommen Usability, Funktionalität und Ästhetik zusammen, um die Interaktion zwischen Spiel und Spieler zu perfektionieren. Das User-Interface-Design eines Spiels als reine Ansammlung von Buttons und Anzeigen zu sehen, welche das »eigentliche Spiel« beispielsweise als Head-Up-Display (HUD) überlagern, greift daher zu kurz. Schon seit langem setzen Videospiele beispielsweise In-Game-Animationen, Effekte und Sounds ein, um Informationen über den Spielzustand zu
3
https://www.statista.com/statistics/276623/number-of-apps-available-in-leadingapp-stores/ vom 29.05.2017.
4
FARMVILLE (Zynga 2009, O: Zynga)
5
MAFIA WARS (Zynga 2008, O: Zynga)
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kommunizieren und Feedback über Ereignisse im Spiel zu geben. So hat die RESIDENT EVIL-Serie6 auf die Darstellung einer bis dahin üblichen Energieanzeige im HUD verzichtet und stattdessen ein Aufglühen des Bildschirms sowie die Körperhaltung und Animationen des Avatars benutzt, um Feedback über eine Veränderung dessen Gesundheitszustands zu geben. Doch erst DEAD SPACE7 hat die Möglichkeit eines nahezu vollständig diegetischen Interfaces, welches sowohl in die Darstellung der Spielwelt als auch in deren Fiktion nahtlos integriert ist, in den Fokus von Spielern und Entwicklern gerückt. Eine in Form leuchtender Felder in die Rüstung des Spieleravatars Isaac Clarke integrierte Energieanzeige sowie in die Spielwelt projizierte »holografische« In-Game-Menüs sind sowohl für den Spieler als auch für den Avatar selbst »sichtbar«. Dies ermöglicht es, auf die Spielwelt überlagernde Interface-Elemente weitestgehend zu verzichten. Diese Methode kommt seither bei Spielen wie MIRROR'S EDGE8, JOURNEY9 und vielen anderen zum Einsatz, mit dem Ziel, durch das Entfernen der zwischen Spielwelt und Spieler platzierten HUD-Ebene das Eintauchen des Spielers in das Spiel zu erleichtern und die Immersion in die Spielwelt zu begünstigten. Kristine Jørgensen argumentiert in »Gameworld Interfaces«, dass es schwierig sei, Spielwelt und Interface zu trennen, da es in der Gestaltung von Game Interfaces in erster Linie darum gehe, eine Umgebung zu gestalten, die bestimmte Spiel-Aktivitäten unterstützt: »[...] designing game user interfaces cannot be reduced to the design of icons and menus. It is also about creating a gameworld environment that supports certain gameplay activities, and for this reason it is hard to separate gameworld and interface in digital games.«10 Die Kommunikation mit dem Spieler erfolgt im besten Fall weder ausschließlich über die Spielwelt noch ausschließlich über von der Spielwelt abgetrennte Interface-Overlays. Vielmehr lassen sich alle der in der Plattform verfügbaren visuellen, auditiven und haptischen Möglichkeiten als Kommunikationskanäle des Spielsystems begreifen, welche zur Interaktion mit diesem eingesetzt werden können. Es obliegt dem Designer zu entscheiden, wie
6
RESIDENT EVIL (Capcom 1996, O: Capcom)
7
DEAD SPACE (Electronic Arts 2008, O: Visceral Games)
8
MIRROR’S EDGE (Electronic Arts 2008, O: EA Digital Illusions Creative Entertainment AB)
9
JOURNEY (Sony Interactive Entertainment 2012, O: Thatgamecompany)
10 Jørgensen, Kristine: Gameworld Interfaces, Cambridge: MIT Press 2013, S. 19.
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die Informationslast auf diese verfügbaren Kanäle verteilt wird. Das User Interface eines digitalen Spiels ist somit nicht nur dessen oberster Layer, sondern auf viel tieferer Ebene mit dem Spielsystem und allen damit zusammenhängenden Entwicklungsdisziplinen verwoben. Game-Design und UI/UX Design sollten daher nicht isoliert entstehen, sondern auch andere Entwicklungsdisziplinen (Environment- und CharacterDesign, Visual Effects, Sound, Animation oder Level-Design etc.) mit einbeziehen. Auch in diesen stellt sich, in Anlehnung an den aus Architektur, Industrie- und Kommunikationsdesign bewährten Gestaltungsleitsatz »Form follows function«11 vorrangig die Frage, wie deren jeweilige Erscheinungsformen ihre Funktion in Gameplay und Fiktion vermitteln, und wie der Angebotscharakter von Spielkomponenten so gestaltet werden kann, dass sie zur Interaktion einladen und den Dialog mit dem Spieler unterstützen. Am Beispiel der Konzeption eines in der Spielwelt aufsammelbaren, interaktiven Objektes kann es sich hier u.a. darum handeln, die Interaktionsmöglichkeiten mit dem Objekt hervorzuheben (z.B. durch eine pulsierende Animation zur Darstellung aufsammelbarer Objekte), das fiktive Spieluniversum in sich logisch und kohärent erscheinen zu lassen und eine bestimmte Ästhetik zu etablieren (z.B. durch Visualisierung des interaktiven Objektes als »ErsteHilfe Koffer« oder »Goldene Münze«), um die Darstellung von Spielparametern (z.B. durch Einsatz unterschiedlicher Größen und Farben zur Visualisierung der Wertigkeit des Objektes im Spielsystem) oder darum, direktes Feedback über ein Spielereignis zu geben (z.B. durch Sound-Effekte und funkelnde Partikel beim Erscheinen und Aufsammeln des Objektes). Steve Swink bezeichnet in seinem Buch »Game Feel: A Game Designer’s Guide to Virtual Sensation« das im Zusammenspiel all dieser Kommunikationskanäle entstehende Gefühl von Kontrolle und Immersion (»Game Feel«) gar als eine der kraftvollsten Eigenschaften der Mensch-Maschine-Kommunikation: »[...] It is a kind of ›virtual sensation,‹ a blending of the visual, aural and tactile. In short, it is one of the most powerful properties of human-computer interaction.«12
11 Vgl. Sullivan, Louis H.: »The Tall Office Building Artistically Considered«, in: Lippincott's Magazine (März 1896), S. 403-409. 12 Swink, Steve: Game Feel: A Game Designer’s Guide to Virtual Sensation, Burlington: Morgan Kaufmann Publishers 2009, S. xiii.
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Daher besteht ein Kernpunkt meines Lehrkonzeptes darin, über die strukturellen Zusammenhänge von Spielmechaniken, Spielkomponenten und Spielwelt hinaus, die Nutzererfahrung und die Kommunikation des Spiels mit dem Spieler als Grundlage eines funktionierenden Spiels zu begreifen. Aus der Verschmelzung von Game-Design, Art, Interface-Design und User-Experience-Design entsteht eine ganzheitliche Planungsphilosophie mit Fokus auf der integrierten Gestaltung von Information, Interaktion und Feedback. Dabei zielen alle Entscheidungen des Game-Designers darauf hin, den Dialog zwischen Spiel und Spieler aufzubauen, aufrechtzuerhalten und in die gewünschten Bahnen (sei dies nun Spielspaß, Immersion oder der Kauf von In-Game-Items etc.) zu lenken, immer im Hinblick darauf, was kommuniziert wird, wie es kommuniziert wird, und auf welchem der verfügbaren Kanäle. Mit dem Verwischen der Grenzen zwischen Spielsystem, fiktionaler Spielwelt und Benutzeroberfläche ist es notwendig, auch in der Produktion selbst die Grenzen zwischen den beteiligten Entwicklungsdisziplinen offen zu halten – ob in studentischen Spieleproduktionen oder bei der Arbeit in einem großen Entwicklerstudio – und den gegenseitigen Austausch zu fördern, mit dem Ziel, die ästhetische, fiktionale, systemische und Informationsebene zu einem integrierten Design zu verbinden, um den Spieler im Rahmen der vom Designer beabsichtigten Spielerfahrung durch das Spiel zu leiten. Während eine Verbindung von User-Experience-Design zu Game-Design nahe zu liegen scheint, ist es insbesondere in ausschließlich auf das Thema ›Games‹ fokussierten Studiengängen zudem wichtig, auch die Grenzen zu anderen Fachgebieten zu öffnen und den Blick in scheinbar ›fachfremde‹ Bereiche anzuregen. So können beispielsweise Erkenntnisse aus Signaletik, Architektur und Wahrnehmungspsychologie helfen, die Spielerführung im Bereich Level-Design zu optimieren. Für studentische Entwicklerteams ist es ferner von besonderer Bedeutung zu lernen, durch Prototyping – in der Game Engine oder einfach mit Papier, Bleistift und Würfeln – ihre Ideen schnell zu testen und auf Ihre Spielbarkeit hin zu verifizieren, andererseits aber auch in die Tiefe zu gehen, zu iterieren, zu verfeinern und ein Game-Development-Projekt von der Konzeption ausgehend durch alle Phasen zu begleiten, sowie nach Testing und Polish-Phase auch abzuschließen.
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Über diese zur Produktion eines Videospiels notwendigen technischen und gestalterischen Fertigkeiten hinaus liegt mein Fokus in der Lehre besonders darauf, die konzeptionellen Fähigkeiten der Studierenden zu schärfen und einen theoretischen Überbau zu entwickeln, der es ihnen ermöglicht, Spiele aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, kritisch zu hinterfragen und zu bewerten.
L ITERATUR Cardona-Rivera, Rogelio E./Young, R. Michael: Games as Conversation, Raleigh: North Carolina State University, Department of Computer Science 2015. Jørgensen, Kristine: Gameworld Interfaces, Cambridge: MIT Press 2013. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge: MIT Press 2004. Sullivan, Louis H.: »The Tall Office Building Artistically Considered«, in: Lippincott's Magazine (März 1896), S. 403-409. Swink, Steve: Game Feel: A Game Designer’s Guide to Virtual Sensation, Burlington: Morgan Kaufmann Publishers 2009.
S PIELE DEAD SPACE (Electronic Arts 2008, O: Visceral Games) FARMVILLE (Zynga 2009, O: Zynga) JOURNEY (Sony Interactive Entertainment 2012, O: Thatgamecompany) MAFIA WARS (Zynga 2008, O: Zynga) MIRROR’S EDGE (Electronic Arts 2008, O: EA Digital Illusions Creative Entertainment AB) RESIDENT EVIL (Capcom 1996, O: Capcom)
Plädoyer für ein holistisches Game Design M ARKUS W IEMKER »One of the most difficult tasks men can perform, however much others may despise it, is the invention of good games.« CARL GUSTAV JUNG1
Dieses Plädoyer für ein holistisches Game Design versucht zu zeigen, warum ›gutes‹ Game Design von einem ganzheitlichen Ansatz profitieren kann und welche Chancen sich ergeben, wenn Entwickler sich nicht nur auf einzelne Bereiche der Spieleentwicklung oder bestimmte Plattformen fokussieren. Fünf Prämissen bilden die Grundlage dieser Argumentation: Erstens halte ich es für wichtig, dass Game Designer sich vornehmlich als Experience Designer für interaktive Anwendungen oder immersive Räume verstehen (Experience & Interactivity). Zweitens kann es in meinen Augen sinnvoll sein, sich nicht nur auf digitale Plattformen zu konzentrieren, sondern auch für Entwicklungen aus dem analogen, live-action oder hybriden Bereich offen zu sein (Multiplatform). Drittens kann auch der Erwerb von Wissen und Kompetenzen im Bereich von Spielzeug und Glücksspiel Möglichkeiten für neue Ideen bieten (Toys, Games & Gambling). Viertens hilft es zu verstehen, welcher Spieler welches Spiel wann, wo, wie und aus welcher Motivation
1
Zitiert nach Fullerton, Tracy/Swain, Christopher/Hoffman, Steven: Game Design Workshop. Designing, Prototyping, and Playtesting Games, San Francisco: CMP Books 2004, S. XXV.
226 | MARKUS W IEMKER
spielt (User-centric Approach -› Play Matrix). Fünftens ist es wichtig, dass Game Design einen interdisziplinären Ansatz verfolgt, d.h. Game Studies und viele weitere Disziplinen wie z. B. Pädagogik, Anthropologie, Soziologie, Kunst oder Geschichte sollten das Verständnis für die Bedeutung von Spiel und Spielen weiter vertiefen (Interdisciplinarity). Nachfolgend wird jede dieser einzelnen Grundannahmen genauer erläutert und zuletzt in einem Fazit noch einmal auf aktuelle Entwicklungen Bezug genommen.
1. G AME D ESIGN
ALS
E XPERIENCE D ESIGN
Game Design beschäftigt sich in meinen Augen vornehmlich mit der Entwicklung von (immersiven) interaktiven Anwendungen oder Räumen. Die Herausforderung für den Game Designer besteht dabei in der richtigen Kombination von Spielprinzipen, Spielmechaniken, Spielzielen und Herausforderungen innerhalb eines bestimmten Genres. Darüber hinaus besteht eine Schwierigkeit darin, das ganze Spektrum menschlicher Emotionen interaktiv in einem prozess- und regelgeleiteten System so erfahrbar zu machen, dass der Spieler ein Gefühl von Macht und Kontrolle oder, positiver ausgedrückt, Selbstwirksamkeit erhält, dabei lernt Prozesse zu verstehen und Probleme durch unterschiedliche Heuristiken zu lösen. Ein ›guter‹ Game Designer kennt die Spielmotivation und die Kompetenzen seiner Spieler und versucht sie (in der Regel) durch die Vermeidung von Über- oder Unterforderung in einen »Flow«-Zustand zu versetzen.2 Außerdem ist es notwendig, den Spielern ein ausbalanciertes Spielerlebnis und durch das richtige Guiding eine klare Orientierung zu ermöglichen, aber auch z. B. durch Storytelling oder die Konfrontation mit bedeutungsvollen Entscheidungen eine emotionale Verbindung zwischen Spiel und Spielern herzustellen.
2
Vgl. Csíkszentmihályi, Mihaly: Das Flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile im Tun aufgehen, Stuttgart: Klett-Cotta 2000 (*1975).
PLÄDOYER FÜR EIN HOLISTISCHES G AME D ESIGN
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2. S PIELE
KÖNNEN AUS ANALOGEN , LIVE - ACTION ODER DIGITALEN E LEMENTEN BESTEHEN
Auch wenn viele Game Designer sich vornehmlich für die Entwicklung von digitalen Spielen für Konsole, Personal Computer oder mobile Endgeräte interessieren, kann es nützlich sein, sich z. B. auch mit analogen Spielen wie Karten-, Brett-, Würfel- oder Legespielen zu beschäftigen. Ebenso kann man durch die Analyse von hybriden Spielen, also Spielen, die analoge, live-action oder digitale Elemente kombinieren (vgl. DAS MAGISCHE MUSEUM, aber auch Softboard- oder Augmented-Reality-Spiele), viele wichtige Einsichten gewinnen.3 Natürlich bietet auch die virtuelle Realität ein besonderes Potential für Game Designer, beispielsweise, wenn es das Ziel ist, Spieler in einen ›rauschhaften‹ Zustand zu versetzen oder das Gefühl von Agency und Roleplaying im Team zu ermöglichen (vgl. THE CLIMB oder STAR TREK. BRIDGE CREW).4 Leider werden jedoch insbesondere Alternate Reality Games, LiveAction Games (z. B. Live-Action Role Playing oder Escape Room Games) oder Location Based Games von Game Designern häufig noch zu wenig beachtet, auch wenn der Erfolg von POKÉMON GO oder dem VR COASTER gezeigt hat, dass durch die Kombination unterschiedlicher Spielelemente oft sehr innovative oder erfolgreiche Spiele bzw. Erfahrungen entstehen können.5
3. Z UM S PIEL GEHÖREN S PIELZEUG , S PIELE UND DAS G LÜCKSSPIEL Meist konzentrieren sich Game Designer auf analoge oder digitale Spiele und für die Beschäftigung mit Spielzeug und den verschiedensten Formen des Glücksspiels bleibt relativ wenig Zeit. Auch wenn wohl jeder Entwickler Johan Huizingas Unterscheidung von ›Paidia‹ und ›Ludus‹, zwischen dem
3 4
DAS MAGISCHE MUSEUM (Ravensburger 2014, O: Ravensburger). THE CLIMB (Crytek 2016, O: Crytek); STAR TREK. BRIDGE.CREW (Ubisoft 2017, O: Red Storm Entertainment).
5
POKEMON GO (Niantic 2016, O: Niantic); VR COASTER (Mack Rides & Europapark Rust 2015).
228 | MARKUS W IEMKER
freien Spiel z. B. mit einem Spielzeug und dem stärker regelgeleiteten Spiel z. B. beim Brettspiel kennt, werden die Möglichkeiten Elemente aus beiden Bereichen zu kombinieren oft unterschätzt.6 Abbildung 1: Holistic Play Matrix
Quelle: Eigene Abbildung, Escape Room Development 15/06/08
Spielreihen wie THE SIMS belegen aber das große wirtschaftliche Potential und zeigen, dass aus einer ›einfachen‹ Beobachtung von Kindern, die mit einem Puppenhaus spielen oder im Sandkasten etwas aufbauen, sehr innovative Spielprinzipien entstanden sind.7 Auch der Erfolg von Smart Toys oder Toys to Life, wie SKYLANDERS oder LEGO DIMENSIONS, beweist, dass die Kombination aus Spielzeug und Spiel, hier analoge Sammelfiguren, die in
6
Vgl. Huizinga, Johan: Homo Ludens. Versuch einer Bestimmung des Spielelementes der Kultur, Amsterdam: Pantheon Akademische Verlagsanstalt (1938) 1940.
7
THE SIMS (Electronic Arts 2000, O: Maxis).
PLÄDOYER FÜR EIN HOLISTISCHES G AME D ESIGN
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digitalen Spielen zu Spielcharakteren werden, eine sinnvolle Verbindung sein kann.8 Aber auch der Bereich des Glücksspiels bietet große Chancen. Unter anderem Roger Callois, der durch seine Kategorisierung von Spielen in die Bereiche ›Alea‹, ›Agon‹, ›Mimikry‹ und ›Ilinx‹ bekannt wurde, wies auf die besondere Rolle des Zufalls bei Spielen hin.9 Denn der Zufall, Alea, bildet nicht nur die Grundlage für eine eigene Kategorie des Spielens, des Glücksspiels, sondern ist fast immer auch ein Bestandteil der anderen Kategorien des Spiels (z. B. nutzen die meisten Brettspiele sogenannte Randomizer wie Würfel, das Mischen der Karten, ein Glücksrad oder einen Sack mit verborgenen Spielelementen). Trotzdem wird das ›klassische‹ Glücksspiel (wie z. B. Roulette, Poker oder Geldspielautomaten) im Game Design eher selten berücksichtigt. Dies liegt wahrscheinlich darin begründet, dass in den meisten Kulturen Glücksspiel über nur wenig gesellschaftliche Akzeptanz verfügt. Nichtsdestotrotz kann die Untersuchung seiner Elemente relevant sein, um beispielsweise die Bedeutung von Belohnungsmechanismen, Flowerlebnissen oder exzessivem Spielverhalten besser zu verstehen.10 Natürlich bieten auch die Bereiche Agon, Mimikry und Ilinx interessante Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Spielkonzepte. So Agon, der Wettbewerb, beispielsweise für den Bereich des eSports und in eigenen auf Wettbewerb spezialisierten Genres, wie beispielsweise den Multiplayer-Online-Battle-Arena-Spielen (hier könnte es vielleicht gewinnbringend sein, das Potential von Lasertag oder Paintball genauer zu analysieren). Auch die Rolle von Mimikry ist vielseitig, sei es im Theater oder in Genres wie den Table Top, Pen & Paper, digitalen oder Live-Action-Rollenspielen. Besonders spannend sind hier oft Mischformen, z. B. interaktive Theaterproduktionen oder der Einsatz von Schauspielern innerhalb von Escape Rooms (vgl. PUNCHDRUNK, London oder PRISON ESCAPE, Breda).11 Ilinx, der wirbelhafte
8
SKYLANDERS (Activision 2011, O: u. a. Toys For Bob); LEGO DIMENSIONS (Warner Brothers Interactive Entertainment 2015, O: Traveller’s Tale).
9
Callois, Roger: Man, Play and Games, Urbana, Chicago: University of Illinois Press (1958) 2001.
10 Vgl. Schüll, Natasha Dow: Addiction by Design. Machine Gambling in Las Vegas, Princeton: Princeton University Press 2012. 11 PUNCHDRUNK (Punchdrunk International 2015); PRISON BREAK (Real Life Gaming 2017).
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Rausch, hingegen zeigt seine Möglichkeiten häufig bei der Entwicklung neuartiger Fahrgeschäfte in Attraction oder Theme Parks oder bei Virtual-Reality-Spielen wie beispielsweise EAGLE FLIGHT.12
4. G AME D ESIGNER
MÜSSEN DEN
S PIELER
VERSTEHEN Eine der wichtigsten Kompetenzen für einen Game Designer ist in meinen Augen jedoch das Verständnis für unterschiedliche Spielertypen und ihre unterschiedlichen Spielmotivationen. Aufgrund dessen halte ich vor der (weiteren) Entwicklung eines Spieles die Erstellung einer Zielgruppenanalyse, basierend auf einem User-centric Approach -> Play Matrix, für sehr gewinnbringend. Zwar kann man grundsätzlich zwischen Spielern unterscheiden, die eher Kooperation suchen, und Spielern, die stärker durch Wettbewerb motiviert werden, aber es greift in der Regel zu kurz, Spieler auf diese zwei Formen des Spielvergnügens zu reduzieren. Es reicht in der Regel auch nicht aus, die Typologie von Richard Bartle, der schon sehr früh versucht hat, seine Spieler komplexer zu kategorisieren und in Spielertypen wie Killer, Achiever, Socializer und Explorer einzuteilen, auf andere Spielgenres zu übertragen.13 Eher macht es Sinn, bei jeder Spielentwicklung erneut darüber nachzudenken, welcher Spieler welches Spiel u.a. wann, wo, wie und aus welcher Motivation spielt (auch wenn diese Erkenntnisse bei der Entwicklung eines Spieles am Ende nicht zwangsläufig in alle Designentscheidungen einfließen müssen).
12 EAGLE FLIGHT (Ubisoft 2016, O: Ubisoft, Ubisoft Montreal). 13 Vgl. Bartle, Richard: »Hearts, Clubs, Diamonds, Spades: Players Who Suit MUDs«, in: The Journal of Virtual Environments, 1 (1) 1996, http://www.mud. co.uk/richard/hcds.htm
PLÄDOYER FÜR EIN HOLISTISCHES G AME D ESIGN
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5. G AME D ESIGN
BENÖTIGT EINEN INTERDISZIPLINÄREN , THEORETISCHEN UND PRAKTISCHEN A NSATZ
Das Erschaffen guter Spiele benötigt unweigerlich das Wissen um die Grundlagen des Spiels und des Spielens. Denn nur, wenn wir verstehen, was ein bestimmtes Spiel für einen einzelnen Spielertypus attraktiv macht, können wir ›relevante‹ Spiele entwickeln. Das bedeutet für die Entwicklung zum einen zu erkennen, wie Spielprinzipen und -mechaniken, Herausforderungen und Kompetenzen, wie auch Spielziele in einem regelgeleiteten System, innerhalb eines historisch gewachsenen Genres, unabhängig von ihrer Plattform, zusammenhängen; zum anderen aber auch zu verstehen, warum wir welche Spiele mit welcher Motivation oder welchem Vergnügen zu welcher Zeit an welchem Ort spielen. Dabei können uns Erkenntnisse aus der Pädagogik, Kunst und Geschichte oder der Psychologie, Religion, Soziologie und Anthropologie wie auch aus anderen Wissenschaften helfen. Insbesondere das Verständnis dafür, wie und warum sich ein Genre entwickelt hat, welche Ursprünge und Verbindungen es hat, wie es sich verästelt und vermischt hat, kann wichtig sein. Denn nur so kann der Entwickler verstehen, warum ein Genre zu einer bestimmten Zeit erfolgreich oder unpopulär geworden ist, und diese Erkenntnisse nutzen, um z. B. ›vergessene‹ Ideen aus alten Spielen wiederzubeleben oder ›alte‹ Konzepte mit neuer Technologie zu verknüpfen. Darüber hinaus muss es ein grundsätzliches Ziel sein, mit Hilfe einer gemeinsamen Terminologie eine Diskussion über die notwendigen Kriterien eines guten Spieles zu ermöglichen.14 Trotzdem verstehet sich Game Design nicht als (rein) theoretischen Prozess, sondern vielmehr ist es wichtig, in Zusammenarbeit mit allen Entwicklungsbereichen sehr früh eigene Prototypen zu entwerfen, zu testen und zu überarbeiten ‒ also praktisch zu arbeiten (Iterative Design -> Iterative Circle).
14 Vgl. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge/London: MIT Press 2003; Freyermuth, Gundolf: Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2009.
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F AZIT Abschließend möchte ich versuchen zu erklären, warum immer mehr Lebensbereiche von spielerischen Prinzipien und Elementen durchdrungen werden. Ich glaube, wir leben in einer Zeit, die von vielen als regellos, unübersichtlich oder zu komplex empfunden wird, in einer Zeit, in der die großen Systeme nicht mehr existieren, traditionelle Ideologien ihre Bedeutung verloren haben und radikale Ansichten populärer werden. Spieleentwickler reagieren in meinen Augen auf diese ›Verwerfungen‹, indem sie Bedürfnisse der Spieler wie die Sehnsucht nach Regeln, Geborgenheit und Sicherheit befriedigen, Selbstwirksamkeit, Macht und Kontrolle ermöglichen, Wege zur individuellen Sinngebung aufzeigen und das spielerische Ausprobieren von Grenzen und Optionen ermutigen. Aber welche Konsequenz hat diese gesellschaftliche Entwicklung für die ›Erschaffer‹ von Spielen? In meinen Augen sollten Spieleentwickler versuchen (noch) besser zu verstehen, warum ihre Spiele eine wichtige kulturelle und gesellschaftliche Dimension haben und welche Designentscheidungen ihnen bei der Vermittlung von Themen (Normen und Werten) helfen können – als Möglichkeit sei hier zum Beispiel der Einsatz von Entscheidungsdilemmata in MASS EFFECT 3 (›Ashley-Kaiden-Problem‹) oder auch das Fehlen von Optionen wie in der ›No-Russian-Mission‹ in CALL OF DUTY. MODERN WARFARE 2 genannt.15 Ich glaube, wenn Game Designer sich in Zukunft dieser Rolle stärker bewusstwerden, werden sie auch mehr und mehr als Künstler oder relevante Marktteilnehmer in der Gesellschaft akzeptiert werden.
L ITERATUR Bartle, Richard: »Hearts, Clubs, Diamonds, Spades: Players Who Suit MUDs«, in: The Journal of Virtual Environments, 1 (1) 1996, http://ww w.mud.co.uk/richard/hcds.htm Brathwaite, Brenda/Schreiber, Ian: Challenges for Game Designer, Boston: Course Technology 2009.
15 MASS EFFECT (Electronic Arts 2012, O: Bioware); CALL OF DUTY. MODERN WARFARE 2 (Activision 2009, O: Infinity Ward).
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Callois, Roger: Man, Play and Games, Urbana, Chicago: University of Illinois Press (1958) 2001. Csíkszentmihályi, Mihaly: Das Flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile im Tun aufgehen, Stuttgart: Klett-Cotta (1975) 2000. Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2009. Fullerton, Tracy/Swain, Christopher/Hoffman, Steven: Game Design Workshop. Designing, Prototyping, and Playtesting Games, San Francisco: CMP Books 2004. Gee, James Paul: Don't Bother Me Mom -- I'm Learning!, St. Paul: Paragon House 2006. Gee, James Paul: What Video Games Have to Teach Us about Learning and Literacy, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2004. Huizinga, Johan: Homo Ludens. Versuch einer Bestimmung des Spielelementes der Kultur, Amsterdam: Pantheon Akademische Verlagsanstalt (1938) 1940. Jenkins, Henry/Cassell, Justine (Hg.): From Barbie to Mortal Kombat: Gender and Computer Games, Cambridge/London: MIT Press 1998. Jenkins, Henry: »Game Design as Narrative Architecture«, in: Noah Wardrip-Fruin/Pat Harrigan (Hg.), First Person. New Media as Story, Performance, and Game, Cambridge, London: The MIT Press 2004, S. 118-130. Prensky, Mark: Digital Game-Based Learning, St. Paul: Paragon House 2007. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge, London: MIT Press 2003. Salen, Katie/Zimmerman, Eric (Hg.): Game Design Reader: A Rules of Play Anthology, Cambridge, London: MIT Press 2006. Schell, Jesse: Die Kunst des Game Designs: Bessere Games konzipieren und entwickeln, Frechen: mitp Professional 2012. Schüll, Natasha Dow: Addiction by Design. Machine Gambling in Las Vegas, Princeton: Princeton University Press 2012. Skaff Elias, George/Garfield, Richard/Gutschera, Robert: Characteristics of Games, Cambridge/London: MIT Press 2012. Sutton-Smith, Brian: Toys as Culture, London: Psychology Press 1986. Wiemker, Markus/Elumier, Errol/Clare, Adam: »Escape Room Games. Can you transform an unpleasant situation into a pleasant one?«, in: Johannes
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Haag/Josef Weißenböck (Hg.), Game Based Learning – Dialogorientierung & spielerisches Lernen digital und analog. Beiträge zum 4. Tag der Lehre an der FH St. Pölten 15.10.2015, St. Pölten: FH St. Pölten 2015, S. 55-68. Wiemker, Markus/Wimmer, Jeffrey: »Computerspielkulturen«, in: Vera Cuntz-Leng (Hg.), Creative Crowds: Perspektiven der Fanforschung im deutschsprachigen Raum, Darmstadt: Büchner Verlag 2014, S. 113-132.
S PIELE DAS MAGISCHE MUSEUM (Ravensburger 2014, O: Ravensburger) EAGLE FLIGHT (Ubisoft 2016, O: Ubisoft, Ubisoft Montreal) LEGO DIMENSIONS (Warner Brothers Interactive Entertainment 2015, O: Traveller’s Tale) Mass Effect 3 (Electronic Arts 2012, O: Bioware) CALL OF DUTY. MODERN WARFARE 2 (Activision 2009, O: Infinity Ward) POKEMON GO (Niantic 2016, O: Niantic) PRISON BREAK (Real Life Gaming 2017) PUNCHDRUNK (Punchdrunk International 2015) SKYLANDERS (Activision 2011, O: u. a. Toys For Bob) STAR TREK BRIDGE CREW (Ubisoft 2017, O: Red Storm Entertainment) THE CLIMB (Crytek 2016, O: Crytek) THE SIMS (Electronic Arts 2000, O: Maxis) VR COASTER (Mack Rides & Europapark Rust 2015)
3 Game Arts
»The Creative Process« Vom Prozesshaften der Gestaltung B JÖRN B ARTHOLDY
Im Kontext der Spezialisierung ›Game Arts‹ am Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln führe ich ab dem dritten Studiensemester des Bachelor-Studiengangs ›Digital Games‹ das Projekt ›The Creative Process‹ durch. Hierbei sollen die Studierenden systematisch die Annährung an praxisnahe Gestaltungsfragen lernen und jenseits kreativer Geistesblitze strukturelle Vorgehensweisen und Prozesse im Design verinnerlichen. Das mehrwöchige Projekt simuliert exemplarisch Anforderungen im Gestaltungsprozess digitaler Spiele. Das Aufgabenspektrum reicht hierbei von Character Design1 über Environmental Design2 bis zur Gestaltung von Objekten wie Fahrzeugen, Maschinen oder Architektur. Ziel der sechs- bis achtwöchigen Arbeit ist neben der dezidierten Auseinandersetzung mit dem Gestaltungsprozess die technisch hochqualitative Umsetzung eines visuellen Konzeptes. Möglicherweise kämpft das Themenfeld der digitalen Spiele im Kontext der Hochschule auf besondere Weise mit den vorgefertigten Mustern in den Köpfen der Studierenden. Sie alle sind Experten auf ihrem Gebiet und kennen sich mit den visuellen Chiffren ihrer geliebten Spiele bestens aus. Sie treten bereitwillig an, diese immer und immer wieder zu repetieren, ohne jemals etwas Neues zu erschaffen. So gesehen ist ein wesentlicher Teil der
1
Die Gestaltung tierischer oder menschlicher Figuren.
2
Die Gestaltung von Hintergründen und Szenerien.
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Aufgabe der Lehrenden, den Studierenden zu helfen, diesen Ballast abzuwerfen und den Kopf frei zu machen für Dinge, die sie selber originär erzeugen. Bereits im Zuge der Bewerbungsphase wird man überhäuft mit spitzohrigen Elfenwesen, martialischen Schwertkämpfern und geharnischten SuperMarines. Die hierin gefangene ästhetische Ödnis wird von den Bewerbern nicht wahrgenommen. Selbige Schemen gilt es, den wenigen angenommenen Aspiranten ›auszutreiben‹ und ›peu à peu‹ mit neuen Einflüssen zu füllen. Das Bewusstsein, dass die mannigfaltigen Bezugsquellen in jedem Kreationsprozess gefüllt sind mit Referenzen und Inspirationen aus der bildenden Kunst, dem Film, der Architektur, dem Theater, der angewandten Gestaltung und vielen anderen Bereichen des künstlerischen und gestalterischen Schaffens, dass nichts wirklich grundsätzlich NEU entworfen wird, muss den Studierenden nähergebracht werden. Sie müssen lernen, Referenzen zu finden und auch in ihrer eigenen Arbeit die vielschichtigen Einflüsse, die bewusst oder unbewusst Eingang in das persönliche Schaffen finden, zu erkennen. Hier zeigt sich häufig eine eingeschränkte Bildung im Zusammenhang mit den oben erwähnten Einflussgrößen. Oft wissen die Studierenden ›alles‹ über digitale Spiele (oder wenigstens ein spezifisches Segment), ihre Kenntnisse in anderen kreativen Feldern sind allerding häufig sehr eingeschränkt. Natürlich kann eine künstlerisch-gestalterische universitäre Ausbildung nicht den kompletten relevanten Themenkomplex nachhalten und bestehende Lücken auffüllen. Im Vorteil sind die Studierenden, die bereits ein Architektur- oder Design-Studium begonnen oder abgeschlossen haben und zu Gunsten der digitalen Spiele umgeschwenkt sind. Hier findet man oft Kenntnisse, die den besagten ›Blick über den Tellerrand‹ ermöglichen und junge Menschen, die in der Lage sind, Dinge in Bezug zu setzen und neue Kontexte herzustellen. Jenseits dieser Vorkenntnisse bleibt nur das permanente Aufzeigen von interessanten Quellen, der gemeinsame Besuch von Ausstellungen, das Veranstalten von Filmvorführungen oder die Durchführung von Gastvorträgen, deren inhaltlicher Blickwinkel das sichere Terrain der Computerspiele verlässt – um nur einige Beispiele zu nennen. Besonders im Kontext der Projektarbeit und den damit verbundenen Vorübungen ist es daher notwendig, einen kreativen Prozess zu initiieren, der möglichst weit ausholt und so zu verhindern hilft, dass ewig gleiche Lösungen und Gestaltungskonzepte entstehen, die lediglich eine Melange bereits existierender Spiele darstellen und sich fern jeglicher Innovation bewegen.
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Der Startpunkt jeder kreativeren Arbeit ist die Reflexion der gestellten Aufgabe. In diesem Zusammenhang findet eine Analyse des Themenfeldes statt, verbunden mit einer tiefgehenden Recherche im Kontext des zu bearbeitenden Komplexes. Hier ist es wichtig, entsprechend weit auszuholen und die Untersuchung auf verwandte Bereiche wie den Film, die Bildende Kunst, die Architektur, die angewandte Gestaltung, die Fotografie oder auch das Theater auszudehnen. So findet eine Sammlung (audio-)visueller und textueller Referenzen statt, die im besten Falle mittels einer non-linearen Umgebung (z.B. einem frei editierbaren Blog-System) abgebildet werden und so permanent um neue Inspirationsquellen erweitert werden können, denn die Recherche und Sammlung weiterer Ressourcen hört im Rahmen eines Entwicklungsprozesses nicht auf. Diese Phase des kreativen Prozesses reflektiert Aspekte des systemtheoretischen Ansatzes nach Ludwig von Bertalanffy.3 Die Aufgabe wird als Teilaspekt eines ganzen Systems verstanden, während die Ergebnisse einer breit gefächerten Recherche und Analyse ein in Bezug stehendes Feld relevanter Artefakte erzeugen. Diese Quellensammlung hilft, den Gestaltungsprozess in Gang zu bringen und dient in gleichem Maße als Referenz, wie auch als Impuls für die individuellen Gestaltungs-Ansätze. Natürlich werden die meisten Studierenden bereits mit der Aufgabenstellung erste Ideen entwickeln und diese auch in unterschiedlichster Form festhalten; der Rechercheprozess dient in diesem Zusammenhang allerdings auch als Korrektiv und hilft die spontanen Einfälle kritisch zu hinterfragen und mit bereits bestehenden, vergleichbaren Lösungen abzugleichen. Nun gilt es im Folgenden, die eigenen Gedanken mit der Recherche zu verzahnen. Wichtig ist an dieser Stelle die Erkenntnis, dass die spontane Idee nur ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zur Design-Konzeption darstellen kann. Oft fällt es den Studierenden schwer, sich über ihren ersten Ansatz (der häufig als genial empfunden wird) hinaus zu entwickeln und in der Iteration weiterer konzeptioneller und bildnerischer Ansätze zu wachsen. »The first draft of anything is shit«4, teilte Ernest Hemingway dem jungen Autor Arnold Samuelson mit, als dieser ihm sein Manuskript für »With Hemingway: A Year in Key West and Cuba« vorlegte. Eine Aussage, die ebenso hemdsärmelig
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Bertalanffy, Ludwig von: General System Theory: Foundations, Development, Applications, New York City: George Braziller Inc 1969.
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Samuelson, Arnold: With Hemingway: A Year in Key West and Cuba, New York City: Random House Incorporated 1984, S. 11.
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wie inspirierend ist. Übersetzt heißt das: Gib dich nicht mit deinem ersten Entwurf zufrieden. Abbildung 1: Matan Gantz, Creative Process Wintersemester 16/17
Quelle: Matan Gantz, CGL5
Nur wenn du hart an einem Konzept (weiter) -entwickelst, kann ein wirklich gutes Ergebnis dabei entstehen. Nun mag man Picasso vor Augen haben, der mit wenigen Strichen ein Meisterwerk auf die Leinwand werfen konnte. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass mehr als 7 000 Zeichnungen während seines Schaffens entstanden sind (das Gesamtwerk umfasst etwa 50 000 Realisate!) – auch Ausnahmetalente müssen üben und sich entwickeln. Umso wichtiger ist es, den Studierenden dieses hartnäckige Erarbeiten von nachhaltigen Ergebnissen zu vermitteln. Aber gehen wir nochmal einen Schritt zurück. Die erste Recherche ist durchgeführt und die Studierenden haben sich ein Bild bezüglich der jeweiligen Fragestellung erarbeitet. Ohne bereits zu diesem Zeitpunkt umgesetzte Vorskizzen und Doodles ausschließen zu wollen, empfiehlt sich nun eine primär textuelle Annährung. Hier eignen sich unterschiedlichste Ansätze. Das
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Ich danke den Studierenden des Cologne Game Lab für die in diesem Artikel verwendeten Abbildungen!
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wohl bekannteste Verfahren findet unter der Bezeichnung ›Mindmap‹6 weltweiten Einsatz, wenn es darum geht, Themenkomplexe assoziativ zu ergründen. Auch Begriffslisten, ›Spider Diagrams‹ oder Wände voller ›Post-its‹ sind hilfreiche Unterstützer in dieser Frühphase des Projekts. Abbildung 2: Sarah Lisa Ulzhöfer, Creative Process Sommersemester 17
Quelle: Sarah Lisa Ulzhöfer, CGL
Im Kontext einer ersten Präsentation, in der Regel etwa eine Woche nach der Bekanntgabe der Projekt-Inhalte, zeigen die Studierenden ihre Rechercheergebnisse und flankieren diese durch textuelle Aufarbeitung, die Ergebnisse einer Bild-Recherche, erste Farbkonzepte, ›Mood Boards‹7 und frühe Skizzen. Die Diskussion der Ergebnisse und erster Ideen ist Teil des kreativen Prozesses und hilft Rechercheergebnisse zu verifizieren und zu ergänzen. Viele der ersten Ansätze werden durch die Gruppe gemeinsam weiterentwickelt und durch kritisches Hinterfragen auf ihre inhaltlich-gestalterische Qualität und Machbarkeit hin reflektiert. Immer wieder müssen die Lehrenden an dieser Stelle ›bremsen‹, denn nicht selten endet diese erste Präsentation bereits mit einem definitiven Ausblick auf die im Projekt anvisierten Ergebnisse. Es fällt den Studierenden
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Das Mindmap-Verfahren beschreibt eine von Tony Buzan geprägte assoziative Technik der textuellen und bildhaften Visualisierung/Kategorisierung spezifischer Themengebiete.
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Eine Sammlung visueller Artefakte, welche in Bezug zueinander gebracht eine spezifische Gestaltungsrichtung beschreiben.
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schwer, sich weiterhin in Offenheit zu üben. Das mag daran liegen, dass vor allem beim Einsatz digitaler Gestaltungswerkzeuge frühzeitig scheinbar ›fertige‹ Ergebnisse vorliegen, oder schlicht der selbstgemachte Druck, ein hochgestecktes Ziel innerhalb eines kurzen Zeitraumes zu erreichen, zu schnellen Entscheidungen führt. Hier muss die oder der Lehrende entschleunigen! Am besten indem während der Frühphase des Entwurfsprozesses primär auf rein analoge Entwurfs- und Darstellungsformen zurückgegriffen wird und in der an die Studierenden ausgegebene Projektbeschreibung eine feste Zahl unterschiedlicher Gestaltungsansätze bis zur ›Intermediate Presentation‹ gefordert wird. Auch ist es von Vorteil, wenn in dieser Phase bewusst verschiedene visuelle Stile erprobt werden und nicht zu früh eine Festlegung geschieht. In der nächsten Phase des Projektes gilt es nun, die bestehenden Ansätze so weit zu erproben, dass bis zur Zwischenpräsentation eine der gestalterischen Linien so weit ausformuliert werden kann, dass im Anschluss die Finalisierung im Vordergrund stehen kann. Im Kontext aller Präsentationen wird auf die Darstellung und Kommunikation der kreativen Entscheidungspunkte großer Wert gelegt. Hier steht neben der Fähigkeit zur visuellen Aufbereitung aller Elemente auch das Vermögen einer reflektierten und argumentativ nachvollziehbaren verbalen Umsetzung im Fokus. Es soll in diesem Zusammenhang vermittelt werden, dass in der Gestaltung Dinge nicht einfach geschehen, sondern das Resultat iterativer Annährung und konzeptioneller Argumentation sind. Das Bewusstsein der Studierenden soll dafür geschärft werden, dass die eigene Position in der Zusammenarbeit mit Game Designern und Programmierern durch eine nachvollziehbare und inhaltlich fundierte Vorgehensweise gestärkt wird. Gestalter werden eben nicht (immer) von der Muse geküsst, die Ergebnisse ihrer Arbeit sind das Resultat einer hochkonzentrierten und dem Ziel des jeweiligen Projektes gegenüber verantwortlichen und systematischen Vorgehensweise. Im Rahmen der Zwischenpräsentation findet eine erneute Diskussion der präsentierten Ergebnisse mit dem Lehrenden und den Kommilitonen statt. Das Feedback hilft den Studierenden, sich mit Blick auf die Finalisierung des Projektes nochmals zu justieren und dem individuellen Ansatz eventuell neue Aspekte hinzuzufügen. Es kommt immer wieder vor, dass ein eingeschlagener Weg auch an dieser Stelle noch verlassen wird und zugunsten eines vollkommen neuen Entwurfs von vorne begonnen wird. Es ist wichtig, kreative Sackgassen zu erkennen und gegebenenfalls auch einen radikalen Schnitt zu vollziehen.
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Nun beginnt die finale Phase des Projekts, in welcher die Studierenden all ihre Energie auf die Realisation einer qualitativ hochwertigen konzeptionellen Darstellung ihres gestalterischen Ansatzes richten. Bereits in der ersten Hälfte des Projektes ist eine Unterrichtseinheit mit einer in der Spieleindustrie ›gestählten‹ Konzept-Designerin Bestandteil der Instruktion. Abbildung 3: Jana Zimmer, Creative Process Sommersemester 17
Quelle: Jana Zimmer, CGL
Hier geht es um die Vermittlung praktischer Kenntnisse in der Umsetzung visueller Darstellung mit analogen und digitalen Werkzeugen. Während im ersten Teil die schnelle Iteration im Vordergrund steht, konzentriert sich die zweite Instruktion auf Aspekte hochwertiger finaler Umsetzung und Präsentation von ›Concept Art‹. In der finalen Präsentation des Projektes wird in einem kompakten Pitch der gesamte kreative Prozess sowie das finale Ergebnis zusammengefasst. Auch hier ist es nochmals wichtig, den gesamten Verlauf des Projektes in fünf Minuten komprimiert darzustellen, um das Resultat gewissermaßen zu ›verkaufen‹. Hier paart sich die Fähigkeit einer reflektierten Gestaltungsarbeit mit dem Bewusstsein, in einem kompetitiven Umfeld zu agieren,
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welches neben künstlerisch-gestalterischer Qualität auch überzeugende Argumentationsketten und klare USPs benötigt. Abbildung 4: Johannes Frederik Rudolf Weber, Creative Process Sommersemester 17
Quelle: Johannes Frederik Rudolf Weber, CGL
Nachdem das Projekt ›The Creative Process‹ bereits einige Male – mit immer wieder neuen Gestaltungsaufgaben – durchgeführt wurde, kann man nicht zuletzt aus den Ergebnissen der Evaluation konstatieren, dass neben der schlichten Beliebtheit bei den Studierenden auch eine positive Lernkurve zu bemerken ist. Die hier angeeigneten Instrumente der Kreativarbeit werden auch in den Gruppenprojekten am Institut eingesetzt und von den Studierenden in eine individuelle Nutzung überführt. Auch wenn einzelne Studierende an den Aufgaben und oft an den eigenen hochgesteckten Zielen scheitern, gelingt es durch ein systematisches Vorgehen im gestalterischen Entwicklungsprozess zumindest strukturell zu unterstützen. Kreativität ist nicht erlernbar und die vielen Techniken, die kreative Höhenflüge versprechen, lassen sich bezüglich ihrer Effektivität nicht wirklich verifizieren. Sicher ist aber, dass starker Druck und die damit einhergehende schlechte Laune nicht
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förderlich für Kreativarbeiter ist.8 Prozesshafte Ansätze helfen, diese Ängste durch geregelte Rahmenbedingungen zu überwinden und geben im individuellen Vorgehen Sicherheit und eine positive Grundeinstellung. Auch bleibt den Studierenden nicht verborgen, dass Kreativität immer mit viel Fleiß sowie inhaltlicher und fachlicher Expertise verbunden ist. Geforderte Variantenvielfalt im Projektbriefing hilft hier, ein ›sich zu schnell zufrieden zu geben‹ zu überwinden und macht Offenheit und Neugier zum Prinzip des Gestaltungs-Alltags. Auch wird allen Beteiligten klar, dass es schwer ist, immer auf höchstem Niveau zu agieren, denn für gute Ideen braucht es auch eine gehörige Prise Zufall! Und dieser lässt sich bekanntlich nicht steuern...
L ITERATUR Bertalanffy, Ludwig von: General System Theory: Foundations, Development, Applications, New York City: George Braziller Inc 1969. Hirt, Edward R./Devers, Erin E./McCrea, Sean M.: »I want to be creative: exploring the role of hedonic contingency theory in the positive moodcognitive flexibility link«, in: Journal of Personality and Social Psychology 94.2 (2008), S. 214-230. Samuelson, Arnold: With Hemingway: A Year in Key West and Cuba, New York City: Random House Incorporated 1984.
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Hirt, Edward R./Devers, Erin E./McCrea, Sean M.: »I want to be creative: exploring the role of hedonic contingency theory in the positive mood-cognitive flexibility link«, in: Journal of Personality and Social Psychology 94.2 (2008), S. 214-230.
Kunst erleben »3D Animation and CG Art for Games« vielfältig inspiriert N ANETTE K AULIG
E INLEITUNG »3D Animation and CG Art for Games« am Cologne Game Lab ist ein äußerst umfangreiches Fachgebiet, das gut ein halbes Dutzend künstlerische Berufsrichtungen der Games-Branche abzudecken sucht. Von den Studierenden werden Berufe wie Concept Artist, Character Artist, Environment Artist, UI Artist, Animator bis hin zum TD angestrebt, wobei selbst diese aufgelisteten Berufsgruppen in der Realität eines großen Studios oft noch weitere Spezialisierungen erfahren. Gerade deshalb freue ich mich, dass sowohl mein traditioneller als auch mein digitaler Hintergrund in meiner Lehre Anwendung finden können. Zum einen habe ich als Graduierte des Ballyfermot College, Dublin, Irland, eine eher klassische künstlerische Ausbildung erhalten, die speziell die Zeichentrickfilm-Produktion beinhaltete. Zum anderen habe ich über 14 Jahre als 3D-Animator in England und Deutschland in der Spieleentwicklung gearbeitet. Mittels dieser sehr unterschiedlichen Erfahrungen versuche ich, meine Studierenden auf verschiedenste Weise zu inspirieren, sei es traditionell, digital oder ganz konkret und pragmatisch in beruflicher Hinsicht. Im Folgenden möchte ich zunächst kurz das Cologne Game Lab, seine Studierenden und den Aufbau des Studienganges »BA Digital Games« im Lichte der Game-Art-Spezialisierung vorstellen, bevor ich zum Grundkonzept der Lehre und zur Vielfalt der Methoden komme, die allesamt ermög-
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lichen sollen, dass Kunst von den Studierenden als etwas Lebendiges und Inspirierendes erfahren wird.
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Die Studierenden Das Cologne Game Lab hat sich Internationalität zum Ziel gesetzt, so dass entsprechend ausschließlich in Englisch gelehrt wird. Unsere Studierenden kommen also nicht nur aus Deutschland, sondern zu ungefähr einem Drittel aus den verschiedensten Ländern dieser Erde. Entsprechend sind sie in den unterschiedlichsten kulturellen Umgebungen aufgewachsen, haben mannigfaltige Bildungssysteme durchlaufen und daher auch ganz unterschiedliche Eindrücke gewonnen und Sichtweisen entwickelt. Ich glaube, dass gerade dieser Umstand ein Ambiente kreativer Vielfalt entstehen lässt und dies gleichzeitig wiederum eine besonders gute Vorbereitung auf das Arbeitsleben in der internationalen Spieleindustrie darstellt. Darüber hinaus fördert und übt die konsequente Anwendung der englischen Sprache auch die Kenntnisse der in der Branche üblichen Fachsprache. Schließlich muss man auch in einem deutschen Studio darauf vorbereitet sein, mit seinen häufig internationalen Kollegen auf Englisch sprechen zu können. Abbildungen 1-3: Selfinitiated Project »Peru«
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Quellen: Neysha Castritius, Studentin, Cologne Game Lab
Der Aufbau des Studiengangs »BA Digital Games« Der Studiengang BA Digital Games unterscheidet zwei grundsätzliche Phasen: das Studium generale sowie die Spezialisierung in Richtung Game Design, Programming oder Art. Studium generale und die Kunst Die erste Phase umfasst ein einjähriges Studium generale, in welchem alle Studierenden mit ihren unterschiedlichsten Interessen und Fähigkeiten gemeinsam unterrichtet werden.
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Einerseits ist der vielfältige Hintergrund von sowohl kunst-, design- als auch informatikinteressierten Studierenden eine große Herausforderung, andererseits aber auch eine fantastische Gelegenheit, ihnen frühzeitig eine Idee davon zu vermitteln, wie die Arbeit der jeweils anderen Berufsgruppen aussieht, wie schwer und wie zeitintensiv diese sein kann. Einführungen in verschiedene künstlerische Bereiche helfen nicht nur dem gegenseitigen Verständnis, sondern erleichtern auch die Zusammenarbeit sowohl während des Studiums in den kollaborativen Spielprojekten als auch später in der Arbeitswelt der Game-Studios. Nun mögen einfache Einführungen für die Studierenden mit künstlerischen Vorkenntnissen nicht immer eine Herausforderung darstellen, aber ich denke dennoch, dass es von großem Vorteil ist, wenn alle Studierenden auf ein ähnliches Niveau gebracht werden. Eine derartige Basis fördert die Arbeit in Teams sowohl auf praktischer als auch auf kommunikativer Ebene, aber vor allem hilft diese auch bei der Entscheidungsfindung, welche Spezialisierung ein Student oder eine Studentin letztendlich wirklich verfolgen möchte. Spezialisierung Game Art Ab dem dritten Semester folgt nach persönlicher Interessenlage die Spezialisierung in Richtung Game Design, Programming oder Art. Ab diesem Zeitpunkt beginnen die speziellen Kunstklassen und damit auch die entsprechenden künstlerischen Herausforderungen, immer mit den Anforderungen der Industrie im Blick. Dabei werde ich von Gastdozenten unterstützt. So haben in der Vergangenheit Fachkräfte aus der Industrie Vorträge über ihre Projekte und den damit verbundenen Herausforderungen gehalten oder aber praktische Workshops außerhalb meiner Expertise gegeben, wie z.B. Environment Art, Concept Art, Character Modeling oder Rigging. Praktikum, Auslandssemester, Selbstständiges Projekt Im 5. Semester wählen die Studierenden ein Wahlpflicht-Modul: ein Praktikum, ein Auslandssemester oder aber ein selbstinitiiertes Projekt. Gerne ermutige ich die Studierenden, für ein Semester ins Ausland zu gehen und dort einmal an einer ganz anderen Universität deren künstlerische Herangehensweisen zu erlernen und kulturelle Unterschiede zu erleben.
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Im ersten Austauschsemester besuchten elf Studierende (von rund 40) Partneruniversitäten in Australien, Großbritannien, in der Schweiz, der Türkei und Südkorea. Inklusion Darüber hinaus möchte ich aber auch die Studierenden anderer Spezialisierungen weiterhin inkludieren und biete z.B. zusätzlich eine abendliche Aktzeichenklasse an, welcher sich alle Studenten anschließen können, unabhängig von Spezialisierung und Semesterzugehörigkeit. Dies geschieht in Kollaboration mit der ebenfalls in unserem Haus befindlichen ifs - internationale filmschule köln. »Kunst erleben« am Beispiel zweier Fächer Im Verlaufe des Studiums werden auf Game Art spezialisierten Studierenden verschiedenste Fächer begegnen, wie zum Beispiel Creative Process, in dem es um die Entwicklung von konzeptionellem und praktischem Design geht, Aktzeichnen, Modellieren oder auch Animation. Besonders eingehen möchte ich hier auf meine beiden Hauptfächer. Das ist zum einen Aktzeichnen. Diese Fähigkeit ist für jeden Künstler als Grundlage dienlich und wichtig, egal welche künstlerische Spezialisierung später individuell verfolgt wird. Da ich vornehmlich als Animator in der Games-Industrie tätig war, lehre ich zudem Animation, von Zeichentrick über digitale 2D-Animation bis hin zum Schwerpunkt 3D-Animation. Das Grundkonzept Aus der Natur der Sache heraus ist der Kunstunterricht sehr praxisorientiert gestaltet und dasselbe gilt auch für die Hausaufgaben, welche die Studierenden erhalten. Grundkonzepte für die beiden Fächer, die hier im Fokus stehen, sind die folgenden:
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Aktzeichnen In diesen Klassen zeichnen die auf Game Art spezialisierten Studierenden zunächst einmal ganz klassisch ein männliches oder weibliches Aktmodell. Das dritte Semester beginnt mit der Anatomie des menschlichen Körpers, im Wesentlichen fokussiert auf die einzelnen Körperteile. Darüber hinaus lernen die Studierenden, wie man sich einer Zeichnung annähert, wie man Proportionen berücksichtigt, wie man schattiert. Im vierten Semester ermutige ich die Studierenden, ihrer Arbeit einen weiteren Anstoß zu geben, ihre Fähigkeiten über das Grundsätzliche hinaus weiter zu entwickeln. Es geht nun nicht mehr so sehr darum, ein möglichst exaktes Abbild zu erstellen, sondern, Lebendigkeit und Atmosphäre zu kreieren und um die Fähigkeit, mit einem Bild eine Geschichte erzählen zu können. Abbildungen 4-6: Life Drawing
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Quellen: Josephine Maier, Neysha Castritius, Maja Weber, Studierende, Cologne Game Lab
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Das sechste Semester ist dann hauptsächlich von der Vertiefung des Gelernten geprägt und fördert das Experimentieren mit neuen Materialien und Arbeitsweisen. Während all dieser Zeit sind die Studierenden angehalten, ein Skizzenbuch zu führen, mit dessen Hilfe sie das im Unterricht Erlernte weiterhin üben, z.B. indem sie Personen ihrer täglichen Umgebung zeichnen, sei es im Café oder an einer Haltestelle. 3D-Animation Dieser Fachunterricht findet in unserem Computerraum statt, um jedem Studierenden dieselben Voraussetzungen wie einen leistungsstarken PC und aktuelle Software zu ermöglichen. Im dritten Semester erlernen die Studierenden, wie man einen menschlichen Charakter keyframe, d.h. von Hand, animiert (im Gegensatz zum Motion Capture der Bewegung eines Schauspielers), angefangen mit einfachen In-Game-Animationen wie »Idle«, »Jump« oder »Walk Cycle« bis hin zu etwas komplexeren Animationen, die die Interaktion mit Objekten oder anderen Charakteren involvieren. Der Fokus des vierten Semesters liegt dann auf der kinematographischen Seite von Animation. Zunächst beschäftigen sich die Studierenden genauer mit der Animation des Gesichtes, mit Gesichtsausdrücken, mit dem Bewegungsverhalten der Augenlider und des Augapfels. Danach animieren sie Körper- und Gesichtsbewegungen zu Audioaufnahmen (dem sogenannten Lip-Sync). Schließlich fügen sie in einem weiteren Projekt Kameraarbeit hinzu und erstellen so einen kleinen Cinematic. Im sechsten Semester können sich die Studierenden abschließend noch einmal an der Animation eines Vierbeiners am Beispiel eines Hundes versuchen. Zwar ist es in unserem Programm nicht möglich, sich ausschließlich auf die Animation zu konzentrieren und zu spezialisieren, wie es an Animationsschulen der Fall ist. Unsere Studierenden erhalten jedoch ein umfangreiches und fundiertes Wissen, das es ihnen ermöglicht, sich selbst zu helfen, wann immer sie eine Animation benötigen bzw. sich in dieser Richtung bei entsprechendem Interesse weiter zu entwickeln.
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Die Vielfalt der Methoden Um über diese Grundstruktur meiner Fächer hinaus den Unterricht interessant und inspirierend zu halten, versuche ich mich so vieler Methoden wie möglich zu bedienen. Aufeinander basierende Aufgaben und Meilensteine Die Aufgaben meines Unterrichtes und der damit verbundenen Hausaufgaben werden über ein Semester hinweg Schritt für Schritt umfangreicher sowohl in Herausforderung als auch in Komplexität. Die 3D-Animation-Einführung im Studium generale zum Beispiel beginnt damit, dass die Studenten einen einfachen springenden Ball animieren müssen. Dies ist eine erste Möglichkeit, den Aufbau sowohl einer 3D-Software, in diesem Fall Autodesk Maya, als auch eines einfachen, animierbaren Charakters kennenzulernen. Im nächsten Schritt wird dann eine simple Umgebung von Wänden hinzugefügt, von denen der Ball abprallen und in verschiedene Richtungen, auf verschiedene Weisen springen kann. Als nächste Steigerung wird ein Ball mit einer Art Fuchsschwanz eingeführt, welcher wiederum die Möglichkeit eröffnet, der Animation einfaches Schauspiel hinzuzufügen. So kann dieser Fuchsschwanz z.B. als eine Art Arm fungieren und mittels entsprechender Posen, menschliche Gesten und Emotionen ausdrücken. Erst nach der Erlangung dieses einfachen Grundlagenwissens im zweiten Semester lasse ich die Studenten im dritten Semester einen menschlichen Charakter animieren. Alles in allem versuche ich, mit jeder Aufgabe eine neue Fähigkeit einzuführen und mit jeder neuen Fähigkeit den Horizont der Studenten schrittweise zu erweitern. Der Blick aus einem anderen Winkel Zudem möchte ich verschiedene Impulse und Inspirationen theoretischer, praktischer und räumlicher Art geben. Hierzu ein paar Beispiele: In puncto Aktzeichnen z. B. stelle ich in jeder Unterrichtseinheit gerne unterschiedliche Künstler vor, deren Arbeit in irgendeiner Weise gerade thematisch relevant ist. Das heißt, wenn sich der Unterricht um das Zeichnen eines Kopfes dreht, stelle ich gerne einen Portrait-Künstler wie z.B. Anders Zorn vor. Geht es darum, Tiere zu zeichnen, dann schauen wir uns die Arbeit eines Künstlers an, der sich mit der Darstellung von Tieren befasst hat wie
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Rembrandt Bugatti. Wir besuchen aber auch Kunstmuseen wie das WallrafRichartz Museum. Abbildung 7: Besuch Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Quelle: BA Studierende, Cologne Game Lab, Wallraf-Richartz-Museum
Was mich zu einem anderen Thema führt: Ausflüge. Um nicht nur theoretisch andere Blickwinkel einfließen zu lassen, sondern auch praktisch, verlasse ich gerne auch mal das Gebäude mit den Studierenden und gehe mit ihnen z. B. in den Zoo, um Tiere zu zeichnen, oder in einen Botanischen Garten, um Natur- oder auch perspektivisches Zeichnen zu üben. In Bezug auf Animation kann sowohl das genannte Aktzeichnen, aber auch z. B. physisches Theater der Inspiration dienen und helfen, lebendige, interessante und ausdrucksstarke Posen zu erstellen.
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Darum habe ich in der Vergangenheit spezielle Schauspiel-Workshops angeboten, um Studenten dazu anzuregen, sich über Balance, Gewicht und Lesbarkeit einer Pose bewusster zu werden. Abbildung 8: Acting Workshop
Quelle: BA Studierende, Cologne Game Lab
Zurück zu den Wurzeln Ich bin davon überzeugt, dass auch ein Blick auf traditionelle Methoden und Hilfsmittel sinnvoll ist. Dies hilft, Arbeitsabläufe sowie etwaige Fachausdrücke besser zu verstehen. Um die Studierenden an die Grundlagen der Animation heranzuführen, arbeite ich beispielsweise im ersten Semester mit traditionellen Lichttischen, die seinerzeit in der klassischen Zeichentrickfilmerstellung benutzt wurden. Mithilfe dieser Lichttische erstellen die Studierenden dann einen springenden Ball mit Zeichenstift auf Papier. Heutzutage werden diese alten Werkzeuge und Namen für selbige immer noch benutzt, nur eben eingebettet in einer Computer-Software. So auch im Bereich 3D-Modeling. Die handlungsorientierte Einführung in die 3D-Arbeit findet hier analog über das Modellieren mit Ton statt. Diese Anwendung ist besonders wichtig, um den dreidimensionalen Raum tatsächlich zu erleben und die Möglichkeit zu haben, das Modellierte wahrhaftig von allen Seiten zu betrachten. Darum biete ich auch Aktklassen an, in denen wir nach einem Modell mit Ton modellieren.
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Abbildungen 9-11: Life Modeling
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Quellen: Holger Schulz, Matan Gantz, Neysha Castritius, Studierende Cologne Game Lab, Aktmodell: Helmut Lorscheid
Theoretische Analyse, Reflexion und Präsentation Wenn ich mit den Studierenden ein Kunstmuseum wie das Wallraf-RichartzMuseum besuche, dann sind sie im Hinblick auf eine kleine Auswahl von Bildern oder Skulpturen aufgefordert, diese tiefer zu reflektieren. Zu diesem Zweck gebe ich im Vorfeld eines solchen Besuches eine Analyse-Hausaufgabe auf, bei der sich die Studierenden von einer ausgewählten Liste von Kunstobjekten eines aussuchen und dann für den Tag im Museum eine Präsentation zum Kunstwerk, zu historischen Hintergründen und natürlich zum Künstler vorbereiten. Werkschau Um auch direkte Bezüge zu der Arbeit in einem Studio herzustellen, lasse ich immer wieder entsprechende Elemente in den Unterricht einfließen.
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Ein solches Element ist zum Beispiel, dass Studierende sich gegenseitig ihre Arbeit präsentieren. Ich möchte damit ihre Fähigkeit fördern, über die Arbeiten konstruktiv und auf respektvoller Ebene zu sprechen und damit sowohl aus Fehlern, aber vor allem aus Erfolgen zu lernen. So muss man vielleicht als Animator später in einem Studio an sogenannten »Dailies« teilnehmen. Das sind Meetings, in denen ein Animator seinen Kollegen den Fortschritt seiner aktuellen Arbeit zeigt. Kunst zu erstellen ist ein sehr persönlicher Prozess und mit Kritik konfrontiert zu werden, kann sehr deprimierend und verletzend wirken. Deshalb sind Simulationen solcher Situationen wichtig, damit Studierende lernen, mit einer solcher öffentlichen Kritik in professioneller Weise umzugehen. Kollaboration mit anderen Lehrgebieten In der Vergangenheit haben Cecile Le Prado, zuständige Professorin für Sound Design, und ich Absprachen getroffen, damit die Studierenden Sprachaufnahmen, Musik und Geräusche für ihre kinematischen Animationen erstellen können. Zwar ist es auch möglich, fertige Audio-Files von Sound-Sammlungen oder Dialoge von Filmen zu nutzen, aber auf diese Weise lernen die Studierenden einen weiteren Teil der Pipeline kennen und kreieren dabei gleichzeitig etwas Individuelles und Persönliches. Einladung von Fachkräften aus der Industrie Um noch mehr Einblick in andere Arbeitsweisen bzw. die professionelle Welt im Generellen geben zu können, ist es mir besonders wichtig, immer wieder Fachkräfte aus der Industrie einzuladen. In Vorträgen berichten diese dann von ihren Projekterfahrungen und den damit verbundenen Herausforderungen. Noch lehrreicher ist es, wenn sie in Workshops einen detaillierteren Einblick in ihre Arbeitsweise und Berufsrealität geben. Auf diese Weise sind die Studierenden nah an der realen Arbeitswelt, können Kontakte knüpfen und bleiben auf dem aktuellen Stand in Bezug auf in der Industrie angewandte Software, Arbeitsabläufe sowie Pipelines. In der Vergangenheit haben wir Gastdozenten für Vorträge und Workshops u. a. von den Firmen Blue Byte, YAGER, Media Molecule, Another Place als auch Pixomondo oder Cartoon Saloon begrüßen dürfen.
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Kollaborative Arbeit Kollaborative Projektarbeit gehört zum generellen Ansatz des Cologne Game Lab, den ich sehr befürworte. Als Dozentin für das Ludic-Game-Projekt im ersten Semester verantworte ich den ersten Kontakt der Studierenden mit dieser kollaborativen Arbeitsweise. Die vielfältigen Gruppen, die sich zur Entwicklung eines Spieles zusammenfinden, sollen Studierende aller Spezialisierungsrichtungen beinhalten und sind bei einem Anteil von rund 30% ausländischer Studierender in der Regel auch international aufgestellt. Teamwork ist ein essentieller Teil des Arbeitslebens in einem Studio. Gleich in meinen ersten Jahren bei den Lionhead Studios in Guildford, England, konnte ich erleben, wie inspirierend ein vielfältiges Team sein kann. Ein Team mit Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern und zusammengestellt aus Berufsfeldern, die teils spielorientiert, teils auch gar nicht spielorientiert waren. Die Bewertung Da meine Lehre einen praktischen Schwerpunkt verfolgt, erachte ich herkömmliche, schriftliche Prüfungen als wenig sinnvoll. 3D-Animation Wenn man das Fach der 3D-Animation betrachtet, ist es zwingend notwendig, dass die Studierenden ihre Fähigkeiten fortwährend trainieren. Dies ist der einzige Weg, um sich weiter zu entwickeln und zu verbessern. Damit es mir dementsprechend möglich ist, den Arbeitsaufwand, die Entwicklung einer Arbeit sowie das Talent eines einzelnen Studierenden zu beurteilen, gebe ich im Laufe eines Semesters zwischen drei und fünf Hausaufgaben auf, die sich immer auf den Unterrichtsinhalt beziehen, und lasse die Studierenden dann Videos dieser Arbeiten auf das CGL-Intranet Spaces hochladen. Das Sichten, Beurteilen und Zensieren der Ergebnisse erfolgt abschließend am Ende der Vorlesungszeit bzw. des Semesters. Einerseits bekommen die Studierenden zwar ihre Note nicht umgehend nach der Abgabe, aber nur so ist es möglich, den Entwicklungsprozess einer Person und den Vergleich zu anderen Arbeiten fundiert zu ergründen. Im Übrigen werden nicht nur die Endnoten, sondern auch die Teilnoten für jede Aufgabe veröffentlicht, so dass die Studierenden auch selbst ihre
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Entwicklung nachvollziehen können. Das bedeutet nicht, dass die Studierenden während des Semesters keinerlei Feedback bekommen. Abgesehen von der ständigen Möglichkeit zum persönlichen Gespräch ermöglicht mir das im Wintersemester 2016/17 eingerichtete CGL-Intranet Spaces nicht nur zu sehen, ob und wann eine Arbeit eingereicht wurde, ich kann auch mit den Studenten direkt kommunizieren bzw. konkrete Kommentare zu einer hochgeladenen Hausarbeit abgeben. Aktzeichnen In meiner Aktzeichenklasse lasse ich die Studierenden am Ende der Vorlesungszeit zehn ihrer im Unterricht erstellten sowie drei privat erzeugte Werke aussuchen und als Online-Portfolio auf die CGL-Spaces hochladen bzw. einreichen. Die gewählten Werke sollen die Entwicklung und Vielfältigkeit ihrer Fähigkeiten widerspiegeln.
P HILOSOPHIE
UND
A USBLICK
Einerseits denke ich in Bezug auf meine Lehre sehr praxisnah und möchte meine Studentinnen und Studenten schlicht auf die Herausforderungen der Industrie vorbereiten. Ich habe in meinem 14-jährigen Berufsleben auf dem Gebiet der Spieleentwicklung einen umfassenden Eindruck gewinnen können von dem, was in der Industrie erwartet wird, und ich möchte eben diese Informationen gezielt teilen. Andererseits will ich gleichzeitig erreichen, dass die Studierenden lernen, offen zu denken und zu handeln, kreativ zu sein, das Selbststudium voranzutreiben, neue Ideen zu entwickeln, zu experimentieren und das Gelernte auf ein neues Niveau zu heben. In diesem Sinne ist der Aufbau dieses noch recht neuen Studienganges eine fantastische Gelegenheit, ein zukunftsorientiertes, kreatives Programm zu formen, dessen Qualität zu sichern und vor allem den Unterricht so vielfältig und spannend wie möglich zu gestalten. Es ermutigt mich, neue Ideen zu fördern, weitere Werkzeuge, Methoden und Materialien auszuprobieren. Das kann eine neue Software sein, ein neues Gerät der Virtual Reality, aber auch ganz analog in der Aktzeichenklasse das Ausprobieren eines neuen Materials wie z.B. Acrylfarben.
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Abbildungen 12-13: Life Painting
Quelle: Neysha Castritius, Daria Jurek, Studierende, Cologne Game Lab
Alles in allem hoffe ich, dass ich selbst in einem kreativen, offenen, immerwährend suchenden, experimentierfreudigen Modus bleiben werde, um sowohl meine Lehre als auch das Programm als Ganzes fortwährend zu verbessern und damit meine zukünftigen Studierenden mithilfe genau dieser Offenheit und Vielfältigkeit zu inspirieren.
4 Game Informatics and Technology
Games Engineering Wissenschaft mit, über und für Interaktive Systeme S EBASTIAN VON M AMMEN , A NDREAS K NOTE , D ANIEL R OTH , M ARC E RICH L ATOSCHIK
E INLEITUNG Video- und Computerspiele sind im 21. Jahrhundert zu einem relevanten Kulturgut der digitalen Ära und zu einem wirtschaftlich wichtigen Faktor der Unterhaltungsindustrie geworden. Sie haben einen maßgeblichen Beitrag zur Verbreitung und Marktdurchdringung von Computersystemen im privaten Bereich geleistet1. Computerspiele genießen einen hohen Stellenwert im Vergleich zu anderen Softwareprodukten und verzeichnen hohe Absatzzahlen seit Einführung der sogenannten Personalcomputer2 bis heute3.
1
Gallagher, Scott/Park, Seung Ho: »Innovation and Competition in StandardBased Industries: A Historical Analysis of the US Home Video Game Market«, in: IEEE Transactions on Engineering Management 49.1 (2002), S. 67ff.
2
Herz, Jessie C.: Joystick Nation. How Videogames Ate Quarters, Won Our Hearts, and Rewired Our Minds, Boston, MA, USA: Little Brown and Company 1997.
3
Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.: »Marktdaten: Zahlen und Fakten zur Deutschen Computer- und Videospiel-Branche«, http://www.biu -online.de/marktdaten/#alle (abgerufen am 01.05.2017).
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Computerspiele dienen oft als Messlatte für die Leistungsfähigkeit heutiger Computersysteme. Viele Triple-A-Titel4 orientieren die benutzten technischen Verfahren werbewirksam am aktuellen Stand der Technik oder definieren diesen sogar neu, um sich so im Markt besser zu positionieren und Vorteile gegenüber konkurrierenden Produkten zu erlangen. Dadurch steigt das Interesse an der damit einhergehenden technischen Expertise, den notwendigen Fachkenntnissen, diese Systeme auszureizen - siehe bspw. die seit Anfang der 2000er Jahre erscheinende Game Programming Gems Buchserie von Rivermedia. Die Nutzung von Computersystemen zur Entwicklung spielerischer Inhalte hat eine weitreichende Historie, die fast zeitgleich mit der Computerentwicklung begonnen hat und mindestens bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückreicht (s. OXO, Tennis for Two oder Spacewar!). Von Anfang an mussten Spieleentwickler eine Vielzahl informatischer Technologien bedienen, um ein erfolgreiches Spiel oder später Produkt zu realisieren. Eingaben der Spielerinnen und Spieler5 über die verschiedenen Eingabegeräte müssen verarbeitet werden6, den Spielzustand gemäß der umgesetzten Spielemechaniken verändern und als Konsequenz das entsprechende, in der Regel visuelle und auditive Feedback, initiieren. Eine korrekte Umsetzung dieser Interaktionsschleife ist eine der Voraussetzungen, um das Spielvergnügen zu maximieren und die User Experience (UX) zu optimieren7. Das bedingt natürlich nicht nur ein entsprechend ausgeklügeltes, menschzentriertes Design, sondern es motiviert auch dazu, technische Lösungen zu finden, um Eingaben und Ausgaben konsistent und fließend, d.h., ohne wahrnehm-
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Spieletitel, welche aufwändig mit großem Investitionsvolumen und weltweiter Verbreitung, meistens von den großen Firmen der Branche, entwickelt werden und in der Regel hohe Absatzzahlen verbuchen (Triple-A oder AAA).
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In der Folge werden wir häufig auf die geschlechtsspezifische Konkretisierung aus Gründen des Leseflusses verzichten und beziehen uns damit sowohl auf weibliche Spielerinnen als auch männliche Spieler.
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Vgl. Roth, Daniel et al.: »Controllers & Inputs: Masters of Puppets«, in: Jamie Banks (Hg.), Avatar, Assembled: The Social and Technical Anatomy of Digital Bodies, Bern: Peter Lang Inc. 2017.
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Vgl. Preim, Bernhard/Dachselt, Raimund: Interaktive Systeme. Band 2: User Interface Engineering, 3D-Interaktion, Natural User Interfaces, Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag 2015.
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bare Brüche und Verzögerungen (so genannte Latenzen) ineinandergreifen zu lassen. Computerspiele sind interaktive Systeme. Sie stellen je nach Spielgenre besondere nicht-funktionale, speziell zeitliche Anforderungen an die Umsetzung des Prinzips der Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe (EVA). Betrachtet man funktionalen Anforderungen zur Erstellung von Computerspielen genauer, kann man verschiedene Aspekte unterscheiden, die in quasi Echtzeit8 umgesetzt werden müssen. Nutzereingaben müssen je nach System und Spiel über eine Vielzahl von möglichen Eingabegeräten erfasst und interpretiert werden. Dies beinhaltet Standardeingabegeräte wie etwa Tastaturen, Mäuse, Trackballs, Touch-Pads und Touch-Displays, ebenso wie dedizierte Geräte speziell für Computerspiele, z.B. spezielle Buttons, Joypads, Joysticks, 3DEingabecontroller oder sogar explizite berührungsfreie Kamera-basierte Systeme. Der über die Eingaben beeinflusste interne Spielzustand wird ebenfalls von einer Reihe von funktionalen Anforderungen determiniert. Von den Inhalten, die dem Spieler vermittelt werden, erwartet man Dynamik, also dass sie sich im Spielverlauf verändern oder weiterentwickeln. Diese Dynamik setzt beispielsweise Möglichkeiten voraus, Bilder (sprites) oder zusammengesetzte, dreidimensionale Körper (rigged bodies) zu animieren, virtuelle Gegenstände physikalisch miteinander wechselwirken oder Nicht-SpielerCharakteren (non-player characters, NPCs) sich intelligent verhalten zu lassen (Künstliche Intelligenz). Alle diese Funktionen müssen im Sinne einer konsistenten, glaubwürdigen und unterhaltsamen Simulation genutzt und kombiniert werden. Am Ende steht die Erzeugung visueller, hörbarer und auch fühlbarer Eindrücke und deren Ausgabe auf Bildschirmen, Lautsprechern oder den Controllern (die hiermit zu kombinierten Ein-/Ausgabegeräten werden). Daneben gibt es noch eine Vielzahl weiterer technischer Aspekte, die für das Funktionieren moderner Videospiele grundlegend sind, beispielsweise für die Kommunikation mehrerer Spiele(r) in einem Netzwerkverband oder über das Internet, die Speicherung von Spielständen lokal oder in der Cloud, etc. Über lange Zeit hinweg mussten Spieleentwickler die notwendigen informatischen Funktionalitäten in der Regel von Grund auf selbständig
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Die Ausprägung der Echtzeitanforderungen (weich, fest, hart) richtet sich unter anderem nach dem Spielgenre, dem Spielprinzip sowie den Ein-/Ausgabemetaphern, z.B. der Nutzung von VR-Systemen.
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implementieren. Typische Beispiele für solche Funktionalitäten sind die Verwaltung von Speicherblöcken (oder Ressourcen allgemein) für das Vorhalten größerer Datenstrukturen, Hardware-spezifische Algorithmen für das Abspielen von Tönen und Musikdateien über die verfügbaren Soundkarten oder eigene Graphikroutinen zur Generierung der visuellen Feedbacks. Auch heute haben low-level Implementierungen für spezielle Funktionen ihren Stellenwert, etwa im Bereich eigens entwickelter Spielkonsolen oder bei einem allgemeinen Fehlen entsprechender Betriebssoftware bzw. Middleware (Engines, s.u.). Allerdings haben die Verbreitung der Computerspiele an sich, deren steigende Komplexitäten der Codebasen und Spielewelten Trends zur Standardisierung und Modularisierung verstärkt. Software-Bibliotheken, die standardisierte Designs und Befehlsschätze für bestimmte Funktionalitäten zur Verfügung stellen, wurden an die eigene Codebasis angebunden. Sofern eine dieser Software-Bibliotheken verwendet wird, um Inhalte eines Videospiels kontinuierlich zu verändern, spricht man auch von sogenannten Engines (englisch für Motoren)9. Wie der Motor eines Autos die Räder, so treiben Softwareengines die Berechnung der notwendigen etwa graphischen Darstellung virtueller Objekte oder ihrer physikalischen Zustände an. Dedizierte Bibliotheken und Engines werden heute häufig als opensource Projekte entwickelt, über das Internet verbreitet und dadurch leicht zugänglich gemacht. Auch kommerzielle Anbieter gehen heute diesen Weg und Partizipien im Sinne der wirtschaftlichen Erträge erst über mögliche spätere Spielumsätze. Vollständige Game Engines nehmen dem Entwickler zusätzlich die Arbeit ab, verschiedene spezifische Engines zu integrieren und geben ihm möglichst einfache Rezepte an die Hand, wie man Daten über virtuelle Welten, deren Bewohner und ihre Verhalten verwaltet und komponiert, und den Spieler wie gewünscht damit interagieren lassen kann. Dieser Anspruch von Game Engines, verschiedene funktionale Aspekte effizient und zugänglich für die Schaffung und Ausgestaltung interaktiver Systeme zu integrieren, motiviert die Entstehung des neuen Forschungsgebiets Games Engineering. Games Engineering fokussiert sich auf Entwurf, Entwicklung und Verbesserung von Algorithmen, Datenstrukturen, Code Modulen, Entwurfsmustern und Software Engineering Prinzipien rund um
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Lewis, Michael/Jacobson, Jeffrey: »Game Engines in Scientific Research: Introduction«, in: Special Issue of ACM: Communications of the ACM 45.1 (2002), S. 27ff.
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Engines, Plugins, Testverfahren und zugehörige Tools für computerbasierte Spiele. Das Repertoire für Games Engineering Technologien reicht von hardwarenaher Optimierung über intuitive Bedienungsschnittstellen bis zur technologiegestützten Erstellung konkreter Inhalte virtueller Welten. Das Ziel der Systementwicklung im Bereich Games Engineering ist stets, interaktive Systeme besser und schneller ausgestalten zu können. Sprach man in den 1960er Jahren noch von On-Line Systemen10, die auf Benutzereingaben hin verschiedene Simulationsverläufe präsentierten, spricht man heutzutage allgemein von Real-time Interactive Systems (RIS), oder Echtzeit-interaktiven Systemen11. Vermeintlich lässt sich die terminologische Entwicklung auf die Verknüpfung mit Anwendungsdomänen zurückführen. Betrachtet man RIS mit starkem Simulationsbezug bewegt man sich im Bereich der Human-in-the-Loop Simulationen12. Am Beispiel von CRYSIS 313, einem technisch anspruchsvollen, actionreichen First-Person-Shooter, kann man leicht nachvollziehen, wie ein Videospiel als RIS verstanden werden kann: die Benutzereingaben müssen schnell und ohne Verzögerung verarbeitet werden. Die unterschiedlichen Berechnungen - Grafik, Physik, KI - müssen mit der jeweils notwendigen Frequenz berechnet werden, ohne sich gegenseitig zu blockieren oder zu verzögern. Die Datenverarbeitung unterliegt festen Echtzeit-Bedingungen (firm realtime constraints), da verspätete Reaktion oder Wahrnehmungen das Spielerlebnis deutlich beeinträchtigen. Es ist die Identifikation gemeinsamer funktionaler und nicht-funktionaler Anforderungen, welche die Brücke schlägt zwischen Computerspielen und der Entstehungsdomäne für RIS: Anwendungen im Bereich der Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR). Die Verfügbarkeit bezahlbarer VRGeräte im Consumer-Markt macht diese Nähe heute zusehends explizit. In Computerspielen wie in VR/AR-Anwendungen geht es um interaktiv erleb-
10 Jones, Malcolm M.: »On-line Simulation«, in: Proceedings of the 1967 22nd National Conference. ACM (1967), S. 591ff. 11 Wiebusch, Dennis/Latoschik, Marc E.: »Decoupling the Entity-Component-System Pattern Using Semantic Traits for Reusable Realtime Interactive Systems«, in: IEEE 8th Workshop on Software Engineering and Architectures for Realtime Interactive Systems (2015), S. 25ff. 12 Narayanan, Shrikanth/Rothrock, Ling (Hg.): Human-in-the-Loop Simulations: Methods and Practice, London: Springer 2011. 13 CRISIS 3 (EA 2013, O: CryTek)
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bare Inhalte unter Einhaltung bestimmter sehr ähnlicher funktionaler und nicht-funktionaler Randbedingungen der Konsistenz und Zeitlichkeit. Unterschiede bestehen, wenn, dann eher im Anwendungsziel, also der Frage, ob es bei der Anwendung primär um die Unterhaltung der Benutzer geht oder ob diese einen im weitesten Sinne produktiven Anspruch hat. Allerdings verschwimmen auch hier zusehends die Grenzen, siehe dazu die Nutzung von RIS-Technologien für Serious Games14 oder digitale interaktiver Kunstinstallationen15. Durch die große konzeptionelle und technische Nähe und den kommerziellen Erfolg von Computerspielen haben sich Game Engines heute als weit verbreitete Plattformen zur Entwicklung von RIS etabliert16. Diese Entwicklung ist zum einen begrüßenswert, da sich mit Hilfe dieser Engines ein beeindruckender Funktionsumfang heutiger RIS-Anwendungen leichter realisieren lässt und sich VR/AR-Anwendungen einem größeren Publikum erschließen. Zum anderen besteht hier aber auch eine gewisse Sensibilität, da die Anforderungen an VR/AR- Systeme bezüglich der nicht-funktionalen Eigenschaften im Gegensatz zu vielen nicht-VR-basierten Computerspielen deutlich verschärft sind, um Risiken möglicher Nebenwirkungen (etwa Cyber Sickness) zu minimieren. In diesem Kapitel haben wir beleuchtet, welche wissenschaftlichen Meilensteine und Strömungen im Games Engineering kulminieren, welche exemplarischen Querverbindungen zu anderen Wissenschaften und anderen Disziplinen der Informatik bestehen und welche aktuellen Trends sich im Games Engineering abzeichnen. Im Folgenden widmen wir uns der Eingrenzung des Forschungsgebiets Games Engineering insbesondere auch in Bezug auf relevante Studiengänge und die wissenschaftliche Community. Im Anschluss betrachten wir marktwirtschaftliche Vorgänge, die Games Engineering als integrative Disziplin angeschoben haben, bevor wir Kernkomponenten erläutern, also die verschiedenen funktionalen Aspekte, die in Game Engines üblicherweise zusammengeführt werden. Es gibt eine Reihe von
14 Charsky, Dennis: »From Edutainment to Serious Games: A Change in the Use of Game Characteristics«, in: Games and Culture 5.2 (2010), S. 177ff. 15 Paul, Christiane: Digital Art (= World of Art), London: Thames & Hudson 2003, S. 29. 16 Trenholme, David/Smith, Shamus: »Computer Game Engines for Developing First-person Virtual Environments«, in: Virtual Reality 12.3 (2008). S. 181-187.
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Softwaretechnologien, die diese Zusammenführung unterstützen oder die konkret im Kontext entwickelt wurden, z. B. Szenengraphen, Eventsysteme oder das Entity-Component-System Entwurfsmuster. Schließlich stellen wir noch Bezüge des Games Engineering zu anderen Wissenschaften her, bevor wir dieses Kapitel kurz zusammenfassen.
E INGRENZUNG
DES
F ORSCHUNGSGEBIETES
Das Forschungsgebiet Games Engineering befindet sich gegenwärtig (2018) immer noch in der Ausdifferenzierung. Gleichzeitig nutzt das Forschungsgebiet bereits eine Vielzahl wichtiger vorausgehender Forschungsarbeiten speziell aus der Informatik. Games Engineering und Software Engineering ähneln sich schon begrifflich. Games Engineering kombiniert Software Engineering speziell mit Games-spezifischen informatischen Anwendungsgebieten der Computergraphik, physikalischen Simulation, Künstlichen Intelligenz, Virtuellen Realität und Mensch-Computer-Interaktion im Allgemeinen. Daraus ergibt dich eine Definition wie folgt: Games Engineering beschäftigt sich mit der zielorientierten Bereitstellung und systematischen Verwendung von Prinzipien, Methoden und Werkzeugen für die arbeitsteilige, ingenieurmäßige Entwicklung und Anwendung von umfangreichen Softwaresystemen für Computerspiele.
Mit dieser Definition differenziert sich Games Engineering von verwandten Gebieten und Arbeitsbereichen in der Games-Branche und in verwandten Industrien, speziell Game Design, Game Development und Game Informatics. Games Engineering fokussiert sich auf die Schaffung und Weiterentwicklung wissenschaftlicher Ansätze und technologischer Lösungen für das softwaretechnische Design und die Entwicklung interaktiver Systeme. Game Design beschreibt die Fähigkeiten, primär inhaltliche und gestalterische Konzepte für Videospiele zu entwickeln, den Spieler in Relation zur Spielewelt zu setzen und mit ihr durch Regeln und Spielemechanismen interagieren zu lassen17. Game Development hingegen umfasst die üblicherweise agile,
17 Vgl. Pedersen, Roger E.: Game Design Foundations, Wordware Publishing Inc. 2003.
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durch Playtesting geprägte Entwicklung von Videospielen18. Game Informatics wiederum schlägt die Brücke zwischen Game Design und Game Development. Games Engineering Studiengänge Games Engineering stellt einen Forschungsbereich dar, der die für Games und interaktive Systeme im allgemeinen grundlegenden Technologien zum Gegenstand hat. Daraus ergeben sich gleichnamige oder namensähnliche Studiengänge, für die man sich an verschiedenen deutschen Hochschulen und Universitäten einschreiben kann - Games Engineering, Informatik: Games Engineering, Informatik oder Software Engineering mit Schwerpunkt Games Engineering. Neben informatischen Grundlagen, sowie Grundzügen verwandter Gebiete wie des Game Designs und extensiven Erfahrungen im Game Development vermitteln diese Studiengänge insbesondere Wissen und Fähigkeiten, um neue Engines zu entwickeln, tief in existierende Engines einzutauchen, sie zu analysieren, ihre grundsätzlichen Konzepte nachzuvollziehen, sie zu erweitern oder zu optimieren und durch notwendige Werkzeuge zu unterstützen. Die unterschiedlichen Zielsetzungen von Engines werden dabei durch verschiedene Methoden unterstützt - auf Ebene der hardwarenahen Implementierung, der Algorithmen, der Softwarearchitektur und deren Schnittstellen. Hinzu kommen Methoden des Profiling bzw. der Performanzmessung von echtzeitfähigen Routinen19 sowie der Usability und User Experience20. Weiterführende Methoden und Fragestellungen ergeben sich aus den konkreten Zielsetzungen von Engines, die maßgeblich für die Generierung, Simulation oder Verwaltung von Inhalten relevant sind, wie beispielsweise der Evaluation photorealistischer Renderings durch physika-
18 Vgl. Bethke, Erik: Game Development and Production, Wordware Publishing Inc. 2003. 19 Coppa, Emilio/Demetrescu, Camil/Finocchi, Irene: »Input-Sensitive Profiling«, in: IEEE Transactions on Software Engineering 40.12 (2014), S. 1185ff. 20 Vgl. B. Preim/R. Dachselt: Interaktive Systeme.
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lisch-basierte Computer Grafik Engines21 oder der Beurteilung rationalen Verhaltens von NPCs gesteuert durch Engines für künstliche Intelligenz22. Games Engineering Community Es gibt eine Vielzahl von Forschergruppen, die sich mit Fragestellungen des Games Engineering auseinandersetzen. Üblicherweise fokussieren sie sich auf spezielle Fragestellungen oder Teilaspekte, wie beispielsweise künstliche Intelligenz in Videospielen. Serious Games, also Videospiele mit ernsthaftem Hintergrund23, definieren dabei meist die primäre Anwendungsdomäne, und deren Effektivität und Spielspaß motivieren die Bearbeitung weiterführender technologischer Fragestellungen. Der steigende Bedarf, technologische Lösungen zu erforschen – für eine wachsende Anzahl an Entwicklern, Designern, Spielern und Anwendern – spiegelt sich nicht nur in der Vielzahl neuer Forschergruppen wider, die sich auf Games Engineering fokussieren. Auch steigt die Anzahl und der Einfluss kleiner, mittelständischer und großer Unternehmen, die Games Engineering Produkte innovieren und auf den Markt bringen. Entsprechend vermischen sich auch industrielle und wissenschaftliche Plattformen des Wissensaustauschs. Jährliche Messen wie Gamescom oder GDC (Game Developer Conference) sprechen primär Wirtschaftsvertreter und Konsumenten an, selbst wenn dort einschlägige Präsentationen und Workshops zu aktuellen wissenschaftlichen Themenbereichen angeboten werden. Weiterhin gibt es themenspezifische kommerzielle Konferenzen mit dem Anspruch, den State-of-the-Art zu kommunizieren, ohne als Plattform für wissenschaftlichen Diskurs zu dienen, bspw. die Serious Games Conference (SGC) im Rahmen der CeBit oder die Serious Play Conference. Andererseits werden auch auf den primär wissenschaftlichen Konferenzen Referenten aus der Industrie eingeladen.
21 Vgl. Pharr, Matt/Jakob, Wenzel/Humphreys, Greg: Physically Based Rendering: From Theory to Implementation, Cambridge: Morgan Kaufmann 2016. 22 Bellemare, Marc G. et al.: »The Arcade Learning Environment: An Evaluation Platform for General Agents«, in: Journal of Artificial Intelligence Research 47 (2013), S. 253ff. 23 D. Charsky: From Edutainment to Serious Games: A Change in the Use of Game Characteristics, S. 177ff.
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Grob einteilen lassen sich die wissenschaftlichen Konferenzen und Journals in die Bereiche Games Engineering und Serious Games Research, letzteres oftmals mit einem Fokus auf Wissensgewinn und Training. Verschiedene Konferenzen setzen in diesem Bereich unterschiedliche Akzente. Die European Conference on Games Based Learning (ECGL) oder die Games+Learning+Society Conference (GLS) stellen das Lernen durch Videospiele in den Vordergrund. Mit den Beitragskategorien Theorie, Technologie, Anwendung, Evaluation bspw. bei der Konferenz zu Virtual Worlds and Games for Serious Applications (VS-GAMES), der Joint Conference on Serious Games (JCSG) oder der Computer Games: AI, Animation, Mobile, Interactive Multimedia, Educational & Serious Games (CGAMES), werden auf einigen Konferenzen neben Serious-Games-Aspekten auch Forschungsergebnisse des Games Engineering präsentiert und diskutiert. Die Konferenzen Computational Intelligence in Games (CIG), Artificial Intelligence and Interactive Digital Entertainment (AIIDE), Game-On, Conference on Game Engineering and Artificial Intelligence (ICGEAI), Eurographics und SIGGRAPH wiederum fokussieren sich stärker auf die Schaffung interaktiver, dynamischer Inhalte, was grundsätzlich einen stärkeren technischen Bezug herstellt. Die Exploration neuartiger Interaktionsformen in Videospielen steht bei der Konferenz CHI PLAY im Vordergrund. Auch auf Konferenzen wie der Virtual Reality (VR) oder der Virtual Reality Software and Technology (VRST) werden neuartige RIS-basierte Ansätze für hoch interaktive Mensch-Computer-Interaktion erforscht und diskutiert. Der damit einhergehende generelle Anspruch, echtzeitfähige, interaktive Systeme zu entwickeln, schlägt sich beispielsweise in anhängigen Plattformen wie dem Workshop zu Software Engineering and Architectures for Realtime Interactive Systems (SEARIS) nieder.
F ORMATION
DURCH WIRTSCHAFTLICHE
K RÄFTE
Game Engines sind eine integrative Technologie, die man als Produkt starker marktwirtschaftlicher Kräfte verstehen kann. Der Heimcomputermarkt wurde in den 1980er Jahren auch durch den starken Absatz von Systemen geprägt, welche über die notwendigen Fähigkeiten zur Nutzung als Spielgeräte verfügten und für welche in der Folge umfangreich Computerspiele entwickelt wurden. Systeme wie der Commodore C64, der Amiga oder der
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Sinclair Spectrum waren durchaus vollwertige Computersysteme auch für ernsthafte Anwendungen, sie verfügten aber ebenfalls früh über teils sehr spezielle Fähigkeiten, die sie als dedizierte Spielsysteme auszeichneten, auch, um sich dadurch Markvorteile gegenüber konkurrierenden Systemen zu sichern. Seither haben sich Spielekonsolen und PCs stark ausdifferenziert 24. Wie eingangs beschrieben, simulieren finanziell und technisch aufwändige TripleA-Titel immer imposantere virtuelle Welten, um sich durch beeindruckende Sinneseindrücke Vorreiterrollen auf dem Videospielmarkt zu sichern. Dieser Trend diktiert eine hohe technische Komplexität und bestmögliche Optimierung für die Zielhardware, und somit eine ständige Weiterentwicklung der Kerntechnologien wie Rendering, Physics oder Networking. Die Veröffentlichungszyklen neuer Generationen von Videospielekonsolen haben Entwicklern wie Verbrauchern in den letzten Dekaden ein wenig Planungssicherheit ermöglicht25. Der hochgradig facettenreiche PC-Markt entwickelt sich kontinuierlich weiter, ermöglicht dadurch stets maximale Performanz, lässt Standards aber entsprechend schnell veralten. Im Konsolenbereich konnte man bislang hingegen mit fixen Rahmenbedingungen und abschätzbaren Laufzeiten von mehreren Jahren rechnen. Seit Kurzem häufen sich Indikatoren, dass es zu einer Trendwende kommen könnte - Microsoft etabliert für seine XBox Produktserie die Strategie einer einheitlichen Softwareplattform (Universal Windows Platform, UWP) für Spielekonsolen und PCs26. Aus technischer Sicht ähneln sowohl Microsofts als auch Sonys PlayStation 4 Spielekonsolen immer stärker handelsüblichen Consumer PCs. Gleichzeitig wurde 2016 mit dem Erscheinen der XBox One S und der PlayStation 4 Pro mit der vermeintlichen Unveränderlichkeit von Konsolenhardware innerhalb einer Generation gebrochen27.
24 Finn, M.: »Console Games in the Age of Convergence«, in: Proceedings of Computer Games and Digital Cultures Conference (2002), S. 45ff. 25 Schilling, Melissa A.: »Technological Leapfrogging: Lessons from the US Video Game Console Industry«, in: California Management Review 45.3 (2003), S. 60ff. 26 Taylor, A.G.: »The Universal Windows Platform (UWP)«, in: Develop Microsoft HoloLens Apps Now (2016), S.13-15. 27 Webber, Jordan E./Brewster, Kat: »11 Video Game Trends That Will Change the Future of the Industry«, https://www.theguardian.com/technology/2016/jul/ 21/1
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Der hohe technische Anspruch von Triple-A-Titeln bleibt dessen ungeachtet bestehen. Der sich daraus ergebende Wettbewerbsdruck und die damit einhergehende, notwendige technische Innovation spiegeln sich in Analysen von Entwicklungsprozessen und -entscheidungen konkurrierender Spieleentwickler wider. Diese Analysen werfen beispielsweise einen Blick auf die Optimierung der Wertschöpfungsketten und den damit einhergehenden Rollenverteilungen: Ein großer Teil der Arbeit bei der Entwicklung einer Game Engine besteht in der Schaffung einer Toolchain, die es Designern und Künstlern ermöglicht, Inhalte zu generieren ohne von Programmierern abhängig zu sein28. Aspekte dieser Toolchains sind beispielsweise die flexible Verwendung etablierter Datenformate oder spezifischer Tools für die Bearbeitung von Spielewelten und -inhalten. Auch warten gängige Games Engines mit umfangreichen Scripting Engines auf, die es ermöglichen, relativ schnell komplexe Spielemechanismen zu implementieren, teilweise sogar unterstützt durch sogenannte visuelle Programmiersprachen, die es gerade für Novizen erleichtern, algorithmische Zusammenhänge zu formulieren29. Genauso wie die Arbeitsteilung bei der Entwicklung von Videospielen stringent und professionell unterstützt und weitgehend eingehalten wird, wird auch dem hohen Entwicklungsaufwand von Game Engines durch Arbeitsteilung und Spezialisierung begegnet. Um sich zu koordinieren und nachhaltig zu arbeiten, münden die Expertenleistungen in Subengines, Codemodulen und Plugins, die in größeren Entwicklungskontexten zum Einsatz kommen (als Teil des »Development Stacks«). Natürlich müssen diese Programme unterschiedliche Ansprüche erfüllen und Märkte bedienen - von großen Gruppierungen mit hoher Expertise und schnellen Arbeitswegen wie in internationalen Gamestudios über Indie-Developer bis zu akademischen Projekten. Entsprechend vielseitig sind auch die Anbieter, die verschiedene Marktnischen besetzen - von Engineering Studios, die ganze Games Engines entwickeln und vermarkten wie Unity Technologies, bis hin zu Middleware
1-video-game-trends-that-will-change-the-future-of-the-industry (abgerufen am 01.07.2017). 28 Gregory, Jason: Game Engine Architecture, Boca Raton, FL, USA: Taylor & Francis Group (2014), S. 59 ff. 29 von Mammen, Sebastian/Knote, Andreas/Edenhofer, Sarah: »Cyber Sick but Still Having Fun«, in: Proceedings of the 22nd ACM Conference on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2016), S. 325f.
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Spezialisten wie SpeedTree, die sich auf die prozedurale Generierung virtueller Inhalte fokussieren. Will man die marktwirtschaftliche Evolution der Rollen im Games Engineering besser verstehen, muss man seinen Blick auch auf die historische Entwicklung von Game Engines werfen30. Besonders interessant in diesem Kontext ist die Entstehung moderner Game Engines, die sich aus der Anforderung effizienter Darstellung dreidimensionaler Computergrafik ergab. Dabei stechen die Arbeiten des Gamestudios id Software heraus. Ihr First-person Shooter Game DOOM31 ist eines der frühesten Beispiele für eine klare Trennung von Inhalten (Model, Scripting, Animation, Level) und der zugrundeliegenden Engine (»idTech 1«, retronym), was den Entwicklungsprozess des Endprodukts bereits leichter zwischen Content Creation durch Designer und Artists sowie der Engine- und Tool Programmierung der Coder aufteilen lässt32. Eine Trennung von Content und Engine führt auch dazu, dass ein Großteil der Programmierarbeit nicht mehr »in die Engine«, sondern in die Toolchain fließt33. Spätestens mit dem First-Person-Shooter QUAKE 234 hat id Software sowohl die spielerische Inspiration als auch die technische Grundlage für eine Vielzahl weiterer Titel dieses Genres angeschoben. Letzteres gelang vor allem durch die Lizenzierung ihrer Game Engine »idTech 2«. Heute werden sehr viele Videospieleprojekte auf Basis lizenzierter Game Engines realisiert. Gerade große Publisher und Studios setzen mittlerweile auf einheitliche Engines, die sie häufig lizenzieren und an ihre speziellen Bedürfnisse anpassen. Dabei hat sich die Enginetechnologie in vielerlei Belangen von dem ursprünglichen Genre der First-Person-Shooter emanzi-
30 Vgl. Eberly, David H.: 3D Game Engine Design: A Practical Approach to Realtime Computer Graphics, Boca Raton, FL, USA: Taylor & Francis Group 2006. 31 DOOM (GT Interactive 1995, O: id Software) 32 Vor der aktiven Veröffentlichung von Game Engines und ihrer Toolchains hat die Modularisierung bereits eine ambitionierte Gruppe von inoffiziellen Content Creators hervorgebracht - die sogenannten Modder (von engl. Modification, Veränderung). 33 Vgl. Abrash, Michael: Michael Abrash's Graphics Programming Black Book, with CD: The Complete Works of Graphics Master, Michael Abrash, Scottsdale, AZ, USA: Coriolis group books 1997. 34 QUAKE 2 (id Software, 1997, O: id Software)
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piert. Die CryEngine 3, ein Abkömmling des First-Person-Shooters FARCRY35, kommt beispielsweise sowohl in Geschicklichkeitsspielen (Fibble Flick’n’Roll), in online Rollenspielen im Weltraum-Setting (Star Citizen, Homefront: Revolution), in Strategiespielen (Civilization Online) und für die Produktion von Film- und VR-Medien in Echtzeit (FilmEngine) zum Einsatz. Der Anzahl möglicher Genres von Videospielen ist vielfältig. Weitverbreitete Genres wie Sportspiele, First-Person-Shooter, Real-Time Strategy Games oder andere wie EcoGames, News Games, Art Experiences, Roguelikes, Tanz- und Musikspiele – die meisten Genres haben spezifische Ansprüche an die zugrundeliegende Engineering Technologie und an die Gestaltungsmöglichkeiten der Content Generation Toolchain36. Das heißt im Umkehrschluss, dass neue Games Engineering Technologien das Potenzial haben, auch neue Genres hervorzubringen. Die Vielfalt von Games Engineering Produkten macht es schwer einen dominierenden Trend vorwegzunehmen. Natürlich prägen die Entwicklungen des Hardwaremarktes den Funktionsumfang breit aufgestellter Engines und die Ansprüche spezialisierter Tools. Der derzeitige Trend zur parallelen Berechnung von Simulationsinhalten auf Grafikkarten sowie deren hardwarenahe Programmierung haben beispielsweise maßgeblich zur Schaffung der neuen Vulkan Grafik-API beigetragen37. Auch die Realisierung massenmarktfähiger Virtual Reality und Mixed Reality Hardware schlägt sich in Games Engineering Technologien durch entsprechende Softwareerweiterungen nieder. Veränderte Spielgewohnheiten erfordern außerdem verstärkt die Synchronisation von Spielzuständen über Kommunikationsnetzwerke und deren Speicherung in der Cloud. Um die komplexen Backendstrukturen plattformübergreifend und einheitlich zur Verfügung zu stellen, kristallisieren sich dafür entsprechende Software-as-a-Service Produkte heraus wie beispielsweise die Google Cloud Platform oder GamingAnywhere.
35 FARCRY (Ubisoft 2004, O: Crytek) 36 J. Gregory: Game Engine Architecture. S. 54 ff. 37 Khronos Group, 2016.
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K ERNKOMPONENTEN
VON
G AME E NGINES
Game Engines bilden den softwaretechnischen Kern von Spielen, indem sie hochspezialisierte Komponenten für unterschiedliche Aspekte von Spielen vereinen und in einem einheitlichen Rahmen bereitstellen38. Das Erfassen von Benutzereingaben (Input) ist unabdingbar. Die Darstellung grafischer Inhalte (Rendering), die Simulation physikalischer Effekte (Physics), und die Berechnung und Wiedergabe realistischer räumlicher Audioeffekte (Audio) sind integrale Bestandteile fast aller Game Engines. Von keiner geringeren Bedeutung ist eine Infrastruktur für die effiziente Handhabe von Inhalten (Asset Management). Diese Inhalte können vielfältiger Natur sein und umfassen unter anderem grafische Daten wie Bilder, dreidimensionale Geometrien oder Animationsverläufe, Informationen über Einstellungen virtueller Kameras und Lichtquellen, Sounds und Musikstücke, Beschreibungen physikalischer Eigenschaften virtueller Objekte oder Programmcode (Scripts), der Objekte in einer Szene miteinander interagieren lässt. Die Integration von Netzwerkdiensten (Networking) für Mehrspielerkontexte ist ebenso Teil des Kernbereichs, und in neueren Engines auch die Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence), beispielsweise zur Pfadfindung von Nicht-Spieler-Charakteren. Input Das Input-Subsystem muss die Eingaben des Benutzers in Echtzeit auswerten und verschiedene Geräte über eine einheitliche Schnittstelle erreichbar machen39. Neben speziellen Eingabesystemen, wie Nintendos WiiMotes oder Microsofts Kinect, waren weit verbreitete Eingabemechanismen bis vor kurzem weitestgehend auf analoge und digitale Auswahl- oder Reglerwerte (Maus, Tastatur, Joysticks) beschränkt. Seit dem Aufkommen von Smartphones und Tablets hat die Multi-Touch-Eingabe gerade den Sektor Mobile Games nachhaltig dominiert. Durch den anhaltenden Trend von VR und AR Anwendungen gewinnt exaktes Tracking von Händen, bald auch von
38 Thorn, Alan: Game Engine Design and Implementation, Jones & Barnett (2010), S. 4 ff. 39 Ebd. S. 223 ff.
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Körperhaltung und Fingern und die damit einhergehende Gestenerkennung zunehmend an Bedeutung. Um Benutzereingaben zu verarbeiten, ist es notwendig, diese in den Programmfluss einzuschleusen. Je nach Modalität geht dem ein mehr oder weniger aufwändiger Vorverarbeitungsprozess voraus: Rauschen muss gefiltert, partielle Daten mit plausiblen Werten ergänzt, und, gegebenenfalls, die resultierenden Daten interpretiert werden. Die Vorverarbeitung fällt größtenteils in den Aufgabenbereich hardwarespezifischer Gerätetreiber, die anschließende Bereitstellung in den Aufgabenbereich der Betriebssysteme. Auf Betriebssystemebene werden Nachrichten und Warteschlangen (Message Queues) verwendet, um in einem ersten Schritt von der Hardware (Interrupts) zu abstrahieren. Applikationen hängen sich in dieses System ein und reagieren auf das Eintreffen neuer Nachrichten (bspw. mit Callbacks) oder fragen selbst nach neuen Nachrichten (Polling). Letzteres erfordert eine stringenter getaktete Einflussnahme des Anwenders auf das System, limitiert also unter Umständen dessen Reaktionszeit, bietet aber gleichzeitig eine höhere Kontrolle über den tatsächlichen Programmablauf, da zufällige Unterbrechungen laufender Prozesse vermieden werden. Graphics Das Rendering-Subsystem bzw. die Graphics Engine ist für die Umsetzung von Szeneninhalten und -zuständen in gerenderte Bilder verantwortlich40. Graphics Engines stellen oft eigene Formate für Texturen, Animationen, Videos und Modelle bereit, die auf Effizienz getrimmt sind, sowie eigene Importpfade, sodass ausgereifte Modellierungs-Tools wie Autodesk 3ds Max, Maya oder Blender verwendet werden können. Die Programmierung von eigenen visuellen Effekten durch Shader kann ebenfalls von der Game Engine unterstützt werden. Shader sind kleine Programme, die auf der Grafikkarte ausgeführt werden. Unreal Engine 4 bietet beispielsweise eine visuelle Programmierung auf Basis der High-Level Shader Language (HLSL) an. Effekte wie globale Beleuchtung (Global Illumination) oder Final Gather (FG), welche die Auswirkungen von indirekter Beleuchtung zwischen verschiedenen Objekten in einer Szene umsetzen, sind technisch anspruchsvoll und gleichzeitig von großer Wichtigkeit für eine realistische visuelle
40 Ebd. S. 251 ff.
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Darstellung. Präzise Schlagschatten oder Schatteneffekte wie Umgebungsverdeckung (Ambient Occlusion) sind ebenfalls komplex und aufwendig. Für manche Effekte, die noch nicht in Echtzeit berechnet werden können, bieten aktuelle Game Engines häufig die Möglichkeit der statischen Vorberechnung (baking) an. Spezielle Effekte wie Funkenflug, Feuer oder Rauch werden über sogenannte Partikelsysteme realisiert, die in beschränktem Umfang physikalische Modelle realisieren. Physics Das Physik-Subsystem bzw. die Physics Engine sollte eine plausible Simulation des Verhaltens von virtuellen, physischen Objekten in der virtuellen Welt erlauben41, wobei man dabei vorrangig die Simulation klassischer Mechanik von Festkörpern im Blick hat42. Damit lassen sich grundlegende Effekte wie Gravitation, Kollisionen und Reibung verwenden, um interaktive und plausible Welten zu erzeugen: Kisten können geworfen werden, Kugeln folgen ballistischen Trajektorien. Werden zwischen den Körpern mathematische Einschränkungen definiert (constraints), kann man physikalische Abhängigkeiten modellieren: So bewegt sich bspw. ein (ganzes) Mobile im Wind, obwohl nur eines seiner Teile von ihm erfasst wurde. Diese Abhängigkeiten können selbst als Spielemechanismus verwendet werden, wie man es plakativ bei diversen »Bridge Construction« Spielen erleben kann. Umgekehrt kann durch constraints der Zusammenhalt von Objekten definiert werden, die im Verlauf eines Spiels in ihre Einzelteile zerlegt werden können (NVidia Blast). Weiche, verformbare Körper wie Tücher für Flaggen und Kleidung, Haare oder Seile sind mittlerweile ebenfalls allgegenwärtig (NVidia FleX PhysX, NVidia HairWorks). Auch Simulationen von Flüssigkeiten und Gasen (insbesondere Rauch) sind bereits (abstrahiert) in Echtzeit möglich (NVidia FleX PhysX). Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Simulationen wird häufig Präzision der Effizienz untergeordnet und nur »visuelle Plausibilität« gefordert. Durch die weite Verbreitung General Purpose Computation on Graphics Processors (GPGPU) fähiger Hardware werden mittler-
41 Ebd. S. 453 ff. 42 Vgl. Millington, Ian: Game Physics Engine Development, Boca Raton, FL, USA: Taylor & Francis Group 2007.
