Privat-staatliche Regelungsstrukturen im frühen Industrie- und Sozialstaat 9783110379709, 9783110379693

In private-public regulatory structures, decisions are made collectively, with each side possessing consultative rights

208 68 1MB

German Pages 223 [224] Year 2016

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Table of contents :
Vorwort der Herausgeber
Vorwort des Verfassers
Inhalt
Abkürzungen und Kurzbezeichnungen
Teil 1: Einführung
1 Überblick zur Forschungsgeschichte
1.1 Bemerkungen zum Forschungsgegenstand
1.2 Ältere Forschungstraditionen
1.3 Neuere konzeptionelle Ansätze
2 Überblick zur Rechtsentwicklung
2.1 Unmittelbare Vorgeschichte und Ausgangslage (Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Reformzeit)
2.1.1 Stimmungslagen
2.1.2 Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements
2.1.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen
2.2 Lange Inkubationsphase (Vormärz bis zu den 1870er Jahren)
2.2.1 Stimmungslagen
2.2.2 Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements
2.2.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen
2.3 Herausbildung des Interventionsstaates (Mitte der 1870er Jahre bis 1914)
2.3.1 Stimmungslagen
2.3.2 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements
2.3.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen
2.4 Kriegszeit (1914–1918)
2.4.1 Stimmungslagen
2.4.2 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements
2.4.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen
2.5 Nachkriegsaufbruch und Krise
2.5.1 Stimmungslagen
2.5.2 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements
2.5.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen
2.6 Systematisierende Schlussüberlegungen
2.6.1 Zeitabschnitte und Zäsuren
2.6.2 Aktionsfelder
2.6.3 Organisatorische Spielarten
2.6.4 Rechtliche Durchdringung
Teil 2: Quellen, Editionen, Hilfsmittel
3 Quellen und Quelleneditionen
3.1 Allgemeines
3.1.1 Beobachtungsperspektiven und Quellenauswahl
3.1.2 Rechtswissenschaftliche Quellen
3.2 Rechtsnormative Quellen
3.2.1 Allgemeines
3.2.2 Sektorübergreifende Quellenbestände
3.2.3 Bereichsspezifische Quellenbestände
4 Hilfsmittel
4.1 Bibliographien
4.1.1 Allgemeine Bibliographien
4.1.2 Bibliographien für spezielle Sachbereiche
4.2 Andere Hilfsmittel
4.2.1 Moderne Synthesen und Handbücher
4.2.2 Zeitgenössische Handbücher und Wörterbücher
Teil 3: Probleme und Perspektiven der Forschung
5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung
5.1 Übergreifende Forschungsfelder
5.2 Einzelne Rechtsgebiete
6 Forschungsperspektiven
6.1 Offene Forschungsfelder
6.2 Theoretisch-analytische Ansätze
7 Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen
7.1 Untersuchungszwecke und Untersuchungsrichtungen
7.2 Untersuchungsfelder
7.2.1 Thematische und disziplinäre Einordnungen
7.2.2 Ausgewählte Untersuchungsfelder
Teil 4: Bibliographie und Verzeichnisse
Bibliographie
Sachregister
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Privat-staatliche Regelungsstrukturen im frühen Industrie- und Sozialstaat
 9783110379709, 9783110379693

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Peter Collin Privat-staatliche Regelungsstrukturen im frühen Industrie- und Sozialstaat

methodica – Einführungen in die rechtshistorische Forschung

| Herausgegeben von Thomas Duve, Caspar Ehlers und Christoph H. F. Meyer

Band 2

Peter Collin

Privat-staatliche Regelungsstrukturen im frühen Industrieund Sozialstaat |

ISBN 978-3-11-037969-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-037970-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-039669-0 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Titelbild: Einweihung der Möhnetalsperre. Die Festteilnehmer auf der Mauer, 1913 (Fotoarchiv Ruhrverband) Satz: le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort der Herausgeber Einführungen in die Rechtsgeschichte und ihre Teilbereiche gibt es einige. Sie sind nicht selten mit Blick auf Vorlesungen verfasst. Ihre Aufgabe ist es, Ergebnisse der For­ schung zusammenzufassen. Sie versuchen, ein Gesamtbild zu zeichnen und müssen dazu notwendigerweise auf Vertiefung verzichten. Nur selten können sie praktische Hinweise geben, über Hilfsmittel informieren oder Anleitungen zum Umgang mit konkreten Quellen bieten. Die Reihe methodica – Einführungen in die rechtshistori­ sche Forschung hat ein anderes Ziel. Sie richtet sich gerade an diejenigen, die auf der Grundlage des Forschungsstandes selbst als Studierende, als Lehrende oder als Forschende weiterarbeiten möchten. Sie versucht deswegen erst gar nicht, das Univer­ sum der Rechtsgeschichte vollständig abzubilden. Vielmehr werden Schlaglichter auf unterschiedlich dimensionierte Forschungsfelder geworfen. Einige Bände widmen sich langen Zeiträumen und historischen Großregionen, andere stellen spezifische Themen in den Mittelpunkt oder beschränken sich bewusst auf einen Moment in der Geschichte. Der Zuschnitt folgt der Logik der Forschungspraxis. Die Bände sind verfasst von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in dieser Praxis stehen. Gemeinsam ist allen Bänden das Ziel, in einen bestimmten Bereich einzuführen und grundlegende Informationen über Quellen, Hilfsmittel, Forschungstraditionen und wichtige Literatur zu geben. Diesem Ziel dient auch der einheitliche Aufbau: Auf die Einleitung und einen historiographischen Überblick folgen eine Einführung in Quellen und Hilfsmittel, in Methoden und wichtige Forschungsfragen sowie eine ausführliche Bibliographie. Die Reihe antwortet damit auf ein nach unserem Eindruck steigendes Bedürfnis nach solchen praktischen Anleitungen, denn das Interesse an der Rechtsgeschichte ist in den letzten beiden Jahrzehnten enorm gestiegen. In der allgemeinen Geschichts­ wissenschaft ist die Bedeutung des Rechts als eines gesellschaftlichen Teilsystems und Sinnproduzenten wieder stärker anerkannt, Sozial- und Kulturwissenschaften sind zunehmend interessiert an unterschiedlichen Formen von Normativität, an Re­ gelungskollektiven und den von diesen produzierten Regelungsregimen. Theologie, Philosophie, Religionswissenschaften und Anthropologie fragen nach der Geschich­ te normativer Systeme und ihrem Verhältnis zum (staatlichen) Recht. Auch in der Rechtswissenschaft selbst wird eine historische Perspektive als Erkenntnismittel ge­ nutzt. Weitab der klassischen Bezugsfelder rechtshistorischer Forschung etwa im Privatrecht integriert heute eine steigende Zahl der kreativsten Rechtswissenschaft­ lerinnen und Rechtswissenschaftler historische Perspektiven in ihre Analysen. Die grundlegenden Transformationen, denen sich unsere Gesellschaften und ihr Recht mit der Globalisierung und Digitalisierung ausgesetzt sehen, haben sicherlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Rechtsgeschichte erfährt daher immer mehr

VI | Vorwort der Herausgeber

Interesse aus unterschiedlichen Fachtraditionen und nicht zuletzt aus Regionen, mit denen die deutsche Rechtsgeschichtswissenschaft bislang nur wenig Austausch hatte: Asien, die islamischen Welten, Nord- und Südamerika. Diese internationale und inter­ disziplinäre Aufmerksamkeit hat angesichts einer institutionell schwächeren Präsenz der Rechtsgeschichte an den juristischen Fakultäten im deutschsprachigen Raum aber auch dazu geführt, dass ein großer Bedarf an methodischen Einführungen zur Rechtsgeschichte besteht, der bislang nicht angemessen befriedigt wurde. Wichtige Forschungstraditionen gerade der deutschsprachigen Rechtsgeschichte bleiben häu­ fig unberücksichtigt. In dieser Situation schien uns eine Reihe wie die hier begonnene besonders wichtig. Die Idee zu methodica ist im Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte entstanden, viele Bände werden von Mitarbeiterinnen und Mitar­ beitern des Instituts verfasst. Wir hoffen, dass sie dabei helfen, die faszinierenden Geschichten des Rechts besser zu verstehen und fortzuschreiben. Thomas Duve – Caspar Ehlers – Christoph H.F. Meyer April 2016 Frankfurt am Main

Vorwort des Verfassers Dieses Buch befasst sich mit der Herausbildung und Entwicklung privat-staatlicher Regelungsstrukturen in Deutschland im 19. und frühen 20. Jahrhundert; die Darstel­ lung endet mit dem Ende der Weimarer Republik. Mit privat-staatlichen Regelungs­ strukturen sind Rechtskomplexe gemeint, die private und staatliche Handlungs- und Entscheidungsbeiträge miteinander kombinieren. Derartiges lässt sich etwa beob­ achten, wenn private Vereine technische Normen erlassen, wenn Unternehmen in Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung zusammengefasst werden, wenn pri­ vate Wohlfahrtsorganisationen Aufgaben der Sozialfürsorge wahrnehmen, aber auch, wenn der Staat private Akteure – oft Repräsentanten bestimmter Gruppen – in seine Entscheidungsprozesse einbezieht. Veranschaulichen vermag dies das Foto auf dem Cover: Man sieht Repräsentanten des Ruhrtalsperrenvereins bei der Eröffnung der Möhnetalsperre (der seinerzeit größten Talsperre Europas) im Jahr 1913. Im gleichen Jahr wurde der Ruhrtalsperrenverein – ursprünglich eine freiwillige privatrechtliche Vereinigung – in einer öffentlich-rechtliche Zwangskörperschaft umgewandelt. Die Aufgaben, nämlich die Bewirtschaftung der Wasserressourcen der Ruhr und die damit verbundene Koordinierung öffentlicher und privater Interessen, hatten sich kaum geändert, das Regulierungsregime war jedoch ein anderes geworden. Man betritt also ein Gebiet, das sich weder allein dem Zivilrecht noch dem öf­ fentlichen Recht zuordnen lässt; vielmehr greifen hier oft zivilrechtliche und öffent­ lich-rechtliche Instrumente in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen ineinander. Es handelt sich um eine Zone, in der sich private Gestaltung und die Ausübung von Hoheitsmacht begegneten und in der sich Organisationskomplexe und Prozeduren der Bewältigung öffentlicher Aufgaben herausbildeten, die unser Gemeinwesen bis heute prägen, die aber nur teilweise von den Suchscheinwerfern der traditionellen rechtsgeschichtlichen Forschung erfasst wurden, weil sich diese doch stark an der traditionellen Fächerteilung in öffentliches und Privatrecht orientierte – ungeach­ tet dessen, dass die vorliegende Abhandlung sich in vielerlei Hinsicht auf die dort erzielten Forschungsergebnisse stützen kann. Das vorliegende Werk will den Leser mit Grundlinien der Entwicklung vertraut machen und ihn zugleich zu weiterer Forschung anregen. An diesen Zielen orientiert sich der Plan des Buches. Zunächst wird ein umfassender Überblick über die Ge­ schichte privat-staatlicher Regelungsstrukturen geboten. Er soll den zeitgenössischen Stimmungshintergrund veranschaulichen, die Genese bestimmter Rechtsinstitute und rechtlicher Gestaltungsmuster verdeutlichen und zeigen, wie sie in der Rechts­ wissenschaft vorbereitet und/oder verarbeitet wurden. Dem folgen Hinweise auf Quellenbestände, die unmittelbar einschlägiges Normenmaterial enthalten oder über die sich der politische, ökonomische oder soziale Kontext erschließen lässt, sowie

VIII | Vorwort des Verfassers

auf bibliographische Hilfsmittel, die den Einstieg in die einschlägige moderne und zeitgenössische Literatur erleichtern. Es schließen sich Ausführungen an, die dem Leser einen Eindruck von der Breite und damit verbundenen Ausdifferenziertheit des Forschungsgebietes vermitteln sollen: Zu diesem Zweck werden einzelne Themen­ felder der gegenwärtigen Forschung vorgestellt, die sich entweder über bestimmte theoretisch-konzeptionelle Ansätze definieren oder in denen das Phänomen im Rah­ men hergebrachter rechtsgeschichtlicher Subdisziplinen untersucht wird. Anschlie­ ßend wird versucht, den Anregungsgehalt für die Untersuchung privat-staatlicher Regelungsstrukturen auszuloten, der von eher in gegenwartsbezogener Perspektive entwickelten Forschungsansätzen ausgeht. Dem folgen Überlegungen zu Ansätzen und Möglichkeiten des internationalen Vergleichs. Eine Bibliographie beschließt diesen Band. Sabine Rudischhauser, Erk Volkmar Heyen, Joachim Rückert und Wilfried Rudloff haben sich der Mühe unterzogen, das Manuskript zu lesen, und zahlreiche wertvolle Hinweise beigesteuert. Dank gebührt auch meinen studentischen Mitarbeitern Johan­ nes Heymann und Elke Hartmann sowie Simon Groth für Recherche und Textdurch­ sicht. Schließlich bietet diese Publikation auch die Gelegenheit für einen herzlichen Dank an Michael Stolleis. Sein Verständnis von Rechtsgeschichte hat den Autor maß­ geblich geprägt und durch seine Forschungen hat er wesentliche Grundlagen für eine rechtshistorische Darstellung privat-staatlicher Regelungsstrukturen geschaffen. Peter Collin April 2016

Inhalt Vorwort der Herausgeber | V Vorwort des Verfassers | VII Abkürzungen und Kurzbezeichnungen | XI

Teil 1: Einführung 1 1.1 1.2 1.3

Überblick zur Forschungsgeschichte | 3 Bemerkungen zum Forschungsgegenstand | 3 Ältere Forschungstraditionen | 4 Neuere konzeptionelle Ansätze | 5

2 2.1

Überblick zur Rechtsentwicklung | 8 Unmittelbare Vorgeschichte und Ausgangslage (Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Reformzeit) | 10 Stimmungslagen | 10 Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements | 11 Rechtswissenschaftliche Reflexionen | 15 Lange Inkubationsphase (Vormärz bis zu den 1870er Jahren) | 16 Stimmungslagen | 16 Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements | 20 Rechtswissenschaftliche Reflexionen | 31 Herausbildung des Interventionsstaates (Mitte der 1870er Jahre bis 1914) | 38 Stimmungslagen | 38 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements | 42 Rechtswissenschaftliche Reflexionen | 58 Kriegszeit (1914–1918) | 66 Stimmungslagen | 66 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements | 67 Rechtswissenschaftliche Reflexionen | 76 Nachkriegsaufbruch und Krise | 80 Stimmungslagen | 80 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements | 83 Rechtswissenschaftliche Reflexionen | 93 Systematisierende Schlussüberlegungen | 100 Zeitabschnitte und Zäsuren | 100 Aktionsfelder | 102 Organisatorische Spielarten | 103 Rechtliche Durchdringung | 105

2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4

X | Inhalt

Teil 2: Quellen, Editionen, Hilfsmittel 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

Quellen und Quelleneditionen | 109 Allgemeines | 109 Beobachtungsperspektiven und Quellenauswahl | 109 Rechtswissenschaftliche Quellen | 110 Rechtsnormative Quellen | 113 Allgemeines | 113 Sektorübergreifende Quellenbestände | 114 Bereichsspezifische Quellenbestände | 120

4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2

Hilfsmittel | 125 Bibliographien | 125 Allgemeine Bibliographien | 125 Bibliographien für spezielle Sachbereiche | 127 Andere Hilfsmittel | 127 Moderne Synthesen und Handbücher | 127 Zeitgenössische Handbücher und Wörterbücher | 129

Teil 3: Probleme und Perspektiven der Forschung 5 5.1 5.2

Themenfelder gegenwärtiger Forschung | 133 Übergreifende Forschungsfelder | 133 Einzelne Rechtsgebiete | 136

6 6.1 6.2

Forschungsperspektiven | 145 Offene Forschungsfelder | 145 Theoretisch-analytische Ansätze | 146

7 7.1 7.2 7.2.1 7.2.2

Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen | 153 Untersuchungszwecke und Untersuchungsrichtungen | 153 Untersuchungsfelder | 156 Thematische und disziplinäre Einordnungen | 156 Ausgewählte Untersuchungsfelder | 159

Teil 4: Bibliographie und Verzeichnisse Bibliographie | 165 Sachregister | 206

Abkürzungen und Kurzbezeichnungen AB Kohlenwirtschaftsgesetz 1919

Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Regelung der Kohlenwirtschaft vom 21. August 1919 (RGBl. S. 1449)

Aktiengesetz 1843

Gesetz über Aktiengesellschaften vom 29. November 1843 (PrGS S. 341)

Aktienrechtsnovelle 1870

Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 11. Juni 1870 (BGBl. des Norddeutschen Bundes S. 375)

Aktienrechtsnovelle 1884

Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 18. Juli 1884 (RGBl. S. 123)

ALR

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794

ArbGG 1926

Arbeitsgerichtsgesetz vom 23. Dezember 1926 (RGBl. I S. 507)

Arbeitskammerverordnung 1919

Verordnung über die Errichtung von Arbeitskammern im Berg­ bau vom 8. Februar 1919 (RGBl. S. 202)

Ärztekammerverordnung 1897

Verordnung, betreffend die Errichtung einer ärztlichen Stan­ desvertretung, vom 25. Mai 1887 (PrGS S. 169)

Ausführungsbestimmungen zum Berliner Abkommen 1914

Ausführungsbestimmungen zum Berliner Abkommen (be­ schlossen am 10. Februar 1914) (abgedr. in: Ärztliche Mittei­ lungen 1914, S. 163–166)

Badisches Ortsstraßengesetz 1868

Ortsstraßengesetz vom 20. Februar 1868 (Badisches Regie­ rungsblatt S. 286)

Berliner Abkommen 1913

Abkommen zwischen den Organisationen der Ärzte und der Krankenkassen, betreffend das Verhältnis zwischen Ärzten und Krankenkassen, vom 23. Dezember 1913, Beilage Nr. 5 des Ministerialblatts der Handels- und Gewerbeverwaltung 1914, S. 85 ff.

Börsengesetz 1896

Börsengesetz vom 22. Juni 1896 (RGBl. S. 157)

Börsengesetz 1908

Börsengesetz in der Fassung des Gesetzes vom 8. Mai 1908 (RGBl. S. 183)

DDP

Deutsche Demokratische Partei

DV Kaliwirtschaft 1919

Vorschriften zur Durchführung des Gesetzes über die Rege­ lung der Kaliwirtschaft vom 18. Juli 1919 (RGBl. S. 663)

Ehrengerichtsgesetz 1899

Gesetz, betreffend die ärztlichen Ehrengerichte, das Umlage­ recht und die Kassen der Aerzte-kammern, vom 25. November 1899 (PrGS S. 565)

Eisenbahngesetz 1838

Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. Novem­ ber 1838 (PrGS S. 505)

XII | Abkürzungen und Kurzbezeichnungen

Eisenbahnpreiserhöhungsverordnung 1920

Verordnung über die schiedsgerichtliche Erhöhung von Be­ förderungspreisen der Eisenbahnen, Kleinbahnen (Lokal­ bahnen usw.), Straßenbahnen und Anschlußbahnen vom 21. Februar 1920 (RGBl. S. 255)

Eisenwirtschaftsverordnung 1920

Verordnung zur Regelung der Eisenwirtschaft vom 1. April 1920 (RGBl. S. 435)

Elstergenossenschaftsgesetz 1928

Gesetz, betreffend die Schwarze Elster, vom 28. April 1928 (PrGS S. 11)

Emschergesetz 1904

Gesetz, betreffend die Bildung einer Genossenschaft zur Regelung der Vorflut und zu Abwasserreinigung im Emscher­ gebiete, vom 14. Juli 1904 (PrGS S. 175)

Ermächtigungsgesetz über wirtschaftliche Maßnahmen 1914

Gesetz über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaft­ lichen Maßnahmen und über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts vom 4. August 1914 (RGBl. S. 327)

EVBl.

Eisenbahn-Verordnungsblatt

Fluchtliniengesetz 1875

Gesetz, betreffend die Anlegung und Veränderung von Stra­ ßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften, vom 2. Juli 1875 (PrGS S. 561)

Futtermittelgesetz 1926

Futtermittelgesetz vom 22. Dezember 1926 (RGBl. I S. 525)

GGO II 1924

Gemeinsame Geschäftsordnung der Reichsministerien. Be­ sonderer Teil [GGO II], herausgegeben vom Reichsministeri­ um des Innern, 2. Aufl., Berlin 1929

Gewerbeordnung 1845

Allgemeine Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 (PrGS S. 41)

Gewerbeordnung 1869

Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (BGBl. des Norddeutschen Bundes S. 245)

GewO i. d. F. von 1897

Gewerbeordnung i. d. F. des Gesetzes vom 26. Juli 1897 (RGBl. S. 663)

GmbH-Gesetz 1892

Gesetz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haf­ tung, vom 20. April 1892 (RGBl. S. 477)

GVG 1877

Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 (RGBl. S. 41)

HGB 1897

Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 (RGBl. S. 219)

Hilfsdienstgesetz 1916

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezem­ ber 1916 (RGBl. S. 307)

Hilfskassengesetz 1876

Gesetz über die eingeschriebenen Hilfskassen vom 7. April 1876 (RGBl. S. 125)

HMBl.

Ministerial-Blatt der Handels- und Gewerbeverwaltung

HRG

Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von Albrecht Cordes u. a., 2. Aufl., Berlin 2008 ff.

JMBl.

Justiz-Ministerialblatt für die preußische Gesetzgebung und Rechtspflege

Kaliwirtschaftsgesetz 1919

Gesetz über die Regelung der Kaliwirtschaft vom 24. April 1919 (RGBl. S. 413)

Abkürzungen und Kurzbezeichnungen |

XIII

Kleinbahngesetz 1892

Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 (PrGS S. 225)

Kohlenwirtschaftsgesetz 1919

Gesetz über die Regelung der Kohlenwirtschaft vom 23. März 1919 (RGBl. S. 342), geändert durch Gesetz vom 20. August 1919 (RGBl. S. 1447)

Krankenkassenverordnung 1923

Verordnung über Ärzte und Krankenkassen vom 30. Oktober 1923 (RGBl. I S. 1051)

Krankenversicherungsgesetz 1883

Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, vom 15. Juni 1883 (RGBl. S. 73)

Kriegsvereinfachungsgesetz 1918

Kriegsgesetz zur Vereinfachung der Verwaltung vom 13. Mai 1918 (PrGS. S. 53)

MBlIV

Ministerial-Blatt für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich-Preußischen Staaten

MSPD

Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands

Norddeutsches Genossenschaftsgesetz 1868

Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbsund Wirthschaftsgenossenschaften, vom 4. Juli 1868 (BGBl. des Norddeutschen Bundes S. 415)

Novum Corpus Constitutionum (NCC)

Novum Corpus Constitutionum Prussico-Brandenburgensium Praecipue Marchiarum, Oder Neue Sammlung Königl. Preuß. und Churfürstl. Brandenburgischer, sonderlich in der Churund Marck Brandenburg, Wie auch anderen Provintzien, pu­ blicirten und ergangenen Ordnungen, Edicten, Mandaten, Rescripten . . . Vom Anfang des Jahrs 1751 und zu folgenden Zeiten . . . [Samuel von Coccejus] [Hrsg.] – Zu Berlin und aus­ wärtigen Orten zu bekommen, bey den Factoren der Königl. Preußischen Academie der Wis-senschaften, 1753–1822

Preußisches Genossenschaftsgesetz 1867

Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Er­ werbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, vom 27. März 1867 (PrGS S. 501)

PrGS

Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten

Rechtsanwaltsordnung 1878

Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (RGBl. S. 177)

Reichsbörsengesetz 1896

Reichsbörsengesetz vom 22. Juli 1896 (RGBl. S. 157)

Reichsfürsorgeverordnung 1924

Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 100)

Reichsgenossenschaftsgesetz 1889

Gesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossen­ schaften, vom 1. Mai 1889 (RGBl. S. 55)

Reichskaligesetz 1910

Gesetz über den Abbau von Kalisalzen vom 25. Mai 1910 (RGBl. S. 775)

Reichsvereinsgesetz 1908

Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908 (RGBl. S. 151)

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RJWG 1922

Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922 (RGBl. I S. 633)

Ruhrtalsperrengesetz 1913

Ruhrtalsperrengesetz vom 5. Juni 1913 (PrGS S. 317)

XIV | Abkürzungen und Kurzbezeichnungen

RVO 1911

Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 (RGBl. S. 509)

RVO 1924

Reichsversicherungsordnung in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 1924 (RGBl. I S. 779)

Sicherstellungsbekanntmachung 1915

Bekanntmachung über die Sicherstellung von Kriegsbedarf vom 24. Juni 1915 (RGBl. S. 357)

Städteordnung 1808

Ordnung für sämmtliche Städte der Preußischen Monarchie vom 19. November 1808 (PrGS 1806–1810 S. 324)

Unfallversicherungsgesetz 1884

Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884 (RGBl. S. 69)

Unterstützungskassengesetz 1854

Gesetz, betreffend die gewerblichen Unterstützungskassen, vom 3. April 1854 (PrGS S. 138)

Unterstützungswohnsitzgesetz 1842

Gesetz über die Verpflichtung zur Armenpflege vom 31. Dezember 1842 (PrGS 1843 S. 8)

Unterstützungswohnsitzgesetz 1870

Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 (Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes S. 360)

Vereinsverordnung 1850

Verordnung über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Vereins- und Versammlungsrechtes vom 11. März 1850 (PrGS S. 277)

Vierte Notverordnung 1931

Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Frie­ dens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 699)

Wassergesetz 1913

Wassergesetz vom 7. April 1913 (PrGS S. 53)

Wassergenossenschaftsgesetz 1879

Gesetz, betreffend die Bildung von Wassergenossenschaf­ ten, vom 1. April 1879 (PrGS S. 297)

Wasserstraßenbauratsverordnung 1907

Verordnung, betreffend die Einsetzung von Wasserbau­ straßenräten für die staatliche Wasserbauverwaltung vom 25. Februar 1907 (PrGS S. 31)

Wettbewerbsabkommen 1932

Abkommen auf dem Gebiet des Wettbewerbs vom Januar 1932, abgedruckt in: Jahrbuch des Deutschen Sparkassenund Giroverbandes 1931/32, S. 175 ff.

WRV

Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (RGBl. S. 1383)

Wuppergesetz 1930

Wuppergesetz vom 8. Januar 1930 (PrGS S. 5)

Württembergisches Ausführungsgesetz (1870) zum Un­ terstützungswohnsitzgesetz 1873

Gesetz zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 über den Unterstützungswohnsitz vom 17. April 1873 (Würt­ tembergisches Regierungsblatt S. 109)

Zentralgenossenschaftsverordnung 1932

Verordnung des Reichspräsidenten über die Deutsche Zen­ tralgenossenschaftskasse und das genossenschaftliche Re­ visionswesen vom 21. Oktober 1932 (RGBl. I S. 503)

ZPO

Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83)

| Teil 1: Einführung

1 Überblick zur Forschungsgeschichte 1.1 Bemerkungen zum Forschungsgegenstand In die Rechtswissenschaft wurde der Begriff der „Regelungsstruktur“ vor allem von Trute (1996; 1999) eingeführt. Er bezeichnet für be­ stimmte Aufgabenfelder geschaffene institutionelle Arrangements von Organisationen, Verfahren, Formen und materiellen Vorgaben. Damit ist er besser geeignet, die Komplexität der Akteursbeziehun­ gen und deren rechtliche Prägung zu erfassen als herkömmliche staatszentrierte Rechtsinstitutionen des Verwaltungsrechts. Vor al­ lem lassen sich hiermit auch die vielfältigen Formen privat-staatli­ cher Koordination einfangen. Gerade von jener Wissenschaftsrich­ tung des öffentlichen Rechts, die an einer sozialwissenschaftlich inspirierten systematischen Erfassung solcher Phänomene interes­ siert ist, wurde er deshalb auch rezipiert (Schuppert 2000, 412 f.). Es handelt sich also nicht um einen rechtsdogmatischen Begriff, mit dem sich bestimmte juristische Konsequenzen verbinden lassen, sondern um einen rechtswissenschaftlichen Beschreibungsbegriff. Das macht ihn aber auch gut geeignet für eine rechtshistorische Ver­ wendung. Denn anders als in der Gegenwart, in der privat-staatliche Koordination schon zu einem Gutteil rechtsdogmatisch-begrifflich konturiert ist, fehlte es im 19. und frühen 20. Jahrhundert in star­ kem Maße an Rechtsinstituten und Rechtsbegriffen, die solche Re­ lationen erfassten. Die seinerzeitige Verwaltungsrechtswissenschaft konzentrierte sich auf die durch hoheitliche Verfügung handeln­ de Eingriffsverwaltung; das zeitgenössische Souveränitätsverständ­ nis konnte sich mit kooperativen Formen des Verwaltungshandelns noch nicht so recht anfreunden. Das bedeutet nicht, dass privatstaatliche Koordination im rechtsfreien Raum stattfand. Aber sie lässt sich in einem traditionellen rechtsgeschichtlichen Verständnis, das sich auf die Entwicklung einzelner Rechtsfiguren konzentriert, nicht hinreichend beschreiben. In vielerlei Hinsicht bilden privatstaatliche Regelungsstrukturen daher noch ein rechtshistorisches Desiderat.

Definition „Regelungsstruktur“

Regelungsstruk­ tur als rechts­ historischer Beschreibungs­ begriff

4 | Teil 1 Einführung

1.2 Ältere Forschungstraditionen Traditionelle Fokussierungen der Rechtsge­ schichte

Blinde Flecken der Rechtswis­ senschaft

Daher fällt es auch nicht leicht, für einen derartigen Gegenstand einen Überblick zur Forschungsgeschichte zu bieten. Denn ein ei­ genständiges Untersuchungsfeld hat sich noch nicht konstituiert. Dies hat zum einen mit thematischen Ordnungstraditionen zu tun, zum anderen mit von geschichtspolitischen Erwägungen nicht frei­ en Darstellungsabsichten und Erzählplots. Denn thematisch war universitäre Rechtsgeschichte erstens lange Zeit klassische Privat­ rechtsgeschichte und zweitens eine Rechtgeschichte, die die Mo­ derne größtenteils ausklammerte (Stolleis 1985). Erst ab den 1980er Jahren öffnete sie sich stärker nichtzivilrechtlichen Themenfeldern und der neueren Zeit. Aber auch dort, wo sie einen weiteren Fokus aufwies, dominierte eine bestimmte Erzählrichtung. Die deutsche Rechtsgeschichtsschreibung, die sich nach 1945 mit dem 19. Jahr­ hundert und mit dem 20. Jahrhundert bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung befasste, war vor allem eine Geschichte der Durch­ setzung des Rechtsstaatsgedankens und bürgerlicher Freiheit. Dafür gab und gibt es gute Gründe, vor allem nach dem Bruch von 1933, und weil diese Tendenzen – ungeachtet vieler Einschränkungen, die sich anführen ließen – ja tatsächlich ein prägender Zug jener Zeit wa­ ren. Aber gefördert wurde dadurch auch das Denken in Bewertungsund Beschreibungscodes wie staatlich/gesellschaftlich, rechtsstaat­ lich/nichtrechtsstaatlich, liberal/illiberal oder eben privatrechtlich/ öffentlich-rechtlich. Damit bewegte sich die Rechtsgeschichte auch in bestimmten Traditionslinien der Rechtswissenschaft. Schon 1929 stellte der Rechtswissenschaftler Friedrich Glum (1929a, 68 f.) fest, „daß die Theorie entweder die zwischen Staat und Individuen stehenden Gemeinschaften übersieht oder ihre staatsrechtliche Erfassung als eine unjuristische ablehnt, allerhöchstens als metajuristische zuläßt oder in allen abweichenden Theorien Gefahren für die Staatsautori­ tät erblickt. Demgegenüber zeigt die Entwicklung des öffentlichen Lebens, daß die Theorie hinter den Tatsachen erheblich zurückge­ blieben ist, daß überall in der politischen Sphäre neben und im Staat öffentliche Angelegenheiten, die vom Standpunkt einer staatsabso­ lutistischen oder zentralistischen Betrachtung aus Angelegenheiten des Staates sind, von anderen Gemeinschaften betrieben und orga­ nisiert werden und daß der Staat selber vielfach diese Entwicklung begünstigt.“

1 Überblick zur Forschungsgeschichte |

Freilich ist das eine recht vereinfachende Darstellung. Schon früh gab es eine wache Aufmerksamkeit des öffentlichen Rechts für Gestaltungsarrangements, die auch private Gestaltungsanteile einschlossen, teilweise auch inspiriert durch entsprechende rechts­ politische Auseinandersetzungen. Eher auf einer staatstheoretischen Ebene angesiedelt waren die Debatten über die Akzeptanz privaten Verbandseinflusses, die auch zu historischen Betrachtungen die­ ses Phänomens anregten (Kaiser 1956). Mit der Diskussion über die Handlungsrechtsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages, vor al­ lem über dessen Zulässigkeit, verbanden sich auch Analysen von dessen Genese (Bullinger 1962, 168 ff.); weitere rechtshistorische Un­ tersuchungen folgten allerdings erst in einem größeren zeitlichen Abstand (Pakeerut 2000; Dewitz 2004; Abegg 2010; Fichte 2010). Die gestiegene Aufmerksamkeit für die stark von privaten Verbänden beeinflusste technische Normsetzung veranlasste auch zu dahin­ gehenden rechtshistorischen Reflexionen (Marburger 1979, 179 ff.). Und jene öffentlich-rechtlichen Organisationsrechtsformen, die als Selbstverwaltungseinrichtungen die Initiative und Kompetenz ge­ sellschaftlicher Akteure integrierten (Gemeinden, Kammern), genos­ sen ohnehin rechtshistorische Beachtung (Bieback 1976; Hendler 1984).

Frühe Ansätze

1.3 Neuere konzeptionelle Ansätze Genuin neue rechtshistorische Perspektiven eröffneten sich aller­ dings erst ab den späten 1970er Jahren. Wirtschaftliche Selbstnor­ mierung avancierte zu einem rechtshistorischen Untersuchungs­ feld (Pohlhausen 1978; Lammel 1987); überhaupt begann sich die Wirtschaftsrechtsgeschichte als eigenständige Forschungsrichtung zu etablieren (Coing 1975; Horn/Kocka Hg. 1979; Coing Hg. 1991; Scherner/Willoweit 1982; Nörr 1988; Nörr 1994; Rittner 1991). Der Blick auf die interventionsstaatliche Wende ab Mitte der 1870er Jahre lenkte die Aufmerksamkeit auf jene verwaltungsrechtlichen Son­ dergebiete, die diesen Prozess maßgeblich mitprägten, wie z. B. das Sozialrecht (Stolleis 2003), sowie auf Sektoren, in denen es keine strikte Trennung zwischen öffentlich-rechtlich und privatrechtlich mehr gab bzw. beide Gebiete als „wechselseitige Auffangordnungen“ (Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann Hg. 1996) fungierten (Stolleis 1989; 1996). Ab den 1990er Jahren stimulierten zusätzlich Diskussio­

Neue rechts­ historische Perspektiven ab den 1970er Jahren

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6 | Teil 1 Einführung

Verstärkte Auf­ merksamkeit ab den 1990er Jahren

nen zum geltenden Recht die rechtshistorische Debatte. Derartige Impulse gingen hauptsächlich von der verwaltungsrechtlichen Re­ formbewegung aus, die vor allem kooperative Handlungsformen der Verwaltung und die Übernahme öffentlicher Aufgaben durch Private stärker in das Blickfeld rückte und rechtlich zu konturieren suchte (siehe nur Schuppert 2000). Später entwickelte sich in Reak­ tion auf die organisatorische Privatisierung von Kommunikationsund Verkehrsinfrastrukturen das Regulierungsrecht (Fehling/Ruffert Hg. 2010). Begleitet wurde dies von empirischen Befunden der be­ grenzten Steuerungskraft des staatlichen Rechts (Bohne 1981) bzw. dahingehenden theoretischen Ansätzen (Teubner 1984). In der rechtsgeschichtlichen Forschung machte sich dies ab Ende der 1990er Jahre verstärkt bemerkbar. Zum einen erfuhr das Wirtschaftsrecht eine stärkere rechtshistorische Aufmerksamkeit, wobei man sich teilweise auch von modernen Fragestellungen leiten ließ (Schmoeckel 2008; Gschwend/de Mortanges Hg. 2009; Maetsch­ ke/v. Mayenburg/Schmoeckel Hg. 2013; Schorkopf u. a. Hg. 2013). Zum anderen begann man mit analytischen Kategorien zu operieren, die aus den gegenwartsbezogenen Diskursen stammten. Dies konnte eher mit Rückgriff auf die Schlüsselbegriffe der verwaltungsrecht­ lichen Debatte (vom Feld 2007, 232 ff.; Collin 2011a; Collin 2011b), in Orientierung an systemtheoretischen Zugängen (Bender 2005; 2006) oder unter Bezugnahme auf die Fragestellungen der Regulie­ rungsdiskussion (Schorkopf u. a. Hg. 2013) (näher S. 135) geschehen. Auf jeden Fall führte dies dazu, dass privat-staatlichen Koordinati­ onsformen eine stärkere rechtshistorische Aufmerksamkeit zukam. Teilweise schon in den 1990er Jahren (Teubner 1996; Hg. 1997), in allgemein sichtbarer Weise aber erst seit der Jahrtausendwende, wurde auch die Debatte um den Rechtspluralismus von den Schein­ werferkegeln der Rechtsgeschichte erfasst (Duve 2012; Duve 2013), womit ebenfalls ein wichtiger Aspekt des hier behandelten Themas betroffen ist, nämlich das Nebeneinander und die Verflechtung ver­ schiedener (staatlicher und nichtstaatlicher) „Regelungskollektive“ (Gunnar Folke Schuppert). Die hiervon ausgehenden Forschungsim­ pulse werden an späterer Stelle näher behandelt (s. S. 147 f.). Will man für die Forschungsgeschichte also ein Fazit ziehen, so muss man zunächst sagen, dass es sich dabei um eine recht kurze handelt. Eine dezidierte Hinwendung zu dem uns hier interessieren­ den Thema hat erst in der jüngeren Zeit eingesetzt, sieht man von einzelnen Handlungs- oder Organisationsformen ab, wie z. B. dem

1 Überblick zur Forschungsgeschichte |

öffentlich-rechtlichen Vertrag oder der öffentlich-rechtlichen Körper­ schaft. Die Hinwendung zu bisher vernachlässigten Rechtsmaterien, vor allem außerhalb der klassischen Kerngebiete des öffentlichen Rechts, aber auch des Privatrechts, sowie die Konzentration auf bestimmte Perioden prägende rechtsstrukturelle Umbrüche (Indus­ trielle Revolution, Erster Weltkrieg) führten die rechtshistorische Bedeutung privat-staatlicher Regelungsstrukturen vor Augen und bereiteten den Boden für weitere Forschung. Schließlich stimulierten ab den 1990er Jahren rechtspolitische Reformdebatten und neuere rechtstheoretische Entwürfe die rechtshistorische Forschung, indem sie die Entwicklung neuer Fragestellungen sowie die Verwendung neuer Begrifflichkeiten und Typologien anregten.

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2 Überblick zur Rechtsentwicklung

„Beginn“ des Industrie- und Sozialstaats

Entwicklungs­ phasen

Zunächst einige notwendige Vorbemerkungen: Die titelgebende Pe­ riodisierungsangabe „früher Industrie- und Sozialstaat“ markiert erstens einen zeitlichen Rahmen. Zweitens benennt sie die wesent­ lichen Herausforderungen für das Recht und umreißt das Thema dadurch auch inhaltlich. Beides ist erläuterungsbedürftig. Was die zeitliche Eingrenzung betrifft, so lässt sich mit einiger Sicherheit nur der Beginn des deutschen „Sozialstaats“ bestimmen. Die Einführung der Krankenversicherung 1883, der bald darauf auch Unfall- und Rentenversicherung folgten, würde hier am Anfang ste­ hen. Wie noch auszuführen sein wird, ist aber auch dieses Datum etwas problematisch. Noch weitaus schwieriger ist allerdings die Frage zu beantworten, ab wann man in Deutschland von einem „In­ dustriestaat“ sprechen kann. Folgt man der neueren Forschung, lässt sich das nicht mehr an ein bestimmtes Datum oder einen bestimmten engeren Zeitabschnitt koppeln. Vielmehr muss von mehreren Indus­ trialisierungsphasen oder -schüben gesprochen werden, die vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu dessen Ende jeweils bestimm­ te Sektoren erfassten (Ziegler 2009; Liedtke 2012, 60; Abelshauser 2006) und zudem von einer stufenweise ablaufenden, die industriel­ le Revolution begleitenden „institutionellen Revolution“ (Wischer­ mann/Nieberding 2004), also von Veränderungen der Spielregeln wirtschaftlichen Handelns (North 1988, 1992), begleitet waren. Um zu erklären, wie sich rechtliche Steuerungs- und Selbststeue­ rungsregime im „frühen Industrie- und Sozialstaat“ herausbildeten, empfiehlt es sich daher eher, von verschiedenen Entwicklungspha­ sen auszugehen. Die Zeit des Staatsinterventionismus ab den 1870er Jahren steht dabei sicherlich im Mittelpunkt. Denn in jener Zeit hat­ te sich Deutschland zu einem führenden Industriestaat entwickelt und komplexe sozialstaatliche Strukturen hervorgebracht. Jedoch wurden wesentliche Grundlagen schon in der Zeit davor, vor al­ lem seit Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen. Mit den damaligen Antworten auf die wirtschaftsstrukturellen und sozialpolitischen Herausforderungen, die die Frühindustrialisierung der ersten Jahr­ hunderthälfte und der ökonomische take off ab der Jahrhundertmitte (Siemann 1990, 95 ff.) mit sich brachten, wurden wichtige Vorent­ scheidungen getroffen, die die „staatsinterventionistische Wende“ der 1870er/1880er Jahre mit prägten. Der folgende Überblick wählt

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

also einen weiten zeitlichen Zugriff und gliedert die Darstellung wie folgt: – Unmittelbare Vorgeschichte und Ausgangslage (Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Reformzeit) – Lange Inkubationsphase (Vormärz bis zu den 1870er Jahren) – Herausbildung des Interventionsstaates (1870er Jahre bis 1914) – Kriegszeit (1914 bis 1918) – Nachkriegsaufbruch und Krise (1918 bis 1933) Schließlich ist noch eine Vorbemerkung zur Darstellungsbreite erfor­ derlich. Wörtlich verstanden könnte sich ein „Überblick zur Rechts­ entwicklung“, wie der Titel dieses Kapitels lautet, auf die Schilde­ rung der Genese einzelner rechtsnormativer Regelungsformen be­ schränken. Da sich das Werk aber auch und vor allem an Leser wen­ det, die noch keine vertieften historischen Kenntnisse besitzen, wird die Darstellung ausgeweitet. Das heißt im Einzelnen: An den Anfang gestellt werden Ausführungen zu den zeitgenössischen „Stimmungs­ lagen“. Dies soll es dem Leser ermöglichen, den Zusammenhang der Rechtsentwicklung mit den politischen und ökonomischen Denk­ strömungen der betreffenden Zeit zu erfassen. Dem schließt sich der Teil „Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements“ an. Diese Titelgebung wirkt etwas unentschlossen, trägt aber der Tatsache Rechnung, dass die Entwicklung rechtlich konturierter Regelungsstrukturen größtenteils aus in der Praxis entstandenen Kräfteverhältnissen und Gestaltungsarrangements erwuchs. Der an­ schließende Darstellungsteil „Rechtswissenschaftliche Reflexionen“ soll den Anteil der Rechtswissenschaft an der Rechtsentwicklung verdeutlichen. Manchmal beschränkte sich die Jurisprudenz auf das Beobachten und Ordnen des durch Gesetzgebung und gesellschaft­ liche Selbstregulierung Geschaffenen, zuweilen nahm sie dahinge­ hende Regelungsphänomene auch gar nicht oder nur oberflächlich wahr. Manchmal trieb sie die Entwicklung durch eigene Konzeptio­ nen voran. Die Ausführungen sollen die variierende Rolle der Wis­ senschaft und damit das sich verändernde Wechselspiel zwischen Wissenschaft und Praxis erkennbar machen.

Darstellungs­ umfang und Aufbau der Darstellung

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10 | Teil 1 Einführung

2.1 Unmittelbare Vorgeschichte und Ausgangslage (Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Reformzeit) 2.1.1 Stimmungslagen Die Jahrhun­ dertwende als Umbruchzeit

Interventions­ offener öko­ nomischer Liberalismus

Als sich das 18. Jahrhundert seinem Ende zuneigte, befanden sich die Verhältnisse in Deutschland in Gärung. Schon vor dem mar­ kanten Datum 1789 hatte sich in Europa der Aufbruch in eine neue Gesellschaft angekündigt und wichtige Voraussetzungen – geistige wie materielle – waren bereits geschaffen worden, bevor im Gefol­ ge der französischen Ereignisse auch in den deutschen Territori­ en grundlegende Umwälzungen stattfanden. Für die hier verfolgte Fragestellung nach der Herausbildung neuartiger rechtlicher Ge­ staltungsstrukturen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durchaus widersprüchliche Ten­ denzen ineinandergriffen. Dies betrifft auf einer ersten Ebene die geistige Situation jener Zeit. Zum einen beherrschte das Postulat des „Absolutismus“ weiterhin die politische Theorie – wohlgemerkt nur ein Postulat, denn als historischer Beschreibungsbegriff für die durch übergeordnete Gemeinwohlanforderungen und ständische Rücksichten eingehegte Fürstenherrschaft eignet sich dieses Wort nur eingeschränkt (Wrede 2005). Aber für einen umfassenden staat­ lichen Gestaltungsanspruch mit dem monarchischen Befehl als Zen­ trum mag es dennoch herhalten. Zum anderen drängten neue frei­ heitliche Impulse auf eine Limitierung staatlicher Regelungsmacht. Wie diese – jedenfalls auf den ersten Blick – widerstreitenden Kon­ zeptionen interagierten, soll für den Bereich der Wirtschaft gezeigt werden. Die in Deutschland – jedenfalls in den wichtigsten Staaten Preu­ ßen und Österreich – herrschende ökonomische Theorie des Kame­ ralismus ging von der Notwendigkeit der umfassenden Program­ mierung der wirtschaftlichen Prozesse durch den monarchischen Staat aus (Simon 2004, 462 f., 533 ff.). Sukzessive abgelöst wurde sie seit den 1790er Jahren von der an Adam Smith orientierten Na­ tionalökonomie (Winkel 1986; Waszek Hg. 1988), die mit großer Emphase das Individuum und seine Bedürfnisse als konzeptionel­ len Ausgangspunkt proklamierte (Tribes 1988, 149). Doch waren die frühen deutschen Nationalökonomen auch bereit, zahlreiche Ausnahmetatbestände für ein Eingreifen des Staates in die Wirt­ schaftskreisläufe zu akzeptieren (Collin 2009) und insofern zu einem

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

Gutteil innerhalb der kameralistischen Tradition zu bleiben (Priddat 1998, 183). Dies gilt es zunächst als Ausgangspunkt festzuhalten: Trotz des wirtschaftsliberalen Impetus, der die Aufbruchszeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts prägte, konnte sich eine ökonomische Theorie, die lediglich vom Individuum ausging, nicht durchsetzen (Dipper 1995, 164). Das hieß aber auch, dass das ökonomische Den­ ken ungeachtet der seit Beginn des 19. Jahrhunderts theoretisch postulierten Trennung von „Staat“ und „Gesellschaft“ (Schönberger 1997, 81 f.) offene Flanken für Regelungsstrukturen bot, in denen „Staatswirtschaft“ und Privatwirtschaft interagierten. Das bedeutete allerdings nicht, dass man bereit war, die Gestal­ tungsanteile auf beide Seiten gleichmäßig zu verteilen. Nichtstaatli­ che kollektive Akteure, die Selbstregulierungsbefugnisse oder Kore­ gulierungsbefugnisse für sich in Anspruch nahmen, konnten nicht unbedingt auf Sympathie stoßen. Die Forderung nach individueller wirtschaftlicher Freiheit ging nicht einher mit dem Zugeständnis privater Regelungsmacht, soweit diese in die Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten hineinreichen sollte. Hierin manifestierte sich eine lange Tradition des Misstrauens gegenüber wirtschaftlichen Macht­ zusammenballungen, insbesondere gegenüber zu Monopolbildun­ gen neigenden Zünften – dies traf sich auch mit bei Smith sichtbaren wirtschaftsliberalen Aversionen gegen kollektive wirtschaftliche Ak­ teure, die das Prinzip des fairen Wettbewerbs unterliefen (Becker 1969, 70 f.). Zweitens muss auf den ausgesprochen etatistischen Zug der deutschen liberalen Strömungen des späten 18. Jahrhunderts hingewiesen werden: Die Herstellung wirtschaftlicher Freiheit war letztlich eine staatliche Veranstaltung. Das staatliche Regelungsmo­ nopol wurde nicht in Frage gestellt. Es war sogar dringend notwen­ dig, um hergebrachte Privilegien zu beseitigen und so ständische Verkrustungen aufzubrechen. Die noch im 18. Jahrhundert anzu­ treffende Ansicht, auch societas mit imperium auszustatten (Simon 2009, 348), wurde zunehmend weniger vertreten. Wirtschaftliche Freiheit sollte eben gerade nicht Freiheit sein, die in die Gestaltung politischer Angelegenheiten hineinreichte (Dipper 1995, 169 ff.).

2.1.2 Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements Doch wie gestaltete sich die Praxis? So schwer es ist, verallgemei­ nernde Aussagen für den gesamten deutschen Raum zu treffen, so

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Primat staatli­ cher Regulie­ rung

Nebeneinander von Staatswirt­ schaft, korpora­ tiver und freier Wirtschaft

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Oktroisystem

Erodierende Zunftverfassung

kann man doch konstatieren, dass sich eine kapitalistische Wirt­ schaftsordnung noch nicht herausgebildet hatte – soweit man da­ für die folgenden Kriterien anlegt: 1. autonome Wirtschaftsakteure, 2. Selbstkoordination der Marktteilnehmer durch freie Vereinbarun­ gen und 3. Selbstkontrolle der Anbieter durch Wettbewerb (Volckart 2002). Sicher ist dabei nach Räumen und Sektoren zu differenzieren. Man kann sagen, dass eine Mixtur aus Staatswirtschaft, korporativer und freier Wirtschaft herrschte, deren einzelne Bestandteile sich unterschiedlich verteilten. Während sich in einigen Bereichen des nichtzünftigen Gewerbes, insbesondere in Preußen und Österreich, Ansätze einer Staatswirtschaft herausbildeten (Blaich 1973, 174 f.; Koselleck 1981, 117; Gömmel 1998, 62), herrschte in anderen Teilen Deutschlands und in anderen wirtschaftlichen Bereichen ein rela­ tiv freies Unternehmertum (Boch 2004, 3; Sokoll 2007, 291). Private Initiative war nicht durchgängig von der Erteilung herrschaftlicher Privilegien abhängig. Insbesondere seit den 1780er Jahren lässt sich beobachten, dass das Fabrikgewerbe in weiten Bereichen konzessi­ ons- bzw. privilegienfrei gestellt war (Willoweit 1982, 93 ff.; Mohn­ haupt 2006, 755). Ohnehin ist zu berücksichtigen, dass das Privile­ gienwesen zwar zunehmend in der Kritik stand (Klippel 1981, 328; Schwennicke 1993, 242 f.; Mohnhaupt 1995, 119), jedoch nicht allein in seiner restriktiven Dimension gesehen werden darf: Soweit Privi­ legien vorhandene Wirtschaftsstrukturen (insbesondere vor Konkur­ renz) schützten, wurden sie auch in Teilen der Unternehmerschaft begrüßt (Boch 1991, 98 ff.). Weite Teile der Wirtschaft waren korporativ verfasst. Für Einzel­ unternehmen galt der Zwang, sich selbst als Korporation zu organi­ sieren, wenn sie sich auf Aktienkapital gründen und als rechtsfähi­ ge Person auftreten wollten. Die Verleihung eines entsprechenden Status erfolgte für den Einzelfall auf der Grundlage eines herrschaft­ lichen Privilegs (Oktroisystem), der Geschäftsbetrieb unterlag – je­ denfalls dem Anspruch nach – staatlicher Kontrolle. Maßgeblich hierfür war das staatliche Misstrauen gegenüber wirtschaftlichen Konglomeraten, welche ihre Befugnis zur Verwaltung großer Ver­ mögen missbrauchen oder sich zu Monopolen auswachsen konnten (Großfeld 1968, 115 ff.). Kollektiv wurden Einzelunternehmer vor allem in Zünften zu­ sammengefasst. Allerdings handelte es sich bei Zünften nicht um weitgehend autonome Akteure. Schon die mittelalterlichen Zünfte waren nur in den seltensten Fällen vollständig autonom; zumeist

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

beruhte ihre Existenz auf Satzungen, die entweder von der territo­ rialen oder kommunalen Obrigkeit allein oder im Einvernehmen mit den Zunftgenossen erlassen worden waren (Hof 1983, 68 ff.; Peitsch 1985, 18). Seit der Reichshandwerksordnung von 1731 und im Gefol­ ge der darauf ergehenden einzelstaatlichen Maßnahmen wurde die noch vorhandene Autonomie der Zünfte weiter erheblich beschnit­ ten. Territorial und sektoral unterschieden sich die Beschränkungen nach Ausmaß und Intensität – Preußen ging am strengsten vor –, ins­ gesamt aber lassen sich folgende Restriktionen feststellen: Satzungs­ änderungen waren nur nach obrigkeitlicher Genehmigung gültig; die Jurisdiktionsbefugnisse wurden auf Bagatellsachen beschränkt; die Zünfte waren für neue Bewerber zu öffnen; Preisabsprachen waren untersagt (Schloßstein 1982, 42 ff.; Ziekow 1992, 273 ff.). Mit der Zurückdrängung der Macht der Zünfte und der Herausbildung nicht zünftig organisierter Wirtschaftssektoren war die korporati­ ve Wirtschaftsverfassung Ende des 18. Jahrhunderts somit schon weitgehend geschwächt (Steindl 1981, 85). Intermediäre Kräfte waren auch im sozialpolitischen Bereich zurückgedrängt worden, ohne dass sie allerdings völlig herausge­ drängt waren. Die Kirchen verloren ihre beherrschende Stellung als Träger der Armenhilfe und anderer sozialer Leistungen (Doege 1991, 148 f.; Gömmel 1991, 98), auch wenn dies in den protestantischen stärker als in den katholischen Territorien der Fall war (Brinkschulte 2006, 13). Auch vor dem Hintergrund aufklärerischer Impulse wurde die Sorge um die Armen zur Staatsaufgabe erhoben (Stolleis 2003, 23 f.). Allerdings bedeutete das weder, dass von nun an staatliche Behörden hierfür die Erfüllungsverantwortung übernahmen, noch dass eine ausreichende staatliche Finanzierung bereitgestellt wurde. Die Armenhilfe war auch dort, wo die staatliche Verantwortung im Gesetz verankert wurde (§§ 1, 6 II 19 ALR), hochgradig subsidiär orga­ nisiert. Nur wenn Familien, Zünfte und andere Korporationen sowie die Gutsherrschaften und Gemeinden und schließlich ständische Landarmenverbände nicht zur Hilfe in der Lage waren, trat der Staat in die Verantwortung ein (Koselleck 1981, 131). Daneben engagierten sich privat organisierte Stiftungen sowie Sparkassen, die vereinzelt vom Staat, meist aber von den Kommunen initiiert worden waren (Malchus 1838: IX); die noch vorhandenen korporativen Struktu­ ren, wie Kaufmannsgilden oder Handwerkerzünfte, verfügten über Sterbe-, Kranken- oder Invaliditäts-, teilweise auch Witwenkassen (Reidegeld 1996, 156). Ebenso wie private Stiftungen standen die­

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Akteure der Sozialfürsorge

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Vereinswesen

Kommunen

se Einrichtungen jedoch – da Armenhilfe eine staatliche Aufgabe war – zu einem Gutteil unter (freilich unterschiedlich intensiver) staatlicher Oberaufsicht (Pennitz 2003, 284). Auch diejenigen Personenvereinigungen, die nicht unmittel­ bar in wirtschaftliche Zusammenhänge oder in die soziale Fürsorge involviert waren, bewegten sich nicht im staatsfreien Raum. Auf lokaler Ebene hatte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Vielzahl von Vereinen gegründet. Zum Erscheinungsbild jeder etwas größeren Stadt gehörten typischerweise eine Freimaurerlo­ ge, eine Lesegesellschaft, eine „patriotische“ oder „ökonomische“ Gesellschaft und daneben eher informelle Geselligkeits- und Mildtä­ tigkeitsvereine (Gierl 2011, 47). Von Interesse sind insbesondere die „patriotischen“ oder „ökonomischen“ Gesellschaften, da ihr Engage­ ment in den Bereich der öffentlichen Angelegenheiten hineinspielte. Mit der Initiierung von Bildungsanstalten und anderen gemeinnüt­ zigen Einrichtungen sowie der Vermittlung von Wissen über techni­ sche und wirtschaftliche Innovationen waren sie maßgeblicher Trä­ ger von Modernisierungsimpulsen. Allerdings geschah dies nicht in Distanz oder gar Opposition zum Staat. Inhaltlich bewegten sie sich im Gleichklang mit kameralistischen Modernisierungskonzeptionen (Hardtwig 1997, 287). Ein großer Anteil der Mitglieder entstammte der administrativen Elite. Da diese Vereinigungen sorgfältig dar­ auf bedacht waren, nicht in staatliche oder verbliebene korporative Zuständigkeitsbereiche einzugreifen, entstanden auch keine Kom­ petenzkonflikte; von der Obrigkeit wurden diese Vereine nicht nur genehmigt, sondern sogar gefördert (Bödeker 2012). Unter staatlichem Regelungsvorbehalt standen schließlich auch die Kommunen. Übereinstimmend lautet der Befund, dass die städ­ tischen und ländlichen Gemeinwesen seit dem Ende des Spätmit­ telalters und mit der Festigung der Territorialherrschaft empfind­ liche Autonomieverluste erleiden mussten. Vielerorts bestimmten im 18. Jahrhundert staatliche Kommissare einen Gutteil der städ­ tischen Geschäfte. Auch wenn administrative Ingerenzen immer noch erhebliche Freiräume ließen und sich der staatliche Zugriff nicht überall in gleicher Intensität vollzog (in Brandenburg-Preu­ ßen beispielsweise waren die Kommunen ihm stärker ausgesetzt als im deutschen Südwesten) (Heinrich 1981; Speck 1997, 18 ff.), so hatte sich doch überall der Primat territorialstaatlicher Regulierung durchgesetzt. Allerdings verstärkten sich seit dem letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts die Widerstände sowohl gegen die staatliche

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

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Bevormundung als auch gegen die internen oligarchischen Verkrus­ tungen der lokalen Gemeinwesen (Press 1987, 54 f.; Gall 1996, 64). Über all dies hinweg waren die Kommunen der Ort, an dem amtliche Autorität und außerstaatliche Interessen zusammentrafen. Dies war in anderen Bereichen der Verwaltung nur begrenzt der Fall. Dort wo amtliche Deputationen oder Kollegien nichtbeamtetete Perso­ nen aufnahmen, wie z. B. bei den Kommerzialbehörden (Will 2010, 249 ff.) oder den Medizinaldeputationen, ging es eher um die Bei­ ziehung nichtstaatlichen Sachverstandes als um die Koordinierung von Interessen.

