136 39 1MB
German Pages [273] Year 2019
Norbert Waszek (Hg.)
G. W. F. Hegel und Hermann Cohen Wege zur Versöhnung
VERLAG KARL ALBER
https://doi.org/10.5771/9783495817063
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B
Norbert Waszek (Hg.) G. W. F. Hegel und Hermann Cohen
VERLAG KARL ALBER
A
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Norbert Waszek (Hg.)
G. W. F. Hegel und Hermann Cohen Wege zur Versöhnung Festschrift für Myriam Bienenstock
Verlag Karl Alber Freiburg / München
https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Norbert Waszek (Ed.) G. W. F. Hegel and Hermann Cohen Paths towards reconciliation Between Hermann Cohen and Hegel, paths of reconciliation might well be found, beyond the initial impression of antagonism. This has been a fundamental conviction of Myriam Bienenstock, whose work is distinguished by a focus on Hegel as well as on modern Jewish thought. In the present volume her achievements are honoured by thirteen contributions from internationally renowned scholars, and by a bibliography of her numerous publications.
The Editor: Norbert Waszek is Professor of German (History of Ideas) at the University of Paris VIII. He was educated in Germany (M.A. Bochum 1978), in Scotland (M. Litt. Stirling 1980) and at Cambridge (PhD Christ’s College 1984), then submitted his professorial thesis (Habilitation) at the Sorbonne (Paris I, 1998). He spent the academic year 2017/2018 as visiting professor at the Ruhr University of Bochum. For further bio-bibliographical information see his homepage: http:// norbertwaszek.free.fr.
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Norbert Waszek (Hg.) G. W. F. Hegel und Hermann Cohen Wege zur Versöhnung Dass sich Hegel und Hermann Cohen trotz scheinbarer Gegensätze miteinander versöhnen lassen, ist eine Grundüberzeugung des Werkes von Myriam Bienenstock, welches sich stets durch die doppelte Ausrichtung auf Hegel und das jüdische Denken auszeichnete, und hier durch dreizehn Beiträge geehrt wird. Ein Schriftenverzeichnis der Jubilarin rundet den Band ab.
Die Herausgeber: Norbert Waszek ist seit 2003 Professor für deutsche Ideengeschichte an der Universität Paris VIII (Vincennes à Saint-Denis). Im akademischen Jahr 2017/2018 ist er Gastprofessor am Zentrum für klassische deutsche Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Er hat in Cambridge promoviert (Christ’s College, 1984) und an der Sorbonne habilitiert (Paris I, 1998). Weitere biographische Angaben und ein vollständiges Publikationsverzeichnis auf seiner Internetseite: http://norbertwaszek.free.fr.
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Originalausgabe © VERLAG KARL ALBER in der Verlag Herder GmbH, Freiburg / München 2018 Alle Rechte vorbehalten www.verlag-alber.de Satz und PDF-E-Book: SatzWeise, Bad Wünnenberg Herstellung: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISBN (Buch) 978-3-495-49060-0 ISBN (PDF-E-Book) 978-3-495-81706-3
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Inhalt
Einleitung des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . .
9
Bernard Bourgeois
Les débuts de l’histoire universelle . . . . . . . . . . . . .
23
Christophe Bouton
Le fils de son temps. Moralité et éthicité de Kant à Hegel
39
Gerhard Kurz
»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«. Zu Hölderlins Begriff des Bedürfnisses . . . . . . . . . .
62
Claudia Melica
Hegel et Aristote sur la cause finale . . . . . . . . . . . .
90
Wolfdietrich Schmied-Kowarzik
»… versöhnen läßt sich freilich Alles, Eines ausgenommen …«. Vom Ende des Symphilosophierens von Schelling und Hegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Ludwig Siep
Zur religiösen Dimension des Hegelschen Denkens . . . 125 Norbert Waszek
Von der Aufklärung zum Vormärz: Kontinuitäten und Brüche. Am Beispiel von Heines Lektüre von Lessing und Mendelssohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
7 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Inhalt
Jean-François Goubet
L’esprit objectif et son destin. La reconfiguration d’une découverte hégélienne par les herbartiens Theodor Waitz et Moritz Lazarus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Pierfrancesco Fiorato
Das Problem einer Geschichte der Menschheit: Hermann Cohen als Leser der Geschichtsphilosophie Kants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Helmut Holzhey
Über das Rumoren metaphysischer Probleme im Marburger Neukantianismus . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Dana Hollander
»But Does He Really Not Remember?« Cohen’s Revaluing of the Spinozan Politicization of Judaism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Dominique Bourel
Un philosophe dans le désert: Shmuel Hugo Bergmann (1883–1975) de Prague à Jérusalem . . . . . . . . . . . . 223 Guy G. Stroumsa
Beyond Utopia: Avatars of the Promised Land . . . . . . 235 Schriftenverzeichnis von Myriam Bienenstock
. . . . . .