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weile auch Physics Engines Hardware-effizient auf Grafikkarten berechnet, was viele physikalische Effekte in Echtzeit erst möglich macht. Audio Das Audio-Subsystem ist von großer Bedeutung für die Erzeugung immersiver Szenen. Techniken wie Dolby Digital Live oder DTS Connect erlauben es, Mehrkanalton in Echtzeit zu generieren. Eine andere, aktuelle Fragestellung, die insbesondere durch VR Anwendungen an Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist die korrekte Berechnung der Ausbreitung von Schallwellen in Abhängigkeit der (simulierten) Kopfposition und der akustischen Eigenschaften des virtuellen Raumes. Für die korrekte Simulation eines solchen Raumklangs gibt es verschiedene Ansätze. Präzise nutzerzentrierte Verfahren wie etwa die Berechnungen einer Head-Related Transfer Function stellt aktuelle Hardware noch vor große Herausforderungen. Ressourcenmanagement Das Ressourcenmanagement organsiert und orchestriert den Zugriff auf prinzipiell beschränkte Hardware- wie Software-Ressourcen des Spielsystems. Dies betrifft zentral die Ressourcen Rechenzeit, Speicher und Peripheriezugriff. Die zu verwaltenden digitalen Medieninhalte heutiger Spiele können sehr umfangreich werden. Da einerseits (Arbeits-)Speicher eine begrenzte Ressource und andererseits das Nachladen von Daten von großvolumigen Datenträgern mit hoher Latenz verbunden ist, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um Ressourcen eindeutig zu identifizieren, diese schnell bereitzustellen, gegebenenfalls Speicher wieder freizugeben und das mehrfache Laden identischer Ressourcen zu unterbinden. Hierbei können Asset-Datenbanken, Engine-spezifische Formate und die Vorverarbeitung von Medieninhalten zur Anwendung kommen43. Die Verteilung von notwendigen Algorithmen auf die verfügbare Rechenzeit hat wiederum einen signifikanten Einfluss auf die zeitlichen Anforderungen des jeweiligen Spiels. Benutzereingaben haben einen Einfluss auf die Simulation des Spielzustands sowohl in Bezug auf die Konsistenz als auch in Bezug auf etwaige Berechnungszeiten (man denke etwa an sich
43 A. Thorn: Game Engine Design and Implementation, S. 103 ff.
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verändernde Kameraperspektiven). Dieses führt zu teils schwer vorherzusehenden Lastschwankungen, insbesondere bei umfangreichen Daten und deren Verarbeitung. Daneben verfügen heutige Spielsysteme in der Regel über Mehrkernarchitekturen und dedizierte Hardware für bestimmte Berechnungen verfügen (siehe heutige GPUs). Die Vielzahl verschiedener Algorithmen innerhalb der Spielsimulation optimal auf die verfügbaren verteilten Rechenzeiten zu verteilen, etwaige Lastschwankungen abzufangen und gleichzeitig zeitliche Randbedingungen einzuhalten bedingt ein weitreichendes zeitliches Ressourcenmanagement, ein Scheduling. Scripting Eine Scripting Engine ermöglicht die schnelle Umsetzung komplexer, interaktiver Spielelogik. Das schließt nicht nur die Mechanismen ein, die den Videospieler herausfordern, bspw. wie man einen virtuellen Fußballspieler führen muss, damit er nicht den Ball verliert, sondern auch mögliche Verhalten von NPCs oder Scoring Mechanismen. Scripting ermöglicht zumeist auch, technische Aspekte des Spielprozesses zu steuern, also zum Beispiel Netzwerkverbindungen aufzubauen oder bestimmte Ressourcen zu laden. Die Möglichkeit, sich auf die Definition der Spielelogik zu fokussieren, kommt insbesondere Game Designern und Art Designern entgegen, da der Kreativprozess nicht mit Details der technischen Implementierung überladen wird. Scripting unterscheidet sich hier von der restlichen Programmierung mit oder in der Engine insbesondere dadurch, dass es auf den Ressourcen der Engine aufbaut und über eine klar definierte Schnittstelle damit interagieren kann, selbst jedoch nicht Teil des Engine-Codes ist. Insbesondere ist keine zeitaufwendige Kompilierung der gesamten Plattform vor der Ausführung eines neuen oder geänderten Skripts nötig. Animation Interaktive Erlebnisse erfordern eine dynamische Gestaltung der virtuellen Welt. Die bloße Bewegung eines geometrischen Objekts haucht ihm Leben ein, es wird »animiert«. Insbesondere die natürlich anmutende Fortbewegung von Lebewesen, allen voran Humanoiden, ihre lebendige Körpersprache und ihre physischen Interaktionen mit der virtuellen Welt sind für ein glaubhaftes Spieleerlebnis wichtig.
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Man erreicht die Animation eines komplexen Körpers mit einer Vielzahl von Gliedmaßen dadurch, dass man sie an Knochen (bones) bindet, die wiederum mittels Gelenken (joints), realisiert durch Einschränkungen der constraints, verbunden werden (rigging). Bewegt man nun einzelne Gliedmaßen des daraus resultierenden artikulierten Körpers, bewegen sich die davon abhängigen Gliedmaßen mit. Damit sich die geometrischen Teilabschnitte des Körpers nicht ungünstig überlappen, wenn sie bewegt werden, wird ihre Beweglichkeit im Vorfeld festgelegt (skinning). Auch ist es üblicherweise notwendig, sicherzustellen, dass die Geometrie mit gleichmäßiger Qualität und Auflösung definiert wird, um Artefakte bei den Bewegungen zu vermeiden. Egal ob die komplexen Animationen manuell definiert (keyframing), durch die Verwendung von Motion-Tracking Systemen aufgenommen oder gar prozedural generiert wurden, es muss wohldefiniert sein, wann welche Geometrie wie im Raum platziert sein muss. Diese Information kann in Modellierungsprogrammen oder dedizierten Editoren in Game Engines in sogenannten Animationskurven festgehalten werden. Um das Abspielen von Animationen abhängig vom Zustand des virtuellen Objekts zu machen, bieten ausgereifte Game Engines an, Zustandsautomaten (State Machines) zu modellieren. Von einem Anfangszustand ausgehend legen sie fest, welches Ereignis zu welchem Nachfolgezustand eines Objekts im Spiel führt und gegebenenfalls auch, welche Animation damit verknüpft sein soll. Artificial Intelligence Damit ein Spiel dauerhaft interessant bleibt, muss der Spieler Spaß dabei empfinden44. Dabei muss man darauf achten, dass der Spieler nicht unterfordert wird und sich langweilt, noch dass er überfordert und frustriert wird45. Schafft man es, dass man die Kompetenz des Spielers über das Spielgeschehen hinweg adäquat fordert, muss man nur noch sicherstellen, dass er prinzipiell einen Bezug (relatedness) zu dem Spiel aufbauen kann - ob über seine Mitspieler oder eine interessante Geschichte - und dass man ihm die Freiheit gewährt, das Spielgeschehen zu erkunden und genießen (autonomy). Um
44 Vgl. Koster, Raph: Theory of Fun for Game Design, USA: O'Reilly and Associates 2013. 45 Vgl. Csikszentmihalyi, Mihály: Flow. The Psychology of Optimal Experience, NewYork: Harper & Row 1990.
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diese Aspekte adäquat zu adressieren, ist es oftmals notwendig, die virtuelle Welt intelligent auf den Spieler reagieren zu lassen, um sicherzustellen, dass NPCs sich plausibel verhalten und dass der Schwierigkeitsgrad maßvoll zunehmen kann. Die dafür notwendige Funktionalität kann nur sehr beschränkt mit einfachen Skripten erzielt werden: Man stelle sich eine große Anzahl von NPCs vor, die sich über ein Terrain bewegen - die Pfade, die sie wählen, müssen plausibel sein. Sofern sie alle den gleichen wählen, müssen sie ihr Fortkommen zusätzlich (lokal) koordinieren. Oder man stelle sich vor, man wollte neue Levels generieren, um dem Spieler neue Inhalte präsentieren zu können und somit die Attraktivität zu steigern, ein Videospiel mehrfach zu spielen oder um die spezielle Spielsituation auf die Fähigkeiten und Erfahrungen des Spielers abzustimmen (player modelling). Man müsste aufgrund einiger weniger Variablen neue Level automatisch generieren. Die gleichen generativen Techniken (procedural content generation, PCG) können auch zum Einsatz kommen, um die virtuelle Welt – eventuell bereits während der Designphase – vielfältiger zu gestalten, indem man beispielsweise einzelne Geometrien oder Texturen mit hoher Varianz generiert. Traditionell bieten Artificial Intelligence (AI) Engines Möglichkeiten, plausible Verhalten von NPCs zu definieren, beispielsweise über Zustandsautomaten, ähnlich derer für die Definition von Animationsübergängen46. Der Kern vieler AI Engines besteht darin, plausible Pfade für Avatare und NPCs in komplexen Terrains zu generieren. Plausibel bedeutet in diesem Kontext üblicherweise, dass man nicht gewillt sein sollte, große Umwege in Kauf zu nehmen, vor allem nicht, wenn der kürzeste Weg offensichtlich scheint. Bei der Bewertung eines Pfades muss man natürlich auch weitere potentielle Erschwernisse bedenken, also beispielsweise Höhenmeter oder schweres Gelände, sowie mögliche Vorteile, die sich durch Umwege ergeben, beispielsweise das Aufsammeln von Ressourcen. Plausible Pfade werden prinzipiell dadurch gefunden, indem man von einem Anfangspunkt aus alle nachfolgenden Wegpunkte in Erwägung zieht, bis man zum Ziel gelangt und sich dann für den sinnvollsten Pfad entscheidet. Das Netz der Wegpunkte begreift man wiederum als Graphen (siehe den Abschnitt zu Szenengraphen), wobei ein valider Pfad eine Sequenz von Knoten von einem Anfangs- zu einem Endknoten darstellt, ohne dass man einen
46 Millington, Ian/Funge, John: Artificial Intelligence for Games, S. 293 ff.
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Knoten zweimal besucht. Je besser die Suche nach dem besten Pfad gerichtet ist, also je weniger Wegpunkte man erkunden muss, desto schneller kann man den gewünschten Pfad berechnen, desto längere Pfade oder desto mehr parallele Pfade kann eine AI Engine gleichzeitig finden. AI Engines können auch Möglichkeiten für PCG zur Verfügung stellen47, es NPCs ermöglichen, allgemein sinnvolle Entscheidungen zu treffen, bspw. auf Grundlage sogenannter Entscheidungsbäume oder logischer Schlüsse. Um sich einerseits konsequent auf die Fähigkeiten des Spielers einstellen zu können und andererseits, um große Variabilität des Spiels zu erreichen, spielen Verfahren des Maschinellen Lernens eine zunehmend große Rolle: das Spiel beobachtet dabei die Aktionen des Spielers, stellt fest, welche Taktik oder Strategie er verfolgt, welche Levels er besonders gerne spielt, oder wo er Probleme hat und der Spielfluss gefährdet wird. Von derartigen Beobachten kann eine AI Engine dann ableiten, welche zukünftigen Herausforderungen, welche Level Designs, oder welche Hilfestellungen gebraucht würden, um den Spielern ein optimales Erlebnis zu ermöglichen.
B ASISTECHNOLOGIEN
DES
G AMES E NGINEERING
Das Schaffen virtueller Welten und damit auch die Entwicklung von RIS und Game Engines wurde maßgeblich durch Forschung und Entwicklung im Bereich des Datenmanagements und der Computergraphik vorbereitet und vorangetrieben. In diesem Abschnitt gehen wir konkret auf Entwurfsmuster und Datenstrukturen ein, die verwendet werden, um die vielseitigen und vielfachen Interaktionen in RIS effizient zu organisieren. Codestruktur mit OOP und ECS Die objektorientierte Programmierung (OOP) ist eines der prominenten Programmierpradigmen der letzten Jahre. Alternative Ansätze wie das funktionelle Paradigma geraten momentan mehr und mehr in den Fokus, dennoch ist OOP momentan noch bei vielen Entwicklungen im Games Engineering wie in der generellen Softwareentwicklung das Paradigma der Wahl für
47 Yannakakis, Georgios N./Togelius, Julian: Artificial Intelligence and Games, Schweiz: Springer 2018, S. 151 ff.
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große und komplexe Softwaresysteme. OOP gibt dem Entwickler Möglichkeiten an die Hand, seinen Code zu organisieren und wieder zu verwenden. Objekte sind dabei als Einheiten von Daten und Operationen zu sehen, die durch klar definierte Schnittstellen mit anderen Objekten interagieren. Definiert man eine Klasse von Objekten, bspw. Automobile, können Unterklassen, bspw. Lastwagen oder Rennautos, die Attribute und Methoden der Oberklasse erben, also wiederverwerten oder gegebenenfalls anpassen und erweitern. Das Prinzip der objektorientierten Programmierung stellt die Kapselung von Daten, die ein Objekt definieren, und Methoden, die diese Daten manipulieren, in den Mittelpunkt des Designs von Software48. Die sich dadurch ergebende funktionale Trennung zwischen verschiedenen Objekten erhöht unter anderem die Wartbarkeit in großen Projekten. Folgt man dem klassischen, objektorientierten Ansatz, könnte man beispielsweise folgende Hierarchie von Objektklassen entwerfen, um eine virtuelle Welt mit Datenobjekten zu bevölkern. Zunächst einmal könnte man eine Basisklasse GameObject definieren, die einem beliebigen Objekt nur einen Namen zuweist. Weiterhin könnte man eine Unterklasse SpatialObject einführen für jene Objekte, die einen konkreten Platz in der virtuellen Welt einnehmen, also Attribute für ihre Position und Orientierung benötigen. Eine weitere Unterklasse GeometricObject könnte geometrische Daten mit dem Objekt assoziieren, um es nicht nur benennen und platzieren, sondern auch visuell darstellen zu können. Eine weitere Unterklasse PhysicsObject könnte das Objekt um eine physikalische Repräsentation erweitern, damit Kräfte auf das Objekt einwirken und bspw. seine Position ändern können. Physikalische Eigenschaften können auch andere Auswirkungen haben. Beispielsweise kann eine Physics Engine auch Kollisionen zwischen Objekten feststellen. Wollte man nun ein Objekt kreieren, das zwar derartige physikalische Kollisionen feststellen kann, aber keine geometrische Repräsentation besitzt, wäre diese Hierarchie nicht mehr zielführend: obwohl das Objekt auch von der Oberklasse GeometricObject erbt, besäße es keine Geometrie. Eine sekundäre Hierarchie müsste eingeführt werden, um konsistent zu bleiben (GameObject → SpatialObject → InvisiblePhysicsObject). Es würden nun offensichtlich bestimmte Attribute mehrfach in alternative Hierarchien eingeführt werden. Die Wartbarkeit sinkt - da man für Änderungen der physikalischen
48 Vgl. Gamma, Erich/Helm, Richard/Johnson, Ralph E./Vlissides, John: Design Patterns. Elements of Reusable Object-Oriented Software, Prentice Hall 1994.
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Attribute und Methoden nun mehrere Objektklassen anpassen müsse. Eine Mehrfachvererbung, also das gleichzeitige Erben von mehreren Elternklassen, könnte im genannten Beispiel Abhilfe schaffen - indem eine VisiblePhysics-Klasse sowohl von GeometricObject als auch von InvisiblePhysicsObject erbt. Allerdings verursacht Mehrfachvererbung weitere Probleme. Insbesondere könnten gleichlautende Attribute und Methoden zu großen Problemen durch den Verlust der Eindeutigkeit von Zuständigkeiten (Diamond Pattern) führen49. Da der objektorientierte Ansatz generell schnell dazu führen kann, dass vielfach und vielschichtig Abhängigkeiten und Konflikte zwischen Objektklassen eingeführt werden, ist es oftmals auch schwierig, große Codebasen weiter zu entwickeln und zu pflegen. Daher wird eine derartige Modellierung für das gegebene Problem heute eher als Anti-Pattern gesehen. Die Nachteile wiegen die Vorteile auf. Eine Lösung besteht darin, den Blickwinkel zu ändern. Statt einer komplexen Vererbungshierarchie können die Elemente in der Spielwelt auch als eine Kombination von Eigenschaften gesehen werden, die jeweils für verschiedene Aspekte (Rendering, Physik, Audio,…) relevante Zustandsbeschreibungen liefern. Im entsprechenden Entity-Component-System (ECS) Entwurfsmuster werden alle Objekte der virtuellen Welt (entities) als Aggregation verschiedener Datenobjekte (components) dargestellt. Die einzelnen Komponenten werden mit unabhängigen Subsystemen der Game Engine registriert, von ihnen ausgelesen und manipuliert. Auf den ersten Blick mag dies den Paradigmen der OOP widersprechen. Tatsächlich steht es jedoch als Entwurfsmuster nicht in Widerspruch zu einer konkreten objektorientierten Implementierung der Game Engine. Das Prinzip der Aggregation wird über das der Vererbung gestellt. Zugriffe mehrerer Engines auf ein und denselben Datenblock, bspw. die Positionierung und Orientierung eines Objekts, können durch eine vorgegebene Ausführungsordnung der Engines koordiniert und eine klare Aufgabentrennung zwischen den Engines erzielt werden. Das Ideal der vollständigen Trennung und Entkoppelung ist allerdings nicht immer umsetzbar. Als eine Variante des DataDriven Design hat ECS nachweislich seit Ende der 1990er Jahre in Game
49 Nystrom, Robert: Game Programming Patterns, Genever Benning 2014, S. 211 ff.
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Engines Einzug gehalten (Thief 199950, Dungeon Siege 2001). Die Game Engine Unity3D sowie die RIS Plattform Simulator X sind Beispiele dafür, wie man ECS in einer Game Engine und in RIS Plattformen effektiv einsetzen kann. Modularisierung und Subsysteme Monolithische Engines ziehen eine enge Integration der verschiedenen Berechnungsprozesse vor, um unnötige Zwischenschritte beim Datenzugriff und damit einhergehend Latenzen zu vermeiden. Eine klare Strukturierung der Game Engine in voneinander unabhängige Subsysteme bringt jedoch Flexibilität, die für einen diversen Videospielmarkt vorteilhaft ist und erleichtert die Pflege der zugrundeliegenden Codebasen51. Die Modularisierung hat weiter den Vorteil, dass Funktionalitäten verschiedener Engines frei kombiniert und über grundlegende Bestandteile hinaus für Game Designer und Entwickler angeboten werden können. Aufgrund des Zielkonflikts zwischen Modularität und Performanz finden sich jedoch insbesondere in genrespezifischen Engines oftmals pragmatische Einschränkungen. Die einzelnen Subsysteme müssen zur Laufzeit zusammengeführt werden. Ein Managersystem übernimmt ihre Koordination und stellt die Datenstrukturen bereit, mit denen die Entitäten im Spiel verwaltet, adressiert und traversiert werden können. Zusätzlich ist auch die Entkoppelung von Subsystemen, die mit verschiedenen Geschwindigkeiten arbeiten, von großer Bedeutung. So laufen die drei Hauptkomponenten in vielen interaktiven Simulation und Spielen mit unterschiedlichen Update-Raten: Eine flüssige grafische Darstellung benötigt mindestens 60 Hz (für hochqualitative VR Anwendungen sind 90 Hz derzeit Standard, und 120 Hz bereits in Diskussion), eine konsistente Physics Engine etwa 120 Hz, während KI Entscheidungen oft nur mit 1 Hz getroffen werden müssen. Benutzereingaben kommen wiederum in unregelmäßiger Frequenz im System an. Echte Nebenläufigkeit von Berechnungen wird durch die steigende Verfügbarkeit von Mehrkernprozessoren stetig attraktiver. Das ermöglicht
50 Leonard, T.: »Postmortem: Looking Glass's Thief: The Dark Project«, in: Game Developer Magazine, 6(7) (1999). 51 Nystrom, R.: Game Programming Patterns, S. 1 ff.
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z.B. einzelne, zeitintensive Tasks, wie die Berechnung eines kürzesten Pfades zwischen zwei Wegpunkten, in einen kleinen, parallel ausgeführten Prozess auszugliedern, um einige wenige Frames später ein optimales Ergebnis zu erhalten. Neben der parallelen Ausführung von Subengines können so auch Teilaufgaben von Physik, Grafik oder Logik gleichzeitig berechnet werden. Zu Ende gedacht würden alle Teilaufgaben von sämtlichen Subengines auf alle zur Verfügung stehenden Prozessoren derart verteilt, dass sie sie diese maximal auslasten, nach Priorität ausgeführt und bestmöglich synchronisiert würden. Eine Vielzahl nicht-trivialer Designentscheidungen und offener Forschungsfragen stehen dieser Ambition derzeit noch im Weg. Gleichwohl hat die Forschung bereits einen langen Weg in Richtung RIS und Game Engines zurückgelegt. Von Bildgeneratoren und Graphikbibliotheken Die industriellen Ursprünge moderner interaktiver Bilderzeugung lassen sich auf die von Ivan Sutherland und David C. Evans 1968 gegründete Firma Evans & Sutherland zurückführen, die als eine der ersten Spezialisten für militärische und industrielle Trainingssimulatoren sowie hochperformante Grafikchips für echtzeitfähige Darstellungen, sogenannte Image Generators, auftrat. Ihr Image Generator CT3 führte 1976 erstmalig die Trennung von visuellen Daten (Visual Database) und der Darstellungssoftware ein, wodurch sich die Verarbeitung der Daten durch drei Stufen definieren ließ: Visual Database, Image Generator und Display. Der CT3 konnte 900 Polygone (Vielecke) bei 25Hz darstellen, verfügte über Kantenglättung und Gouraud-Shading, eine Methode zur automatisierten Schattierung geometrischer Flächen. 521979 gründete James Clark die Firma Silicon Graphics Inc. (später SGI). SGI hat für ihre dedizierten IRIS Graphics Workstations die Applikationsbibliothek IRIS GL (Graphics Library) entwickelt, mit der sich graphische Daten z. B. Geometrien präzise definieren und auf spezialisierter Hardware verarbeiten lassen. Die IRIS GL Schnittstelle ermöglicht das Zeichnen einzelner Polygone zur Laufzeit einer Applikation durch sofort ausgeführte Darstellungsbefehle
52 Christianson, David C.: »History of Visual Systems in the Systems Engineering Simulator«, in: Graphics Technology in Space Applications (GTSA 1989), S. 219ff.
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(sogenannter immediate mode) sowie die persistente Definition von veränderlichen Szenen, die dann kontinuierlich gezeichnete werden (sogenannter retained mode). SGI hat für die Umsetzung der Befehle Rasterizer entwickelt, spezialisierte Hardware, die geometrische Objekte wie Linien und Polygone effizient als Farbpunkte auf den Bildschirm projizieren. IRIS GL wurde zur hardwareunabhängigen Bibliothek OpenGL weiterentwickelt und 1992 veröffentlicht. SGI hat den Renderprozess in einzelne Phasen (Stages) unterteilt, die eigenständige Verarbeitungsschritte der Grafikdaten trennen. Diese schrittweise Ausführung der Daten ermöglicht weiterführende Optimierungen des Renderingprozesses und bildet die Grundlage moderner Renderpipelines. Anfang der 90er Jahre etablierte sich die Firma 3Dfx auf dem Markt, die mithilfe der Expertise ehemaliger SGI Mitarbeiter Grafikbeschleuniger für den Massenmarkt entwickelte. 3Dfx fixierte die modularen, komplexen Stages als fest vorgegebene Renderpipeline. 3Dfx lieferte seine eigene Grafikbibliothek Glide, die effektiv eine für Spiele optimierte Untermenge der Funktionalität von IRIS GL / OpenGL implementiert. Nach anfänglichen Erfolgen auf dem Videospielmarkt und nachdem OpenGL den Mainstream erreichte, wurden die Einschränkungen von Glide deutlich. OpenGL bot umfangreichere Möglichkeiten und wurde von Konkurrenzprodukten wie der NVidia Riva TNT 2 Grafikkarte vollständiger unterstützt, weswegen es sich letztlich behaupten konnte53. 1995, zeitgleich mit Glide, stellte Microsoft DirectX vor, eine auf das Windows Betriebssystem54 beschränkte Schnittstelle zur Implementierung von Multimediainhalten55. Sie gewann, auch wegen des hohen Marktanteils von Windows, rasch große Bedeutung für den Spielemarkt. Mit Version 7 von DirectX (1999) wurde die Renderpipeline durch hardwaregestützte Vektor- und Matrizenberechnungen und Beleuchtungsmodelle (Hardware Transform and Lighting) erweitert. Diese Erweiterungen mittels fest
53 Windeck, Cristof: »Freud und Leid: Ergebnisse von nVidia und 3dfx, https://www .heise.de/newsticker/meldung/Freud-und-Leid-Ergebnisse-von-nVidia-und-3dfx -23745.html (abgerufen am 01.07.2017). 54 Das Betriebssystem Windows 95 läutete außerdem die Ära der parallelen Ausführung mehrerer Prozesse (Multitasking) ein. 55 Vgl. Theuerjahr, Uli: Direct3D Realtime Rendering für Computerspiele: DirectXProgrammierung in C++, Schönberg: ROULIO Press 2007.
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verdrahteter Berechnungsfunktionen für spezifische Algorithmen der Bilderzeugung bildeten den ersten Schritt in Richtung programmierbare Shader, in welcher die feste Verdrahtung unter Erhalt des Speichers und Datenmodells sukzessive durch eine Programmierbarkeit ersetzt wird. Die Flexibilität der Hard- und Software wurde stetig erhöht, bis mit Version 10 alle Shader-Stages frei programmierbar waren - faktisch ist die Trennung der Hardware Stages bei aktuellen Grafikkarten aufgehoben (Unified Shader Model). OpenGL unterstützt programmierbare Shader seit Version 2.056. Die freie Programmierbarkeit von Shadern hat einen neuen Markt für GPUs eröffnet, der wiederum die Entwicklung aktueller GPUs beeinflusst: General Purpose Computation on Graphics Processors (GPGPU). Hierbei wird die massive Parallelität, die sich aus dem Design von 3D Grafikpipelines ergibt, für die Berechnung hochgradig parallelisierbarer Probleme aus allen Bereichen der Wissenschaft und Technik eingesetzt. Seit den frühen 1990er Jahren sind somit OpenGL und DirectX die am Markt dominierenden Grafikschnittstellen für RIS. Aktuell ist wieder eine Nachfrage hardwarenaher Programmierung zur besseren Ressourcennutzung erkennbar. Auch getrieben von limitierter Hardware aktueller Mobilgeräte wird diesem Trend mit entsprechenden Bibliotheken wie OpenGL ES (Embedded Systems)57, Metal58 oder Vulkan59 Rechnung getragen. Szenengraphen: Datenstruktur virtueller Welten Szenengraphen stellen eine wichtige Innovation dar, die die Entwicklung von RIS von Anfang an maßgeblich beeinflusst hat. Einen Graphen kann man sich wie ein Diagramm eines sozialen Netzwerks vorstellen, in dem die Nutzer als kleine Kreise (Knoten) und ihre Beziehungen als Linien (Kanten) dargestellt werden. Graphen können für die Beschreibung und Verarbeitung beliebiger Inhalte verwendet werden. Szenengraphen bezeichnen entsprechend Graphen, die die Bestandteile einer virtuellen Szene strukturieren und nach bestimmten Kriterien organisieren. Komplexere grafische Szenen können
56 Kessenich, John/Baldwin, Dave/Rost, Randi: The OpenGL Shading Language. Technical Report, 3Dlabs, Inc. Ltd. 57 Khronos Group. 58 Apple. 59 Khronos Group.
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mittels dieser Datenstrukturen verwaltet werden. Die systematische Übersetzung solcher dauerhafter vorgehaltenen Daten in Grafik kann dann getrennt von der Applikationslogik in einer Grafikbibliothek umgesetzt werden. Eine Szene kann unterschiedliche Hierarchien haben, je nach dem unter welchem Aspekt man sie betrachtet. Beispielsweise können Szenengraphen räumliche Zusammengehörigkeit ausdrücken, indem ein übergeordneter Knoten ein geometrisches Volumen repräsentiert, das alle untergeordneten Knoten umfasst. Ein derartiger Szenengraph erlaubt, Geometrien, die zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht dargestellt werden müssen, effizient vom Renderingprozess auszuschließen (Culling). Zusammengehörige Objekte, wie die Räder oder Türen, die an einem Auto befestigt sind und somit als Einheit bewegt werden, können auch in einem Szenegraphen als Transformationshierarchie organisiert werden. Die Vererbung von Position und Orientierung der Elternknoten an ihre Kinder stellt sicher, dass zusammengehörende Gruppen von Objekten gemeinsam transformiert werden. Graphen können auch dazu dienen, Interaktionsprozesse zwischen physikalischen Objekten zu optimieren, bspw. indem man mögliche Kollisionen vorwegnimmt oder ausschließt. Wenn die Kanten eines Graphen Abhängigkeiten zwischen Objekten repräsentieren, können Teilgraphen für deren zielgerichtete parallele Berechnung in Multithreading- oder Multiprozessarchitekturen genutzt werden. Für den Renderingprozess war es lange Zeit wichtig, die aufwendigen Wechsel zwischen unterschiedlichen Einstellungen des Renderings (sogenannte Render States) zu minimieren, bspw. unterschiedliche Materialeigenschaften. Objekte mit gleichen States wurden daher in die gleichen Teilbäume einsortiert, um gemeinsam abgearbeitet zu werden, ohne den Render State stets ändern zu müssen. Insgesamt sind die Vorteile durch die Verwendung von Szenegraphen also vielseitig und von großer Bedeutung für die Organisation und effiziente Berechnung von RIS. In den folgenden Paragraphen erläutern wir ein wenig detaillierter zwei bedeutsame Implementierungen von SGI. Optimierung durch Szenengraphen – IRIS Performer SGI hat mit IRIS Performer60 eine Implementierung eines Szenengraphen zusammen mit optimierten Bibliotheken bereitgestellt, die insbesondere die
60 Entwickler: John Rohlf und James Helman, 1994.
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Nutzung von Multiprozessorsystemen erleichterte. Der Szenengraph unterstützte die Gruppierung, Transformation und Auswahl von Knoten und deren Iteration mit fortlaufender Zeit. Außerdem ermöglichte er komplexere Operation, wie zum Beispiel das Überblenden von Geometrien oder das situationsbedingte Laden und Darstellen grafischer Daten mit möglichst geringen Speicher- und Berechnungskosten (Level of Detail oder LOD). Mit Hilfe von Switch-Knoten konnten Teilbäume selektiv eingeblendet werden, und Sequence-Knoten ermöglichten es, Animationen auf einfache Art und Weise umzusetzen. Auch die mehrfache Instanziierung von Teilgraphen, und somit deren Wiederverwendung, war möglich. IRIS Performer durchläuft den Szenengraph, der von der Anwendungs-Stage (APP) bereitgestellt wird, mit dreierlei operationalen Zielen: (1) ISECT zur Detektion von Kollisionen zwischen Objekten, (2) CULL zur Selektion sichtbarer Geometrien in Abhängigkeit des Blickwinkels auf die Szene sowie der Bestimmung von LOD und der Sortierung nach dem Render State, und (3) DRAW für das Senden der Geometrien an das Grafiksubsystem. Der Nutzer konnte mittels Callbacks zusätzliche Berechnungen während der Traversierungen des Graphen durchführen und dadurch weitere anwendungsabhängige Optimierungen realisieren. IRIS Performer teilt die Berechnungen der vier Stages APP, ISECT, CULL, DRAW auf eine oder mehrere Rendering-Pipelines und eine Intersection-Pipeline auf. APP definiert den Anfang jeder Pipeline und bestimmt deren Ausführung. Außerdem führt APP anwendungsspezifischen Code aus und startet nachfolgende Stages in entsprechenden Pipelines. Spezielle Datenstrukturen und Techniken zum Zwischenspeichern von Daten (Buffering) stellen die Effizienz der erstellten Multiprozessapplikationen sicher. Mit IRIS Performer wurde so eine Vielzahl von Technologien eingeführt, die die Erstellung von Szenengraph-basierten RIS ermöglichen und vereinfachen. Objektorientierte Szenengraphen – IRIS Inventor Dem IRIS Performer ging das SGI Framework IRIS Inventor voraus. Inventor verfolgte den damals noch sehr neuen objektorientierten Ansatz, um die Erstellung interaktiver Szenen einfacher zu gestalten ohne die erreichbare Komplexität einzuschränken. Dadurch konnte man eine hohe Flexibilität und Erweiterbarkeit gewährleisten. IRIS Inventor wurde später in das Open Inventor Framework überführt, das nach wie vor aktiv gepflegt wird. Das Szenengraphmodell des Inventors umfasst geometrische Objekte (Shapes), Eigenschaften (Properties) und Gruppierungen (Groups), sowie
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Mischformen. Eigenschaften werden in Feldern (Fields) von Knoten im Graphen gespeichert und getrennt von Geometrien definiert. Operationen auf Szenengraphen oder Teilen davon, wie das Rendern oder die Auswahl von Objekten durch Benutzerinteraktion (Picking), werden durch Action-Objekte umgesetzt, welche den Baum durchlaufen, d.h. alle Knoten beginnend bei der Wurzel besuchen und ihre Operation ausführen. Um Dynamik, bspw. in Form von Animationen, umzusetzen, werden Sensors, Field Connections und Engines verwendet. Sensoren ermöglichen es, zur Laufzeit definierte Callback-Methoden aufzurufen, entweder zeitgesteuert oder aufgrund von Datenänderungen. Field Connections erlauben eine Verknüpfung von Fields verschiedener Nodes, wobei Engines grundlegende Operationen auf beliebigen Eingaben durchführen können, wie beispielsweise die Addition von Vektoren. Die Interaktion mit dem Nutzer des RIS wird dadurch erreicht, dass Benutzereingaben abgefangen werden (Event Handling), als HandleEventAction den Graphen durchlaufen und jedem Knoten die Möglichkeit gegeben wird, das Ereignis abzuarbeiten, zu modifizieren, und entweder weiterzuleiten oder nicht. Ein spezieller Knoten für die Selektion mehrerer Objekte (Selection) erledigt zusätzlich auch das visuelle Hervorheben selektierter Objekte. Eines der erklärten Ziele des Inventors war es, trotz der Flexibilität und verhältnismäßig leichten Bedienbarkeit hohe Performanz zu erzielen. Dies wurde teilweise dadurch erzielt, dass statische Teilbäume in eine für das Rendering optimierte Form überführt wurden (state caching). Die notwendigen Mechanismen zur Sicherstellung eines konsistenten Zustands waren hierbei transparent in das Toolkit eingebaut. Szenengraphen leisten bis heute einen wichtigen Beitrag, um die Gestaltung und Berechnung räumlicher Modelle einfach und schnell durchzuführen. Ende der 90er Jahre gab es verschiedene Versuche, einen universellen Szenengraphen zu entwerfen. Effektiv würden dabei die Performer- und Inventor-Ansätze zusammengeführt. Die beiden Projekte, die dieses Ziel verfolgten, Cosmo3D und Project Fahrenheit, wurden jedoch nie fertiggestellt. Relevante Implementierungen von generischen Szenengraphen finden sich unter anderem im Open Inventor Framework, in der Virtual Reality Modeling Language (VRML) bzw. deren Nachfolger X3D, Java3D, OpenSceneGraph oder OpenSG.
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G AME E NGINES
IM WISSENSCHAFTLICHEN
B EREICH
Eine Plattform, die die oben genannten Subsysteme bzw. Engines einheitlich integriert und losgelöst von den projektspezifischen Details bleibt, ermöglicht es, mit modernsten Technologien zu arbeiten, ohne für jedes Projekt fehleranfällige und komplexe Integrationsarbeit von Neuem leisten zu müssen. Das performanzgetriebene und zielgerichtete Entwickeln neuer Videospiele hat üblicherweise Vorrang vor der universellen Verwendung einer Game Engine, gerade wenn ein Entwicklerstudio seine eigene Engine pflegt oder eine externe Engine stark an die eigenen Bedürfnisse angepasst hat. Gleichwohl haben gerade Game Engines mit allgemeinerem Anspruch zum Aufblühen der Szene unabhängiger Entwickler (Independent Developer oder Indie Devs) sowie der Anwendung von RIS in der Wissenschaft geführt. In einem Rückblick auf Game Engines für die (technisch anspruchsvolle) Realisierung von First-Person Shooter Games listen Trenholme und Smith61 unter anderem vier Iterationen der Quake/id Engine sowie die Unreal Engine 2. Viele aktuelle Veröffentlichungen, unter anderem im Bereich der Verhaltensforschung oder Rehabilitation, aber auch Telepräsenzsysteme, nutzen die Unreal Engine62 oder Unity3D als Grundlage63.
61 D. Trenholme, S. Smith: Computer Game Engines for Developing First-Person Virtual Environments, S. 181-187. 62 Bounds, Matthew/et al.: »An Integrated Cyber-Physical Immersive Virtual Reality Framework with Applications to Telerobotics«, in: George Bebis et al. (Hg.), Advances in Visual Computing. ISVC 2016. Lecture Notes in Computer Science, vol. 10073, Schweiz: Springer, Cham 2016, S. 235ff.; Qiu, Weichao/Yuille, Alan: »Unrealcv: Connecting Computer Vision to Unreal Engine«, in: European Conference on Computer Vision (2016), S. 909ff.; Lugrin, Jean-Luc et al.: »CaveUDK: a VR Game Engine Middleware«, in: Proceedings of the 18th ACM Symposium on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2012), S. 137ff.; Latoschik, Marc E. et al.: »Breaking Bad Behavior: Immersive Training of Class Room Management«, in: Proceedings of the 22nd ACM Conference on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2016), S. 317f.; Carpin, Stefano et al.: »USARSim: A Robot Simulator for Research and Education«, in: IEEE International Conference on Robotics and Automation (2007), S. 1400ff. 63 Vasser, Madis et al.: »VREX: an Open-Source Toolbox for Creating 3D Virtual Reality Experiments«, in: BMC Psychology 5.1 (2017), S. 04.; Habonneau,
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Fachverwandte Vernetzung Das Forschungsgebiet Games Engineering hat generell zum Ziel, RISbasierte Softwaresysteme zu entwickeln, die der Unterhaltung von Menschen durch Computerspiele im weitesten Sinne dienen. Als universelle Rechenmaschine soll der Computer auch zur universellen Interaktionsschnittstelle für digitale Systeme und Inhalte und hier speziell zum universellen Unterhaltungsmedium gedeihen. Diese Perspektive erforderte anwendungsfokussierte Anstrengungen, die Ansätze und Methoden einzelner Forschungsbereiche zu integrieren wussten. Gleichzeitig eröffneten Ansätze des Games Engineering gerade durch ihre Anwendungsorientierung neue Forschungspfade in fachverwandten Bereichen. Im Kern stand und steht dabei das Wechselspiel zwischen effizienter Datenverarbeitung einerseits und effizienten sowie intuitiven Nutzerschnittstellen andererseits. Schlussendlich urteilen Anwender nicht nur über den nüchtern quantifizierbaren, funktionalen Nutzen von RIS, sondern auch über seinen Spaß, die Begeisterung und die Faszination, die sich bei ihnen wecken lassen. Daher werden Game Engines im Allgemeinen auch auf Basis grundlegender Methoden der Mensch-Computer Interaktion64, wie dem Nutzerzentrierten Design65, entwickelt. Man unterscheidet entsprechend zwischen Nutzer (Spieleentwickler) und Endnutzer (Spieler) von Produkten, die dem Games Engineering entspringen. Abhängig vom Spaß und Flow-Erlebnis der Spieler werden Games-Engineering-Inhalte verbessert und angepasst66. Spieleentwickler wiederum müssen auf der Ebene der Softwareschnittstellen, -architektur und Performanz bedient werden. Werden ihre Ansprüche nicht erfüllt, kommt das betrachtete System, je nach Marktlage, wenig zum Einsatz. Daher entscheidet auch die Software-
Nicolas et al.: »3D Simulated Interactive Drama for Teenagers Coping with a Traumatic Brain Injury in a Parent«, in: International Conference on Interactive Digital Storytelling (2012), S. 174ff. 64 Dix, Alan: »Human-Computer Interaction«, in: Encyclopedia of Database Systems (2009), S. 1327. 65 Norman, Donald: User Centered System Design. New Perspectives on HumanComputer Interaction, Hillsdale, NJ, USA: L. Erlbaum Assoc. Inc. 1986. 66 M. Csikszentmihalyi: Flow. The Psychology of Optimal Experience; Chen, Jenova: »Flow in Games (and everything else)«, in: Communications of the ACM 50.4 (2007), S. 31ff.
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qualität und, ebenso wichtig, die Erlernbarkeit sowie die Wiederverwertbarkeit67 der Engines und Subengines über die Akzeptanz von Games Engineering Software. Schnittstellen müssen nachhaltig definiert werden, um eine größtmögliche Modularität und Skalierbarkeit und zudem einen hohen Grad an Benutzbarkeit zu gewährleisten. Besonders an den Subengines lässt sich die Verwandtschaft zu weiteren Kernthemen der Informatik erkennen. Ansätze der Computergrafik sind schon seit langem fester Bestandteil des Designs von Game Engines68. Performante Render-Verfahren und effiziente Szenengraphen sind, wie auch aus der kurzen Historie hervorgeht (siehe oben), wesentliche Bestandteile einer Engine Architektur69 und somit auch wissenschaftliche Kernthemen des Games Engineering. Besonders in Bezug auf die stetig wachsenden Anforderungen an RIS durch zunehmend immersive Technologien besteht das Bestreben, performante parallele Render-Techniken und Render-Pipelines zu entwickeln. Diese wiederum werden in Subengines integriert, um aktuelle Hardwaresysteme durch hardwarenahe Entwicklung bestmöglich auszunutzen und dadurch dem Spieler ein beeindruckendes Erlebnis zu bieten. Beide Aufgabenstellungen verknüpfen Games Engineering mit klassischen Kerngebieten (Computergrafik, Parallele Programmierung, Hardware/Software Co-Design) der Informatik, die im Weiteren auch an Computer Vision und die digitale Bild- und Signalverarbeitung anknüpfen, die speziell im Bereich der Eingabe und Sensorik, beispielsweise dem Erfassen von Körperbewegungen durch Tiefenkameras, für Games Engineering von Bedeutung sind. Diese Verknüpfungspunkte verdeutlichen den generellen Bezug von Games Engineering zu den Disziplinen des Visual Computing. Die Weiterentwicklung von Grafik- bzw. Visualisierungssystemen durch Forschung und Entwicklung im Games Engineering befruchtet darstellungs-
67 »Reusability«. D. Wiebusch/E.Latoschik: Decoupling the Entity-Component-System Pattern Using Semantic Traits for Reusable Realtime Interactive Systems, S. 25ff.;Latoschik, Marc E./Fischbach, Martin: »Engineering Variance: Software Techniques for Scalable, Customizable, and Reusable Multimodal Processing«, in: International Conference on Human-Computer Interaction (2014), S. 308ff. 68 Bishop, Lars et al.: »Designing a PC Game Engine«, in: IEEE Computer Graphics and Applications 18.1 (1998), S. 46ff. 69 D.H. Eberly: 3D Game Engine Design: A Practical Approach to Real-Time Computer Graphics; J. Gregory: Game Engine Architecture.
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bezogene Fachbereiche wie die Architekturvisualisierung, die Datenvisualisierung oder die wissenschaftliche Visualisierung von Modellen. So können auch komplexe Modelle, zum Beispiel durch effektreiche und effiziente Shader, besonders realistisch oder zielgerichtet stilisiert dargestellt werden. Dadurch bedient Games Engineering auch die Fachbereiche der Computeranimation, welche zudem durch Forschung und Entwicklung von AnimationsSubsystemen wie z.B. State Machines und Charakter-Systemen, die durch die Eingaben des Nutzers in Kombination mit der Spiellogik virtuellen Charakteren und Objekten Leben einhauchen. Durch diese vielseitigen Entwicklungen trägt Games Engineering auch zu neuen Medienformen, wie dem immersiven Journalismus70, sowie der digitalen Film- und Medienproduktion bei. In Bezug auf neue Medien können durch Games Engineering außerdem die Bereiche e-Learning und Serious Games gestärkt werden. In wissensvermittelnden Simulationen werden vielfach klassische Modelle wie das ARCS Modell71 angewandt, welches als motivationales Instruktionsdesign die Schwerpunkte Aufmerksamkeit, Relevanz, Erfolgszuversicht und Zufriedenheit in den Vordergrund stellt. Durch performante Simulationen lassen sich Aktivität und Reaktivität steigern, was wiederum die Echtzeitfähigkeit der Simulation erhöht. Gutes Engineering kann somit zu positiver Verstärkung dieser Faktoren beitragen. Des Weiteren kann eine Schwerpunktsetzung auf die wissenschaftliche Anwendung von Interaktionstechniken den Lernerfolg verbessern72. Speziell im Zusammenhang mit Trainingssimulatoren spielt auch die Einbindung von AI und NPCs eine entscheidende Rolle. Beispielsweise können angehende Lehrer durch simulierte Unterrichtsstunden Verhaltensweise
70 De la Peña, Nonny et al.: »Immersive Journalism: Immersive Virtual Reality for the First-Person Experience of News«, in: Presence: Teleoperators and Virtual Environments 19.4 (2010), S. 291ff. 71 Keller, John M: »Motivational Design of Instruction«, in: Instructional Design Theories and Models: An Overview of their Current Status 1.1983 (1983), S. 383ff.; Keller, John M.: »Development and Use of the ARCS Model of Instructional Design«, in: Journal of Instructional Development, 10.3 (1987), S. 02. 72 Oberdörfer, Sebastian/Latoschik, Marc E.: »Interactive Gamified 3D-Training of Affine Transformations«, in: Proceedings of the 22nd ACM Conference on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2016), S. 343f.
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für eine Realsituation trainieren73. Durch immersive Darstellung werden die Nutzer »in die Situation« hineinversetzt. Kerninhalt sind jedoch die realistisch handelnden Schüler, die als NPCs störende Verhaltensweisen überzeugend simulieren müssen. Games Engineering Technologien unterstützen Serious Games für alle erdenkbaren Anwendungsbereiche, beispielsweise auch in der medizinischen Therapie (z.B. von Phobien) und für medizinisches Training74. Durch Games Engineering Technologien realisierte interaktive Simulationen können auch dazu dienen, wissenschaftliche Theorien zu kommunizieren, sie zu testen und weiterführende empirische und analytische Forschung zu motivieren75. Dadurch ergibt sich eine allgemeine Nähe zu empirischen Bereichen, auch in der Informatik selbst. Aussagen über die Entwicklung komplexer Systeme zu machen gilt entsprechend als fundamentale Fragestellung interaktiver Simulationen. Als konkretes Beispiel kann man interaktive Simulationen virtueller biologischer Zellen und Gewebe heranziehen76. Die komplexen Interaktionen zwischen den Zellen sind an und für sich auf eine relativ geringe Menge von Interaktionsmöglichkeiten zurückzuführen (Zellteilung, Zelltod, Migration,...). Doch die Formation von Gewebe kann nicht ohne weiteres vorhergesehen werden. Durch effiziente Games Engineering Technologien können ent-
73 M. E. Latoschik et al.: Breaking Bad Behavior: Immersive Training of Class Room Management, S. 317f.; Lugrin, Jean-Luc et al.: »Breaking Bad Behaviors: A New Tool for Learning Classroom Management Using Virtual Reality«, in: Frontiers in ICT 3 (2016), S. 26. 74 Bohil, Corey J./Alicea, Bradly/Biocca, Frank A.: »Virtual Reality in Neuroscience Research and Therapy«, in: Nature Reviews Neuroscience 12.12 (2011). S. 752; Riva, Giuseppe: »Virtual Reality in Psychotherapy«, in: Cyberpsychology & Behavior 8.3 (2005), S. 220ff. 75 von Mammen, Sebastian/Edenhofer, Sarah/Hähner, Jörg: »CoSMoS in the Interactive Simulation Curriculum«, in: Proceedings of the 2015 Workshop on Complex System Modelling and Simulation (CoS-MoS 2015). 76 von Mammen, Sebastian/et al.: »Swarm-Based Computational Development«, in: Morphogenetic Engineering (2012), S. 473ff.
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sprechende Simulationen durchlaufen werden, um die beobachteten Prozesse nachvollziehen zu können77. An den Beispielen von interaktiven biologischen Zellsimulationen und physikalisch motivierten Modellen wird klar, dass realistische Simulationen auch Gegebenheiten der Physik wie Aggregatzustände, Masse, Kräfte und Bewegungszustände berücksichtigen müssen. Effiziente parallele Verfahren können heutzutage realistisch Zustände und Verhalten, z.B. von Flüssigkeiten beschreiben, was wiederum auch die Vielfältigkeit des Aufgabenspektrums von Games Engineering widerspiegelt und weiterhin die Verknüpfung zu den Naturwissenschaften und anderen Wissenschaftszweigen verdeutlicht. Interdisziplinäre Vernetzung Neben den Verwandtschaften zu informatiknahen Fachgebieten stehen andere Wissenschaftszweige in enger Verbindung und interdisziplinärer Abhängigkeit zu Games Engineering. Auf Systemebene besteht aufgrund der hardwarenahen Entwicklung und hardware-spezifischen Programmierung naturgemäß eine Verbindung zu den Ingenieurwissenschaften, wie beispielsweise der Elektronik, der Elektrotechnik oder der Mechatronik. Neben der Fachinformatik sind diese Wissenschaftszweige maßgeblich an der Systemintegration beteiligt und wirken an der Konzeption neuer Systeme und Systemkomponenten mit, deren Anspruch vielmals von der Medien- und Spieleindustrie in Form von Requirements, oder durch die Nutzer im Sinne einer großen Nachfrage definiert wird. Weiterhin weist besonders die Konstruktion von Ein- und Ausgabegeräten eine Verbindung mit der Physik und dem Maschinenbau, der Medientechnik und dem Photoingenieurwesen auf. Der Austausch von Anforderungen an Gerät und Schnittstelle und komplementär der Integration in die Engine beschreibt diese Verbindung. So muss beispielsweise jede Engine auf neuartige Eingabegeräte, Display Technologien, höhere Auflösungen oder stereoskopische VR Displays angepasst werden. Generell stellt Games Engineering keine festen Regeln an das Medium der Darstellung oder die Form des Eingabe- bzw. Ausgabegerätes, so dass
77 Däschinger, Melanie/Knote, Andreas/von Mammen, Sebastian: »An Evolutionary Approach to Behavioural Morphometrics«, in: Proceedings of the Genetic and Evolutionary Computation Conference Companion (ACM 2017), S. 83f.
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auch Displaytechnologien, die verschiedene menschliche Sinne ansprechen – wie beispielsweise haptisches Feedback, oder Eingabemethoden durch Blickbewegungen oder Brain-Computer Interfaces – untersucht werden. In Verknüpfung mit der Robotik können hier Roboter als Interaktionsmedium dienen, wie im Falle des Robocup78. An den bereits angesprochenen Beispielen der Fachgebiete e-Learning und Serious Games wird deutlich, dass Games Engineering eine Verbindung zu den Bildungswissenschaften herstellt, um neue Methoden digitalen Lernens zu untertützen. In Bezug auf e-Learning können Entwicklungen des Games Engineering dabei helfen, sinnvolle Backend-Konzepte zu entwickeln und beispielsweise für online Quiz-Lernspiele die Unterrichtsinhalte prüfen und vertiefen. Weiterhin können immersive Simulationen für Training und Exposition eingesetzt werden. Beispielsweise können durch die virtuelle Simulation von Fahrsituationen, welche die Auswirkung von Alkoholkonsum auf die Sicht und Sinne simulieren79, die Gefahren von überhöhtem Alkoholkonsum aufgezeigt werden. Der Spieler erlebt eine mögliche Gefahrenlage, ohne sich in wirkliche Gefahr zu begeben, wodurch Fehlverhalten vorgebeugt werden kann. Weiterhin können durch Makro-Simulationen, z.B. Simulationen von Versorgungsnetzwerken, ingenieurswissenschaftliche Inhalte verdeutlicht werden80. Diese realistisch zu simulieren erfordert nicht nur eine ausdefinierte Spielidee, sondern eine hohe Qualität der Simulation, welche durch Games Engineering Kompetenzen abgedeckt werden kann. Simulationen können den Spieler außerdem in andere Perspektiven versetzen. So können Menschen die Perspektive eines Mosquitos einnehmen, um Ori-
78 Kitano, Hiroaki et al.: »Robocup: The Robot World Cup Initiative«, in: Proceedings of the First International Conference on Autonomous Agents (ACM 1997), S. 340. 79 Gaibler, Frank et al.: »Drink & Drive: A Serious But Fun Game on Alcohol-Induced Impairments in Road Traffic«, in: 7th International Conference on Games and Virtual Worlds for Serious Applications (VS-Games 2015), S. 01ff.; S. von Mammen/A. Knote/S. Edenhofer: Cyber Sick but Still Having Fun, S. 325f. 80 Von Mammen, Sebastian et al.: »Powersurge: A Serious Game on Power Transmission Networks«, in: European Conference on the Applications of Evolutionary Computation (2015), S. 406ff.
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entierung und Lokalisation von Insekten besser zu verstehen81. Die Biologie profitiert hier von Kameramodellen und Render-Techniken, die aus dem Games Engineering entstehen82. Durch diese visualisierten, modellgesteuerten Simulationen trägt Games Engineering außerdem zu Weiterentwicklungen in den Feldern der Lebensund Naturwissenschaften bei. Informationen über Verhaltensweisen können algorithmisch approximiert und simuliert werden. So kann das Verhalten von Fischen83 oder Ameisen interaktiv beobachtet84 und Schwärme bzw. Schwarmverhalten modelliert und auf verwandte Anwendungsfelder, wie die Robotik, projiziert werden85. Bereits am Beispiel von Modellintegrationen und Modellsimulation für Quadrotoren86 werden hier Anknüpfungspunkte auch zu der Luft- und Raumfahrttechnik deutlich. Bei Flug-, Strömungs-, und Weltraumsimulation auf wissenschaftlicher Ebene spielt die Präzision und Umsetzung des Modells eine große Rolle, die durch die Entwicklung von entsprechenden Subengines und performanter Rechentechnik getestet werden können. Während hier die Visualisierung oft zweitrangig ist, spielt diese in Disziplinen der Architektur eine deutlich größere Rolle. Virtuelle, dreidimensional geplante Räume
81 Stifter, Christopher/Edenhofer, Sarah/von Mammen, Sebastian: »Come Fly with Me. Perceive the World through a Mosquito's Senses«, in: 8th International Conference on Games and Virtual Worlds for Serious Applications (VS-Games 2016), S. 1ff. 82 Lv, Zhihan et al.: »Game On, Science - How Video Game Technology May Help Biologists Tackle Visualization Challenges«, in: PLoS ONE 8.3 (2013), S. 3. 83 Schikarski, Julian et al.: »The Digital Aquarist: An Interactive Ecology Simulator«, in: Artificial Life Conference Proceedings 13 (2015), S. 389ff. 84 S. von Mammen/A. Knote/S. Edenhofer: Cyber Sick but Still Having Fun, S. 325f. 85 von Mammen, Sebastian/Lehner, Patrick/Tomforde, Sven: »Evolving a FacadeServicing Quadrotor Ensamble«, in: Proceedings of COGNITIVE 2016 the Eighth International Conference on Advanced Cognitive Technologies and Applications (COGNITIVE 2016), S. 16ff.; S. von Mammen/et al.: Swarm-Based Computational Development, S. 473ff. 86 von Mammen, Sebastian/et al.: »Modeling and Understanding the Human Body with SwarmScript«, in: The Digital Patient: Advancing Medical Research, Education, and Practice (2016), S. 149ff.
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können durch Game Engines begehbar gemacht werden, wodurch sich die Erschaffer einen Eindruck von Form und Funktion anhand realgetreuer Abbildungen machen können. Weiterführend können aber auch Ansätze aus algorithmischen und prozeduralen Verfahren dazu beitragen, neue Formen und Strukturen in architektonischen Werken zu verankern87. Neben den naturwissenschaftlichen, technischen und technisch-gestalterischen Wissenschaften profitiert Games Engineering auch von den Sozialwissenschaften und trägt im Gegenzug besonders in Bereichen der Methodik zu deren Fortkommen bei. Beispielsweise kann die Anwendung von virtuellen Realitäten als Methode den empirischen Forschungsprozess stützen88. Weiterhin können speziell entwickelte Spiele oder spezielle Modifizierungen von Spielen89 die Medien- und Kommunikationspsychologie, Rezeptionsund Wirkungsforschung sowie die Subdisziplin der Game Studies in der Erforschung der Auswirkung von interaktiven medialen Inhalten auf den Menschen bereichern. Die Kommunikationswissenschaften und Kommunikationspsychologie profitieren von einer Erweiterung der Paradigmen Spannweite. Durch Animation, Multi-Nutzer Umgebungen, Virtueller Realität und Avatar- und Agentenkonzepte können Fragestellungen über klassische Methoden wie Wizard-of-Oz Paradigmen hinaus, durch kontrollierte Manipulationen untersucht werden90. Spezifische Engine Entwicklungen können
87 von Mammen, Sebastian/Taron, Joshua M.: »A Trans-Disciplinary Program for Biomimetic Computing and Architectural Design«, in: Bhzad Sidawi (Hg.), 6th ASCAAD Conference 2012 CAAD |INNOVATION| PRACTICE, Manama, Bahrain: The Kingdom University 2012, S. 141ff. 88 Fox, Jesse/Arena, Dylan/Bailenson, Jeremy N.: »Virtual Reality: A Survival Guide for the Social Scientist«, in: Journal of Media Psychology 21.3 (2009), S. 95ff. 89 Sogenannte »Mods«. 90 Roth, Daniel: »The Study of Interpersonal Communication Using Virtual Environments and Digital Animation: Approaches and Methodologies.«,Vortrag in: 66th Annual Conference of the International Communication Association, Fukuoka, Japan (2016); Achenbach, Jascha et al.: »Fast Generation of Realistic Virtual Humans«, in: Proceedings of the 23rd ACM Symposium on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2017), S. 12; Latoschik, Marc E. et al.: »The Effect of Avatar Realism in Immersive Social Virtual Realities«, in: Proceedings of the 23rd ACM Symposium on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2017),
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Verhaltensweisen analysieren und modifizieren, so dass die Engine als aktiver sozialer Moderator in den Kommunikationsprozess eingreift91. Hinzu kommt, dass Designs zukünftiger Kommunikationsplattformen und sozialer Medien, die sozial immersive Unterhaltungen durch Avatar-Verkörperung (Avatar Embodiment) ermöglichen92 wesentlich von Entwicklungen der Informatik und des Games Engineering profitieren. Das sich durch eine virtuelle Verkörperung einstellende Phänomen der Illusion, einen anderen Körper zu besitzen (Illusion of Virtual Body Ownership) hilft weiterhin, die Wahrnehmungsprozesse von Menschen zu verstehen und unterstützt dadurch die kognitiven Wissenschaften. In gleichem Zuge profitieren medizinische Disziplinen zu Diagnose, Rehabilitation, Training und Therapie durch virtuelle Technologien93 und Entwicklungen des Games Engineering. Neben Training und Behandlung von Phobien und sozialen Störungen werden durch Simulationen Untersuchungen spezifischer Aktivitäten innerhalb der Neurowissenschaften unterstützt94. Weiterhin kann Games Engineering im medizinischen Bereich, beispielsweise durch interaktive Simulation und Training von Wurzelbehand-
S. 39; Waltemate, Thomas et al.: »The Impact of Avatar Personalization and Immersion on Virtual Body Ownership, Presence, and Emotional Response«, in: IEEE Transactions on Visualization and Computer Graphics 24.4 (2018), S. 1643ff. 91 Roth, Daniel et al.: »Hybrid Avatar-Agent Technology - A Conceptual Step Towards Mediated ›Social‹ Virtual Reality and its Respective Challenges«, in i-com 14.2 (2015), S. 107ff. 92 Roth, Daniel et al.: »SIAMC: A Socially Immersive Avatar Mediated Communication Platform«, in: Proceedings of the 22nd ACM Conference on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2016), S. 357f. 93 Georgescu, Alexandra L. et al.: »The Use of Virtual Characters to Assess and Train Non-Verbal Communication in High-Functioning Autism«, in: Frontiers in Human Neuroscience 8 (2014), S. 807. 94 C. J. Bohil: Virtual Reality in Neuroscience Research and Therapy, S. 752.
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lungen95 oder die Modellierung des menschlichen Körpers96 die Ausbildung und Technik unterstützen.
Z USAMMENFASSUNG & A USBLICK Games Engineering ist ein junges Forschungsgebiet mit einer gleichzeitig verhältnismäßig langen Historie. Diese scheinbare Diskrepanz ergibt sich daher, dass Games Engineering ein integrativer Forschungsbereich ist, der auf einem reichen Fundus an Vorarbeiten verschiedener Fachbereiche anknüpft und der im Gegenzug fachverwandte und interdisziplinäre Forschungsbereiche bereichert und von ihnen beeinflusst wird. Das Ziel des Games Engineering ist der Entwurf, die Entwicklung und Verbesserung von Algorithmen, Engines, Plugins, Tools und Entwurfsmustern zur Realisierung Echtzeit-interaktiver Spiele und Systeme unter Benutzung wissenschaftlicher informatischer Methoden. Bisher verzeichnete das Games Engineering die größten wissenschaftlichen Erfolge bei der Zusammenführung verschiedener Subengines (Graphics, Physics, AI, ...), bei informatischen Teilfragen, bspw. hinsichtlich des Einflusses der Systemperformanz auf den Anwender, und bei interdisziplinären Forschungsfragen. Durch die Systematisierung des Forschungsgebiets Games Engineering sollen weiterhin wichtige große Ziele verfolgt werden. So soll beispielsweise die interaktive Simulation großangelegter Systemmodelle (large-scale models) ermöglicht werden. Die bisher strikt separierten Aspekte des Programmierens bzw. Modellierens und des Simulierens sollen zusammengeführt werden (Modulation), sodass die Konsequenzen jeglicher Modellveränderung inkrementell aufgezeigt werden97. Die Komplexität der Inhalte, die ein Mensch zu gestalten vermag, soll stetig zunehmen, am besten veranschaulicht durch Fortschritte in den Bereichen der interaktiven Datenanalyse und
95 von Mammen, Sebastian et al.: »Interactive Multi-Physics Simulation for Endodontic Treatment«, in: Proceedings of the Symposium on Modeling and Simulation in Medicine (2015), S. 36ff. 96 S. von Mammen et al.: Modeling and Understanding the Human Body with SwarmScript, S. 149ff. 97 Vgl. von Mammen, Sebastian: Interactive Self-Organisation, Habilitationschrift, Universität Augsburg (2016).
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natürlicher Mensch-Maschine Interaktionen. Gleichzeitig werden interaktive Technologien die Schnittstellen zwischen technischen Systemen und Menschen weiter intensivieren und dadurch die Systemgrenzen Schritt für Schritt abbauen. VR und AR Anwendungen veranschaulichen diesen Trend. Außerdem soll bei all diesen weitreichenden Zielen auch der Spielspaß Einlass behalten - wieso sollten wir darauf verzichten, unsere Zukunft derart zu gestalten, dass sie auch Spaß macht?
L ITERATUR Abrash, Michael: Michael Abrash's Graphics Programming Black Book, with CD: The Complete Works of Graphics Master, Michael Abrash, Scottsdale, AZ, USA: Coriolis group books 1997. Achenbach, Jascha et al.: »Fast Generation of Realistic Virtual Humans«, in: Proceedings of the 23rd ACM Symposium on Virtual Reality Software and Technology (ACM 2017), S. 12. Bellemare, Marc G. et al.: »The Arcade Learning Environment: An Evaluation Platform for General Agents«, in: Journal of Artificial Intelligence Research 47 (2013), S. 253-279. Bethke, Erik: Game Development and Production, Wordware Publishing Inc. 2003. Bishop, Lars et al.: »Designing a PC Game Engine«, in: IEEE Computer Graphics and Applications 18.1 (1998), S. 46-53. Bohil, Corey J./Alicea, Bradly/Biocca, Frank A.: »Virtual Reality in Neuroscience Research and Therapy«, in: Nature Reviews Neuroscience 12.12 (2011). S. 752. Bounds, Matthew et al.: »An Integrated Cyber-Physical Immersive Virtual Reality Framework with Applications to Telerobotics«, in: George Bebis et al. (Hg.), Advances in Visual Computing. ISVC 2016. Lecture Notes in Computer Science, vol. 10073, Schweiz: Springer, Cham 2016, S. 235245. Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.: »Marktdaten: Zahlen und Fakten zur Deutschen Computer- und Videospiel-Branche«, htt p://www.biu-online.de/marktdaten/#alle (abgerufen am 01. 05. 2017).
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S PIELE CRYSIS 3 (EA 2013, O: CryTek) DOOM (GT Interactive 1995, O: id Software) FARCRY (Ubisoft 2004, O: Crytek) QUAKE 2 (Activision 1997, O: id Software)
S OFTWARETITEL 3ds Max (Autodesk, https://www.autodesk.de/3ds-Max/) Blender (https://www.blender.org) CaveLib (Mechdyne, https://www.mechdyne.com) Civilization Online (Take Two Interactive Software, https://civilizatio nonline.com/) Cloud Solutions (Google, https://cloud.google.com/solutions/gaming/) CryEngine 3 (CryTek, http://www.crytek.com/cryengine/cryengine3/overv iew) Dungeon Siege (Gas Powered Games / Mad Doc Software / Microsoft, 2002) Fibble Flick’n’Roll (CryTek, http://www.crytek.com/games/fibble/overvie w) FilmEngine (http://www.filmengine.com/) GamingAnywhere (http://gaminganywhere.org/) Glide (3Dfx, out of business) Google Cloud Platform (https://cloud.google.com/) HairWorks (NVidia, http://www.nvidia.de/object/nvidia-hairworks-de.html) idTech 1 (id Software, 1993) idTech 2 (id Software, 1997)
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IRIS Inventor (Strauss, 1993) IRIS Performer (Rohlf und Helman, 1994) Java3D (https://java3d.dev.java.net) Maya (Autodesk, https://www.autodesk.de/products/maya/overview) Metal (Apple, https://developer.apple.com/metal/) MS-DOS (Microsoft) NVidia Blast (NVidia, https://developer.nvidia.com/blast) NVidia FleX Physics (NVidia, https://developer.nvidia.com/flex) OpenGL (Khronos Group, https://www.opengl.org/) Open Inventor (http://oss.sgi.com/projects/inventor) OpenSceneGraph ( http://www.openscenegraph.org) OpenSG (http://www.opensg.org) PhysX (Nvidia, http://www.geforce.com/hardware/technology/physx ) Simulator X (Beuth Hochschule für Technik Berlin, http://public.beuthhochschule.de/~rehfeld/simulatorx.html ) Thief (Looking Glass Studios / Eidos Interactive, 1998) Universal Windows Platform (Microsoft, https://docs.microsoft.com/dede/windows/uwp/get-started/universal-application-platform-guide ) Unreal Engine 2 (EPIC, https://docs.unrealengine.com/udk/Two/WebHome .html) Unreal Engine 4 (EPIC, https://www.unrealengine.com/what-is-unreal-eng ine-4) VRML/X3D (http://www.web3d.org/x3d/specifications) Vulkan (Khronos Group, https://www.khronos.org/vulkan/)
Programmieren, was andere spielen sollen Game Informatics in Forschung, Theorie und Praxis R OLAND K LEMKE , M ARKUS H ETTLICH
G AME I NFORMATICS – E INORDNUNG Game Informatics, Game Design, Games Technology und ihre verwandten Disziplinen sind interdisziplinäre und stark anwendungsorientierte Disziplinen. Game Informatics ist dabei der Teilbereich der Spieleentwicklung, der sich mit der informatischen Umsetzung technischer Anforderungen befasst. Aufbauend auf den grundsätzlichen Methoden und Werkzeugen der klassischen Informatik stellt Game Informatics den klaren Anwendungsbezug zur Spieleentwicklung her und verwendet, vertieft und entwickelt anwendungsbezogene Aspekte. Game Informatics ist damit auch als Brückendisziplin zwischen der reinen Informatik und dem Game Design anzusiedeln. Neben der reinen technischen Umsetzung von Spielideen versteht sich Game Informatics aber insbesondere auch als treibende Disziplin, die über innovative, technologische Ansätze neue Spielformen vorbereitet und ermöglicht. Beispiele für die innovativen Beiträge aus Game Informatics sind Augmented und Virtual Reality, Sensor-gesteuerte Spiele, Ansätze im Bereich der künstlichen Intelligenz und Fortschritte in den Bereichen Grafikprogrammierung oder physikalischer Simulationen. Zur systematischen Fortführung dieser Aspekte ist Game Informatics keine statische Disziplin, sondern ein aktiv forschender und entwickelnder Bereich, in dem die interdisziplinäre Vernetzung mit anderen Bereichen eine zentrale Rolle spielt.
320 | ROLAND KLEMKE, MARKUS H ETTLICH
S PIELEND L ERNEN – G AME I NFORMATICS IN
DER
L EHRE
In einer anwendungsorientierten Disziplin wie Game Informatics erwarten Studierende praxisrelevantes Wissen. Darüber hinaus sind Kreativität und Teamfähigkeit Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere. Gleichzeitig soll ein Hochschulstudium aber auch theoretisch fundiertes Wissen vermitteln und dabei die Studiere#nden zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten in komplexen thematischen Sachzusammenhängen befähigen, indem Bezug zu aktuellen Forschungsthemen und -entwicklungen hergestellt wird. Unser Bestreben am Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln ist es, diesen Ansprüchen gerecht zu werden, indem wir versuchen, Brücken zwischen Forschung, Theorie und Praxis zu schlagen. Dies geschieht durch Einsatz verschiedener didaktischer Mittel und Lehrformen und ihrer Anpassung an den jeweiligen Lehrkontext: •
•
•
•
In Vorlesungen wird theoretisches Grundlagenwissen vermittelt, wobei wir versuchen, durch praktische Beispiele und interaktive Elemente auf praktische Umsetzung vorzubereiten. In Seminaren und Kolloquien können Studierende das theoretische Wissen reflektieren, vertiefen und selbständig aufbereiten. Seminare bieten auch Übungsraum für das Erproben wissenschaftlicher Methoden oder die selbständige Einarbeitung in aktuelle Forschungsthemen. Je nach Teilnehmerzahl und Themenauswahl können Seminare so z.B. für Literaturarbeit, kleine wissenschaftliche Erhebungen oder auch Experimente genutzt werden. Übungen setzen wir in der Regel vorlesungsbegleitend ein, um Vorlesungsthemen anhand von praktischen Aufgaben zu reflektieren, zu vertiefen und in einen Anwendungskontext zu stellen. Dabei ist uns die Balance wichtig zwischen einem möglichst großen Maß an Freiheit bei der Aufgabenerfüllung und einer Vergleichbarkeit der studentischen Lösungen. Diese Balance versuchen wir zu erreichen, indem Aufgabenstellungen mit fortschreitender stofflicher Tiefe freier und selbständiger gestaltet werden. Praxisprojekte, insbesondere interdisziplinäre Teamprojekte mit Studierenden verschiedener Spezialisierungen, erlauben es, erworbenes Wissen
PROGRAMMIEREN , WAS ANDERE SPIELEN SOLLEN
| 321
und Fähigkeiten in einem größeren Aufgabenkontext anzuwenden und umzusetzen. Hier steht für uns die selbständige, kreative Arbeit der Teams im Vordergrund und wir sehen unsere Rolle als die eines aus der Vogelperspektive Begleitenden an, der im Bedarfsfall beratend zur Seite stehen oder klärend eingreifen kann. Prüfungsformen im Bereich Game Informatics Bei der Überprüfung erworbenen Wissens ist es wichtig, verschiedene Prüfungsformen anzuwenden, die geeignet sind, Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu erfassen. Gerade in einer kreativen und umsetzungsorientierten Disziplin wie Game Informatics als Teilgebiet des Game Designs sollten Prüfungsformen Raum zur kreativen Entfaltung bieten. Insbesondere Projektarbeiten mit der Konzeption eigener Lösungen unter Anwendung der aus den Vorlesungen bekannten Theorien und Verfahren bieten hier eine gute Möglichkeit, die kreative Entfaltung zu fördern und gleichzeitig die Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Neben klassischen Prüfungsformen (Klausuren im Bereich Mathematik, Seminarvorträge und Hausarbeiten, mündliche Prüfungen), haben wir in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht, Studierende mit selbstgestellten Aufgaben zu konfrontieren: Sie müssen sich eine Aufgabe stellen, die Aufgabe vorher mit uns absprechen und ihre Ergebnisse anschließend an den selbstgewählten Zielen messen lassen. Insbesondere können auf diese Weise neben der fachlichen Kompetenz auch die eigene Planungsfähigkeit, Selbstorganisation und Selbsteinschätzung überprüft werden. Thematische Schwerpunkte im Bereich Game Informatics Inhaltlich deckt Game Informatics alle technischen Bereiche der Spieleentwicklung unter Rückgriff auf die entsprechenden Konzepte der Informatik ab. Konkret werden die folgenden Bereiche behandelt: • • •
Grundlagen der Informatik, funktionale, prozedurale und objektorientierte Programmierung, Datenstrukturen, Algorithmen; Game Engines: Aufbau von Game Engines, Programmieren mit Game Engines; Game KI: Strategien und Problemlöseverfahren;
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• • • •
Game Physik: Simulation physikalischer Vorgänge in Games mit Schwerpunkt auf klassischer Mechanik; 3D Programmierung: Shader-Programmierung, Render-Pipeline; Networking: Multi-Player-Games, Client-Server-Technologien; Toolprogramming: Level-Editoren, visuelle Analyse-Werkzeuge.
S PIELEN MIT E RKENNTNISGEWINN – G AME I NFORMATICS IN DER F ORSCHUNG Thematisch steht der Bereich Game Informatics am Cologne Game Lab für eine anwendungsnahe, Technologie-orientierte Forschung, die aktuelle und zukünftige technologische Entwicklungen unter Anderem in den Bereichen Augmented Reality, Virtual Reality, Mobiltechnologie, Wearables und Sensor-Infrastrukturen aufgreift, Aspekte des Gamedesign und insbesondere der technischen Entwicklung von Games abbildet (neue Architekturen und Verfahren für innovative Spielformen, Gamification) und in verschiedenen Anwendungsfeldern zugänglich macht (Lernen, Arbeiten, Gesellschaft, Unterhaltung). Gleichzeitig greift die Forschung auf Grundlagentheorien aus den Bereichen Informatik, Psychologie und Lernwissenschaften zurück, die zu Vorhersagen und zur Messung von Effekten verwendet werden. Diese Forschung ist offen gegenüber interdisziplinären Ansätzen und hat eine gute Vernetzung innerhalb der Fakultät und darüber hinaus zum Ziel. Im Folgenden geben wir Beispiele für Forschungsprojekte, die am CGL im Bereich der Game Informatics durchgeführt werden. GLARS: In dem Verbundforschungsprojekt GLARS (Goal-Based Learning in an Alternate Reality Setting) entwickeln das Cologne Game Lab, die Rheinische Fachhochschule Köln (RFH) und die Rheinische Akademie Köln (RAK) ein Lernspiel für Auszubildende im Bereich der biologisch-technischen Assistenten (BTA). Das Ziel des Projekts ist die Übersetzung von curricularen Inhalten in fesselnde Spielmechaniken zusätzlich zu einer pädagogischen Rollenspielerfahrung, die die Lernrealitäten von Schule, Heim und Job in eine alternative Realität mischt. Während die Gesamterfahrung verschiedene Arten von Medien umfasst – Videos, interaktive Infografiken und Audio –, konzentriert sich das Forschungsteam des CGL darauf, die motivationale Stärke von Spielen als hochwirksames Lernmedium zu erforschen.
PROGRAMMIEREN , WAS ANDERE SPIELEN SOLLEN
| 323
Dies soll Studierenden Zugang zu komplexen Themen gewähren und sie unterstützen, Fähigkeiten für ihre zukünftigen Aufgaben leichter und gezielter zu entwickeln und zu erweitern. Dieses Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. EPPSA: Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt EPPSA soll das Potenzial von ortsbezogenen Technologien und Diensten im Zusammenhang mit informativen mobilen Spielen und Apps ausloten. Zusätzlich zur Einrichtung einer gemeinsamen Plattform, die verschiedene ortsbezogene Technologien miteinander verknüpft, wird das EPPSA-Konsortium in Zusammenarbeit mit potenziellen Partnern (z.B. Museen oder Eventagenturen) eine Reihe von Showcases erstellen. Das Projekt ist Teil von CreateMedia.NRW, gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Regionalfonds des Landes Nordrhein-Westfalen. Das EPPSA-Konsortium besteht aus: The Good Evil GmbH, ART + COM und dem CGL. PES – Prozedurale Erstellung von Spielelementen: In diesem kollaborativen Forschungsprojekt erforschen die Blue Byte GmbH und das Cologne Game Lab die Möglichkeiten prozedural genierter Spielinhalte und -elemente durch neue Methoden der automatisierten Generierung. Dies soll zur Optimierung des Produktionsprozesses von kommerziellen Videospielen führen und dazu beitragen, die Plausibilität und die immersiven Effekte von Spielinhalten und virtuellen Welten zu verbessern – Kernelemente jeder finanziell erfolgreichen Spieleproduktion. Das Projekt ist ebenfalls Teil von CreateMedia.NRW. Airtime VR: Der Prototyp für eine Virtual-Reality-Simulation zielt darauf ab, angehenden Gleitschirmfliegern beim praktischen Erlernen der üblichen Flugroutinen zu helfen. Als ein Werkzeug für ihre normale Praxis im Freien führt der Simulator grundlegende Flugmechaniken ein und bietet Spielern die Möglichkeit, fortgeschrittene flugtechnische Kenntnisse zu erwerben. In diesem Projekt des Cologne Game Lab und der Flugschule Papillon werden die Möglichkeiten von Virtual-Reality-Based Training sicherheitsrelevanter Aspekte erforscht. Durch die Kombination aus Theorie und Praxis ermöglicht das virtuelle Training den Piloten, sich mit den Start- und Landeeinrichtungen im Klassenzimmer vertraut zu machen. Ein erster Prototyp wurde im Juli 2017 von einer Gruppe von CGL-Wissenschaftlern und Studenten erstellt und von Papillon im Herbst 2017 in ausgewählten Anfängerkursen getestet und evaluiert.
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S PIELEND IN DEN B ERUF – G AME I NFORMATICS ALS T EIL
DES
S TUDIUMS
Das CGL bietet Game Informatics als Spezialisierung in Bachelor- und Masterstudiengängen an. Alle Studiengänge umfassen grundlegende und vertiefende Inhalte mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten. Im Bachelorstudiengang Digital Games werden die informatischen Grundlagen des Programmierens mit Bezug zur Spieleentwicklung vermittelt. Aufbau und Funktionsweise von Game Engines werden ebenso behandelt wie funktionale, prozedurale und objekt-orientierte Methoden der Software-Entwicklung. Die Studierenden lernen gängige Programmiersprachen (z.B. C#, C++), Entwicklungsumgebungen (z.B. Visual Studio) und Game Engines (z.B. Unreal, Unity3D) kennen und werden in die elementaren Prozesse der Spieleentwicklung eingeführt. Der Masterstudiengang Digital Games legt sowohl vertiefende Schwerpunkte in spezifische Bereiche der Spieleentwicklung (z.B. Game Physics and Game AI) als auch in die theoretischen Grundlagen (z.B. Spieltheorie, Komplexitätstheorie). Auch für Studierende ohne vorherige Programmierkenntnisse werden Module angeboten, die die Grundlagen vermitteln und ihnen so die Teilnahme am Masterprogramm ermöglichen. Insgesamt deckt das CGL damit ein breites Spektrum an individuell wählbaren Möglichkeiten ab, Game Informatics als Teil der interdisziplinären Studiengänge Digital Games (B.A. und M.A.) zu erlernen. Durch die Verknüpfung von theoretischen und praktischen Inhalten sowie die enge Verzahnung von Game Informatics mit den anderen beiden Schwerpunkten Game Design und Game Art werden die Studierenden auf eine breite Einsatzfähigkeit innerhalb und außerhalb der Gamesbranche vorbereitet.
Games, Interaktive Technologien und industrielle Anwendungen Interdisziplinäre Vernetzung | gemeinsame Technologien W OLFGANG H ÖHL »Sicheres Wissen ist uns versagt. Unser Wissen ist ein kritisches Raten; ein Netz von Hypothesen; ein Gewebe von Vermutungen.« KARL R. POPPER1
Alles Wissen ist fehlbar. Das klingt wie eine Absage an jedes Schulsystem. Es ist aber tatsächlich eine Liebeserklärung an den menschlichen Forschergeist. Popper erklärt unseren Erkenntnisfortschritt immer als Resultat unserer Versuche und Irrtümer. Diese heuristische Methode erweist sich gerade in Lehre und Forschung als äußerst fruchtbar. Oft finden wir damit nicht nur das, wonach wir gesucht haben, sondern viel öfter auch das Unerwartete, das Ungeahnte und Überraschende. In einem offenen und iterativen Prozess erkennen wir nicht nur neue Lösungsansätze für aktuelle Probleme, sondern auch uns selbst. Wir wissen, dass wir nichts wissen oder vielmehr was wir noch nicht wissen. Und das ist schon eine ganze Menge. Daher nutze ich gern Versuch und Irrtum, experimentelle Settings und Plattformen für den offenen
1
Popper, Karl R.: Logik der Forschung. Zur Erkenntnistheorie der Modernen Naturwissenschaft, Tübingen: Mohr Verlag 1982, S. XXV.
326 | W OLFGANG HÖHL
Austausch in Lehre und Forschung. Sie sind mein Ausgangsmaterial für einen flexiblen Prozess im Lehren und Lernen, und für überraschende Forschungsergebnisse.
G AMES , I NTERAKTION
UND I NTERDISZIPLINÄRE
L EHRE
Games werden interdisziplinär entwickelt. Branchenübergreifende Vernetzungen sind hier essentiell. Die klassische Spieleentwicklung vereint dabei mehrere sogenannte ›Emerging Technologies‹. Neben den ›Cognitive Sciences‹, der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) und der ›Artificial Intelligence‹ umfasst sie auch auch die Wirtschaftswissenschaften, das Management und das fachliche Know-How der konkreten industriellen Anwendungsfelder. Daher sind interdisziplinäre Cross-Overs ein integraler Bestandteil meiner Lehre. Es gibt dabei reichhaltige technologische Schnittmengen zwischen der 3D-Animation, Games und angewandten interaktiven Technologien in Wirtschaft und Industrie. Interdisziplinäre Vernetzungen basieren auf gemeinsam genutzten Technologien und Inhalten (›Technology and Content Syndication‹). Erstellte Inhalte und Anwendungen können über verschiedene Plattformen verteilt oder dort gemeinsam genutzt werden.2 Diese mediale Konvergenz schafft überraschende Synergien und wertvolle interdisziplinäre Fühlungsvorteile. Games integrieren den Nutzer voll und ganz. Der Nutzer ist integraler und unverzichtbarer Bestandteil eines Spiels. Partizipative Modelle (z.B. ›User Generated Content‹, ›Crowd Data Sourcing‹, ›Early und Open Access‹) werden hier bereits gelebt. Daher nutze ich gern partizipative Modelle und offene Räume (›Open Space‹) zur Umsetzung praktischer Projektarbeiten mit den Studierenden. Lernen ist ein aktiver Prozess mit vielen Beteiligten. Studierende lernen nicht nur vom jeweiligen Dozenten, sondern auch von ihren Kolleginnen und Kollegen, Bekannten und Freunden und nicht zuletzt auch selbständig über analoge und digitale Medien. Lehren und Forschen sind für mich unmittelbar miteinander verwoben. Der Studierende
2
Vgl. Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. | vbw Bayern (Hg.): Voneinander profitieren. Potenziale durch Vernetzung der Medienindustrie, eine Studie von Thomas Hess und Florian Wiesböck, München: Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) 2016.
G AMES , I NTERAKTIVE TECHNOLOGIEN UND INDUSTRIELLE ANWENDUNGEN
| 327
lernt am Besten durch eigenen (intrinsischen) Antrieb, durch seine eigene Neugierde, seinen eigenen Forscherdrang und Wissensdurst. Die intrinsische Motivation soll daher beim Studierenden gefördert werden. In meinen Lehrveranstaltungen bevorzuge ich praxisnahe und angewandte Aufgabenstellungen für Projektarbeiten, sowie den direkten Kontakt mit Experten aus Wirtschaft und Industrie. Angelagerte Gastvorträge und Exkursionen stärken und fördern diesen Praxisbezug. Frontalunterricht, aktive Unterrichtsbeteiligung der Studierenden, interaktive Formen und Seminarteile wechseln einander ab. Es werden analoge und digitale Medien sowie Lernplattformen in gleichem Maß und komplementär benutzt. Die interaktiven Lehrformen sollen die kognitive Aktivierung der Studierenden fördern und unterstützen. Meine Lehre orientiert sich dabei an Formen des sogenannten ›Blended Learning‹.3 Neben dem hohen Praxisbezug ist auch die theoretische Modellbildung ein fester Bestandteil meiner Lehre. Denn: es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie! Theoretische Grundlagen und interdisziplinärer Austausch sollen es dem Studierenden ermöglichen, Transferkompetenzen zu entwickeln. Diese Transferkompetenzen bilden die Basis, um auch in Zukunft Lösungen für bis dahin unbekannte Probleme erarbeiten zu können. Studierende entwickeln sich unterschiedlich und auch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Diesen Unterschieden kann in einer angemessenen Lehre begegnet werden. Neben Fachkompetenzen müssen auch Softskills und soziale Kompetenzen geschult und entwickelt werden. In teamorientiert durchgeführten Projekten können unterschiedliche Charaktere kooperieren und sich gegenseitig ergänzen (›Collaborative Workspaces‹). Interdisziplinäre Aufgabenstellungen bilden einen festen und wichtigen Bestandteil meiner Lehre und sollen das gegenseitige interdisziplinäre Verstehen fördern und die Teamkompetenz jedes Einzelnen verbessern.
3
Vgl. Alexander, Shirley: »Flexible Learning in Higher Education«, in: Penelope Peterson/Eva Baker/Barry McGaw (Hg.), International Encyclopedia of Education. Dritte Auflage, Oxford: Elsevier 2010, S. 441-447.
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O PEN I NNOVATION
ALS
K ATALYSATOR
3D-Visualisierung und interaktive Echtzeitanwendungen sind Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Sie helfen uns, Prozesse und Produkte besser zu verstehen, effizienter zu entwickeln und nachhaltiger zu gebrauchen. Dieses bessere Verständnis führt auch zu einer besseren Umwelt. Simulation und 3D-Visualisierung sind damit Grundlagen für nachhaltige Innovation und ein gutes Leben, nicht nur für den einzelnen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Daher wird zukunftsfähige Forschung den Gedanken von offener Innovation (›Open Innovation‹) unterstützen und fördern. ›Open Innovation‹ bedeutet Wissen, Risiko und Gewinn kooperativ und solidarisch zu teilen. Mein Forschungskonzept orientiert sich an diesen Gedanken. Henry William Chesbrough präsentierte dieses Konzept erstmals im Jahr 2003.4 ›Open Innovation‹ fördert die offene Kommunikation zum gemeinsamen Nutzen. Kooperationspartner tauschen externe und interne Ideen aus und nutzen gemeinsame Wege in den Markt. ›Open Innovation‹ profitiert weniger vom zermürbenden Wettbewerb, als von der synergetischen Verschränkung der verschiedenen Kompetenzen und vom kooperativen Austausch. ›Shared know-how, shared risk and shared gain!‹ – ›Open Innovation‹ bedeutet in meinem Bereich die enge und synergetische Zusammenarbeit und den offenen Austausch zwischen Bildung, Wirtschaft und Industrie. In der Praxis haben sich diese offenen Ansätze für Lehre und Forschung bereits vielfach bewähren müssen. Zurzeit unterrichte ich an fünf verschiedenen deutschen und österreichischen Hochschulen und Universitäten: Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München | Medieninformatik, Technische Universität München (TUM) | Games Engineering, Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg | Interaktive Medien, Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Ravensburg | Mediendesign und FH Joanneum in Graz | Architektur. Im Folgenden stelle ich einige meiner Lehrveranstaltungen an den genannten Hochschulen vor.
4
Vgl. Chesbrough, Henry W.: Open Innovation. The New Imperative for Creating and Profiting from Technology, Boston: Harvard Business School Press 2003.
G AMES , I NTERAKTIVE TECHNOLOGIEN UND INDUSTRIELLE ANWENDUNGEN
P RAKTIKUM 3D-M ODELLIERUNG
MIT
| 329
B LENDER
Nicht nur 3D-Modellierung und 3D-Animation stehen im Mittelpunkt dieser Lehrveranstaltung an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München. Die Studierenden entwickeln auch 3D-Echtzeit-Anwendungen. Kurze Animationsfilme oder kleine Games sind die Ergebnisse dieses Einsteigerkurses. Die Studierenden bekommen einen ersten Einstieg in gemeinsame Technologien und Abläufe in 3D-Animation, Film, Games und bei industriellen Anwendungen. Im Cross-Over zwischen den verschiedenen Disziplinen sollen die Studierenden Synergien der einzelnen Technologien kennenlernen und anwenden. Gastvorträge und Exkursionen stärken den Praxisbezug und stellen den Kontakt zu Wirtschaft und Industrie her. Unsere Studierenden waren bisher zu Gast bei ScanlineVFX GmbH, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), bei Airbus | EADS, dem Media Lab Bayern, bei 3D Excite (vormals RTT AG), bei der ehemaligen Metaio GmbH (jetzt Apple), im BMW | FIZ, dem VR Studio der BMW AG und bei der BMW Group | Forschung Batterietechnologie. Gastvorträge hielten Fuat Yüksel, Technical Director FX bei Trixter Film, Artur Kubiczek von Fish Blowing Bubbles, Jörg Vogel von Fuchs & Vogel | Media Solutions, Johannes Roth von Mimimi Produtions, Clemens Hochreiter von Reality Twist, Jürgen Dudowits von Time in the Box und viele andere. Abbildungen 1-2: Marble Spaceship. CG Animation
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Quelle: Marble Spaceship – computergenerierte 3D-Animation von Clara Lüling, entstanden im ›Praktikum 3D-Modellierung‹ | Wintersemester 2012/2013. ›Marble Spaceship‹ gewann den zweiten Platz beim ›Fast Forward Science Award 2015‹ und wurde in der ZKM Media Lounge in Karlsruhe ausgestellt. https://www.youtube. com/watch?v=2yHwFyzgb7s&t=2s)
Abbildung 3: Structure of a Conventional Lithium-Ion Pouch-Cell
Quelle: Computergenerierte 3D-Animation von Neal Bürger, Johannes Franz, Sylvia Kempe, Rea Schmidt und Irada Tews – extracurriculares universitäres Koop‚erationsprojekt. Mit freundlicher Unterstützung von Stephan Kosch und Alexander Rheinfeld | TU München, Institute for Electrical Energy Storage, A. Jossen. https://www.youtub e.com/watch?v=DlOf19AnW2c
G AMES , I NTERAKTIVE TECHNOLOGIEN UND INDUSTRIELLE ANWENDUNGEN
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Abbildung 4: Switchable Nanoparticles . CG Animation
Quelle: Computergenerierte 3D-Animation von Anna Rieder, Katharina Vierheilig, Korbinian Lipp and Matthias Lamm, entstanden im ›Praktikum 3D-Modellierung‹ | Sommersemester 2013. Mit freundlicher Unterstützung von Bettina Kracke | Technische Universität München, Molecular & Cellular Biophysics, Thorsten Hugel. ›Switchable Nanoparticles‹ war nominiert für den ACGA Award 2016.
Abbildung 5: Die kleine Raupe Nimmersatt . AR Anwendung
Quelle: Die kleine Raupe Nimmersatt - Ergänzende AR-Anwendung zum Buch von Eric Carle, erstellt mit Junaio von Marius Hoggenmüller, David Rasch und Simon Weiser, entstanden im ›Praktikum 3D-Modellierung‹ | Wintersemester 2014/2015. Mit freundlicher Unterstützung von Matthias Greiner und Nicolai Georg | Metaio GmbH., München. https://www.youtube.com/watch?v=ebSo178FZLI
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Abbildungen 6/7: Oktoberfest 1910 . AR Tourist Guide
Quelle: Oktoberfest 1910 - Augmented Reality Tourist Guide, erstellt mit Junaio von Jens Fakesch und Maximilian Hackenschmied, entstanden im ›Praktikum 3D-Modellierung‹ | Wintersemester 2014/2015. Mit freundlicher Unterstützung von Matthias Greiner und Nicolai Georg | Metaio GmbH., München.
Abbildungen 8-10: History Traveller . AR Tourist Guide
G AMES , I NTERAKTIVE TECHNOLOGIEN UND INDUSTRIELLE ANWENDUNGEN
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Quelle: History Traveller - Augmented Reality Tourist Guide mit einer digitalen Rekonstruktion der alten Hauptsynagoge in München, Masterarbeit von Simon Pfaab | Wintersemester 2015/2016. Mit freundlicher Unterstützung von Matthias Greiner | Metaio GmbH., München und Marc Grellert | Technische Universität Darmstadt. Datenvorlage des 3D-Modells der ehemaligen Hauptsynagoge: Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Digitales Gestalten. https://www.youtube.com/watch?v= ai416fGUJsOg&t=2s
O PEN G AMES W ORKSHOP Der Open Games Workshop an der LMU in München ist ein offenes Lehrveranstaltungsformat. Gemeinsam mit Industriepartnern arbeiten die Studierenden an innovativen und experimentellen Spielekonzepten. Wie in einem Bar-Camp werden dabei themenbezogene Arbeitsgruppen gebildet. Im interdisziplinären Kontakt mit den Unternehmen werden die Studierenden mit aktuellen Themen konfrontiert, lernen neue Anwendungsbereiche und Technologien kennen und setzen diese Erkenntnisse in eigenen Spieleentwicklungen um. Gemeinsam mit Sensomotoric Instruments (SMI) entstanden ›Eye-Tracking Game Concepts‹ mit blickbasierter Interaktion. Unterstützt von Intel RealSense Technology wurden ›Mid-Air-Gesture based Game Concepts‹ entwickelt. Fünf ›Augmented Reality Games‹ entstanden in Zusammenarbeit mit Ravensburger Digital. Neue Methoden für die Interaktion und Objektmanipulation in Virtual Reality Systemen entwickelten die Studierenden gemeinsam mit der Innoactive GmbH.
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Abbildung 11: Flying Isles . Blickbasiertes Jump ‘n’ Run Game
Quelle: Flying Isles - Blickbasiertes Jump ‘n’ Run Game von Elias Englmeier, David Englmeier, Patrik Hagen, Stefan Schätz, Linh Nguyen Vo und Thomas Wimmer, entstanden im ›Open Games Workshop‹ | Sommersemester 2015. Mit freundlicher Unterstützung von Sensomotoric Instruments (SMI) | Martin Dechant und Thomas Jablonski.
Abbildung 12: Game of Drones . Gaze based Game Concept
Quelle: Game of Drones - Gaze based Game Concept von David Rasch, Marius Hoggenmüller, Marius Schiele, Sandro Kurpiers, Schaperai Badri und Simon Weiser, entstanden im ›Open Games Workshop‹ | Sommersemester 2015. Mit freundlicher Unterstützung von Sensomotoric Instruments (SMI) | Martin Dechant und Thomas Jablonski.
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Abbildung 13: Divine Intervention - Gesture based Game Concept
Quelle: Divine Intervention - Mid Air Gesture based Strategy Game Concept von Jan Gillich, Alexandra Rauhut, Miriam Mayer und Matthias Nefzger, entstanden im ›Open Games Workshop‹ | Wintersemester 2015/2016. Mit freundlicher Unterstützung von Thomas Fickert | DEXPERIO GmbH. und Intel® RealSense™ Technology, München. https://youtu.be/wRHsq5RDgSo
Abbildung 14: ARacer . Augmented Reality Racing Game Concept
Quelle: ARacer - Augmented Reality Racing Game Concept von Lukas Mecke, Daniel Elsner, Simon Wanner und Julian Kolarz, entstanden im ›Open Games Workshop‹ | Sommersemester 2016. Mit freundlicher Unterstützung von Daniel Volk | Ravensburger Digital, München. https://youtu.be/ru4XsELCYMk
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Abbildung 15: Carpentry VR – Virtual Reality Sim Game Concept
Quelle: Carpentry VR – Ein Virtual Reality Sim Game Concept von Benedikt Reschberger und Martin Hering, entstanden im ›Open Games Workshop‹ | Wintersemester 2016/2017. Mit freundlicher Unterstützung von Innoactive GmbH., München | Daniel Seidl, Evangelos Angelidis, Roman Rolnik und Thomas Wimmer. https://youtu. be/nPm0Zs5MDvM
O PEN R EAL T IME & G AMES W ORKSHOP Diese Lehrveranstaltung findet an der TU München im Studiengang Games Engineering statt. Es ist ein zur Industrie offenes Lehrveranstaltungsformat für ›Serious Gaming‹, 3D-Visualierung und Echtzeitsimulation. In diesem Kurs geht es um die experimentelle Entwicklung neuer Interaktionskonzepte für Games und die angewandte 3D-Simulation. Abbildungen 16-17: Cave Diver. Biofeedback Game Concept
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Quelle: Cave Diver - 3D-Echtzeit-Tauchsimulator mit Bio-Feedback von Hanieh Arjomand-Fard und Julian Schwertl entstanden im ›Open Real Time Games Workshop‹ | Sommersemester 2016. https://www.youtube.com/watch?v=Vf0AIykdCLo
Im Mittelpunkt stehen ›Realtime Biofeedback‹, ›Gaze and Gesture based Interaction‹, sowie die Evaluierung aktueller angewandter interaktiver 3DTechnologien (›Virtual Reality‹, ›Mixed Reality‹ und ›Augmented Reality‹). Abbildung 18: Cowboys vs. Zombies . Bio-Feedback Game Concept
Quelle: Cowboys vs. Zombies - Bio-Feedback Game Concept von Conrad Steinmetz, Florian Buschek, Johannes Runkel und Jean Paul Vieira Filho, entstanden im ›Open Real Time Games Workshop‹ | Sommersemester 2016. Mit freundlicher Unterstützung von Peter Zeile und Daniel Broschart | TU Kaiserslautern. https://www.you tube.com/watch?v=YL4PNjFhSPU&t=15s
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Von besonderem Interesse sind dabei Immersion, Präsenz und Involvement bei 3D-Echtzeittechnologien. Auch das initiale Entwickeln von angewandten Forschungsfragen und neuen Forschungsansätzen zählen zu den Aufgaben der Studierenden. Unter anderem entstanden dabei ›Game Concepts‹ mit ›Realtime Biofeedback‹ und dem ›Zephyr BioHarness 3‹. Im Spielekonzept ›Cowboys vs. Zombies‹ wird der Pulsschlag und der Aufenthaltsort des Spielers während des Spiels aufgezeichnet. So genannte ›Moving Bars‹ kennzeichnen nach dem Spiel den Ort des Spielers und die Höhe seines Pulsschlages. Abbildung 19-20: The Grid - Rogue AI . VR Multiplayer Game
Quelle: The Grid - Rogue AI . Virtual Reality Multiplayer Game Concept mit der HTC Vive von Jeff-Owens Iyalekhue, Lukas Bonauer, Peter Greth, Daniel Jazz Young, Oliver Jung und Moritz Rocksien, entstanden im ›Open Real Time Games Workshop‹ | Sommersemester 2017. Mit freundlicher Unterstützung von Gudrun Klinker und Andreas Dippon. https://www.youtube.com/watch?v=pOlsbTCViE8
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Die Studierenden nutzen aber auch interaktive ›VR Environments‹ mit der ›Oculus Rift‹ und dem ›Leap Motion Controller‹. Sie entwickeln ›Multiplayer Game Concepts‹ mit der ›HTC Vive‹, und integrieren ›Force Feedback Hardware‹ in ihre Spielekonzepte.
R AUM
UND
O RIENTIERUNG 2
In dieser Lehrveranstaltung am Studiengang Interaktive Medien der Hochschule Augsburg entstehen Projektarbeiten im Bereich 3D-Animation, VFX/SFX und Gaming unter der Leitung von Jens Müller. Teambasiert erlernen die Studierenden in diesem Kurs die Prinzipien und Produktionsabläufe von 3D-Arbeitsumgebungen (Offline und Echtzeit). Filme und Spiele werden von den Studierenden professionell konzipiert und umgesetzt. Die Projektthemen reichen dabei von animierten Kurzfilmen über die Umsetzung aktueller technischer Spezialeffekte bis hin zu kleinen Games. Abbildung 21: Minds at Sea . CG Animation
Quelle: Minds at Sea - CG Animation von Mylen Husel, Georg Kagermeier, Oliver Luxenhofer, Stefan Mayr und Jessica Moll, entstanden in ›Raum und Orientierung 2‹ | Sommersemester 2016. https://www.youtube.com/watch?v=nCKhogxAPKI
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Abbildung 22: The Stranger . CG Animation
Quelle: The Stranger - CG Animation von Olga Bettenburg, Verena Gehrig, Daniela Neupert und Moritz Preisinger, entstanden in ›Raum und Orientierung 2‹ | Sommersemester 2016. https://www.youtube.com/watch?v=yb3GjyORKxI
Abbildung 23: If Only . CG Animation
Quelle: If Only - CG Animation von Jonathan Stütz, Johannes Fuhg, Benedikt Köhler und Lukas Woyte, entstanden in ›Raum und Orientierung 2‹ | Sommersemester 2016. https://www.youtube.com/watch?v=-wDjtQyQ0e0&t=41s
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V ISUALISIERUNG 2 In einem ›Collaborative Workspace‹ an der FH Joanneum in Graz erwerben die Studierenden technische, gestalterische und organisatorische Transferkompetenzen beim Erstellen einer animierten, computergestützten Architekturvisualisierung. Ziel dieser Lehrveranstaltung ist die multidisziplinäre Nutzung grafischer und räumlicher Darstellungsverfahren. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Manipulation von grafischen Objekten und die integrale Interaktion mit verschiedenen computergestützten Systemen. Die Studierenden sollen fächerübergreifend und in eigener Praxis Eingabemechanismen und Manipulationsmethoden an der Mensch-Maschine-Schnittstelle kennenlernen und diese als Grundlage des grafischen Dialogs nutzen. Durch die praktische Arbeit begegnen sie maßgeblichen Standards und sie lernen Systeme zur 3D-Visualisierung kennen und bewerten. Abbildung 24: One Day in a Courtyard House . CG Animation
Quelle: Haus mit drei Höfen (Ludwig Mies van der Rohe, 1934) 5 . Computergenerierte 3D-Rekonstruktion von Markus Bernardi, Romana Fuchsbichler, Yilan Josephine Liu und Gernot Wiesinger, entstanden in ›Visualisierung 2‹ im Sommersemester 2010. https://www.youtube.com/watch?v=GPjkrMx6v0o
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Blaser, Werner: Mies van der Rohe, Zürich: Artemis 1986.
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Abbildung 25: Vienna 2080 - CG Animation
Quelle: Fleur de Saison - Vienna 2080 . Computergenerierte 3D-Animation von Benjamin Sasdi, Christoph Schermann und Thomas Salmhofer, entstanden in ›Visualisierung 2‹ im Sommersemester 2011. https://www.youtube.com/watch?v=zDFpFPZ BEX0
L ITERATUR Alexander, Shirley: »Flexible Learning in Higher Education«, in: Penelope Peterson/Eva Baker/Barry McGaw (Hg.), International Encyclopedia of Education. Dritte Auflage, Oxford: Elsevier 2010, S. 441-447. Blaser, Werner: Mies van der Rohe, Zürich: Artemis 1986. Chesbrough, Henry W.: Open Innovation. The New Imperative for Creating and Profiting from Technology, Boston: Harvard Business School Press 2003. Popper, Karl R.: Logik der Forschung. Zur Erkenntnistheorie der Modernen Naturwissenschaft, Tübingen: Mohr Verlag 1982. Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. | vbw Bayern (Hg.): Voneinander profitieren. Potenziale durch Vernetzung der Medienindustrie, eine Studie von Thomas Hess und Florian Wiesböck, München: Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien der Ludwig-MaximiliansUniversität (LMU) 2016.
5 Game Economics and Producing
Wirtschaftswissenschaften, Unternehmertum und Projektmanagement O DILE L IMPACH 1
In diesem Beitrag beschreibe ich die Themen und die Struktur meines Unterrichts in den Fachgebieten Wirtschaftswissenschaften, Unternehmertum und Projektmanagement im Bereich digitaler Spiele. Darüber hinaus stelle ich mein pädagogisches Konzept dar, d.h. ich erläutere wie sich die genannten Fächer und Wissensgebiete kreativen Spielemachern vermitteln lassen. Als Beispiele werde ich vor allem die Bachelor- und Master-Kurse des Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln heranziehen.
Ü BERBLICK Im BA und MA Digital Games des CGL vermitteln die Kurse ›Economics and Entrepreneurship for Games‹2 Grundlagen der Makro- und Mikroökonomie sowie zentrale Theorien des Medienmanagements, des Personalmanagements und des Projektmanagements. Obwohl die Kurse sich als Einführung in diese Felder verstehen, sind auf einigen Gebieten auch Vertiefungen vorgesehen. Durch das Angebot zusätzlicher Inhalte versuche ich, die Neugier der Studierenden zu wecken, um sie zu eigenständiger weiterer Forschung
1
Die Übersetzung des Textes aus dem Englischen besorgte Sarah Abouzari.
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Der Unterricht am CGL wird ausschließlich auf Englisch abgehalten; daher sind auch alle Modul- und Veranstaltungstitel englischsprachig.
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anzuregen. Der zur Verfügung stehende Zeitrahmen ist so strukturiert, dass sowohl ein Einblick in ökonomische Theorien und Übungen zu ihrer praktischen Anwendung möglich sind als auch die Förderung eigener Reflexionen zu Fragen des Managements und der Organisation.
W ARUM W IRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN UND P ROJEKTMANAGEMENT IM S TUDIUM DIGITALER S PIELE ? In der Entwicklung digitaler Spiele verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Produktion und Vermarktung. Spieleentwickler müssen daher über genaue Kenntnisse auf dem Gebiet kommerzieller Auswertung und ihrer verschiedenen Kanäle verfügen. Die Entwicklung von Spielen erfordert ein tiefergehendes Verständnis dafür, wie der Markt strukturiert ist und wie er sich ständig weiterentwickelt. Teams, die Spiele entwickeln, ob nun in großen oder kleinen Studios, werden kontinuierlich mit einer Vielzahl von Anforderungen konfrontiert, um nach außen zu kommunizieren. Erfolgreiche Spieleentwicklung resultiert so aus der Verbindung besonders innovativen Game Designs mit detaillierter Marktkenntnis. Darüber hinaus werden Games häufig nach der ›Agile‹-Methode entwickelt. Diese Entwicklungsprinzipien beruhen im Kern auf selbstorganisierten Teams bei Planung und Umsetzung, sowie einer iterativen inkrementellen Vorgehensweise (vom lateinisch agilis: flink, beweglich). Es wird in kurzen Zyklen entwickelt, mit wenig bürokratischem Aufwand. Der Fokus liegt auf der regelmäßigen Lieferung von funktionierender Software in kurzen Zeitspannen, wobei Einfachheit essenziell ist. Diese Methoden verlangen praktische Erfahrungen im Personalmanagement und in der Koordination sowie flexiblen Führungsqualitäten. Zu Beginn des Kurses erläutere ich die vielfältigen Zusammenhänge zwischen der Entwicklung und der Verwertung eines Videospiels sowie die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit und eines gegenseitigen Verständnisses zwischen den beiden Fachgebieten. Denn die künstlerische Ausrichtung eines Spiels beeinflusst den Markenwert des Endprodukts sowie das Marktpotenzial in einzelnen Ländern. Das Verständnis von Farbkodierungen zum Beispiel ist zwischen den Kulturen oft unterschiedlich. Zudem stellen die gegenwärtigen Online-Vertriebskanäle recht anspruchsvolle Voraussetzungen an die Code-Struktur und fordern spezifische Berichtsformate, die
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am besten frühzeitig in die Architektur des Spiels integriert werden sollten. Weitere solcher gegenseitigen Abhängigkeiten existieren. Entwickler und Vermarkter müssen deshalb eng zusammenarbeiten, von dem Entwurf eines Spiels bis zu seiner Veröffentlichung und auch noch danach. Außerdem ist es wichtig, ein Verständnis dafür zu wecken, dass Theorien der Wirtschaftswissenschaften und des Managements Entscheidungen im Game Design beeinflussen können. Das Genre eines Spiels hat zum Beispiel einen direkten Einfluss auf mögliche Zielgruppen. Ebenso betrachte ich die Studierenden als meine Zielgruppe und versuche, meinen Kursen eine konstruktive und unterstützende Ausrichtung zu geben. Abbildung 1: Kundenorientierung (Customer Centricity) in der Videospielindustrie. In der Videospielindustrie ist die Grenze zwischen Produktion, Vertrieb und Marketing aufgehoben. Der Markt und auch die meisten Unternehmen sind auf die Spieler zentriert. Spiele werden als Service angeboten.