2.1.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen Dieser kurze Blick auf die Praxis vermittelt den Eindruck eines um­ fassenden staatlichen Gestaltungsanspruchs, der allerdings nicht voll eingelöst werden konnte; gerade auf lokaler Ebene war Herr­ schaft auf Aushandlungsprozesse angewiesen (Reinhard 2005). Und in vielen Bereichen kam private Initiative zur Geltung, die jedoch nur über eine schwache rechtliche Armierung verfügte; das ältere genossenschaftliche korporative Verbandswesen litt unter „Auszeh­ rung“ (Willoweit 1978, 12 f.). Dieser Befund spiegelt sich auch im Recht jener Zeit – wobei hier nicht auf einzelne Regelungen, son­ dern auf die herrschenden grundlegenden juristischen Konstruk­ tionen abgestellt wird. Die begriffliche Erfassung nichtstaatlicher kollektiver Akteure gestaltete sich nicht einheitlich. Umschrieben wurden sie mit Termini wie „universitas“, „societas“, „corporatio“, „collegium“, „communitas“, „Gemeinde“ (im weiten Sinne) etc., wobei die Zuordnungs- und Abgrenzungskriterien nicht immer hin­ reichend klar waren (Usadel 1984, 19 ff.; Hardtwig 1997, 367 f.). Schon auf römisch-rechtliches Gedankengut zurückgehend, herrschte der Grundsatz, dass die Bildung von Vereinigungen, die sich auf kol­ lektive Willensbildung gründeten, der staatlichen Genehmigung bedurfte (Hardtwig 1997, 360; Hunziker 1998, 411). Rechtlich selb­ ständige Verbände erkannte man im 18. Jahrhundert sehr wohl an, stellte sie aber, was die Gründung und auch ihre weiteren Aktivitäten betraf, unter staatlichen Gestaltungsvorbehalt. Hierbei allerdings verfuhr die Naturrechtslehre teilweise weitaus großzügiger als die stärker am geltenden Recht orientierte und deshalb „etatistische­ re“ Staatsrechtslehre (Bieback 1976, 34 ff.; Usadel 1984, 166 ff., 173).

Theoretische Erfassung nicht­ staatlicher kollektiver Akteure

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Dabei unterschied man durchaus schon zwischen öffentlichen und privaten Verbänden, aber die Unterscheidungskriterien waren eher diffus und spielten rechtlich keine große Rolle (Bieback 1976, 37 ff.; Hardtwig 1997, 362); rechtskonstruktiv ausbuchstabiert wurde die Differenz zwischen privaten und öffentlichen Verbänden erst im 19. Jahrhundert (Wieacker 1988, 314; Bär 2003, 236).

2.2 Lange Inkubationsphase (Vormärz bis zu den 1870er Jahren) 2.2.1 Stimmungslagen Neue Denkströmungen

Liberalismus

Zu Beginn des Vormärz – gemeint ist hier der Vormärz im „weiten Sinne“, also die Zeit ab 1815 – waren die alten Strukturen des Anci­ en Régime zerschlagen oder doch so geschwächt worden, dass von ihnen keine wesentlichen gestalterischen Impulse mehr ausgehen konnten. Was die Herausbildung neuer Strukturen betraf, lassen sich die Jahrzehnte bis zum Beginn des letzten Jahrhundertdrittels als Zeit des Wandels bezeichnen, allerdings eines Wandels, der eindeuti­ ge Richtungen lange nicht erkennen ließ. Die Unbeständigkeit jenes Veränderungsprozesses verstärkte sich zudem noch durch die Zäsur der Revolution von 1848/49, welche im Ergebnis sowohl liberalen als auch konservativen und sozialistischen Tendenzen Auftrieb ver­ lieh. Mit diesen Richtungsbezeichnungen sind die zeitgenössischen politischen Denkströmungen allerdings nur unzureichend erfasst. Gerade im Hinblick darauf, wie sich staatliche Regelungsansprüche und nichtstaatliche Gestaltungsambitionen zueinander verhalten sollten, sind innere Zerrissenheiten, jedenfalls Verschiedenheiten einerseits und partielle, zumindest temporäre Übereinstimmungen andererseits, zu verzeichnen. Der Liberalismus manifestierte sich gerade in seiner Anfangs­ phase als Phänomen, welches regional ganz unterschiedliche Aus­ prägungen aufwies, verkürzt gesagt als eher etatistisch orientierter Beamtenliberalismus im preußischen Osten, als Liberalismus der wirtschaftlichen Eliten im Rheinland und als Liberalismus des mitt­ leren, auch die Handwerkerschichten erfassenden Bürgertums im deutschen Südwesten (Vogel 1988; Boch 1999, 1; Nolte 1994, 153). In ihren wirtschaftlichen und politischen Konzeptionen unterschieden sich diese „Liberalismen“ beträchtlich. Setzte der Beamtenliberalis­

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mus zwar einerseits auf Entfesselung der Wirtschaft, andererseits aber auch auf eine starke staatliche Verantwortlichkeit, orientierte sich die südwestdeutsche Ausrichtung eher an dezentralen Struktu­ ren, an Assoziationen und Gemeinden, wobei auch hier die Akzep­ tanz staatlicher Eingriffe unterschiedlich ausfallen konnte (Fenske 2002, 256). In der rheinischen Variante schließlich konnten Bekennt­ nisse zur Gewerbefreiheit durchaus mit dem Wunsch nach Aufrecht­ erhaltung alter Privilegien und – in politischer Hinsicht – mit stark exkludierenden, elitären Mitbestimmungsvorstellungen harmonie­ ren (Boch 1991, 98 ff.; Boch 1999, 12 f.). Ein strikter Wirtschaftsli­ beralismus konnte sich nie als dominante, die liberale Bewegung einigende Konzeption durchsetzen (auch wenn die Freihandelsbewe­ gung, die dem noch am nächsten kam, in der Reichsgründungszeit über beträchtlichen Einfluss verfügte) (Hentschel 1975). Zudem dürf­ te auch der Umstand, dass die Liberalen in den 1860er und frühen 1870er Jahren die Parlamente beherrschten, dazu beigetragen haben, dass die Zurückhaltung gegenüber staatsgesetzlicher Intervention nachließ (Schmidt 1985, 237). Noch weniger lässt sich der Konservatismus als homogene Rich­ tung darstellen, zumal er sich wegen seiner Abneigung gegenüber parteimäßiger Vereinigung erst relativ spät organisierte (Schult 1983, 36). Schon in der preußischen Reformzeit hatte sich eine Trennlinie zwischen einem eher bürokratisch-gouvernementalen Konservatismus – der zeitweise auch liberale Programmelemente in sich aufnehmen konnte – und einem eher ständisch-organischen Konservatismus abgezeichnet (der zeitweise allerdings auch zur herrschenden Richtung innerhalb der Bürokratie wurde) (Vogel 1983b). Vor allem letzterer bestimmte bis weit in die 1860er Jahre die Außenwahrnehmung von Konservatismus, auch weil er über eindrucksvolle intellektuelle Sprecher verfügte. Obgleich ihn als fundamentalen geistigen Ausgangspunkt das Festhalten an her­ gebrachter „Autorität“ auszeichnete, war doch die Einbindung nichtstaatlicher organisierter Akteure in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben wesentliches Strukturmerkmal seines Staatsverständ­ nisses (Nipperdey 1994, 316 f.). Die entsprechenden Trägergrup­ pen waren dabei allerdings ständisch oder aristokratisch verfasst. Derartig zugeschnittene Modelle konnten auch in stark christlich konturierten Staatsvorstellungen zur Entfaltung gebracht werden, wie dies vor allem auf protestantischer Seite der Fall war (Friedrich Julius Stahl). Die hierin zum Ausdruck kommende Wertschätzung

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Konservatismus

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Sozialismus

Nationalökonomie

intermediärer Kräfte findet sich aber ebenso in katholischen Kon­ zeptionen, wenngleich man es hierbei aufgrund der Bindung an die Papstkirche mit einer stärkeren Staatsdistanz zu tun hat (Langner 1998, 170 ff.; Sellier 1998, 30 ff.; Erli 2008, 56 ff.). Erst ab den 1860er Jahren zeichnet sich eine neue konservative Richtung ab, die dem Staat eine stärker aktivierende, vor allem sozialstaatliche Funktion zuwies und zugleich auf die Integration neuer, moderner Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation zielte. Wie sich die aufkommende Arbeiterbewegung zur Verteilung von staatlicher und nichtstaatlicher Gestaltungsmacht stellte – zu­ mindest für die Zeit, auf die man sich bis zur Erfüllung dort teil­ weise gehegter chiliastischer Erwartungen einzustellen hatte –, ist einer einheitlichen Bewertung ebenfalls nicht zugänglich. Zudem war es davon abhängig, welchem Maß an staatlicher Feindseligkeit sie jeweils ausgesetzt war. In der Zeit revolutionärer, jedenfalls re­ formatorischer Hochstimmung 1848 versprach man sich noch viel von genossenschaftlichen Strukturen mit Staatshilfe; nach dem Ein­ setzen der Reaktion war zunächst keine Rede mehr davon (Balser 1962, 87). Jedenfalls rechnete man nicht mehr mit einer Kooperation mit dem Staat, setzte dann stärker auf staatsfreie Genossenschaften, grenzte sich aber gleichzeitig vom bürgerlich-liberalen Genossen­ schaftswesen ab (Reidegeld 1996, 167). Im Tauwetter der 1860er Jahre setzte man teilweise wieder auf staatsunterstützte genossenschaftli­ che Lösungen (Ferdinand Lasalle), in weiten Teilen der Bewegung hielt sich aber die Skepsis, ob man die Lage der Arbeiter hierdurch grundlegend verändern könne (Sperling 1991, 33 ff.). Das ökonomische Denken, wie es sich in den herrschenden Theorien zeigt, vollzog im Lauf des hier behandelten Zeitabschnitts eine Abkehr von liberalen Konzepten Smithianischer Prägung, auch wenn sich diese noch bis Ende der 1860er Jahre als „herrschende Meinung“ behaupten konnten (Winkel 1979). Letzteres galt jedenfalls für die „Volkswirtschaftstheorie“. Die gleichfalls zur ökonomischen Lehre gehörende „Volkswirtschaftspflege“ bzw. „Volkswirtschaftspo­ litik“ ließ sich ohnehin eher von staatsrechtlichen Gesichtspunkten leiten, die die staatliche Verantwortung für das Gemeinwohl be­ tonten (siehe zum herrschenden Lehrbuch von Karl Heinrich Rau Priddat 1998, 185 ff.; Streissler 2005, 13, 33; Holub 2010, 88 ff.). Auch Wilhelm Roscher als Protagonist der Älteren Historischen Schule der Nationalökonomie hielt in der Sache noch an der individua­ listisch-liberalen Fundierung des Wirtschaftsdenkens fest. Schon

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andere Vertreter dieser Schule allerdings (Karl Knies, Bruno Hilde­ brand) wandten sich in grundsätzlicher Weise gegen die Doktrin von Smith und bereiteten die Wirtschaftstheorie auf eine grundsätzliche Abkehr vom Wirtschaftsliberalismus vor, wie sie sich dann in der Jüngeren Schule der Nationalökonomie voll entfalten sollte (Prid­ dat 1998, 284 ff.; Holub 2010, 194 f.). Sozialistisches Gedankengut in seinem kritisch-analytischem (nicht in seinem politisch-konzep­ tionellen) Potential wurde immer stärker auch zum Gemeingut der ökonomischen Wissenschaft (Philippovich 1908). Die seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommende Freihandelsbewegung mit ihren de­ zidiert liberalen Postulaten hingegen konnte sich trotz ihres unbe­ stritten starken Einflusses auf die öffentliche Meinung nie wirklich in der Wissenschaft etablieren; sie war eher von Politikern, Wirt­ schaftspraktikern und Journalisten getragen (Hentschel 1975, 56). Allerdings sollten die grundlegenden Unterschiede nicht verdecken, dass nicht nur durchgehend – sieht man von der Freihandelsschule ab – eine mehr oder weniger starke Interventionsoffenheit die öko­ nomische Lehre beherrschte, sondern auch eine Offenheit – und dies schließt die Freihandelsschule wieder ein – für die Integration kollektiver nichtstaatlicher Akteure in die Erfüllung gemeinwohlrele­ vanter Aufgaben (Hentschel 1975, 44, 183 f.; Schmidt 2005a, 72). Was freilich differierte, waren die Ansichten darüber, in welchem Maße diese Akteure staatlicher Steuerung unterworfen werden sollten. Was nun die Verfasstheit solcher kollektiver Akteure und ihre Positionierung zwischen Staat und „Gesellschaft“ sowie ihre Ausstat­ tung mit Handlungsmacht betraf, so prägte bis zur Jahrhundertmitte das – auch als Gegensatz verstandene – Begriffspaar „Korporation“ und „Assoziation“ die Diskussion (Müller 1965). Auch wenn die vor allem von Nipperdey (1976, insb. 179 f.) so stark betonte Entgegen­ setzung später relativiert worden ist (Langewiesche 1997, 114), so kann man doch sagen, dass die „Assoziation“, der Verein, zum Sinn­ bild freien Zusammenschlusses und bürgerlicher Selbstorganisation wurde. In ihm bündelten sich Vorstellungen gelingender kollekti­ ver Freiheit. Er galt als „das bewegende Gesellschaftsprinzip der Zeit“ (Teuteberg 1961, 7). Freilich sollte dies nicht vergessen lassen, dass umgekehrt mit der Korporation, also einem in die staatliche Verwaltungsorganisation integrierten Gebilde, nicht nur illibera­ le Konnotationen verbunden werden mussten. Auch der Zusam­ menschluss nichtstaatlicher Akteure in Korporationen konnte mit freiheitlichen, emanzipatorischen Bedeutungsgehalten verknüpft

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Das Leitbild der „Assoziation“

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werden, wie dies in der Konzeption städtischer Selbstverwaltung beim Freiherrn vom und zum Stein zum Ausdruck kam (Kühne 2010). Und auf der anderen Seite betonte man die für den Staat nützliche Funktion von Vereinen, konzipierte sie also durchaus nicht ledig­ lich als konträre Organisationsform (Collin 2014c, 196 ff.). Ab Mitte des 19. Jahrhunderts verlor die Diskussion um Assoziationen und Korporationen allerdings an Mobilisierungskraft und Leidenschaft (Tenfelde 1984, 55). Man kann von einer Versachlichung und Ver­ fachlichung der Debatte sprechen, die sich nunmehr auf konkrete Praxisfelder konzentrierte.

2.2.2 Praxis und Entwicklung von rechtlichen Arrangements

Aktiengesell­ schaften

Aufbauorganisatorische Formen Die Wirtschaftspolitik in den deutschen Staaten bewegte sich nicht auf einem gradlinigen Weg in Richtung einer marktkapitalistischen Ordnung. In einigen Territorien, wie z. B. in Sachsen, hatte man auf einen konsequenten Bruch mit dem Zunftsystem verzichtet; in Preußen, wo man zunächst einen rigorosen Umgestaltungsprozess in Gang gesetzt hatte, hielten sich teilweise noch merkantilistische Formen der Wirtschaftssteuerung. Erst nach der Jahrhundertmit­ te, gleichlaufend mit einer langandauernden (nur kurz Ende der 1850er Jahre unterbrochenen) Konjunktur, nahm eine Wirtschafts­ verfassung Gestalt an, die sich im Prinzip durch die weitgehende Abwesenheit staatlicher Intervention, das Fehlen korporativer Ein­ ordnung der Wirtschaftsakteure und deren Freiheit zu kollektiver Koordination auszeichnete. In dieser Zeit entstanden auch deren wesentliche aufbauorganisatorische Formen, vor allem in Gestalt nicht staatlich gebundener Aktiengesellschaften. Aktiengesellschaften: Mit der oben skizzierten Entwicklung kor­ respondierte auf der einen Seite der Abbau öffentlicher Bindungen von Kapitalgesellschaften. Hierfür steht die Aktiengesellschaft als die wichtigste Spielart (die Organisationsform der GmbH entstand erst durch das GmbH-Gesetz von 1892). Im preußischen ALR nicht ausdrücklich geregelt, war die Gründung einer Gesellschaft auf Akti­ en nicht zwingend von einem staatlichen Genehmigungserfordernis abhängig, auch in Vereinsform konnten Aktiengesellschaften auf­ treten (Tenfelde 1984, 59, 89). Wollten sie jedoch den Status einer Korporation erwerben, bedurfte es eines staatlichen Verleihungs­

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aktes, der nach § 25 II 6 ALR davon abhängig zu machen war, dass sich die Gesellschaft zu „einem fortdauernden gemeinnützigen Zwe­ cke“ verband. Im preußischen Aktiengesetz von 1843 war diese Vor­ aussetzung zwar nicht mehr zu finden, aber bei seiner Redaktion hatte man sich darauf geeinigt, dass zumindest Gesichtspunkte der Wirtschaftsförderung in der Konzession Berücksichtigung finden sollten (Kießling 2007b, 210 f.). Mit dieser, wenn auch dann nicht im Gesetz, sondern in administrativen Regulativen festgelegten (Söhn­ chen 2005, 135) Vorgabe und den Einwirkungsmöglichkeiten, die das Genehmigungsverfahren und die spätere Aufsicht boten, stand dem Staat an sich ein Instrumentarium zur Verfügung, mit dem sich privatwirtschaftliche Aktivitäten und wirtschaftspolitische Ziel­ setzungen verknüpfen ließen. Genutzt wurde dieses dafür aber – soweit ersichtlich – jedenfalls nicht umfassend und systematisch, der Schwerpunkt in den Genehmigungsverfahren und bei der Über­ wachung lag wohl mehr auf der Sicherung der inneren Stabilität der Aktiengesellschaft und dem Gläubigerschutz (Schubel 2011, 155 ff.). Und mit der Aktienrechtsnovelle von 1870 wurde die Aktiengesell­ schaft nahezu vollständig aus der staatlichen Überwachung ent­ lassen, das bisherige Konzessionserfordernis entfiel (Lieder 2007, 321 ff.). Ein etwas anderes Bild bietet sich allerdings beim für die Eisen­ bahnaktiengesellschaften geltenden Sonderrechtsregime – wobei angesichts dessen, dass die Eisenbahngesellschaften bis Beginn der 1870er Jahre das Gros der Aktiengesellschaften stellten, kaum von einer „Sonder“-Ordnung die Rede sein kann. Auch wenn Gesetze an­ derer deutscher Staaten, etwa das bayerische, ähnliche Regelungen enthielten, so war doch das preußische Eisenbahngesetz von 1838 maßstabsetzend. Es sah nicht nur ein umfassendes Genehmigungs­ verfahren vor, in dem staatliche Interessen, z. B. militärische, ver­ kehrspolitische und fiskalische, umfassend Berücksichtigung finden konnten (Bracht 1998, 34; Kießling 2007a, 154); umfassend geregelt durch administrative Richtlinien wurden auch die Betriebsabläufe, soweit sie öffentliche Interessen tangierten (Koch 1860, 503 f.). Mit der Schaffung von Eisenbahnkommissariaten ab 1848 wurden spe­ zielle Behörden eingesetzt, denen umfassende Aufsichtsbefugnisse zur Verfügung standen. Soweit der Staat, z. B. durch Zinsgarantien, die Rolle eines finanziellen Förderers übernahm, konnte er eigene Vertreter in die Verwaltungsorgane der privaten Bahnen entsenden, die beträchtliche Einwirkungsmöglichkeiten hatten (Then 1997, 127).

Die Sonder­ stellung der Eisenbahnaktiengesellschaften

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22 | Teil 1 Einführung

Genossenschaften

Vereine

Auf der anderen Seite wurden den Eisenbahngesellschaften hoheit­ liche Befugnisse überwiesen. So hatten sie die Aufgaben der Bahn­ polizei wahrzunehmen und waren für maßgebliche Teile der für den Eisenbahnbau erforderlichen Enteignungsverfahren verantwortlich (Schubert 1999, 175 ff.). Es bildeten sich also rechtliche Arrangements heraus, die auf der einen Seite ein staatliches Hineinregieren in pri­ vatwirtschaftliche Aktionsräume erlaubten, auf der anderen Seite den privaten Unternehmen „ein Stück Staat“ überantworteten. Aber auch hier gilt es, den Unterschied zwischen rechtlicher Konstrukti­ on und praktischer Realisierung zu beachten. Denn die mit Erlass des Eisenbahngesetzes verbundenen wettbewerbspolitischen Ziele konnten nur in sehr begrenztem Maße erreicht werden (Michalczyk 2010, 202 f.). Genossenschaften: Stattdessen drangen jetzt privatrechtliche Wirtschaftsakteure in jene Gebiete ein, die über den Bereich indi­ vidueller Privatwirtschaft hinausgriffen: Es etablierten sich neue Strukturen einzelunternehmensübergreifender Koordination und gegenseitiger Hilfe. Nach traditionellen Mustern wäre Derartiges der Zuständigkeit merkantilistischer Wirtschaftspolitik oder der Domä­ ne der, jedoch nunmehr zerschlagenen, altständischen zünftischen Gebilde zugewiesen gewesen. Mit der Bildung von Genossenschaf­ ten, die mit den alten vormodernen Genossenschaften nicht mehr viel zu tun hatten, etablierten sich nun aber ab den 1850er Jahren im subindustriellen Bereich neue Organisationsformen (Hermann Schultze-Delitzsch, Friedrich Wilhelm Raiffeisen) (Müller 1976, 36 ff.; Hardtwig 1984, 49 f.). Diese waren bewusst staatsfrei organisiert und erfuhren in dieser Ausrichtung – mit dem preußischen Genossen­ schaftsgesetz von 1867, dem norddeutschen von 1868 und schließlich dem Reichsgenossenschaftsgesetz von 1889 – auch eine gesetzliche Anerkennung und statusmäßige Absicherung (Schubert 1988). Vereine: Die Genossenschaften hatten sich vor ihrer Anerken­ nung in den genannten Gesetzen als Vereine organisiert. Insgesamt bildete das Vereinswesen in der hier behandelten Zeit das organisa­ torische Fundament für die gesellschaftliche Wahrnehmung öffentli­ cher Belange. Das ganze 19. Jahrhundert über blieb der Rechtsstatus der Vereine aber prekär. Der Umstand, dass vor Mitte des 19. Jahrhun­ derts kaum eine Verfassung eine Garantie des Vereinsrechts kannte, danach nahezu jede Verfassung eine solche enthielt, spielte dabei allerdings eine weniger wichtige Rolle, denn entscheidend war die einfachgesetzliche Ausgestaltung (Hueber 1984, 122). Hier lösten

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sich Zeiten rigider Unterdrückung mit Phasen relativ großzügiger Duldung ab. Auch gestaltete sich die Praxis je nach funktionalen Vereinszuordnungen unterschiedlich. Denn Opfer repressiver Ver­ einspolitik waren in erster Linie die politischen Vereine, ihnen galten die einschränkenden Bestimmungen der Vereinsgesetze (Vormbaum 1976, 91 f.). Wirtschaftliche und kulturelle Vereine ohne politischen Bezug blieben weitgehend unbehelligt. Bei Vereinen, die sich sozia­ len Aufgaben verschrieben hatten, ist zwischen bürgerlichen Ver­ einen und Arbeiter- und Gesellenvereinen zu unterscheiden. Nur letztere waren polizeilichen Einschränkungen ausgesetzt, zeitweise duldete man sie aber auch als nützliche Einrichtungen (Nathaus 2009, 106 f.). Öffentliche Körperschaften: Die soeben geschilderten Organisa­ tionsformen waren, soweit sie sich auch in öffentlichen Angelegen­ heiten engagieren sollten, doch rechtlich als Kollektive mit einer privaten Zwecksetzung konzeptualisiert. Sie entwickelten sich – je­ denfalls im Ergebnis – zu juristischen Personen des Privatrechts (wenn man eine spätere Klassifizierung zugrunde legt). Ebenfalls im hier behandelten Zeitraum bildete sich aber auch ein wesentlicher Bestandteil jener Organisationslandschaft heraus, die später zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts gezählt wurden: die öffentlichen Körperschaften – bis zu den 1870er Jahren ganz überwie­ gend in Gestalt von Kammern. Ihren rechtlichen Ursprung haben sie in den Korporationen des alten Rechts allerdings nur teilweise, wie noch zu zeigen sein wird. Als aufbauorganisatorische Elemente pri­ vat-staatlicher Regulierungsstrukturen sind sie deshalb einzustufen, weil es sich um Organisationsformen handelt, die privaten Akteu­ ren ein Betätigungsfeld innerhalb eines staatlich reglementierten Gehäuses boten. Letztlich handelte es sich um ein organisatorisches Arrangement, das die mitgliedschaftliche Willensbildung ermög­ lichende Vereinsform mit staatlicher Einflussmacht gewährenden administrativen Strukturen kombinierte. Diese hybride Veranlagung zeigt sich auch in der keineswegs unter einen Nenner zu bringenden Organisationsgeschichte. Berufs­ kammern, also in der Anfangszeit Anwalts- und Ärztekammern, hat­ ten ihren Ursprung in Vereinen (Weißler 1905, 502 ff.; Huerkamp 1985, 241 ff.; Siegrist 1996, 360 ff.). Ihr wesentlicher Entwicklungsimpuls war neben der Verständigung über berufsständische Angelegenhei­ ten die Eigenorganisation einer internen Disziplinargerichtsbarkeit, was sie notwendigerweise mit staatlichen Gestaltungsinteressen in

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Öffentliche Körperschaften

Entwicklungslinien des Kam­ merwesens

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Berührung brachte und letztlich in die Herausbildung einer öffent­ lich-rechtlichen Kammerorganisation mündete, auch wenn dieser Prozess erst am Ende des 19. Jahrhunderts abgeschlossen war. Das Handelskammerwesen entwickelte sich aus noch weit heterogene­ ren Traditionslinien. An dem einen Ende des Spektrums stand eine weit zurückreichende Tradition kaufmännischer Selbstverwaltung, vor allem in den norddeutschen Handelsstädten, an dem anderen eine strikte Einbindung des Handelstandes in staatliche Strukturen und seine Indienstnahme als Informationslieferant für die staatliche Administration (Grabski 1907; Goldschmidt 1922; Keucher 1931; Kühl 1993; Kluth 1997). Als zukunftsweisend, auch für den gesamten deut­ schen Raum, erwies sich die preußische Handelskammerverordnung von 1848 (und später das preußische Handelskammergesetz von 1870), welche eine Organisationsstruktur schuf, die die Interessen der Wirtschaft und des Staates miteinander verband. Handelskam­ mern konnten so als Ort interner Interessenabstimmung und der Interessenvertretung nach außen wie auch als Instrument staatli­ cher Informationsbeschaffung in Dienst genommen werden (Gehlen 2011).

Interne Norm­ setzung

Aktionsfelder Im Zusammenspiel mit kollektiven Akteuren, die sich in den hier skizzierten Rechtsformen organisierten, aber auch außerhalb die­ ses organisatorischen Rahmens etablierten sich vielfältige Formen staatlich-privaten Zusammenwirkens oder Aufeinandereinwirkens, die allerdings nur teilweise eine gesetzliche Ausformung erfuhren. Unterscheiden kann man dabei folgende Modi: Normsetzung, ver­ waltungsmäßige Erfüllung von Aufgaben mit Gemeinwohlbezug und justizmäßige Konfliktlösung. Normsetzung: Korporationen und Vereine regelten ihre Interna durch Satzungsrecht. Staatlicher Einwirkung unterlagen sie dabei in unterschiedlichem Maße. Für korporative Akteure existierte staat­ liches Rahmenrecht, welches den Satzungsinhalt zu einem Gutteil festlegte. Dabei konnte es sich um allgemeines Korporationsrecht handeln (§§ 27 ff. II 6 ALR) oder um Bestimmungen für bestimm­ te Arten von Korporationen (z. B. preußische Städteordnung 1808, preußisches Eisenbahngesetz 1838, preußisches Aktiengesetz 1843). Auf einer zweiten Ebene vollzog sich staatliche Einwirkung durch das in aller Regel bestehende Bestätigungsrecht des Staates. Verge­

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genwärtigt man sich, dass Korporationen ihre Daseinsberechtigung aus der Verbundenheit mit öffentlichen Angelegenheiten, aus dem für ihre Anerkennung erforderlichen gemeinen Nutzen bezogen, er­ schließt sich der Sinn staatlicher Mitwirkung an nichtstaatlicher Normsetzung: Sie sollte die Erreichung des Gemeinwohlzwecks mit gewährleisten, zumindest aber Gefahren für das Gemeinwohl ab­ wenden. Bei der Satzungsgebung von Vereinen hielt sich hingegen die staatliche Beteiligung in Grenzen. Eine allgemeine Regel, dass derartige Satzungen staatlicher Bestätigung bedurften, gab es nicht. Gesetzliche Rahmenregelungen existierten (§§ 11 II 6 ALR: für die „erlaubten Privatgesellschaften“), ließen aber weite Spielräume (Bär 1996, 57); etwas anderes galt lediglich für die politischen Vereine (insb. §§ 2, 8 der preußischen Vereinsverordnung 1850). Nur dann wenn Vereine einen bestimmten Status anstrebten, z. B. als aner­ kannte Hilfskassen, bedurfte ihre Satzung behördlicher Bestätigung (§ 4 Hilfskassengesetz 1876). Von den die internen Angelegenheiten regelnden Satzungen zu unterscheiden sind durch nichtstaatliche Akteure erstellte Nor­ menwerke mit „außenrechtlichem“ Charakter. Dies konnten erstens Bestimmungen sein, die Rechtsverhältnisse mit Außenstehenden re­ gelten. Als Frühform Allgemeiner Geschäftsbedingungen finden sich schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts (und z. T. schon früher) Re­ glements von Versicherungsunternehmen, Schifffahrtgesellschaften und Banken, später dann auch von Eisenbahngesellschaften bzw. de­ ren Verbänden (Lammel 1993; Scherner 2011). In welcher Intensität dabei staatliche Mitwirkung stattfand, unterschied sich von Branche zu Branche und teilweise auch von Staat zu Staat; maßgeblich für die Intensität der Regulierung war z. B., in welchem Maße staatliche Gestaltungsvorstellungen berührt wurden (wie bei der Eisenbahn) oder traditionelle polizeirechtliche Überwachungstraditionen fort­ lebten (Scherner 2011, 227 ff.). Zweitens hat man es mit Regelungen zu tun, in denen Betriebsabläufe ausgestaltet oder bestimmte techni­ sche Standards festgesetzt wurden, z. B. Fahrpläne und technische Reglements von Eisenbahnen, Sicherheitsbestimmungen für indus­ trielle Anlagen (vom Feld 2007, 237 ff.) oder Qualitätsvorschriften für bestimme Produkte wie z. B. Arzneimittel (Collin 2004/05). In dem in diesem Abschnitt behandelten Zeitraum deutete sich diese Entwick­ lung aber erst an, zur vollen Ausprägung kam dies erst in der Phase der Hochindustrialisierung (dazu Abschn. 2.3.2). Einer allgemeinen Tendenzbeschreibung der Art, dass derartige technische Normie­

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Normsetzung mit „Außenwirkung“

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Einbeziehung in staatliche Normsetzung

Armenfürsorge

rung zur Domäne der Privaten wurde (Ossenbühl 2000, 26), kann allerdings nicht zugestimmt werden. In welchem Maße sich der Staat eine Einwirkung vorbehielt oder die Normierung gar in eigene Hände nahm, war von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, z. B. welchen Stellenwert man dem betreffenden Risiko beimaß, welche öffentli­ chen Interessen tangiert waren, inwieweit es sich um traditionell polizeiliche Aufgaben oder um überhaupt beim Staat angesiedelte Aufgaben handelte, inwiefern die betreffenden Regelungen auch staatlichen Behörden als Handlungs- und Beurteilungsmaßstab die­ nen sollten, wie gut sich die Privaten als (potentielle) Normsetzer in Szene setzen konnten usw. Letztlich hat man es in diesem Bereich mit einer Regelungs- und Steuerungsvielfalt zu tun, die von staatli­ cher Selbstregelung (mit oder ohne nichtstaatlichem Einfluss) über staatlich-private Koregulierung oder unter Genehmigungsvorbehalt stehende privater Regulierung bis zu unkontrollierter privater Regu­ lierung reicht (Collin 2004/05, 60 ff.; Vec 2006, insb. 203 ff., 326 ff.; vom Feld 2007, 229 ff.; Collin 2008). Schließlich ist auf der Ebene der Normsetzung noch eine weitere Spielart staatlich-privater Interaktion zu beobachten: die konsulta­ tive Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure in Prozesse staatlicher Normgebung. Im hier behandelten Zeitraum hatte sich dies erst in Ansätzen entwickelt. So fungierten Ärzte und Apotheker als Beisitzer in der preußischen Pharmakopöenkommission, die Listen zugelas­ sener Arzneimittel und Richtlinien für deren Herstellung erstellte (Collin 2004/05, 60 ff.). Ein weiterer Fall ist das 1842 gegründete preußische Landes-Ökonomie-Kollegium (Hansel 2006). Eine insti­ tutionalisierte Heranziehung nichtstaatlicher Experten oder Interes­ senvertreter, auch in vor den eigentlichen Gesetzgebungsverfahren liegenden Beratungsstadien – auf einen solchen Fall macht Rieß (1997) aufmerksam –, blieb aber eher die Ausnahme. In voller Breite sollte sich das Konsultativwesen erst entwickeln, als mit der Heraus­ bildung zentraler Interessenverbände entsprechend repräsentati­ onsfähige und Sachkompetenz verbürgende Partner zur Verfügung standen. Verwaltungsmäßige Erfüllung von Aufgaben mit Gemeinwohlbe­ zug: Auch hier vollzog sich privat-staatliches Zusammenwirken in den verschiedensten Sachbereichen und in unterschiedlichsten For­ men. Zunächst hat man es mit Fällen institutioneller oder personeller Verflechtung zu tun. Dies findet sich vor allem in der Wohlfahrts­ pflege. Schon die Preußische Städteordnung von 1808 (§ 179 lit. c)

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schrieb die Bildung besonderer Deputationen vor, die mit dem Bür­ germeister, Stadtverordneten, anderen Bürgern, Ärzten und Geistli­ chen besetzt werden sollten; der Staat sicherte sich seinen Einfluss über die Magistrate (bzw. war beim Vorhandensein einer besonde­ ren Polizeibehörde mit staatlichen Beamten vor Ort). Im Modell des Elberfelder Systems, welches sich seit den 1850er Jahren in vielen Städten durchsetzte, wurde die Bürgerbeteiligung ausgebaut und fachlich qualifiziert (Sachße/Tennstedt 1980, 216 ff.). Vor allem aber das Vereinswesen war auf diesem Sektor in vielfältiger Weise invol­ viert. Vereine waren nicht nur in die allgemeine Armenunterstützung eingebunden, sondern erbrachten auch zahlreiche Leistungen auf Gebieten, die sich noch nicht als Staatsaufgaben ausgeformt hatten bzw. wo sich der Staat auf repressive Mittel beschränkte: bei der Betteleiprävention, bei der Beherbergung Armer, bei der Betreuung verwahrloster Jugendlicher, aber auch im Bildungsbereich (Sach­ ße/Tennstedt 1980, 237, 242 f.). Allgemeine gesetzliche Leitlinien, die das Verhältnis von Staat und Vereinswesen auf diesem Sektor regelten, existierten nicht. Zwar gab es Regelungen, die dem breiten Engagement der Vereine Rechnung trugen und anordneten, dass die staatliche Wohlfahrt nur dann zum Einsatz kommen sollte, wenn pri­ vate Wohlfahrt solche Leistungen nicht zur Verfügung stellte, so Art. 2 des Württembergischen Ausführungsgesetzes (1873) zum Unter­ stützungswohnsitzgesetz von 1870. Auf die generelle Geltung eines solchen Subsidiaritätsprinzips kann hieraus aber nicht geschlossen werden. Eine rechtliche Steuerung der vereinsmäßigen Privatwohl­ fahrt, etwa durch bestimmte Rahmenvorgaben, erfolgte nicht. Dort allerdings, wo ihre Tätigkeit in das Gebiet besonderer polizeilicher Materien hereinreichte, etwa bei Jugendanstalten mit Schulangebot, Kleinkinderbewahranstalten oder wo hygienische Aspekte betroffen waren, setzte die staatliche Aufsicht ein. Erst in der Retrospektive als verwaltungsmäßige Erfüllung öffentlicher Aufgaben lässt sich das weite Feld sozialer Vorsorge einordnen, denn ein Verwaltungsaufgabengebiet sozialer Risiko­ vorsorge entwickelte sich erst im letzten Jahrhundertdrittel. Bei der Vorsorge für den Fall von Krankheit und Invalidität dominierten freie Kassenvereine oder innerbetriebliche Kassen (Tennstedt 2011), die kaum in staatliche Verwaltungszusammenhänge eingebettet waren. Anders als bei den verschiedensten Formen der Fürsorge fand kaum eine Aufgabenkoordination statt. Mit der staatlichen Verwaltung verknüpft war das Kassenwesen allenfalls über mehr oder weniger

Soziale Vorsorge

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28 | Teil 1 Einführung

Einbeziehung in staatliche Kon­ trollaufgaben

schwache Aufsichtszüge. Dabei ist allerdings zwischen Rentenund Krankenversicherung zu unterscheiden. In eine organisierte Altersvorsorge war nur ein kleiner Teil der Bevölkerung einbezogen (Rückert 1990, 40). Vor allem Fabrikkrankenkassen (mit oder ohne Arbeiterbeteiligung) bestritten hier das Feld, ab den 1860er Jahren kamen liberale Gewerkvereinskassen hinzu, sogenannte multi­ funktionale Kassen boten nur in geringem Umfang Altersvorsor­ geleistungen an (Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 2002; 2004). Weit dichtmaschiger war das Netz an Krankenkassen. In seinen Erscheinungsformen war es vielfältig: Fabrikkassen, freie, aus der handwerklichen Tradition herrührende Hilfskassen, liberale und später auch sozialdemokratisch domi­ nierte Gewerkschaftskassen und sogenannte ortsstatutarische, also stärker an die Gemeinde angebundene Kassen (Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1999; 2009). Während man das Rentenkassenwesen bis zur Schaffung der staatlichen Rentenversicherung 1889 weitgehend unreguliert ließ, entwickelte sich die Krankenversicherung bis zum Krankenversicherungsgesetz 1883 (und teilweise noch darüber hinaus) zweigleisig. Auf der einen Seite weitete sich das freie Kassenwesen aus, auf der anderen Seite versuchte der Staat über die preußische Gewerbeordnung von 1845, das Unterstützungskassengesetz von 1854 und die Gewerbeordnung von 1869 eine weitgehend der Organisationshoheit der Gemeinde unterfallende Krankenversicherung zu schaffen. Es gelang aber weder, ein flächendeckendes Vorsorgesystem zu etablieren, noch die freien Kassen effektiv einzubinden oder konsequent staatlichen Maßgaben zu unterstellen (Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik II. 5. 2009, XV). In der Wohlfahrt ist die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure am augenscheinlichsten. Gleichwohl bildete sie nur einen Aspekt staatlich-privater administrativer Aufgabenteilung ab, nämlich je­ nen Zweig, den wir heute als Leistungsverwaltung bezeichnen. Aber wie verhielt es sich in jenen Sektoren, in denen nicht Leistungen erbracht wurden, sondern die in heutiger Terminologie zur Eingriffs­ verwaltung gezählt werden, jenen Bereichen also, in denen das Ver­ halten der Bürger kontrolliert und ihre Freiheitsausübung unter den Vorbehalt staatlicher Genehmigung gestellt wurde? Hier trifft man die verschiedensten Formen an, die sich wie folgt typisieren lassen. Zunächst hat man es mit einer Einbeziehung einzelner Privater in staatliche Kontrollaufgaben zu tun. Dies trifft man insbesonde­

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re dort an, wo dem juristisch oder kameralistisch ausgebildeten Verwaltungspersonal noch das notwendige Expertenwissen fehl­ te. Dass man derartige Kontrollaufgaben gänzlich Privaten, gar privaten Vereinen überließ, war die Ausnahme. Eine solche Aus­ nahme bildeten die Dampfkesselüberwachungsvereine, die diese Aufgabe aber (in Preußen) auch erst ab den 1870er Jahren an sich ziehen konnten (vom Feld 2007, 103 ff.), sowie die Übertragung der Bahnpolizei an Eisenbahngesellschaften (§ 23 Eisenbahngesetz 1838) oder der niederen Forstpolizei an Waldeigentümer (Schenck 1825, 102). Ebenfalls eine Ausnahme bildete die Übertragung von hoheit­ lichen Entscheidungsbefugnissen. So hatte man die Erteilung von Patenten in Bayern zwar dem dortigen Polytechnischen Verein über­ antwortet, in Preußen hingegen entschied darüber die in die staatli­ che Verwaltung integrierte Technische Deputation (der allerdings auch einige Vertreter der Wirtschaft angehörten) (Seckelmann 2011). Überhaupt verhielt man sich äußerst zurückhaltend mit der Übertra­ gung hoheitlicher Entscheidungsbefugnisse an Personen, die nicht dem nichttechnischen, also dem durch Staatsexamina qualifizierten, höheren Beamtenstand angehörten; dies zeigen schon die Diskus­ sionen darüber, wie innerhalb der Verwaltung Entscheidungsbefug­ nisse verteilt werden sollten (Koselleck 1981, 247). Erst recht galt das für Personen außerhalb der Verwaltung. Justizielle Formen: Erst allmählich bildeten sich Regelungsstruk­ turen heraus, in denen private und staatliche Handlungsanteile in justizieller Form ineinandergriffen. Sicher gab es ein Weiterwirken traditioneller Formen der „Volksjustiz“ (Delivré/Berger Hg. 2014), die in Gestalt von Schwur- und Schöffengerichtsbarkeit teilweise eine Modernisierung, teilweise eine auf gesellschaftliche Partizipation ausgerichtete Neukonzipierung erfuhr (Padoa-Schioppa Hg. 1987; Linkenheil 2003; Lieber 2010). Gemeinsam war diesen Institutionen, dass sie einerseits in die staatliche Justizorganisation integriert wa­ ren und von einem beamteten Richter geleitet wurden, andererseits die Entscheiderbank ganz oder zumindest zu einem Gutteil mit Laien besetzt war. Hinter dieser Art der Laienbeteiligung stand jedenfalls in der Anfangsphase, also ab dem ersten Drittel des 19. Jahrhun­ derts, der Gedanke einer umfassenden Volksbeteiligung, der sich dann auch noch in der frühen, besonders in der in den 1860er Jahren eingerichteten badischen Verwaltungsgerichtsbarkeit wiederfand (Sydow 2000).

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Übertragung hoheitlicher Entscheidungs­ befugnisse

Allgemeine Lai­ enbeteiligung

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Laien als Spezialisten

Handels- und Standesge­ richtsbarkeit

Arbeitsgerichts­ barkeit

Daneben setzte sich jedoch ein anderes Modell der Laienbetei­ ligung durch, in der der Laie nicht lediglich als Laie, sondern als Träger speziellen Wissens und/oder als Repräsentant partikularer, z. T. organisierter Interessen fungierte. Mannigfaltige Formen bilde­ ten sich dabei heraus. Die beiden wesentlichen Grundformen (die allerdings auch kombiniert auftreten konnten) werden schon in Ge­ richtszweigen sichtbar, die sich bis zu den 1870er Jahren etabliert hatten: Zum einen handelte es sich um Sondergerichtsbarkeiten, in denen Angehörige eines bestimmten gesellschaftlichen Sektors ihre Konflikte nach Maßgabe sektorspezifischer Entscheidungsra­ tionalitäten ausfechten konnten. Zum anderen hat man es mit In­ stitutionen zu tun, die Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen eine Arena zur Austarierung von Interessengegensätzen boten. Für die erste Gruppe steht die Handelsgerichtsbarkeit, auch wenn diese keinen Einheitstyp hervorbrachte, sondern bis zur Justizgesetzgebung der 1870er Jahre in den deutschen Ländern in unterschiedlicher Gestalt auftrat (Kompe 1865, 3 ff.; Schubert 1981, 181 ff.). Handelsgerichte verstand man als ein Forum, auf dem spezifisch wirtschaftliche normative Vorstellungen den Takt angeben sollten (Mittermaier 1846, 276; Creizenach 1861, 100). Zu dieser Gruppe lassen sich aber auch die Standesgerichte bestimmter Berufsgruppen zählen, die die Einhaltung bestimmter Berufsaus­ übungsdisziplinen durchsetzen sollten. In dem hier behandelten Zeitraum waren es zunächst die Rechtsanwälte, die eine eigene Dis­ ziplinargerichtsbarkeit durchsetzten (Weißler 1905, 541 ff.; Siegrist 1996, 361 ff.), andere Berufsgruppen ließen bisweilen noch auf sich warten. Die zweite Gruppe repräsentiert die Arbeitsgerichtsbarkeit. Al­ lerdings war diese in der ersten Zeit eher dem ersten Typ zuzurech­ nen, da die Frühformen, die Conseils de Prud’hommes, personell von Fabrikbesitzern dominiert wurden – es handelte sich in jener Zeit de facto um eine Art „ausgelagerter Hausgerichtsbarkeit“ (Brand 2002, 388). In mehreren, auch gesetzgeberisch angestoßenen Schü­ ben etablierte sich allerdings eine Arbeitsgerichtsbarkeit, die Arbeit­ nehmer- und Arbeitgebervertretern gleichermaßen Entscheidungs­ rechte einräumte (Brand 2002; Zimmermann 2005; Sawall 2007). Dieses Modell paritätischer Interessenvertretung sollte in der Folge­ zeit prägend sein.

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2.2.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen Staatszwecke und Staatsaufgaben Die größtenteils von Juristen getragene Diskussion um Staatszwecke und Staatsaufgaben ist in ihrer Entwicklung vom Beginn des Jahr­ hunderts bis zu den 1870er Jahren sicher nicht auf einen Nenner zu bringen. Einige verallgemeinernde Aussagen lassen sich aber treffen. Trotz des unübersehbaren Einflusses der Kantschen Freiheitsleh­ re war der Anteil derer, die den Staat rigoros auf die Aufgabe der Freiheitssicherung zurückschneiden wollten, äußerst gering. Das zeigte sich zugespitzt in der Diskussion um die Aufgaben der „Poli­ cey“, die fast bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts anhielt. Zwar vertrat kaum noch jemand das Konzept einer für die Verwirklichung von Glücksseligkeitspostulaten umfassend zuständigen Policey. Wer für eine konsequente Reduzierung des Kompetenzbereiches auf die Si­ cherheitsgewährleistung eintrat, befand sich aber ebenfalls in der Minderheit (Matsumoto 1999). In der allgemeinen Staatszwecklehre lässt sich ähnliches be­ obachten. Auch die liberale Richtung löste sich von anfänglichen Konzeptionen eines „schlanken Staats“ und pendelte sich auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner ein, der die Freiheitsgewährleistung als Kernaufgabe definierte, aber für staatliche Wohlfahrtsförderung – auch wenn diese des Zwangs entbehren sollte – immer wieder Le­ gitimationsgründe suchte (Wohlrab 1997, 167 ff.; Moos 2005, 52 ff.). Ebenso hob die Privatrechtswissenschaft immer wieder die Begren­ zung privater Freiheit auch durch Gemeinwohlbelange hervor (Hofer 2001, 276 ff.). Gleichzeitig bestand in der zeitgenössischen Literatur aber weitgehend Einigkeit darüber, dass die Gemeinwohlrealisie­ rung nicht vom Staat allein bewältigt werden konnte. Gerade die Vielfalt öffentlicher Aufgaben machte auch eine Kooperation mit nichtstaatlichen Kräften notwendig (Mohl Bd. 1 1866, 462; Mohl 1869, 627 ff.; Jellinghaus 2006, 161 ff.).

Gesellschaftliche Verbände und deren Einbeziehung in staatliche Aufgaben Wir haben bereits gesehen, wie sich das Vereinswesen ausbreitete und ausfächerte und die „Assoziation“ zur Projektionsfläche libe­ raler Partizipationsvorstellungen avancierte (s. S. 14, 19 f.). Spiegelt

Die Lehre von der „Policey“

Allgemeine Staatszwecklehre

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Genossen­ schaftslehre

sich dies aber auch in entsprechenden Bemühungen der Rechts­ wissenschaft, etwa in Versuchen, juristische Konstruktionen für die Organisation der Zusammenarbeit zwischen dem Staat und der or­ ganisierten Gesellschaft zu schaffen? Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass das Vereinswesen trotz seines Siegeszuges immer noch eine prekäre juristische Existenz fristete (siehe oben S. 22 f.). In starkem Maße richtete sich daher die rechtswissenschaftliche Auf­ merksamkeit auf die Frage, wann Vereine einer staatlichen Genehmi­ gung bedurften und aus welchen Gründen ein Verbot gerechtfertigt war. Zunehmend anerkannt wurde aber auch, dass sich sowohl der Verein als auch die Korporation als Formen des Arrangements pri­ vater und staatlicher Gestaltungsambitionen anboten (Collin 2014c, 196 ff.). Nur erwuchsen aus dieser Erkenntnis keine Rechtsfiguren und Organisationsprinzipien, jedenfalls keine mit nachhaltiger Wir­ kung. Dies scheint erst einmal im Widerspruch zu dem Befund zu stehen, dass die Literatur Begrifflichkeiten herausbildete, die sich als organisationsrechtliche Anknüpfungspunkte geradezu anboten, wie den Begriff der „Genossenschaft“. Hierfür stehen vor allem die Namen Carl J. A. Mittermaier, Georg Beseler und Otto v. Gierke (Schä­ fer 2008, 573 ff.). Aber so sehr diese auch die Zeitgenossen durch Originalität und die geschickte Transformierung des Zeitgeistes in rechtliche Formeln zu beeindrucken wussten, so wenig operabel er­ wiesen sich deren Ansätze doch für eine rechtspraktische Umsetzung und eine konsequente rechtswissenschaftliche Weiterentwicklung – jedenfalls in einer retrospektiven Sichtweise. Zum einen vertrat sie nur eine Richtung innerhalb der Rechtswissenschaft, die Germanis­ tik – in der Romanistik stand man der Genossenschaft als „realer Verbandsperson“ ohnehin eher skeptisch gegenüber (Bieback 1976, 112 ff.) –, zum anderen erwies sich der alle Assoziationsformen um­ fassende Genossenschaftsbegriff als zu weit, um hiermit praktikable Regelungsmuster zu verknüpfen. Damit hing zusammen, dass die Genossenschaft nicht, wie z. B. von Beseler (1843, 158 ff.) behauptet, in historisch determinierten volksrechtlichen Praktiken wurzelte – in der Tat vorhandene genossenschaftliche Muster früherer Zeiten entstanden in andersartigen Zusammenhängen (Dilcher 1986; Willo­ weit 1986) –, sondern „ein Kind der retrospektiven Konstruktionslust des 19. Jahrhunderts“ war (Schäfer 2008, 573). Aber auch die hier noch stärker interessierende Eingliederung in öffentliche Aufgaben­ zusammenhänge wurde nicht systematisch konturiert und mit Hilfe

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bestimmter Regelungsfiguren erfasst. Soweit öffentliche Einbindung und Zusammenarbeit mit dem Staat thematisiert wurden, blieb es bei eher aspekthaften Erörterungen (Gierke 1868, 655, 822 ff., 865 ff., 900; siehe dann aber Gierke 1895, 619 ff.). Eine solche konstruktive Arbeit wurde eher von staatswissen­ schaftlicher Seite geleistet, also von einer Wissenschaftsrichtung, die ihre Impulse aus der „Kombination historischer, gesellschafts­ theoretischer, rechtlicher und rechtsvergleichender Argumentations­ weisen“ bezog (Stolleis 1992, 385). Im hier interessierenden Zusam­ menhang ist vor allem Lorenz von Stein zu nennen (auf Rudolf von Gneist, einen anderen Vertreter dieser Richtung, wird später zurück­ zukommen sein). Steins Feder entstammt das seinerzeitig einzige (Mohl Bd. 3 1866, 66 ff., Fn. 2) umfassende Konzept privat-staatli­ cher Organisation öffentlicher Aufgabenerfüllung. Er entwarf ein Organisationsmuster der „freien Verwaltung“, deren Träger Selbst­ verwaltungskörperschaften und Vereine waren. Letztere waren in diesem Zusammenhang Verbindungen, die sich der Erreichung auch gemeinwohlrelevanter Ziele verschrieben hatten. Dies waren nach Stein die Vereine „im engeren Sinne“, die von den „Gesellschaften“, welche lediglich der Koordination von Privatinteressen dienten, un­ terschieden wurden (Stein 1869, 14 ff.). Diese „freie Verwaltung“ ver­ sah Stein mit „Autonomie“ (siehe dazu ausführlicher Collin 2014c, 171 ff.), also mit hoheitlichen Befugnissen – wenn auch nur inner­ halb eines bestimmten Wirkungskreises (Stein 1869, 64). Auch wegen des Verzichts auf fachliche Tiefe blieb das Werk nicht mehr als eine „pompöse Ruine“ (Stolleis 1992, 191). Dennoch handelte es sich hier um Überlegungen, die in die Zukunft wiesen, weil sie die sich aus­ weitende und verdichtende Verflechtung staatlicher und nichtstaat­ licher Akteure vorwegnahmen und mit „sozialstaatlichen“ Visionen verbanden (Huber 1965; Koslowski 1989). – In ähnlicher Weise wur­ de später von juristischer Seite durch Herrmann Roesler versucht, das Vereinswesen zu konzipieren (Roesler 1872, 43 ff., 230 ff.; 1873, 315 ff.), doch dessen Ansätze wurden weitgehend ignoriert (Stolleis 1992, 393 f.; Ritzke 2010).

Einzelne Rechtsinstitute und Schlüsselbegriffe Autonomie: Autonomie war im seinerzeitigen Verständnis eine Rechtsquelle neben dem staatlichen Recht, dem Gewohnheitsrecht und gegebenenfalls der Rechtsprechung und der Wissenschaft

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Staatswissen­ schaftliche Ansätze

Autonomie

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Selbstverwal­ tung

(Mohnhaupt 2011). Als Autonomieträger, und damit als zur Set­ zung eigenen Rechts befugt, galten im Allgemeinen der Adel und die Gemeinden, nach Auffassung etlicher Autoren auch andere Korporationen. Die Autonomiedebatte weist im hier behandelten Zu­ sammenhang mehrere interessante Facetten auf (Mizia 1995, 128 ff.; Bachmann 2006, 181 ff.; Meder 2009, 51 ff.; Hofer 2011; Kremer 2012): Im Kern ging es darum, ob und inwieweit welche unterstaatlichen Verbände oder sogar Einzelpersonen ermächtigt sein sollten, an sich dem Staat vorbehaltene hoheitliche Kompetenzen wahrzunehmen. Die Diskussion drehte sich erstens darum, wer überhaupt Träger von Autonomie sein sollte, ob nur bestimmte Subjekte wie die oben­ genannten oder jedwede Assoziation, wie von einigen Germanisten vertreten. Damit verbunden war die Frage, ob derartige Assoziatio­ nen einer staatlichen Genehmigung bedurften. Verneinte man dies, wäre ein unkontrollierter Rechtspluralismus die Folge gewesen. Auch wenn Teile der Germanistik die Genehmigungsbedürftigkeit ablehnten, zogen sie doch nicht diese Konsequenz, da sie immer­ hin einen staatlichen Genehmigungsvorbehalt für nichtstaatliche Satzungen für legitim hielten. Eine staatliche Letztentscheidungs­ befugnis war also gewahrt, wenn auch auf einem anderen Weg. Zweitens stand im Streit, welcher eigenständiger Erklärungs- und Legitimierungswert der „Autonomie“ überhaupt zukommt. Denn wenn sie lediglich aus staatlicher Ermächtigung oder zumindest Anerkennung abgeleitet werden konnte, erschien der Terminus „Autonomie“ wenig sinnvoll – treffender wäre es dann, von delegier­ ter Rechtssetzungsmacht zu sprechen. Und drittens bestand keine Einigkeit darüber, welche Rechtsakte von der Autonomie erfasst werden sollten. Recht früh schon schied man individualvertragliche Abreden und letztwillige Verfügungen aus – dies wies man jenem Bereich zu, der mit dem Begriff der „Privatautonomie“ umschrieben wurde. Für kollektive Vereinbarungen, vor allem für die Bejahung von deren „Außenwirkung“ gegenüber Nichtvertragspartnern (wie z. B. bei den Frachtreglements von Eisenbahngesellschaften) zog man den Begriff der „Autonomie“ aber weiterhin zu Legitimations­ zwecken heran (Pohlhausen 1978, 66 f.). In der Debatte um den Autonomiebegriff spiegeln sich somit die Bemühungen der Rechts­ wissenschaft, nichtstaatliche Rechtssetzung und ihre Einbettung in staatliche Regulierungsmuster terminologisch zu erfassen. Selbstverwaltung: Das Selbstverwaltungsverständnis im hier be­ handelten Zeitraum unterschied sich erheblich von jenem, welches

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

später vertreten wurde, auch wenn die Grundfrage die gleiche blieb: Wie, vor allem auf welchem Niveau der Unabhängigkeit vom Staat, soll sich die Einbeziehung nichtstaatliche Akteure in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben vollziehen? Im Hinblick auf das „Ob“ der Ein­ beziehung gab es seit der Steinschen Städtereform keinen Dissens. In Bezug auf das „Wie“ hatte sich in der Rechtswissenschaft lange keine einhellige oder zumindest herrschende Meinung herausgebil­ det. Die Steinsche Städtereform, so bedeutsam sie praktisch war, hatte kaum ein rechtswissenschaftliches Echo hervorgerufen. Zu einem Zentralthema der juristischen Debatte wurde Selbstverwal­ tung erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Und obgleich insbesondere Stein Selbstverwaltung als Mitwirkung der Bürger in institutionellen Formen, nämlich Selbstverwaltungskörperschaf­ ten und Vereinen, konzipierte, sollte doch zunächst ein anderes Selbstverwaltungsverständnis wirkmächtig werden – das Konzept Rudolf von Gneists, in welchem nicht auf die Ausstattung von Ver­ bänden mit Selbstverwaltungsrechten abgestellt wurde, sondern auf die ehrenamtliche Heranziehung Einzelner zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben. Der hierfür vorgesehene Aufgabenbestand war durchaus umfangreich und reichte über das damalige kommu­ nale Aufgabenprofil teilweise hinaus (Gneist zielte ja auch auf eine teilweise Übertragung auf die Kreisebene): z. B. Armenverwaltung, Schulwesen, Geschworenendienst, Sicherheitspolizei, Infrastruktu­ ren, Militäraushebungen (Gneist 1870, 9). Problematisch erscheint, dieses Selbstverwaltungsmodell in modern klingende Legitimati­ onsmuster einzupassen, wie es unter dem Stichwort „Partizipation“ bei Will (2010, 48) anklingt. Sicher war die Einbeziehung nichtstaat­ licher Akteure eine Form von Partizipation, aber in der Gneistschen Konzeption, die sich an der damals schon überholten englischen Kommunalverfassung mit der Gentry als dem Träger lokaler Ämter orientierte, handelte es sich um eine Spielart elitärer und zudem stark staatsakzessorischer Partizipation (Hahn 1995, 69 ff., 188 ff.). Ein allgemein anerkanntes Modell von Selbstverwaltung, welches ein juristisches Fundament für die staatlich-private Erfüllung öffent­ licher Aufgaben entwarf und zudem über den kommunalen Bezug hinausreichte, war in jener Zeit noch nicht entwickelt worden. Privileg und Konzession: Gemeinwohlrelevante Aktivitäten Pri­ vater gründeten sich zu einem Gutteil auf Privilegien. Dies galt nicht nur für die Organisationsform der Korporation – denn das Korporati­ onsrecht wurde mittels Privileg erteilt – sondern auch für zahlreiche

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Das Privileg als Instrument der Wirtschafts­ steuerung

36 | Teil 1 Einführung

Krise und Ge­ staltwandel des Privilegs

wirtschaftliche Betätigungen. Diese Ausrichtung war in der recht­ lichen Struktur des Privilegs ursprünglich nicht angelegt. Zwar lag schon der Privilegienregelung des ALR der Gedanke zugrunde, dass Privilegien nur aus Gründen des gemeinen Wohls erteilt werden sollten (Mohnhaupt 1995, 118). Bei einer fast allumfassend gedach­ ten Gemeinwohlverantwortung des Monarchen jedoch blieb dies ein recht allgemeiner Legitimationstopos. Hinzu kam, dass Privile­ gien nach herrschender Meinung zu Beginn des 19. Jahrhunderts wohlerworbene Rechte, also Privatrechte begründeten (so z. B. noch Klüber 1840, 713). Hier kann man nun im Laufe des 19. Jahrhunderts einen Prozess rechtsdogmatischer Konturierung beobachten, der zu einem Gestaltwandel des Privilegs führte. Allerdings beschränken sich die folgenden Ausführungen auf Privilegien im wirtschaftlichen Bereich. Die grundsätzliche, im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhun­ derts immer stärker hervortretende Kritik am Privileg als Ausdruck monarchischer Gesetzgebungsmacht, das dem Grundsatz der All­ gemeinheit des Gesetzes widerstritt, hatte mehrere Konsequenzen. Zum einen verstärkte sich der Legitimationsdruck: Privilegien soll­ ten nur erteilt werden, wenn ein identifizierbarer öffentlicher Zweck dies erforderte (Lieb 2004, 114 f.). Die Bevorrechtung Privater wurde damit an die Bedingung geknüpft, dass sie sich in die Erfüllung ge­ meinwohlrelevanter Aufgaben integrieren ließ. Zum zweiten lässt sich eine Verschiebung bei der rechtssystematischen Einordnung beobachten: Die Erteilung von Privilegien wurde zunehmend dem öffentlichen Recht, nicht mehr dem Privatrecht zugeordnet. Dem korrespondierte ein Wandel bei der Zuweisung zu den Staatsfunktio­ nen: Zunehmend rechnete man das Recht der Privilegienerteilung nicht mehr zur gesetzgebenden Gewalt, sondern ordnete es der Ver­ waltung zu; dass man für Privilegien eine gesetzliche Grundlage forderte erleichterte dies, konnte die nunmehr gesetzesgebundene Verwaltung auf diese Weise doch kompetenziell legitimiert werden (Lieb 2004, 143 ff.). Trotz der allgemein kritischer werdenden Grund­ stimmung gegenüber Privilegien konnte dieses somit seine Existenz auch in die konstitutionelle Zeit hinüberretten. Im Bereich der Wirt­ schaft konnte es so noch länger eine Leerstelle besetzen. Denn auch nach Einführung der Gewerbefreiheit gab es noch Sektoren, die we­ gen ihrer Gemeinwohlrelevanz nicht gänzlich dem freien Walten der Marktkräfte überlassen bleiben sollten. Für diese Bereiche – promi­ nent ist hier das Eisenbahnwesen, aber z. B. auch die Apotheken, das

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Glücksspielwesen, die Fähren oder das Schornsteinfegergewerbe – sollte dem Staat ein Steuerungsspielraum verbleiben, der bei einer Verpflichtung zur gebundenen Gewerbeerlaubnis nicht vorhanden gewesen wäre. Im Ergebnis bildete sich das Rechtsinstitut der Konzession her­ aus – einerseits als wirtschaftsrechtliche Spielart des Privilegs, an­ dererseits als sich zunehmend von diesem emanzipierendes Rechts­ institut (auch wenn die terminologische Einordnung noch lange Zeit unsicher blieb) (Schlayer 1855, 60; Pözl 1864, 375; Arend 1931; Lieb 2004, 143 ff.). Die Konzession wies nun – jedenfalls in bestimmten Wirtschaftssektoren – eine rechtsdogmatisch nicht ohne weiteres fassbare Doppelgesichtigkeit auf. Einerseits ließ sie sich als einsei­ tiges hoheitliches Handeln mit einem weiten, durch Gemeinwohl­ aspekte legitimierten Ermessensspielraum konstruieren – der Staat erteilte eine Konzession oder nicht – und insofern handelte es sich immer noch um ein Privileg. Andererseits stellte sich die Konzession gerade im Infrastruktursektor als Verhandlungsergebnis dar. Bei der Versorgung mit Gas und Wasser, bei der Anlage von Kanalisationen, bei der Errichtung von Eisenbahnlinien mussten auf der einen Seite benutzungsrechtliche und andere Erlaubnisse erteilt werden, auf der anderen Seite galt es, die Finanzkraft und technologische Kom­ petenz privater Investoren nutzbar zu machen. Der „Konzessions­ vertrag“ bürgerte sich somit als Terminus ein (Templin 2009, 29 ff.), auch wenn sich in der Rechtswissenschaft eine vertragsmäßige Kon­ struktion der Konzession letztlich nicht durchzusetzen vermochte (Potschter 1928, 35). Öffentlich-rechtlicher Vertrag : Die obigen Ausführungen machen erkennbar, dass privat-staatliche Koordination zu einem Gutteil in einer Weise praktiziert wurde, die mit gegenseitiger Leistungserbrin­ gung verbunden war und beiderseitige Willensübereinstimmung erforderlich machte. Von der Sache her hätten daher rechtskonstruk­ tive Überlegungen zum Vertrag als Instrument staatlicher Aufgaben­ erfüllung nahegelegen. Die den Vertrag als Relation individueller Willen ansehende und ihn deshalb ausschließlich dem Privatrecht zuordnende Doktrin konnte den Staat jedoch nicht in diese Konstruk­ tion einbauen (Puchta 1828, 157; Gerber 1852, 40); nur dann, wenn er außerhalb seiner Souveränität, als Privatrechtssubjekt (als Fiskus) handele, komme er als Vertragspartner in Betracht (Gerber 1852, 41). Lediglich im Falle des Beamtenverhältnisses, bei dem sich weder der Bezug zur Ausübung hoheitlicher Macht noch das Erfordernis

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Konzession

Öffentlich-recht­ licher Vertrag

38 | Teil 1 Einführung

der Willensübereinstimmung leugnen ließ und welches auf alten Vertragstraditionen fußte, fanden entsprechende Diskussionen statt (Pakeerut 2000, 22 ff.; Abegg 2010, 139 ff.).