253
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . 267
8 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
Hegel und Hermann Cohen scheinen nicht gut zueinander zu passen, denn für den jüngeren Philosophen, Cohen, stand Hegel nicht im Mittelpunkt seines Denkens, wohingegen er bekanntlich mit Kommentaren und eigenständigen Schriften an Kant angeknüpft hat und gern als Schulhaupt des Marburger Neukantianismus bezeichnet wird. Wenn sich Cohen aber explizit zu Hegel äußerte, war es oft kritisch bis abweisend 1 – und recht oberflächlich: Da es keineswegs sicher ist, inwieweit er sich mit Hegel durch die eigene Lektüre von dessen Schriften vertraut gemacht hat, scheint er der damals üblichen Voreingenommenheit gegen Hegel einfach gefolgt zu sein. Wie es schon Rosenzweig nur wenige Tage nach Cohens Tod geschrieben hat 2 , verbirgt sich hinter der expliziten Ablehnung aber oft eine innere Nähe – eine Auffassung, die auch Myriam Bienenstock als Leitfaden dient. Im Titel der vorliegenden Sammlung wird diese innere Nähe jenseits der vordergründigen Differenzen mit dem von Wolfdietrich Schmied-Kowarzik in seinem Beitrag (auf das Verhältnis von Hegel und Schelling angewandt) und schon von Hegel und Hölderlin gebrauchten Ausdruck Versöhnung angesprochen, der auch auf das jüdisch-christliche Erbe zurückverweist 3 . Für Hegel war die VersöhSo z. B. in seinem Text zu Langes Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart, hier zitiert nach Hermann Cohen, Werke, hrsg. im Auftrag des Hermann-Cohen-Archivs am Philosophischen Seminar der Universität Zürich von Helmut Holzhey, Hildesheim, Olms, 1977–, hier Bd. 5.2 (1984), S. 39 f.: »vielleicht hat nichts so sehr dazu beigetragen, in der vormärzlichen Zeit die Philosophie verächtlich zu machen, als das Hegelsche Wort der Reaktion: ›das Wirkliche ist vernünftig …‹«. 2 »Daß Cohen viel hegelianischer war als er wußte, ist viel gesagt worden und richtig.«, schrieb Rosenzweig an seine Mutter; »Brief an Adele Rosenzweig« (vom 15. April 1918), in: Franz Rosenzweig, Gesammelte Schriften, Bd. I/1 (1979), S. 538. 3 Siehe z. B.: AT, 3 Mos. 16: Der große Versöhnungstag, 16,30: »Denn an diesem Tage geschieht eure Versöhnung, daß ihr gereinigt werdet; von allen euren Sünden 1
9 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
nung aber nicht nur ein bloßer Terminus, sondern ein Begriff (der für die spekulative Funktion einer Auflösung der Gegensätze steht), ja, darüber hinaus sogar ein Grundmotiv seiner praktischen Philosophie, mit welcher verschiedene Phänomene der Entzweiung überwunden und der Mensch dazu gelangt, in Welt und Geschichte zu Hause zu sein, heimatlich bei sich. 4 Ob eine solche Versöhnung von Hegel und Cohen möglich ist? Diese Möglichkeit ist die Voraussetzung der hier zu Ehren von Myriam Bienenstock vorgelegten Aufsätze, denn die beiden Denker, Hegel und Hermann Cohen, stehen im Zentrum ihres Schaffens. Hegel, dem sie ihre akademischen Pflichtaufgaben, Dissertation (1975) und Habilitation (1990), widmete, stand auch inhaltlich am Anfang ihres Weges: Noch in ihrer Heimatstadt Lyon besuchte sie fleißig die Lehrveranstaltungen von Bernard Bourgeois 5, der sicher als der führende französische Hegelinterpret seiner Generation gelten darf (später an die Sorbonne berufen und ins Institut de France, Académie des sciences morales et politiques gewählt) und ihr erster Mentor wurde. Ihre konstanten Beiträge zur Hegelforschung werden im Schriftenverzeichnis ausführlich dokumentiert, hier seien nur ihre große Studie über den Jenaer Hegel (1991) und ihre Ausgaben von Hegels erster Philosophie des Geistes (1999) und der Philosophie der Geschichte (2009) genannt. Auch wenn der Weg der Jubilarin sie auf der Ereignisebene von Lyon nach Israel führte, wo sie ihre Laufbahn als Hochschullehrerin begann und von 1977 bis 1986 an der Hebräischen Universität in Jerusalem wirkte, kam die Wende zum jüdischen Denken, um das Dreigestirn von Hermann Cohen, Franz Rosenzweig und Emmanuel Levinas, erst später. Meines Wissens stammt der erste einschlägige Vortrag, über Rosenzweig, aus dem Jahre 1980 (auch wenn