Quelle: Eigene Abbildung
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D IE B EDEUTUNG
DES
U NTERNEHMERTUMS
Der Videospielmarkt ist äußerst schnelllebig und wird von immer kürzeren technischen Zyklen bestimmt. Er bietet daher ein günstiges Umfeld für Startups und innovative, disruptive Geschäftsmodelle. Als junge Kreative wollen viele unserer Studierenden ein eigenes Unternehmen gründen, um ihre Spielideen unabhängig zu realisieren. Daher konzentrieren sich die Kurse zum Unternehmertum auf die Vermittlung der für eine Firmengründung notwendigen Fähigkeiten und Grundkenntnisse sowie darauf, die Studierenden bei der Entwicklung ihrer Managementfähigkeiten und ihrer Befähigung zu strategischem Denken zu fördern.
S TRUKTUR
UND
T HEMEN
DER
K URSE
›Economics and Entrepreneurship in Games‹ ist in den beiden Studiengängen BA und MA Digital Games des CGL ein Pflichtfach – im Rahmen der ›Media and Game Studies‹ –, das alle Studierenden unabhängig von ihrer Spezialisierung belegen müssen. Die Seminare sind dabei auf 12 bis 16 Kontaktstunden pro Semester angelegt. Im Bachelor-Studium lege ich den Schwerpunkt darauf, dass die Studierenden die Entwicklung des Marktes verstehen lernen, ein Verständnis für die Geschichte und Struktur der Gamesbranche entwickeln sowie die Fähigkeit ausbilden, digitale Spiele aus der Perspektive der Medienwirtschaft zu betrachten. Mein Ziel ist es, die Studierenden bei der Analyse und Bewertung des Marktes und seiner schnellen Entwicklung zu begleiten. In Bezug auf Unternehmertum möchte ich die Eigeninitiative fördern und die Studierenden mit theoretischem und praktischem Hintergrundwissen ausstatten. Da die meisten Studierenden eigene Projekte realisieren wollen und nach Veröffentlichungsmöglichkeiten suchen, habe ich meinen Unterricht so strukturiert, dass er vermittelt, was unabdingbar notwendig ist, um diese Ziele erfolgreich zu verfolgen. Im Unterricht für die Master-Studierenden konzentriere ich mich hingege verstärkt auf unternehmerische Werte und vermittle die Rahmenbedingungen, um die Entwicklung eines Spiels nach dem Stage-Gate-Modell aus ökonomischer Sicht zu begleiten. Dabei wird das Entwicklungsvorhaben in mehrere einzelne, aufeinander zeitliche folgende Abschnitte (sogenannte Tore)
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unterteilt. Bei jedem Meilenstein werden beim ›Tor‹ die Projektfortschritte evaluiert und eine Entscheidung über die weitere Entwicklung oder den Abbruch des Projekts getroffen. Meine Bachelor- und Master-Module decken jeweils drei Hauptthemen ab: Theorien der Wirtschaftswissenschaften, Theorien des Projektmanagements und Werte des Unternehmertums. Die Komposition der Module ist klassisch aufgebaut, beginnend mit der Einführung von Theorien, Erklärungen und Reflexion. Danach werden Workshops oder Seminare und praktische Übungen angeboten, um eine Brücke zwischen dem hochschulischen Umfeld und den alltäglichen Anforderungen des Videospielmarktes zu schlagen. Neben praktischen und projektbasierten Modulen erwerben die Studierenden zudem theoretische Kenntnisse, die für eine kritische Betrachtung von Videospielen und deren Markt notwendig sind. Der Unterricht im Bachelor umfasst sieben Semester. Er setzt mit der Vermittlung von allgemeinem Wissen für ein Grundverständnis und die Befähigung zur Interpretation ein und mündet in tiefergehende Analysen und weiterreichende Planungen am Ende der Studienzeit. Die MA-Klassen sind als Fortsetzung der Bachelor-Module konzipiert und setzen einen Schwerpunkt auf Unternehmertum. Sie vermitteln den Studierenden die Rahmenbedingungen, um eigene Projekte, Veröffentlichungsstrategien und Geschäftspläne zu entwickeln. Wirtschaftswissenschaften In diesem Teilbereich werden die grundlegenden Konzepte und Begriffe der Ökonomie behandelt, etwa das Gesetz von Angebot und Nachfrage, Konsumentenverhalten, Makroökonomie, betriebswirtschaftliche Leistungskennzahlen, die Grundlagen der strategischen Planung und des Marketings. Zudem beschäftigt sich der Unterricht mit Strukturanalysen des Marktes, der Entwicklung der Klassifikation der verschiedenen Akteure und einem Verständnis der aktuellen Zahlen und der Schlüsselindikatoren des Marktes. Die Strukturen des Videospiel-Marktes verändern sich ständig und stark, da kontinuierlich neue Technologien aufkommen wie etwa der Online-Zugang, virtuelle Realität und mobile Geräte. Die Akteure des Marktes, ob Publisher, Entwickler oder Hardwarehersteller, passen sich diesem Wandel an, manchmal auf drastische Weise, indem sie ihre Strategien nachhaltig verändern. Weiterhin treten regelmäßig neue Akteure in den Markt ein und auch völlig
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neue Märkte entstehen. Die Studierenden werden angeleitet, den Markt, seine Evolution, Struktur und Besonderheiten kritisch zu analysieren. Sie erstellen wissenschaftliche Prognosen, Markenanalysen und betreiben Markenforschung. In Workshops schreiben die Studierenden dann zum Beispiel eine Positionserklärung für ihr Videospielprojekt, formulieren eine Marketingstrategie und planen mit einer angemessenen Zielgruppenanalyse eine Marken- und Kommunikationsstrategie. Projektmanagement Die Agile-Entwicklungsmethode bildet den Kern dieser Klasse mit besonderem Schwerpunkt auf dem SCRUM-Framework, einer der meist benutzten agilen Entwicklungsmethoden. Im Scrum werden die Anforderungen an Produkte aus der Anwendersicht formuliert, die Entwicklung erfolgt in kurzen Zyklen mit einer iterativen und inkrementellen Planung. Diese Theorien werden analysiert und Methoden des Projektmanagements durchgenommen. Ziel des Unterrichts ist es nicht, Projektmanager zu schulen, sondern es den kreativen Designern und Künstlern zu ermöglichen, innerhalb einer Projektgruppe zu arbeiten. Deshalb habe ich die Klasse so entworfen, dass sich die Studierenden mit den Anforderungen vertraut machen können, die zukünftige Projektmanager an sie stellen werden. Darüber hinaus sollen sie befähigt werden, bei der Entwicklung ihrer Kernkompetenzen auf die richtigen Methoden zurückgreifen zu können. Projektmanagement muss erlebt werden. Ich bin der Überzeugung, dass für diesen Bereich ›Learning by Doing‹ der einzig tragfähige Einstieg ist, um organisatorische Methoden reflektieren zu können. Da die Studierenden des Cologne Game Labs in jedem Semester ein Spielprojekt realisieren, begleite ich diese Projekte als Mentor und Coach hinsichtlich der Projekt-managementmethoden. Die organisatorischen Aspekte der agilen Entwicklung, die Dokumentation eines Projektes, die Post-Mortem-Analyse und die Risikobewertung spielen in allen Semestern eine zentrale Rolle. Unternehmertum Es gibt viele Definitionen des Unternehmertums. Ich strukturiere den Unterricht nach der folgenden Gleichung:
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Unternehmertum = Chance + Risiko + Ehrgeiz + Innovation + Profit + Team Unternehmertum ist mehr als eine Denkweise, und durch die Herbeiführung analytischer Verhaltensweisen können wir einen fruchtbaren Boden bereiten, auf dem zukünftige Unternehmer gedeihen. Dies kann beispielsweise durch die Einführung von Methoden zum Management von Innovationen, strategische Planungsanalyse und die Entwicklung von analytischen Geschäftskompetenzen erreicht werden. Der so geweckte Unternehmergeist kann dann gefördert und entwickelt werden, während die Studierenden im Laufe der Semester reifen. Abbildung 2: Themen, die innerhalb des vorhandenen Zeitrahmens abgedeckt werden
Quelle: Eigene Abbildung
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Ein wichtiger Aspekt des Unternehmertums ist auch die Fähigkeit, Geschäftspläne aufzustellen und vor Investoren und Finanzinstituten zu pitchen. Diesen Bereich decken praxisorientierte Seminare und die Auseinandersetzung mit Testfällen ab. Der Unterricht für die Masterstudierenden konzentriert sich in besonderem Maße auf die Erstellung von Geschäftsplänen und das Einüben von Projektentwicklung nach dem Stage-Gate-Prozess. Dabei wechseln sich theoretische Einführungen mit praktischen Übungen ab. Ebenfalls vermittelt werden notwendige Fähigkeiten, um ein neu geschaffenes Unternehmen zu verwalten und weiter zu entwickeln.
P ÄDAGOGISCHE K ONZEPTION Meine langjährigen Führungstätigkeiten in der Gamesbranche in Verbindung mit meinem Masterstudium in Betriebswirtschaftslehre haben mich zu der festen Überzeugung gebracht, dass die Vermittlung theoretischen Wissens immer von Beispielen begleitet werden und als Grundlage für die weitere Entwicklung dienen sollte. Ich bringe den Studierenden notwendiges theoretisches Hintergrundwissen nahe, damit sie die Denkweisen verstehen, die sich mit Industriepraktiken verbinden, und um sie zu befähigen, diese Praktiken selbst zu übernehmen. Von entscheidender Bedeutung ist es bei diesem Prozess, bei den Studierenden Engagement zu wecken. Die relativ kleinen Seminargrößen am CGL erlauben es mir, den Studierenden nahe zu sein und persönlichen Austausch anzuregen. Wir nehmen im Bachelor-Studiengang 35 bis 40 Studierende und im Master-Studiengang 15 bis 20 Studierende pro Jahr auf, wodurch Diskussionen und Feedback während der Seminare möglich bleiben. Um die Entwicklung der Studierenden zu befördern, ist es wichtig, sie zur Reflexion und weiteren Ausarbeitung des theoretischen Wissens anzuregen. Zu diesem Zweck organisiere ich zum Beispiel regelmäßig Diskussionen über aktuelle Marktzahlen und wichtige Wirtschaftsereignisse (Fusionen, Entstehung neuer Technologien, innovative Geschäftsmodelle etc.). Selbstverständlich arbeite ich viel mit Beispielen aus der Branche und organisiere Arbeitsgruppen, um über diese Themen zu reflektieren und zu diskutieren. Ebenso lade ich regelmäßig Fachleute aus der Branche ein, damit sie ihre Erfahrungen teilen und Fälle der praktischen Umsetzung darstellen.
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Die Tatsache, dass die Studierendem am CGL über sehr diverse Hintergründe verfügen – einige haben gerade erst ihr Abitur gemacht, andere haben bereits ein anderes Bachelor-Studium hinter sich, wieder andere haben schon ein paar Jahre beruflich in verschiedenen Bereichen wie Programmierung, Eventmanagement oder Webdesign gearbeitet – lässt das Arbeiten in Gruppen besonders reizvoll erscheinen und fördert unter den Studierenden interdisziplinäres Lernen. Diese Vielfalt macht es allerdings auch zu einer Herausforderung, die Unterrichtsinhalte so zu formen, dass sie möglichst jeden Studierenden ansprechen und ihr Interesse auf allen Ebenen wecken, von sehr grundlegenden Ideen der Wirtschaftswissenschaften bis zu fortgeschrittenen Anwendungen, Analysen und Auswertungen. Deshalb entwerfe ich die Seminarsitzungen so flexibel, dass ich ihre Schwierigkeitsstufe an die jeweiligen Reaktionen und das Maß der Beteiligung anpassen kann. Mein vorrangiges Ziel ist es, die Akkumulation von Wissen zu befördern und dabei gleichzeitig die Studierenden in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen und zu ermutigen. Mentoring spielt dafür eine wichtige Rolle, insbesondere für die Entwicklung einer ökonomischen Sicht auf die kreative Arbeit und die Befähigung über den Tellerrand zu schauen. Für mich selbst ist dabei persönlicher Kontakt mit den Studierenden sehr wichtig, damit ich meine Lehre entsprechend anpassen und individuelle Unterstützung anbieten kann. Ich finde es spannend, mit den Studierenden aktuelle Marktentwicklungen zu diskutieren und ihre Reaktionen auf und Analysen von neuen Technologien oder Trends zu hören. Da sich der Videospielmarkt rasant entwickelt und sein Wachstum durch wichtige technologische Durchbrüche markiert wird, erfahre ich es als bereichernd, diese neuen Entwicklungen mit den Methoden und Mitteln zu diskutieren und zu bewerten, die sich die Studierenden im Unterricht angeeignet haben, um tiefere Einsichten in die Situation des Marktes zu gewinnen. Dabei ermutige ich die Studierenden, ihre Standpunkte zu Marktentwicklung, Management und Projektpraktiken zu erklären und zu verteidigen. Ihre Argumente helfen mir dabei, mein Verständnis der Digitalisierung der Gesellschaft auf dem neuesten Stand zu halten. Ich positioniere mich als Vermittler, um reflektierendes Engagement in der Klasse zu fördern, zu strukturieren und anzuleiten. Ebenso wichtig erscheint es mir, als Trainer und Mentor zu agieren und die Studierenden auf ihr Berufsleben vorzubereiten, indem ich ihnen vermittle, wie sie verantwortlich und organisiert handeln sollten, um Teams oder Unternehmen verwalten und kontrollieren zu können. Nach
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Möglichkeit vermittle ich Theorie im Unterricht partizipatorisch (kurze Frage-Antwort-Sessions) und gebe dann den Studierenden Zeit, diese Theorien anzuwenden, zu analysieren und Fallbeispiele zu finden, die für einzelne Studierende oder Teams spezifisch sind. Ein weiteres Schlüsselelement meiner Seminare ist das Einüben von Präsentationen vor Publikum, die Bewertung solcher Präsentationen durch die Kommilitonen und die produktive Annahme solcher Rückmeldungen, denn über diese Fähigkeiten werden die Studierenden in ihrer zukünftigen Arbeitsumgebung verfügen müssen. Projektarbeit stellt eine ideale Situation dar, in der die Studierenden die notwendigen Soft- und Hardskills anwenden und reflektieren können, um zu den Managern von morgen zu werden. Gruppen-Coaching ermöglicht es den Studierenden, kontinuierlich ihre eigenen Fortschritte zu beobachten und sich darin zu üben, das Geben von Feedback zu trainieren. In der Gamesbranche sind Projektarbeiten und Agile-Entwicklungsmethoden weit verbreitet. Daher ist es wichtig, früh mit der Arbeit in Gruppen zu beginnen und den Austausch mit Kollegen zu pflegen, damit die Vielfalt der Teams zu ihrer Stärke werden kann. Praktischer Ansatz Der Unterricht beinhaltet theoretische Erklärungen, gefolgt von praktischen Übungen, die das erworbene Wissen vertiefen und Vertrautheit mit den unterrichteten Konzepten herstellen. Wir arbeiten zuerst die Theorie durch und wenden sie dann in kleinen Arbeitsgruppen oder Projekten an. Die im Unterricht vermittelten Lernergebnisse werden dann in schriftlichen Tests überprüft. Struktur einer Unterrichtseinheit In den ersten 30 bis 45 Minuten jeder Unterrichtseinheit stelle ich in Form einer Präsentation die notwendigen theoretischen Inhalte vor. Ich gebe einige Beispiele, plane Zeit für Fragen und Antworten ein und ermuntere die Studierenden, diese Theorien zu reflektieren. Danach leite ich eine Übung an, in der die gelehrten Konzepte in Kleingruppen von drei bis vier Studierenden angewendet werden. Zum Beispiel beauftrage ich die Studierenden in der strategischen Marketing-Klasse eine SWOT-Analyse des Cologne Game Labs zu erstellen. Damit lernen die Studierenden die Anwendung eines
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üblichen Instruments der strategischen Planung. Bei einer Strengths (Stärken) Weaknesses (Schwächen) Opportunities (Chancen) Threats (Bedrohungen) Analyse werden die intrinsischen Stärken und Schwächen von einem Produkt oder Unternehmen, sowie die Chancen und Bedrohungen des Umfelds und Marktes identifiziert und analysiert. Ich gebe 20 Minuten Zeit, um die Analyse anzufertigen, lasse dann einige Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren. Die anderen Studierenden ermutige ich, Feedback zu geben und sich an den sich ergebenden Diskussionen zu beteiligen. Besonders viel Spaß macht mir: • • •
ein Thema zu präsentieren, zu erklären und Beispiele zu geben. die dargestellten Konzepte in kleinen Arbeitsgruppen anwenden zu lassen. zusammen mit den Studierenden die Ergebnisse dieser Gruppenarbeit zu diskutieren und sie darin zu trainieren, ihren Kommilitonen Feedback zu geben.
Beispiel einer Unterrichtseinheit Lernerfolg Die Studierenden entwickeln einen Marketingplan für ein Spiel, indem sie die traditionellen Säulen des Marketing-Mix anwenden, vor allem das Definieren der Zielgruppen, der Marketingziele und Strategien sowie die Planung der Marketingaktionen. Damit werden sie befähigt, Vertriebsund Marketingstrategien für zukünftige Spielprojekte zu erstellen, anzuwenden und zu unterstützen. Beschreibung des Unterrichts In dieser Unterrichtseinheit besprechen wir die grundlegende Theorie des Marketingmix, die 4Ps und 4Cs und schaffen die Rahmenbedingungen für das Erstellen eines Marketingplanes. Die ›vier P‹, Product (Produktpolitik), Price (Preispolitik), Place (Distributionspolitik) und Promotion (Kommunikationspolitik), und die ›vier C‹, Commodity (Ware), Cost (Kosten), Communication (Kommunikation) und Channel (Kanal), sind die klassischen Instrumente des Marketing-Mix. Damit werden die Vermarktungsstrategien in Vermarktungspläne und Aktionen umgesetzt. Wir untersuchen auch Beispiele aktueller Spiele von verschiedenen Firmen und diskutieren ihre Qualität und Relevanz. In Workshops üben wir das
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Verfassen einiger Elemente eines Marketing-Plans wie Zielgruppenbeschreibung, Markenwerte oder Marketingziele. Schriftliche Prüfung In der schriftlichen Prüfung werden die Studierenden dann aufgefordert, einen Teil des Marketingplans eines Spiels zu erläutern und zu verbessern. Zusammenarbeit mit der Videospielindustrie Ich arbeite eng mit der Videospielindustrie zusammen, die eine ziemlich junge Industrie ist und sich in den vergangenen 25 Jahren sehr schnell entwickelt hat. Es erscheint mir hilfreich, regelmäßig Führungskräfte einzuladen, damit die Studierenden ihre Sicht auf ein bestimmtes Thema wie Markenentwicklung, Kommunikationsstrategie oder Marktentwicklung kennenlernen. Außerdem lade ich regelmäßig Juristen ein, um rechtliche Aspekte der Videospielentwicklung, des Unternehmertums oder der Investmentstrategien zu entmystifizieren und um grundlegende Konzepte des Medienrechts zu erklären, etwa Kopierschutz oder Vertriebsvereinbarungen. Projekttraining Die Bachelor-Studierenden des CGL realisieren in Kleingruppen jedes Semester ein Spielprojekt. Während dieser Projektphase biete ich Beratung zur Verbesserung des Projektmanagements sowie auch individuelles Coaching an. Dies hat sich als ein sehr effizientes Mittel erwiesen, um hilfreiches Feedback zu geben, meine Lehre an unterschiedliche Bedürfnisse anzupassen und die Studierenden bei der Organisation ihrer Arbeit zu begleiten sowie deren Selbstreflexion zu ermöglichen. Projektarbeit ist der beste Weg, um multidisziplinäres Arbeiten zu erlernen und regt auch zu einem kreativen Gedankenaustausch zwischen den einzelnen Spezialisierungen an. Das Coaching des Projekts ermöglicht es mir, innerhalb des komplexen Entwicklungsprozesses gemeinsam mit den Studierenden am Konfliktmanagement, an Problemlösungen und Risikominderung zu arbeiten. Darüber hinaus ermutige ich die Studenten, regelmäßig ein Postmortem ihrer Projekte zu schreiben und diese Analyse mit ihren Kommilitonen zu teilen. Dieses recht einfache Mittel fördert bekanntlich die Selbstentwicklung und induziert auch Verhaltensänderungen.
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Arbeitsgruppe für Marktforschung Am Cologne Game Lab habe ich eine studentische Arbeitsgruppe gegründet, die sich der Reflexion und Erforschung des Themas ›Marktintelligenz für Videospiele‹ widmet. Das Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, allen Akteuren des Instituts eine Marktübersicht und aktuelle Daten zur Verfügung zu stellen. Aktuelle Themen des Marktes werden recherchiert, Analysen bereitgestellt, und ein monatlicher Newsletter herausgegeben. Darüber hinaus bauen wir eine umfangreiche Bibliothek für Videospiel-Marktdaten auf, die auch Analysen und Empfehlungen zur Marktentwicklung und Hinweise auf bestimmte Veranstaltungen bietet. Dazu wollen wir eine Datenbank mit Software- und Hardware-Verkäufen, Analysen und Trendberichten des Marktes erstellen und regelmäßig pflegen.
I NKUBATION
UND
S TARTUP -B ESCHLEUNIGER
Um Unternehmertum zu unterrichten, müssen wir meiner Ansicht nach über die klassischen Lehr- und Unterrichtsformen hinausgehen und jenen unter unseren Studierenden, die eine eigene Firma gründen wollen, weitere Hilfestellungen geben. Ein Inkubator ist ein Raum, in dem mehrere neugegründete Unternehmen sich niederlassen und vom Austausch zwischen den Teams profitieren. Damit fördert ein Inkubator die Startup-Kultur. Der Inkubator des CGL, gegründet mit der Unterstützung der Stadt Köln, bietet Teams von Studierenden kostenlose Büroräume und unterstützt ihre ersten Schritte in die Firmengründung. Coaching und Mentoring von Branchenexperten sowie der Zugang zu professionellen Netzwerken erleichtert diesen Teams und jungen Unternehmen ihren Start in die Branche. Wir bemühen uns zudem, unsere Inkubatordienste am CGL kontinuierlich weiter zu entwickeln. So habe ich gemeinsam mit Thierry Baujard zusätzlich einen privaten Akzelerator gegründet, die SpielFabrique 360°, der eng mit dem CGL, der Film und Medienstiftung NRW sowie Arte und Ubisoft zusammenarbeitet. Während des einjährigen Programms offeriert SpielFabrique Studierenden, die Unternehmer werden wollen, Coaching, Mentoring, Workshops, den Zugang zu einem Netzwerk von Experten und auch finanzielle Unterstützung, so dass sie ihre ersten Spielprojekte entwickeln, ihre Unternehmen aufbauen und ihre langfristige Visionen festigen können.
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L ITERATUR Spezialisierte wirtschaftswissenschaftliche Literatur für den Bereich digitaler Spiele, die sich im Unterricht verwenden ließe, existiert bislang kaum. Das Thema Projektmanagement behandeln immerhin mehrere Werke so, dass sie der Erläuterung der Methoden und dem Verständnis ihrer Implikationen für die Spielentwicklung dienen können. Anderie, Lutz: Games Industry Management, Gründung, Strategie und Leadership – Theoritische Grundlagen, Berlin/Heidelberg: Springer Gabler 2016. Clinton Keith: Agile Game Development with Scrum, USA: The AddisonWesley Signature Series 2015. Hight, John/Novak, Jeannie: Game Developemment Essentials, Game Project Management, USA: Thomson Delmar Learning 2008. Hulick, Kathryn: The Economics of a Video Game, Canada: Crabtree 2014. Irish, Dan: The Game Producer’s Handbook, USA: Thomson Course Technology 2005. Kotler, Pholip/Armstrong, Gary: Principles of Marketing, USA: Pearson Education 2016. Marchand, André/Hennig-Thurau Thorsten: »Value Creation in the Video Game Industry: Industry Economics, Consumer Benefits and Research Opportunities«, in: Journal of Interactive Marketing (2013), https://www .researchgate.net/publication/255995598_Value_Creation_in_the_Vide o_Game_Industry_Industry_Economics_Consumer_Benefits_and_Rese arch_Opportunities Müller-Lietzkow, Jörg: Ökonomie, Qualität und Management von Unterhaltungsmedien, Baden-Baden: Nomos 2012. Müller-Lietzkow, Jörg/Bouncken Ricarda B./Seufert Wolfgang: Gegenwart und Zukunft der Computer- und Videospielindustrie in Deutschland, Leipzig: Entertainment Media Verlag 2006. Nichols, Randy: The Video Game Business, London: Palgrave Macmillan 2014. Reynolds, Garr: Presentationzen, Simple Ideas on Presentation Design and Delivery, Berkeley: New Riders 2012. Spaulding, Seth: Team Leadership in the Game Industry, Boston: Course Technology 2009.
W IRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN, UNTERNEHMERTUM UND PROJEKTMANAGEMENT
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Zackariasson, Peter/Wilson, Timothy L.: The Video Game Industry, Formation, Present State, and Future, New York: Routledge Studies in Innovation, Organization and Technology 2012.
Die Digitalen Revolutionen der Distribution im Games-Sektor M ALTE B EHRMANN
Als 1789 die Französische Revolution ausbrach, so berichtet uns Talleyrand in seinen Memoiren, erstattete der Herzog von La Rochefoucauld dem König Louis XVI Bericht: »Sire, die Bastille wurde eingenommen.« Der König fragte: »Genommen? Aber von wem?«. Darauf antwortete der Herzog: »Durch das Volk, Sire.« Da fragte der König: »Ist es eine Revolte?« Der Herzog von La Rochefoucauld antwortete: »Nein, mein König, es ist eine Revolution.« 1 Wenn wir uns die Geschichte großer Revolutionen ansehen und Revolutionen wie die Französische oder Russische Revolution im Detail betrachten, so sehen wir, dass es sich meist um mehrere Revolutionen handelte. In der Französischen Revolution gab es zuerst die Revolution der Jakobiner, die dann abgelöst wurden von anderen, weniger radikalen Kräften. Nach über einem Jahrzehnt mündeten diese Revolution in die napoleonische Zeit. Auch in der Russischen Revolution gab es unterschiedliche Revolutionen, die zu verschiedenen Zeiten des Jahres 1917 eine Rolle spielten. Zu Beginn stand nicht fest, dass die radikalen Bolschewiken letztlich gewinnen würden. Die Digitalisierung hat die weltweite Medienwirtschaft in den vergangenen 20 Jahren wie eine Feuerwalze überrollt. In der Musikindustrie trat mit
1
Vgl. Talleyrand-Périgord, Charles Maurice de/Broglie, Albert de: Mémoires du Prince de Talleyrand: La Confession de Talleyrand, V. 1-5, Calmann Lévys 1891, S. 1 ff.
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dem Portal Napster die Digitalisierung in unser aller Leben. Nach der Musikindustrie kam die Filmindustrie an die Reihe und danach die Computerspielbranche. Zuletzt geriet der Print-Sektor in die Krise. Wenn wir uns mit der Digitalisierung befassen, sind Computerspiele ein interessanter Fall. Als Computerspiel-Entwickler bin ich ein kreativer Unternehmer mit technischem Know-how. Ich muss sowohl kreativ wie auch technisch und letztlich sogar als Geschäftsmann erfolgreich sein. In der Tat bietet die Entwicklung der Geschäftsmodelle innerhalb der Games-Branche ein sehr gutes Beispiel, an dem sich diskutieren lässt, was wir im Prozess der Digitalisierung erleben. Wenn wir uns die Entwicklung genauer angucken wollen, dann stellen wir zunächst fest, dass wir die Geschichte der Digitalen Revolution in drei Akte einteilen können.
E RSTER A KT In der Zeit vor der Digitalisierung des Vertriebs wurden fast alle Computerspiele auf CDs gebrannt, in Kartons gepackt und in Läden verkauft. Dergleichen geschieht auch heute noch, aber vor 15 Jahren war das für fast alle Computerspiele der Fall. Abbildung 1
Schlechtes Geschäft für die Entwickler! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Der Entwickler, der einem Filmproduzenten nicht unähnlich ist, entwickelt mögliche Computerspielprojekte und stellt sie Publishern, also Verlagen, vor; meist mittels eines spielbaren, auf eigene Kosten hergestellten Proto-
DIE DIGITALEN R EVOLUTIONEN DER DISTRIBUTION IM G AMES -SEKTOR
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typen. Danach verfügen Entwickler in der Regel nur noch über sehr geringe eigene Ressourcen und sind nur zu oft bereit, so gut wie jeden Vertrag zu unterschreiben. Der Spiele-Publisher finanziert dann die Fertigstellung des Computerspiels, um es auf den Markt zu bringen. Das Geschäftsmodell ähnelt dem der Musik- und Filmbranche, die auch mit Vorschüssen auf prozentuale Einnahmen arbeiten. Dieser sogenannte Advance against Royalty-Deal erlaubt es den Computerspiel-Publishern, die prozentuale Beteiligung an die Spieleentwickler bis zum vollständigen Recoupment zurückzubehalten. Die Einnahmen werden mit den Vorschüssen verrechnet. Wenn das Computerspiel kein besonders großer Erfolg wird, fließt über die Vorschüsse hinaus nichts mehr. Im Ergebnis sind die Vorschüsse daher häufig die einzigen Zahlungen, die die Computerspiel-Entwickler für das von ihnen erdachte Computerspiel erhalten. Diese Phase gehört noch zur Zeit des analogen Wirtschaftens, in der es vorteilhaft war, große Vertriebsstrukturen zu unterhalten. Das Teure am Computerspiel-Publishing jener Zeit war, dass man ein kleines Heer von Verkäufern beschäftigen musste, die als Vertreter persönlich von Geschäft zu Geschäft fuhren und die Computerspiele platzierten.
Z WEITER A KT Ab der Mitte des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends digitalisierte sich der Vertrieb von Computerspielen. Plötzlich war es möglich, Computerspiele über das Internet zum Download anzubieten. Die neue Generation der Gamer registrierte sich online2. Technisch war das schon früher möglich, und kleine Gruppen von Gamern praktizierte das auch. Aber in der Breite kamen Online-Computerspiele zuvor nicht an. Schon im ersten dot com boom konnte sich hierzulande mit Moorhuhn ein Online-Game3 etablieren. Aber das Moorhuhn verschwand mit dem Platzen der dotcom-Blase. Dann aber drehte sich der Markt, wie von Geisterhand berührt.
2
Vgl. hierzu insbesondere Wi, Jong H: Innovation and Strategy of Online Games, London: Imperial College Press 2009, S. 1 ff.
3
Reiter, Kornelia: Aspekte und Ausprägungen des viralen Marketing im Internet, BoD – Books on Demand 2008, S. 59.
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Um diesen Umbruch genauer zu verstehen, muss man also akzeptieren, dass nicht unbedingt die technischen Innovationen den entscheidenden Impuls für die Digitalisierung geben, sondern dass sich das Verhalten des Massenmarktes als eigenständiges Phänomen positioniert. Wann und wieso die Nutzer plötzlich akzeptieren, online zu gehen, lässt sich nicht vorhersagen. Es hängt jedenfalls nicht allein von den technischen Voraussetzungen ab. Ein Zusammenhang besteht eher schon mit der Substitutionsmöglichkeit, also der Möglichkeit, die eigene Lösung durch etwas Besseres ersetzen zu können: in diesem Fall die Möglichkeit, online mit anderen Menschen und auch gegeneinander zu spielen. Dabei kommt natürlich ökonomischen Faktoren – legal oder illegal – aus der Sicht der Nutzer eine ganz wichtige Rolle zu: Die Nutzer wählen in der Regel die Variante, die – viel – billiger ist. Abbildung 2
Verzicht auf die Zwischenhändler! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Wenn wir überlegen, was dazu geführt hat, dass Online-Games in Deutschland Massenmarkttauglich wurden, dann kommen wir am psychologischen Phänomen der Browser-Games nicht vorbei.4 Zunächst war es nur eine kleine Community von deutschen Entwicklern, die Computerspiele produzierte, die sich direkt im Browser spielen ließen, ohne dass man vorher ein Steuerungsprogramm auf seinen Rechner herunterladen musste. Der enorme Vorteil dieser Konstruktion war, dass man online Computerspiele spielen konnte, ohne
4
Schultheiss, Daniel: »Long-term Motivations to play MMOGs: A Longitudinal Study on Motivations, Experience and Behavior.« in: DiGRA (2007).
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während der Arbeit Datenspuren zu hinterlassen oder ohne sich einen Virus einzufangen. Die Eintrittsschwelle für die Spieler war wesentlich niedriger. Das funktionierte vor allem in Deutschland sehr gut, was unter anderem daran liegen könnte, dass deutsche Nutzer als sehr konservativ gelten und nach allgemeiner Ansicht Angst vor Viren und vor Überwachung am Arbeitsplatz haben. Als dann 2006 die Firma Bigpoint mit dem Fernsehsender SAT1 während der Fußballweltmeisterschaft einen revenue share deal einfädelte, bei dem nichtgeschaltete Fernsehwerbeplätze – in einem privaten Fernsehsender gibt es während der Fußballweltmeisterschaft, die in einem Land mit öffentlichrechtlichem Fernsehen stattfindet, jede Menge davon – für Bigpoint geschaltet und dann die Einnahmen geteilt wurden, erlebten die Browser-Games ihren Durchbruch. Nach der Fußballweltmeisterschaft hatte Bigpoint zum ersten Mal mehrere Millionen User. Zwischen 2006 und 2010 entwickelte sich um Bigpoint und den Hauptkonkurrenten Game Forge eine globale Industrie mit mehreren 100 Millionen Usern.5 Das waren die goldenen Zeiten. Abbildung 3
Hier kann man den Prozess noch kontrollieren! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Für uns ist es wichtig, dass die eigentlichen Vorteile für die ComputerspielFirmen darin bestanden, dass sie unmittelbar mit dem Endnutzer kommu-
5
Vgl. ICO Partners: from EGDF, Game Development and Digital Growth, Brochure (2011), S. 6.
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nizieren konnten. Dieser direkte Nutzer-Kontakt garantierte die Daten-Hoheit. Weltweit entwickelte sich etwa zur selben Zeit der Übergang vom klassischen Retail hin zum Online-Bereich. Im Jahr 2008 kippte die Vertriebsstruktur. Das neue Modell, bei dem der Spieleentwickler unmittelbar mit dem Nutzer in Verbindung tritt, wurde immer wichtiger. Aber auch die Computerspiele selbst veränderten sich durch die neuen Geschäftsmodelle signifikant. Die Spiele-Erlebnisse entwickelten sich von eher narrativen Strukturen zu partizipativen virtuellen Welten. Insbesondere gab es die Möglichkeit, dass mehrere Akteure gleichzeitig im selben Spiel gegeneinander spielten. Man spielte also nicht mehr gegen die Maschine, sondern virtuell gegen andere reale Spieler. Multiplayer-Versionen haben so insbesondere den Effekt, dass die reale Welt um eine virtuelle Welt erweitert wird.6 Das neue Geschäftsmodell hieß free to play7. Es entstand auf der Basis der verbreiteten Follow the Free-Strategie. Danach werden Computerspiele im Internet zunächst kostenlos angeboten. Im Laufe des Spiels werden an bestimmten Stellen zusätzliche virtuelle Gegenstände oder andere Spielvorteile gegen Geld angeboten. Nur etwa 1-5% der Spieler nutzt diese Möglichkeit, die anderen 95-99% spielen kostenlos. Diese Strategie veränderte natürlich auch den Inhalt der Computerspiele, denn nun musste man plötzlich Welten entwerfen, in denen man an bestimmten Stellen Geld verlangen konnte. Dieses Modell wurde in Südkorea entwickelt, dann aber schneller in Deutschland implementiert als in anderen Teilen der westlichen Welt (insbesondere als in den USA). Für mich ist dies ein deutlicher Beweis dafür, dass wir Europäer mit Ostasien stärker direkt zusammenarbeiten sollten. Wir können nur lernen. Umgekehrt sollten auch die Ostasiaten aufhören, ihre EuropaOffices an die US-Headquarters anzuhängen. Europa ist als Markt und Standort selbst bedeutsam genug. Ein wichtiger Kritikpunkt an der Digitalisierung ist, dass man gerne aus traditioneller Sicht zwischen realer und virtueller Welt unterscheidet. Aus
6
Vgl. Ferrari. Eva et.al.: »Users and Uses of Games and Community Activities«, Deliverable 2.1 of the CNG Project, EU ICT-248175, http://www.cng-project.eu/documents/CNG%20D2.1%20Users%20and%20Uses-games%20commu nity%20activities%20v1.0.pdf vom 22.4.2017.
7
Alha, Kati, et al.: »Free-to-play games: Professionals’ Perspectives«, in : Proceedings of nordic DiGRA 2014 (2014), http://www.digra.org/wp-content/uplo ads/digital-library/nordicdigra2014_submission_8.pdf vom 21.4.2017.
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meiner Sicht ist diese Unterscheidung ein großes Missverständnis. Die reale Welt wird um die virtuelle Welt erweitert. Wir leben weiterhin in einer Welt, in der es aber eben reale und virtuelle Komponenten gibt. Auch die Tatsache, dass sich im Laufe der Zeit eine eigene Online-Werbeindustrie entwickelt hat, spielt eine große Rolle. In Online-Spielen besteht die Möglichkeit, über Werbebanner Computerspiele in anderen Computerspielportalen zu bewerben. Online-Gamer rufen ständig neue Webseiten auf. Schnell entwickelten sich Agenturen, die Werbebanner schalteten, die Spieler motivieren sollten, sich in den neuen Games zu registrieren. Aus Agentursicht kann man sagen, dass sie das Risiko übernimmt, die neuen Spieler zu generieren – und zwar, indem sie so lange Werbung macht, bis Nutzer angebissen haben. Anders ausgedrückt: Im Online-Gaming lassen sich Spieler kaufen. Abbildung 4
Schlechtes Geschäft für alle! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Im Laufe der Jahre hat die Werbeindustrie, die den Nutzer-Handel betreibt, große Bedeutung erlangt. Denn hier liegt der entscheidende Punkt für den wirtschaftlichen Erfolg des Computerspiels: Wenn man Nutzer kaufen kann und die Vervielfältigung des Produktes kostenlos ist, dann kann man logischerweise allein durch mehr Nutzer höhere Margen generieren. Man muss nur noch erreichen, dass jeder zahlende Nutzer statistisch mehr Geld ausgibt, als die Nutzer-Akquisition kostete. Wir sprechen hier von Konversion. Im Laufe der Zeit aber stieg die Zahl sogenannter Traffic- bzw. Payment-Provider weltweit. Deutschland verlor schnell wieder seine Vormachtstellung.
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D RITTER A KT Zunächst von den Akteuren kaum bemerkt drehte sich nach 2008 der Markt erneut in einer Weise, die niemand erwartet hatte: Die mobile Revolution zeigte Wirkung. Menschen, die sich dem Thema Digitalisierung heute nähern, vergessen häufig, dass wir in den letzten zehn Jahren letztlich zwei unterschiedliche Revolutionen hinter uns gebracht haben: zunächst die Digitalisierung der Distribution über das Internet und dann die Umwälzung mit dem Weg auf mobile Plattformen. An Deutschland ging die Entwicklung leider zunächst weitgehend vorbei. Aus europäischer Sicht ist vor allem Finnland für dieses Segment relevant. Hier gibt es Shooting-Stars wie Rovio und Supercell, die weltweit ganz oben mitspielen. Das hat sicher auch damit zu tun, dass es in den nordischen Ländern sehr viel Know-how zum Thema Mobile gibt und dass das Wirtschaftssystem darauf eingestellt ist, denn die alltägliche Nutzung des Mobiltelefons ist dort weiter fortgeschritten als bei uns. Abbildung 5
Grauenhaft für die Entwickler, der Operator nahm zu viel! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Das iPhone bewirkte in diesem Bereich grundsätzliche Veränderung.8 Plötzlich wurde es möglich, über einen App-Store Computerspiele herunter zu
8
Vgl. Behrmann, Malte et al.: The future of the European mobile game ecosystem, Final findings of the mobile game arch research project, EU FP7/2007-2013 /
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laden, ohne dabei mit anderen Akteuren – insbesondere den Operators – überhaupt noch in Kontakt zu treten. Auch hier wurde der Mittelsmann herausgeschnitten. Wie es zuvor im Online-Bereich die Retailer getroffen hatte, so traf es nun die Telekommunikationskonzerne. Sie wurden aus der Wertschöpfungskette ausgeschlossen. Abbildung 6
Neueinrichtung, aber sehr viele Möglichkeiten! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Das neue Geschäftsmodell auf den mobilen Plattformen war aus der Sicht der Computerspiel-Entwickler sehr positiv. Schon vor der mobilen Revolution hatten einige Computerspiel-Entwickler versucht, Games für Handys herzustellen. Aber die Telekom-Konzerne hatten ein Monopol auf den Vertrieb solcher Spiele. Man konnte sie nur von den Portalen der Operators, also Deutsche Telekom, Orange oder Vodafone etc., herunterladen. Die Telekoms gönnten den Inhalte-Produzenten dabei keine großen Margen. Sie behielten grundsätzlich mehr als die Hälfte des Kuchens ein, und die Entwickler der Computerspiele, die das Risiko trugen, mussten nicht selten mit weniger als einem Viertel der Einnahmen die gesamte Produktion der Handy-
n°288632, http://www.mobilegamearch.eu/wp-content/uploads/2013/09/MGAfinalbrochure.pdf vom 21.4.2017.
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Computerspiele realisieren. Kein Wunder, dass viele Entwickler von Handyspielen vor der Einführung des iPhones insolvent gingen.9 Abbildung 7
Schon wieder schlechtes Geschäft für alle! Quelle: Eigene Abbildung/Gestaltung Raven Rusch
Nach der mobilen Revolution übernahmen die App Stores die Kontrolle. Insbesondere Apples App Store lässt keine Drittanbieter zu und nimmt über interne Ratingsysteme die Priorisierung vor. Ironischerweise ist das unfreie System von Apple besser für die Rücklaufstruktur der Content Entwickler: Bei Android gibt es viele andere Traffic- und Payment-Provider, die mitverdienen. Im Ergebnis können die Entwickler besser auf die Zahlungen von Apple vertrauen.10 Hier lässt sich gerade wegen der geschlossenen End-toEnd Struktur als Content-Anbieter Geld verdienen; wenn auch zu etwas seltsamen Bedingungen. Ich werde nie vergessen, wie ich um das Jahr 2010 ein Gespräch zwischen zwei Mobile-Games-Entwicklern hörte. Der eine sagte zum anderen: »Apple ist schon ein komischer Laden, sie haben uns bislang 9 Millionen Dollar an Royalties überwiesen, aber wir kennen dort nieman-
9
Ein gutes Beispiel ist der französische Entwickler Kaolink, dem es immerhin gelungen ist, einen Käufer zu finden.
10 Vgl. M. Behrmann et al.: »The future of the European mobile game ecosystem«, S. 11.
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den, nur die allgemeine, nicht personalisierte Emailadresse für Entwicklerkontakte.«11 Im offeneren System von Google Play ist die Möglichkeit einer Fremdbeeinflussung viel stärker. Hier gibt es – wie im Online-Bereich – mehr Verdienstmöglichkeiten für Traffic- und Paymentprovider. Spieleentwickler erlösen daher auf Google Play für die selbe App meist weniger. Im mobile Bereich stehen wir so heute vor ähnlichen Problemen wie vor wenigen Jahren im Online-Bereich.
L ITERATUR Alha, Kati, et al.: »Free-to-play Games: Professionals’ Perspectives.« in : Proceedings of nordic DiGRA 2014 (2014), http://www.digra.org/ wp-content/uploads/digital-library/nordicdigra2014_submission_8.pdf vom 21.4.2017. Behrmann, Malte et al.: »The Future of the European Mobile Game Ecosystem«, Final findings of the mobile game arch research project, EU FP7/2007-2013 / n° 288632, http://www.mobilegamearch.eu/wp-cont ent/uploads/2013/09/MGAfinalbrochure.pdf vom 21.4.2017. Ferrari. Eva et.al.: »Users and Uses of Games and Community Activities«, Deliverable 2.1 of the CNG Project, EU ICT-248175, http://www.cng -project.eu/documents/CNG%20D2.1%20Users%20and%20Uses-game s%20community%20activities%20v1.0.pdf vom 22.4.2017. ICO Partners: from EGDF, Game Development and Digital Growth, Brochure (2011), S. 6. Reiter, Kornelia: Aspekte und Ausprägungen des viralen Marketing im Internet, BoD – Books on Demand 2008, S. 59. Schultheiss, Daniel: »Long-term Motivations to play MMOGs: A Longitudinal Study on Motivations, experience and behavior.«, in DiGRA (2007), http://s3.amazonaws.com/academia.edu.documents/3448846/04 5.pdf?AWSAcces-KeyId=AKIAIWOWYYGZ2Y53UL3A&Expires=1 492875181&Signature=B%2FfTdVT0Wd%2F8vrLi5k9xl1%2BnXY
11 Auch technisch ist es übrigens schwer, den für die Werbung wichtigen TrackingPixel zu implementieren. Hier muss man über einen Spezialserver gehen.
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c%3D&response-content-disposition=inline%3B%20filename%3DLon g-term_motivations_to_play_MMOGs_A_lo.pdf vom 22.4.2017. Talleyrand-Périgord, Charles Maurice de/Broglie, Albert de: Mémoires du Prince de Talleyrand: La Confession de Talleyrand, V. 1-5, Calmann Lévys 1891, S. 1 ff. Wi, Jong H: Innovation and Strategy of Online Games, London: Imperial College Press 2009.
6 Perspektiven der Games-Industrie
Betrachtungen auf die akademische Ausbildung im deutschen Games-Markt Eine Industrie-Perspektive K ARSTEN L EHMANN
D IE M ARKTSITUATION FÜR C OMPUTER - UND V IDEOSPIELENTWICKLUNG IN D EUTSCHLAND Game-Entwicklerland oder Game-Entwicklungsland Deutschland? Einerseits besitzt der hiesige Produktionsstandort für digitale Spiele enormes Potential, andererseits begleiten den Development-Sektor in der deutschen Gamesbranche seit jeher herausfordernde Rahmenbedingungen. Die in dieser Publikation präsentierten Studiengänge stellen, aus der Sicht eines international tätigen Herstellers interaktiver Spiele, einen Meilenstein in der Historie der Gamesentwicklung in Deutschland dar. Talente und ihr Knowhow in den Bereichen Game Design, Game Art, Game Programmierung, Game Audio, Game Analytics, dem Management von Produktionspipelines, des Game-Publishings, der Markenführung und -kommunikation beflügeln definitiv das Game-Entwicklerland Deutschland. Ebenfalls auf der Habenseite des Entwicklerlandes ist das Absatzvolumen des deutschen Marktes zu verbuchen. Deutschland ist eines der umsatzstärksten Territorien für den Abverkauf von Spielesoftware und -hardware.
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Games sind Leitmedium und werden tagtäglich von einer großen Spieleranzahl über alle Altersklassen hinweg genutzt.1 Schaut man dagegen auf das Machen von Games – den deutschen Produktionssektor – zeigt sich die Schattenseite. Hier ist Deutschland im internationalen Vergleich tatsächlich Entwicklungsland. Die Beschäftigtenzahlen und -struktur deutscher Entwicklungsstudios sowie die Marktanteile ihrer Produkte am Weltmarkt zeigen die Schwäche des hiesigen Standorts auf. Die deutsche Branche enthält nur wenige Großstudios mit mehr als 100 Mitarbeitern; Entwicklungseinheiten großer, internationaler Hersteller sind in Deutschland nahezu nicht präsent.2 Insgesamt schrumpft die Anzahl der Beschäftigten in der Entwicklung, gleichzeitig steigt die Zahl der Unternehmen – zumeist Independent-Entwickler – moderat.3 Jedoch wird, nach Berechnungen des Branchenverbandes BIU bzw. game, nur 6,4 Prozent der hierzulande konsumierten Gamesoftware von einem deutschen Anbieter entwickelt.4 Wie schauen die Beschäftigungschancen der Absolventen der in dieser Publikation dargestellten Studiengänge aus? Die Entwicklerbasis ist, gemessen an der bundesdeutschen Bevölkerungszahl, im Vergleich zu führenden ausländischen Standorten, zu gering. Zieht man beispielsweise für einen Vergleich die Entwicklerzahlen Kanadas heran, so müssten in Deutschland über 50 000 Beschäftigte in der Gamesproduktion arbeiten. Tatsächlich werden es bestenfalls ein Zehntel davon sein.5
1
Vgl. www.biu-online.de/marktdaten auf Grundlage der Berechnungen des GfK Consumer Panels 2015/16. Deutschland weist demnach einen Gesamtumsatz mit Spielesoftware, -konsolen und dem Digitalgeschäft von 2,9 Mrd. € aus. Die Zahlen des GfK Consumer Panels 2014/15 belegen, dass über 29 Millionen Deutsche regelmäßig spielen; 48% der User sind weiblich und das Durchschnittsalter der Spielerschaft insgesamt liegt bei 34,5 Jahren.
2
Vgl. http://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/top-35-games-entwickler-2017/
3
Vgl. https://www.game.de/blog/2017/04/19/weniger-beschaeftigte-mehr-unterne hmen-deutsche-games-branche-vor-grossen-herausforderungen/
4
Vgl. https://www.game.de/marktdaten/umsatzanteile-deutscherspieleentwicklun gen-am-deutschen-games-markt-2016/
5
Ausgehend von 20 000 Beschäftigten in der Games-Industrie Kanadas (Vgl. The Entertainment Software Association (Hg.): The 2016 Essential Facts About the Computer and Video Game Industry, 2016, S. 11).
BETRACHTUNGEN AUF DIE AKADEMISCHE AUSBILDUNG IM DEUTSCHEN GAMES-MARKT |
381
Vitale Hubs in der Spieleentwicklung (z.B. die Provinz Québec, Kanada, insbesondere Montréal) zeichnen sich durch einen lebendigen Mix aus StartUps, Independent-Anbietern und großen Produktionsstudios aus. Neben den reinen Entwicklungseinheiten sind Inkubatoren und Technologiegeber direkt vor Ort, umgeben von einer Hochschullandschaft, die, bezogen auf die Ausbildung im Game Development, fachlich breit aufgestellt ist.6 Insbesondere staatliche Anreizsysteme haben dafür gesorgt, dass international erfolgreiche Produktions-Hubs entstehen konnten.7 Die Entwicklung von Computer- und Videospielen schafft Arbeitsplätze und Werte: Neue Marken werden kreiert, Blockbuster-Produktionen benötigen Teamgrößen von mehreren hundert Beschäftigten, Wertschöpfungsprozesse mit Zulieferern und Technologieprovidern entstehen. Auf diese Art und Weise entfacht Förderung – egal, ob Kultur-, Technologie- oder Wirtschaftsförderung – eine enorme Hebelwirkung. Die Diskussion um staatliche Produktionsförderung für digitale Spiele ist auch hierzulande längst entfacht. Die beiden einstigen Branchenverbände BIU und GAME – heute fusioniert zu game e.V. – haben sich entsprechend positioniert und fordern jeweils substantiell tragfähige Anreizsysteme, die die gesamte deutsche Entwicklerlandschaft antreiben soll.8 Auf der politischen Ebene wurde der Ruf erhört: Im Koalitionsvertrag der im Bund regierenden Parteien CDU, CSU und SPD wird die Einführung einer »Förderung von Games zur Entwicklung hochwertiger digitaler Spiele« in Aussicht
6
Vgl. http://www.candevs.ca/quebec.html für eine Übersicht der Entwicklungsstudios in der kanadischen Provinz Québec. Das Ubisoft-Studio in Montreal beschäftigt allein über 3 000 Entwickler. Im Studio-eigenen Hochschulprogramm ›Codex‹ bündelt Ubisoft Montreal 13 verschiedene Kooperationen mit Colleges in der Region (Vgl. https://montreal.ubisoft.com/en/codex-program/). Das ›Gameplay Space‹ bietet Independent-Studios und selbstständigen Entwicklern ein Arbeitsumfeld im Coworking-Betrieb (Vgl. https://gameplayspace.com/).
7
Eine Übersicht verschiedener Fördermechanismen und ihre Wirkung, vgl. Castendyk, Oliver/Müller-Lietzkow, Jörg: Abschlussbericht zur Studie Die Computer- und Videospielindustrie in Deutschland. Daten – Fakten – Analysen, 2017. http://www.hamburgmediaschool.com/fileadmin/user_upload/Dateien/Forschun g/FoKo/Abschlussbericht_Games-Studie_V1.2_2017-12-05.pdf
8
Vgl. https://www.game.de/blog/2017/08/18/biu-und-game-fordern-gemeinsam-e ntwicklungsfoerderung-fuer-computer-und-videospiele/
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gestellt, »um den Entwicklerstandort Deutschland zu stärken und international wettbewerbsfähig zu machen«.9 Vor dem Hintergrund der schwierigen Rahmenbedingungen des einheimischen Produktionsstandortes für Games kann und sollte man die Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz digitaler Spiele in Deutschland stellen. Ob jederfrau und jedermann, die oder der am Smartphone und Tablet wie selbstverständlich eine Spieleapp installiert, sich selbst auch als Gamer bezeichnet, sei dahingestellt. Für die gesellschaftliche Akzeptanz war und ist die Aufnahme der seinerzeit beiden Branchenverbände BIU und GAME (heute fuisoniert zu game e.V.) als Mitglied im Deutschen Medienrat – und somit auch im Deutschen Kulturrat – ein weiterer Meilenstein10 für die hiesige Gamesindustrie. Die gesellschaftspolitische Diskussion über die Rolle und den Wert digitaler Spiele in der Medienlandschaft ist dabei keinesfalls beendet. Der Umgang mit Games (und ihren Inhalten), die Aneignung von Medienkompetenz müssen, sind und werden immer Thema im öffentlichen wie wissenschaftlichen Diskurs sein.
I NTERDISZIPLINÄRES B ERUFSBILD ›S PIELEENTWICKLER ‹: W ÜNSCHE AN
DIE
B EWERBER
Trifft man im beruflichen Alltag auf Gesprächspartner jenseits der Gamesbranche, wie beispielsweise politische Akteure, Journalisten außerhalb der Games-Fachpresse usw., überrascht sie die Zusammenstellung von Entwicklungsteams und der hohe Grad an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit Hochschulabschluss. Das vereinheitlichte Berufsbild ›Spieleentwickler‹ gibt es eben nicht. Die Produktion von digitalen Spielen ist interdisziplinär und findet im Spannungsfeld von Informatik (Game Programming), Grafikdesign (Game Art) und Medienwirtschaft statt. Innovative Berufsbilder entstehen in der Schnittstelle, wie z.B. der ›Technical Artist‹ zwischen Informatik und Gra-
9
Vgl. https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.p df?file=1, Zeile 1951-1954.
10 Im August 2008 wurde zunächst der GAME-Bundesverband im Deutschen Medienrat aufgenommen, der BIU trat im November 2016 bei.
BETRACHTUNGEN AUF DIE AKADEMISCHE AUSBILDUNG IM DEUTSCHEN GAMES-MARKT |
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fikdesign, der mit einem hohen grafischen Verständnis technologische Grundlagen schafft, damit die Artsektion ihre künstlerische Vision umsetzen kann. Mit dem Bereich Game Design kommt ein völlig eigenständiger Arbeitsbereich hinzu, um Spielwelten zu erdenken und die in ihr geltenden Regeln, Charaktere und Handlungsstränge. Soll Hochschule aus Sicht der Unternehmen dabei möglichst praxisnah an den Bedürfnissen der Entwicklungsstudios ausbilden oder ausschließlich der Wissenschaft verpflichtet sein? Digitale Spiele sind als Leitmedium ein Wirtschaftsfaktor. Möchten Studierende in der Gamesentwicklung arbeiten oder sich selbständig machen, so ist eine solide Ausbildung die Basis. Games-orientierte Studiengänge stellen dem Spielesektor die ausgebildeten Talente zur Verfügung. Im öffentlichen Diskurs werden stets die (unbestrittenen) Transferleistungen des Gamesektors für andere Wirtschaftszweige betont.11 Damit diese Transfers stattfinden können, ist die Existenz einer substantiell starken Gamesbranche notwendig. Die Games selbst müssen im Zentrum stehen. Entsprechend sollten digitale Spiele als solche auch im Vordergrund der Game-Development-Ausbildung stehen – und nicht primär mögliche Transfers. Was heißt das für die Absolventen der in dieser Publikation dargestellten Studiengänge?
11 Die Gamesindustrie gibt bereits heute wichtige Impulse für andere Branchen: ›Gamifizierte‹ e-Learning- und e-Health-Anwendungen motivieren ihre Nutzer. Beispielsweise stoßen Vertriebsmitarbeiter unterschiedlichster Branchen auf Gamification-Elemente in Schulungssoftware; Technologien wie Virtual Reality, Augmented Reality und Mixed Reality werden mit Erlebniswelten für die User bespielt; Benutzeroberflächen (z.B. in der Automobilindustrie oder auch der Finanztechnologie) werden mit dem Wissen von Experten der Gamesbranche (Stichwort User Experience & User Interface-Design) optimiert; Monetarisierungs-, User-Retention-Modelle und integrierte e-Commerce-Lösungen aus der Gamesbranche halten Einzug in Geschäftsmodelle anderer Industrien; Games Analysten liefern Cases für den Business Intelligence-Sektor (aus Big Data wird Smart Data); ob Künstliche Intelligenz, Mensch-Maschine-Interaktion oder fortgeschrittene Psychologie – Games geben Anwendungsbeispiele und inspirieren so andere Wirtschaftszweige.
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Fragt man im deutschen Ubisoft-Studio Blue Byte12 die für die Einstellung von Absolventen entscheidenden Akteure, wie Personal- und Fachbereichsleiter, so kann die Lehre an den Hochschulen nicht praxisnah genug aufgestellt sein. Gefragt sind jeweils Spezialisten in den bereits oben genannten Disziplinen (Game Programming, Game Art, Game Design) oder auch dem Projektmanagement. Immer wieder fällt im Bewerbungsprozess auf, dass, obwohl der Absolvent einen fachlichen Schwerpunkt (z.B. als Game Programmer) benennt, sein Wissen nicht über Basiskenntnisse hinausgeht.13 Auf der Wunschliste der Personalabteilung im Studio stehen Bewerbungen von Absolventen, die ein Portfolio (physisch oder online) mit Arbeitsproben (Projekt- und Hobbyarbeiten)14 enthalten. Game Assets, Programmcode, Game-Design-Dokumente oder Prototypen können eingereicht werden. Wenn in Teamarbeit erstellt, sollte die Bewerbung eine Kommentierung liefern, welche Rolle die Bewerberin bzw. der Bewerber in dem Projekt eingenommen hat. Die eigene Leistung und Mitarbeit an dem Projekt müssen
12 Das Studio wurde 1988 als unabhängiger Hersteller und Publisher Blue Byte gegründet und ist ein Pionierunternehmen der deutschen Gamesbranche. Seit 2001 gehört Blue Byte zur Ubisoft-Gruppe, einem führenden Entwickler, Publisher und Distribuent interaktiver Unterhaltungsprodukte mit einem reichhaltigen Portfolio bekannter Marken. Die Ubisoft-Teams im weltumspannenden Verbund von Studios und Geschäftsstellen widmen sich der Produktion von Games auf allen verbreiteten technischen Plattformen. Weltweit hat Ubisoft über 12 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon über 9 000 in den Studios. Das deutsche UbisoftStudio Blue Byte beschäftigt über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Düsseldorf und nochmal 100 am Standort Mainz. Zum Jahreswechsel 2017/18 wurde ein weiteres Ubisoft-Studio in Berlin eröffnet. Die Teams bei Ubisoft Blue Byte arbeiten an sogenannten AAA-Produktionen, in Teamgrößen um 50 Beschäftigte. Internationale Großproduktionen, sogenannte Blockbuster, können Teams von mehreren hundert Beschäftigten binden. (Vgl. https://www. ubisoft.com/en-US/company/overview.aspx und http://bluebyte.com/de/home) 13 Sicherlich ist dies keine exklusive Beobachtung, die nur auf den Gamessektor zutrifft. Auch in anderen Branchen wird es notwendig sein, Absolventen ›fit‹ für den Job zu machen. 14 Die Hobbyprojekte sind nicht zu unterschätzen, da auch sie wertvollen Aufschluss über den Kenntnisstand der Bewerberinnen und Bewerber geben, ihre persönlichen Stärken herausstellen und ihre innovativen Ansätze aufzeigen.
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nachvollziehbar sein. Somit ist eine Dokumentation unerlässlich. Es geht weniger darum, dass derartige Praxisprojekte definitiv abgeschlossen sein müssen. Die Studierenden sollten jedoch darstellen können, wie ihr Praxisprojekt im Idealfall inhaltlich und technisch weitergeführt bzw. optimiert hätte werden können. Insgesamt sollte das Studium ausreichend Zeit für Praxis- und Teamprojekte bieten, damit Wissen angewendet und experimentiert werden kann. Von Industrieseite ist das Interesse groß, dass zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während ihres Studiums an so vielen Projekten wie möglich mitgearbeitet haben. Auf diese Art und Weise vertiefen sie ihr Rüstzeug und können später ihre Arbeit im Bewerbungsprozess vorstellen. Aus Sicht der Industrie sind im Game-orientierten Studium zwei Kriterien entscheidend: •
•
Im Studienverlauf sollte die bzw. der Studierende einen Schwerpunkt in einem der oben genannten Bereiche setzen, und diesen in zeitlich ausreichender Form studieren.15 Die Studierenden sollen ihre Fachkenntnisse (aus der o.g. Spezialisierung) in konkrete Projektarbeiten einbringen. Diese Game-Projekte sind Teil ihres Portfolios.
Spieleentwicklung ist Teamarbeit. Es ist ein großer Vorteil, Grundwissenund -verständnis für die Arbeit des Gegenübers zu haben. Damit gehen auch Soft Skills einher, um als Teammitglied positiv zur Kommunikation in der Gruppe beitragen zu können. Nur so ist gewährleistet, dass sich beispielsweise Gameplay-Programmierer auf die inhaltliche Vision des Game Designers bzw. Art-Programmierer auf künstlerische Ziele der Grafikabteilung einlassen können. Eigenverantwortliches Arbeiten ist absolut notwendig. Dennoch müssen die Bewerber über Teamgeist verfügen, und verstehen, dass sie gemeinsam als Gruppe eine noch höherwertige Qualität für ihr Produkt erreichen können. Strukturiertes Arbeiten, Proaktivität und Problemlösungsorientierung sind genauso gefrag, wie ein fairer Umgang miteinander.
15 Selbstverständlich sollten mit der angesprochenen Spezialisierung (z.B. auf den Bereich Game Programming) auch vertiefende Lehrinhalte einhergehen, die an den professionellen Entwicklungsbetrieb ausgerichtet sind.
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Und die Sprache? Solide Englischkenntnisse sind ein absolutes Muss. Die Teams in den Studios sind international zusammengesetzt. Im UbisoftStudio Blue Byte kommen nahezu 40 verschiedene Nationalitäten zusammen. Darüber hinaus wird für den Weltmarkt produziert, die Teams entwickeln die Versionen in englischer Sprache, bevor die Games in andere Sprachen lokalisiert werden. Den Studiengang in Englisch zu führen, ist daher ein großer Vorteil. Ein Blick in die Fachabteilungen lässt die Wunschliste an die Absolventinnen und Absolventen sowie an die erlernten Studieninhalte noch verlängern: Spricht man mit Kreativdirektoren und Lead Game Designern, so werden zunächst fundierte theoretische Kenntnisse erwartet. Zuallererst die Kernfrage: Was ist (Spiel-)Spaß? Studierende sollten sich mit Spielgenres, -pacing und -flow ebenso auseinandersetzen wie mit der Videospielhistorie. Wie haben sich Genres im Zeitverlauf entwickelt? Welchen Konventionen unterliegen sie? Welchen Einfluss hat die Evolution der Hardware bzw. der technischen Plattformen auf Game-Mechaniken? Fallbeispiele sollten analysiert und kommentiert werden, hinsichtlich des Gameplays, der ›3Cs‹ des Game Designs (Character-Controls-Camera), der Erzählstruktur, der Spielerführung, aber auch etwaiger Mängel. Von Vorteil sind außerdem psychologische Grundkenntnisse, damit Studierende die Wahrnehmung und das Verhalten von Spielern besser einschätzen können. Der Werkzeugkasten eines Game Designers muss gepackt werden. Dazu gehören Methoden des Prototypings und der Game-Design-Dokumentation, die genauso erlernt werden müssen wie Grundlagen in Statistik, interaktive Dialogtools sowie Methoden und Tools in der Versionsverwaltung. Ein Schwerpunkt sollte auch im Erlernen von Kommunikationstechniken liegen, da die Verarbeitung und Verbreitung von Informationen einen Kernbereich des Game Designs darstellen. Im weiteren Studienverlauf können individuelle Schwerpunkte gesetzt werden wie beispielsweise das Plotoder Dialog-Writing. Art Direktoren in den Studios sehen von Bewerbern gerne, dass die angehenden Artists neben der Anwendung von fachspezifischer Software (wie zum Beispiel Pixologic ZBrush, Allegorithmic Substance Painter oder Autodesk Maya) auch ein grundlegendes gestalterisches Verständnis besitzen, beispielsweise Kenntnisse über Form- und Farbgebung. Eigene kreative Ansätze und Fertigkeiten müssen zu erkennen sein. Im Gegensatz dazu darf bei den vorgestellten Arbeiten der Studierenden nicht der überzogene Einsatz
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technischer Effekte im Vordergrund stehen. Somit sind kunstgeschichtliche Kenntnisse im Bereich Game Art ebenso gefragt wie traditionelles Handwerkszeug im Zeichnen, Malen oder der Bildhauerei. Um handwerkliches Rüstzeug geht es auch bei den Programmierern, bevor es an die Game-spezifischen Themen geht. Das Programmieren sollte sich übrigens nicht allein auf die Programmiersprache Java beschränken. C++ (bzw. neuere Versionen) als weitere objektorientierte Programmiersprache wird von Industrieseite empfohlen. Auch mathematische Kenntnisse sind gefragt: (lineare) Algebra, Analysis und Stochastik. Darüber hinaus sollten Game Programmierer ein breites Informatikwissen (bzw. einen allgemeinen IT-Hintergrund) haben. Kenntnisse über Rechnerarchitektur, Betriebssysteme, Speichermanagement, Multithreading sowie Laufzeitanalyse sind gefragt. Netzwerktechnologie, Computergrafik und Datenbanken – Games bedienen das komplette Spektrum. Spätere Spezialisierungen können sich auf so unterschiedliche Felder wie Künstliche Intelligenz, Physics-Simulation, Netzwerkprotokolle, Grafikprogrammierung (hier z.B. insbesondere die Kameraprogrammierung), Benutzeroberflächen oder die Audio-Programmierung beziehen. Bei dem Umgang mit Game Engines sind sich die Entwickler einig: Studentische Projekte sollten nicht nur ausschließlich mit einer lizensierten Engine im Studienverlauf erfolgen. Interessant ist auch, wenn Studierende ihr Praxisprojekt auf eine weitere Engine portieren. Alles in allem sollten Absolventen ein gutes Verständnis über den gesamten Entwicklungszyklus haben. Dies stellt Anforderungen an die Produzentinnen und Produzenten von morgen. Verlangt werden Kenntnisse in der Organisationstheorie, über die Unterscheidung von sequentiellen Vorgehensmodellen und agilen Methoden im Projektmanagement. Insbesondere SCRUM wird als Modell in der agilen Softwareentwicklung angewendet. Netzplantechnik, insbesondere Netzdiagramme sowie die Erstellung und Pflege von Kalkulationstabellen sind ein Muss. Von einem Producer bzw. einer Producerin werden in einem ganz besonderen Maße Kommunikationstalent und empathische Fähigkeiten verlangt, steht sie oder er doch mit allen Teammitgliedern in Kontakt. An das Berufsprofil des Producers sind somit hohe Anforderungen geknüpft. Schließlich haben es Producerinnen und Producer (im Arbeitsalltag) mit internationalen Teams zu tun, deren Mitglieder aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen kommen und fachliche Hintergründe aus den unterschiedlichsten Disziplinen
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mitbringen. Projektarbeiten mit großen Gruppen und komplexen Strukturen sind sicherlich hilfreich; ebenso eine international zusammengesetzte Studierendenschaft. Diversität ist in den Studios ein enorm wichtiges Thema, das die Unternehmenskultur, das Personalwesen, die interne wie externe Kommunikation, die Produktion und die Games(inhalte) selbst prägen.16
S TART - UPS & C O : U NTERNEHMERTUM
IN DER
G AMESBRANCHE
Neben dem Wissen sämtlicher an der Entwicklung beteiligten Arbeitsbereiche (inklusive des Qualitätsmanagements) sollten die Studierenden das Prinzip ›Games-as-a-service‹ verinnerlicht haben. Die Beziehung zum Endkonsumenten prägt mittlerweile den gesamten Schaffensprozess sowie sämtliche Vermarktungsphasen digitaler Spiele.17 Nicht zuletzt sollten Studierende, die eine Ausgründung in eine Start-UpUnternehmung nach dem Studium anstreben, die Wertschöpfungsprozesse innerhalb der Branche kennen. Sie sollten in der Lage sein, für ihr Spiel ein Business Modell zu entwickeln, Monetarisierungsansätze und relevante Kenngrößen zu ermitteln.
16 Das Thema ›Diversity‹ ist sehr umfassend. In diesem Zusammenhang werden an dieser Stelle nur einige Stichpunkte genannt, um mit einem Ausschnitt des Themenkomplexes die Bandbreite der Fragestellungen anzudeuten, die aktuell bei den Herstellern diskutiert werden: Frauenquote (in der IT-Branche), multikulturelle und multinationale (Entwicklungs-)Teams, Inklusion und Barrierefreiheit in digitalen Spielen. 17 Community Developer planen, bespielen und pflegen während eines Games-Entwicklungsprojekts spezifische Kommunikationskanäle mit potentiellen Konsumenten, laden User u.a. zu (geschlossenen) Alpha- und Betatests ein. ›Early Access‹, also der Zugang zum Spiel noch vor dem offiziellen Produktstart, wird zum neuen Geschäfts- und Kundenbindungsmodell. Games erhalten Zusatzinhalte und werden aufgrund des User-Feedbacks nach der Erstveröffentlichung weiter optimiert (z.B. das Balancing von Mehrspielerinhalten). Loyalty-Programme auf Distributionsplattformen werden in die Spiele eingebunden (z.B. der Eintausch von im Spiel gewonnenen Boni in Spielinhalte).
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Der Aufbau und die Nähe der Hochschule zu Game-spezifischen Inkubatoren und Co-Working-Einrichtungen ist sehr wertvoll, um den Übergang vom akademischen Studium zum Unternehmertum zu gestalten. Auch Forschung könnte in sogenannten Games-Kompetenzzentren, die eigene Labore und Werkstätten mit der Industrie unterhalten, betrieben werden. Insbesondere das Aufeinandertreffen zwischen Jungunternehmern, Junior-Entwicklern und etablierten Akteuren findet in solchen ›Hubs‹ statt, die im SharedOffice-Prinzip operieren. Mentoring-Prozesse passieren hier bereits beim Kaffeekochen in gemeinsamen, Studio-übergreifenden Cafeterien. In Deutschland gibt es erste Bemühungen, u.a. direkt aus der Entwicklerszene heraus, derartige Zentren aufzubauen. Internationale Vorbilder sind u.a. die ›Dutch Game Garden‹-Standorte in den Niederlanden oder das ›Gameplay Space‹18 im kanadischen Montréal. Insbesondere das Montréal-Beispiel liefert für die dort ansässigen Independent Studios einen großen Mehrwert: Aufgrund des vorhandenen, vitalen Games-Ökosystems besuchen potentielle Geschäftspartner, wie beispielsweise Technologiegeber oder Vertriebsplattformen, nicht nur die Branchengrößen vor Ort, sondern eben auch solche Zentren, um B-to-B-Geschäfte mit den sich im Hub befindlichen Unternehmen zu tätigen.
Z UR R OLLE
ETABLIERTER S TUDIOS IM AUF DEN AKADEMISCHEN B ETRIEB
H INBLICK
Nach dem Vorbild des Hochschulprogramms ›Codex‹ von Ubisoft Montreal hat das deutsche Schwesterstudio Ubisoft Blue Byte eine eigene ›Campus‹Initiative ins Leben gerufen, in der sämtliche Aktivitäten des Entwicklungsstudios mit dem akademischen Sektor gebündelt werden. Ziel ist es, Studierende in ihrer Ausbildung tatkräftig zu unterstützen, den Berufseinstieg in die interaktive Unterhaltungssoftwareindustrie zu ebnen und eine Stärkung der regionalen Games-Ökosysteme zu erwirken, an denen das Studio mit seinen Standorten wirkt. Die Beschäftigten des Entwicklungsstudios teilen ihr Wissen aus der Produktion in der wissenschaftlichen Lehre, in Form von Gastdozenturen oder einzelnen Vorträgen. Sie stellen Themen für kooperative Abschlussarbeiten
18 Vgl. http://www.dutchgamegarden.nl und https://gameplayspace.com
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bzw. agieren als Zweitprüfer. Ebenso werden die Fakultäten dabei unterstützt, Studienpläne nachhaltig an Industriestandards in der Gamesentwicklung zu justieren, beispielsweise durch eine Beiratstätigkeit. Mentoren besuchen die Werkschauen der Hochschulen und führen Feedbackgespräche mit den Studierenden über ihre Praxisprojekte. Auch Bewerberworkshops werden vor Ort durchgeführt. Hier erhalten Studierende Tipps für den Einstieg in das Berufsleben und es kann auf ihre Fragen individuell eingegangen werden. Im Rahmen des Deutschen Entwicklerpreises wird jeden Herbst der ›Newcomer Award‹ von Ubisoft Blue Byte verliehen. Studierende deutschsprachiger Hochschulen können hier ihre Projekte einreichen. Die Gewinner erhalten Mentoring-Workshops für ihr Spiel in den Bereichen Game Design, Game Art und Game Programming. Darüber hinaus stehen auch Frage-Antwort-Runden zu den Themen Producing und Vermarktung bei den Preisträgern hoch im Kurs. Die Zusammenarbeit mit auf die Gamesbranche spezialisierten Inkubatoren- und Accelerator-Programmen soll zukünftig intensiviert und in die ›Campus‹-Initiative integriert werden. Wissensvermittlung ist keine Einbahnstraße: Für die berufliche Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im deutschen Ubisoft-Studio ist die ›Blue Byte Academy‹ zuständig. Die hier durchgeführten Trainingsund Coachingeinheiten sollen verstärkt mit Gastvorträgen durch Dozenten der Hochschulen ergänzt werden. In diesem Kontext ist es für die Beschäftigten spannend, aus der alltäglichen Praxis herausgerissen zu werden und Denkanstöße aus den Game Studies bzw. dem wissenschaftlichen Betrieb zu erhalten. Auch Impulsvorträge sind willkommen. Hier liefert die Universität – als ›Denkanstalt‹ jenseits von ökonomischen Interessen – wertvolle Erkenntnisse für die Branchenakteure und fordert zum berühmten Blick über den Tellerrand auf. Neben den bekannten Games-Entwickler-Konferenzen, wie z.B. der ›Quo Vadis‹ in Berlin, werden für die Akteure in der Industrie zunehmend wissenschaftliche Konferenzen interessant, die beispielsweise Themen rund um Künstliche Intelligenz behandeln. Für die Produktionsbetriebe der Gamesbranche in Deutschland ist die Forschung einerseits alltäglich, anderseits ein noch junges Feld. Die Entwicklung digitaler Spiele ist immer mit ›Forschertätigkeit‹ verbunden und von ›Erfindergeist‹ geprägt. Die Teams streben im Produktionsprozess nach immer neuen innovativen Verfahren, technologischem Fortschritt und
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schaffen, wenn notwendig, ihre eigene Middleware und Tools für die Entwicklungsprojekte. Das bewusste Einbeziehen von wissenschaftlichen Instituten und Mitarbeitern sowie die Zusammenarbeit mit Hochschulen in Forschungskonsortien ist jedoch (noch) selten. Studios sind ab dem Zeitpunkt forschungsaffin, wenn eine Win-Win-Situation deutlich wird. Aufgrund der intensiven Arbeit an Gameprojekten ist es, insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe, schwierig, Ressourcen (allen voran Mitarbeiter) für die Forschung und Entwicklung außerhalb der Produktentwicklung abzustellen. Begründet oder unbegründet – mit dem Eintritt in Konsortien ist die Sorge der Überforderung verbunden. Schließlich wollen wissenschaftliche Mitarbeiter im gemeinsamen Forschungsprojekt betreut werden. Darüber hinaus soll ihnen Zugang zum alltäglichen Entwicklungsbetrieb gewährt werden (in Form von Code, Daten etc.). Die richtige Definition und Auswahl des Forschungsthemas, die Anwendbarkeit des Forschungsergebnisses im Tagesgeschäft und das Kennenlernen wissenschaftlicher Mitarbeiter als potentielle Arbeitnehmer von morgen könnten in dieser Hinsicht einen Gesinnungswandel in den Studios bewirken.
S CHLUSSBETRACHTUNG Die in dieser Publikation vorgestellten Studiengänge für die Entwicklung sowie wissenschaftliche Betrachtung von Computer- und Videospielen sind ein enormer Fortschritt für eine nachhaltige Entfaltung der Produktion digitaler Spiele. Noch nie war die Ausbildungslandschaft so ausdifferenziert, noch nie standen der hiesigen Branche so viele Absolventinnen und Absolventen zur Verfügung, die ihre akademische Ausbildung im Games-spezifischen Bereich in Deutschland genießen konnten. Damit Studierende – sei es durch eine Selbstständigkeit mit eigenem Studio oder eben im Angestelltenverhältnis – in der deutschen Gameswirtschaft eine berufliche Zukunft finden, sind hierzulande drei Dinge notwendig:
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•
• •
die Stärkung regionaler Games-Netzwerke19, inklusive auf die digitale Spielewirtschaft zugeschnittener Clustermanager und geförderter Gründerzentren; staatliche Anreizsysteme, um die Prototypenentwicklung und Produktion digitaler Spiele in Deutschland international konkurrenzfähig zu machen; eine entbürokratisierte Forschungs- und Technologieförderung, die näher an der Alltagswirklichkeit deutscher Entwicklungsstudios ist und Freiräume für die wissenschaftliche (Mit-)Arbeit im Zusammenspiel mit den Hochschulen schafft.
Die Diskussion über die Zukunft der Computer- und Videospielentwicklung wurde von den Akteuren noch nie so intensiv geführt wie heute. Es bleibt zu wünschen, dass in Deutschland nun die richtigen Weichenstellungen stattfinden, um eine vitale Gamesbranche bzw. ein vitales Games-Ökosystem zu etablieren. Damit aus dem Games-Entwicklungsland Deutschland ein nachhaltiges Games-Entwicklerland wird.
L ITERATUR Castendyk, Oliver/Müller-Lietzkow, Jörg: Abschlussbericht zur Studie »Die Computer- und Videospielindustrie in Deutschland. Daten – Fakten – Analysen, 2017«, http://www.hamburgmediaschool.com/fileadmin/us er_upload/Dateien/Forschung/FoKo/Abschlussbericht_Games-Studie_ V1.2_2017-12-05.pdf. The Entertainment Software Association (Hg.): »The 2016 Essential Facts About the Computer and Video Game Industry«, 2016
19 Es gilt, bestehende regionale Hubs wie beispielsweise Berlin-Potsdam, Hamburg, Großraum München, Rhein-Ruhr und Rhein-Main zu vitalen Games-Ökosystemen weiterzuentwickeln.
»Eine Branche, eine Stimme« F ELIX F ALK IM G ESPRÄCH MIT G UNDOLF S. F REYERMUTH
Gundolf S. Freyermuth: Herr Falk, Sie sind Geschäftsführer des game. Wer oder was ist der game? Felix Falk: Der game ist der Verband der deutschen Games-Branche. Unsere Mitglieder sind Entwickler, Publisher und viele weitere Akteure der SpieleIndustrie wie etwa eSports-Veranstalter, Hochschulen und Dienstleister. Als Träger der gamescom verantworten wir das weltgrößte Event für Computerund Videospiele. Der game ist Gesellschafter der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, kurz USK, der Stiftung Digitale Spielekultur sowie Ausrichter des Deutschen Computerspielpreises. Darüber hinaus sind wir als game zentraler Ansprechpartner für Medien, Politik und Gesellschaft und beantworten Fragen etwa zur Marktentwicklung, Spielekultur und Medienkompetenz. GSF: game entstand erst vor wenigen Monaten, er ist aber keineswegs ein junger Verband? FF: Das stimmt. Der game ist aus zwei älteren Verbänden hervorgegangen. Am 29. Januar 2018 schlossen sich die beiden bisherigen Branchenverbände »BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware«, gegründet 2005, und »GAME – Bundesverband der deutschen Games-Branche«, gegründet 2004, zu einem gemeinsamen Verband zusammen. Seitdem vertritt damit ein gemeinsamer Verband die Interessen der Games-Branche gegenüber Politik, Gesellschaft und Medien. Wir sind überzeugt, dass Games das Leben der Menschen bereichern. Deshalb ist es unsere Mission, Deutschland zum besten Games-Standort zu
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machen und uns für gute Rahmenbedingungen einzusetzen. Wir wollen, dass die Wettbewerbsnachteile für deutsche Spiele-Entwickler abgebaut werden und sie die Möglichkeit erhalten, zu den internationalen Top-Standorten wie Japan, den USA oder Kanada aufzuschließen. Dafür verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz, denn eine Stärkung der Games-Branche muss an vielen verschiedenen Stellen ansetzen. Weiterführender Link: www.game.de/themen/berufsbilder/
Quelle: game
GSF: Beschreiben Sie bitte die konkreten Aufgaben und Ziele des game. FF: Games-Unternehmen in Deutschland muss der Zugang zu finanziellen Mitteln erleichtert werden. Entwickler, die hier Studios gründen und Spiele entwickeln wollen, brauchen eine planbare und systematische Förderung. Denn im Gegensatz zu zahlreichen Staaten innerhalb und außerhalb Europas wie Frankreich, Polen, Großbritannien oder Kanada wird die Produktion von Games in Deutschland derzeit nicht unterstützt. Die Folge: Aufgrund der fehlenden staatlichen Unterstützung liegen die Entwicklungskosten für digitale Spiele in Deutschland um bis zu 30 Prozent über denen anderer Länder. Titel, die weltweit die Spielekultur prägen, werden nur sehr selten in Deutschland produziert. Insgesamt verlieren wir als Standort damit nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich zunehmend an Einfluss. Zuletzt sank der Umsatzanteil deutscher Games-Entwicklungen auf dem heimischen Markt auf nur noch 5,4 Prozent. International spielen deutsche Entwicklungen leider so gut wie keine Rolle. Ein erster und wichtiger Schritt ist deshalb die Verankerung eines Games-Fonds im derzeitigen Regierungsprogramm. Als Verband arbeiten wir nun mit Hochdruck daran, dass diese in Aussicht gestellte Games-Förderung
»EINE BRANCHE , EINE STIMME « | 395
auch schnellstmöglich kommt und haben dafür unter anderem einen konkreten Vorschlag vorgelegt, den »Deutschen Games-Fonds«. Neben dem Zugang zu Fördermitteln sind vor allem gut ausgebildete Fachkräfte ein Kernelement für eine nachhaltig wachsende Spiele-Branche. Games sind komplexe Kultur- und Mediengüter, die Spezialwissen aus vielen unterschiedlichen Bereichen wie der Programmierung, dem Grafik- und Game-Design oder dem Produktmanagement brauchen. Als Verband der deutschen Games-Branche setzen wir uns deshalb dafür ein, dass der Bedarf an Fachkräften für unsere Branche in den kommenden Jahren gedeckt wird. Dabei haben wir sowohl die Aus- und Weiterbildung eigener Fachkräfte in Deutschland als auch den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland im Blick. Weiterführender Link: www.game.de/themen/arbeitsmarkt/
Quelle: game
Auch die Sichtbarkeit und Vernetzung der deutschen Games-Branche im Inund Ausland steht ganz oben auf unserer Agenda. So bieten wir zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Beteiligungen an Auslandsmessen und an Delegations- sowie Markterschließungsreisen an. Mit unserer Broschüre »A Guide to the German Games Industry« werben wir international für den Standort Deutschland. Die gamescom gehört zu den wichtigsten Zeitpunkten im Jahr, da sich hier internationale und deutsche Games-Unternehmen in Köln treffen. Auf der gamescom bieten wir beispielsweise mit unserem »Pitch & Match«-Event eine Plattform an, auf der sich Entwickler und Publisher miteinander verknüpfen können. Für Studierende bietet die gamescom zahlreiche Möglichkeiten erste professionelle Kontakte zur Branche zu knüpfen. Insgesamt garantiert die gamescom eine Strahlkraft und Präsenz, die für viele Akteure der Branche auf dem internationalen Markt entscheidend ist.
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Wir setzen uns als Verband für die vielfältigen Bedürfnisse der Branche ein, von der Ausbildung über die rechtlichen Rahmenbedingungen bis hin zur Finanzierung und Internationalisierung. GSF: Welche Rolle spielt nach Ansicht des Verbands die akademische Ausbildung für die Branche? FF: Die Games-Branche nimmt innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft einen besonderen Platz ein. Sie markiert die Schnittstelle von Kultur, Technologie und Unterhaltung. Austausch, Zusammenarbeit und stetes Lernen sind dabei die Grundlage des Erfolgs. Die akademische Bildung vermittelt die Grundvoraussetzungen und Fertigkeiten, um wirklich schöpferisch tätig zu werden und grundlegend Neues zu erschaffen. Als Verband schätzen wir die akademische Bildung deshalb sehr. An Universitäten, Hochschulen und Akademien bekommen die Studierenden die Möglichkeit, sich en détail in ein Fachgebiet ihrer Wahl einzuarbeiten. Sie lernen während ihres Studiums nicht nur das praktische Handwerkszeug, um in der Games-Branche tätig zu sein, sondern bekommen auch wichtige Schlüsselqualifikationen und Soft Skills wie Teamwork, Selbstorganisation oder das Präsentieren vor Gruppen vermittelt, die auch über die Games-Branche hinaus wichtig und hilfreich sind. Neben der persönlichen Entwicklung ist die akademische Bildung auch für die Professionalisierung und ästhetisch-technologische Weiterentwicklung der gesamten Games-Branche sehr wichtig. Games sind Kunstwerke, die Gesellschaft widerspiegeln. Für künftige Game-Designer, Entwickler und Co. ist es deshalb zum einen entscheidend, sich mit der Herkunft des Mediums und seinem Wandel zu beschäftigen, um daraus neue Spiel-Formen abzuleiten. Auch entstehen derzeit technische Innovationen erst durch die tiefgehende Beschäftigung mit dem Medium und seinen Methoden. Für beides bieten Hochschulen ein ideales Umfeld. GSF: Wie schätzt der Verband die Bedeutung der wissenschaftlich-künstlerischen Forschung seitens der Hochschulen für die Entwicklung der Branche ein? FF: Auch für die Games-Branche und ihren hohen Innovationsgrad ist Forschung von großer Bedeutung. Sie ist entscheidend, um neue Technologien entstehen zu lassen und neue Produkte zu entwickeln. Forschung ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Games-Branche wichtig und damit auch für ihre
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branchenübergreifende Sichtbarkeit. Ebenso befähigen die Errungenschaften in der Spiele-Branche andere Forschungsfelder, beispielweise in der Medizin, dem Maschinenbau und der Bildung. Weiterführender Link: www.ausbildungskompass-games.de
Quelle: game
GSF: Spielen in der Arbeit des neuen Verbandes die Hochschulen und Universitäten eine Rolle? Wenn ja, welche? FF: Für uns als Verband sind Universitäten, Hochschulen und Akademien wichtige Partner und Mitglieder. Zum einen, weil hier die Branchen-Talente von morgen ausgebildet werden. Zum anderen, da wir gemeinsam mit den Bildungseinrichtungen die Forderungen nach verbesserten Rahmenbedingungen in der Bildung und Forschung noch schlagkräftiger gegenüber der Politik adressieren können. Strategische Kooperationen zwischen der Industrie und Bildungseinrichtungen sind deshalb wichtig, da sie Wissenschaft und Praxis vereinen. Erst dieser aktive Austausch ermöglicht eine praxisorientierte Ausbildung. GSF: Gibt es gegenwärtig seitens des Verbands Unterstützung für die hochschulische Bildung und Ausbildung? FF: Um deutschlandweit die Ausbildungsbedingungen und die Qualifikationen von Berufseinsteigern zu verbessern, haben wir »game • Talent« ins Leben gerufen. Die Initiative umfasst Plattformen und Formate für den Dialog zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen, um Wissen auszutauschen, die Meinungsbildung zu fördern und dem Fachkräftebedarf zu begegnen. Seit der Gründung tagen im Rahmen von Entwicklerkonferenzen und anderen Events regelmäßig Personalverantwortliche der Branche mit
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Lehrenden der Ausbildungsinstitutionen, um mehr Transparenz bei den Lehrangeboten zu schaffen und die Inhalte mit Praxiswissen zu bereichern. Darüber hinaus bieten wir zahlreiche weitere Informationsangebote wie etwa den Ausbildungskompass Games, der Bildungseinrichtungen mit Games-relevanten Inhalten in Deutschland auflistet.1 Hier können sich alle Interessierten einen Überblick über die Angebote verschaffen. Wir informieren auf unserer Website und anhand von Broschüren, durch unsere Pressearbeit und auf Messen über die deutsche Games-Branche und den Arbeitsmarkt, unterstützen gemeinsame Projekte von Hochschulen und Unternehmen und setzen uns für eine frühe Ausbildung digitaler Kompetenzen ein. Hiermit wollen wir noch mehr Heranwachsende für eine Karriere in der Games-Branche begeistern und sie somit für eine Ausbildung an einer der deutschen Hochschulen in diesem Bereich gewinnen. Unsere Webinar-Reihe »game • Talent Sessions« bietet Vorträge zu allen Themen der Games-Branche von Leuten aus der Praxis. Hochschulen und ihre Studierenden können sich hier Einblicke verschaffen, Tipps und Tricks erfahren, Best Practices anhand von Fallstudien kennenlernen und Fragen stellen, ohne dafür zu Konferenzen reisen zu müssen. GSF: Welche weiteren Initiativen und welche Unterstützung im Bereich Bildung sind seitens des Verbands für die Zukunft geplant? FF: Wir werden auch in Zukunft an der intensiven Zusammenarbeit und dem engen Austausch mit allen Bildungsstätten festhalten. Wir wollen die Sichtbarkeit der Bildungs- und Ausbildungsangebote erhöhen, etwa durch den gezielten Ausbau des Ausbildungskompass Games. Darüber hinaus wollen wir gemeinsam mit der Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt an der Weiterentwicklung des Deutschen Computerspielpreises, der wichtigsten deutschen Auszeichnung für Computer- und Videospiele, arbeiten. Hier werden unter anderem Preise an junge Nachwuchsteams in den Kategorien »Nachwuchspreis Prototyp« und »Nachwuchspreis Konzept« verliehen. Die Nominierung und der Gewinn der Auszeichnung bringt auch für die Hochschulen ein großes Renommee mit sich. Darüber hinaus werden wir auch in Zukunft unsere Roundtables und Arbeitsgruppen mit Hochschul- und Unternehmensvertretern fortführen. Dieser regelmäßige Austausch hat sich im Laufe der Jahre als äußerst erfolgreich für alle Seiten erwiesen.
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www.ausbildungskompass-games.de
»Was muss man haben, um nicht nur in der Spieleindustrie zu landen, sondern auch erfolgreich und glücklich zu sein?« Rede vor Absolventen eines Games-Studiengangs1 W OLFGANG W ALK
Liebe Gäste! Liebe Lehrkräfte mit oder ohne Professur! Aber vor allem: Liebe Absolventen! Ich möchte mich im Voraus beim Cologne Game Lab für die Ehre bedanken, hier und heute die großen Worte am Ende Ihrer akademischen Ausbildung sagen zu dürfen, einer Ausbildung, zu der ich nichts beigetragen habe. Als wir vor ein paar Monaten über diese Veranstaltung und meinen Beitrag sprachen, sagte mir Björn Bartholdy, in welche Richtung meine Rede grob gehen sollte: ein paar weise Worte aus meiner Erfahrung in der Spielebranche. Wie man hineinkommt und wie man dort überlebt. Aber ich traute mich nicht so richtig, ihn zu fragen: Was genau ist eigentlich der offizielle Grund dafür, dass gerade ich ... Deshalb kann ich nur erklären, warum ich diese sehr ehrenvolle Bitte nicht abgelehnt habe, weshalb ich mich – zumindest ein wenig – für geeignet
1
Gehalten auf Englisch anlässlich der Absolventenfeier des Cologne Game Lab der TH Köln am 25.07.2018. Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte durch den Autor.
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halte, hier zu stehen, und warum es in diesem Fall für mich irgendwie in Ordnung ist so zu tun, als sei ich wichtig – so peinlich das normalerweise auch ist. Als Rechtfertigung fielen mir genau drei Gründe ein: 1) Offiziell hat jeder von Ihnen von nun an mehr akademische Abschlüsse als ich. Zugegeben, das mag eher wie ein Grund klingen, der gegen mich als Redner spricht, aber wenn es die Verantwortlichen beruhigt: Ich habe in der Zwischenzeit ein paar wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Vor allem aber ist die Geschichte, wie es dazu kam, dass ich ohne Abschluss blieb, eine sehr lehrreiche, und ich werde sie in wenigen Minuten erzählen. Eine der Schlussfolgerungen aus dieser wahren Geschichte ist für mich zumindest, dass ich hier nicht völlig nutzlos rumstehe. 2) Ich mache schon seit langer Zeit Spiele. Seit einer wirklich langen Zeit! 1979, im Alter von 18 Jahren, habe ich mit einem Freund im MatheLeistungskurs eine Mondlandungssimulation auf einem programmierbaren Taschenrechner von Texas Instruments nachprogrammiert. 1983 schrieb ich ein Ballonfahrspiel in Basic auf einem Olivetti M20 PC. Um 1991 etwa muss zum ersten Mal ein Spiel mit meinem Namen veröffentlicht worden sein: Ich habe die Geschichte für ein Hexfeld-Strategiespiel geschrieben. Und seit 1995 lebe ich von Spielen. Seitdem habe ich zahlreiche Aufgaben in über 25 Veröffentlichungen erledigen dürfen. Ich denke, ich kann wirklich einiges darüber erzählen, was in der Branche so vor sich geht. 3) Ich wollte schon immer eine Rede in Köln halten, denn das ist ein echtes Achievement für jemanden, der wie ich in Düsseldorf geboren und aufgewachsen ist. Okay, zwei von drei Gründen sind nicht schlecht... So viel zur Einführung. Von nun an sollte es darum gehen, wie man a) in die Spieleindustrie hineinkommt und dann b) nicht beim Versuch, dort zu bleiben, stirbt. Ich werde versuchen, dieses Thema in Begriffe zu fassen, mit denen Sie vertraut sein sollten: Begriffe des Game Designs. Denn Spiele zu machen ist ein Spiel für sich. Genauso wie das Leben selbst in vielerlei Hinsicht ein Spiel ist. Genauer gesagt: ein Spielzeug. Und Game Design ist das Spiel, das Ihnen wie kaum ein anderes die Möglichkeit gibt zu erkennen, dass das Leben ein Spielzeug ist – und wie man mit ihm spielt. Als Kunstform und als Handwerk ähnelt Game Design dem Leben selbst wie kein anderes Handwerk und keine andere Kunstform. Ich würde so weit gehen zu behaupten: Während man lernt ein Spiel zu erschaffen, geht es
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eigentlich darum, leben zu lernen. Natürlich geht es auch darum, tolle Spiele zu entwickeln. Und es geht darum, Geld zu verdienen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten Aber all das kumuliert, wie ich zeigen werde, am Ende in dem einem Satz: Während man lernt ein Spiel zu erschaffen, geht es eigentlich darum, leben zu lernen. Behalten Sie diesen Satz im Kopf und folgen Sie mir noch 25 Minuten, dann wissen Sie, was ich damit meine. Jedes Jahr verbringe ich acht bis zehn Wochen mit dem Unterrichten von Game Design an Hochschulen. Die Frage, die ich am häufigsten von meinen Studierenden gestellt bekomme, und zwar noch bevor sie mich fragen, wie man tatsächlich Spiele macht, ist: »Wie komme ich in die Spieleindustrie?« Manchmal, an meinen weniger freundlichen Tagen, frage ich zurück: »Können Sie diese Frage auf eine Weise stellen, die Sinn ergibt?« Ich habe mich an die leeren Gesichter gewöhnt, die ich normalerweise nach dieser Antwort sehe. Meistens folgt eine lange, peinliche Pause, bevor einer der Studierenden sich traut, genauer zu werden: »Wie fange ich an, mit Spielen Geld zu verdienen? « Worauf ich erwidere: »Wollen Sie Geld verdienen? Wäre es da nicht besser, Wirtschaftswissenschaften zu studieren? Recht? Medizin? Das wäre alles wesentlich lukrativer!« Sie – die Studierenden – antworten dann: »Nein, Dummkopf, wir wollen mit Spielen Geld verdienen.« Okay, den »Dummkopf« sprechen sie meist nicht aus. Aber gedacht wird er immer. Das ist normal. Junge Menschen halten alte notwendigerweise für Dummköpfe. Und sie haben ja auch häufig Recht. Es ist ein ziemlich vorhersehbares Schachspiel, und am Ende kommen wir normalerweise zur eigentlichen Frage: »Was muss man haben, um nicht nur in der Spieleindustrie zu landen, sondern auch zu bleiben. Erfolgreich und – noch wichtiger – glücklich zu sein?« Was nicht nur zufällig ziemlich genau die Frage ist, mit der dieser Vortrag überschrieben ist. Ich habe eine sehr kurze Antwort auf diese Frage – und eine zweite, die ein Leben lang dauert. Denn unser ganzes Leben als Game Designer ist – im Guten wie im Schlechten – die Antwort auf diese Frage. Die sehr kurze Antwort besteht aus drei Worten: »Umfassende, unersättliche Neugier.« Wenn wir den Prozess des Game Designs als Spiel selbst betrachten, wobei die Designer die Spieler sind, dann hätten die Leute, die dieses Spiel entworfen haben, ein Vision Statement in ihre Konzeptpapiere
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geschrieben. Warum? Weil es das ist, was wir Game Designer tun: Wir schreiben Vision Statements. Und das Vision Statement für das Game »Game Design« würde mit den Worten beginnen: »Game Design ist ein Spiel für Spieler, die es lieben, allumfassend und unersättlich neugierig zu sein.« Den Rest dieser Rede werde ich versuchen zu erklären, warum das so ist. Und das bringt mich zurück zu meinen gescheiterten Versuchen, die Universität zu absolvieren. In diesem Feld bin ich einer derjenigen, die das Spiel des Lebens schon auf der Ebene des Tutorials vermasselt haben. Ich würde gerne hinzufügen: Aber ich habe es geschafft, das echte Spiel danach zu gewinnen. Nur: das wäre eine Lüge. Nicht, weil ich bisher verloren habe, sondern weil man dieses Spiel nicht gewinnen kann: Deshalb ist es ein Spielzeug. Nach meiner Zeit bei der Bundeswehr habe ich 1982 mit dem Studium begonnen. 13 Jahre lang, bis 1995, war ich eingeschriebener Student, mit nur einer einjährigen Unterbrechung im Jahr 1987. Während dieser Zeit studierte ich Wirtschaftswissenschaften, Mathematik, Informatik, deutsche Literatur und Philosophie. Ich habe keines dieser Fächer studiert, um die Zeit totzuschlagen, jedes Thema interessierte mich, ich nahm mein Studium ernst – aber alle Fächer (bis auf die letzten beiden) wurden mir schnell zu eng, so dass ich früher oder später nach anderen, neueren Dingen suchte, die mich mehr begeisterten. Infolgedessen hörte ich auf Kurse zu besuchen, die mich ohnehin langweilten, und brach dann irgendwann das jeweilige Studium ab, um etwas Neues auszuprobieren. Aber ich habe dennoch viel über jedes dieser Themen gelernt. Ich will das nicht heroisieren: Ich war jung, ich hatte einige Probleme mit meinem Leben, ich brauchte mehr falsche Entscheidungen als andere Leute, um die richtigen treffen zu können. Die erste Hälfte dieses Zeitraums war wohl die schlimmste Zeit meines Lebens. Aber ich lag auch niemandem auf der Tasche, verdiente das Geld fürs Studium selbst und lebte sogar recht gut, weil ich damals einen gut gehenden Musikclub in Karlsruhe managte. Ich habe sicher mehr an Steuern bezahlt, als mein Studium den Steuerzahler gekostet hat. Gegen Ende meiner 20er begann ich mich besser zu fühlen, hatte einige Antworten gefunden, angefangen, Literatur und Philosophie zu studieren und mit einem Freund an Computerspielen zu arbeiten. Letzteres war mehr aus Spaß als um Geld zu verdienen – durch die Leitung des Musikclubs führte
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ich ohnehin ein angenehmes Leben –, und ein paar Jahre später war ich auf dem besten Weg, mein Studium im Sommer 1995 mit einer Magisterarbeit »Über die Funktion des Humors in der Poetik Franz Kafkas« abzuschließen. Da mich das Nachtleben erschöpft und ich Ende 1994 den Kneipenjob aufgegeben hatte, hätte das bedeutet, einer der am besten ausgebildeten Arbeitslosen in Deutschland zu werden. Aber im April 1995 rief Blue Byte an. Wir hatten seit ca. 1993 Kontakt, und meine Arbeit an einigen obskuren und extrem erfolglosen Spielen wurde tatsächlich beobachtet: »Komm rüber, Mann. Wir brauchen einen Produzenten!« »Kann ich zuerst mein Studium beenden?« »Nein, wir brauchen dich jetzt!« Ich hatte die Wahl zwischen einerseits Abschluss und Arbeitslosigkeit – oder andererseits einem Traumjob und keinem Abschluss. Ich hasse es zugeben zu müssen: Ich war korrumpierbar. Entgegen dem Rat einiger Leute in meiner Umgebung begann ich am 1. Juni 1995 bei Blue Byte, das damals noch ein unabhängiger Publisher und Entwickler war – und viel kleiner als heute. Ein halbes Jahr später war ich erstaunt, dass sie mich während der Probezeit nicht gefeuert hatten. Noch besser: Ich hatte bereits in zwei Spielen Credits, und zwei weitere sollten in den nächsten sechs Monaten folgen, darunter DIE SIEDLER II. Ich heiratete 1996, hatte zwei Kinder, und gegen alle Widrigkeiten wurde der Bohemien ein glücklicher Familienvater, und das bin ich auch heute noch, obwohl die Kinder keine Kinder mehr sind. Genug von mir für den Moment. Sie fragen sich: Was hat das alles mit mir zu tun? Die Antwort: mehr, als Sie vielleicht denken. Anders als ich haben Sie den Tutorial-Level erfolgreich absolviert. Das Problem, vor dem Sie jetzt stehen: Die Regeln des Lebens werden sich heute für Sie ändern – und viele dieser neuen Regeln wurden in den Tutorial-Levels nicht gelehrt, was übrigens keine Schuld Ihrer Professoren ist. Zum ersten Mal bewerben Sie sich auf etwas, bei dem Sie keine Ahnung haben, ob tatsächlich jemand wie Sie gefragt ist. Als Sie sich fürs Cologne Game Lab beworben haben, hatten die ein paar Dutzend offene Stellen. Sie mussten gute Noten haben, die richtige Einstellung, vielleicht ein Portfolio. Das sind alles Dinge, die Sie beeinflussen und an denen Sie arbeiten konnten. Jetzt, zum ersten Mal in Ihrem Leben, ist alles, woran Sie arbeiten können vielleicht nicht genug. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die behaupten, dass man nur hart genug arbeiten muss, dann wird der Erfolg sicher kommen.
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Das ist einfach nicht der Fall. So ist das Leben leider nicht. Harte Arbeit verbessert Ihre Chancen, aber das war’s dann auch schon. Das Leben hat von nun an nur noch eine einzige Garantie für Sie. Eine, über die ich gleich noch sprechen werde. Keine Spielefirma wird jemals ein paar Dutzend Positionen haben, die zu Ihrem Portfolio und Ihren Fähigkeiten passen. Eine oder zwei? Vielleicht. Und die meiste Zeit gibt es keine einzige offene Stelle für jemanden wie Sie. Ich sage das nicht, um Sie zu entmutigen. Ich erkläre nur die Regeln. Die gute Nachricht ist: Es gibt viele Spielefirmen da draußen. Und wenn nur fünf Prozent von ihnen eine offene Position für jemanden wie Sie haben, dann gibt es immer noch eine ganze Reihe von offenen Positionen. Sie sind nur schwerer zu finden. Und freizuschalten. Und es gibt Konkurrenz. Das ist, wo Ihnen Ihr Abschluss helfen wird. Aber Ihr Abschluss ist nur ein Teil der Anforderungen. Und nicht einmal der wichtigste. Der wichtigere Teil ist immer noch das, was mich in den achtziger Jahren trotz meiner Unentschlossenheit vorwärts trieb: eine unersättliche Neugierde auf alles. Ein Abschluss kann Ihnen die Tür öffnen und Sie hindurchschieben. Aber drinbleiben? Die Spieleindustrie ist eine fordernde Bestie – und sie wird Sie wieder ausspucken, wenn Sie Spiele nicht leben. Das bedeutet nicht, dass Sie die ganze Zeit spielen müssen. Ein Tipp: Tun Sie das nicht! Lassen Sie mich erklären, was das bedeutet: Spiele zu leben. Beim Spielen geht es darum, Dinge herauszufinden, das Problem zu erkennen – und dann eine Lösung zu entwickeln. Es ist eine Denkweise, die in der Lage ist, die Richtung zu ändern, unsere eigenen Fehler zu erkennen und zu lernen, sie nicht zu wiederholen. Spielen ist faktenbasiert, und wenn man innerhalb eines Spiels »alternative Fakten« erfindet, verliert man. »Ah, dieses Monster, ich bin sicher, es ist nett und hatte nur schlechte Presse ...« Spiele sind streng deterministisch, auch wenn sie eine Zufallsmechanik verwenden. Es kann nutzlose Informationen in einem bestimmten Spiel für dieses Spiel geben. Aber es gibt keine nutzlosen Informationen in Spielen an sich, weil es keine nutzlosen Informationen im Leben gibt. Als Mensch können wir jede Information nutzen, um etwas zu lernen. Als Designer können wir alle Informationen nutzen, um unsere Spiele besser zu machen. Wenn nicht das Spiel, an dem wir grade sitzen, dann das nächste. Ich habe vorhin gesagt, dass die Antwort auf die Frage nach einem erfolgreichen, glücklichen Leben in der Spieleindustrie ein ganzes Leben lang dauern würde. Genau hier liegt der Grund dafür: Wenn Sie denken, dass es
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etwas gibt, das Sie als Game Designer nicht wissen müssen, sind Sie bereits auf dem falschen Weg. Die eine Sache, die Sie gestern als unwichtig angesehen haben, könnte die Lösung des vor Ihnen liegenden Designproblems sein. Es gibt nichts – und es gibt hier keine Ausnahme von der Regel –, nichts, wovon ich sicher sein kann, dass ich es im Game Design nie brauche. All diese sehr unterschiedlichen Themen, die ich studiert habe, helfen mir bis heute, meine Aufgaben, Aufträge, Vorträge und Vorhaben in dieser verrückten Branche halbwegs erfolgreich abzuschließen. Aber sie reichen bei weitem nicht aus. »Finden Sie einen Job, der Ihnen Spaß macht, und Sie werden nie einen Tag in Ihrem Leben arbeiten müssen.« Mark Twain soll das gesagt haben, und auf eine eher unwissenschaftliche Art und Weise habe ich beschlossen, das nicht zu überprüfen. Mark Twain ist als Zitatgeber perfekt. Mein Job erlaubt es mir, durch die Welt des Wissens zu streifen, und was auch immer ich aufnehme, ich versuche es in meinem Gedächtnis zu behalten. Ein Tag auf YouTube ist für mich kein verlorener Tag, wenn ich dadurch nicht in erhebliche Lieferschwierigkeiten gerate. Wer weiß, wann ich das alles mal brauchen kann? Der Anruf von Blue Byte war ein großer Glücksfall für mich. Die massenhafte Verbreitung des Internets etwa zur selben Zeit war der nächste. Beide zusammen: Es war wie das Finden eines sehr geheimen, aber extrem spannenden Levels in einem Spiel. Ich fühlte, dass ich ihn gefunden hatte, weil ich lange und hart genug an Orten gesucht hatte, die andere Leute schon verlassen hatten, weil sie dachten, es gäbe dort nichts Interessantes. Nur diejenigen, die überall hingehen (Sie kennen diese Art von Spielern), werden diese Orte finden. Sechs Monate nachdem ich zu Blue Byte gekommen war, wusste ich: Ich hatte wirklich einen Ort gefunden, wo sie Spinner wie mich brauchten. Seither kann ich mein Glück kaum fassen. Wir brauchen sie immer noch: die Spinner. Die Leute, die ins Theater gehen – und ins Fußballstadion, die Museen besuchen und Comics lesen, Grind Core und Mozart hören, den nächsten Blockbuster-Superheldenfilm genauso genießen wie französisches Arthouse-Kino. Ich sage nicht, dass die Spieleindustrie keine Spezialisten braucht. Das tun wir. Wenn Sie ein Grafik-Programmierer sind, müssen Sie ein Spezialist und exzellent ausgebildet sein. Aber Sie können sich nicht allein auf Ihr Fachwissen verlassen. Denn um zu verstehen, wofür all dieses Wissen benötigt wird, muss man die Nachfrage ihrer Grafiker nach neuer Shader-Tech-
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nologie verstehen. Welche Wirkung wollen sie erzielen? Was ist eigentlich die dahinterliegende semantische Fragestellung? Sie müssen die Anforderungen des Narrative Designers an die grafische Darstellung der Erzählung verstehen, an die emotionale Erfahrung, die sie dem Spieler liefern wollen. Sie glauben, dass es bei Narrative Design um Worte geht? Überlegen Sie sich das noch einmal. Eine schöne, zarte Animation kann Ihnen ein ganzes Kapitel verbaler Erklärungen ersparen. Besuchen Sie mal eine gute Ballett-Aufführung, wenn Sie mir nicht glauben. Sie interessieren sich nicht für Ballett? Ging mir auch so. Jetzt fragen Sie sich selbst: Ist das die Schuld der Kunstform ›Ballett‹? Denken Sie gut nach! Die Antwort könnte Ihre berufliche Entwicklung in unserer Branche entscheidend mitbestimmen! Echte Spieleentwickler sollten einen solchen Mangel an Interesse als ihr persönliches Manko betrachten. Kämpfen Sie gegen Ihre Faulheit! (Wir alle sind faul – das ist ein Überlebensinstinkt aus Zeiten, als Kalorien noch ein knappes Gut waren.) Wenn Sie die Psychologie hinter Bewegung nicht verstehen (oder vielleicht den popkulturellen Bezug hinter einer ganz bestimmten Bewegung), wird Ihnen all Ihr technisches Wissen nichts helfen. Sie halten sich für einen guten Programmierer und benötigen deshalb keine guten Deutsch- und Englischkenntnisse? Wie wollen Sie komplexe Probleme kommunizieren? Wie wollen Sie sie lösen? Wie werden Sie überhaupt irgendwen so spezifisch fragen können, damit jemand Ihre eigenen Probleme versteht? Wie wollen Sie eine tolle Idee pitchen, wenn Sie die nicht mal klar kommunizieren können? Ich sehe einige ängstliche Gesichter im Publikum. Haben Sie keine Angst! Sie sind jung. Als Blue Byte mich anrief, war ich mindestens zehn Jahre älter als die meisten von Ihnen heute sind. Sie müssen jetzt noch nicht da sein, wo ich mit 34 Jahren war. In vielerlei Hinsicht sind Sie mir schon voraus (denken Sie daran: Sie sind graduiert) – und in mancher Hinsicht können Sie einfach nicht so weit sein. Die meisten von Ihnen haben nur ein Thema studiert – und das durch den Bologna-Prozess, möge er in der Hölle verrotten! Sie hatten nie acht Jahre Verantwortung für 25-30 junge Leute, die ihren Lebensunterhalt in einem verschwitzten, bis zum Dach verräucherten, unglaublich heißen, feuchten Kellerclub ohne sinnvolle Klimaanlage und mit allabendlich sechs Stunden 120 Dezibel Indie- und Punk-Musik verdienten.