2.3 Herausbildung des Interventionsstaates (Mitte der 1870er Jahre bis 1914) 2.3.1 Stimmungslagen Interventions­ staatlichkeit

Ab den 1870er Jahren entstand der deutsche Interventionsstaat (Stoll­ eis 1989; Vec 2012). Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch schon vorher intervenierte der Staat in vielfältiger Weise in die ge­ sellschaftlichen Kreisläufe, es fand also kein Wandel von einem „Nichtinterventionsstaat“ zu einem Interventionsstaat statt. Zu tun hat man es aber mit gravierenden Veränderungen, was das Verständ­ nis und das Gefüge öffentlicher Aufgaben betraf, vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Dies spiegelte sich auch im immen­ sen personellen Wachstum der öffentlichen Verwaltung. Im Kontext dieses geänderten Aufgabenverständnisses brachte der Staat seine Interventionsmacht auf breiter Front zur Geltung. Dabei sollen unter „Intervention“ nicht lediglich imperative Eingriffe, sondern auch an­ dere, etwa mittelbare, Formen staatlicher Steuerung – die Bereitstel­ lung von Organisationsformen, Anreizsteuerung durch finanzielle Beihilfen, die Einrichtung von Kooperations- und Koordinations­ foren – verstanden werden. Ausgehend von diesen Prämissen ist der Befund unabweislich, dass in jener Zeit ein grundlegender Ge­ staltwandel von Staatlichkeit stattfand. Dieser wurde getragen und begleitet von einem Wandel gesellschaftspolitischer Stimmungen, der sich in fast allen politischen Gruppierungen bemerkbar mach­ te. Auf eine Formel gebracht kann man sagen, dass dem Staat ein stärkerer Einfluss zugebilligt wurde. Dass sich der preußische Staat Bismarcks im deutschen Einigungsprozess als siegreiche Macht er­ wiesen hatte, spielte dabei eine entscheidende Rolle. Erheblich ins Gewicht fiel aber auch die Einsicht, dass die Lösung der sozialen Fra­ ge nicht allein über private, selbst über kollektive private Selbsthilfe zu bewältigen war. Hinzu kam – nach dem „Gründerkrach“ – das das Auf und Ab der wirtschaftlichen Verhältnisse (Burhopt 2011, 67 ff.) reflektierende Bewusstsein der Volatilität und Fragilität der öko­

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

nomischen Entwicklung, wodurch neue Formen staatlich-privater Einflussverflechtung erforderlich schienen (Ullmann 1988, 114 f.). Erkennbar ist dieser Stimmungswandel insbesondere in den Debatten zur Sozialversicherung, wo sich innerhalb von weniger als zehn Jahren eine Änderung der herrschenden Auffassung von einem liberalen zu einem staatsinterventionistischen Modell vollzog (Adickes 1882, 151 f. in Bezug auf die Krankenversicherung). Verkürzt gesagt, trugen fast alle Parteien diesen Wandel mit – freilich mit beträchtlichen Unterschieden, was die Zustimmung zu konkreten Ausgestaltungen betrifft (Moennig 1927, 78 ff.; Wolff 1933, insb. 20 ff.; Reiß-Bašek 1934; Quandt 1938; Tober 1999, 46 ff.; Kieseritzky 2002, 179 ff.; Erli 2008, 211 ff.). Eine auf liberale Postulate gestützte, strikt ablehnende Position lässt sich eigentlich nur bei den Linksliberalen beobachten, die konsequent das Prinzip der Staatsfreiheit vertraten. Freilich muss gesagt werden, dass die breite Zustimmung zumindest teilweise auch auf die liberalen Elemente in den neuen Organisa­ tionsmodellen der Sozialversicherung zurückgeführt werden kann (s. S. 47). Insgesamt aber lässt sich eine deutliche Ausweitung staat­ licher Verantwortung und staatlichen Einflusses verzeichnen. Diese zunehmende staatsinterventionistische Stimmung wird nicht nur im Zusammenhang mit der Sozialversicherung sichtbar, sie zeigt sich auch in den Debatten zur Wirtschaftsgesetzgebung (Benöhr 1977). Die Stimmungslage in der Wissenschaft bestimmte mehr und mehr die Nationalökonomie, die sich als Leitdisziplin zu etablieren vermochte. Dabei konnte sich besonders eine Richtung der National­ ökonomie durchsetzen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts wohl die ganz überwiegende Anzahl der Lehrstühle besetzte (Teuteberg 1978, 71, Anm. 76) – der sogenannte „Kathedersozialismus“. Hierbei handelte es sich durchaus nicht um eine homogene Gruppe und ihre volle Wirksamkeit entfaltete sie erst in den 1890er Jahren. Was sie einte, war die Feindschaft gegen einen repressiven konservati­ ven staatsgestützten Paternalismus einerseits und den Laissez-faireLiberalismus andererseits (Bruch 2005, 239 ff.). Unter diesem ge­ meinsamen Dach vereinigten sich dann Wissenschaftler wie Gustav Schmoller, die eher Änderungen bei einzelnen Stellschrauben des wirtschaftlichen Gefüges vorzogen (Schmidt 1997, 222 ff.), und solche wie Adolph Wagner, die auf einen Umbau des Gesamtsystems (Win­ kel 1979, 14 f.) sowie auf die Anerkennung von Wirtschaftssektoren drängten, die sich nicht der privatkapitalistischen Logik unterwarfen (Wagner 1876, 156 ff.). Dazu zu rechnen ist aber auch der Liberale und

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Stimmungs­ wandel in der Sozialpolitik

Die neue Natio­ nalökonomie

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Neue Legitimationstopoi

Genossenschaft

grundsätzlich der Klassischen Nationalökonomie anhängende Lujo Brentano, der weniger auf direkte Staatsintervention als vielmehr auf indirekte Steuerung durch staatliche Rahmensetzung und vor allem auf gesellschaftliche Selbstorganisation zur Aufhebung von Machtasymmetrien setzte; inaktiv bleiben sollte der Staat jedenfalls nicht (Becher 1965, 6 ff.; Lehnert 2012, insb. 115, 118 f.). Gemeinsam war ihnen, dass sie (mehr oder weniger) Staatsintervention und ge­ sellschaftliches Engagement nicht in einem Ausschließlichkeitsver­ hältnis dachten, sondern „Staatshilfe“ und (kollektive) „Selbsthilfe“ in zukunftsweisenden Arrangements, in einem staatliche und nicht­ staatliche Akteure zusammenschließenden „modell of an integrated welfare state“ (Schmidt 1997, 224) zu vereinigen suchten (Philippo­ vich 1908, 44 ff.). In dem Untertitel, den die Zeitschrift „Die Hilfe“ des einflussreichen Sozialliberalen Friedrich Naumann bis 1902 trug, kommt dieser Zeitgeist klar zum Ausdruck: „Gotteshilfe, Selbsthilfe, Staatshilfe, Bruderhilfe!“ (Radkau 2013, 487). Sichtbar wird dieser Wandel auch in der Generierung neuer oder in der Neuaufladung alter Legitimationstopoi. Solche waren vor al­ lem „Genossenschaft“, „Selbstverwaltung“, „Gemeinwohl“ und „Ge­ meinwirtschaft“. Hierbei handelte es sich teilweise auch, aber nicht nur, um juristische Begriffe, um Begriffe also, mit denen einerseits bestimmte Phänomene rechtssystematisch auf den Punkt gebracht wurden, andererseits um im politischen Tageskampf wirkungsvoll einsetzbare – weil positiv konnotierte – Schlagworte. Genossenschaft: Der Genossenschaftsbegriff machte insofern einen Wandel durch, als er nicht mehr vorwiegend staatsfrei ak­ zentuiert wurde, wie dies noch bei Beseler (1843, insb. 162) der Fall war – bei Gierke wird bereits eine differenzierende Betrachtungswei­ se sichtbar (Gierke 1868, 907 ff.; 1873, 865 ff.). Das tat der Attraktivität dieses Schlagworts aber keinen Abbruch. Die Indienstnahme von als „Genossenschaft“ bezeichneten alten oder neuen Organisations­ formen für öffentliche, staatlich definierte Aufgaben (s. dazu S. 44 f.) weitete das Genossenschaftsverständnis über dasjenige der privaten Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, wie sie im deutschen Genossenschaftsgesetz von 1889 geregelt waren, hinaus aus; schließ­ lich ließen sich damit sogar die Kartelle legitimieren und somit gegen Kritik abschirmen (Nörr 1994, 28 ff.; Richter 2007, 103 f.). Die „öffent­ liche Genossenschaft“ erfuhr juristische Anerkennung (s. S. 65 f.) und in dieser Wortschöpfung kam die die neue Zeit kennzeichnende

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organisatorische Amalgamierung von nichtstaatlichem Engagement und staatlicher „Betreuung“ sinnfällig zum Ausdruck. Selbstverwaltung : Auch der Selbstverwaltungsbegriff unterlag einem Bedeutungswandel. Sicher wurde er noch als Kampfbegriff eingesetzt, um sich gerade gegen eine staatliche Einverleibung vor­ mals gesellschaftlicher Selbstregulierung zu wehren, z. B. bei der Reform der Krankenversicherung (Quellensammlung 1999, 72 f., 342) oder bei der Überwachung technischer Anlagen (Feld 2007, 198). Aber die staatlichen Interventionen konnten sich gerade auch da­ durch legitimieren, dass man versprach, Selbstverwaltungselemente in die neu zu schaffenden staatlichen Steuerungszusammenhänge zu integrieren. Selbstverwaltung ließ sich somit als tragender Pfeiler eines das Volk zwar nicht emanzipierenden, aber integrierenden Staatsverständnisses konstruieren. Gemeinwohl: „Gemeinwohl“ wurde zum zentralen Rechtfer­ tigungstatbestand staatlicher Intervention. Neu war indes auch der Gemeinwohlbegriff nicht. Nur müssen auch hier verschiedene Bedeutungen und Verwendungsweisen unterschieden werden. Ein absolutistisches Gemeinwohlverständnis konzentrierte die Deu­ tungs- und Bestimmungsmacht beim Monarchen, der Bürger befand sich als Untertan in einer Objektrolle. In einem marktwirtschaft­ lich-liberalen Verständnis stellt sich Gemeinwohl als individuell nicht intendiertes Resultat der Verfolgung von Eigeninteressen ein. Die Genossenschaftsidee, wie sie von Gierke vertreten wurde, machte hingegen autonome Kollektive zu Gemeinwohlträgern. Im rechtsstaatlich verfassten Interventionsstaat legitimierte Gemein­ wohl Freiheitseinschränkungen (Bohlender 2001; Malowitz 2002). Damit ist das Gemeinwohlverständnis der interventionsstaatlichen Periode allerdings nur unzureichend erfasst, denn diese Ausrich­ tung bezieht sich nur auf die eingriffsstaatliche Dimension. In der kooperativstaatlichen Dimension wurden mit Hilfe von Gemein­ wohlstandards zunächst diejenigen nichtstaatlichen Aktivitäten und Organisationsformen identifiziert, die „Gemeinwohlrelevanz“ aufwiesen und in den staatlichen Aufgabenverbund integriert wer­ den konnten. Hierauf gründeten sich Maßstäbe staatlicher Lenkung, aber auch autonomer Entfaltung. Damit bildete Gemeinwohl eine geistig-politische Grundlage regulierter Selbstregulierung (Collin 2014a, 13). Gemeinwirtschaft: Schließlich vermochte sich die Gemein­ wirtschaftsidee breite Aufmerksamkeit und Zustimmung zu ver­

Selbstverwaltung

Gemeinwohl

Gemeinwirtschaft

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42 | Teil 1 Einführung

schaffen. Obwohl der Begriff schon in den 1830er Jahren einge­ führt worden war, gelang es erst den Arbeiten von Albert Schäff­ le – und an ihn anschließend Adolph Wagner und andere – Ge­ meinwirtschaft als Orientierungsmodell für eine Neuordnung der Ökonomie zu konzipieren (Fabian-Sagal 1910, 160 ff.; Kahl­ mann 1935, 31 ff.; Schmidt 2010, 163). Blaupause für konkrete praktische Umsetzungen war das Gemeinwirtschaftskonzept da­ mit noch nicht, dies geschah erst im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik (s. S. 66, 81); auch als gesetzessprachli­ cher Begriff tauchte der Terminus nur ganz vereinzelt auf (§ 45 Wassergenossenschaftsgesetz 1879). Aber auch als noch nicht fest umrissenes Konzept markierte es eine zunehmende Akzep­ tanz, Teile der Wirtschaft nicht mehr der marktkapitalistischen Logik zu überlassen, sondern auch nach Gemeinwohlgesichts­ punkten zu organisieren. Konzipiert und legitimiert wurde damit ein Sektor „organisierter Wirtschaft“, der sich allgemein gesagt durch folgende Merkmale auszeichnete: die kollektive Organisa­ tion von Wirtschaftsakteuren, eine staatliche Aufsicht mit mehr oder weniger Lenkungsmacht, die Berücksichtigung sozialpoli­ tischer Belange (Nörr 1991, 355). Dass es hierbei der Schaffung von Regelungsstrukturen bedurfte, die die Beiträge staatlicher und nichtstaatlicher Akteure aufeinander abstimmen mussten und die weder allein der Logik des Privatrechts noch eines rein eingriffsrechtlich konturierten Verwaltungsrechts folgen durf­ ten, ist unmittelbar einleuchtend. Allerdings ließ die Etablie­ rung derartiger Strukturen auf gesamtstaatlicher Ebene noch auf sich warten; der kommunale Sektor erwies sich hier als Vorreiter (s. S. 53 f.).

2.3.2 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements Organisationsformen Der heraufziehende Interventionsstaat brachte neue Organisations­ formen privat-staatlicher Koordination hervor, alte verloren teilweise an Bedeutung. Vor allem aber entstand eine bis dahin nicht vorhan­ dene Organisationsvielfalt. Dies hing vor allem damit zusammen, dass sich der Bereich öffentlicher Aufgabenerfüllung massiv auswei­ tete und neue Aufgabenfelder entstanden. Es bildete sich der breite Sektor der „Daseinsvorsorge“ (Ernst Forsthoff) heraus, mit neuen

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Zweigen einer „Leistungsverwaltung“, für die sich hergebrachte ad­ ministrative Instrumente oft als dysfunktional erwiesen. Aktiengesellschaften: In ihrer Eigenschaft als Orte der Geltend­ machung staatlichen Einflusses verloren die Aktiengesellschaften erheblich an Bedeutung. Mit der Aktienrechtsnovelle von 1870 hatte sich der Staat aus den Aktiengesellschaften zurückgezogen, auch im Gefolge des Gründerkrachs kehrte er nicht mehr zurück. Die So­ lidität der Aktiengesellschaften hoffte man vielmehr dadurch zu stärken, dass man die Verantwortlichkeitsstrukturen innerhalb der AG änderte und den Aktionären stärkere Mitwirkungsrechte zu­ wies (Aktienrechtsnovelle 1884) (Hofer 2007; Ellenberg 2012, 20 ff.); weitergehende Wünsche nach Einsetzung staatlicher Beamter in den Aktiengesellschaften, wie von Schmoller vorgebracht (Radkau 2013, 485), hatten keinen Erfolg. Das Sonderrechtsregime für Eisen­ bahnaktiengesellschaften hielt man zwar aufrecht (S. 22 f.), mit der Verstaatlichung des Eisenbahnwesens verringerte sich dessen An­ wendungsbereich aber ganz erheblich. Lediglich für das weitgehend nichtstaatliche Kleinbahnwesen, dessen Unternehmen sich auch als AG organisieren konnten, schuf das preußische Kleinbahngesetz von 1892 einen Rechtsrahmen, der dem Staat noch etliche Mitbe­ stimmungsbefugnisse einräumte – wenn auch im Vergleich zum allgemeinen Eisenbahnrecht in geringerem Umfang (Collin 2015). Vereine: Mit der Regelung des Vereinswesens im BGB und im Reichsvereinsgesetz 1908 war das Vereinswesen konsolidiert und – ohne die Defizite ausblenden zu wollen (z. B. Möglichkeit des Entzugs der Rechtsfähigkeit bei Vereinen mit politischer, sozialpolitischer oder religiöser Zweckverfolgung, § 43 BGB) – weitgehend liberalisiert worden (Vormbaum 1976, 125 ff.; Bär 2003, 252 ff.). Von ihrer Grund­ anlage her handelte es sich bei Vereinen um rein nichtstaatliche Organisationsformen. Allerdings bedeutete das nicht, dass Vereine nicht mehr in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben integriert und (teil­ weise) staatlicher Steuerung unterworfen wurden – im Gegenteil: dieser Prozess verstärkte sich vielmehr, so dass in funktioneller Hin­ sicht sogar von einer Annäherung von Verein und öffentlicher Kör­ perschaft gesprochen werden kann (Bieback 1976, 345). Nur vollzog sich das nicht über den Einsatz aufbauorganisatorischer Elemente, sondern auf andere Weise. Zunächst konnte man es mit Vereinen zu tun haben, die personell von kommunalen oder staatlichen Amts­ waltern dominiert wurden, dies war z. B. der Fall beim „Verein für öffentliche Gesundheitspflege“ (Jellinghaus 2006, 98 ff.) oder bei

Aktiengesell­ schaften

Vereine

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Privatrechtliche Genossenschaften

Öffentliche Ge­ nossenschaften

landwirtschaftlichen Zentralvereinen, die zudem oft stark von staat­ lichen Subventionen abhängig waren (Ratjen 1981, 5 f.; Steinbeck 1997, 25; Harrecker 2006). Denkbar war auch, dass staatliche Reprä­ sentanten überhaupt nicht nach außen hin in Erscheinung traten, sondern nichtstaatliche Akteure für Vereinszusammenschlüsse und die Umsetzung amtlicher Politiken gewonnen wurden, besonders augenscheinlich war dies bei der „Zentralstelle für Arbeiter-Wohl­ fahrtseinrichtungen“, die de facto beim preußischen Handelsmi­ nisterium angesiedelt war (Kaerger 1996, insb. 52). Und schließlich organisierten sich öffentlich-rechtlich verfasste Körperschaften in privatrechtlichen Zentralverbänden, wie z. B. die Handelskammern im Deutschen Handelstag (Pohl/Treue Hg. 1987) oder die Kranken­ kassen im Gesamtverband deutscher Krankenkassen. Genossenschaften:AuchdieRechtsformderGenossenschafthatte sich in Gestalt der privatrechtlichen Erwerbs- und Kreditgenossen­ schaftenalsgrundsätzlichstaatsfreieEinrichtungetabliert.ImReichs­ genossenschaftsgesetz von 1889 waren für ganz Deutschland einheit­ liche Standards geschaffen: Einer staatlichen Genehmigung bedurfte es nicht, ausreichend war die Eintragung im Genossenschaftsregister. Auch zaghafte Versuche, für die Genossenschaften eine Staatsauf­ sicht zu statuieren, bekamen keine parlamentarischen Mehrheiten (Schubert 1988; Schubert 1989). Die Einbeziehung dieser privatrechtli­ chen Genossenschaften in öffentliche Aufgaben erfolgte überwiegend über Auftragsvergaben, insbesondere bei landwirtschaftlichen und Baugenossenschaften (Draheim 1955, 224). Die Grundlagen für eine stärker institutionalisierte Steuerung wurden 1895 mit der Errich­ tung der öffentlich-rechtlich verfassten Preußischen Zentralgenos­ senschaftskasse gelegt, die zum wichtigsten Kreditgeber der Genos­ senschaften wurde. Obwohl man Bedenken hegte, dass durch eine derartige „Staatskrippe“ die Staatsfreiheit des Genossenschaftswe­ sens unterminiert werden würde (Crüger 1909, 7), führte die Aussicht auf finanzielle Förderung zur Bildung zahlreicher neuer Genossen­ schaften (Handbuch der Kredit-Genossenschaften, Tuschinsky Bearb. 1928/29, XXXVI). Auch wenn noch weitgehend auf die Verbindung von Förderung und inhaltlichen Vorgaben verzichtet wurde – dies geschah erst in der Weimarer Zeit (s. S. 91) – schuf man damit eine starke Abhängigkeit von staatlicher Finanzhilfe (Brockmann 1913, 53). Schon von der Jahrhundertmitte an entwickelte sich jedoch noch ein weiterer Zweig des Genossenschaftswesens: der der öffentlichen Genossenschaften, die nicht dem Rechtsregime des privatrechtlichen

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Genossenschaftsrechtsunterstanden.Anknüpfenkonntendiesezwar auch an ältere Formen vor allem ländlicher genossenschaftlicher Öko­ nomie (Deichgenossenschaften), im Großen und Ganzen handelte es sich aber um Neuschöpfungen, vor allem seit den 1850er Jahren: Jagdgenossenschaften, Wiesen- und Meliorationsgenossenschaften, Waldgenossenschaften und Fischereigenossenschaften (Gierke 1868, 768 ff.). Die rechtliche Gestaltung variierte, als gemeinsamer Nenner ist jedoch festzuhalten, dass Private durch staatlichen Akt (teilweise bedurfte es auch einer mehrheitlichen Zustimmung der Betroffenen) zum Zwecke der Verteilung von Nutzungen und/oder Bewirtschaf­ tungspflichten zusammengefasst wurden. Einen herausragenden Platz nahmen hierbei die Wassergenossenschaften ein: Für die Re­ gulierung größerer Flüsse, die durch die Industrialisierung Schaden genommen hatten, wurden Kollektivzusammenschlüsse gebildet, die sich zumeist aus den anliegenden Kommunen und wassernutzenden Unternehmen zusammensetzten. Setzte man im verhältnismäßig li­ beralen Wassergenossenschaftsgesetz von 1879 noch überwiegend auf Freiwilligkeit, ging man um die Jahrhundertwende konsequent zu Zwangsvergenossenschaftungen über. Man bildete öffentliche Zwangsgenossenschaften, wie die Emschergenossenschaft nach dem Emschergesetz von 1904, oder wandelte private Vereinigungen in öffentlich-rechtliche Genossenschaften um, wie im Falle des Ruhr­ talsperrenvereins (Ruhrtalsperrengesetz 1913). Endgültig den Über­ gang von der freiwilligen zur Zwangswassergenossenschaft besie­ gelte das preußische Wassergesetz von 1913. Es bildete sich somit ein Zweig des Genossenschaftswesens heraus, der mit dem libera­ len Genossenschaftskonzept, für welches die Namen Raiffeisen und Schulze-Delitzsch standen, nichts mehr zu tun hatte. Dieser Genos­ senschaftszweig war in die mittelbare Staatsverwaltung überführt worden und gehörte von nun an zum Kreis der öffentlichen Körper­ schaften. Öffentliche Körperschaften: Wie gezeigt wurde (S. 23), hatte die Bildung öffentlicher Körperschaften schon vor den 1870er Jahren ein­ gesetzt. Mit der Herausbildung des Interventionsstaats aber wurden sie zur Standardorganisationsform der Inkorporation gesellschaftli­ cher Akteure. Im Wesentlichen zeichneten sie sich durch folgende Merkmale aus: Zwangsmitgliedschaft, vereinsmäßige Binnenstruk­ tur mit Mitgliederversammlung und (meist) selbstgewähltem Vor­ stand sowie Staatsaufsicht (die sich zumeist auf die Rechtsaufsicht beschränkte). Diese Strukturmerkmale spiegeln auch die Tendenz

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Strukturmerk­ male öffentli­ cher Körper­ schaften

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Wirtschaftsund Berufskammern

zur verstärkten öffentlich-rechtlichen Armierung gesellschaftlicher Partikularinteressen bei gleichzeitiger Wahrung (in Reserve stehen­ der) staatlicher Einflussmacht (Bieback 1976, 344 ff.). Drei Gruppen lassen sich im Großen und Ganzen unterscheiden: Die Wirtschaftsund Berufskammern, die Selbstverwaltungsorganisationen der So­ zialversicherung und die soeben beschriebenen und deswegen hier nicht weiter zu behandelnden zwangsgenossenschaftlichen Formen der Bewirtschaftung und Pflege natürlicher Infrastrukturen. Zu be­ achten ist allerdings, dass im damaligen Sprachgebrauch teilweise alle nichtkommunalen öffentlichen Körperschaften unter den Genos­ senschaftsbegriff subsumiert wurden (Rosin 1886; Gierke 1895, 619). Das Kammerwesen ergriff immer weitere Wirtschaftszweige und Berufsgruppen. Eine Vorreiterrolle hatten die Handelskammern ge­ spielt, hinzu kamen unter dem Druck des Handwerks, das eine eigen­ ständige amtliche Interessenvertretung anstrebte, die Handwerks­ kammern (John 1987). Stärker aufgrund staatlicher Initiative, vor allem zur Durchsetzung von agrarischen Modernisierungskonzeptio­ nen, bildeten sich die Landwirtschaftskammern heraus (Steinbeck 1997, 35 f.; Aldenhoff-Hübinger 2002, 197 f.). Bei den kammermäßig organisierten Berufsgruppen sind vor allem die Rechtsanwälte und Ärzte zu nennen. Ihnen lag besonders daran, die Disziplinaraufsicht über die Einhaltung der Standesregeln in eigene Regie zu überneh­ men (Siegrist 1996, 379 ff.; Huerkamp 1985, 248 ff.). Die Ausbildung des Kammerwesens stellte einerseits einen Verstaatlichungsschub von nicht zu unterschätzender Bedeutung dar. Es entstanden Ge­ bilde, die der Exekutive nicht nur als Informationslieferanten zur Verfügung standen, entscheidend war vielmehr, dass gesellschaft­ liche Selbstorganisation nunmehr zu einem Gutteil unter staatli­ cher Aufsicht stattfand. Deren Instrumente waren, wenngleich in den verschiedenen Kammergesetzen variierend: ein Bestätigungs­ recht für Satzungen, ein Beanstandungsrecht in Bezug auf Kammer­ aktivitäten, notfalls die Einsetzung von staatlichen Kommissaren. Schließlich begaben sich die Kammern teilweise auch in finanzielle Abhängigkeit vom Staat, da sich ihr Haushalt zwar größtenteils aus Mitgliederbeiträgen speiste, die Einziehung der Beiträge teilweise jedoch auf staatliche Mithilfe angewiesen war; im Falle der Hand­ werkskammern waren es sogar die Gemeinden, die deren Kosten zu tragen hatten – wenn auch mit der Option, diese wiederum auf Handwerksbetriebe umzulegen (§ 103l GewO i. d. F. von 1897). Auf der anderen Seite war die kammermäßige Organisation von den be­

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treffenden Gruppen größtenteils gewollt. Denn sie war mit Vorteilen verbunden: Zum Teil war damit die Überweisung amtlicher Befug­ nisse verbunden, die Zwangsmitgliedschaft schuf eine solide Finan­ zierungsbasis und man konnte sich darauf berufen, „alle“ Mitglieder des betreffenden Berufs- bzw. Wirtschaftszweigs zu vertreten. Nicht zuletzt dadurch und aufgrund der amtlichen Verfassung verstärkten sich die Chancen, von der Exekutive gehört zu werden und damit partikulare Interessen – eingekleidet in Gemeinwohlargumente – stärker geltend machen zu können (Collin 2011a, 276). Das Kammerwesen konnte wenigstens in Teilen auf Entstehungs­ zusammenhänge zurückgeführt werden, die noch in der ersten Hälf­ te des 19. Jahrhunderts (oder noch weiter zurück) lagen. Eine In­ novation stellten demgegenüber die öffentlichen Körperschaften der Sozialversicherung dar: die Krankenkassen nach dem Kranken­ versicherungsgesetz von 1883 und die Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung nach dem Unfallversicherungsgesetz von 1884 (die Rentenversicherung hingegen war nicht körperschaftlich, son­ dern anstaltlich organisiert). Der Unterschied zum Kammerwesen ist in funktionaler Hinsicht gravierend. Die Kammern agierten als Inter­ essenvertreter und Informationsmittler. In die Erfüllung öffentlicher Aufgaben waren sie nur teilweise einbezogen. Krankenkassen und Berufsgenossenschaften der Unfallversicherungen hingegen kam die Funktion zu, weitgehend eigenverantwortlich ganze Sektoren – und zwar Sektoren von immensen Ausmaßen – der Leistungsver­ waltung zu bewirtschaften. Das war ein Qualitätssprung. In ihrer organisatorischen Struktur entsprachen sie dem schon geschilder­ ten Körperschaftsmuster: Zwangsmitgliedschaft, mitgliedschaftliche Verfassung – bei den Krankenkassen die versicherten Arbeitnehmer (allerdings mit Arbeitgeberrepräsentanz in Generalversammlung und Vorstand), bei den Berufsgenossenschaften die Arbeitgeber (oh­ ne mitgliedschaftliche Beteiligung der Arbeitnehmer) –, also asso­ ziationsmäßige Binnenverfassung, Staatsaufsicht. Hinzu kam – und hier macht sich ein weiterer Qualitätssprung bemerkbar –, dass das Krankenkassenwesen eine soziale Gruppe in die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben einbezog, die bislang von der Beteiligung an Verwaltungsaufgaben weitgehend ausgeschlossen war: die Arbeiter­ schaft. Nicht wenige sozialdemokratische Politiker begannen ihre Laufbahn als Kassenangestellte. Beiräte: Ferner ist eine Organisationsform zu nennen, deren mas­ senhafte Ausbreitung ebenfalls in die Zeit seit den 1870er Jahren fällt:

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Körperschaften der Sozialversi­ cherung

Beiräte

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Verbände

die Beiräte (Hacker 1903). Dabei handelt es sich um Gremien, die mit nichtstaatlichen Akteuren besetzt waren und der Staatsverwal­ tung, ob nun bei der Gesetzgebungsvorbereitung oder bei exekuti­ ven Zentralentscheidungen, beratend zur Seite standen. In welchem Maße ihr Votum entscheidungsbeeinflussend war, entzieht sich ei­ ner verallgemeinernden Bewertung (Rudloff 2012). Gleiches gilt für die Frage, inwiefern in den Beiräten partikulare Interessenwahrneh­ mung oder „nur“ fachlich-wissenschaftliche Beurteilung zum Tragen kam; dies konnte sich im Laufe der Zeit selbst innerhalb eines Bei­ rats ändern, wie Schockmann (2008, zusammenfassend 373) für den preußischen Apothekerrat gezeigt hat. Dass Beiräte – einem techno­ kratischen Beiratsverständnis entsprechend – administrative oder gar legislative Entscheidungsgewalt faktisch an sich zogen, war die absolute Ausnahme. Am ehesten noch entspricht diesem Bild der preußische Landeseisenbahnrat (Seffzig 2003), der gutachterliche Stellungnahmen zu den für die Wirtschaft außerordentlich wichti­ gen Spezialtarifen abzugeben hatte und mit seinen Stellungnahmen über weite Strecken die Tarifsetzung bestimmte (Der Preußische Lan­ deseisenbahnrat 1908, 39 ff.). Ansonsten kann schon deshalb nicht von einer einseitigen Determinierung hoheitlicher Entscheidungen durch Beiräte die Rede sein, weil diese oft nur eine Stimme in einem vielköpfigen Chor von entscheidungsbeeinflussenden Akteuren be­ saßen. Auf jeden Fall handelte es sich aber um einen Treffort, der nicht nur die Staatsbürokratie mit Informationen versorgte, auf die sie wegen der Inkongruenz von neuen Aufgabenfeldern und zur Ver­ fügung stehendem staatlichen Wissen so dringend angewiesen war, sondern wo nichtstaatliche Akteure ihre Belange mit amtlich legiti­ miertem Anspruch auf Gehör einbringen konnten. In dieser Weise verhießen sie eine neue Form staatlich-gesellschaftlicher Bewälti­ gung öffentlicher Angelegenheiten (Zahn 1914, 731 f.). Verbände: Ab den 1870er, mehr noch ab den 1880er Jahren ex­ pandierte das Interessenverbandswesen (Boch 2004, 25 ff.). Schon um die Jahrhundertwende war ihre Zahl kaum noch überschaubar (Krueger 1908). Diese Verbände waren in der Regel als rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Vereine organisiert, wobei der Unterschied in der Praxis kaum eine Rolle spielte (Herrmann 1979, 666 ff.). An sich handelte es also um Vereinigungen, deren rechtliche Konstruk­ tion keine Verbindungslinien mit staatlich organisierter Erfüllung öffentlicher Aufgaben erkennen ließ. Die Bezüge waren vermittelter und werden vor allem durch einen Blick in die Praxis sichtbar. Zum

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einen kann man von einer Aufgabenverteilung zwischen öffentlichrechtlichen Kammern und Verbänden sprechen. Kammern waren ebenfalls Organe der Interessenvertretung, konnten aber nicht in jeder Hinsicht interessenvertretend wirken. Erstens hatten sie ei­ nen gesamten Wirtschaftsbereich zu vertreten, konnten innerhalb dessen auftretende Partikularinteressen also nicht vordergründig bedienen, sondern mussten vielmehr auf Ausgleich hinwirken, zwei­ tens erlegte ihnen ihre amtliche Stellung eine gewisse Zurückhaltung auf (Blaich 1979, 3). Den Part offensiveren Lobbyings konnten also die Verbände übernehmen und übernahmen ihn auch. Und weiter verknüpften sich die Verbände in vielfältiger Weise mit amtlichen Entscheidungsprozessen: durch die Zuleitung von Informationen an die Verwaltung, durch die Mitgliedschaft in Kammern oder ihre Repräsentanz in Beiräten, schließlich als regelmäßig konsultier­ te Gesprächspartner der Gubernative bei Gesetzgebungsvorhaben. Letzteres allerdings entwickelte sich in systematischer Form erst zum Ende des hier behandelten Zeitabschnitts. In der ersten Zeit überwogen noch individuelle Kontakte und Einflussnahmen, z. B. auf einzelne Parlamentarier (Lauterbach 2000, 215 ff.).

Aktionsfelder Normsetzung: Mit der Zunahme organisierter gesellschaftlicher Ak­ teure weitete sich auch die nichtstaatliche Normenproduktion aus. Der Staat war in mannigfaltigen Formen hieran beteiligt. Allerdings sind verschiedene Dimensionen der Normsetzung zu unterscheiden. Strukturell änderte sich wenig an der internen Normsetzungsge­ walt von Verbänden. Vereine, Genossenschaften und Körperschaf­ ten regelten ihre Binnenverhältnisse durch Satzung. Soweit es sich um öffentlich-rechtliche Verbände handelte, verlieh die Staatsauf­ sicht dem Staat Ingerenzmöglichkeiten, typischerweise durch Ge­ nehmigungsvorbehalt. Häufig gewähltes Mittel waren auch staat­ lich verfasste Mustersatzungen, die diesen Verbänden zur Anlei­ tung dienen sollten. Mit der wachsenden Zahl öffentlich-rechtli­ cher Körperschaften vergrößerte sich auch der Bereich gesellschaftli­ cher Selbstorganisation, dessen Binnenräume staatlich beeinflusster Satzungsregelung unterstanden. Hinzu kam, dass die Satzungsge­ walt immer nur innerhalb der Spielräume ausgeübt werden konn­ ten, die das staatliche Organisationsrecht ließ. Die interne Rege­ lung solcher Verbände war also in zweifacher Hinsicht staatlich

Interne Norm­ setzung

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Externe Norm­ setzung durch Kommunen

Externe Norm­ setzung durch andere Körper­ schaften

reguliert: durch Staatsaufsicht und durch gesetzliches Rahmen­ recht. Allerdings vermittelte das Satzungsrecht grundsätzlich nicht die Kompetenz zum Erlass von außenwirksamen Regelungen. Der­ artiges war zunächst nur den Kommunen vorbehalten (wobei sich die Grenzen zwischen „innen“ und „außen“ hier anders darstell­ ten als bei nichtkommunalen Verbänden) und zwar vor allem für den Bereich der Bauleitplanung: zunächst im badischen Ortstra­ ßengesetz von 1868, dann im berühmten preußischen Fluchtlini­ engesetz von 1875. Das Satzungsrecht war auch das Instrument, mit dessen Hilfe die Kommunen ihre infrastrukturellen Vorstel­ lungen umsetzen konnten. Insbesondere das Nahverkehrswesen, die Kanalisation und die Wasserversorgung entstanden so unter kommunaler Regie (Albers 1967; Matzerath/Thienel 1977; Fisch 1997; Schott 1999). Zu einem Gutteil indes konnte die rechtliche Realisierung von Planungskonzeptionen nur im Zusammenwirken mit staatlicher Normsetzung gelingen. Denn als gesellschaftlichen Verbänden stand den Kommunen die Polizeigewalt nur zu, wenn eine dahingehende Ermächtigung vorlag. Dies war in Baden der Fall, nicht jedoch in Preußen. Dort konnte die Kommune zwar den Plan für die Wasserversorgung bestimmter Gebiete festsetzen, für die Festlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs bedurfte es jedoch einer (staats-)polizeilichen Verordnung (Grzywatz 1997, insb. 208). Im Übrigen konnten öffentlich-rechtliche Körperschaften nur dann außenrechtliche Regelungen erlassen, wenn sie hierzu ermäch­ tigt wurden. Das war etwa bei den Handwerkskammern der Fall, denen das Recht zustand, das Lehrlingswesen und die Meisterprü­ fung zu regeln (§§ 103e Ziffer 1, 133 Abs. 4 GewO i. d. F. von 1897), oder bei den Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung, die Vorschriften zur Unfallverhütung zu erlassen hatten (§§ 78 ff. Un­ fallversicherungsgesetz 1884) (Ayass 2012). Allerdings spielten die öffentlich-rechtlichen Körperschaften darüber hinaus eine nicht zu unterschätzende Rolle als Autoritätsvermittler. Hierbei traten be­ sonders die Handelskammern hervor, indem sie maßgeblich zur normativen Wertsteigerung Allgemeiner Geschäftsbedingungen bei­ trugen. Denn in welchem Maße AGB rechtliche Wirkungen entfal­ teten, war heiß umstritten. De facto aber konnten sie an Akzeptanz gewinnen, wenn sie von den Handelskammern „anerkannt“ wurden (Dove 1916, 370).

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Enormen Auftrieb gewann seit Ende des 19. Jahrhunderts die technische Normierung. Hierbei handelt es sich um einen Oberbe­ griff, der z. B. Liefernormen, Qualitätsnormen, Sicherheitsnormen, Verfahrensnormen oder Maßnormen umfasste (Wölker 1992, 32). Normsetzer konnten einzelne Unternehmen sein oder – was für die hier verfolgten Fragestellungen von größerem Interesse ist –, Ver­ bände, die überbetriebliche Standards entwickelten. Für die Einord­ nung derartiger Normen ist es wichtig, zwei Geltungsdimensionen zu unterscheiden. Natürlich war eine „autonome“ verbandliche Nor­ mierung ohne Staatseinfluss möglich. Aber erstens erstreckte sich die Verbindlichkeit derartiger Regeln dann nur auf die Verbandsmit­ glieder und zweitens vermittelten sie den Mitgliedern keine hinrei­ chende Sicherheit z. B. in Bezug darauf, ob die Einhaltung dieser Normen im Rahmen behördlicher technischer Sicherheitsüberprü­ fung auch als hinreichend anerkannt wurde. Für beides bedurfte es einer Koordination der Normsetzung mit staatlicher Autorität, sei es, dass derartige Regelwerke als „anerkannte Regeln der Technik und Wissenschaft“ amtlich akzeptiert, sei es, dass sie den Überwa­ chungsbehörden in anderer Weise als Prüfungsmaßstab vorgegeben wurden (Vec 2006, insb. 260 f.; Feld 2007, insb. 206). Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts schließlich verstärkte sich eine Form der Normvermittlung, die sich als mittelbare Normset­ zung bezeichnen lässt. Auch hier wieder spielten die Handelskam­ mern in ihrer hybriden Funktionalität als amtliche Autorität und als Interessenvertretung der Wirtschaft eine zentrale Rolle: bei der „Kodifikation“ – wie es zeitgenössisch hieß – von Handelsbräu­ chen. Handelsbräuche waren kein Recht. § 346 HGB (1897) schrieb allerdings vor, dass bei der rechtlichen Bewertung des Verhaltens im Handelsverkehrs auf diese Gebräuche Rücksicht zu nehmen sei. Das war zugleich eine von den Gerichten zu beachtende In­ terpretationsregel. In den Handelskammern sammelte man unter Anleitung der rechtskundigen Syndici Informationen über die loka­ len Gewohnheiten, transformierte diese in rechtssatzförmige Texte und systematisierte sie. Dies geschah in großem Umfang (Schreiber 1922, 17). Damit schuf man einerseits ein nunmehr mit amtlicher Autorität versehenes Material, an dem sich die Handelspraxis orien­ tieren konnte, andererseits konnten sich die Gutachter der Handels­ kammern darauf stützen, die von den Gerichten im Rahmen des § 346 HGB hierzu angehört wurden (Stein 1907, insb. 82; Deparade 1927).

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Technikstandards

Mittelbare Normsetzung durch „Kodifikation“

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Mittelbare Normsetzung durch Beiräte?

Staatlich-kom­ munal-private Verflechtungen

Wohlfahrtspflege

Ebenfalls als eine Form mittelbarer staatlich-privater Normie­ rung lässt sich – wenn auch mit erheblichen Einschränkungen – die Beiziehung von Beiräten einstufen. Für eine derartige Einordnung lässt sich zunächst anführen, dass die Einbeziehung (organisierter) nichtstaatlicher Akteure in Normsetzungsprozesse diesen die Mög­ lichkeit gibt, als diskrete Normsetzer im Hintergrund zu wirken und so die Reproduktionsbedingungen des von ihnen repräsentierten Sektors zu regulieren. Angesichts der Vielstufigkeit der Entschei­ dungsprozesse und der Komplexität der Akteurskonstellationen las­ sen sich kausale Beeinflussungszusammenhänge allerdings nur sel­ ten feststellen (s. bereits S. 48). Festzuhalten ist aber, dass durch die Einschaltung von Beiräten gesellschaftliche Interessenvertretung die Möglichkeit bekam, Zumutbarkeits- und Machbarkeitsgrenzen zu kommunizieren und somit „rote Linien“ zu markieren, die auch von den eigentlichen Entscheidern nicht ohne weiteres ignoriert werden konnten. Verwaltungsmäßige Erfüllung von Aufgaben mit Gemeinwohlbe­ zug: Im administrativen Bereich lassen sich zunehmende privatstaatliche Verflechtungen vor allem auf kommunaler Ebene aus­ machen, wobei man allerdings von staatlich-kommunal-privaten Verflechtungen sprechen müsste, in der Geschichtswissenschaft auch als „lokale Governance“ bezeichnet (Altrock/Bertram/Fischer 2012). Der Staat war zumindest in Gestalt der Kommunalaufsicht immer präsent. Die private Seite präsentierte sich zumeist in Ver­ einsform. Dies betraf zunächst Gebiete, auf denen die Verteilung hoheitlicher Befugnisse eine geringere Rolle spielte, insbesonde­ re das Kultur- und (außerschulische) Bildungswesen. Hier kam es zu zahlreichen personellen Verflechtungen: Die bürgerlichen Eli­ ten traten als Mäzene, als außerhalb von Verwaltungsstrukturen ehrenamtlich Mitwirkende und als Teil der städtischen Funktio­ närsschicht auf. Vereine initiierten und organisierten städtische kulturelle Aktivitäten, die dann z. T. in kommunale Aufgabenbe­ stände übernommen wurden (Roth 2011). Kommunal-vereinsmäßige Koordination verstärkte sich aber auch auf dem Gebiet der Wohlfahrt. Zunehmend erweiterte sich das Leistungsspektrum und griff über die traditionelle Armenpflege hin­ aus (Sachße/Tennstedt 1988, 152). Vereine erbrachten Leistungen, die zu dieser hinzugezählt wurden, boten aber auch darüber hinaus­ gehende Dienste an, vor allem bei der Jugendfürsorge, der Mütter­ fürsorge, der Krankenpflege, der Wandererunterbringung und der

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Arbeitsvermittlung. Kommunal-vereinsmäßige Koordination zielte somit sowohl auf die Vermeidung von Mehrfachunterstützungen als auch auf gegenseitige Information zur rationelleren Verkoppelung von Leistungen (Sachße 1994, 15; Küster 1995, 242). Diese Koordina­ tion, zunächst recht urwüchsig entstanden und lokal unterschied­ lich ausgestaltet, richtete sich zunehmend nach Leitlinien, die der Deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit, ein Zentralver­ band der öffentlichen und privaten Wohlfahrtsträger, 1891 aufgestellt hatte und die die Errichtung gemeinsamer Stellen ebenso wie die Vertragsgestaltungen zwischen Vereinen und Kommunen regelten (Orthbandt 1980, 111 f.). Weiter breitete sich das Elberfelder Modell aus, welches die Übernahme von Unterstützungsaufgaben durch private Vereine gegen Zahlung von Zuschüssen oder Pflegegeldern vorsah (Wegener 1978, 61). Bei der Arbeitsvermittlung setzten sich analoge Kooperationsmuster durch (Buchner 2012, 221) (in Betracht kam allerdings auch eine neue aufbauorganisatorische Form – der kommunal-gewerkschaftliche paritätische Arbeitsnachweis, der seit den 1890er Jahren immer mehr Verbreitung fand [Zimmermann 2006, 149 ff.]). Die vertragliche Ausgestaltung solcher Auftragsverhältnisse orientierte sich dann auch oft an den zentralverbandlichen Leitli­ nien (Münsterberg 1891, 49 ff.; Huber 1912). Staatlicherseits war die Steuerung schwach, man beschränkte sich auf vage Abstimmungs­ vorgaben (Scharpff 1896, 231 f.). Staatlich-kommunal-private Koordination lässt sich schließlich auch bei der Einrichtung und dem Betrieb kommunaler Infrastruktu­ ren beobachten; für die wirtschaftshistorische Forschung ist dieser Sektor geradezu ein Referenzgebiet „hybrider Eigentums- und Ver­ fügungsrechte“ (Ambrosius 2012). In zeitlicher Reihenfolge betrifft dies folgende Bereiche: die Versorgung mit Gas, vor allem für die Straßenbeleuchtung; die Kanalisation und die Wasserversorgung; den städtische und regionale Zusammenballungen verbindenden Nahverkehr; die Elektrizitätsversorgung (Fisch 1997; Schott 1999; Stier 1999, insb. 155 ff.; Eibich 2004, 203 ff.; Jellinghaus 2006, 189 ff.; Templin 2009, 29 ff.). Präsent waren hier wieder der Staat als Kommu­ nalaufsichtsbehörde – teilweise auch als wirtschaftlicher Akteur (bei der Stromversorgung und als Eisenbahnbetreiber) –; die Kommune teils als Erbringer, teils als Garant oder Organisator der Leistungser­ bringung; private Unternehmen teils als selbstständige Leistungser­ bringer, teils als Beauftragte der Kommunen. Das brachte mannigfal­ tige Formen hervor, wobei allerdings Folgendes zu beachten ist: All

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Kommunale Infrastrukturen

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Verwaltung durch öffent­ liche Körper­ schaften

diese Infrastrukturen waren raumbeanspruchend. Die Herrschaft über den innerstädtischen Raum lag aber meist bei der Kommune, d. h. diese war in aller Regel Inhaberin der Wegerechte. Sämtliche Infrastrukturen waren abhängig von deren Einräumung. Dies war das zentrale Steuerungselement privat-kommunaler Kooperation. Das bedeutet nicht, dass die Kommunen diese nach ihrem Belieben ausgestalten konnten. Gerade bei der Elektrizitätsversorgung zeigte sich, dass die technologisch-materiellen Ressourcen von Privatunter­ nehmen Kommunen in eine schwächere Position drängen konnten, was wiederum staatliche Interventionen zur Verhinderung privater Übervorteilung auf den Plan rief (Siegel 1930, 138 ff., 253 f., 281 ff., 410 f., 503 ff.). Im Ergebnis kam es seit dem Ende des 19. Jahrhun­ derts zu einer Kommunalisierung von Infrastrukturen, wobei der Begriff der „Kommunalisierung“ allerdings nur einen schwachen Erklärungsgehalt angesichts der sich herausbildenden Organisa­ tionsvielfalt aufweist. Kommunen konnten solche Infrastrukturen in verwaltungsmäßiger Form oder als privatrechtlich organisierte Betriebe – jedenfalls unter Ausschluss von Privatunternehmen – betreiben, sie an private Unternehmen verpachten oder gemischt­ wirtschaftliche Betriebe gründen (Krabbe 1985, 261 ff.; Hochreiter 1993, 58; Ambrosius 2012, 85 ff.). Eine zweite Ebene administrativer Aufgabenerfüllung bildete die Verwaltung durch (nichtkommunale) öffentliche Körperschaf­ ten. Zwei Unterschiede zur kommunalen Tätigkeit stechen besonders hervor. Erstens steht hier nicht die Kooperation mit anderen privaten Akteuren im Vordergrund. Vielmehr fungierten die Körperschaften selbst als Trefforte staatlicher und nichtstaatlicher Belange, welche der Austarierung bedurften. Und zweitens konnte sich die adminis­ trative Tätigkeit der Körperschaften nicht wie bei den Kommunen auf Selbstverwaltungskompetenzen mit umfassender Geltungsreichwei­ te stützen. Vielmehr mussten sie im Rahmen von Spezialbefugnissen handeln, welche wiederum enger oder weiter gefasst sein konnten. Recht schmal geschnittene Aufgabenbereiche waren den Kammern zugewiesen worden, jedenfalls soweit es um Befugnisse mit hoheitli­ chem Charakter ging. Den Handelskammern war die Börsenaufsicht übertragen (§§ 1 Abs. 2 und 3, 9 Reichsbörsengesetz 1896), den Hand­ werkskammern die Überwachung der Innungen in Bezug auf das Lehrlingswesen (§ 103e Ziffer 2 GewO i. d. F. von 1897). Die Kran­ kenkassen hingegen waren in weitem Ausmaß mit der Ausführung des Krankenversicherungsgesetzes (bzw. dann der krankenversiche­

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rungsrechtlichen Bestimmungen der RVO) betraut. Ähnliches galt für die Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung, vor allem hatten sie in Bezug auf die Kernleistung dieser Materie, nämlich die Entschädigungsbeträge, die Festsetzungsgewalt und sie waren mit der Kompetenz zur Überwachung der Unfallverhütungsvorschriften ausgestattet (§§ 57, 82 ff. Unfallversicherungsgesetz 1884). Das Bild bleibt allerdings unvollständig, wenn man lediglich die Alleinentscheidungsbefugnisse der Körperschaften berücksich­ tigt. Koordinative Relationen besonderer Art entstanden durch die Festsetzung von Mitentscheidungsrechten der Körperschaften oder Berücksichtigungspflichten der staatlichen Verwaltung. Dies konnte in aufbauorganisatorischen Formen oder durch prozedurale Rege­ lungen geschehen. Für Ersteres steht z. B. die Entsendung von Ärz­ tekammervertretern in die Provinzial-Medizinal-Kollegien (§ 3 Ärzte­ kammerverordnung 1887) oder von Handels- und Landwirtschafts­ kammerrepräsentanten in die Wasserstraßenbauräte (§ 3 Abs. 1b Wasserstraßenbauratsverordnung 1907). In Bezug auf die zweite Spielart sind vor allem Anhörungsvorschriften zu nennen. So waren die Handwerkskammern vor der behördlichen Genehmigung von Ausbildungsvorschriften der Innungen zu hören (§ 100p i. V. m. § 93 Ziffer 5 GewO i. d. F. von 1897). Die Einbeziehung privatrechtlicher Verbände hingegen hielt sich – sieht man von der oben beschriebenen Integration von Wohl­ fahrtsvereinen in die kommunale Sozialverwaltung ab – in engen Grenzen. Auf die Überweisung polizeilicher Befugnisse an Bahnun­ ternehmen war schon hingewiesen worden (S. 22). Große Bedeutung erlangte jedoch die Selbstkontrolle durch technische Überwachungs­ vereine (TÜV). Die Überwachung von Unternehmen, die sich den Vereinen als Mitglieder angeschlossen hatten, verblieb noch im Be­ reich privater Selbstregulierung. Soweit sich die Kontrolle jedoch auf Nichtmitglieder erstreckte, wandelte sich diese Tätigkeit zu hoheit­ licher Gewerbeverwaltung und bedurfte staatlicher Ermächtigung (vom Feld 2007, 195). Es handelte sich somit um einen Fall von Pri­ vaten ausgeführter staatlicher Auftragsverwaltung. Ebenso wie sich die Einnistung privatrechtlicher Akteure in die staatliche Aufgabenerfüllung noch im Anfangsstadium befand, wur­ de die Einschaltung staatlicher Bestimmungsmacht in die operati­ ve Koordination genuin privatwirtschaftlicher Geschäfte in dieser Zeit erst in zaghaften Umrissen sichtbar, und zwar bei den Kartel­ len. Kartelle waren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs fast

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Mitwirkungs­ befugnisse von öffentlichen Körperschaften

Einbeziehung privater Verbände

Kartelle

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Alternativen zur staatlichen Justiz

ausschließlich privatrechtlich verfasst. Zwar wurde über ihre Voroder Nachteile für das Gemeinwohl heftig diskutiert, aber sie blie­ ben fester Bestandteil der privaten Wirtschaft und standen direkten staatlichen Einflüssen jedenfalls rechtlich nicht offen. Eine Ausnah­ me stellte allerdings die Kaliwirtschaft dar. Schon das Kalisyndikat von 1888 wies öffentlich-rechtliche Elemente auf. Denn die Festset­ zung der Rohsalzpreise stand unter dem Genehmigungsvorbehalt des preußischen Handelsministers (Nörr 1991, 348). Weitergehen­ de Versuche, die Kaliwirtschaft in Zwangskartelle zu überführen, scheiterten bekanntlich, da ein entsprechender Gesetzentwurf von 1909 keine parlamentarische Mehrheit fand (Maetschke 2008). Das dann erlassene Reichskaligesetz von 1910 sah aber immerhin eine staatliche Regulierungsbehörde, die sog. Verteilungsstelle, vor, de­ ren organisatorische Verfassung schon Gestaltungsmuster erkennen ließ, die die Regulierung der Wirtschaft im Weltkrieg und dann auch in der Weimarer Zeit prägen sollten. Denn sie setzte sich sowohl aus Staatsvertretern als auch aus Vertretern der Kaliwirtschaft zu­ sammen; soweit soziale Belange betroffen waren, wurden letztere teilweise von Arbeitervertretern ersetzt (§ 30 Reichskaligesetz 1910). Es handelte sich also nicht um eine einseitig staatliche Regulierung, sondern um eine Art Koregulierung auf mehreren Beziehungsebe­ nen: Staat und Wirtschaft sowie Unternehmer- und Arbeiterschaft. Justizielle Formen: Justiz war Staatssache. Das galt eigentlich erst recht nach Erlass der Reichsjustizgesetze, die die Rechtsprechung bei den ordentlichen Gerichten konzentrierten (§ 12 GVG 1877). Kurz nach dem Sieg des staatlichen Justizmonopols formierte sich allerdings eine Reformbewegung, die nicht nur die ordentliche Gerichtsbarkeit harscher Kritik unterzog (Dannreuther 1987, 122 ff.; Wilhelm 2010, 219 ff.), sondern teilweise auch auf Alternativen zur ordentlichen Jus­ tiz zielte (Wilhelm 2010, 419 ff.; Franck 2013, 158 ff.). Die Akteure der Debatte waren nicht immer die gleichen, aber man kann sagen, dass der Zug der Zeit zwischen etwa 1890 und 1910 ein weithin kommuni­ ziertes Bedürfnis nach „Sondergerichten“ war. Nur Weniges von dem, was an Forderungen in der Diskussion auftauchte, wurde realisiert, jedoch wurde in jener Zeit der Boden für die Akzeptanz neuer For­ men justizmäßiger Konfliktlösung bereitet, die sich durch folgende zwei Merkmale auszeichneten: die Berücksichtigung nichtjuristi­ scher Rationalitäten und die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure. Der Befund, dass man es hier mit Formen der Laienjustiz zu tun hat, ist nicht falsch, aber trägt nicht weiter. Nicht schlechthin volks­

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tümlicher Laienverstand sollte die Entscheidungsfindung tragen, sondern spezielles – dem Juristen nicht ohne weiteres zugängliches, ihm gar versperrtes – Sonderwissen um die Problemlagen des jewei­ ligen Sachbereichs. Es sollten Orte entstehen, wo sich widerstrei­ tende soziale und wirtschaftliche Belange nach sachspezifischen Billigkeitsgesichtspunkten austarieren ließen. Justiz in einem derart verstandenen Sinne musste so zum Aktionsfeld staatlich-privater Regelungsstrukturen avancieren. Derartige Regelungsmuster lassen sich zunächst im Bereich der Wirtschaft ausmachen. Allerdings drückte dies sich nicht in der Form einer eigenständigen Handelsgerichtsbarkeit aus – die Kam­ mern für Handelssachen bei den Landgerichten (§§ 100 ff. GVG 1877) waren nur ein schwacher Abglanz früherer Konzeptionen bzw. Rea­ lisierungsformen von Handelsgerichtsbarkeit (S. 30). Jedoch ent­ wickelten sich außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit Konflikt­ lösungsformen der Wirtschaft, die stetig an Bedeutung gewinnen und bald auch für andere Bereiche Vorbild sein sollten: die kauf­ männischen Schiedsgerichte. Wenn man von steigender Bedeutung spricht, ist damit nicht nur deren zahlenmäßiges Wachstum gemeint, sondern auch deren institutionelle Armierung. Das vom Zivilprozess­ recht (10. Buch der ZPO) vorgesehene Modell war das des Gelegen­ heitsschiedsgerichts, für das die streitenden Parteien Schiedsrich­ ter wählten. Zur Standardform wurde jedoch das branchenmäßig spezialisierte, ständige und bei den Handelskammern organisierte Schiedsgericht, welche nicht nur das organisatorische Hinterland boten, sondern zumeist auch die Schiedsgerichtsreglements erlie­ ßen (Reimer/Mußfeld 1931, 217 ff.). So verblieb es zwar bei der an sich privatrechtlichen Fundierung dieser Einrichtungen, durch die Anbindung an die Handelskammern und auch weil in weiten Be­ reichen die formularmäßige Festlegung der Schiedsgerichtsbarkeit zum Standard geworden war (Fuchs 1919, 423), gewannen sie aber quasiamtlichen Charakter; von manchen Autoren wurden sie hin­ sichtlich ihrer Autorität zwischen den Gelegenheitsschiedsgerichten und den Staatsgerichten eingeordnet (Haffner 1911, 62). Unter der Bezeichnung Schiedsgericht oder mit ähnlichen Na­ men versehen, entwickelten sich in der Folgezeit zahlreiche Kon­ fliktlösungseinrichtungen, die nun nicht nur de facto, sondern re­ gulär hoheitliche Justizgewalt ausübten. Die 1890 eingerichteten, für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zuständigen Gewerbegerichte (Zimmermann 2005, 134 ff.; Sawall 2007, 219 ff.) weisen dabei ein

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Nichtstaatliche Wirtschaftsge­ richtsbarkeit

Halbstaatliche Gerichtsbarkei­ ten im Arbeitsund Sozialrecht

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Inter- und intra­ verbandliche Gerichtsbarkeiten

eigenständiges Profil auf, da sie auch auf ältere Entwicklungslini­ en arbeitsrechtlicher Konfliktlösung zurückgeführt werden können (s. S. 30). Gleichzeitig lassen sie sich in einen Trend einordnen: Ne­ ben die ordentliche Gerichtsbarkeit – und auch neben die seit den 1860er Jahren sukzessive in den deutschen Ländern eingerichte­ te Verwaltungsgerichtsbarkeit (Henne 1998; Collin 2002) – traten justizmäßige Einrichtungen, in denen nichtstaatliche Akteure ei­ nen wesentlichen Entscheidungsanteil hatten und die insbesondere der Kleinarbeitung solcher sektorspezifischer Konflikte dienten, für welche die Maßgaben herkömmlicher Rechtsrationalität keine an­ gemessene Lösung versprachen. Dabei verdient Beachtung, dass es hierbei nicht einmal in erster Linie um Konflikte ging, die sich dem Bereich bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten zuordnen ließen. Viel­ mehr handelte es sich eher um verwaltungsrechtliche Streitigkeiten. Dazu zählten z. B. die Schiedsgerichte für die Alters- und Invali­ denversicherung (Schneider 1891), die Oberschiedsgerichte für die Angestelltenversicherung (Kohl 1991, 62), die Schiedsgerichte der Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung (§§ 46 ff. Unfallver­ sicherungsgesetz 1884) und die Innungsschiedsgerichte (Kleinsorg 1917). Daneben trat die Ehrengerichtsbarkeit der Berufskammern (§§ 62 ff. Rechtsanwaltsordnung 1878; Ehrengerichtsgesetz 1899). Und schließlich ist auf eine Konfliktlösungseinrichtung hinzuwei­ sen, die in der in diesem Abschnitt behandelten Zeit noch eine Ausnahme war, jedoch bald Nachahmer finden sollte: die interor­ ganisationale Schiedsgerichtsbarkeit, die Streitigkeiten zwischen verbandlich organisierten Interessengruppen regulieren und deren Einrichtung maßgeblich vom Staat forciert werden sollte. Hierfür stehen die Schiedsämter, die im Rahmen des Berliner Abkommens von 1913 (Collin 2014b) für Tarifkonflikte zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Kassenärzte eingerichtet worden waren (Pkt. IV Ausführungsbestimmungen zum Berliner Abkommen 1913).