werdet ihr gereinigt vor dem HERRN.«; NT, 2. Kor. 5,19: »Denn Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.«; vgl. Adrian Schenker, Otfried Hofius, Dietrich Korsch, Hans-Richard Reuter: »Versöhnung«, in: Theologische Realenzyklopädie. Bd. 35, Berlin & New York, De Gruyter, 2003, S. 16–43. 4 Vgl. N. Waszek, »From ›dichotomy‹ (Entzweiung) to ›reconciliation‹ (Versöhnung)«, in ders.: The Scottish Enlightenment and Hegel’s account of »civil society«, Dordrecht/Boston/London, Kluwer, 1988, S. 1–10. 5 Auf seiner Internetseite der Académie des sciences morales et politiques finden sich weitere biographische Angaben und eine Bibliographie seiner wichtigsten Publikationen: https://www.asmp.fr/fiches_academiciens/BOURGEOIS.HTM.
10 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
er erst viele Jahre später veröffentlicht wurde); die erste Publikation aus diesem Themenkreis erschien im Jahre 1984 (Schriftenverzeichnis Nr. 4) in der Festschrift für Nathan Rotenstreich (1914–1993) 6 . Myriam Bienenstocks eigentliches Engagement für die jüdische Philosophie setzte aber erst in den 1990er Jahren ein und intensivierte sich im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, dann aber mit der ihr eigenen hartnäckigen Energie: in diesen Jahren übernahm sie z. B. vom Gründungspräsidenten, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik 7 , für sechs Jahre lang die Präsidentschaft der Internationalen Rosenzweig Gesellschaft und organisierte in dieser Funktion den großen Pariser Kongress der Gesellschaft (2009), der sich in den folgenden Jahren in mehreren von ihr herausgegebenen Sammelbänden (2011) niedergeschlagen hat. Stand Rosenzweig also an erster Stelle der von Myriam Bienenstock bearbeiteten jüdischen Autoren, trat Hermann Cohen, der in seinen späten Berliner Jahren noch Rosenzweigs Lehrer war, bald neben ihn. In der grundlegenden Studie, die Myriam Bienenstock auf Französisch im Jahre 2009, pünktlich zum Pariser Kongress, vorgelegt hat und die eben bei Alber auf Deutsch erscheinen konnte, Cohen und Rosenzweig: ihre Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus (2018) und zwar nicht bloß in einer deutschen Übersetzung, sondern in einer Neubearbeitung, welche die Forschungsergebnisse der Jahre von 2009 bis 2018, sowie die eigenen Erkenntnisfortschritte der Autorin berücksichtigt. In den Jahren der Präsidentschaft Helmut Holzheys 8, war Myriam Bienenstock dementsprechend auch im Vorstand der Hermann Cohen Gesellschaft aktiv und die Publikationen über Cohen haben sich in diesen Jahren verdichtet, bis hin zur französischen Ausgabe von zwei wichtigen Schriften des Philosophen, die 2014 vorgelegt werden konnte. DemNathan Rotenstreich war von 1965 bis 1969 Rektor der Hebräischen Universität; bei Alber erschien von ihm: Wege zur Erkennbarkeit der Welt. Freiburg & München, 1983. 7 Wolfdietrich Schmied-Kowarzik lehrte von 1971 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2007 an der Universität Kassel. Bei Alber hat er zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter vier Bände, welche die Beiträge zu den beiden Rosenzweig-Kongressen in Kassel (1986 und 2004) vorlegen. Pünktlich zum 200. Geburtstag von Karl Marx erschien dort auch eine erweiterte Neuausgabe von Karl Marx – die Dialektik der gesellschaftlichen Praxis: zur Genesis und Kernstruktur der kritischen Philosophie gesellschaftlicher Praxis (2018). 8 Helmut Holzhey wirkte vier Jahrzehnte an der Universität Zürich, wo er 1969 das Cohen-Archiv gründete, von welchem aus er im Jahre 1977 die Edition von Cohens Werken bei Olms (s. o. Anm. 1) begann. 6