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Niemand in Ihrem Alter kann diese Erfahrung haben. Wie auch? Man erlaubt heute ja nicht mal mehr das Rauchen an öffentlichen Orten. Aber Sie haben einen großen Vorteil: Sie sind jung. Sie haben 40 oder mehr Jahre vor sich, um Ihr Handwerk zu erlernen – und ja, Sie werden jeden Tag lernen, wenn Sie wirklich leben wollen. Sie können sogar noch lernen, wie man lernt. Sie haben es viel leichter, neue Interessen zu entwickeln als alte Säcke wie ich. Wenn Sie heute oder morgen oder übermorgen oder sogar im nächsten oder übernächsten Jahr scheitern, sind Sie danach immer noch jung. In den meisten Fällen wird keine Familie, werden keine Kinder noch ein paar Jahre unter Ihrem Versagen leiden. Sie können einfach aufstehen und es nochmal versuchen. Und Sie werden scheitern. Oft. Lernen Sie daraus! Und je mehr Sie wissen und je mehr Sie ein akzeptiertes und respektiertes Mitglied der Spieleindustrie werden, desto mehr Fehler werden Sie als Fehler erkennen können. Nicht trotz dem, was Sie lernen, sondern wegen dem, was Sie lernen. Von den meisten Fehlern, die ich in meinen ersten fünf Jahren gemacht hatte, hatte ich keine Ahnung, bevor ich weitere zehn Jahre damit verbracht hatte, sie zu machen. Andere merken vielleicht gar nicht, dass Sie einen Fehler gemacht haben. Aber Sie werden das merken, wenn Sie wollen (viele Leute wollen das erst gar nicht: wissen, dass sie einen Fehler gemacht haben, aber ich bin sicher, Sie gehören nicht zu dieser Gruppe, oder?) Das ist es also, was einen großen Spieleentwickler ausmacht: umfassende, unersättliche Neugierde und die Ausdauer, dies über Jahrzehnte aufrechtzuerhalten. Sie können jetzt noch nicht wissen, ob Sie die Person dafür sind. Wie sollten Sie? Sie hören mich darüber reden, was es braucht, vierzig und mehr Jahre in der Spieleindustrie zu bleiben, eine Zeitspanne, die doppelt so lang ist wie Ihr bisheriges Leben – aber Ihre schlimmste Angst ist, dass Sie es nicht einmal bis in die Industrie schaffen werden. Ich kann Sie denken hören: »Sag es uns! Wie lande ich meinen ersten Job in der Branche? Wie kann ich überhaupt herausfinden, ob ich das Zeug dazu habe?« Ich werde versuchen, dies ohne Zuckerguss zu beantworten: In all den Jahren, die ich in der Branche verbracht habe, habe ich manchmal, aber nicht oft, eine erfolgreiche Bewerbung gesehen, bei der der Kandidat nicht alle Anzeichen von Leidenschaft für Spiele gezeigt hat, diese umfassende Neugierde: »Was passiert eigentlich, wenn wir das mal so rum machen?« Einige, die das nicht haben, schaffen es durch die Tests und in den Job.
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Aber ich kenne niemanden, der diese Neugierde nicht hat – auf die eine oder andere Weise –, und der es dennoch über die Dreijahresgrenze in dieser Branche geschafft hat. Sie müssen es wollen. Ich weiß, das wird Ihnen jeder einzelne Personaler dieser Welt sagen, auch wenn es sich nur um einen Job am Fließband für Joghurtlöffel handelt. Aber wenn es um Spiele geht, ist der Satz wahr: Was zählt, ist die Leidenschaft. Sie wollen Erfahrungen – auch im wahrsten Sinne des Wortes ›außerweltliche‹ Erfahrungen – für Menschen erschaffen. Game Design entwirft Erfahrungen. Sie werden dafür monatelang, wenn nicht sogar jahrelang an einem Projekt arbeiten und nie wirklich wissen, ob das Ergebnis gewürdigt werden wird – oder ob es auch nur annähernd dem entspricht, was Sie sich selbst vorgenommen haben. Oder ob sich der Aufwand in irgendeiner Form lohnt. Sie müssen bereit sein, das Risiko einzugehen. Und wenn Sie scheitern, müssen Sie bereit sein, es erneut zu versuchen. Und wieder. Und vielleicht haben Sie nach zehn Jahren nichts anderes vorzuzeigen, als eine Liste von drei bis fünf mittelmäßigen Spielen. Das ist großen Entwicklern passiert. Und sie sind groß, weil es ihnen passiert ist – und irgendwann waren alle Sterne an den richtigen Stellen, und all die Erfahrungen, die sie gemacht hatten, blühten auf – und dann hatten sie ihr Hit-Game. Oder zumindest etwas, das wie ein kleines Juwel ist. Gespielt von einer kleinen, aber beinahe frommen Fangemeinde, der dieses Spiel, diese designte Erfahrung das Leben verändert hat. Die Leute, die Ihnen den Job in dieser Branche geben, wollen diesen Funken in Ihren Augen, in Ihrem Portfolio, in Ihrer Einstellung sehen. Die werden wahrscheinlich keine Wette auf Sie abschließen, wenn sie das nicht sehen können. Die wollen all Ihr Wissen. Die wollen, dass Sie sich schnell verbessern. Die wollen, dass Sie leidenschaftlich sind. Die wollen nicht, dass Sie perfekt sind. Niemand ist je perfekt, egal wie erfahren. Spiele zu entwerfen mag ein Spiel sein, aber es ist kein triviales, und nach 27 Jahren mache ich immer noch täglich Fehler. Zeigen Sie denen, dass Sie bereit sind, die Herausforderung anzunehmen. Nichts hilft Ihnen bei Ihren Bewerbungen mehr als die Demonstration dieser Leidenschaft. Sie müssen nicht versprechen, 12 Stunden pro Tag zu arbeiten. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn jemand das von Ihnen fordert, zeigt das nur schlechte Planungsfähigkeiten und Menschenführung auf dessen Seite. Halten Sie sich von solchen Unternehmen fern. Kreativität und Leidenschaft
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ertrinken in zu vielen Überstunden schnell. Leidenschaft und Sklaverei können nicht gemeinsam existieren. Worüber ich hier spreche ist: Warten Sie nicht auf einen Arbeitsvertrag, bevor Sie Spiele machen. Wenn es nur ein Job für Sie ist, dann glauben Sie mir: Es gibt besser bezahlte Jobs woanders, die besser zu Ihnen passen. Spiele zu machen muss Ihre Lebensweise werden, um Spaß bei der Arbeit zu haben. Und endlich habe ich jetzt alle Voraussetzungen geschaffen und kann Ihnen nun Ihre wichtigste Frage beantworten: So kommen Sie in die Spielebranche – und zwar schon morgen: Machen Sie einfach Spiele. Und hören Sie dann niemals auf zu lernen. Sie haben das nötige Wissen um anzufangen. Also fangen Sie einfach an! Wenn Ihre Bewerbungen nicht sofort erfolgreich sind, arbeiten Sie weiter an Spielen! Nutzen Sie Ihre Zeit! Werden Sie besser! Verbessern Sie alle Fähigkeiten, die Sie haben, und fangen Sie an, Fähigkeiten zu entwickeln, wo Sie noch keine haben! Lesen Sie nach und machen Sie! Eignen Sie sich alles an, besonders die Dinge, die Sie nicht interessieren. Zum Beispiel Ballett! Lernen Sie, Interesse zu entwickeln! Ja, das kann man lernen! Probieren Sie es aus! Es könnte ein paar Monate dauern. Und manchmal braucht es mehr als ein paar. Aber mit den heutigen Tools können Sie Spiele ganz alleine oder mit ein paar Freunden erstellen. Und ganz wichtig: Veröffentlichen Sie die Games dann auch! Lernen Sie mehr über Marketing und PR! Über die Arbeit mit einer Community. Sie werden damit nicht reich werden. Fast niemand wird als Indie-Entwickler reich. Aber Sie werden einen Leistungsnachweis erwerben. Sprechen Sie mit anderen Leuten in der Branche. Nehmen Sie Kontakt auf. Zeigen Sie Ihre Arbeit und nehmen Sie die Kritik wie ein Erwachsener. Zu meiner Zeit gab es niemanden, der uns sagen konnte: Das ist ein Fehler. Wir mussten sie machen. Wir haben Fehler erfunden, um daraus zu lernen. Sie haben diese Ausrede nicht. Wenn ältere Menschen wie ich Ihnen erklären, warum etwas ein Fehler ist, hören Sie zu! Und wenn wir Ihnen erklären, warum und wo Ihr Spiel nicht gut ist, dann gehen Sie zurück ins Büro und verbessern Sie es. Versuchen Sie nicht, deutlich erfahreneren Entwicklern zu erklären, dass das, was die nicht gut finden, aber von Ihnen genauso beabsichtigt ist und dass wir die Qualität Ihres Designs nicht verstehen. Ja, wir könnten uns irren. Wir haben uns so häufig geirrt. Aber da wir all die Fehler schon mal gemacht
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haben, haben wir deutlich häufiger Recht als Sie. Das ist nichts Persönliches. Das ist nur Statistik. Wenn es wie Bullshit aussieht und nach Bullshit riecht und sich wie Bullshit spielt, dann nennen wir es Bullshit. Nochmal: das ist nicht persönlich. Es ist nur Bullshit. Noch etwas, das gerne vernachlässigt wird: Nicht die großen Dinge schaffen Perfektion. Perfektion benötigt viele Kleinigkeiten. Aber Perfektion selbst ist eben keine Kleinigkeit. Seien Sie stolz auf Ihr Handwerk! Verbessern Sie, bis Sie nicht mehr verbessern können – und fragen Sie dann Menschen, die besser sind als Sie, wie Sie das Game weiter verbessern können. Seien Sie nicht schüchtern oder in sich verschlossen. Es ist keine Schande, wenn es Leute gibt, die besser sind. Es gibt immer Leute, die besser sind. Mit der Zeit wird höchstens deren Zahl immer kleiner. Ich kann die Frage in Ihren Augen sehen: Wie soll ich das bezahlen? Ohne Arbeitsvertrag? Nun… Ich habe 13 Jahre studiert, in denen ich alles selbst bezahlt habe. Sagen Sie mir nicht, das sei nicht möglich. Wenn Sie Ausreden finden wollen, werden Sie sie finden. Aber wenn Sie sich an diese Ratschläge halten (und ich sage nicht, dass es einfach ist), dann kann ich es Ihnen fast versprechen: Es wird den Tag geben, an dem sich all dies gelohnt hat, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass Ihre ganze Leidenschaft in der gesamten Branche unbemerkt bleibt. Denn was Sie tatsächlich verbessern, sind nicht so sehr Ihre beruflichen Fähigkeiten – und ja, Sie verbessern ständig Ihre beruflichen Fähigkeiten. Aber Sie verbessern sich vor allem auch als Mensch. Sie werden Geduld lernen. Sie werden Ausdauer lernen. Sie werden lernen, an der richtigen Stelle demütig zu sein und an anderen Stellen, die für Sie gemacht sind, nach vorne zu treten. Sie werden lernen, wie man den einen Ort vom anderen unterscheidet. Und nein: Es geht nicht darum, ein glatter Feigling zu werden. Hier geht es darum, keine Energie zu verschwenden und die richtigen, wichtigen Kämpfe auszuwählen. Sie werden lernen, aufzupassen und zu unterscheiden (das ist übrigens die Bedeutung der griechischen Wurzel des Begriffs ›kritisieren‹: Das eine vom anderen unterscheiden). Sie werden lernen, für Ihre Ideen zu kämpfen, ohne andere zu verletzen. All das wird Sie zu einem besseren Menschen machen. Und wenn Sie denken, dass dies keinen Einfluss auf Ihre Karrieremöglichkeiten hat, dann liegen Sie völlig falsch. Die Welt ist nicht halb so zynisch, wie Sie denken.
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Ja, ich rede hier von einem sehr langen Spiel. Eines, das weit über das nächste Jahrzehnt hinausgeht. Davon darf ich reden, weil ich es gespielt habe. Das tue ich immer noch. Jeden Tag. Und ich genieße es. Jeden Tag. Ich genieße es besonders bei Gelegenheiten wie dieser. Ich darf das tun, weil ich – aus eigener Erfahrung, nicht vom Hörensagen – weiß, dass man entweder bereit und in der Lage ist, dieses Spiel für eine lange Zeit zu spielen – oder man wird es verlieren. Eine Warnung vor allem für diejenigen unter Ihnen, die vielleicht sogar schon kurzfristig Erfolge haben werden: Das ist erfahrungsgemäß kein Prädiktor für Ihren langfristigen Erfolg in der Branche. Oder im Leben. Der wird durch andere Parameter bestimmt. Dies alles liegt auch daran, dass das Spiel um Ihre Karriere nur ein winziger Level in einem noch größeren Spiel ist, einem, das viel länger dauert als jedes Spiel, das Sie sich jemals vorstellen können. Es ist ein Spiel, das nicht enden wird, bevor das Universum selbst beendet ist – und für Sie wird es nicht vor dem Tag enden, an dem Sie sterben werden. Es ist das Spiel des Lebens – und es geht dabei nicht ums Gewinnen. Weil es niemand gewinnen kann. Wie gewinnt man ein Spiel, das für mich und Sie und alle anderen unweigerlich mit dem Tod endet? Orson Welles sagte: »Wenn du ein Happy End willst, hängt das natürlich davon ab, wo du mit deiner Geschichte aufhörst.« (»If you want a happy ending, that of course depends on where you stop your story.” Dieses Zitat ist sicher echt, ich verwende es häufiger.) Irgendwann, weiß Welles, stirbt auch der langlebigste Held. Als Spieleentwickler werden Sie das verstehen: Man sollte nicht einmal versuchen, ein Spiel zu gewinnen, das keine Siegbedingung hat (und genau deshalb ein Spielzeug ist). Wenn es ein Loch in Ihrer Seele gibt, können Sie es nicht mit ›Gewinnen‹ füllen. Der gegenwärtige US-Präsident ist ein Paradebeispiel für diesen vergeblichen, tragischen Versuch. Beim Spiel des Lebens kann es nicht ums Gewinnen gehen. Es geht darum, es dankbar und mit Würde zu spielen. Es geht darum, respektiert zu werden, nicht gefürchtet, weil nur die Schwachen gefürchtet werden wollen. Es geht um das, was man gibt, und nicht um das, was man nimmt, weil man am Ende ja eh nichts mitnehmen kann. Es geht um die Dinge, die Sie für zukünftige Generationen erschaffen und erhalten, nicht um die Dinge, die Sie selbst ausgegeben haben. Es geht um die Macht, die man zwar hat, aber nicht gegen andere verwendet. Und Sie werden als Spieleentwickler Macht haben. Als letzten
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Gedanken, bevor ich endlich zum Ende komme, habe ich deshalb eine Warnung für diejenigen von Ihnen, die für Jahrzehnte in dieser Branche arbeiten werden: Sie haben ein Handwerk gelernt, das Welten schafft, Räume von Möglichkeiten und Potentialen öffnet, den Menschen im guten Fall einen sicheren Raum zum Experimentieren gibt und sie erfahren lässt, was im wirklichen Leben höchst gefährlich wäre. Das macht Sie zu jemandem, der Macht über andere Menschen hat. Und je mehr wir über Spiele lernen, desto mächtiger werden ihre Designer. Denn Spiele haben mehr Macht, je besser sie gestaltet sind. Wenn Sie Ihr Handwerk weiter erlernen und als Designer besser werden, gewinnen Sie also auch mehr Macht über Ihre Spieler. Dann, wenn Sie beginnen zu verstehen, wie mächtig Sie geworden sind, tun Sie sich, bitte, selbst einen Gefallen und erinnern Sie sich daran, was ich Ihnen heute gesagt habe: Das Spiel des Lebens, Sie können es nicht gewinnen! Bleiben Sie dankbar, und denken Sie an Ihre eigene Würde! Und die steht in direktem Zusammenhang zur Würde Ihrer Spieler! Denken Sie daran, dass Sie jetzt bereits ein gesegnetes Leben führen, wie es wenigen möglich ist! Die Macht, die Sie über Menschen gewonnen haben: Lassen Sie sich von ihr nicht zur Arroganz verleiten. Oder zur Gier. Lassen Sie sich zur Verantwortung verführen. Vielen Dank für Ihre Zeit!
Teil II: Studiengänge
1 Bachelor
BA »Digital Games« Cologne Game Lab der TH Köln BJÖRN BARTHOLDY, ANDRÉ CZAUDERNA, GUNDOLF S. FREYERMUTH
Das Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln bietet seit dem Wintersemester 2014/15 den englischsprachigen siebensemestrigen Bachelor-Studiengang »Digital Games« an. Der Studiengang ist interdisziplinär angelegt, projektorientiert und ermöglicht den Studierenden ein generalistisches Games-Studium in Verbindung mit einer Spezialisierung in einem der drei Fachgebiete »Game Arts«, »Game Design« und »Game Programming«. Abgeschlossen wird das Studium in allen Spezialisierungen mit dem »Bachelor of Arts« (BA). Studienbeginn ist das Wintersemester. Aufgenommen werden ca. 35 Studierende, die in einer künstlerisch-wissenschaftlichen Eignungsprüfung ausgewählt werden. Im Anschluss an das Bachelor-Studium können sich unsere Absolventen (sowie Absolventen ähnlicher Studiengänge) für den konsekutiven, dreisemestrigen Master-Studiengang »Digital Games« bewerben.1 Bevor wir den Bachelor-Studiengang im Detail vorstellen, möchten wir einige grundlegende Informationen zum Studium am CGL geben, die auch für die beiden in diesem Band beschriebenen Master-Studiengänge relevant sind.2 Diese Angaben betreffen die internationale Ausrichtung von Lehre und Forschung, die Heterogenität der Studierenden und Lehrenden, unsere
1
Siehe S. 529.
2
Neben dem bereits erwähnten MA »Digital Games« handelt es sich um den Weiterbildungs-Master »Games Development and Research«; s. S. 519.
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Forschungsschwerpunkte sowie den Startup-Inkubator »Cologne Game Incubator«.
L EHRE
UND
F ORSCHUNG
AM
CGL
Internationale Ausrichtung von Lehre und Forschung Digitale Spiele sind seit den Anfängen ihrer Popularisierung in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein international beziehungsweise global wirkendes Medium. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihnen wie auch ihre Gestaltung erfordern – in einem höheren Maße noch, als dies in anderen audiovisuellen Medien und Künsten der Fall ist – interkulturelle Kompetenzen. Lehre und Forschung des CGL sind deshalb konsequent auf internationale Kooperation ausgerichtet. Daraus ergibt sich in der Konsequenz die Durchführung des Unterrichts ausschließlich in englischer Sprache.3 Regelmäßig werden Wissenschaftler wie Praktiker aus dem Ausland zu Gastvorträgen eingeladen. Weiterhin werden Blockveranstaltungen mit Hochschulen aus dem Ausland gemeinsam für Studierende der beteiligten Institutionen angeboten; z.B. mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) oder der L'École nationale du jeu et des médias interactifs numériques (Enjmin), einer Graduiertenschule des französischen »Conservatoire National des Arts et Métiers« (CNAM). Im fünften Semester erhalten die Bachelor-Studierenden die Gelegenheit, ein Austauschsemester an einer unserer Partnerhochschulen zu absolvieren. Zu ihnen gehören u.a.: Abertay University (Dundee), Bahçeşehir University (Istanbul), Budapest Metropolitan University, Conservatoire National des Arts et Métiers (Paris/Angoulême), Glasgow Caledonian University, Högskolan i Skövde (University of Skövde), Dun Laoghaire Institute of Art, Design and Technology (IADT), Instituto Politécnico de Leiria, RMIT University (Melbourne), Universidad Camilo José Cela (Madrid), Universidade
3
Zu dieser Entscheidung trug weiterhin der Umstand bei, dass die Arbeitssprache der Games-Branche nicht nur weltweit, sondern in den größeren deutschen Games-Firmen Englisch ist. Der Unterricht bereitet so optimal auf die Berufspraxis vor.
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Europeia (Lissabon), Université du Québec en Abitibi-Témiscamingue (UQAT), Westerdals Oslo School of Arts, Communication and Technology, Western Sydney University, Zürcher Hochschule der Künste (ZHdk). Darüber hinaus organisieren wir kontinuierlich internationale Ausstellungen und Konferenzen, in den vergangenen Jahren z.B. das »Notgames Fest« und die »Games for Change Europe Conference«. Seit 2015 findet am CGL jährlich die »Clash of Realities – International Conference on the Art, Technology and Theory of Digital Games« statt.4 Heterogenität der Studierenden In allen Studiengängen des CGL stammt ein hoher Anteil von Studierenden aus anderen Kulturkreisen. Die Unterrichtssprache Englisch erhöht die Attraktivität des Studiengangs für ausländische Studierende und erleichtert deren Integration. Zudem kommen pro Studienjahr 10 bis 25 Studierende von unseren ausländischen Partnerhochschulen für ein oder zwei Austauschsemester ans CGL. Im Schnitt sind bei uns Studierende aus mehr als 30 Nationen und 5 Kontinenten eingeschrieben. Auch in anderen Hinsichten handelt es sich bei unseren Studierenden um eine heterogene Gruppe. Während wir viele talentierte Bachelor-Studierende haben, die direkt nach dem Abitur oder Fachabitur den Weg ans CGL finden, bringen andere schon Erfahrungen aus abgeschlossenen Ausbildungen und Studiengängen oder aus einer beruflichen Tätigkeit mit.5 Weiterhin unterscheiden sich unsere Studierenden in ihrem Verhältnis zu digitalen Spielen. So gehören nicht alle Studierenden der Gruppe der »Core Gamer« an. Auch Gelegenheitsspieler begeistern sich für das Studium digitaler Spiele, z.B. weil sich das Feld in besonderer Weise zum Ausdruck der eigenen Kreativität oder für interdisziplinäre Kollaboration eignet. Darüber hinaus unterscheiden sich unsere Studierenden in ihren persönlichen Genrepräferenzen, ihren beruflichen Zielen (z.B. hinsichtlich der Orientierung in Richtungen
4 5
Siehe www. http://clashofrealities.com Das BA-Studium »Digital Games« ist in diesen Fällen entweder der nächste Schritt einer professionellen Weiterentwicklung – zum Beispiel, wenn sich Informatik-Absolventen entschließen, verstärkt in die konzeptionelle Richtung zu gehen – oder auch ein aus intrinsischen Motiven erfolgender bewusster Bruch mit der eigenen Berufsbiographie.
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wie »AAA« oder »Indie«) und natürlich über ihre Spezialisierung in ihrer disziplinären Ausrichtung. Eine Diversität der Geschlechter streben wir am CGL ebenfalls an. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Heterogenität der Studierenden sowohl den Lernerfahrungen im Studium als auch der späteren professionellen Entwicklung in der Games-Branche zugutekommt. Heterogenität der Lehrenden Die Lehre am CGL wird ebenfalls von einem in kultureller und disziplinärer Hinsicht diversen Team von Professoren, Lehrbeauftragten und wissenschaftlichen Mitarbeitern getragen. Viele unserer Lehrkräfte und Forscher kommen ursprünglich aus anderen Ländern, gegenwärtig z.B. aus Argentinien, Frankreich und den USA. Den beiden grundständigen Studiengängen BA und MA »Digital Games« sind Professuren in folgenden Denominationen zugeordnet: • • • • • • •
3D-Animation & CG Art for Games; Economics & Entrepreneurship for Games; Game Design; Game Informatics; Media Design; Media & Game Studies; Sound Design for Games.6
Die meisten Professoren des CGL sind parallel zu ihrer Lehrtätigkeit aktiv an der Entwicklung professioneller Spieleproduktionen und auch an anderen Medienproduktionen beteiligt, so z.B. durch nebenberufliche Tätigkeiten in der Industrie (wie bei EA DICE) oder im Rahmen von institutionellen Kooperationen mit der Industrie (wie mit Ubisoft BlueByte oder den Wixel
6
Zum Zeitpunkt der Drucklegung sind die Professuren mit den folgenden Personen besetzt (in alphabetischer Reihenfolge): Björn Bartholdy (Media Design); Bernd Diemer (Game Design); Gundolf S. Freyermuth (Media and Game Studies); Emmanuel Guardiola (Game Design); Markus Hettlich (Game Informatics); Nanette Kaulig (3D-Animation & CG Art for Games); Roland Klemke (Game Informatics); Odile Limpach (Economics & Entrepreneurship for Games); Cécile Le Prado (Sound Design for Games).
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Studios). Zusätzlich legen wir Wert darauf, im Rahmen von Lehraufträgen immer wieder weitere Lehrkräfte aus der Industrie hinzuzuziehen, so z.B. in den Bereichen »Modeling« und »Character Design«. Das CGL beschäftigt darüber hinaus im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die durch Drittmittel finanziert werden, zahlreiche wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden. Auch sie bringen ihre z.T. sehr spezielle fachliche Expertise in die Lehre ein. Die Einbindung der Mitarbeiter aus den Forschungs- und Entwicklungsprojekten in die Lehre befördert die enge Verknüpfung künstlerischer Praxis mit wissenschaftlicher Forschung und Lehre. Vielfalt der Forschung Forschung am CGL umfasst sowohl Grundlagenforschung – insbesondere in den Game Studies – als auch angewandte Forschung und Entwicklung. Schwerpunkte setzen wir in den Feldern: »Game-Based Learning«, »Transformative Game Design«, »Location-Based Gaming«, »Augmented Reality«, »Games & Health«, »Transmedia Storytelling« und »Games Literacy«. Ein wichtiger Ort der Veröffentlichung unserer Forschung ist die interdisziplinäre Reihe »Bild und Bit«, die Gundolf S. Freyermuth und Lisa Gotto im transcript Verlag (Bielefeld) herausgegeben.7 Zur Vernetzung mit der internationalen Game Studies und Game Development Community trägt wesentlich die bereits erwähnte, jährlich stattfindende »Clash of Realities – International Conference on the Art, Technology and Theory of Digital Games« bei, die wir gemeinsam mit der Universität zu Köln, der ifs internationale filmschule köln, dem Institut für Medienforschung und Medienpädagogik unserer eigenen Hochschule sowie der Firma Electronic Arts organisieren.8 Um einen ungefähren Eindruck zu vermitteln, in welche Richtung am CGL geforscht wird, skizzieren wir im Folgenden einige unserer drittmittelfinanzierten Forschungs- und Entwicklungsprojekte:
7
http://www.transcript-verlag.de/reihen/kulturwissenschaften/medienwissensch aft/bild-und-bit/
8
www.clashofrealities.com/
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•
•
•
•
»EPPSA – Entwicklung einer Plattform für positionsbezogene Spiele und spielähnliche Applikationen als Innovationshub für erfahrungsbasierte Wissensvermittlung«. In dem Projekt wird eine generische Technologieplattform konzipiert, prototypisch umgesetzt und anhand ausgewählter konkreter Anwendungsszenarien demonstriert (gemeinsam mit the Good Evil sowie ART+COM; finanziert im Rahmen der Initiative/des Wettbewerbs CreateMedia.NRW vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen). »GLARS – Goal Based Learning in Alternate Reality Setting«. Das Projekt entwickelt und erprobt ein Lernspiel, das biologisch-technische Assistentinnen (BTA) im Rahmen ihrer Ausbildung für ihr zukünftiges Berufsfeld mit hohen digitalen Anforderungen qualifiziert (gemeinsam mit der Rheinischen Fachhochschule Köln sowie der Rheinischen Akademie Köln, finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung). »Literalität des Spiel(en)s: Vermittlung von Medienkompetenz im Bereich analoger, digitaler & hybrider Spiele«. Das Projekt ermittelt zentrale theoretische Grundlagen zum Thema »Games Literacy« und entwickelt ein wiederverwendbares, skalierbares und offenes Workshop-Format zu ihrer praktischen Vermittlung (gemeinsam mit der Stadtbibliothek Köln, finanziert von der RheinEnergieStiftung Jugend/Beruf, Wissenschaft); »PES – Prozedurale Erstellung von Spielelementen«. Das Projekt dient der Erforschung von Methoden und Algorithmen, die in einem Baukastensystem mit vorgegebenem Regelwerk eine automatisch-dynamische Generierung von Games-Elementen nicht nur vor Spielbeginn, sondern auch noch während des Spielens erlauben (in Kooperation mit Ubisoft Blue Byte; finanziert im Rahmen von CreateMedia.NRW vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen).
Ein gutes Beispiel für unsere bereits abgeschlossenen Projekte gibt »Antura and the Letters«.9 Das Smartphone-Spiel lehrt das Lesen und Schreiben der arabischen Sprache und wurde in Kooperation mit dem libanesischen Entwicklerstudio Wixel Studios und der NGO Video Games Without Borders aus Spanien für syrische Flüchtlingskinder im Alter von fünf bis zehn Jahren
9
Siehe http://www.antura.org
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entwickelt und erprobt. Die Gelder konnten in dem Innovations-Wettbewerb »EduApp4Syria« der norwegischen Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (NORAD) eingeworben werden. Einen wesentlichen Anteil an unserer Forschung haben auch Doktoranden. Gegenwärtig entstehen am CGL und in Kooperationen mit deutschen und ausländischen Universitäten zahlreiche Promotionen. Sie widmen sich Themenbereichen wie multilineare Narration und Storydesign, Gestaltung von Zeit und Raum, Achievement-Systeme, Flanieren und Überwachung in Open-World-Spielen sowie virtuelle und augmentierte Realitäten.10 Unsere Studierenden profitieren von diesen diversen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, wenn z.B. die Lehrenden das Wissen aus ihrer Forschung in die Lehre einbringen und wenn sie den Studierenden Einblicke in ihre Projekte geben oder sogar eine aktive Beteiligung ermöglichen. Startup-Inkubator Der CGL-Inkubator »Cologne Game Farm«, finanziert u.a. von der Stadt Köln und der TH Köln, unterstützt Studierende und Alumni bei der Entwicklung von Spieleideen zu marktreifen Produkten sowie bei Firmengründungen. Eine Jury aus CGL-Professoren, Vertretern der Spieleindustrie und der Fördergeber wählt besonders vielversprechende Projekte aus, die dann für ein Jahr Arbeitsplätze in den Räumen des Inkubators und vielfältige Unterstützung von erfahrenen Mentoren erhalten, etwa bei der marktgerechten Entwicklung ihrer Spieleideen und der Ausarbeitung von Geschäftsplänen.
BA »D IGITAL G AMES « Nach diesen grundlegenden Bemerkungen zum Studienumfeld am CGL stellen wir nun den BA »Digital Games« im Einzelnen dar: die Studienziele, die Eignungsprüfung, den Studienverlauf, den Semesterverlauf, das Curriculum sowie berufliche und akademische Perspektiven nach erfolgreichem Abschluss des Bachelor-Studiums.
10 Weitere aktuelle Informationen zu den genannten Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie zu weiteren alten und neuen Projekten finden sich online unter http://www.colognegamelab.de/research/
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Studienziele Ziel des BA »Digital Games« ist der Erwerb von künstlerisch-wissenschaftlichen sowie handwerklich-praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten zur Konzeption und Planung, Entwicklung und Produktion digitaler Spiele sowie anderer nonlinearer interaktiver Audiovisionen, insbesondere auf den drei zentralen Fachgebieten »Game Arts«, »Game Design«, also Mechanik und nonlineare Narration, sowie »Game Programming«. Hinzu kommen historisch-theoretische Perspektiven und künstlerische wie ethische Orientierungen, welche die »Media and Game Studies« vermitteln. Denn über die praktische Ausbildung hinaus sollen die Absolventen zu wissenschaftlich-künstlerischen Experimenten, innovativen Ansätzen und ästhetischem Risiko ermutigt und auch durch wissenschaftlich fundiertes Wissen dazu befähigt werden, auf zukünftige technische wie ästhetische Veränderungen eigenständig zu reagieren. Zudem sollen die Studierenden sich der ökonomischen Potenziale bewusst werden und auch in diesem Bereich innovative Ansätze und Modelle entwickeln. Das Studium ist projektzentriert und fördert explizit berufsfeldbezogene Lernziele und Kompetenzen. Die Studierenden erarbeiten sich ein reiches Instrumentarium methodischer, theoretischer und entwurfspraktischer Fähigkeiten, um künstlerisch-wissenschaftliche oder künstlerisch-wirtschaftliche Projekt eigenständig betreuen und leiten zu können. Dabei geht es sowohl um den Erwerb generalistischer »Game Literacy« – die für die interdisziplinäre Kollaboration in der Games-Branche unabdingbar notwendig ist – als auch die Spezialisierung in einem der Fachgebiete »Game Arts«, »Game Design« oder »Game Programming«. Darüber hinaus werden die Studierenden mit zentralen Aspekten aktueller wissenschaftlicher Fragestellungen zur Produktion, Nutzung und Wirkung nonlinearer Audiovisionen vertraut gemacht. In Vorlesungen und Seminaren werden Methoden der Theoriebildung – Recherche, Analyse, Kritik, Synthese – vermittelt und die gewonnenen medienhistorischen und medientheoretischen Erkenntnisse in der gesamten Bandbreite der Lehrveranstaltungen experimentell erprobt und angewandt. Die Ausbildung kritischer Urteilskraft im Hinblick auf die kulturellen und sozialen Wirkungen, die von der eigenen Arbeit ausgehen, stellt ein weiteres wichtiges Ziel des Studienganges dar. Besonderer Wert wird dabei auf ethische Kompetenzen gelegt: die Entwicklung einer engagierten Haltung zu
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dem eigenen künstlerisch-wissenschaftlichen Handeln. Nicht zuletzt sollen die Studierenden auf die Arbeit in internationalen Zusammenhängen und interkulturellen Teams vorbereitet werden. Eignungsprüfung Das Auswahlverfahren stellt die künstlerisch-wissenschaftliche Eignung der Bewerber fest. Diese Eignungsprüfung findet einmal jährlich in den Frühjahrsmonaten statt. Teilnahmeberechtigt ist jeder, der eine Hochschulzugangsberechtigung vorweisen kann oder diese erwartungsgemäß bis zum nächstmöglichen Studienstart im September desselben Jahres erwerben wird. Das gesamte Verfahren findet auf Englisch statt. Die Prüfung zielt auf eine Beurteilung der folgenden Aspekte: • •
• • •
medienpraktische Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen; individuelles Interesse, intrinsische Motivation und persönliche Ambition zur vertiefenden medienpraktischen wie medientheoretischen Auseinandersetzung mit nonlinearen Audiovisionen; die medienpraktische Befähigung, eigenverantwortlich und teamorientiert gestalterische Projektarbeit leisten zu können; die medientheoretische Befähigung zur Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs; die Beherrschung der englischen Sprache in Wort und Schrift.
In der Praxis besteht das Verfahren aus zwei Stufen: •
•
Einreichung von Dokumenten wie Lebenslauf, Zeugnissen und relevanten Arbeitsproben sowie schriftliche Bearbeitung einer Hausaufgabe, in der Regel im Zeitraum eines Monats; Interview vor Ort bzw. ersatzweise im Fall einer sehr weiten Anreise aus dem Ausland oder aus anderen nachvollziehbaren Gründen in Form eines Videointerviews.
Bei der Hausaufgabe handelt es sich um den Entwurf einer Spielidee zu einem vorgegebenen Thema. Dabei sind die Bewerber frei in der Wahl der Gestaltungs- und Darstellungsmittel und können die Aufgabe entsprechend ihren Interessen und Begabungen beziehungsweise im Hinblick auf die
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gewünschte Spezialisierung bearbeiten – solange das Ergebnis digital übersandt werden kann. Die textliche Darstellung der eigenen Spielidee kann so durch Illustrationen und gegebenenfalls auch schon kleine Prototypen veranschaulicht werden. Weitere Aufgaben wie beispielsweise die schriftliche Diskussion von Texten zu Themen aus den Bereichen »Game Studies« und »Game Design Theory« überprüfen die Reflexionskompetenz der Bewerber. Diejenigen Bewerber, die mit ihren Einreichungen in der ersten Stufe unseres Verfahrens ihre grundsätzliche Eignung unter Beweis gestellt haben, werden dann gegen Ende des Sommersemesters zu einem Bewerbungsinterview eingeladen.11 Studienverlauf In der ersten Studienphase – d.h. im ersten und zweiten Semester – erwerben alle Studierenden gemeinsames Grundlagenwissen und Basisfähigkeiten. Ab dem dritten Semester konzentrieren sich die Studierenden dann auf einen Vertiefungsschwerpunkt aus den drei Fachgebieten »Game Arts«, »Game Design« und »Game Programming«. Die damit beginnende zweite Studienphase dient vor allem der individuellen Spezialisierung und dem Erwerb medienpraktischer Erfahrungen in interdisziplinären »Collaborative Projects«, d.h. in Zusammenarbeit mit den Studierenden der anderen Vertiefungen, wobei die Projekte mit der Zeit komplexer und anspruchsvoller werden. Darüber hinaus belegen alle Studierenden Module aus den Bereichen »Media & Game Studies« und »Reflection & Community«. Im fünften Semester besteht für die Studierenden im Rahmen der »Exchange & Practice«-Module die Wahl, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten entweder in einem Auslandssemester, einem selbstinitiierten Projekt oder einem Industriepraktikum zu erweitern und praktisch zu erproben. Im sechsten Semester setzt sich das Studium in den Vertiefungsgebieten fort. Das Studium wird im siebten Semester mit einem Bachelor-Projekt und einer Thesis abgeschlossen.
11 Weitere Informationen zur Eignungsprüfung können unserer Website entnommen werden: http://www.colognegamelab.de/study/digital-games-ba/apply/
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Abbildung 1: Studienverlauf
Quelle: CGL
Semesterverlauf Prinzipiell teilt sich jedes Semester am Cologne Game Lab in zwei Hälften, getrennt durch eine interdisziplinäre Projektwoche in der Mitte des Semes-
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ters, die unter dem Namen »Profil²-Woche« in vielen Studiengängen der TH Köln etabliert ist. Die erste Hälfte eines jeden Semesters gilt der fachlichen und theoretischen Instruktion, begleitet von praktischen Übungen und kleineren Projekten. In der zweiten Semesterhälfte werden die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in einer gemeinsamen Projektarbeit, den »Collaborative Projects«, medienpraktisch angewendet. Abbildung 2: Semesterverlauf
Quelle: CGL
Curriculum Im Folgenden skizzieren wir die einzelnen Studienfächer und curricularen Elemente des BA »Digital Games«.12 »Game Arts« Die Fachveranstaltungen »Game Arts« vermitteln die Grundlagen der Gestaltung aller visuellen Bestandteile eines digitalen Spieles. Im Kontext des Entwicklungsprozesses gehören dazu »Concept Art« (visuelle Darstellung in
12 Detailliertere Informationen zu den Modulinhalten der einzelnen Semester können dem Modulhandbuch entnommen werden, das auf unserer Website zu finden ist: http://www.colognegamelab.de/study/digital-games-ba/modules-exams/
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der Frühphase der Projektentwicklung), »Illustration« (Gestaltung zweidimensionaler grafischer Bestandteile), »2D Animation« (Konzeption, Gestaltung und Produktion analoger und digitaler 2D Animationen), »3D Design & Animation« (Konzeption, Gestaltung und Produktion von 3D Computergrafik und Animation) und »Interface« (die Entwicklung von »Graphical User Interfaces« nach gestalterischen und ergonomischen Parametern). In der künstlerischen Praxis entwickeln und verfestigen die Studierenden ihre Fähigkeiten (Aktzeichnen, Zeichnen nach der Natur, Perspektive, Objekte etc.). Die Anwendung dieser Kompetenzen erfolgt dann im Kontext der Spieleentwicklung im Rahmen von »Character & World Design« (Gestaltung von Spielefiguren, Objekten und ganzen Spielewelten) – von der Konzeption (Zeichnung, 3D Tonmodelle etc.) bis zur Umsetzung in 2D- und 3D-GameEngines. »Game Design« Die Fachveranstaltungen »Game Design« vermitteln die Grundlagen von Spielmechaniken und audiovisueller Narration, i.e. des ludischen und narrativen Entwurfs. Das Verständnis von – traditionell linearen wie interaktivmultilinearen – Erzählstrukturen und ihrer angemessenen Verwendung wird dabei in theoretisch-historischer Reflexion wie in praktischen Übungen geschult. Zu den Themen zählen u. a. »Game Design Fundamentals«, »Systems Design«, »Mechanics and Storytelling in Analog and Digital Games«, »Fundamentals of Dramatic and Epic Story Telling«, »Open Worlds«, »Story Worlds«, »Emergent Game Play«, »Level Design«, »Single Player vs. Multiplayer Mechanics and Storytelling«, »Serious Games and Game-Based Learning«, »Game Audio«, »User Interface Design«, »The Game Design Document«, »Game Player Analysis« und »Play Testing«. »Game Programming« Die Fachveranstaltungen »Game Programming« behandeln die informationstechnische Basis eines digitalen Spieles. Programmiersprachen verbinden die sprachliche Welt des Menschen mit der technisch-abstrakten Welt des Computers und sind daher das Mittel, um über die Verarbeitung von Algorithmen und Datenstrukturen simulierte Wirklichkeiten entstehen zu lassen. »Game Programming« als Teil der angewandten Informatik vermittelt theoretische Inhalte in Verbindung mit einem starken Anteil an Technologie und Praxis. Erlernt werden Grundkonzepte von Computer-Architektur und Funk-
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tion, Programmiersprachen, Grafik-Technologien, grundlegende Mathematik (Trigonometrie, lineare Algebra), Informatik (Algorithmen, AI), Frontend (2D/3D Grafik, Browser) und Backend-Technologie (Netzwerk, Datenbanken, Client/Server) sowie Betriebssysteme und Softwaremanagement. »Media and Game Studies« Die Veranstaltungen zu »Media and Game Studies« vermitteln die Grundlagen der neuzeitlichen Mediengeschichte im besonderen Hinblick auf die technologische und ästhetische Formung neuer audiovisueller Medien (Theater, Film, Fernsehen, digitale Spiele) sowie die Theorie und Geschichte analoger und digitaler Spiele. Der wissenschaftliche Unterricht strebt dabei nach einer Konvergenz von Medientheorie und Medienpraxis. Zu den Themen zählen u.a. »Introduction to Academic and Scientific Methods«, »Introduction to Media and Game Studies«, »Media Theory, Empirical Media Research«, »Player Research«, »Media Pedagogy«, »History and Theories of Analog Games«, »History and Theories of Digital Games«, »History and Theory of Analog and Digital Networking«, »Nonlinear Adaptation«, »Newest Approaches to Media and Game Studies«. Damit bietet das CGL den Studierenden sowohl geistes- als auch sozialwissenschaftliche Perspektiven und Inhalte der Medienwissenschaft und der Game Studies an. Innerhalb des Fachgebiets adressiert der gesonderte Themenkomplex »Media Economics and Entrepreneurship« Aspekte wirtschaftlichen Handelns im Bereich heutiger Medienproduktion und Distribution, insbesondere unternehmerisches Handeln und Projektmanagement. »Collaborative Projects« In den künstlerisch-wissenschaftlichen »Collaborative Projects« der zweiten Semesterhälften verzahnen sich die verschiedenen Fachunterrichte in der Entwicklung und Umsetzung konkreter Spiele-Projekte. Deren Themen beziehen sich auf Lerninhalte der in der ersten Semesterhälfte absolvierten Module. Im Vordergrund stehen dabei inhaltliche und strukturelle Archetypen in der Spieleentwicklung: »Ludic Games« (Semester 1), »Narrative Games« (Semester 2), »Mixed Reality Games« (Semester 3), »Experimental Games« (Semester 4), »Serious Games« (Semester 6). Neben dem Abrufen individueller Studienleistungen und dem Erproben der bereits erworbenen Kompetenzen steht die interdisziplinäre Projektarbeit im Team an vorderster Stelle. Ziel der Projekte ist es, einen spielbaren Proto-
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typ oder einen »Vertical Slice« (eine hochwertig umgesetzte Momentaufnahme des Spiels) zu realisieren. Die jeweiligen Phasen des Projektes orientieren sich am iterativen Prozess der professionellen Spieleentwicklung und machen die Studierenden so mit ihrem zukünftig angestrebten Arbeitsumfeld vertraut. Der Philosophie des CGL entspricht es, den Studierenden gezielt kreative Freiräume einzuräumen und ihnen so die Möglichkeit zu bieten, unterschiedliche Ideen, Ansätze und Vorgehensweisen in kurzen, iterativen Zyklen experimentell zu erproben. Nicht zuletzt spiegelt diese Arbeitsweise auch die in der Spielebranche selbst wider.13 »Reflection & Community« Die Module »Reflection & Community« bieten den Studierenden einerseits individuelle Betreuung und Beratung, andererseits ermöglichen sie ihnen das Erlernen sozialer, kommunikativer und interdisziplinärer Schlüsselkompetenzen. Die Veranstaltungen umfassen folgende Elemente: •
•
•
•
»Mentoring«: In den Mentoring-Veranstaltungen tauschen sich kleine Gruppen von Studierenden regelmäßig mit Lehrenden aus und erfahren individuelle Betreuung und künstlerisch-wissenschaftliche Beratung. »Lectures Series«: An acht bis zwölf Terminen pro Semester präsentieren Gastdozenten aus dem In- und Ausland aktuelle Forschungs- und Entwicklungsergebnisse. »English for Game Developers«: Die Studierenden üben die englische Fachsprache der Games- und Medien-Branche und schulen ihre akademische und berufliche Präsentationskompetenz sowie ihre schriftliche Ausdrucksfähigkeit im Englischen; als Grundlage sowohl für das Verfassen von wissenschaftlichen Haus- und Abschlussarbeiten als auch für die Abfassung künstlerisch-praktischer Texte, vom Storytelling für digitale Spiele bis zum obligatorischen »Game Design Document«. »Workgroups«: In ihnen leisten die Studierenden praktische Beiträge zu der Arbeit und den Veranstaltungen des Cologne Game Lab, z.B. durch Mitwirkung bei Forschungs-, Entwicklungs- und Publikationsprojekten, bei der Planung und Durchführung von Konferenzen, Ausstellungen und Events, bei der Studienberatung, bei der Wartung und Ausleihe der
13 Die Ergebnisse der kollaborativen (und anderen) Projekte können auf unserer Website eingesehen werden: http://www.colognegamelab.de/studentprojects/
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Medientechnik etc. Dabei werden Schlüsselqualifikationen für die zukünftige Berufspraxis vermittelt, insbesondere Teamfähigkeit und eigenverantwortliches Handeln. Nicht zuletzt wird an dieser Stelle ein wichtiger Grundsatz der Arbeit am CGL deutlich: die Einheit von künstlerischer Praxis, wissenschaftlicher Forschung und Lehre. »Profil²-Projekte für inspirierendes Lehren und Lernen« – ist ein didaktisches Konzept der TH Köln, das Formate des forschenden, problembasierten und projektbasierten Lernens fördert. Auch das CGL beteiligt sich an dieser Initiative und bietet zur Semestermitte in der sogenannten »Profil²-Woche« – z.T. in Kooperation mit Lehrenden anderer Fakultäten – zwei- bis viertägige Veranstaltungen an, die den Studierenden erlauben, Themen ihrer Wahl zu vertiefen oder ihren Horizont zu erweitern. Das Themenspektrum reicht vom »Board Games Workshop« über Kurse in »Business Planning« und »Photogrammetrie« bis zum »VR Paragliding Simulation Dev Camp«.
»Exchange & Practice« Das fünfte Semester steht im Zeichen von Berufspraxis und Mobilität. Die Studierenden wählen im Rahmen der »Exchange & Practice«-Module zwischen: • • •
einem Auslandssemester; einem Unternehmenspraktikum im In- oder Ausland; der Durchführung eines selbstinitiierten künstlerisch-wissenschaftlichen Projekts im Bereich nonlinearer Audiovisualität oder Transmedialität.14
Das fünfte Semester dient so wesentlich der medienpraktischen und/oder internationalen Horizonterweiterung sowie der Steigerung künstlerisch-wissenschaftlicher Selbständigkeit und praktischer Selbstorganisation. Ihre Arbeit während des Auslandssemesters oder des selbstinitiierten Projekts bzw. ihre medienpraktischen Tätigkeiten während eines Berufspraktikums dokumentieren die Studierenden in einem Blog bzw. Portfolio und tragen die
14 Dieses umfängliche und intensive Projekt versetzt Studierende in die Lage, Prototypen aus einem der vorangegangenen Semester weiter zu entwickeln oder ganz neue Themen zu setzen.
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Summe ihrer Erfahrungen auch zu Beginn des sechsten Semesters der Institutsöffentlichkeit vor. Abschlussprojekt und Thesis Im siebten Semester beenden die Studierenden ihr Studium mit einem Abschlussprojekt. Das BA-Projekt kann in Einzel- oder arbeitsteiliger Gruppenarbeit erstellt werden. In seinem Verlauf – die Bearbeitungszeit beträgt drei Monate – entstehen einerseits künstlerisch-wissenschaftliche Konzepte, Prototypen und/oder empirische Studien (Praxisteil), andererseits eine Thesis (Theorieteil). Die Gewichtung der beiden Teile können die Studierenden selbst bestimmen, wobei der kleinere Teil mindestens 20 Prozent des Gesamtumfanges ausmachen muss. Nach dem Studium Berufliche und akademische Perspektiven Studienziel ist eine praxisnahe und zugleich zukunftssichere Ausbildung für die Games-Industrie und andere Branchen, die digitale Spiele oder Elemente digitaler Spiele entwickeln oder einsetzen – z.B. in Form von »Serious Games« oder im Rahmen von »Gamification«. Zu diesen Branchen gehören u.a.: Aus- und Weiterbildung, Lehrmittelgestaltung, Werbung und Marketing, Film- und Fernsehproduktion, Presse, Bildende Kunst und Museen, Auto-, Luft- und Raumfahrtindustrie. Das Studium im BA »Digital Games« zielt dabei sowohl auf angestellte Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der Games-Branche als auch auf Existenzgründungen und selbständige Tätigkeiten, wie sie in Nordrhein-Westfalen staatlicherseits ausdrücklich gefördert werden, etwa durch die Film- und Medienstiftung NRW und das Mediengründerzentrum NRW. Zur Förderung der »Employability« unserer Studierenden arbeiten wir zudem mit potentiellen späteren Arbeitgebern zusammen. So hat das CGL beispielsweise eine Kooperationsvereinbarung mit Ubisoft Blue Byte abgeschlossen. Sie umfasst u.a., dass Mitarbeiter von Blue Byte am CGL zu Themen wie »Concept Art« oder »User Experience« unterrichten und auch Workshops zur Bewerbung in der Games-Branche abhalten. Ebenso unterstützen wir Firmengründungen von Studierenden und Alumni. Dies beginnt früh im Studium mit der Vermittlung von betriebswirtschaftlichen Grundlagen im Fach »Economics & Entrepreneurship« und führt über systematisches »Coaching« und ver-
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schiedene Informations- und Beratungsangebote – z.B. über Fördermöglichkeiten und zu rechtlichen Fragen15 – zur Bereitstellung von Räumlichkeiten und zu professionellem Mentoring durch den oben erwähnten Startup-Inkubator »Cologne Game Incubator«.16 Jenseits unmittelbarer Berufstätigkeit ermutigen wir unsere BachelorAbsolventen aber auch zu akademischer Weiterqualifikation – zunächst in unserem konsekutiven Master-Studiengang »Digital Games«, im Anschluss daran im Rahmen der Mitwirkung an Forschungsprojekten und durch kooperative Promotionen mit in- und ausländischen Universitäten. Studierende und Alumni in der Games-Branche Die Studierenden des erstens Jahrgangs des BA »Digital Games« schlossen ihr Studium im Wintersemester 2017/2018 oder im Sommersemester 2018 ab. Im Folgenden möchten wir zwei Beispiele für erfolgreiche Studios geben, die von Studierenden unseres ersten Bachelor-Jahrgangs gegründet wurden: •
»Ludopium«: György Droste, Balint Mark, Juan Orjuela und Utz Stauder gelang es noch während ihrer Studienzeit, für ihr Studio »Ludopium« eine einjährige Startup-Förderung des deutsch-französischen Accelerator-Programmes »SpielFabrique« zu gewinnen. Im Rahmen ihres Studiums entwickelten sie in ihrem Team gleich zwei preisgekrönte Spiele: Zum einen das Musik- und Partyspiel PROJECT MMM (MIDI Multiplayer Madness), in dem bis zu acht Spieler ihre Flugzeuge im Gleichklang durch die Spielwelt steuern und damit ihren eigenen Soundtrack kreieren. Auf dem »Deutschen Multimediapreis MB21« erhielt PROJECT MMM einen Sonderpreis in der Kategorie »Games«. Zum anderen ISOMETRIC EPILEPSY, einen »rhythm-based 3D platformer played in isometric view«. Das Spiel brachte dem Studio eine Nominierung beim Deutschen Entwicklerpreis 2016 in der Kategorie »Best Newcomer« ein sowie einen zweiten Platz in derselben Kategorie beim Deutschen Computerspielpreis 2017. Es konnte zudem auf den renommierten Festivals »A Maze. / Johannesburg« (2017) und »Ludicious – Zürich Game Festival« (2018) präsentiert werden.
15 Die Rechtsberatung erfolgt durch die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke, die Studierenden zweimal im Semester eine Sprechstunde »pro bono« anbietet. 16 Siehe oben S. 425.
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»Cube Factory«: Dieses Studio wurde von Jonas Delleske, Josefine Maier und Leonie Wolf gegründet. Den mittlerweile auf Steam veröffentlichten »first person action puzzler« KYKLOS CODE entwickelten sie in ihrem fünften Semester als selbst-initiiertes Projekt. In dem Spiel tauchen die Spieler in eine »3D puzzle cyber world« ein, in der sie einen Virus zu besiegen haben, der ein Computersystem befallen hat. KYKLOS CODE wurde nominiert für den Ubisoft Blue Byte Newcomer Award 2017 und den Deutschen Computerspielpreis 2018. Außerdem bekam es eine »Honorable Mention« beim Independent Game Festival 2018. Leonie Wolf erhielt zudem – auch (aber nicht nur) für ihre Arbeit an KYKLOS CODE – den Künstlerinnenpreis NRW 2017 im Bereich Game Design.
BA »Game Design« Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin1 R AVEN R USCH
Der Bachelor of Arts »Game Design« an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) ist ein Studiengang mit einem primär ästhetischgestalterischem und sekundär technisch-entwicklerischen Schwerpunkt. Gegründet wurde der Studiengang 2009 von den HTW-Professoren Thomas Bremer und Susanne Brandhorst.2 Seitdem gehört er dem Fachbereich für Gestaltung und Kultur der HTW an. Über sieben Semester wird eine eine individualisierbare Profillinie im Spannungsfeld von künstlerischer Gestaltung und systematischem Game Design bis hin zur technischen Entwicklung von Computerspielen angeboten. Die Teilnehmer entwickeln während ihres Studiums neben generalistischen Kompetenzen im Bereich Game Design eine individuelle Spezialisierung, die ihren jeweiligen Talenten und Interessen gerecht werden soll und zugleich den konkreten Tätigkeitsanforderungen in der Spielentwicklung und in verwandten Bereichen entspricht.
1
Die folgende Darstellung des Bachelorstudiengangs »Game Design« basiert auf der Selbstdarstellung des Studiengangs, u.a. auf der offiziellen Website https://gamedesign.htw-berlin.de/
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https://gamedesign.htw-berlin.de/personen/prof-thomas-bremer/; https://gamede sign.htw-berlin.de/personen/prof-susanne-brandhorst/
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Bei projektbasierten Arbeiten sollen die Studierenden spezifische Kompetenzen und profiltypische Fertigkeiten erlernen. In den interdisziplinären Teams wird die angestrebte Spezialisierung erprobt und vertieft. Im Folgenden werden das Aufnahmeverfahren, der Studienverlauf und die einzelnen Module näher dargestellt.
A UFNAHMEPRÜFUNG Bei dem Bachelor-Studiengang Game Design an der HTW Berlin handelt es sich um einen zulassungsbeschränkten Studiengang. Das Studium setzt konzeptionelle und gestalterische Fähigkeiten voraus. Bei den Bewerbern wird in erster Linie Wert auf die künstlerischen Kompetenzen gelegt, immer in Verknüpfung mit technischen und theoretischen. Darum wird ein mehrteiliges Bewerbungsverfahren mit Hausaufgabe und Eignungstest angesetzt3. Hausaufgabe Für die Hausaufgabe muss ein aktuelles Thema individuell bearbeitet werden. Die Arbeitsergebnisse und optional eine Auswahl freier, eigener Arbeitsproben werden in einer Mappe präsentiert. Themen waren z.B. 2016 die Überbegriffe »Shelter« und 2017 »Hive«,4 2018 lautete das Thema »Deal«. Zu dem Thema müssen von den Bewerberinnen und Bewerbern ein bestimmter Ort und ein Datum erarbeitet werden, die zusammen ein Setting ergeben. Die Aufgabe besteht darin, dazu Konzepte von z.B. Charakteren, Kreaturen oder Umgebungen zu entwickeln und/oder sich Spielmechaniken und -ideen auszudenken, die in Verbindung mit dem Setting ein Spiel ergeben können. Eignungstest Auf Grund der Qualität der Hausaufgabe werden Bewerberinnen und Bewerber von dem zuständigen Gremium ausgewählt und zu einem Eignungstest an die HTW Berlin eingeladen. Dieser Eignungstest besteht aus zwei Teilen:
3
https://gamedesign.htw-berlin.de/bewerbung/eignungspruefung/
4
https://gamedesign.htw-berlin.de/bewerbung/hausaufgabe/
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einem 15-minütigen Vorstellungsgespräch mit der Auswahlkommission; einer 1-2-stündigen Aufnahmeprüfung, in der eine Aufgabenstellung bearbeitet wird.
Bei ihr geht es häufig um eine Form des Rapid-Prototyping: Bewerberinnen und Bewerber müssen in kürzester Zeit mit analogen Mitteln wie Bauklötzen und Papier das Grundkonzept für ein Spiel entwickeln und direkt spielbar gestalten. Wer diese Aufnahmeprüfung besteht, kann er sich für den Bachelorstudiengang »Game Design« einschreiben lassen. Laut eigenen Angaben werden jedes Jahr etwa 80 Bewerber eingeladen und ungefähr die Hälfte aufgenommen.5
S TUDIENGANG Das Studium ist in die Phasen Grundlagenstudium, Fachstudium und Praxisstudium gegliedert.6 In insgesamt sieben Semestern wird ein grundlegendes Verständnis der Konzeption und der Entwicklung von Computerspielen verschiedener Genres und Anwendungsgebiete vermittelt. Außerdem haben die Studenten die Möglichkeit, ihre Fertigkeiten in einem speziellen Tätigkeitsbereich auszubilden und zu vertiefen. Diese Spezialisierung beginnt mit dem Fachstudium im 3. Semester. Grundlagenstudium Im Grundstudium, dem ersten und zweiten Semester, lernen die Studenten unterschiedliche Tätigkeiten der Spiele-Erstellung kennen. Dies geschieht theoretisch und praktisch in den Modulen »Grundlehre Spiel«, »Grundlehre Gestaltung«, »Grundlehre Spieltechnik« und »Fremdsprachen«. Diese Kenntnisse sollen sowohl bei der Wahl einer Spezialisierung helfen als auch ein interdisziplinäres Verständnis herstellen, das den Studierenden die Arbeitsprozesse und die Ergebnisse anderer Spezialisierungen näherbringt.
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https://gamedesign.htw-berlin.de/bewerbung/eignungstest-vor-ort/
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https://gamedesign.htw-berlin.de/studium/gliederung-des-studiums/
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Auch der Respekt vor allen Disziplinen, die gemeinsam zum Gelingen eines Spiels beitragen, wird dabei von den Studierenden entwickelt. Im ersten Jahr des Studiums setzen sich die Studierenden so umfassend praktisch und theoretisch mit dem Thema Spiel auseinander. Unter anderem erarbeiten sie eine Maquette (ein dreidimensionales Modell) mit den dazugehörigen Vorarbeiten sowie ein darauf aufbauendes Character Design. Weiterhin wird methodisches Wissen für unterschiedliche Visualisierungen von der schnellen Skizze bis zur aufwendigen digitalen Collage erworben. In Teams werden einige Spiel-Prototypen entwickelt, kleine Arcade-Spiele für Micro-Controller sowie ein 2-D-Game werden realisiert. Abbildung 1: Struktur des Studiengangs
Quelle: HTW Berlin, https://gamedesign.htw-berlin.de/studium/module-ordnungen/
BA »GAME DESIGN «
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Fachstudium Im Mittelpunkt des Fachstudiums im dritten und vierten Semester stehen die beiden Projektmodule (Projekt A und Projekt B), in denen die Studenten Spielprojekte realisieren. Diese werden intensiv durch die Professoren betreut. Begleitet werden die Module durch die Vertiefung von Spieltechnik, Produktionskunde und durch Wahlfächer. Mit Hilfe der Wahlfächer beginnen die Studierenden, ihre angestrebte Spezialisierung zu vertiefen. Im zweiten Jahr werden, gemäß der Spezialisierung z. B. Konzepte zu Spielmechaniken, Entwürfe für Level, Props oder Charactere entwickelt und in 3D-Programmen umgesetzt. Professionelle Game Engines (Unity3D, Unreal Dev Kit) werden eingesetzt, um die Spiele der Studenten zu implementieren. Beim anschließenden Balancing wird versucht, Feinschliff an das Game zu legen. Das Fachstudium setzt sich zusammen aus spezieller Fachvertiefung (»Spieltechnik 3«, »Produktionskunde« und weiteren Wahlfächern wie z.B. »Character Design«, »Production Design«, »3D-Modelling«, »Narration Design«, »Experimental Game Design«) und dem Erwerb praktischer Fertigkeiten und spezifischer Kompetenzen in der Projektarbeit. Praxisstudium Im fünften Semester absolvieren die Studenten ein Fachpraktikum in einem Branche-relevanten Unternehmen. Oft bieten sich hier Berliner Unternehmen an. Diese Phase kann allerdings auch im Ausland absolviert werden. Das anschließende sechste Semester kann als Mobilitätsfenster für ein Studium im Ausland genutzt werden. Während des Spielprojekts des sechsten Semesters und durch weitere Wahlfächer bilden die Studenten ihr individuelles Profil weiter aus. Im Modul »Reflexion on Play« wird theoretisches Wissen vertieft und die individuelle Reflexionsfähigkeit aufgebaut, auch als Vorbereitung auf die Bachelorarbeit im siebten Semester. Diese Bachelorarbeit besteht aus einem praktischen Designprojekt, dessen Ausarbeitung und einer Abschlussausstellung mit dem Abschlusskolloquium.
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S PIEL -P ROJEKTE Studentische Projekte fangen bereits im ersten Semester an. Damit wird einem handlungsorientierten Ansatz zur Vermittlung von praxisrelevantem Wissen und Methoden durch erfahrendes Lernen gefolgt, dem so gennannten »Project Based Learning«. Die Projekte werden durch Professoren und Dozenten angeleitet und intensiv begleitet. Die Teams durchlaufen einen iterativen Prozess aus Konzeption, methodischer Planung, Prototyping, Gestaltung, und schließlich technischer Umsetzung, Dokumentation und Evaluation ihres Spielprojekts. So soll ein industrienahes und interdisziplinäres Lernen und Arbeiten gefördert werden. Pro Jahr werden etwa 30 verschiedene studentische Projekte im Studiengang entwickelt. Laut Thomas Bremer ist Ziel der Projektarbeit die selbstständige Konzeption, Umsetzung und Produktion von Spielen, Spielsystemen oder digitalen Spielzeugen innerhalb eines vorgegebenen Zeit- und Ressourcen-Rahmens.7 Dabei trainieren die Projektgruppen die Anwendung systematischer Iterationsschritte, die Organisation ihrer Teamarbeit und die professionelle Präsentation der Ergebnisse. Auch Methoden des systematischen Projektund Qualitätsmanagements sollen erprobt werden. Feedbackrunden, Präsentationen sowie die Dokumentation der Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse im Laufe der Projektarbeit werden von einem Team aus Professoren und aus Studierenden höherer Semester begleitet und evaluiert.
F ORSCHUNG Seit 2006 wird an der HTW Berlin im Bereich Digitaler Spiele geforscht. Das DE:HIVE Institute konzentriert und koordiniert die Forschung in den Feldern interaktive Spielsysteme, Virtual Reality und Augmented Reality. Im DE:HIVE erforschen Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende inhaltliche und technisch-informatische Grundlagen. Das Forschungsteam arbeitet zum Beispiel an neuen Spielkonzepten (CT:GAMES) oder an der Optimierung digitaler Charaktere (f.GAZE), an der Kompetenzentwicklung in der Spiele-Industrie (skillDAC), an der Nachhaltigkeit des
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https://gamedesign.htw-berlin.de/studium/spiel-projekte/
BA »GAME DESIGN «
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Lernens in Serious Games (T.R.A.C.Y.) oder der Verwendung von Spieltechnologien in der Archäologie (MOSYS3D).
L INKS https://gamedesign.htw-berlin.de/personen/prof-thomas-bremer/
https://gamedesign.htw-berlin.de/personen/prof-susanne-brandhorst/ https://gamedesign.htw-berlin.de/ https://gamedesign.htw-berlin.de/studium/gliederung-des-studiums/ https://gamedesign.htw-berlin.de/studium/spiel-projekte/ https://gamedesign.htw-berlin.de/bewerbung/eignungspruefung/ https://gamedesign.htw-berlin.de/bewerbung/hausaufgabe/ https://gamedesign.htw-berlin.de/bewerbung/eignungstest-vor-ort/
BSc »Informatik – Digitale Medien und Spiele« Hochschule Trier1 C HRISTOPH L ÜRIG
A USBILDUNGSZIELE Der Bachelorstudiengang »Informatik – Digitale Medien und Spiele« kann mit dem Schwerpunkt Medien und dem Schwerpunkt Spiele studiert werden. Ausbildungsziel des Medienschwerpunktes ist es, nach dem Studium als Informatiker in einer Medien- oder Webagentur zu arbeiten. Ziel des Spieleschwerpunktes ist es als Spieleprogrammierer in einem Spielestudio tätig zu werden. Neben dieser Spezialisierung wird in der Ausbildung darauf geachtet, dass Absolventen auch in anderen Bereichen der Informatik arbeiten können. Inhaltlich vermittelt der Studiengang einen Querschnitt durch alle Aspekte der Informatik. Dies beinhaltet Themen wie Numerik, Netzwerke oder Software-Architektur. Ein solides Grundwissen in der praktischen und technischen Informatik sowie in Mathematik ist Voraussetzung, um die Arbeits-
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Weitere Games-Studiengänge an der Hochschule Trier sind der BA »Intermedia Design«, siehe dafür S.453-459, der MA »Informatik – Schwerpunkt Games Technology«, S.579-582 und der MA »Intermedia Design«, S.583-588 jeweils in diesem Band.
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weise moderner Spiele und Medienanwendungen zu verstehen. Die weiteren Überlegungen beziehen sich in erster Linie auf den Spieleschwerpunkt. Die Fokussierung auf Technologie in diesem Studiengang ist im Wesentlichen durch zwei Aspekte motiviert. Der erste Aspekt besteht in der Struktur des Arbeitsmarktes für Spieleentwickler. Den allgemeinen Spieleentwicklerberuf gibt es nicht. Eine erste grobe Unterteilung der Berufe ist die Aufteilung in Game Producing, Game Design, Game Art und Game Programming. Je nach Größe einer Firma können diese Bereiche aber weitaus tiefer ausdifferenziert bzw. um weitere Punkte ergänzt sein. Hierzu zählt beispielweise Sound. Game Producing ist die Managementdisziplin der Spieleentwicklung. Beim Game Design geht es um die Definition der Spielregeln. Game Art ist die gestalterische Disziplin und bei Game Programming geht es um die Technologie in Spielen. Eines unserer Ziele durch die Fokussierung auf Game Programming im Schwerpunkt Spiele besteht darin, in dieser Disziplin eine hinreichend tiefe Kompetenz zu erreichen, um nach dem Studium eine Anstellung als Spieleprogrammierer in einem Studio zu erhalten. Der zweite Aspekt besteht in der Frage nach Ausweichmöglichkeiten in andere Tätigkeitsfelder. Diese Frage kann sowohl gegen Ende des Studiums als auch nach einigen Jahren Berufstätigkeit von Relevanz sein. Aspekte, die am Ende des Studiums eine Rolle spielen könnten, sind die Frage nach der örtlichen Mobilität oder den finanziellen Rahmenbedingungen. In Deutschland verdient man als Spieleprogrammierer eher weniger als ein Informatiker in einem anderen Beruf. Die Frage, ob man bereit ist im Ausland zu arbeiten, wird gegen Ende des Studiums möglicherweise auch anders bewertet als zu Beginn. Weiterhin gilt es zu beachten, dass sehr viele Angestellte aus der Spieleindustrie diese nach einigen Jahren Tätigkeit wieder verlassen. Dadurch, dass es sich hier um ein Informatikstudium handelt, bieten sich dem Absolventen in beiden Fällen Ausweichmöglichkeiten an. Viele Absolventen des Studienganges »Informatik – Digitale Medien und Spiele« sind in anderen Informatikberufen als der Spieleprogrammierung tätig. Aufbau des Studiums Der Bachelor-Studiengang hat eine Regelstudienzeit von sechs Semestern. Im ersten Studienjahr werden die erforderlichen Grundlagen im Bereich der Informatik, Medieninformatik sowie der Digitalen Spiele gelegt.
BSC »I NFORMATIK – D IGITALE M EDIEN UND SPIELE « |
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Das zweite Studienjahr setzt die spezifische Ausbildung fort. In der Vertiefungsrichtung Spiele kommen Grundlagen der Spieleprogrammierung hinzu. In einem Medien-Projekt werden die erworbenen Kompetenzen im Rahmen einer praktischen Arbeit unter Anleitung angewandt. Im dritten Studienjahr erfolgt eine Spezialisierung durch Wahlpflichtveranstaltungen und projekt- sowie teamorientiertes Arbeiten. Zuerst werden in einem interdisziplinären Teamprojekt und anschließend in der Bachelor-Abschlussarbeit weitestgehend eigenständig Projekte unter realen Arbeitsbedingungen durchgeführt. Der Ablauf des Studiums im Schwerpunkt Spieletechnologie ist im folgenden Bild dargestellt. Abbildung 1: Studienablauf Informatik – Digitale Medien und Spiele, Schwerpunkt Spiele
Quelle: http://www.hochschule-trier.de/index.php?id=18562#c78011
Die stark spieleorientierten Fächer sind hier Digitale Spiele, Spieleprogrammierung, Spielekonsolenprogrammierung und Tool- und Pluginprogrammierung. Das Fach Digitale Spiele ist das einzige Fach, das nicht technisch ist und zur Hälfte aus Game Design und Game Production besteht. Im Fach Spieleprogrammierung werden alle Komponenten einer Game Engine kurz beschrieben. Dies ist mit C++ Übungsaufgaben kombiniert. In Spielekonso-
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lenprogrammierung wird beispielsweise in einem geführten Projekt der Zauberwürfel auf der Playstation Vita umgesetzt. Tool- und Pluginprogrammierung beschäftigt sich mit dem Bau von Exporterplugins und Leveleditoren. Weiterhin gibt es eine Reihe wechselnder Wahlpflichtfächer aus dem Umfeld der Spieletechnologie. Momentan werden hierzu Veranstaltungen zum Bereich Game AI oder Gameplay Prototyping und Metrics angeboten. Bei Gameplay Prototyping und Metrics geht es um die Frage, wie Spiele systematisch entworfen werden können und wie sich das Erreichen der Entwurfsziele objektiv messen lässt. Fähigkeiten in diesem Bereich lassen sich auch auf Fragestellungen der User Experience außerhalb des Spielekontextes anwenden. Das Studium enthält zwei praktische Projekte: das Medienprojekt im vierten und das Teamprojekt im fünften Semester. In beiden Projekten kann in dem Spieleschwerpunkt entweder ein kleines Spiel oder eine spezifische technische Fragestellung umgesetzt werden. Das Teamprojekt muss zwingend in einer Gruppe bearbeitet werden. Die Themen werden dabei teilweise in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Gestaltung der gleichen Hochschule umgesetzt. Spezifische Fragestellungen, die beispielsweise in einem Medienprojekt bearbeitet worden sind, sind der Entwurf einer Shooter AI oder eine Umsetzung des Holzspiels Jenga mit einer Physik Engine und DirectX als Graphik API. Das Studium wird mit einer Bachelorarbeit abgeschlossen. Der Umfang dieser Arbeit ist auf drei Monate Vollzeittätigkeit ausgelegt. Im Unterschied zu den vorgenannten Projekten hat diese Arbeit einen höheren wissenschaftlichen Anspruch und ist mit einer entsprechenden Ausarbeitung verbunden. Bei Interesse und Möglichkeit kann diese Arbeit auch bei einer Firma angefertigt werden. Themen, die hier bearbeitet worden sind, beziehen sich beispielsweise auf halb-algorithmische Erzeugung von Levelinhalten oder auf die systematische Überprüfung unterschiedlicher Navigationsmöglichkeiten in Roomscale VR. Typischerweise haben diese Arbeiten einen deutlich technischeren Schwerpunkt als die beiden Projekte. Aufnahmeverfahren Zur Aufnahme des Studiums wird eine Fachhochschulzugangsberechtigung benötigt. Eine zusätzliche Eignungsprüfung findet nicht statt. Es wird jedoch sehr empfohlen, dieses Studium nur aufzunehmen, wenn ein ausgeprägtes
BSC »I NFORMATIK – DIGITALE M EDIEN UND SPIELE « |
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Interesse an Informatik und technisch-mathematischen Zusammenhängen vorliegt.
BA »Intermedia Design« Hochschule Trier L INDA B REITLAUCH
Der Bachelor Studiengang Intermedia Design an der Hochschule Trier1 bietet ein generalistisches und interdisziplinäres Studium, in dem zentrale Kompetenzen aus mehreren Gestaltungsdisziplinen zusammengeführt werden. Das Studium Intermedia Design qualifiziert für anspruchsvolle Tätigkeiten und Herausforderungen in der digitalen Welt, die Absolventinnen und Absolventen dazu befähigt, anspruchsvolle Probleme systematisch zu lösen.
Ü BERBLICK
ÜBER DEN
S TUDIENGANG
Intermedia Design ist ein Studium für Menschen mit unterschiedlichen inhaltlichen Orientierungen in den Bereichen Konzeption, Design, Technologie und Kunst. Intermedia Designer entwickeln zeitgemäße, kreative und innovative Lösungen mit und für die interaktiven digitalen Medien. Entscheidend für das Studium ist die Offenheit und Bereitschaft, als gestaltender Mensch Entwicklungsprozesse zu durchlaufen und am Design digitaler Medien mitwirken zu wollen. Diese Fähigkeiten werden in zukunftsträchtigen
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Weitere Games-Studiengänge an der Hochschule Trier sind der BSc »Informatik – Digitale Medien und Spiele«, siehe dafür S.447-451, der MA »Informatik – Schwerpunkt Games Technology«, S.579-582 und der MA »Intermedia Design«, S.583-588 jeweils in diesem Band.
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Berufsfeldern verstärkt nachgefragt und sind vielfältig: ob als Interaction und User Experience Designer, in der Gestaltung von Apps und Webanwendungen sowie anderer interaktiver Mediensysteme, bei der Erzählung und Inszenierung von Geschichten in Videos und Animationen bis hin zu vernetzten Produkten und Anwendungen sowie Installationen. In der Videospielentwicklung können sich Studierende spezialisieren als Game und Level Designer, Concept und Game Artist, Game Writer für Games und Gamification oder als 2D und 3D Artist (Modelling und Animation). Die Grundbausteine der Lehre – Design, Konzept, Technologie, Theorie – werden in einem anwendungsnahen und projektbasierten Unterricht vermittelt. Um Studierende zu Kreativpersönlichkeiten von morgen auszubilden, findet der Unterricht in kleinen Gruppen statt. Das bietet sehr viel Zeit für eine intensive und individuell angepasste Betreuung durch die Lehrenden. Damit legt das Studium ein sowohl praxisnahes und projektorientiertes als auch akademisches Fundament für eine Karriere in der Medienwirtschaft ebenso wie für eine weitere wissenschaftliche Laufbahn.
A BLAUF
DES
S TUDIUMS
In den ersten beiden Semestern ihres Studiums erhalten die Studierenden Einblick in die unterschiedlichen Designprinzipien und -gewerke, erlernen gestalterische Grundlagen und Grundwissen und können sich in den unterschiedlichen Techniken ausprobieren. Dabei geht es darum, den Begriff und die Bedeutung von Design für sich zu adaptieren und umzusetzen. Ab dem dritten Semester erhalten die Studierenden die Möglichkeit, unterschiedliche Vertiefungen zu wählen und Projekte umzusetzen, entweder allein oder im Team. Jedes Semester stehen außerdem unterschiedliche theoretische Wahlmodule aus den jeweiligen Vertiefungen zur Auswahl, so dass sich Studierende einen individualisierten Studienplan entsprechend ihrer Kompetenzen und Interessen erstellen können: • • • • •
Game Design 3D-Art & Animation Hypermedia: Interaktive & vernetzte Systeme Narrative Formate: Audio, Video und multimediales Erzählen Medienräume & Mediale Installationen
BA »I NTERMEDIA DESIGN «
• •
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Theorie & Praxis des Intermedialen Crossmedia & Integrierte Kommunikation
Das Bachelorstudium umfasst entweder 6 oder 7 Semester. Innerhalb des 7semestrigen Studiums muss ein 18-wöchiges Praktikum oder alternativ ein Studiensemester an einer ausländischen Hochschule absolviert werden. Der Studiengang verfügt über eine moderne technische Ausstattung in folgenden Laboren: • • • • • • • • • •
Filmstudio mit Greenscreen und Lichtanlage 3D-Animations-Labor mit stereoskopischer Projektionsanlage Sound Labor Motion Capturing Installation Lab Coding Lab Mobile Lab VR-Lab Wearable-Lab Photogrammetrie
Abbildung 1: »Station« – Eine VR-Experience auf der ISS, ausgestellt auf der CEBIT 2017
Quelle: »Station«, CEBIT 2017
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S PEZIALISIERUNG G AMES I NTERMEDIA D ESIGN (ID)
IN DER
F ACHRICHTUNG
Das Lehrgebiet Game Design wird von Linda Breitlauch vertreten. Neben einer Einführung in das Fachgebiet Games im 1. Semester werden im Bachelorstudiengang die Wahlmodule »Game Design I, II und III«, »Dramaturgie und Storytelling«, »Dynamisches Storytelling« sowie das Projektseminar »Entwurfsprojekt Interdisziplinäre Spieleentwicklung« (in Kooperation mit dem Studiengang Digitale Medien und Spiele) angeboten. Im Hauptschwerpunkt Game Design werden folgende Themen behandelt: • • • • • • • •
Theorie der Computerspiele: Geschichte und Forschung Konzeption und Dokumentation Spielregeln, Spielertypen und Spielerführung Prototyping und Game Metrics Level Design Balancing Interactive and dynamic Storytelling Monetarisierung und Distribution
Im Hauptschwerpunkt Game Development wird insbesondere die Einführung in Game Engines vermittelt, darüber hinaus Grundlagen in den Bereichen Scripting und Programmierung. Die projektorientierte Veranstaltung beschäftigt sich mit der Entwicklung von Videospielen und (3D) Applikationen. Dabei wird auch ein Basisvokabular vermittelt, auf Grund dessen sich Studierende zukünftig fachlich versiert mit Externen bzw. anderen Disziplinen in dieser Sparte verständigen können, um so eigene Probleme und Ideen zielorientiert zu kommunizieren. Im Hauptschwerpunkt Game Art werden analoge und digitale 2D- und 3D-Kompetenzen abgebildet. • • • •
3D-Modelling und -Animation Skulpting 3D-Visualisierung Concept Art und Illustration
BA »I NTERMEDIA DESIGN «
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K OOPERATION DER S TUDIENGÄNGE I NFORMATIK (DMS) UND I NTERMEDIA D ESIGN (ID) Bei der Entwicklung von digitalen Spielen in Deutschland spielt der Hochschulstandort Trier eine nicht unbedeutende Rolle: Die Hochschule Trier ist bundesweit der größte Ausbildungsstandort für Spieleentwicklung mit insgesamt rund 800 Studierenden. Davon gehören ca. 650 zum Studiengang »Informatik ‒ Digitale Medien und Spiele (Spieleprogrammierung)« und ca. 200 Studierende zum Studiengang »Intermedia Design«. Aufgrund der transmedialen Ausrichtung im Bereich Gestaltung bzw. der universellen Kompetenzen in der Software-Entwicklung im Bereich Informatik steht den Absolventinnen und Absolventen nach ihrem Studium der Weg in die Spieleindustrie oder in andere Medienberufe offen. Unterschiedliche Schwerpunktsetzung erlaubt es den Studierenden beider Studiengänge, die speziellen Fähigkeiten zu erwerben, die ihrem Berufswunsch am besten entsprechen. Zusammen decken die Studiengänge alle wichtigen Fachbereiche von der Programmierung über Design, Game Art, Sound, Storytelling und Visualisierung ab. Zudem bietet die Hochschule tiefergehende fachliche Kompetenzen in Bereichen wie VR- und AR-Technologie, prozedurale Generierung oder Interface/HUD und User Experience Design. Die enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit der beiden Spezialisierungen wird dabei als essentiell angesehen für die Ausbildung qualifizierter Absolventen, die sich so in einem ständig in Wandlung befindlichem Markt behaupten können. Gemeinsame Lehrveranstaltungen stärken die Zusammenarbeit und den Austausch von Studierenden der beiden Fachbereiche signifikant. Als Früchte dieser Kooperationen konnten in den vergangenen Jahren einige interdisziplinäre Spieleprojekte umgesetzt werden. So sind folgende gemeinsame Spiele- und Forschungsprojekte entstanden: • • • • •
Forschungsprojekt »Dynamisches Storytelling« (Seit 2015, laufend) FUND IT, BRUCE! – PC Game zum Thema Spieleförderung (2016) LUDUS ANTE PORTAS – eine gespielte Projektion auf der Porta Nigra in Trier und beim Festungsleuchten in Koblenz (2015 & 2016) TURBO MAZE – ein 2D- Endlessrunner für PC und Mobile (2016) SUBJECTION – Ein innovatives Point&Click Adventure
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•
• • • • •
STATION – Eine VR-Experience auf der ISS (2016/17) (ausgezeichnet mit dem reddot Award »Best of the best« 2017 in der Kategorie »Bester Nachwuchs«) DAY RIM – Ein Mobile Adventure für Kinder und Jugendliche (2016) SCHWARZER REGEN – Ein futuristisches Serious Game über Hiroshima (2016) DIGITAL RAGE – Ein 3rd Person Action Adventure (seit 2015) KRIEGSTAGEBÜCHER – Eine VR-Experience (seit 2017) in Kooperation mit BUMMFILM, München RETTE DIE BLUNIES!, ein Mobile Game für den Tag der Deutschen Einheit (2017)
Abbildung 2: Screenshot »Subjection«, ein Point&Click Adventure von Irina Keller und Team
Quelle: SUBJECTION, Irina Keller und Team
BA »I NTERMEDIA DESIGN «
N ETZWERKEN
UND
W EGE
INS
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B ERUFSLEBEN
Neben einer hervorragenden Ausbildung und einem aussagekräftigen Portfolio ist es für Studenten auch wichtig, sich während des Studiums mit Karrieremöglichkeiten auseinanderzusetzen. Soll es eher eine akademische Karriere sein oder eine künstlerische? Ein fester Job in der Spielebranche oder lieber selbstständig? Möglicherweise kommt auch ein Auslandsjob in Frage oder es bieten sich Chancen in anderen Branchen, die von den Kompetenzen in innovativen Technologien oder den transmedialen Aspekten der Ausbildung profitieren können. Unabhängig davon, welche Strategien Studierende für sich entwickeln, so ist ein erklärtes Ziel des Studiengangs »Intermedia Design«, sie dabei bestmöglich zu unterstützen. Die Netzwerkinitiative »GameUp!« wurde 2015 mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz gegründet und an der Hochschule Trier angesiedelt. Durch diese Initiative konnten bereits viele Kontakte zwischen Hochschule und Unternehmen sowie zu anderen Hochschulen und deren Studenten erfolgreich geknüpft werden. Ein Nachwuchswettbewerb »GameUp-Contest« wurde erstmals erfolgreich durchgeführt. Auch Studententeams der Hochschule Trier waren unter den Gewinnern und konnten sich mit den Preisgeldern die weitere Finanzierung ihrer Projekte ermöglichen. Gründerteams werden intensiv beraten und unterstützt, sowohl durch Mentoren als auch durch Workshops von Branchenprofis, die grundsätzlich für alle Studierenden offen sind. Ebenso wichtig ist die Unterstützung individueller Vernetzung, welche durch Exkursionen zu Konferenzen oder Beteiligung an Ausstellungen und Messen ermöglicht wird. So konnten Studenten in den letzten Jahren an der Quo Vadis Entwicklerkonferenz, den German Dev Days, der CEBIT, der Respawn und der Gamescom teilnehmen und dort ihre Projekte vorstellen. Auch Veranstaltungen wie der Deutsche Entwicklerpreis und der Deutsche Computerspielpreis werden von Studenten besucht.
BA »Animation & Game« Hochschule Darmstadt T ILMANN K OHLHAASE »The art challenges the technology, and the technology inspires the art« JOHN LASSETER (PIXAR ANIMATION)1
H ISTORIE Der internationale, englischsprachige Bachelor-Studiengang »Animation & Game« am Mediencampus Dieburg der Hochschule Darmstadt gehört zu den Pionieren der akademischen Games-Ausbildung in Deutschland. Die Hochschule Darmstadt ist mit 12 Fachbereichen und 70 Studiengängen eine der größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland. Als eine der ersten deutschen öffentlichen Hochschulen entwickelte die Hochschule Darmstadt einen Studiengang, der sich explizit und fokussiert mit der Entwicklung von Computerspielen beschäftigt. Im Bachelor-Studiengang »Animation & Game« spielt der konzeptionelle und gestalterische Ansatz die zentrale Rolle, um den herum sich die unterschiedlichen technologischen und methodisch-theoretischen Disziplinen gruppieren.
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Berkowitz, Joe: »Pixar’s John Lasseter Weighs In On Art and Technology«, https://www.fastcompany.com/1680857/pixars-john-lasseter-weighs-in-on-art-a nd-technology vom 05.29.12.
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Die Wurzeln des Studiengangs reichen bis in das Jahr 1999 zurück, als an der Hochschule Darmstadt die Fachbereiche Gestaltung, Informatik, Mathematik und Wirtschaft das Programm »Media System Design« (Diplom) entwickelten, das in interdisziplinärer Ausrichtung die Konzeption von digitalen und interaktiven Mediensystemen zum Kernthema hatte und damit den Erfordernissen der Medienindustrie der Jahrtausendwende Rechnung trug. Zusammen mit der irischen Partnerhochschule, dem Cork Institute of Technology (CIT), wurde parallel der englischsprachige Studiengang »Media Production« (Bachelor of Honors) entwickelt, der dann als Franchise und Joint Degree an beiden Ausbildungsstätten betrieben wurde. Der hier entstandene regelmäßige Austausch von Studierenden und Lehrkräften wie auch die gemeinsam getragene inhaltliche Weiterentwicklung besteht bis heute, wenn sich auch beide Hochschulen vor dem Hintergrund spezifischer Standortbedingungen (bildungspolitische Vorgaben, Entwicklung der nationalen Medienindustrien bzw. Arbeitsmärkte, akademisches Environment) in ihrem Fokus unterschiedlich entwickelt haben. Die Einführung des Studiengangs »Media Production« war gleichzeitig die Geburtsstunde des Fachbereichs Media, der im Jahr 2000 an einem zweiten Campus (heute Mediencampus) in Dieburg in den Räumen der ehemaligen Ingenieurakademie der Bundespost sein Zuhause fand. Im Rahmen des Bologna-Prozesses wurden die Studiengänge »Media Production« und »Media System Design« im Jahr 2007 unter dem Dach des Bachelorstudiengangs »Digital Media« und des Masterstudiengangs »Media Direction« zusammengeführt. Um der zunehmenden Diversifizierung der digitalen Medienindustrien gerecht zu werden, entstanden im Bachelor Studiengang ferner vier eigenständige Schwerpunkte: »Animation and Game«, »Interactive Media«, »Video« und »Sound«. Die unterschiedlichen Schwerpunkte wurden zum einen aus der Historie und jahrelangen Erfahrung der Studiengänge »Media Production« und »Media System Design«, zum anderen durch die Diversifizierung der verschiedenen Medienformate geformt. Im Zuge dieser Neuausrichtung wurde die bestehende Zugangsbeschränkung durch den Numerus Clausus abgeschafft. Stattdessen wurde eine fachbezogene künstlerisch-gestalterische Eignungsprüfung eingeführt. Diese Entscheidung führte in den Folgejahren zu einer deutlichen Steigerung des Leistungsniveaus. Studienanfängerinnen und Studienanfänger waren nun gefordert, sich im Vorfeld intensiv mit den Inhalten und Anforderungen des
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Studiengangs wie auch mit ihren eigenen Berufszielen und Talenten auseinanderzusetzen, anstatt einem diffusen Wunsch zu folgen, ›irgendetwas mit Medien‹ zu machen. In Folge der Eignungsprüfung wies der Studiengang »Digital Media« homogenere Studierendenprofile in den jeweiligen Schwerpunkten, geringe Abbruchquoten sowie eine hohe Eigenmotivation und Leistungsbereitschaft der Studierenden auf. Im Rahmen der Reakkreditierung und der geänderten Anforderungen sowohl aus fachlicher als auch aus hochschulpolitischer Sicht (Hochschulpakt) wurden die vier Studienschwerpunkte des Bachelorstudiengangs Digital Media im Jahr 2013 in die eigenständigen Bachelor-Studienprogramme »Animation and Game«, »Interactive Media Design«, »Motion Pictures« und »Sound and Music Production« überführt. Die klarere fachliche Positionierung erzeugte besser identifizierbare Kompetenzprofile der Absolventinnen und Absolventen in Hinblick auf typische Branchen und Produktionsprozesse der Medien-, Werbe- und Unterhaltungsindustrie. Die durch die Aufteilung erzielte größere Transparenz der Studienprogramme wirkte sich ferner positiv auf die Erwartungssteuerung von Studienbewerberinnen und Studienbewerbern aus. Der Studiengang »Animation & Game« erlebte in der Folge der fachlichen Alleinstellung einen enormen Entwicklungsschub, der bis heute anhält. Damit bedient er den weiterhin steigenden Fachkräftebedarf in der Region Rhein-Main insbesondere auf dem Gebiet der Entwicklung und Produktion von Computerspielen. Eine intensive Zusammenarbeit mit den vielen in der Region ansässigen Entwicklerstudios und Publishern bildet die Basis für eine praxisnahe, zukunftweisende Ausbildung nachgefragter Talente. Mit dem aktuellen Aufbau einer Länderförderung im Bereich digitaler Medien und Games setzt sich die positive Entwicklung des Standorts für digitale Spiele fort.
I NTERDISZIPLINARITÄT
UND
K ONVERGENZ
Der Studiengang »Animation & Game« vertritt einen interdisziplinären Ansatz als Schlüssel zum Verständnis des Fachgebiets und Grundlage für die nachhaltigen erfolgreichen Berufsbiografien der Absolventinnen und Absolventen. Wesentlich in diesem Zusammenhang ist die Schnittstelle zur Animation. Sie erlaubt es, in dieser Disziplin bereits lange etablierte methodi-
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sche, visuell-gestalterische, dramaturgisch-kinematografische wie auch technologische oder methodische Standards in die Konzeption und Produktion von Games hineinzutragen. Glaubwürdige Animationen, korrespondierende Character Designs und kinematografisches Storytelling tragen wesentlich zur Immersion und emotionalen Beteiligung der Spieler bei. Auch entstehen in der Durchdringung der beiden Disziplinen neue Genres, die zur Weiterentwicklung von Animationen und Games als Kulturgut beitragen. Es ist ein besonderes Anliegen des »Studiengangs Animation & Game«, dieses Zusammenwirken fachlich-methodisch zu interpretieren und konzeptionell weiterzuentwickeln. Es ist unbestritten, dass gerade Computerspiele hochwertige Animationen benötigen, um die notwendige Glaubwürdigkeit beim Spieler zu erzeugen. Positive Meilensteine wie die Gesichtsanimation in L.A. NOIRE (Rockstar Games) oder der Disput um die misslungenen Animationen in MASS EFFECT: ANDROMEDA (Bioware) machen dies deutlich. Auch im Kontext unseres Studiengangs legen wir deshalb gesteigerten Wert auf natürliche Charaktergestaltung und glaubwürdiges Acting. Die Konvergenz zwischen Animation und Games bietet ein vielfältiges Potential für die Entwicklung von interaktiven und immersiven Erzählformaten. Virtual-, Augmented- oder Mixed-Reality-Anwendungen nutzen Synergien linearer und non-linearer Animation sowie interaktiver Spielmechaniken im Hinblick auf Formate, Genres, Narration, Sujets und visueller Stile. Aktuelle Game-Technologien wie z.B. Echtzeit-GPU-Rendering, prozedurale Animation, Motion Capturing und eine offene Engine-Architektur adaptieren die klassischen Herstellungswege von Animation, VFX und filmischer Umsetzung. Diese Konvergenz beantwortet der Studiengang »Animation und Game« durch eine konsequent interdisziplinäre Programmgestaltung, die auf eine Balance zwischen breiter Basisqualifikation und fachlicher Spezialisierung setzt. Dieses Konzept erhöht die Berufseinstiegmöglichkeiten und beinhaltet ein hohes individuelles Entwicklungspotential der Absolventinnen und Absolventen für nachhaltige Karrieren in der internationalen Medienindustrie. Die Kombination der beiden Disziplinen Animation & Game Design hat noch einen weiteren relevanten Effekt: während rein auf Spieleentwicklung und Produktion fokussierte Studiengänge oftmals einen nur geringen Anteil weiblicher Studierender aufweisen, werden durch die Einbindung der Animationsdisziplin in das Studienprogram mehr Frauen angesprochen. Der
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Studiengang »Animation & Game« hatte von Anfang an vollkommen ausgewogene Anteile männlicher und weiblicher Studierender. Trotzdem ergibt sich im Studienverlauf keineswegs eine geschlechtsspezifische fachliche Orientierung. Weibliche wie männliche Studierende spezialisieren sich gleichermaßen in den technologischen wie gestalterischen Disziplinen der Animations- und Game Produktion. So steht zu erwarten, dass der Anteil von Entwicklerinnen in der stark männerdominierten Gamesindustrie perspektivisch größer wird.
S TUDIENPROGRAMM Die Inhalte und Module des Programms sind bewusst sehr offen formuliert, um der Dynamik des Fachgebietes und den technologischen und gestalterischen Entwicklungen gerecht zu werden. Aktuell stehen für den Studiengang sechs Vollzeitprofessuren, zahlreiche Lehrbeauftragte und technische Mitarbeiter zur Verfügung. Lehrbeauftragte kommen besonders aus den Gamestudios des umliegenden Rhein-Main-Gebietes, mit denen enge Kooperationen bestehen (u.a. Crytek, Deck 13, Envision, Ubisoft, Limbic etc.). Darüber hinaus kann in gemeinsamen Lehrveranstaltungen und interdisziplinären Projekten die Expertise des Lehrpersonals der Nachbarstudiengänge am Mediencampus genutzt werden. So gibt es zahlreiche Berührungspunkte zu den Bereichen Sound – Vertonung, Motion Pictures – VFX, 3600, Storytelling/Dramaturgie oder Interactive Media Design – UX. Je nach der Qualität des Bewerberfeldes beträgt die Jahrgangsgröße 40 bis 60 Studierende, die jährlich zum Wintersemester aufgenommen werden. Die Gruppengröße für Übungen besteht aus maximal 15 Teilnehmern. Der Unterricht wird vollständig in englischer Sprache durchgeführt, was einen hohen Anteil an Austausch- und internationalen Studierenden ermöglicht und zur kulturellen Vielfalt des Studiengangs beiträgt. Für die Studierenden besteht über das Erasmus-Programm eine Vielzahl an Austauschmöglichkeiten mit gameaffinen Studiengängen in Europa sowie durch DAAD-Stipendien und andere Fördermöglichkeiten mit dem außereuropäischen Ausland. Die Eignung der Bewerberinnen uund Bewerber wird durch ein vorab einzureichendes digitales Portfolio und Motivationsschreiben, einen eintägigen Test vor Ort, sowie durch ein Interview ermittelt. Die Anzahl der Bewerbungen beträgt aktuell ca. 400-500 pro Jahr. Mit dem englischsprachigen
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Studiengang wird ein hoher Anteil internationaler Bewerberbungen erreicht. Gesucht wird nicht eine einzige spezielle Begabung, sondern ein ausbalanciertes Gesamtpaket von unterschiedlichen Fähigkeiten, Kompetenzen und Talenten, das eine gute Grundlage zur Ausbildung bietet. Gefordert sind eine intensive Auseinandersetzung mit dem Fachgebiet und ein begründeter und motivierter Studienwunsch. So wie nicht jeder, der gerne gut isst, gleichzeitig auch ein guter Koch ist, so wenig werden aus leidenschaftlichen ›Zockern‹ automatisch gute Game Designerinnen und Gamedesigner. Voraussetzung für das Studium ist eine in Deutschland anerkannte Hochschulzugangsberechtigung. Für Bewerber aus dem Ausland wird die Anerkennung durch die externe Prüfstelle uni-assist vorgenommen. Besonders künstlerisch geeigneten Kandidaten besteht die Möglichkeit zur Aufnahme ohne Abitur. Auch die Anerkennung bereits erbrachter besonderer beruflicher Leistungen ist möglich. Das besondere Profil des Studiengangs zielt darauf, in erster Linie Bewerber sehr früh direkt nach dem Abitur aufzunehmen und die Studierenden intensiv bei der Suche und Entwicklung individueller Talente und Fähigkeiten zu unterstützen und in ihrer Persönlichkeit zu fördern. Es wird nicht versucht, einzelne spezialisierte Fähigkeiten und Talente zur entwickeln, sondern – bildlich gesprochen – die ›linke und rechte‹ Gehirnhälfte zu ›verheiraten‹. Schnittstellen- und Problemlösungskompetenz sind eine wichtige Grundlage für das stark technologiegetriebene Medium der Computerspiele. Dieser Ansatz wird gut durch das Zitat von John Lasseter (CEO Disney Animation) über die Arbeitsweise und Philosophie der Pixar Animation Studios illustriert: »The art challenges the technology, and the technology inspires the art«2. Hier kommt insbesondere die bereits aufgezeigte Verbindung und gegenseitige Abhängigkeit der Disziplinen Technologie und Gestaltung als positiver Antrieb des Mediums zum Ausdruck. Wenngleich die enge Verschränkung der Bereiche für die Gameindustrie unabdingbar und hinreichend bekannt ist, hält die räumliche und inhaltliche Trennung der Teams einzelne Departments in großen Game-Studios an. In unserem Programm versuchen wir, dieses Denken aufzulösen und so Inspiration und Herausforderung im Sinne des Lasseter-Zitates zu lehren und zu erlernen. Wir befähigen die Studierenden, an den Schnittstellen zwischen Kunst, Gestaltung und Technologie ihre jeweiligen Stärken zu entwickeln und in Animationen und digitalen
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J. Berkowitz: »Pixar’s John Lasseter Weighs In On Art and Technology«.
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Spielen zum individuellen Ausdruck zu bringen. Im projektbasierten Studienprogramm steht die interdisziplinäre Kollaboration im Team als wesentlicher Faktor im Vordergrund. Um dies zu ermöglichen basiert das Studium auf drei ineinander verschränkten fachlichen Säulen: Animation und Game Design •
In dieser Säule sind gestaltungsbezogene fachliche Themen zusammengefasst: Visual Development, Kinematographie, Storytelling und Dramaturgie, Game Design, Animation, Interaction Design, Prototyping und Design Dokumentation, Creative Research Methoden und Design Strategien.
Technologie (Game Development und Technical Art) •
In Abgrenzung zur Informatik haben wir uns mit »Game Development« bewusst für den Teil der Informatik entschieden, der sich zielgerichtet an angehende Game-Programmierer richtet. Mit Technical Art wird die Schnittstelle zwischen Technologie und Gestaltung gewährleistet, die in der Projektentwicklung und Zusammenarbeit Softwarekenntnisse und Gestaltungsfragen zusammenbringt und als gegenseitige Inspiration und Herausforderung nutzt.
Methodologie •
Diese Säule umfasst wissenschaftlich-methodische Themen wie Game Studies, Animation History, Media Studies and Philosophy, Gender and Diversity Studies, Creative Producing, Entrepreneurship, Management, Media Law und Media Ethics.
In den ersten beiden Semestern werden in einer Art Grundstudium in allen drei Säulen die essentiellen Fundamente der Games- und Animationsproduktion erlernt. Die Studierenden werden ermutigt, abseits von ihrer Sozialisierung durch Mainstream-Games und -Animationen einen persönlichen Zugang zu finden und damit zu beginnen, individuelle Ideen und Handschriften zu entwickeln. Das erste Semester dient auf der einen Seite dazu, die doch
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sehr unterschiedlichen Studierenden auf ein gemeinsames Basiswissen zu bringen, zum anderen bietet es eine Übersicht und Orientierungsmöglichkeit über die vielfältigen Arbeits-, Gestaltungs-, Wissensgebiete und Berufsfelder auf dem Gebiet der Spieleentwicklung, Produktion und Vermarktung. Der Start direkt nach dem Abitur bietet eine sehr gute Voraussetzung dafür, diese Reise neugierig und ergebnisoffen zu beginnen. Das zweite Semester erlaubt bereits eine erste Richtungsentscheidung, in der von den drei Fächern ›Game Development‹, ›Technical Art‹ und ›Animation & Game Design‹, zwei in vertiefter Ausprägung belegt werden. Parallel startet das erste Semesterprojekt, das vom Workload her die Hälfte der Semester-Zeit belegt. In kleinen Teams von vier Studierenden wird die Produktion eines Spiels oder einer Animation unter industrieähnlichen Bedingungen simuliert und während des dreimonatigen Semesters von der Idee über das Greenlighting bis zur finalen Präsentation des Prototyps durchlaufen. Die Studierenden übernehmen während der Produktion im Team eine oder mehrere genau definierte Rollen, so dass sie das individuelle Lernprofil weiter ausbilden oder sich auch in neuen Feldern ausprobieren kann. Im dritten Semester beinhaltet das Curriculum ein weiteres Semesterprojekt sowie die Möglichkeit, aus einem Wahlpflichtkatalog zusätzliche Veranstaltungen frei zu wählen. Eine Weiterbildung ist entweder in die Breite oder Tiefe möglich. Hier steht es den Studierenden auch frei, Module der verwandten Studiengänge am Mediencampus zu belegen. Thematisch gliedert sich das Angebot in die oben beschriebenen fachlichen Säulen. Spezifische Kursthemen werden an Hand aktueller Fragestellungen aus dem Fachgebiet wie auch auf Grund von Rückmeldungen aus der Industrie immer wieder neu entwickelt und angeboten. Im gesamten vierten Semester absolvieren die Studierenden ein Praktikum in der Industrie, das entsprechend begleitet wird bzw. schon während der Semester zwei und drei vorbereitet wird. Semester 5 und 6 werden in der Kombination von Projekt und Wahlveranstaltungen absolviert, wobei hier die Projekte im Zeitaufwand größer sind. Im 6. Semester vertieft ein zusätzliches Research-und-Development-Modul das wissenschaftliche Arbeiten und unterstützt die Entwicklung eines Bachelorthemas. Im siebten Semester erstellen die Studierenden dann ihre Bachelorarbeit, die aus einem theoretischen und praktischen Teil besteht. Dazu stehen bis zu fünf Monate zur Verfügung. Begleitet wird das Bachelormodul von einem Researchmodul, in dem sich die Studierenden forschend mit einem selbstge-
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wählten Thema auseinandersetzen, welches zumeist gestalterische, technologische, kulturelle oder produktionsspezifische Aspekte der Bachelorarbeit vertieft. Es sind sowohl Einzel- als auch Gruppenprojekte möglich; oft finden diese auch in Zusammenarbeit mit der Industrie statt. Kooperationen und Drittmittelprojekte mit Industrie oder anderen Partnern werden organisatorisch durch ein Institut des Fachbereichs Media unterstützt. Abgerundet wird das Studium durch zahlreiche Exkursionen zu verschiedenen Messen und Festivals, ein Visiting Artist-Programm, sowie Workshops zu spezieller Software und weiteren aktuellen Themen. Am Ende des Studiums verfügt jede Absolventin und jeder Absolvent über ein Portfolio von fünf Projekten sowie über ein Praxissemester, was vielen positiven Rückmeldungen nach zu urteilen für das Recruiting durch die Industrie eine gute Bewertungsgrundlage bietet. Die Vermittlungsquote der Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs »Animation & Game« ist in den vergangenen Jahren stabil auf sehr hohem Niveau.