2.3.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen

Verzicht auf die Definition von Staatszwecken

Staatszwecke und Staatsaufgaben Im vorhergehenden Abschnitt wurde gezeigt, dass sich privat-staatli­ che Koordination im Zuge der Erschließung neuer öffentlicher Aufga­ ben ausweitete und außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung

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neue Organisationsformen entstanden, die partikulare Interessen­ vertretung und außerstaatliche Expertise in sich aufnahmen. Wie reagierte die Rechtswissenschaft hierauf? Entwickelte sie Konzep­ tionen, die der neuen Situation Rechnung trugen und ein modernes, in Teilen kooperatives Staatsverständnis hervorbrachten? Ein erster Blick ist eher ernüchternd. Apodiktisch stellte Gerhard Anschütz (1914, 26) fest, dass die Lehre vom öffentlichen Recht nicht mehr für die Ausarbeitung von Staatszwecken zuständig sei. Diese Stel­ lungnahme verdeutlicht das neue Selbstverständnis der Rechtswis­ senschaft. Der naturrechtliche Ansatz hatte sich erledigt. Ernsthaft dachte kaum noch jemand daran, aus Vernunftsätzen bindende Staatszwecke zu entwickeln. Auch die staatswissenschaftliche Me­ thode, die politische und rechtsnormative Postulate noch recht un­ geschieden ließ, hatte schon ihren Rückzug angetreten. Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft gewannen ihre wissenschaftliche Dignität gerade dadurch, dass sie sich als frei von außerrechtlichen Erwägungen und als leidenschaftslose Interpreten und Ordner des geltenden Rechts präsentierten. Eine „Verwaltungslehre“, wie sie Lorenz von Stein geschrieben hatte, war nicht mehr zeitgemäß und auch die Allgemeine Staatslehre hatte ihren normativen Anspruch aufgegeben (Stolleis 1992, 439 ff.). Allerdings kann man bei diesem Befund nicht stehenbleiben. Erstens war die – etwas verkürzt – als „positivistisch“ zu charakteri­ sierende Gerber-Labandsche Linie im Staatsrecht ebenso wenig wie das „neue“ Verwaltungsrecht Otto Mayers so übermächtig, wie es uns in der Nachschau erscheinen mag; trotz unbestreitbar vorhan­ dener vorherrschender Richtungen war die literarische Landschaft durchaus vielgestaltig (Stolleis 1992, 348 ff., 407 ff.). Und zweitens ge­ wann die Staatslehre nach 1900 durch Georg Jellinek neue Impulse, die auch die Staatszwecklehre betrafen. Die normative „naturrecht­ liche“ Staatszwecklehre wurde endgültig verabschiedet, ohne dass man auf das Nachdenken über Staatszwecke verzichtete. Denn die Zweckhaftigkeit von Staatlichkeit konnte zwar nunmehr nicht mehr metaphysisch ergründet werden, wohl aber war sie aus der konkre­ ten Analyse eines bestehenden Staatswesens erschließbar (Korioth 2000, 119 f.). Dies lenkte den Blick auf die Ausweitung der öffentli­ chen Aufgaben seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts und auf gesellschaftlich-staatliche – konkurrierende oder auch kooperieren­ de – Aufgaben„zuständigkeiten“ (Jellinek 1905, 250 ff., insb. 256). Aber nicht nur in der Staatslehre, auch in der staatsrechtlichen Lite­

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Aufmerksam­ keit für neue Staatsaufgaben

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ratur registrierte man das Wachstum der öffentlichen Aufgaben und stellte deren Legitimität als Staatsaufgaben nicht in Frage, begrenzte also die Zuständigkeit des Staates nicht auf Sicherheitsgewährleis­ tung und Rechtspflege (z. B. Hänel 1892, 597 ff.; Rosenthal 1913, 21 ff.). Richtig ist aber, dass das öffentliche Recht keine allgemeinen norma­ tiven Konzepte für ein neues Staatsverständnis entwarf, wie es aus der gegenwärtigen Wissenschaft vom öffentlichen Recht bekannt ist („regulierte Selbstregulierung“, „Gewährleistungsverantwortung“, „Governance“ sind hierfür einschlägige Stichworte). Die Zuständig­ keit hierfür war auf die Nationalökonomie übergegangen, die nun­ mehr die Staatszweckdebatte dominierte (Hofer 2006, 212).

Fehlende juris­ tische Theorie des Verbände­ wesens

Gesellschaftliche Verbände und deren Einbeziehung in staatliche Aufgaben Auch in der juristischen Literatur registrierte man, dass organisierte nichtstaatliche Akteure in der Staatswirklichkeit eine zunehmend größere Rolle spielten und teilweise goutierte man dies durchaus. Aber irritieren musste dieses Phänomen die Rechtswissenschaft doch, da es sich nicht ohne weiteres in rechtskonstruktive Denk­ muster einordnen ließ (Stolleis 1992, 458), zumal die traditionelle Zuordnung von partikularer Interessenvertretung zur Politik und „höheren“, universalen Prinzipien zum Recht einer Integration sol­ cher Phänomene in das Staatsganze eher im Wege stand (Amato 1994, 302 f.). Eine juristische Erfassung des Verbändewesens erfolg­ te nur in Ansätzen. Man unterschied zwischen amtlichen Interes­ senvertretungen, zu denen vor allem die Kammern gezählt wur­ den, und freien Interessenvertretungen, zu denen beispielsweise die vereinsmäßig organisierten Industrieverbände gehörten (Ull­ mann 1988, 61 ff.), aber entwickelte daraus keine weiterführende rechtswissenschaftliche Theorie der Einbeziehung organisierter ge­ sellschaftliche Akteure in die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben – insofern wurde der Ansatz Steins (S. 30) nicht weitergeführt. Ledig­ lich im Hinblick auf öffentlich-rechtlich organisierte Vereinigungen gelangte man zu übergreifenden Ordnungsvorstellungen (s. S.61 f.). Der Bezug privatrechtlicher Verbände zu öffentlichen Angelegenhei­ ten wurde hingegen nicht rechtssystematisch erfasst. Die Entwick­ lung dahingehend differenzierender Kategorisierungen war eher das Gebiet der Volkswirtschaftslehre und der Lehre von der Poli­ tik.

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Auch die augenfällige Aktivität von Verbänden im Bereich der Normsetzung (S. 51), veranlasste nicht zu juristischen Ordnungsan­ strengungen, mit welchen dieses Phänomen rechtskonstruktiv hätte eingefangen werden können. Dies gilt für die technische Normset­ zung ebenso (Vec 2006, 280 f.) wie für die Gesetzgebung, in die sich die Interessenverbände seit den 1880er Jahren zunehmend persuasiv einschalteten. Man sah die Nutzung ihrer Sachkompetenz für legis­ lative Arbeiten als unerlässlich an (Fleischmann 1912, 281), zuweilen orientierte man auch auf eine allgemeine Regel derart, dass ihnen Gesetzentwürfe zur schriftlichen Begutachtung vorzulegen seien (Hedemann 1911, 308), aber dabei handelte es sich um Stellung­ nahmen, die eher einer gesetzgebungspolitischen Klugheitslehre zuzuordnen waren als der Rechtswissenschaft im engeren Sinne.

Einzelne Rechtsinstitute und Schlüsselbegriffe Öffentlich-rechtliche Körperschaft: Wie gesehen, vollzog sich die In­ tegration nichtstaatlicher Akteure in die Erfüllung öffentlicher Auf­ gaben zu einem Gutteil über die Form der öffentlichen Körperschaft (siehe oben S. 45 f.). Dem korrespondierte die Herausarbeitung ei­ nes Begriffs der öffentlich-rechtlichen Körperschaft – eine Arbeit, die die Gesetzgebung nicht leistete, denn der Terminus setzte sich zwar zunehmend auch in der Gesetzessprache durch, an einer Le­ galdefinition fehlte es aber. Diese Begriffsarbeit wurde vor allem von der Rechtswissenschaft geleistet. Die dortige Diskussion brach­ te zahlreiche Lösungsvorschläge hervor, die sich allerdings nicht auf einen einheitlichen Nenner bringen lassen (dazu Bieback 1976, 362 ff.). Folgende Eckpunkte können aber benannt werden: Zunächst setzte sich ein einheitliches Verständnis durch, das nicht nur die Gemeinden, sondern alle mit der Ausführung öffentlicher Aufgaben betrauten Körperschaften erfasste (vor allem Rosin 1886). Weiter wurde zunehmend anerkannt, dass öffentlich-rechtliche Körper­ schaften Träger eigener wehrfähiger subjektiver öffentlicher Rechte seien (Jellinek 1892, 252 ff.; Jellinek 1905, 625 ff.), sie also nicht nur als Pflichtsubjekte staatlicher Aufgabenzuweisung angesehen werden konnten. Allerdings zielten diese kategorialen Festlegungen mehr auf eine allgemeine rechtssystematische Einordnung, nicht dagegen auf die hier besonders interessierende Problematik, wie diese Kör­ perschaften als Bindeglied zwischen staatlichen Steuerungsvorstel­

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Keine rechtswis­ senschaftliche Konturierung von Verbands­ beteiligungen

Begriff der öffentlichrechtlichen Körperschaft

Strukturmerk­ male der öffent­ lich-rechtlichen Körperschaft

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Öffentlich-recht­ licher Vertrag

lungen und nichtstaatlicher Interessenwahrnehmung rechtlich zu konturieren sind. Dies herausgearbeitet zu haben, ist in erster Li­ nie ein Verdienst Otto Mayers (Bieback 1976, 404 ff.). Indem Mayer die mitgliedschaftliche Binnenstruktur als wichtigstes Begriffsmerk­ mal herausstellte („Verein der an einem öffentlichen Unternehmen Beteiligten“) (Mayer 1917, 617), arbeitete er – wenngleich an ältere Ansätze anknüpfend – nicht nur klar den Unterschied zur (nicht mitgliedschaftlich verfassten) öffentlichen Anstalt heraus, sondern zog damit zugleich die entscheidenden Verbindungslinien zwischen den nichtstaatlichen Akteuren als personeller Trägerschaft und dem Staat als rahmensetzender Institution. Denn damit waren zugleich rechtssystematische Folgerungen hinsichtlich der Verteilung von Gestaltungsbefugnissen verbunden: Sicher stand dem Staat die Kom­ petenz zu, gesetzliche Grundentscheidungen zu Organisation und Ausrichtung von Körperschaften zu treffen. Ebenso konnte man ihm die Befugnis zur Aufsicht nicht verwehren. Der mitgliedschaftliche Charakter erforderte aber eine Binnenverfassung, innerhalb derer die Beteiligten eigenverantwortlich Entscheidungen treffen konn­ ten. Damit waren nichthierarchische Funktionsmechanismen und somit auch ein Stück „Gesellschaft“ in das staatliche Organisations­ gehäuse eingezogen. Nicht umsonst griff Mayer bei seiner Definition auf den Begriff des Vereins zurück. Letztlich setzte sich zwar ein allseits anerkannter Begriff der öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht durch (Forsthoff 1931, 2), aber die wesentlichen strukturel­ len Eckpunkte, die sie als staatlich-privates Koordinierungselement konturierten, waren wissenschaftlich fixiert. Öffentlich-rechtlicher Vertrag : Privat-staatliche Erfüllung öffent­ licher Aufgaben fand oft in einem kooperativen Modus statt, über den sich ein Austausch von Leistungen und Gegenleistungen vollzog. Spezifisch öffentlich-rechtliche Konstruktionen hierfür waren jedoch nicht entwickelt worden, jedenfalls waren sie nicht unbestrittenes Gemeingut der Rechtswissenschaft. Der Vertrag als öffentlich-rechtli­ che Institution war noch nicht anerkannt. Soweit er diskutiert wurde, geschah das im Zusammenhang mit der Einstufung von Beamten­ verhältnissen (Pakeerut 2000, 19 ff.). Zwar war es schon seit den 1830er Jahren üblich, dass in einem Kernbereich privat-staatlicher Kooperation, bei der Einrichtung und dem Betrieb von städtischen Infrastrukturen, mit Verträgen gearbeitet wurde (Heider 2005, 32 ff., 51 ff.; Templin 2009, 32 ff.), doch geschah dies in erster Linie, um die Privaten mit Rechtsschutzgarantien zu versehen und daher in Gestalt

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privatrechtlicher Verträge (Abegg 2010, 126 f.). Denn wenn der Staat als Privatrechtssubjekt handelte, also als Fiskus, konnte er auch vor den ordentlichen Gerichten in Anspruch genommen werden. Zwar sah insbesondere schon Otto Mayer, dass anderswo, nämlich in Frankreich, vertragliche Beziehungen zum selbstverständlichen Instrumentenarsenal einer – öffentlich-rechtlich handelnden – Ver­ waltung gehörten, doch waren dies für ihn keine „echten“ Verträge (Mayer 1886, 292), da es an der Gleichordnung der Parteien fehlte. Zwar war Mayers Votum gegen den öffentlich-rechtlichen Vertrag (Dewitz 2004) nicht unumschränkt herrschende Meinung (Pakeerut 2000, 27 ff.), aber auch die diesbezügliche Diskussion hatte vor allem die Einstufung des Beamtenverhältnisses im Blick. Zur Thematisie­ rung des öffentlich-rechtlichen Vertrages als Institut mit umfassen­ der Geltungsreichweite für kooperative Aufgabenerfüllung kam es nicht (Abegg 2010, 271). Regal/Konzession/Verleihung : Der öffentlich-rechtliche Vertrag setzte eine beidseitige Willensübereinstimmung und damit – jeden­ falls nach Ansicht seiner Gegner – die Gleichrangigkeit der Betei­ ligten voraus. Die Gründe, die deshalb gegen ihn sprachen, konn­ ten hingegen nicht zum Tragen kommen, wenn der Staat einseitig Rechtspflichten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben auferlegte bzw. entsprechende Befugnisse einräumte. Dass ihm diese Möglichkeit grundsätzlich eingeräumt war, stand eigentlich nicht im Streit (Mey­ er 1883, 18 f.; Arndt 1884, 24; Loening 1884, 9; Kaufmann 1914, 715). Ein allgemeines Rechtsinstitut, welches die Übertragung öffentli­ cher Aufgaben und Kompetenzen an Private erfasste, war bislang allerdings nicht entwickelt worden (Collin 2011d, 39). Was sich be­ obachten lässt, sind der Bedeutungswandel älterer rechtlicher Be­ grifflichkeiten (S. 35 f.) und die tastende Einführung neuerer. Vormoderne Wurzeln wies das Regal als herrschaftliches Betrei­ bungs- und Verwertungsmonopol auf. Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte sich die Auffassung durch, dass die Ausübung des Regals nicht ökonomischen Verwertungsinteressen, sondern dem Gemeinwohl zu dienen hatte. Gleichfalls bestand Einigkeit über die Übertragbar­ keit der mit den Regalien verbundenen Rechte an Private (Ludewig 1885, 69 ff.). In der Anfangszeit ließ sich so die Gestattung des Be­ triebs von Eisenbahnen konstruieren, letztlich fundierend auf dem herrschaftlichen Wegeregal. Auch die – wenngleich nur punktuelle (Gehlen 2014b, 163) – Übertragung des Rechts zur Telegrafenverbin­ dung ließ sich hierunter fassen. Aber letztlich ließ sich das Regal als

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Übertragung von Verwaltungskompetenzen an Private

Regal

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Konzession

Verleihung

Herrscherbefugnis und wegen seiner genuin privatrechtlichen Ver­ wurzelung (Kittel 1906, 24 f.) nicht in eine moderne rechtsstaatliche Verwaltungsrechtslehre integrieren. Allerdings wurzelte in der Lehre vom Regal ein anderes Rechts­ institut: die Konzession (Potschter 1928, 5 ff.). Sie ist schon an an­ derer Stelle behandelt worden (S. 37). Hier soll nur auf Folgendes hingewiesen werden: Unter der Ägide einer rechtsstaatlichen Verwal­ tungsrechtskonzeption trat die Klärungsbedürftigkeit der Abgren­ zung von Polizeierlaubnis und Konzession stärker hervor. Letztlich ging es um die Frage, wann eine Tätigkeit der allgemeinen Gewer­ befreiheit unterfiel, und ihre Zulassung nur von sicherheitspolizei­ lichen Kriterien abhängig gemacht werden konnte, und wann es sich um einen Tätigkeitskomplex handelte, der aus traditionellen oder Gemeinwohlgründen dem staatlichen oder zumindest dem in verstärkter Weise staatlicher Bestimmungsmacht zugewiesenen Be­ reich zuzuschlagen war. Im letzteren Fall konnte – nicht musste – die Überweisung eines solchen Tätigkeitskomplexes einhergehen mit der Übertragung öffentlicher Aufgaben, teilweise auch mit der Überweisung hoheitlicher Befugnisse. Die Eisenbahn ist hierfür der Paradefall und mit dem Begriff der Konzession konnte eine solche Konstellation umschrieben werden. In diesem Sinne wurde die Un­ terscheidung von Polizeierlaubnis und Konzession von Teilen des Schrifttums durchaus weitergeführt, teilweise verzichtete man aber auch auf eine Unterscheidung (Meyer/Anschütz 1913). Letzteres war auch deshalb naheliegend, weil im (juristischen) Sprachgebrauch ganz unterschiedliche Tätigkeitsbereiche mit diesem Begriff erfasst wurden: Die Apothekerkonzession, die Eisenbahnkonzession, die Konzession von Kolonialgesellschaften (Romberg 1909) bezogen sich auf unterschiedliche und zum Teil recht komplexe Rechte-PflichtenKonstellationen, für deren rechtskonstruktive Erfassung der Begriff „Konzession“ letztlich nicht mehr überzeugend eingesetzt werden konnte. Eine auf den ersten Blick überzeugende Lösung bot Otto Mayer mit der Einführung des Instituts der „Verleihung“. Jedoch handelt es sich nur um eine überzeugende Lösung in der Perspektive der heutigen Verwaltungsrechtlehre, in der die „Beleihung“ als Oberbe­ griff für die Übertragung hoheitlicher Befugnisse fester Bestandteil der Dogmatik geworden ist. Um dies zu verstehen, gilt es sich zu vergegenwärtigen, was Mayer unter „Verleihung“ (die er mit der Konzession gleichsetzte) verstand: einen „Verwaltungsakt, durch

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welchen für den Beliehenen das Recht des Besitzes an einem Stück öffentlicher Verwaltung begründet wird zur Ausübung eigenen Na­ mens“ (Mayer 1917, 181). Doch letztlich rubrizierte Mayer darunter nur die Übertragung privatnütziger Verwertungsmöglichkeiten: Der Leihnehmer konnte auf diesem Wege Nutzungs- oder Betriebsrechte vormals staatlicher Einrichtungen erwerben und seinen Zwecken dienstbar machen, die Zuweisung öffentlicher Aufgaben war damit nicht notwendigerweise verbunden (Collin 2011d, 40). Dies und auch der Umstand, dass Mayer auf ein breites und in Deutschland so nicht vertretenes Verständnis von öffentlichen Angelegenheiten rekur­ rierte (Kaufmann 1914, 704 f.), erklärt, warum Mayers Verständnis von Verleihung zunächst keinen überzeugenden Oberbegriff für die Übertragung öffentlicher Aufgaben und Befugnisse hervorbringen konnte. Selbstverwaltung : Ab den 1880er Jahren wurde der Begriff der Selbstverwaltung endgültig zu einer auch rechtswissenschaftlich anerkannten und durchgeformten Kategorie. Wenn auch – wie gleich anschließend zu erläutern ist – jetzt etatistisch konturiert, so büßte er doch auch in der juristischen Betrachtungsweise seine auf das Verhältnis von Staat und Gesellschaft bezogene integrative Funktion nicht ein. Auch in seiner rechtswissenschaftlich entwickelten Gestalt war Selbstverwaltung ein Koordinationsmechanismus für die Zusam­ menführung nichtstaatlicher Interessenverfolgung und staatlicher Steuerungsansprüche. Die ersten, von Paul Laband stammenden Impulse zur Entwicklung eines juristischen – und vom Steinschen und insbesondere Gneistschen zu unterscheidenden „politischen“ – Selbstverwaltungsverständnisses wiesen zwar erst einmal nicht in diese Richtung, da dieser die Legitimation von Selbstverwaltung lediglich aus der Selbstbeschränkung des Staates herleitete (Laband 1876, 101 ff.). Aber vor allem Heinrich Rosin ist es zu verdanken, dass Selbstverwaltung zu einem auch rechtlich anerkannten Oberbegriff für die Integration nichtstaatlicher Gestaltungsmacht wurde. Zwar bewegte sich Rosin methodisch weitgehend in der von Laband vor­ gezeichneten Richtung – auf ihn erst ist die konsequente Scheidung von „juristischer“ und „politischer“ Selbstverwaltung zurückzufüh­ ren –, aber vor allem zwei Aspekte waren es, die sein Werk quasi zu einem Gründungsmanifest des Verwaltungsorganisationsrechts pri­ vat-staatlicher Organisationsstrukturen werden ließen. Zum einen weitete er das Selbstverwaltungsverständnis auf nichtkommunale Aufgabenfelder aus; die Sozialgesetzgebung war ihm Anlass sei­

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Funktionale und körper­ schaftliche Konturierungen des Selbstver­ waltungsver­ ständnisses

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Ausdifferen­ zierungen des Selbstverwal­ tungsbegriffs

ner Überlegungen (Rosin 1886, V). Zum zweiten konturierte er sein Selbstverständnis konsequent körperschaftlich, auch hier kam ihm eine Pionierrolle zu (Will 2010, 56 f.). Das bedeutete aber zugleich eine nicht zu unterschätzende rechtliche Aufwertung. Denn damit kam Selbstverwaltung in den Genuss der rechtlichen Armierungen, die für die öffentlich-rechtliche Körperschaft rechtssystematisch ent­ wickelt worden waren (siehe oben S. 61 f.). Und es bedeutete die Anerkennung der mitgliedschaftlichen Verfassung von Selbstver­ waltung und damit der Einflussmacht nichtstaatlicher Akteure. Die mit Rosin etablierte Ausweitung von Selbstverwaltung auf nichtkommunale Aufgabenfelder war mit einem rechtlichen Aner­ kennungszuwachs für andere Formen nichtstaatlichen, wenngleich staatlich organisierten Engagements verbunden. Allerdings resul­ tierten daraus noch keine rechtssystematischen Konsequenzen, die in ein Verständnis von „funktionaler Selbstverwaltung“ gemündet hätten, wie es erst später entwickelt und von Kluth (1997) auch his­ torisch rekonstruiert wurde. „Soziale Selbstverwaltung“ und „wirt­ schaftliche Selbstverwaltung“ waren noch keine anerkannten, erst recht keine rechtswissenschaftlichen Kategorien (zur letzteren Will 2010, 141). Zwar sind erste begriffliche Anstrengungen in dieser Richtung zu verzeichnen, z. B. „berufsständische Selbstverwaltung“ (Schäffle 1895, 2), aber das waren volkswirtschaftliche, keine juristi­ schen Überlegungen. Die Ausweitung des Selbstverwaltungsbegriffs verband sich also noch nicht mit rechtssystematischen Differenzie­ rungen, die gar mit rechtsdogmatischen Konsequenzen verbunden worden wären.

2.4 Kriegszeit (1914–1918) 2.4.1 Stimmungslagen „Gemeinwirt­ schaft“ und „Kriegssozialismus“

Der Krieg veränderte die Strukturen privat-staatlicher Koordina­ tion erheblich und nachhaltig. Aber noch ehe sich die Institutio­ nen wandelten – dies geschah erst im Laufe des Jahres 1915 (Eifler 1998, 240) –, breitete sich im Land eine Grundstimmung aus, die mit den Schlagworten „Gemeinwirtschaft“ und „Kriegssozialismus“ um­ schrieben werden kann; oft wurde beides auch synonym verstanden (Leonhard 2014, 381). Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich um Konzepte handelte, die auf ungeteilte Zustimmung stießen; gerade in

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Teilen der Industrie wurden sie abgelehnt (Zunkel 1974, 50 ff.). Auch handelte es sich nicht um ausgearbeitete Entwürfe, aus denen sich halbwegs konkrete Handlungsanweisungen und Organisationsvor­ gaben ableiten ließen (Breuer 2001, 210 f.); dies geschah – zumindest in Ansätzen – erst im Laufe des Krieges durch Wichard v. Moellen­ dorff und Walther Rathenau (Schölzel 2006, 198 ff., 213 ff.; Plumpe 2015, 339 f.). Aber derartige Überlegungen wurden schon deshalb zur herrschenden Meinung, weil sie angesichts der Umstände alter­ nativlos schienen (Sandmann 2000, 28 f.). Namhafte Stimmen in der Ökonomie ließen sich hiervon leiten und auch in der Arbeiterbewe­ gung hatte man mangels entsprechender Gegenentwürfe nicht viel entgegenzusetzen (Zunkel 1974, 50 ff., 68 ff.). Der Vorteil lag auch auf der Hand, ließ sich doch damit erstens die Burgfriedenspoli­ tik konzeptionell untermauern und zweitens der Unterschied zum Kriegsgegner, hier der „Händlernation“ England, herausstreichen (Winkler 2002, 338 ff.). Die mit den Begriffen „Gemeinwirtschaft“ und „Kriegssozialis­ mus“ evozierten Bilder von Zusammenhalt und Partizipation ent­ sprachen nur in beschränktem Maße der Realität; in der Praxis setz­ ten sich vielmehr Strukturen eines „effizienten Lobbyismus“ durch (Leonhard 2014, 373) durch. Aber legitimatorisch ließ sich damit doch die „Suspendierung liberaler Ordnungskategorien“ einfangen (Leonhardt 2014, 761), ohne dass das normative Grundgerüst der liberalen Ordnung als solches in Frage gestellt wurde. Denn das Denken in den Kategorien von „Gemeinwirtschaft“ und „Kriegsso­ zialismus“ zielte weder in Richtung Verstaatlichung noch sollte es eine totale Kommandowirtschaft rechtfertigen. Vielmehr bildete es die legitimatorische Grundlage für vielfältige Formen privat-staatli­ cher Koordination, die sich freilich dem Primat staatlich definierter Kriegsbedürfnisse zu unterwerfen hatten.

2.4.2 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements Organisationsformen Der Staat der Kriegsgesellschaft war außerhalb des unmittelbar mi­ litärischen Bereichs kein durchgängig durch Kommandostrukturen geprägter, hierarchisch imperativer, sondern in weiten Teilen ein hochgradig kooperativer Staat, auch wenn die kooperativen Struktu­ ren ihrerseits stark militärisch-bürokratisch überformt waren. Diese

Improvisierte Koordinations­ strukturen

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Handelskam­ mern, Verbän­ de, Zwangskartelle

Kooperation vollzog sich in neuartigen Organisationsformen pri­ vat-staatlicher Koordination. Insofern war die Kriegszeit auch eine Zeit organisatorischer Innovationen. Allerdings erstarkten diese Or­ ganisationsformen in den meisten Fällen nicht zu Organisations­ rechtsformen, denen durch eine gesetzliche Grundlage eine gewisse Stetigkeit verliehen wurde. Es handelte sich meist um pragmatische Lösungen, deren normative Verfassung vor allem auf drei Pfeilern ruhte: Erstens auf einer fast unüberschaubaren Spezialgesetzge­ bung, meist Verordnungen (Bekanntmachungen) des Bundesrates, denen wiederum § 3 des Ermächtigungsgesetzes über wirtschaftliche Maßnahmen von 1914 die Kompetenzgrundlage lieferte; zweitens auf vertraglichen Regelungen zwischen Verwaltung und Verbänden; und drittens auf statutarischen Bestimmungen für die einzelnen Gremien. Nicht selten unterlagen sie einem Gestaltwandel, weil man ihnen wesentliche Kompetenzen hinzufügte oder entzog. Ihre Struk­ tur und Funktionsweise erschließt sich am ehesten durch einen Blick auf ihren Einsatz in bestimmten Aktionsfeldern (s. S. 72 ff.). Was an dieser Stelle geboten wird, ist nur eine Übersicht, die skizzenhaft be­ stimmte Charakterzüge hervorhebt. Diese Übersicht beschränkt sich auf die wichtigsten Organisationsfelder: die Kriegswirtschaftssteue­ rung und die Indienstnahme der freien Wohlfahrt für vaterländische Zwecke. Die Kriegswirtschaftssteuerung griff zunächst auf die vorhan­ denen Organisationsformen, nämlich die amtlichen (Handelskam­ mern) und freien Interessenvertretungen (Verbände) der Wirtschaft zurück, versah diese jedoch mit einer Fülle von neuen Aufgaben (Schreiber 1929) (näher S. 73 f.). Hinzu kamen als Formen der Inte­ gration der Privatwirtschaft die Zwangskartelle, die aber schon in der Vorkriegszeit vorgedacht worden waren (S. 55 f.) und bei denen genauer unterschieden werden muss zwischen amtlich gebildeten Kartellen und solchen, die sich unter dem Druck drohender Zwangs­ kartellierung „freiwillig“ bildeten. Die amtlich gebildeten Kartelle hatten kaum noch Ähnlichkeiten mit den freien Kartellen der Vor­ kriegszeit. Allerdings wurden sie nur für wenige Wirtschaftssektoren geschaffen. Im Wesentlichen waren dies das Brauereigewerbe, die Seifenindustrie und die Schuhindustrie. Über diese Kartelle sollten die Rohstoffrationierung und -verteilung und die Stilllegung einzel­ ner Betriebe organisiert werden. Obwohl die Kartelle mitgliedschaft­ lich strukturiert waren, war die Entscheidung nicht in die Hände der Mitgliedsunternehmen gelegt. Die eigentliche Bestimmungsgewalt

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lag vielmehr bei Überwachungsausschüssen, zu deren Mitgliedern zwar auch Vertreter des jeweiligen Gewerbes gehörten, die aber von der Regierung ernannt wurden (Starke 1917; Kahn 1918, 33 ff.). Auf der anderen Seite muss beachtetet werden, dass bei der Besetzung der Stellen in der staatlichen Kriegsverwaltung nichtstaatliche Einfluss­ nahme zur Geltung kommen konnte – indem man diesbezüglichen Vorschlägen der Industrie folgte oder Amtsstellen von vornherein mit Industriellen besetzte (Fabrikbesitzer als Reserveoffiziere) (Herr­ fahrdt 1922, 5). Um eine an sich auch schon bekannte und in der Praxis verbrei­ tete Organisationsform handelte es sich bei den Beiräten (S. 47 f.). Das Beiratswesen gewann aber insofern eine neue Qualität, als es flächendeckend bei fast allen obersten Kriegswirtschaftsbehörden eingeführt wurde. Die Beiratsmitglieder entstammten meist den be­ troffenen Berufsgruppen bzw. Wirtschaftssektoren. Einheitliche Ent­ scheidungsstrukturen des Beiratswesens existierten allerdings nicht. Ob eine Anhörung der Beiräte vor Erlass einer staatlichen Regelung zwingend, ob gar – was selten vorkam – die Zustimmung eines Bei­ rats Geltungsvoraussetzung war, hing vom Wortlaut der jeweiligen Rechtsvorschrift ab (Kahn 1918, 24 ff.). Kriegswirtschaftsgesellschaften: Die eigentlichen organisato­ rischen Innovationen privat-staatlicher Koordination waren die Kriegswirtschaftsgesellschaften als Versuch einer pragmatischen Lösung für das Problem der Koordination privatwirtschaftlicher und staatlich-militärischer Handlungslogiken (Wixforth 2010). Bei ihnen hatte sich folgende Unterscheidung eingebürgert: Kriegs-AG, KriegsGmbH, Abrechnungsstellen, Kriegswirtschaftliche Ausschüsse (Heymann 1921, 135); als nicht ganz in diese Typologie integrierbare weitere Form können die sogenannten Kriegskreditbanken genannt werden, in deren Leitungsorganen sich sowohl privatwirtschaftliche als auch staatliche Interessen Geltung verschaffen konnten (Wix­ forth 2015). Jedoch handelte es sich in all diesen Fällen nur teilweise um Neuerungen. „Neue Rechtsformen sind für alle diese Fälle nicht geschaffen worden“ (Heymann 1921, 135). Man konnte an herge­ brachte handels- bzw. vereinsrechtliche Strukturen anknüpfen. Eine Novität stellte aber der Einbau von Organisationselementen dar, die staatlichen Einfluss sicherten. Dies soll im Folgenden für die einzel­ nen Organisationstypen verdeutlicht werden (Heymann 1921, 137 ff.; Roth 1997; Rohlack 2001), wobei als Einschränkung vorangestellt werden muss, dass die diesbezüglichen Aussagen nur bis zu einem

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Beiräte

Kriegswirt­ schaftsgesell­ schaften

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Kriegs-AG, Kriegs-GmbH, Abrechnungs­ stellen, Kriegs­ ausschüsse

Regulierung der Kriegswohlfahrt

gewissen Grad generalisierbar sind. Denn die entsprechenden nor­ mativen Vorkehrungen sind nicht in allgemein geltenden Gesetzen zu finden, sondern in den jeweiligen Gesellschaftssatzungen. Die Kriegs-Aktiengesellschaften wurden auf der Grundlage des allgemeinen Aktienrechts geschaffen. Statutenmäßiger Zweck war die Beschaffung und Verteilung kriegswirtschaftlicher Rohstoffe. Ge­ sellschafter waren überwiegend Großunternehmen der betreffenden Branche. Den Staatseinfluss sicherte man durch die satzungsmäßig vorgesehene Einsetzung von Kommissaren ab, die den Sitzungen beiwohnten und ein Vetorecht innehatten (allerdings entstamm­ ten diese Kommissare nicht selten der Privatwirtschaft). Ähnliche Funktionen erfüllte die Kriegswirtschaftliche GmbH. So oblag es der als GmbH organisierten Reichsgetreidestelle, die Getreidevor­ räte aufzukaufen und für spätere Zeiten vorzuhalten. Die GmbH war insofern flexibler, als sie verschiedene Optionen für die Gel­ tendmachung staatlichen Einflusses bot. Dieser konnte, wie im Fall der Reichsgetreidestelle, schon auf Gesellschafterebene geltend ge­ macht werden, denn Kapitalinhaber waren hier nicht nur Privatun­ ternehmen, sondern auch der preußische Staat und Großkommunen (Rohlack 2001, 100 f.). Oder man konnte staatliche Vertreter direkt – und mit vollem Stimmrecht – in den Aufsichtsrat entsenden (der bei der GmbH nur fakultativ und deshalb flexibler zu besetzen war); oft entschied man sich aber auch dafür, diese Vertreter gleich mit dem mächtigeren Vetorecht auszustatten (Heymann 1921, 142 ff.). Ebenfalls für die Regulierung der Rohstoffbewirtschaftung zustän­ dig waren die Abrechnungsstellen, die allerdings nicht in der Form juristischer Personen organisiert waren. Der Sache nach handelte es sich um nichtrechtsfähige Gesellschaften, in denen ein Kommu­ nikationsraum für die Austarierung der Interessen von Industrie, Finanzgewerbe und staatlicher Verwaltung eingerichtet wurde. So wird die Kautschuk-Abrechnungsstelle charakterisiert als „die einer Großbank angegliederte Finanzierungs- und Verrechnungsstelle des Preußischen Kriegsministeriums auf dem Gebiet des Kautschuks“ (Rohlack 2001, 152). Gänzlich rechtlich unkonturiert – am ehesten noch dem nichtrechtsfähigen Verein zuzurechnen (Heymann 1921, 147 ff.; Rohlack 2001, 54) – waren die Kriegsausschüsse, die als eine Art Beirat den staatlichen Behörden zugeordnet und mit Vertretern der jeweiligen Wirtschaftsbranche besetzt waren. Organisationen der Kriegswohlfahrt: Noch weniger homogen stellte sich die Organisationslandschaft auf dem Gebiet der Kriegs­

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wohlfahrt dar. Der Hintergrund ist folgender: Die staatlichen Leis­ tungsgesetze und die für ihren Vollzug zuständigen (meist kommu­ nalen) Behörden waren nur teilweise auf den Kriegsfall eingestellt, jedenfalls nicht auf einen lang andauernden Krieg, der obendrein den überwiegenden Teil der männlichen Bevölkerung mobilisierte und damit Soldatenfamilien zurückließ, die sich um ihre Existenzsi­ cherung ernstlich Sorgen machen mussten (der Beschäftigungsanteil von Frauen wuchs während des Krieges kaum). Im Ergebnis mussten die staatlichen Stellen und die Organisationen der freien Wohlfahrt zu Formen der Koordination finden, die die Potentiale beider nutzbar machen konnten. Gesamtstaatliche Regelungen beschränkten sich hierbei lediglich darauf, den Wildwuchs an – teilweise auch unse­ riöser – freier Wohlfahrt und Sammlungstätigkeit zu beschneiden, der in der patriotisch aufgeladenen Atmosphäre des Kriegsbeginns entstanden war. Durch Unterstellung unter Konzessionsvorbehalte und staatliche Kontrolle wurden erstmals Wohlfahrtsvereine unter Staatsaufsicht gestellt. Hierdurch wurden aber keine neuen Formen privat-staatlicher Koordination hervorgebracht. Dies geschah viel­ mehr auf lokaler Ebene und daher recht uneinheitlich. Nur zwei Modelle, wie sie in Berlin und Frankfurt am Main praktiziert wur­ den, sollen näher betrachtet werden. In Berlin wurde der im August 1914 gegründete private „Natio­ nale Frauendienst“, in dem sich etliche private karitative Vereine zusammengeschlossen hatten, zum zentralen Ansprechpartner der Verwaltung. Zu 23 städtischen Unterstützungsbüros (und zu den Kriegsunterstützungskommissionen) wurden parallel 23 Hilfsstellen des Frauendienstes geschaffen. Die Hilfsstellen übernahmen zu ei­ nem großen Teil die Ermittlung der Fürsorgevoraussetzungen. Dabei arbeiteten sie im Auftrag und nach Anweisungen der Verwaltung. Im Gegenzug wurden ihnen die Unkosten ihrer Tätigkeit erstattet und sie erhielten Mitspracherechte in den städtischen Kommissio­ nen (Lensch 1918; Landwehr 1983). In Frankfurt am Main verblieb es bei der Trennung zwischen Verwaltung und freier Wohlfahrt so­ wie bei der organisatorischen Selbstständigkeit der freien Vereine. Allerdings schufen sich diese ein Koordinationsgremium, die „Zen­ tralleitung“, in die auch Vertreter der Kommunen gesandt wurden. Umgekehrt schickten die Vereine Vertreter in die städtische Kom­ mission. Die Leistungsgewährungen blieben getrennt, wurden aber aufeinander abgestimmt (Sachße/Tennstedt 1988, 59 f.). Diese neu­ en Formen der Zusammenarbeit „verschweißte (. . . ) die Fürsorge

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Lokale Spielarten der Kriegswohlfahrt

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auf kommunaler Ebene zu einem einheitlichen Gesamtkomplex, in dem der Unterscheidung von öffentlich und privat nur noch formel­ le Bedeutung zukam“ (Sachße/Tennstedt 1988, 60). Bis zum Ende des Krieges verblieb es bei diesen mannigfaltigen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden und oft improvisierten Regelungsstrukturen der Kriegswohlfahrt (Kaiser 2008, 70).

Richtlinienrecht

Regelung der Rohstoffbe­ schaffung und -verteilung

Technische Normsetzung

Konsultations­ formen

Aktionsfelder Normsetzung : Privat-staatliche Normsetzungsmacht weitete sich im Krieg erheblich aus und verzweigte sich gleichzeitig. In herkömmli­ che Regelungsformen (Gesetz, Verordnung, Satzung) ließ sich die derart geschaffene Normativität nur noch teilweise einordnen, oft handelte es sich um Richtlinienrecht, dessen Rechtsverbindlichkeit sich aus entsprechenden Ermächtigungen in Gesetzen oder Verord­ nungen ergab. Dieses neue untergesetzliche Recht lässt sich vor allem in zwei Bereichen verorten. Die kriegswirtschaftliche Rohstoffbeschaffung und -verteilung benötigte verbindliche Regularien, vor allem für die Bestimmung von Kontingenten und Preisen. Die Befugnis zu derartigen Regelun­ gen wurde zu einem Gutteil den Kriegsgesellschaften bzw. einzelnen diesen zugeordneten Gremien übertragen. So wurde der Überwa­ chungsausschuss der Schuhindustrie ermächtigt, für die Herstel­ lungs- und Vertriebsunternehmen Richtlinien zu erlassen, in denen Art und Umfang der Erzeugung, Absatz und Verkaufspreise geregelt waren (Kahn 1918, 34). Neuentwicklungen lassen sich auch bei der technischen Norm­ setzung ausmachen. Vor allem für Kriegsgüter machte sich ein ver­ stärktes Bedürfnis nach Standardisierung bemerkbar, um eine ra­ sche Austauschbarkeit von Einzelteilen zu ermöglichen. Anfangs lässt sich noch ein Nebeneinander wirtschaftsverbandlicher und be­ hördlicher Normierungen beobachten. Zwischen beiden gab es eine Zusammenarbeit, eine gemeinsame Normsetzungsinstanz existierte aber erst einmal nicht. Erst Ende 1917 bildete sich ein gemeinsames Gremium heraus, dem Verbands- und Behördenvertreter angehör­ ten: der Normausschuss der Deutschen Industrie, aus dem später der Deutsche Normenausschuss hervorging. Dieser Instanz oblag nunmehr die technische Normsetzung (Wölker 1992, 45 ff.). Schließlich verstärkten sich auch indirekte Formen privat-staat­ licher Normsetzung in Gestalt der persuasiven Einflussnahme. Hier­

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bei lassen sich verschiedene Gestaltungsvarianten beobachten. Hin­ gewiesen wurde schon auf die vor allem den Kriegsgesellschaften zugeordneten Beiräte (siehe oben S. 69). Daneben traten institutio­ nalisierte Formen der Beiziehung wirtschaftlicher Interessenverbän­ de. Eine zentrale Rolle kam dabei dem Kriegsausschuss der Deut­ schen Industrie (KAddI) zu, in dem sich zu Kriegsbeginn die großen Interessenverbände der Friedenswirtschaft zusammengeschlossen hatten (Schreiber 1929, 44 f.). Er war mit der Ausarbeitung von Re­ gelungsentwürfen beauftragt, die von den staatlichen Instanzen übernommen wurden (Schreiber 1929, 57). Eine solch weitgehen­ de Aufgabenübertragung war allerdings nicht der Regelfall. Insge­ samt lässt sich aber beobachten, dass staatliche Stellen vor Erlass kriegswirtschaftlicher Regelungen fast standardmäßig wirtschaftli­ che Interessenvertreter konsultierten (Roth 1997, 79 ff.). Allerdings hat man es hierbei nicht mit einer mitgliedschaftlich-partizipativen Form nichtstaatlicher Teilnahme an der Normsetzung zu tun. Ein­ gebunden wurden meist nur einzelne einflussreiche Vertreter oder mächtige Unternehmen, so dass man eher von „oligarchischen“ Formen der Normsetzung sprechen kann (Kahn 1918, 37; so auch Roth 1997, 75). Verwaltungsmäßige Erfüllung von Aufgaben mit Gemeinwohlbe­ zug: Mit der Organisation der Kriegswirtschaft entstand eigentlich ein neuer Verwaltungszweig: die Wirtschaftsverwaltung. Neu war dieser Verwaltungszweig nicht in dem Sinne, dass es vorher kei­ ne Behörden mit wirtschaftsbezogenem Aufgabenbereich gegeben hätte (Facius 1959). Aber es war eine neue Qualität zu verzeichnen, die es erlaubt, von einem neuen Verwaltungstyp zu sprechen. Ers­ tens entstand eine ganz neue Organisationslandschaft: Während früher der Schwerpunkt bei den allgemeinen Verwaltungsbehör­ den lag, bildete sich nun eine Vielzahl von Sonderbehörden heraus. Zweitens verlagerte sich das Schwergewicht von gewerbepolizei­ lichen auf wirtschaftssteuernde Aufgaben. Und drittens hat man es mit der Auflösung des Dogmas zu tun, dass hoheitliche Befug­ nisse grundsätzlich nur von Beamten ausgeübt werden durften. Zu Erosionstendenzen war es schon in der Vorkriegszeit gekommen. In der Kriegszeit wurden jedoch massenhaft Nichtbeamte mit der (Mit-)Ausübung hoheitlicher Kompetenzen beauftragt, wie die Aus­ führungen zu den Kriegsgesellschaften gezeigt haben (S. 70). Dazu gehörten unmittelbare Eingriffsbefugnisse wie Preisfestsetzungen und Kontingentzuteilungen sowie die Anordnung von Enteignun­

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Kriegswirt­ schaftsver­ waltung durch Beteiligung Privater

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Inpflichtnahme von Verbänden

Beteiligung der Arbeiterschaft

Privat-staatliche Sozialverwal­ tung

gen und Beschlagnahmungen, aber auch Kontroll- und gutachterli­ che Aufgaben (Kahn 1818, insb. 34; Roth 1997, 148 f., 152 f.; Rohlack 2001, 56, 76 f.). Jedoch waren nicht nur diese behördenmäßigen Organisationen mit administrativen Aufgaben betraut. In die Pflicht genommen wur­ den ebenfalls die privaten Verbände. So hatte der schon erwähnte KAddI Zurückstellungsgesuche zu prüfen und für die Kriegsroh­ stoffbewirtschaftungsstellen Gutachten zu erstellen (Schreiber 1929, 54 f.). Dass Verbände selbst zu Behörden im funktionalen Sinne wur­ den, wie der Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller als Zen­ tralstelle für die Ausfuhrbewilligungen der Eisenindustrie (Schreiber 1929, 57), und damit unmittelbar hoheitliche Befugnisse wahrneh­ men konnten, war allerdings eher die Ausnahme, zeigt aber doch, in welchem Maße die tradierten administrativen Ordnungsprinzipien in Auflösung begriffen waren. Auch die Handelskammern waren von der Einbeziehung in das Aufgabengefüge der Kriegswirtschaft nicht ausgenommen. So fungierten sie als Prüfungsstellen für Lieferungen an das Militär, begutachteten Freistellungsgesuche, koordinierten Verteilungsstellen für die Produktion von Kriegswaren und traten sogar als – von der Regierung anerkannte – Ausgabestellen selbst­ produzierten Notgeldes auf (Schreiber 1929, 29 ff.). Vor allem seit Mitte der Kriegszeit trat schließlich noch eine dritte Kraft als mitgestaltendes Subjekt in Erscheinung: die Arbeiterschaft. Das Hilfsdienstgesetz von 1916 schrieb nicht nur die Einrichtung von Organen innerbetrieblicher Mitbestimmung vor, sondern schuf (§§ 4 ff.) auch administrative Hilfsorgane, die – unter Vorsitz eines Of­ fiziers paritätisch mit Arbeitgeber und Arbeitnehmern besetzt – über die kriegswirtschaftliche Bedeutung bestimmter wirtschaftlicher Tätigkeiten und die Entbehrlichkeit von Beschäftigten zu befinden hatten (Dieckmann 1937, 59). So wie die Wirtschaftsverwaltung war auch die Sozialverwal­ tung der Kriegszeit von kondominialen Gremien durchsetzt. Die nichtstaatliche Seite lieferte vor allem Informationen und Gutachten und wurde an den Entscheidungen beteiligt (siehe oben S. 71). Im Unterschied zur Kriegsverwaltungswirtschaft gründeten sich diese Strukturen aber kaum auf rechtliche Organisationsvorgaben und damit verbundene Ermächtigungen, sondern entsprangen zumeist vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Verbänden der freien Wohlfahrt und den Kommunen. Darauf allerdings beschränkte sich der Beteiligtenkreis nicht. Als weitere Akteure traten Unternehmen

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hinzu. Kommissionen für die soziale Unterstützung von Militäran­ gehörigen wurden nach Verhandlungen mit Industrieunternehmen eingerichtet und dann mit deren Vertretern und Kommunalbeamten besetzt; die Unternehmen nahmen in Absprache mit den öffentli­ chen Stellen Aufstockungen der Sozialleistungen vor (Brenner 1919, 27 f., 43 ff.). Doch auch in diesem Fall handelte es sich weder um einheitliche Organisationsstrukturen noch um ein einheitliches Leis­ tungsprofil; die hier geschilderte privatwirtschaftlich-kommunale Kooperation fand in der Schwerindustrie Westdeutschlands statt und Leistungsumfang und Leistungsart variierten je nach vertraglicher Vereinbarung. Justizielle Formen: Auch im Bereich justizmäßiger Konfliktlö­ sung vollzogen sich Innovationen vor allem auf den Gebieten der Sozialpolitik und der Wirtschaftssteuerung. Und auch hier waren es gemischte Gremien, denen die Entscheidungsfindung oblag, al­ lerdings in andersartiger Zusammensetzung als in normsetzenden oder administrativen Instanzen. Typischerweise setzten sie sich zu­ sammen aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richter­ amt, der einen geordneten und an Rechtsrationalitäten orientierten Verfahrensgang garantieren sollte, und (paritätisch) aus Vertretern jener Gruppen, die jeweils die konfligierenden Interessen repräsen­ tierten. Das Verfahren war im Vergleich zum Zivilprozess weniger formalisiert, die Entscheidungsfindung richtete sich nur teilweise an rechtlichen Vorgaben aus, in starkem Maße sollten wirtschaftli­ che und sozialpolitische Interessen nach Billigkeitsgesichtspunkten ausgeglichen werden. Gremien sozialpolitischen Ausgleichs waren vor allem die bei den Kommunen angesiedelten Mieteinigungsämter, die paritätisch mit Mieter- und Vermietervertretern besetzt waren. Das bürgerlichrechtliche Mietrecht, welches den Vermieter – jedenfalls unter den Bedingungen eines knappen Wohnraumangebots – eine starke Stel­ lung verschaffte, kam hier nicht zur Anwendung, vielmehr war nach billigem Ermessen zu entscheiden (Führer 2012). Vergleichbar sind die Schiedsstellen für Sammelheizungs- und Warmwasserversor­ gungsanlagen, bei denen es zwar an einer ausdrücklichen Vorgabe im Hinblick auf die paritätische Besetzung fehlte, die sich in der kom­ munalen Praxis aber meist entsprechend organisierten (Kaufmann 1919, 24). In der Kriegswirtschaft entzog man in fast jedem Sektor den ordentlichen Gerichten die Zuständigkeit und wies sie bereichs­

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Grundstruk­ turen neuer Sondergerichts­ barkeit

Sozialpolitische Gremien der Konfliktlösung

Kriegswirtschaftliche Gremien der Konfliktlösung

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spezifisch organisierten Schiedsgerichten zu. Als Beispiele sind die Schiedsgerichte der Kohlenwirtschaft, der Schuhindustrie und des Tabakgewerbes zu nennen. Die Entscheiderbank war üblicherweise mit Vertretern der Hersteller und der Abnehmer besetzt (Kahn 1918, 61 ff.). Hinzu kamen bei den Handelskammern eingerichtete Eini­ gungsämter, die zwischen Gläubigern und Schuldnern über die an­ gemessene Abwicklung jener Verträge zu entscheiden hatten, deren „Geschäftsgrundlage“ sich aufgrund des Krieges wesentlich geän­ dert hatte (Schreiber 1929, 39). Und als zentrale Instanz bildete sich das mit Vertretern des Handelsstandes besetzte Reichswirtschaftsge­ richt heraus, welches zunächst als Schiedsgericht für die Regelung der Entschädigung bei der Sicherstellung kriegswirtschaftlicher Ma­ terialen gegründet worden war (Sicherstellungsbekanntmachung 1915), dann aber mit immer mehr Kompetenzen ausgestattet wurde (Mosthal 1938, 5 ff.).

2.4.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen

Neuer Kollekti­ vismus

Recht als Kriegskunst, Kritik

Staatszwecke und Staatsaufgaben Die Begriffe „Kriegssozialismus“ und „Gemeinwirtschaft“ umschrie­ ben nicht nur Stimmungslagen und politische Konzepte. Von der Rechtswissenschaft aufgenommen, gaben sie vielmehr auch die Marschrichtung für Überlegungen vor, die die Aufgaben des Staates im Kriege betrafen. Schon in der Juliausgabe (!) der Zeitschrift „Recht und Wirtschaft“ von 1914 tauchte der Begriff „Kriegswirtschaft“ auf, verbunden mit – freilich noch ungefähren – Vorschlägen, wie diese zu praktizieren sei (Blaustein 1914, 177 ff.). Die Einbindung nicht­ staatlicher Akteure schien dabei unabdingbar. Relativ klar war aber auch, dass bei der Erfüllung der neuen öffentlichen Aufgaben nicht lediglich ein kommandomäßiger Modus obwalten konnte. Gerade in Kriegszeiten erhoffte man sich eine Revitalisierung des Genos­ senschaftsprinzips (Deumer 1915, 49 f.). Man begrüßte den neuen „staatlich organisierten Kollektivismus“ (Mayr 1915, 220). Dass mit der Aufgabenerweiterung eine weitgehende Überfor­ mung ehemals der Privatrechtsordnung unterstehender Gebiete ein­ herging, wurde wohl allgemein akzeptiert, auch wenn diese Fest­ stellung unter der Einschränkung steht, dass es schon früh einzelne Kritik an der Unterhöhlung hergebrachter rechtlicher Strukturen gab (z. B. Laband 1915) und die Zustimmung unter den Öffentlichrecht­

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lern stärker ausgeprägt war als bei den Privatrechtlern (Stolleis 1999, 69 ff.). Die damit im Zusammenhang stehende Normsetzungstätig­ keit des Staates wurde als legislative Form der Kriegskunst gewür­ digt (Dörner 1986, 390). Erst gegen Endes des Krieges und danach mehrten sich die Stimmen, welche die Stückwerkhaftigkeit dieser Unternehmen und die damit verbundene Zerstörung der Rechtssys­ tematik und der Berechenbarkeit des Rechts kritisch anmerkten: „Diese Gesetzgebung ist nicht einmal Juristenrecht geworden; den gewaltigen Rechtsstoff mit seiner unendlichen Kasuistik kann kein Rechtskundiger, keine Rechtsschule beherrschen“ (Dietz 1919, 53).