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Einleitung des Herausgebers
gegenüber ist die Beschäftigung mit Levinas bislang erst diskreter in Erscheinung getreten. Geht eine erste von ihr organisierte Tagung über diesen Denken zwar schon auf das Jahr 1997 zurück – eine Liste aller Tagungen findet sich auf der Webseite Myriam Bienenstocks (http://mbienenstock.free.fr) –, und stand der in Frankreich wirkende Philosoph auch oft auf ihrem Lehrprogramm, an der Universität François Rabelais in Tours, besonders aber auf demjenigen der diversen Gastprofessuren in Zürich und Basel, in Münster und besonders in Boston, wo sie 2012 eine ganze Vorlesungsreihe Levinas in seinen Kontexten widmen konnte. Unter den bisherigen Studien zu Levinas sei besonders auf den Beitrag »Emmanuel Lévinas lädt ein, Spinoza erneut zu lesen«, hingewiesen, der in einem von Alfred Bodenheimer und Miriam Fischer-Geboers herausgegebenen Band Lesarten der Freiheit. Zur Deutung und Bedeutung von Emmanuel Lévinas’ Difficile Liberté, im Jahre 2015 bei Alber erschienen ist (Nr. 105). Die Ausarbeitung der Boston Lectures zu einem Buch hat sich die Jubilarin für die nächsten Monate vorgenommen. Es ist nun aber nicht so gewesen, dass ihre Beschäftigung mit den drei großen Repräsentanten des jüdischen Denkens im 20. Jahrhundert die Auseinandersetzung mit Hegel und der deutschen Philosophie ersetzt hätte, diese ging und geht vielmehr kontinuierlich weiter. Diese Tatsache ergab sich für Myriam Bienenstock aus ihrer Überzeugung, dass die drei von ihr privilegierten jüdischen Philosophen nicht ohne ihre Rückbezüge auf den deutschen Idealismus verständlich sind. Neben Hegel traten in ihren Arbeiten rasch Fichte und Schelling, deren Korrespondenz sie in einer von ihr besorgten französischen Ausgabe schon 1991 vorlegen konnte, worin die verdienstvolle Einleitung von Walter Schulz zur deutschen Ausgabe ein würdiges französisches Gegenstück findet. Auch Herder (diverse Studien und eine französische Ausgabe des Jahres 1996) hat sie sich z. B. ausführlich gewidmet, auch in Zusammenarbeit mit deutschen Spezialisten wie Martin Bollacher (vgl. Schriftenverzeichnis, Aufsatz Nr. 32). Hölderlin wurde ihr durch Gerhard Kurz nahegebracht, der auch dafür sorgte, dass sie ihren Aufenthalt als Martin-Buber-Gastprofessorin an der Universität Frankfurt (2010) in der Hölderlin-Wohnung der Stadt Bad Homburg verbringen konnte: nicht nur ein angemessener Ruhepol zum geschäftigen Frankfurt am Main, sondern auch eine Gelegenheit, sich in die kritischen Ausgaben Hölderlins zu vertiefen (vgl. Aufsatz Nr. 51). Die genannten Namen erschöpfen die Beschäftigung mit der deutschen Philosophiegeschichte keineswegs; es gibt 12 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