P ROJEKTBASIERTES L ERNEN (PBL) Waren die Vorgängerstudiengänge stark durch klassische Lehrformen geprägt, in der das Wissen den Studierenden isoliert in Fachsträngen vermittelt wurde, folgt das aktuelle Curriculum dem Ansatz des projektbasierten Lernens (PBL – Project Based Learning). Dieses stellt die Arbeit an einem relevanten Projekt in den Mittelpunkt eines selbst bestimmten Lernprozesses. Dabei ist die zentrale Maxime, den Studierenden nicht vorgefertigte Antworten auf noch nicht vorhandene Fragen zu geben, sondern zunächst im Blick auf die Herausforderung des Projekts mit den Studierenden Fragen zu entwickeln und dann mit ihnen die Antworten unter der Perspektive curricular definierter Lernziele zu erarbeiten. Die Studierenden werden in die Lage versetzt, anhand einer konkreten Aufgabe Probleme zu identifizieren und interdisziplinäre Lösungswege zu entwickeln. Dieses Lernmodell hat sich im Vergleich zum traditionellen Instruktionslernen als deutlich erfolgreicher für eine nachhaltige Kompetenzentwicklung, Lernmotivation und Leistungsfähigkeit erwiesen. Folgender Ablauf der Projekte hat sich in der langjährigen Erfahrung entwickelt: Die betreuenden Dozenten arbeiten als interdisziplinäres Team im
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Modul intensiv zusammen. Passend zum Qualifikationsziel des jeweiligen Semesters werden im Vorfeld die wichtigsten Lernfortschritte in den zentralen Disziplinen definiert. Hieraus wird dann ein aktuelles Semesterthema entwickelt, das geeignet ist, die Studierenden zu motivieren und herauszufordern, sowie die Lernziele über den Verlauf des Projektes zu realisieren. Die Themen werden so offen wie möglich gehalten, um auf der einen Seite Orientierung zu bieten, auf der anderen Seite aber den nötigen kreativen Freiraum und die Möglichkeit zur Entdeckung von Zusammenhängen und eigenen Interessen zu ermöglichen. Themenbereiche können sowohl von der Zielgruppe, von der Technologie oder von einem inhaltlichen Thema her definiert werden, so dass über den Ablauf des Studiums verschiedene Szenarien für die Projektentwicklung erlernt werden. Der zeitliche Ablauf des Semesterprojektes sowie eine Abfolge von wöchentlichen Impulsvorlesungen werden ebenfalls vorab definiert. Oft ist es nötig, diese Inhalte während der Projektarbeit nachzusteuern und dynamisch auf den tatsächlichen Fortschritt der Projektteams zu reagieren. Die Vorstellung des Themas erfolgt in einer Kick-Off-Veranstaltung. Ein Impulsvortrag erläutert den Studierenden die zugrundeliegende Idee des Themas erläutert. Die involvierten gestalterischen und wissenschaftlichen Fragestellungen werden aus verschiedenen Richtungen beleuchtet und eingrenzt. Es folgt ein Ideation-Prozess, in dem alle an der Betreuung beteiligten Dozenten exemplarisch individuell gewählte Projekte vorstellen und in den thematischen Kontext einordnen, um damit zur Reflexion des Themas anzuregen sowie die Ideenfindung der Studierenden zu stimulieren. Aufgabe der Studierenden ist es nun, drei Ideen-Pitches zu erarbeiten, die in diesem Themenkontext mögliche Projekte generieren können. Der Prozess der Ideenfindung wird in kurzen Coachings durch die Dozenten begleitet, auch ein Ideen-Jam oder andere Ansätze des Design Thinking werden eingesetzt. Aus allen Ideen werden durch die Dozenten die jeweiligen ausgewählt, die das Thema am vielversprechendsten, interessantesten und innovativsten aufgreifen. In einer Art Posterpräsentation werden die Ideen vor allen Studierenden des Semesters gepitcht. Anschließend wählt jeder Studierende in einem digitalen Online-Verfahren die drei Projekte, an denen er bevorzugt mitarbeiten will. Für die Projekte mit den meisten Stimmen können sich die Studierenden im nächsten Schritt wieder online ›einschreiben‹ und zusätzlich die eigene Teamrolle definieren. Die Teams und die Rollen werden durch die Dozenten redigiert. Nach Möglichkeit werden die Teams nach den Wün-
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schen und Interessen der Studierenden gebildet. Als ideale Teamgröße haben sich vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer herausgebildet, da dies den Managementaufwand kontrollierbar hält und das ›social loafing‹ (soziales Faulenzen) verhindert. Die Teams werden nun während der Konzeptentwicklung von einem interdisziplinären Team von Lehrenden aus den Bereichen Design, Technologie und Management betreut. In so genannten Coaching-Sessions wird aus der Idee ein Konzept entwickelt, das etwa drei bis vier Wochen später in einer umfangreichen ›Greenlighting‹-Präsentation (Konzept, Figuren, Art, Gameplay, Prototyp, Production Plan etc.) gepitcht werden muss. Die Lehrenden übernehmen während dieser Präsentation die Rolle möglicher Kunden, die die Konzepte ›greenlighten‹ oder noch einmal zur Überarbeitung in das Team zurückgeben. Nach positivem ›Greenlighting‹ erfolgt die Produktionsphase. Zu Beginn wird mit jeder Studierenden und Studierendem eine Art ›learning agreement‹ geschlossen, in dem gemeinsam die Anteile an dem Projekt und die individuellen Lernziele definiert werden. Zur Vermeidung von extremer Spezialisierung und zur Förderung der notwendigen Schnittstellenkompetenz muss jede Studierende und jeder Studierende in allen drei Gebieten (Design, Technologie, Methodologie) zumindest zehn Prozent der eigenen Arbeitsleistung definieren. Die Erfüllung dieser Vereinbarung entscheidet später über die Zulassung zur finalen Präsentation und ist die Grundlage der individuellen Beurteilung. Jedes Team erhält eine gemeinsame Projektnote. Ferner erhält jede Studierende und jeder Studierende in allen drei genannten fachlichen Bereichen eine Einzelnote, die nach der Projektpräsentation in einer Postcoaching-Prüfung auf Grundlage einer individuellen Projektpräsentation und eines Showreels festgelegt wird. Bis zur finalen Präsentation werden die Teams ein- bis zweimal pro Woche in der Coaching-Session betreut. Dabei werden der Projektfortschritt reflektiert, die nächsten Schritte geplant sowie zusätzliche Fragen und Ideen diskutiert. Entstehen Fragen in einzelnen Bereichen/Disziplinen, gibt es die Möglichkeit zum individuellen Fach-Coaching spezifischer Probleme im Anschluss. Parallel finden wöchentliche Inputs als Impulsvorlesungen statt. Diese werden in den höheren Semestern durch Fachgebiet spezifische »Project Clinics« ersetzt, in denen aktuelle Projektherausforderungen identifiziert und vor der Gruppe der Studierenden exemplarisch diskutiert werden.
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Während des Projektes arbeiten die Studierenden vor Ort in studentischen Projekträumen, die 24/7 genutzt werden können, kollaborativ an ihren Projekten. Für technisch aufwendige Arbeiten stehen Computer/Gamelabore, Videostudios, Soundstudios oder Motion Capturing sowie Konsolen mit Developer-Kits zur Verfügung. Ferner besteht eine Kooperation mit dem Studiengang »Sound and Music Production«, um die wichtige auditive Dimension von Anfang an in die Projektarbeit und Gestaltung einzubinden. Trotz der Fokussierung auf die angewandte, industrienahe Produktion von Computerspielen und Animationen versteht sich das Studium als Sandbox für neue Ideen, in der ohne kommerzielle Zwänge Games als Kulturgut entwickelt und neue Aspekte und Impulse für die Kreativ-Industrie angestoßen werden können. Neben dem historisch begründeten Schwerpunkt auf Games und Animationen im Bereich Entertainment entsteht im Studiengang ein breites Spektrum an Anwendungen in den Bereichen Mobile, Educational, VR, AR, Gamification und Experiment. Der Studiengang ist über die hessische Film- und Medienakademie (hfma) gut vernetzt mit anderen Ausbildungsstätten des Bundeslandes sowie Mitglied in den verschiedenen regionalen und nationalen Gameverbänden. Für die Zukunft ist eine Weiterentwicklung im Bereich der Forschung durch Aufbau und Ausgestaltung eines Forschungsclusters »Digitale Kommunikation und Medien Innovation« geplant. In Ergänzung zu dem schon bestehenden Masterstudiengang »Leadership in the Creative Industries«, der sich mit der Produktion transmedialer Inhalte auseinandersetzt, wird aktuell der internationale Masterstudiengang »Animation and Game Direction« entwickelt, der die Studierenden auf kreative Führungspositionen wie Regisseurin und Regisseur oder Creative Producerin und Producer in der internationalen Animations- und Game Industrie vorbereitet. Der Start dieses Studienganges ist für das Sommersemester 2019 vorgesehen. Im Rahmen der Kooperationen mit Partnerhochschulen in Irland ist als weiterführender Abschluss auch ein PhD möglich. Mit der Einführung eines neuen Bachelor-Studiengangs »Expanded Realities« wird ein weiterer Faktor zur Stärkung der Ausbildung im Bereich der digitalen Spiele und der Etablierung des Ausbildungsstandortes Mediencampus Dieburg geschaffen. Zur besseren Vernetzung der Absolventinnen und Absolventen mit der Industrie ist der Aufbau eines Instituts zur Games/Animation-Produktion, -Entwicklung und -Vertrieb in Vorbereitung.
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L ITERATUR Berkowitz, Joe: »Pixar’s John Lasseter Weighs In On Art and Technology«, https://www.fastcompany.com/1680857/pixars-john-lasseter-weighs-inon-art-and-technology vom 05.29.12.
BA »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung« Hochschule Anhalt A LEXANDER C ARÔT , S TEFAN S CHLECHTWEG -D ORENDORF
A NGEWANDTE I NFORMATIK – D IGITALE M EDIEN UND S PIELEENTWICKLUNG Hinter Computer- und Videospielen verbergen sich neben den künstlerischen und designtechnischen Leistungen der Entwickler auch komplexe Softwaresysteme, die den Vergleich mit anderer kommerzieller Software nicht zu scheuen brauchen. Computer- bzw. Videospiele beinhalten Techniken aus allen Bereichen der Informatik, die oftmals dem aktuellen Stand der Technik entsprechen oder diesen für bestimmte Gebiete sogar definieren, wie es z. B. in einigen Bereichen der Computergrafik der Fall ist. Aufgrund dieser Tatsache repräsentieren Computerspiele einen bedeutsamen und vor allem anschaulichen Anwendungsfall, der sich ideal als Gestaltungsmittel für die Lehre in der klassischen Informatik eignet. Der Bachelor-Studiengang »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung« an der Hochschule Anhalt basiert auf diesem Gedanken und vermittelt alle relevanten Inhalte der Informatik aus der Sicht des Spieleumfeldes. Es handelt sich um einen grundständigen Informatik-Studiengang, der nach 7 Semestern zum Abschluss Bachelor of Science (B. Sc.) führt. Ein Industriepraktikum ist integraler Bestandteil des Studiums.
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Studienschwerpunkte und Studienverlauf Der Studiengang wurde in Anlehnung an die Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik1 als Informatikstudiengang mit einem speziellen Anwendungsbereich konzipiert. Dementsprechend nehmen mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen sowie fachspezifische Grundlagen und Vertiefungen einen großen Raum ein. Das Anwendungsfeld »Digitale Medien und Spieleentwicklung« macht den Studiengang mit einem speziellen Medieninformatik-Studiengang vergleichbar. Abbildung 1 zeigt eine schematische Übersicht der Aufteilung der Module in die einzelnen Bereiche. Abbildung 1: Grundlegende Studiengangsstruktur
Quelle: Eigene Abbildung
Um das Thema »Games« im Studiengang zu verankern, stehen konkret die vorgesehenen fünf Wahlpflichtmodule zur Verfügung. Außerdem ist das Thema in allen anderen Veranstaltungen insofern Bestandteil, als die dort zu vermittelnden Konzepte anhand von Beispielen aus dem Games-Bereich vermittelt werden (siehe auch Abschnitt »Verankerung des Themas Computerbzw. Videospiele«). Der Studiengang ist explizit praxisorientiert angelegt. In jedem Semester bildet ein Projektmodul den zentralen Kern. Hier wenden die Studierenden
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Vgl. Gesellschaft für Informatik e.V.: Empfehlungen für Bachelor- und Master-
programme im Studienfach Informatik an Hochschulen 2016, https://www.gi.de/ fileadmin/redaktion/empfehlungen/GI-Empfehlungen_Bachelor-Master-Informa tik2016.pdf
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die Inhalte des aktuellen sowie der vorherigen Semester in einem Teamprojekt direkt an: •
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1. Semester: »Mediengestaltung« – Dieses Modul dient hauptsächlich der Einführung in Werkzeuge und Methoden der Print-Mediengestaltung, so dass die Studierenden grundlegende Kenntnisse im Umgang mit Werkzeugen zur Bild- und Textbearbeitung, Illustration und Layout erlangen. Ein weiteres Ziel ist die Unterstützung der Ausbildung von Teamfähigkeit und Kommunikation. 2. Semester: »Programmierung« – Hier steht die Entwicklung eines komplexeren Softwaresystems im Mittelpunkt, die erlernten Program-mierfähigkeiten und Informatik-Grundlagen werden angewendet. 3. Semester: »Webprogrammierung« – Die Entwicklung einer Web-Applikation verbindet die Informatik- und Medien-Grundlagen der ersten Semester. 4. Semester: »Medienproduktion« – Das Modul behandelt die Multimediaentwicklung im Kontext des Anwendungsgebietes. Der Fokus liegt auf dem Entwurf und der Umsetzung eines Multimedia-produktes. 6. Semester: »Medien und Spiele« – Ziel dieses Projektes ist die Umsetzung eines Medienproduktes mit direktem Bezug zu Games. Das Ergebnis hier kann ein Spiel oder ein Medienprodukt sein, das sich mit Spielen befasst.
Das Industriepraktikum (18 Wochen) im 5. Semester ist integraler Bestandteil des Studiums und sollte vorzugsweise in einem Unternehmen der Medien- oder Spielebranche durchgeführt werden. Durch die erfolgreich verteidigte Bachelorarbeit erlangen die Studierenden schließlich den Bachelorabschluss. Die offizielle Dauer dieser Arbeit beträgt zehn Wochen und thematisiert idealerweise die in diesem Dokument angesprochenen interdisziplinären Inhalte mit Bezug zu den digitalen Medien und insbesondere den Computerspielen. Daraus ergibt sich automatisch ein starker Praxisbezug, wenngleich die eigentliche Abgabe in Form einer klassisch wissenschaftlichen Arbeit zu erfolgen hat. In der folgenden Tabelle sind alle weiteren Module aufgeführt, die für den Studiengang obligatorisch sind, aber keinen explizit definierten Praxisoder Projektanteil enthalten:
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1. Semester: • Imperative Programmierung • Diskrete Mathematik • Rechnerarchitektur • Digitale Medien • Konzeption multimedialer Informationssysteme 2. Semester: • Objektorientierte Programmierung • Lineare Algebra & Analysis • Wissenschaftliches Arbeiten • Mensch-Computer-Interaktion • Fachsprache Englisch/Deutsch 3. Semester: • Softwaretechnik • Stochastik • Datenbanksysteme • Künstliche Intelligenz 4. Semester: • Projektmanagement • Maschinelles Lernen • Automaten & Formale Sprachen • Computergrafik & Animation 5. Semester: • BWL (online) 6. Semester: • Vernetzte Systeme • Multimediale Signalverarbeitung • Datenschutz- und Sicherheit 7. Semester: • Online- und Medienrecht (online) • Studium generale
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Verankerung des Themas Computer- bzw. Videospiele Qualifikationsziel des Studienganges ist bewusst ein Informatik-Abschluss. Dennoch soll ein starker Bezug zur Games-Branche hergestellt werden. Dieser Bezug ist auf zweierlei Arten im Studium verankert. Zum einen ist die Gestaltung des Studiums mit insgesamt fünf Wahlpflichtmodulen flexibel gehalten. Hier wird ein Wahlpflichtkatalog »Digitale Spiele« angeboten, der unter anderem folgende Module enthält: • • • • • •
Einführung in Digitale Spiele Grundlagen Gamedesign Mobile Spiele Spieleprogrammierung Sounddesign und -recording Medienwirtschaft und Marketing
Ein weiterer Bezug zu Computerspielen besteht darin, dass in sämtlichen Modulen versucht wird, spielerelevante Beispiele für die zu vermittelnden Inhalte zu verwenden. Prominente Beispiele sind hier die Computergrafik, bei der Echtzeit-Rendering-Verfahren im Mittelpunkt stehen, oder die Künstliche Intelligenz mit speziellen Suchverfahren (z. B. A*). Anwendungen lassen sich hier aber in jedem Bereich der Informatik finden und werden in den Modulen unterschiedlich detailliert untersucht. Organisatorische Rahmenbedingungen Der Studiengang »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung« ist ein grundständiger Bachelor-Studiengang an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, so dass hier die allgemeinen Zulassungsbedingungen zum Tragen kommen. Potenzielle Studierende sollten eine Affinität zur Informatik mitbringen, rein künstlerische oder designorientierte Interessenten werden ihr Studium nicht erfolgreich abschließen können. Die Studiendauer beträgt 7 Semester mit einem Studienstart immer zum Wintersemester. Mit dem berufsqualifizierenden Abschluss »Bachelor of Science« können Absolventen eine Tätigkeit in der Industrie aufnehmen. Gleichzeitig berechtigt dieser Abschluss zur Aufnahme eines Masterstudiums.
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In das Studium integriert ist ein 18-wöchiges Pflichtpraktikum, das in einem Unternehmen, einer Behörde oder einer wissenschaftlichen Einrichtung abzuleisten ist. Typische Tätigkeiten der Praktikanten (in der bisherigen Laufzeit des Studienganges seit dem Jahr 2012) waren bzw. sind: • • • • •
Spieleentwicklung Customer Service (z.B. Game Master) Online- und Web-Entwicklung Medienproduktion und Marketing Online-/Web-Redaktion
Für den Studiengang bestehen keine Aufnahmebeschränkungen oder gesonderte Aufnahmebedingungen. Pro Jahr nehmen durchschnittlich 50 bis 60 Studierende ihr Studium auf. Hochschule und Fachbereich Die Hochschule Anhalt ist mit ca. 8 000 Studierenden an den Standorten Köthen, Dessau und Bernburg die größte Fachhochschule in Sachsen-Anhalt. Sie gliedert sich in sieben Fachbereiche, der Fachbereich Informatik und Sprachen ist einer der drei ingenieurtechnischen Fachbereiche am Standort Köthen. Am Fachbereich Informatik und Sprachen sind derzeit 12 Professoren und Professorinnen beschäftigt, die folgende Fachgebiete abdecken: • • • • • • • • • • • •
Computergrafik Computerlinguistik Datenbanksysteme Fachkommunikation Deutsch Künstliche Intelligenz Mathematik / Statistik Medieninformatik Informationsmanagement Programmierung / Programmiersprachen Softwaretechnik Theoretische Informatik Wirtschaftsinformatik
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Damit entspricht das Profil dem eines typischen Informatik-Fachbereiches. Dem Fachbereich ist das Sprachenzentrum der Hochschule zugeordnet. Dies und die beiden (fremd-)sprachlich ausgerichteten Professuren bilden die Grundlage für den zweiten angebotenen Bachelor-Studiengang »Fachkommunikation – Softwarelokalisierung«. Für das Masterstudium werden die Studiengänge • • •
Softwarelokalisierung Informationsmanagement Interaktive Medien (siehe oben)
angeboten. In den beiden letztgenannten Studiengängen können Absolventen des Bachelors »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung« ihre Ausbildung direkt fortsetzen, wobei der Master Interaktive Medien die Chance bietet, das Themengebiet Digitale Spiele weiter fortzuführen.
L ITERATUR Gesellschaft für Informatik e.V.: »Empfehlungen für Bachelor- und Masterprogramme im Studienfach Informatik an Hochschulen«, 2016. https://w ww.gi.de/fileadmin/redaktion/empfehlungen/GI-Empfehlungen_Bachel or-Master-Informatik2016.pdf
BA »Medienwissenschaft und Medienpraxis« Universität Bayreuth J OCHEN K OUBEK
Computerspiele können an der Universität Bayreuth in einem dreifach gestuften Ausbildungsprogramm studiert werden. Angefangen im Bachelorstudiengang »Medienwissenschaft und Medienpraxis B.A.«, danach im Masterstudiengang »Computerspielwissenschaften M.A./M.Sc.«1 und anschließend im gleichnamigen Promotionsprogramm entweder in der Medienwissenschaft oder in der Informatik. Diese drei Stufen bauen inhaltlich und fachlich aufeinander auf, sie sind als konsekutive Ausbildung konzipiert, wobei es Möglichkeiten des Quereinstiegs gibt. Die Besonderheit der Bayreuther Medienwissenschaft ist eine starke Verzahnung von Wissenschaft und Praxis. Medientheoretische Reflexionen gehen dabei Hand in Hand mit künstlerisch-praktischen Umsetzungen. Neben diesen beiden Säulen, die fest im Curriculum verankert sind, gibt es gerade im Bereich der Computerspiele noch eine vielfältige Spielkultur, die einerseits durch studentische Gruppen und Veranstaltungen, andererseits durch Aktivitäten und Angebote der Lehrstühle getragen wird. In den folgenden Abschnitten werden der Bachelorstudiengang und die Spielkultur vorgestellt.
1
Siehe S.573 in diesem Band.
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S TUDIENGANG Der Bachelorstudiengang Medienwissenschaft und Medienpraxis B.A. ist als Orientierungsstudium (»was mit Medien«) für diejenigen angelegt, die sowohl wissenschaftliche als auch praktische Einblicke in das Forschungs- und Arbeitsfeld der Medien gewinnen wollen. Schwerpunkte liegen in Bayreuth in den audiovisuellen Medien Film, Fernsehen, Radio sowie in den interaktiven Medien, hier vor allem Digitale Spiele. Abbildung 1: Modulübersicht im B.A. Medienwissenschaft und Medienpraxis
Quelle: Eigene Abbildung
Im Rahmen von Pflicht- und Wahlpflichtveranstaltungen haben Studierende die Möglichkeit, ihr Hauptinteresse auf das Thema Computerspiele zu
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konzentrieren und dabei 79 von 131 Leistungspunkten in Modulen mit Spielbezug zu erwerben; weitere 49 LP erhalten sie bei entsprechender Wahl im Kombinationsfach Angewandte Informatik-Multimedia, das informatische Grundlagen vermittelt, die u.a. für die Entwicklung von Computerspielen benötigt werden. Damit können sie zwei Drittel ihres Bachelorstudiums mit dem Aufbau von Kompetenzen im Bereich Computerspiele verbringen. Der Name des Studiengangs Medienwissenschaft und Medienpraxis verweist auf die bereits angesprochenen zentralen Säulen Wissenschaft und Praxis. Medienwissenschaft als eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Medien ist eine Geisteswissenschaft und als solche verwandt mit Sprachwissenschaften und Philologien. Sie darf nicht mit Kommunikationswissenschaft verwechselt werden, die sich sozialwissenschaftlich-empirisch mit Mediennutzung, Rezeptionsverhalten und gesellschaftlichen Wirkungen auseinandersetzen. Eine geisteswissenschaftliche Computerspielwissenschaft beschäftigt sich daher nicht oder nur ansatzweise mit den vor allem bei Journalisten, Lehrern und Eltern so beliebten Themen wie Sucht und Gewalt, Auswirkungen auf Sozialstrukturen und schulische Leistungen. Unsere Schwerpunkte liegen auf der Geschichte, Ästhetik, Theorie, Analyse und Kultur eines Mediums, es geht historisch und systematisch um Fragen der Medialität, des Ausdruckspotenzials und der kulturellen Produktionen. Im Gegensatz zum Medium Film gehen wir bei Computerspielen davon aus, dass Studierende wenig bis keine analytischen oder historischen Kenntnisse mitbringen, die über die eigene Spielerfahrung hinausreichen. Computerspiele als Medium werden in Deutschland nicht in Schulen behandelt, im Gegenteil sind viele Lehrer und Eltern damit beschäftigt, Jugendliche vor ihrer Begeisterung für das Medium zu warnen, das sie entweder als gefährlich, im besten Fall aber einfach nur als Zeitverschwendung ansehen. Um eine medienwissenschaftliche Beschäftigung mit Computerspielen vorzubereiten, werden daher grundlegende Einführung in die Kultur-, Technik- und Werkgeschichte angeboten, die vom Aufbau eines medienästhetischen Vokabulars zur Beschreibung der verschiedenen Aspekte eines Spiels begleitet sind. Damit sollen Studierende in die Lage versetzt werden, Computerspiele sachlich zu beschreiben und von einer emotionalen Begeisterung oder Ablehnung zu einer wissenschaftlichen Betrachtung angeleitet werden. Auf diesen historischen und formästhetischen Grundlagen aufbauend werden in den kommenden Semestern medienwissenschaftliche Texte der
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Game Studies gelesen und theorieorientierte Überlegungen zu und Analysen von konkreten Werken diskutiert. Dieser wissenschaftliche Ausbildungsteil schließt mit der Bachelorarbeit im Umfang von 12 Leistungspunkten und einer Bearbeitungsfrist von 15 Wochen ab. Die zweite Säule der Bayreuther Medienwissenschaft ist die medienpraktische Ausbildung. Wir sind der festen Überzeugung, dass ein fundiertes Verständnis für ein Medium weitreichende praktische Kenntnisse seiner Produktion erfordert. Das ist vergleichbar mit Schriftmedien, Literalität äußert sich nicht nur im Lesen und Verstehen, sondern auch im Entwerfen und Schreiben. Bezogen auf Spiele bedeutet diese, dass auf Rezeptionsseite nicht nur Texte über Spiele gelesen und Let’s Plays zu schauen sind, sondern aktiv gespielt werden muss, auf Produktionsseite nicht nur mit Produktionsnotizen und Making-Ofs gearbeitet wird, sondern dass eigene Entwicklungskenntnisse zu erwerben und praktisch umzusetzen sind. Im Bereich der Computerspiele umfasst die praktische Ausbildung die Einführungen in das Game Design und die Planung von Spielprojekten, Spieleprogrammierung mit Unity, 3D-Grafik mit Maya, ein Spielprojekt in Teamarbeit mit industrieüblichen Workflows und ein Praktikum, das gerne bei einer Firma aus der Spieleindustrie absolviert werden kann. Der praktische Ausbildungsteil schließt mit einem großen Abschlussprojekt ab, das gleichwertig zur Bachelorarbeit gewichtet ist. Methodik und Didaktik Die wissenschaftliche Ausbildung erfolgt mit den bekannten Formaten Vorlesungen und Lektüreseminar, wobei der Frontalunterricht des ersten Studienjahrs in den folgenden Semestern durch die diskussionsorientierten Seminare abgelöst wird. Ziel ist es, Kenntnisse und Methoden des medienwissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln, im Bereich der Computerspiele eine grundsätzliche Anschlussfähigkeit an die Diskurse der Game Studies herzustellen. Die praktische Ausbildung erfolgt in kleinen Gruppen und wird mit praxiserfahrenen Dozenten anhand konkreter Projekte eingeübt. Dabei hat die Projektkonzeption und -planung einen ebenso großen Stellenwert wie die Durchführung. Ausbildungsziel ist kein konkretes Berufsbild, sondern der Einblick in ganz verschiedene Bereiche der Medienproduktionen, die sowohl
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zur Findung der eigenen Interessen als auch zur Vorbereitung auf eine vertiefende Ausbildung dient. Diese hier vorgenommene Trennung in Wissenschaft und Praxis spiegelt keineswegs den Studienalltag wider. Wir erwarten von unseren Studierenden, dass sie ihre Projekte mit wissenschaftlichen Konzepten und Theorien reflektieren können und dass sie bei ihren medientheoretischen und -analytischen Überlegungen produktionsästhetische Faktoren berücksichtigen. Dieser Spagat ist für alle Beteiligten anstrengend, zumal für viele Studierende die praktische Ausbildung eine höhere Strahlkraft hat als die Beschäftigung mit theoretischen Texten. Dennoch erschließt sich vielen die Bedeutung der konzeptionellen und reflektierenden Arbeit, sobald sie über eigene oder andere Werke nachdenken und reden, lesen und schreiben müssen.
S PIELKULTUR Neben den Studieninhalten haben wir eine Fülle spielkultureller Gruppierungen und Veranstaltungen, die ganz wesentlich von Studierenden organisiert und durchgeführt werden. Dazu gehören: • • •
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Der Medienblog »Dispositiv« der Medienwissenschaft Bayreuth mit regelmäßigen Beiträgen zum Thema Computerspiele. Das Online-Gaming-Magazin Level UB mit von Studierenden produzieren Inhalten über Videospiele und Videospielkultur. Die Universität Bayreuth ist Deutschlands erste Universität mit aktiven E-Sport-Mannschaften. Im Jahr 2017 gibt es Trainingstermine für League of Legends, Dota 2, CS:GO, Hearthstone, Super Smash Bros und Heroes of the Storm. Die Spiele mögen wechseln, der E-Sport jedoch gehört zu den größten und am besten organisiertesten Gruppen unserer Universität. Die Cosplay-Werkstatt Bayreuth ist eine offizielle Hochschulgruppe der Medienwissenschaft an der Universität Bayreuth, die sich im Rahmen mit Cosplay beschäftigt. Bei regelmäßig ausgerichteten Gamejams können sowohl Computer- als auch Brettspielprojekte erstellt werden. Ende Januar beteiligen wir uns mit großem Einsatz am Global GameJam.
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Während des Semesters finden regelmäßig thematisch ausgerichtete Spieleabende statt. Hier können bei Pizza und Getränken neue und alte digitale und analoge Spiele entdeckt werden. Einmal im Jahr werden bei dem Konzert Soundtracks im Audimax von Studierenden und Dozenten Themen aus Film- und Spielmusik aufgeführt. Ebenfalls einmal jährlich lädt der Screenshot-Wettbewerb und die daran angeschlossene Ausstellung Computerspiel-Tourismus zur Auseinandersetzung mit der Bildlichkeit des Mediums ein.
Darüber hinaus fördern und unterstützen wir mit vielfältigen Angeboten Unternehmensgründungen und die Einwerbung von Fördermitteln, insbesondere vom FilmFernsehFonds Bayern (FFF), dem bundesweit größten öffentlichen Förderer von Computerspielen. Die Unterstützungsstrukturen für Computerspiele sind in verschiedenen Laboren organisiert: Im Medienlabor Games werden Projekte und Abschlussarbeiten geplant, vorgestellt und besprochen. Das Gamelab koordiniert Räume und Termine für Veranstaltungen unserer spielkulturellen Gruppierungen. Im VR-Lab kann aktuelle Virtual-Reality-Hardware für eigene Projekte ausgeliehen und getestet werden. Das Game Innovation Lab unterstützt die Entwicklung von Computerspielen mit agilen Methoden.
Z AHL
DER
S TUDIENPLÄTZE , S TUDIENDAUER
Die vorgesehene Regelstudienzeit im Bachelor umfasst sechs Semester, in denen 180 Leistungspunkte zu erwerben sind. Aufgrund des großen Praxisangebots, eines Auslandsaufenthalts oder umfangreicher Praktika verlängern jedoch viele Studierende ihre Studienzeit um ein oder zwei Semester. Der Master kann innerhalb von zwei Jahren mit 120 Leistungspunkten abgeschlossen werden. Die Anzahl der Studienplätze ist grundsätzlich nicht beschränkt. Es gibt daher auch keinen Numerus Clausus, bei dem eine im bundesweiten Vergleich wenig aussagekräftige Abiturnote allein über den Zugang zum Studium entscheidet. Stattdessen vergeben wir Studienplätze im Bachelor auf der Grundlage eines Eignungsfeststellungsverfahrens, bei dem die Abiturnote lediglich zu
BA »M EDIENWISSENSCHAFT UND M EDIENPRAXIS «
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Hälfte eingeht. Die Zulassung zum Master ist ebenfalls über eine Eignungsprüfung geregelt, wobei fachrelevante Inhalte des Bachelorstudiums zur Hälfte berücksichtigt werden. Die andere Hälfte besteht in beiden Fällen aus einem ca. 15-minütigen Auswahlgespräch pro Bewerber. In diesem Gespräch wird er oder sie zu geschichtlichen und ästhetischen Sachverhalten sowie auf Basis der Bewerbungsunterlagen zu medienpraktisch-künstlerischen, zu medienästhetischanalytischen Kompetenzen sowie zu den biographischen und praxisbezogenen Hintergründen und Motivationen der Bewerbung befragt. Die Bewerberin oder der Bewerber soll nachweisen, dass sie oder er Medienproduktionen in angemessener Weise konzipieren, planen und gestalten, sowie Medienerlebnisse in angemessener Weise reflektieren, beschreiben und diskutieren kann. Ziel des Gespräches ist es, medienpraktisch-künstlerische und medienästhetisch-analytische Kompetenzen und Entwicklungspotenziale zu ermitteln. Und während im Bachelor sowohl Film, Fernsehen und Sound als auch Computerspiele relevante Prüfungsbereiche sind, konzentrieren wir uns im Master auf die digitalen Spiele. In einem Eignungsverfahren werden, im Gegensatz zu einer Leistungskontrolle, nicht nur die vorhandenen Kompetenzen bewertet, sondern auch das Potenzial der Kandidatinnen und Kandidaten beurteilt, diese Kompetenzen in Zukunft aufzubauen. Dies ist einer der Gründe dafür, dass ein solches Verfahren nicht schriftlich durchgeführt werden kann, sondern der pädagogischen Urteilskraft erfahrener Dozentinnen und Dozenten bedarf. Die Beurteilung der Prüfungsleistung der Kandidaten erfolgt auf Grundlage des Gesprächs unter Berücksichtigung der von ihnen eingereichten Unterlagen sowie den biografischen und praxisbezogenen Hintergründen ihrer Bewerbung. Dies bedeutet, dass ältere und erfahrenere Kandidaten anders beurteilt werden als Schülerinnen und Schüler. Auch sind die Anforderungen im Bachelor und im Master unterschiedlich. Für den Bachelor erwarten wir vor allem Reflexionsbereitschaft und erste praktische Erfahrungen; da Medien kein Schulfach sind, geht es weder um Faktenwissen noch um das Lösen irgendwelcher Aufgaben. Bewerber überzeugen hier mehr durch ihre Persönlichkeit als durch Schulnoten oder Mappen. Im Master ist es hingegen vorteilhaft, wenn der Bachelor zumindest eines der beiden Fächer Medienwissenschaft oder Informatik zum Inhalt hatte. Dabei sind wir uns bewusst, dass die Kombination von medienwissenschaftlichen und informatischen Kompetenzen in Verbindung mit Grundkenntnissen
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im Game Design selten ist. Wer aber motiviert und grundsätzlich geeignet ist, bekommen die Gelegenheit, fehlende Kompetenzen in propädeutischen Modulen innerhalb des ersten Studienjahrs nachzuholen. Auch sind die Dozentinnen und Dozenten sowohl in der Medienwissenschaft als auch in der Informatik darauf vorbereitet, es nicht in jedem Kurs mit grundständig ausgebildeten Spezialisten zu tun zu haben. Im Bachelor wie im Master gilt eine Zusage auch bei Studienaufnahme in einem anderen Jahr, sofern sich Inhalt und Ziel des Studiengangs bis dahin nicht so wesentlich geändert haben, dass die Eignung nicht mehr auf Grund der zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführten Eignungsfeststellung nachgewiesen werden kann. Zu beachten ist aber, dass eine Aufnahme des Studiums in beiden Studiengängen nur zum Wintersemester möglich ist.
U NIVERSITÄT B AYREUTH Die Universität Bayreuth gehört heute zur Spitzengruppe der jungen Universitäten und belegt im weltweiten Ranking »100 under 50« des Wissenschaftsmagazins Times Higher Education eine Top-Platzierung. Dieses Ranking ermittelt weltweit die 100 besten Universitäten, die vor weniger als 50 Jahren gegründet wurden. Als kleine und feine Campusuniversität legt sie den Fokus nicht auf Wachstum, sondern konzentriert sich auf den Ausbau einer Qualitätsinfrastruktur. Dabei setzt die Universität Bayreuth auf disziplinäre Schwerpunkte und vielfältige interdisziplinäre Verknüpfungen auf hohem Niveau.
L INKS Alle relevanten Informationen zur Computerspielausbildung stehen auf http://computerspielwissenschaften.uni-bayreuth.de/
BSc »Games Engineering« Universität Würzburg M ARC E RICH L ATOSCHIK , S EBASTIAN VON M AMMEN Games Engineering ist die Triebfeder für Innovation und Kreativität digitaler Inhalte.
M ISSION S TATEMENT Computer- und Videospiele spielen schon jetzt eine wichtige wirtschaftliche Rolle und der dazugehörige Markt wächst weiter. Die Kombination aus positiven emotionalen Erlebnissen, der individuellen Anpassung von Spieleinhalten und neusten technischen Möglichkeiten, um in virtuelle Welten einzutauchen, führt derzeit zu einer Revolution des Mediums Computer- und Videospiele. Der Studiengang Games Engineering (B.Sc.) in Würzburg vermittelt die wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse zur Entwicklung heutiger stateof-the-art Computerspiele. Diese verwenden ein breites Spektrum informatischer Technologien für z.B. die Analyse von Benutzereingaben, die Simulation virtueller Spielwelten oder die Synthese von verschiedenen Ausgabekanälen in Echtzeit. Die dabei benötigten informatischen Fähigkeiten sind äußerst umfangreich, insbesondere unter dem Aspekt zukünftiger Generationen von Serious und Immersive Games. Durch einen erfolgreichen Abschluss ist man entsprechend als exzellent ausgebildete/r Fachexperte/-in mit fundierten Informatikkenntnissen ausgewiesen. Nicht nur in der Games Industrie steigt der Bedarf an derart ausgebilde-
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tem Personal. Man kann einen klaren allgemeinen Trend zu interaktiven Anwendungen in vielen Branchen und Industriefeldern erkennen - ob in der Unterhaltungsindustrie, der Architektur, der Medizin, im Kommunikationssektor, im Automotive Bereich, in Luft- und Raumfahrt, im industriellen Design und Engineering oder im Bereich Sales und Marketing: verschiedenste Gewerbe und Dienstleister setzen verstärkt auf die Möglichkeit, relevante Inhalte interaktiv zugänglich zu machen. Die hierbei benötigten Kompetenzen und Fähigkeiten werden im Würzburger Studiengang Games Engineering durch eine Kombination innovativer Methoden und Inhalte vermittelt. Zusätzlich legt der Bachelorstudiengang auch den Grundstein für weiterführende akademische Programme, wie zum Beispiel für die Masterstudiengänge Informatik und Human-Computer Interaction an der Universität Würzburg. Seit März 2018 ist es hier möglich, im Masterstudium Informatik einen Schwerpunkt Games Engineering zu wählen, der sich insbesondere durch die Game Research Labs auszeichnet – projektorientierter Kurse mit hohem wissenschaftlichen Anspruch.
B ESONDERHEITEN
IN
W ÜRZBURG
Die Besonderheiten des Studiums in Würzburg sind aktuelle Schwerpunkte wie Immersive Games oder hochgradig interaktive multimodale Systeme im Social, Serious oder Mixed Reality Gaming, eine intensive praktische Umsetzung der Lehrinhalte sowie eine Anbindung sowohl an starke internationale industrielle Partner wie Ubisoft und Bluebyte ebenso wie an regionale Studios aus der Independent-Szene. Das stringente Studienprogramm fordert und fördert die Studierenden durch eine umfassende sowohl wissenschaftlich fundierte wie gleichermaßen anwendungsbezogene Ausbildung. Das Studium Games Engineering baut dabei auf einer soliden informatischen Ausbildung auf. Neben den notwendigen anwendungsspezifischen Kompetenzen werden informatische Kenntnisse in einem spannenden Anwendungsfeld vermittelt. Die umfassende Ausbildung erschließt darüber hinaus über verschiedene weiterqualifizierende Masterprogramme eine Öffnung für alternative informatiknahe Tätigkeitsbereiche. Die enge Verzahnung von Theorie und Praxis liegt dem Konzept des Würzburger Bachelorstudiums Games Engineering zugrunde. Ab dem ersten Semester werden im sogenannten Game Lab erlernte Konzepte praktisch und
BSC »G AMES ENGINEERING «
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kreativ umgesetzt. Hierbei entwickeln Studierende ab den ersten Semestern eigene Spiele. Parallel erhalten die Studierenden das notwendige theoretische und methodische Wissen über eine fundierte Ausbildung in den Grundlagen der Informatik und Mathematik.
G AMES E NGINEERING Typische Produkte, die Früchte der Arbeit eines Game-Engineering-Professionals, sind Technologien und Softwaresysteme, die interaktive Inhalte möglich machen. Darunter fallen zum einen sogenannte spezialisierte Engines (Subsysteme) beispielsweise für die graphische Darstellung der Spielwelten, die physikalische Simulation, die Künstliche Intelligenz oder die effiziente Kommunikation großangelegter Onlinegames (bspw. MMORPGs). Zum anderen beinhaltet es integrierte vollständige Game Engines, die EntwicklerInnen oder DesignerInnen weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten für die Realisierung von Games und interaktiven Simulationen ermöglichen. Die Unterstützung bei der Gestaltung, Erzeugung und Aufbereitung spezieller Inhalte und deren interaktiver Verknüpfung definiert die dritte Herausforderungen für Games Engineers. Zum Beispiel können graphische Editoren oder visuelle Programmier-/Skriptsprachen die Schaffung verschiedenster interaktiver Inhalte drastisch vereinfachen, man denke bspw. an Dialogsysteme, mit Hilfe derer Game DesignerInnen komplexe Handlungsstränge für Adventure Games entwerfen können oder an Plugins für die Generierung graphischer Repräsentationen abwechslungsreicher Spielewelten. Realisiert werden Engines, Tools und Plugins durch ausgeklügelte, teils hoch spezialisierte Software Design Patterns und Algorithmen. Games Engineering beinhaltet Entwurf, Entwicklung und Verbesserung von Algorithmen, Engines, Plugins, Tools und Entwurfsmustern zur Realisierung interaktiver Spiele und Systeme unter Benutzung aktueller informatischer Methoden.
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S TUDIENSCHWERPUNKTE Die aktuellen wissenschaftlichen Schwerpunkte des Studiums Games Engineering an der Universität Würzburg liegen insbesondere in den Bereichen Modellierung und Simulation, Softwarearchitekturen, Multimodalität sowie Immersion für Serious, Social und Mixed-Reality Games. Das Lehrpersonal an der Universität Würzburg verfügt über international ausgewiesene Fachkenntnisse in diesen Bereichen und bietet entsprechende Seminare, Projekt- und Abschlussarbeiten an. Die konkreten Themenstellungen werden durch den state-of-the-art in Wissenschaft und Technik oder durch vielversprechende Trends in der Games Branche motiviert. Aktuelle Themen befassen sich beispielsweise mit prozeduraler Generierung virtueller Welten, Open-World Environments für künstliches Leben und künstliche Intelligenz, echtzeitfähige Simulationsmodelle und Softwarearchitekturen, Kommunikation in virtuellen Welten oder mit der technischen Gestaltung der digitalen Spieleregos als Avatare und deren Auswirkung auf das Spielerleben.
A UFBAU
UND I NHALTE DES
S TUDIUMS
Abbildung 1 (Studienverlaufsplan) zeigt den grundlegenden Aufbau des Studiengangs auf einen Blick. Die Studiendauer beträgt sechs Semester. Während dieser Zeit wird insgesamt eine Studienleistung von 180 Credit Points erbracht. Die Einschreibung erfolgt stets zum Wintersemester. Eine Grundlagenorientierungsprüfung und eine Kontrollprüfung unterstützen die Studierenden dabei, das Studium zielgerichtet zu absolvieren. Sämtliche Pflichtkurse sind hochgradig relevant für den Bereich Games Engineering, die Angebote des Wahlpflichtbereichs ermöglichen eine weiterführende Spezialisierung.
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Abbildung 1:
Quelle: Eigene Abbildung
Game Labs Game Lab Kurse finden durchgängig über das gesamte Studium hinweg statt. Darin werden über individuelle Projekte vielschichtige Kompetenzen von
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hohem Stellenwert für weiterführende Studien und Karrieren in der Wirtschaft erlernt. Neben extensiven Programmiererfahrungen und der Verwendung und der Weiterentwicklung von state-of-the-art Technologien werden dabei auch Einfallsreichtum, Teamarbeit und professionelle Kommunikation gefördert. In den ersten beiden Semestern bildet die Exploration und Anwendung von Games Engineering Technologien den Fokus. Dabei wird der gesamte Entwicklungszyklus für PC-, Konsolen- oder Mobile Games durchlaufen. Untermauert wird das erlernte Wissen über Design und Entwicklung durch wissenschaftlich fundiertes Playtesting, das maßgeblich den Erfolg interaktiver Anwendungen ausmacht. Im zweiten Jahr verschiebt sich der Fokus im Game Lab von Spieledesign und –entwicklung hin zur Konzeption und Realisierung von Tools und Engines, die eine Entwicklung moderner interaktiver Systeme und Games erst möglich machen. Schließlich werden die entwickelten Engines und Tools in den letzten beiden Game Lab Semestern integriert, um die Herausforderungen komplexer Softwarearchitekturen zu meistern - sowohl bezogen auf die Organisation des Softwarecodes und der Berechnungsprozesse als auch hinsichtlich adäquater Schnittstellen für die Anwender. Zusammen mit den anderen Kursen des Curriculums bieten die Game Labs eine einzigartige Möglichkeit, profundes Game-EngineeringWissen und entsprechende Fertigkeiten zu entwickeln. Neben der Vermittlung klar definierter Lerninhalte fördern die Game Labs in hohem Maß die individuellen Interessen der Studierenden bei der Konzeption und Umsetzung der einzelnen Projekte. Informatische Grundlagen Von Beginn des Studiums an werden ab dem ersten Semester parallel zu den Game Labs die Grundlagenkurse aus der Informatik und Mathematik belegt. Dazu zählen die Module Mathematik 1 und 2, Algorithmen und Datenstrukturen, Einführung in die Programmierung sowie Softwaretechnik. Theoretisch fundiert vermitteln diese Kurse universelle Konzepte und Methoden für den Innovations- und Produktionsalltag. Sie sind bereits in der Konzeptphase eines Game-Engineering-Projekts unverzichtbar und ermöglichen den Studierenden die eigentliche technische Realisierung.
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Interaktive Systeme Eine weitere Reihe an Kursen (dritten und vierten Semester in Abbildung 1/Studienverlaufsplan) fokussiert sich stark auf Methoden und Technologien rund um interaktive Systeme. Fundierte Kenntnisse, um Schnittstellen zwischen Anwendung und Anwender zu entwickeln und zu bewerten, werden in dem einführenden Kurs Grundlagen für Mensch-Computer-Interaktion vermittelt. Der zunehmenden Vernetzung von interaktiven Anwendungen und Games sowie der technologisch stetig an Bedeutung gewinnenden parallelen Datenverarbeitung wird in dem Kurs Netzwerk- und parallele Programmierung Rechnung getragen. In dem Kurs Asset Development rücken visuelle Inhalte, mit denen sich die Anwender und Gamer auseinandersetzen, in den Vordergrund. Neben der graphischen Modellierung und Animation wird in diesem Kurs beispielsweise auch auf die automatische Generierung von Modellen und auf echtzeitphysikalische Grundlagen eingegangen, die hochgradig dynamische Inhalte ermöglichen. In Games und zunehmend auch in anderen interaktiven Anwendungen und Simulationen wird erwartet, dass sich virtuelle Charaktere plausibel verhalten, bspw. dass militärische Bodeneinheiten den kürzesten Weg zu einem Ziel abfahren oder dass ein Nicht-Spieler-Charakter einen vielschichtigen und zielgerichteten Dialog führen kann. Da diese Verhalten meist von der jeweiligen Situation abhängen, müssen plausible Entscheidungen in kürzester Zeit berechnet werden können. Im Kurs Interaktive Künstliche Intelligenz werden Methoden gelehrt, um diese Anforderungen erfüllen zu können. Nicht nur Verhalten virtueller Charaktere sondern auch die visuelle Darstellung von Inhalten muss in Echtzeit erfolgen und unmittelbar auf die Eingaben des Gamers reagieren. Im Modul Interaktive Computer Graphik wird gelehrt, welche Methoden und Techniken bei der Simulation von Licht-Material Effekten zum Einsatz kommen, wie man Objekte und deren Eigenschaften mathematisch beschreibt, wie man Animationen erzeugt, welche Verarbeitungsstufen dabei auf aktuellen Graphikkarten durchschritten werden und wie man diese Prozesse effektiv an die eigenen Vorstellungen anpasst. Wahlfreiheit Bereits im dritten Semester bietet das Seminar zu aktuellen Trends im Games Engineering den Studierenden die Möglichkeit, sich intensiv mit aktuellen
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Forschungsfragen auseinanderzusetzen, die von großem individuellen Interesse sind. Das wissenschaftliche Arbeiten steht dabei im Vordergrund: Um konkrete Probleme bestmöglich zu lösen, lernt man, sich anhand der wissenschaftlichen Recherche einfach und gezielt eines reichen Erfahrungs- und Wissensschatzes zu bedienen. Dazu gehört auch, die Rechercheergebnisse systematisch aufzubereiten und zu präsentieren. Methodisch (und potentiell je nach Interesselage auch inhaltlich) dient das Seminar als Vorarbeit zur Bachelorarbeit (BA). In der BA kann der Studierende abermals ein bestimmtes Thema auswählen, das nun wissenschaftlich recherchiert und bearbeitet wird. Die Wahl einer interessanten Tätigkeit und Stelle im Rahmen des notwendigen berufsorientierenden Praktikums, einer weiteren allgemeinen Schlüsselqualifikation im allgemeinen Bereich der Universität sowie die Belegung der Wahlpflichtfächer bieten darüber hinaus einen großen Spielraum für individuelle fachliche und inhaltliche Schwerpunkte und Weiterentwicklung.
M ETHODIK
UND
D IDAKTIK
Um dem hohen Betreuungsaufwand im Games Engineering gerecht zu werden, wird ein großer Teil projektbasierter Kurse ausgewiesen. Damit wird zudem sichergestellt, dass die Umsetzung des gelehrten Wissens eine große Rolle spielt. Üblicherweise werden in diesen Kursen allgemeine inhaltliche und formelle Rahmenbedingungen für Projektarbeiten festgelegt, innerhalb derer sich die Studierenden frei entfalten und ihren individuellen Interessen in hohem Maß nachgehen können. Diese Herangehensweise hat sich bereits vielfach bewährt und erfreut sich bei den Studierenden hoher Beliebtheit. Lernspiralen Durch den Bezug auf geschichtliche Entwicklungen eines Fachgebiets und die Leistungen einzelner Wissenschaftler und Forschungsgruppen werden Kontext und Motivation der gelehrten Thematiken vermittelt und persönliche Bezüge hergestellt. Dem Prinzip von Ursache und Wirkung über die Zeit hinweg folgend, können so inhaltliche Spiralen bis zum Ende eines Kurses aufgebaut werden.
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Weitreichender Diskurs Die aktive Mitgestaltung der Studierenden wird in Präsentations- und Feedbackrunden gezielt gefördert. Schriftliche Ausarbeitungen bieten sich an, um Elemente aktueller Flipped-Classroom-Ansätze in der Lehre zu verankern. Dabei reflektieren die Studierenden ihre Projektarbeiten im Lichte verschiedener Lehrinhalte. Beiträge externer Spezialisten aus der Games Branche oder verwandter wissenschaftlicher Bereiche, extracurriculare Fortbildungen wie Design-Thinking-Workshops des Zentrums für Digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken und Exkursionen runden die Lerninhalte ab. Abhängigkeiten der Studieninhalte Die mit jeweils 15 und 35 ECTS-Punkten im ersten und dritten Fachsemester nachzuweisenden Leistungen im Rahmen der Grundlagenorientierungs- und der Kontrollprüfung in den Grundlagenfächern gewährleisten einerseits, dass die Studierenden sich zügig orientieren und ein wichtiges wissenschaftliches Fundament aufbauen. Andererseits kann von Anfang an ein wesentlicher Teil der Studienzeit in Games-bezogene Kurse investiert werden. Schritt für Schritt gereichen die Game Lab-Kurse als Integratoren für die weiterentwickelten Inhalte. Die Kurse rund um interaktive Systemtechnologien, sowie die Wahlinhalte dienen der Spezialisierung im Games Engineering. Die vorausgehenden Informatikkurse sind eine wichtige Grundlage, um diese Inhalte vollständig zu erfassen und zu internalisieren.
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S TUDIENPLÄTZE , A UFNAHMEVERFAHREN
Der neue gegründete Studiengang nimmt derzeit jährlich ca. 40 neue Studierende auf. So werden eine umfassende Betreuung und ein optimaler Zugang zu Arbeitsmaterialien und notwendiger Technik gewährleistet. Bei drei Jahren Regelstudienzeit ergibt sich daraus eine Anzahl von rund 100 Studierenden im Studiengang Games Engineering (B.Sc.). Durch diese bewusste Einschränkung bei der Anzahl der Studierenden ergibt sich eine kompetitive Zulassungsbeschränkung, die über den Numerus Clausus (NC) geregelt wird.
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D URCHFÜHRUNG Die Einführung des Studiengangs ist Teil des Programms »Digitaler Campus Bayern« der Initiative »Bayern Digital«, welche vom Bundesland Bayern 2014 ins Leben gerufen wurde. Games Engineering ist einer der Studiengänge des Instituts für Informatik, das derzeit aus neun Lehrstühlen und insgesamt 18 Professoren und Professorinnen besteht. Der Lehrstuhl Informatik IX für Mensch-Computer-Interaktion ist federführend für den Studiengang Games Engineering verantwortlich. Die Game-Lab-Kurse werden von Sebastian von Mammen (Leiter der Arbeitsgruppe Games Engineering) zusammen mit seinem Team durchgeführt. Marc Erich Latoschik (Inhaber des Lehrstuhls IX und Leiter der Arbeitsgruppe Human-Computer Interaction) und sein Team lehren insbesondere im Bereich der interaktiven Systeme. Arbeitsgruppe Games Engineering Mit einem Forschungsschwerpunkt auf interaktiven echtzeitfähigen Simulationen hat Sebastian von Mammen eine Vielzahl von inter- und multidisziplinären Projekten begleitet, mit der Biologie, der Medizin, der Kunst, der Architektur und anderen Bereichen. Die resultierenden Arbeiten erstrecken sich über ein großes Forschungsspektrum über die Anwendungsfälle hinaus - von echtzeitphysikalischen Berechnungsmodellen über Serious Games zu komplexen Systeme bis Studien zur Simulatorkrankheit. Durch Innovation und zielgerichtete Forschungsmethodologien wurde bereits eine Vielzahl seiner Arbeiten international ausgezeichnet. Spezielle Themen, die von Mammen und sein Team erforschen, beinhalten die Prozedurale Generierung von Inhalten, Künstliches Leben, Künstliche Intelligenz & Maschinelles Lernen sowie immersive Programmierung. Der inhaltliche Fokus liegt auf Serious Games, Technologien für Videospiele sowie interaktiven Simulationen bspw. in den Bereichen selbstorganisierte Konstruktion und Entwicklungsbiologie. von Mammen wurde vielfach international für seine Arbeiten ausgezeichnet und hat bei mehreren Firmenausgründungen im Bereich interaktiver Anwendungen maßgeblich mitgewirkt.
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Arbeitsgruppe Human-Computer Interaction Marc Latoschik forscht und lehrt seit über 25 Jahren im Bereich hoch interaktiver multimodaler intelligenter Systeme. Er ist Mitgründer und war langjähriger Sprecher der Fachgruppe Virtuelle und Erweiterte Realität der Deutschen Gesellschaft für Informatik. Er engagiert sich intensiv auf einschlägigen nationalen wie internationalen wissenschaftlichen Konferenzen und hat eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu relevanten Themen rund um interaktive Systeme, multimodale Schnittstellen, Softwarearchitekturen, Echtzeitsysteme, Gamification, Avatare und zu verschiedenen weiteren Themenschwerpunkten der Virtual, Mixed und Augmented Reality vorzuweisen. Über seine Lehrtätigkeit in Bielefeld und seine Professuren in Berlin, Bayreuth und jetzt als Inhaber des Lehrstuhls für Mensch-Computer-Interaktion der Universität Würzburg hat Eric Latoschik kontinuierlich an den jeweiligen Standorten themenrelevante Module im Bereich Games-Engineering angeboten. Er ist verantwortlich für die Planung und Realisierung des Studiengangs Games Engineering an der Universität Würzburg und sein Team spielt eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung und Durchführung des Games-Curriculums in Würzburg.
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DER I NSTITUTION
Die Julius-Maximilians-Universität Würzburg wurde 1402 erstmals gegründet und ist damit weltweit eine der ältesten Universitäten. Als Volluniversität ist sie in einem sehr breiten Spektrum von Disziplinen, insbesondere in den Lebens-, Natur- und Geisteswissenschaften sehr gut aufgestellt. Daher bieten sich für Studierende vielfältige interdisziplinäre Betätigungsfelder. In den vergangenen Jahren hat die Universität Würzburg ihre Wissenschaftskompetenz besonders in der Forschung unter Beweis gestellt. So ist sie beispielsweise im Förder-Ranking der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) regelmäßig in der Spitzengruppe zu finden. Durch ein umfassendes Netzwerk von Partneruniversitäten (beispielsweise im Rahmen des ERASMUSProgramms) ermöglicht die Universität den regen Austausch von Studierenden und Lehrenden aus einer Vielzahl von Ländern.
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L INKS Website des Studiengangs Games Engineering an der Universität Würzburg (Letzter Zugriff 10. Juni, 2018.): http://games.uni-wuerzburg.de Website des Lehrstuhls Mensch-Maschine-Interaktion an der Universität Würzburg (Letzter Zugriff 10. Juni, 2018): https://www.hci.uni-wuerz burg.de
BA/BSc »Interaktive Medien« Hochschule Augsburg J ENS M ÜLLER , T HOMAS R IST
Ähnlich wie im 1996 etablierten Studiengang Multimedia wird es ab Wintersemester 2018/19 erneut möglich sein, das Studium mit Schwerpunkt Informatik (als Bachelor of Science) oder Gestaltung (als Bachelor of Art) abzuschließen. Vor allem aber kann unabhängig davon ein inhaltlicher Schwerpunkt in Game Development gesetzt werden. Das Studium beginnt mit einer umfangreichen Vermittlung fachspezifischer Grundlagen. Auf diesem Fundament können anschließend Seminare und Projekte zur Programmierung von Games, zu Game Art und Game Design als Studienschwerpunkt Game Development gewählt werden. Tabelle 1: Struktur des Bachelorstudiengangs ab 2018 1
2
Grundlagen
3
4
Schwerpunkt
Design
Interaktion Theorie
3D
Bewegtbild
Theorie
Schwerpunkt Gamedesign
5
Zentrales Projekt (Spielentwicklung
Informatik Web Programmierung
Projekt
Quelle: Eigene Tabelle
Projekt
7
Vertiefung
Schwerpunkt GameenUsability gineering
Programmierung
6
Projektechnik
Praxissemester
Wirtschaft und Gesellschaft Bachelorarbeit Bachelorprojekt
504 | JENS MÜLLER, THOMAS RIST
Im zentralen Medienprojekt mit Co-Teaching von Informatik- und Designdozenten werden in Augsburg seit Beginn des Studienprogramms Prototypen für Spiele, oft in Kooperation mit Partnern aus Kultur und Industrie, entwickelt und anschließend öffentlich vorgestellt. Curriculum Gamedesign im Bachelorstudiengang Im Bachelorstudiengang Interaktive Medien werden vor allem bis zum dritten Semester Grundlagen unterrichtet, aber auch hier gehören häufig spielspezifische Themen zu den Übungsaufgaben. Ab dem 4. Semester können Studierende derzeit über Wahlpflichtfächer einen Schwerpunkt in der Spielentwicklung verwirklichen. Dabei geht es im 4. Semester vor allem um den Workflow für das Erstellen von Low-Poly-Objekten und deren Einbindung in eine zeitgemäße Game-Engine. Nach dem Praktikum kann im 6. Semester im Rahmen eines umfangreichen Medienprojekts eine Spieleentwicklung in Angriff genommen werden. Dabei organisiert sich ein Team von 7 bis 10 Studierenden als Entwicklungsstudio, das gemeinsam ein Spielkonzept entwirft, Level und notwendige Assets erstellt und einen spielbaren Prototyp implementiert. Mit der Umstellung auf eine neue Studienstruktur ab Wintersemester 2019 kann Spieledesign bereits ab dem 3. Semester als gestaltungsspezifischer oder informatikorientierter Studienschwerpunkt gewählt werden.
S PIELENTWICKLUNG AN DER H OCHSCHULE A UGSBURG Spiele als interaktive Medienformate Bereits 1996 wurde von den Fakultäten für Gestaltung und Informatik der Studiengang »Multimedia« gegründet. Damit war der erste öffentliche bayerische Studiengang eingerichtet, der explizit Projekte zur Spielentwicklung anbot. 2006 wurde der Studiengang vom Diplom auf den Bachelorabschluss umgestellt und auf das Themenfeld »Interaktive Medien«1 neu justiert. Mit
1
Siehe S. 503 in diesem Band.
BA/SC »I NTERAKTIVE M EDIEN «
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der für 2018 geplanten Revision des Studiengangs wird eine gezieltere Schwerpunktbildung von Studierende unterstützt. Studierende können dann ab dem dritten Semester aus dem Angebot an unterschiedlichen Fachgebieten nach ihren Interessen wählen und dabei einen Abschluss entweder in Informatik oder Gestaltung anstreben. Seit 2006 wird ebenfalls der Masterstudiengang »Interaktive Mediensysteme«2 mit der Studienrichtung Game Development angeboten. Beide Studiengänge werden von den Fakultäten für Gestaltung und Informatik gemeinsam getragen und die Projekte zum Teil von Dozenten aus beiden Fakultäten gemeinsam unterrichtet. Zulassungsvoraussetzung für beide Studiengänge ist u.a. eine Eignungsprüfung mit logischen und künstlerischen Aufgaben. Das Bachelorstudium beginnt mit einem anspruchsvollen Grundlagenprogramm sowohl in Gestaltung als auch in Informatik. Dies garantiert, dass im weiteren Verlauf komplexe Projekte erfolgreich realisiert werden können. Ob Webapplikationen, mobile Kommunikation, Installationen, Animation oder eben Computerspiele – Studierende wählen ihre Projekte nach ihren eigenen Interessen. Der Studiengang steht in der langen Tradition künstlerischer Ausbildung an der Hochschule3 und versucht daher, den eigenständigen Stil der Studierenden zu fördern. Dabei wird großer Wert auf Teamarbeit gelegt. Die Studierenden werden so befähigt, die eigenen Begabungen, Erfahrungen und das erworbene Wissen ergebnisorientiert und kooperativ einzusetzen. Computerspiele werden an der Hochschule Augsburg als künstlerisch offenes und innovatives Medium verstanden, um eigene Welten zu erschaffen und darin einzutauchen. Bildende Kunst und Literatur eröffnen diese Möglichkeiten von jeher - Theater, Film, Animation und VR stellen wirkungsmächtige Techniken bereit, sowohl der Realität nachgestellte als auch selbst erdachte Wirklichkeiten immersiv erlebbar zu machen. Aber erst mit dem Computerspiel können wir selbst Teil dieser Welten werden, aktiv eingreifen und uns als handelnde Akteure in den Werken spielerisch bewegen. Unsere Wahrnehmung wird immer stärker medial geprägt. Daran haben Computerspiele einen wachsenden Anteil. Umso wichtiger sind die Inhalte
2
Siehe S. 593 in diesem Band.
3
Krämer, Margaretha/Kunert, Andreas.: »Die 300-jährige Tradition der Augsburger Fakultät für Gestaltung«, in: Jens Müller, Tradition und Aufbruch, Augsburg: Hochschule Augsburg 2010.
506 | JENS MÜLLER, THOMAS RIST
und Handlungsmuster, die von Spielen in die Gesellschaft getragen werden. Dazu nutzen wir verschiedene Formate, angefangen bei Serious Games, die übergeordnete Lernziele in einen spielerischen Kontext einbetten sowie Gamification-Ansätze, die Lernkontexte mit Prinzipien und Elemente des Gamedesigns erweitern. Nicht zuletzt bewirken aber auch viele als reine »Fun Games« konzipierte Spiele Lerneffekte, mögen diese auch verborgen sein und vordergründig absichtslos erscheinen. Bereits über die der Erstellung eines Spielekonzepts festzulegende Themenstellung und der damit einhergehenden Recherche erweitern die Studierenden in der Regel ihren Wissenshorizont. In einer Spielewelt implementierte Regelwerke machen komplexe Handlungsabläufe erfahrbar und fördern Entscheidungskompetenz zu verfügbaren Handlungsoptionen. Die Narrationsfäden und Interaktionsformen sind deshalb nicht nur ein spannendes Betätigungsfeld, sondern auch eine gesellschaftlich verantwortungsvolle Aufgabe für Spielentwickler.4 Vielfalt der Berufsfelder Im praxisnahen Studium konzipieren und entwickeln die Studierenden Spiele und erkunden dabei neue Formen für Storytelling, 3D-Gestaltung, Interfaces, Navigation und Benutzererlebnis. Die Prinzipien der Spielentwicklung können als ein Universalwerkzeug für aktuelle Designherausforderungen genutzt werden, ebenso entwickeln sich Game Engines immer mehr zu Universalwerkzeugen. Dies im Blick, wird an der Hochschule Augsburg Spielentwicklung nicht nur als branchenorientierte Ausbildung verstanden, sondern gleichzeitig als zukunftsweisendes und entwicklungsfähiges Medium mit einem breit gefächerten Spektrum an Einsatzmöglichkeiten. Computerspiele sind eine Wachstumsbranche, allerdings in einem unübersichtlichen Arbeitsmarkt. Zwar sind einige Absolventen inzwischen bei renommierten Entwicklerstudios tätig, das regionale Umfeld (Metropolregion München) ist aber eher durch eine erfolgreiche kreative Indie-Szene geprägt. Deshalb verfolgt die Augsburger Hochschule das Ziel, die Absolventen für einen sich rasant wandelnden Arbeitsmarkt auszubilden, in dem zwar Spielentwicklung die Königsklasse sein mag, die tatsächliche Nachfrage
4
Bundesregierung Deutschland: »Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD« (2013), https://www.bundesregierung.de/Co ntent/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf
BA/SC »I NTERAKTIVE M EDIEN «
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nach Absolventen aber vor allem in angrenzenden Bereichen wie z.B. im Prototyping, in Echtzeitvisualisierung und kombinierten Formaten liegt. Die gute Beschäftigungssituation der Metropolregion München bietet den Absolventen vielfältige Möglichkeiten zum Berufseinstieg in die Kreativbranche. Spielentwicklung Trotz unterschiedlicher Anforderungen an die Spielentwicklung, wegen sich ständig weiterentwickelnder Formate und der sich immer stärker vermischende Genres lassen sich allgemeine Prinzipien formulieren, die eine gelungenes Spielerlebnis unterstützen.5 Die Gestaltung von Spielen ist benutzerorientiert auf das Spielerlebnis ausgerichtet. Das Spieledesign kann auf unterschiedlichen Ebenen Strukturen etablieren, mit denen die verschiedenen Motivationen von Spielern unterstützt werden. Den drei Spielermotivationen nach Yee6 lassen sich spezielle Spieleprinzipien zuordnen. Der Motivation, Achievements zu erreichen, entspricht die Designaufgabe, anspruchsvolle aber dennoch zu bewältigende Herausforderungen anzubieten. Der Motivation, in immersive Räume einzutauchen, kann mit grafischer und narrativer Vielfalt und offenen Welten begegnet werden. Die soziale Motivation kann mit Elementen im Spiel (Dialogsysteme, Foren) und außerhalb des Spielerlebnisses (z.B. mit flankierenden Veranstaltungen) gefördert werden. Zentrales Element der Spielentwicklung ist eine ausbalancierte Spielemechanik. Eine geeignete Methodik dafür ist z.B. das MDA-Framework7, das Struktur, Verhalten und Wirkung aufeinander bezieht. Sofortige und verständliche Rückmeldungen auf Spieleingaben etablieren ein interaktives System, das für die Spielerin oder den Spieler eine stete Ansprechbarkeit
5
Vgl. z.B. Schell, Jesse: Die Kunst des Game Designs – Bessere Games konzipieren und entwickeln, Heidelberg: mitp-Verlag 2012 (2008); Rogers, Scott: Level Up! The Guide to Great Video Game Design, Chichester: Wiley-VCH 2010.
6
Yee, Nick: »Motivations for play in online games«, in CyberPsychology & Behavior, 9(6) (2006), S. 772–775.
7
Hunicke, Robert/LeBlanc, Marc/Zubek, Robert: »MDA: A Formal Approach to Game Design and Game Research«, in: Proceedings of the Challenges in Games AI Workshop, Nineteenth National Conference of Artificial Intelligence (2005), http://www.cs.northwestern.edu/~hunicke/MDA.pdf
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vorhält, die im realen Leben nicht selbstverständlich ist. Spiele können im geschützten Bereich des »als ob« ohne ernsthafte Konsequenzen und Sanktionen einen Testraum eröffnen, der von einfachen Reaktionsmustern bis hin zu komplexen Spielmechaniken für geübte Spieler reicht. In Augsburg haben wir z.B. einfache spielähnliche Anwendungen für therapeutische Zwecke oder für ein Training entwickelt, bei dem bestimmte Abläufe wiederholt und optimiert werden. Andererseits können mit Hilfe von Game Engines vielschichtige Spielfolgen komponiert werden. Entscheidend ist, die Herausforderungen so zu dosieren, dass die Aufgaben bewältigbar bleiben. Werden Unterforderung als auch Überforderung vermieden, kann sich ein Flow-Erlebnis einstellen.8 Dies entspricht der pädagogischen Aufgabe, Sachverhalte nachvollziehbar aufzubereiten. Ein Feedback in Punkten, wie dies seit den frühen Arcade Games üblich ist, findet meist nur noch im Debugging-Mode statt. Subtilere Möglichkeiten, die sich an den vielschichtigen Reaktionen der physikalischen oder zwischenmenschlichen Realität orientieren, ermöglichen ein intuitiveres Spielerlebnis. Leveldesign als zentrale Instanz des Entwicklungsprozesses wird in Augsburg ein hoher Stellenwert eingeräumt. Eine große Faszination von Spielen geht von der Möglichkeit aus, den eigenen Erfahrungsraum zu erweitern. Für die Studierenden besteht die gestalterische Herausforderung, mit ökonomischem Einsatz der Mittel möglichst viel Spielerlebnis zu bieten. Die Konstruktion von Spielewelten, das Entwickeln von Charakteren, das Erfinden von Geschichten und das Komponieren des Soundtracks sind klassische Bereiche der Designlehre in Augsburg. Dabei wird immer deutlicher, dass für diese Aufgaben neben ihrer Funktion im Spiel auch selbständige Darstellungsformate gefunden werden müssen, um die kreative Leistung entsprechend würdigen und dokumentieren zu können. Spiele ermöglichen den Studierenden, ihre unterschiedlichen Talente zu entdecken und weiterzuentwickeln. Mit den herausfordernden Aufgaben, dem Entwurf von Identitäten und Wirklichkeitsebenen, werden Spiele zu einem Werkzeug für Selbstvergewisserung und der Kommunikation über Lebensverhältnisse, über Hoffnungen und Zukunftsängste. Ideen für Utopien, Dystopien und Szenarien sind zwar rasch skizziert, ihre Ausarbeitung zu einer eigenständigen und in sich schlüssigen Konstruktion
8
Scheuerl, Hans: Das Spiel. Untersuchungen über sein Wesen, seine pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen, Weinheim: Beltz 1990 (1954); Csíkszentmihályi, Mihaly: Flow, Stuttgart: Klett-Cotta 1996.
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benötigt jedoch neben einer Überprüfung von Gründen und Ereignislogik vor allem eine umfangreiche Recherche, die in Abschlussarbeiten zu prägnanten Fragestellungen zugespitzt werden sollen. Damit werden Expeditionen in die Game Studies begonnen, um die Bedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Mediums besser zu verstehen. Auch für das Einrichten immersiver Räume spielen neue technische Möglichkeiten intuitiver Benutzerführung eine wichtige Rolle - auch hier hilft die in Augsburg vertretene Expertise in den Bereichen Interfacedesign und Interaktionstechnologie sowie ein forcierter experimenteller Entwicklungsansatz. Soziale Kommunikation ist die höchste Stufe von Interaktivität. Spielen ist immer auf soziales Handeln bezogen, auch wenn es sich zurückgezogen in der technischen Sphäre vollzieht. Die Spielewelt selber reflektiert meist soziale Beziehungen - oft werden sehr grundlegend Rollen, Normen und personale Inszenierungen und Handlungsmuster angeboten. Der dreifache Wirklichkeitsbezug auf den eigenen Erfahrungshorizont, auf recherchierte aktuelle oder historische Sachverhalte und drittens auf mediale Erzähltraditionen und strukturelle Darstellungsrestriktionen konstruiert einen komplexen Kontext. Besonders das Charakterdesign ist geeignet, soziale Rollen und deren Implikationen zu exemplifizieren. Auch wenn Computerspiele ohne menschliches Gegenüber z.B. mit virtuellen oder simulierten Mitspielern ein komplexes Spielerlebnis ermöglichen, lassen sich mit Highscores, Foren, Chats und Multiplayer-Modus unterschiedliche Formen komparativer oder kooperativer Spielszenarien entwerfen. Und natürlich ist die Spieleentwicklung selbst ein soziales Ereignis. Gute Teamarbeit ist eine Grundvoraussetzung für erfolgreiche Spiele. Das Erlernen von Projekttechniken und Erproben unterschiedlicher Kooperationsformen ist Bestandteil des Curriculums. Zudem ist die Organisation von Events (Workshops, Vorträgen, Panels, Konferenzen) eine Möglichkeit, die sozialen Kompetenzen auszubauen und neue Netzwerke aufzubauen. Forschungsprojekte Fakultätsübergreifend fokussiert die Hochschule Augsburg die Forschungsschwerpunkte Ressourceneffizienz und Digitalisierung. Darin aufgehoben sind mehrere spielerelevante Forschungsschwerpunkte. Mit der parallel zur Lehre etablierten Forschung ist es möglich, spielerelevante Themen abseits der engen Semesterabläufe konsequenter zu verfolgen, einen Anschluss an
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die Game Studies zu finden und experimentell neue Formen des interdisziplinären Workflows zu ergründen. Exemplarisch seinen zwei Projekte aufgeführt, die den Themenbereich »Energie-Bildung« aufgreifen. Das BMBF-Projekt e-transform (www-e-transfor.org) z.B. entwickelt in Zusammenarbeit mit der Brandenburgisch-Technischen Universität CottbusSenftenberg ein Serious-Game zum Thema Energiewende. Abbildung 1: Figuren des Serious Games E-TRANSFORM
Quelle: e-transform (Visualisierung: Florian Pömmerl und Mike Zauner)
Dieses Spiel bildet, basierend auf einer eigenen Befragung ausgewählter Stakeholder, unterschiedliche Motivationen und Einstellungen zur Energiewende ab.9 Diese werden mittels acht Figuren visualisiert (vgl. Abb. 1). In mehreren parallelen Quests, in denen die Spielfiguren zur Zusammenarbeit bewegt werden können, wird die Relevanz des Themas Energie im Alltag und die Auswirkungen auf unseren Lebensstil deutlich. Ein weiteres Projekt (www.it4se.net) greift zur Förderung der Bildung im Bereich Energie auf Gamification zurück und wurde gemeinsam in einer Kooperation mit der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen angegangen. Die Aufgabe bestand darin, geplante Gebäude nicht nur anhand eines 3D-Models zu visualisieren und virtuell begehbar zu machen, sondern vor allem auch Zusammenhänge zwischen Gebäudearchitektur, verbauten
9
Müller, Jens et al.: »Perspektiven der Energiewende – Entwicklung eines Serious Games«, in: Christiane Hipp/Claus Kaelber/Jens Müller, (Hg.) Leitbilder für eine erneuerbare Energieversorgung, e-transform issue 2, Augsburg/ Cottbus: Augsburg University of Applied Sciences/Brandenburg University of Technology 2017, S. 78-89, www.e-transform.org
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Materialien und Gebäudenutzungsmustern aufzudecken und durch den Einsatz von Elementen des Spielens erfahrbar zu machen. Dazu zählen beispielsweise das Erkunden einer virtuellen 3D-Umgebung sowie darin ausgeführte Manipulationen. Mit dem sog. 3D-Infokit (vgl. Abb. 2) wurde ein erster Prototyp einer Lernsoftware zum spielerischen Erkunden verschiedener Energiesparmaßnahmen an Wohngebäuden entwickelt. So können beispielsweise energierelevante Eigenschaften von Wänden durch Texturen und Beleuchtungseffekte interaktiv illustriert werden oder man verwendet Partikelsysteme zur Veranschaulichung von Energieverlusten beim Lüften. Abbildung 2: Lernsoftware 3D-Infokit
Quelle: 3D-Infokit: Einem Computerspiel ähnlich, erkunden die Nutzer verschiedene Isolations- und Heizungstechniken in einem virtuellen 3D-Modell eines Gebäudes.
Konferenzen, Events und Kooperationen Aus der langjährigen und intensiven Beschäftigung mit der Entwicklung von Computerspielen heraus entstanden an der Hochschule verschiedene Initiativen, Spielkultur unabhängig von Lehre und Forschung zu etablieren. Neben zahlreichen Vorträgen und ständigen Workshops von Spielexperten, neben legendären selbst organisierten studentischen Game Jams und Game Partys war die mehrmals stattfindende Spielkonferenz GEEK, organisiert von den Studierenden Florian Krapp (Konzept, Organisation) und Nina Lawrence (Visuelle Gestaltung), ein überregional beachtetes Event. Diese Spielekonferenz war der Nukleus für die nun im November stattfindende Werkwoche/International Week, in der auch andere designrelevante Workshops statt-
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finden. 2016 gab es in diesem Rahmen ein Panel zum Thema Berufseinstieg in die Games-Branche. Mediale Beachtung über die Grenzen der Hochschule hinaus findet mittlerweile die jährlich stattfindende Sichtraum Veranstaltung (http://sichtraum.hs-augsburg.de), auf dem die Ergebnisse der Medienprojekte eines Jahrgangs präsentiert werden, wobei in der Regel mindestens die Hälfte dieser Projekte Spieleentwicklung sind oder zumindest Gamification Ansätze umfassen. Mittlerweile hat sich in Augsburg ein Netzwerk gebildet, das sehr von den Initiativen des Mediencampus Bayern profitiert hat (mit Dank vor allem an Markus Kaiser). Ein limitierender Faktor für die Entwicklung der Studienrichtung Game Design sind die personellen Ressourcen. Der Schwerpunkt wird lediglich von je einem hauptamtlichen Dozenten der Gestaltung und der Informatik getragen. Auf Seiten der Lehre ist dies derzeit vergleichsweise unproblematisch, da hier die unterschiedlichen Fachgebiete und Ansätze sehr gut ineinandergreifen und sich ergänzen. Ein weiterer Ausbau und vor allem über die Lehre hinausgehende Initiativen und eine stärkere Kommunikation der Leistungen und Erfolge sind jedoch durch fehlende personelle Mittel erschwert. Aktuelle Beispiele Computerspiele sind ein zentrales Thema sowohl im Studiengang Interaktive Medien als auch im Studiengang Interaktive Mediensysteme. Am Beispiel eines einzelnen Semesters, hier dem Sommersemesters 2017, wird die Bandbreite der spielrelevanten Arbeiten deutlich. So wurden neben kleineren Übungen in den ersten Semestern des Bachelorstudiengangs im 4. Semester in parallelen Seminargruppen zu je ca. 15 Studierenden drei Spieleprojekte bearbeitet: eine Gruppe entwickelte in mehreren kleineren Teams verschiedene Minigames für die Umweltorganisation Ecofund (www.ecofund.org), in einer zweiten Gruppe wurden Assets für ein Rennspiel durch ein dystopisches Augsburg erstellt, ein weiteres Projekt modellierte historische und fiktive Räume des Hochschulgebäudes bzw. des 1710 an gleicher Stelle mit gleichem Grundriss errichteten Gebäudes und kombinierte diese zu einem Prototypen eines VR-Rätselspiels in der Unreal-Engine. Im zentralen Projekt des sechsten Semesters entstanden zwei spielbare Prototypen mit VR-Unterstützung, das Spiel SKYLINE (siehe unten) und ein Spiel in Zusammenarbeit
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mit einem Forschungsprojekt zum autonomen Fahren, bei dem BeifahrerInnen die autonom abgefahrene Teststrecke mit VR-Brille auf Grundlage der realen Fahrdaten die Strecke als Stadtlandschaft erleben können und Hindernisse aus dem Weg räumen müssen. Im Masterstudiengang entstanden der Spieleprototyp Scared Lucy mit einem eigenen Lichtkonzept und das ActionAdventure Scavenger als Kooperationsspiel zwischen VR-Spieler und PCSpieler. Dazu entstanden eine Reihe von Charakterdesign-Studien, Spielkonzepten und Spiele als Examensarbeiten. Ein weiteres aktuelles Beispiel der Spielentwicklung an der Hochschule Augsburg ist SKYLINE, das als Teamprojekt im sechsten Semester des Bachelorstudiengangs entstand und im Juli anlässlich der öffentlichen Veranstaltung Sichtraum präsentiert wurde. Aus den Rahmenbedingungen, das Erlebnis Fliegen oder Gleiten mittels eines Gerüstes als VR-Spiel innerhalb eines Semesters zu realisieren. Zu den Aufgaben zählten eine eigenständige Konzeption, die Erstellung der Assets, die Umsetzung als Spiel, die Konfiguration des von Thomas Rist entworfenen und in den Hauswerkstätten geschweißten Stahlrohrgestells bzw. der Steuerung sowie Usability-Tests und Branding und natürlich die anschließende öffentliche Präsentation des Projektes. Abbildung 3: VR-Spiel SKYLINE
Quelle: SKYLINE; Im VR-Spiel SKYLINE bewegt man sich im immersiven Gleitflug durch die virtuelle Welt (www.hs-augsburg.de/skyline).
Im Racing-Spiel SKYLINE gleitet der Spieler in einem futuristischen Gleitflieger durch eine Megacity mit westlichen und orientalischen Stadtvierteln mit Steampunk-Elementen. Der Spieler muss, geleitet von einer vorausfliegenden Drohne, möglichst schnell ans Ziel gelangen. Dabei soll er den Gleit-
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flieger durch farbige Ringe navigieren und Hindernissen ausweichen oder abschießen. Kollisionen verlangsamen den Flug. An mehreren Stellen kann der Spieler unterschiedliche Routen durch die Straßenschluchten wählen. Während des Spiels hängt der Spieler in einem Gurtzeug und steuert über Seilzüge die Richtung des virtuellen Fluges. Wird in einem Flug der letzte Waypoint erreicht, landet der Spieler auf der Zielplattform und wird dazu aufgefordert, die Brille wieder abzunehmen. Eine besondere Herausforderung war die Steuerung. Innerhalb des Stahlrohrgestells hängen die Vive Controller mit im 3D-Druck gefertigten eigenen Griffen. Durch eine an der HTC-Vive-Brille befestigte Leap-Motion kann der Spieler in der virtuellen Realität seine Hände sehen und so die Griffe finden. Gesteuert wird über die beiden Seile des Gleitschirm-Gestells. Wird das rechte Seil gezogen, bewegt sich der Gleiter nach rechts, mit dem linken Seil bewegt er sich nach links. Zieht der Spieler beide Seile zu sich, fliegt der virtuelle Gleiter hoch, drückt er die Seilzüge von sich weg, fliegt der Gleiter nach unten. Mit den Triggern des Controllers kann der Spieler Projektile verschießen und Objekte zerstören. Zwei über das Spiel gesteuerte Ventilatoren simulieren den Fahrtwind. Bei der Entwicklung von SKYLINE stand für die Studierenden zunächst die Anwendung zuvor im Studium erlernter Fertigkeiten wie 3D-Modellierung, Texturierung und Programmierung der Spielelogik im Vordergrund. Aus wissenschaftlicher Perspektive bietet SKYLINE jedoch auch eine hervorragende Plattform für weitergehende Studien zur Erforschung von Parametern, um immersives Erleben im virtuellen Raum zu optimieren. Abschließend sei noch auf die Webseiten der beiden im Beitrag umrissenen Studiengänge Interaktive Medien (www.hs-augsburg.de/interaktive-medien) und Interaktive Mediensysteme (www.hs-augsburg.de/interaktive-medien/ims/) verwiesen. Dort finden sich zahlreiche weitere Showcases von Studierenden erarbeiteter Spielekonzepte und umgesetzter Prototypen.
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L ITERATUR Csíkszentmihályi, Mihaly: Flow, Stuttgart: Klett-Cotta 1996. Bundesregierung Deutschland: »Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD« (2013), https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17koalitionsvertrag.pdf. Hunicke, Robert/LeBlanc, Marc/Zubek, Robert: »MDA: A Formal Approach to Game Design and Game Research«, in: Proceedings of the Challenges in Games AI Workshop, Nineteenth National Conference of Artificial Intelligence (2005), http://www.cs.northwestern.edu/~hunicke/MDA.pdf Krämer, Margaretha/ Kunert, Andreas: »Die 300-jährige Tradition der Augsburger Fakultät für Gestaltung«, in: J. Müller, Tradition und Aufbruch, Augsburg: Hochschule Augsburg 2010. Müller, Jens et al.: »Perspektiven der Energiewende – Entwicklung eines Serious Games«, in: Christiane Hipp/Claus Kaelber/Jens Müller, (Hg.) Leitbilder für eine erneuerbare Energieversorgung, e-transform issue 2, Augsburg/ Cottbus: Augsburg University of Applied Sciences/Brandenburg University of Technology 2017, S. 78-89, www.e-transform.org Rogers, Scott: Level Up! The Guide to Great Video Game Design, Chichester: Wiley-VCH 2010. Schell, Jesse: Die Kunst des Game Designs – Bessere Games konzipieren und entwickeln, Heidelberg: mitp-Verlag 2012 (2008). Scheuerl, Hans: Das Spiel. Untersuchungen über sein Wesen, seine pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen, Weinheim: Beltz 1990 (1954). Yee, Nick: »Motivations for play in online games«, in CyberPsychology & Behavior, 9(6) (2006), S. 772–775.
2 Master
MA »Game Development and Research« Cologne Game Lab der TH Köln BJÖRN BARTHOLDY, ANDRÉ CZAUDERNA, GUNDOLF S. FREYERMUTH
Das Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln bietet seit dem Wintersemester 2010/11 den viersemestrigen berufsbegleitenden Master-Studiengang »Game Development and Research« an.1 Das kostenpflichtige englischsprachige und interdisziplinäre Weiterbildungsprogramm soll Vordenker der digitalen Content-Industrie ausbilden und richtet sich an junge Medienschaffende – Designer, Filmemacher, Bildende Künstler, Autoren und kreative Talente aus verwandten Bereichen inklusive Informatik –, die sowohl nonlineare Audiovisionen für den bestehenden Markt herstellen als auch der digitalen Content-Industrie neue ästhetische und wirtschaftliche Impulse verleihen wollen.2 Stark projektorientiert setzt das Weiterbildungsprogramm auf eine enge Verzahnung von Forschung, Lehre und Industrie. Parallel zu der Projekt-
1
Zum allgemeinen Studienumfeld siehe den Abschnitt »Lehre und Forschung am CGL« in dem Beitrag zu unserem BA-Studiengang »Digital Games«, S. 419-437. Dort erläutern wir die internationale Ausrichtung von Lehre und Forschung, die Heterogenität der Studierenden und Lehrenden, unsere Forschungsschwerpunkte sowie den »Cologne Game Incubator«.
2
Interessenten, die über einen Studienabschluss im Bereich digitaler Spiele mit Fachrichtungen wie »Game Arts«, »Game Design« oder »Game Programming« verfügen, können sich am CGL auch für den grundständigen dreisemestrigen Masterstudiengang »Digital Games« bewerben; vgl. dazu S. 529-536.
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arbeit bilden Vorlesungen und Seminare die Plattform für einen zukunftsorientierten wissenschaftlichen Diskurs und die forschende Auseinandersetzung mit nonlinearer Audiovisualität. Voraussetzung für die Zulassung ist neben einem erfolgreichen Bachelor-Abschluss oder einem vergleichbaren akademischen Grad auch eine mindestens zwölfmonatige Praxiserfahrung in einem für den Studiengang relevanten Gebiet. Das Master-Programm gewinnt so sein spezifisches Profil in der gezielten Verschränkung von Wissenschaft, Kunst und Handwerk, von Tradition und Innovation, von Praxis- und Zukunftsorientierung. Für den künstlerisch-wissenschaftlichen Eignungstest entwerfen die Bewerber das Konzept für ein Projekt im Bereich nonlinearer audiovisueller Medien. Aufgenommen werden ca. 20 Studierende. Sie schließen mit dem »Master of Arts« (MA) ab. Im Folgenden stellen wir die Studienziele und das Studium vor, von den Zulassungsvoraussetzungen über das Assessmentverfahren bis zu dem viersemestrigen Studienlauf.
S TUDIENZIELE Kompetenzen Im Zentrum des Studiums stehen die wissenschaftliche Erforschung und künstlerische Entwicklung interaktiver Inhalte. Besonderes Gewicht hat dabei die kreative Auseinandersetzung mit der Spieleentwicklung auf den Ebenen audiovisueller Gestaltung von Inhalten und Interfaces sowie nonlinearer Narration. Die Lernziele und zu vermittelnden Kompetenzen lassen sich in drei Gruppen gliedern. Berufsfeldbezogene Lernziele und Kompetenzen: Die Studierenden verfügen bei Studienbeginn über mindestens ein Jahr Erfahrung in einem für die Spielbranche relevanten Beruf. Das projektzentrierte Studium baut auf diesen Erfahrungen auf und vertieft sie. Integraler Bestandteil der Lehre ist kontinuierliches Branchen-Feedback. In der Konsequenz erarbeiten sich die Studierenden ein reiches Instrumentarium methodischer, theoretischer und entwurfspraktischer Fähigkeiten, um künstlerisch-wissenschaftliche wie künstlerisch-wirtschaftliche Projekt eigenständig betreuen und leiten zu können.
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(Inter-) Kulturelle Lernziele und Kompetenzen: Spieleentwickler haben sich mit den Werten und Konsequenzen ihrer Produktionen auseinanderzusetzen. Auf diese Verantwortung als Kulturschaffende bereitet das CGL die Studierenden durch die Ausbildung zu kritischer Urteilskraft vor. Nonlineare Audiovisionen und insbesondere Games werden als digitale Produkte global vertrieben. Sie wirken daher mehr noch als traditionelle Kunst und Unterhaltung weit über die Grenzen der jeweiligen Kultur hinaus, in der sie ursprünglich entstanden. Zunehmend werden nonlineare Audiovisionen in interkulturellen Teams entworfen und realisiert. Das Studium thematisiert daher interkulturelle und transnationale Aspekte der Spieleentwicklung ebenso wie den Umgang mit unterschiedlichen Unternehmenskulturen und Hierarchiemodellen. Wissenschaftliche Lernziele und Kompetenzen: Die Erforschung nonlinearer Audiovisionen und speziell digitaler Spiele befindet sich international in einer dynamischen Entwicklung. Die Studierenden werden mit zentralen Aspekten aktueller wissenschaftlicher Fragestellungen zur Produktion, Nutzung und Wirkung nonlinearer Audiovisionen vertraut gemacht. In Vorlesungen und Seminaren werden Methoden der Theoriebildung – Recherche, Analyse, Kritik, Synthese – vermittelt und die gewonnenen medienhistorischen und medientheoretischen Erkenntnisse in der gesamten Bandbreite der Lehrveranstaltungen experimentell erprobt und angewandt. Das Master-Programm befähigt damit die Studierenden zu eigenständiger wissenschaftlichkünstlerischer Forschung. Die abschließende Master-Arbeit gibt die Gelegenheit, die erworbenen Kompetenzen an einem ausgewählten Thema zu beweisen. Sie legt so auch die Grundlage für eine akademische Laufbahn.3 Berufliche Orientierung in Wirtschaft und Wissenschaft Absolventen des Studiengangs können komplexe Aufgaben in den Bereichen von AV-Design und nonlinearer Narration lösen sowie international eigenständig oder in einem interkulturellen Team zielorientiert arbeiten. Dank ihres Kontextwissens verfügen sie zudem über die Fähigkeit, strategische Konzepte mit zu entwickeln und praktisch umzusetzen. Über die Verbindung von komplexer Content-Produktion mit theoretisch-perspektivischer Unterrich-
3
Das CGL führt seit einigen Jahren kooperative Promotionen mit in- und ausländischen Universitäten durch.
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tung werden eigenständige kreative Persönlichkeiten ausgebildet, die in der Lage sind, auf technologischen, ästhetischen und wirtschaftlichen Wandel im Bereich nonlinearer Audiovisionen und speziell in der Spielebranche richtungweisend zu reagieren.
S TUDIUM Zulassungsvoraussetzungen Die Zulassungsvoraussetzungen des Studiengangs »Master of Arts in Game Development and Research« sind: der erfolgreiche Abschluss eines Hochschulstudiums mit dem Grad »Bachelor of Arts« respektive »Bachelor of Sciences« oder mit einem gleichwertigen oder höherwertigen Abschluss wie z. B. Diplom, Magister, Master oder Staatsexamen; der Nachweis einer für das Studium relevanten praktischen Tätigkeit von mindestens zwölf Monaten Dauer nach Abschluss des ersten Hochschulstudiums. Diese Praxiszeit sollte bis zum Studienbeginn vollständig absolviert sein, kann aber kumulativ erworben werden. Der Zeitraum, in dem sie erworben wurde, sollte in den letzten fünf Jahren vor dem Bewerbungszeitpunkt liegen. Auf Antrag können Ausnahmen wie z.B. eine Erweiterung des Zeitrahmens genehmigt werden; der Nachweis einer besonderen studienbezogenen Eignung für den Studiengang »Game Development and Research«.
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Assessment-Verfahren Die Zulassungsvoraussetzungen, insbesondere die studienbezogene künstlerisch-wissenschaftliche Eignung, werden im Rahmen des sogenannten Assessment-Verfahrens geprüft. Dieses Verfahren besteht aus: • •
der schriftlichen Einreichung aller notwendigen Nachweise; einer ausführlichen Begründung für die Wahl des Studiengangs;
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der Anfertigung einer Hausarbeit. Bei ihr handelt es um die ausführliche Projektskizze eines hypothetischen Projekts, das der Bewerber im Verlauf des Studiums am Cologne Game Lab gerne umsetzen würde; einem Kolloquium vor Ort bzw. im Fall einer sehr weiten Anreise aus dem Ausland oder aus anderen nachvollziehbaren Gründen ersatzweise in Form eines Videointerviews. Zu diesem Prüfungsgespräch werden nur diejenigen Bewerber eingeladen, die mit ihren Einreichungen in der ersten Stufe ihre grundsätzliche Eignung unter Beweis gestellt haben.
Studienverlauf Übersicht Das Studium im Studiengang »Game Development and Research« ist ein Präsenzstudium, das nebenberuflich studiert werden kann. Wir empfehlen den Studierenden, maximal 50 Prozent einer Vollzeittätigkeit auszuüben. Alle Präsenzveranstaltungen finden an eineinhalb festen Tagen statt, gegenwärtig ganztägig am Montag sowie am Mittwochabend. Alle Veranstaltungen finden in englischer Sprache statt. Der Projektarbeit fällt eine zentrale Rolle zu. Die Studierenden werden mit höchst unterschiedlichen ästhetisch-praktischen Herausforderungen konfrontiert, die eigenverantwortlich und teamorientiert zu meistern sind. Dabei erwerben und festigen die Studierenden neue Fertigkeiten und Kenntnisse und entwickeln individuelle Strategien zur Problemlösung. Der Philosophie des CGL entspricht es, den Studierenden gezielt kreative Freiräume einzuräumen und ihnen so die Möglichkeit zu bieten, unterschiedliche Ideen, Ansätze und Vorgehensweisen in kurzen, iterativen Zyklen experimentell zu erproben. Nicht zuletzt spiegelt diese Arbeitsweise auch die in der Spielebranche selbst wider. Den roten Faden der Modulstruktur bilden die Projektmodule. Jedes der Module erstreckt sich über ein Semester und besteht aus mehreren Projekten. Parallel zu den Projektmodulen finden die Theoriemodule statt. Auch sie erstrecken sich jeweils über ein Semester und bestehen aus einer Reihe von Vorlesungen und Seminaren, die historisch-theoretisches Reflexions- und Orientierungswissen vermitteln. Die Seminare und Vorlesungen eröffnen den Studierenden ein breites Spektrum wissenschaftlich-künstlerischer Themenfelder im Kontext nonlinearer Audiovisualität. Unter anderem im Rah-
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men zahlreicher Gastvorträge wird der internationale Stand in Forschung und Entwicklung aufgearbeitet und reflektiert. Während des gesamten Studienverlaufs ist die Beteiligung der Studierenden an anderen Lehrveranstaltungen des CGL zu digitalen Spielen sowie an Veranstaltungen der TH Köln oder anderer kultureller Institutionen erwünscht (Vorlesungen, Seminare, Kongresse, Podiumsdiskussionen etc.), um inhaltliche Neugier und Flexibilität der Interessen als Qualität und Basis kreativen Arbeitens zu fördern. Abbildung 1: Übersicht Studienverlauf MA Game Dev. and Research
Quelle: Eigene Abbildung, CGL
Erstes Semester Im Praxis-Modul »Equalization & Exchange« folgen die Projekte »Playing with Theater«, »Playing with Cinema« und »Playing with Video Games« historisch der neuzeitlichen Entwicklung audiovisueller Medien. Im Prozess der gestalterisch-praktischen Arbeit vermitteln sie so auch historisch-kulturelles Basiswissen. Der theoretische Unterricht in den Studienfächern »Media and Game Studies«, »Visual Design« sowie »Game Design Theory» zielt ebenso auf eine gemeinsame Basis von Wissen und Reflexionsfähigkeit der aus verschiedenen Disziplinen und Kulturen stammenden Studierenden. Zweites Semester Mit den Projekten »Board Games«, »Serious Games« und »Non-Linear Adaptation« eröffnet das Modul »Research & Experimentation« künstlerische Spielräume für die vertiefende Erforschung unterschiedlicher konzeptioneller Verfahren. Der wissenschaftliche Unterricht in »Media and Game Studies«, »Visual Design« und »Game Design Theory« dient der historischtheoretischen Unterstützung dieser künstlerischen Praxis. So werden etwa in
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den »Media and Game Studies« die Geschichte und Theorie der Adaptation und der »Serious Games« analysiert. Drittes Semester Im dritten Semester stehen mit dem Modul »Professionalization & Master Thesis Preparation« die Vorbereitung der Studierenden auf die Arbeitswirklichkeit der Games-Branche sowie die Anleitung zur Konzeption ihres »Master Thesis Proposal« im Vordergrund. Das Projekt bereitet auf den Alltag der Games-Branche vor, indem die Studierenden lernen, die ökonomischen Aspekte der Produktion digitaler Spiele zu berücksichtigen und entsprechende Kompetenzen einzuüben. In der wissenschaftlichen Instruktion geht es einerseits, passend zum Professionalization-Modul, um »Entrepreneurship«, andererseits um die Auseinandersetzung mit aktuellen Theorien der Game Studies. Viertes Semester Die Master-Thesis, die im vierten Semester erstellt wird, bildet den Abschluss des Studiengangs »Game Development and Research«. Dabei wird zwischen der eigentlichen Master-Arbeit – ihrem theoretischen und praktischen Teil – sowie der dazugehörigen Präsentation und Prüfung (Kolloquium) unterschieden.
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Befähigung zu qualifizierter Erwerbstätigkeit Die praxisnahe und zugleich zukunftssichere Ausbildung befähigt zur qualifizierten Tätigkeit sowohl in der Games-Branche wie auch in benachbarten und verwandten Branchen: •
Praktische Kenntnisse und Fähigkeiten: Die Absolventen verfügen über den aktuellen Stand an Kenntnissen, Fähigkeiten und Praktiken. Sie haben gelernt, eigenständig Verantwortung für Lern- und Arbeitsprozesse zu übernehmen. Branchenkontakte und die englischsprachige Lehre haben sie zudem auf eine internationale Berufspraxis vorbereitet.
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Taktische Kompetenzen: Die Absolventen sind zu eigenständiger Innovation aufgefordert und angeleitet worden. Sie haben gelernt, sich in neue Themen und Praktiken unter Berücksichtigung medialer Entwicklungstendenzen einzuarbeiten und Lösungen für neuartige Problemstellungen zielorientiert im Team und im Hinblick auf kommerzielle, institutionelle und soziale Bedürfnisse zu entwickeln. Neben dem soliden Fachwissen hat ihnen das Studium so genannte »soft skills« vermittelt, insbesondere kommunikative Fähigkeiten und typische Arbeitsformen wie die adäquate Präsentation eigener Positionen und Arbeitsergebnisse sowie Teamarbeit und Teamleitung. Strategische Kompetenzen: Der dynamische Wandel der audiovisuellen Medien im Prozess der Digitalisierung und speziell die rasanten Veränderungen innerhalb der Games-Branche erfordern die Eröffnung historischer Perspektiven auf mittel- und langfristige Entwicklungstendenzen für die eigene Persönlichkeit. Medienhistorisches und medientheoretisches Reflexions- und Orientierungswissen dient den Absolventen der ästhetischen und ethischen Positionierung des eigenen Schaffens wie auch langfristiger lebensgeschichtlicher Planung.
Berufsfelder und Berufsbilder Das CGL versteht sich über das Ende des Studiums hinaus als Partner der Studierenden. Ihr Werdegang wird nicht nur verfolgt, sondern aktiv unterstützt. Dies manifestiert sich zum einen in der nachhaltigen Betreuung, die Absolventen bei dem Bemühen erfahren, ihre in der MA-Thesis konzipierten und umgesetzten Projekte am Markt zu realisieren. Sowohl die Gründung eigener Unternehmen als auch die Beantragung nachgelagerter Projektförderung durch öffentliche Programme und Partnerschaften mit der Industrie werden aktiv begleitet. Darüber hinaus werden Absolventen regelmäßig in der Lehre unserer Studiengänge eingesetzt und zur akademischen Forschung aufgefordert, etwa im Rahmen einer Promotion. Mit Blick auf die Alumni des Studiengangs lässt sich ein durchgängiger Erfolg in der Branche feststellen. Als Beispiel sollen zum Abschluss drei Absolventen unseres ersten Jahrgangs genannt werden, die 2012 mit hervorragenden Ergebnissen ihr Master-Studium »Game Development and Research« beendeten und seitdem künstlerisch-wissenschaftlich im Bereich digitaler Spiele tätig sind:
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Achim Fell: Sein Abschlussprojekt 39 STEPS, eine Audio-Adaptation des gleichnamigen Romans von John Buchan, erhielt ein mit 12 000 € dotiertes Stipendium der Film- und Medienstiftung, welches es ihm ermöglichte, in Kooperation mit dem WDR sein Abschlussprojekt als Audiogame professionell zu produzieren. Das Spiel wurde 2015 für den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie »Beste Inszenierung« nominiert. Der CGL-Alumnus ist heute Geschäftsführer der von ihm mit begründeten Düsseldorfer Firma »Dear Reality«, die – von der Film- und Medien Stiftung NRW gefördert – Software für 3D-Audio entwickelt. Kuai Shen Auson: Seine Abschlussarbeit »Playing with Ants & Other Insects« erforschte die potentielle Beziehung zwischen Spielen, Technologien und dem sozialen Verhalten von Insekten und leistete einen wichtigen wissenschaftlich-künstlerischen Beitrag zur Erforschung von Interspezies-Kommunikation. Seit seinem Abschluss hat unser Alumnus an zahlreichen wissenschaftlichen Konferenzen teilgenommen und seine künstlerischen Arbeiten zur ästhetischen Inszenierung des Verhaltens von Ameisenkolonien in Bezug auf das Design von Videospielen international ausgestellt; u.a. in China, Ecuador, Kanada, Mexiko, in der Schweiz und den USA. Gegenwärtig promoviert er an der australischen Deakin University über »The Nonhuman Mimetic Faculty: Mimesis and Social Contagions in Ants and Humans Inspired by the Artistic Research of Myrmecophily«. Linda Kruse: Ihr als MA-Arbeit konzipiertes Sprach-Lernspiel SQUIRREL & BÄR wurde 2012 für den Deutschen Computerspielpreis als »Bestes Nachwuchskonzept« nominiert. Die Film- und Medienstiftung NRW förderte danach die Weiterentwicklung des Spiels mit 30 000 €. Nach der Veröffentlichung des Spiels erfolgte eine weitere Nominierung für den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie »Bestes Kinderspiel 2015«. Linda Kruse und ihr Mit-CGL-Absolvent Marcus Bösch gründeten die Kölner Firma »the Good Evil GmbH«, die im Jahr 2013 das einjährige Stipendium des AV-Gründerzentrums NRW erhielt. Beide Alumni wurden im selben Jahr außerdem zu Kultur- und Kreativpiloten der Bundesregierung berufen. Linda Kruse ist heute eine erfolgreiche Spieleentwicklerin, Game-Design-Lehrerin und stellvertretende Vorsitzende des »game – Verband der deutschen Games-Branche«.
MA »Digital Games« Cologne Game Lab der TH Köln BJÖRN BARTHOLDY, ANDRÉ CZAUDERNA, GUNDOLF S. FREYERMUTH
Seit dem Wintersemester 2018/19 bietet das Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln den konsekutiven, dreisemestrigen Master-Studiengang »Digital Games« an.1 Das grundständige Angebot richtet sich vor allem an Absolventen eines thematisch einschlägigen Bachelor-Studiengangs mit Fachrichtungen wie »Game Arts«, »Game Design« oder »Game Programming«.2 Im Rahmen dieser »Masterclass« erhalten sie die Gelegenheit, die eigene künstlerische und wissenschaftliche Arbeit auf postgradualem Niveau durch ein vertiefendes Studium der Entwicklung und wissenschaftlichen Analyse von digitalen Spielen fortzusetzen. Darüber hinaus können sich Absolventen benachbarter Fächer wie z.B. Design, Film, Animation oder Informatik bewerben, die aufgrund ihrer eigenen Studienschwerpunkte Kompetenzen mitbringen, die denen der Absolventen von Game-Programmen in den jeweiligen Spezialisierungsbereichen vergleichbar sind.3
1
Zum allgemeinen Studienumfeld siehe den Abschnitt »Lehre und Forschung am CGL« in dem Beitrag zu unserem BA-Studiengang »Digital Games«, S. 420-425. Dort erläutern wir die internationale Ausrichtung von Lehre und Forschung, die Heterogenität der Studierenden und Lehrenden, unsere Forschungsschwerpunkte sowie den »Cologne Game Incubator«.
2
Z. B. an Absolventen des BA Digital Games des CGL; vgl. dazu S. 419-437.
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Interessenten ohne Studienabschluss in einem der relevanten Fächer oder mit dem Wunsch, berufsbegleitend zu studieren, können sich am CGL für den viersemes-
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Für den künstlerisch-wissenschaftlichen Eignungstest schlagen Bewerber ein künstlerisch-wissenschaftliches Projekt vor (Research Proposal), welches sie im Laufe ihres Studiums ausarbeiten wollen. Aufgenommen werden ca. 15 Studierende. Sie schließen mit dem »Master of Arts« (MA) ab. Alle Veranstaltungen finden in englischer Sprache statt. Im Folgenden stellen wir die Studienziele, die Zulassungsvoraussetzungen, den Verlauf des Studiums und seine Elemente sowie die Berufsfeldorientierung des MA-Programms »Digital Games« vor.
S TUDIENZIELE Vertiefende Spezialisierung und Game Literacy Der Studiengang zeichnet sich durch seine spezifische Verschränkung künstlerischer und wissenschaftlicher Lehre und in der Konsequenz durch eine enge Verbindung von Forschung und Anwendung aus. Ziel ist sowohl die vertiefende Spezialisierung in zwei der drei Fachrichtungen »Game Arts«, »Game Design« und »Game Programming« als auch der Ausbau von künstlerisch-wissenschaftlichen Handlungs- und Reflexionskompetenzen. Die gemeinsame Unterrichtung und Zusammenarbeit von Studierenden der genannten Studienschwerpunkte ermöglicht die weitere Ausbildung einer ganzheitlichen »Game Literacy« sowie der Fähigkeit zur interdisziplinären Kollaboration in der Projektarbeit. Berufliche Orientierung in Wirtschaft und Wissenschaft Während der Studiengang mit der Möglichkeit zur Spezialisierung auf den hohen Expertenbedarf der Games-Branche reagiert, zielt die Beschäftigung mit interdisziplinären künstlerisch-wissenschaftlichen Fragestellungen auf den Aufbau von Orientierungswissen und übertragbaren Handlungskompetenzen, die den Absolventen helfen, sich langfristig in interdisziplinären, kontinuierlicher Veränderung unterliegenden Arbeitskontexten in- und
trigen Weiterbildungs-Masterstudiengang »Game Development and Research« bewerben; vgl. dazu S. 519-527.
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außerhalb der Games-Branche in leitenden Funktionen oder auch als Gründer zu bewähren. Darüber hinaus qualifiziert der Studiengang für Tätigkeiten im Bildungsund Wissenschaftsbereich sowie zu einer Promotion im Umfeld der Game Studies oder des Game Design. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das CGL bereits seit einigen Jahren kooperative Promotionen mit inund ausländischen Universitäten durchführt.
S TUDIUM Zulassungsvoraussetzungen Abgeschlossenes Hochschulstudium Voraussetzung für die Zulassung ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit zumindest dem Abschlussgrad »Bachelor of Arts« respektive »Bachelor of Sciences« in »Digital Games« sowie in vergleichbaren Fachgebieten wie z.B. Game Design oder auch verwandten Fachgebieten wie z. B. Animation, Informatik, Film oder Design. Absolventen nur sechssemestriger Bachelor-Studiengänge erhalten die Auflage, die zum siebensemestrigen BA-Abschluss fehlenden Leistungspunkte (in der Regel 30 ECTS) studienbegleitend nachzuholen oder durch bereits erbrachte Leistungen in anderen Praxis- oder Hochschulkontexten zu kompensieren. Hierzu werden mit den Studierenden zu Studienbeginn individuelle Vereinbarungen getroffen. Denkbar ist sowohl das Studium von Modulen des Bachelor-Studienganges »Digital Games« als auch die Anerkennung von Studienleistungen in dritten Studiengängen sowie von Praktika und Berufstätigkeit, sofern eine Vergleichbarkeit mit dem »Exchange & Practice«-Modul des Bachelor-Studienganges »Digital Games« besteht. Über die individuellen Vereinbarungen sowie die Anerkennung von bereits erbrachten Leistungen (wie Praktika oder Berufstätigkeit) entscheidet der Prüfungsausschuss. Eignungsprüfung Über einen entsprechenden Studienabschluss hinaus sind der Nachweis einer besonderen Eignung für den MA-Studiengang »Digital Games« sowie die Beherrschung der englischen Sprache in Wort und Schrift erforderlich. Da
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die vom CGL einmal jährlich durchgeführte künstlerisch-wissenschaftliche Eignungsprüfung auf Englisch stattfindet, entfällt die Vorlage eines Zertifikats. Kenntnisse der deutschen Sprache sind nicht nachzuweisen. An der Eignungsprüfung teilnehmen können Besitzer der oben genannten Abschlüsse sowie jene, die diese bis zum nächstmöglichen Studienstart erwartungsgemäß erwerben werden. Die Eignungsprüfung zielt auf eine Beurteilung ähnlicher Aspekte, wie sie für den BA Digital Games des CGL dargestellt sind.4 Darüber hinaus will die Master-Eignungsprüfung die Fähigkeit zur Teilnahme am akademischen Diskurs auf postgradualem Niveau sowie eine herausragende künstlerische Begabung feststellen. Für sie dienen als Kriterien vor allem die Qualität des vorgeschlagenen Projekts sowie das Portfolio bisheriger Projekte. Das Verfahren, welches die Eignung der Kandidaten aufgrund vorab definierter Bewertungskriterien ganzheitlich (inklusive der erforderlichen Englischkenntnisse) überprüft, besteht aus zwei Stufen: •
•
Einreichung von Dokumenten wie Lebenslauf, Zeugnissen und relevanten Arbeitsproben sowie der Skizze eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes, das der Bewerber im Verlauf des Studiums im Rahmen seiner Masterarbeit am Cologne Game Lab umsetzen möchte. Ferner ist ein kurzes Statement zur eigenen Motivation einzureichen. Prüfungsgespräch vor Ort bzw. im Fall einer sehr weiten Anreise aus dem Ausland oder aus anderen nachvollziehbaren Gründen ersatzweise in Form eines Videointerviews. Zu diesem Prüfungsgespräch werden nur diejenigen Bewerber eingeladen, die mit ihren Einreichungen in der ersten Stufe ihre grundsätzliche Eignung unter Beweis gestellt haben.
Studienverlauf Im Fachunterricht »Advanced Game Development« der ersten beiden Semester belegen die Studierenden jeweils zwei Angebote aus den drei Vertiefungsfächern »Game Arts«, »Game Design« und »Game Programming«. Parallel dazu arbeiten sie an ihrem Masterprojekt, erhalten theoretisch-historischen Unterricht in »Advanced Media and Game Studies« und nehmen an
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Vgl. dazu S. 419.