Gesellschaftliche Verbände und deren Einbeziehung in staatliche Aufgaben Wie aus den vorhergehenden Ausführungen deutlich wurde, ver­ schwammen bei der Beteiligung von Verbänden an Kriegswirtschaft und Kriegswohlfahrt die Grenzen zwischen öffentlich-rechtlich und privatrechtlich. Dadurch gerieten auch hergebrachte juristische Ver­ ständnisse von Selbstverwaltung ins Wanken. Wenn festgestellt wer­ den musste, dass die institutionalisierte Einbeziehung nichtstaatli­ cher Akteure in hoheitliche Aufgaben sich nicht mehr nur auf die anerkannten öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sondern auch auf organisationsrechtlich dem Privatrecht zuzuordnende (Interes­ sen-)Verbände erstreckte, lag es nahe, den – von Gneist begründeten (oder präziser: ihm später zugeschriebenen) – politischen Selbstver­ waltungsbegriff (s. S. 35) ins Spiel zu bringen. Dies klingt jedenfalls in späteren Klassifizierungen an, wonach die Kriegsausschüsse (an denen Verbandsvertreter als Beiratsmitglieder mitwirkten) als Form der „Hinzuziehung der Bürger“ zur Staatsverwaltung einzustufen wären (Wauer 1923, 8; letztlich ebenso Heymann 1921, 135: „reine Selbstverwaltungskörper“). Verbände erschienen jetzt weniger als Lobbyorganisationen, sondern vielmehr als potente Partner. Um egalitäre Formen der Teilhabe handelte es sich jedoch nicht, was in der Rechtswissenschaft auch klar gesehen wurde. Abgesehen davon, dass sich die Einbeziehung auf bestimmte Verbände konzen­ trierte, erfolgte die Partizipation doch nicht mitgliedschaftlich, d. h. beruhend auf dem Konsens der Mitglieder, sondern durch bevor­ zugte Heranziehung einzelner mächtiger Akteure – Kahn (1918, 37) konstatierte „die Herrschaft Weniger über ganze Handels- und Be­ rufszweige, eine Handels- und Gewerbe-Oligarchie.“

Neukonturie­ rungen des Selbstverwal­ tungsbegriffs

Kritik an olig­ archischen Strukturen

78 | Teil 1 Einführung

Keine neuen Rechtsfiguren

Sensibilisierung für Grenzüber­ schreitungen, Analogiebildungen

Einzelne Rechtsinstitute und Schlüsselbegriffe Will man den rechtskonstruktiven Ertrag der Jurisprudenz in Bezug auf Organisations- und Handlungsformen zusammenfassen, gelangt man zu folgendem Befund: Zwar setzte sich die Erkenntnis durch, dass der Krieg in weiten Sektoren die Rechtsordnung neu konfigu­ riert hatte (Nußbaum 1920, 1) und im Schrifttum verbreiteten sich auch neue Begrifflichkeiten, wie eben die der „Kriegsgesellschaft“. Aber neue Rechtsfiguren entstanden daraus nicht (der Begriff der „Kriegsgesellschaft“ war eher eine Sammelbezeichnung, die ein Sammelsurium verschiedener Konstruktionen abdeckte). Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Erstens war die Zeit zu kurz für die recht­ wissenschaftliche Entwicklung grundlegend neuer dogmatischer Institute. Zweitens vermittelte das hergebrachte Begriffsinstrumenta­ rium offensichtlich noch ausreichend Aufnahmefähigkeit für kriegs­ wirtschaftlich bedingte Anreicherungen und Neukombinationen. Und drittens bot das Gesetzesrecht nicht genug Anknüpfungsmateri­ al für rechtskonstruktive Bemühungen einer positivistischen Rechts­ wissenschaft. Der Gesetz- und Verordnungsgeber schuf keine Kodi­ fikationen mit umfassender Geltungsreichweite, sondern arbeitete kleinteilig, improvisierte und changierte zwischen verschiedenen Gestaltungsvarianten; etliche Organisationsformen beruhten nicht auf gesetzlichen Vorgaben, sondern auf – zumal lokal und regional oft unterschiedlichen – vertraglichen Konstruktionen. Ausbaufähi­ ge Vorlagen für eine systematisch orientierte Rechtswissenschaft wurden hierdurch nicht geschaffen (Kahn 1918, 33). Was eher zu konstatieren ist, ist zunächst die Sensibilisierung für die Störanfälligkeit und Durchlässigkeit bisheriger Systemgren­ zen. Mit dem Versuch, die neuen Kriegsgesellschaften organisations­ rechtlich einzuordnen, verband sich auch die Diskussion darüber, inwiefern diese dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zu­ zuweisen waren. Gerade der Umstand, dass staatliche und private Gestaltungsanteile hier in bisher so nicht bekannten Kombinatio­ nen zusammengeführt wurden, stellte eine Herausforderung für die Rechtsdogmatik dar. Beobachten lässt sich der Versuch, Analogien zu schon bekannten Vorkriegsformen herzustellen, so die KriegsAGs und Kriegs-GmbHs mit gemischtwirtschaftlichen Unternehmen gleichzusetzen, die Kriegsausschüsse – wenngleich unstreitig keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften – als Selbstverwaltungskörper einzustufen, die Zwangssyndikate schließlich als eine Art Zwangs­

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genossenschaft zu charakterisieren (Heymann 1921, 137 ff.; ähnlich Wauer 1923, 5 ff.). Derartige Zuordnungen können aber auch mit gutem Recht als der Versuch interpretiert werden, diese Organisa­ tionstypen in die Nachkriegszeit hinein zu retten, indem man an hergebrachten Schemata festhielt und dem öffentlichen Recht (des Krieges) nur eine modifizierende Rolle zubilligte (Zacher 2002, 37). Diejenige Handlungsform, deren Anwendungsbereich sich in öf­ fentlichen Angelegenheiten während des Krieges enorm ausweitete, war der Vertrag. Dass durch ihn nicht die typischen Privatrechts­ verhältnisse ausgestaltet wurden und sich auch nicht gleichberech­ tigte Privatrechtssubjekte gegenüberstanden, war unübersehbar, jedenfalls, wenn es sich um Verträge zwischen der Verwaltung und Unternehmen über die Lieferung von Rohstoffen handelte und bei Vertragsverweigerung eine Beschlagnahme drohte. Aber auch Ver­ träge zwischen Unternehmen konnten nicht ohne weiteres als privat­ rechtlich eingestuft werden, wenn der betreffende Wirtschaftssektor öffentlich-rechtlich überformt war. Dies stimulierte nicht nur eine verstärkte Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrages, son­ dern ließ auch die Abgrenzung zwischen privatrechtlichem und öf­ fentlich-rechtlichem Vertrag zweifelhaft erscheinen (Kahn 1918, 78). Mit dem Ende der Kriegswirtschaft 1918 fehlte es allerdings auch am Praxiskontext weiterer dahingehender Überlegungen; die Wohl­ fahrtspflege, in der ebenfalls vertragliche Kooperationsformen zwi­ schen staatlicher und privater Seite dominierten, entwickelte sich zwar in einem kooperativen Modus weiter, allerdings dann stärker auf gesetzlicher, weniger auf (lokaler und deshalb uneinheitlicher) vertraglicher Grundlage (s. S. 90 f.). Schließlich registrierte man durchaus auch, dass der Krieg die Gerichtsverfassung erheblich verändert hatte, dass weite Gebiete nicht mehr der Jurisdiktion der ordentlichen Gerichtsbarkeit unter­ fielen, sondern an deren Stelle „Schiedsgerichte“ getreten waren – Schiedsgerichte allerdings, die mit den ad hoc zu bildenden und auf der Privatautonomie beruhenden Schiedsgerichten der ZPO nichts mehr zu tun hatten (Kahn 1918, 54 f.). Dass diese Schiedsgerichte nunmehr nicht nur Austragungsort individueller Belange waren, vielmehr Interessenlagen ausbalanciert wurden, die zugleich öffent­ lich-rechtlich anerkannte Belange von Interessengruppen waren und ebenso der staatlichen Einhegung bedurften, wurde klar gese­ hen. Dem hatten auch die Besetzungsregeln zu entsprechen, welche man in der Literatur als Muster zugrunde legte: ein Vorsitzender,

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Öffentlich-recht­ licher Vertrag

Schiedsstaat­ lichkeit

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der Mindestanforderungen des Verfahrens sicherte und paritätisch vertretene Gruppenrepräsentanten (Kahn 1918, 63). Der öffentlichrechtliche Bezug trat in seiner Klärungsbedürftigkeit auch dadurch hervor, dass man sich darüber einig werden musste, inwiefern es sich um „Schiedsgerichte“ oder besondere Verwaltungsgerichte handelte (Heymann 121, 114). Ob es sich bei ihren Entscheidungen wirklich um Akte richterlicher Gewalt mit allen gerichtsverfassungsrechtlichen und prozessrechtlichen Konsequenzen handelte, blieb ebenfalls klä­ rungsbedürftig (Goldschmidt 1919, 29 ff.). Insgesamt bildeten die neuen staatlich-privaten Schiedsinstitutionen ein rechtsdogmati­ sches Desiderat.

2.5 Nachkriegsaufbruch und Krise 2.5.1 Stimmungslagen „Weiche“ Sozia­ lisierung

Kooperativer Modus statt Trennungsdenken

Die Republik von Weimar trat mit dem Versprechen an, einen Mittel­ weg zwischen privatkapitalistischer und sozialistischer Wirtschafts­ ordnung zu beschreiten. Die einschlägigen Bestimmungen der Wei­ marer Reichsverfassung widerspiegeln diesen Konsens der die über­ wiegende Wählerschaft repräsentierenden Gründungskoalition aus MSPD, Zentrum und DDP. Zwar war auch die enteignende Sozia­ lisierung von Schlüsselindustrien vorgesehen (Art. 156 Abs. 1 S. 1 WRV), aber mit verschiedenen Regularien „weicher“ Sozialisierung hatte man doch ein variantenreiches Arsenal an Instrumenten be­ reitgestellt, die die Wirtschaft auch unter Beibehaltung bestehender Eigentumsverhältnisse an Gemeinwohlbelange binden sollten: die Staatsbeteiligung an Unternehmen und staatliche Eingriffsrechte (Art. 156 Abs. 1 S. 2 WRV), Zwangssyndizierungen auf der Grundlage der Selbstverwaltung (Art. 156 Abs. 2 WRV) und das Wirtschaftsräte­ system (Art. 165 WRV). Unabhängig davon, ob und in welchem Maße diese Maßgaben umgesetzt wurden, in ihnen kommt doch das Bestreben zum Aus­ druck, politische Zielsetzungen größtenteils in einem kooperativen Modus zu realisieren, an dem der Staat, die Privatwirtschaft und die Arbeiterschaft beteiligt waren. Im Kern prägte dieser Gründungs­ konsens das Denken über die gesamte Weimarer Zeit hinweg – auch wenn er nicht aus dem Nichts geboren war, sondern das kathederso­ zialistische Gedankengut des späten Kaiserreichs und den kriegs­

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wirtschaftlichen „Staatssozialismus“ mit in seinen Genen trug. Dies bezieht sich nicht auf die konkreten Realisierungsformen, wie sie die Verfassungsbestimmungen vorgesehen hatten, sondern auf den Grundgedanken, dass die Separierung in eine sich privatrechtlich selbstregulierende bürgerliche Gesellschaft und einen sich auf die Herstellung eines allgemeinen Ordnungsrahmens beschränkenden Staat endgültig der Vergangenheit angehörte. Gegen ein solches Trennungsdenken sprachen die aus Nachkriegsnot und Wirtschafts­ krise resultierenden Handlungserfordernisse, wie sie damals gese­ hen wurden. In welchen Ausprägungen sich dies in den mannigfaltigen geis­ tigen Strömungen der Jahre 1918 bis 1933 manifestierte, kann freilich schwer in einem kompakten Überblick veranschaulicht werden. Die folgenden Ausführungen versuchen daher, dies anhand bestimmter Schlüsselbegriffe zu verdeutlichen. Gemeinwirtschaft: Der Begriff der Gemeinwirtschaft, für den die konzeptionellen Grundlegungen schon in der späten Kaiserzeit und im Krieg geschaffen worden waren (s. S. 41 f., 66 f.), war nun eta­ blierter Bestandteil der Gesetzesterminologie geworden (z. B. § 10 Eisenwirtschaftsverordnung 1920). Allerdings versuchte man sich von der kriegswirtschaftlichen bürokratischen Prägung zu distanzie­ ren. In den Vordergrund trat – gerade in den ersten Jahren von Wei­ mar – die Verbindung mit Selbstverwaltungsvorstellungen, die die Einbeziehung der Arbeiterschaft mit umfassten (Wissel/Moellendorf 1919). Gebundene Wirtschaft/Organisierte Wirtschaft: Nicht mit dem Begriff der Gemeinwirtschaft – der ja auch stark programmatisch be­ setzt war – gleichzusetzen, aber mit ihm verflochten waren Termini, die sich in der Wirtschaftswissenschaft durchsetzten: „Gebundene Wirtschaft“ und „Organisierte Wirtschaft“. Diese Begrifflichkeiten spiegeln eine teils eher resignative Einsicht in den Gang der Dinge (z. B. Schmalenbach 1928, 241 f.), teils eher bejahende Zukunftsver­ heißungen, wie bei Sombart (1928, 250 ff.) (Breuer 2001, 218), aber auf jeden Fall vermitteln sie auch einen Eindruck von den zeitgenös­ sischen Stimmungslagen in den ökonomischen Wissenschaften: Der Zug der Zeit schien eine expansive Regulierung des Wirtschaftsle­ bens und zugleich die Inanspruchnahme des unternehmerischen Potentials für öffentliche Zwecke zu sein. Diese Grundstimmung durchzog mehr oder weniger alle methodischen Lager, auch die neue „theoretische“ Richtung, die die Historische Schule beerben woll­

Gemeinwirt­ schaft

Gebundene Wirtschaft/ Organisierte Wirtschaft

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Korporatismus/ Korporativismus

Wirtschaftsdemokratie

te, war durchaus nicht durchgehend wirtschaftsliberal aufgestellt (Brandt 1993, 400 ff.; Jansen 2000). Korporatismus/Korporativismus: „Korporatismus“ oder „Korpo­ rativismus“ waren keine etablierten Begrifflichkeiten der Debatte in Weimar. Völlig unbekannt waren sie aber nicht. Wurden sie ver­ wendet, bezog man sich allerdings zumeist auf die Verhältnisse im faschistischen Italien (z. B. Bernhard 1931, 25 ff.; Lachmann 1933). Dennoch ist es nicht unangemessen, diese Termini auch auf die deut­ sche Diskussion zu beziehen, denn auch hier vermerkte man korpo­ rative Strukturen, sprach dann allerdings eher von einem „unechten Korporationenstaat“ (Bühler 1931, 595), weil es sich, anders als in Ita­ lien, nicht um staatsrechtlich verankerte Strukturen handelte (sieht man von Art. 165 WRV ab). Was sich allerdings unter Korporatismus – als Bündelungsbegriff – subsumieren ließ, waren programmatische Gehalte, also Präferenzen für die Etablierung von Mitbestimmungsoder Konsultativstrukturen, über die nichtstaatliche Akteure in die Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten einbezogen werden sollten, dies vor allem in Form von korporativ-berufsständischen Struktu­ ren. Solche Vorstellungen lassen sich nicht von vornherein einer antidemokratischen Richtung zuweisen, sie lassen sich bei nahe­ zu allen Parteien und weltanschaulichen Richtungen finden (Ritter 1998, insb. 279), freilich in unterschiedlichen Abstufungen und Ge­ staltungsvarianten (Nocken 1981, 33 ff.; Schröder 1994; Bohn 2011). In der krisenhaften Endzeit von Weimar wird allerdings eine Domi­ nanz prononciert antidemokratischer Konzepte deutlich (Nocken 1981, 37). Wirtschaftsdemokratie: Der Begriff der „Wirtschaftsdemokratie“ wurde – ungeachtet gelegentlicher vorheriger Verwendungen (Glum 1925, 8) – erst in der zweiten Hälfte der Weimarer Zeit zu einem weit­ verbreiteten Schlüsselbegriff (Louis 1969, 38 ff.; Schmoeckel 2013, 90 ff.), insbesondere das gleichnamige Buch Naphtalis machte ihn prominent. In der dortigen konzeptionellen Ausprägung wurden sowohl Formen der arbeiterschaftlichen Mitbestimmung als auch staatliche Regulierungen des Wirtschaftslebens und Unternehmens­ beteiligungen oder unternehmerische Aktivitäten der öffentlichen Hand erfasst (Naphtali Hg. 1928, 38 ff.). Begreift man den Ansatz der „Wirtschaftsdemokratie“ als allgemeines Konzept zur Integration der Arbeiterschaft, so hat man es mit einer sozialistisch-emanzipati­ ven Ausformung des korporativ-staatlichen Gedankens zu tun, der die gesamte Weimarer Zeit über das Stimmungsbild prägte.

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2.5.2 Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements Organisationsformen In weiten Bereichen änderte sich nur wenig an jenen Organisation­ strukturen, die in der späten Kaiserzeit geschaffen waren, um der privat-staatlichen Koordination öffentlicher Aufgaben eine Heimat zu bieten. Das Wirtschaftskammerwesen erfuhr jedenfalls keine gravierenden rechtlichen Umgestaltungen (Will 2010, 335 ff., 585 ff., 792 ff.). Auch bei den Berufskammern blieb im Wesentlichen alles beim Alten, Ausweitungen der Verkammerung auf andere Berufs­ felder waren schon in der Kaiserzeit erfolgt (Kursmaklerkammern 1896, Apothekerkammern 1901), weitere Zwangsverkammerungen gab es, sieht man ab von den – auch nur für den Kohlenberg­ bau geschaffenen – Arbeitskammern (Arbeitskammerverordnung 1919), erst nach 1933 (Notarkammern, Wirtschaftsprüferkammern) oder nach 1945 (z. B. Architektenkammern, Steuerberaterkammern) (Kluth 1997, 99, 103, 107, 113). Die Organisationsform der öffentli­ chen Genossenschaft (s. S. 44 f.), hier vor allem der Wassergenos­ senschaft, wurde noch auf weitere Verbände erstreckt (z. B. Elster­ genossenschaftsgesetz 1928; Wuppergesetz 1930), aber auch hier blieben die Strukturen im Wesentlichen die Gleichen. Die Aktien­ gesellschaft hatte ihren Korporationscharakter, der der staatlichen Seite noch etliche Einflussrechte gesichert hatte, endgültig verlo­ ren. Auch wenn sie noch in Organisationskonglomeraten integriert waren, in denen staatliche und privatwirtschaftliche Belange koor­ diniert wurden (s. S. 84), hatten sie sich doch als rein privatrecht­ liche Organisationsformen konsolidiert (gesetzliche Änderungen, vor allem in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, betrafen in erster Linie die internen Strukturen [Engelke/Maltschew 2007]). In der Sache gilt gleiches für das Vereinsrecht. Obwohl gerade im Bereich der Fürsorge innovative Strukturen der Einbindung von Vereinen in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben geschaffen wurden (S. 90 f.), blieb das Vereinsrecht – sieht man vom Wegfall der Beschränkun­ gen für das politische Vereinswesen ab – als solches unverändert (Vormbaum 1976, 199 f.). Neue Organisationsrechtsformen brachte die Weimarer Zeit also nicht hervor. Jedoch wurden Konglomerate geschaffen, in denen her­ gebrachte Organisationstypen in neuartiger Weise arrangiert und in staatliche Ingerenzzüge eingebunden wurden. Dazu zählen vor allem und zunächst Kartelldachorganisationen, die in der Nachkriegszeit

Beständigkeit hergebrachter Organisations­ rechtformen

Neue Kartell­ strukturen

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Organisation der Kohlenwirt­ schaft

Andere Zwangs­ kartelle

als gemeinwirtschaftliche Selbstverwaltungskörper aufgebaut wur­ den. Zwangskartelle von Schlüsselindustrien (Kohle, Kali, Eisen) wurden aus der Kriegszeit in ein neues organisatorisches Gehäuse überführt, welches die Kartellselbstorganisation der Privatwirtschaft mit staatlich definierten gemeinwirtschaftlichen Zielsetzungen und den Mitbestimmungsforderungen der Arbeiterschaft harmonisieren sollte. Das Ergebnis waren höchst komplexe Gebilde, was beispiel­ haft für die 1919 geschaffene Organisation der Kohlenwirtschaft zu veranschaulichen ist (Kohlenwirtschaftsgesetz 1919; AB Kohlenwirt­ schaftsgesetz 1919). Das oberste Organ der Kohlenwirtschaft bildete der Reichskoh­ lenrat – ein Gremium, dessen rechtstypologische Einordnung (Be­ hörde oder juristische Person) umstritten war. Als Quasi-Fachparla­ ment der Kohlenwirtschaft vereinigte er 60 Mitglieder, davon 15 Ar­ beitgeber- und 15 Arbeitnehmervertreter der Kohlenwirtschaft, ferner Regierungsvertreter und Repräsentanten betroffener Wirtschafts­ zweige. Seine Aufgabe bestand vor allem in der Lenkung der öko­ nomischen Prozesse mittels Richtlinien. Dem Reichswirtschaftsmi­ nisterium waren durch die Überweisung einer weitgehenden Staats­ aufsicht erhebliche Mitbestimmungsrechte eingeräumt. Als eine Art Vollzugsorgan fungierte der Reichskohlenverband, dem die Kohlen­ syndikate und die Länder angehörten, eine Gesellschaft bürgerli­ chen Rechts, jedoch mit einer AG als rechtsfähiger Stelle, somit als Doppelgesellschaft konstruiert (Nörr 1994, 43). Ihm oblagen z. B. die Überwachung der Richtliniendurchführung und der Erlass von Ausführungsvorschriften sowie die Festsetzung von Preisen; auch in diesem Fall bestanden weitreichende ministerielle Eingriffsrech­ te. Die in diesem Verbund organisierten Kohlensyndikate wirkten weiterhin als Kartelle, wie sie es seit jeher getan hatten, nur eben in den Grenzen der durch Reichskohlenrat und Reichskohlenverband gesetzten Rahmenbedingungen und damit auch teilweise bisheri­ ger Selbstgestaltungsmöglichkeiten (z. B. Preisfestsetzung) beraubt (Plaut 1931; Apitz 1936; Nörr 1994, 43 f.). Fast analoge Strukturen entstanden gleichzeitig in der Kaliwirtschaft (Kaliwirtschaftsgesetz 1919; DV Kaliwirtschaft 1919) und etwas später wurde, weniger kom­ plex, aber im Wesentlichen ähnlich gelagert, die Eisenwirtschaft ge­ meinwirtschaftlich organisiert (Eisenwirtschaftsverordnung 1920). Zwangskartellierungen blieben nicht auf die Anfangsphase von Weimar beschränkt. Auch später entstanden solche Gebilde. Nur fehlte es jetzt an den wirtschaftsdemokratischen Konturierungen, sie

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

fügten sich jetzt nicht mehr in ein umfassendes Konzept „weicher“ Sozialisierung, sondern erfolgten – in der Endzeit von Weimar – in Reaktion auf bestimmte Krisen oder sollten akuten Rationalisierungs­ notwendigkeiten Rechnung tragen. Dies betrifft beispielsweise die milchwirtschaftlichen Zusammenschlüsse (Bose/Nelson Hg. 1931; Keller 1934) oder die Zwangsverbände der Zuckerindustrie (SchmidtWietersheim 1934). Die organisationsrechtliche Einordnung derarti­ ger Vereinigungen war nicht einfach. Einerseits handelte es sich um Zusammenschlüsse privatwirtschaftlicher Akteure, andererseits um (wenn auch teilweise von der Wirtschaft gewollte) Zwangsverbindun­ gen mit staatlichen Leitungsanteilen. Wenn sie daher meistenteils als juristische Person mit Staatsaufsicht charakterisiert wurden (Huber 1932, 22 f.), bringt das die Dilemmata zum Ausdruck, in denen sich rechtsdogmatische Systematisierungsvorstellungen befanden. Schließlich ist für die Weimarer Zeit zu registrieren, dass die Grenzen zwischen privatrechtlichen (Interessen-)Verbänden und öffentlich-rechtlichen Organisationsstrukturen in einigen Sektoren keine so scharfen Konturen mehr aufwiesen. Diese Grenzverwischun­ gen kamen aber nicht in neuen Organisationsrechtstypen zum Aus­ druck, sondern machten sich durch neue Formen der Organisations­ koordination bemerkbar. Zutage trat dies in horizontalen Konstella­ tionen, wenn Marktakteure im selben Segment um Anteile kämpften, oder in vertikalen, wenn im selben Marktsegment Interessenkolli­ sionen zwischen Leistungserbringern verschiedener Ebenen oder zwischen Anbietern und Nutzern auszutarieren waren. Hier bildeten sich vertraglich erzwungene Vertragsgemeinschaften. Für die ers­ te Fallgruppe sind Vereinbarungen zwischen Finanzdienstleistern anzuführen: Wettbewerbsvereinbarungen von 1918 zwischen dem Deutschen Sparkassenverband und den Verbänden der Kreditge­ nossenschaften (Hörstmann 1928, 170 ff.) und von 1928 zwischen Dachorganisationen von Sparkassen, Kreditgenossenschaften und Banken, 1932 schließlich eine Vereinbarung, in der sich die genann­ ten Gruppen über die einheitliche Festsetzung von Zinssätzen ei­ nigten; letztgenannte Vereinbarung kam allerdings erst zustanden, nachdem das Reich gedroht hatte, die Zinssätze staatlich zu regeln (Erster Teil, Kap. 3, Abschn. 2, § 1 Vierte Notverordnung 1931). Im Hinblick auf die zweite Fallgruppe, also die vertikale Konstel­ lation, ist auf die Interessenkoordination von Krankenkassen und Kassenärzten hinzuweisen. Wie bereits erwähnt (S. 58), wurde 1913 das Berliner Abkommen zwischen den Dachverbänden der Kran­

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Vertragsge­ meinschaften horizontaler Koordination

Vertragsge­ meinschaften vertikaler Koor­ dination

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kenkassen und Kassenärzte geschlossen, welches prozedurale und institutionelle Vorkehrungen insbesondere für die Bewältigung von Tarifkonflikten festsetzte. Nach Ablauf der Vertragszeit wurden diese Arrangements aufgrund fehlender Einigungsfähigkeit der Parteien in gesetzliche Form überführt. Eine Verordnung (Krankenkassen­ verordnung 1923) ersetzte die privatrechtliche Vereinbarung, die Vertragsgemeinschaft wurde „verstaatlicht“. Die staatliche Regelung baute das vertraglich geschaffene Organisationsgeflecht aus. Es ent­ standen vor allem normsetzende (Reichsausschuss) und justizähnli­ che (Reichsschiedsamt, Schiedsämter) Gremien, die in unterschied­ lichen Konstellationen mit Gruppenrepräsentanten und Vertretern der staatlichen Seite besetzt waren. Sie bildeten das organisatorische Gehäuse einer teilweise öffentlich-rechtlich, teilweise privatrechtlich ausgestalteten gemeinsamen Selbstverwaltung (Collin 2014b).

Normsetzung funktionaler Selbstverwal­ tung

Normsetzung kommunaler Selbstverwal­ tung

Aktionsfelder Normsetzung: Die Normsetzungsbefugnisse öffentlich-rechtlicher Körperschaften, insbesondere der Kammern, blieben im Wesentli­ chen unverändert. Versuche, den Handwerksorganisationen mehr (Mit-)Regelungsbefugnisse, vor allem im Hinblick auf die Preisbil­ dung zu geben, blieben weitgehend erfolglos (John 1987, 386). Zwar wurde in Weimar auch noch die Tariffähigkeit der Innungen aner­ kannt (Meyer-Ibold 1931, 44 ff.), aber dies bedeute keine Kompe­ tenzerweiterung, sondern lediglich die Integration in das seit 1918 umfassend etablierte Tarifsystem. Gestärkt wurde an sich die Normsetzungsmacht der Kommunen, vor allem durch den Wegfall von staatlichen Bestätigungsrechten für kommunale Satzungen (Art. 2 Pkt. 1 Kriegsvereinfachungsgesetz 1918). Allerdings scheint es angemessen, die Kommunen spätestens mit Beginn der Weimarer Zeit nicht mehr in den Kreis jener Akteu­ re einzubeziehen, die in einem als „privat-staatlich“ bezeichneten Beziehungsgeflecht auf der nichtstaatlichen Seite standen. Ihre zu­ nehmenden Strukturähnlichkeiten mit staatlichen Behörden, ihre ihr immer weniger Beweglichkeit gestattende Einbindung in staat­ liche Aufgabenerfüllung und die zunehmende Abhängigkeit von staatlicher Finanzierung rechtfertigen es kaum noch, ihr den Cha­ rakter einer „gesellschaftlichen Korporation“ (Hofmann 1965, 270) zuzusprechen (den sie auch im 19. Jahrhundert auch nur bedingt hatte, da sie neben ihren Selbstverwaltungsaufgaben auch staatliche

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

Aufgaben erfüllen musste) – sie wurden zu „mittelbarer Staatsver­ waltung“ (Collin 2012). Zur Massenerscheinung in Weimar wurden allgemeine Ge­ schäftsbedingungen (AGB). Ihr vermehrter Einsatz veranlasste zwar Stimmen im Schrifttum, von einem „selbst geschaffenen Recht der Wirtschaft“, welches das staatliche Recht verdrängte, zu sprechen (Großmann-Doerth 1933, insb. 3 f.), aber in der Sache handelte es sich nicht um ein Regelungsphänomen, welches privat-staatlichen Regelungsstrukturen zugeordnet werden könnte. AGBs waren pri­ vatrechtliche Regelungsakte, die ihre – im Einzelnen umstrittene – Regelungswirkung zwischen Privaten entfalteten; staatliche Rege­ lungsmacht war hieran nicht beteiligt. Nur mittelbar lassen sie sich in derartige Zusammenhänge einordnen, nämlich dann, wenn öf­ fentlich-rechtliche bzw. öffentlich-rechtlich ermächtigte Akteure an der Ausarbeitung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen beteiligt waren. Dies war z. B. dann der Fall, wenn die Handelskammern sol­ che publizierten, womit zumindest ein faktischer Autoritätszuwachs derartiger Regelungen verbunden war (S. 51), oder wenn die Bör­ senvorstände auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung (§ 50 Abs. 2 Börsengesetz 1908) „Usancen“ für den Börsenverkehr erließen (Raiser 1935, 42 ff.). In weitem Maße eingesetzt wurde in der Weimarer Zeit das Richt­ linienrecht, welches schon im Krieg breite Anwendung gefunden hatte (s. S. 72). Die „Richtlinie“ war kein eigenständiger Regelungs­ typus wie das Gesetz, die Verordnung oder die Satzung. Vielmehr ließen sich dieser Normierungsart Regelungen zuordnen, die au­ ßerhalb der etablierten Normsetzungsinstitutionen entstanden und meist wirtschaftsinterventionistische Zwecke aufwiesen. Richtlini­ en erließen z. B. die obersten Gremien der Gemeinwirtschaft, wie der Reichskohlenrat, oder der Reichsausschuss der Krankenkas­ sen und Kassenärzte. Aber nicht nur diese als öffentlich-rechtliche Einrichtung anerkannten Gremien erließen Richtlinien, auch der pri­ vatrechtlich verfasste Reichskohlenverband verfügte über eine ent­ sprechende Regelungskompetenz. Zudem zeigten sich Unterschiede im Geltungsanspruch: Während die Richtlinien des Reichskohlen­ rats allgemeine rechtsgleiche Geltung beanspruchten (Simons 1931, 16 f.), galten die des Reichsausschusses nur für den Fall der Nichtei­ nigung der Parteien und dann nur als Beurteilungsmaßstab für die Schiedsämter, die über solche Konflikte zu befinden hatten (§ 368m RVO 1924; Parisius 1925, 18; Kühne 1926, 163 f.). Richtlinienrecht

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Selbstgesetz­ gebung der Wirtschaft

Richtlinienrecht

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Mitentscheiden­ de Mitwirkung Privater an der Normsetzung

Konsultative Mitwirkung durch Beiräte

Konsultative Mitwirkung durch Anhörung

stand also nicht für einen einheitlichen Regelungstypus, vielmehr ergab sich sein Verbindlichkeitsgrad aus den dahinterstehenden Regelungsintentionen: Im ersten Fall handelte es sich um ein Instru­ ment für die umfassende Neugestaltung eines Wirtschaftssektors, im zweiten Fall um ein Hilfsmittel für die fallweise Entscheidung von Konflikten, die aus gescheiterter Selbstkoordination entstanden. Die Beteiligung privater Verbände an der Normsetzung, wie sie im Krieg auf der Grundlage von Mitentscheidungsregeln praktiziert worden war (s. S. 72), war seit 1918 eher wieder zurückgedrängt wor­ den. Nur in Ausnahmefällen wurden Interessenverbände in solcher Weise herangezogen, beispielsweise im Fall des § 9 Futtermittelge­ setz 1926, der vorschrieb, dass Rechtsvorschriften über Probeentnah­ men bei Futtermitteln durch Vereinbarung zwischen dem Deutschen Landwirtschaftsrat und Vertretern der betroffenen Kreise geschaffen werden sollten. Indirekte privat-staatlicher Normsetzung durch persuasive Ein­ flussnahme fand aber weiter in umfassendem Maße statt, auch wenn die Zahl der entsprechenden Institutionen in Folge des Verschwin­ dens des kriegswirtschaftlichen Ausschusswesens (s. S. 69) sank. Aber das in der Kaiserzeit geschaffenen Beiratswesen (s. S. 47 f.) bestand weiter fort und wurde durch neue Einrichtungen ergänzt. Freilich, der in Art. 165 WRV konzipierte Reichswirtschaftsrat mit seinem Unterbau an Bezirkswirtschaftsräten und seinen umfassen­ den Begutachtungs- und Antragsrechten wurde nie errichtet. Der anstelle dessen ins Leben gerufene Vorläufige Reichswirtschaftsrat, der vor allem mit berufsständischen Vertretern besetzt war, ent­ faltete zwar eine rege Untersuchungstätigkeit, konnte aber auf die Gesetzgebung nur wenig Einfluss nehmen. Insgesamt aber nahm das Beiratswesen an Gewicht zu. Die Beibringung fachlicher Expertise trat zurück, Beiräte wurden immer mehr zu Orten verbandlicher In­ teressenrepräsentation (für den Reichsgesundheitsrat Saretzki 2000, 78 f., 505 f.). Neben diese aufbauorganisatorischen Instrumente persuasiver Einflussnahme traten prozedurale. Als „wahre(r) Meilenstein in der Geschichte der ‚Pressure Groups“‘ wurde die Verankerung einer An­ hörungsmöglichkeit für Verbände eingeschätzt (Wehler 2003, 275). Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Reichsministerien von 1924 (§ 28 Abs. 2 GGO II 1924) sah vor, dass bei der ministeriellen Gesetzes­ vorbereitung die Stellungnahmen der betroffenen Kreise einzuholen waren. Was vorher schon in vielen Fällen gängige Praxis war (Blaich

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1979, 60), erfuhr jetzt eine allgemeine rechtliche Legitimation. Aller­ dings entstanden damit keine festgefügten Regelungsstrukturen der Einbeziehung nichtstaatlicher Belange, schon gar nicht resultier­ ten daraus rechtlich durchsetzbare Beteiligungsansprüche. Art und Weise der Einholung der Stellungnahmen wie auch die Bestimmung des Kreises der Anzuhörenden lagen weitgehend in den Händen der Ministerialbürokratie. Aber privat-staatliche Kooperation fand damit auch im Bereich der Gesetzgebung eine allgemeine rechtliche Anerkennung, sie wurde zum legitimen Bestandteil des Gesetzge­ bungsverfahrens. Verwaltungsmäßige Erfüllung von Aufgaben mit Gemeinwohlbe­ zug: Die Einbeziehung von Privaten in die Erfüllung von Verwal­ tungsaufgaben wurde in Weimar vor allem im Bereich der Leistungs­ verwaltung in neuen Formen fortgeführt und ausgebaut. Beobachten lässt sich dies vor allem bei der Infrastrukturverwaltung, bei der So­ zialverwaltung und bei der Wirtschaftsförderung. Die Versorgung mit Wasser, Strom und Elektroenergie und der innerstädtische Verkehr waren schon vor dem Krieg zum festen Auf­ gabenbestandteil der Kommunen geworden, die Kommunalisierung dieser Felder schwächte sich allerdings zur Jahrhundertwende er­ heblich ab (Ambrosius 2012, 67). In Weimar lassen sich zwei auf den ersten Blick gegensätzliche Tendenzen ausmachen. Zum einen kam es unter dem Einfluss wirtschaftsdemokratischer Ideen, aber auch aus ganz pragmatischen Erwägungen wieder zu einer Verstärkung des Kommunalisierungsdrucks, in erster Linie im Nahverkehr (Am­ brosius 2012, 88, 91), aber auch anderswo – nicht umsonst formierte sich um die Mitte der 1920er Jahre eine Kampagne gegen diese „kalte Sozialisierung“. Andererseits verschärfte sich der Effizienzdruck, eine Begleiterscheinung der Tayloristischen Grundstimmung jener Zeit (Maier 1993): Auch kommunale Unternehmen sollten wirtschaft­ lich arbeiten. Beobachten lässt sich eine Privatisierungswelle, die allerdings nicht in einer Privatisierung städtischen Eigentums ihren Ausdruck fand, sondern vor allem in Organisationsprivatisierungen, d. h. in der Überführung städtischer Unternehmen in Privatrechts­ formen, also der AG oder der GmbH (anschaulich Goerdeler 1930). Teilweise verband sich damit aber auch die Kooperation mit Unternehmen der Privatwirtschaft: Das gemischtwirtschaftliche Un­ ternehmen fand weite Verbreitung. Gemischtwirtschaftliche Unter­ nehmen, an denen sowohl die Kommunen als auch Private Anteile hielten, waren eine gewichtige Organisationsform kommunaler In­

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Kommunali­ sierung und Organisations­ privatisierung von Infrastrukturen

Gemischtwirt­ schaftliche Unternehmen

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Privat-staatliche Organisation der Wohlfahrt

frastrukturbewirtschaftung. Die Aufgabenverteilung konnte dabei durchaus unterschiedlich ausfallen. So konnte der gesamte Aufga­ benkomplex auf ein solches Unternehmen übertragen werden, in Betracht kam aber auch, dass man lediglich die operative Betriebs­ führung auslagerte und auf ein privatwirtschaftlich dominiertes gemischtwirtschaftliches Unternehmen übertrug (Ambrosius 1980, 242 f.). Neu waren solche Mischformen nicht, beobachten lassen sich aber in Weimar deren systematische Fortentwicklung und eine par­ tielle Neuakzentuierung: Es ging nicht lediglich um die möglichst intelligente Verteilung von Finanzierungsrisiken, sondern neben der Sicherstellung des öffentlichen Versorgungsauftrags auch um Vorkehrungen zur Berücksichtigung von Angestellten- und Verbrau­ cherbelangen (Wolff 1931, 126 f.). In der sozialen Fürsorge wurde zum Hauptbetätigungsfeld der privaten Vereine (die nach Krieg und Inflation an finanzieller Aus­ zehrung litten) die auftragsmäßige Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Sowohl auf privater als auch staatlicher Seite ging dies mit struk­ turellen Änderungen des Organisationsregimes einher. Die Vereine gruppierten sich unter dem Dach von Spitzenverbänden (z. B. dem Caritasverband oder dem Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt), die wiederum als Verhandlungspartner des Staates agierten; vor allem fungierten sie als Verteilungsstellen für öffentliche Zuwen­ dungen. Hauptfinanzier wurde das Reich. In den Details änderten sich im Laufe der Weimarer Zeit sowohl die Finanzierungssyste­ me als auch die Ausgestaltung der Zuwendungsvoraussetzungen. Insgesamt lässt sich sagen, dass Vereine dann in den Genuss staatli­ cher Zuwendungen kamen, wenn sie sich einem der sieben Spitzen­ verbände angeschlossen – und somit quasi in eine Kartellstruktur der Wohlfahrt eingegliedert – hatten und ihre Aktivitäten einem staatlich definierten Aufgabenbereich der öffentlichen Fürsorge un­ terfielen (Dünner/Schott 1927; Schott 1929). Daneben finanzierten sich die freien Vereine vor allem über Erstattungsleistungen im Rah­ men konkreter Aufgabenübertragungen (Rudloff 1998, 490 f.). Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) von 1922 und die Reichsfür­ sorgeverordnung von 1924 boten hierfür die rechtliche Grundlage. Sie wiesen weite Bereiche der öffentlichen Fürsorge nur subsidiär der Erfüllungsverantwortung der Kommunen zu bzw. boten einen weiten Raum für Aufgabendelegationen (Muthesius 1928); im zeitge­ nössischen Schrifttum erhob man diese Gesetze deshalb auch in den Rang einer „magna charta“ der freien Fürsorge (Weinmann 1930, 45).

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Auf der anderen Seite verblieb der öffentlichen Seite die Gewährleis­ tungsverantwortung, also eine gewisse Steuerungskompetenz, die in unterschiedlicher Weise realisiert wurde: in der Jugendwohlfahrt in mehr kooperativen Formen, in der allgemeinen Wohlfahrt in ei­ nem stärker imperativen Modus, der auch den Erlass von Richtlinien einschloss (Weinmann 1930, 46 ff.; Belz 1931, 23, 46). Im Gegenzug räumte man den freien Trägern Mitwirkungskompetenzen in den öffentlichen Gremien ein (§ 9 Abs. 2 RJWG; Muthesius 1928, 172). Im Fürsorgerecht zeigte sich in besonders deutlicher Weise ei­ ne neue Entwicklungstendenz des Interventions- und Sozialstaats. Finanzielle Mittel sollten nichtstaatliches Engagement in eine be­ stimmte Richtung lenken. Sichtbar wird dies aber auch in einem anderen Bereich: der Kreditwirtschaft. Für die finanzielle Unterstüt­ zung des Kleingewerbes waren traditionellerweise die Kreditgenos­ senschaften zuständig, welche sich ursprünglich als demonstrativ staatsabstinente Assoziationen etabliert hatten. Die für den notwen­ digen Liquiditätsausgleich erforderliche Finanzinstitution war in Preußen allerdings schon seit 1895 eine öffentlich-rechtliche Ein­ richtung: die Preußische Zentralgenossenschaftskasse (Brockmann 1913). Jedoch verband sich damit – obwohl die sog. Preußenkasse zum bedeutendsten Kreditgeber der Genossenschaften wurde – zu­ nächst noch keine inhaltliche Steuerung des genossenschaftlichen Kreditwesens (s. S. 44). Erst in den 1920er Jahren werden verstärkte Bemühungen sichtbar, mit der Kreditvergabe auf die Art und Weise der Geschäftsführung der Genossenschaften Einfluss zu nehmen (Faust 1977, 569) und sie auf bestimmte wirtschaftspolitische Felder, in erster Linie die Förderung der Agrarwirtschaft, zu konzentrieren (Faust 1967, 39 f.; Engelhardt 1995, 19, 31). Dieses Organisationsmus­ ter staatlicher Inanspruchnahme privatrechtlicher Selbsthilfe wurde 1932 auch auf die anderen deutschen Länder erstreckt (§ 1 Abs. 1 Zentralgenossenschaftsverordnung 1932). Justizielle Formen: In der Weimarer Zeit setzte sich der Trend der Verlagerung von Rechtsstreitigkeiten in nichtstaatliche oder halbstaatliche Konfliktlösungseinrichtungen fort (Nörr 1988, 222). Schon 1919 wurde konstatiert: „. . . überall sehen wir Einigungs­ ämter, Schlichtungsausschüsse, Schiedskommissionen auftauchen“ (Hedemann 1919, 14). Dabei ist jedoch zu differenzieren. Die Gerichts­ barkeit in arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten bewahrte insofern ihre privat-staatlichen Konturen als die Beisitzerbank in vielen Gerichten weiterhin paritätisch mit

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Indirekte Steuerung von Kreditgenossenschaften

Konfliktlösungs­ einrichtungen im Arbeits- und Sozialrecht

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Perpetuierung und Neuschaf­ fung von halb­ amtlichen Son­ dergerichten

Kaufmännische Schiedsgericht­ barkeit

Gruppenvertretern besetzt war (§§ 40 ff. RVO 1911; §§ 16, 35, 41 ArbGG 1926). Als Institutionen wurden sie allerdings verstaatlicht: Mit dem Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 wurde die kommunal angesiedelte Gewerbegerichtsbarkeit (s. S. 57) in die Arbeitsgerichtsbarkeit als staatliche Fachgerichtsbarkeit überführt (Graf 1993). Die Schiedsge­ richte der Unfall- und Altersversicherung hatte man schon durch die RVO 1911 in der Weise abgeschafft, als ihre Aufgaben nun in einem dreistufigen Instanzenzug von Versicherungsämtern, Oberversiche­ rungsämtern und Reichsversicherungsamt (welches allerdings auch schon vorher Rechtsmittelinstanz für die Schiedsgerichte war) wahr­ genommen wurden; 1922 wurde auch die Schiedsgerichtsbarkeit der Angestelltenversicherung in dieses organisatorische Gehäuse integriert (Ayass 2016). Weite Bereiche genuin bürgerlich-rechtlicher Rechtspflege über­ nahmen Einrichtungen, die schon im Krieg geschaffen (s. S. 75) und dann aber perpetuiert und in ihrer Bedeutung sogar gestärkt wur­ den, wie die Mieteinigungsämter oder die Schiedsstellen für Sam­ melheizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen (Führer 2012, Kaufmann 1919), oder erst nach 1918 eingerichtet worden waren, wie die Pachteinigungsämter (König 1928, 35 ff.) oder die Schieds­ gerichte für die Erhöhung von Eisenbahnbeförderungspreisen (Ei­ senbahnpreiserhöhungsverordnung 1920). So unterschiedlich diese Schiedsinstitutionen auch im Einzelnen ausgestaltet und organisa­ torisch eingebunden waren, folgende Merkmale waren ihnen doch gemeinsam: Dort, wo die Entscheidungsrationalität ordentlicher Zivilgerichte keine angemessene Lösung versprach, weil Gesichts­ punkte des sozialen Ausgleichs oder der angemessenen Reaktion auf wirtschaftliche Krisen nicht zu ihrem rechtlichen Entscheidungs­ programm gehörten, vor allem bei der Versorgung mit für die Le­ bensführung elementaren Leistungen oder Gütern, wurden Gremien geschaffen, in denen die „Betroffenen“ auf Angebots- und „Kun­ den“-Ebene im paritätischen Modus in die Entscheidungsfindung einbezogen wurden. Ein Bereich, für den das Jahr 1918 keine Zäsur darstellte, war die kaufmännische Schiedsgerichtsbarkeit. Sie hatte die ordentli­ che Gerichtsbarkeit schon zu einem Gutteil verdrängt und bildete das Rückgrat wirtschaftlicher Konfliktlösung – soweit diese nicht in den Aufgabenbereich der Schiedsgerichtsbarkeiten der Gemeinwirt­ schaft oder der Kartellschiedsgerichtsbarkeit fiel. An sich handelte es sich um eine nichtstaatliche Form der Konfliktlösung. Wie aber

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schon oben (S. 57) dargelegt, war dadurch, dass diese Schiedsge­ richtsbarkeit oft bei den Handelskammern organisiert war, eine Par­ tizipation an deren halbamtlicher Autorität sichergesellt. Außerdem konnten Parteien, die sich der schiedsgerichtlichen Entscheidung nicht unterwerfen wollten, „kaufmännischen Ruf und Kredit“ und die Mitgliedschaft in Verbänden verlieren (König 1928, 69). Zudem kam Schiedssprüchen die Wirkung von rechtskräftigen Gerichtsur­ teilen zu (§ 866 ZPO), wodurch die Schiedsgerichte mit einem Stück Hoheitsmacht ausgestattet waren. Was sich nun in Weimar beobachten lässt, ist erstens die weitere Ausbreitung des Schiedsverfahrens als Standardmodus wirtschaftli­ cher Konfliktlösung (Schreiber 1929, 14 f.) und zweitens eine gewisse Tendenz, Schiedsgerichte als Elemente organisierter Wirtschaft zu konzipieren. Dies soll nicht überbewertet werden, denn entsprechen­ de Reformbestrebungen scheiterten letztendlich. Konkret handelt es sich darum, dass der Wirtschaftsrechtler Arthur Nußbaum schon vor dem Weltkrieg entwickelte Überlegungen (Nußbaum 1912), Schieds­ gerichte als eine Art korporativer Selbstverwaltung anzuerkennen und ihnen amtliche – bis dahin staatlichen Gerichten vorbehaltene – Befugnisse zu verleihen, nach 1918 im Auftrag der Wirtschaft weiter­ verfolgte und bei der Regierung entsprechende Gesetzesinitiativen auszulösen versuchte (Nußbaum 1918). Diese Bestrebungen stießen auf rege Resonanz und teilweise auch Zustimmung (Volkmar 1918, 434 f.; Levin 1919; Staff 1925; Leo 1926, 246; König 1928, 65), erfuhren auf dem Juristentag 1926 aber letztlich eine Ablehnung; man befürch­ tete eine Erosion der ordentlichen Gerichtsbarkeit und des Rechts (Verhandlungen 1927, 516 ff., 566, 569, 600, 602 f., 609 f.). – Allerdings zeigen diese Vorgänge auch, wie weit der Gedanke staatlich-privater Verflechtung schon in die ureigenen Domänen bürgerlich-rechtlicher Rechtspflege vorgedrungen war.

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Halbamtliche Schiedsgerichte?

2.5.3 Rechtswissenschaftliche Reflexionen Staatszwecke und Staatsaufgaben Von einer Staatszwecklehre traditionellen Zuschnitts hatte sich die Rechtswissenschaft der Weimarer Zeit endgültig verabschiedet. Der Staatsrechtler hatte nach dem nüchternen Verdikt von Thomas (1926, 755) die Frage nach den Staatszwecken mit dem Hinweis darauf zu beantworten, dass dies der Entscheidung der legitimen Or­

Endgültiger Abschied vom Staatszweck?

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gane anheimgestellt war. Im Handbuch des Deutschen Staatsrechts (Anschütz/Thoma Hg. 1932) fand das Thema keine gesonderte Bear­ beitung. Aber auch in der Staatslehre fanden sie keinen Platz mehr. Dass Kelsen in seiner „Allgemeinen Staatslehre“ (1925, 40 ff.) für derartige Überlegungen nur beißenden Spott übrig hatte, ist aus der Perspektive seines methodischen Ansatzes verständlich. Aber auch andere bedeutende Staatslehren jener Zeit räumten den Staatszwe­ cken kaum noch Raum ein. Das bedeutete mitnichten ein Verharren auf positivistischen Positionen. Im Gegenteil, die Staatslehren von Smend und Heller – die Verfassungslehre Schmitts soll hier außer Be­ tracht bleiben – wiesen ja gerade einen starken nichtpositivistischen, programmatisch-normativen Gehalt auf, auch ihnen ging es um eine „sich aus ihren Zielen legitimierende Staatlichkeit“ (Link 1990, 13 f.). Allerdings war der „Staatszweck“ durch andere Topoi verdrängt worden (Hespe 1964, 76). Bei Smend war es bekanntlich der der „Integration“. Aber damit war kein Sensorium für die gewachsenen öffentlichen Aufgaben und die Mittel ihrer Bewältigung verbunden (Rumpf 1933, 26 f.). Obwohl der Begriff „Integration“ einen Modus der Einbeziehung gesellschaftlicher – nichtstaatlicher – Kräfte naheleg­ te, fehlt es in Smends Hauptwerk nahezu völlig an diesbezüglichen Erörterungen; Integration war staatsbezogen und staatsveranlasst (Smend 1928); dies war letztlich ein antipluralistischer Ansatz (Korioth 2000 b, 119 f.). Eine viel stärke Aufmerksamkeit für die Ver­ schränkung politischer und ökonomischer Staatsfunktionen und die Einbeziehung außerstaatlicher Verbände findet sich dagegen in der „Staatslehre“ von Heller (1934, 203 ff., insb. 215), das Werk erschien aber erst nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und soll deshalb hier außer Betracht bleiben. Eine Staatsaufgabenlehre, die die gewachsene Aufgabenvielfalt rechtssystematisch einfing und mit Überlegungen zu kooperativen Modi der Aufgabenerfüllung verband, entwickelte sich letztlich erst in der Bundesrepublik.

Verbandsfeind­ schaft und Ver­ bandsskepsis

Gesellschaftliche Verbände und deren Einbeziehung in staatliche Aufgaben Dass sich der Einfluss der Verbände im Vergleich zu den Zustän­ den im Kaiserreich noch einmal verstärkt hatte, wurde auch in der Rechtswissenschaft wahrgenommen. Das Problem, dass hierdurch das Herrschaftsmonopol des Staates unmittelbar tangiert wurde, konnte insbesondere die Staatsrechtswissenschaft nicht unberührt

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

lassen. Allerdings muss bedacht werden, dass es sich nicht unmittel­ bar um ein verfassungsrechtliches Thema handelte. Sieht man von den spezielle Koordinationsformen regelnden Art. 156 und 165 WRV ab, hatte es man mit einem außerverfassungsrechtlichen Phänomen zu tun. Gefragt war die Staatsrechtswissenschaft daher nicht als Er­ klärer und Systematisierer geltenden (Verfassungs-)Rechts, sondern als Teilnehmer an einer eher verfassungspolitischen Debatte. Bei aller Heterogenität lassen sich dabei drei verschiedene Grundposi­ tionen unterscheiden. Ein autoritär-etatistisches Staatsverständnis, wie es vor allem von Carl Schmitt vertreten wurde, nahm den Ver­ bandseinfluss als Bedrohung wahr; der auf Popitz zurückgehende Begriff der „Polykratie“ (womit allerdings die Einflussmacht von Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungsträgern und „andere[n] mit eigener Hausmacht ausgestattete[n] Gebilde[n]“ gemeint war [Popitz 1931, 16]), lieferte hierfür eine geeignete negativ konnotierte Begrifflichkeit. Dem stellte man allerdings nicht eine konsequente Parteiendemokratie entgegen, sondern ordnete beides in ein staat­ liche Autorität zersetzendes Bedrohungsszenario ein, welches mit dem Schlagwort „Pluralismus“ umschrieben wurde. Die demokrati­ sche Richtung der Weimarer Staatsrechtslehre vertrat hierzu etwas abgewogenere Positionen, widmete der Verbandsproblematik aller­ dings auch nicht allzu viel Aufmerksamkeit (Song 1996, 143 ff.; Groh 2012). Eine intensivere wissenschaftliche Aufarbeitung fand eigentlich nur in jenem zahlenmäßig kleinen, allerdings nicht ohne öffentliche Ausstrahlung bleibenden Kreis von Staatsrechtlern statt, die man zur „ständestaatlichen“ Richtung zählen kann (Stolleis 1999, 173). Hier wurde die sich im Verbandswesen abbildende Interessenzer­ splitterung zum Ausgangspunkt für integrative Konzepte genommen. Dahingehende Reformvorschläge zielten meist auf organisatorische Veränderungen der oberen staatlichen Entscheidungsebenen. Ih­ ren letztlich demokratiefeindlichen Gehalt offenbarten sie in ihrer Tendenz zur Schwächung der von Parteien bestimmten Volksver­ tretung – durch Beifügung von Berufskammern, durch die teilwei­ se Übertragung der Gesetzgebungsarbeit an mit Ständevertretern besetzte Beratungsgremien, durch ständische Gliederung der Re­ präsentationskörperschaften selbst oder in anderer Weise (Herr­ fahrdt 1921, 183 ff.; Tatarin-Tarnheyden 1922, 54 ff.; Jerusalem 1930, 28 f.). Weiterführende Überlegungen zur Integration ständischer Einflussmechanismen auch in die Verwaltung finden sich durch­

Korporative Konzepte

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aus, verblieben aber im Nebulösen (Herrfahrdt 1922, insb. 36; Herr­ fahrdt 1932, 30 ff.) oder beschränkten sich darauf, die vorhande­ nen – insbesondere kammermäßigen – Strukturen unter ein berufs­ ständisches Konzept zu subsumierten (Tartarin-Tarnheyden 1922, 59 ff.).

Verwaltungs­ rechtliche Auf­ merksamkeit

Gemeinwirt­ schaft und wirtschaftliche Selbstverwal­ tung

Einzelne Rechtsinstitute und Schlüsselbegriffe Die Weimarer Rechtswissenschaft führte im Großen und Ganzen die dogmatische Konstruktionsarbeit der Vorkriegszeit weiter. Dies gilt gerade für das Verwaltungsrecht, in dem das einflussreiche Lehr­ buch von Fleiner das Erbe Otto Mayers recht zuverlässig verwaltete. Aber auch dort wurden die seit dem Krieg eingetretenen Verände­ rungen nicht ignoriert. Unter der Kapitelüberschrift „Neue Organi­ sationsformen“ behandelte Fleiner eine Vielzahl privat-staatlicher Strukturen, die neu waren oder jedenfalls erheblich an Bedeutung gewonnen hatten: gemischtwirtschaftliche Unternehmen, Zwangs­ syndikate, die Verbindung finanzieller Förderung mit Auflagen oder staatliche Aufgabenübertragungen (Fleiner 1928, 120 ff.). In Ansät­ zen finden sich ähnliche Reflexionen auch in anderen Verwaltungs­ rechtslehrbüchern (Hatschek 1927, 356 ff.; Jellinek 1931, 526 ff.). Eine kühne Neusystematisierung, die konsequent auch die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure einordnete, findet sich aber lediglich im „Wirtschaftsverwaltungsrecht“ von Huber. Eine Vielzahl der seit dem Krieg entstandenen Neuschöpfungen, wie sie in den obigen Ausfüh­ rungen skizziert worden waren, fand dort neben den hergebrachten Formen ihren Platz und wurde in ihren strukturellen Eigenheiten beschrieben und nach ihrer Rechtsnatur befragt (Huber 1932). – Von den sich um einzelne Rechtsbegriffe und Schlüsselbegriffe ranken­ den rechtskonstruktiven Anstrengungen sind insbesondere folgende hervorzuheben. Gemeinwirtschaft und wirtschaftliche Selbstverwaltung : Die di­ rekt auf Art. 156 WRV zurückgehenden Sozialisierungsbemühun­ gen bzw. weitere verwandte Maßnahmen schufen organisatorische Konglomerate in zentralen Bereichen der Wirtschaft: vor allem in den Grundstoffindustrien Kohle, Kali, Eisen und Teer (siehe oben S. 84). Die Rechtswissenschaft sah sich damit Regelungskomple­ xen gegenüber, die sich durch weitgehend gemeinsame Merkma­ le auszeichneten. Gemeinwirtschaft und wirtschaftliche Selbstver­ waltung wurden als Synonyme verwendet oder es wurde die wirt­

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

schaftliche Selbstverwaltung als leitendes Prinzip der Gemeinwirt­ schaft eingestuft (Gieseke 1922, 116). Diese Begriffe konnten, da es sich um vom Gesetzgeber verwendete Termini handelte, nunmehr auch als rechtliche Begriffe thematisiert werden. Anders als in frü­ heren Zeiten, in denen sie eher nur politisch-programmatischen Charakter aufwiesen, ließen sie sich jetzt mit rechtlichen Konse­ quenzen verbinden. Für die genannten Sektoren ließ sich daher auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen eine relativ fest umrissene Systematik wirtschaftlicher Selbstverwaltung entwerfen; anderen Formen, die früher hierunter subsumiert wurden, wie die Handelskammern, spielten demgegenüber kaum noch eine Rolle (Gieseke 1922, 116 ff.; Herrfahrdt 1922; Wauer 1923, 16 ff.; Glum 1925). Zugleich entstand hiermit auch eine Rechtssystematik privat-staat­ licher Koordinierung für einen Gutteil der Wirtschaft. Allerdings konzentrierten sich derartige Konstruktionsbemühungen auf die ersten Weimarer Jahre. Mit dem Abklingen der gemeinwirtschaftli­ chen Impulse und den Funktionsverlusten der seinerzeit geschaf­ fenen Organisationsformen schwächten sich auch entsprechende rechtssystematische Bemühungen zu deren Erfassung ab. Als For­ men wirtschaftlicher Selbstverwaltung wurden nun wieder stärker die hergebrachten Selbstverwaltungsinstitutionen, also die Kam­ mern, thematisiert (v. a. Most 1927), wodurch der Begriff seine ge­ meinwirtschaftlichen Konturen verlor und letztlich auch keine ei­ genständige rechtssystematische und rechtkonzeptionelle Funktion mehr entfalten konnte (Will 2010, 145 ff.). In Hubers Wirtschaftsver­ waltungsrecht (1932, 13) wurde seine Verwendung nicht mehr als weiterführend angesehen. Soziale Selbstverwaltung : Die Selbstverwaltungseinrichtungen der Sozialversicherung hatten sich etabliert. In den mittlerweile erschienenen Lehrbüchern und Kommentaren zum Sozialversiche­ rungsrecht (Mikešić 2002, 10 ff.), aus denen die Monographie von Richter (1931) herausragte, hatte man die verschiedenen Formen parastaatlicher Organisation umfassend dargestellt. „Soziale Selbst­ verwaltung“ wurde als eigenständiger Organisationskomplex inten­ siv diskutiert, zumal Art. 161 WRV hierfür auch eine verfassungs­ rechtliche Grundlage zur Verfügung stellte und der Gedanke der arbeiterschaftlichen Partizipation – im Kontrast zur allgemeinen Selbstverwaltungsdebatte – eigene Akzente setzte (Mikešić 2002, 155 ff.). Anhand eines speziellen Typs, der gemeinsamen Selbstver­ waltung der Kassenärzte und Krankenkassen, hatte Richter (1927)

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Soziale Selbst­ verwaltung

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Juristische Personen des öffentlichen Rechts

Öffentlich-recht­ licher Vertrag

auf anspruchsvolle Weise die Selbstverwaltungsstrukturen syste­ matisch aufgefächert und in allgemeine Ordnungskategorien des Selbstverwaltungskonzepts integriert. Juristische Personen des öffentlichen Rechts: Im Verwaltungs­ rechtslehrbuch von Jellinek, welches auch als Bilanz des Weimarer Verwaltungsrechts gelesen werden kann, findet man eine Systema­ tik der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie sie heute noch gängig ist: Stiftungen, Anstalten und Körperschaften (Jelli­ nek 1931, 177 ff.). Man hatte es mittlerweile mit einer konsolidierten Typologie zu, welche auch unterschiedliche Formen nichtstaatli­ cher Beteiligung einfangen konnte und die nunmehr ganz dem Re­ gelungsanspruch des öffentlichen Rechts unterlag. Vor allem dort allerdings, wo der Gesetzgeber auf eine ausdrückliche Benennung, z. B. als „öffentlich-rechtliche Körperschaft“, verzichtet hatte, war die Klassifizierung teilweise noch nicht völlig klar, gerade bei den neuen Formen der Zwangskartellierung (z. B. Huber 1932, 22 f.). Aber auch noch aus dem 19. Jahrhundert herrührende Betrachtungswei­ sen blieben virulent. So ordnete Hatschek (1927, 330) die Berufsund Wirtschaftskammern „zwischen öffentlichen Genossenschaften und Privatrechtskorporationen“ ein. Darin spiegelte sich auch noch ein weiterbestehendes Bewusstsein der privat-staatlichen Prägung dieser Einrichtungen; sie konnten eben nicht allein der Staatsseite zugeschlagen werden. Öffentlich-rechtlicher Vertrag : Schon die Kriegswirtschaft des Ersten Weltkriegs hatte eine ganze Reihe neuer Kooperationsfor­ men hervorgebracht, die von Juristen als Manifestationen öffentlichrechtlicher Vertragsverhältnisse gedeutet wurden (s. S. 79). Aber das blieben Einzelstimmen und viel änderte sich daran auch nach 1918 nicht. Allerdings ist zu differenzieren: Grundsätzlich neigte sich die Waagschale zugunsten des Verwaltungsvertrages, d. h. er wurde im­ mer stärker in Praxis und Wissenschaft akzeptiert (Stolleis 1999, 211). Allerdings konzentrierten sich die Diskussionen, auch verursacht durch das Fehlen gesetzlicher Vorgaben, mehr auf abstrakte Zuläs­ sigkeitsfragen als dass versucht worden wäre, die mannigfaltigen Formen insbesondere der Infrastrukturverwaltung und Sozialfürsor­ ge über die Figur des Verwaltungsvertrages dogmatisch zu erschlie­ ßen (Abegg 2010, 316 ff.). Insofern blieb die Monographie von Apelt, die gerade von der Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten in der Wohlfahrt und der Wirtschaftssteuerung ausging (Apelt 1920, 134 ff.), doch ein Solitär.