wohl keinen deutschen Denker der Goethe- und Hegelzeit, den Myriam Bienenstock vernachlässigt hätte, wie es ihr Schriftenverzeichnis in den Einzelheiten dokumentiert. In den Jahren ihres Wirkens an der Universität Tours, wo sie am längsten gelehrt hat, entfaltete sie neben der philosophiegeschichtlichen Beschäftigung mit deutschem und jüdischen Denken, auch verstärkt systematische Untersuchungen zur praktischen Philosophie und deren Rehabilitierung, wie es die beiden Tagungsbände: Dans quelle mesure la philosophie est pratique. Fichte – Hegel (gemeinsam mit Michele Crampe-Casnabet im Jahre 2000 herausgegeben) und La raison pratique au XXe siècle. Trajets et figures (2004, gemeinsam mit André Tosel) bezeugen. An der Schnittstelle von Begriffsgeschichte und systematischer Untersuchung steht dann der 2002 erschienene Tagungsband Trieb: tendance, instinct, pulsion. Histoire d’un concept. Bei den zahlreichen Tagungen, die Myriam Bienenstock organisiert und in der Regel danach als Sammelbände vorgelegt hat, lag ihr immer auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses am Herzen. Es freut sie sicher zu sehen, dass unter den damals noch jungen Beiträgern zu ihren Sammelwerken (im Schriftenverzeichnis werden die Namen der jeweiligen Beiträger nach den entsprechenden Bänden genannt) inzwischen viele ihren Weg gemacht und schon selbst als Professoren wirken. Hier wird also eine Summe gefeiert, die sich breit ausfächert in Richtung auf die deutsche Philosophie, auf die Hauptvertreter des jüdischen Denkens im ausgehenden 19. und 20. Jahrhundert, bis hin zu Fragen des Status und der Aktualität der praktischen Philosophie. Hervorzuheben ist dabei auch die internationale Perspektive, die sich von Frankreich aus zunächst auf die deutschsprachigen Länder (inklusive der Schweiz), über Italien, in die englischsprachigen Länder bis nach Israel erstreckt. So entstand ein weites Netzwerk, von dem sich zumindest Spuren mit Hilfe der Herkunft der in diesem Band vertretenen Beiträger wiederfinden lassen. In Analogie zu ihrer internationalen Ausrichtung entfaltete Myriam Bienenstock auch eine Öffnung zu anderen akademischen Disziplinen. Wie sie selbst nie daran glaubte und auch den Studenten regelmäßig davon abriet, »nur« Philosophie zu studieren, hörte sie bereits in Lyon auch die psychologischen und ökologischen Vorlesungen von François Dagognet (1924–2015). Als junge Forscherin in Israel war sie eine Zeitlang Assistentin des Soziologen Shmuel N. Eisenstadt (1923– 2010) gewesen und ließ sich auch von dem Historiker Jacob Talmon 13 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
(1916–1980) und dem Politologen Shlomo Avineri (* 1933) inspirieren. Später stehen neben den philosophischen Fachkollegen Gesprächspartner aus der Germanistik (etwa, wenn es um Herder, Hölderlin und Heine ging), oder verstärkt auch aus der Theologie, z. B. Hermann Deuser in Frankfurt, Konrad Schmid in Zürich, oder Heinz-Jürgen Görtz (Hannover) und Rainer Kampling (Berlin) auf katholischer Seite (es ist sicher kein Zufall, dass zwei der Gastprofessuren, die Myriam Bienenstock wahrnehmen konnte, in Frankfurt/ Main und in Zürich, in theologischen Fakultäten angesiedelt waren) und schließlich aus den Jüdischen Studien, die in Berlin im akademischen Jahr 2014/15 besonders zum Tragen kamen und zu vielen Gesprächen mit Christina von Braun und Micha Brumlik führten. Perspektiven für die nähere Zukunft sind schon angesprochen worden. Das nächste Buchprojekt Myriam Bienenstocks ist die Ausarbeitung der Boston Lectures »Levinas in his contexts«, für die durch die Einladung von Allen Speight bereits ein Verlagsvertrag vorliegt. Auch aus den Vorlesungen in Zürich und Münster sollen mittelfristig Bücher werden. Neuere Vorträge (Princeton, April 2016) thematisieren Spinoza (nicht nur aus der Perspektive Cohens), was vielleicht auch eine größere Schrift ankündigt. Jedenfalls sei schon an dieser Stelle, noch vor einem Wort über die einzelnen Beiträger und ihrer Aufsätze, der Jubilarin herzlich gratuliert und ihr auch weiterhin Freude und gutes Gelingen bei der Ausarbeitung neuer Texte gewünscht. Die folgende Vorstellung der Beiträge und