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den Veranstaltungen des Moduls »Reflection & Community« teil (Mentoring, Lecture Series, Teaching & Research Practice). Im dritten Semester wird das Masterprojekt direkt in die Arbeit an der Master-Thesis überführt. Das Modul endet mit der finalen Präsentation der Master-Thesis und ihrer Bewertung durch die betreuenden Lehrenden. Abbildung 1: Übersicht Studienverlauf MA Digital Games
Quelle: Eigene Abbildung, CGL
Studienformate Der MA-Studiengang »Digital Games« bietet ein Präsenzstudium, geprägt durch studiengangspezifische Projektarbeit, Seminare und Vorlesungen. Während die meisten Veranstaltungen im Jahrgangsverbund von ca. 15 Studierenden stattfinden, teilt sich der Jahrgang für die »Core Elective Courses« der »Advanced Game Development Module« auf: von den drei angebotenen Spezialisierungen »Game Arts«, »Game Design« und »Game Programming« wählt jeder Studierende jeweils zwei, die in besonderem Maße zu den eigenen Schwerpunkten und insbesondere zu dem Thema und den Anforderungen des vorgeschlagenen Masterprojekts passen. Im Modul »Reflexion & Community« wiederum, in dem sich die Studierenden u.a. zwischen Lehr-
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und Forschungsaufgaben entscheiden können, setzen sich die Gruppen auch semesterübergreifend zusammen. Studienfächer »Advanced Game Development« Die Fachveranstaltungen der »Advanced Game Development«-Module vermitteln in den Spezialisierungen »Game Arts«, »Game Design« und »Game Programming« zum einen fortgeschrittene Kenntnisse und Fähigkeiten, zum anderen für die jeweiligen Projekte besonders relevante, d.h. zum Teil auch unmittelbar auf sie zugeschnittene Inhalte. Die Studierenden gewinnen so neue Einblicke und Impulse, die es ihnen erlauben, ihre bisherige Spezialisierung zu kontextualisieren. Diese Erweiterung der Perspektive bereitet im Verbund mit Themen wie Projektleitung, Design Management, Technical Lead etc. auf spätere Leitungsfunktionen beziehungsweise unternehmerische Tätigkeit vor. »Advanced Media and Game Studies« Die Veranstaltungen zu »Advanced Media and Game Studies« bringen die Studierenden auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion in der Medienwissenschaft und den Game Studies. Ein wesentliches Ziel der Ausbildung ist es, die Studierenden für das junge Feld der Spieleforschung zu interessieren und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, beim Auf- und Ausbau dieser wissenschaftlichen Disziplin prägend mitzuwirken. Darüber hinaus behandelt das medienwissenschaftliche »MA Colloquium« historischtheoretische Themen im unmittelbaren Kontext der verschiedenen Masterprojekte sowie Fragen der Media Economy, die wiederum im speziellen Hinblick auf die spezifischen Masterprojekte und in enger inhaltlicher – und personeller – Verzahnung mit der praktischen medienökonomischen Instruktion im Rahmen der Projektarbeit unterrichtet werden. »Reflection & Community« Im Modul »Reflection & Community« garantiert regelmäßiges »Mentoring« die Förderung und Kritik der künstlerischen Persönlichkeit der Studierenden. »Teaching & Research Practice« erlaubt den MA-Studierenden – teils angeleitet, teils eigenverantwortlich –, Aufgaben in Lehre und Forschung zu übernehmen; i.e. insbesondere Lehre innerhalb des BA-Studiengangs »Digital
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Games« am CGL und Forschung in Projekten der Lehrenden des CGL. Dabei erarbeiten sich die MA-Studierenden neue Perspektiven auf die im Laufe ihres Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten und sammeln zugleich Erfahrungen, die sie für spätere verantwortliche Tätigkeiten in der Industrie beziehungsweise als Lehrende oder Forschende – nicht zuletzt im Rahmen eigener Promotionsprojekte – qualifizieren. Projektarbeit Im Zentrum des Studiums steht das Masterprojekt. Die im Rahmen des Bewerbungsverfahrens eingereichten Forschungs- und Entwicklungskonzepte sollen künstlerisch-praktische wie auch wissenschaftlich-theoretische Ansätze und Fragestellungen aufweisen. Denkbar sind Weiterentwicklungen von Projekten aus vorherigen BA-Studiengängen, aber auch gänzlich neue Konzepte. Alternativ ist ebenfalls die Durchführung primär wissenschaftlicher Masterprojekte möglich, insbesondere auf den Forschungsfeldern der Game Studies und der Game-Design-Theorie. Das studienbegleitende »MA Colloquium« stellt eine intensive und individuelle Betreuung des MAProjekts und dann der MA-Thesis durch die jeweiligen Fachprofessoren sicher.
N ACH
DEM
S TUDIUM
Befähigung zu qualifizierter Erwerbstätigkeit Die strukturelle Situation in der Games-Branche – Fachkräftemangel bei gleichzeitigem Mangel an staatlichen Ausbildungsangeboten; nationale und europäische Förderangebote für die Herstellung digitaler Spiele bzw. zur Existenzgründung – prägt den Berufseintritt der Master-Absolventen. Im Vergleich zu Bachelor-Absolventen zeichnen sie sich durch erheblich höhere fachliche Kompetenzen sowie vertiefte wissenschaftliche Kompetenzen und eine stärker ausgeprägte künstlerische Persönlichkeit aus. Angesichts der dynamischen Entwicklung der audiovisuellen Medien im Prozess der Digitalisierung allgemein wie speziell der rasanten Entwicklung der Games-Branche verfügen die Master-Absolventen sowohl über das notwendige medienhistorische und medientheoretische Reflexionswissen als auch über fundierte
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künstlerische Kenntnisse und Perspektiven, um nicht nur den Status quo bedienen, sondern ihn kreativ in Richtung Zukunft gestalten zu können. Berufsfelder und Berufsbilder Die zu dem Bachelor-Studiengang »Digital Games« des CGL genannten Berufsfelder5 stehen cum grano salis auch den Master-Studierenden offen, mit der entscheidenden Differenz jedoch, dass sie in einem weit höheren Maße für Führungs- und Leitungsaufgaben in den genannten Bereichen ausgebildet und geeignet sind. Darüber hinaus sind die Absolventen des Master-Studiengangs gutausgebildete und hochtalentierte Persönlichkeiten, die nicht nur zur medienpraktischen Tätigkeit im Bereich digitaler Spiele und anderer gamifizierter Anwendungen national wie international befähigt sind, sondern auch zu weiterer künstlerisch-wissenschaftlicher Forschung und Lehre, insbesondere zur Promotion. In der Konsequenz erschließen sich damit weitere Berufsfelder, vor allem in den Bereichen Ausbildung, Medien und Kulturverwaltung, in denen der Bedarf an Experten für digitale Spiele kontinuierlich wächst.
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Vgl. dazu S. 419.
MA »3D Animation for Film & Games« Cologne Game Lab der TH Köln und ifs internationale filmschule köln B JÖRN B ARTHOLDY , L AURA F RINGS
Der projektorientierte Studiengang »3D Animation for Film & Games« ist ein künstlerisch-wissenschaftlicher Weiterbildungsmaster, der berufsbegleitend am Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln und an der ifs internationale filmschule köln auf deren gemeinsamen Mediencampus studiert werden kann.1 Studienstart ist das Wintersemester. Die Unterrichtssprache ist Englisch. Der MA »3D Animation for Film & Games« bietet ein interdisziplinär angelegtes Studium. Die Fusion von linearen und non-linearen Studieninhalten erlaubt den Studierenden eine Verbreiterung, Vertiefung und Professionalisierung bestehender Kenntnisse des 3D-Prozesses innerhalb des vierse-
1
Zum Cologne Game Lab siehe den Beitrag zum BA »Digital Games« in diesem Band auf S. 419-437. – Die ifs ist eine private Aus- und Weiterbildungsinstitution für Medienschaffende, die auf Initiative der Landesregierung NRW und der Filmund Medienstiftung NRW gegründet wurde. Sie bietet sowohl grundständige als auch postgraduale Studiengänge sowie ein vielseitiges Portfolio an Weiterbildungen an. Zwischen CGL und ifs besteht eine enge Kooperationsbeziehung, die dem Wissenstransfer und dem kreativen Austausch zwischen Film und Games dient. Bisherige Kooperationen umfassen u.a. gemeinsame Lehrveranstaltungen und Forschungskonferenzen.
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mestrigen Studiums, das mit dem Master of Arts abschließt. Die Integration immersiver Medien in den Lehrplan unterstreicht darüber hinaus den medienübergreifenden Ansatz des Programms und eröffnet den Absolventinnen und Absolventen neue Betätigungsfelder nach dem Abschluss. Der Studiengang wendet sich an Kreativschaffende, die bereits über einen ersten Studienabschluss sowie über eine mindestens einjährige Berufstätigkeit verfügen. Sie sollen fundierte Kenntnisse in den Bereichen Modelling, Texturing, Lighting und Animation besitzen, die sie im Rahmen einer Eignungsprüfung unter Beweis stellen müssen. Im Kontext des postgradualen Studiums bauen sie ihre vorhandenen künstlerisch-praktischen Kompetenzen weiter aus und lernen ihr eigenes Schaffen vertiefend medientheoretisch und -historisch zu reflektieren.
S TUDIENZIELE Wesentliches Charakteristikum des MA »3D Animation for Film & Games« ist die Synthese von medienpraktischer und -theoretischer Lehre. Übergeordnetes Studienziel ist die Ausbildung einer ganzheitlichen Künstlerpersönlichkeit, die sowohl professionalisierte künstlerische Kompetenzen im Bereich der 3D-Animation als auch wissenschaftliches Orientierungswissen aufweist, das dem Niveau eines postgradualen Studiums entspricht. Außerdem lassen die Absolventinnen und Absolventen ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein für ihre Rolle als Medienschaffende erkennen und wissen letztere auch nach gesellschaftlichen und kulturkritischen Aspekten zu reflektieren. Praktisches Orientierungswissen und Promotion Auf künstlerisch-praktischer Ebene spiegelt der MA »3D Animation for Film & Games« die sich verschiebende Arbeitsmarktrealität der Medien- und Kulturbranche. Neue technologische Entwicklungen verändern Arbeitsprozesse, kreieren Schnittstellen und schaffen somit neue Stellenprofile. Um diese Veränderungsprozesse mitzugestalten, erwerben die Studierenden Expertenwissen im Bereich der 3D-Animation, das sie für Produktionen in verschiedenen Medien (Film, Games, immersive Medien) nutzen und an diese anpas-
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sen können. Durch die Auseinandersetzung mit medientheoretischen Fragestellungen bauen die Studierenden notwendiges Kontextwissen auf, das es ihnen erlaubt, flexibel auf den sich wandelnden Arbeitsmarkt zu reagieren und bestenfalls auch neue Tendenzen zu antizipieren. Zudem befähigt ein erfolgreicher Studienabschluss für Tätigkeiten in der Kulturverwaltung oder den Wissenschaften sowie zur Promotion in einer verwandten Fachdisziplin.
Z ULASSUNGSVORAUSSETZUNGEN Zu den Zulassungsvoraussetzungen des MA »3D Animation for Film & Games« zählt – neben einem ersten berufsbefähigenden Abschluss in einem Kreativstudiengang wie z.B. in Film, digitalen Spielen, Design oder Architektur – eine mindestens zwölfmonatige berufliche Tätigkeit in einer studiengangsrelevanten Branche. Diese Arbeitserfahrungen in einem professionellen Umfeld können auch kumulativ erworben worden sein. Darüber hinaus müssen die Bewerberinnen und Bewerber die künstlerisch-wissenschaftliche Eignungsprüfung bestehen, während der auch ihre Englischkenntnisse überprüft werden. Dementsprechend wird die Prüfung ausschließlich in englischer Sprache abgehalten (Wort und Schrift).
E IGNUNGSPRÜFUNG Die Eignungsprüfung findet im Rahmen eines zweiteiligen Auswahlverfahrens statt. Dabei werden übergeordnete Kriterien wie die Befähigung zur Konzeptionierung und Realisierung von Animationsprojekten, zur Teilnahme am medienwissenschaftlichen Diskurs sowie die individuelle Motivation zur Vertiefung der bestehenden medienpraktischen und -theoretischen Kenntnisse überprüft. Bei erfolgreichem Abschluss der Eignungsprüfung werden den Kandidatinnen und Kandidaten 30 ECTS gutgeschrieben. Zur Evaluierung der zuvor genannten Kriterien reichen die Bewerberinnen und Bewerber in einem ersten Schritt die Belege zum Nachweis der formalen Zugangsvoraussetzung ein. Darüber hinaus sind sie u.a. aufgefordert, ihr Portfolio, eine Projektskizze und ein Motivationsschreiben vorzulegen. Das Portfolio und die Skizze vermitteln einen ersten Eindruck des jeweiligen
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kreativen Potentials und auch der zentralen Themen des bisherigen Schaffens. Das Motivationsschreiben wiederum legt die jeweiligen Werdegänge und persönlichen Ambitionen dar. Auf Basis dieser Unterlagen werden geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zum Bewerbungsinterview eingeladen. Dieses kann in begründeten Fällen auch per Videoübertragung durchgeführt werden. Mit Hilfe eines standardisierten Fragenkatalogs werden im Interview die zuvor erwähnten Kriterien der medienpraktischen und -theoretischen Kenntnisse sowie die individuelle Motivation beleuchtet. Ergänzt werden diese Faktoren um die Aspekte der künstlerischen Selbstreflexion und der kulturellen Allgemeinbildung.
S TUDIEN -
UND
S EMESTERVERLAUF
Insgesamt ist der Studienverlauf des MA »3D Animation for Film & Games« übersichtlich gestaltet: Strukturell ist dem Studium die oben beschriebene künstlerische Eignungsprüfung im Modul »Experience Assessment« vorgeschaltet. In den Semestern eins bis drei wird die starke Projektorientierung des Studiengangs deutlich, denn 14 von insgesamt 22 ECTS je Semester entfallen auf die Projektmodule I – III. Zudem erhalten die Studierenden in den Modulen »Animation in Film & Games: History & Theory I – III« vertiefenden medientheoretischen und -praktischen Unterricht. Das vierte Semester ist der Masterarbeit gewidmet, die in einer öffentlichen Präsentation und einer Verteidigung kulminiert.
S TUDIENINHALTE
UND ANDERE CURRICULARE
E LEMENTE
Die Modulstruktur des MA »3D Animation for Film & Games« sieht nach der erfolgreichen Absolvierung des Moduls »Experience Assessment« die Konzeptionierung und Realisierung von komplexer werdenden Animationsprojekten sowie deren medientheoretische und -praktische Begleitung vor. Ein besonderes Augenmerk des Studiums liegt auf der Projektarbeit als designorientierten Prozess. Den Studierenden werden durch die flexible Semesterstruktur gezielt kreative Freiräume gegeben, damit sie unterschied-
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liche Ideen, Ansätze und Vorgehensweisen experimentell erproben, verwerfen und realisieren können. Die Projektmodule »Project I: Virtual Character Creation», »Project II: Story & Performance» und »Project III: Immersive Animation» bauen fachlich aufeinander auf. Im Mittelpunkt des ersten Projektmoduls steht die Erstellung eines virtuellen Charakters. Der Fokus liegt somit auf gestalterischtechnischen Aspekten der Animation. Das zweite Projektmodul legt den Schwerpunkt auf die Inszenierung und das Storytelling. Zu diesem Zweck setzen sich die Studierenden mit Theorien und Modellen des linearen sowie nonlinearen Storytellings auseinander, vertiefen ihre Kenntnisse des Motion Capturings und des Audio Designs als dramaturgischem Element. Das Projekt im dritten Semester wiederum bietet die Möglichkeit zum Experiment: Die Studierenden konzeptionieren ein lineares oder nonlineares Animationsprojekt und realisieren dieses eigenständig oder im Team. In der Wahl der Form und Technik sind sie dabei frei. Denkbar sind unter anderem Projekte in den Bereichen VR und AR, aber auch Installationen und Performances. Alle Projektphasen werden durch die Lehrenden intensiv mentoriert. Die dreimal im Semester stattfindenden Pitching-Sessions garantieren den Studierenden das Feedback der gesamten Lehrenden- und Studierendenschaft und etablieren damit eine künstlerisch-kritische Diskussionskultur. Die Modulreihe »Animation in Film & Games: History & Theory I – III« bietet den Studierenden die Möglichkeit zur medienwissenschaftlichen und animationshistorischen Kontextualisierung ihres eigenen Schaffens. So beschäftigen sie sich in den »Media and Game Studies« mit dem aktuellen Diskussionsstand medienwissenschaftlicher Forschung, während ihnen die Veranstaltungsreihe »Animation History« die historischen, aber auch internationalen Entwicklungen sowie zeitgenössischen Tendenzen ihrer eigenen Fachdisziplin verdeutlicht. Zusätzlich erweitern sie ihre Handlungskompetenzen in den Gebieten der Informatik (z.B. der objektorientierten Programmierung, Game Engines, Scripting) und der Medienökonomie. Im abschließenden Mastermodul fertigen die Studierenden ihre Abschlussarbeit an, die wahlweise einen künstlerisch-praktischen oder wissenschaftlichen Schwerpunkt haben kann. Das Abschlussprojekt kann, muss aber nicht auf der Projektskizze der Bewerbung beruhen. In der Wahl des
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Mediums (z.B. Animationsfilm, digitales Game, Installation) sind die Studierenden – nach Absprache mit den Lehrenden – frei.
S TUDIENFORMATE Da es sich bei dem MA »3D Animation for Film & Games« um einen berufsbegleitenden Studiengang handelt, findet der Präsenzunterricht kompakt an eineinhalb Tagen in der Woche statt (hauptsächlich montags sowie mittwochabends). Der Unterricht erfolgt dabei größtenteils im Jahrgangsverbund. Das Eigenstudium und die selbstständige Arbeit am Projekt können die Studierenden unter Berücksichtigung ihres beruflichen Workloads eigenverantwortlich planen. Auf struktureller Ebene wird im MA »3D Animation for Film & Games« zwischen zwei Modultypen differenziert: den Projektmodulen und den Modulen zur medientheoretischen und medienpraktischen Unterrichtung. Im Rahmen der Projektmodule werden zum einen fachspezifische Workshops angeboten, die sich sowohl direkt mit der Projektarbeit der Studierenden auseinandersetzen als auch weitergehende Handlungskompetenzen vermitteln, die die Studierenden in der Realisierung ihres Projekt unterstützen. Zum anderen ist die ausgeprägte Feedbackkultur ein wichtiges Merkmal der Projektlehre im MA »3D Animation for Film & Games«. Dies äußert sich in den dreimal im Semester stattfindenden Pitching-Sessions und in den regelmäßigen Mentoring-Terminen. Während letztere eine intensive Einzel- oder Kleingruppenberatung ermöglichen, zeichnen sich die Pitching-Sessions mit allen Studierenden und verantwortlichen Lehrenden des Projektmoduls durch eine professionelle künstlerische Diskussionskultur aus. Der Unterricht in den Modulen »Animation in Film & Games: History & Theory I – III« ist seminaristischer Natur und bietet den Studierenden verstärkt die Möglichkeit zum künstlerischen-wissenschaftlichen Diskurs, zum Erwerb von weiteren Handlungskompetenzen im Bereich der Informatik und Ökonomie sowie zur kulturellen Reflexion. Unabhängig von einer eher medienpraktischen oder -theoretischen Gewichtung entwickeln und realisieren die Studierenden ihr Masterprojekt im vierten Semester eigenständig. Dabei erhalten sie weiterhin gezieltes Mentoring.
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B ERUFSFELDORIENTIERUNG Befähigung zur qualifizierten Erwerbstätigkeit Die bereits beschriebenen dynamischen Veränderungen der Medienbranche aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung werden auch den Wiedereintritt der Absolventinnen und Absolventen des MA »3D Animation for Film & Games« ins Berufsleben beeinflussen.2 Mit dem erfolgreichen Abschluss des berufsbegleitenden Studiums verfügen die Studierenden über erhöhte künstlerisch-praktische und medientheoretische Kompetenzen, die es ihnen gestatten, auf dem dynamischen Arbeitsmarkt zu bestehen und diesen auch mitzuprägen. Das Arbeitsfeld der 3D-Animation ist besonders in den letzten Jahren von einer guten Auftragslage und der damit einhergehenden erhöhten Nachfrage nach gut ausgebildetem Fachpersonal bestimmt gewesen. Dies gilt auch für Fachdisziplinen jenseits der Kreativwirtschaft. So wird ebenfalls in den Bereichen Medizin oder Maschinenbau nach geeignetem Personal gesucht. Berufsfelder und Berufsbilder Den zahlreichen Möglichkeiten zum Trotz, die sich in fachfremden Branchen bieten, ist für die Mehrheit der Absolventinnen und Absolventen des MA »3D Animation for Film & Games« anzunehmen, dass sie eine Beschäftigung in den Bereichen Film oder Games anstreben bzw. sich in Richtung immersiver Medien weiterentwickeln werden. Dabei kommen u.a. aber nicht ausschließlich die folgenden Berufsbilder infrage: Character Animator, Animation Supervisor, Motion Capture Artist / Director, Environment Artist, Technical Artist / Director, 3D Character Artist, Concept Artist, 3D Animator, Lead Artist / Art Director, 3D Generalist, Texture Artist, Motion Designer, Technical Artist, CG Supervisor, Facial Animator, Motioncapture Animator oder Shader Artist. Aufgrund des künstlerisch-wissenschaftlichen Profils des Studiengangs ist darüber hinaus vorstellbar, dass sich die Absolventinnen und Absolventen
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Die ersten Studierenden des Masterstudiengangs »3D Animation for Film & Games« werden voraussichtlich im Sommersemester 2020 ihren Abschluss machen.
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stärker für eine Tätigkeit in Forschung und Lehre (inklusive Promotion) oder auch im Kulturmanagement interessieren.
MA »Zeitabhängige Medien / Sound – Vision – Games« Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg R ALF H EBECKER
D ER »G AMES -M ASTER «-S TUDIENGANG Der »Games-Master« Hamburg1 wurde 2009 auf Initiative von Gunther Rehfeld und der lokalen Wirtschaftsinitiative »GameCity Hamburg« als der erste Games-Master-Studiengang an einer staatlichen Hochschule in Deutschland gegründet. Zusammen mit dem Schwester-Teilstudiengang »Sound – Vision« bildet der Teilstudiengang »Games« den erfolgreichen Master-Studiengang »Zeitabhängige Medien / Sound – Vision – Games«. Beide Master-Teilstudiengänge gehören zum Department Medientechnik der Fakultät Design, Medien und Information an der HAW Hamburg. Der Games-Master wird federführend betreut von Gunther Rehfeld und Ralf Hebecker. Der Abschluss ist ein Master of Arts. Als Besonderheit richtet sich der Studiengang an Bachelor-Absolventen oder Diplomanden der Bereiche Design und Informatik sowie an angrenzende Bereiche. Dazu gehören beispielsweise Kommunikations-Design, Grafik, Illustration, Interaction- oder Medien-Design, Produkt-Design, Informatik, Medieninformatik, Medientechnik, Media Systems, Angewandte Informatik. Aber auch andere Studiengebiete wie z.B. Architektur, (Medi-
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Nähere Informationen unter www.gamesmaster-hamburg.de
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en-)Kunst oder Medienproduktion haben, die erforderliche Gamesnähe vorausgesetzt, in der Vergangenheit erfolgreich Bewerbungen gestellt. Der »Games-Master« bildet projektorientiert, interdisziplinär und besonders praxisnah für die rasch wechselnden Bedingungen der aktuellen und künftigen Spiele-Industrie sowie angrenzender Felder aus. Gleichzeitig trägt er durch eine große Zahl von Studiogründungen zur Weiterentwicklung der etablierten Branchen und zur Entstehung neuer Bereiche bei. (Mit-)Gründungen von Games-Master-Alumni führten inzwischen zu Hunderten neuer Arbeitsplätze, zum Beispiel bei Daedalic Entertainment, Xyrality, Threaks, Osmotic Studios, Vierbeuter, Mooneye Studios und anderen. Ebenso haben Absolventen des Games-Master in den letzten acht Jahren eine Vielzahl experimenteller und professioneller Projekte umgesetzt und Dutzende international renommierte Preise gewonnen, darunter beispielsweise mehrfach den Preis für das beste Nachwuchskonzept des Deutschen Computerspielepreises. Der Games-Master-Studiengang bietet jährlich 20 Studienplätze an. Es handelt sich hierbei um ein Vollzeitstudium mit einer Dauer von 3 Semestern. Das Studium schließt ab mit einer viermonatigen Master-Thesis, die aus einem praktischen und einem theoretischen Teil mit wechselnden Anteilen bestehen kann. Ein Theorieanteil ist verpflichtend. In Kooperation mit Partneruniversitäten ist eine anschließende Promotion möglich.
P HILOSOPHIE Der Game Designer Jesse Schell antwortet in seinem Buch The Art of Game Design auf die eigene rhetorische Frage, welche Fähigkeiten man als Game Designer brauche: »Kurz gesagt: alle!«2 Sogar mehr noch als in den schon sehr bunten Disziplinen Film und auch Design müssen hier Talente aus den unterschiedlichsten Disziplinen zusammenarbeiten. Eine Zusammenstellung von beispielsweise Produzenten, Verlegern, Projektentwicklern, Managern, Autoren, Historikern, Programmierern, Designern / Artists, Animatoren,
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Schell, Jesse: The Art of Game Design: A Book of Lenses, Burlington: Morgan Kaufmann 2008; Originalzitat: »What Skills Does a Game Designer Need? In short, all of them.«
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Musikern, Toningenieuren und allen Arten von Forschern in einem Projekt ist nicht ungewöhnlich. Nach Schell enthält jedes Spiel vier ›Zutaten‹: Ästhetik (Artworks, Design, Sound), Erzählung, Mechanik, Technologie. Diese können jedoch in sehr unterschiedlichen Gewichtungen auftreten. Manche Spiele, zum Beispiel TETRIS oder PONG, stützen sich stark auf ihre Spielmechaniken und kommen mit einem Minimum an ästhetischer Gestaltung oder gar Narration aus. Manche verfügen über eine ausgefeilte Hintergrundgeschichte und Spielewelten mit sehr fein ausgearbeiteten Charakteren (zum Beispiel THE LAST OF US oder LIFE IS STRANGE). Wichtige Qualifikationen, von denen die meisten Medienprojekte ebenso profitieren, fehlen in Schells Liste; beispielsweise Business Development, Organisation und Management sowie Öffentlichkeitsarbeit. Gleichzeitig tauchen seine vier Games-Zutaten in der Studienrealität kaum derart kantenscharf auf – und auch in der Arbeitsrealität nur in den hochspezialisierten Jobangeboten großer etablierter Firmen. In seinen Anfangsjahren richtete sich der Games-Master relativ klar an Designer / Artists oder an Informatiker. Schon seit Jahren ist jedoch erkennbar, dass manche Bewerber Anteile beider Begabungen mitbringen. Ebenso besteht oft Interesse an zusätzlichen Themen wie Dramaturgie, Management und Forschung. Viele Bewerber bestätigen, dass der Games-Master gerade wegen seiner raren fächerübergreifenden und ganzheitlichen Ausrichtung favorisiert wurde.
D ER B ACHELOR -S TUDIENGANG »M EDIA S YSTEMS « In den letzten Jahren nimmt das Interesse an Games-Themen auch in unseren Bachelor-Studiengängen erheblich zu. Dies betrifft vor allem den sechssemestrigen Medieninformatik-Studiengang »Media Systems«. Dieser Studiengang ermöglicht durch seine weitgehende Projektstruktur eine sehr gute Vorbereitung auf den Games-Master. Die Bachelor-Arbeit kann zusammen mit der (Games-)Industrie umgesetzt werden und kann eine starke Anwendungskomponente aufweisen. Das GamesLab, eigentlich hauptsächlich ein Labor für die Master-Studierenden, öffnet sich inzwischen auch für gemeinsame Projekte mit Bachelor-Studierenden, und einzelne Bachelors arbeiten sogar an den ›großen‹
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Master-Projekten mit. Die Besonderheiten des Games-Master-Studiengangs sollen in den folgenden Abschnitten weiter verdeutlicht werden.
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Die Studierenden, Informatiker und Designer, aber auch Absolventen anderer Disziplinen, erstellen über die gesamte Dauer ihres dreisemestrigen Studiums in Teams einen sogenannten ›Vertical Slice‹. Diese eigenen, frei gewählten, Spieleprojekte enthalten den Querschnitt eines kompletten Game-Design-Projekts: von Ideenfindung, Konzept und Planungsdokument (das sogenannte ›Game Design Dokument‹) über Prototypisierung, Zwischenpräsentation hin zur Produktion, Verfeinerung und schließlich zur Vorstellung der Ergebnisse. Durch dieses Studiengangslayout kommt der Teamzusammenstellung zu Beginn des Studiums eine große Bedeutung zu. Hier ist entscheidend, dass alle sich und ihre Fähigkeiten und Arbeitsweisen schnell kennenlernen. Wir veranstalten deshalb zu Beginn der Semester zwei bis drei einwöchige Game Jams, in denen die etwa 20 Studierenden in immer wechselnden Vierer- bis Fünfergruppen zusammenarbeiten. Das große Projekt wird flankiert von einer ganzen Reihe kleinerer Projekte, Experimente und Game Jams. Das Studium ist überwiegend projektorientiert. Die schulische (und organisatorische) Aufteilung in wöchentliche ›Stundenblöcke‹ und Frontalunterricht wird durch Projektarbeit und Workshops abgefedert. Diese Anteile werden durch seminaristische Angebote oder Vorträge begleitet. Unsere möglichst weit gehende Überwindung der Fächertrennungen führt einerseits zu erfreulich starken Kollaborationen von Teams aus Spezialisten. Gleichzeitig entstehen dort neue Zwischenbereiche, die bei strikter Fächertrennung kaum Zugang fänden, wie z.B. generativ-gestaltende Programmierer, scriptende Designer oder andere Talente ›zwischen den Stühlen‹ (und Disziplinen). Neben den naheliegenden Inhalten wie Design und Programmierung sowie Dramaturgie, Schreiben, Musik, Sound, Animation, Level-Architektur und anderen spielen diese großen Projekte auch eine entscheidende Rolle zur Übung von Teambildung und -bewahrung, Forschung, Kom-
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munikation, strategischem Planen und täglichem Projektmanagement. Diese Fähigkeiten sind den Fachkenntnissen an Wichtigkeit ebenbürtig. Das zusätzliche Set aus ›Soft Skills‹ verschafft den Absolventen spürbare Vorteile, wenn es dann darum geht, sich in bereits bestehende Designteams in der Industrie einzufügen oder eigene Unternehmen zu gründen und zu entwickeln. Entrepreneurship (und die entsprechenden Rechtsgrundlagen) spielen im Games-Master eine weitere wichtige Rolle. Entsprechend nutzen viele Teams ihr großes Projekt für Networking, Public Relations, die Entwicklung und Verifizierung passender Geschäftspläne und erste Schritte in Richtung Funding und Vertragswerk. Sie finden hier in Lehrbeauftragten wie zum Beispiel Carsten Fichtelmann (Daedalic Entertainment) oder Anwälten der internationalen Kanzlei Taylor Wessing erfahrene Ansprechpartner. Die Vernetzung innerhalb der Semester und mit den Alumni wird durch jahrgangsübergreifende Präsentationen, Events und Partys aktiv gefördert. Alumni und höhere Semester bieten zudem jahrgangsübergreifende Workshops und Vorträge an. Eine wichtige und spürbar erfolgreiche Zutat ist unser eigenes GamesLab mit kontinuierlichen, teamweisen Studio-Arbeitsplätzen, das rund um die Uhr zugänglich ist. Ebenso entscheidend ist die ungewöhnlich direkte Betreuung der Projekte durch Dozenten und Mitarbeiter. Dies wird erreicht durch schnelle und direkte Ansprechbarkeit und flankiert durch eine besonders effiziente Verwaltung.
S TUDIENSCHWERPUNKTE DES »G AMES -M ASTER «-P ROGRAMMS •
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Projekte des Games-Master versuchen nicht, die – ohnehin recht volatile – Industrie und ihre Geschäftsmodelle ›nachzuspielen‹, sondern eigene neue Genres, (Platt-)Formen, Anwendungen und Geschäftsmodelle zu kreieren. Ein Schwerpunkt dabei sind künstlerische Experimente für Spiele in und mit der Gesellschaft. Der Games-Master lebt eine besonders kollaborative und interdisziplinäre Kultur, sei es in Form gemeinsamer Projekte von Bachelors und
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Mastern an unserem Department oder in Form von departments-, fakultäts- oder hochschulübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Ebenso bilden vielfältige Kollaborationen mit spielenahen Industriepartnern einen vitalen Bestandteil des Games-Master. Hier ist allerdings zu beobachten, dass Kollaborationen mit etablierten Spielefirmen davon einen eher geringen Teil ausmachen. Erfolgreiche Projekte finden stärker mit gamesferneren Branchen statt, zum Beispiel in den Themen Gamification oder Schulungsspielen, oder zusammen mit Gründern in der Games-Industrie und angrenzenden Bereichen. Hamburg verfügt mit etwa 4000 Arbeitsplätzen über die mit Abstand stärkste Games-Industrie Deutschlands. Nicht wenige dieser Arbeitsplätze werden von Alumni der HAW Hamburg bekleidet. Entsprechend hochkarätig ist die Liste von Gastdozenten und Besuchern, die für praxisnahe und hochaktuelle Einblicke in die Branche sorgen. Fast die Hälfte der Studierenden und Absolventen des Games-Master zeigt Bereitschaft zu eigenen Studio-Gründungen. Viele bilden überdies Bürogemeinschaften und sind Teil einer lebendigen Kleingründer- oder Indie-Kultur. Wie bereits erwähnt nimmt in den letzten Jahren das Interesse an Games auch in unseren Bachelor-Studiengängen zu, vor allem im Medieninformatik-Studiengang »Media Systems«. Inzwischen hat sich hier eine gemeinsame Arbeits- und Projektkultur von Bachelor- und Master-Studierenden entwickelt, die beiden Seiten Vorteile und neue Möglichkeiten verschafft. ›Kill your Darlings‹: Games und die angelagerten Industrien verändern sich schnell und teilweise erheblich. Entsprechend basieren die GamesLehrangebote an der HAW Hamburg auch auf der Bereitschaft, sicher geglaubte Rezepte immer wieder zu prüfen und wenn nötig anzupassen oder ganz neu zu konzipieren. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass trotz der inzwischen fast schon monatlich ausgerufenen Hypes auch Gelassenheit und Konzentration auf solide Inhalte und deren professionelle Produktion weiterhin tragfähige Qualitäten sind.
Im Folgenden möchten wir abschließend drei unserer Meinung nach wichtige Aspekte für ein erfolgreiches Studium noch einmal näher beleuchten.
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G EMEINSAME T EAM - UND I DEENBILDUNG , GEMEINSAME R ÄUME In vielen projektorientierten Kursen erleben wir heute eine Zunahme von Telearbeit: die Studierenden nutzen Skype, Facebook, Whatsapp, Trello und andere Plattformen für vernetztes, gemeinsames Arbeiten. Dies ist einerseits begrüßenswert, bildet es doch Teile der Arbeitsrealität ab. Gleichzeitig erfordern diese Systeme eine erhebliche Disziplin und Konzentration. Die Medien drängen sich bisweilen zwischen eine effektive und effiziente Team-, Kommunikations- und Projektkultur. Dies behindert dann insbesondere noch unerfahrene, jüngere Studierende. Die positiven Effekte früher, regelmäßiger und gemeinsamer Projektarbeit in gemeinsam genutzten Begegnungs- und Arbeitsräumen sind nicht zu unterschätzen. Zugängliche und gut ausgestattete Sozialräume, Studios, Werkstätten, Labore, Projekt- und Arbeitsräume – und eine gute Kaffeemaschine – sind erheblich für die Güte der Projektergebnisse und auch für das Entstehen einer belastbaren Gemeinschaft unter den Studierenden, auch über Studiengangs- und Jahrgangsgrenzen hinaus. In der Designlehre ist diese Studio-Kultur glücklicherweise schon recht weit verbreitet. Andere Studiengänge sind hier leider noch öfter geprägt durch traditionelle schulische Layouts aus Klassen- und Seminarräumen und Vorlesungssälen. Das gemeinsame GamesLab und ein für alle Jahrgänge synchronisierter Stundenplan ermöglichen den Arbeitsgruppen des Games-Master regelmäßige Treffen und feste Arbeitszeiten. Besonders in den frühen Teambildungsund Ideenfindungsphasen ist dieser Ansatz empfehlenswert. Wenn die Kompetenzen verteilt sind und der gemeinsam vereinbarte Projektplan klarer ist, können Teile der Gewerke auch von zu Hause erledigt und in regelmäßigen Treffen abgestimmt und zusammengeführt werden.
P ROJEKT -
UND
P ROBLEMMANAGEMENT
Die Studierenden lernen zusätzlich zu ihren ›regulären‹ Aufgaben innerhalb des Spiele-Designs (Gestaltung, Programmierung, Story, Spiel-Mechaniken) auch Strategie, Planung, Management und Öffentlichkeitsarbeit als wichtige Komponenten eines realistischen Spiele-Entwicklungsprojektes kennen. Entrepreneurship und Game-Produktion sind entsprechende Kursangebote.
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So soll von Anfang an das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass alle diese kommunikativen und planerischen Fähigkeiten wie die anderen Fachgebiete gelernt und geübt werden sollten. Für nahezu jedes Bachelor- und Master-Curriculum empfehlen sich zudem Problemlösungsfähigkeiten wie Kritikfähigkeit, Diskussions- und Streitkultur und einige Grundlagen aus dem Team- und Personalmanagement. Diese werden in zu vielen Studiengängen als nebensächlich unterschätzt. Immer wieder scheitern auch bei uns vielversprechende Teams und Projekte an einer scheinbar zunehmenden Konfliktunfähigkeit.
D AS S PIEL
IST NUR EIN
T EIL
DES
S PIELS
Zu viele studentische Teams zögern viel zu lange, um mit ihren Projekten an die Öffentlichkeit zu treten. Sie verschenken damit viele Möglichkeiten: frühe Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung mit Fans, Akquisition von Talenten und Partnern, unvorhergesehene (oder unverhoffte) Kontakte, eigene Motivation durch Publikationszyklen und nicht zuletzt den Ausbau des eigenen Portfolios. Viele Teams richten heute eigene Blogs und Facebook-Seiten ein. Nicht wenige sehr erfolgreiche Teams gehen aber noch einige Schritte weiter: ein Projekttagebuch mit Tutorials, Berichten und Voransichten. Sneak Previews, Let’s Plays, Ausstellungsbeteiligungen. Nicht zuletzt durch diese frühe Öffentlichkeitsarbeit und entsprechend frühe Einreichungen konnte manch ein Projekt noch vor der Abschlusspräsentation einige Spielepreise gewinnen. Die Relevanz – und der damit verbundene Aufwand – solch früher Dokumentations- und Öffentlichkeitsarbeit wird von vielen Studierenden allerdings noch unterschätzt. Sie sehen noch zu sehr das Spiel selbst im Mittelpunkt. Computerspiele sind aber, wie alle modernen Medienartefakte, kommunikative Objekte und Prozesse, die möglichst früh mit ihrem Publikum vernetzt werden sollten.
L ITERATUR Schell, Jesse: The Art of Game Design: A Book of Lenses, Burlington: Morgan Kaufmann 2008.
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S PIELE LIFE IS STRANGE (Square Enix 2015, O: Don’t Nod Entertainment) PONG (Atari 1972, O: Atari/Allan Alcorn) TETRIS (The Tetris Company 1984, O: Alexei L. Paschitnow, Vladimir Pokhilko) THE LAST OF US (Sony Computer Entertainment 2013, O: Naughty Dog)
MA »Medien- und Spielekonzeption« Hochschule Harz D OMINIK W ILHELM , D ANIEL A CKERMANN »The storyteller has direct creative control over his audience’s experience; the game designer has indirect control; the toymaker has almost none.« CHRIS CRAWFORD1
P HILOSOPHIE / M ISSION S TATEMENT Studierende erlernen innerhalb des Masterstudiums der Medien- und Spielekonzeption an der Hochschule Harz die Fähigkeiten zur Entwicklung, Planung und Umsetzung von Medien- und Spielkonzepten. Wegen der hohen Praxisorientierung ist der Studiengang auch für Kooperationspartner von Interesse, die digitale Medien herstellen, vertreiben oder einsetzen möchten und zum Beispiel Partner im Bereich Forschung und Entwicklung suchen. Worin liegen die Herausforderungen für zukünftige Kreativschaffende und Medienspezialisten? Schaut man sich die Personalstrukturen in der Medien- und Spieleindustrie an, fällt auf: Die Teams könnten nicht heterogener sein. Menschen mit sehr differenzierten Ausbildungen und Bildungswegen
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Crawford, Chris: The Art of Computer Game Design, Berkeley/California: McGraw-Hill/Osborne Media 1984.
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arbeiten kollaborativ an komplexen multimedialen Produkten. Gesucht sind Teamplayer. Studierende müssen den gezielten Einsatz des eigenen Wissens, individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten in Teamarbeit, auch in leitender Position, üben. Erst die Kenntnis der eigenen Leistungsfähigkeit und die der Teammitglieder erschließt das Potential eines Teams. Gleichzeitig werden Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen an der Fähigkeit gemessen, ihr eigenes Potential zu schärfen und durch persönliche Portfolioarbeit und Marketing erfolgreich zu kommunizieren, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen und sich erfolgreich weiterentwickeln zu können. Hinzu kommt: Die stetige Progression von Technologien und Technik verlangt nach Methoden der Übersicht und der Konzentration auf den Konzeptions- und Produktionsprozess einer Software, eines Spiels oder eines Videos. Studierende müssen über den Tellerrand ihrer eigenen Fähigkeiten sehen und erkennen, wie sich die Komplexität medialer Produkte erschließen lässt. Abbildung 1: Analog Game Development im Modul Game Elements
Quelle: Linda Hube, Marie E. Petters, Robert Boehm
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Im Einsatzfeld von Serious Games (Spiele, die nicht primär oder ausschließlich der Unterhaltung dienen) werden die Studierenden mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Wie konzipiert man ein spannendes Spiel, wenn es beispielsweise zur Fortbildung in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden soll? Welche Eigenschaften charakterisieren kontinuierliche und diskrete Medien? Wie wirkt sich der Faktor Zeit auf einen Spielverlauf im medizinischen Bereich aus? Um diese beispielhaften Fragen zu beantworten, sind Kenntnisse über Intention und Wirkung, mithin die soziale und kulturelle Komponente von Medienprodukten, notwendig. Implikationen aus der Medientheorie und der Ludologie können in der Ausbildung von Studierenden im Medien- und Spielebereich als vertieftes Wissen zur Anwendung in eigenen Projekten genutzt werden. Die Medien- und Spielekonzeption (M.A.) vereint Theorie und Praxis im Modell eines projektbezogenen Studiums. Zu den Charakteristika und Besonderheiten des Studienganges gehören: • • • • • • • • • • • • •
Betonung von Selbst-, Zeit- und Projektmanagement Interdisziplinarität innerhalb der Projekte Qualität vor Quantität (zum Beispiel müssen nur fünf Prüfungen pro Semester absolviert werden) nicht jeder muss alles können, alle gemeinsam entwickeln das Ergebnis Selbstständigkeit, Eigeninitiative, Teamfähigkeit und Kreativität Entwicklung/Förderung des eigenen Kommunikationsvermögens Schnittstellenkompetenz & Konvergenz der Medien Methodenvermittlung für das Erschließen von Wissen Tandem-Teaching – mehrere Professorinnen/Professoren lehren zusammen ein Modul Fertigkeiten anhand aktueller Technologien erlernen/ausbauen realitäts- und projektbezogenes Studium (Reflexion der theoretischen und praktischen Ergebnisse) Förderung von strukturiertem und analytischem Denken schnelle Reaktion auf Anforderungen des Arbeitsmarktes
Die Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiengangs Medien- und Spielekonzeption
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• • • • • • • • • •
können komplexe technische und gestalterische Probleme, Themen und Aufgabenstellungen analysieren und strukturieren; sind in der Lage, Spiele und Medienprojekte in Teams unterschiedlicher Profession zu konzipieren und umzusetzen; verfügen über vertiefte Kompetenzen und Fähigkeiten in Team- und Projektarbeit; verfügen über hohe wissenschaftliche, gestalterische wie integrative Kenntnisse und Qualifikationen in den Bereichen Medien und Spiele; haben ihre Kompetenzen als Teamplayer ausgebaut; besitzen umfangreiche Coaching- und Führungskompetenzen; orientieren sich an der wandelnden digitalen Medien- und Kulturindustrie; haben kommunikative und soziale Kompetenzen in eigenen Projekten trainiert; sind kritikfähig und betreiben (Selbst-)Marketing; verfügen über ein eigenes aussagekräftiges Portfolio.
S TUDIENSCHWERPUNKTE Der Studiengang Medien- und Spielekonzeption orientiert sich an der Persönlichkeit seiner Studierenden sowie einer sich stetig wandelnden digitalen Medien- und Kulturindustrie. In agilen Teams aus Studierenden unterschiedlicher Professionen werden Konzepte, Spiele und Medienprojekte erarbeitet. Das Masterstudium erweitert bewusst den bereits bestehenden gestalterischen Schwerpunkt der Medieninformatik an der Hochschule Harz mit dem Abschluss ›Master of Arts‹ (M.A.). Zudem fokussiert das Masterprogramm auf Selbstständigkeit und Berufspraxis in einer projektorientierten Ausbildung, denn Studierende sollen sich von Konsumenten zu kreativen Köpfen und Machern entwickeln. Kern: Spezialisierung Eine Vertiefung von Kenntnissen und Fähigkeiten der Studierenden in Team- und Projektarbeit erfolgt mit individuell zugeschnittenen Spezialisierungen aus den Bereichen Game & Interaction, Web & Crossmedia, Film & Audio sowie Software & Data.
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Kern: Theorie & Praxis In Medientheorie und Ludologie sowie Theorie- und Praxisprojekten erweitern Studierende ihre wissenschaftliche Qualifikation und ihre Fähigkeiten im Teamplay. Diese Projekte können sowohl einzeln als auch im Team bearbeitet werden. Kern: Wissenstransformation Studierende sollen lernen, Wissen zu begreifen und zu reproduzieren sowie ihr eigenes Wissen zu vermitteln, indem sie andere Studierende anleiten. In den Fächern Wissensmanagement und Wissensvermittlung geben Studierende Wissen an Studierende aus dem Bachelorstudiengang Medieninformatik weiter und erwerben damit wertvolle Coaching- und Führungskompetenzen. Abbildung 2: Cube Loop
Quelle: Goldkatz Studio Die Studierenden des Masterprogramms haben zusätzlich die Möglichkeit, innerhalb der Bachelormodule der Medieninformatik Wahlfächer zu belegen, um individuelle Basis-Fertigkeiten und -Kenntnisse zu erlangen oder aufzufrischen. Die Fächer der Medieninformatik an der Hochschule Harz
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bieten mit dieser Verzahnung einen weit gespannten Kanon medienrelevanter Grundlagen, auf denen die Masterstudierenden aufbauen können. Somit wird, auch bei Heterogenität des Wissensstandes der Studierenden, der Blick über den Tellerrand für alle Studierenden ermöglicht.
M ETHODIK
UND
D IDAKTIK
Die Presse, hauptsächlich professionelle Spiele- und Layoutzeitschriften, berichtet oft von ›Traumjobs‹ in der Medien- und Kreativwirtschaft, in der Spieleindustrie und bei Agenturen. Der Blick auf diese Felder offenbart: Viele Quereinsteiger diverser Berufsgruppen üben diese Berufe aus. Daraus resultieren sowohl im Medien- als auch im Spielebereich entsprechende Anforderungen an die Berufsneulinge – zum Beispiel bei den Themen Gestaltung, Programmierung, HCI, 3D, Film, Storytelling einen fundierten Wissensstand zu besitzen, mithin sich auf mehreren oder einem dieser Felder marktfähig zu positionieren. Wir erreichen diesen Stand, indem wir die individuellen Potentiale in einem projektorientierten Studium verflechten. Um den Studierenden den Einstieg in das Curriculum zu erleichtern und gleichzeitig eine persönliche Herausforderung zu markieren, wird im ersten Semester ein individuelles ›Learning Agreement‹ aufgestellt. Darin sind die zu belegenden Module, die persönlichen Vorstellungen bezüglich der Spezialisierungen und eventuelle Themen der Masterarbeit aufgeführt. Somit können die Studierenden von Anfang an das Optimum aus ihrem Studienverlauf herausholen. Für die curriculare Planung lassen sich aus den persönlichen Vorlieben der Masterstudierenden Rückschlüsse auf das Angebot an Spezialisierungen ziehen. So ist es möglich, diese Module gegenüber den Vorsemestern zu variieren. Ausgewählte Seminare und Vorlesungen werden durch die Lehrenden in Form von Tandem-Teaching durchgeführt. Zwei Lehrende vermitteln ein Modul. Die Absprachen unter den Lehrenden verlaufen so reibungsloser und es gelingt im Resultat eine echte Verzahnung von Kernkompetenzen und Denominationen von Professorinnen und Professoren. Dies ist elementar zum Beispiel bei der Konzeption von Schnittstellen (HCI): Programmierung und Gestaltung arbeiten Hand in Hand. Der Masterstudiengang, als logische Erweiterung des Bachelor-studiengangs Medieninformatik der Hochschule Harz, profitiert so von den Syner-
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gien zwischen den Lehrenden und spornt die Studierenden zum Perspektivenwechsel zwischen dem eigenen Standpunkt und der Sichtweise anderer Gewerke an. In Teams und in seminaristischen Unterrichtseinheiten vermitteln die Studierenden deshalb auch selbstständig ihr Wissen. Die Module Wissensvermittlung und Wissensmanagement ermöglichen den Masterstudierenden, eigene Projektthemen zu entwickeln und kleine Gruppen im Bachelorstudiengang Medieninformatik anzuleiten. Jenseits des Erlangens von ECTS stärkt dieses Angebot die Lehr- und Vermittlungs-qualitäten der Masterstudierenden, es trainiert die Kollabo-ration wie die methodische Leitung und Steuerung interdisziplinärer Projekte – sämtlich hoch nachgefragte Kernkompetenzen bisheriger Absolventen. Um den beruflichen Einstieg erfolgreich zu gestalten, erfolgt neben dem Erlernen fachlicher Kompetenzen ein intensives Coaching im Bereich Selbstmarketing und Portfoliomanagement.
Z IELGRUPPE , Z AHL DER S TUDIENPLÄTZE , S TUDIENDAUER , A UFNAHMEVERFAHREN Zielgruppe des Studiengangs Medien- und Spielekonzeption (M.A.) sind zunächst Absolventen gestalterischer und wissenschaftlich ausgerichteter Medien- sowie Informatikstudiengänge. Der Studiengang ist nicht zulassungsbeschränkt. Immatrikulationen finden zum Sommer- und Wintersemester statt, um den Studienverläufen der Bachelorabsolventen entgegenzukommen. Dieser Turnus eröffnet zudem den Lehrenden die Möglichkeit, mit Studierenden unterschiedlicher Jahrgänge in denselben Fächern arbeiten zu können. Das begünstigt einen stetigen Erfahrungsaustausch zwischen den Studierenden unterschiedlichen Wissensstandes. Die Studiendauer beträgt drei Semester für Studierende mit 210 ECTS im Bachelorabschluss und kann sich formell bei Studierenden mit 180 ECTS im Bachelorabschluss auf vier Semester verlängern. In grundlegenden Veranstaltungen, speziell der Medieninformatik, welche an der Hochschule Harz einen traditionell hohen Gestaltungsanteil enthält, holen Bachelor-Absolventinnen und Absolventen mit ›180 ECTS-Abschlüssen‹ 30 ECTS nach, um mit Abschluss des Masterstudiums insgesamt 300 ECTS zu erreichen. Der individuelle Studienverlauf wird in einem persönlichen ›Learning Agree-
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ment‹ geplant und hängt von den Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen der Studierenden ab. Das Aufnahmeverfahren wird fachlich über die Zulassungskommission geleitet. Die Unterlagen der Bewerberinnen und Bewerber werden im Immatrikulationsamt zunächst auf Vollständigkeit geprüft. Im Anschluss begutachtet die Zulassungskommission die fachliche Eignung. Dabei wird dem geforderten Motivationsschreiben der Bewerberinnen und Bewerber ein hoher Stellenwert beigemessen: Was will die Bewerberin/der Bewerber mit seinem Masterstudium erreichen? Neben dem Bachelorabschluss begutachtet die Kommission praktische Erfahrungen wie persönliche/berufliche Zielstellungen. Diese Vorgehensweise führt medienbegeisterte Studierende zu uns, welche zunächst fachfremd erscheinen, deren Potential sich aber entfaltet – entsprechend individueller Ziele, der Teamarbeit und den Modulangeboten des Masterstudiengangs. Abbildung 3: AuriEnlightens: Spielkonzept
Quelle: Marie E. Petters
S TUDIENVERLAUF Es gilt, den Erfahrungsschatz, mit dem Bachelorabsolventinnen und -absolventen zu uns kommen, auszubauen und den Studierenden von Anfang an
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eine Perspektive auf ihren persönlichen Studienverlauf für den Zeitraum von drei bis vier Semestern zu geben. Dazu fertigen die Studierenden im ersten Semester ein ›Learning Agreement‹ an. In diesem ›Learning Agreement‹ werden zum Beispiel die gewünschten Spezialisierungen gelistet und eventuell nachzuholende ECTS aus Wahlmodulen innerhalb der Gestaltung oder Informatik der Medien festgelegt. Der Umfang der zu belegenden Wahlmodule verlängert unter Umständen das Studium um ein Semester, welches als Vorsemester absolviert werden kann. Es ist ebenfalls möglich, diese Wahlmodule über den Verlauf des Studiums bis zur Masterarbeit zu verteilen. Alle anderen Inhalte des Masterstudiums sind im Curriculum festgelegt. Die Modulbezeichnungen sind im folgenden Text kursiv markiert. Erste und Zweite Semester Vermittlung von Kenntnissen Natur- und ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse, gestalterische Kenntnisse, integrative und wissenschaftliche Kenntnisse erlangen die Studierenden in den Bereichen: •
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Medien durch Vermittlung von Wissen über Medientheorie (Medienkultur, digitale Kultur, Wissen über komplexe Prozesse in der Medienkonzeption) sowie durch das Einflechten integrativen Wissens (beispielsweise philosophische/psychologische Implikationen) in den Unterricht. Die Herausforderung für die Studierenden besteht in der Übertragung von theoretischem Wissen auf andere Themen. Games durch Wissen über Ludologie (Analyse von Funktionalität und Wirkung digitaler Spiele, deren Geschichte und Bedeutung, sowie Übertragung und Nutzung in diversen Einsatzszenarien) und integratives Wissen (beispielsweise soziologische/psychologische Implikationen). Die Studierenden bearbeiten Fragestellungen der Spieletheorie und verstehen die Einflüsse von Zufall und Regel in komplexen Spielabläufen. Umgang mit Wissen durch Wissensmanagement (Methode, Struktur und Anwendung von Wissensprozessen) und Wissensvermittlung (gezielte Vermittlung von Wissen, Einordnung von Methoden und Relevanz
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bestimmter Formen der Wissensvermittlung sowie deren praktische Erprobung). Wissen als Schatz zu begreifen und die praktische Vermittlung von Wissen in Unterrichtssituationen schult die Studierenden im Umgang mit Menschen und der Reflexion eigener Kenntnisse. Vermittlung von Fertigkeiten Hier erlernen die Studierenden Analyse und Strukturierung von komplexen technischen und gestalterischen Problemen, Themen und Aufgabenstellungen sowie die entsprechende Methodenauswahl beziehungsweise -entwicklung. Das Durchführen von vertieften Literaturrecherchen, die Konzeption und Umsetzung von Spielen und Medienprojekten in Teams unterschiedlicher Profession, Interpretation und Reflexion von Medien und Spielen im sozialen und kulturellen Umfeld sowie (Selbst-)Marketing bilden den Kern im Zusammenspiel von Theorie und Praxis. Die Studierenden werden gefordert: •
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in den Spezialisierungen durch die Anwendung von Kenntnissen sowie Übung ausgewählter Technologien und Methoden aus den Bereichen Game & Interaction, Web & Crossmedia, Film & Audio sowie Software & Data zur Erzeugung von multimedialen Produkten, digitalen und analogen Spielen – individuell und im Team. im eigenen Theorieprojekt durch das wissenschaftliche und gestalterische Vorgehen bei der Planung eines Projekts und der Projektstrukturierung eines eigenständig gewählten Themas. Studierende erwerben Kenntnisse über die Vermittlung des Projektthemas, des Projektverlaufs und den Umgang mit der Budgetierung des Projektes. im eigenen Praxisprojekt durch das Erstellen von Prototypen eines Medienprojekts. Die Studierenden sind in der Lage, zu differenzierten Aspekten (zum Beispiel Programmierung, Gestaltung, Kommunikation, Ergonomie) eine Variantenbildung ihres Prototyps durchzuführen. Sie können den Prototypen zielgruppenorientiert präsentieren und erlangen Sicherheit im Umgang mit Kunden.
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Erlangen von Kompetenzen Über die fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten hinaus müssen hochqualifizierte Absolventinnen und Absolventen ihre eigene Arbeit konstant reflektieren. Durch kritisches Denken, vernetztes Denken sowie Kommunikationskompetenz (in Wissensvermittlung, durch Kooperation und Teamwork) erlangen die Studierenden wertvolle Coaching- und Führungskompetenz sowie Transferkompetenz. Ein konstantes Projektmanagement solitär und im Team stärkt die Studierenden (sozial, im Change-Management, gestalterisch sowie interkulturell). Dritte und vierte Semester Die Abschlussarbeit besteht aus einer theoretischen/schriftlichen Ausarbeitung, für deren Erarbeitung die Studierenden bis zu 22 Wochen Zeit zur Verfügung steht. Es ist ihnen freigestellt, dazu praktische Arbeiten anzufertigen und diese zu reflektieren. Der Charakter dieses Werkberichtes innerhalb einer gestalterischen Arbeit ist der Qualität der Masterarbeit nicht nur dienlich, vielmehr ist die im Studium erworbene Kompetenz der Verknüpfung von Theorie und Praxis in dieser Form sehr gut zu kommunizieren. Während und vor der Durchführung der Masterarbeit haben die Studierenden die Freiheit, mit der Medienindustrie und Kulturwirtschaft zu kooperieren. Die Lehrenden unterstützen diese Kooperationen insbesondere für anschließende oder vor der Masterarbeit stattfindende Praktika. Promotionsmöglichkeiten bieten sich Absolventinnen und Absolventen insbesondere im wissenschaftlich-philosophischen wie gestalterisch-wissenschaftlichen Feld. Der Studiengang ist noch jung. Über abgeschlossene Promotionen wird in Zukunft zu berichten sein.
G ESCHICHTE
DER I NSTITUTION
Die Hochschule Harz wurde in ihrer institutionellen Form 1991 gegründet. Der Wirtschaftsinformatiker H. Eirund lotete gemeinsam mit dem Designer E. Högerle ab 1995 die Möglichkeiten zu einem neuen Studiengang aus, der den kommenden Internet-Boom und die Möglichkeiten von 3D, Bewegtbild in Multimedia, Informatik und Gestaltung vereinigen und Berührungspunkte zum Projektmanagement und Marketing haben würde.
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Im Jahr 1997 erfolgte die Gründung des wissenschaftlichen Studiengangs Medieninformatik, der maßgeblich die Grundlage für die Idee und ab 2015 die Umsetzung eines gestalterischen Masterstudiengangs der Medien- und Spielekonzeption bildete. Am Standort Wernigerode befindet sich heute der Fachbereich Automatisierung und Informatik, in dem die Studiengänge Medien- und Spielekonzeption und Medieninformatik geführt werden. Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften ist ebenfalls auf dem Campus Wernigerode beherbergt. In Halberstadt befindet sich der Campus des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften. In insgesamt 27 Studiengängen sowie innerhalb zahlreicher Weiterbildungs- und Zertifikatskurse lernen an der Hochschule Harz ca. 3 000 Studierende und arbeiten ca. 270 Mitarbeiter/innen. Abbildung 4: Trespassers – Konzeptstudie
Quelle: Felix Reichel
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P ROFESSOREN
UND
L EHRENDE
Das Konzept der Medien- und Spielekonzeption wird von mehreren internen wie externen Dozenten getragen. Im Kern sind diese: Daniel Ackermann Produktion interaktiver Medien / Design multimedialer Schnittstellen Christopher Jung Visuelle Kommunikation Valentin Kohlmeier Künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich HCI Martin Kreyssig Digitales Bewegtbild Jürgen Singer, Visual Computing Dominik Wilhelm Medieninformatik / Angewandte Spielkonzepte / Applied Games Das Tandem-Teaching (zum Beispiel in einem Modul mit Inhalten aus der Visuellen Kommunikation und der Produktion interaktiver Medien) bewirkt eine Verzahnung der Kompetenzfelder der Lehrenden im Einsatzbereich Medien und Spiele. Dieses Zusammenspiel fordert die Studierenden auf, sich inhaltlich und methodisch zu positionieren. Die Studierenden lernen, über den Tellerrand zu blicken, sich neue und überschneidende Themen zu erschließen und darin zu arbeiten. Gleichzeitig fördert es die weitere Entwicklung des Studiengangs und die Kommunikation unter den Professor/innen, Mitarbeiter/innen und Studierenden.
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A LUMNI , S PIELE , M EDIENPRODUKTE Studierende der ersten beiden Jahrgänge der Medien- und Spielekonzeption befinden sich aktuell im Stadium der Abschlussarbeiten. Unser Bachelor der Medieninformatik hat bereits Absolventinnen und Absolventen in die Games-Industrie gebracht (unter anderem zu Wooga, Daedalic Entertainment oder Blue Byte). Darüber hinaus führt die Hochschule Harz ein umfangreiches Alumni-Programm, in dem zu den Absolventinnen und Absolventen ein aktiver Kontakt gepflegt wird. Die Erfahrungen der Alumni sind in das Curriculum des Masterstudiengangs eingeflossen. Im Folgenden stellen wir exemplarisch drei aktuelle Projekte der Medien- und Spielekonzeption vor, welche die Bandbreite der Produkte verdeutlichen, die in den ersten drei Semestern unseres noch jungen Studiengangs entstanden sind. Weitere Beispiele sind unter www.medieninformatik.de zu sehen. Harz-Escape: Entwicklung eines Escape-Rooms Der erste Escape-Room ist 2007 in Japan entstanden, seit Anfang 2016 betreibt Julia Ivancenco in Wernigerode ihren namens HARZ-ESCAPE. Gemeinsam mit den Master-Studentinnen Jenny Albrecht, Sandra Hanstein und Johanna Daher konzipierte sie einen neuen Raum zum Thema ›Hexenprüfung‹. Dieser wurde im Rahmen des Seminars ›Theorieprojekt‹ entwickelt und im damit verknüpften ›Praxisprojekt‹ umgesetzt. Abbildung 5: Harz-Escape
Quelle: http http://www.harz-escape.de
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Die Prüfungen und Rätsel des Escape-Rooms enthalten viele technische Komponenten, weshalb sich das Master-Team beispielsweise mit der Programmierung der Arduinos, Verknüpfung der Raspberry Pis und Verkabelung des gesamten Raums an einen Hauptrechner beschäftigten. Außerdem setzte es Aufgaben im Bereich des Designs, des Storytellings, der Projektplanung, des Puzzledesigns und der Elektrotechnik um. Insgesamt dauerte das Projekt ein Jahr, der Escape-Room wurde Ende August 2017 eröffnet. Unknown Ocean Abbildung 6: Unknown Ocean
Quelle: Handmade Sushi
UNKNOWN OCEAN ist ein Rogue-like Shoot’em-Up mit endlosen, prozedural generierten Gegnerwellen. Der Spieler erforscht in einem modifizierbaren U-Boot die Tiefsee und wird mit verschiedensten Kreaturen konfrontiert. Die handgezeichneten 2D-Grafiken und der adaptive Soundtrack verleihen der Unterwasserwelt eine eigenständige Atmosphäre. Team • Handmade Sushi – Norman Henges (Creative Direction / Programmierung), Jan Wegener (Programmierung), Hendrik Rasch (Game Design), Swetlana Rahn (Art), Thomas Karolczak (Sound Design)
570 | DOMINIK W ILHELM, DANIEL A CKERMANN
Zeitraum • April 2016 bis September 2016 im Rahmen des Kurses ›Game Development/Kollaboratives Studio‹ • seit September 2016 in freier Zusammenarbeit weitergeführt Tools Unity, FMOD
•
Veröffentlichungen • Präsentiert beim Minff-Award 2016 an der HS Harz (1. Platz) • Präsentiert auf der ADD ON 2017 an der HS Harz Cube Loop Abbildung 7: Cube Loop
Quelle: Goldkatz Studio
Das 3D-Rätselspiel CUBE LOOP kombiniert Puzzlegeschick und räumliches Denken in einem spannenden Konzept: der Spieler beherrscht die Gravitation und navigiert sich mit Drehungen durch das Level. Der erste Prototyp entstand im Sommersemester 2016 und wurde im Anschluss weiterentwickelt.
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Team • Goldkatz Studio – Albert Pelz (Producing / Game Design), Annette Oefner (Art / Level Design / PR), Sadjad Krüger (Game Design / Level Design / PR), Marie Petters (Art / Story), Sarah Grohmann (Programmierung / Technical Art), sowie Jannik Mewes, Marc Dannemann und Malek Haj Amor.
L ITERATUR Crawford, Chris: The Art of Computer Game Design, Berkeley, California: McGraw-Hill/Osborne Media 1984.
MA/MSc »Computerspielwissenschaften« Universität Bayreuth J OCHEN K OUBEK
Der Masterstudiengang Computerspielwissenschaften (Abschluss: entweder Master of Arts oder Master of Science) ist wahlweise eine direkte Fortsetzung und Vertiefung des Bachelorstudiengangs1 oder für Quereinsteiger die Möglichkeit, Computerspiele aus medienwissenschaftlicher und informatischer Sicht kennen zu lernen. Der Master vermittelt theoretische, methodische und anwendungsbezogene Kenntnisse des wissenschaftlichen und praktischen Umgangs mit Computerspielen. In seinem Zentrum steht die Untersuchung der historischen, ästhetischen und technischen Aspekte von Computerspielen sowie die theoretisch angeleitete und reflektierte Umsetzung in praktische Entwicklungsprojekte. Mit seiner interdisziplinären Ausrichtung befasst er sich auf einer medientheoretischen und kulturwissenschaftlichen Grundlage mit Theorien, Kulturen und Ästhetiken des Spiels. Auf Seiten der Informatik werden Computerspiele als informationstechnische Systeme betrachtet und in die Analyse ihrer Architektur, Algorithmen und Datenstrukturen eingeführt. Diese Grundlagen werden in umfangreichen Projektarbeiten konzeptuell und technisch umgesetzt, wodurch nicht nur ein vertieftes Verständnis für das Phänomen Computerspiel erreicht, sondern gleichzeitig der Aufbau eines Spielportfolios gefördert wird.
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Zum BA »Medienwissenschaft und Medienpraxis« an der Universität Bayreuth siehe S.483 in diesem Band.
574 | JOCHEN KOUBEK
Studienschwerpunkte Die Besonderheit des Masters Computerspielwissenschaften liegt in der Verbindung von Medienwissenschaft und Informatik mit der gleichzeitig angebotenen Möglichkeit, bestimmte Aspekte der Ausbildung zu vertiefen. Studierende können sich in vier Spezialisierungen entwickeln, die zwar keine getrennten Studienpfade beschreiben, aber dennoch verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen: Die Spezialisierung Media Scholar (Games) bereitet auf eine Tätigkeit als Medienwissenschaftlerin oder als Medienwissenschaftler vor. Hier steht die medienwissenschaftliche Betrachtung von Spielkulturen im Mittelpunkt, die sich z.B. in einer historischen, ästhetischen oder kulturwissenschaftlichen Herangehensweise an das Phänomen Spiel äußert. Eine Spezialisierung als Media Scholar (Games) kann insbesondere in eine medienwissenschaftliche Promotion münden, die im Anschluss im Rahmen des Promotionsprogramms Computerspielwissenschaften an der Universität Bayreuth durchgeführt werden kann. Die Spezialisierung Computer Scientist (Games) bereitet auf eine Tätigkeit als Informatikerin oder als Informatiker vor. Hier steht die informatische Betrachtung von Computerspielen im Mittelpunkt, die sich auf einen technischen Aspekt des Phänomens Spiel konzentrieren kann, z.B. Computergrafik, künstliche Intelligenz oder Physik. Eine Spezialisierung als Computer Scientist (Games) kann insbesondere in eine informatische Promotion münden, die im Anschluss im Rahmen des Promotionsprogramms Computerspielwissenschaften an der Universität Bayreuth durchgeführt werden kann. Die Spezialisierung Game Designer bereitet auf die Tätigkeit als Spieleentwicklerin oder als Spieleentwickler vor. Hier steht die konzeptuelle Tätigkeit der Spielentwicklung im Mittelpunkt, die sich in reflektierten Spielentwürfen zu verschiedenen Themen äußert. Eine Spezialisierung als Game Designer unterstützt insbesondere bei der Gründung eines Entwicklerstudios, die im Rahmen des Gründerzentrums an der Universität Bayreuth realisiert werden kann. Die Tätigkeiten einer Game Designerin bzw. eines Game Designers dürfen nicht verwechselt werden mit denen eines Game Artist. Die Game Designerin oder der Game Designer entwirft das Spiel und trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt, die oder der Game Artist ist für die Umsetzung von Gestaltungsaufgaben wie Concept Art, Modelling, Textu-
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ring, Animation etc. zuständig. Derartige künstlerische Kompetenzen können in Bayreuth weder bis zur Berufsreife ausgebildet noch von den Bewerberinnen und Bewerbern erwartet werden. Für Spielprojekte mit Bedarf an hochwertigen audiovisuellen Assets gibt es Kooperationen mit Designhochschulen, z.B. mit der Hochschule Augsburg, der Mediadesign Hochschule München oder mit der Technischen Hochschule Nürnberg. Die Spezialisierung Game Developer bereitet auf die Tätigkeit als Spieleprogrammiererin oder als Spieleprogrammierer vor. Hier steht die praktische Tätigkeit des Programmierens im Mittelpunkt, die sich in prototypischen Umsetzungen von Spielentwürfen äußert. Eine Spezialisierung als Game Developer unterstützt insbesondere die Gründung eines Entwicklerstudios, die im Rahmen des Gründerzentrums an der Universität Bayreuth realisiert werden kann. Abbildung 1: Spezialisierungen im Masterstudiengang Computerspielwissenschaften
Quelle: Eigene Abbildung
Die Spezialisierung erfolgt durch die Auswahl von Lehrveranstaltungen und Prüfungsformen im Wahlpflichtbereich in Absprache mit dem Studiengangs-
576 | JOCHEN KOUBEK
koordinator. Unabhängig von der Spezialisierung werden alle Studierenden mit allen vier Bereichen in Berührung kommen. Der Studiengang steht daher nicht in Konkurrenz zu reinen Master-Studiengängen der einzelnen Fächer oder zu berufsnahen Studiengängen an Hochschulen und bei privaten Bildungsträgern. Weder kann die oder der Media Scholar (Games) diese praktischen und informatischen Kompetenzen in einem klassischen medienwissenschaftlichen Master-Studiengang, noch kann die oder der Computer Scientist (Games) diese medienwissenschaftlichen und konzeptionellen Kompetenzen in einem klassischen Master-Studiengang der Informatik erwerben. Die anwendungsorientierten Studiengänge an Hochschulen bieten keine fachwissenschaftliche, insbesondere keine geisteswissenschaftliche Vertiefung. Eine anschließende Promotion setzt eine wissenschaftliche Spezialisierung als Media Scholar (Games) bzw. als Computer Scientist (Games) voraus. Liegen die hierfür erforderlichen wissenschaftlichen Leistungspunkte nicht vor, kann zwar mit der Promotion begonnen, die fehlenden Punkte müssen aber im weiteren Verlauf erworben werden. Das Promotionsprogramm »Computerspielwissenschaften«, das zur Zeit der Erstellung dieses Beitrags noch im Aufbau ist, bietet eine strukturierte Möglichkeit, eigene Forschung auf dem Gebiet der Computerspielforschung zu betreiben und mit Unterstützung eines Mentorats die notwendigen Kompetenzen für selbstständige Forschung zu erwerben. Studienverlauf Der Studiengang wird aus den beiden Säulen Medienwissenschaft und Informatik gebildet, die durch Theorie/Praxis-Veranstaltung sowie Projekte explizit miteinander verbunden werden. Die Gliederung des Studiengangs sowie ein exemplarischer Studienverlauf ist im Diagramm abgebildet.
MA/MSC »C OMPUTERSPIELWISSENSCHAFTEN « | 577
Abbildung 2: Musterstudienplan im Masterstudiengang Computerspielwissenschaften
Quelle: Eigene Abblidung
Die inhaltlichen Schwerpunkte der beiden Bereiche werden auf der Basis des jeweiligen Fachwissens und korrespondierender Methoden vermittelt. In den Theorie/Praxis-Modulen stehen die Schnittstellen und Beziehungen zwischen theoretischen Perspektiven und konzeptuellen und technischen Umsetzungen im Mittelpunkt des Interesses. Neben der engen Verzahnung von Medienwissenschaft und Informatik gibt es mit den beiden Modulen »Ludium Generale« die Möglichkeit, fachfremde Veranstaltungen, autodidaktische Studien oder Praktika in das Studium einzubinden und somit fachferne Inhalte kennenzulernen und in einem Forschungsbericht in Bezug auf das Medium Computerspiel zu erschließen.
W EBSEITEN Alle relevanten Informationen zur Computerspielausbildung stehen auf http://computerspielwissenschaften.uni-bayreuth.de/
MA »Informatik – Schwerpunkt Games Technology« Hochschule Trier C HRISTOPH L ÜRIG
A USBILDUNGSZIELE Der Masterstudiengang »Informatik – Schwerpunkt Games Technology« ist ein Informatik-Master. Er ist somit wie der zuvor besprochene Bachelor ebenfalls dem Gebiet der Game Informatics zuzuordnen.1 In dem von der Hochschule Trier angebotenen Masterstudiengang Informatik können – wenn gewünscht – bei Belegung bestimmter Fächer verschiedene Schwerpunkte auf dem Zeugnis ausgewiesen werden. Einer der Schwerpunkte ist Games Technology. Dieser beinhaltet fortgeschrittene Grafik- und Simulationssysteme sowie Konzepte des technisch-wissenschaftlichen Hochleistungsrechnens. Als Besonderheit kann dieser Studiengang in weiten Teilen in englischer Sprache studiert werden. Eines der Ziele dieses Studienganges ist es, sowohl für einen Auslandsaufenthalt vorzubereiten als auch ausländische Studierende anzuziehen.
1
Zum BSc »Informatik – Digitale Medien und Spiele« siehe S. 447-451 in diesem Band. Weitere Games-Studiengänge an der Hochschule Trier sind der BA »Intermedia Design«, siehe dafür S.453-459, und der MA »Intermedia Design«, S.583-588 jeweils in diesem Band.
580 | CHRISTOPH L ÜRIG
Analog zu dem Bachelorstudiengang ist auch in dem Masterschwerpunkt Game Technology das Ziel auf eine Anwendbarkeit des Wissens und Könnens in anderen Informatikbereichen als der Spieletechnologie zu achten. Ebenso wie in dem Bachelorstudiengang sind die meisten Pflichtfächer Module der allgemeinen Informatik. Fächer wie technisch-wissenschaftliches Hochleistungsrechnen haben ihre Anwendung in der Spieleentwicklung. Sie spielen aber auch in anderen Anwendungsdomänen wie der numerischen Simulation oder Deep Learning eine Rolle.
A UFBAU
DES
S TUDIUMS
Der Master-Studiengang hat eine Regelstudienzeit von vier Semestern. Im ersten Semester liegt der Schwerpunkt auf der Vermittlung fortgeschrittener, theoretischer Grundlagen und der Erweiterung von Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Software Engineering. Im zweiten Semester werden durch Auswahl mehrerer Wahlpflichtmodule aus dem Vorlesungskatalog Schwerpunkte im Studium gebildet. Dabei werden durch die zunehmend seminaristische Lehrform auch persönlichen Kompetenzen ausgebaut. Ab dem dritten Semester steht die praktische Arbeit in Projekten im Vordergrund. Vorgesehen sind Aufgabenstellungen aus der Praxis des späteren Berufslebens. Während im ersten Projektstudium noch eine intensive Betreuung stattfindet, wird mit der Abschlussarbeit gezeigt, dass eigenständig Projekte mit hoher Lösungskompetenz bearbeitet werden können. Neben der Anwendung der bisher erworbenen Fähigkeiten sollen Sie in Praxisprojekt und Abschlussarbeit lernen, sich zusätzlich erforderliches Wissen selbst anzueignen. Das Masterstudium schließt mit einer Masterabschlussarbeit ab. Diese ist auf eine Bearbeitungszeit von 6 Monaten ausgelegt. Teilweise münden die Arbeiten, die hier geschrieben werden auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen wie beispielsweise die Arbeit von Wockenfuss et al.2 Der Aufbau des Masterstudienganges Informatik ist wie folgt:
2
Wockenfuss, F./Lürig, C.: »Introducing congestion avoidance into CUDA based crowd simulation«, in: VRIPHYS (2011), S. 101 – 110; Workshop on Virtual Reality Interaction and Physical Simulation (2011).
MA »I NFORMATIK – SCHWERPUNKT GAMES TECHNOLOGY«
| 581
Abbildung 1: Studienablauf MA Informatik
Quelle: http://www.hochschule-trier.de/index.php?id=6237#c60661
Um den Schwerpunkt Games Technology ausgewiesen zu bekommen, müssen 18 ECTS aus dem Wahlpflichtbereich des Schwerpunktes gewählt werden. Auch ein passendes Fachseminar kann hier 6 ECTS beitragen. Die speziellen Fächer, die zurzeit als Wahlpflichtfach aus dem Schwerpunktbereich Games Technology gewählt werden können sind Advanced Game Technology, Interactive Physical Simulation und High Performance Computing. Advanced Game Technology beinhaltet im wesentlichen fortgeschrittene Methoden der Computergraphik, Interactive Physical Simulation beschäftigt sich mit mechanischen Grundlagen und der numerischen Mathematik von Physikengines, und High Performance Computing mit paralleler Programmierung. Letzteres beinhaltet die Funktionsweise von multi core engines und die parallele Programmierung von Graphikkarten für numerische Problemstellungen (GPGPU computing).
A UFNAHMEVERFAHREN Voraussetzung zur Zulassung ist ein Bachelor- oder Diplom-Abschluss in Informatik oder einem verwandten Studiengang mit einer Gesamtnote von mindestens gut. In Einzelfällen können auch Bewerber mit einem anderen Studienabschluss aufgrund einer Eignungsprüfung zum Studium zugelassen werden. Der Studiengang ist nicht zulassungsbeschränkt.
582 | CHRISTOPH L ÜRIG
L ITERATUR Baumann, N./Lürig, C./Engeser, S.: »Flow and Enjoyment beyond Skill-Demand Balance: The Role of Game Pacing Curves and Personality. Motivation and Emotion«, 40, 507-519 (2011). Birk, M.V./Lürig, C./Mandryk, R.: »A Metric for Automatically Flagging Problem Levels in Games from Prototype Walkthrough Data«, in: Academic Mindtrek (2015). Wockenfuss, F./Lürig, C.: »Introducing congestion avoidance into CUDA based crowd simulation«, in: VRIPHYS (2011), S. 101-110, Workshop on Virtual Reaity Interaction and Physical Simulation (2011). Lürig, C./Carstengerdes, N.: »Filtering joystick data for shooter design really matters«, in: ICEC 2011, LNCS 6972, S. 264—269, IFIP International Federation for Information Processing (2011).
MA »Intermedia Design« Hochschule Trier1 L INDA B REITLAUCH
Der Master Studiengang Intermedia Design an der Hochschule Trier bietet ein Studium für Menschen mit unterschiedlichen inhaltlichen Orientierungen – seien diese designerischer, künstlerischer oder technologischer Art. Entscheidend ist die Offenheit und Bereitschaft, als gestaltender Mensch Entwicklungsprozesse zu durchlaufen und an innovativen Designlösungen und Technologien mitzugestalten.
Ü BERBLICK
ÜBER DEN
S TUDIENGANG
Intermedia Design (ID) ist ein Studium für alle, die sich für die kreativen Möglichkeiten der neuen, digitalen Medien interessieren – für Web- und mobile Anwendungen, für die Potenziale digitaler Spiele, für die Kopplung von virtuellen und realen Räumen, für neuartige Mensch-Computer-Schnittstellen, für unterschiedliche Spielformate und ihre Anwendungsgebiete, für Video- und 3D-Gestaltung.
1
Weitere Games-Studiengänge an der Hochschule Trier sind der der BA »Intermedia Design«, siehe dafür S.453-459, der BSc »Informatik – Digitale Medien und Spiele«, siehe S.447-451 und der MA »Informatik – Schwerpunkt Games Technology«, S.579-582 jeweils in diesem Band.
584 | LINDA B REITLAUCH
Die Grundbausteine der Lehre – Design, Konzept, Technologie, Theorie – werden in einem anwendungsnahen und projektbasierten Unterricht vermittelt. Um Studierende zu Kreativpersönlichkeiten von morgen auszubilden, findet der Unterricht in kleinen Gruppen statt. Das bietet sehr viel Zeit für eine intensive und individuell angepasste Betreuung durch die Lehrenden. Damit legt das Studium ein sowohl praxisnahes und projektorientiertes als auch akademisches Fundament für eine Karriere in der Medienwirtschaft ebenso wie für eine weitere wissenschaftliche Laufbahn. Studiengebiete • • • • • • •
Game Design 3D-Art & Animation Hypermedia: Interaktive & vernetzte Systeme Narrative Formate: Audio, Video und multimediales Erzählen Medienräume & Mediale Szenografien Theorie & Praxis des Intermedialen Crossmedia & Integrierte Kommunikation
Allgemeines • •
drei oder vier Semester Regelstudienzeit möglich keine Studiengebühren bei Erststudium
Ausstattung / Werkstätten • • • • • • • • • • •
Filmstudio mit Greenscreen und Lichtanlage 3D-Animations-Labor mit stereoskopischer Projektionsanlage Audio Lab Motion und Performance Capturing Installation Lab Coding Lab Mobile Media Lab VR-Lab Wearable-Lab Technikverleih Photogrammetrie
MA »I NTERMEDIA DESIGN «
| 585
Praxis- / Auslandssemester Innerhalb des viersemestrigen Studiums muss ein Praxissemster im In- oder Ausland und / oder ein Auslandssemester absolviert werden. Perspektiven nach dem Studium • • • • • • •
User Experience Designer User Interface / Interaction Designer Information Architect Web Designer Game Designer Motion Designer VR-Designer
Voraussetzungen / Bewerbung Online-Anmeldung und Einreichung des Teilnahmeantrags mit folgenden Bewerbungsunterlagen: • •
• • • •
Portfolio mit fünf eigenständigen Arbeitsproben (vorzugsweise komplexere gestalterische Projekte) Projektskizze / Mastervorhaben (was, wie und warum im Rahmen des Master-Studiengangs realisiert werden möchte, Vorstellungen, Erwartungen und Ziele für diesen Master-Studiengang) Motivationsschreiben Lebenslauf in tabellarischer Form mit Angabe der Vorbildung Zeugnis Bachelor / Diplom
Bewerbungen sind zum Wintersemester (Frist: 4. Juli) sowie zum Sommersemester (Frist: 4. Januar) möglich. Studienablauf Im Mittelpunkt des Studiums steht die Realisierung der eingereichten Projektskizze. Ergänzend kommen Kolloquien sowie Pflicht- und Wahlpflichtveranstaltungen hinzu.
586 | LINDA B REITLAUCH
Die Grundbausteine der Lehre – Design, Konzept, Technologie, Theorie – werden in einem anwendungsnahen und projektbasierten Unterricht vermittelt. Um Studierende zur Kreativpersönlichkeit von morgen auszubilden, findet der Unterricht in kleinen Gruppen statt. Das bietet sehr viel Zeit für die intensive und ganz individuell angepasste Betreuung durch die Dozenten. Damit legt das Studium ein sowohl praxisnahes, projektorientiertes als auch akademisches Fundament für eine Karriere in den digitalen Medien ebenso wie für eine weitere wissenschaftliche Laufbahn. Studieninhalte Intermedia Designer entwickeln zeitgemäße, kreative Lösungen in den interaktiven digitalen Medien. Deren neueste Möglichkeiten werden in Konzeption, Design und Technologie innovativ angewendet. Diese Fähigkeiten werden in zukunftsträchtigen Berufsfeldern verstärkt nachgefragt, sei es als Game Designer, Web Designer, Motion Designer, Interface/Interaction Designer, User Experience Designer, Konzeptioner und einigen mehr. Die Gestaltung von Apps und Webanwendungen sowie anderer interaktiver Mediensysteme, Entwicklung von Games oder Gamification Anwendungen, Erzählung und Inszenierung von Geschichten in Videos und Animation bis hin zu vernetzten Produkten und Anwendungen sind Schwerpunkt des drei- bzw. viersemestrigen Masterstudiengangs.
K OOPERATION DER S TUDIENGÄNGE I NFORMATIK (DMS) UND I NTERMEDIA D ESIGN (ID) Bei der Entwicklung von digitalen Spielen in Deutschland spielt der Hochschulstandort Trier eine nicht unbedeutende Rolle: Die Hochschule Trier ist bundesweit der größte Ausbildungsstandort für Spieleentwicklung mit insgesamt rund 800 Studierenden. Davon gehören ca. 650 zum Studiengang »Informatik ‒ Digitale Medien und Spiele (Spieleprogrammierung)« und ca. 200 Studierende zum Studiengang »Intermedia Design«. Aufgrund der transmedialen Ausrichtung im Bereich Gestaltung bzw. der universellen Kompetenzen in der Software-Entwicklung im Bereich Informatik steht den Absolventinnen und Absolventen nach ihrem Studium der Weg in die Spielein-
MA »I NTERMEDIA DESIGN «
| 587
dustrie oder in andere Medienberufe offen. Unterschiedliche Schwerpunktsetzung erlaubt es den Studierenden beider Studiengänge, die speziellen Fähigkeiten zu erwerben, die ihrem Berufswunsch am besten entsprechen. Zusammen decken die Studiengänge alle wichtigen Fachbereiche von der Programmierung über Design, Game Art, Sound, Storytelling und Visualisierung ab. Zudem bietet die Hochschule tiefergehende fachliche Kompetenzen in Bereichen wie VR- und AR-Technologie, prozedurale Generierung oder Interface/HUD und User Experience Design. Die enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit der beiden Spezialisierungen wird dabei als essentiell angesehen für die Ausbildung qualifizierter Absolventen, die sich so in einem ständig in Wandlung befindlichem Markt behaupten können. Gemeinsame Lehrveranstaltungen stärken die Zusammenarbeit und den Austausch von Studierenden der beiden Fachbereiche signifikant. Als Früchte dieser Kooperationen konnten in den vergangenen Jahren einige interdisziplinäre Spieleprojekte umgesetzt werden.
N ETZWERKEN
UND
W EGE
INS
B ERUFSLEBEN
Neben einer hervorragenden Ausbildung und einem aussagekräftigen Portfolio ist es für Studenten auch wichtig, sich während des Studiums mit Karrieremöglichkeiten auseinanderzusetzen. Soll es eher eine akademische Karriere sein oder eine künstlerische? Ein fester Job in der Spielebranche oder lieber selbstständig? Möglicherweise kommt auch ein Auslandsjob in Frage oder es bieten sich Chancen in anderen Branchen, die von den Kompetenzen in innovativen Technologien oder den transmedialen Aspekten der Ausbildung profitieren können. Unabhängig davon, welche Strategien Studierende für sich entwickeln, so ist ein erklärtes Ziel des Studiengangs »Intermedia Design«, sie dabei bestmöglich zu unterstützen. Die Netzwerkinitiative »GameUp!« wurde 2015 mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz gegründet und an der Hochschule Trier angesiedelt. Durch diese Initiative konnten bereits viele Kontakte zwischen Hochschule und Unternehmen sowie zu anderen Hochschulen und deren Studenten erfolgreich geknüpft werden. Ein Nachwuchswettbewerb »GameUp-Contest« wurde erstmals erfolgreich durchgeführt. Auch Studententeams der Hochschule Trier waren unter den Gewinnern und konnten sich mit den Preisgeldern die weitere Finanzierung ihrer Projekte ermöglichen.
588 | LINDA B REITLAUCH
Gründerteams werden intensiv beraten und unterstützt, sowohl durch Mentoren als auch durch Workshops von Branchenprofis, die grundsätzlich für alle Studierenden offen sind. Ebenso wichtig ist die Unterstützung individueller Vernetzung, welche durch Exkursionen zu Konferenzen oder Beteiligung an Ausstellungen und Messen ermöglicht wird. So konnten Studenten in den letzten Jahren an der Quo Vadis Entwicklerkonferenz, den German Dev Days, der CEBIT, der Respawn und der Gamescom teilnehmen und dort ihre Projekte vorstellen. Auch Veranstaltungen wie der Deutsche Entwicklerpreis und der Deutsche Computerspielpreis werden von Studenten besucht.
MA »Interaktive Medien« Hochschule Anhalt / Universität Halle-Wittenberg A LEXANDER C ARÔT , M ARK H ALL
Nach erfolgreicher Absolvierung des Bachelorstudienganges »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung«1 oder eines Bachelorstudiengangs im Bereich Informatik besteht im Rahmen des Masterstudienganges »Interaktive Medien« die Möglichkeit, das technisch und medienspezifisch geprägte interdisziplinäre Profil weiter zu schärfen. Analog zum erwähnten Bachelorstudiengang weist auch dieser dreisemestrige Masterstudiengang einen ausgeprägt medialen und projektorientierten Charakter auf: Ein zentrales, zwei Semester andauerndes Projekt aus dem Bereich der interaktiven Medien wird durch fachspezifische Module angereichert, um damit die ideale Basis für die dann folgende Masterarbeit zu liefern.
S TUDIENSCHWERPUNKT
UND
V ERLAUF
Zentraler Gegenstand dieses Studienganges ist die Interaktion auf medialer Ebene mit dem Schwerpunkt der technischen Realisierung. Die Vision des Studienganges besteht darin, neuartige Kommunikationsmöglichkeiten von Eingabegeräten bis zum Dialogdesign in komplexen industriellen Vorgängen ebenso wie in der Kunst und Kultur zu schaffen – überall dort, wo es darum
1
Zu dem Bachelorstudiengang sowie den organisatorischen Rahmenbedingungen an der Hochschule Anhalt siehe in diesem Band S. 475-481.
590 | JENS MÜLLER, THOMAS RIST
geht, die Mensch-Maschine-Schnittstelle und entsprechende Kommunikationsverfahren derart natürlich zu gestalten, dass feinste Nuancen der zwischenmenschlichen Kommunikation erfasst, übertragen und ausgewertet werden können. Berufliche Einsatzmöglichkeiten bestehen überall dort, wo die Schaffung und der Einsatz neuer Medien im Mittelpunkt stehen. Da auch Computerspiele der Definition eines interaktiven medialen Systems gerecht werden, eignet sich dieser Studiengang ferner, um die entwicklungstechnischen Ideen der Studierenden im Bereich der Computerspiele weiter zu fördern. Der Abschluss des in Kooperation mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführten Masterstudienganges berechtigt schließlich zur Aufnahme einer Promotion im Bereich der Informatik oder eines artverwandten Gebietes. Das Studium besteht zu 50% aus einem Pflichtbereich, der elementare Aspekte der Interaktion umfasst. Dies betrifft die Module »Interaktive Mediensysteme«, »Interaktive Audiosysteme«, »Client-seitige Webanwendungen«, »Natural language processing« und eine zweisemestrige Projektarbeit. Die verbleibenden 50% bestehen aus Wahlpflichtmodulen beider Hochschulen, die im Modulhandbuch des Studiengangs verankert sind. Diese sind in die Kernkompetenzbereiche »Grundlagen / Algorithmen«, »Interaktive Medien«, »Bildverarbeitung«, »Datenbanken und Informationssysteme« und »Spieleentwicklung« gegliedert, welche zu gewissen Anteilen thematisch bei der finalen Wahl der Module abgedeckt sein müssen. Kernaspekte der Entwicklung von Computerspielen werden im Bereich »Spieleentwicklung« gelehrt. Moderne Computerspiele haben zudem hohe Ansprüche hinsichtlich der Leistung und der grafischen Datenverarbeitung eines Rechners. Entsprechende Ansätze werden in Modulen der Bereiche Bildverarbeitung, Algorithm Engineering, Optimierungsalgorithmen und maschinelles Lernen angeboten. Dadurch können Studierende ein Profil entwickeln, das ihren Interessen im Bereich der Spieleentwicklung entspricht. Der dreisemestrige Masterstudiengang erfordert als Zugangsvoraussetzung einen siebensemestrigen BA-Abschluss, um am Ende der Studienzeit die insgesamt erforderlichen 300 Credits erreichen zu können. Im Falle eines sechssemestrigen BA-Abschlusses kann ein zusätzliches »Brückensemester« bestehend aus BA und/oder MA-Modulen beider Hochschulen gewählt werden, um die fehlenden 30 Credits zu erlangen. Diese Module können alternativ auch parallel zu dem oben beschriebenen Studienverlauf absolviert
MA »I NTERAKTIVE M EDIEN «
| 591
werden. Eine weitere gleichwertige Option besteht darin, ein Berufspraktikum in einem thematisch adäquaten Bereich durchzuführen.
H OCHSCHULE
UND
F ACHBEREICH
Der Studiengang wird in Kooperation zwischen der Hochschule Anhalt und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt. Das Profil der Hochschule Anhalt ist ausführlich im Rahmen des BA-Studienganges beschrieben.2 Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist die größte und älteste Universität Sachsen-Anhalts und ging 1817 aus dem Zusammenschluss der 1502 gegründeten Universität Wittenberg und der 1634 gegründeten Friedrichs-Universität Halle hervor. Heute hat sie rund 20 000 Studierende in einem breiten Fächerspektrum der Geistes-, Sozial-, Natur- und medizinischen Wissenschaften. Das Institut für Informatik beschäftigt aktuell neun Professoren und umfasst die folgenden Fachgebiete: • • • • • • • • • •
Datenstrukturen und effiziente Algorithmen Theoretische Informatik Datenbanken und Informationssysteme Software-Engineering und Programmiersprachen Computer Engineering Big Data Analytics Bioinformatik und Mustererkennung Biodiversitätssynthese Informatik in den Geisteswissenschaften Informatik in den Sozialwissenschaften
Das Profil deckt den klassischen Kernbereich der Informatik ab. Zugleich hat die Hälfte der Fachgebiete einen stark interdisziplinären Charakter, der die Studienangebote prägt. Studierende können sowohl in den Bachelor- wie auch den Master-Studiengängen ihre Informatikkenntnisse mit Wissen aus
2
Vgl. Seite 475 in diesem Band.
592 | JENS MÜLLER, THOMAS RIST
dem breiten Fächerspektrum der Universität erweitern und sich dadurch ein interdisziplinäres Profil erarbeiten. Auf der Bachelorebene bietet das Institut sechssemestrige Studiengänge im Bereich »Informatik« und »Bioinformatik« an. Für beide Studiengänge gibt es einen anschließenden Masterstudiengang. Zusätzlich können Studierende, die sich ein medienspezifisch geprägtes interdisziplinäres Profil erarbeiten wollen, mittels des oben beschriebenen Brückensemesters auch in den Master »Interaktive Medien« einsteigen.
MA »Interaktive Mediensysteme« Hochschule Augsburg1 J ENS M ÜLLER , T HOMAS R IST
Game Development ist einer der vier Spezialisierungsrichtungen, auf die man sich für den Masterstudiengang Interaktive Mediensysteme gezielt bewerben kann. Begleitet durch Veranstaltungen wie Ethik, Projektmanagement und User Experience wird in drei Semestern ein Spiel konzipiert, produziert und dokumentiert. Dafür wurde von den Dozenten Michael Hebel, Thomas Rist und Jens Müller ein Curriculum entwickelt, das den Semesterablauf strukturiert und die Studierenden mit konkreten Hilfestellungen in der eigenverantwortlichen und praxisorientierten Teamarbeit unterstützt. Die Studierenden können für ihre Arbeit unterschiedliche Interface-Technologien sowie VR-Equipment unterschiedlicher Hersteller und eine MotionCapturing-Anlage im Gamelab nutzen.
C URRICULUM G AMEDESIGN
IM
M ASTERSTUDIENGANG
Im Jahr 2006 startete der Studiengang mit ehemaligen Diplom-Studierenden, die als homogenes Team den Studiengang als Freiraum nutzten, ihre vorhandenen Fähigkeiten aus dem Bachelorstudiengang zu vertiefen.
1
Für Informationen über den BA/BSc »Interaktive Medien« und weiteres über die Hochschule Augsburg siehe S.503-515 in diesem Band.
594 | JENS MÜLLER, THOMAS RIST
Tabelle 1: Struktur des Masterstudiengangs 1
2
3
Konzeption
Produktion
Dokumentation
Masterprojekt: Game Development
Masterprojekt: Game Development
Usability
Dramaturgie
Interaktion-Engineering
Web-Technologien
Unternehmensgründungund -führung
Technik- und Wissenschaftsethik
Projekttechniken 1
Projekttechniken 2
Masterarbeit: Game Development
Quelle: Eigene Tabelle
Die selbständig arbeitende Studiengruppe belegte einen eigenen Projektraum und berichtete wöchentlich über ihre Fortschritte. Wichtig war den Studierenden, einen möglichst großen Freiraum für Experiment und Einarbeitung in die Engine zu erhalten. Diese Arbeitsweise, die auf vergleichbaren Vorkenntnissen und gemeinsame Zielen aufbauen konnte, änderte sich in den folgenden Jahren deutlich, als immer mehr Studierende aus anderen Vorstudiengängen die Teams prägten und damit die Vorkenntnisse und Motivationen sich diversifizierten. Deshalb musste, das begleitende Coaching ablösend, ein neues Curriculum erarbeitet werden, das die Gruppe auf einen vergleichbaren Wissenstand hebt und game-spezifische gestalterische wie softwaretechnische Grundlagen vermittelt und die Teilnehmer zur professionellen Spielentwicklung befähigt. Eine spannende Herausforderung war es, klassische Methoden und Prinzipien der Softwareentwicklung und der künstlerischen Gestaltung mit dem speziellen Wording und den sich etablierenden szenetypischen Stilen und Routinen zu verbinden. Dies eröffnete eine interessante und überfällige Methodendiskussion, in der die Spielentwicklung als innovative und integrative Disziplin neue Impulse auch für die klassische Design-Lehre gibt. Erste Versuche mit dem für Softwareprojekte entwickel-
MA »I NTERAKTIVE M EDIENSYSTEME «
| 595
ten Scrum-Ansatz2 erschienen vielversprechend, da diese mit der typischen bottom-up-Entwicklung Arbeitsweisen künstlerischer Gestaltung ähneln und viel Spielraum für iterative Verfeinerungen eröffnen. Allerdings führten uneinheitliches Vorwissen und unterschiedliche Zugänge oftmals nicht zu den erwarteten Ergebnissen. Eine Abstimmung auf heterogene Profile der Games-Studierenden und das gegebene Studienumfeld war deshalb notwendig geworden. Im neuen Curriculum werden nun aufeinanderfolgende Phasen des Projektvorgangs identifiziert, die mit konkreten Zwischenergebnissen abzuschließen sind. Der Projektfortschritt wird für die Studierenden an aufeinander aufbauenden Erfolgen ablesbar. Dies stärkt die Motivation und bestätigt die Gültigkeit der gesetzten Ziele. Begleitend werden Vorlesungseinheiten, Referate und Workshops bedarfsorientiert zwischengeschaltet, so dass das Team stärker auf ein gemeinsames Verständnis der Fachgrundlagen, Methoden und sprachlichen Reflexion hingeführt wird. Vor allem die kommunikativen Fähigkeiten zur Reflexion gestalterischer und informationstechnischer Qualität von Spielen und die für unterschiedliche Akteure nachvollziehbare Präsentation des Projektstandes und der Zwischenergebnisse sind nun ein bewährtes Vorgehen, um die Motivation und Kommunikationsfähigkeit zu erhöhen und ergebnisorientiert zu spielbaren Prototypen zu kommen. Statt traditionelle Produktionsschemata zu übernehmen, setzt sich der Studiengang zum Ziel, für die interdisziplinäre Teamarbeit angemessene und die Innovation fördernde Arbeitsmethoden anzuwenden und zu reflektieren. Auch die Fachinhalte sind einem ständigen Reflexionsprozess unterworfen, da disziplinäre Ansprüche auf ihre Relevanz für die Spielentwicklung zu überprüfen sind und andererseits Ansätze aus der Praxis sich gegenüber den disziplinären Qualitätskriterien zu bewähren haben. Um die Kontinuität der verschiedenen Arbeitsphasen des dreisemestrigen Studiengangs zu erhalten, werden nun Funktionsprototypen wesentlich früher erstellt, so dass die Produktionsphase auf getesteten Teilergebnissen aufbauen kann und Neuausrichtungen des Projekts vermieden werden. Standen anfangs die klassischen Bereiche Game-Art, Gamedesign und Programmierung im Vordergrund, für die bewährte Arbeitsweisen und Darstellungsformen vorhanden waren, werden zunehmend Arbeitsbereiche wichtig und nachgefragt, die wie u.a. beim Gameworld-Entwurf und beim Storytelling eigene Formate und Darstellungsfor-
2
Keith, Clinton: Agile Game Development with SCRUM, Addison Wesley 2010.
596 | JENS MÜLLER, THOMAS RIST
men benötigen, um die spezifischen Leistungen angemessen und selbstbewusst aufzeigen zu können.
L ITERATUR Keith, Clinton: Agile Game Development with SCRUM, Addison Wesley 2010.
3 Vernetzte BA- und MA-Studiengänge
Bachelor- und Masterstudiengänge am Institut für Games Hochschule der Medien Stuttgart S ABIHA G HELLAL
Unter dem Motto »Studieren. Wissen. Machen« bietet die Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart 27 Bachelor- und Masterstudiengänge rund um das Thema Medien an. Das im Jahre 2013 gegründete Institut für Games (IfG) bündelt alle Aktivitäten rund um das Thema Games und dient Studierenden, Entwicklern, Publisher-Studios, Herstellern, Verbänden und wissenschaftlichen Institutionen als Plattform. Die beteiligten Studiengänge sind seit vielen Jahren aktiv in der Erforschung neuer Wege in der Medienproduktion. Film, Ton, interaktive Medien, Games, Computergrafik und -animation bieten ein breitgefächertes Forschungsterrain. Geleitet wird das Institut von Jens-Uwe Hahn und Uwe Schulz.1
E IN I NSTITUT –
VIELE
S TUDIENGÄNGE
»Das Thema ›Games‹ verlangt die Bündelung unterschiedlicher Disziplinen in einem Institut. Games sind der Treiber für viele Entwicklungen im Medienbereich, deshalb ist das Institut für die Hochschule der Medien so bedeutsam. Die Marktbedeutung liegt neben dem Spielemarkt vor allem in Feldern
1
https://ifg.mi.hdm-stuttgart.de
602 | SABIHA GHELLAL
der Serious Games, die zum Beispiel Lernanwendungen und den medizinischen Bereich umfassen.« So beschreibt der Rektor der Hochschule der Medien Alexander Roos das Institut für Games. Tatsächlich hat sich die Hochschule bewusst gegen einen Studiengang und für die Gründung eines Instituts für Games entschieden, um interdisziplinäre Projekte studiengangs- und fakultätsübergreifend zu ermöglichen und so mehr Praxisnähe zu fördern. Games-Ideen werden an der Hochschule der Medien, wie in einem Unternehmen, einmal pro Semester gepitcht und dann gemeinsam mit Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Professoren in Games-Projekten etabliert, wobei darauf geachtet wird, dass die in der Industrie üblichen Positionen aus unterschiedlichen Studiengängen besetzt werden. Dadurch können die Games auf der ganzen Breite der Entwicklung – von der eigenen Game Engine bis zum Character Design, vom Interaktionskonzept bis zum Storytelling, vom Grafikdesign bis zum Sounddesign – auf professionellem Niveau realisiert werden. Das Institut für Games wird derzeit von drei Bachelor- und zwei MasterStudiengängen unterstützt. Im Bachelor-Studiengang Audiovisuelle Medien2 werden technische und gestalterische Kompetenzen vermittelt, die durch wirtschaftliche und medienwissenschaftliche Anteile ergänzt werden können. Zu den Games tragen die Studierenden meist das Grafikdesign, Sounddesign, Storytelling und teilweise die Implementierung bei. Im Bachelor-Studiengang Medieninformatik3 liegt der Schwerpunkt in der Spieleentwicklung und der Computergrafik. Die Beiträge der Studierenden zu den Games sind meist die Implementierungen und Konzepte im Bereich Game Engine, Game Play, Künstliche Intelligenz, Computergrafik und Virtual Reality (VR). Im Bachelor-Studiengang Mobile Medien4 liegt der Schwerpunkt auf der Gestaltung und der Implementierung der Nutzerschnittstelle. Zu den Games tragen die Studierenden meist das Game Design, Interaktionsdesign und die Frontend-Implementierung bei. Die Master-Studiengänge Audiovisuelle Medien5 und Computer Science and Media6 vertiefen und festigen die Kompetenzen aus den entsprechenden Bachelor-Studiengängen.
2
www.hdm-stuttgart.de/am
3
www.hdm-stuttgart.de/mi
4
www.hdm-stuttgart.de/mm
5
https://www.medienmaster.de/audiovisuelle-medien/
6
www.hdm-stuttgart.de/csm
BACHELOR - UND M ASTERSTUDIENGÄNGE AM I NSTITUT FÜR G AMES | 603
Anmeldeschluss für Bachelor- und Masterstudiengänge ist im Sommersemester der 15. Januar und für das Wintersemester der 15 Juli. Die Anzahl der Studienplätze an der HdM ist beschränkt. Übersteigt die Zahl der Bewerber die Anzahl der Studienplätze, so werden – nach Abzug der Vorabquoten – die verfügbaren Studienplätze zu 90 Prozent über ein hochschuleigenes Auswahlverfahren und zu 10 Prozent über Wartezeit vergeben.7
A USGEWÄHLTE L EHRVERANSTALTUNGEN Zentrales Kennzeichen der im Institut für Games involvierten Studiengänge ist die große Wahlfreiheit für die Studierenden sowie das umfangreiche Angebot an Veranstaltungen. Die Studierenden werden motiviert, ihre kreativen Ideen in praxisnahen Projekten zu verwirklichen. Dabei stehen ihre Interessen sowie die beruflichen Ziele im Vordergrund. Tabelle 1 zeigt einen Auszug der Lehrveranstaltungen mit Games-Bezug, wobei durch unsere Lehrveranstaltungen mit dem Titel ›Aktuelle Themen‹ auch immer wieder wechselnde, neue Inhalte angeboten werden, wie z.B. ›Artificial Intelligence‹ (AI), ›Tangible Interfaces‹ oder ›Virtual Reality‹ (VR). Tabelle 1: Ausgewählte Lehrveranstaltungen Game Design
Game Development
Game Produktion
Game Design
Theory of Game Develop-
Game-Praktikum
Mobile Game Design
ment
Produktion Audiovisuelle
Game Art
Game Engine Programming
Medien
Graphic Arts
Gameplay Programming
Studioproduktion Interaktive
Mediengestaltung
Game Physics
Medien & Computeranima-
User Interface Design
Spieleentwicklung für mo-
tion
User Experience De-
bile Geräte
Praktikum Virtual Reality
sign
Computergrafik
Produktion Audiovisuelle
Computergrafik
Künstliche Intelligenz für
Medien
Computerspiele
7
https://www.hdm-stuttgart.de/studieninteressierte/bewerbung/studienplatzverg abe
604 | SABIHA GHELLAL
Grundlagen Grafikde-
Programming Massively
Interdisziplinäre Projekte
sign
Parallel Processors
Praktikum Computeranima-
Drehbuchentwicklung
Praxis der Spieleentwick-
tion
Computeranimation
lung
Sound Design
Moderne Techniken der Bildberechnung Technical Game Design
Quelle: Eigene Tabelle
L AB O NE 48 Zu einer praxisnahen Ausbildung gehört auch ein Games-Studio. Das Label ›LabOne48‹8 ermöglicht Studierenden seit 2016 ihre Spiele-Idee bis zur kommerziellen Veröffentlichung weiterzuentwickeln. Die Spiele können somit auf Steam, PlayStation Network, Google Play und im App Store veröffentlicht werden. Die ersten beiden Spiele, welche unter dem Label LabOne48 veröffentlicht wurden, sind ELENA – DISPLACED REALITY und SCHACHT. Im Folgenden sollen die beiden Spiele näher vorgestellt werden. Elena – Displaced Reality ELENA ist ein atmosphärisches First-Person-Exploration-Spiel, in welchem der Spieler die Geschichte eines jungen Paares entdeckt. ELENA kann in den VR-Systemen ›HTC Vive‹ und ›Oculus Rift‹ gespielt werden. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Anna, die herausfinden muss, was ihrem Ehemann zugestoßen ist. In Schränken und Schubladen kann sie Gegenstände und Dokumente finden, welche die Wahrheit enthüllen. Mit der Hilfe eines mysteriösen Anrufers geht sie auf eine Reise, um eine Erklärung für das Verschwinden ihres Mannes zu finden. ELENA – DISPLACED REALITY gewann beim Deutschen Entwicklerpreis im Dezember 2016 den zweiten Platz in der Kategorie ›BlueByte Newcomer Award‹.