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Daseinsvorsorge: Eigentlich gehört der Begriff der „Daseinsvor­ sorge“ nicht mehr in den hier behandelten Untersuchungszeitraum. Geprägt hat ihn Forsthoff (1938) erst in einer in der NS-Zeit erschie­ nenen Arbeit und weitere Ausarbeitung und Verbreitung fand er ohnehin erst nach 1945 (Scheidemann 1991; Schütte 2006, 80 ff.). In der Sache wurde das Recht der öffentlichen Daseinsvorsorge aber zu einem wichtigen Thema der verwaltungsrechtlichen Diskussion. Es wies etliche Problemdimensionen auf, die sich mit der herkömm­ lichen Verwaltungsrechtslehre nicht hinreichend erfassen ließen. Erstens wohnte der Daseinsvorsorge ein legitimatorisches Potenti­ al inne – welches Forsthoff (1932) selbst schon für die kommunale Ebene auslotete (Kersten 2005). Zweitens arbeitete die leistende Ver­ waltung nicht lediglich im Modus des Verwaltungsbefehls, der das Kernstück der hergebrachten Doktrin bildete. Und drittes waren ihre organisationsrechtlichen Grundlagen keineswegs klar. Als Träger­ form ließ sich die öffentliche Anstalt ausmachen, der es jedoch – im Unterschied zur Körperschaft oder Stiftung – weitgehend an fes­ ten Konturen mangelte (Meinel 2011, 186 ff.). Klar war, dass es sich um ein organisatorisches Feld handelte, auf welchem auch private und halbstaatliche Akteure aktiv waren. Deutlich wird dies u. a. – und dies stellt auch die seinerzeitige Bedeutung des Themas unter Beweis – auf der Staatsrechtslehrertagung von 1929 (Richter 1929, 84 ff.; Glum 1929 b, 144). Die „Leistungsverwaltung“ als administra­ tiver Sektor mit einer eigenständigen, auch die Kooperation mit der privaten Seite erfassenden Logik war also präsent, allerdings auch die Varietät der organisationsrechtlichen Ausgestaltungen. Institutionelle Schiedsgerichte: Der Begriff „institutionelle Schiedsgerichte“ entstammt ursprünglich völkerrechtlichen Sys­ tematisierungsüberlegungen (Lammasch 1914, 50 ff.), und wurde später für den innerstaatlichen Bereich übernommen. Er kann ei­ nerseits als Sammelbegriff für die Erfassung der Ausbreitung der Schiedsgerichtsbarkeit und ihrer Anbindung an bestimmte Organi­ sationen gesehen werden, wobei der Bezeichnung „Schiedsgericht“ oft auf eine Vielzahl von Konfliktlösungseinrichtungen außerhalb der staatlichen Justiz erstreckt wurde (Ring 1919, 108). Gerade aber in der demokratischen Aufbruchszeit der frühen Weimarer Jahre hatte man diese, von den Regelungsvorstellungen der ZPO abweichen­ den Gestaltungsmuster mit partizipativen Erwartungshaltungen verbunden (Fuchs 1919, 423; Ring 1919, 109) und dann später in korporative Ordnungsvorstellungen zu integrieren versucht. Damit

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Daseinsvorsorge

Institutionelle Schiedsgerichte

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einher gingen Vorschläge zu einer verstärkten Armierung mit amtli­ chen Befugnissen und somit zur Schaffung einer dritten justiziellen Ebene zwischen staatlicher Justiz und privater Gelegenheitschieds­ gerichtsbarkeit (Nußbaum 1918; Staff 1925; [red.] 1925). Wie schon geschildert (s. S. 93), stießen derartige Entwürfe auf dem Juristentag 1926 allerdings mehrheitlich auf Widerstand.

2.6 Systematisierende Schlussüberlegungen Am Schluss dieses Kapitels sollen Ordnungsüberlegungen stehen, die einige Raster für die Beschreibung privat-staatlicher Regelungs­ strukturen offerieren. Freilich sind diese schon deshalb willkürlich, weil auch andere Systematisierungsansätze in Betracht kommen. Und sie erfassen – wegen der Mannigfaltigkeit des Phänomens – auch nicht all jene Spielarten, die in den vorhergehenden Abschnit­ ten dieses Kapitels zur Sprache kamen.

2.6.1 Zeitabschnitte und Zäsuren Inkubationsphase bis zu den 1870er Jahren

Herausbildung des Interventionsstaats

Die in zeitlicher Hinsicht maßgeblichen Ordnungsüberlegungen ha­ ben sich schon in der Gliederung dieses Kapitel niedergeschlagen. An dieser Stellte sollen nur die maßgeblichen Aspekte hervorgeho­ ben werden. Die Zeit bis zur Mitte der 1870er Jahre kann als Inkubati­ onsphase der Herausbildung privat-staatlicher Regelungsstrukturen bezeichnet werden – dies in einer bewusst retrospektiven Perspek­ tive. Geht man von einer Bestandsaufnahme dessen aus, was sich in jener Zeit entwickelt hat, zeigt sich lange Zeit eine Unentschie­ denheit der Entwicklung. Man findet einzelne staatliche Aufgaben­ übertragungen, in einigen Sektoren werden Selbstregulierungsbe­ strebungen sichtbar und es bildeten sich – vor allem in Gestalt der Handelskammern – erste Organisationstypen privat-staatlicher Ko­ ordination heraus. Aber erst die 1870er Jahre waren dann wirklich eine Zäsur. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen hat man es von da an mit einer substantiellen Änderung des staatlichen und kommunalen Aufga­ benprofils zu tun. Dazu gehören vor allem die Entstehung einer modernen, über die Armenhilfe hinausgehenden Sozialverwaltung, der massive Ausbau oder die Neueinrichtung von Verkehrs- und lei­

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

tungsgebunden Infrastrukturen und die zunehmende Adressierung von Gemeinwohlbelangen an die Wirtschaft. In vielerlei Hinsicht übernahm der Staat hierbei keine Erfüllungs- sondern nur eine Ge­ währleistungsverantwortung; zu mehr reichten seine organisatori­ schen, intellektuellen und personellen Ressourcen auch oft nicht aus oder noch weiterwirkende liberale Vorbehalte standen einer In­ tensivierung des staatlichen Zugriffs entgegen. Zum anderen sind die 1870er und 1880 Jahre die Zeit einer geradezu explosionsarti­ gen gesellschaftlichen Selbstorganisation. Fast jede Branche, fast jede gesellschaftliche Interessengruppe stattete sich mit Verbänden aus, die sich nicht nur lokal und regional, sondern auch national organisierten und professionalisierten. Sie erst waren überhaupt in der Lage, gesellschaftliche Partialbelange zu bündeln, zu formulie­ ren und ihnen durch ihre Organisationsmacht zur Durchsetzung zu verhelfen, und standen dem Staat als potente Ansprech- und Koope­ rationspartner gegenüber. In jener Zeit entstanden Organisations­ konglomerate, die die Heimat komplexer Regelungsarrangements waren. Was für den Ersten Weltkrieg kennzeichnend war, war die mas­ sive Ausweitung privat-staatlicher Regelungsstrukturen auf nahezu alle Bereiche der Wirtschaft und die Wohlfahrt. Wenngleich hierbei ähnliche Strukturmuster sichtbar werden, handelte es sich doch um lokal und sektoral unterschiedlich ausgeformte Improvisationen. Zu einer einheitlichen gesetzlichen Befestigung solcher Strukturen kam es nicht. Insofern bildeten sich auch keine übergreifenden Rechtsfi­ guren heraus. Die flächendeckenden öffentlich-privaten Strukturen der Wirt­ schaftssteuerung verschwanden nach Kriegsende. In Weimar ver­ blieb es bei der öffentlich-rechtlichen Überformung einiger Wirt­ schaftszweige, zunächst in deutlich wirtschaftsdemokratischer Aus­ richtung, ansonsten behalf man sich mit punktuellen Koordinati­ onsformen. In der krisenhaften Endzeit machte sich das staatliche Engagement wieder stärker bemerkbar. Was sich allerdings – dann auch auf einer gesetzlichen Grundlage – verstetigte, war die koope­ rationsförmige Gestaltung der Wohlfahrt. Weiterhin lässt sich die Konsolidierung bzw. endgültige Anerkennung von Rechtsinstituten privat-staatlicher Aufgabenwahrnehmung beobachten (öffentlichrechtlicher Vertrag, öffentlich-rechtliche Körperschaft, Beleihung).

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Erster Weltkrieg

Weimarer Republik

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2.6.2 Aktionsfelder Beteiligung/ Eine erste Systematisierung der Aufgabenfelder ist schon durch die Koregulierung/ Binnengliederung der obigen Abschnitte vorgenommen worden: pri­ Selbstregulierung vat-staatliche Regelungsstrukturen lassen sich in rechtssetzenden,

Sektoren

administrativen und justiziellen Aufgabenzusammenhängen fest­ stellen. Dabei lassen sich wiederum drei Spielarten unterscheiden. Erstens hat man es mit nichtstaatlicher Beteiligung eher konsul­ tativer Art zu tun, der staatliche Entscheidungsprimat wurde hier nicht angetastet. Zweitens findet man Formen einer „Koregulierung“, also mit etwa gleichberechtigten Entscheidungsanteilen, z. B. in ge­ mischten Gremien. Und drittens lassen sich genuin nichtstaatliche Spielarten ausmachen – in zeitgenössischer Terminologie „Selbstge­ setzgebung“, „Selbstverwaltung i. e. S.“ und „Selbstrechtsprechung“ (Richter 1927, 75 ff., 129) –, die wiederum staatlichen Ingerenzen aus­ gesetzt waren. Ferner kann man danach unterscheiden, welche Sektoren in welcher Weise durch privat-staatliche Regelungsstrukturen geprägt waren. Auf einer Intensitätsskala ganz oben sind solche anzusiedeln, die sowohl aufbauorganisatorisch als auch in ihren operativen Vor­ gängen durch privat-staatliche Koordinationsmechanismen determi­ niert wurden. Dazu zählen vor allem die Wohlfahrt, die Sozialversi­ cherung, die Einrichtung und Bewirtschaftung von Infrastrukturen, zeitweise bestimmte Schlüsselsektoren der Wirtschaft wie einzelne Grundstoffindustrien und der Finanzsektor, aber auch zum Beispiel die Zuckerproduktion und die Milchwirtschaft; allerdings konnte dies im Lauf der Zeit auch differieren. Gewissermaßen auf einer Stufe weiter unten anzusiedeln sind einzelne Berufe oder Tätigkeitsfel­ der, die zwar weitgehend ohne einen öffentlich-rechtlichen Status auskamen, aber deren Berufspflichten teilweise öffentlich-rechtlich ausgestaltet waren. Hierbei handelte es um ein weites und diverses Feld, welches auch nicht durch übergreifende, einheitliche Rechts­ formen beschrieben werden kann – mal kam die Beleihung zum Einsatz, mal waren es spezialgesetzlich festgeschriebene Pflichten. Die Begrifflichkeit variierte und differenzierte: man sprach von der Betrauung mit der Führung öffentlicher Ämter (z. B. Schöffe, kom­ munale Ehrenämter), vom „nichtamtlichen öffentlichen Auftrag“ (z. B. Vormund, Pfleger) und dem „staatlich gebundenen Beruf“ (z. B. Rechtsanwälte, Ärzte, Privatdozenten), von „Delegation“ (was weit­ gehend der Beleihung entsprach) und „Mandat“ (z. B. Konkursver­

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

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walter) (Triepel 1911; Triepel 1942). Und schließlich hat man es mit dem Fall zu tun, dass Wirtschaftssektoren und Berufsgruppen zwar mit öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen (Kammern) aus­ gestattet waren, diese Art halbamtlicher Organisation aber nur für die „Außenbeziehungen“ von Belang war bzw. für einzelne Aspekte der Berufsausübung, wie bei den Handwerkskammern in Bezug auf Prüfungswesen und Ausbildung und bei den Kammern der freien Berufe für die Einhaltung von Standespflichten.

2.6.3 Organisatorische Spielarten Zunächst lässt sich hinsichtlich des Komplexitätsgrades privat-staat­ licher Regelungsstrukturen unterscheiden; anknüpfen kann man dabei teilweise an die Ordnungsüberlegungen im vorhergehenden Abschnitt. Hochgradig komplexe privat-staatliche Regelungsstruk­ turen trifft man in jenen Bereichen an, die sowohl aufbau- als auch ablauforganisatorisch entsprechende Regelungsmechanismen auf­ weisen, also vor allem die Wohlfahrt, die Sozialversicherung, die Einrichtung und Bewirtschaftung von Infrastrukturen und bestimm­ te Schlüsselsektoren der Wirtschaft. Einen geringeren Komplexi­ tätsgrad weisen jene Fallgruppen auf, in denen im Wesentlichen ein einzelner Rechtsakt die Verhältnisse zwischen dem Staat und den nichtstaatlichen Akteuren determiniert, allerdings oft noch um­ rankt von Regeln, die die Funktionsfähigkeit der Koordination si­ cherstellten, wie beispielsweise bei der Übertragung von Kontroll­ aufgaben, bei der Ermächtigung zur Setzung technischer Standards oder bei der Beleihung mit polizeilichen Befugnissen. Ganz un­ ten auf der Komplexitätsskala anzusiedeln wären einzelne Anhö­ rungs- oder sonstige Konsultationsregeln, ohne dass damit weitere, staatliche und private Beiträge verbindende Regularien verbunden waren. Weiter ist eine Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Formen privat-staatlicher Koordination angebracht. Da­ bei kann sowohl die staatliche als auch die nichtstaatliche Per­ spektive eingenommen werden. Von einer mittelbaren staatlichen Prägung kann dann gesprochen werden, wenn nicht hoheitliche Akte mit Bindungswirkung zum Einsatz kamen, sondern in eher persuasiver oder anderweitig influizierender Weise agiert wurde. Das konnten Empfehlungen, z. B. in Form von Mustersatzungen

Komplexitäts­ grade

Mittelbare und unmittelbare Formen

104 | Teil 1 Einführung

Staatsnähe und Staatsferne

sein, eine Anreizsteuerung durch die Zurverfügungstellung finan­ zieller Mittel, die Besetzung der Führungsstellen nichtstaatlicher Organisationen mit Amtsträgern oder die Androhung einer gesetz­ lichen Regelung, wenn sich die privaten Akteure nicht auf eine vertragliche Selbstregulierung verständigen konnten. Aber auch der nichtstaatlichen Seite standen Optionen mittelbarer Steuerung zur Verfügung, etwa wenn Handelskammern Handelsbräuche ver­ öffentlichten und auf diese Weise mit einer gewissen Amtsautori­ tät versahen oder wenn nichtstaatliche Repräsentanten in Bera­ tungsgremien zwar nur Konsultationsrechte besaßen, aber überle­ gene Expertise ausflaggen oder zumindest rote Linien hinsicht­ lich der Realisierbarkeit staatlicher Regelungsgewalt markieren konnten. Schließlich kann man die verschiedenen Manifestationen von privat-staatlichen Regulierungsstrukturen auf einer Skala von Staats­ nähe und Staatsferne anordnen. Allerdings ist hierbei eine Vorver­ ständigung darüber erforderlich, welche Kriterien man für Staats­ nähe und Staatsferne zugrunde legt. Abstellen lässt sich auf die organisatorische Verfassung, auf Fragen der personellen Besetzung oder auf die Handlungsbeeinflussung durch staatliche Vorgaben. Im Hinblick auf den ersten Aspekt sind als am staatsnächsten sol­ che Organisationen einzustufen, die unmittelbar in die Staatsver­ waltung eingegliedert waren, z. B. Gremien mit Betroffenenparti­ zipation in den Sozialversicherungsbehörden (also nicht in den Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften). Am staatsfernsten waren rein privatrechtlich verfasste Gebilde, wie z. B. Kreditgenos­ senschaften (auf die der Staat lediglich mittels finanzieller Anrei­ ze Einfluss ausüben konnte). In personeller Hinsicht käme es z. B. darauf an, in welcher Stärke nichtstaatliche Akteure und staatli­ che Repräsentanten in Entscheidungsgremien vertreten waren. Und im Hinblick auf die Handlungsbeeinflussung durch staatliche Vor­ gaben würde man als besonders staatsnah solche Einrichtungen oder Handlungskomplexe einstufen, die bis ins Detail gehenden administrativen Vorgaben unterworfen waren (in heutiger Diktion „Fachaufsicht“), als besonders staatsfern solche, für die lediglich weitmaschige gesetzliche Vorgaben galten. Letztlich wird man eine Zusammenschau dieser Kriteriengruppen vornehmen und weitere Kriterien einbeziehen müssen, um zu einem aussagekräftigen Bild zu gelangen.

2 Überblick zur Rechtsentwicklung |

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2.6.4 Rechtliche Durchdringung Privat-staatliche Regelungsstrukturen sind normativ verfasst. Nahe liegt es, sie auch als rechtlich verfasst zu bezeichnen. In welchem Maße sie jedoch als rechtlich verfasst zu gelten haben, hängt erstens von dem jeweils angelegten Rechtsverständnis ab. Über das, was als Recht anzusehen war, wurde in jener Zeit kontrovers diskutiert (s. S. 114). Aus dem Wege gehen kann man diesem Problem, wenn man unterscheidet zwischen privaten Rechtsakten mit – wenn auch z. T. problematischer – kollektiver Bindungswirkung (z. B. Statu­ ten privatrechtlicher Vereine, Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Schiedsgerichtsreglements, kodifizierten Handelsusancen), nicht­ staatlicher, aber staatlich anerkannter Normsetzung (z. B. technische Standards, Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften, gesetz­ lich mit Bindungswirkung versehenen Richtlinien privatrechtlicher Gremien, z. B. des Reichskohlenverbandes), untergesetzlichen staat­ lichen Vorgaben (z. B. im Rahmen der Staatsaufsicht) und Gesetzen und Verordnungen. Hiervon ausgehend lässt sich konstatieren, dass die rechtliche Durchdringung privat-staatlicher Regelungsstruktu­ ren in hohem Maße variierte. Anzutreffen sind kaum gesetzlich nor­ mierte, sondern vielmehr durch einzelne Kooperationsverträge oder Gesellschaftsstatuten ausgestaltete Formen, wie die lokalen Orga­ nisationen privat-staatlicher Kriegswohlfahrt oder der Kriegswirt­ schaft. Man findet ganz überwiegend auf der Grundlage nichtstaatli­ cher Normen ausgestaltete Gremien wie die bei Handelskammern angesiedelten kaufmännischen Schiedsgerichte. Und schließlich hat man es mit bis ins Detail durch staatliches Recht geregelten Komple­ xen wie dem Organisationsgefüge der Kohlenwirtschaft zu tun. Zweitens lassen sich verschiedene Niveaus rechtssystematischer Konturierung ausmachen. Nicht selten handelte es sich um Rege­ lungsarrangements, die von praktischen Bedürfnissen des Augen­ blicks geleitet und von lokalen und sektorspezifischen Besonderhei­ ten geprägt waren, besonders für Zeiten von Krieg und Krise lässt sich Derartiges feststellen. Daneben hat man es mit Regelungskomple­ xen zu tun, bei denen eine gewisse Ausrichtung an übergreifenden Gestaltungskonzepten sichtbar wird. Hierzu gehören beispielsweise die körperschaftlich organisierten Bereiche der Sozialversicherung, die Kali-, Metall- und Kohlenwirtschaft nach dem Ersten Weltkrieg und die zahlreichen halbstaatlichen Einrichtungen zur Lösung von

Arten von Rechtsakten

Niveaus rechts­ systematischer Konturierung

106 | Teil 1 Einführung

Rechtsdogmatische Figuren

Konflikten mit arbeitsrechtlicher oder sozialpolitischer Relevanz – paritätische Besetzung, partielle Befreiung von Vorgaben des kodifi­ zierten Privatrechts und ein vereinfachtes „benutzerfreundliches“ Verfahren zählen zu den gemeinsamen Charakteristika. Schließlich lässt sich auch darauf abstellen, inwiefern für pri­ vat-staatliche Regelungsstrukturen rechtsdogmatische Figuren ent­ wickelt worden waren und aus diesen Folgerungen für die Rechts­ anwendung abgeleitet werden konnten. In diesem Sinne rechtsdog­ matisch überformt war jedenfalls jener Bereich, der organisatorisch von öffentlich-rechtlichen Körperschaften getragen worden war. Die öffentlich-rechtliche Körperschaft wies – jedenfalls gegen Ende des Untersuchungszeitraums – recht gefestigte rechtsdogmatische Kon­ turen auf; aus dem Begriff ließen sich, wenn das Gesetz schwieg, re­ lativ verlässliche Vorgaben in Bezug auf Binnenorganisation, Norm­ setzungskompetenz und Staatseinfluss ableiten. Im Hinblick auf ablauforganisatorische Mechanismen wie die Beleihung oder den Verwaltungsvertrag bildete sich allmählich ein allgemein anerkann­ tes Verständnis heraus, das sich aber bis zum Ende der Weimarer Zeit noch nicht konsolidiert hatte. Die Privatrechtsdogmatik hingegen ignorierte das Problem privat-staatlicher Koordination weitgehend. Insgesamt kann man von einer „dogmatischen Unterbilanz“ (Ossen­ bühl 1971, 515) sprechen.

| Teil 2: Quellen, Editionen, Hilfsmittel

3 Quellen und Quelleneditionen 3.1 Allgemeines 3.1.1 Beobachtungsperspektiven und Quellenauswahl Der Überblick zur Entwicklung privat-staatlicher Regelungsstruktu­ ren gliederte die Ausführungen zu den einzelnen Entwicklungsperi­ oden jeweils in drei Abschnitte: 1. Stimmungslagen, 2. Praxis und Entwicklung rechtlicher Arrangements, 3. rechtswissenschaftliche Reflexionen. Dies sind verschiedene Beobachtungsperspektiven, die nicht nur verschiedene methodische Ansätze aufweisen und teilwei­ se sogar unterschiedlich disziplinär verankert sind, sondern sich auch auf unterschiedliche Arten von Quellen gründen. Die gesellschaftlichen Stimmungslagen, worunter hier verfas­ sungs-, wirtschafts- und sozialpolitische Grundstimmungen ver­ standen werden, erschließen sich aus der Analyse von Diskursen, die einen vielfältigen quellenmäßigen Niederschlag gefunden ha­ ben: in monographischen Aufbereitungen, Streitschriften, Zeitschrif­ tenbeiträgen, in Parlamentsdebatten, usw. Nicht aber sie, sondern die rechtsnormativen Quellen – gesetzlicher oder untergesetzlicher, staatlicher oder nichtstaatlicher Art – sollen in den folgenden Aus­ führungen im Mittelpunkt stehen. Dahinter steht die Überlegung, dass sich die gesellschaftspolitischen Debatten in die unterschied­ lichsten Topoi verzweigt haben und Überlegungen zu den Quellen­ grundlagen auf alle möglichen Bereiche der Sozial-, Wirtschafts-, Verfassungs-, Verwaltungs- und Rechtsgeschichte erstreckt werden müssten. Diese Vielfalt zu erschließen, ist im Rahmen dieser Ab­ handlung nicht möglich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass privat-staatliche Regelungsstrukturen kein eigenständiges, ge­ schweige denn abgrenzbares Debattenthema darstellten, sondern in den unterschiedlichsten Zusammenhängen diskutiert wurden. Unternommen werden soll hier – bevor der Blick dann auf die rechts­ normativen Quellen gelenkt wird – lediglich der Versuch, dem Leser einen ersten Zugang zu den rechtswissenschaftlichen Quellen zu ver­ schaffen. Zwar gelten auch hier die vorgenannten Bedenken, doch wird das Feld durch die Konzentration auf eine bestimmte Wissen­ schaftsdisziplin etwas übersichtlicher.

Quellenvielfalt

110 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

3.1.2 Rechtswissenschaftliche Quellen Erschließung über Gesamt­ darstellungen

Zeitschriften

Rechtswissenschaftler äußerten sich in der hier behandelten Zeit hauptsächlich in Monographien, Zeitschriften, Kommentaren und Handbüchern, ab Ende des 19. Jahrhunderts kamen auch Sammel­ bände hinzu. Da privat-staatliche Regelungsstrukturen keine eigen­ ständige Subdisziplin der Rechtswissenschaft waren, finden sich diesbezügliche Ausarbeitungen verstreut in Publikationen verschie­ dener thematischer oder eben subdisziplinärer Ausrichtung. Um sich hier zu orientieren, bedarf es zunächst eines Überblicks über die Publikationslandschaft. Für das Staats- und Verwaltungsrecht erschließt sie sich über die Wissenschaftsgeschichte von Stolleis (1988; 1992; 1999). Für das Privatrecht fehlt es an einer entspre­ chenden modernen Gesamtdarstellung; die nach wie vor beeindru­ ckende Privatrechtsgeschichte von Wieacker (1967) vermag in dieser Detailfülle, wie dies bei Stolleis der Fall ist, nicht zu den Quellen hinzuführen, auch weil sie sich auf die „Höhenlinien“ der rechts­ wissenschaftlichen Entwicklung konzentriert. Allerdings gewinnt man einen nicht zu unterschätzenden Zugang auf einzelne privat­ rechtliche und mit dem hier behandelten Thema in Zusammenhang stehende Rechtsinstitute und Regelungskomplexe und deren wis­ senschaftliche Reflexion über den Historisch-kritischen Kommentar zum BGB (Schmoeckel/Rückert/Zimmermann Hg. 2003 ff.). Die an den Anfang jeder Kommentierung gesetzten Literaturzusammenstel­ lungen weisen den Weg zu den wichtigsten rechtswissenschaftlichen Quellen. Für Detailfragen sind Zeitschriften die ergiebigste Quelle – neben aus heutiger Sicht wissenschaftlich oft recht anspruchslosen, aber mit einer Fülle von Informationen aufwartenden zeitgenössischen Dissertationen (von denen viele bei Köbler/Kumpf [1975] erfasst sind). Allerdings bedarf es, will man juristische Zeitschriften als rechtswis­ senschaftliche Quelle einstufen, einer Erläuterung: In den meisten Zeitschriften dominierten zahlenmäßig die Beiträge von Praktikern, Wissenschaftler waren schon wegen der im Vergleich zu heute gerin­ geren Zahl von Lehrstühlen in der Minderheit. Argumentiert wurde aber zumeist auf der Grundlage von durch universitäre Ausbildung gewonnenen Verständnisgrundlagen. Letztlich sprachen Rechtswis­ senschaftler und Rechtspraktiker oft dieselbe Sprache, auch wenn hinsichtlich der Zeitschriftengattungen unterschiedliche Niveaus von „Wissenschaftlichkeit“ zu konstatieren sind.

3 Quellen und Quelleneditionen |

Trotz der auf den ersten Blick großen Zahl juristischer Periodika (Doerfert 1999, 420) ist das Feld recht übersichtlich. In dem hier be­ handelten Untersuchungszeitraum hatte noch nicht jener Ausdiffe­ renzierungsprozess eingesetzt, der die heutige juristische Zeitschrif­ tenlandschaft so unüberschaubar macht. Vereinfacht dargestellt, bietet sich folgendes Bild: Es existierte eine Handvoll allgemeiner juristischer Zeitschriften mit hohem wissenschaftlichem Anspruch. Stellt man auf den Gründungszeitpunkt ab, waren dies zunächst pri­ mär zivilrechtlich orientierte: z. B. die „Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft“ (1815 ff.), das „Archiv für die civilistische Pra­ xis“ (1818 ff.) und die „Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft“ (1839 ff.) (Rückert 1999). Mit der Etablierung des öffentlichen Rechts als Wissenschaft kamen in der zweiten Jahr­ hunderthälfte öffentlich-rechtliche Zeitschriften hinzu: vor allem das „Archiv des öffentlichen Rechts“ (1885 ff.) (Doerfert 1993), das (aller­ dings von Praktikern dominierte) „Verwaltungsarchiv“ (1892 ff.), das „Jahrbuch des öffentlichen Rechts“ (1907 ff.) und das – wenn auch kurzlebige – „Jahrbuch des Verwaltungsrechts“ (1907–1913) (Doer­ fert 1999, 433 ff.). Daneben sind staatswissenschaftliche Zeitschriften zu nennen, also Periodika, die neben rechtswissenschaftlichen vor allem auch ökonomische und historische Perspektiven zur Geltung brachten: vor allem die „Zeitschrift für die gesamte Staatswissen­ schaft“ (1844 ff.), die „Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzge­ bung, Verwaltung und Statistik“ („Hirths Annalen“) (1871 ff.) und das „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutschen Reichs“ („Schmollers Jahrbuch“) (1871 ff.) (Doerfert 1999, 430 f.). Über das inhaltliche Profil solcher, aber auch ausgewählter öffentlich-rechtlicher Zeitschriften geben die Ausarbeitungen von Heyen (1989, insb. 88 ff.) Auskunft, wobei sich zeigt, dass gerade solche Themengebiete, die im Zusammenhang mit den hier verfolg­ ten Fragestellungen von Interesse sind (z. B. Sozialrecht, Kommu­ nalrecht, Verkehrswesen, Gewerbe), doch in nennenswertem Maße vertreten waren. Da privat-staatliche Regelungsstrukturen bis zur Reichseinigung 1871 fast vollständig, aber auch danach noch in erheblichem Maße durch Landesrecht determiniert wurden, ist der Rückgriff auf landes­ rechtliche Zeitschriften unabdingbar. Solche Zeitschriften waren vor allem für den praktischen Gebrauch von Verwaltung und Justiz ge­ gründet worden. Sie entstanden ab den 1830er Jahren und ihr thema­ tisches Spektrum umfasste zunächst das gesamte Recht, ab der zwei­

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Die bedeutends­ ten Zeitschriften

Zeitschriften des Landes­ rechts

112 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Wirtschafts­ rechtliche Zeit­ schriften

Zeitschriften für einzelne Verwal­ tungsgebiete

ten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmen verwaltungsrechtliche Zeitschriften das Bild. Den Anfang machte Sachsen, wo aus der „Zeit­ schrift für Verwaltung und Rechtspflege“ (1838 ff.) später „Fischers Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung“ (1880 ff.) hervorging (Mäding 1988). In Bayern kam es 1851 zur Gründung der „Blätter für die administrative Praxis“, seit 1858 gab es das „Würt­ tembergische Archiv für Recht und Rechtsverwaltung“, seit 1869 die „Zeitschrift für badische Verwaltung und Verwaltungsrechtspfle­ ge“ (Stolleis/Schmitt 1984, 748 f.). Erst 1879 folgte das „Preußische Verwaltungsblatt“ (Mußgnug 1985). Weitere Zeitschriften dieser Art lassen sich am besten über die nach Ländern geordneten umfassen­ den Zusammenstellungen bei Mohnhaupt (1992) und Wittreck (Hg. 2004) ermitteln. Die fachliche Ausdifferenzierung der juristischen Zeitschriften­ landschaft – über die Einteilung nach privatrechtlichen, strafrecht­ lichen und öffentlich-rechtlichen Periodika hinaus – befand sich in der hier behandelten Zeit noch in den Anfängen. Im Zusammenhang mit den hier behandelten Themen ist zunächst auf wirtschaftsrecht­ liche Zeitschriften hinzuweisen. Den Anfang machte das Handels­ recht, insbesondere die „Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht“ (1858 ff.) ist hier zu nennen. Zeitschriften ähnlicher Ausrichtung folgten, von denen allerdings die meisten nur wenige Jahre exis­ tierten (Bergfeld 1999). Im Kontext sowohl der Freirechtsbewegung als auch der gestiegenen Aufmerksamkeit für das Wirtschaftsrecht als eigenständigem, den ökonomischen Veränderungen Rechnung tragenden Rechtsgebiet ist die Gründung der Zeitschrift „Recht und Wirtschaft“ (1911) zu sehen, die sich auch eine dezidiert rechtspo­ litische Programmatik gab. In diese Zeit fällt auch die Gründung weiterer Zeitschriften, die sich an den tagespolitischen Debatten be­ teiligten: die „Deutsche Richterzeitung“ (1909 ff.) und die „Deutsche Juristen-Zeitung“ (1896 ff.) (Klaeden 1995, 44 f.). Im öffentlichen Recht hielt sich die Neugründung von Prakti­ kerzeitschriften für einzelne Rechtsgebiete in engen Grenzen (als übergreifendes Periodikum ist freilich das von Praktikern dominierte „Verwaltungsarchiv“ [1893 ff.] zu nennen). In den hier interessieren­ den Themenzusammenhang fällt z. B. das „Jahrbuch der Entschei­ dungen zum Sozialversicherungsrecht“ (1914 ff.) (ab dem sechsten Jahrgang „Jahrbuch des Krankenversicherungsrechts“). Ein Gutteil der Debatten über die auch rechtlichen Aspekte der Sozialpolitik und damit auch über die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure in staat­

3 Quellen und Quelleneditionen |

liche Aufgaben spielte sich aber auch in nichtjuristischen Periodika ab, wie der „Concordia“(1871 ff.), dem „Arbeiterfreund“ (1863 ff.) oder der „Arbeiterversorgung“ (1884 ff.). Überhaupt finden sich Erörterungen zur Legitimation und Ausge­ staltung privat-staatlicher Regelungsstrukturen dann vor allem auch in den seit den 1870er Jahren geradezu aus dem Boden sprießenden Zeitschriften von Interessenverbänden. Jede Wirtschaftsbranche, oft auch noch regional differenziert, gab ihr eigenes Organ heraus. Einen Eindruck von dieser Publikationsvielfalt vermitteln die Nachweise bei Kirchner (Hg. 1977, 229 ff.). Hinzu kommen Verbandszeitschrif­ ten von Vereinigungen, die sich bestimmten öffentlichen Zwecken widmeten oder überhaupt erst ihre Existenz staatlich veranlassten Neuarrangements öffentlicher Aufgaben verdankten. Periodika wie „Der Kassenarzt“ (1924 ff.) oder die „Berufsgenossenschaft“ (1886 ff.) sollen hier nur als Beispiele angeführt werden.

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Verbandszeit­ schriften

3.2 Rechtsnormative Quellen 3.2.1 Allgemeines Die Bezeichnung „rechtsnormative Quellen“ bedarf der Erläuterung. Zunächst handelt es sich um solche zeitgenössischen Texte, die Ver­ bindlichkeit beanspruchende Regeln enthalten. Damit ist aber noch nicht ausgemacht, ob es sich um auch rechtliche Verbindlichkeit beanspruchende Regeln handelt. Das führt hin zur Frage, was Recht ist, vor allem wodurch es sich von anderer Normativität abgrenzt. Die Beantwortung dieser Frage wiederum hängt davon ab, welche Maßstäbe man dafür ansetzt. Legt man einen „überzeitlichen“, für forschungsanalytische Zwecke entwickelten Rechtsbegriff zugrunde, orientiert man sich an einem modernen Rechtsverständnis oder soll das Rechtsverständnis der jeweiligen Zeitgenossen der entscheiden­ de Maßstab sein? Egal wofür man sich entscheidet, immer bietet man eine offene Flanke. Bei der ersten Möglichkeit stellt sich ge­ nerell die Frage, ob man bei derart „artifiziellen“ Konstruktionen nicht das historisch unterschiedlich ausgeprägte Bewusstsein da­ für, was Recht ist, ignoriert, bei der zweiten lässt der Vorwurf einer „unhistorischen“, retrospektiven Betrachtungsweise nicht lange auf sich warten. Auf den ersten Blick am meisten angemessen erscheint die dritte Variante. Aber dann schließt sich natürlich automatisch

Was sind rechts­ normative Quel­ len?

114 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Rechtsnor­ mative Quel­ len am Rande des Rechts

die Frage an, welches zeitgenössische Rechtsverständnis zugrunde zu legen ist. Denn auch für die hier behandelte Zeit war dies kei­ neswegs unumstritten, und das, was als „herrschende Meinung“ bezeichnet werden kann, wechselte im Laufe des Untersuchungszeit­ raums. Konnten gesellschaftliche Verbände außerhalb des Staates, gar ohne dessen Ermächtigung, Recht schaffen? Konnte aus Recht­ sprechung Recht entstehen? All dies war Gegenstand von Diskus­ sionen auf einem hohen intellektuellen Niveau (Schröder 2010a; Schröder 2010b). Diese Fragen können und sollen hier nicht beantwortet werden. Geweckt werden sollte vielmehr die Sensibilität dafür, dass nicht schlechthin jede Quelle, die Aussagen mit Regelungscharakter ent­ hält, als Rechtsquelle bezeichnet werden kann. Dennoch sollen, schon um nicht vorzeitig das Blickfeld zu verengen, hier auch sol­ che Quellen einbezogen werden, für die eine Charakterisierung als Recht schwerfällt. Dabei kann es sich um kollektive Vertragswer­ ke oder Standardvertragsbedingungen handeln, die zeitgenössisch überwiegend als Fall der Rechtsanwendung, nicht der Rechtssetzung eingestuft werden, von denen aber de facto ein starker Befolgungs­ druck ausging. Ebenso wenig Sinn würde es machen, eine zu starke Trennlinie zwischen Satzungen öffentlich-rechtlicher Verbände (de­ nen der Rechtscharakter zugesprochen wurde) und privatrechtlicher Verbände zu ziehen. Schließlich hat man es mit verbandsinternen technischen Standards zu tun, die erst dann rechtliche Bindungs­ wirkung entfalteten, wenn noch ein zusätzlicher staatlicher Aufwer­ tungsakt erfolgte (siehe oben S. 51). Eine Trennung erschiene oft künstlich. Schon aus darstellungspraktischen Gründen empfiehlt es sich, bestimmte Normengattungen nicht von vornherein auszu­ schließen.

3.2.2 Sektorübergreifende Quellenbestände

Frühe Formen der Normpubli­ kation

Rechtssetzung Vorbemerkung: Staatliches Recht setzte den Rahmen privat-staat­ licher Regelungsstrukturen, regelte diese aber auch oft bis ins Detail hinein. Einheitliche Quellenkorpora staatlicher Rechtsset­ zung entstanden aber erst nach der unten noch zu beschreibenden Ausdifferenzierung in Gesetzblätter, Ministerialblätter und Amts­ blätter. Zum Abschluss kam diese Entwicklung erst im Laufe der

3 Quellen und Quelleneditionen |

ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bis dahin, also im 18. Jahrhun­ dert und bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein, lassen sich vor allem folgende Quellengattungen unterscheiden (Wunder 1997, 42 ff.; Holzborn 2003, 134 ff.): Da die Publikation staatlicher Rechtsvorschriften ursprünglich in nicht zentraler Form stattfand, fehlte es auch an einem zentralen Medium. Stattdessen wurden neue Vorschriften den unteren Behörden zugestellt, die sie öffent­ lich anzuschlagen oder (z. T. durch den Pfarrer) zu verlesen hatten (Ruppert 1999, 71 ff.). Die im Laufe des 18. Jahrhunderts avancierten Intelligenzblätter enthielten – neben anderen Nachrichten – auch Gesetze und andere amtliche Regelungen, dabei je nach deutschem Staat mehr oder weniger staatlichem Einfluss unterliegend; eine umfassende Auflistung der Intelligenzblätter findet sich bei Huneke (1989, 207 ff.). Daneben kam es in fast allen deutschen Staaten zu Editionen von Gesetzsammlungen. Meist handelte es sich nicht unmittelbar um staatliche, sondern um durch staatliches Privileg geförderte Unternehmen; als halbstaatliches Projekt kann man die von der Preußischen Akademie der Wissenschaften verant­ wortete umfassende Sammlung „Novum Corpus Constitutionum“ (NCC) ansehen. All diese Sammlungen erfassen weite Bereiche zentralstaatlicher und regionaler staatlicher Rechtssetzung, weisen jedoch keine Vollständigkeit auf; für etliche deutsche Staaten sind sie aufgeführt bei Ruppert (1999, 75 Anm. 33) und Wunder (1997, 53 ff.). Gesetzblätter: Die modernen Gesetzblätter entstanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Unterschieden werden kann ein norddeutscher (v. a. preußischer) und ein süddeutscher Typ. Die preußische GesetzSammlung enthielt normatives Material der Zentralstellen. Dabei handelte es sich nicht nur um Gesetze und Verordnungen, sondern auch um Kabinettsordres, lange Zeit auch um Deklarationen zur Aus­ legungen von Rechtsvorschriften oder Genehmigungsanzeigen von Statuten; in Preußen wurden Statuten von Eisenbahnunternehmen im Gesetzblatt vollständig abgedruckt und Statuten anderer Aktien­ gesellschaften dann, wenn sie von den Vorgaben des Aktiengesetzes von 1843 abwichen (Landwehr 1982, 253 f.; Cancik 2007, 137). In Süd­ deutschland hielt sich noch lange eine Verbindung von Verwaltungs­ amts-Blättern und Gesetzessammlungen, d. h. die entsprechenden Publikationen enthielten auch Instruktionen für die Mittelbehörden, Statistiken, Dienstnachrichten, gerichtliche Aufrufe usw. (Wunder 1997, 59 ff.). Zu den Fundstellen für Preußen, die Mittelstaaten sowie

115

Gesetzblätter

116 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Parlamentaria

Elektronisch publizierte Quellen

Ministerialblätter

den Norddeutschen Bund und das Deutsche Reich führt die Gesetz­ gebungsbibliographie von Dölemeyer (1982). Die Gesetzespublika­ tion der Kleinstaaten wird erfasst bei Lukas (1903, 182 ff.). Gesetze von zentraler verfassungspolitischer Bedeutung sind abgedruckt bei Huber (1986/1990/1991). Der Gesetzgebungsprozess in den Volksvertretungen lässt sich über Parlamentaria erschließen. Für die wichtigsten deutschen Län­ der und die Reichsebene sind diese wiederum bei Dölemeyer (1982) verzeichnet. Eine umfassende Nachweissammlung von Parlaments­ schriften findet sich in einer Ausarbeitung der Staatsbibliothek Preu­ ßischer Kulturbesitz (1986). Gesetzblätter stehen mittlerweile auch in elektronischer Form zur Verfügung. Frei zugänglich ist das Reichsgesetzblatt für die Zeit von 1919 bis 1945 auf der österreichischen Plattform Alex (http://alex.onb.ac.at/tab_dra.htm), teilweise transkribiert, aber mit etlichen zeitlichen Lücken findet man es bei wikisource (http: //de.wikisource.org/wiki/Reichsgesetzblatt); kostenpflichtig kann es für den gesamten Erscheinungszeitraum auf „Makrolog“ (www. recht.makrolog.de/) eingesehen werden. Ebenfalls in elektroni­ scher Form zugänglich sind die Reichstagsprotokolle, die kos­ tenfrei unter www.reichstagsprotokolle.de durchsuchbar sind. In großem Umfang lässt sich Landesrecht, teilweise auch Mi­ nisterial- und Amtsblätter (siehe unten), über wikisource (http: //de.wikisource.org/wiki/Gesetzbätter) erschließen. Die preußische Gesetz-Sammlung für das 19. Jahrhundert ist vollständig abruf­ bar unter den digitalen Ressourcen der Berliner Staatsbibliothek (http://digital.staatsbibliothek-berlin.de), die auch eine Vielzahl anderer Rechtsquellen enthalten. Ministerialblätter: Privat-staatliche Regelungsstrukturen unter­ lagen in starkem Maße auch untergesetzlicher Steuerung: in Form von Verwaltungsvorschriften, Instruktionen für halbamtliche Ein­ richtungen oder Musterstatuten für Körperschaften. Derartiges Re­ gelungsmaterial findet sich in großem Umfang in den von der Re­ gierung oder den einzelnen Fachministerien herausgegebenen Mi­ nisterialblättern. Für das Reich sind das als zentrale Publikationen das Reichsministerialblatt (1873 ff.) und der Reichsanzeiger (1871 ff.), für einzelne Verwaltungssektoren das Reichsarbeitsblatt (1903 ff.) und das Reichsgesundheitsblatt (1926 ff.), um nur die im hier be­ handelten Zusammenhang wichtigsten zu nennen; für Preußen zu

3 Quellen und Quelleneditionen |

erwähnen sind vor allem das ab 1839 erschienene Justizministerial­ blatt (JMBl.), das Ministerialblatt für die innere Verwaltung (MBlIV) (1840 ff.), das Eisenbahn-Verordnungsblatt (EVBl.) (1878 ff.) und das Handelsministerialblatt (HMBl.) (1901 ff.). Die Ministerialblätter an­ derer deutscher Staaten sind bei Dölemeyer (1982) verzeichnet, wo­ bei zu beachten ist, dass Ministerialblätter vereinzelt auch unter der Bezeichnung „Amtsblatt“ herausgegeben wurden (z. B. Amtsblatt des Königlich Württembergischen Ministeriums des Innern). Amtsblätter: Will man privat-staatliche Regelungsstrukturen auf regionaler Ebene erforschen oder über die Erschließung verschie­ dener Regionen einen repräsentativen Überblick gewinnen, führt der Weg nicht an den Amtsblättern vorbei. In Preußen wurden diese 1811 für alle Regierungsbezirke eingeführt. Sie enthielten nicht nur Verordnungen der jeweiligen Regierungspräsidenten, sondern auch Statuten von Korporationen, Anzeigen über Verfahrensschritte in komplexen Verwaltungsverfahren sowie Mitteilungen zu halbamtli­ chen Funktionsstellen oder Unternehmungen, die einen Bezug zu öffentlichen Aufgaben aufwiesen (z. B. Kreisphysikate, Fähreinrich­ tungen, öffentliche Feuerversicherungen) (Cancik 2007, 70, 139 f.). Ähnlich verhielt es sich in anderen deutschen Staaten, mit teilweise unterschiedlichen Bezeichnungen (z. B. „Kreisintelligenzblätter“ in Bayern; „Provinzialblätter“, später „Anzeigeblätter“ und „Kreisver­ ordnungsblätter“ in Baden) (Wunder 1997, 60 ff.). Bibliographische Angaben zu den Amtsblättern einzelner deutscher Staaten finden sich vor allem bei Kirchner (Hg. 1977, 210 ff.). Vorschriftensammlungen: Von großer Ergiebigkeit sind nichtamt­ liche oder halbamtliche Vorschriftensammlungen zu bestimmten Rechtsgebieten. Obgleich sie im Titel nicht selten die Bezeichnung „Gesetzsammlungen“, „Gesetzgebung“ oder „Gesetze“ tragen, han­ delt es sich zumeist um Zusammenstellungen von Gesetzen, Ver­ ordnungen und untergesetzlichem Normenmaterial wie ministeri­ ellen Rundverfügungen. Für den Leser haben sie den Vorteil, dass er die Fülle der Rechts- und Verwaltungsvorschriften in systema­ tisch geordneter Form vorfindet. Der Bestand an solchen Werken ist fast unüberschaubar. Nur willkürlich herausgegriffene Beispiele für den Bereich des Wirtschaftsrechts sind Grotefend (Hg. 1904), das Handbuch der Gesetzgebung XV (1904) und das Handbuch der Gesetzgebung XIX (1906).

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Amtsblätter

Nichtamtliche oder halbamt­ liche Vorschrif­ tensammlungen

118 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Rechtsprechung staatlicher Gerichte

Rechtsprechung nichtstaatlicher oder halbstaatli­ cher Einrichtun­ gen

Rechtsprechung Spricht man von Rechtsprechung, ist zu unterscheiden: Handelt es sich um Rechtsprechung staatlicher Gerichte, die über Bestand und Grenzen privat-staatlicher Regelungsstrukturen entscheiden, oder geht es um justizielle Formen privat-staatlicher Regelungsstruktu­ ren? Im ersten Fall sind vor allem die Entscheidungssammlungen der staatlichen Gerichte Quellengrundlage, im hier interessierenden Zusammenhang in erster Linie der Zivil- und seit Beginn des letzten Jahrhundertviertels auch der Verwaltungsgerichte. Üblicherweise enthalten sie auch die Urteilsgründe (Mohnhaupt 1994). Gedruckt lie­ gen sie für die Zentralgerichte und zumeist auch für die Obergerichte der deutschen Länder vor. Über die Angaben bei Mohnhaupt (1992) lassen sie sich umfassend erschließen. Zu ungedruckten, archiva­ lisch überlieferten Entscheidungsmaterialien führt das Repertorium von Dölemeyer (Hg. 1995), auch dieses, wie bei Mohnhaupt, nach einzelnen deutschen Staaten geordnet. Einen Überblick über die Entscheidungssammlungen gibt Walker (1998, insb. 15 ff.), der auch jene Zeitschriften anführt, die vornehmlich Gerichtsentscheidungen abdruckten. Weitaus unübersichtlicher stellt sich die Quellensituation für die Erfassung der justiziellen Tätigkeit von nichtstaatlichen oder halbstaatlichen Einrichtungen dar oder von staatlichen Entschei­ dungsinstanzen, in denen Repräsentanten nichtstaatlicher Verbän­ de oder Interessengruppen ein Entscheidungsanteil eingeräumt wur­ de (siehe hierzu aber auch Mohnhaupt 1992, 232 ff.). Am ehesten erschließbar ist die Entscheidungspraxis im letztgenannten Fall, bei der Zentralgerichtsbarkeit für das Arbeits- und Sozialversiche­ rungsrecht: Die Judikate des 1926 geschaffenen Reichsarbeitsge­ richts sind über die „Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts“ (1928 ff.) einsehbar. Für das Reichsversicherungsamt – und teilwei­ se auch für andere Spruchkörper der Sozialversicherung – liegen mehrere Entscheidungssammlungen vor: die „Entscheidungen des Reichs-Versicherungsamts und der Landes-Versicherungsämter in Unfallversicherungs-Streitigkeiten“ (1901–1912), als Nachfolger die „Sammlung von Entscheidungen des Reichsversicherungsamts, der Oberversicherungsämter und anderer Entscheidungen aus dem Ge­ biete der Reichsversicherung“ (1912–1941) und die „Entscheidungen und Mitteilungen des Reichsversicherungsamts“ (1914–1944). Für Armenrechtssachen relevant sind vor allem die „Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimatwesen“ (1873 ff.).

3 Quellen und Quelleneditionen |

Für die weitgehend autonome, paritätisch zusammengesetzte Arbeitsgerichtsbarkeit vor 1927, also vor Errichtung der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit, ist der gedruckte Quellenbestand weitaus unübersichtlicher (größere zusammenhängende ungedruckte Über­ lieferungen haben sich nur in wenigen Archiven [v. a. Mainz und Worms] erhalten). Eine zentrale Rechtsmittelinstanz gab es nicht. Ein übergreifendes Publikationsforum, welches (auch) Gerichtsentschei­ dungen veröffentlichte, war „Das Gewerbegericht“ – allerdings in wechselnder publizistischer Form: Seit 1893 erschienen die „Mittei­ lungen des Verbandes Deutscher Gewerbegerichte“ zunächst im An­ hang zu den „Blättern für soziale Praxis in Gemeinden, Vereinen und Privatleben“, von 1895 bis 1899 als Anhang zur „Sozialen Pra­ xis“. Die eigenständige Zeitschrift „Das Gewerbegericht“ wurde 1896 gegründet und erschien seit 1905 unter dem Titel „Kaufmanns- und Gewerbegericht“. Eine Vielzahl von Judikaten ist auch abgedruckt bei Baum (1912). Daneben existierten Periodika einzelner Gerichte, so z. B. das „Jahrbuch des Kaufmannsgerichts Berlin“ (1908–1912), und die „Arbeitsrechtlichen Entscheidungen des Gewerbe- und Kauf­ mannsgerichts Berlin“ (1927). Die Überlieferung ist also zu einem Gutteil territorial aufgesplittet und nicht fortlaufend. Als weiterfüh­ rend, weil auch mit entsprechenden Fundstellen versehen, erweist sich jedoch die „Rechtsprechung des Arbeitsrechts“ (1927), welche für die Zeit von 1900 bis 1927 eine Vielzahl von Entscheidungen nicht nur von Gerichten, sondern auch von Schlichtungsstellen und Behörden aufführt. Die berufsständische Rechtsprechung der Zentralinstanzen ist für die Rechtsanwälte und die Ärzte in gedruckter Form überlie­ fert. Für die Anwälte ist dies geschehen in den „Entscheidungen des Ehrengerichtshofs für Deutsche Rechtsanwälte“ (1885–1935). Umfassend verarbeitet ist diese Rechtsprechung vor allem bei Fried­ länder/Friedländer (1930, 166 ff.), dort finden sich noch weitere Fundstellennachweise zur anwaltlichen Standesgerichtsbarkeit. Die ärztliche Standesrechtsprechung ist dokumentiert bei Kade (1906), Duchstein (1907) und in den „Entscheidungen des Preußischen Ehrengerichtshofes für Ärzte“ (1908–1934). Am schwierigsten erweist sich schließlich die Erfassung der Ent­ scheidungspraxis der mannigfaltig ausgebildeten wirtschaftlichen Schiedsgerichtsbarkeit, zumal diese prinzipiell nicht öffentlich war. Soweit vorhanden, müsste das Material über die Archive von Han­ delskammern, bei welchen die Schiedsgerichte in der Regel ihren

119

Rechtsprechung der Gewerbeund Kaufmanns­ gerichte

Berufsständi­ sche Rechtsprechung

Rechtsprechung der kaufmänni­ schen Schieds­ gerichte

120 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Sitz hatten, oder über Verbandsarchive erschlossen werden. Ver­ einzelt wurden Entscheidungen von Schiedsgerichten auch in Ver­ bandszeitschriften abgedruckt. Sie finden sich darin aber meist sehr verstreut, eine eigene Rubrik dafür war wohl nicht üblich. Einen Eindruck von der Judikatur, vor allem von Stil und Begründungsauf­ wand, vermögen immerhin einige bei Kollmann (1914) abgedruckte Entscheidungen zu vermitteln; Schiedsgerichtsreglements sind z. B. bei Mathies (1921) abgedruckt.

3.2.3 Bereichsspezifische Quellenbestände

Disparate Quellenlage

Allgemeines Wendet man sich nun den Quellen zu, die über die normativen Kon­ turen privat-staatlicher Regelungsstrukturen in einzelnen Bereichen Auskunft geben, ist man gehalten, sich an Ordnungskriterien zu orientieren, die zeitgenössischer Natur sind oder sich von Ordnungs­ vorstellungen der „traditionellen“ rechtshistorischen (oder auch der sozial- oder wirtschaftshistorischen) Forschung leiten ließen. Denn oft wurden nur in diesem Rahmen Sammlungsleistungen erbracht, auf die zur Verfolgung der hier interessierenden Forschungsfragen zurückgegriffen werden kann. Aber auch dabei spielt eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle. Zunächst kommt es darauf an, ob bestimmte Regelungssektoren zeitgenössische, und damit auch publizistische Aufmerksamkeit erlangen konnten. Speziell in juristischer Perspekti­ ve ist von Belang, ob und inwieweit sich Regelungskomplexe in tradi­ tionelle oder neuentstehende Rechtsgebiete integrieren ließen, was dann in Lehrbüchern, Handbüchern, spezialisierten Zeitschriften oder eben auch entsprechenden Rechtssammlungen zum Ausdruck kommen konnte (Stolleis 2002, 2). Im Hinblick auf Quellensamm­ lungen, die im Rahmen geschichtswissenschaftlicher Forschung entstanden, kommt es darauf an, ob es zu einer derartigen Fokus­ sierung historischer Aufmerksamkeit kam, dass sich Forschungs­ schwerpunkte herausbildeten, die umfassendere Quellenerschlie­ ßungen begünstigten. Dabei ist zu beachten, dass die Erstellung von Quellensammlungen eine – mit wenig Ruhm verbundene – müh­ same Arbeit ist, die gemeinhin nicht von einzelnen Lehrstühlen geleistet werden kann, für die also oft institutionelle Forschungs­ zusammenhänge geschaffen werden müssen, die gezwungen sind, sich aus Drittmitteln zu speisen, deren Vergabe wiederum oft von for­

3 Quellen und Quelleneditionen |

121

schungspolitischen Konjunkturen oder vom standing bzw. vom insti­ tutionellen Background der betreffenden Wissenschaftler abhängig ist. Und schließlich hängt es schlicht von den Darstellungsabsichten einzelner Wissenschaftler (oder von den Vorgaben des Betreuers wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten) ab, ob Untersuchungen mit Quellenanhängen versehen werden oder nicht (wobei dies – auch wegen der besseren Abbildbarkeit – in rechtshistorischen Ar­ beiten verbreiteter ist als in sozial- oder wirtschaftshistorischen). Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass sich die Quellensituation hinsichtlich gedruckter Quellen (ungedruckte Materialien müssen über staatliche bzw. kommunale Archive, Unternehmensarchive, Verbandsarchive oder Archive öffentlich-rechtlicher Körperschaften erschlossen werden) als sehr disparat darstellt. Überflüssig ist es wohl zu erwähnen, dass die nachfolgende Darstellung daher nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, zu vielgestaltig und zu verstreut ist das Material.