8
www.labone48.com
BACHELOR - UND M ASTERSTUDIENGÄNGE AM I NSTITUT FÜR G AMES | 605
Abbildung 1: Elena, Displaced Reality (auf Steam erhältlich)
Quelle: Eigene Darstellung der Studenten-Gruppe CATCH A CAT
Abbildung 2: Zweiter Platz auf dem Deutschem Entwicklerpreis für ELENA
Quelle: Deutscher Entwicklerpreis 2016. Im Bild: Eva Mattausch, Kathrin Radtke, Kasimir Blust, Clemens Sandner, Hauke Thießen (Teil des Teams CATCH A CAT) und Benedikt Grindel, Studiomanager von Blue Byte (von links nach rechts)
606 | SABIHA GHELLAL
Schacht SCHACHT ist ein schneller 3D-Plattformer, bei dem es das Ziel ist, die zahlreichen Level durch perfekt getimtes Rennen, Springen, Dashen und Schwingen so schnell wie möglich zu beenden. Die Spieler können sich täglich, wöchentlich und monatlich mit anderen Spielern auf der ganzen Welt in Herausforderungen messen. Das Spiel beinhaltet vier handgefertigte Tutorial Level und zudem gibt es die Möglichkeit, aus einer nahezu endlosen Zahl zufällig generierter Level zu wählen. Ebenso kann man mit dem integrierten Level Editor selbst als Designer kreativ werden. SCHACHT ist im Laufe von drei Semestern mit einem wechselnden Team von rund 30 Master- und Bachelor-Studierenden entstanden. Es ist auf Steam und im PlayStation Store erhältlich. Abbildung 3: SCHACHT (auf Steam und für Playstation erhältlich)
Quelle: Eigene Darstellung der Studentengruppe SCHACHT
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V ERANSTALTUNGEN Mit regelmäßigen Veranstaltungsreihen stellt das Institut für Games einen regen Austausch zwischen den Hochschulen, der Games Branche und der Industrie sicher. Dazu zählen die großen ›Games Days‹, zu denen international renommierte Referenten geladen werden, die kleineren regelmäßigeren ›Games Days‹, welche oft themenspezifisch ausgerichtet werden und bereits eine zehnjährige Tradition an der Hochschule der Medien verzeichnen können, sowie nationale Tagungen wie das ›VeGA-Camp‹ (Konferenz für Visual Effects, Games, Animation). Sabiha Ghellal von der Hochschule der Medien ist seit 2014 Kuratorin der ›GameZone‹ auf dem Internationalem Trickfilm-Festival in Stuttgart (ITFS). Als offizieller Partner des ITFS richtet die Hochschule der Medien die ›GameZone‹ technisch aus. Studierende der Hochschule der Medien helfen bei der Organisation und der Betreuung der ›GameZone‹. Abbildung 4: SKY TOUCH
Quelle: Photographie von Reiner Pfisterer Film- und Medienfestival GmbH
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Im Jahre 2017 umfasste die ›GameZone‹, welche im Stuttgarter Kunstgebäude stattfand, 2 000 Quadratmeter und es wurde erstmalig in Zusammenarbeit zwischen dem ITFS, der MFG Medien- und Filmgesellschaft BadenWürttemberg mbH und der Hochschule der Medien Stuttgart der ›Animated Games Award Germany‹ verliehen. Neben der Kuration, der Ausstattung und der Betreuung der ›GameZone‹ stellt das Institut zudem jedes Jahr die besten Spiele und Produktionen ihrer Studierenden vor. In 2017 war das unter anderem die Installation SKY TOUCH. SKY TOUCH ist ein VR-Gleitschirmsimulator mit hoher Immersion. Die Spieler sitzen in einem echten Gleitschirm-Gurtzeug und schweben ca. 30 cm über dem Boden. Zum Einsatz kommt die ›HTC Vive VR Brille‹, deren Controller als Lenkriemen des Gleitschirms programmiert wurden. Über einen Kopfhörer sind Windgeräusche und Vogelgezwitscher zu hören, zusätzlich wird von einer Windmaschine Wind produziert, welcher an Gesicht und am Körper spürbar ist. Auf diese Weise bekommen die Spieler das Gefühl eines realen Gleitschirmfluges.
G AMES & F ORSCHUNG Das Institut für Games ist an mehreren öffentlich geförderten und von der Wirtschaft finanzierten Forschungsprojekten beteiligt. Es dient im Innovationsforum als Brücke zu kleinen und mittleren Unternehmen und Verbänden im Bereich Visualisierung und Spieleentwicklung. In einem Forschungsprojekt, welches in Kooperation mit einer international agierenden Großbank durchgeführt wird, soll ermittelt werden, wie durch Anwendung gängiger Game Design-Praktiken ein Spiel so konzipiert werden kann, dass es für Schulungen eingesetzt werden kann, ohne den Spielern das Gefühl zu geben, belehrt zu werden. Gleichzeitig soll es Mitarbeitern offenstehen, das Spiel gezielt als Lernmittel zu nutzen. Hier stellen wir uns kritisch die Frage, wie viel Spiel ein Serious Game enthalten soll bzw. darf und wie durch ein Spiel eine kritische Auseinandersetzung mit dem konkreten Schulungsthema vermittelt werden kann. Aber auch das Thema Virtual Reality (VR) beschäftigt das Institut für Games verstärkt, sowohl im Rahmen von Forschungsprojekten als auch in der Lehre in den letzten Jahren. So werden zum Beispiel gemeinsam mit Medizinern der Einsatz von VR-Spielen für therapeutische Zwecke oder mit
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einem lokalen mittelständischen Dienstleister neue Interaktionsmöglichkeiten im Virtuellen Raum erforscht. Hierfür entwickelt das Institut eine Klassifizierung für verschiedene Interaktionsmechaniken in Virtual-Reality-Anwendungen und untersucht die Möglichkeiten, die sich mit dem neuen Medium aufzeigen. In einem speziellen VR-Studio können mehrere Personen mit VR-Brillen interagieren.
P ROMOVIEREN Über das Promotionskolleg ›Digital Media‹ steht nach dem Masterstudium auch der Weg in eine Promotion offen.9 Durch die Kooperation mit der University of the West of Scotland (UWS)10 können Studierende, akademische Mitarbeiter und Alumni an der HdM promovieren. Die beiden folgenden Promotionen zum Thema Games wurden mittlerweile erfolgreich verteidigt: Artificial Intelligence (in Games) Andreas Stiegler erforschte seit Herbst 2012 im Rahmen seiner Doktorarbeit in Kooperation mit der Universtiy of West of Scotland ›Artificial Intelligence‹ (AI) in Games. Besonders fokussierte er sich hierbei auf die Auswirkungen von AI-Lösungen auf den Spielfluss in RTS (›Realtime Strategy‹) Games11 und Trading-Card-Games12.
9
https://www.hdm-stuttgart.de/studieninteressierte/promotion
10 http://www.uws.ac.uk/home/ 11 Vgl. Stiegler, Andreas/Livingstone, Daniel: »Cooperative AI in Real-Time-Strategy Games«, in: Proceedings of the GameOn'2013 Conference (2013), S. 45-51. 12 Vgl. Stiegler, Andreas/Dahal, Keshav/Maucher, Johannes/Livingstone, Daniel: »Symbolic Reasoning for Hearthstone«, in: IEEE Transactions on Computational Intelligence and AI in Games (2017).
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A Mobile Game-Based Framework for Learning ObjectOriented Programming Tobias Jordine untersuchte seit Anfang 2013 im Rahmen seiner Doktorarbeit, ebenfalls in Kooperation mit der University of the West of Scotland die Vermittlung von Programmiersprachen anhand von mobilen Spielen. Seine Forschungsergebnisse präsentierte er auf mehreren Konferenzen, u.a. ›Frontiers in Education‹13, ›European Conference in the Applications of Enabling Technologies‹14, ›European Conference on Game-based Learning‹15.
L ITERATUR Jordine, Tobias/Liang, Ying/Ihler, Edmund: »A Mobile-Device Based Serious Gaming Approach for Teaching and Learning Java Programming«, in: 2014 IEEE Frontiers in Education Conference (FIE) Proceedings (2014). Jordine, Tobias/Liang, Ying/Ihler, Edmund: »A New Game-Based Learning Approach for Learning Java on Mobile Devices«, in: Proceedings of the European Conference on Games-based Learning (2016). Jordine, Tobias/Liang, Ying/Ihler, Edmund: »A New Java Teaching and Learning Approach Using Mobile Serious Gaming«, in: Proceeding of the European Conference in the Applications of Enabling Technologies (2014). Stiegler, Andreas/Dahal, Keshav/Maucher, Johannes/Livingstone, Daniel: »Symbolic Reasoning for Hearthstone«, in: IEEE Transactions on Computational Intelligence and AI in Games (2017).
13 Vgl. Jordine, Tobias/Liang, Ying/Ihler, Edmund: »A Mobile-Device Based Serious Gaming Approach for Teaching and Learning Java Programming«, in: 2014 IEEE Frontiers in Education Conference (FIE) Proceedings (2014). 14 Vgl. Jordine, Tobias/Liang, Ying/Ihler, Edmund: »A New Java Teaching and Learning Approach Using Mobile Serious Gaming«, in: Proceeding of the European Conference in the Applications of Enabling Technologies (2014). 15 Vgl. Jordine, Tobias/Liang, Ying/Ihler, Edmund: »A New Game-Based Learning Approach for Learning Java on Mobile Devices«, in: Proceedings of the European Conference on Games-based Learning (2016).
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Stiegler, Andreas/Livingstone, Daniel: »Cooperative AI in Real-Time-Strategy Games«, in: Proceedings of the GameOn'2013 Conference (2013), S. 45-51.
Serious-Games-Forschung und -Lehre in der Informatik Technische Universität Darmstadt S TEFAN G ÖBEL , R OBERT K ONRAD , F LORIAN M EHM , P OLONA C ASERMAN , T HOMAS T REGEL , A UGUSTO G ARCIA -A GUNDEZ
Die Technische Universität Darmstadt wurde 1877 gegründet und ist Mitglied der TU9 der führenden technischen Universitäten in Deutschland. In der Informatik werden Lehrangebote für Serious Games und Game Technologie angeboten. Serious Games werden seit 2008 am Fachgebiet Multimedia Kommunikation erforscht und gelehrt.
S ERIOUS -G AMES -F ORSCHUNG Die Serious-Games-Gruppe hat ihren Ursprung in der Abteilung Digital Storytelling am Zentrum für Graphische Datenverarbeitung und ist seit Ende 2008 als Forschungsgruppe am Fachgebiet Multimedia Kommunikation (KOM) an der TU Darmstadt verortet. KOM ist Teil des Fachbereichs Elektro- und Informationstechnik und assoziiert im Fachbereich Informatik. Serious-Games-Lehre wird in der Informatik angeboten; die Lehrveranstaltungen werden entsprechend primär von Informatikern (speziell die Game Technologie Vorlesung), aber auch regelmäßig von Studentinnen und Studenten anderer Studienbereiche besucht, z.B. aus den Humanwissenschaften (Pädagogik, Psychologie, Sport), aus anderen Natur- und Ingenieurswissen-
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schaften (Elektrotechnik, Physik, Bauingenieurwesen) oder Studenten der Wirtschaftsinformatik. Im Sinne der angewandten Forschung sind die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten – und auch die Lehre – interdisziplinär ausgerichtet und es wird die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen als auch Praxispartnern (Industrie) und Anwendern gesucht. Das Spektrum von Drittmittelprojekten reicht von Forschungsprojekten im Grundlagenbereich über klassische »Science meets Business« Kollaborationen bis hin zu direkten Industrieprojekten. Hierbei werden die Wissenschaftlichen Mitarbeiter der Serious-GamesGruppe (Informatiker) an der TU Darmstadt durch Programmierer und Designer unterstützt, die im Geschäftsfeld »Serious Games« am httc e.V. beschäftigt sind. Zudem besteht eine enge Kooperation mit der Psychologie, insbesondere zur Unterstützung bei der Konzeption, Durchführung und Auswertung von Evaluationsstudien. Die Serious-Games-Gruppe an der TU Darmstadt verfolgt das folgende Verständnis von Serious Games, Vgl. Abbildung 1: Serious Games sind Spiele, die Game Technologie und spielerische Konzepte mit weiteren Technologien und Konzepten kombinieren und in einem breiten Spektrum von Anwendungsbereichen eingesetzt werden. Serious Games sollen einerseits – wie alle Spiele – unterhalten, andererseits verfolgen sie gleichzeitig ein weiteres charakteristisches Ziel, z.B. eine Verhaltensänderung oder einen Lerneffekt. Dieses Verständnis dient auch als Grundlage zur Definition von Serious Games im Serious-Games-Lehrbuch1, das von der Serious-Games-Gruppe an der TU Darmstadt initiiert wurde: A serious game is a digital game created with the intention to entertain and to achieve at least one additional goal (e.g., learning or health). These additional goals are named charaterizing goals.
1
Dörner, Ralf/Göbel, Stefan/Effelsberg, Wolfgang/Wiemeyer, Josef: Serious Games - Foundations, Concepts and Practice, Springer International Publishing Switzerland 2016.
SERIOUS -G AMES -FORSCHUNG UND -L EHRE IN DER I NFORMATIK | 615
Abbildung 1: Verständnis und Forschungsansatz Serious Games
Quelle: ftp://ftp.kom.tu-darmstadt.de/talks/DefinitionSeriousGames-SGC2010___20 10.03.05_SG.pdf.
Forschungsschwerpunkte Serious Games sind hochkomplex und vereinen den Prozess und Eigenschaften von Unterhaltungsspielen mit den Charakteristika von Serious-GamesAnwendungsbereichen wie Bildung, Training und Gesundheit. Diese Anforderungen umfassen die verschiedenen Phasen/Stufen im iterativen Lifecycle eines Serious Game (Bedarf/Anforderungsspezifikation, Erstellung, Testen, Veröffentlichung, Nutzung, Akzeptanz/Effekte) als auch die Einbeziehung aller Stakeholder (Entwickler, Fachexperten, Technologie Provider) und Nutzung/Integration von Basistechnologien und wissenschaftlich-technischen Konzepten (u.a. aus den Human- und Wirtschaftswissenschaften) in diesen Phasen. Diese Vielfalt an Aspekten im Kontext von Serious Games wurde aus wissenschaftlich-technischer Sicht in die drei wiss.-technischen
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Entwicklungslinien Authoring, Control und Evaluation subsumiert.2 Inhaltlich sind die Forschungsaktivitäten der Serious-Games-Gruppe an der TU Darmstadt in diesen drei Bereichen angesiedelt: Der Bereich Authoring adressiert im Kern die Fragestellung wie (›gute‹) Serious Games möglichst effektiv erstellt werden können? Dies umfasst Aspekte des kollaborativen Entwicklungsprozesses unter Beteiligung von Fachexperten (aus den jeweiligen Serious-Games-Anwendungsbereichen) und Entwicklern (Game Developer, Designer, etc.) als auch die Bereitstellung von Tools zur Unterstützung des Authoring Prozesses (–› Authoring Tools) sowie Mechanismen zur automatisierten Content Erstellung (–› Procedural Content Generation). Der zentrale Aspekt im Bereich Control zielt auf die Frage ab, wie sich ein Serious Games zur Laufzeit entfaltet und dabei möglichst gut auf die individuellen Bedürfnisse von Anwendern eingeht (–› Personalisierung und Adaption). Dabei zu berücksichtigen sind Aspekte wie Spieler- und Lernermodelle bzw. die automatisierte Schwierigkeitsanpassung und Steuerung von Spielen, welche die Spieler weder unter- noch überfordern (Vgl. flow Theorie). Im Kontext von Multiplayer Spielen werden Aspekte des Game Balancing und des Mastering erforscht, z.B. wie Ausbilder kollaborative Trainingsumgebungen »dirigieren« können so dass alle Spieler möglichst »adäquat« zu ihren Voraussetzungen gefordert und gefördert werden. Evaluation: Eng verbunden mit der Gestaltung und adaptiven Steuerung von Serious Games sind die Analyse des Spielerverhaltens/des Spielfortschritts und die Bestimmung von Effekten. Effekte umfassen dabei »harte Fakten« wie einen Lernfortschritt oder die Verbesserung des Vitalstatus als auch »weiche Faktoren« wie den Spielspaß. Methodische Konzepte zur Analyse und Bestimmung von Effekten reichen von empirischen Verfahren wie Fragebögen, Beobachtungen und Interviews bis hin zu Technologie-gestützten Verfahren wie Logging-Mechanismen oder die Nutzung von SensorTechnologie, z.B. Vitalsensorik im Kontext von Health Games. Des Weiteren dient die Bestimmung bzw. der Nachweis der Effekte (Vgl. charakteristisches Ziel) auch als wirtschaftliches, qualitatives Argument bei der Entscheidung ob ein Serious Game beispielsweise in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung eingesetzt wird.
2
Göbel, Stefan et al.: »Erstellung, Steuerung und Evaluation von Serious Games«, in: Informatik Spektrum 37, 6 (2014), S. 547-557.
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Promotionen, Bachelor- und Masterarbeiten Seit Bestehen der Serious-Games-Gruppe sind am Fachgebiet Multimedia Kommunikation unter der Leitung von Ralf Steinmetz und der inhaltlichen Betreuung durch Stefan Göbel als Forschungsgruppenleiter die folgenden fünf Promotionen im Bereich Serious Games entstanden; aktuell sind sechs weitere Promotionen in Bearbeitung: •
•
•
•
•
Tim Dutz: Pervasive Behavior Interventions – Using Mobile Devices for Overcoming Barriers for Physical Activity. Dissertation, TU Darmstadt, 2016. KOM-P-0075. Christian Reuter: Authoring Collaborative Multiplayer Games – Game Design Patterns, Structural Verification, Collaborative Balancing and Rapid Prototyping. Dissertation, TU Darmstadt, 2016. KOM-P-0071. Viktor Wendel: Collaborative Game-based Learning – Automized Adaptation Mechanics for Game-based Collaborative Learning using Game Mastering Concepts. Dissertation, TU Darmstadt, 2015. KOM-P-0069. Johannes Konert: Interactive Multimedia Learning: Using Social Media for Peer Education in Single-Player Educational Games. Dissertation, TU Darmstadt, 2013. KOM-P-0064. Florian Mehm: Authoring of Adaptive Single-Player Educational Games. Dissertation, TU Darmstadt, 2013. KOM-P-0062.
Zwei der Absolventen haben direkt nach ihrer Promotion den Einstieg in die Games Branche gewagt und agieren dort in der technischen Entwicklung bzw. inzwischen in technischer Leitungsfunktion. Zwei weitere Absolventen sind auch in die Industrie gegangen (automotive und Verwaltung) und agieren dort als Product Owner bzw. im Managementbereich. Ein Absolvent hat die wissenschaftliche Karriere eingeschlagen und ist in kurzer Zeit Professor an einer Hochschule geworden. Diese Vielfalt zeigt, dass die wissenschaftliche Ausbildung und Forschungsaktivitäten im Serious-Games-Bereich durchaus nicht nur für die Games Branche qualifizieren, sondern auch einen problemlosen Einstieg in andere Brachen und Aufgabenbereiche ermöglichen. Abgesehen von Promotionen wurden von der Serious-Games-Gruppe seit 2009 insgesamt 41 Master- und 69 Bachelorarbeiten betreut, d.h. alle
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wissenschaftlichen Mitarbeiter betreuen im Durchschnitt jeweils ca. drei bis vier Abschlussarbeiten gleichzeitig. Projektbeispiele Die Serious-Games-Gruppe ist am Fachgebiet Multimedia Kommunikation an der TU Darmstadt und am httc e.V. angesiedelt. Die Finanzierung der angewandten Forschung erfolgt über Drittmittelprojekte, deren Spektrum von Grundlagen-orientierten Projekten bis hin zu Kooperationsprojekten direkt mit der Industrie reichen3. Im Folgenden werden exemplarisch drei Förderprojekte mit unterschiedlicher Charakteristik und ausgewählte kleine Industrieprojekte skizziert. 80Days: Im EU Projekt 80Days (FP6, ICT-Bereich »Technology-enhanced Learning«) wurde die Symbiose zwischen Spielen und Lernen – angereichert um die zusätzliche Dimension des Storytelling – adressiert.4 Die übergeordnete Motivation zielte darauf ab, Kenntnisse über den Einsatz von narrativen, spielerischen Konzepten zur Wissensvermittlung zu erhalten. Wissenschaftlich-technische Fragestellungen adressierten die effiziente Erstellung als auch die Personalisierung und Adaption von derartigen Story-basierten Lernspielen, die adaptive Lernkonzepte mit (adaptiven) Gaming- und Storytelling-Konzepten vereinen. Innerhalb des Projektes wurden hierfür Methoden und Konzepte entwickelt und anhand von konkreten Anwendungsszenarien (Demonstratoren »Save the Earth!«, »Lizard 1.0« und »BatCave«) validiert. Abbildung 2 zeigt einen Snapshot aus dem gameplay von »Save the Earth!«, das als Story-basiertes Lernspiel für Geographie prototypisch realisiert
3
Übersicht Projekte: https://www.kom.tu-darmstadt.de/research-results/researchareas/multimedia-technologies-serious-games/projects/
4
Vgl. Göbel, Stefan et al.: »80Days: Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«, in: Y. Cao, A. Hannemann, B. Fernández Manjón, S. Göbel, C. Hockemeyer, E. Stefanakis (Hg.), Proc. of the 2nd Int. Workshop on StoryTelling and Educational Games (STEG'09), CEUR Workshop Proceedings 498 (2009); Göbel, Stefan/Mehm, Florian/Wendel, Viktor: »Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«, in: M. D. Kickmeier-Rust/D. Albert (Hg.), An Alien’s Guide to Multi-Adaptive Educational Computer Games, Santa Rosa: Informing Science Press (2012), S. 89-104.
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wurde. Spieler kommunizieren mit »Feon« als Hauptfigur der Story/des Spiels. Die Gesamtstory/das Game Design und einzelne Spielsituationen wurden in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Domäne-Experten (ETH Zürich, Geographie), Pädagogen (adaptive Learning, Trinity College Dublin), Psychologen (TU Graz, Kognitionspsychologie), Designern (Game Developer Studio Takomat) und Informatikern (Game Developer Studio Testaluna und Abteilung Digital Storytelling am ZGDV Darmstadt/SeriousGames-Gruppe an der TU Darmstadt) sowie Spezialisten im Bereich Evaluation (Uni Leicester) konzipiert. Die Story zu »Save the Earth!« ist inspiriert durch die Sciene Fiction Serie »Hitchhiker‘s Guide to the Galaxy« und basiert dramaturgisch auf dem Storymodell der Heldenreise. Die Story/das Spiel ist unterteilt in Spielsituationen und Missionen – ähnlich zu Level und Quests in Computerspielen. Abbildung 2: 80Days – Integrierter Ansatz und gameplay; Feon als Lehrer der Zukunft?
Quelle: Göbel, Stefan et al.: »80Days: Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«; Göbel, Stefan/Mehm, Florian/Wendel, Viktor: »Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«
PDExergames ist ein aktuelles Projekt (Laufzeit 2017 – 2020), das vom BMBF im Bereich KMU-Innovativ gefördert und vom KMU m2m Germany koordiniert wird. Weitere Projektpartner sind die Technologie Provider Ascora und SemVox, der Verlag ProLog und die Uniklinik Köln als DomäneExperte. Die TU Darmstadt nimmt die Rolle des technischen Koordinators ein und ist für die Spielekonzepte sowie die technischen Interaktionskonzepte verantwortlich.
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Das Projekt ist medizinisch motiviert und adressiert die Zielgruppe Parkinson Patienten – der Morbus Parkinson (Parkinson´s disease, PD) stellt mit 250 000 bis 280 000 Betroffenen in Deutschland eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen dar; die Prävalenz bei über 65-Jährigen liegt bei 1 800/100 000 . Akinese, Rigor, Ruhetremor und posturale Instabilität sind die motorischen Kernsymptome der Erkrankung, die auch zunehmend die Beweglichkeit der Patienten und damit auch die Mobiliät und Lebensqualität der Patienten beeinträchtigen. Die klinische Diagnose der genannten Symptome wird in Klinik und Forschung standardmäßig nach den »UK Parkinson’s Disease Society Brain Bank«-Kriteriendefiniert.5 Darüber hinaus stellen auch kognitive Dysfunktionen ein häufiges Symptom bei PD-Patienten dar.6 Im Verbundprojekt soll ein modulares PD Exergame System in Form einer experimentellen Testumgebung konzipiert werden, das die Erprobung und weiterführende Erforschung von nicht-pharmakologischen Therapiekonzepten mittels Exergaming (Modul PD Exergaming) ermöglicht. Hierfür werden basierend auf den medizinischen Anforderungen für PD neuartige Sprach- und Gesten-basierte Interaktionskonzepte (Modul PD Interaktion), Sensor-basierte, geräteunabhängige Controller zur Steuerung (PD Sensorik) als auch Konzepte zur Datenerfassung, Datenhaltung und Datenanalyse (PD Analyse) erarbeitet. Diese Konzepte werden in eine systemische Testumgebung zur Erprobung und Validierung von Trainingskonzepten integriert, die (therapeutische) Bewegungs- und Kognitionsaspekte direkt mit den motivationalen, spielerischen Aspekten von Exergames vereinen. SGT: Das Innovationsnetzwerk »SeriousGames Technologies« wird vom BMWI in der Aktionslinie ZIM gefördert. Phase I des Netzwerks ist 2017
5
Vgl. Hughes, Andrew J. et al.: »Accuracy of clinical diagnosis of idiopathic Parkinson's disease: a clinico-pathological study of 100 cases«, in: Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry 55, 3 (1992), S. 181-184.
6
Vgl. Muslimović, Dino et al.: »Cognitive profile of patients with newly diagnosed Parkinson disease«, in: Neurology 65, 8 (2005), S. 1239-1245; Aarsland, Dag/Brønnick, Kolbjørn/Fladby, Tormod: »Mild cognitive impairment in Parkinson’s disease«, in: Current neurology and neuroscience reports 11, 4 (2011), S. 371-378; Aarsland, Dag: »Cognitive impairment in Parkinson's disease and dementia with Lewy bodies«, in: Parkinsonism & related disorders 22 (2016), S. 144-148.
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bis 2018. Das httc e.V. koordiniert das Netzwerk in Kooperation mit der Serious-Games-Gruppe an der TU Darmstadt als Assoziierter Partner; direkte Netzwerkpartner sind die Technologie- und Anwendungspartner Deck13 Interactive, IJsfontein Interactive Media, Quantumfrog, M.I.T e-Solutions, szenaris, Rösch & Associates Information Engineering und m2m Germany (alle KMU). Die Motivation zur Initiierung des SGT Innovationsnetzwerkes liegt im Status Quo von Serious Games: Das Potential von Serious Games ist groß, dennoch ist die Qualität oftmals schlecht und die Nutzerakzeptanz entsprechend gering. Auch gibt es oftmals eine falsche Erwartungshaltung gegenüber Serious Games im Hinblick auf das Kosten-Nutzenverhältnis und notwendige Entwicklungsbudgets für (erfolgreiche) Serious Games. Im Vorhaben sollen daher innovative Methoden, Konzepte und Serious-GamesTechnologien identifiziert, in einer Technologie Roadmap zusammengefasst und im Rahmen von im Netzwerk initiierten Einzel- und Kooperationsprojekten umgesetzt werden, die signifikant zur Qualitätssteigerung und der erfolgreichen Verbreitung von Serious Games beitragen. Des Weiteren sollen gezielte PR-Maßnahmen wie die Erstellung einer Broschüre mit Best-Practice Beispielen für Serious Games als auch Veranstaltungen in ausgewählten Serious-Games-Anwendungsbereichen (auf Nutzerseite) zum Verständnis von Serious Games beitragen als auch (auf Entwicklerseite) den Marktzugang forcieren. Initial werden die Anwendungsbereiche Bildung, Training und Gesundheit adressiert; im weiteren Verlauf ist der Ausbau auf sozioökonomisch relevante Bereiche wie Marketing, Werbung und Recruiting, Kultur und Tourismus, Religion, Sicherheit, Klima, Energie oder Planung und (Bürger-)Beteiligung denkbar. Industrie: Im Bereich der industriellen Forschung wurden im httc – in Kooperation mit der TU Darmstadt – einige kleinere Serious-Games-Projekte durchgeführt. Dabei wurde jeweils die Autorenumgebung STORYTEC (s. Abschnitt »Tools und Technologien«) als Instrument zur Erstellung und Plattform-übergreifenden Publikation von Serious Games eingesetzt: •
IUNO: Web-basiertes Lernspiel zu IUNO, dem Nationalen Referenzprojekt zur IT-Sicherheit in Industrie 4.0.Im Forschungsvorhaben IUNO werden Bedrohungen und Risiken für die intelligente Fabrik identifiziert, Schutzmaßnahmen entwickelt und exemplarisch umgesetzt. Im dazugehörigen Lernspiel werden diese Risiken dem Publikum auf spielerische
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•
• •
Art und Weise näher gebracht. Das Web-basierte Spiel wurde unter Leitung des Fachgebiets »Datenverarbeitung in der Konstruktion« an der TU Darmstadt in Kooperation mit dem httc und der Agentur »die pistazie – Konzepte, Medien & Design« entwickelt. Die Konfiguration des Spiels erfolgte mit StoryTec; die Wiedergabe in einem Web-Browser erfolgt durch das an der TU Darmstadt mitentwickelte Multimedia-Framework »Kha«. IBEA: Online-Instrument zur Erfassung des beruflichen Aspirationsfeldes von Kindern und Jugendlichen (IbeA). Das Online-Instrument »IbeA« dient zur Datenerfassung in der Berufswahlforschung und stellt eine Unterstützung in der Beratungspraxis zur Förderung der Berufsorientierung dar. Das Instrument gliedert dieses Vorgehen in zwei Teile: Im ersten Teil werden Berufsvorstellungen abgebildet und verschiedene Berufe in ein bestehendes Raster eingeordnet. Nutzer sollen - unabhängig von den eigenen Vorlieben - ihre Einschätzung zu bestimmten Berufsbildern hinsichtlich wahrgenommener Geschlechterverteilung und Prestigeeinschätzung äußern. Im zweiten Teil annotieren die Nutzer dann diese kategorisierten Berufe nach bestimmten Gesichtspunkten, die negativen Einfluss auf sie haben könnten. ESA/ESOC QUIZ: Browser-basiertes Spiel in Form eines Quiz unter Nutzung der STORYTEC Technologie. DER CHAOS-FLUCH: DARMSTADT IM BANN DES ZAUBERERS: Web-basiertes Spiel über die Stadt Darmstadt. »Nichts ist mehr, wie es war. Darmstadt ist ein einziges Chaos! Sehenswürdigkeiten wurden versetzt, die Geschichte wurde umgeschrieben...« So beginnt das Web-basierte Spiel über die Stadt Darmstadt, das unter Leitung der Wissenschaftsstadt Darmstadt Marketing GmbH in Kooperation mit dem httc, der Agentur »die pistazie – Konzepte, Medien & Design« sowie KTX Software Development entwickelt wurde. Die Spieler haben hier die Aufgabe, verschiedene Orte in Darmstadt virtuell zu bereisen und dort Aufgaben zu lösen um den namensgebenden Fluch aufzuheben. Während dieser Reise durch Darmstadt lernt der Spieler gleichzeitig Sehenswürdigkeiten und Hintergrundwissen über die Stadt in spielerischer Art und Weise kennen.
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Ausgewählte Spiele Im Kontext von Drittmittelprojekten als auch im Rahmen von Promotionen und studentischen Arbeiten (Praktika, Abschlussarbeiten) und in Game Jams entstehen regelmäßig kleinere Serious Games. Dabei ist festzustellen, dass die originäre Spieleentwicklung – abgesehen von den Game Jams – nicht im Fokus der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten steht, sondern vielmehr die prototypisch realisierten Spiele als Medium zum Testen und Evaluieren der entwickelten (technischen) Methoden und Konzepte dienen. Auch in größeren Förderprojekten stehen neuartige Forschungs- und Entwicklungsaspekte im Vordergrund und die eigentliche Content Entwicklung wird im Üblichen nicht gefördert – eine Ausnahme hierfür bieten spezielle Förderprogramme wie media+ auf europäischer Ebene oder dezidierte Game- und Media-Förderprogramme auf Länderebene. Entsprechend entstehen in technisch orientierten F&E-Projekten keine komplexen Spielewelten und das Spielerlebnis ist entsprechend eingeschränkt. Dennoch zeigen die speziell im Kontext von Drittmittelprojekten mit Praxispartnern durchgeführten Evaluationsstudien, dass die erarbeiteten Serious-Games-Prinzipien (und resultierende Prototypen) von den jeweils adressierten Nutzergruppen gut angenommen werden und einen wertvollen Beitrag liefern, um die beabsichtigten Effekte (Vgl. »characterizing goal«) zu erzielen. Beispiele für im Rahmen von Forschungsaktivitäten entstandene Spieleprototypen stellen die in der Serious-Games-Gruppe seit 2009 erforschten personalisierte Exergames dar.7 Die grundlegende Idee dabei ist, das spielerische Training samt Gameplay auf die Charakteristik von individuellen Nutzern und Nutzergruppen automatisiert anzupassen. Während ERGOACTIVE als personalisiertes Ausdauer-/Cardio-Training die Verbesserung des Vitalstatus zum Ziel hat, soll BALANCEFIT spielerisch die Koordination, Kraft und Balance stärken.8 Die Entwicklung dieser Spiele erfolgt im Rahmen von
7
Vgl. Göbel, Stefan et al.: »Serious Games for Health - Personalized Exergames«, in: Proceedings ACM Multimedia 2010, New York, NY, USA: ACM (2010), S. 1663-1666.
8
Vgl. Hardy, Sandro et al.: »What Makes Games Challenging? - Considerations on How to Determine the »Challenge« Posed by an Exergame for Balance Training«, in: Proceedings of the 2014 ACM International Workshop on Serious Games, New York, NY, USA: ACM (2014), S. 57-62; Hoffmann, Katrin et al.:
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Forschungsaktivitäten der wissenschaftlichen Mitarbeiter und studentischen Arbeiten in Kooperation zwischen Informatikern/Spieleentwicklern und Sportwissenschaftlern sowie Ärzten/Therapeuten als Fachexperten. Am Beispiel von ERGOACTIVE soll dies genauer erläutert werden. ERGOACTIVE: Ärzte und Therapeuten (u.a. von den Darmstädter Kinderkliniken Prinzessin Margaret oder dem Reha-Zentrum INSULA) versprechen sich von dem Einsatz von Gesundheitsspielen einen Motivationsgewinn (zur sportlichen Betätigung) bei ihren jungen Patienten, die gerade eine Adipositas-Therapie absolvieren. Die Fachexperten skizzieren die Charakteristik ihrer Patienten (Vitalstatus, Gewicht) und beschreiben, welche Therapieprogramme sie einsetzen bzw. wie spielerisches Training in die Therapie integriert werden könnte. Sportwissenschaftler konzipieren Trainingsprogramme mit Belastungsintervallen, Frequenzen, Dauer und Angaben zur Belastung in den einzelnen Phasen. Die Spieleentwickler transformieren die Trainingsprogramme in Game Design/gameplay9 und entwickeln einen Prototyp des Spiels. Im Falle von ERGOACTIVE waren dies im ersten Ansatz drei verschiedene Varianten (»Taubenflug«, »Film« und »Balance«). Diese Prototypen werden mit der Zielgruppe im Hinblick auf Funktionalität (feasibility) und Nutzerakzeptanz (usability, User/Game Experience) validiert und es wird Feedback gesammelt – insbesondere bzgl. des gameplay und UX/GX Aspekten. Die Ärzte/Therapeuten und Sportwissenschaftler begleiten die Tests bzw. werten die protokollierten Vitaldaten (Belastungswerte) aus. Daraufhin werden das Trainingsprogramm und das Game Design/gameplay iterativ überarbeitet. Zudem werden zur personalisierten, adaptiven Steuerung der Spiele Sensor-gestützte Mechanismen (Tretwiderstand, Geschwindigkeit als auch psychophysiologische Messungen zur Erfassung von Vitalparametern wie Herzfrequenz) eingesetzt. Die Kommunikation zwischen Ergometer und Rechner (Spiel) erfolgt bidirektional, d.h. Tretwiderstand/Geschwindigkeit oder Belastung werden zur Steuerung der Spiele und von einzelnen Spielobjekten eingesetzt (bspw. zur Steuerung des Abspielens eines Films/
»Personalized Adaptive Control of Training Load in Cardio-Exergames – A Feasibility Study«, in: Games for Health Journal 4, 6 (2015), S. 470-479. 9
Vgl. Hardy, Sandro et al.: »Framework for personalized and adaptive game-based training programs in health sport«, in: Multimedia Tools and Applications 74, 14 (2014), S. 5289-5311.
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einer Strecke in der Spielvariante »Film«, zur Steuerung des Sidescrollers und der Taube im Taubenspiel oder zur Steuerung des Clowns im Balancespiel), andererseits erfolgt eine Rückkopplung des Spiels an die Sensorik/Mechanik. Sollte beispielsweise die Belastung eines Spielers den intendierten Belastungsintervall verlassen, reduziert/erhöht sich automatisch der Tretwiderstand am Ergometer. Abbildung 3: Personalisiertes Exergame ERGOACTIVE – Gameplay und Evaluationsergebnisse
Quelle: http://www.spielend-fit.de
ERGOACTIVE wurde sowohl mit der eigentlichen Zielgruppe (adipöse Jugendliche) in der Klinik als auch mit freiwilligen Teilnehmern in einem Fitnessstudio evaluiert. Die Evaluation mit den Jugendlichen in der Klinik ist nicht repräsentativ, da die Stichprobe zu gering war, sie wird daher an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt – jedoch ist festzustellen, dass die Therapeuten im Einsatz von ERGOACTIVE durchaus einen Motivationsgewinn der Jugendlichen in der sportlichen Betätigung wahrgenommen haben. An der Studie im Fitnessstudio haben 48 Personen im Alter von 14-64 Jahren teilgenommen (M=31.69, SD=14.82, Gender-Verteilung: 70.8% männlich, 29.2% weiblich); alle Teilnehmer spielten in zufälliger Reihenfolge alle drei Spielvarianten und füllten sowohl vor dem Beginn als auch nach Beendigung aller drei Spielvarianten jeweils einen Fragebogen aus. Zu Beginn wurden allgemeine Angaben zu ihrem Vitalstatus, der sportlichen Betätigung und zum Medienkonsum erfragt; am Ende wurde prinzipiell gefragt, wie die Spielvarianten wahrgenommen wurden, Vgl. dazu auch den Fragebogen von Gutjahr
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zur Erfassung des Spielspaßes in Serious Games.10 Wesentliche Erkenntnisse der Studie konnten so im Hinblick auf die User Experience in den einzelnen Varianten gewonnen werden: Das Taubenspiel und das Balancespiel wurden gegenüber dem Film als motivierender wahrgenommen. Auch zeigte die Studie, dass Frauen die Spiele insgesamt besser bewertet haben, was durchaus auf Gender-Aspekte in der Wahrnehmung schließen lässt. Auch konstatierten 83,3% der Teilnehmer, dass die das Spiel/die Spielvarianten von ERGOACTIVE durchaus gerne wieder spielen würden, und 77,1% gaben an, dass sie eine derartige spielerische Variante gegenüber herkömmlichem Cardio-Training bevorzugen würden. 31,2% wären sogar bereit, ERGOACTIVE käuflich für die Nutzung zuhause zu erwerben (ohne konkrete Angabe über einen Preis). PULSED! ist ein Android-basiertes Biofeedback Spiel, das im Kontext der Masterarbeit von Augusto Garcia-Agundez entstanden ist. Mittels der Smartphone Kamera wird die Herzrate des Spielers gemessen, der einen Finger auf die Kamera legen muss. Je nachdem, ob die Herzrate hoch oder niedrig ist, wird das Spiel schwieriger oder leichter. Abbildung 4: PULSED! gameplay: »Cool down and relax!« – je niedriger die Herzrate, desto mehr Punkte.
Quelle: TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, Screenshots von Pulsed! auf der GameDays Webseite www.gamedays2016.de und im Google Play Store, https://play.google.com/store/apps/details?id=de.tu.darmstadt.kom.pulsedgame
10 Göbel, Stefan/Gutjahr, Michael/Hardy, Sandro: »Evaluation of Serious Games«, in: Klaus Bredl, Wolfgang Bösche (Hg.), Serious Games and Virtual Worlds in Education, Professional Development, and Healthcare, Ort: IGI Global, S. 105-116.
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TWOSTONE ist im Rahmen der Dissertation von Tim Dutz und im Kontext der Lehrveranstaltung Urban Health Games entstanden und wurde über Praktika, Abschlussarbeiten und HiWis weiterentwickelt. Das Hauptziel des Spiels ist die Bewegungsmotivation der Spieler, sowie die Möglichkeit der einfachen Content-Erstellung an beliebigen Orten. Das Spielprinzip lädt den Spieler ein im Sinne des Spieleklassikers Pacman seine Umgebung zu erkunden und zu bespielen, Münzen zu sammeln und Geistern auszuweichen. Die Bewegungen des Spielers werden über das GPS-Modul des Smartphones analog zu gängigen Location-based Games getracked. Abbildung 5: Twostone – Mobile Exergame im urbanen Umfeld.
Quelle: TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, Screenshots im Google Play Store, https://play.google.com/store/apps/details?id=de.tu.darmstadt.uhg
Game Jams sind klassischerweise eine Herausforderung unter Spieleentwicklern, bei denen Video- oder Brettspiele unter enger zeitlicher Beschränkung (z.B. 72 Stunden) zu einem vordefinierten, aber oft vagen Thema (z.B. »10 seconds« oder »Running out of Power«) erstellt werden. Das Hauptziel von Game Jams ist in kurzer Zeit Spiele zu entwickeln, sie zu teilen und zum Schluss Feedback zu sammeln bzw. auch anderen eigenes Feedback zu geben. Manchmal werden Game Jams auch von professionellen Spieleentwicklern genutzt, um neue Konzepte und Prototypen zu erarbeiten. Die SeriousGames Gruppe an der TU Darmstadt organisiert seit 2013 regelmäßig lokale Treffen/Game Jams – sowohl für »Global Game Jams« als auch »Ludum Dare«. Als Startpunkt der Game Jams wird ein gemeinsames Frühstück organisiert, bei dem erste Vorschläge und Ideen für Spiele – zu einem vorgegebenen Thema – diskutiert werden und auch je nach Interes-
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senslage Gruppen/Teams zu bilden. Im Durchschnitt nehmen an den Events ca. 20 Personen teil, der Großteil der Teilnehmer sind Informatik Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Darmstadt. Die Teilnahme an den GameDays erfolgt auf freiwilliger Basis und obliegt keinerlei administrativer Regeln oder Einbindung in Forschung und Lehre. Das Fachgebiet Multimedia Kommunikation stellt hierfür lediglich die Räumlichkeiten zur Verfügung; Mitarbeiter der Serious-Games-Gruppen kümmern sich um die Logistik und grundlegende Organisation der Game Jams (z.B. Bestellung von Pizza). Seit dem ersten Game Jam wurden insgesamt 58 Spiele entwickelt und veröffentlicht. In Abbildung 6 sind einige ausgewählte Beispiele aus den letzten drei GameJams zu sehen. Im Vergleich zu den ersten Game Jams, die bei KOM ausgerichtet wurden, ist zunehmend ein Trend weg von den großen Game-Engines, (wie z.B. Unity oder Unreal) hin zu kleineren Multimedia-Frameworks auszumachen, die ein größeres Verständnis der technologischen Grundlagen eines Computerspiels erfordern. Somit hat die Mehrheit der Entwickler bei dem letzten Ludum Dare, der bei KOM stattgefunden hat, auf die Open Source-Frameworks Kore, libGDX und Slick2D zurückgegriffen. Diese Entwicklung greift die Serious-Games-Gruppe in der Konzeption der Lehrveranstaltungen auf – insbesondere im Kontext der Game Technology Vorlesung. Abbildung 6: Ausgewählte Beispiele und Impressionen von Game Jams an der TU Darmstadt
Quelle: TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, Bilder vom Ludum Dare 33 (links unten) und Global Game Jam 2015 (rechts unten). Die in den Game Jams erstellten Spiele sind verfügbar auf https://www.kom.tu-darmstadt.de/de/0/game-jams
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GameDays Exponate: Im Kontext von Forschungs- und Lehraktivitäten sind zahlreiche Spiele/Serious-Games-Prototypen entstanden, die regelmäßig als Exponate auf den GameDays präsentiert werden, s. Abschnitt »GameDays«. Tools und Technologien StoryTec11: Das grundlegende Ziel von StoryTec ist, Anwender ohne IT/Programmierkenntnisse in die Lage zu versetzen, Serious Games und interaktive Anwendungen im Allgemeinen zu erstellen. Dies gilt gleichermaßen für Personen, die beispielsweise ihre persönlichen Erlebnisse in Form einer interaktiven, spielerischen Urlaubsstory mit Familie und Freunden teilen möchten als auch für Fachleute (z.B. Lehrer, Ausbilder, Trainer; Kultur- und Tourismus-Beauftragte oder Ärzte und Therapeuten), die spielerische Anwendungen als Motivationsinstrument für Bildung und Gesundheit oder als Marketinginstrument einsetzen möchten. Dabei sollen die Fachleute die Möglichkeit haben, die Nutzung der mit StoryTec erstellten spielerischen Anwendungen – d.h. das Spielerverhalten, Lernfortschritt, Vitalparameter o.ä. – zu analysieren und im Sinne des Rapid Prototyping eine Anwendung entsprechend iterativ zu überarbeiten/weiterzuentwickeln. Zudem ist aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten und zur möglichst großen Verbreitung von StoryTec darauf zu achten, dass die Autorenumgebung im Sinne des CrossPlatform Publishing möglichst viele Plattformen (PC, Konsolen, Web-Standards wie HTML5 oder mobile Systeme wie Android und IOS) unterstützt. Entsprechend wurde die Autorenumgebung StoryTec als Framework, bestehend aus dem Authoring Tool »StoryTec Editor« und zwei Variationen von »Playern« zum Abspielen von mit StoryTec erstellten spielerischen, interaktiven Anwendungen und Serious Games, konzipiert: »StoryPublish« ist als Player für Anwender und Spieler ohne analytisches Interesse gedacht – rein
11 Vgl. Göbel, Stefan/Salvatore, Luca/Konrad, Robert A.: »StoryTec: A Digital Storytelling Platform for the Authoring and Experience of Interactive and Non-Linear Stories«, in: 4th Int. Conf. on Automated Solutions for Cross Media Content and Multi-channel Distribution (AXMEDIS), IEEE computer society (2008), S. 103-110; Mehm, Florian/Göbel, Stefan/Steinmetz, Ralf: »An Authoring Tool for Educational Adventure Games: Concept, Game Models and Authoring Processes«, in: International Journal of Game-Based Learning, 3, 1 (2013), S. 63-79.
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als Abspielkomponente. »StoryPlay« hingegen fungiert als »wissenschaftlicher Player«, der von Entwicklern/Autoren als Rapid Prototyping Tool genutzt werden kann und Mechanismen zur Visualisierung und Analyse (–› Serious Game Analytics) anbietet. Abbildung 7: StoryTec Framework – Authoring Tool StoryTec Editor und Cross-Platform Publishing.
Quelle: Serious-Games-Gruppe, TU Darmstadt und httc, siehe http://www.storytec.de
Die grundlegende Struktureinheit für StoryTec stellen »Szenen« dar: Szenen sind strukturelle Platzhalter für Spielsituationen oder komplette Level. Ein hierarchisches Modell erlaubt im Sinne der objektorientierten Programmierung die Gruppierung von Szenen zu komplexen Szenen. Innerhalb der Szenen werden Objekte platziert, z.B. Medienelemente, (virtuelle) Charaktere, Aktionselemente oder Templates. Strukturelle Templates werden eingesetzt
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für wiederkehrende Strukturen, zum Beispiel Lerneinheiten mit einem klaren Aufbau für Erklärung/Definition, Übungs- und Kontrollabschnitte. »Interaction Templates« werden – ähnlich etwa zur Gestaltung von Vorträgen mittels Powerpoint-Folientemplates – als Templates für Interaktionsformen und spielerische Situationen vorgehalten. Beispiele hierfür umfassen Templates zur Erstellung/Nutzung von Quiz-Elementen, Puzzle oder Wimmelbild. Hierbei sorgt die strikte Kapselung von Präsentation und Inhalt dafür, dass speziell Autoren ohne Programmierkenntnisse derartige Interaktionsformen direkt nutzen können und nur noch befüllen müssen. Das StoryTec Authoring Tool besteht im Wesentlichen aus vier Editoren: Im Story Editor können Autoren die grundlegende Spielstruktur entwerfen. Die Struktur besteht aus Szenen (Spielsituationen, Level) und Transitionen (Übergängen zwischen den Szenen). Zudem können Szenen gruppiert werden. Insgesamt entsteht somit ein hierarchisches Modell. Optional können Autoren beim Entwurf der Spielstruktur auf vorhandene bewährte Strukturen zurückgreifen, beispielsweise in Form der Heldenreise als dramaturgisches Storymodell für (Lern-)Adventures oder klassischen E-Learning-Strukturen nach dem Prinzip »Definition/Erklärung – Übung – Test/Wiederholung«, die in Web-based Trainings Verwendung finden. Alternativ können Autoren die Spielstruktur im Story Editor komplett neu, »from scratch« definieren. •
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Der Stage Editor dient zur Ausgestaltung von Spielszenen/-situationen. Analog zum StoryEditor werden hierfür eine Reihe von vordefinierten »Interaction Templates« angeboten, bestehend aus Szenen (Spielsituation, Level) und Transitionen (Übergänge zwischen Szenen), beispielsweise aus spielerischen Lernanwendungen bekannte Interaktionsformen wie »Drag & Drop«, »1 aus 4«, Zuordnungsaufgaben, »Wimmelbild« (Fehlersuche) oder verschiedene Varianten von Puzzles. Alternativ können die Autoren einzelne Situationen/Spielszenen basierend auf »atomaren« Elementen wie Textfelder, Bilder, Buttons, etc. orchestrieren. Die Objektverwaltung der Spielelemente erfolgt im Objects Browser. Hierbei werden die Objekte in Klassen wie »2D Assets« (z.B. Bilder), »Charaktere« (2D/3D, mit/ohne graphische Repräsentation) oder »GUI Elemente« (z.B. Fenster, Buttons, Labels, Textfelder) kategorisiert. Zudem werden kontinuierlich komplexere Formen von Interaction Templates (für Minispiele) gesammelt und den Anwendern zur Verfügung
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gestellt, die in mit StoryTec realisierten Spielen und Projekten entstanden sind. Eng verknüpft mit dem Objects Browser ist der Property Editor: Hier werden die Attribute bzw. Eigenschaften und Ausprägungen von Objekten spezifiziert, zum Beispiel ein Link ins Dateisystem, wo ein Bild gespeichert ist, oder Parameter für virtuelle Charaktere (und deren Darstellung: Aussehen/Verhalten) im StoryTec Player.
Kha + Khore: Die Open Source Multimedia-Frameworks Kha und Kore ermöglichen die hardwarenahe, jedoch äußerst portable Umsetzung von Spielen und anderen Multimedia-Anwendungen. Als Alternativ-Konzept zu großen Spiele-Engines wie Unreal und Unity bieten Kha und Kore keinen umfassenden Baukasten, um Spiele auf einer hohen Abstraktionsebene zu entwickeln, sondern konzentrieren sich stattdessen darauf, die von Spielen genutzten Hardware-Features direkt und übersichtlich ansprechbar zu machen, ohne dabei Einbußen bei der Portabilität einzugehen. Dieser Ansatz eröffnet Möglichkeiten, die vielen Entwicklern durch die Komplexität der aktuellen Hardware und Software verschlossen blieb. Die Entwicklung neuer Rendering-Verfahren ist dank der GPU-Abstraktion und des integrierten ShaderCross-Compilers komfortabel und praktikabel. Durch den übersichtlichen Aufbau der Plattform-Abstraktion ist eine Integration in bestehende Anwendungen sehr einfach und effizient möglich. Dies wird auch für die zuvor beschriebene Autorenumgebung StoryTec genutzt, die mit Hilfe von Kha sehr breite Multiplatform-Unterstützung bieten kann und durch die direkte Integration in den StoryTec Editor eine pixelgenaue Repräsentation des Endergebnisses schon während des Editiervorgangs darstellen kann. Ein weiteres Beispiel ist Armory3D, das eine auf Kha aufbauende Echtzeit-3D-Engine in das 3D-Modellierungstool Blender integriert. Hierdurch ist bereits während des Modellierungsvorgangs eine Echtzeitvorschau des Endergebnisses umsetzbar – Funktionalität, die den Produktionsworkflow bei Spieleentwicklungen beschleunigen kann, die führende Game Engines aber dennoch bisher nicht anbieten können. Selbst die Integration von Kha oder Kore-basierten Anwendungen in andere Game Engines ist umsetzbar. Kha basiert auf der Programmiersprache Haxe und dem gleichnamigen Cross-Compiler. Hierüber kann ein außergewöhnliches Level an Portabilität erreicht werden, da auch der Programmcode einer Anwendung beliebig in eine von zahlreichen Zielsprachen transformiert werden kann. Auch kommt
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Kha dem Wunsch vieler Studenten entgegen, in einer Java-ähnlichen Umgebung zu arbeiten, da sich Haxe stark an Javas Sprachkonzepten orientiert. Kore setzt mit C/C++ hingegen auf die in der Spieleindustrie dominierenden Programmiersprachen. Die Portabilität ist nach wie vor sehr hoch aber im Vergleich zu Kha durch die fehlende Möglichkeit der Cross-Kompilation in beispielsweise C# in bestimmten Fällen eingeschränkt. Dem entgegen steht eine potentiell höhere Performanz und die Möglichkeit der manuellen Speicherverwaltung. Kore wird auf Grund seiner konzeptionellen Nähe zu Industrielösungen in der Game Technology-Vorlesung eingesetzt. GameDays Die GameDays wurden 2005 von Stefan Göbel am Zentrum für Graphische Datenverarbeitung initiiert und finden seitdem im jährlichen Turnus statt; seit 2009 wird die Veranstaltung vom httc e.V. in Kooperation mit dem Fachgebiet Multimedia Kommunikation der TU Darmstadt ausgerichtet. Das Land Hessen unterstützt die Veranstaltung seit 2006 über ihre Aktionslinie »Hessen-IT« bzw. seit 2017 über »digitales hessen«. Weitere Kooperationspartner sind Darmstadt Marketing sowie weitere Partner aus der Forschung und Industrie als auch Verbände wie die Gesellschaft für Informatik, game und die gamearea frm aus der Games Branche. Das grundlegende Motto der GameDays ist »Science meets Business«, d.h. die Veranstaltung bietet eine Informations- und Kommunikationsplattform für Forscher, Spieleentwickler und Anwender, um neueste Trends aus der Forschung und Industrie auszutauschen. Zudem wird die Öffentlichkeit und speziell »der Nachwuchs« dazu eingeladen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und aktuelle Spiele und Prototypen auszuprobieren. Vice versa können die Wissenschaftler und auch Studenten die Möglichkeit ihre Errungenschaften sowohl Fachleuten als auch der Öffentlichkeit zu präsentieren und wertvolles Feedback zu erhalten. Seit 2013 wird in Kooperation mit Darmstadt Marketing und der Schirmherrschaft von Jochen Partsch, Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt, eine Rallye angeboten, bei der die Öffentlichkeit die Exponate der GameDays an verschiedenen Orten in der Stadt erkunden können. Als Ansporn erhalten die Gewinner/Teilnehmer der Rallye Sachpreise wie Spiele und Präsente der Stadt Darmstadt. Zudem werden seit Beginn der GameDays Spieleentwicklungsworkshops angeboten, so dass Kinder und Jugendliche
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oder ausgewählte Nutzergruppen in kurzer Zeit ein eigenes Spiel entwickeln bzw. Spieleentwicklungs-Tools (Vgl. Abschnitt »Tools/StoryTec«) beispielsweise zur Erstellung einer Urlaubsgeschichte oder eines Lernspiels ausprobieren können. Seit 2010 wird zusätzlich die internationale »GameDays Int’l Conference on Serious Games« angeboten – bis 2014 als Teil der GameDays immer an der TU Darmstadt; seit 2015 als Teil der Joint Conference on Serious Games an unterschiedlichen Orten in Europa und Übersee, Vgl. nächster Abschnitt. Abbildung 8: GameDays Impressionen: Demos, Entwicklungs-Workshops, Expertengespräche.
Quelle: TU Darmstadt, http://www.gamedays2014.de, http://www.gamedays2015.de, http://www.gamedays2016.de
Joint Conference on Serious Games Serious Games sind hochkomplex und vereinen den Entwicklungsprozess und die Eigenschaften von Unterhaltungsspielen mit den Charakteristika von Serious Games Anwendungsbereichen wie Bildung, Training und Gesundheit. Diese Anforderungen umfassen die verschiedenen Phasen/Stufen im Lifecycle eines Serious Game (Bedarfsanalyse und Anforderungsspezifikation, Erstellung, Testen, Veröffentlichung, Nutzung, Akzeptanz/Effekte; iterative Weiterentwicklung) als auch die Einbeziehung aller Stakeholder (Entwickler, Fachexperten, Technologie Provider) und die Nutzung/Integration von Basistechnologien und interdisziplinären wissenschaftlich-technischen Konzepten (u.a. aus den Human-, Sozial- und Wirtschafts-wissenschaften) in diesen Phasen. Diese Vielfalt spiegelt sich im wissenschaftlichen Umfeld in einer breiten Konferenzlandschaft12 wider: Nur wenige Konferenzen wie
12 Vgl. Dörner, Ralf et al.: Entertainment Computing and Serious Games. International GI-Dagstuhl Seminar 15283, Dagstuhl Castle, Germany, July 5-10, 2015.
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die Joint Conference on Serious Games (JCSG) – 2015 wurden die beiden Konferenzen »Serious Games Development and Applications« und die »GameDays International Conference on Serious Games« konsolidiert zur JCSG – adressieren im Kern die Charakteristik von Serious Games. Andere Konferenzen betrachten Serious Games eher aus dem Blickwinkel etablierter Technologiefelder wie Lerntechnologien, Künstliche Intelligenz (AI), Mensch Technik Interaktion (HCI), Mobile Computing und Sensortechnologie, Multimedia und Computergraphik oder fokussieren primär/ausschließlich auf den Unterhaltungsaspekt (z.B. International Conference on Entertainment Computing oder Foundations of Digital Games) oder spezielle Anwendungsbereiche wie Bildung und Gesundheit, beispielsweise die European Conference on Digital Games-based Learning oder Games for Health (Europe)]. Seit 2010 wird die GameDays International Conference on Serious Games, seit 2015 die Joint Conference on Serious Games. Die Proceedings der Konferenzen werden regelmäßig über die Springer LNCS Reihe publiziert: • • •
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2nd Joint Conference on Serious Games. September 26-27, 2016, Brisbane, QLD, Australia. Springer LNCS 9894. 1st Joint Conference on Serious Games. June 3-4, 2015, Huddersfield, UK. Springer LNCS 9090. Games for Training, Education, Health and Sports. 4th International Conference on Serious Games, GameDays 2014, Darmstadt, Germany, April 1-5, 2014. Proceedings. Springer LNCS 8395. E-Learning and Games for Training, Education, Health and Sports. 4th International Conference, GameDays 2012, Darmstadt, Germany, September 18-20, 2012, Proc. Springer LNCS 7516. GameDays Conference 2011, September 12-13, Darmstadt, Germany. Proceedings. International Journal of Computer Science in Sport (IJCSS), Volume 11/2012/Edition 1 (Special Edition). GameDays Conference 2010, March 25-26, Darmstadt, Germany. IJCSS – Volume 9/Edition 2 (Special Edition).
Revised Selected Papers, Heidelberg: Springer International Publishing (2016), Information Systems and Applications, incl. Internet/Web, and HCI. 9970.
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Abbildung 9: Konferenzlandschaft im Bereich Serious Games.
Quelle: Stefan Göbel, Seite 4 in: Dörner, Ralf/Göbel, Stefan/Kickmeier-Rust, Michael/Masuch, Maic/Zweig, Katharina: Entertainment Computing and Serious Games. International GI-Dagstuhl Seminar 15283, Dagstuhl Castle, Germany, July 510, 2015
Vernetzung – Serious Games Community Building Im Sinne des »Science meets Business« engagiert sich die Serious-GamesGruppe in Person des Gruppenleiters Stefan Göbel aktiv in verschiedenen Gruppierungen im wissenschaftlichen und industriellen Umfeld: •
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Im GAME Bundesverband der deutschen Spieleentwickler ist httc als Institution Mitglied. Göbel engagiert sich hierbei in den Arbeitskreisen »Förderung« sowie »Serious Games«. Innerhalb der gamearea Frankfurt Rheinmain fungiert der Lehrstuhl Multimedia Kommunikation in Person von Ralf Steinmetz, unterstützt durch Göbel, als Beitragsmitglied. Innerhalb der Gesellschaft für Informatik (GI) agiert Göbel als stellv. Sprecher der interdisziplinären Fachgruppe Entertainment Computing und pflegt die Verbindung zum Fachbereich Graphische Datenverarbeitung (ENC/GDV).
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L EHRANGEBOTE
IN DER I NFORMATIK
Die Serious Games Lehre ist im Fachbereich Informatik der TU Darmstadt angesiedelt – genauer im Gebiet »Visual, Interactive Computing« (ehemals »Human Computer Interaction). In den relevanten Klassifikationssystemen der DFG, der GI und der ACM ist der Bereich Serious Games primär in den folgenden Bereichen einzuordnen: • •
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DFG: 409-05 Interaktive und intelligente Systeme, Bild- und Sprachverarbeitung, Computergraphik und Visualisierung GI: Fachbereiche »Mensch-Computer-Interaktion« und »Graphische Datenverarbeitung«, Vgl. FG Entertainment Computing mit den Bereichen ENC/HCI und ENC/GDV. ACM: 9. Human-centered Computing, 9.01 Human Computer Interaction (HCI) mit den Bereichen Interaction Devices und Interactive Systems and Tools; 10. Computing methodologies mit 10.03 Artificial Intelligence und 10.06 Computer Graphics und – aus Anwendungssicht – 11. Applied computing mit 11.06 Life and medical sciences (incl. Health informatics) und 11.10 Education (incl. Interactive learning environments).
Seit 2007 wird die integrierte Lehrveranstaltung »Serious Games« (V2+Ü2) jedes Sommersemester angeboten (2007 – 2008 angeboten durch das Fachgebiet Graphisch-Interaktive Systeme; seit 2009 unter der Regie von Stefan Göbel durch das Fachgebiet Multimedia Kommunikation); seit 2014 zusätzlich jedes Wintersemester die integrierte Lehrveranstaltung »Game Technology« unter der Leitung von Florian Mehm und Robert Konrad. Zusätzlich werden seit dem Wintersemester 2013/14 jedes Semester ein Seminar Serious Games (S2) als auch ein Praktikum und ein Projektpraktikum Serious Games (P4/P6) angeboten. Vorläufer dieser Lehrveranstaltungen stellen die Vorlesung und das gleichnamige Seminar »Digital Storytelling« als auch Praktika »Spielerische Edutainment Anwendungen« dar, die seit 2002 (Seminar) bzw. 2005 (Vorlesung und Praktika) an der TU Darmstadt unter der Leitung von Göbel angeboten werden. Die Lehrveranstaltungen werden primär von Informatik Studenten, aber auch regelmäßig (speziell die Vorlesung Serious Games und die Seminare) von Studentinnen und Studenten anderer Fachbereiche (u.a. Wirtschaftsinformatik, Humanwissenschaften mit Psychologie, Pädagogik und Sport
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sowie andere Ingenieurs- und Naturwissenschaften) besucht. Die Vorlesung Game Technology als auch die Praktika erfordern Programmierkenntnisse, so dass hier weniger Teilnehmer aus anderen Fachbereichen abgesehen der Informatik teilnehmen. Dabei ist die Teilnehmerzahl der Vorlesungen nicht beschränkt; für die Seminare und Praktika gibt es im Hinblick auf eine sachgerechte, faire Betreuung Beschränkungen in der Teilnehmerzahl (jeweils 30 Plätze). Aufgrund des enormen Zuspruchs wurde für die Seminarteilnahme zudem ein kleines Bewerbungsverfahren eingeführt, so dass Studentinnen und Studenten nach der Themenvorstellung kleine Proposals für ihre Wunschthemen anfertigen und darauf basierend eine möglichst faire Themenverteilung erfolgt. Das Lehrkonzept ist insgesamt sehr angewandt, d.h. es werden neben den Grundlagen jedes Semester aktuelle Themen, Trends und best-practice Beispiele aus der Forschung und Industrie aufgegriffen. Zudem werden alle Wissenschaftlichen Mitarbeiter der Serious-Games-Gruppe in die Lehre und Betreuung von Studenten eingebunden: Die Nachwuchswissenschaftler können so ihre eigenen Themen gezielt einbringen und auch dafür »werben« ( Praktika, studentische Abschlussarbeiten). Zusätzlich werden speziell in den Vorlesungen auch Referenten aus der Industrie, d.h. professionelle Spieleentwickler (u.a. Alumni der Serious-Games-Gruppe) eingeladen. Auf diese Weise erhalten die Studenten einen Einblick in die Branche, das Berufsfeld »Spieleentwickler« und erfahren welche Schritte für einen erfolgreichen Einstieg notwendig sind. Dabei ist festzuhalten, dass es definitiv nicht das Ziel der Veranstaltungen ist für die Games Branche auszubilden, sondern vielmehr einen soliden Beitrag für die Informatik-Ausbildung zu leisten und allgemein auf IT-Berufe vorzubereiten – u.a. auch mit dem Hinweis auf die Relevanz von interdisziplinärer Zusammenarbeit im Team. Serious Games Die Themen der integrierten Lehrveranstaltung Serious Games (V2+Ü2) sind analog der Forschungsagenda der Serious-Games-Gruppe in die drei Blöcke »Authoring«, »Control« und »Evaluation« gegliedert. Zusätzlich wird das Vorlesungsprogramm durch ein bis zwei eingeladene Vorträge mit ReferentInnen (primär aus der Industrie) angereichert. Am Ende der Vorlesung gibt es zudem eine Vorlesung »Zusammenfassung«, bei der die Studentinnen und Studenten auch auf die Klausur vorbereitet werden. Die einzelnen
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Vorlesungen der integrierten Lehrveranstaltung adressieren die folgenden Themen: Einführung In der ersten Vorlesung wird das Thema Serious Games vorgestellt, d.h. es wird in die Thematik eingeführt, der Begriff und das Verständnis der Lehrenden von Serious definiert (und gegenüber verwandten Ansätzen wie gamification oder games with a purpose abgegrenzt). Zusätzlich werden wissenschaftlich-technische Aspekte von Serious Games als auch der Status Quo von Serious Games (wirtschaftliche Betrachtung und ethisch-rechtliche Aspekte) und best-practice Anwendungsbeispiele vorgestellt. Game Design Ein, wenn nicht »der« zentrale Aspekt gleichermaßen von Unterhaltungsspielen und auch von Serious Games, stellt das Game Design dar: Ein überzeugendes Spieledesign trägt signifikant zur Akzeptanz eines Spiels bei. Dabei gilt es bei Serious Games abgesehen von der User/Game Experience auch das characterizing goal im Auge zu behalten, d.h. das intendierte Ziel eines Serious Games sollte bereits direkt ins Game Design bzw. auch das gameplay und Spielmechaniken einfließen. In den Vorlesungen werden – aus ITPerspektive – die grundlegenden Prinzipien und relevante Aspekte des Game Design adressiert, u.a. die Erstellung eines Game Design Dokuments, in dem die wesentliche Spielidee, das gameplay, Story, etc. prägnant zusammengefasst wird. Des Weiteren werden die Zusammenhänge zwischen Game Design, Game Development und Game Production erörtert. Dabei werden insbesondere auch die Rollen aller in der Game Entwicklung beteiligten Personen wie Designer, Programmierer und Serious Game Domäne Experten thematisiert. Als Best Practice Beispiel wird dabei das Projekt/digitale Geographie Lernspiel 80Days herangezogen. Authoring Eng verbunden mit dem Game Design Prozess ist der Authoring Prozess, der als Teil der Game Entwicklung zu betrachten ist. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Kollaboration zwischen den an der Spieleentwicklung beteiligten Personen/Rollen. Zur Unterstützung des Authoring Prozesses werden Authoring Tools eingesetzt. In der Vorlesung wird diesbezüglich vor allem das an der TU Darmstadt konzipierte Authoring Tool/die Autorenumgebung
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StoryTec vorgestellt, Vgl. Abschnitt Tools/StoryTec. Des Weiteren wird ein Überblick an Autorenwerkzeugen gegeben und der Unterschied zwischen Authoring Tools und Tools zur Content Erstellung wie beispielsweise Photoshop oder 3D Modelling Tools erörtert. Zusätzlich werden Ansätze der prozeduralen Content Generierung vorgestellt. Game Technologie In dieser Vorlesung werden die technischen Grundlagen und Wirkungsprinzipien einer Game Engine, der main loop und weitere Komponenten wie I/OKomponenten oder Graphik-, Physik- und Audio-Bibliotheken oder die Rolle eines Hardware Abstraction Layer vorgestellt. Details zur Game Technologie werden ausführlich in der gleichnamigen Vorlesung Game Technology thematisiert, die immer im Wintersemester angeboten wird. Digital Storytelling Im ersten Teil der Vorlesung werden grundlegende narrative und dramaturgische Konzepte wie Story Modelle vorgestellt, die sich im Bereich Theater und Film bewährt haben. Letztlich sind dabei alle Story Modelle auf das klassische Drei-Akt-Modell von Aritstoteles zurückzuführen; die Modelle von Syd Field, Christopher Vogler oder Joseph Campbell haben dieses Modell verfeinert und von der antiken Theaterwelt auf moderne Medien wie Bücher und Filme transformiert. Im zweiten Schritt werden Storytelling Systeme vorgestellt und die Unterschiede zwischen Plot-basierten und Emergent Narrative Ansätzen vermittelt. Genau diese Diskrepanz resultiert im sogenannten Narrative Paradox, das den Konflikt zwischen Narration und Interaktion (play) beschreibt. Personalisierung und Adaption Analog zu anderen Vorlesungen der integrierten Lehrveranstaltung wird das Best Practice Beispiel 80Days zur Veranschaulichung von personalisierten, adaptiven Kontrollmechanismen zur Steuerung von adaptiven Serious Games herangezogen. Die grundlegende Idee der Personalisierung und Adaption ist dabei möglichst gut auf die individuellen Bedürfnisse, Interessen und die Charakteristik von Anwendern/Spielern einzugehen und dahingehend die Spiele zu gestalten (Vgl. Design + Authoring) und während des Spiels zu steuern. Als Parameter zur Steuerung der Spiele werden dabei Player Modelle, Lernermodelle, und Spielermodelle berücksichtigt. Ein integriertes Kon-
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zept entlang dieser drei Dimension bietet das Konzept der Narrative Gamebased Learning Objects (NGLOB, Vgl. [GWRS10]), das von Göbel et. al. im Kontext von 80Days entwickelt wurde. Abgesehen von 80Days im Lernbereich werden in der Vorlesung auch Konzepte für personalisierte, adaptive Bewegungsspiele (Exergames) und insbesondere der automatisierten, adaptiven Schwierigkeitsanpassung in Exergames vorgestellt. Als Best-Practice Beispiele werden dabei die in der Serious-Games-Gruppe entwickelten Exergames BALANCEFIT und ERGOACTIVE herangezogen. Multiplayer Im Bereich der Multiplayer Serious Games werden verschiedene Aspekte des Multiplayer Game Designs vorgestellt, deren Unterschiede zu Singleplayer Spielen herausgearbeitet und am Beispiel des in vielen Sportarten genutzten oder abgewandelten Elo-Systems das Konzept des Matchmakings ergründet. Darauf aufbauend werden soziale Aspekte ergründet, welche durch die von Matchmaking Systemen geschaffene anonyme Gruppenkonstellation geschaffen wurde. Dieses beinhaltet die Problematik des toxischen Verhaltens und deren in aktuellen Spielen praktizierten Gegenmaßnahmen. Auf technischer Seite gestaltet sich eine nahezu latenzfreie Kommunikation zwischen den Spielern als problematisch. Hierzu werden verschiedene Netzwerkarchitekturen auf Vor- und Nachteile bezüglich ihrer Latenzanfälligkeit sowie ihrer Cheat-Sicherheit untersucht. Weiterhin werden gängige Methoden zur Latenzkompensation wie die Client und Opponent Prediction vorgestellt. Ein letzter vor allem für Serious Games relevanter Teil ist der Aspekte des kollaborativen Lernens sowie eng damit verbunden die Praktiken des Game Mastering zur Unterstützung der Spieler durch einen Lehrer/Trainer oder Betreuer. Pervasive Games Im Bereich Pervasive Gamings stellt das Fogg‘sche Behavior Model eine zentrale Instanz dar. Hier werden durch Beispielszenarien die Interaktion zwischen Motivation, Fähigkeit sowie der Notwendigkeit eines Triggers dargestellt, um ein gewünschtes (gesundheitsförderndes) Verhalten anzunehmen. Hierbei wird herausgearbeitet, dass Spiele als Motivator dienen können um dieses Verhalten vor allem im Rahmen von Serious Games anzunehmen. Da aber nicht alle Spieler gleich sind wird im Bereich der Spielermodelle auf die Heterogenität der Spielerpräferenzen am Beispiel der Bartle Spielertypen
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eingegangen. Ein wichtiger Bereich der Pervasiven Spiele sind mobile Exergames, da sie sich eng mit dem Metabolic Equivalent of Tasks (MET) kombinieren lassen um Bewegungen im gesundheitsförderlichen Rahmen anzuregen. Für diese Spiele sind zentrale Meilensteine der Smartphone Historie sowie die Funktionsweise der darin verbauten Sensorik relevant. Höherwertige Kontextinformationen, welche mit dieser Sensorik gewonnen und kombiniert werden, werden vor allem in diesen mobilen Exergames zur direkten oder indirekten Steuerung integriert. Der Erfolg dieser Spieler lässt sich in der Entwicklung aktueller Location-based Games sowie Augmented Reality Spielen sehen. Interfaces, Controller und Body Tracking Zur Steuerung von Spielen werden verschiedene Controller vorgestellt. Eingabedaten, die in der Regel direkte Controller Befehle sind, können von traditionellen Eingabegeräten kommen wie beispielsweise einer Tastatur, Maus oder Gamepad. Des Weiteren gibt es VR spezifische Controller wie beispielsweise Touch Controller von Oculus Rift oder Vive Tracker von HTC Vive. Diese Controller sind mit vielen infraroten Sensoren ausgestattet, um die Position und Orientierung im Raum zu bestimmen. Außerdem gibt es Controller, die mit Hilfe von infraroten Kameras bestimmte Körperteile (z.B. Hände mit dem Leap Motion) oder ganze Körperbewegungen (z.B. mit der Microsoft Kinect) tracken können. Somit können die Spieler durch unterschiedliche Körperhaltungen und Gesten mit dem Spiel-Interface interagieren oder virtuelle Objekte manipulieren. Im Bereich von Body Tracking gibt es verschiedene Geräte, die es ermöglichen ein Skelett des menschlichen Körpers oder nur Teile davon darzustellen. Die am weitesten verbreiteten Geräte, die auch in vielen Spielen eingesetzt werden, sind Microsoft Kinect und Leap Motion. Durch die Verwendung von Kinect können die Körperbewegungen des Benutzers ohne Nutzung von Wearables, Marker oder anderen Controllern dargestellt werden. Solche Tracking Systeme sind sehr einfach zu verwenden, jedoch sind die meisten Ansätze entweder durch die Latenz oder unzureichende Genauigkeit begrenzt. Motion Capture Anzüge ermöglichen dagegen ein genaueres Tracking. Derartige Anzüge werden in der Forschung oft für die Rehabilitation verwendet, um z.B. zu überprüfen ob ein Nutzer eine Übung korrekt ausführt. Hierbei werden die Bewegungen mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras und LED-Markern, die an einem Kleidungsstück angebracht sind, getrackt. Auch eignen sich derartige Echt-
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zeit Tracking Systeme sehr gut für VR Spiele, die im Hinblick auf ein immersives Spielerlebnis eine hohe Anforderung an niedrige Latenz haben. Virtual Reality Die Vorlesung »Virtual Reality« stellt den aktuellen technischen Stand dieser neuartigen Interaktionsmethode vor. Die Geschichte der Virtuellen Realität geht bis in die 1960er zurück. Relevante technische Begriffe und Konzepte im Kontext von VR wie »Immersion« und »Interaktion« als auch VRspezifische Steuerungsmethoden, wie beispielsweise Body Tracking und Feinmotorik (im Vergleich zu älteren Konzepten wie wie Datagloves oder Virtusphere) werden vorgestellt und diskutiert. Auch werden Anwendungsbereiche von VR abgesehen vom Unterhaltungssektor thematisiert, z.B. klinische Anwendungen, Architektur, Visualisierung und Planung oder Training und Simulation.Ein Teil der Vorlesung beschäftigt sich auch auch mit dem Phänomen »Cybersickness« bzw. »Virtual Reality Sickness«. Games for Health Die Vorlesung geht auf wesentliche Konzepte und Charakteristika von Gesundheitsspielen ein: »Welche Ziele werden bei Gesundheitsspielen verfolgt?« (intendierte Effekte, Vgl. characterizing goal), »Welche Zielgruppen werden (wie) angesprochen?«, »Welche Technologie wird eingesetzt?«, »Wer ist bei der Entwicklung eingebunden?«, etc. Zudem werden relevante Varianten/Genre von Gesundheitsspielen thematisiert wie beispielsweise Mobile Exergames (Pokemon Go, Ingress) Commercial Exergames (Wii Fit) und Behavior Changing Games (Re-Mission). Des Weiteren werden relevante wissenschaftlich-technische Aspekte wie die Technologie-gestützte Bestimmung der Effekte (z.B. mittels Biosignalmessung und Vitalsensorik), Akzeptanz- und Usabilitytests bis hin zu randomisierten Kontrollstudien (randomized controlled trials, kurz: RCT) oder auch Algorithmen zur automatisierten Anpassung der Spiele an die Nutzer (Vgl. Vorlesung Personalisierung und Adaption) thematisiert. Diese Vorlesung beinhaltet auch einen besonderen Fokus auf medizinische Aspekte von Gesundheitsspielen, beispielsweise im Kontext der Therapie (Rehabilitationsspiele, Spiele für Kognitive Stimulation) oder auch Serious Games in der Medizinlehre, die neue Interaktionsmethoden wie zum Beispiel Virtual Reality einsetzen.
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Serious Games Analytics Analog zur Evaluation von Lernanwendungen mittels Learning Analytics zielt der Begriff Serious Games Analytics auf die Evaluation von Serious Games ab. Dabei müssen die beiden Aspekte Spielspass (Affekte/«weiche Faktoren« wie User/Game Experience13 [NDG10]) und »harte Faktoren« wie ein Lerneffekt oder eine beabsichtigte Verhaltensänderung (Vgl. characterizing goal) berücksichtigt werden. Ein zentraler Punkt der Vorlesung beschäftigt sich mit der Fragestellung wie diese Effekte gemessen werden können bzw. welch Messmethode/welches Evaluationsverfahren am besten geeignet ist zur Bestimmung bestimmter Effekte. Das Spektrum an Evaluationsmethoden reicht dabei von klassischen empirischen Methoden wie Fragebögen und Interviews bis hin zu Technologie-gestützten Methoden unter Nutzung von Sensor-Technologie wie beispielsweise Bio- und Vitalsensorik. Auch wird in der Vorlesung die Analyse-Komponente von StoryTec vorgestellt [MWGS10], womit auf Basis des NGLOB-Konzeptes der Spielfortschritt und das Spielerverhalten von Anwendern in (Story-basierten) Lernspielen analysiert werden kann. Gastvorlesung(en) Jedes Jahr werden ein bis zwei Referenten aus der Industrie (primär von Spieleentwickler-Studios) eingeladen, die über aktuelle Trends und BestPractice Beispiele von Games/Serious Games berichten und gleichzeitig einen Einblick in die Branche geben. Dabei wird größter Wert darauf gelegt, dass keine Marketing-Vorträge gehalten werden, sondern möglichst persönliche Eindrücke »offen« geschildert werden. Insbesondere begrüßen es die Studenten wenn direkte Fragen der Art »Was ist für den Einstieg in die Branche notwendig?« oder »Was bringt ein wissenschaftlicher Abschluss bei der Bewerbung – reichen Programmierkenntnisse?« offen und ehrlich beantwortet werden. Letztlich konnten über die Vorlesung schon einige Kontakte geknüpft werden und Praktika/Jobs vermittelt werden. Die Vorlesungssprache ist Deutsch; die Folien sind im Allgemeinen englisch. Die Vorlesung als auch die Übung finden wöchentlich statt; die Übung ist unterteilt in einen Theorieteil und einen Praxisteil: Im Theorieteil werden
13 Nacke, Lennart/Drachen, Anders/Göbel, Stefan: »Methods for Evaluating Gameplay Experience in a Serious Gaming Context«, in: International Journal of Computer Science in Sport 9 (2010), S. 40-51.
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die in der Vorlesung vorgestellten Prinzipien, Modelle, Methoden und Konzepte im Rahmen von Übungsaufgaben vertieft; im Praxisteil werden die Themen praktisch angewandt, d.h. es wird die Unity 3D Game Engine eingesetzt und pro Woche kleine Programmieraufgaben (im Team) durchgeführt. Dabei gibt es wohldefinierte Zwischenstände mit vorgefertigten Lösungen, so dass Studierendewährend des Semesters problemlos einsteigen können bzw. die Programmieraufgaben nicht auf korrekten Lösungen von vorherigen Aufgaben aufbauen. Game Technology Seit 2014 wird die Veranstaltung »Game Technology« angeboten. Jedes Wintersemester wird ein intensiver Überblick über die Funktionsweise moderner Game-Engines gegeben. Inhaltlich wird größter Wert darauf gelegt, die technologischen Grundlagen klar zu vermitteln und trotz des breiten Themenfeldes Überschneidungen mit weiteren Lehrangeboten der Universität zu minimieren, so dass sich diese ergänzen können. Das gesamte Themengebiet Spieletechnologie wird abgedeckt – nach einer Einführung über den grundlegenden Aufbau von Game-Engines wird die Thematik Grafik intensiv erörtert, von der Funktionsweise eines SoftwareRenderers für 3D-Grafik bis hin zu aktuellen Verfahren wie Physically Based Lighting und Screenspace-Reflections. Den zweiten Schwerpunkt bietet das Thema Physiksimulation zur Berechnung realistisch wirkender Objekt-Interaktionen. Abgerundet wird die Veranstaltung mit weiteren Inhalten zur Audioausgabe und -Simulation, prozeduraler Generierung von Spielinhalten und Multiplayerfunktionalität. Im Folgenden werden die Schwerpunkte Grafik und Physik näher beschrieben. Grafik Computerspiele nutzen zur grafischen Darstellung verschiedenste Stilmittel und Technologien. Die Vorlesung bietet einen Überblick über die verbreitetsten Möglichkeiten – von pixeliger 2D-Grafik bis zu realitätsnaher 3DGrafik. Der Fokus wird jedoch auf Grund der Komplexität und der Bedeutung in der professionellen Spieleindustrie auf den aktuellen Stand des 3DRenderings mittels Rasterisierung auf dedizierter Grafikhardware gelegt. Die Vorlesung arbeitet sich sukzessive zu einem aktuellen 3D-Renderer vor, beginnend bei einer reinen Softwareimplementierung. Nach einer Einführung
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in die Möglichkeiten aktueller Grafikchips und deren Programmierung mittels dedizierter Shader-Programmiersprachen, wird die zuvor erarbeitete Softwareimplementierung auf die Grafikhardware portiert. Im Weiteren werden aufeinander aufbauend alle aktuellen Rendering-Funktionalitäten eingeführt. Dies umfasst unter anderem skelettbasierte Animationsmodelle, die Nutzung von Shadow-Maps zur Echtzeit-Berechnung von Schatten, physikalisch basierte Lichtreflektion und verschiedene Renderingverfahren wie beispielsweise Deferred Shading. Physik Die Berechnung von Festkörperphysik in Echtzeit ist ein grundlegender Bestandteil des Gameplays der meisten Computerspiele. Schon die frühesten elektronischen Unterhaltungsspiele, wie beispielsweise Pong, nutzten Näherungen der Newtonschen Gesetze mittels einer schrittweisen, numerischen Integration zur Simulation der Spielumgebung. Die physikalische Bewegungssimulation wird von den einfachen Ansätzen früher Computerspiele bis zu komplexeren Simulationen, die Rotationen und Reibungskräfte berücksichtigen, erläutert. Die Erkennung und Behandlung von Kollisionen ist hierbei eine zentrale Problematik, die umfassend behandelt wird – von der Kollisionserkennung verschiedener, geometrischer Körper, über verschiedene, hierarchischen Ansätzen zur Beschleunigung der Berechnungen bis hin zu numerischen Verfahren zur Auflösung von Kollisionen in komplexen Situationen. Im Rahmen der begleitenden Übungsaufgaben wird von Studentengruppen jeweils eine eigene zwar kleine aber technisch aktuelle Game-Engine implementiert. Hierzu werden wichtige Grundkenntnisse in den Programmiersprachen C++ und GLSL vermittelt – Standardsprachen in der Spieleindustrie. Besonderer Fokus wird hierbei auf Performanz gelegt, insbesondere in Hinblick auf robuste Echtzeitanwendungen. Die Übungsaufgaben sind, soweit die jeweilige Aufgabe es ermöglicht, frei formuliert um die Teilnehmer zu motivieren eigene Lösungen zu finden und ihre Kreativität einzubringen. Beispielsweise ist die Vorgabe im Rahmen der Physik-Vorlesung, ein Partikel-System zu bauen das einen Kontrollparameter besitzt, der in dem vorgegebenen Framework nicht enthalten ist.
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Tabelle 1: Konzeptioneller Aufbau der Vorlesung Game Technology (Stand WS 2016/17). Woche 1
Vorlesung Input and Output
2
The Game Loop
Übung Gruppeneinteilung, Einführung in die Nutzung von git, erstes Kompilieren des Übungs-Frameworks Grafik-Demo-Programmierung (kreative Aufgabe mit wenig Vorgaben)
3
Software Rendering
Darstellung eines 3D-Modells ohne Nutzung einer Grafik-API, Kamerasteuerung
4
Advanced Software Rendering
Weiterführung der letzten Übung: Erweiterung um Texturierung
5
Basic Hardware Rendering
Weiterführung der letzten Übung: Portierung auf Nutzung einer Grafik-API, einfache Beleuchtungsberechnung
6
Bumps and Animations
7
Physically Based Rendering
Umsetzung von Normal Mapping, Animation eines Objektes mittels eines Vertex Shaders Entwicklung eines Shaders für Phyiscally Based Rendering
8
Physics 1
9
Physics 2
10
Procedural Content Generation
Umsetzung eines Gauss-Filters, eigener Textur-Generator (kreative Aufgabe)
11
Compression and Streaming
Umsetzung eines Streaming-Systems für Texturen
12
Multiplayer
Einfaches Multiplayer-Spiel mit Peer-toPeer-Netzwerkarchitektur
Einfache Physik-Engine ohne Reibung, Partikelsystem (kreative Aufgabe) Erweiterung der Physik-Engine um Reibung, einfaches Physik-basiertes Spiel
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13
Audio
14
Artificial Intelligence Scripting, Gastvorlesung
15
Umsetzung eines einfachen 3D-Sound-Mixers Flocking, Utility-Based AI-basierendes KISystem (Keine Übung, Zeit für Vorbereitung auf Klausur)
Die genaue Umsetzung ist den Teilnehmern frei gelassen, so gab es im Verlauf der Vorlesung einige kreative Lösungen wie Wassertropfen, Schneeflocken, Sterne, uvm. Auf diese Art ist trotz der der offenen Aufgabenformulierung eine objektive Bewertung möglich. Technologisch baut die Veranstaltung auf Open Source-Komponenten auf, die kontinuierlich weiterentwickelt werden und eine industrienahe Softwareumgebung bieten, die auch zu dedizierter Spielehardware kompatibel ist. Ebenfalls ist das Lehrmaterial (Folien, Skript, Video-Aufzeichnungen der Vorlesungen, Übungsaufgaben, Lösungen, Video-Lösungen mit erweiterten Erklärungen) offen zugänglich und ermöglicht es so auch ehemaligen Studenten, leicht auf dem aktuellen Stand zu bleiben – insbesondere in der schnelllebigen Spieleindustrie ein essenzieller Vorteil. Insgesamt setzt sich die Veranstaltung das Ziel, so umfassende Grundlagen zu legen, dass darauf aufbauend aktiv der aktuelle Stand der Technik vorangetrieben werden kann – natürlich auch in Form eines Jobs in der Spieleindustrie. Um sicherzustellen, dass die Veranstaltung diesem Anspruch genügt, wird aktiv die Kooperation mit der Industrie gesucht. Im Wintersemester 2016/2017 haben sich Mitarbeiter der Limbic Entertainment GmbH14 und der Deck13 Interactive GmbH15 – zwei international anerkannte, deutsche Spieleunternehmen – aktiv an der Umsetzung der Veranstaltung beteiligt. Analog zur integrierten Lehrveranstaltung Serious Games ist die Vorlesungssprache Deutsch; die Folien jedoch auf Englisch. Auf Grund der Industrie-Beteiligung wurde die Vorlesung 2014 – 2016 als Blockveranstaltung am Wochenende organisiert; ab dem WS 2017/18 soll die Vorlesung analog zu Serious Games im wöchentlichen Turnus angeboten werden. Die Zuordnung zu Wochen dient als Orientierung für die Teilnehmer und als Deadlines für die Übungsaufgaben.
14 https://limbic-entertainment.de/ 15 https://www.deck13.de/
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Praktika und Seminare Zu den Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Serious-Games-Gruppe werden jedes Semester Seminare und Praktika angeboten; auch können jederzeit – sofern die erforderliche Betreuungskapazität gewährleistet werden kann – studentische Abschlussarbeiten angefertigt werden. Die Themen für die studentischen Arbeiten werden in der Regel in den Lehrveranstaltungen vorgestellt oder über Aushänge präsentiert. Zusätzlich sind die Studierenden auch herzlich dazu eingeladen, eigene innovative Ideen einzubringen und die Wissenschaftlichen Mitarbeiter als Betreuer von der Relevanz der Arbeiten zu überzeugen. Weitere Lehrveranstaltungen Abgesehen von den integrierten Lehrveranstaltungen Serious Games und Game Technology wurde von der Serious-Games-Gruppe 2013 – 2016 in Kooperation mit der Architektur und den Humanwissenschaften (Psychologie, Sport) die interdisziplinäre Lehrveranstaltung »Urban Health Games« initiiert und federführend angeboten. In diesem Kontext sind analog zu den Serious Games Praktika in interdisziplinärer Teamarbeit eine Reihe von Prototypen entstanden wie beispielsweise Twostone als ortsbasiertes Multiplayer Spiel zur sportlichen Erkundung von Orten – und der impliziten Gesundheitsförderung, s. Auswahl Spiele. Des Weiteren bietet die TU Darmstadt im Hinblick auf eine berufliche Karriere im IT-Umfeld/im technischen Umfeld der Spieleindustrie eine Vielzahl weiterer Vorlesungen an, die sich zur Ergänzung der Serious Games und Game Technology-Veranstaltungen eignen. Eng angegliedert an die Universität ist das Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung, in dessen Umfeld das Thema Grafik in vielen verschiedenen Facetten (Visual Computing, Virtual and Augmented Reality, (Geo-)Graphic Information Systems) intensiv vertieft werden kann. Die Vorlesungen zu den Themen Robotik und Künstliche Intelligenz bieten ebenfalls interessante Überschneidungsmengen zum Thema Spieletechnologie – viele vorgestellte Verfahren sind direkt anwendbar auf die Animation- und Verhaltenssimulation von Spielecharakteren. Zusätzlich werden Veranstaltungen zu allgemeineren Informatikthemen wie Software Engineering oder Human Computer Interaction angeboten.
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Teilnehmer und Lehrevaluation Die Lehrveranstaltungen im Bereich Serious Games und Game Technology werden im Wahlpflichtbereich der Informatik angeboten und erfreuen sich höchster Beliebtheit, d.h. die Veranstaltungen genießen den größten Zuspruch im Wahlbereich. Tabelle 2 fasst die Teilnehmerzahlen der Lehrveranstaltungen als auch die Bewertungen (mit Angabe zur Anzahl der abgegeben Evaluationsbögen) durch die Studenten zusammen. Die Teilnehmerzahlen sind der Statistik vom Fachgebiet Multimedia Kommunikation entnommen. Die Evaluationsergebnisse basieren auf der Auswertung der systematischen Lehrevaluation der Lehrveranstaltungsbefragung der hochschuldidaktischen Arbeitsgruppe der TU Darmstadt und/oder Auswertungen des Fachschaft Forums der Informatik. Tabelle 2: »Serious Games« Lehrangebot, Teilnehmerzahlen und Lehrevaluation (Stand WS 2016/17).
Quelle: Eigene Tabelle
L ITERATUR Aarsland, Dag/Brønnick, Kolbjørn/Fladby, Tormod: »Mild cognitive impairment in Parkinson’s disease«, in: Current Neurology and Neuroscience Reports 11, 4 (2011), S. 371-378. Aarsland, Dag: »Cognitive Impairment in Parkinson's Disease and dementia with Lewy Bodies«, in: Parkinsonism & related disorders 22 (2016), S. 144-148.
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Dörner, Ralf/Göbel, Stefan/Effelsberg, Wolfgang/Wiemeyer, Josef: Serious Games – Foundations, Concepts and Practice, Springer International Publishing Switzerland 2016. Dörner, Ralf/Göbel, Stefan/Kickmeier-Rust, Michael/Masuch, Maic/Zweig, Katharina: Entertainment Computing and Serious Games. International GI-Dagstuhl Seminar 15283, Dagstuhl Castle, Germany, July 5-10, 2015. Revised Selected Papers, Springer International Publishing (2016), Information Systems and Applications, incl. Internet/Web, and HCI. 9970. Göbel, Stefan/Gutjahr, Michael/Hardy, Sandro: »Evaluation of Serious Games«, in: Klaus Bredl, Wolfgang Bösche (Hg.), Serious Games and Virtual Worlds in Education, Professional Development, and Healthcare, Ort: IGI Global, S. 105-116. Göbel, Stefan/Hardy, Sandro/Wendel, Viktor/Mehm, Florian/Steinmetz, Ralf: »Serious Games for Health - Personalized Exergames«, in: Proceedings of the 18th ACM International Conference on Multimedia, New York, NY, USA: ACM (2010), S. 1663-1666. Göbel, Stefan/Maddison, Ralph: »Serious Games for Health: The Potential of Metadata«, in: Games for Health Journal 6, 1 (2017), S. 49-56. Göbel, Stefan/Mehm, Florian/Radke, Sabrina/Steinmetz, Ralf: »80Days: Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«, in: Y. Cao, A. Hannemann, B. Fernández Manjón, S. Göbel, C. Hockemeyer, E. Stefanakis (Hg.), Proc. of the 2nd Int. Workshop on Story-Telling and Educational Games (STEG'09), CEUR Workshop Proceedings 498 (2009), http://sunsite.informatik.rwth-aachen.de/Publications/CEUR-W S/Vol-498/ Göbel, Stefan/Mehm, Florian/Wendel, Viktor/Konert, Johannes/Hardy, Sandro/Reuter, Christian/Gutjahr, Michael/Dutz, Tim: »Erstellung, Steuerung und Evaluation von Serious Games«, in: Informatik Spektrum 37, 6 (2014), S. 547-557. Göbel, Stefan/Mehm, Florian/Wendel, Viktor: »Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«, in: M. D. Kickmeier-Rust/D. Albert (Hg.), An Alien’s Guide to Multi-Adaptive Educational Computer Games, Santa Rosa: Informing Science Press (2012), S. 89-104. Göbel, Stefan/Salvatore, Luca/Konrad, Robert A.: »StoryTec: A Digital Storytelling Platform for the Authoring and Experience of Interactive and Non-Linear Stories«, in: 4th Int. Conf. on Automated Solutions for Cross
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Media Content and Multi-channel Distribution (AXMEDIS), IEEE computer society (2008), S. 103-110. Hardy, Sandro/Dutz, Tim/Wiemeyer, Josef/Göbel, Stefan/Steinmetz, Ralf: »Framework for personalized and adaptive game-based training programs in health sport«, in: Multimedia Tools and Applications 74, 14 (2014), S. 5289-5311. Hoffmann, Katrin/Hardy, Sandro/Wiemeyer, Josef/Göbel, Stefan: »Personalized Adaptive Control of Training Load in Cardio-Exergames – A Feasibility Study«, in: Games for Health Journal 4, 6 (2015), S. 470-479. Hardy, Sandro/Kern, Angelika/Dutz, Tim/Weber, Christoph/Göbel, Stefan/ Steinmetz, Ralf: »What Makes Games Challenging? - Considerations on How to Determine the »Challenge« Posed by an Exergame for Balance Training«, in: Proceedings of the 2014 ACM International Workshop on Serious Games, New York, NY, USA: ACM (2014), S. 57-62. Hughes, Andrew J. et al.: »Accuracy of Clinical Diagnosis of Idiopathic Parkinson's Disease: A Clinico-Pathological Study of 100 Cases«, in:
Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry 55, 3 (1992), S. 181-184. Mehm, Florian/Göbel, Stefan/Steinmetz, Ralf: »An Authoring Tool for Educational Adventure Games: Concept, Game Models and Authoring Processes«, in: International Journal of Game-Based Learning, 3, 1 (2013), S. 63-79. Mehm, Florian/Wendel, Viktor/Göbel, Stefan/Steinmetz, Ralf: »Bat Cave: A Testing and Evaluation Platform for Digital Educational Games«, in:Bente Meyer (Hg.), Proceedings of the 3rd European Conference on Games Based Learning Academic Conferences International 2010, S. 251-260. Muslimović, Dino/Post, Bart/Speelman, Johannes D./Schmand, Ben: »Cognitive Profile of Patients with Newly Diagnosed Parkinson Disease«, in: Neurology 65, 8 (2005), S. 1239-1245. Nacke, Lennart/Drachen, Anders/Göbel, Stefan: »Methods for Evaluating Gameplay Experience in a Serious Gaming Context«, in: International Journal of Computer Science in Sport 9 (2010), S. 40-51.
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S PIELE ERGOACTIVE (httc Jahr, O: httc und TU Darmstadt) BALANCEFIT (httc , O: httc) DER CHAOS-FLUCH: DARMSTADT IM BANN DES ZAUBERERS (Darmstadt Marketing, O: httc) ESA/ESOC QUIZ (ESA/ESOC, O: httc) IBEA (TU Darmstadt FG Berufspädagogik, O: httc) PULSED! (TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, O: Augusto Garcia-Agundez) TWOSTONE (TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, O: Tim Dutz)
A BBILDUNGEN Abbildung 1: Verständnis und Ansatz Serious Games, Quelle: Serious Games Gruppe, TU Darmstadt, 2017, abgeleitet vom Vortrag von Stefan Göbel zur Begriffsdefinition von Serious Games, Serious Games Conference 2010, Quelle: ftp://ftp.kom.tu-darmstadt.de/talks/DefinitionSerio usGames-SGC2010___2010.03.05_SG.pdf. Abbildung 2: 80Days – Integrierter Ansatz und gameplay; Feon als Lehrer der Zukunft?, Quellen: Göbel, Stefan et al.: »80Days: Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«, in: Y. Cao, A. Hannemann, B. Fernández Manjón, S. Göbel, C. Hockemeyer, E. Stefanakis (Hg.), Proc. of the 2nd Int. Workshop on Story-Telling and Educational Games (STEG'09), CEUR Workshop Proceedings 498 (2009), http://sunsite.inf ormatik.rwth-aachen.de/Publications/CEUR-WS/Vol-498/; Göbel, Stefan/Mehm, Florian/Wendel, Viktor: »Adaptive Digital Storytelling for Digital Educational Games«, in: M. D. Kickmeier-Rust/D. Albert (Hg.), An Alien’s Guide to Multi-Adaptive Educational Computer Games, Santa Rosa: Informing Science Press (2012), S. 89-104. Abbildung 3: Personalisiertes Exergame ERGOACTIVE – Gameplay und Evaluationsergebnisse, Quelle: http://www.spielend-fit.de; Vgl. Göbel, Stefan et al.: »Serious Games for Health - Personalized Exergames«, in: Proceedings ACM Multimedia 2010, New York, NY, USA: ACM (2010), S. 1663-1666; Hardy, Sandro et al.: »Framework for personalized
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and adaptive game-based training programs in health sport«, in: Multimedia Tools and Applications 74, 14 (2014), S. 5289-5311. Abbildung 4: PULSED! gameplay »Cool down and relax!«, Quelle: TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, Screenshots von Pulsed! auf der GameDays Webseite www.gamedays2016.de und im Google Play Store, https://play.google.com/store/apps/details?id=de.tu.darmstadt.kom.pulsedgame Abbildung 5: TWOSTONE – Mobile Exergame im urbanen Umfeld, Quelle: TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, Screenshots im Google Play Store, https://play.google.com/store/apps/details?id=de.tu.darmst adt.uhg Abbildung 6: Ausgewählte Beispiele und Impressionen von Game Jams an der TU Darmstadt, Quelle: TU Darmstadt, FG Multimedia Kommunikation, Bilder vom Ludum Dare 33 (links unten) und Global Game Jam 2015 (rechts unten). Die in den Game Jams erstellten Spiele sind verfügbar auf https://www.kom.tu-darmstadt.de/de/0/game-jams. Abbildung 7: StoryTec Framework – Authoring Tool StoryTec Editor und Cross-Platform Publishing, Quelle: Serious Games Gruppe, TU Darmstadt und httc, siehe http://www.storytec.de, Vgl. Göbel, Stefan/Salvatore, Luca/Konrad, Robert A.: »StoryTec: A Digital Storytelling Platform for the Authoring and Experience of Interactive and Non-Linear Stories«, in: 4th Int. Conf. on Automated Solutions for Cross Media Content and Multi-channel Distribution (AXMEDIS), IEEE computer society (2008), S. 103-110; Mehm, Florian/Göbel, Stefan/Steinmetz, Ralf: »An Authoring Tool for Educational Adventure Games: Concept, Game Models and Authoring Processes«, in: International Journal of Game-Based Learning, 3, 1 (2013), S. 63-79. Abbildung 8: GameDays Impressionen: Demos, Entwicklungs-Workshops, Expertengespräche, Quelle: TU Darmstadt, http://www.gamedays 2014.de, http://www.gamedays2015.de, http://www.gamedays2016.de Abbildung 9: Konferenzlandschaft im Bereich Serious Games, Quelle: Stefan Göbel, Seite 4 in: Dörner, Ralf/Göbel, Stefan/Kickmeier-Rust, Michael/Masuch, Maic/Zweig, Katharina: Entertainment Computing and Serious Games. International GI-Dagstuhl Seminar 15283, Dagstuhl Castle, Germany, July 5-10, 2015, Revised Selected Papers, Heidelberg: Springer International Publishing (2016), Information Systems and Applications, incl. Internet/Web, and HCI. 9970.
Nachwort
Games-Studium im Ausland Ein vergleichender Blick auf Angebote in Westeuropa, Nordamerika und Australien A NDRÉ C ZAUDERNA
E INLEITUNG Die Expansion hochschulischer Games-Ausbildung ist eine globale Entwicklung. So hat sich in den vergangenen Jahren ein internationales Feld von Studiengängen ausgebildet, das auf der einen Seite curriculare und didaktische Ansätze austauscht, sich auf der anderen Seite aber auch durch seine inhaltliche Vielfalt kennzeichnet. Einer Studie der ›Higher Education Video Game Alliance‹ aus den Jahren 2014 und 2015 zufolge erstrecken sich die in den untersuchten (zumeist nordamerikanischen) »video game certification or degree-granting programs« angebotenen Kurse über mehr als 240 Fächer: »ranging from Advanced Drawing and 3D Modeling to Artificial Intelligence and Computer Programming in C++ to Marketing Principles and Business Law«.1
1
Steinkuehler, Constance/Fullerton, Tracy/Phelps, Andrew/Davidson, Drew/Isbister, Katherine: Our State of Play: Higher Education Video Game Alliance Survey 2014-15, Washington, DC 2015, http://glsstudios.com/hevga/wp-content/themes/ hevga_theme/assets/2015_HEVGA_Survey_Results.pdf, S. 4. Bei der Studie handelt es sich um eine standardisierte Befragung, an der 73 Colleges und Universitäten mit »video game certification or degree-granting programs« teilgenom-
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Der vorliegende Beitrag widmet sich diesem internationalen Feld akademischer Games-Ausbildung in vergleichender Absicht. Er richtet den Blick über den Tellerrand der Games-Ausbildung in Deutschland und stellt ausgewählte Studiengänge auf Bachelor- und Master-Level in Westeuropa, Nordamerika und Australien vor. Dabei soll es nicht darum gehen, alle Modelle akademischer Games-Ausbildung im internationalen Feld zu repräsentieren oder einen Gesamtüberblick über das weltweite Angebot an hochschulischer Games-Ausbildung zu geben (was allein deshalb vermessen wäre, weil die Auswahl der Studiengänge in diesem Beitrag eine deutliche Tendenz zu englischsprachigen Angeboten sowie den Ländern des Westens impliziert). Vielmehr möchte mein Beitrag: 1. in Ergänzung der Beiträge zur deutschen Bildungslandschaft weitere
spannende Ansätze und Trends der hochschulischen Games-Ausbildung dokumentieren, 2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Studiengänge herausarbeiten, d.h. auch die Vielfalt des Feldes zumindest ansatzweise ordnen, 3. eine Vergleichsfolie für die in diesem Band vorgestellten Games-Studiengänge in Deutschland liefern. Zur Ordnung des Feldes und Gliederung meines Beitrages unterscheide ich zwischen Studiengängen mit Fokus auf der Gestaltungsdimension und Studiengängen mit Fokus auf der Entwicklungsdimension der Produktion digitaler Spiele. Während die erstgenannten Studiengänge (das sind insbesondere ›Game Design‹- und ›Game Arts‹-Studiengänge) die Gestaltung der Mechaniken, Narrationen und Audiovisualität digitaler Spiele lehren, dreht sich in den letztgenannten Studiengängen (das sind vor allem ›Game Informatics & Technology‹-Studiengänge) alles um den Programmcode. Schon an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei diesen beiden Typen um Konstruktionen handelt: In Wirklichkeit verfolgen viele Studiengänge einen interdisziplinären Ansatz; die Übergänge zwischen den Typen sind fließend. So verlangen einige Studiengänge ihren Studierenden über weite Strecken Leistungen im Gestaltungs- und Entwicklungsbereich ab und/oder erlauben eine variable Spezialisierung in die eine oder die andere
men haben. Die 73 Hochschulen sind 5 Ländern und 27 verschiedenen USStaaten und kanadischen Provinzen zuzuordnen.
GAMES -STUDIUM IM AUSLAND | 661
Richtung. Schwerpunkte wie ›Technical Art‹ sind zudem ohnehin an der Schnittstelle von Gestaltung und Entwicklung angesiedelt. Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass mittlerweile eine weitere Ausdifferenzierung des Feldes entlang anderer Unterscheidungsmerkmale erfolgt; z.B. nach den behandelten Spielformen. Zu nennen sind hier z.B. Studiengänge wie ›Indie Development‹ (Bachelor) an der Glasgow Caledonian University oder ›Serious Games‹ (Master) an der schwedischen Högskolan i Skövde. Der vorliegende Beitrag gestaltet sich folgendermaßen: Nach einer Vorstellung der ausgewählten Studiengänge in den beiden Kapiteln »Fokus auf Gestaltung« und »Fokus auf Entwicklung« werden im Kapitel »Vergleichende Analyse der curricularen Ansätze« Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Studiengänge herausgearbeitet. Im Anschluss wird ein »Vergleich mit den Studiengängen in Deutschland« vorgenommen, bevor ein »Fazit« den Beitrag abschließt.
F OKUS
AUF
G ESTALTUNG
Dieses Kapitel konzentriert sich auf Studiengänge, die vor allem Inhalte aus ›Game Design‹ (hier verstanden als ›Game System Design‹2) und/oder ›Game Arts‹ in den Mittelpunkt stellen. Dabei handelt es sich häufig um Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master of Arts sowie Bachelor und Master of Fine Arts. Im Einzelnen werden exemplarisch die Konzepte der folgenden Studiengänge vorgestellt: Game Design B.F.A. der New York University; Interactive Entertainment B.A. der University of Southern California; Game Design B.A. der University of the Arts London; Bachelor of Design (Games) der RMIT University in Melbourne; Game Design M.F.A. der New York University; Master Jeux et Médias Interactifs Numériques an der CNAM-Enjmin in Angoulême (Frankreich). Hinter all diesen Studien-
2
Der Begriff ›Game Design‹ wird in diesem Beitrag in zweierlei Weisen verwendet. So bezieht er sich zum einen im breiteren Sinne auf das Gesamtvorhaben der Gestaltung und Entwicklung eines digitalen Spieles, also unter Einbeziehung nicht nur der konzeptionellen Dimension, dem ›Game System Design‹, sondern auch der Disziplinen ›Game Arts‹ und ›Game Programming‹. Zum anderen referiert er im engeren Sinne ausschließlich auf das ›Game System Design‹: auf die Konzeption von Regeln, Mechaniken und Narration.
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gängen steht das Modell einer interdisziplinären Games-Ausbildung, die zugleich »künstlerisch-wissenschaftliche und handwerklich-praktische Kenntnisse und Fähigkeiten«3 vermitteln will.4 Game Design B.F.A., New York University Das Game Center der Tisch School of the Arts der New York University (NYU) bietet neben einem nicht-konsekutiven MFA einen vierjährigen grundständigen Game Design BFA an.5 In diesem Studiengang werden die Studierenden in den Bereichen ›Game Design‹, ›Game Development‹ und ›Game Scholarship‹ unterrichtet und damit vorbereitet für Karrieren als »Game designers, developers, scholars, and critics«6. Sie werden ausgebildet für eine Praxis, die eine Vielfalt an Kompetenzen erfordert, »from visual design and animation to music and audio design, to programming and game design, to writing and storytelling, to production management and business strategy«. Während die Studierenden zu Beginn des Studiums eine breite ›Game Design Literacy‹ erwerben, erhalten sie im weiteren Verlauf des Studiums die Möglichkeit zur Vertiefung in Abhängigkeit von ihren jeweiligen Interessen und Talenten. Dementsprechend beschreiben die Studiengangsverantwortlichen ihr Curriculum als »broad and deep, letting you focus on game programming, game design, visual design for games, game criticism, or other areas«. Im Einklang mit der Philosophie des am Game Center
3
Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies. Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2015, S. 244.
4
Mit diesem Modell habe ich mich bereits an anderen Stellen näher beschäftigt: Czauderna, André: »International Game Design Education: Six Examples from Five Countries«, in: Gundolf S. Freyermuth: Games | Game Design | Game Studies. An Introduction, Bielefeld: transcript 2015, S. 241-256; Czauderna, André: »Interdisziplinäre Hochschulbildung für die Gestalter/innen digitaler Spiele: Beispiele aus Deutschland, Großbritannien, der Schweiz und den USA«, in: DigitaleSpielewelten.de 2016, https://digitale-spielewelten.de/magazin/interdisziplinareh ochschulbildung-fur-die-gestalterinnen-digitaler-spiele/25
5 6
http://gamecenter.nyu.edu Alle Zitate in den Beschreibungen der Studiengänge in diesem und dem folgenden Kapitel ohne eigene Quellenangabe stammen von der Website des jeweiligen Studienganges, auf die stets zu Beginn des jeweiligen Unterkapitels verwiesen wird.