Einzelne Regelungsfelder Sozialversicherung : Begonnen werden soll mit einem Gebiet, welches jedenfalls für die Zeit bis 1914 quellenmäßig am besten erschlossen ist: der Sozialversicherung. Dass dies so ist, verdankt sich dem Um­ stand, dass die Quellenerschließung im Rahmen eines Akademiepro­ jekts (der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur) stattfindet, welches Langlebigkeit und Hartnäckigkeit ermöglicht. Der Projekttitel „Quellensammlung zur Geschichte der Sozialpolitik 1867 bis 1914)“ verdeutlicht nur unzureichend, dass es sich dabei in erheblichem Maße um eine Sammlung von Rechtsquellen handelt, aus denen die Aufteilung öffentlicher Aufgaben auf staatliche und nichtstaatliche Akteure ersichtlich wird. Abgedruckt sind vor allem Gesetze, Materialien, die im Zuge des Gesetzgebungsprozesses ent­ standen, also vor allem Gesetzentwürfe, amtliche Denkschriften und die Stellungnahmen „interessierter“ Kreise sowie normative Mate­ rialien nichtstaatlicher Verbände, vor allem Kassensatzungen oder Verbandsbeschlüsse; eingeführt wird man durch kundige und in­ struktive Einleitungen. Geplant ist eine vollständige Digitalisierung des Materials. Öffentliche und private Wohlfahrt: Eine umfassende Material­ basis stellt die erwähnte Quellenedition auch für das Gebiet der öffentlichen und privaten Wohlfahrtspflege dar, wo staatliche, kom­

Sozialversicherung

Öffentliche und private Wohlfahrt

122 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Arbeitsrecht

Wirtschaft und Wirtschafts­ recht

munale und privatverbandliche Akteure intensiv kooperierten und zum Teil auch konkurrierten. Dort ist bisher die Zeit bis 1890 erfasst (Bd. I 7 2000; Bd. II 2015). Die wichtigsten einschlägigen Gesetze sind bei Stolleis (1976) abgedruckt. Zu einzelnen Bereichen der Wohl­ fahrt wird man darüber hinaus fündig in zeitgenössischen Quellen­ sammlungen, in Quellenanhängen moderner Forschungsarbeiten oder in auszugsweisen Abdrucken in Monographien. Verwiesen sei hier beispielhaft nur auf die Sammlung zur Kriegswohlfahrt von Zahn (1916), auf den Quellenanhang der Arbeit von Kaerger (1996) zur Zentralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen sowie auf die Arbeit von Orthband (1980) zum Deutschen Verein, die eine Viel­ zahl umfassender Quellenauszüge enthält, z. B. Statuten, staatliche Rechtsvorschriften, Regelungskonzeptionen und Gesetzentwürfe. Arbeitsrecht: Ebenfalls reichhaltiges Material bietet die schon genannte Quellensammlung für das Arbeitsrecht – ein Gebiet, auf dem sich vielfältige Spielarten privat-staatlicher Regulierung heraus­ bildeten (Bd. I 4 1997; Bd. II 4 2008; Bd. III. 4 2011). Zentrale Quellen der Arbeitsrechtsgeschichte, also vor allem Gesetze, aber auch das Stinnes-Legien-Abkommen von 1918 sind abgedruckt in der Edition von Blanke u. a. (Hg. 1975); Materialien zur innerbetrieblichen Ko­ ordination der Arbeitsbeziehungen (Statuten und Vereinbarungen) finden sich bei Rückert/Friedrich (1979, 117 ff.). Hinzuweisen ist fer­ ner auf das umfassend edierte Material zu einzelnen Arbeitgeberund Arbeitnehmervereinigungen in den Beiheften zur Quellenediti­ on zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik (Bh. I 2.3 1978; Bh. II 2.12 1978; Bh. I 1.3 1979; Bh. I 1.4 1985). Schließlich ist auf die Fülle von Material aufmerksam zu machen, in welchem die justiziellen Dimen­ sionen der Selbstregulierung der Arbeitswelt manifest werden und welches z. B. in Quellenanhängen in den Arbeiten von Schloßstein (1982), Brand (1990, 450 ff.; 2002, 537 ff.; 2008, 413 ff.) und auch Weiß (1994, 152 ff.) zu finden ist (vor allem Gesetze, Statuten, Berichte, Urteile). Wirtschaft und Wirtschaftsrecht: Mehr noch als für die schon genannten Gebiete gilt für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft, dass eine vollständige Auflistung edierten Quellenmaterials illuso­ risch ist. Zu weit und zu heterogen ist dieses Feld. An dieser Stelle muss es also bei Schlaglichtern verbleiben, wobei damit die Hoff­ nung verbunden ist, dem Leser zumindest hinsichtlich einiger wich­ tiger Schwerpunkte eine Orientierung zu bieten. Die Quellensamm­ lung von Stober (1986) bietet nur einen allerersten Zugang, in erster

3 Quellen und Quelleneditionen |

Linie handelt es sich um den Abdruck einiger grundlegender Wirt­ schaftsgesetze. Ergiebiger sind zeitgenössische Vorschriftensamm­ lungen zu einzelnen Gebieten des Wirtschaftsrechts (s. z. B. S. 117). Zumindest was die zentrale verbandsmäßige Organisation der Wirt­ schaft betrifft, erweist sich hier wieder die Quellensammlung zu Geschichte der deutschen Sozialpolitik als wertvoller Helfer, da in ihren Beiheften zahlreiches Statutenmaterial von Unternehmerver­ bänden abgedruckt ist (Bh. I 2.3 1978; Bh. I 1.3 1979; Bh. I 1.4 1985); in geringerem Umfang finden sich solche Materialien auch bei Steitz (Hg. 1980; 1985). Das für die damalige Zeit wichtige selbstgesetzte Recht der Kartelle kann zumindest über etliche Kartellsatzungen er­ schlossen werden, die bei Flechtheim (1912, 145 ff.) abgedruckt sind. Und für das permanent um seine Organisationsstärke kämpfende Handwerk findet sich etliches Material bei John (1987; 531 ff.) (Gene­ ralreglements, Satzungen, Entwürfe). Für den Finanzsektor fündig wird man bei Hocker (1858), bei dem zahlreiche Statuten von – unter staatlicher Aufsicht stehenden – Aktienbanken abgedruckt sind; für jüngere Statuten kann auf die umfangreichen Nachweise bei Dörr (2013) verwiesen werden. Auch die Regulierung und Selbstre­ gulierung der Kreditgenossenschaften kann gut erschlossen werden. Wenngleich das einschlägige Material in der Arbeit von Kluge (1991, 406 ff.) nicht selbst abgedruckt ist, so sind doch die gesetzlichen Bestimmungen, Statuten und Musterstatuten in umfassender Weise nachgewiesen. Gleiches gilt für das – auch öffentliche und halböf­ fentliche Versicherungen – umfassende Versicherungsrecht (Ebel 1993), für das überdies ein umfassender Quellenanhang bei Heiss (2006) existiert. Verkehrs- und Versorgungsinfrastrukturen: Mannigfaltige Spielar­ ten wies die privat-staatliche Regulierung bei Verkehrs- und Versor­ gungsinfrastrukturen auf. Als eigenständiges Rechtsgebiet, welches schon zahlreiche zeitgenössische Publikationen hervorgebracht hat, sticht dabei das Eisenbahnrecht hervor. Etliche solcher Veröffent­ lichungen enthalten auch umfassendes Quellenmaterial, z. B. die Vorschriftensammlung von Micke (1887), die umfangreichen Anhän­ ge bei Koch (1858; 1860) und voluminöse Festschriftenbände (Fest­ schrift über die Thätigkeit des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwal­ tungen 1896). Allgemeine Geschäftsbedingungen von Eisenbahnen sind auszugsweise abgedruckt bei Heyn (1996). Für das Gebiet der Elektrizitätsversorgung sind erstens umfassende Ausarbeitungen hervorzuheben, die die Steuerung privat-kommunaler Kooperation

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Verkehrs- und Versorgungsinfrastrukturen

124 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

dokumentieren (Siegel 1930), und zweitens Arbeiten, die die gesetz­ geberischen Anläufe zur gesamtstaatlichen Regelung dieses Bereichs nachzeichnen (Kehrberg 1997, 191 ff.). In ihrem lokalen Bezug lässt sich die Regulierung von Versorgungsinfrastrukturen über die bei Heider (2005) und auszugsweise bei Eibich (2004, 216 f.) abgedruck­ ten Materialien erschließen.

4 Hilfsmittel 4.1 Bibliographien Einen ersten Zugriff auf zeitgenössische Literatur und auf moderne Forschungen ermöglichen Auflistungen des relevanten Schrifttums. Dies geschieht üblicherweise in Bibliographien, also in eigenständi­ gen Literaturverzeichnissen. Die folgenden Ausführungen behan­ deln in erster Linie solche Werke. Allerdings zeigen sich die Grenzen des bibliographischen Schrifttums gerade bei den hier behandelten Forschungsfragen und vor allem dann, wenn es um einzelne Spezial­ bereiche geht. Dieses Defizit sollen dann Hinweise auf ausgewählte Monographien oder sonstige Publikationen wettmachen, welche in ihren bibliographischen Anhängen umfassend den Literaturbestand für einen bestimmten Untersuchungsbereich nachweisen. Dass auch hierbei nur ein Überblick geboten werden kann, muss freilich nicht extra betont werden.

4.1.1 Allgemeine Bibliographien Den allerersten Einstieg ermöglicht eine Bibliographie der rechts­ wissenschaftlichen Bibliographien (Hoffmann 1994), über die man auch zu zahlreichen Verzeichnissen von Literaturnachweisen ge­ langt, die für den hier behandelten Untersuchungszeitraum rele­ vant sind. Einen Zugang zu zeitgenössischen Nachschlagewerken für einzelne Sachbereiche vermittelt vor allem die internationale Bibliographie von Stollreither (1955); das deutsche Schrifttum ist dort jeweils separat ausgewiesen. Auch finden sich dort zahlrei­ che Hinweise auf Vorschriften- und Entscheidungssammlungen. Ei­ nen für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ungemein reichhal­ tigen Fundus bietet das Buch von Walther (1854), das die juristi­ sche Literatur jener Zeit zu erfassen versucht. Instruktiv ist es in dem Sinne, als es die Bestände nach einzelnen deutschen Ländern gliedert und ein Stichwortregister aufweist. Die für einen tieferen Einstieg nach wie vor unverzichtbare umfassende Besprechung der öffentlich-rechtlichen Literatur bietet Mohl (1855, insb. 267 ff.; 1856, 237 ff.).

Bibliographien von Bibliogra­ phien, erste Hälfte des 19. Jahrhunderts

126 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Bibliographien für Literatur ab Mitte des 19. Jahrhunderts

Zeitschriftenbi­ bliographien

Bibliographien zur Wirtschafts-, Sozial- und Poli­ tikgeschichte

Für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Zeit bis 1914 kann auf die Ausarbeitung von Mühlbrecht (1869–1914) verwiesen werden, allerdings nur unter Vorbehalten: Das Fortsetzungswerk erfasst in Zweimonatsrhythmen Neuerscheinungen der staats- und rechtswissenschaftlichen Literatur aus aller Welt. Unabhängig da­ von, inwiefern der vom Bibliographen erhobene Anspruch auf Voll­ ständigkeit eingelöst ist, ist es doch nur schwer benutzbar, weil die Literatur nur über ein Namensregister erschließbar ist (nur dort, wo Autorennamen nicht ausgewiesen sind, wird mit einem Titel­ stichwortregister gearbeitet). Immerhin wird innerhalb der einzel­ nen Hefte eine Ordnung nach Ländern vorgenommen. Für Litera­ tur ab 1900 empfiehlt sich der Rückgriff auf die mehrbändige Bi­ bliographie von Badenhoop (Hg. 1966–68), die insbesondere das Schrifttum zum Staats- und Verwaltungsrecht sowie zur Behörden­ organisation und zur Wirtschaftsverwaltung ausweist. Die rechts­ historische Forschungsliteratur schließlich ist teilweise erschlos­ sen über ältere Bibliographien der Hochschulschriften von 1885 bis 1964 (Köbler 1972; Köbler/Kumpf 1975), allerdings mit einem recht geringen Anteil von Forschungen zum 19. und 20. Jahrhun­ dert und zeitlich-systematisch geordnet nur für die Literatur ab 1945. Die rechtswissenschaftliche Zeitschriftenlandschaft ist für die Zeit bis 1900 umfassend in der Zeitschriftenbibliographie von Kirch­ ner (Hg. 1977, 210 ff.) nachgewiesen. Über dieses Verzeichnis gelangt man auch zu den für die Erschließung von fachspezifischen Diskur­ sen wichtigen Branchenzeitschriften. Für die Zeit nach 1900 fehlt es leider an einer entsprechenden Bibliographie. Um sich hier einen Überblick zu verschaffen, bietet sich die Suche in der Zeitschriften­ datenbank der deutschen und österreichischen Bibliotheken (ZDB) (www.zeitschriftendatenbank.de) an. Einen breiteren Zugriff weisen Bibliographien zur Wirtschafts-, Sozial- und Politikgeschichte auf. Auch der rechtshistorische For­ scher ist auf sie angewiesen, um Regelungsanlässe, Regelungskon­ texte und gesellschaftliche Stimmungslagen in ihrem Stellenwert für bestimmte Regelungsstrukturen herausarbeiten zu können. Die maßgeblichen Bibliographien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschich­ te (Wehler 1976; Wehler 1993) sowie zur Geschichte der Verbände (Ullmann 1978) sind recht umfassend, spiegeln allerdings nicht den neuesten Forschungsstand. Ergänzend ist man also auf die Litera­ turauflistungen in neueren Darstellungen angewiesen.

4 Hilfsmittel |

127

4.1.2 Bibliographien für spezielle Sachbereiche Die für die hier behandelten Fragestellungen relevanten Sachberei­ che sind in unterschiedlichem Maße bibliographisch erfasst. Am umfassendsten noch – wenn auch in einem Werk älteren Datums – ist dies bei der Arbeitsrechtsgeschichte der Fall (Rückert Hg. 1996), ergänzend sei verwiesen auf die neuere Forschungsübersicht bei Führer (2004). Bei Rückert (Hg. 1996, 265 ff.) findet sich auch eine Vielzahl von Literaturnachweisen zum Sozialrecht. Das Schrifttum zur Frühphase der Sozialpolitik ist in der umfassenden Auflistung von Stammhammer (1896) versammelt und dort über ein umfangrei­ ches Sachregister erschließbar. Für das spezielle Gebiet der Wohl­ fahrt dürften sich noch die zeitgenössischen Bibliographien von Münsterberg (1900) und Sunder (1929) als hilfreich erweisen. Die wissenschaftshistorisch relevante Literatur ist aufgeführt bei Mikešić (2002); die sozialrechtlichen Publikationen in wichtigen Zeitschrif­ ten sind erfasst bei Heyen (1993b). Die Wirtschaftsrechtsgeschichte selbst ist nicht bibliographisch erfasst. Was die spezifisch rechtlichen Aspekte der Wirtschaftsord­ nung betrifft, empfiehlt sich der Blick in die Literaturanhänge von Überblicksdarstellungen oder in Arbeiten, die ein bestimmtes Feld umfassend bearbeiten. Dies sind für die erstgenannte Literaturgat­ tung vor allem Schmoeckel (2008), für die wissenschaftshistorische Seite Zacher (2002) und Sandmann (2000). Für einen speziellen Sek­ tor allerdings, nämlich das Versicherungsrecht, ist die Bibliographie von Ebel (1993), die das Schrifttum im ersten Teil alphabetisch und im zweiten Teil nach Ländern und Sparten geordnet ausweist, eine außerordentlich ergiebige Fundgrube.

Arbeits- und Sozialrecht

Wirtschafts­ recht

4.2 Andere Hilfsmittel 4.2.1 Moderne Synthesen und Handbücher Zusammenfassende Darstellungen, die die großen Linien erkennbar machen und zugleich Einordnungen ermöglichen, liegen sowohl für das Privatrecht als auch für das öffentliche Recht vor, also für die Rechtsgebiete, aus denen sich privat-staatliche Regelungsstruktu­ ren speisen. Im Privatrecht ist es die noch immer unerreichte, wenn auch in vieler Hinsicht auf überkommenen Prämissen beruhende

Gesamtdarstellungen

128 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Handbücher

Wirtschafts-, sozial- und po­ litikhistorische Synthesen

Synthese von Wieacker (1967), aber auch das Werk von Coing (1989), das sich auf das 19. Jahrhundert bezieht, ist hier zu nennen. Im öf­ fentlichen Recht sind es die Bände von Stolleis (1988; 1992; 1999), welche die Rechts-, vor allem aber die Wissenschaftsentwicklung umfassend veranschaulichen. Vom gleichen Autor liegt auch eine Einführung in die Sozialrechtsgeschichte vor (2003); für die Wirt­ schaftsrechtsgeschichte ist auf Schmoeckel (2008) und auf die sys­ tematisch das Gewerberecht aufarbeitende Darstellung von Ziekow (1992) zu verweisen. Handbuchartige Darstellungen, die einen Einstieg in die Details einzelner Rechtsinstitute und Regelungskomplexe bieten, liegen nur für die Privatrechtsgeschichte vor: das Handbuch von Coing (Hg. 1982–86) und der Historisch-kritische Kommentar zum BGB von Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hg. 2003 ff.). Für das öffentliche Recht fehlt Entsprechendes, allerdings verarbeiten die Bände zur „Deutschen Verwaltungsgeschichte“ (Jeserich u. a. Hg. 1983–1985) in weitem Maß auch rechtliche Aspekte, vor allem aber informie­ ren sie umfassend über die administrativen Strukturen auf einzel­ staatlicher und auf Reichsebene. Schließlich bietet das Handwörter­ buch zur Rechtsgeschichte – wenn auch natürlich über das hier be­ handelte Untersuchungsgebiet weit hinausreichend – Einführungs­ wissen und Hinweise auf Einstiegsliteratur. Bis zum Buchstaben M liegt es mittlerweile in einer die moderne Forschung verarbeiten­ den zweiten Auflage vor (Cordes u. a. Hg. 2008 ff.), im Übrigen ist man auf die Benutzung der ersten Auflage (Erler u. a. Hg. 1971–1998) angewiesen. Das für das Kontextverständnis unerlässliche wirtschafts-, so­ zial- und politikhistorische Wissen hat die Geschichtswissenschaft in beeindruckenden Synthesen zusammengefügt. Hier muss es bei schlaglichtartigen Verweisen belassen werden. Zu nennen sind vor allem die Darstellungen von Wehler (1989–2003) und Nipperdey (1993–94). Auch für die mittlerweile gut aufgearbeitete und hier be­ sonders interessierende Wirtschaftsgeschichte muss der Hinweis auf ausgewählte Werke genügen. Neben der voluminösen Darstellung von Henning (1996, 2003) ist auf die etwas schlankere Ausarbeitung von Walter (2011) zu verweisen. Für einzelne Zeitabschnitte stehen die – allerdings mehr quantitativ-historisch orientierte – Arbeit von Burhopt (2011) (Kaiserreich) und das Buch von Knortz (2010) (Wei­ marer Republik) zur Verfügung. Vor allem aber von Interesse sind übergreifende Ausarbeitungen zum Verhältnis von Staat und Wirt­

4 Hilfsmittel |

schaft; diese Perspektive loten systematisch-einführend Boch (2004) und eher theoretisch-analytisch Ambrosius (2001) aus. Keine Wirt­ schaftsrechtsgeschichte, aber eine Wirtschaftsgeschichte mit starker rechtshistorischer Orientierung – weil von dem bestimmenden Ein­ fluss von „Institutionen“ (Regeln) auf die Wirtschaftsentwicklung ausgehend – bietet die Darstellung von Wischermann/Nieberding (2004). Auch für ein weiteres bedeutendes Aktionsfeld privat-staatlicher Regelungsstrukturen, nämlich die Sozialpolitik, stehen Synthesen und handbuchartige Darstellungen zur Verfügung. Die rechtshis­ torische Entwicklung lässt sich über die Darstellung von Stolleis (2003) verfolgen. Sozial- und politikgeschichtlich ist dieser Komplex vor allem bei Sachße/Tennstedt (1988; 1998), Schmidt (2005b) und Reidegeld (2006a; 2006b) aufgearbeitet. Für das Verständnis privat-staatlicher Koordination schließlich ist die Kenntnis der Integration in das staatliche Aufgaben- und Organisationsgefüge unabdingbar. Für die oberste, also die guberna­ tive Ebene, vermittelt die Verfassungsgeschichte von Huber (1967 ff.) nach wie vor zuverlässiges Wissen. Über die Entwicklung der zen­ tralen Wirtschaftsverwaltung wird man bei Facius (1959) informiert. Die Entwicklung der Exekutive insgesamt sowie ihrer Organisations­ strukturen und ihrer Aufgabenfelder ist umfassend in den Bänden zur Deutschen Verwaltungsgeschichte (Jeserich u. a. Hg. 1983 ff.) dargestellt. Mit einer Vielzahl von Detailinformationen wartet die voluminöse Studie von Ellwein (1993/1997) auf, die Untersuchun­ gen zu einer Verwaltungsregion mit Analysen der gesamtdeutschen Entwicklung verbindet.

4.2.2 Zeitgenössische Handbücher und Wörterbücher Koordination und Kooperation staatlicher und privater Akteure fan­ den im Rahmen staatlichen Rechts und eingebettet in staatliche Ver­ waltungsstrukturen statt. Zur Erfassung dieser Zusammenhänge und um einen Einblick in die einzelnen Politik- und Verwaltungsfelder zu gewinnen, empfiehlt sich der Rückgriff auf die zeitgenössischen Hand- und Wörterbücher, die den Stoff in oft beeindruckender De­ tailfülle ausbreiten (hier werden in erster Linie die letzten im Unter­ suchungszeitraum erschienenen Auflagen angeführt). Insbesondere die Handbücher enthalten neben textlichen Ausführungen der Auto­

129

Gesamtdarstel­ lungen zur So­ zialpolitik und zum Sozialrecht

Gesamtdarstel­ lungen zur Ver­ fassungs- und Verwaltungsge­ schichte

130 | Teil 2 Quellen, Editionen, Hilfsmittel

Hand- und Wör­ terbücher des Reichs- und Landesrechts

ren oft Auszüge aus einschlägigen Gesetzen oder untergesetzlichen Direktiven, jedenfalls aber die entsprechenden Fundstellen. Für den gesamten deutschen Raum sind hier vor allem das Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts (1911 ff.), das Handwörterbuch der Rechtswissenschaft (Stier-Somlo/Elster Hg. 1926–29), das Handwörterbuch der Staatswissenschaften (Con­ rad/Elster Hg. 1923–28) und das Handwörterbuch der Kommunalwis­ senschaften (Brix u. a. Hg. 1914–24, 1927) hervorzuheben. Daneben sind die für einzelne deutsche Staaten erschienenen Verwaltungs­ handbücher zu nennen. Insbesondere Preußen beeindruckt durch seine reichhaltige Handbuchliteratur. Für das mittlere Segment des 19. Jahrhunderts ist auf das in seiner Materialfülle unerreichte Werk von Rönne/Simon (1840–1856) zu verweisen; zum Standardwerk, das „sozusagen in jeder deutschen Amtsstube vorhanden war“ (Stoll­ eis 1992, 304), wurde ab der zweiten Hälfte des Jahrhunderts das von Auflage zu Auflage an Umfang zunehmende Handbuch von Hue de Grais (1930 [25. Aufl.]). Als Wörterbuch ist das Handwör­ terbuch der preußischen Verwaltung (Bitter Hg. 1928) anzuführen. Letztlich besaß wohl jeder deutsche Einzelstaat solche Handbücher oder Handwörterbücher; verbleiben soll es hier bei der Nennung derjenigen von Mittelstaaten: das Handbuch der Badischen Verwal­ tung (Merk Hg. 1925–27), das Handbuch der inneren Verwaltung für Bayern rechts des Rheins (Henle Hg. 1925), das Handwörterbuch der württembergischen Verwaltung (Haller Hg. 1915) und das Hand­ buch der württembergischen Verwaltung (Zeller/Huze Hg. 1932), das Handwörterbuch des sächsischen Verwaltungsrechts (von der Mosel Hg. 1926) usw.

| Teil 3: Probleme und Perspektiven der Forschung

5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung Das, was hier unter dem Sammelbegriff „privat-staatliche Regelungs­ strukturen“ erörtert wurde, hat in verschiedenen Forschungsfeldern schon Aufmerksamkeit erfahren – teilweise mit einem relativ hohen Deckungsgrad, was die hier angestellten Überlegungen betrifft, teils mit nur punktuellen, aber gleichwohl für die hier erörterten The­ men wichtigen Bezügen. Unterscheiden kann man dabei zwischen übergreifenden Forschungsfeldern und solchen, in denen einzelne Rechtsgebiete oder Rechtsinstitute im Mittelpunkt stehen.

5.1 Übergreifende Forschungsfelder Regulierte Selbstregulierung: Wesentliche Anregungen und Infor­ mationen bezieht dieses Buch aus dem Forschungsprojekt „Regu­ lierte Selbstregulierung in rechtshistorischer Perspektive“, welches seit 2008 am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main, betrieben wird. „Regulierte Selbstregulierung“ ist zunächst ein Schlüsselbegriff der gegenwärtigen Verwaltungs­ rechtsreformdebatte. Erfasst werden damit Regelungsstrukturen, innerhalb derer nichtstaatliche organisierte Akteure ihre Interes­ sen verbindlich koordinieren, wobei diese Selbstkoordination in einen staatlichen Steuerungsrahmen eingebettet ist, der die Orien­ tierung an staatlichen Ordnungs- und Gestaltungszielen sicherstellt (Trute 1996; Schmidt-Preuß/Di Fabio 1997; Regulierte Selbstregulie­ rung 2001). Allerdings wurde dieser Begriff schon außerhalb dieses öffentlich-rechtlichen Zusammenhangs für rechtshistorische Unter­ suchungsinteressen fruchtbar gemacht, so in systemtheoretischer Konturierung (Teubner 1984, insb. 122) zur Geschichte des Tarif­ rechts (Bender 2005; 2006). Auch aus diesen Impulsen speist sich das schon erwähnte Forschungsprojekt, aus dem zahlreiche Publi­ kationen hervorgegangen sind, welche das Konzept der „regulier­ ten Selbstregulierung“ auf zahlreiche Rechtsgebiete erstreckt haben (insb. Collin u. a. Hg. 2011; 2012; 2014). Private Selbstregulierung: Gewisse Berührungspunkte mit dem eben skizzierten Forschungsfeld weist jenes auf, welches sich un­ ter der Bezeichnung „private Selbstregulierung“ zusammenfassen

Regulierte Selbstregu­ lierung

Private Selbstregulierung

134 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Einzelne For­ schungsschwer­ punkte der Untersuchung von Selbstregu­ lierung

„False friends“

lässt. Allerdings muss differenziert werden: Private Selbstregulie­ rung kann gegenstandsbezogen oder perspektivenbezogen definiert werden. Im ersten Fall wird durch den Begriff „das Aufstellen, An­ wenden und Durchsetzen von Verhaltensmaßstäben durch Private in eigenen Angelegenheiten“ erfasst (Buck-Heeb/Dieckmann Hg. 2010, 32). Demzufolge kann auch regulierte Selbstregulierung (s. o.) hierunter fallen (Buck-Heeb/Dieckmann Hg. 2010, 15; i. E. ebenso Köndgen 2006). Den daraus resultierenden Abgrenzungsschwierig­ keiten (regulierte Selbstregulierung als Spezialfall privater Selbstre­ gulierung?) lässt sich dadurch entgehen, dass man eine bestimmte subdisziplinäre Perspektive als Abgrenzungskriterium wählt: Wird der Analyse regulierter Selbstregulierung überwiegend durch öffent­ lich-rechtliche Fragestellungen eine bestimmte Richtung gewiesen, so bezeichnet „private Selbstregulierung“ die privatrechtliche Per­ spektive (Bachmann 2006, 41 ff.). In dieser privatrechtlichen Perspektive lassen sich dann auch eigenständige Forschungsfelder „privater Selbstregulierung“ ausma­ chen. Dabei werden bestimmte privatrechtliche Gestaltungsformen erfasst und auf deren Selbstregulierungspotential befragt. Beispiele sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (Pohlhausen 1978; Lammel 1993) und Vereins- und Gesellschaftssatzungen (Bär 1996; Schubel 2003; Söhnchen 2005; Dörr 2013). Oder es können privatrechtliche Legitimationsfiguren für private Selbstregulierung untersucht wer­ den, wie z. B. die Autonomie (Meder 2009, 47 ff.; Hofer 2011), wobei allerdings deren partielle Transformation in öffentlich-rechtliche Legitimationsfiguren in Rechnung zu stellen ist (Kremer 2012; Collin 2014). Dies sind Ansätze, die Komplexe nichtstaatlicher Selbstnor­ mierung in den Blick nehmen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass man in der rechtshistorischen Forschung auf titelgebende Formulierungen stößt, die dem ersten Anschein nach für gleichartige Fragestellun­ gen stehen, z. B. Privatrecht „beyond the state“. Dies ist allerdings nicht der Fall. Denn in diesbezüglichen Arbeiten steht die Tradition des römischen Rechts als eines „staatsfreien“ Rechts im Vordergrund (Jansen/Michaels 2008). Die Grenze wird dabei aber nicht zwischen staatlichen und privaten Akteuren gezogen, sondern zwischen dem staatlichen Gesetzgeber bzw. der Politik, die als heteronome Kräfte erscheinen, und Wissenschaft, Gewohnheit und Justiz, die das Recht autonom kreieren bzw. fortbilden. Für das Deutschland des 19. Jahrhunderts erscheint dann die Reichseinigung als Zäsur, da

5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung |

ab dann eine staatliche Privatrechtssetzung und das Einfließen „rechtsfremder“ (wohlfahrtsstaatlicher) Regelungszwecke weithin akzeptiert wurde (Haferkamp 2008, 258 ff.). Regulierung : Unter dieser Bezeichnung firmierte ein vor al­ lem rechts- und wirtschaftshistorischer Forschungsverbund mit dem Hauptstandort Bonn (www.regulierungsgeschichte.de), für den ebenfalls moderne Forschungsdebatten, nämlich die zur rechtsförmigen Gestaltung privatisierter Netzwerkinfrastruktu­ ren (Fehling/Ruffert Hg. 2010), einen Anstoß gegeben haben. Den gegenständlichen Schwerpunkt bildet das Recht der Eisenbahn, der Elektrizitätsversorgung und der Telekommunikation, wie es sich seit dem 19. Jahrhundert herausgebildet hat. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie Wirtschaftsbereiche, die für Monopolbildungen anfällig sind (oder gar als natürliches Monopol angesehen werden müssen), in eine Wettbewerbsordnung integriert wurden bzw. in­ wiefern solche Versuche scheiterten. Wenngleich „Regulierung“ ein Regelungsmodus ist, der sowohl staatliche als auch private Gestal­ tungsanteile enthält (Züll 2014, 1) – sich somit also als Manifestation privat-staatlicher Regelungsstrukturen ansehen lässt –, liegt doch der Untersuchungsschwerpunkt auf der Herausarbeitung der staatli­ chen Gestaltungsbestrebungen. Die zahlreichen Veröffentlichungen, die aus diesem Projekt hervorgegangen sind, machen aber auch den Stellenwert nichtstaatlicher Beteiligung deutlich (v. a. Schmoeckel 2009; Michalczyk 2010; Kurth/Schmoeckel Hg. 2012; Schorkopf u. a. Hg. 2013; Schulz/Schmoeckel/Hausman Hg. 2014). Partizipation: Gleichfalls ein modernes Schlagwort ist das der „Partizipation“, verkürzt verstanden als Beteiligung der Bürger an der staatlichen Entscheidungsfindung. In deren Umkreis gehört auch die „Staat-Bürger-Kommunikation“. Nun sind diese Begriffe in star­ kem Maß zeitgeistig aufgeladen. Ihr unbestreitbar positiver Gehalt verführt dazu, retrospektive konturierte Vergangenheitsdarstellun­ gen zu entwerfen und die seinerzeitigen Kontexte auszublenden. Rechts- und verwaltungshistorische Arbeiten, die sich von derar­ tigen Begrifflichkeiten leiten lassen, sind dieser Gefahr in unter­ schiedlichem Maße entronnen. Als verwaltungsrechtshistorische Arbeit ist zunächst die Monographie von Cancik (2007, insb. 209 ff.) zu nennen, in der das Recht komplexer Verwaltungsverfahren unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung nichtstaatlicher Akteure unter­ sucht wird. Während die dort gewonnenen Erkenntnisse in ihrem zeitgenössischen Kontext dargestellt werden, versucht die Arbeit

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Regulierung

Partizipation

136 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

von Fisahn (2002), derartige Beteiligungsformen als Ausdruck der Kompensation fehlender Demokratie auszuweisen. Sie weist daher eine gewisse Tendenz auf, sich bei der Deutung seinerzeitiger Rege­ lungsmuster von eher modernen demokratietheoretischen Perfek­ tionsvorstellungen leiten zu lassen. Eine unterschwellig normative Perspektive tritt auch bei der Untersuchung von Will (2010) her­ vor, die Organisationsformen „wirtschaftlicher Selbstverwaltung“ analysiert. Leitendes Bewertungskriterium ist hierbei, inwieweit die­ se den Beteiligten Partizipationsmöglichkeiten eingeräumt haben. Auch hier ist eine Tendenz zur Verwendung moderner Bewertungs­ maßstäbe nicht zu übersehen. Gleichwohl handelt es sich um eine verdienstvolle umfassende Aufarbeitung der seinerzeitigen wissen­ schaftlichen Diskussion und Gesetzgebung, die an die Stelle früherer (und knapperer) Darstellungen zur Geschichte der „funktionellen Selbstverwaltung“ (Kluth 1997) tritt. Schließlich haben sich in neuerer Zeit auch verwaltungshisto­ rische Arbeiten von dem Untersuchungsfokus „Partizipation“ lei­ ten lassen. Zu nennen ist vor allem die Arbeit von Krosigk (2010), die die Einbeziehung von Bürgern in die staatliche Verwaltungstä­ tigkeit in Baden im 19. Jahrhundert behandelt. Mit derartigen For­ schungsansätzen wird immer mehr ein eigenständiger (südwest­ deutscher) Strang der Verwaltungsgeschichte freigelegt (siehe schon Nolte 1994) und das bisher dominierende Bild, wie es von einer eta­ tistisch-borussischen Verwaltungsgeschichtsschreibung gezeichnet wurde, ergänzt bzw. korrigiert; auch für die Geschichte der Verwal­ tungsgerichtsbarkeit ist dies schon geschehen (Sydow 2000).

5.2 Einzelne Rechtsgebiete Wirtschafts­ recht

Wirtschaftsrecht: Die Geschichte des Wirtschaftsrechts hat in jün­ gerer Zeit wieder verstärkt Aufmerksamkeit gefunden (Schmoe­ ckel 2008). Besonders die Wirtschaftsrechtsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere das Recht der Industriellen Revo­ lution, ist – nach ersten schon weiter zurückliegenden Ansätzen (v. a. Coing 1975; 1991; Nörr 1988; 1994) – in den letzten zehn Jahren zu einem Zentralthema der Forschung avanciert. Dies verdeutlicht schon die eindrucksvolle Zahl von Publikationen, die einen umfas­ senden Zugriff aufweisen (Vec 2006; Schmoeckel 2008; Gschwend/ de Mortanges Hg. 2009; Maetschke/v. Mayenburg/Schmoeckel Hg.

5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung |

2013; Schorkopf u. a. Hg. 2013; Collin 2014; Gehlen/Schorkopf Hg. 2013; Schulz/Schmoeckel/Hausman Hg. 2014). Das Wirtschafts­ recht ist auch ein weitläufiges Realisierungsfeld privat-staatlicher Interaktion. Gerade die Fähigkeit der ökonomischen Akteure, auch die normative Gestaltung wirtschaftlicher Vorgänge in die eigene Hand zu nehmen, hat immer wieder dazu geführt, dass der Staat entweder die Zusammenarbeit gesucht hat oder angesichts der fort­ geschrittenen Organisationsmacht bzw. des überlegenen Wissens der Wirtschaft dieser Regelungskompetenzen überließ und sich auf einige Ingerenzbefugnisse beschränkte. Eine besondere Beachtung haben zunächst zwei wirtschaftshis­ torische Zäsurenzeiten gefunden: der Erste Weltkriegs und die An­ fangszeit von Weimar. Von besonderen Interesse sind sie im Zusam­ menhang mit der hier verfolgten Fragestellung deshalb, weil in jenen Zeiten in radikaler Weise neue Regelungsstrukturen privat-staatli­ cher Interaktion geschaffen wurden, die die gesamte Wirtschaft oder zumindest Schlüsselsektoren erfassten. Der erste Weltkrieg brachte organisatorische Amalgamierungen von Privatwirtschaft und staatli­ cher Kriegswirtschaftsverwaltung hervor, die die Grenzen von Privat­ wirtschaft und öffentlichem Recht verblassen ließen (Stolleis 1989) und deren Tätigkeit sich auf Normsetzung, administrative Norm­ umsetzung und justizielle Konfliktlösung erstreckte (s. S. 67 ff.); vor allem Roth (1997) und Rohlack (2001) haben dies ausführlich darge­ stellt. Die wirtschaftsdemokratischen Bestrebungen nach dem Sturz der Monarchie fanden ihren Ausdruck vor allem in den Art. 156 und 165 WRV, die die Schaffung neuer Organisationsformen staatlichwirtschaftlicher Koregulierung mit Arbeiterbeteiligung vorschrieben, somit tripartistische Strukturen (Unternehmerschaft, Arbeiterschaft, Staat) hervorbrachten, auch wenn die Umsetzung letztlich nicht in jeder Hinsicht den ursprünglichen Intentionen entsprach (s. S. 88). Allerdings haben dahingehende monographische Untersuchungen eher die konzeptionellen Grundlagen (Louis 1969; Völtzer 1992) in den Blick genommen als die Funktionsweise der betreffenden Ein­ richtungen selbst (zur Funktionsweise des vorläufigen Reichswirt­ schaftsrechts jetzt aber Lilla 2012, insb. 29 ff.). Ein Rechtsgebiet mit besonderen Bezügen zur hier verfolgten Fragestellung stellt das Aktienrecht dar. Aktiengesellschaften waren bis zur Liberalisierung des Aktienrechts im Aktiengesetz von 1870 als besondere Organisationsformen staatlich-privater Gemeinwohlge­ währleistung konzipiert (s. S. 20 f.). In der aktienrechtshistorischen

Wirtschafts­ historische Zäsuren

Aktienrecht

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138 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Eisenbahnrecht

Kartellrecht

Literatur finden sich demzufolge auch etliche Untersuchungen, die das Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Selbstbestim­ mung und staatlicher Aufsicht in den Blick nehmen (Schubel 2003; Söhnchen 2005; Kießling 2007b; Pahlow 2007; Schubel 2011; Dörr 2013). Als besonders ertragreich erweisen sich dabei Analysen der Statuten von Aktiengesellschaften, da hier sichtbar wird, welchen staatlichen Ingerenzen die Gesellschaften unterworfen waren und wie der staatliche Anspruch, dass Aktiengesellschaften einen öf­ fentlichen Zweck zu dienen hatten, statutenmäßig umgesetzt wurde (Dörr 2013). In gewisser Weise um ein Untergebiet des Aktienrechts han­ delt es sich beim Eisenbahnrecht, da Eisenbahngesellschaften als Aktiengesellschaften verfasst waren und das wegweisende preußi­ sche Eisenbahngesetz von 1838 am Beginn der modernen deutschen Aktiengesetzgebung stand. Von einem vitalen Interesse ist dieses Rechtsgebiet deshalb, weil das Eisenbahnwesen in besonderer Wei­ se in staatliche Gestaltungsansprüche eingebunden war und auch die Aktienrechtsnovelle von 1870 zunächst nichts an dessen her­ ausgehobener öffentlicher Bindung geändert hatte. Den Gesamtkon­ text verdeutlicht hier die Arbeit von Ziegler (1996). Die gesetzlichen Grundlagen sind mittlerweile umfassend aufgearbeitet (Schubert 1999; Kießling 2007a), das eisenbahnrechtliche Steuerungsregime ist inzwischen auch in rechtsgeschichtlich-vergleichender Perspektive analysiert (Michalczyk 2010) und es sind die Selbstnormierungsak­ tivitäten der Gesellschaften (Pohlhausen 1978; Heyn 1996) sowie die Verflechtung mit privat-staatlichen Beiratsgremien (Seffzig 2003) untersucht worden. Sieht man von der Anfangszeit ab (Bracht 1998), fehlt es allerdings an rechtshistorischen Forschungen, die die Rechts­ praxis in der Zeit bis zur Verstaatlichung des Eisenbahnwesens näher beleuchten. Ebenfalls umfassend aufgearbeitet ist die Geschichte des Kartell­ rechts (Pohl Hg. 1985; Schröder 1988; Nörr 1994; Richter 2007). Aller­ dings betrifft dies zunächst nur das Kartellwesen als privatrechtlich verfasste Veranstaltung. Denn die Zulässigkeit von Kartellen wurde zwar unter dem Gesichtspunkt ihrer Gemeinwohlverträglichkeit dis­ kutiert – und in der Anfangszeit unter Hinweis auf deren öffentlichen Nutzen bejaht –, aber das änderte nichts daran, dass sie sich als orga­ nisatorisch gegenüber dem Staat abgeschlossene Gebilde darstellten. Erst mit der zum Ende des Jahrhunderts einsetzenden Diskussion um Zwangskartelle stellte sich die Frage nach den Möglichkeiten und

5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung |

Realisierungsvarianten staatlicher Einwirkungsmacht und letztlich nach der Konstruktion von Kartellen als halbamtlichen Einrichtun­ gen. Monographisch wurden diese Fragestellungen aber erst am Beispiel des (nur halb gelungenen) Versuchs der Zwangskartellie­ rung der Kaliwirtschaft (s. S. 56) verfolgt (Maetschke 2008). Darüber hinaus, also in Bezug auf die – allerdings auch sehr divers organi­ sierten – Zwangskartelle der Kriegszeit (s. S. 68) und der Weimarer Republik (s. S. 84 f.) findet man in der kartellrechtshistorischen Lite­ ratur (z. B. Nörr 1994) kaum Informationen (siehe allerdings Wessel 1985). Schließlich ist das Technikrecht zum speziellen Wirtschaftsrecht zu zählen, da die Normierung technischer Standards fast ausschließ­ lich ökonomische Prozesse betraf. Auf die historischen Dimensionen des Technikrechts hat zunächst vor allem die Arbeit von Marbur­ ger (1979, 179 ff.) aufmerksam gemacht, inzwischen liegt eine neue umfassende Darstellung vor (Vec 2011). Neuere Untersuchungen haben auch verstärkt ins Bewusstsein gerückt, dass technikrecht­ liche Normsetzung sich nicht in staatlich-gesetzlicher Normierung erschöpfte, vielmehr hat man es auch mit privatverbandlichen und privat-staatlich kooperativen Formen zu tun (Vec 2006). In Untersu­ chungen zu einzelnen Bereichen der Normsetzung wurde dies ver­ tieft untersucht, so von Collin (2004/2005) zum Arzneimittelrecht, von Hierholzer (2010, 209 ff.; 2012) zum Lebensmittelrecht, von vom Feld (2007) zum Recht der Dampfkesselsicherheit sowie von Wölker (1992) zu zentralen Institutionen der technischen Normsetzung. Sozialrecht: Sozialrecht ist nicht nur das Recht des leistungs­ verteilenden Staates. Einen Gutteil jener Aufgaben, die sich unter dem Sammelbegriff „soziale Sicherung“ zusammenfassen lassen, haben seit jeher nichtstaatliche Akteure übernommen: die Kirchen, berufsständische Vereinigungen, Selbsthilfeeinrichtungen einzelner sozialer Gruppen oder private Wohlfahrtsvereine. In historischer Perspektive lag der Schwerpunkt des Sozialrechts nicht auf der Fest­ setzung von Leistungstatbeständen, sondern auf der Organisation der Einbeziehung solcher Akteure in umfassende Sicherungssyste­ me. War das Sozialrecht früher ein Stiefkind der Rechtsgeschichte, liegt mittlerweile eine moderne Überblicksdarstellung vor (Stolleis 2003); auch die Entstehung der Sozialrechtswissenschaft ist mitt­ lerweile in einer Monographie untersucht worden (Mikešić 2002). Hervorzuheben ist, dass die Entwicklung des Sozialrechts in seinem sozialhistorischen Kontext für die Zeit von den 1860er Jahren bis

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Technikrecht

Sozialrecht

140 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Rentenversicherung

Unfallversicherung

Krankenversicherung

zum Ende des Kaiserreichs in einer umfassenden Quellenedition aufgearbeitet ist (s. hierzu S. 121). Allerdings müssen die Strukturen privat-staatlicher Koordina­ tion in erster Linie über Untersuchungen der einzelnen Sektoren des Systems der sozialen Sicherung erschlossen werden, denn diese unterschieden sich in ihrer organisatorischen Verfasstheit erheblich: Rentenversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung, pri­ vate Wohlfahrt. Weniger interessant für das hier bearbeitete Thema ist die Rentenversicherung, da sie im Zuge der Bismarkschen So­ zialgesetzgebung als staatliche Anstalt organisiert wurde – wenn auch mit Elementen gesellschaftlicher Mitbestimmung. Davor al­ lerdings lag ein Gutteil der Vorsorge für Alter und Invalidität in der Verantwortung nichtstaatlicher Akteure. Diese Vorgeschichte der modernen Rentenversicherung ist jedenfalls in Überblicksdarstel­ lungen mittlerweile recht gut erschlossen (Rückert 1990; Tennstedt 2000), Kenntnisse über „private Alternativen“ vermittelt die Unter­ suchung von Hartig (2002), über den Gesamtkontext informiert die Arbeit von Conrad (1994). Für die Unfallversicherung können solche Vorläufergeschichten weniger erzählt werden, da sie als verbandliches, durch staatliche Re­ glementierung eingehegtes Konstrukt erst durch die Sozialversiche­ rungsgesetzgebung hervorgebracht wurde – in Form von Korporatio­ nen der Unternehmer mit (allerdings nicht paritätischer) Arbeiterbe­ teiligung. Die Entstehungsgeschichte lässt sich vor allem über die Ar­ beiten von Tennstedt/Winter (1993; 1995) gut nachverfolgen, einen – etwas älteren – Gesamtüberblick liefert Wickenhagen (1980), auf der Grundlage neuerer archivalischer Erhebungen werden die Funkti­ onsstrukturen von Ayass (2012) verdeutlicht. Allerdings zeigt sich in diesem Bereich recht deutlich, dass die wesentlichen Forschungs­ leistungen von Sozialhistorikern erbracht worden sind. Auch wenn dort gesetzliche und untergesetzliche Regelungsmuster umfassend behandelt sind, so steht doch eine rechtshistorische Aufarbeitung noch aus. Eng verzahnt mit der Geschichte der Unfallversicherung ist die der Krankenversicherung, da im Rahmen der Sozialversicherungs­ gesetzgebung beide (zeitweise) in einem arbeitsteiligen Zusammen­ hang konzipiert worden waren. Insofern lässt sich die Vorsorge gegen Unfallschäden auch bei den Krankenkassen nachverfolgen, die bis zur Sozialversicherungsgesetzgebung oft multifunktionaler Natur waren. Einen Überblick über „Krankheit als politisches Problem“ lie­

5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung

fert die Darstellung von Frevert (1984). Weitere Studien liegen vor, die die mannigfaltige Ausprägung und organisatorische Verankerung des Kassenwesens anschaulich machen, so zu den betrieblichen Kas­ sen (Puppke 1966, 82 ff.; Schulz 1991), zu den Gewerkschaftskassen (Stollberg 1983) und zu den stärker in staatliche Aufsichtszüge einge­ bundenen (halbamtlichen) Kassen (Reininghaus 1983). Diese Vielfalt und die damit zusammenhängende unterschiedliche Verflochten­ heit mit dem Staat zeigt zusammenfassend Tennstedt (2011). Für die Zeit nach Erlass des Krankenversicherungsgesetzes 1883, in der diese Diversität teilweise noch fortbestand, sei verwiesen auf die schon erwähnte Quellenedition (s. S. 121) sowie Tennstedt (1977, 23 ff.). Wie für die Unfallversicherung gilt auch hier der Befund einer Domi­ nanz der – oft rechtshistorisch gut informierten – Sozialgeschichte. Die Rechtsgeschichte hat hier noch erheblichen Forschungsbedarf (siehe allerdings auch schon Stolleis 2003, insb. 76 ff.; Collin 2011c; 2011d; 2014b; 2016b; Käsbauer 2014). Ein heterogenes Feld stellt die private Fürsorge dar – hetero­ gen daher, weil die Aktivitäten der privaten Träger teils auch die Bewältigung von Problemlagen betrafen, die in den oben genannten Sektoren zu verarbeiten waren, teils weil es sich um Zusatzleistun­ gen zur klassischen und oft unzureichenden Armenhilfe oder um deren Übernahme handelte. Für einen umfassenden Überblick, der seine Lebendigkeit durch zahlreiche Detailschilderungen gewinnt, kann nach wie vor auf die Darstellung von Sachße und Tennstedt (1988; 1998) verwiesen werden. Da die freie Wohlfahrtspflege lo­ kal unterschiedlich vertreten war und sich jeweils unterschiedliche Arrangements von Staat, Kommunen und freien Vereinen herausbil­ deten, vermitteln gerade in diesem Bereich Lokalstudien unerläss­ liche Erkenntnisse (z. B. Küster 1995; Rudloff 1998). Übergreifende Aussagen lassen eher sich dann treffen, wenn man sich mit Fürsorge­ komplexen befasst, die weitgehend einheitlichen Leitlinien folgten, wie z. B. bei konfessionellen (Kaiser/Greschat Hg. 1996; Kaiser 2008) oder anderen überregionalen Trägern (Orthband 1980). Auch hier gelten schließlich die obigen Bemerkungen zur nur mangelhaften Sichtbarkeit der Rechtsgeschichte. Infrastrukturrecht: Infrastrukturrecht ist eher ein Sammelbegriff als eine etablierte Bezeichnung für ein Rechtsgebiet. Auch in der neueren Rechtswissenschaft wird der Terminus nur gelegentlich ver­ wendet. In einem rechtlichen und rechtshistorischen Verwendungs­ verständnis lässt sich damit zusammenfassend das Recht leitungs-

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Private Wohlfahrt

Infrastruktur­ recht

142 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Lokale Infra­ strukturen

Energieinfrastrukturen

oder schienen- bzw. straßengebundener Versorgungskomplexe er­ fassen. Dazu zählen vor allem: Wasserversorgung und Abwasser­ entsorgung, Versorgung mit Gas und Elektroenergie und der lokale Nahverkehr (das überlokale Eisenbahnwesen ist schon oben behan­ delt worden – für den regionalen Nahverkehr sei verwiesen auf Collin [2015]); auf das Recht der Telekommunikationsinfrastrukturen ist schon im Zusammenhang mit der Behandlung des Themenbereichs „Regulierung“ eingegangen worden. Bei Einrichtung und Betrieb solcher Infrastrukturen trafen auf komplexe Weise staatliche Ord­ nungsvorstellungen und fiskalische Erwägungen sowie kommuna­ le Belange und privatunternehmerische Interessen zusammen. In übergreifender Perspektive wurde dies rechtshistorisch bislang nur skizziert (Hermes 1998, 256 ff.). Eher lassen sich spezielle Fokussie­ rungen ausmachen. Zunächst hat man es mit einer vornehmlich lokalen Perspektive zu tun, dies allerdings in verschiedenen Ausrichtungen. Zu nennen sind einmal Arbeiten, die sich übergreifend mit der Entwicklung der kommunalen Handlungsspielräume befassen. Abgesehen von allgemeinen Untersuchungen zum Recht der kommunalen Selbst­ verwaltung (Hendler 1984) handelt es sich vor allem um Arbeiten zur Entwicklung des kommunalen Planungsrechts (Albers 1967; Breuer 2000; Heydenreuter 2009), aber auch Untersuchungen zur Rechtsge­ schichte der kommunalen Kooperation zählen dazu (Schmidt 2005c, 32 ff.). In übergreifender Weise mit den rechtlichen Aspekten der Her­ ausbildung städtischer Infrastrukturen hat sich Jellinghaus (2006) befasst. Für die Geschichtswissenschaft ist insbesondere auf Publi­ kationen zur Entwicklung der Rahmenbedingungen kommunaler Wirtschaft (Krabbe 1985; Wysocki Hg. 1995) und zu einzelnen Infra­ struktursektoren (Brunckhorst 1978; Wessel 1995) hinzuweisen. Da­ neben treten Lokalstudien, die die Mannigfaltigkeit und Komplexität der Akteursstrukturen vor Augen führen. Dies sind aus dem Bereich der Rechtsgeschichte vor allem Eibich (2004) und Heider (2005), darüber hinaus sind insbesondere zu nennen Matzerath/Thienel (1977); Fisch (1988), Grzywatz (1997), Bendikat (1999) und Schott (1999) sowie die Beiträge bei Dienel/Schmucki (Hg. 1997) und Alt­ rock/Bertram/Fischer (2012). Als eigenständiges rechtshistorisches Aufmerksamkeitsfeld hat sich bisher nur das Recht der Energieinfrastrukturen etabliert, für das inzwischen schon gewichtige geschichtswissenschaftliche Grundlagenarbeiten vorliegen (Stier 1999; aber auch schon Blaich

5 Themenfelder gegenwärtiger Forschung

1981). Was die rechtshistorische Aufarbeitung betrifft, finden sich neben Überblicksdarstellungen (Löwer 1992; Kehrberg 1997; Her­ mes 1998, 283 ff.) auch vertiefende Darstellungen zu einzelnen Aspekten wie dem Konzessionsvertrag, der privaten Energieunter­ nehmen Überleitungsrechte über öffentliche Wege einräumte, diese aber auch zu bestimmten Versorgungsleistungen verpflichtete und (meist) den Kommunen Einwirkungsrechte zur Sicherstellung des öffentlichen Auftrags zugestand (Templin 2009). Arbeitsrecht: Arbeitsrecht regelt an sich nur die Rechtsbezie­ hungen zwischen privaten Akteuren, wobei von einem (weitgehend) einheitlichen Arbeitsrecht eigentlich erst seit Inkrafttreten des BGB die Rede sein kann; vorher hatte man es mit zahlreichen Sonder­ ordnungen für bestimmte Berufs- und Statusgruppen zu tun. In un­ gleich schwächerem Maße als das sonstige Privatrecht handelte es sich aber um ein Recht der freien Vertragsgestaltung. Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte sich zwar die Abschlussfreiheit durch, die Gestaltungsfreiheit unterlag aber starken Bindungen, welche aus kollektiven Ordnungen, aus der faktischen Überlegenheit der Arbeit­ geber oder aus staatlicher Regelung resultierten. Dies ist inzwischen umfassend aufgearbeitet (v. a. Keiser 2013; Rückert 2013, insb. Rn. 21 ff.). Darüber hinaus bildeten sich in der Welt der Arbeit aber noch Organisationsformen heraus, die sich insofern als privat-staatliche Handlungskomplexe einstufen lassen, als sie staatliche Akteure in­ tegrierten oder Raum für staatliche Einwirkungen boten. Als Überblick kann hierfür auf die – schon etwas ältere – Dar­ stellung von Teuteberg (1961) verwiesen werden. Allerdings haben sich in der Forschung schon bestimmte Schwerpunktsetzungen her­ ausgebildet. Mittlerweile recht umfassend untersucht ist die über die Zeiten zwischen staatlicher Verwaltung, staatlicher Gerichtsbar­ keit und Eigengerichtsbarkeit changierende Arbeitsgerichtsbarkeit: Zu nennen sind vor allem die Entwicklung der Gesetzgebung be­ handelnde Überblicksdarstellungen von Zimmermann (2005) und Sawall (2007), aber auch solche Ausarbeitungen, die aus dem Ancien Régime stammende „Vorläufer“ (Deter 1987), einzelne Einrichtun­ gen (Schloßstein 1982) oder bestimmte Entwicklungsetappen (Graf 1993) behandeln. Hervorzuheben ist die tief in die Praxis einstei­ gende und einen langen Zeitraum erfassende mehrbändige Arbeit von Brandt (1990; 2002; 2008). Ferner zählen Organisationsformen verbandlicher Aushandlung von Arbeitsbedingungen dazu. Denn das Tarifwesen war nie rein private Selbstregulierung; die Versu­

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Arbeitsrecht

Schwer­ punkte der Arbeitsrechtsgeschichte

144 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

che der Arbeiterschaft, ihre Belange in kollektiver Form zur Gel­ tung zu bringen, stießen entweder (in der Anfangszeit) auf starkes staatliches Misstrauen oder wurden (später) teilweise durch öffent­ lich-rechtliche Elemente armiert bzw. ersetzt. Die Geschichte des Tarifvertrages kann inzwischen mit einer Vielzahl von Forschungs­ arbeiten aufwarten (Ullmann 1977; Hainke 1987; Bender 1984, 1990, 2005; Schröder 1988; Dreschers 1994; Becker 1995, 289 ff.; Englberger 1995 und [auch für die deutschen Verhältnisse erhellend] in verglei­ chender Perspektive Rudischhauser 2014b); ein die Tarifautonomie letztlich einschränkendes staatliches Gestaltungsinstrument – die Zwangsschlichtung – wird umfassend behandelt bei Bähr (1989).

6 Forschungsperspektiven 6.1 Offene Forschungsfelder Forschungsperspektiven lassen sich in verschiedener Weise auslo­ ten. Zunächst kann man den Blick auf gravierende Forschungsdesi­ derate lenken und somit auf lohnende Untersuchungsfelder. Hierbei lässt sich unterscheiden zwischen grundlegenden Forschungsdefizi­ ten, einzelnen Sachbereichen und vernachlässigten Zeitabschnitten. In erster Hinsicht ist auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass man sich durch die Sekundärliteratur, relativ leicht zugängliche zeitgenössische Darstellungen und hoffentlich auch durch diese Abhandlung recht gut über die normativen Rahmenbedingungen privat-staatlicher Regelungsstrukturen informieren kann. Was aber auffällt, ist die fast vollständige Abwesenheit von Untersuchungen, die – in einer rechtshistorischen Perspektive – erstens untersuchen, wie solche Strukturen in der Praxis funktionieren, und zweitens die nichtstaatliche Normenproduktion aufarbeiten. Gerade in letz­ terer Hinsicht ist das Defizit augenfällig: Wir wissen zwar, nicht zuletzt durch das Zeugnis von Zeitgenossen, dass nichtstaatliche Normsetzung in erheblichem Umfang stattfand, aber deren Inhalt ist in weitem Maße unbekannt und gedruckte Sammlungen (z. B. Do­ ve/Apt Hg. 1900; Gutsche/Behrend Hg. 1905; Apt Hg. 1907, 1910, 1914) sind kaum ausgewertet. Damit fehlt auch das Wissen darüber, wie sie sich zur staatlichen Rechtssetzung verhielt, also diese ergänzte, vorbereitete oder gar überspielte. Was einzelne Sachbereiche betrifft, kann einerseits das vorher Gesagte auch auf diese übertragen werden. Aber es ist auch auf bestimmte Sektoren hinzuweisen, die rechtshistorisch noch so gut wie keine Aufmerksamkeit erfahren haben, wie die betriebsinterne „Compliance“ (s. aber schon Herrmann 1979, 658) oder die Sicher­ stellung von Standards der Berufsausübung. Dies gilt für die freien Berufe ebenso wie für Teile des Finanzsektors, für die eine eigene Gerichtsbarkeit, die Ehrengerichtsbarkeit der Börsen, geschaffen wurde. Ferner ist die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Organisationen von Glaubensgemeinschaften und dem Staat her­ vorzuheben (Raadschelders 2002). Für die rechtshistorische Erfas­ sung derartiger Relationen als privat-staatliche Regelungsstrukturen (Ruppert 2011) besteht noch weiterer Forschungsbedarf. Schließ­

Hauptdefizit: Praxis, nicht­ staatliches Recht

Einzelne ver­ nachlässigte Sachbereiche

146 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Vernachlässigte Zeitabschnitte

lich ist das weite Feld privat-staatlicher Kooperation in Bildung und Ausbildung, Kultur und Wissenschaft bisher kaum rechtshistorisch bearbeitet worden. Drittens ist auf vernachlässigte Zeitabschnitte zu verweisen. So ist die Entwicklung privat-staatlicher Regelungsstrukturen im Be­ reich der Sozialversicherung für die Zeit bis 1914 sehr gut erfasst, vor allem was die Quellenbasis betrifft (s. S. 121), für die Weimarer Zeit fehlt es aber an einer entsprechenden rechtshistorischen Durchdrin­ gung; hier ist man nach wie vor auf die älteren Überblicksdarstel­ lungen von Bogs (1981) und Tennstedt (1977) angewiesen, über die institutionellen Muster kommunaler Sozialverwaltung informiert immerhin Roth (1999). Gleiches gilt für die Eigenüberwachung und die technische Normsetzung der Wirtschaft. Deren Geburt und frühe Kindheit ist mittlerweile gut rechtshistorisch erschlossen (Vec 2006; Feld 2007), nicht aber die weitere Entwicklung.