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lehrenden Eric Zimmerman werden nicht nur digitale Spiele, sondern auch analoge Spiele berücksichtigt.7 Das interdisziplinäre Studium an der NYU besteht für alle Studierenden aus Kursen in den drei ›Primary Areas‹: ›Game Studies‹ (»academic, scholarly, and journalistic approaches to games«), ›Game Design‹ (»Creating the rules of the game and the player experience«) und ›Game Development‹ (»Production processes for creating games«). Darüber hinaus erhalten die Studierenden die Gelegenheit, sich Kenntnisse und Fertigkeiten in den vier ›Production Areas‹ anzueignen: ›Game Programming‹ (»Interaction, graphics, AI, and other game programming«), ›Visual Design‹ (»2D and 3D animation, graphic design, and art direction«), ›Audio Design‹ (»Music, sound effects, and audio programming«) und ›Game Business‹ (»Marketing, revenue models, and the game industry«). Nicht zuletzt besuchen die Studierenden Kurse aus dem Feld der ›liberal arts‹ (hier: »a combination of expository writing, humanities, and social or hard sciences«) und setzen im letzten Studienjahr ein ›capstone project‹ um (das nicht notwendigerweise ein Spiel sein muss, sondern auch eine Forschungsarbeit oder eine Ausstellung sein kann). Besonderen Wert legt das Game Center auf die Vermittlung einer breiten Allgemeinbildung. Es wird davon ausgegangen, dass Game Designer »wellrounded educations« benötigen: »Games are interdisciplinary by nature, and a great game designer will be one who draws from their life and educational experiences.« Folglich ist mehr als ein Drittel des Curriculums Inhalten aus »writing, humanities, sciences and social sciences« gewidmet. Es soll sichergestellt werden, dass »all of the Game Design BFA students explore the intellectual world around them«. Interactive Entertainment B.A., University of Southern California An der University of Southern California (USC) wurde aufbauend auf der Kooperation zweier Institute, der School of Cinematic Arts und der Viterbi School of Engineering’s Department of Computer Science, das Cluster ›USC Games‹ eingerichtet, welches das Studium von insgesamt vier Studiengängen ermöglicht: BA in Interactive Entertainment; BS in Computer Science
7
Vgl. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge/London: MIT Press 2004.
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(Games); MFA in Interactive Media; MS in Computer Science with Specialization in Game Development. Der Studiengang Interactive Entertainment BA8 der Interactive Media & Games Division der School of Cinematic Arts basiert auf Tracy Fullertons »Playcentric Approach to Creating Innovative Games«, den sie in ihrem Standardwerk Game Design Workshop publiziert hat und in ihrer Game Design-Lehre an der USC anwendet.9 Wie beim BFA der NYU handelt es sich auch beim Studiengang der USC um die Synthese einer ›liberal arts education‹ US-amerikanischer Prägung und einer Spezialisierung in der Gestaltung digitaler Spiele. Die Studierenden kombinieren ›pre-professional courses‹ am USC Dornsife College of Letters, Arts and Sciences (»including the general education requirements«) und Kurse im Hauptfach, gewählt aus dem Curriculum der School of Cinematic Arts. Die folgenden Kurse müssen von den Studierenden im Bereich ihres Hauptfaches belegt werden: ›Cinematic Communication‹, ›Reality Starts Here‹, ›Fundamentals of Computer Programming‹, ›Fundamentals of Procedural Media‹, ›Introduction to Cinema‹, ›Introduction to Interactive Entertainment‹, ›Introduction to Game Development‹, ›Intermediate Game Development‹, ›Game Design Workshop‹, ›Intermediate Game Design Workshop‹, ›Cinematic Communication‹. Außerdem wählen die Studierenden weitere Kurse zu Themen wie ›Animation‹, ›Character Development‹, ›Interface Design‹, ›Sound Design for Games‹, ›Usability Testing‹, ›Statistical Analysis for Games‹, ›Business and Management of Games‹, ›Game Studies‹ oder ›Critical Theory and Analysis of Games‹. Game Design B.A., University of the Arts London Die University of the Arts London bietet ein dreijähriges BA-Studium in Game Design an.10 Der Studiengang verbindet einen »concept-to-playable prototype approach«, der Game Design als kreativen Prozess und Projektarbeit in den Mittelpunkt stellt, mit der Vermittlung der ›handwerklichen‹
8
http://games.usc.edu
9
Vgl. Fullerton, Tracy: Game Design Workshop. A Playcentric Approach to Creating Innovative Games, Boca Raton/London/New York: CRC Press 2014.
10 http://www.arts.ac.uk/lcc/courses/undergraduate/ba-hons-games-design
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Aspekte der Spielentwicklung, wie ›Programming‹ und ›3D Modeling‹, sowie einem Studium der ›Game Studies‹, der kritischen Reflexion digitaler Spiele und ihrer Nutzer. Eine besondere Bedeutung für den Entwicklungsprozess wird den Spielern zugeschrieben, deren angemessene Berücksichtigung ein wichtiges Lernziel des Studienganges darstellt. Daraus ergibt sich, dass Lerninhalte aus den Sozialwissenschaften und der Psychologie eine große Rolle spielen. Die Studiengangsverantwortlichen betonen, dass ihr Game Design BA die Studierenden sowohl auf die Rolle als Angestellter eines existierenden Unternehmens der Games-Branche – darunter »developers of all sizes working across various technologies and platforms« – als auch auf die Rolle als Entrepreneur in selbst gegründeten Firmen vorbereitet. Darüber hinaus, so wird herausgestellt, komme ebenfalls eine Beschäftigung in anderen Feldern der ›Creative Industries‹ infrage, wie z.B. »3D modelling for film / TV or architectural and environmental rendering, animation, interactive design or web design and development«. Bachelor of Design (Games), RMIT University Der sechssemestrige Bachelor of Design (Games) an der RMIT University in Melbourne, Australien, vermittelt »conceptual game design and specialist art skills«.11 Besonderen Wert legt der Studiengang auf ›Art Practice‹. Die Studierenden befassen sich mit »design, narrative, imaging, modelling and animation (2D and 3D), concept art and game environments«. Dabei sollen sie ästhetische und technische Kompetenzen erwerben. Auch ›Game Studies‹ spielen in dem Studiengang eine wichtige Rolle. Das Verständnis der ›User Experience‹ wird insofern durchgehend gefördert, als die Studierenden die Gelegenheit erhalten, in ›Play Testing‹-Umgebungen »game-playing responses and behaviours« zu erheben. Ein ›capstone project‹ rundet das Programm ab – und stellt sicher, dass die Absolventen aus dem Studium nicht nur ein individuelles Portfolio mitnehmen, sondern auch auf ein kollaborativ entwickeltes Spiel verweisen können. Eine Spezialisierung der Studierenden durch Kurswahl und Schwerpunktsetzung in den Projekten, z.B. in Richtung ›Concept Art‹, ›Game Nar-
11 http://www.rmit.edu.au/study-with-us/levels-of-study/undergraduate-study/bach elor-degrees/bp214
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ratives‹ oder ›Character Creation‹, ist möglich und erwünscht. Gleichwohl zielt der Studiengang auf die Ausbildung einer breiten ›Game Design Literacy‹ und erlaubt seinen Studierenden die Erweiterung ihres Horizontes durch die Wahl von Kursen anderer Abteilungen: Studierenden, die das Programmieren erlernen möchten, stehen Kurse der ›Computer Science‹ offen; Studierende, die ihre Kreativität auch in anderen Medien anwenden wollen, können Kurse im Bereich der ›Media and Communication‹ belegen. Insgesamt wird der Anspruch erhoben, für »broader games and creative industries« sowie die Gründung eigener Unternehmen auszubilden. Game Design M.F.A., New York University Neben dem bereits beschriebenen Bachelorstudiengang bietet das NYU Game Center einen zweijährigen Game Design MFA an.12 Der Studiengang richtet sich an Absolventen aller Fakultäten. Das heißt, dass der Studiengang nicht nur für Programmierer, Designer und Artists offen ist, sondern sich auch an Personen aus Feldern wie Theater, Bildung, Ingenieurswissenschaften, Philosophie oder Journalismus richtet – selbst dann, wenn diese keine Erfahrungen in der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele mitbringen. Es wird davon ausgegangen, dass die Diversität der Studierendenschaft »the collaborative, interdisciplinary nature of game design« reflektiert. Da Diversität als Vorteil wahrgenommen wird, streben die Studiengangsverantwortlichen auch einen »rich mix in terms of culture, gender, and background« an. Der Ansatz des Game Design MFA wird folgendermaßen beschrieben: »Our students study the design and development of games in a context of advanced critical literacy, with the goal of becoming game designers and developers, artists and curators, critics and scholars«. Damit wird deutlich, dass ein Game Design-Studium nicht notwendigerweise nur für kreative und technologische Tätigkeiten in Entwicklerstudios ausbilden muss. Game Design, wie es an der NYU gelehrt wird, eröffnet durchaus weitere berufliche Perspektiven, z.B. die Arbeit als Kritiker, Kurator oder Wissenschaftler. Inhaltlich geht es in dem Studium dementsprechend nicht nur um Game Design als künstlerische Praxis, sondern auch um die kritische Analyse von digitalen Spielen. Mehr noch als andere in diesem Beitrag vorgestellten Ansätze zielt
12 http://gamecenter.nyu.edu/academics/game-design-mfa
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der ›art school approach‹ des Game Centers auf künstlerische Aspekte, kreative Innovation und Entrepreneurship. Während das Studium im ersten Semester im Rahmen der vorgeschriebenen Pflichtkurse (das sind: ›Game Design 1‹, ›Game Studio 1‹, ›Game Studies 1‹, ›Games 101‹ und dem optionalen ›Code Lab Zero‹ als ›programming support workshop‹ für ›Game Studio 1‹) stark vorstrukturiert ist, erhalten die Studierenden bei der Gestaltung der weiteren Semester großen Spielraum. Im zweiten Jahr des MFA-Programms konzentrieren sich die Studierenden auf ihr Thesis-Projekt, das nicht nur ein kollaborativ entwickeltes Spiel sein kann, sondern auch als »a tabletop game, a LARP or other live-action game, a game-related conference or event, or some kind of research project« verwirklicht werden kann. Im Guidebook des Studienganges lassen sich einige interessante Formulierungen finden, die den Ansatz des Game Center zu Game Design und akademischer Games-Ausbildung illustrieren.13 Dazu gehört zunächst die Darstellung der »big idea«, der Grundidee hinter dem Studiengang: »We study games as a form of culture and game design as creative practice.« Weitere Grundannahmen sind: »Game creation is more art than science« (deshalb hat man sich an der NYU für einen MFA anstelle eines MScs entschieden) und »Everyone in a collaborative group is a game creator« (auch deshalb ist das Studium generalistisch ausgerichtet). Der curriculare und didaktische Ansatz basiert auf einem »studio approach of hands-on game creation within a context of advanced critical literacy and sophisticated theoretical analysis«. Dabei wird der interdisziplinäre und kollaborative Charakter von Game Design, aus dem sich ganz unmittelbar der interdisziplinäre und kollaborative Charakter der akademischen Games-Ausbildung ergibt, besonders hervorgehoben: »Making games, especially videogames, is an interdisciplinary process. In this program you will sometimes be working solo, but more often you will be on a team. Learning to collaborate well is one of the most valuable skills you can develop and is one of the central pillars of the Game Center MFA.« Während der MFA der New York University im Rahmen einer offenen Struktur es den Studierenden erlaubt, die Spezialisierungsrichtung und den Spezialisierungsgrad durch Kurswahl und Schwerpunktsetzung im Verlauf des Studiums variabel zu bestimmen, was auch ein generalistisches Studium
13 http://gamecenter.nyu.edu/wp-content/uploads/2014/03/NYU_GC_Guidebook _2014.pdf
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zulässt, bewerben sich die Studierenden des im Folgenden vorgestellten Studienganges am französischen ›Conservatoire National des Arts et Métiers‹ (CNAM) von Anfang an für eine Spezialisierungsrichtung, studieren aber in dem Studiengang gemeinsam mit Studierenden anderer Disziplinen und erlernen zudem die Grundlagen dieser Disziplinen. Master Jeux et Médias Interactifs Numériques, CNAM-Enjmin Der zweijährige Master-Studiengang ›Jeux et Médias Interactifs Numériques‹ wird in Angoulême (Frankreich) angeboten, wo das CNAM eine Graduiertenschule für Interaktive Medien namens ›L'École nationale du jeu et des médias interactifs numériques‹ (Enjmin) betreibt. Der Studiengang ermöglicht eine Spezialisierung in den folgenden sechs Hauptfächern: ›game design‹, ›conception visuelle‹ (Visual Design), ›conception sonore‹ (Sound & Music Design), ›programmation‹ (Software Design & Development), ›ergonomie‹ (Ergonomie) und ›management de projet‹ (Projektmanagement).14 Hinter dem Studiengang stehen zwei pädagogische Grundgedanken: Erstens sollen die Studierenden auf die Arbeit in den interdisziplinären Teams der Games-Branche vorbereitet werden. Zweitens sollen sie ihr Wissen und ihre Kompetenzen, die sie in ihren bisherigen verschiedenartigen Bildungsverläufen erworben haben, speziell in Bezug auf die Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele ausbauen. Aus diesen Grundannahmen ergibt sich, dass im Mittelpunkt des Studiums kollaborative Projekte stehen (die an der CNAM-Enjmin vor allem den Bereich der Pre-Production abbilden), wie auch, dass Absolventen unterschiedlicher Disziplinen gemeinsam studieren. Zu den Ursprungsdisziplinen der Studierenden gehören Design oder Geisteswissenschaften im Schwerpunkt ›Visual Design‹, Informatik im Schwerpunkt ›Programmation‹ und Psychologie im Schwerpunkt ›Ergonomie‹. Ausgehend von ihren Ursprungsdisziplinen entwickeln sich die Studierenden sodann im Rahmen einer Simulation der Praxis der Computerspielindustrie (und professioneller sowie akademischer Supervision) in Richtung einer Games-Profession, wie z.B. ›Graphic Artist‹, ›3D Modeler‹ oder ›Animator‹ (im Schwerpunkt ›Visual Design‹), ›Game Engine Programmer‹ oder ›Game Programmer‹ (im
14 http://www.cnam-enjmin.fr/en/cnam-enjmin/presentation
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Schwerpunkt ›Programmation‹) oder ›User Interface Designer‹ oder ›Validation and Tests Manager‹ (im Schwerpunkt ›Ergonomie‹). Unterstützt werden die Studierenden dabei paritätisch von Hochschullehrern bzw. Theoretikern (›Academics‹) und Praktikern aus der Games-Branche (›Professionals‹). So sind an der CNAM-Enjmin alle Disziplinen in dieser Form doppelt vertreten. Dadurch soll erreicht werden, dass den Studierenden sowohl das notwendige praktische Handwerkszeug als auch eine theoretische Perspektive vermittelt wird. Im ersten Semester des Studienganges wird in sechs Kursen eine gemeinsame Wissensbasis geschaffen, die allen am Entwicklungsprozess beteiligten Akteure die Zwänge der jeweils anderen Disziplinen veranschaulichen soll. Im weiteren Verlauf des Studienganges erfolgt dann eine Spezialisierung sowie die Anwendung der erlernten Kompetenzen in der kollaborativen Projektarbeit, wobei die Studierenden in einem der Projekte in einem großen Team von neun Studierenden aus den unterschiedlichen Disziplinen innerhalb von sechs Monaten eine Spielidee bis zum Ende der Pre-Production vorantreiben. Im vierten Semester ist abschließend ein Praktikum von vier bis sechs Monaten in einem Unternehmen oder einem Forschungslabor vorgesehen. Für Studierende mit einem besonderen Interesse an der theoretischen Beschäftigung mit digitalen Spielen, ihren Spielern oder Design-Prozessen besteht im Anschluss an den Master-Studiengang auch die Möglichkeit einer Promotion an der CNAM-Enjmin. Zu den besonderen Kennzeichen des Studienganges gehört, dass er an der Schnittstelle von Gestaltung und Technologieentwicklung angesiedelt ist. Alle Studierenden erhalten Einblicke sowohl in Designprozesse als auch Technologieentwicklung, legen aber einen eindeutigen Schwerpunkt in einer der beteiligten Disziplinen, für den sie sich schon bei der Bewerbung entscheiden. Ein Blick auf den Inhalt der Eignungsprüfungen der CNAM-Enjmin zeigt, dass hier die Arbeit aller am Spielentwicklungsprozess beteiligter Disziplinen als Gestaltungsaufgabe interpretiert wird, die eine künstlerisch-wissenschaftliche Kreativität erfodert. So mussten beispielsweise im Jahre 2016 die Bewerber aller Studienrichtungen die Kurzgeschichte »L'Enfance d'un chef« von Jean-Paul Sartre als digitales Spiel adaptieren bzw. ein Konzept hierfür entwickeln. Aus diesem Grund habe ich mich dafür entschieden, den Studiengang noch in diesem Kapitel unterzubringen, das sich den Studien-
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gängen mit Fokus auf Gestaltung widmet. Gleichwohl leitet die Vorstellung dieses Studienganges, in dem Studierende mit unterschiedlicher Spezialisierung (in Design- und Technologiefeldern) in den Grundlagenfächern und Projekten gemeinsam studieren, zum folgenden Kapitel über, welches sich den technologiefokussierten Studiengängen zuwendet.
F OKUS
AUF
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Dieses Kapitel stellt Studiengänge vor, die einen Fokus auf die technologische Dimension der Produktion digitaler Spiele setzen, d.h. auf die Entwicklung digitaler Spiele im Rahmen des ›Game Programming‹. Dabei handelt es sich um Studiengänge aus dem Feld der Informatik, die zumeist mit einem Bachelor oder Master of Science abgeschlossen werden. Im Einzelnen werden die folgenden Studiengänge vorgestellt: Game Design & Development B.S. des Rochester Institute of Technology; Computer Science (Games) B.S. der University of Southern California; Computer Game Development, Programming, B.A. in Computer Science der Högskolan i Skövde; Computer Games Technology M.Sc. der Abertay University; Interactive Entertainment M.S. der University of Central Florida. Game Design & Development B.S., Rochester Institute of Technology Der vierjährige Game Design & Development BS am Rochester Institute of Technology (RIT) im US-amerikanischen Bundesstaat New York verbindet eine technologisch orientierte ›Game Development Education‹ mit einer breiten Hochschulbildung. Besonderer Wert wird daraufgelegt, dass die Studierenden eine allgemeine informatische Bildung (»core computing education«) erhalten, die ein postgraduales Studium und eine Beschäftigung nicht nur im Games-Bereich, sondern in einer ganzen Reihe an »computing fields« ermöglicht.15
15 https://www.rit.edu/programs/game-design-and-development-bs; https://www.rit .edu/gccis/igm/sites/rit.edu.gccis.igm/files/images/GAMEDES-BS%20Program %20Handbook%20(2016-2017).pdf
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Den Kern des Studiums bilden Lehrangebote aus dem Feld des ›Game Programming‹. Neben Kursen der ›School of Interactive Games and Media‹, wie ›Game Development and Algorithmic Problem Solving‹ oder ›2D Animation and Asset Production‹, belegen die Studierenden in ihrem ersten Jahr aber u.a. auch Veranstaltungen der ›Liberal Arts‹ sowie der Mathematik und Physik. Im zweiten Studienjahr folgen dann zentrale ›Game Design & Development‹-Kurse, die auf den bereits erworbenen Grundlagen in Mathematik, Informatik usw. aufbauen, wie z.B. ›3D Animation and Asset Production‹, ›Interaction, Immersion, and the Media Interface‹, ›Game Design and Development I‹ und ›Data Structures and Algorithms for Games and Simulation I‹. Darüber hinaus werden die Studierenden im ›Co-op Preparation Workshop‹ auf die beiden im weiteren Verlauf des Studiums folgenden Praxisphasen vorbereitet, die sogenannte ›Cooperative education (co-op)‹. Hierbei handelt es sich um »full-time, paid work experience that provides students with an opportunity to learn on the job in real-world industry setting«. Im dritten und vierten Studienjahr führen die Studierenden nicht nur ihr Studium der Kernkurse der ›School of Interactive Games and Media‹ fort, sondern widmen sich gemäß ihren individuellen Interessen und Karrierezielen vertiefenden Studien, indem sie Wahlfächer wie ›Game Design‹, ›Production‹, ›Engines and Systems‹, ›Graphics Programming and Animation‹, ›Mobile‹, ›Web‹ oder ›Audio‹ belegen. Dabei wird ihnen auch die Gelegenheit geboten, ein Portfolio aufzubauen. Nicht zuletzt werden weiterhin Kurse aus den Bereichen ›Liberal Arts‹ und ›General Education‹ belegt. Das Konzept des Studienganges basiert auf der Annahme, dass das Studium auch Kurse außerhalb der Natur- und Ingenieurswissenschaften enthalten sollte, weil Fächer wie z.B. Psychologie, Soziologie oder Geschichtswissenschaft den zukünftigen Entwicklern dabei helfen können, die Nutzer ihrer Anwendungen besser zu verstehen: »Knowing how people think and react is essential to anyone designing interactive software.« Für besonders begabte Studierende besteht die Option, eine beschleunigte Version des Studienganges zu absolvieren, die es ermöglicht, Bachelor und Master in einem Zuge über einen Zeitraum von ca. fünf (statt sechs) Jahren zu absolvieren. Davon abgesehen bietet das RIT den MS Game Design & Development aber auch als eigenständigen zweijährigen Studiengang an.16
16 https://www.rit.edu/gccis/igm/ms-game-design-development-overview
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Computer Science (Games) B.S., University of Southern California An der Viterbi School of Engineering der University of Southern California, die dort gemeinsam mit der School of Cinematic Arts das USC Games Cluster bildet, kann der Studiengang Computer Science (Games) BS studiert werden.17 Ziel des Studienganges ist es, Studierende »with a solid grounding in computer science and a cross-disciplinary background in game development« zu graduieren. Seine Absolventen sollten gelernt haben, »next-generation games and simulations and their technologies in the entertainment and serious game fields« zu entwickeln und sich außerdem für postgraduale Studien »in game development and computer science« qualifiziert haben. Zu den Themen der »crossdisciplinary game development portion« des Studienganges gehören: »game production, visual design for games and interactives, computer animation, video game programming, game hardware architectures, game engine programming, serious game development, introductory and intermediate game design, and two semester-long final game projects«. Im Sinne des US-amerikanischen Modells der ›undergraduate education‹ haben die Studierenden zahlreiche Kurse außerhalb ihres Hauptfaches zu absolvieren. So müssen von den 128 für den Abschluss erforderlichen Units 7 Units im Bereich ›Composition/Writing‹ belegt werden, 24 Units im Bereich ›General Education‹, 1 bis 4 Units im Bereich der ›Free Electives‹ (frei wählbare Kurse) und 17 bis 18 Units im Bereich der ›Pre-Major Requirements‹, zu denen Ingenieurswissenschaften (2 Units), Mathematik (8 Units), lineare Algebra (3 bis 4 Units) und Physik (4 Units) gehören. Im Hauptfach werden dann 76 bis 78 Units studiert: 41 Units in Informatik und 35 bis 37 Units in Game Development. Letzteres umfasst die folgenden Pflichtkurse: ›Pipelines for Games and Interactives‹, ›Native Console Multiplayer Game Development‹, ›Final Game Project‹ (a und b), ›Introduction to Interactive Entertainment‹, ›Intermediate Game Development‹, ›Game Design Workshop‹, ›Intermediate Game Design Workshop‹, ›Video Game Programming‹ und ›Programming Game Engines‹.
17 https://www.cs.usc.edu/academics/undergrad/computer-science-games
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Computer Game Development, Programming, B.A. in Computer Science, Högskolan i Skövde Die schwedische Högskolan i Skövde (englische Bezeichnung: University of Skövde) hat verschiedene Bachelor- und Masterstudiengänge aus dem Bereich ›Computer Game Development‹ in ihrem Studienangebot: Design, BA in Computer Science; Game Writing, BA in Media, Aesthetics and Narration; Graphics, BA in Media, Aesthetics and Narration; Music, BA in Media, Aesthetics and Narration; Sound, BA in Media, Aesthetics and Narration; Programming, BA in Computer Science; Media, Aesthetics and Narration Master’s Programme, MA in Media, Aesthetics and Narration; Serious Games Master’s Programme, MA in Computer Science.18 Dabei bauen die Studiengangsverantwortlichen auch in Skövde auf etwas, das beispielsweise am Cologne Game Lab der TH Köln oder an der CNAM-Enjmin praktiziert wird: dass Studierende aus unterschiedlichen Studiengängen oder Teilstudiengängen, die verschiedene Praxis-Disziplinen repräsentieren, gemeinsam Projektmodule bestreiten. So arbeiten die Studierenden aller oben genannten Bachelorstudiengänge an gemeinsamen Projekten, um zu lernen, »how a professional game development team works when producing digital games«. Ein besonderes Augenmerk wird an der Högskolan i Skövde auf das Thema ›Entrepreneurship‹ gelegt. Der ›Gothia Science Park‹, ein ›Business Incubator‹, befindet sich direkt auf dem Hochschulgelände. Den Studierenden bietet er unmittelbare Unterstützung bei der Gründung ihrer eigenen Studios. Im Folgenden stelle ich kurz den schwedischsprachigen Studiengang Computer Game Development, Programming, BA in Computer Science vor. Dieser dreijährige Studiengang zielt zuallererst darauf, seine Studierenden speziell auf die Arbeit als Game Programmer vorzubereiten. Zugleich erhebt der Studiengang aber auch den Anspruch, eine allgemeine informatische Bildung zu vermitteln, die es den Absolventen ermöglicht, in anderen Bereichen des Software Development tätig zu werden.
18 http://www.his.se/pagefiles/11076/dsu_2013.pdf; http://www.his.se/en/Prospecti ve-student/education/Masters-Studies/Computer-Game-Development; http://his .se/Utbildning/Hitta-utbildning/vara-program/Dataspelsutveckling/Dataspelsutv eckling-programmering
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Der Studiengang beginnt im ersten Studienjahr mit Kursen in Programmierung, Computergrafik, Mathematik und Spielanalyse sowie mit einer Einführung in verschiedene Aspekte der Spieleprogrammierung. Im zweiten Jahr geht es u.a. um Betriebssysteme, Diskrete Mathematik, Algorithmen und Datenstrukturen, Parallele Prozesse sowie Erweiterte Computergrafik und Shader-Programmierung. Beide Studienjahre werden mit einem kollaborativen Projekt abgeschlossen, das jeweils mit den Studierenden der anderen Games-Studiengänge der Hochschule durchgeführt wird. Im dritten Studienjahr stehen die Themen Künstliche Intelligenz, Spielphysik und Scientific Writing sowie Wahlfächer auf dem Programm. Zu guter Letzt arbeiten die Studierenden an ihrer Abschlussarbeit. Computer Games Technology M.Sc., Abertay University Die School of Arts, Media and Computer Games der Abertay University (Dundee, Schottland) bietet einen einjährigen Computer Games Technology MSc an.19 Dieser Studiengang richtet sich vornehmlich an Studierende, die fundierte Programmierkenntnisse bereits mitbringen und sich im Rahmen ihres Masterstudienganges auf die Entwicklung digitaler Spiele spezialisieren möchten. Der Schwerpunkt des Studienganges liegt auf Informatikmodulen, in denen die 3D-Grafikprogrammierung eine besondere Rolle einnimmt. Wenngleich von den Studierenden erwartet wird, dass sie ein gutes Verständnis von Mathematik und ›object oriented software engineering techniques‹ bereits besitzen, wird auch im Studiengang zur Unterstützung der praktischen 3D-Programmierung weiter Mathematik unterrichtet, wobei dies kombiniert wird mit ›artificial intelligence techniques‹. Darüber hinaus beinhaltet der Studiengang ein ›Group Project‹ sowie ein ›Core Research Methods Module‹ zur Vorbereitung auf die Abschlussarbeit, die als individuelles ›Research and Development‹-Projekt umgesetzt wird (wobei Beiträge anderer Studierender nach Absprache mit dem Betreuer erlaubt sind). Im Einzelnen stellt sich der Ablauf folgendermaßen dar: Term 1: Maths & AI Module, 3D Graphics Module, Networking Module. Term 2: Group Project, Research Methods, Advanced Procedural Methods. Term 3: Master’s Project.
19 http://www.abertay.ac.uk/studying/postgraduate/msc-computer-games-technolo gy
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Im Rahmen der Gruppenprojekte arbeiten die Programmierer des Masterstudienganges auch mit Game Designern, Audio Designern, Artists und Produzenten zusammen, die in den verschiedenen Bachelorstudiengängen der School of Arts, Media and Computer Games eingeschrieben sind. Schätzungen der Studiengangsverantwortlichen zufolge, gehen ca. drei Viertel der Absolventen nach dem Studium in die Games-Branche, während ca. ein Viertel der Absolventen im Anschluss in anderen Feldern arbeitet. Gut ein Fünftel gründet eine eigene Firma. Interactive Entertainment M.S., University of Central Florida An der Florida Interactive Entertainment Academy (FIEA), einer ›Graduate Video Game Design School‹ an der University of Central Florida, kann ein Masterabschluss in ›Interactive Entertainment‹ erworben werden. Der Studiengang verfolgt einen projektorientierten Ansatz, der es den Studierenden erlaubt, »on real-world projects with milestones and tight deadlines« zu arbeiten. Dabei unterscheidet der Studiengang zwischen den drei Vertiefungsrichtungen ›Production‹, ›Programming‹ und ›Art‹, deren Studierende teils gemeinsam, teil getrennt voneinander unterrichtet werden und in den Projekten stets in gemischten Teams zusammenarbeiten. In der Regel bringen die Studierenden – vor allem im Art- und Programming-Track – sehr spezifische Kenntnisse einer der Domänen aus ihren ›undergraduate studies‹ mit.20 Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass der Art-Track neben dem ›Art Common Core‹ eine Binnenspezialisierung in ›2d/3d Art‹, ›Animation‹ oder ›Technical Art‹ ermöglicht. Während vor dem Hintergrund der diesem Beitrag zugrundeliegenden Zweiteilung – »Fokus auf Gestaltung« und »Fokus auf Entwicklung« – die beiden Binnenspezialisierungen ›2d/3d Art‹ und ›Animation‹ eher der ersten Kategorie angehören, liegt ›Technical Art‹ an der Schnittstelle der ersten und zweiten Kategorie. Es ist ferner zu bemerken, dass man sich in Florida gegen eine Spezialisierung ›Game Design‹ und für eine Spezialisierung ›Game Production‹ entschieden hat, die ›Game Design‹, ›Level Design‹, ›Scripting‹ und ›Project Management‹ beinhaltet, und damit grundsätzlich innerhalb des Berufsfeldes
20 http://fiea.ucf.edu/curriculum/programming; http://fiea.ucf.edu/curriculum/cour se-descriptions/programming
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›Producing‹ drei Karriere-Richtungen – technische Ausrichtung, steuernde Ausrichtung und kreative Ausrichtung – zulässt, wenn sich die Studierenden nicht ohnehin generalistisch aufstellen. Im weiteren Verlauf des Abschnittes konzentriere ich mich auf die Programming-Vertiefung des Studienganges, die aufseiten der Studierenden umfangreiche Vorkenntnisse in C++ voraussetzt. Im Verlauf des Studiums sollten die Studierenden »strong C++ skills« entwickeln und lernen »how to debug, code in optimal game design patterns, and create cross-platform code that works on any game system«. Didaktisch wird – wie in den meisten anderen Games-Studiengängen auch – ein Ansatz des ›learning by doing‹ verfolgt. Die Zusammenarbeit in interdisziplinären Projekten mit Artists und Producern ermöglicht es, Spiele zu schaffen, die nicht nur technologisch komplex sind, sondern auch gut aussehen und Spielspaß versprechen. Theorie- und forschungslastige Inhalte spielen allerdings in dem hier besprochenen Track – wie auch in den beiden anderen Tracks – kaum eine Rolle. Die Struktur der Programming-Vertiefung stellt sich folgendermaßen dar: Die drei ersten Semester enthalten jeweils einen großen ProgrammingBlock (Programming 1-3): ›Game Programming Fundamentals‹, ›Advanced Game Programming‹ und ›Applied Programming Mechanics‹. Des Weiteren nehmen die Programming-Studierenden in den ersten drei Semestern an Projekt-Modulen teil, in denen sie gemeinsam mit Producern und Artists an komplexen Spielprojekten arbeiten. Dabei orientiert sich die Reihung der Module am temporalen Ablauf realer Produktionsprozesse: von ›Rapid Prototyping Production‹ im ersten Semester über ›Preproduction and Prototyping‹ im zweiten Semester bis zur ›Production‹ im dritten Semester. In den beiden letztgenannten Modulen geht es um ein Capstone-Projekt, das in großen Teams von 10 bis 20 Studierenden durchgeführt wird und zugleich das Master-Projekt darstellt. Die beiden ersten Semester werden abgerundet von zwei Modulen, die ebenfalls für alle Studierenden des Studienganges verpflichtend sind: ›Production for Media‹ sowie ›Game Lab – Experimentation, Application and Innovation in Games‹, das der Erforschung und Entwicklung von »games being used in non-traditional applications, such as medical simulation, education and research« gewidmet ist. Abgeschlossen wird das Studium im vierten Semester entweder mit einem Praktikum oder einem Projekt, in dem ein Start-Up Venture simuliert wird.
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V ERGLEICHENDE A NALYSE DER CURRICULAREN A NSÄTZE Die vorgestellten Studiengänge eint, dass sie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Games-Branche vorbereiten, indem die dort übliche Entwicklungspraxis im Rahmen von kollaborativen Projekten simuliert wird. Des Weiteren wird in den Studienprogrammen in der Regel Wert daraufgelegt, dass nicht nur eine (mehr oder weniger tiefe) Spezialisierung in einer Praxisdisziplin ausgebildet wird, sondern der Gestaltungs- und Entwicklungsprozess in seiner Gänze kennengelernt und um eine geistes- und/oder sozialwissenschaftliche Beschäftigung mit digitalen Spielen und ihren Nutzern ergänzt wird. In diesen Punkten liegt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des hier vorliegenden Studienmodells zum klassischen Studium einer Disziplin, wie z.B. der Informatik, das ebenfalls für die Arbeit in der Games-Branche nützlich sein kann. Im Folgenden werde ich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Studiengänge genauer herausarbeiten. Gestaltung / Entwicklung Im vorliegenden Beitrag wurden sowohl Studiengänge mit einem Schwerpunkt auf Gestaltung als auch Studiengänge mit einem Schwerpunkt auf Entwicklung vorgestellt. Während die erstgenannten Studiengänge (das sind insbesondere ›Game Design‹- und ›Game Arts‹-Studiengänge) die Gestaltung der Mechaniken, Narrationen und Audiovisualität digitaler Spiele lehren, konzentrieren sich die letztgenannten Studiengänge (das sind vor allem ›Game Informatics & Technology‹-Studiengänge) auf die technologische Dimension der Produktion digitaler Spiele, d.h. vor allem auf Programmierung und den Umgang mit Game-Engines – wobei es sich nicht um Studien der theoretischen Informatik, sondern um Studien einer Sonderform des ›Software Development‹ handelt. Trotz der hier vorgenommenen Zweiteilung des Feldes ist zu bedenken, dass die Übergänge zwischen den beiden Kategorien fließend sind: In der Praxis stellt sich die Gewichtung der Inhalte aus den Bereichen Gestaltung und Entwicklung als komplex und variabel dar. So vertreten viele Studiengänge einen interdisziplinären Ansatz und verlangen ihren Studierenden Leistungen in beiden Bereichen ab. Zudem eröffnen sie eine variable Spezialisierung in die eine oder die andere Richtung (durch Kurswahl und Schwer-
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punktsetzung in den Projekten) – wenn die Studiengänge nicht ohnehin schon auf institutioneller Ebene mehrere Tracks beinhalten (wie z.B. im Fall des Masterstudienganges ›Interactive Entertainment‹ der University of Central Florida). Schwerpunkte wie ›Technical Art‹ sind an der Schnittstelle beider Kategorien einzuordnen. In jedem Fall ist in allen Studiengängen ein komplexes Wechselverhältnis zwischen Gestaltungs- und Entwicklungsaspekten zu beobachten – und zwar sowohl auf Ebene des einzelnen Studierenden als auch auf Ebene der Teams, in denen eine Arbeitsteilung von Studierenden mit unterschiedlichen Schwerpunkten erfolgt. Interdisziplinarität Die vorgestellten Studiengänge überschreiten die Grenzen akademischer Disziplinen. Zumeist geht es um das Studium eines interdisziplinären Anwendungsfeldes, nicht um das Studium einer Disziplin, wenngleich einige Games-Studiengänge, wie z.B. der Computer Science (Games) BS an der University of Southern California, das Studium einer Disziplin (d.h. hier Informatik) in den Mittelpunkt stellen, das sodann ergänzt wird um eine Praxisdisziplin (d.h. hier Game Programming), Game Design im breiteren Sinne, Entwicklungsprojekte und allgmeinbildende Inhalte.21 An dieser Stelle ist zu betonen, dass alternativ auch das Studium einer Disziplin, wie der Informatik oder einer Geisteswissenschaft, als Ausgangspunkt für eine Karriere in der Games-Branche dienen kann. Die erforderliche ›Game Design Literacy‹ muss in diesem Fall außerhalb der Hochschule, wie z.B. im Rahmen von Praktika oder autodidaktischen Prozessen, oder – wenn das Studium der Disziplin im Bachelorstudium erfolgte – im Rahmen eines Masterstudienganges erworben werden. Masterstudiengänge, wie an der CNAM-Enjmin, bauen genau auf diesem Prinzip auf: zunächst erfolgt das Studium einer relevanten akademischen Disziplin auf Bachelor-Level, im
21 Es ist zu bemerken, dass die Studiengänge trotz ihrer Interdisziplinarität in der Regel an Fakultäten angesiedelt sind, die eine akademische Disziplin vertreten. Denn die meisten Hochschulen sind immer noch entlang einer disziplinären Logik strukturiert. Folglich lässt sich in den Studiengängen häufig eine dominierende Disziplin ausmachen, die trotz aller Interdisziplinarität die Grundzüge des Studiums und damit verbunden auch die Kultur und Pädagogik des Studienganges prägt.
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Anschluss dann das postgraduale Studium eines interdisziplinären Anwendungsfeldes und/oder einer darin verorteten Praxisdisziplin. Die curricularen Inhalte der vorgestellten Games-Studiengänge lassen sich größtenteils den folgenden fünf Fachgebieten zuordnen: ›Game Design‹ (als übergreifende Gestaltung von Gameplay, Mechaniken und Narration); ›Game Arts‹ (inklusive CG Art, Animation, Sound Design usw.); ›Game Informatics & Technology‹; ›Game Economics & Producing‹; ›Game Studies‹.22 Grundlagen der drei erstgenannten Fachgebiete – ›Game Design‹, ›Game Arts‹, ›Game Informatics & Technology‹ – werden in den meisten Studiengängen vermittelt. Die Gewichtung der Fachgebiete innerhalb der Studiengänge fällt allerdings sehr unterschiedlich aus. Bei diesen drei Fachgebieten besteht ein unmittelbarer Bezug zu den drei Praxisdisziplinen, für die ausgebildet wird bzw. in denen die Studierenden später arbeiten sollen: ›Game Design‹, ›Game Arts‹, ›Game Programming‹. Die beiden letztgenannten Fachgebiete – ›Game Economics & Producing‹ und ›Game Studies‹ – flankieren das Studium der Praxisdisziplinen, indem sie Grundlagenwissen zur Navigation im interdisziplinären Feld des Game Development lehren: vom Vokabular, das zur Beteiligung am interdisziplinären Dialog über digitale Spiele und ihre Gestaltung und Entwicklung erforderlich ist, bis hin zu betriebswirtschaftlichem Knowhow, das für Firmengründungen gebraucht wird. Insbesondere in den ›Media & Game Studies‹ erwerben die Studierenden zudem wichtiges Orientierungswissen zur Reflexion der eigenen Praxis. Eine umfassende Ausbildung in den beiden letztgenannten Fachgebieten geschweige denn ein vollständiges Studium der dahinterstehenden Disziplinen wie Betriebswirtschaft oder Medienwissenschaft wird hingegen strukturell nicht angestrebt (wenngleich einige Studiengänge eine informelle Spezialisierung in diese Richtungen durchaus zulassen). Mit der Unterrichtung in allen drei Praxisdisziplinen vor allem zu Beginn der Studiengänge sollen auch die Spezialisten unter den Studierenden auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der späteren Berufspraxis vorbereitet werden. Es geht um ein Verständnis der Aufgaben der anderen Praxisdisziplinen bzw. des Entwicklungsprozesses in seinem Gesamtzusammenhang. In
22 Kurse in ›Game Analytics‹, ›User Experience‹ oder ›Games User Research‹ können je nach Schwerpunktsetzung sowohl dem Fachgebiet ›Game Design‹ als auch dem Fachgebiet ›Game Studies‹ zugeordnet werden.
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diesem Rahmen wird auch die erforderliche Sprache zur Kommunikation mit den anderen Fachbereichen erworben. Des Weiteren trägt die Unterrichtung in allen drei Praxisdisziplinen dem Umstand Rechnung, dass auch für die Arbeit im eigenen Fachbereich Kompetenzen in den anderen Praxisdisziplinen erforderlich sind. So sollten beispielsweise Game Designer in der Lage sein, kleinere digitale Prototypen eigenständig zu realisieren. Ohnehin implizieren die Praxisdisziplinen Schnittmengen bzw. sie sind disziplinär nicht immer klar voneinander abzugrenzen. Ebenso sind spezielle Berufsbilder, wie z.B. der Technical Artist, nicht eindeutig einer an Hochschulen unterrichteten Praxisdisziplin zuzuordnen, sondern an der Schnittstelle mehrerer Praxisdisziplinen (im Fall des Beispiels des Technical Artist: Game Arts und Game Programming) anzusiedeln. Nicht zuletzt ist darauf zu verweisen, dass in kleineren Unternehmen sehr stark auch Fachkräfte gefragt sind, die in verschiedenen Praxisdisziplinen arbeiten können – sprich Generalisten.23 Da die oben genannten Felder in der Regel nicht nur ›nebeneinander‹ unterrichtet werden, sondern vor allem auch in der Anwendung in den Projekten miteinander ›integriert‹ werden, handelt es sich bei den Studiengängen um tendenziell interdisziplinäre Ansätze der akademischen Games-Ausbildung – auch wenn innerhalb einiger Studiengänge relativ klare disziplinäre Prioritäten gesetzt werden. Besonders deutlich wird das z.B. an der University of Southern California, wo die beiden BSc- und BFA-Programme an unterschiedlichen Fakultäten – zugespitzt formuliert – ›voneinander abgeschottet‹ unterrichtet werden, was einer interdisziplinären Integration zugegebenermaßen im Wege stehen könnte.24 Abschließend möchte ich festhalten, dass im Kontext der vorgestellten Studiengänge Interdisziplinarität auf zwei Ebenen zu verstehen ist: • •
Die Studierenden selbst arbeiten interdisziplinär. Interdisziplinäre Teams arbeiten in Aufgabenteilung an interdisziplinären Vorhaben.
23 Vgl. auch den folgenden Abschnitt Generalismus / Spezialismus. 24 Auf diese fehlende Integration verweist Deterding, Sebastian: »The Pyrrhic Victory of Game Studies. Assessing the Past, Present, and Future of Interdisciplinary Game Research«, in: Games and Culture (2016), hier: S. 9.
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Generalismus / Spezialismus Zwar vermitteln alle Studiengänge vor allem zu Beginn des Studiums eine allgemeine ›Game Design Literacy‹, d.h. u.a. Grundlagen in den Fachgebieten ›Game Design‹, ›Game Arts‹ und ›Game Informatics & Technology‹, weil diese allgemeine ›Game Design Literacy‹ als unabdingbar für die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams angesehen wird. Insgesamt unterscheiden sich die vorgestellten Studiengänge jedoch deutlich in ihrem Spezialisierungsgrad. Während einige Studiengänge (wie z.B. der Game Design & Development BS am RIT) eine starke Spezialisierung in einer der drei zentralen Praxisdisziplinen (am RIT: Game Programming) ermöglichen, bilden andere Studiengänge (wie z.B. der Game Design BFA an der NYU) eher Generalisten aus (an der NYU: an der Schnittstelle von Game Design und Game Arts unter Berücksichtigung informatischer Grundlagen). Mit der Entscheidung zu einer generalistischen oder einer spezialistischen hochschulischen Games-Ausbildung ist immer auch eine Prognose der Studiengangsverantwortlichen über die Anforderungsprofile der GamesBranche, die Priorisierung bestimmter Stellenprofile und/oder die besondere Berücksichtigung bestimmter Betriebsgrößen oder Unternehmensschwerpunkte verbunden (wenn z.B. angenommen wird, dass große AAA-Studios eher Spezialisten mit generalistischer Grundausbildung, kleine Indie-Studios hingegen Generalisten benötigen). Dabei spielt sicherlich auch die Ausrichtung der lokalen Branche eine Rolle. Während die New York University die Independent Szene in New York City und Umgebung anvisiert (die Generalisten nachfragt), hat die University of Southern California die AAA-Studios der Westküste im Blick (die eine stärkere Spezialisierung der Fachkräfte verlangt). Für das Gesamtsystem sollten diese unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen der Studiengänge durchaus gesund sein, da angenommen werden kann, dass die Games-Branche insgesamt sowohl Generalisten als auch Spezialisten benötigt. Dabei endet die Ausbildung der Studierenden zum Spezialisten in vielen Fällen nicht bei der Wahl eines Hauptfaches, wie ›Game Design‹, ›Game Arts‹ oder ›Game Informatics & Technology‹. Da die hochkomplexe Arbeitsteilung in den großen AAA-Studios von den Absolventen eine Spezialisierung innerhalb ihres Fachgebietes erfordert, ermöglichen viele Studiengänge ihren Studierenden eine solche Spezialisierung. Insbesondere Game Artists erhalten so die Gelegenheit, sich in Richtung von Teilgebieten wie
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z.B. ›Character Design‹, ›Environment Art‹, ›Modeling‹, ›3D-Animation‹ usw. zu spezialisieren, d.h. auch ein entsprechend fokussiertes Portfolio aufzubauen. Diese Spezialisierung erfolgt in vielen Studiengängen eher informell – durch Kurswahl und Schwerpunktsetzung in der Projektarbeit. Andere Studiengänge, wie z.B. der Interactive Entertainment MS der University of Central Florida, erlauben ihren Studierenden formale Binnenspezialisierungen innerhalb der drei großen Praxisdisziplinen. An der University of Central Florida sind das im Fachgebiet ›Game Arts‹ z.B. ›2d/3d Art‹, ›Animation‹ und ›Technical Art‹. Spezialisierungen im Games-Studium müssen sich aber nicht notwendigerweise nur auf Praxisdiziplinen beziehen. So wird an einigen Hochschulen eine Spezialisierung auch im Hinblick auf bestimmte Spielformen ausgebildet: An der Glasgow Caledonian University kann beispielsweise ›Indie Development‹ (auf Bachelor-Level) und an der Högskolan i Skövde ›Serious Games‹ (auf Master-Level) studiert werden. Nicht zuletzt muss eine Diskussion der Dichotomie von Generalismus und Spezialismus auch die Unterschiede zwischen Bachelor- und Masterstudiengängen bzw. das Verhältnis der Qualifikationsstufen in den einzelnen Ländern berücksichtigen. In Frankreich herrscht z.B. das Modell, dass akademische Games-Ausbildung erst auf Master-Level erfolgt – nach dem Studium einer Disziplin, wie z.B. der Informatik oder einer Design-Subdisziplin. Dahinter steht noch einmal eine andere Sicht auf die Beziehung zwischen generalistischem und spezialistischem Studium: das generalistische Studium einer Disziplin (die Spezialisierung in einer Disziplin) wird zur Grundvoraussetzung für eine Spezialisierung im Games-Bereich. In den USA wiederum ist es nicht unüblich, im Rahmen der ›undergraduate education‹ relativ breit zu studieren, sich also verschiedenen Disziplinen zu widmen, und erst auf Master-Level in Richtung Games zu gehen (wie das z.B. mit dem nichtkonsekutiven Masterstudium an der New York University möglich ist). Schließlich ist in in vielen Ländern auch das konsekutive Modell weit verbreitet, das ein (mehr oder weniger breites) Games-Studium auf BachelorLevel vorsieht und dann optional eine weitere Spezialisierung auf MasterLevel (so z.B. in Animation oder Serious Games) ermöglicht.
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Berufsorientierung Grundsätzlich handelt es sich bei allen Studiengängen um unmittelbar berufsvorbereitende Programme, die anders als primär fachwissenschaftliche Studiengänge, wie beispielsweise das Studium der Medienwissenschaften, mehr oder weniger von Anfang an auf ein konkretes Berufsfeld zielen. Gleichwohl wird nicht für vorab definierte, klar abgrenzbare Berufe ausgebildet, wie das beispielsweise in der dualen Ausbildung oder auch in Studiengängen der Fall ist, die in Deutschland mit einem Staatsexamen abgeschlossen werden (wie Lehramt oder Medizin). Während die meisten Studiengänge höchstens zwischen ›Game Designern‹, ›Game Artists‹ und ›Game Programmern‹ unterscheiden, sind die von größeren Unternehmen nachgefragten Berufsbilder oft etwas enger gefasst. Dementsprechend obliegt es den Studierenden in der Regel selbst, sich vor, während und nach der Studienphase durch individuelle Schwerpunktsetzung in Richtung eines konkreten Berufsbildes zu entwickeln. Gängige Berufsbilder, die auch von den Studiengängen genannt werden, sind u.a.: Game Designer, Level Designer, Writer, QA Manager, Game Producer, Character Designer, Environment Artist, 3D-Modeler, 2D-Animator, 3D-Animator, Technical Artist, Gameplay Programmer und Backend Programmer. Nichtsdestotrotz ist auch ein eher generalistisches Studium von unmittelbarer Relevanz für bestimmte Tätigkeitsprofile in der Games-Branche. Denn vor allem in kleineren Studios sind die Berufsbilder nicht immer so eng und eindeutig voneinander abgrenzbar, wie die obenstehende Aufzählung suggerieren mag. So besteht durchaus auch eine Nachfrage nach Fachkräften mit einem generalistischen Fachprofil bzw. Kompetenzen in verschiedenen Praxisdisziplinen. Über eine Orientierung an der aktuellen Nachfrage der Games-Branche hinausgehend, zielen viele Studiengänge auch auf eine potentielle Beschäftigung ihrer Absolventen außerhalb des aktuellen Kerngeschäftes. Ausgehend von der Annahme, dass die Zukunft der Games-Branche nicht nur in den bisher erfolgreichen Geschäftsfeldern, wie AAA und Free-to-Play, liegen wird, bereiten viele Studiengänge auf neue Sparten wie z.B. Serious Games oder Virtual Reality vor. Im Studium ermöglichen sie ihren Studierenden die Erschließung der ganzen Bandbreite digitaler Spielformen und fördern die Ausbildung einer breiten ›Game Design Literacy‹. Dabei geben sie den Studierenden viel Raum zum Experimentieren mit innovativen Spielformen, die
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ästhetisch, mechanisch, erzählerisch und/oder technologisch von der aktuellen Norm kommerzieller Spiele abweichen. Die Studierenden sollen dazu angeregt werden, selbst Innovationen hervorzubringen und gegebenenfalls auch in ihren eigenen Firmen zu verwirklichen. Das Thema Firmengründung und Entrepreneurship spielt in fast allen Studiengängen eine Rolle. Einige haben sogar eigene ›business incubators‹ zur Förderung von Start-Ups eingerichtet. Nicht zuletzt bauen die Studiengangsmacher auch darauf, dass die in den Studiengängen erworbenen Kompetenzen auf andere Branchen und Berufsfelder, wie z.B. die IT-Branche und andere Sparten der ›Creative Industries‹, übertragen werden können. Bildungsanspruch Wenngleich die Curricula der vorgestellten Studiengänge die Bedürfnisse der Computerspielindustrie berücksichtigen, lässt sich in vielen Programmen ein Bildungsanspruch rekonstruieren, der über die kurzfristige und passgenaue Qualifizierung für die Games-Branche hinausgeht. An dieser Stelle ist die Integration geistes- und sozialwissenschaftlicher Inhalte zu diskutieren (welche in den Studiengängen mit Fokus auf Gestaltung zumeist etwas stärker gewichtet werden). Während geistes- und sozialwissenschaftliche Inhalte in den US-amerikanischen Studiengängen im Rahmen einer ›liberal arts education‹ gelehrt werden, die den Studierenden die Belegung von allgemeinbildenden Kursen in den Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften ohne unmittelbaren Bezug zu Games und anderen Medien abverlangt bzw. ermöglicht, beziehen sich die geistes- und sozialwissenschaftlichen Inhalte in den europäischen Studiengängen sehr viel stärker auf den Gegenstand und die Praxis der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele oder verwandter Medien und Kunstwerke.25
25 Die Bedeutung der »traditional liberal arts« für Game Design Education ist für die Anbieter (nordamerikanischer) akademischer »game-related programs«, die im Hevga-Survey befragt wurden, unumstritten: »More than three-fourths of respondents indicated that the traditional liberal arts are important to game-related programs and students in the field; nearly 42% say they are very important.« (C.
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Insgesamt zielen die genannten Inhalte auf akademische Bildung, schulen das kritische Denken und erweitern den Horizont. Damit verbunden ist zum einen die Idee, den Aufbau eines Referenzwissensschatzes und intellektuell-kreativen ›Mindset‹ zu fördern, der in kreativen Feldern von besonderer Bedeutung ist. Zum anderen dient all dies aber auch ganz allgemein der Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung. Janet Murray, Ian Bogost, Michael Mateas und Michael Nitsche sehen die Vorzüge eines geisteswissenschaftlichen Ansatzes der hochschulischen Games-Ausbildung darin, dass hier die Gestalter und Entwickler digitaler Spiele grundlegend »in the rich subtleties of human experience« eingeführt werden und »a meaningful understanding of the human condition and the ability to express themselves through video games«26 erwerben können. Dies sollte nicht nur der Industrie die Entwicklung von qualitativ hochwertigen und innovativen Produkten ermöglichen, sondern auch dazu beitragen, die Absolventen selbst langfristig flexibler für den Arbeitsmarkt zu machen, weil sie so weniger stark von speziellen Fachkompetenzen abhängig sind, die mit der Zeit an Wert verlieren können.27 Eine akademische Games-Ausbildung der beschriebenen Art qualifiziert jedoch nicht nur für den Arbeitsmarkt, sondern trägt mit der Förderung von Kreativität und kritischem Denken auch zur Persönlichkeitsbildung bei. Des Weiteren wird – wie das seit jeher in den klassischen akademischen Disziplinen der Fall ist – eine bestimmte Denkweise vermittelt, die den Absolventen ganz allgemein ein besonderes Verständnis der Welt ermöglicht. Frank Lantz, Direktor des NYU Game Center, beschreibt das in einem Interview mit der New York Times folgendermaßen: »If you study history, if you study literature, if you study science and engineering, you’re not just studying for a job in that field, you’re using that as a structuring element to understand everything else«. Der BA-Studiengang an der NYU helfe den Studierenden »the significance of game design as not only a potential career but as a way
Steinkuehler/T. Fullerton/A. Phelps/D. Davidson/K. Isbister: Our State of Play: Higher Education Video Game Alliance Survey 2014-15, S. 4.) 26 Murray, Janet/Bogost, Ian/Mateas, Michael/Nitsche, Michael: «Game Design Education: Integrating Computation and Culture», in: Computer 39.6 (2006), S. 43-51, hier S. 45 f. 27 Vgl. ebd., S. 43.
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of thinking about the world«28 zu verstehen. Dies dürfte auch für ähnliche Studiengänge zutreffen. Lernen in kollaborativen Projekten In didaktischer Hinsicht eint die vorgestellten Studiengänge eine Orientierung an projekt- und teamorientierten Arbeits- und Übungsformen. Kollaborative Projekte in interdisziplinären Teams spielen eine besondere Rolle. Dahinter stehen zum einen lerntheoretische Annahmen. Es wird davon ausgegangen, dass ›learning by doing‹ besonders gute Lernmöglichkeiten bietet.29 Es wird ferner angenommen, dass die Initiierung von Mentoren-Verhältnissen zwischen Lehrenden und Studierenden (im Rahmen von Formen wie ›Coaching‹ und ›Mentoring‹), aber auch zwischen Studierenden unterschiedlicher Entwicklungsstufen (im Rahmen von ›Peer Learning‹) den Lernprozessen in besonderer Weise zugute kommt.30 Damit entspricht die Didaktik des Feldes insgesamt dem in der hochschuldidaktischen Diskussion geforderten ›Shift from Teaching to Learning‹.31 Zum anderen zielen die kollaborativen Projekte darauf, die Studierenden unmittelbar auf den Arbeitsalltag der Videospielindustrie vorzubereiten, der geprägt wird durch die projektbezogene arbeitsteilige Kollaboration in interdisziplinären und interkulturellen Teams. Da diese Form der Zusammenarbeit auch in vielen anderen Feldern der globalisierten und vernetzten Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts von besonderer Bedeutung ist, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Studierenden hier branchenübergreifende Schlüsselkompetenzen aneignen.
28 Suellentrop, Chris: »N.Y.U. to Add a Bachelor’s Degree in Video Game Design«, in: The New York Times. Online Edition, vom 05.08.2014. http://artsbea t.blogs.nytimes.com/2014/08/05/n-y-u-to-add-a-bachelors-degree-to-video-gam e-studies/?_php=true&_type=blogs&smid=pl-share&_r=1. 29 Vgl. z.B. Dewey, John: Democracy and Education, Mineola, NY: Courier Corporation 2004 (Erstveröffentlichung 1916). 30 Vgl. z.B. Lave, Jean/Wenger, Etienne: Situated Learning. Legitimate Peripheral Participation, Cambridge: Cambridge University Press 1991. 31 Vgl. Barr, Robert B./Tagg, John: »From Teaching to Learning—A New Paradigm for Undergraduate Education«, in: Change: The Magazine of Higher Learning 27.6 (1995), S. 12-26.
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V ERGLEICH MIT DEN S TUDIENGÄNGEN IN D EUTSCHLAND Im Unterschied zu den meisten in diesem Buch beschriebenen Studiengängen an staatlichen Hochschulen in Deutschland fallen in den hier vorgestellten Studiengängen an staatlichen und privaten Hochschulen im Ausland durchgängig Studiengebühren an. Gleichwohl sind die Studiengänge grundsätzlich vergleichbar, da alle genannten Hochschulen in den jeweiligen nationalen Hochschulsystemen einen ähnlichen Zweck erfüllen: die nicht profitorientierte Hochschulbildung in akademischen Disziplinen. Dass in Deutschland im Normalfall keine Studiengebühren erhoben werden, ist eine institutionelle Besonderheit des deutschen Hochschulsystems. Im Ausland hingegen werden nicht nur private, sondern auch staatliche Hochschulen in unterschiedlicher Gewichtung mit den Gebühren der Studierenden mitfinanziert. Bei den renommierten US-amerikanischen Universitäten in privater Trägerschaft, d.h. z.B. der New York University oder der University of Southern California, handelt es sich nicht um profitorientierte Unternehmen, sondern um Stiftungen. Studiengänge aus dem Bereich der ›for-profit higher education‹ wurden in diesem Beitrag nicht berücksichtigt. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass anspruchsvolle künstlerisch-wissenschaftliche GamesAusbildung, wie sie in Deutschland häufiger an staatlichen als an privaten profitorientierten Hochschulen angeboten wird, im Ausland sowohl an staatlichen wie auch an privaten nicht-profitorientierten Hochschulen stattfindet. Gleichwohl darf nicht vergessen werden, dass hohe Studiengebühren das (pädagogische) Verhältnis zwischen Studierenden (die dann auch Kunden sind) und Hochschulen (die dann auch Verkäufer sind) verändern. Zahlende Kunden haben andere Erwartungshaltungen und Ansprüche an Hochschulen, z.B. was Ausstattung, Service, Umgang mit mangelhaften Prüfungsleistungen und Ausrichtung an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes anbelangt. Zudem müssen Hochschulen, die sich zu großen Teilen aus Studiengebühren finanzieren, sich zwangsläufig mehr als staatlich finanzierte Hochschulen an den Gesetzen des Marktes orientieren, d.h. u.a. an den Bedürfnissen von Studierenden (als Kunden) und letztendlich an der Industrie, in der die Absolventen ihr an der Hochschule erworbenes kulturelles und soziales Kapital auch in ökonomisches Kapital umwandeln können/müssen. Dafür können solche Hochschulen aber auch unabhängiger und schneller als staatliche
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Hochschulen auf neuere Entwicklungen reagieren. All dies gilt es beim Vergleich durchaus zu berücksichtigen. Des Weiteren ist an dieser Stelle eine andere institutionelle Besonderheit des deutschen Hochschulsystems anzusprechen: Die Unterscheidung zwischen Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (die heute häufig auch Hochschulen für angewandte Wissenschaften genannt werden). In Deutschland haben sich Games-Studiengänge der hier vorgestellten Art vor allem an Fachhochschulen angesiedelt, die sich traditionell stark im Bereich Design (der an Universitäten in der Regel nicht existiert) und im Fach Informatik engagieren (das an Fachhochschulen sehr anwendungsorientiert unterrichtet wird, während es an Universitäten mehr um Theorie als um Programmierung und Software Development geht). An den Universitäten findet Games-Ausbildung in der Regel nur im Rahmen des Studiums anderer Disziplinen statt, wie z.B. der Informatik oder der Medienwissenschaft. In anderen Ländern hingegen (wo mit wenigen Ausnahmen, wie z.B. den Niederlanden, keine Unterscheidung zwischen Universitäten und Fachhochschulen vorgenommen wird) ist eine akademische Games-Ausbildung, wie sie in diesem Beitrag vorgestellt wurde, an Universitäten und Kunsthochschulen (art schools) angesiedelt. Wenngleich dieser institutionelle Unterschied besteht, sehe ich in den Curricula keine gravierenden Unterschiede. Die ausländischen Studiengänge sind in der Regel nicht weniger anwendungsorientiert als die Studiengänge an deutschen Hochschulen. Schließlich ist eine letzte Besonderheit des deutschen Bildungs- und Ausbildungssystems zu berücksichtigen: Die Studierendenquote ist in Deutschland traditionell und trotz eines rasanten Anstieges in den letzten Jahrzehnten auch heute noch niedriger als in anderen Ländern; u.a. weil hierzulande für viele Berufe außerhalb der Hochschulen, und zwar in den Systemen der dualen und schulischen Berufsausbildung auf hohem Niveau ausgebildet wird32 – wobei zu bemerken ist, dass es für die Games-Branche noch keinen anerkannten Ausbildungsberuf gibt. Dementsprechend werden an
32 Vgl. z.B. Altbach, Philip G./Reisberg, Liz/de Wit, Hans: Responding to Massification. Differentiation in Postsecondary Education Worldwide. Commissioned by the Körber Foundation in preparation for the 2017 Hamburg Transnational University Leaders Council, 2017, https://www.koerber-stiftung.de/fileadmin/ user_upload/koerber-stiftung/redaktion/htulc/pdf/2017/Studie_Responding-toMassification.pdf
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staatlichen Hochschulen in Deutschland anders als in anderen Ländern in der Regel keine reinen ›vocational programs‹ angeboten. Da es in dem vorliegenden Buch um genuin akademische Games-Ausbildung geht, wurden auch für das Ausland keine Studiengänge berücksichtigt, die sich ausschließlich der Berufsausbildung verschrieben haben bzw. keinen Bildungsanspruch erheben, wie es z.B. bei der technischen Ausbildung reiner Modeler denkbar ist. Konzeptionell unterscheiden sich die vorgestellten ausländischen Studiengänge kaum von Games-Studiengängen an staatlichen Hochschulen in Deutschland. Es wird deutlich, dass im globalisierten Hochschulsystem Studiengangskonzepte weltweit ausgetauscht werden. Aus zweierlei Gründen nehme ich an, dass solche Transferprozesse im Feld der hochschulischen Games-Ausbildung noch deutlicher als in älteren Fachbereichen zutage treten. Zum einen handelt es sich um ein junges Hochschulfeld, das erst nach der Globalisierung der Hochschulbildung entstanden ist, weshalb es schon bei ihrer Konstitution selbstverständlich war, über den Tellerrand zu schauen und auch in anderen Ländern nach Best Practice-Beispielen zu suchen – zumal ja nicht an jahrzehnte- oder gar jahrhundertelange Traditionen angeknüpft werden konnte und in vielen Ländern (erst mal) nur eine geringe Anzahl an Studiengängen entstanden ist, weshalb national wenig Möglichkeiten zum Austausch bestanden. Zum anderen bildet das Hochschulfeld für eine relativ junge, international stark integrierte Kreativ- und Digital-Branche aus, so dass mit Blick auf die Arbeit in internationalen Teams, Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland und weltweit gültige Standards ein gewisser Grad an internationaler Integration der Curricula unumgänglich ist. Dies wird natürlich auch dadurch unterstützt, dass die Designer der Studiengänge mit dieser Branche im engen Kontakt stehen oder sogar direkt aus ihr stammen. Für Deutschland kommt hinzu, dass die Entwicklung hier, wie Gundolf S. Freyermuth im einleitenden Beitrag dieses Bandes beschreibt, gut zehn Jahre später als beispielsweise im angelsächsischen Raum oder Skandinavien einsetzte.33 Daher ist es umso naheliegender, dass bei der Entwicklung der Studiengänge, das Rad nicht komplett neu erfunden wurde, sondern man sich verstärkt auch an Vorbildern aus dem Ausland – vor allem aus den USA – orientierte.
33 Vgl. Freyermuth in diesem Band S. 25.
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Gleichwohl wurde beim Transfer dieser Konzepte durchaus die eine oder andere kulturelle Anpassung vorgenommen. Diese Anpassungen resultieren natürlich auch aus der Tradition der Fakultäten bzw. Hochschulen, aus denen die Studiengänge in Deutschland institutionell erwachsen sind bzw. aus denen die Lehrkräfte entstammen, wie z.B. der Tradition der Werkschulen und Kunsthochschulen, die das Modell an der HTW Berlin prägt. Auch die Inhalte der Game Studies weisen nationale Besonderheiten auf, was sich beispielsweise in der Auswahl der gelesenen Autoren ausdrückt, die in Deutschland häufig aus den deutschsprachigen Geisteswissenschaften kommen. Viele US-amerikanische Bachelorstudiengänge unterscheiden sich von den Angeboten an Hochschulen in Deutschland auch darin, dass allgemeinbildende Kurse außerhalb des Hauptfaches – im Rahmen der sogenannten ›general education‹ – belegt werden müssen, weil Colleges in den USA einem ähnlichen – und zwar: allgemeinbildenden – Zweck dienen wie in Deutschland die gymnasiale Oberstufe. Die deutschen Studiengänge hingegen legen ein stärkeres Gewicht auf das Studium des Hauptfaches bzw. Berufsfeldes. Dass die staatlichen Hochschulen in Deutschland erst gut zehn Jahre nach den angelsächsischen oder skandinavischen Hochschulen mit der Einführung von Games-Studiengängen auf die verstärkte Nachfrage der Studierenden und der Computerspielindustrie reagiert haben, liegt auch daran, dass studiengebührenfinanzierte Hochschulen generell schneller auf Märkte reagieren können als staatlich finanzierte Hochschulen, die in der Regel erst dann neue Studiengänge, die ja häufig ganz neues Personal und eine spezielle Ausstattung erfordern, ins Leben rufen, wenn sichtbar wird, dass tatsächlich ein langfristiger Bedarf vorliegt. Darüber hinaus spielte sicherlich auch eine Rolle, dass die deutsche Games-Branche kleiner als die US-amerikanische oder britische Industrie ist – und dementsprechend insgesamt ein geringerer Bedarf an hochschulisch ausgebildeten Fachkräften besteht. Aus dem enormen Unterschied in der Höhe der Studiengebühren ergibt sich natürlich auch eine unterschiedliche Erwartungshaltung der Studierenden an die eigene Hochschule, was Leistungen wie die technische Ausstattung und ›Career Services‹ sowie ganz allgemeine die eigene ›Employability‹ – als ›Outcome‹ des Studiums – anbelangt. Daher mag es den Außenstehenden auf den ersten Blick verwundern, dass einige der teuersten und besten US-amerikanischen Universitäten einen besonderen Wert auf ›general education‹ und ›liberal arts‹ legen, dass hier also nicht nur die kurzfristige
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›Employability‹ die Curricula bestimmt. Vor dem Hintergrund der Tradition US-amerikanischer Hochschulbildung ist der besondere Stellenwert der Allgemeinbildung in den dortigen Games-Studiengängen allerdings keine Überraschung. So ist es in den USA für die Mittelschicht ganz selbstverständlich, auch für vermeintlich schwer in ökonomisches Kapital umwandelbare Abschlüsse (z.B. in den Geistes- und Sozialwissenschaften) mehrere zehntausend US-Dollar an Schulden aufzunehmen (bevor dann gegebenenfalls im Rahmen der ›Graduate School‹ eine stärkere Berufsorientierung erfolgt) – wenngleich dieser Umstand bei überproportional steigenden Studiengebühren und gleichzeitiger Entwertung der Bedeutung formaler Abschlüsse zunehmend infrage gestellt wird. Größeren Wert auf eine kurzfristige ›Employability‹, verbunden mit einer stärkeren Gewichtung des ›Handwerkszeugs‹ im Sinne der Beherrschung bestimmter Software, legen in Deutschland verschiedene private Hochschulen und in den USA private For-Profit-Hochschulen.
F AZIT In diesem Beitrag erweiterte ich die Perspektive des vorliegenden Bandes auf die akademische Games-Ausbildung im Ausland. Zunächst stellte ich Ansätze ausgewählter Studiengänge aus Westeuropa, Nordamerika und Australien vor. Im Rahmen einer vergleichenden Analyse arbeitete ich sodann Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Studiengänge heraus. Zuletzt nahm ich einen Vergleich mit den Studiengängen in Deutschland vor. Im Verlauf des Beitrages habe ich zeigen können, dass die Studiengänge gezielt auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Computerspielindustrie vorbereiten, indem die dort übliche Entwicklungspraxis im Rahmen von kollaborativen Projekten simuliert wird. Das Fachstudium betreffend, konnte ich durchaus unterschiedliche Philosophien rekonstruieren. Während einige Studiengänge (wie z.B. der Game Design & Development BS am RIT) eine starke Spezialisierung in einer der drei Praxisdisziplinen ›Game Design‹, ›Game Arts‹ und ›Game Informatics & Technology‹ ermöglichen (am RIT: Game Programming), bilden andere Studiengänge (wie z.B. der Game Design BFA an der NYU) eher Generalisten aus. Gleichwohl legen die meisten Studiengänge Wert darauf, dass der Gestaltungs- und Entwicklungsprozess in seiner Gänze kennengelernt und um eine geistes- und/oder sozialwissen-
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schaftliche Beschäftigung mit digitalen Spielen und ihren Nutzern ergänzt wird. Es geht ihnen um die Vermittlung einer breiten ›Game Design Literacy‹. Meines Erachtens zeichnen sich die vorgestellten Studiengänge insbesondere dadurch aus, dass sie sowohl einen Ausbildungs- als auch einen Bildungsanspruch vertreten. So wollen sie erstens die für die Berufspraxis der Games-Branche unmittelbar erforderlichen generalistischen und spezialistischen Fachkompetenzen schulen, zweitens Schlüsselkompetenzen wie z.B. Problemlöse- und Kollaborationskompetenz fördern (wie sie in der GamesBranche, aber auch in vielen anderen Felder heutiger Berufstätigkeit gefragt sind) und drittens eine Allgemeinbildung vermitteln, welche die Studierenden in ihrer Entwicklung zu eigenständig und kreativ denkenden Persönlichkeiten unterstützt. Im Vergleich der Studiengänge an deutschen und ausländischen Hochschulen fällt auf, dass curriculare und didaktische Konzepte sich ähneln. Ein globaler Transfer von Hochschulkonzepten ist deutlich zu erkennen – was der Internationalität und Interkulturalität des künstlerischen und wirtschaftlichen Feldes, das sich der Gestaltung und Entwicklung digitaler Spiele widmet, zu entsprechen scheint. Es ist dennoch (oder gerade deshalb) zu begrüßen, dass z.B. mit der Zusammenarbeit von Hochschulen und regionaler Games-Branche (d.h. auch der curricularen Berücksichtigung der dort besonders relevanten Themen), der Förderung von Firmengründungen der Absolventen am Hochschulstandort oder der Bearbeitung regionaler oder nationaler Themen in den Projekten auch lokale Akzente gesetzt werden.
L ITERATUR Altbach, Philip G./Reisberg, Liz/de Wit, Hans: Responding to Massification. Differentiation in Postsecondary Education Worldwide. Commissioned by the Körber Foundation in preparation for the 2017 Hamburg Transnational University Leaders Council, 2017, https://www.koerber-stiftung. de/fileadmin/user_upload/koerber-stiftung/redaktion/htulc/pdf/2017/Stu die_Responding-to-Massification.pdf Barr, Robert B./Tagg, John: »From Teaching to Learning—A New Paradigm for Undergraduate Education«, in: Change: The Magazine of Higher Learning 27.6 (1995), S. 12-26.
GAMES -STUDIUM IM AUSLAND | 693
Czauderna, André: »Interdisziplinäre Hochschulbildung für die Gestalter/innen digitaler Spiele: Beispiele aus Deutschland, Großbritannien, der Schweiz und den USA«, in: Digitale-Spielewelten.de 2016, https:// digit ale-spielewelten.de/magazin/interdisziplinare-hochschulbildung-fur-die -gestalterinnen-digitaler-spiele/25 Ders.: »International Game Design Education: Six Examples from Five Countries«, in: Gundolf S. Freyermuth: Games | Game Design | Game Studies. An Introduction, Bielefeld: transcript 2015, S. 241-256. Deterding, Sebastian: »The Pyrrhic Victory of Game Studies. Assessing the Past, Present, and Future of Interdisciplinary Game Research«, in: Games and Culture (2016). Dewey, John: Democracy and Education, Mineola, NY: Courier Corporation 2004 (Erstveröffentlichung 1916). Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies. Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2015. Fullerton, Tracy: Game Design Workshop. A Playcentric Approach to Creating Innovative Games, Boca Raton/London/New York: CRC Press 2014. Lave, Jean/Wenger, Etienne: Situated Learning. Legitimate Peripheral Participation, Cambridge: Cambridge University Press 1991. Murray, Janet/Bogost, Ian/Mateas, Michael/Nitsche, Michael: «Game Design Education: Integrating Computation and Culture», in: Computer 39.6 (2006), S. 43-51. Salen, Katie/Zimmerman, Eric: Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge/London: MIT Press 2004. Steinkuehler, Constance/Fullerton, Tracy/Phelps, Andrew/Davidson, Drew/ Isbister, Katherine: Our State of Play: Higher Education Video Game Alliance Survey 2014-15, Washington, DC 2015, http://glsstudios.com/ hevga/wp-con-tent/themes/hevga_theme/assets/2015_HEVGA_Survey_ Results.pdf Suellentrop, Chris: »N.Y.U. to Add a Bachelor’s Degree in Video Game Design.«, in: The New York Times. Online Edition, vom 05.08.2014. http://artsbeat.blogs.nytimes.com/2014/08/05/n-y-u-to-add-a-bachelorsdegree-to-video-game-studies/?_php=true&_type=blogs&smid=plshare&_r=1
Autorinnen und Autoren
Ackermann, Daniel, Professor für Produktion interaktiver Medien / Design multimedialer Schnittstellen an der Hochschule Harz. Zuvor war er hybrid an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein als Assistent, an der Martin Luther Universität als Lehrbeauftragter sowie selbstständig in der eigenen Firma tätig – Webseite: https://www.hs-harz.de/dackermann/zur-person/ Bartholdy, Björn, Ko-Gründungsdirektor des Cologne Game Lab an der TH Köln, dort Professor für Media Design. Zuvor Professor für Audiovisuelle Medien an der Köln International School of Design an der TH Köln, Gründer/Creative Director/Geschäftsführer von cutup – Agentur für Mediengestaltung, die ab 1999 mehrheitlich zu Bertelsmann gehörte. Daneben Studiengangsleiter »Virtual Design« an der Filmakademie Baden-Württemberg, Gründer und Geschäftsführer von very.tv, freier Designer, Regisseur und Producer im Bereich TV- und Film-Design. Publikationen u.a. Showreel I (daab), Broadcast Design (daab), Showreel II (daab) – Webseiten: www.bjoernbartholdy.com, http://www.colognegamelab.de/institute/people /bjoern-bartholdy Behrmann, Malte, unabhängiger Anwalt und Professor für Management, Kommunikation und Recht an der bbw Hochschule Berlin, verantwortlich für das Bachelorprogramm Wirtschaftskommunikation und das englischsprachige Masterprogramm Management of Creative Industries. Er unterrichtet regelmäßig an der Berliner Games Academy und lehrte jahrelang an der Universität Valenciennes. Zuvor repräsentierte er u.a. als Generalsekretär der European Game Developer Federation die Spielentwicklungs-Studios Europas gegenüber EU-Institutionen und war politischer Geschäftsführer des
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GAME-Bundesverbands, den er mitbegründete. Er nahm an sechs EUForschungsprojekten teil, zuletzt an www.mobilegamearch.eu. – Behrmann studierte Jura in Bonn und München sowie audiovisuelles Kommunikationsmanagement an der Universität Valenciennes in Frankreich und promovierte in Medienwissenschaften an der Humboldt Universität zu Berlin. Publikationen u.a. In der Innovationsfalle: Überlegungen zu einer zukunftsfähigen Innovationsförderung, Stuttgart: Ibidem-Verl. 2017; Kino und Spiele: Medien in Frankreich und Deutschland; öffentliche Förderung der Entwicklung von Computerspielen; der Erfolg von Good bye Lenin! in Frankreich, Stuttgart: Ibidem-Verl. 2005 – Webseite: www.malte-behrmann.de. Carôt, Alexander, Professor am Fachbereich Informatik und Sprachen der Hochschule Anhalt. Er betreut im Bachelor-Studiengang »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung« und im Masterstudiengang »Interaktive Medien« vornehmlich medienrelevante Module und ist in beiden Studiengängen als Studienfachberater tätig. Sein stark interdisziplinäres Profil ist einerseits durch die Physik, Informatik und Elektrotechnik sowie andererseits durch diverse musikalische Aktivitäten als Bassist und NS-Chapman-Stick Spieler in diversen Rock-, Pop- und Jazzensembles geprägt. Nebenberuflich tritt er mit unterschiedlichen Formationen auf und verbindet auf diese Weise die entsprechenden technologischen und musikalischen Interessen. Zuvor lebte und arbeitete er als Medieninformatiker und freischaffender Künstler u. a. in Hamburg, Kopenhagen, Barcelona, Porto und San Francisco. 2014 schloss er sein Studium mit dem Ingenieursdiplom ab, 2009 erhielt er den Doktortitel der Ingenieurswissenschaften. In diesem Zusammenhang entwickelte er die »Soundjack« Software (http://www.so undjack.eu). Forschungs- und Lehrtätigkeiten u. a.: empirische Sozialwissenschaften, latenzoptimierte Signalübertragung multimedialer Inhalte und quantenmechanische Effekte moderner Telekommunikation – Webseite: http://www.carot.de Czauderna, André, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cologne Game Lab der TH Köln, dort u.a. für das Management und die Weiterentwicklung der Studiengänge zuständig. Zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medienforschung und Medienpädagogik derselben Hochschule. Promotion in Erziehungswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Schwerpunkt in Lehre und Forschung: Player Studies. Publikationen u.a.
AUTORINNEN UND AUTOREN | 697
Lernen als soziale Praxis im Internet. Objektiv hermeneutische Rekonstruktionen aus einem Forum zum Videospiel Pokémon (Wiesbaden: Springer VS 2014) und »International Game Design Education: Six Examples from Five Countries«, in: Gundolf S. Freyermuth: Games | Game Design | Game Studies. An Introduction (Bielefeld: transcript 2015), S. 241-256 – Webseite: https://www.th-koeln.de/personen/andre.czauderna/ Falk, Felix, Geschäftsführer des game seit dem 1. Februar 2018. Zuvor war er in derselben Funktion bereits für den BIU tätig und setzte hierbei den Zusammenschluss mit dem GAME mit um. Von 2009 bis 2016 war er Geschäftsführer der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Als stellvertretender Vorsitzender der International Age Rating Coalition (IARC) entwickelte er in dieser Zeit unter anderem den globalen Kennzeichnungsstandard für Online-Spiele und Apps mit. Von 2004 bis 2009 leitete er das Büro von Monika Griefahn, der Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag. In dieser Funktion verantwortete Felix auch das Thema Computerspiele und begleitete unter anderem die Entstehung des Deutschen Computerspielpreises. Im Nebenberuf ist er als Saxophonist aktiv – Webseite: https://www.game.de/team/ Freyermuth, Gundolf S., Ko-Gründungsdirektor des Cologne Game Lab der TH Köln, dort Professor für Media and Game Studies sowie Associate Professor für Comparative Media Studies an der ifs internationale filmschule köln. Zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin, Redakteur und freier Autor (Romane, Sachbücher, Essays, Reportagen, Arbeiten für Hörfunk, Film, Fernsehen). Forschungsschwerpunkte: Audiovisualität, Transmedialität, Game Studies, Netzwerkkultur. Jüngste Publikationen: Games | Game Design | Game Studies. An Introduction, Bielefeld: transcript 2015; Der Televisionär. Wolfgang Menges transmediales Werk. Hrsg. mit Lisa Gotto. Bielefeld: transcript 2016; »Transmedia. Twelve Postulates.« In: Clash of Realities 2015/16: On the Art, Technology, and Theory of Digital Games. Proceedings of the 6th and 7th Conference, Bielefeld: transcript 2017, p. 97-126 – Webseiten: www.freyermuth.com; http://www. colognegamelab.de/institute/people/gundolf-s-freyermuth/; https://www.fil mschule.de/menschen/professoren/
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Frings, Laura, Program Managerin des Kooperationsstudiengangs MA »3D Animation for Film & Games« des Cologne Game Lab der TH Köln und der ifs internationale filmschule köln. Seit 2015 Studiengangsplanung an der ifs. Studium der Komparatistik, Psychologie und Anglistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Promotion über »Detecting the Self and the Other. Violence and Nation Building in Postmodern Crime Fiction«. Ghellal, Sabiha, Professorin für Experience und Game Design an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Gründungsmitglied des Instituts für Games (https://ifg.mi.hdm-stuttgart.de) und der interdisziplinären Forschergruppe REMEX (https://www.hdm-stuttgart.de/remex). Promotion in Experience Design und Game Studies an der Aalborg University in Dänemark. Schwerpunkt in der Forschung und Lehre sind seit 2008 Mixed Reality Experiences, Pervasive Games, Transmedia Storytelling und Mobile Game Design. Ausgewählte Publikationen: »The Interpretative Role of an Experiencer« (zus. mit Morrison, A.), in: 29th Proceedings of the 29th Australian Conference on Computer-Human Interaction (ACM 2018, S. 98-107); »Transmedia Perspectives« (zus. mit Wiklund-Engblom, A./Morrison, A./Obal, D.), in: Media Convergence Handbook-Vol. 2 (Berlin/Heidelberg: Springer 2016, S. 309-325); »Get Milk – A Game of Lenses« (zus. mit Schneider, T./Holopainen, J.) in: Proceedings of DiGRA 2015: Diversity of Play: Games – Cultures – Identities; »The Remediation of Nosferatu: Exploring Transmedia Experiences« (zus. mit Morrison, A./Hassenzahl, M./Schaufler, B.), in: Proceedings of the 2014 Conference on Designing Interactive Systems (ACM 2014, S. 617-626) – Webseite: https://sabihaghellal.com Göbel, Stefan, Akademischer Rat und Leiter der Gruppe Serious Games am Lehrstuhl Multimedia Kommunikation an der TU Darmstadt und Leiter des Geschäftsfeldes Serious Games am httc e.V. Zuvor Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung im Bereich Graphische Informationssysteme (GIS) mit Promotion zum Thema »Intelligente Benutzerführung zu Geodaten-Archiven« (1997-2002) und Abteilungsleiter Digital Storytelling am Zentrum für Graphische Datenverarbeitung (2002 – 2008). Initiator der GameDays als Science meets Business Event im Bereich Serious Games (seit 2005) und der GameDays International Conference of Serious Games (2010) – 2015 überführt in die Joint Conference on Serious Games. Ehrenamtliches Engagement in der Fach-
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gruppe Entertainment Computing der Gesellschaft für Informatik und im game Branchenverband im Arbeitskreis Serious Games. Initiator und Moderator des Serious Games Metadata Format (DIN SPEC 91380) sowie Betreiber des Serious Games Information Center als Auskunftssystem für Serious Games. Jüngste Publikationen: Serious Games – Foundations, Concepts and Practice (Hg., zus. mit Ralf Dörner, Wolfgang Effelsberg und Josef Wiemeyer, Springer International Publishing (2016); Entertainment Computing and Serious Games. International GI-Dagstuhl Seminar 15283, Dagstuhl Castle, Germany, July 5-10, 2015. Revised Selected Papers. (Hg., zus. mit Ralf Dörner, Michael Kickmeier-Rust, Maic Masuch und Katharina Zweig, Information Systems and Applications, incl. Internet/Web, and HCI, 9970. Springer International Publishing) – Webseite: http://www.kom.tudarmstadt.de/en/kom-multimedia-communications-lab/people/staff/stefan-g oebel/ Günzel, Stephan, seit 2011 Professor für Medientheorie an der University of Applied Sciences Europe in Berlin und leitet dort das Institut für gestalterisches Forschen, nachdem er dort den Bachelor-Studiengang Game Design aufgebaut hatte. Zuvor war er ab 2008 Koordinator des Zentrums für Computerspielforschung an der Universität Potsdam und Gastprofessor für Raumwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie den Universitäten Trier, Kassel und Göttingen. Von 2005 bis 2008 forschte er im Bereich der Vergleichenden Bildtheorie an der Friedrich Schiller Universität Jena und bereitete dort seine 2012 erschienene Habilitationsschrift über Egoshooter. Das Raumbild des Computerspiels vor. – Weitere Publikationen zum Themenfeld (Auswahl): Mediale Räume (Hg., Berlin 2017); 8-bit. Art Book (Hamburg 2016); Push Start. The Art of Video Games (Hamburg 2014); Bild. Ein interdisziplinäres Handbuch (Mithg., Stuttgart/Weimar 2014); KartenWissen. Territoriale Räume zwischen Bild und Diagramm (Mithg., Wiesbaden 2012); Raum/Bild. Zur Logik des Medialen (Berlin 2011) – Webseite: www.stephan-guenzel.de Hall, Mark, Junior-Professor im Institut für Informatik der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg. Er betreut im Masterstudiengang »Interaktive Medien« vornehmlich Module, die sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Maschine beschäftigen. Sein stark interdisziplinäres Profil definiert sich an der Schnittstelle zwischen der Informatik, dem/der Benutzer/in und der
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Kulturgeschichte in allen ihren Formen. Im Rahmen dieser Arbeit hat er eine Reihe von Webanwendungen entwickelt, um den digitalen Zugang zur Kulturgeschichte zu erleichtern. In der Lehre liegt sein Schwerpunkt auf den Bereichen »Webentwicklung«, »Mensch-Maschine Interaktion« und »Digital Humanities«. 2006 schloss er sein Diplomstudium im Bereich Informatik ab, und 2011 promovierte er im Bereich natürliche räumliche Sprachverarbeitung. Hebecker, Ralf, Professor für Gamesdesign und -produktion an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Zuvor Dozent für Interaction Design am Fachbereich Design der Universität Otago (Neuseeland). Diplom am Fachbereich Design der Fachhochschule Köln (heute Technische Hochschule Köln). Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Game-Design, Game-Produktion, Forschungsspiele, Serious Games und Gamification, Sensorik und alternative Controller. Publikationen u.a. »Serious gaming changes maladaptive implicit safer-sex attitudes in young adults« (zus. mit Phil Brüll. Arbeitstitel, in Vorbereitung zur Einreichung bei International Journal of Sexual Health); »Computer – Games – Design«, in: Gui Bonsiepe (Hg.), Design: Do Material ao Digital (Design: From Material to Digital) (São Paulo: Blucher 2014); »Visual Surveys with Purposeful Games« (zus. mit Holger Regenbrecht), in: Information Design Journal 19, 3, S. 259-271. Mehr als 30 Jahre Erfahrung als selbständiger und angestellter Designer, Projektentwickler und -manager für alle Formen von Design- und Medienprojekten. Gründer und Geschäftsführer eigener Unternehmen, zum Beispiel aktuell von Kuti (www.kuti-arcade.com), einem Entwickler kindgerechter Spielkonsolen – Webseite: http://ralfhebecker.com Hettlich, Markus, Professor für Game Informatics am Cologne Game Lab der TH Köln. Zuvor über 30 Jahre Tätigkeit als freiberuflicher Programmierer in Feldern wie 3D-Laserscanning, optische Speichersysteme, kamerabasierte Muster- und Bewegungserkennung, großflächige Medieninstallationen und -fassaden, internetbasierte Technologien sowie Games. Zusammenarbeit mit Firmen wie Sony, Lufthansa und T-Mobile. Studium der Physik an der Universität zu Köln nach Abitur und Militärdienst. Seine Spiele richten sich vor allem an Kinder – Webseite: http://www.colognegamelab.de/instit ute/people/markus-hettlich
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Höhl, Wolfgang, Universitätsdozent für 3D-Visualisierung, Games und Animation an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, am Lehrstuhl für Medieninformatik, der Technischen Universität München (TUM), im Studiengang Games Engineering, an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg im Studiengang Interaktive Medien, an der FH JOANNEUM in Graz im Masterstudiengang Architektur und an der DHBW Ravensburg im Studiengang Mediendesign. Er lehrt und forscht im Bereich der 3D-Computergrafik und der angewandten interaktiven Technologien (APITs). Sein Spezialgebiet ist die angewandte 3D-Visualisierung und 3D-Simulation für Wissenschaft und Engineering. Publikationen u.a. Industrie 4.0 und Angewandte Interaktive Technologien, München: LudwigMaximilians-Universität 2017; »Augmented Reality in Architektur und Stadtplanung. Potenziale und Anwendungsbereiche von Augmented Reality in Architektur und Stadtplanung«, in: GIS Science – Die Zeitschrift für Geoinformatik (2015), Nr. 1, S. 20-29 (zus. mit Daniel Broschart); »MRI Design Review System. A Mixed Reality Interactive Design Review System for Architecture, Serious Games and Engineering«, in: Proceedings of 2014 IEEE International Symposium on Mixed and Augmented Reality, Munich University of Technology 2014 (zus. mit Andreas Behmel und Thomas Kienzl) – Webseite: www.scienceviz.com Kaulig, Nanette, Professorin für 3D Animation and CG Art for Games am Cologne Game Lab. Zuvor 14 Jahre lang Tätigkeit als 3D-Animator in der Computerspiel-Industrie, zuletzt als Animation Director. Erste Station Free Radical Design in Nottingham, UK (TIMESPLITTERS 2, SECOND SIGHT), gefolgt von den Lionhead Studios in Guildford, UK (BLACK&WHITE 2, FABLE 2 UND 3) sowie YAGER in Berlin (SPEC OPS: THE LINE). Ursprünglich Studium des klassischen Zeichentrickfilms am Ballyfermot College in Dublin, Irland – Webseiten: www.nanettekaulig.com; www.colognegamelab.de/ins titute/people/nanette-kaulig Klemke, Roland, Professor für Game Informatics am Cologne Game Lab (CGL) der TH Köln; Associate Professor am Welten Institute der Open University of the Netherlands, wo er die Gruppe für Multimodal Learning Experiences leitet; Vorstand der Humance AG. 2013-2018 Professor für Game Design an der Mediadesign Hochschule in Düsseldorf. 1997-2002 Wissenschaftler bei der Fraunhofer Gesellschaft. Diplom in Informatik 1997, Uni-
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versität Kaiserslautern; Promotion RWTH Aachen 2002. Mitglied der Gesellschaft für Informatik (GI), Fellow des Interuniversity Center for Educational Sciences (ICO) und Fellow der niederländischen Research School Information and Knowledge Systems (SIKS). Forschungsthemen: Serious Games, Game-Based Learning, Gamification, Augmented und Mixed-Reality, Multi-Sensor Architekturen und Mobiles Lernen. Publikationen (Auszug): Bibeg Limbu, Halszka Jarodzka, Roland Klemke, and Marcus Specht, »Using sensors and augmented reality to train apprentices using recorded expert performance: A systematic literature review«, Educ. Res. Rev. (2018); Roland Klemke, Maka Eradze, and Alessandra Antonaci, »The Flipped MOOC: Using Gamification and Learning Analytics in MOOC Design – A Conceptual Approach«, in: Education Sciences, 8(1), 25; Heide Lukosch, Dan Groen, Shalini Kurapati, Roland Klemke, and Alexander Verbraeck, »The Role of Awareness for Complex Planning Task Performance: A Microgaming Study«, in: International Journal of Game-Based Learning (IJGBL), 6(2), 15-28 – Webseite: http://www.colognegamelab.de/institute/p eople/prof-dr-roland-klemke/ Knote, Andreas, promoviert im Bereich Games Engineering and der Universität Augsburg. Forschungsschwerpunkt im Bereich der Modellierung und interaktiven Simulation entwicklungsbiologischer Systeme. Zuvor studierte er dort Mathematik (BSc) und Informatik (MSc) – Webseite: https://www.hci.uni-wuerzburg.de/people/andreas-knote/ Kohlhaase, Tilmann, seit 2004 Professor des Studiengangs »Animation & Game« der Hochschule Darmstadt. Zuvor war er als Produzent, Regisseur und Animator von Kinder-Kurzfilmen besonders im Bereich Animation (2D/3D) und virtueller Spezialeffekte tätig. Zu seinen Forschungsthemen gehört neben »Non-Photo-Realistic Rendering« aktuell besonders »X - Reality« und »Immersive Storytelling«. Preise u.a. 1989 Nominierung Bundesfilmpreis für Kurzfilm (Regie), 2001 Goldener Spatz, Kinderfilmfestival Gera, 2002 Prix Jeunsesse. 2011 Siggraph: Non-Photorealistic Animation and Rendering - Creative Use of existing Software – Webseite: www.kohlh aase.de Konrad, Robert, seit 2017 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Serious-Games-Gruppe am FG Multimedia Kommunikation an der TU Darmstadt. Hat
AUTORINNEN UND AUTOREN | 703
2006 seine Diplomarbeit zum Thema »artificial life in games« angefertigt und arbeitete von 2007 bis Ende 2008 als wissenschaftliche Hilfskraft in Abteilung Digital Storytelling am ZGDV Darmstadt und arbeitete dort u.a. in den Projekten »INSCAPE«, »U-CREATE« und »80Days« (alle EU) sowie als Unterauftragnehmer bei der Template-basierten Produktion von »scoyo« mit. Als passionierter Videospieler/Videospielentwickler gründete er 2009 seine eigene Spielefirma, KTX Software Development. Hier produzierte er u.a. die Titel HAUNTED, REDUX, LEONAS TRICKY ADVENTURES und KTEXFLEX. Er entwickelte kontinuierlich sein eigenes Game Technologie Framework, KHA, basierend auf Haxe. Er engagiert sich wesentlich in der Open Community von Haxe, das als Open Source Projekt vorangetrieben wird. 2015 und 2016 hat er auf der wwx Konferenz dazu eingeladene Vorträge gehalten. Seine auf Haxe basierende und ebenfalls als Open Source Technologie realisierte Kha Technologie bringt er auch ins httc ein, wo er seit 2016 als Entwickler in Teilzeit angestellt war. Hierbei hat er u.a. die Projekte »NeuroCare Plus«, »IUNO« und »iBeA« sowie in Kooperation mit der TU Darmstadt das EU Projekt »ALFRED« tatkräftig unterstützt – Webseite: http://www.kom.tu-darmstadt.de/en/kom-multimedia-communication s-lab/people/staff/robert-konrad/ Koubek, Jochen, Professor für Digitale Medien an der Universität Bayreuth, Leiter des Masterstudiengangs und des Promotionsprogramms »Comptuerspielwissenschaften«. Zuvor wissenschaftlicher Assistent am Institut für Informatik der HU-Berlin mit Arbeiten zu informatischer Bildung und digitalen Kompetenzen. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte, Ästhetik und Medialität von Computerspielen. Studium der Mathematik, Informatik und Philosophie, Promotion in Kulturwissenschaft. Jüngste Publikationen: »Historiographie von Computerspielen« in: Beil/Hensel/Rauscher (Hg.): Einführung in die Game Studies, Springer 2018; »Computerspiele als kosmopolitisches Medium« zusammen in: Christen/Rothemund (Hg): Cosmopolitan Cinema. Kunst und Politik in der zweiten Moderne, Schueren 2016; »Geschichten, die das Spielen schreibt. Werteerziehung mit Clash of Clans« in PAIDIA 2015 – Webseiten: https://medienwissenschaft.uni-bayre uth.de/menschen/prof-dr-jochen-koubek/; https://computerspielwissenschaft en.uni-bayreuth.de/
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Latoschik, Marc Erich, leitet den Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Er arbeitet seit über 20 Jahren an neuen, multimodalen und perzeptuellen Schnittstellen für Virtual, Augmented und Mixed Reality – Webseite: https://www.hci.uniwuerzburg.de/people/marc/ Lehmann, Karsten, bei Ubisoft Blue Byte im Bereich Public Affairs, Koordinator für die Hochschulkooperationen des Entwicklungsstudios, Ansprechpartner für Branchenverbände und politische Akteure. 2000 trat er in die Gamesindustrie ein. Hier war er sowohl auf der Publishing- als auch Entwicklerseite im Marketing sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Zuvor arbeitete er in der Weiterbildungsbranche im Bereich Neue Medien. Magisterstudium Kommunikationswissenschaft, Marketing und Politikwissenschaft an der Universität GH Essen (heute Universität Duisburg-Essen). Lürig, Christoph, seit 2009 Professor für Spieleprogrammierung an der Hochschule Trier. In dieser Zeit hat er als Mitglied von Team Stendec ANGUS HATES ALIENS für das PlayStation Network mit herausgebracht. Zuvor war er zehn Jahre als Spieleprogrammierer in der Spieleindustrie tätig, davon fünf Jahre in Kanada. Er arbeitete an den Spielen AQUANOX, AQUANOX REVELATIONS, SPLINTER CELL ESSENTIALS, SPLINTER CELL CONVICTION, IRONMAN PSP und ARMY OF TWO 40TH DAy. 1999 promovierte er in Informatik mit dem Spezialgebiet Computergraphik an der FAU Erlangen-Nürnberg. Publikationen u.a. Lürig, C./Carstengerdes, N.: »Filtering Joystick Data for Shooter Design Really Matters«, in: ICEC 2011, LNCS 6972, S. 264-269, IFIP International Federation for Information Processing (2011); Birk, M.V./Lürig, C./Mandryk, R.: »A Metric for Automatically Flagging Problem Levels in Games from Prototype Walkthrough Data«, in: Academic Mindtrek (2015); Wockenfuss, F./Lürig, C.: »Introducing congestion avoidance into CUDA based crowd simulation«, in: VRIPHYS (2011), S. 101 - 110, Workshop on Virtual Reaity Interaction and Physical Simulation (2011) – Webseite: https://www.hochschule-trier.de/index.php?id=luer ig von Mammen, Sebastian, Professor für Games Engineering, leitet die Arbeitsgruppe Games Engineering am Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interkation an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Sein wissenschaft-
AUTORINNEN UND AUTOREN | 705
licher Fokus liegt auf der Modellierung und interaktiven Simulation komplexer Systeme – Webseite: https://www.uni-wuerzburg.de/lehre/aktuelles/mel dungen/single/news/prof-dr-sebastian-von-mammen-professur-fuer-gamesengineering/ Mehm, Florian, ist seit 2017 Technischer Leiter bei Limbic Entertainment und Koordinator des BMBF Verbundprojektes »ELISE« im Bereich »Erfahrbares Lernen«. 2015 war er bei Subiculum Interactive an der Entwicklung mehrerer Spieleprojekte beteiligt. Seit 2014 ist er mit einem Lehrauftrag für die Vorlesung Game Technology tätig und baute diese gemeinsam mit Robert Konrad auf. Nach der Promotion war er als Postdoc am httc e.V. tätig und leitete in dieser Zeit ein Kooperationsprojekt mit der Software AG. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt am Lehrstuhl Multimedia Kommunikation im Bereich Serious Games tätig. Er studierte Informatik an der TU Darmstadt und wechselte nach erfolgreichem Abschluss an das Zentrum für Graphische Datenverarbeitung (ZGDV, Abteilung Digital Storytelling) – Webseite: http://www.mehm.net Roth, Daniel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für MenschComputer-Systeme an der Julius-Maximilias-Universität Würzburg (JMU) und promoviert im Bereich Human-Computer-Interaction zum Thema interpersonelle Synchronisation. Zuvor studierte er Medien- und Bildtechnik (M. Eng.) an der TH Köln. Rusch, Raven, Künstler, Gestalter, Musiker und Studentische Hilfskraft am Cologne Game Lab der TH Köln. Studiert dort BA Digital Games mit dem Schwerpunkt Game Arts. Abitur am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln – Webseiten: http://ravenrusch.com; https://www.artstation.com/raboffsky Schlechtweg-Dorendorf, Stefan, Professor für Computergrafik am Fachbereich Informatik und Sprachen der Hochschule Anhalt. Seine Lehrtätigkeit erstreckt sich von Computergrafik über Visualisierung bis hin zu Digitalen Spielen. Im Rahmen des Studienganges »Angewandte Informatik – Digitale Medien und Spieleentwicklung« betreut er neben seinem Berufungsgebiet den Großteil der Module, die sich direkt mit Computerspielen befassen, und ist am Fachbereich Informatik und Sprachen als Studiendekan tätig. – Nach seinem Informatikstudium an der Otto-von-Guericke-Universität Magde-
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burg arbeitete er auf den Gebieten der Computergrafik (Non-Photorealistic Rendering) und Visualisierung und promovierte 1999 ebenfalls an der Ottovon-Guericke-Universität Magdeburg. Er ist Mitautor des Buches »NonPhotorealistic Computer Graphics. Modeling, Rendering and Animation« (zus. mit Thomas Strothotte, San Francisco: Morgan Kaufman 2002). 2007 Habilitation über »Informationsdarstellung mit Bildern«. Er arbeitet an mehreren Projekten, die u.a. auch Ansätze von Serious Games in virtuellen Ausbildungsszenarien untersuchen – Webseite: http://www2.inf.hs-anhalt.de/fa chbereich/personal/profs/schlechtweg/ Schwingeler, Stephan, Professor für Medienwissenschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim in Hildesheim. Zuvor Professor für Game Design an der Media Akademie – Hochschule Stuttgart. Kuratorische Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZKM und u.a. Kurator der Dauerausstellung »ZKM_Gameplay«. Zuvor kuratorischer Assistent am ZKM und Leiter des GameLab der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe im Fachbereich Medienkunst. Beiratsmitglied sowie wiss. Berater der Next Level Conference. Promotion in Kunstgeschichte über Kunst mit Computerspielen, ausgezeichnet mit dem Förderpreis für den wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität Trier. Forschungsschwerpunkte: Game Studies, Medien- und Kunsttheorie, Bildwissenschaft, Kunst und Computerspiele, Material- und Bildästhetik des Computerspiels. Publikationen u.a.: Kunstwerk Computerspiel – Digitale Spiele als künstlerisches Material (Bielefeld: transcript 2014); I Am Error – Störungen des Computerspiels (Hg., zus. mit Benjamin Beil, Philipp Bojahr, Thomas Hensel, Markus Rautzenberg, Andreas Wolfsteiner, Siegen: universi 2012); »The Ludic Society – Zur Relevanz des Computerspiels«, in: Kritische Berichte, 2/2009 (Hg., zus. mit Ulrike Gehring, Marburg: Jonas Verlag 2009); Die Raummaschine – Raum und Perspektive im Computerspiel (Boizenburg: vwh 2008) – Webseite: https://www.hawk.de/de/hochschule/organisation-und-personen/personenverzeichnis/stephan-schwingeler Walk, Wolfgang, selbständiger Produzent, Narrativer Designer und Dozent. Nach einer Karriere als Student vieler Fächer und Manager einer Diskothek machte er Mitte der 90er Jahre sein Hobby, Computer Games, zum Beruf und begann bei Blue Byte als Storydesigner und Projektmanager. Seither hat er an mehr als 25 Spielen (u.a. DIE SIEDLER, SCHLEICHFAHRT, INCUBATION,
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THE VOID, IN BETWEEN) mitgewirkt. Gelegentliche Veröffentlichungen auch theoretischer Natur: Design, Dynamics, Experience (DDE): An Advancement of the MDA Framework for Game Design, Heidelberg: Springer 2017; The Ethical Avatar, Bielefeld, erscheint 27.10.2018), Ethics as a Game Mechanism, Bielefeld, erscheint 27.10.2018. Seit Ende 2016 ist er außerdem regelmäßiger Beiträger zu Deutschlands größtem Games-Podcast »The Pod«. Wiemker, Markus, Professor für Game Design und Studiengangsleiter an der media Akademie – Hochschule Stuttgart (mAHS). Zuvor war er von 2013 bis 2016 Professor für Game Design an der Hochschule Macromedia, University of Applied Sciences in Stuttgart und leitete dort das Holistic Game Lab. Er studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie mit Schwerpunkt Medien- und Kulturwissenschaften an der RWTH Aachen, unterrichtete Game Design und Game Studies an Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland, Österreich, Belgien und Singapur und entwickelte Game-Design-Curricula für Institutionen in Europa, Südostasien und Westafrika. Neben seiner Arbeit als Interactive Storyteller und Game Designer zählen zu seinen aktuellen Forschungsinteressen die (digitale) Gamifizierung, die Bedeutung von Spielzeug für das Game Design und die Entwicklung von analogen, hybriden und Live-Action-Spielen (insbesondere die Konzeption von Escape-Räumen). Publikation u.a. »Das Bildungspotential von Computerspielen aus medienkultureller Perspektive: Die Thesen der Participatory Culture und ihre empirische Evidenz« (zusammen mit Jeffrey Wimmer) in: Wolfgang Zielinski/Sandra Aßmann/Kai Kaspar/Peter Moormann (Hg.), Spielend lernen! Computerspiele(n) in Schule und Unterricht, München: kopaed 2017; »Spiel und Spielen«, (zusammen mit Jeffrey Wimmer) in: Andreas Hepp, Friedrich Krotz, Swantje Lingenberg, Jeffrey Wimmer Hg., Handbuch Cultural Studies und Medienanalyse (Wiesbaden: Springer VS 2015), S. 247-255 – Webseite: http://www.wiemker.org Wilhelm, Dominik, Professor für Medieninformatik / Angewandte Spielkonzepte / Applied Games in den Studiengängen »Medien- und Spielekonzeption (M.A.)« und »Medieninformatik (B.Sc.)« der Hochschule Harz. Dozent für Game Design und Creative Content Design im Bereich »Medieninformatik & Interaktives Entertainment« der Hochschule Mittweida. Gastdozent der Japanese Videogames Research Initiative der Universität Leipzig. Mitglied des Programmkomitees der International Conference on the Foun-
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dations of Digital Games. Consultant im Bereich Game Design / UI / UX für Game-Studios und Digital-Media Firmen wie u.a. BlueByte, NanaOn-Sha Co.. Vormals Lead UI Designer in Suda 51s Studio Grasshopper Manufacture Inc., Tokio. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Game Design & Development, Game Elements, Applied Games, Interaktive Medien, Userund Player-Experience-Design, Playful Interaction. Experimentelle Games wie die Reihe VIRTUAL BOREDOM (2004) sowie Online- und Konsolenspiele für u.a. Electronic Arts, Ubisoft, Bandai Namco Games, wie u.a NO MORE HEROES 2: DESPERATE STRUGGLE (2010), SHADOWS OF THE DAMNED (2011), GUILD 01: KAIHO SHOJO (2012), LOLLIPOP CHAINSAW (2012), KILLER IS DEAD (2013), MIGHT & MAGIC HEROES ONLINE (2014) – Webseiten: https://www.hs-harz.de/dwilhelm/zur-person/; www.antimation.org
Medienwissenschaft Susan Leigh Star
Grenzobjekte und Medienforschung (hg. von Sebastian Gießmann und Nadine Taha) 2017, 536 S., kart. 29,99 € (DE), 978-3-8376-3126-5 E-Book kostenlos erhältlich als Open-Access-Publikation PDF: ISBN 978-3-8394-3126-9 EPUB: ISBN 978-3-7328-3126-5
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Im Bann der Plattformen Die nächste Runde der Netzkritik (übersetzt aus dem Englischen von Andreas Kallfelz) 2017, 268 S., kart. 24,99 € (DE), 978-3-8376-3368-9 E-Book PDF: 21,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3368-3 EPUB: 21,99 € (DE), ISBN 978-3-7328-3368-9
Gundolf S. Freyermuth
Games | Game Design | Game Studies Eine Einführung 2015, 280 S., kart. 17,99 € (DE), 978-3-8376-2982-8 E-Book: 15,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-2982-2
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Medienwissenschaft Ricarda Drüeke, Elisabeth Klaus, Martina Thiele, Julia Elena Goldmann (Hg.)
Kommunikationswissenschaftliche Gender Studies Zur Aktualität kritischer Gesellschaftsanalyse April 2018, 308 S., kart. 29,99 € (DE), 978-3-8376-3837-0 E-Book: 26,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3837-4
Ramón Reichert, Annika Richterich, Pablo Abend, Mathias Fuchs, Karin Wenz (eds.)
Digital Culture & Society (DCS) Vol. 3, Issue 2/2017 – Mobile Digital Practices January 2018, 272 p., pb. 29,99 € (DE), 978-3-8376-3821-9 E-Book: 29,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3821-3
Gesellschaft für Medienwissenschaft (Hg.)
Zeitschrift für Medienwissenschaft 17 Jg. 9, Heft 2/2017: Psychische Apparate 2017, 216 S., kart., zahlr. z.T. farb. Abb. 24,99 € (DE), 978-3-8376-4083-0 E-Book kostenlos erhältlich als Open-Access-Publikation PDF: ISBN 978-3-8394-4083-4 EPUB: ISBN 978-3-7328-4083-0
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