6.2 Theoretisch-analytische Ansätze

Governance

Dies ließe sich fortsetzen, aber darauf soll nicht das Hauptaugen­ merk gelegt werden. Forschungsperspektiven sollen vielmehr vor allem dahingehend ausgelotet werden, inwiefern sich Anschluss­ möglichkeiten in Bezug auf neuere theoretisch-analytische Ansätze ergeben, die insbesondere in gegenwartsbezogener Perspektive ent­ wickelt wurden. Hierbei ist die Überlegung leitend, dass derartige Ansätze ein Arsenal innovativer Fragestellungen und Kategorisie­ rungen entwickelt haben, welches sich – mit entsprechender Sensi­ bilität für unterschiedliche historische Rahmenbedingungen – auch für rechtshistorische Untersuchungen privat-staatlicher Regelungs­ strukturen nutzbar machen lässt. Governance: Zu einem wirkungsmächtigen Schlüsselbegriff in Soziologie, Rechts- und Politikwissenschaft ist der der „Governan­ ce“ geworden. Dessen Brauchbarkeit für wissenschaftliche Zwecke wird allerdings dadurch vermindert, dass man es mit mannigfaltigen Begriffsverwendungen und einem weiten Anwendungsspektrum zu tun hat (wie es z. B. bei Schuppert Hg. 2005 deutlich wird). Hinzu kommt, dass der Terminus vor allem im englischsprachigen Schrift­ tum recht unspezifisch verwendet wird. Nach Benz/Dose (2010, 25) lässt sich aber folgender, von einem weiten Konsens getragener „Be­ griffskern“ ausmachen: Governance ist eine Form der Steuerung bzw.

6 Forschungsperspektiven |

Koordinierung, die auf „das Management von Interdependenzen zwischen Akteuren“ abzielt. Sie beruht sowohl auf institutionellen Regelsystemen als auch auf nicht von Institutionen determinierten Interaktionsmustern (z. B. Netzwerke und Tauschbeziehungen). Ty­ pisch ist, dass sie sowohl die Grenzen von Organisationen als auch die zwischen „Staat“ und „Gesellschaft“ überschreitet. So verstanden kann Governance als analytisches Konzept auch für die historische Untersuchung von privat-staatlichen Regelungs­ strukturen fruchtbar gemacht werden (Seckelmann 2014, 49 ff.); auf die Weite des Möglichkeitsspektrums und die Vielfalt der im Ein­ zelnen einsetzbaren analytischen Ansätze weist Schuppert (2015) hin. Geschehen ist dies allerdings erst in Ansätzen, vor allem in verwaltungshistorischen Arbeiten, wobei auch hier teilweise ein recht unspezifischer Gebrauch des Begriffs zu beobachten ist (Raad­ schelders 2005; Becker/von Krosigk (Hg. 2008). Teilweise werden aber auch Ansätze sichtbar, die einerseits das Analysepotential mo­ derner Governancekonzepte ernst nehmen, andererseits auf das historisch andersartige, also nicht von der gegenwartsbezogenen Governanceforschung zugrunde gelegte Beziehungsgefüge von pri­ vat und öffentlich sowie gesellschaftlich und privat aufmerksam machen (Altrock/Bertram/Fischer 2012, 11 f.). Konkret lassen sich folgende rechtshistorische Einsatzrichtun­ gen des Governance-Ansatzes vorstellen: Erstens können rechtlich bedeutsame Veränderungsprozesse in ihrer Komplexität besser er­ fasst werden, wenn man die Governance-Perspektive wählt, also vor allem die graduellen Veränderungen der Akteurszusammenhänge und institutionellen Arrangements in den Blick nimmt (Botzem u. a. 2009, insb. 14 f.). Zweitens lassen sich auf einer Mikroebene Gestal­ tungsstrukturen präziser herausarbeiten, wenn über die Erfassung von personellen und institutionellen Verschränkungen das Ineinan­ dergreifen von rechtlichen und nichtrechtlichen Problemlösungs­ mustern sichtbar gemacht werden kann (Altrock/Bertram/Fischer 2012, 10 ff.). Und drittens lassen sich neuartige rechtsnormative Strukturen besser in ihrem gesellschaftlichen Kontext und in ih­ rer Funktionalität – und damit auch in Bezug auf ihren innovativen Gehalt – veranschaulichen, wenn sie als Bestandteil von GovernanceStrukturen verstanden werden. Rechtspluralismus und normativer Pluralismus: Rechtspluralis­ mus ist zunächst ein „sensibilisierender Begriff [. . . ], der auf die Möglichkeiten rechtlicher Konstellationen aufmerksam machen will,

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Ansätze histo­ rischer Gover­ nanceforschung

(

Einsatzrichtun­ gen des Gover­ nance-Konzepts

Rechtspluralismus und normativer Pluralismus

148 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

in denen mehrere rechtliche Ordnungen oder institutionelle Rege­ lungskomplexe in demselben sozialen Raum existieren“ (BendaBeckmann 2009, 172). Eine Forschungsrichtung unter diesem Na­ men gibt es seit den 1970er Jahren; seit den 1990er Jahren hat sie sich zunehmend Gehör verschafft (dazu jetzt umfassend Seinecke 2015). Zunächst lag der Schwerpunkt auf der Untersuchung des Ne­ beneinanders indigenen und staatlichen Rechts in (post-)kolonialen Ländern und in anderen Staaten der Dritten Welt. Seit Mitte der 1970er Jahre erfasste man damit auch normative Konfigurationen in der westlichen Welt; in jüngerer Zeit hat sich der Schwerpunkt auf Phänomene des global legal pluralism (Berman 2007) verlagert (Woodmann 1999, 7 ff.; Röhl/Machura 2013, 1121 ff.). Die Forschun­ gen zum Rechtspluralismus haben uns dafür sensibilisiert, dass eine rechtliche Monokultur, in der lediglich dem Staat ein Rechtssetzungsoder zumindest Rechtsanerkennungsmonopol zusteht, keine Selbst­ verständlichkeit, ja nicht einmal der Normalfall ist: „Legal pluralism is the fact. Legal centralism is a myth, an ideal, a claim, an illusion“ (Griffith 1986, 4). Allerdings ist es auch innerhalb dieser Forschungs­ community hochumstritten, welche normativen Entitäten es sind, die sich im Verhältnis der „Pluralität“ befinden. Das, was allgemein das Problem einer mit dem Rechtsbegriff ringenden Rechtstheorie ist, wird hier in besonderer Weise zum Legitimationsproblem einer Wissenschaftsrichtung, die sich über ihren Gegenstand definieren muss. Einen noch immer plausiblen Ansatz hat Griffith (1986) mit seiner Unterscheidung von strong und weak legal pluralism geliefert. Vereinfacht gesagt, können an das Konzept des strong legal pluralism Rechtssoziologen anknüpfen, die lediglich auf das Vorhandensein von tatsächlich befolgten Regeln abstellen; das Konzept des weak legal pluralism tastet das Rechtsanerkennungsmonopol des Staates nicht an, zieht aber in Betracht, dass der Staat Rechtssetzung durch nichtstaatliche Gemeinschaften anerkennt oder die Rechtssetzung an diese delegiert. In gewisser Weise diesem Problem aus dem Wege gegangen ist die einflussreiche Untersuchung von Moore (1973), die den Begriff der „semi-autonomous social fields“ prägte und in der das Augenmerk auf Prozesse der (partiellen) Ignoranz oder Inkorpo­ ration staatlichen Rechts bei der Interessenaustarierung innerhalb von Wirtschaftsbranchen gelegt wurde. Dies ist kein statisches, son­ dern ein dynamisches Verständnis von Rechtspluralismus, in dem die Unterscheidung von Recht und „Nicht-Recht“ zurücktritt. Um die als dysfunktional empfundene Debatte um die Abgrenzung von

6 Forschungsperspektiven |

Recht und Nicht-Recht nicht zum Hemmnis werden zu lassen, wird schließlich immer mehr dazu übergegangen, statt von legal pluralism von normative pluralism (bzw. von verschiedenen systems of norma­ tive ordering), von „Multinormativität“ oder „Polynormativität“ zu sprechen (Tamanaha 2008, insb. 396 ff.; Vec 2009; Twining 2010; Duve 2012, 52). Für die Untersuchung privat-staatlicher Regelungsstrukturen scheint das Konzept des Legal Pluralism unmittelbar einschlägig zu sein, hat man es doch hier wie dort mit einer Vielzahl von Normge­ bern innerhalb eines sozialen Raums zu tun. Allerdings fällt auf, dass das 19. und frühe 20. Jahrhundert, also der hier interessierende Zeit­ raum, von der Literatur zum Legal Pluralism außer in wissenschafts­ geschichtlicher Hinsicht (Eugen Ehrlich als Ahnherr des Rechtsplu­ ralismus) nicht von Interesse sind. Nimmt man das Mittelalter und teilweise die Frühe Neuzeit noch als Blütezeit des Rechtspluralismus wahr, so wird das 19. Jahrhundert als die Zeit der staatlichen Mono­ polisierung des Rechts angesehen; Rechtspluralismus fand dann in den Kolonien, nicht mehr aber im mittleren und westlichen Europa statt (Tamanaha 2008, 377 ff.; Benton 2011). Lohnenswert scheint es dennoch, auch hier rechtspluralistische Zugänge nicht ganz zu vernachlässigen. Dies gilt in mehrfacher Hinsicht. Erstens kann man für den deutschen Rechtsraum im 19. und frühen 20. Jahrhundert unproblematisch das Konzept des weak oder auch state legal plura­ lism (s. o.) zugrunde legen. Damit richtet sich die Aufmerksamkeit auf die rechtshistorische Erschließung von Instrumenten der staat­ lichen Inkorporation nichtstaatlicher Rechtssetzung, wozu nicht nur gesetzliche Regelungen gehören, sondern auch untergesetzliche administrative Regularien oder informelle Formen. Zweitens lässt sich aber auch das Konzept eines strong legal pluralism bzw. norma­ tive pluralism fruchtbar machen, um die Interaktion von als „Recht“ anerkannten Regelungsformen und nichtrechtlichen, aber gleich­ wohl normativ wirkenden Vorgaben zu untersuchen. Drittens lassen sich viele Strukturen sektoraler Selbstorganisation als semi-auto­ nomous fields im Sinne Moores (s. o.) erfassen, vereinzelt hat man diesen Ansatz auch schon in der Rechtsgeschichte aufgenommen (Debaenst 2014, 191). Und schließlich lässt sich viertens an eine im Spektrum des Rechtspluralismus angesiedelte Untersuchungsrich­ tung anknüpfen, die man als judicial pluralism bezeichnen kann, verbreitet ist hier auch die Bezeichnung „non-state justice“. Hier­ mit werden justizmäßig arbeitende Institutionen erfasst, die nicht

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Rechtspluralis­ mus im 19./20. Jahrhundert

150 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Normative Ordnungen

Legitimationsprobleme pri­ vat-staatlicher Regelungsstrukturen

zur staatlichen Gerichtsorganisation gehören; ein Hauptaugenmerk liegt auf der Untersuchung der Beziehungen zur staatlichen Justiz und der Art und Weise des staatlichen Umgangs mit diesen Ein­ richtungen (Connolly 2005; Forsyth 2007; Kötter 2012). Ein solcher justizieller Pluralismus – wenn auch hier wieder in erster Linie als weak pluralism – entfaltete sich gerade ab Ende des 19. Jahrhun­ derts, als eine Vielzahl nicht- und halbstaatlicher Sondergerichte und Schiedsinstitutionen entstand (s. dazu S. 56 f.). Normative Ordnungen: Der Begriff der „normativen Ordnung“ kann in ganz unspezifischer Weise für einen irgendwie geordneten Bestand von Regeln verwendet werden. Ein besonderes Profil hat er allerdings durch das Frankfurter Exzellenzcluster „Die Herausbil­ dung normativer Ordnungen“ erhalten. In den Programmschriften dieses Exzellenzclusters wird eine normative Ordnung als „Rechtfer­ tigungsordnung“ verstanden. Es handelt sich um einen „Komplex von Normen und Werten, mit denen die Grundstruktur einer Ge­ sellschaft (bzw. die Struktur inter- bzw. supra- oder transnationaler Verhältnisse) legitimiert wird“ (Forst/Günther 2011, 15). Eine derar­ tige Ordnung reproduziert sich nicht zuletzt über den Einsatz von „Rechtfertigungsnarrativen“ – die allerdings nicht nur eine affir­ mative, sondern auch eine kritische Funktion haben können (Forst 2013). Privat-staatliche Regelungsstrukturen wiesen insofern einen hohen Legitimationsbedarf auf, als sie sich nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres, in herkömmliche Legitimationsmuster etatistischen Zuschnitts einordnen ließen. Es war jedenfalls nicht immer ohne Schwierigkeiten möglich, sie auf den Willen des Monarchen oder auf den (durch das Parlament repräsentierten) Volkswillen zurückzu­ führen. Zum Problem konnte das dann werden, wenn nichtstaatliche Akteure in irgendeiner Art „hoheitliche“ Befugnisse ausübten oder wenn dies zwar nicht der Fall war, aber de facto derart private Macht ausgeübt wurde, dass man die Überspielung von eigentlich dem Staat zustehenden Kompetenzen befürchtete. Die Grenze zwischen jener Sphäre, die dem Zugriffsrecht staatlicher Souveränität unterlag, und dem Reich der Privatautonomie war zuweilen unklar. Rechtskon­ struktiv ließen sich zwar zahlreiche Konstellationen über gesetzliche Ermächtigungen, z. B. zur Satzungsgebung, oder privatrechtliche Konstrukte (z. B. zur Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) wieder in herkömmliche Legitimationsmuster oder Autonomiekon­ zepte zurückführen, aber auch dies konnte rechtspolitischer Kritik

6 Forschungsperspektiven |

ausgesetzt sein und somit auf dieser Ebene zum Legitimationspro­ blem werden. Ebenso waren Überlegungen de lege ferenda, wenn sie auf neue Formen nichtstaatlicher Partizipation abzielten, recht­ fertigungsbedürftig. Die Idee, normative Ordnungen als Rechtfertigungsordnungen zu begreifen, weist den Weg dahin, privat-staatliche Regelungsstruk­ turen in ihrer legitimatorischen Dimension zu erfassen. Dies kann in verschiedener Weise geschehen. Sich an der oben zitierten Definition von Forst/Günther orientierend, können „Grundstrukturen“, also ge­ sellschaftliche Teilbereiche übergreifende Regelungsmuster, auf ihre legitimatorische Unterfütterung hin untersucht werden. Begriffe wie „Selbstverwaltung“, „Genossenschaft“ oder „Autonomie“, die ei­ nen weitreichenden Geltungsanspruch aufweisen, lassen sich dann nicht nur als Regelungsmuster, sondern auch als Rechtfertigungsto­ poi mit allgemein anerkannten positiven Konnotationen analysieren. Jedoch lässt sich auch – damit über die in dieser Definition angelegte Gegenstandsfestlegung hinausweisend – auf einer Meso- oder gar Mikroebene untersuchen, wie sich in einzelnen Funktionsbereichen oder in konkreten Handlungsbezügen in der Praxis – oder aus der Praxis heraus – legitimatorische Argumentationszusammenhänge mit einem Bezug zu privat-staatlichen Regelungsmustern entwickel­ ten (dazu entsprechende Überlegungen bei Lutterbeck 2011, insb. 6 ff.). Konversationskreise und Treffräume: Privat-staatliche Regelungs­ strukturen bringen Akteure aus verschiedenen Sphären zusammen und beziehen unterschiedliche Rationalitäten aufeinander. Auf der Erkenntnis aufbauend, dass wir in einer Gesellschaft leben, die in folgenreicher Weise funktional ausdifferenziert ist, hat die Luh­ mannsche Systemtheorie für die Zeit der Moderne – und das bezieht auch das 19. Jahrhundert ein – ein Gesellschaftsmodell entworfen, dass sich verkürzt gesagt aus Teilsystemen – Recht, Politik, Wirt­ schaft, Wissenschaft usw. – zusammensetzt (v. a. Luhmann 1984). Diese Teilsysteme reproduzieren sich als Kommunikationssystem über je eigene Kommunikationscodes und sind insofern operativ geschlossen, d. h. fremdsystemische Kommunikationen können erst einmal nicht in die systemeigene Kommunikation integriert werden. Dies führt beispielsweise dazu, dass das Funktionssystem Wirtschaft nicht direkt über das Funktionssystem Recht steuerbar ist. – Man muss diesen theoretischen Prämissen nicht folgen. Jedoch kann der Befund nicht von der Hand gewiesen werden, dass beispielsweise

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Legitimationstopoi privatstaatlicher Regelungsstrukturen

Kopplungs­ medien unter­ schiedlicher Rationalitäten

152 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Treffräume und Konversations­ kreise

rechtliche, wirtschaftliche und politische Kommunikationen jeweils auf verschiedenen Vorannahmen aufbauen und unterschiedlichen Rationalitäten folgen. Insofern können von systemtheoretischen Ver­ suchen, teilsystemverbindende Funktionsmuster herauszuarbeiten, durchaus auch Impulse für jene rechtshistorischen Forschungsan­ strengungen ausgehen, die der Luhmannschen Theorie eher skep­ tisch gegenüberstehen. Eine diesbezügliche Begriffsprägung ist von Luhmann selbst eher beiläufig vorgenommen worden. Bestimmte Organisationsfor­ men sind für ihn „Treffräume“. Dass sind solche Formen, in denen Kommunikationen unterschiedlicher teilsystemischer Provenienz mit dem Ziel der Herbeiführung von Entscheidungen zusammenge­ führt werden. Hier herrscht Kommunikationszwang mit der Konse­ quenz des Aufeinanderbezugs der Kommunikationen, weil es kei­ ne Alternative zur Entscheidungsproduktion gibt (Luhmann 2000, 297 f.). Ein anderer Begriff, der der „Konversationskreise“, ist auf Hut­ ter (1989, 90 ff.) zurückzuführen, welcher auf systemtheoretischer Basis kooperative Formen wirtschaftsrechtlicher Normenproduktion analysierte. Dieser Ansatz wurde – auch in rechtshistorischen Pu­ blikationsorganen – aufgenommen und weiter ausgebaut (Amstutz 2001, 223 ff.; Aschke 2003, insb. 34). An einer Umsetzung in konkre­ ten rechtshistorischen Forschungen fehlt es allerdings (in der Sache am nächsten kommt dem noch die Arbeit von Hansel [2006]). Für die „Treffräume“ ist dies hingegen schon im Rahmen eines Sammelban­ des unternommen worden (Collin Hg. 2014d), wobei von den dort publizierten Aufsätzen insbesondere der von Gehlen (2014a) hervor­ zuheben ist, der die Handelskammern als privat-staatliche (dazu auch Gehlen 2011) wie auch gleichermaßen ökonomische und juris­ tische Rationalitäten integrierende Organisationsform untersucht. Unabhängig davon jedenfalls, wie man derartige Kopplungsmedien benennt, verspricht ihre Untersuchung weitere Aufschlüsse über die Interaktion von verschiedenen Vorverständnissen, Denk- und Kommunikationsstilen sowie Leitmaximen, die in privat-staatlichen Regelungsstrukturen regelmäßig zum Tragen kamen.

7 Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen Mit der Herausbildung interventions- und wohlfahrtsstaatlicher Strukturen entwickelten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts überall in der westlichen Welt (und in Ansätzen und mit Verzögerungen auch anderswo) neue Formen privat-staatlicher Koordination. Man hat es also mit einem globalen Phänomen zu tun – welches al­ lerdings unterschiedliche nationale und zum Teil auch regionale Ausformungen aufwies. Diese Vielschichtigkeit und Verflochtenheit zu untersuchen, ist eine sehr anspruchsvolle wissenschaftliche Aufgabe. Allerdings ist dabei zu differenzieren. Als Untersuchungsund Darstellungsform kommen die einen weiten Zugriff wählen­ de globalgeschichtliche Präsentation (insbesondere Osterhammel 2009; Rosenberg Hg. 2012), der Vergleich oder auch die Analyse grenzüberschreitender Beeinflussungs- und Verarbeitungsprozesse in Frage. Letztere lassen sich vor allem als Rezeptions-, Transferoder Translationsvorgänge konturieren (Duve 2012, 51 ff.; Foljanty 2015). Die folgenden Ausführungen wollen diese Unterscheidung nicht ignorieren, aber auch nicht in den Vordergrund stellen. Sie konzentrieren sich vielmehr generell auf die Frage, wie sich privatstaatliche Regelungsstrukturen als nicht nur rein nationalstaatliches Phänomen analysieren lassen.

Globalge­ schichtliche Gesamtdarstel­ lung, Vergleich, Untersuchung von Transfers

7.1 Untersuchungszwecke und Untersuchungsrichtungen Eine vergleichende Betrachtung kann heuristische, deskriptive oder analytische Ziele verfolgen, also auf die Entdeckung neuer Forschungsprobleme, auf die schärfere Herausarbeitung natio­ naler Konturen oder auf die Erklärung von Unterschieden zielen (Haupt/Kocka 1996, 12 ff.). Dies ist gerade bei der Untersuchung privat-staatlicher Konfigurationen unmittelbar plausibel, die bei manchmal äußerlich gleicher Gestalt in unterschiedliche Legitimati­ onszusammenhänge und Zielvorstellungen eingebettet sein können. Und wie sich beim Aufbau und dem Betrieb von Infrastrukturen un­ terschiedliche nationale privat-staatliche Regelungsformen heraus­

Untersuchungs­ richtungen des Vergleichs

154 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Rechtsvergleich und historischer Vergleich

Fallstricke des Vergleichs

bildeten, erschließt sich erst durch die vergleichende Untersuchung von Regelungsanlässen, Regelungszielen und Regelungstraditionen (Schulz/Schmoeckel/Hausman Hg. 2014). Dies führt zu einer weiteren Überlegung, nämlich zu der Frage, an welchen konzeptionellen und methodologischen Ansätzen sich eine rechtshistorische Analyse orientieren sollte. Zur Verfügung steht zum einen die Rechtsvergleichung. Der Blick auf anderswo gefunde­ ne rechtliche Lösungen kann vor vorschnellen Kontextualisierungen bewahren, die aus einer rein nationalen Perspektive resultieren wür­ den (Gordley 2006, 771 f.). Diese Vorgehensweise scheint am ehesten angezeigt, wenn die Genese einzelner Rechtsinstitutionen im Mit­ telpunkt des Untersuchungsinteresses steht. Löst man sich jedoch von der Fixierung auf bestimmte Rechtsfiguren und geht von Re­ gelungsproblemen aus, für die verschiedene Lösungen gefunden wurden, welche als funktionale Äquivalente betrachtet werden kön­ nen, erscheint eine stärkere Einbeziehung nichtrechtlicher Faktoren angebracht. Diese bedeutet erstens eine gesteigerte Aufmerksam­ keit für Ursachenzusammenhänge (Ibbetson 2012) und zweitens die Anerkennung einer rechtlichen Lösung als Element von „Sinnstruk­ turen“, also „Konstellationen aus Normen, Gesetzen, Institutionen, Werten, Wissensbeständen, Diskursen, Mentalitäten, Symbolen . . . “ (Siegrist/Sugarman 1999, 27), die jeweils bestimmte nationale Aus­ prägungen aufweisen – ohne dass damit die Vorstellung verbunden sein soll, es handele sich um geschlossene Wert- und Regelsyste­ me. Für derart komplexe vergleichende Herangehensweisen bietet die Geschichtswissenschaft mit ihren Überlegungen zu verschiede­ nen Untersuchungsebenen, Vergleichsmaßstäben, Vergleichsinten­ tionen und der Verdeutlichung von Erkenntnisgrenzen nützliche Leitlinien. Diese können hier nicht näher ausgeführt werden, daher sein an dieser Stelle nur auf die einschlägige Literatur verwiesen (Haupt/Kocka 1996; Kaelble 1999; Siegrist 2003). Auf einen Punkt soll jedoch kurz eingegangen werden, da er gerade für die Analyse der Strukturen privat-staatlicher Koordina­ tion von Bedeutung ist. Grundsätzlich lassen sich zwei Untersu­ chungsrichtungen unterscheiden. Der Vergleich kann darauf zielen, Gemeinsamkeiten festzustellen oder Unterschiede herauszuarbei­ ten. Beides schließt einander nicht aus. Nationale Regelungsmuster lassen sich so darstellen, dass sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede hervortreten. Schon bei dem Entschluss, entweder Kontraste oder Übereinstimmungen herauszustellen, muss man sich

7 Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen |

aber vergegenwärtigen, dass derartige Entscheidungen stark von Vorannahmen geprägt sein können. Für einfache Regelungsaus­ sagen gilt dies weniger, zum Tragen kommt das Problem aber bei komplexen Regelungsmustern. Bei einer universalisierenden, auf Gemeinsamkeiten abstellenden Darstellungsabsicht liegt die Zuord­ nung zu bestimmten Systemvorstellungen nahe (z. B. kontinentaler oder angelsächsischer Rechtskreis), die ihrerseits problematisch sind (Gordley 2006, 757 ff.). Will man bestimmte nationale Eigen­ heiten kontrastieren, besteht die Gefahr, dass man sich hierbei an überkommenen Deutungstraditionen orientiert, die einzelne Rege­ lungsfaktoren erst als nationale Besonderheit konstruiert haben (Rudischhauser/Zimmermann 1995). Und schließlich lässt sich nicht verleugnen, dass der Standort des Vergleichers normalerweise ein nationaler ist. Nahe liegt es dann auch, eigene nationale Regelungs­ institutionen oder -komplexe als Vergleichsfolie zugrunde zu legen. Damit ist schon eine Vorentscheidung hinsichtlich des Vergleichsob­ jekts getroffen, welches seine Umrisse aus der nationalen Perspektive gewinnt. Es wirkt sich aber auch auf die vergleichende Beurteilung selbst aus. Wenn das fremde Regelungsmuster im Vergleich mit dem heimischen Fehlstellen oder ein geringeres Maß an Ausdifferenzie­ rung aufweist, ist man mit der Annahme von Defiziten schnell bei der Hand (Rudischhauser 2005). Sensibel gezeigt für solche transnationaler Geschichtsschrei­ bung inhärenten Erkenntnisschwierigkeiten hat sich das Konzept der Histoire croisée. Dieses nimmt das „Problem des fließenden Charakters und der permanenten Umdefinition der Analyseeinhei­ ten“ (Werner/Zimmermann 2002, 619) sehr ernst und versucht, dem durch methodische Ansätze beizukommen, in denen Vergleich und Transfer nicht nebeneinander, sondern in ihrem Zusammenhang betrachtet werden. Pragmatisch wird von der Logik der zeitgenös­ sischen Akteure ausgegangen, methodisch werden Analysekate­ gorien nicht einfach an das Material herangetragen, sondern erst im Laufe des Untersuchungsprozesses entwickelt, variiert und – im Sinne eines Wechsels des Beobachterpostens – experimen­ tell hin- und hergeschoben (Werner/Zimmermann 2002). Hiermit wird ein anspruchsvolles Programm formuliert, das auf Defizite herkömmlicher vergleichender und Transfergeschichtsschreibung reagiert. Abzuwarten bleibt, inwiefern man dessen anspruchsvollen Postulaten im wissenschaftlichen Arbeitsalltag gerecht werden kann.

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Histoire croisée

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7.2 Untersuchungsfelder 7.2.1 Thematische und disziplinäre Einordnungen Subdisziplinäre Einbettungen

Historische Rechtsvergleichung

Die transnationale Untersuchung privat-staatlicher Regulierungs­ strukturen muss in hohem Maße mit Kontextualisierungen arbeiten und darf sich nicht in den Standards und Themenzuschnitten einer bestimmten (Sub-)Disziplin einigeln. Dennoch muss in Rechnung gestellt werden, dass ein Forscher, der ein entsprechendes Thema bearbeitet, notwendigerweise seinen Ausgangspunkt in einem be­ stimmten subdisziplinären Ansatz hat, der mit einem entsprechen­ den Zuschnitt des sachlichen und methodischen Zugriffs einhergeht. Im Folgenden sollen derartige Ansätze in ihrer Relevanz für das hier verfolgte Forschungsinteresse skizziert werden. Historische Rechtsvergleichung : Die historische Rechtsverglei­ chung hat ihre stärksten Wurzeln und ihren Schwerpunkt im Privat­ recht. Dies ist zum einen durch die gemeinsame gemeinrechtliche Tradition bedingt, wodurch sich eine Konzentration auf das konti­ nentale Recht ergab, aber auch der historisch-vergleichende Blick auf die angelsächsische Rechtskultur ist nicht vernachlässigt worden, wovon z. B. die Schriftenreihe „Comparative studies in continental and Anglo-American legal history“ (Duncker & Humblot) Zeugnis ablegt. Vorangetrieben wurden diese Forschungsanstrengungen vor allem von Helmut Coing (insb. 1967; 1989) und Reinhard Zimmer­ mann (insb. 1990; 2001). Ob diese Art der Geschichtsschreibung noch zeitgemäß ist, ist schon seit einiger Zeit kritisch hinterfragt worden: Deutlich wird doch, dass die Konzentration auf Gemein­ samkeiten zu einer Perspektivenverengung führen kann, da sie die Besonderheiten vernachlässigt. Die Zugrundelegung bestimmter (überkommener) Leiterzählungen von Europa birgt die Gefahr der einseitigen Festlegung auf bestimmte Interpretations- und Darstel­ lungsschemata. Die quellenmäßige Orientierung am gelehrten bzw. am Gesetzesrecht hindert an der Erkenntnis der Pluralität normati­ ver Ordnungen (Duve 2012, 21 ff.). Vor allem vermag der nicht immer explizit gemachte, aber doch konzeptionell zugrunde gelegte Anwen­ dungsbezug zu einer ahistorischen Sichtweise zu verleiten. Dessen ungeachtet stellen die in diesem Zusammenhang entstandenen Ar­ beiten insbesondere zum Wirtschaftsrecht eine wichtige Grundlage dar, um sich vor allem in die gesetzlichen Rahmenbedingungen pri­

7 Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen |

vat-staatlicher Koordination einzuarbeiten (Coing Hg. 1986, 1987, 1988, 1991; Piergiovanni Hg. 1993, 2005). Demgegenüber steht eine vergleichende Geschichte des öffent­ lichen Rechts – trotz beeindruckender früherer Ansätze (Goodnow 1893) – noch am Anfang. Dies hat mit dem traditionellen Vorsprung des Privatrechts bei der Erschließung seiner historischen Grundla­ gen zu tun, vor allem aber auch damit, dass das öffentliche Recht im Unterschied zum Zivilrecht weniger auf gemeinsame Rechtsin­ stitutionen und Regelungskonzepte zurückgreifen kann und in viel stärkerem Maße mit der prägenden Kraft politischer, kultureller und sozialer nationaler Eigenwege konfrontiert ist (Schönberger 2011, 501 ff.). Jedoch liegen mittlerweile erste umfassende Darstellungen vor, die sich mit den methodischen Problemen eines verwaltungs­ rechtshistorischen Vergleichs befassen sowie einen Überblick über Hauptlinien wissenschaftlicher Reflexion und verwaltungsorganisa­ torischer Strukturierung geben (Cassese 2010; Jouanjan 2011; Schön­ berger 2011); neuere Überblicke zu einzelnen Ländern behandeln regelmäßig auch Fragen der historischen Entwicklung (Bogdan­ dy/Cassese/Huber Hg. 2010, 2011); die Herausbildung von Verwal­ tungsstrukturen außerhalb der „unmittelbaren Staatsverwaltung“ und damit die organisatorischen Grundlagen für die Integration nichtstaatlicher Akteure werden insbesondere bei Melis/Meniconi (2014) verdeutlicht. Europäische Verwaltungsgeschichte: Privat-staatliche Koordina­ tion vollzieht sich zum überwiegenden Teil in Kooperation mit der staatlichen Verwaltung. Eine vergleichend angelegte und/oder Ver­ flechtungen untersuchende Verwaltungsgeschichte bietet, soweit sie sich nicht in einer Behördengeschichte erschöpft, somit auch für transnationale Analysen derartiger Interaktionen Ansatzpunkte, egal ob sie den Schwerpunkt auf Organisationsstrukturen, Verwal­ tungskulturen oder die Entwicklung administrativer Aufgaben legt. Für das Europa des 19. Jahrhunderts bietet hierfür der Grundriss von Raphael (2000) einen ersten Überblick. Reichhaltig Material enthal­ ten die Bände des zwischen 1989 und 2008 erschienenen „Jahrbuchs für europäische Verwaltungsgeschichte“. Insgesamt aber muss man konstatieren, dass die Europäische Verwaltungsgeschichte (wie die Verwaltungsgeschichte insgesamt) wegen ihrer fehlenden institu­ tionellen Verankerung einen schweren Stand hat (auch wenn sich zahlreiche vergleichende Arbeiten aus der Geschichtswissenschaft nennen lassen, die auch einen verwaltungshistorischen Bezug auf­

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Vergleich im öffentlichen Recht

Europäische Verwaltungsgeschichte

158 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Transnationale Wirtschaftsgeschichte

weisen). Es bleibt zu hoffen, dass die erst im Entstehen begriffene Zeitschrift „Administory“ dieser Forschungsrichtung wieder neue Impulse verleiht. Transnationale Wirtschaftsgeschichte: Untersucht man verglei­ chend, wie sich in den letzten beiden Jahrhunderten in der westli­ chen Welt wirtschaftliche Ordnungen herausgebildet haben, die – obgleich man sie unter den Oberbegriff „Marktwirtschaft“ subsu­ mieren kann – verschiedene nationale Gepräge aufweisen, ist damit auch die Frage nach verschiedenen Konfigurationen von Staat und Wirtschaft verbunden. Das heißt z. B. im Einzelnen: Welcher Frei­ raum wird kollektiven wirtschaftlichen Akteuren zugebilligt? Wie stark reguliert der Staat die Wirtschaft und wie beteiligt er die nicht­ staatliche Seite an solchen Regulierungen? In welchem Maße betätigt sich der Staat eigenwirtschaftlich und inwiefern wird dabei private Initiative einbezogen? Letztlich lässt sich die Art und Weise privatstaatlicher Koordination als wesentliches Bestimmungsmerkmal eines bestimmten Typs von Wirtschaft herausarbeiten (Abelshauser 2003); auch der wirtschaftliche „Erfolg“ von Nationen ist dann weni­ ger Ergebnis technischer Innovationen als institutioneller Rahmen­ bedingungen. Diese institutionelle Perspektive, die sich in der inter­ nationalen Wirtschaftsgeschichte Gehör verschaffen konnte (North 1988, 1992), bietet auch zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten für Untersuchungen, die entweder die vergleichende rechtshistorische Untersuchung privat-staatlicher Koordination mit wirtschaftshisto­ rischen Fragestellungen verbinden wollen und/oder ihren Schwer­ punkt in der Wirtschaftsrechtsgeschichte haben. Für einen ersten Zugriff als nützlich erweisen sich dafür vor allem solche übergrei­ fenden Darstellungen, die einen entsprechenden interdisziplinären Zuschnitt oder eine besondere Sensibilität für die institutionellen Rahmenbedingungen aufweisen (Horn/Kocka Hg. 1979; Gerber 1998; Millward 2013; Harris 2014). Zu den Forschungsrichtungen, die für derartige Fragestellungen eigenständige methodische Ansätze ent­ wickelt haben, ist vor allem der Neokorporatismusansatz zu zählen, insbesondere hinsichtlich der Unterscheidung von liberalem und autoritären Korporatismus (Schmitter 1974; Streeck/Schmitter 1985), aber auch bei dem neueren, wenngleich stärker auf die Koordina­ tion der Marktakteure selbst fokussierten, Ansatz der „Varieties of Capitalism“ findet dieses Problem seinen Niederschlag, insbesonde­ re wenn es um die wohlfahrtsstaatlichen Akzente der betreffenden nationalen Wirtschaftsordnungen geht (Hall/Soskice 2004).

7 Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen |

7.2.2 Ausgewählte Untersuchungsfelder Die folgende Auflistung von Untersuchungsfeldern orientiert sich nicht an systematischen Gesichtspunkten. Die vertiefte vergleichen­ de Untersuchung bestimmter Aufgabenfelder, Rechtsinstitute, Ak­ teursgruppen oder Modi privat-staatlicher Koordination folgte kei­ nem einheitlichen Plan, sondern hing zu einem Gutteil von wissen­ schaftlichen Konjunkturen oder der jeweiligen Integrierbarkeit in Förderungsschwerpunkte ab. Regulierte Selbstregulierung: Regulierte Selbstregulierung (s. S. 133) war und ist ein ubiquitäres Phänomen. Schon aber das Be­ griffsverständnis ist kein einheitliches. In welchem Maße regulierte Selbstregulierung zu einem verwaltungsrechtlichen Schlüsselbe­ griff wurde, hing nicht nur von nationalen Regelungstraditionen, sondern auch von verschiedenen Verflechtungen der jeweiligen nationalen Rechtswissenschaft ab (Darnaculleta y Gardella 2014). Im Hinblick auf seine historische Verwendung ist der Begriff aber all­ gemein auf Akzeptanz gestoßen (Collin u. a. Hg. 2014). Im internatio­ nalen Vergleich zeichnen sich verschiedene Regimetypen regulierter Selbstregulierung ab, zu nennen sind vor allem zivilgesellschaftliche (USA) (Balleisen 2014), diskrete (Frankreich) (Rudischhauser 2014a) und eher staatlich initiierte und organisierte (Deutschland) (Collin u. a. Hg. 2011, 2012), wobei diese Typisierung nur sehr grob bestimm­ te Charakterzüge verallgemeinert und außerdem in Rechnung zu stellen ist, dass sich im Laufe der Zeit wesentliche Transformationen vollzogen. Zudem wurden Abgrenzungsprobleme sichtbar: Lässt sich von Selbstregulierung sprechen, wenn die Ordnungsmacht auf mafiöse Strukturen übergangen ist (Keiser 2011) oder wenn der Staat gesellschaftliche Kräfte umfassend in amtliche Strukturen inte­ griert, wie im österreichischen Ständestaat (Reiter-Zatloukal 2014)? Insgesamt ist erkennbar, dass vergleichende und Verflechtungen einbeziehende Arbeiten am ehesten dann Erträge aufweisen, wenn sie auf bestimmte Aufgabenbereiche regulierter Selbstregulierung bezogen werden, wie beispielsweise die Organisation technischer Sicherheit oder der Arbeitsbeziehungen (z. B. Feld 2007, insb. 209 ff.; Debaenst 2014; Rudischhauser 2014b). Regulierung: Ebenfalls mit unterschiedlichen Begriffsverständ­ nissen hat man es zu tun, wenn man sich historisch-vergleichend mit Fragen der Regulierung befasst. Herrscht im US-amerikanischen Verständnis ein weiter Regulierungsbegriff vor, mit dem jeglicher

Regulierte Selbstregu­ lierung

Regulierung

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160 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

Wohlfahrtsstaatlichkeit

Bürgertum und Zivilgesellschaft

Eingriff in das Marktgeschehen, auch zu sozialpolitischen Zwecken, erfasst wird, liegt der Fokus in der deutschen Diskussion auf staat­ lichen Maßnahmen, die auf die Herstellung marktähnlicher Ver­ hältnisse in vormals monopolisierten Wirtschaftsbereichen zielen (Balleisen 2009; Gehlen/Schulz 2014). In deutschen Forschungspro­ jekten zur vergleichenden Untersuchung von Regulierung (s. bereits S. 135) ist man pragmatisch mit diesem Problem umgegangen, indem man die Untersuchungen auf die Entwicklung von Infrastrukturen mit Monopolcharakter (Verkehrsinfrastrukturen, Kommunikations­ infrastrukturen) beschränkte, also durch einen entsprechenden the­ matischen Zuschnitt das deutsche Verständnis zum Tragen kam (v. a. Michalczyk 2010; Schulz/Schmoeckel/Hausman Hg. 2014). Obwohl diese Forschungsanstrengungen publizistisch nicht in einer Summe mündeten, kann man doch sagen, dass sich in der Zusammenschau der Einzelbeiträge ein sehr aussagekräftiges Bild ergibt, welches sowohl valide Aussagen zum Vergleich von Regulierungsakteuren, -intentionen und -effekten erlaubt als auch die transnationalen Ver­ flechtungen deutlich macht. Wohlfahrtsstaatlichkeit: Ein gemeinsames Signum der westli­ chen Entwicklung ist auch der privat-staatliche Charakter der Orga­ nisation von sozialer Wohlfahrt. In kaum einem Land war dies eine rein staatliche Angelegenheit. Die Herausbildung der Grundstruk­ turen insbesondere von Sozialversicherung und Sozialfürsorge ist mittlerweile in zahlreichen Arbeiten vergleichend aufgearbeitet wor­ den (siehe nur Heyen Hg. 1993a; Schmidt 2005b, 181 ff.; Dinges Hg. 2007; Hennock 2007; King/Stewart Hg. 2007; Kuhnle/Sander 2010). Die rechtsnormative Konturierung dieser Strukturen spielt dabei al­ lerdings nur eine untergeordnete Rolle. Hier macht sich das Fehlen einer vergleichenden Sozialrechtsgeschichte bemerkbar, sieht man von einzelnen früheren Ansätzen (Zacher Hg. 1979) ab. Die Herausfor­ derung für künftige Forschung besteht darin, die Vielfalt privat-staat­ licher Strukturen auch in ihrer rechtlichen Verfasstheit vergleichend zu erfassen und vor allem Fragen transnationaler Verflechtung in den Blick zu nehmen – denn spätestens seit den Bismarckschen Sozialreformen, die weltweit eine Innovation darstellten, orientierte man sich verstärkt über die Grenzen hinweg. Bürgertum und Zivilgesellschaft: Der Formierung eines Bürger­ tums mit seinen eigenen Herrschafts- und Partizipationsansprüchen hat sich die Gesichtswissenschaft schon seit längerem als Zentral­ thema zugewandt, und zwar gerade auch in vergleichender und

7 Internationaler Vergleich und Wechselwirkungen |

transnationaler Perspektive (v. a. Kocka Hg. 1995; 2000; Lundgreen Hg. 2000). Neben dieser Bürgertumsforschung und zugleich mit ihr verwandt hat sich ein Forschungsfokus herausgebildet, der das Kon­ zept der Zivilgesellschaft in historisch-vergleichender Perspektive fruchtbar zu machen sucht (Kocka 2000) – wenngleich gerade der internationale Vergleich national differierende Verständnisse von Zivilgesellschaft in Rechnung zu stellen hat (Reese-Schäfer 2007, 59 f.). Gemeinsam ist beiden jedenfalls, dass sie die Sphäre gesell­ schaftlicher Selbstorganisation in den Blick nehmen. Ansätze für die Untersuchung privat-staatlicher Regelungsstrukturen ergeben sich hieraus in mehrfacher Hinsicht. Zum einen lässt sich für bestimmte Gruppen des Bürgertums untersuchen, inwiefern sich diese zum Zwecke der Koordination nach innen und der Durchsetzung ihrer Interessen nach außen organisierten, amtsähnliche Befugnisse be­ anspruchten und dabei Formen finden mussten, die auch dem Staat noch hinreichend Einfluss gewährten, so wie dies Siegrist (1996) für die Profession der Rechtsanwälte in Deutschland, der Schweiz und Italien getan hat. Auch in Bezug auf das Vereinswesens, nämlich im Hinblick darauf, wie dieses in öffentliche Angelegenheiten übergriff, eröffnen sich ertragreiche Vergleichsperspektiven (für England und Deutschland Nathaus 2009). Ebenfalls in diesem Zusammenhang lassen sich Formen lokaler Governance nennen, also Strukturen, die private Initiative, lokale Amtsautorität und staatliche Ingerenzen zu­ sammenfügten; darüber wie sich dies in verschiedenen Ländern voll­ zog, geben einige Beiträge bei Altrock/Bertram/Fischer (2012) Aus­ kunft. Und schließlich bietet das Konzept der Zivilgesellschaft, ver­ standen als analytische Kategorie zur Erfassung bürgerschaftlichen Engagements in öffentlichen Angelegenheiten, zahlreiche Anknüp­ fungspunkte für vergleichende Überlegungen (Kocka 2000, 481 ff.). Für rechtshistorische Untersuchungen bedeutet dies eine bestimmte Akzentsetzung: Nicht die rechtlichen Mechanismen zur staatlichen Nutzbarmachung nichtstaatlicher Potentiale stehen dann im Vor­ dergrund, sondern Organisationsformen gesellschaftlicher Eigenin­ itiative. Einzelne Regelungskomplexe und Rechtsinstitutionen: Im Kern rechtshistorische Arbeiten, die einzelne Regelungskomplexe oder Rechtsinstitutionen privat-staatlicher Koordination vergleichend un­ tersuchen, gibt es nur wenige. Das Arbeitsrecht mit seinen zahlrei­ chen entsprechenden Bezügen hat diesbezüglich noch am ehesten Aufmerksamkeit gefunden (z. B. Rückert/Friedrich 1979; Rudisch­

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Einzelne Rege­ lungskomplexe und Rechtsinsti­ tutionen

162 | Teil 3 Probleme und Perspektiven der Forschung

hauser 2005; Rückert Hg. 2014). Für einzelne infrastrukturbezogene Regelungskomplexe ist auf die schon erwähnten Forschungen zur „Regulierung“ (s. S. 135) zu verweisen. Das Rechtsinstitut des ver­ waltungsrechtlichen Vertrags hat Abegg (2010) für Deutschland, Frankreich und die Schweiz vergleichend untersucht. Ansonsten überwiegen Defizitbefunde. Formen privat-staatlicher Justiz sind erst in Ansätzen in einer national übergreifenden Perspektive er­ fasst, vor allem die Schwurgerichte (Padoa-Schioppa Hg. 1987; Lieber 2010) und die Arbeitsgerichte (Rogowski/Tooze 1992), jüngst aber auch andere Formen von „Volksjustiz“ (Delivré/Berger Hg. 2014) und nichtstaatlicher Justiz (Collin Hg. 2016a). Fast gänzlich fehlt es an vergleichenden rechtshistorischen Untersuchungen zu den mannig­ faltigen Formen „mittelbarer“ Staatsverwaltung. Einen ersten Über­ blick vermag jetzt immerhin Melis/Meniconi (2014) zu liefern; für das öffentliche Angelegenheiten influizierende Verbandswesen ist man auf die Arbeit von Kaiser (1956) angewiesen, die aber noch den Geist seinerzeitiger tagespolitischer Auseinandersetzungen atmet. Es muss also bei der Feststellung verbleiben, dass die transnationa­ le rechtshistorische Analyse privat-staatlicher Regelungsstrukturen über weite Strecken ein Desiderat ist und noch viel Raum für weitere Forschung verbleibt.

| Teil 4: Bibliographie und Verzeichnisse

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Sachregister A Abrechnungsstellen 69 f. Absolutismus 10, 41 Abwasserentsorgung 50, 142 Aktiengesellschaften 20 f., 43, 70, 83, 115, 137 f. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) 25, 50, 87, 105, 123, 134, 150 Allgemeine Staatslehre 59, 94 Ältere Historische Schule der Nationalökonomie 18 Amtsblätter 114, 116 f. Anerkannte Regeln der Technik und Wissenschaft 51 Anreizsteuerung 38, 104 Anschluss- und Benutzungszwang 50 Anwaltskammern 23 Apothekerkammern 83 Apothekerrat 48 Arbeitsgerichtsbarkeit 30, 92, 119, 143 Arbeitskammern 83 Arbeitsrecht 57 ff., 91, 106, 119, 122, 127, 143, 161 Arbeitsvermittlung 52 f. Architektenkammern 83 Armenhilfe 13 f., 100, 141 Armenpflege 52 f. Ärztekammern 23, 55 Autonomie 13 f., 33 f., 134, 150 f. B Bahnpolizei 22, 29 Baugenossenschaften 44 Bauleitplanung 50 Beiräte 47 ff., 52, 69 f., 73, 77, 88, 138 Beleihung 64, 101 ff., 106 Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung V, 47, 50, 55, 58 Berufsständische Selbstverwaltung 66 Börsenaufsicht 54 C Caritasverband 90 Compliance 145 Conseils de Prud’hommes 30

D Dampfkesselüberwachungsvereine 29 Daseinsvorsorge 42, 99 Deichgenossenschaften 45 Deutscher Handelstag 44 Deutscher Landwirtschaftsrat 88 Deutscher Normenausschuss 72 Deutscher Sparkassenverband 85 Deutscher Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit 53 Disziplinargerichtsbarkeit 23, 30 E Ehrengerichtsbarkeit 58, 145 Ehrengerichtshof für Ärzte 119 Ehrengerichtshof für deutsche Rechtsanwälte 119 Eisenbahnaktiengesellschaften 21, 43 Eisenbahnkommissariate 21 Eisenbahnrecht 43, 123, 138 Elberfelder System 27, 50 Elektrizitätsversorgung 53 f., 89, 123, 135, 142 Emschergenossenschaft 45 Enteignung 22, 74 F Fachaufsicht 104 Fischereigenossenschaften 45 Forstpolizei 29 Freie Wohlfahrtspflege 141 Freihandelsschule 19 Funktionale Selbstverwaltung 66, 86 G Gebundene Wirtschaft 81 Gemeinden 5, 13, 15, 17, 28, 34, 46, 61, 95, 119 Gemeinwirtschaft 40 ff., 66 f., 76, 81, 84, 87, 92, 96 f. Gemeinwohl 10, 18 f., 24 ff., 31, 33, 35 ff., 40 ff., 47, 52, 56, 63 f., 73, 80, 89, 101, 137 f. Gemischtwirtschaftliche Betriebe/Unternehmen 54, 78, 89 f., 96 Genossenschaften V, 18, 22, 40, 44, 45, 47, 49, 55, 58, 85, 91, 98, 104, 123

Sachregister |

Gesamtverband deutscher Krankenkassen 44 Gesetzblätter 114 ff. Gewährleistungsverantwortung 60, 91, 101 Gewerbefreiheit 17, 36, 64 Gewerbegerichte 57, 92, 119 Global legal pluralism 148 GmbH 20, 70, 78, 89 Governance 52, 60, 146 f., 161 H Handelsbräuche 51, 104 Handelsgerichtsbarkeit 30, 57 Handelskammern 24, 44, 46, 50 f., 54, 57, 68, 74, 76, 87, 93, 97, 100, 104 f., 119, 152 Handwerkskammern 46, 50, 54 f., 103 Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt 90 Histoire croisée 155 I Industriestaat 8 Infrastruktur 6, 37, 46, 50, 53 f., 62, 89, 98, 101 ff. , 123 f., 135, 141 f., 153, 160, 162 Infrastrukturrecht 141 Innungen 54 f., 86 Innungsschiedsgerichte 58 Institutionelle Revolution 8 Institutionelle Schiedsgerichte 99 Intelligenzblätter 115, 117 Interventionsstaat 5, 9, 38, 41 f., 45, 100 J Jagdgenossenschaften 45 Judicial pluralism 149 Jugendwohlfahrt 91 Jüngere Schule der Nationalökonomie 19 Justizmonopol 56 K Kalisyndikat 56 Kaliwirtschaft 56, 84, 139 Kameralismus 10 f., 14, 29 Kammern 5, 23 f., 44, 46 f, 49 ff., 54 f., 57 f., 60, 68, 74, 76, 83, 86 f., 93 f., 97 f., 100, 103 ff., 119, 152 Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten 57 Kanalisation 37, 50, 53

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Kartelle 55 f., 68, 83 f., 90, 92, 98, 123, 138 f. Kartellrecht 138 f. Kassen/Hilfskassen 13, 25, 27 f., 44, 58, 85 ff., 97, 104, 121, 140 f. Kassenärzte 58, 85 ff., 97, 113 Kathedersozialismus 39, 80 Kaufmännische Schiedsgerichte/Schiedsgerichtsbarkeit 57, 79, 92, 105 Kautschuk-Abrechnungsstelle 70 Kleinbahnwesen 43 Kohlensyndikate 84 Kommerzialbehörden 15 Kommunalisierung 54, 89 Kommunen 13 ff., 45, 50, 53 f., 70 f., 74 f., 86, 89 f., 141, 143 Konservatismus 17 f., 39 Konversationskreise 151 f. Konzession 12, 35, 37, 63 f., 71, 143 Konzessionsvertrag 37, 143 Kooperative Handlungsformen 3, 6, 59, 62 f., 76, 79 f., 91, 94, 139, 152 Koregulierung 11, 26, 56, 102, 137 Korporationen 13, 19 f., 23 ff., 34 f., 82 f., 86, 98, 117, 140 Korporatismus 82, 158 Krankenkassen 28, 44, 47, 54, 58, 85 ff., 97, 104, 140 Krankenversicherung 8, 28, 39, 41, 47, 54, 112, 140 f. Kreditgenossenschaften 44, 85, 91, 104, 123 Kriegs-AG 69 f., 78 Kriegsausschuss der Deutschen Industrie 73 Kriegs-GmbH 69 f., 78 Kriegskreditbanken 69 Kriegssozialismus 66 f., 76 Kriegswirtschaftliche Ausschüsse 69, 88 Kriegswirtschaftsgesellschaften 69 Kriegswohlfahrt 70 ff., 77, 105, 122 Kursmaklerkammern 83 L Laienjustiz 56 Landarmenverbände 13 Landeseisenbahnrat 48 Landes-Ökonomie-Kollegium 26 Landwirtschaftliche Zentralvereine 44

208 | Sachregister

Landwirtschaftskammern 46, 55 Lehrlingswesen 50, 54 Liberalismus 10, 16 f., 19, 39 M Medizinaldeputationen 15 Meisterprüfung 50 Meliorationsgenossenschaften 45 Mieteinigungsämter 75, 92 Milchwirtschaftliche Zusammenschlüsse 85 Ministerialblätter 114, 116 f. Mittelbare Staatsverwaltung 45, 87, 162 Multinormativität 149 Mustersatzungen 49, 103 N Nahverkehr 50, 53, 89, 142 Nationaler Frauendienst 71 Nationalökonomie 10, 18 f., 38, 40, 60 Neokorporatismus 158 Normative Ordnungen 150 f., 156 Normausschuss der Deutschen Industrie 72 Notarkammern 83 O Oberschiedsgericht für die Angestelltenversicherung 58 Öffentliche Anstalt 62, 99 Öffentliches Recht V, 3, 5, 7, 23, 36, 59 f., 78 f., 98, 111 f., 128, 157 Öffentlich-rechtliche Körperschaft V, 7, 23, 43 ff., 50, 54 f., 61 f., 66, 77 f., 86, 98 f., 101, 105 f., 121 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 5, 7, 37, 62 f., 79, 98 Öffentliche Genossenschaften 40, 44 Oktroisystem 12 Organisationsprivatisierungen 89 Organisierte Wirtschaft 13, 42, 81, 93 P Pachteinigungsämter 92 Parlamentaria 116 Partizipation 29, 31, 35, 67, 77, 93, 97, 104, 135 f., 151, 160 Patriotische/ökonomische Gesellschaften 14 Pharmakopöenkommission 26

Planungsrecht 142 Pluralismus 95, 147 ff. Policey 31 Polykratie 95 Polynormativität 149 Preußische Zentralgenossenschaftskasse 44, 91 Privatautonomie 34, 79, 150 Private Selbstregulierung 55, 133 f., 143 Private Stiftungen 13 Privilegien 11 f., 17, 35 ff., 115 Provinzial-Medizinal-Kollegien 55 R Rechtfertigungsnarrative 150 Rechtfertigungsordnung 150 f. Rechtspluralismus 6, 34, 147 ff. Regal 63 f. Regulierte Selbstregulierung 60, 133 f., 159 Regulierung V, 6, 9, 11, 14, 23, 25 f., 34, 41, 45, 55 f., 60, 70, 81 f., 100, 102, 104, 122 ff., 133 ff., 142 f., 156, 158 ff., 162 Regulierungsrecht 6 Reicharbeitsgericht 118 Reichsgesundheitsrat 88 Reichsgetreidestelle 70 Reichskohlenrat 84, 87 Reichskohlenverband 84, 87, 105 Reichsschiedsamt 86 Reichsversicherungsamt 92, 118 Reichswirtschaftsgericht 76 Rentenversicherung 8, 28, 47, 140 Richtlinienrecht 72, 87 f. Ruhrtalsperrenverein V, 45 S Schiedsgerichte 57 f., 76, 79 f., 92 f., 99, 105, 119 f. Schiedsgerichte der Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung 58, 92 Schiedsgerichte für die Alters- und Invalidenversicherung 58, 92 Schiedsgerichte für die Erhöhung von Eisenbahnbeförderungspreisen 92 Schiedsgerichtsreglements 57, 105, 120 Schiedsstellen für Sammelheizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen 75, 92

Sachregister |

Schöffengerichtsbarkeit 29 Schwurgerichtsbarkeit 29, 162 Selbstverwaltung 5, 20, 24, 33 ff., 40 f., 46, 54, 65 f., 77 f., 80 f., 84, 86 f., 93, 96 ff., 102, 136, 142, 151 Semi-autonomous social fields 148 f. Sondergerichte 30, 55, 75, 92, 150 Soziale Selbstverwaltung 66, 97 Sozialisierung 80, 85, 89, 96 Sozialrecht 5, 57, 91, 111, 127 ff., 139, 160 Sozialstaat 8, 18, 33, 91 Sozialversicherung 39, 46 f., 91, 95, 97, 102 ff., 112, 118, 121, 140, 146, 160 Sparkassen 13, 85 Staatsaufsicht 44 ff., 49 f., 71, 84 f., 105 Staatsinterventionismus 8, 39 Staatswirtschaft 11 f. Staatswissenschaft 33, 59, 111, 130 Ständestaat 95 Steinsche Städtereform 35 Steuerberaterkammern 83 Stinnes-Legien-Abkommen 122 Subjektive öffentliche Rechte 61 Subsidiaritätsprinzip 27 T Tarifautonomie 144 Tarifvertrag 144 Tarifwesen 143 Technikrecht 139 Technikstandards 51 Technische Normsetzung/Normierung 5, 51, 61, 72, 146 Telekommunikation 135, 142 Treffräume 151 f. U Überwachungsausschuss der Schuhindustrie 72 Unfallversicherung V, 47, 55, 58, 118, 140 f. V Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller 74

209

Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen 123 Verein für öffentliche Gesundheitspflege 43 Vereine V, 14 ff., 19 f., 22 ff., 27 ff., 31 ff., 35, 43 ff., 48 f., 52 f., 55, 60, 62, 69 ff., 83, 90, 105, 119, 139, 141 Verkehrsinfrastrukturen 6, 160 Verleihung 12, 20 f., 63 ff. Verwaltungsgerichtsbarkeit 29, 59, 136 Volksjustiz 29, 162 Volkswirtschaftspflege/Volkswirtschaftspolitik 18 Volkswirtschaftstheorie 18 Vorläufiger Reichswirtschaftsrat 88 Vorschriften zur Unfallverhütung 50, 55 W Waldgenossenschaften 45 Wassergenossenschaften 42, 45, 83 Wasserstraßenbauräte 55 Wasserversorgung 37, 50, 53, 75, 89, 92, 142 Wiesengenossenschaften 45 Wirtschaftliche Selbstverwaltung 66, 84, 86, 96 f., 136 Wirtschaftsdemokratie 82 Wirtschaftsprüferkammern 83 Wirtschaftsräte 80, 88 Wirtschaftsrecht 6, 37, 93, 112, 117, 122 f., 137, 139, 152, 156 Wirtschaftsrechtsgeschichte 5, 127 ff., 136, 158 Wirtschaftsverwaltungsrecht 96 f. Wohlfahrtspflege 26, 52, 79, 121, 141 Z Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen 44, 122 Zinsgarantien 21 Zivilgesellschaft 159 ff. Zivilrecht V, 4, 111, 157 Zünfte 11 ff. Zwangsschlichtung 144 Zwangssyndikate 78, 80, 96 Zwangsverbände der Zuckerindustrie 85