Beiträger des vorliegenden Bandes muss damit beginnen, allen hier vertretenen Autoren für ihre Bereitschaft zu danken, an dieser Festschrift mitzuwirken und ihre Aufsätze neben ihren sonstigen Verpflichtungen fertigzustellen. Es konnte ohnehin nur um eine Auswahl von Autoren gehen, die der Autorin nahestehen und selbst zu den für Myriam Bienenstocks Schaffen repräsentativen Themen beigetragen haben. Wie in der obigen Darstellung muss auch hier Hegel an erster Stelle stehen und nicht nur aus chronologischen Gründen. Allerdings geht es dabei nie um eine enge Spezialisierung, sondern eher um »Hegel im Kontext« 9 oder um »Hegel in seiner Zeit« 10 . So kommen Um Dieter Henrichs perspektivenreichen Titel aufzugreifen: Hegel im Kontext, Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1971. 10 Um mit seinem Titel auch an Jacques D’Hondt (1920–2012) zu erinnern, der Myriam Bienenstocks Werdegang stets mit fördernder Zuneigung verfolgte: Hegel 9
14 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
in diesem Abschnitt etwa auch Spezialisten Hölderlins (Gerhard Kurz) und Schellings (Wolfdietrich Schmied-Kowarzik) zu Wort. Ebenso geht es in dem Abschnitt der Hermann Cohen zugeordneten Beiträge nicht nur um den Marburger Philosophen, so wichtig sein Denken auch ist, sondern auch um Themen und Autoren, mit denen er sich selbst beschäftigt hat oder die an seine Perspektiven anknüpfen. Die beiden letzten Beiträge nehmen eine Sonderstellung ein, nicht nur weil sie sich der Gegenwart annähern und sogar Zukunftsperspektiven ansprechen, sondern auch weil es undenkbar gewesen wäre, eine Festschrift für Myriam Bienenstock zu konzipieren, ohne ihren Bezug zu Israel zu thematisieren, hat sie doch viele Jahre lang mit großem Engagement versucht, das ›Land zu bebauen‹ – auch wenn viele ihrer damit verbundenen Hoffnungen nicht erfüllt wurden. Die Auswahl der Beiträger erfolgte einerseits thematisch, andererseits über die beruflichen wie persönlichen Kontakte und Freundschaften. Die Beiträger entstammen drei Generationen, derjenigen der Lehrer, der Weggefährten, schließlich der Schüler (was nicht heißen soll, dass alle jüngeren Kollegen ihre unmittelbaren Schüler gewesen seien). Obwohl die Gefeierte in dieser Hinsicht zu Recht immer sehr sensibel war – oft kam sie von philosophischen Kongressen und Tagungen zurück und klagte darüber, wie wenige Frauen unter den Referenten waren –, ist die Parität zwischen Damen und Herren weit verfehlt worden, was ich sehr bedauere, auch wenn es gewiss nicht nur an mir lag. Die Reihe beginnt mit dem international bekannten Hegel-Forscher Bernard Bourgeois (s. o. Anm. 5), der in Lyon ihr erster Mentor wurde und alle akademischen Pflichtübungen, von der maîtrise bis zu ihrer Habilitation betreute, hat ein Thema aus der Geschichtsphilosophie gewählt, um die Verdienste, die sie sich um die französischen Ausgaben von Hegels Vorlesungen zur Philosophie der Geschichte erworben hat, zu würdigen. Christophe Boutons Laufbahn, seit 2005 ist er Professor an der Universität Bordeaux Montaigne, hat Myriam Bienenstock von Anfang an mit Sympathie verfolgt, ihn zu Tagungen und Sammelbänden und schließlich zur Mitarbeit an der großen französischen Ausgabe von Hegels Philosophie der Geschichte (2009) einen son temps: Berlin, 1818–1831, Paris, Editions Sociales, 1968; Neuausgabe: Paris, Éditions Delga, 2011; deutsche Ausgabe: Hegel in seiner Zeit: Berlin, 1818–1831, übersetzt von Joachim Wilke, Berlin, Akademie-Verlag, 1973; 2. Auflage 1984.
15 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
geladen; sie gehörte im Jahre 2004 auch bereits zu der Kommission, die ihm die venia legendi verlieh. Inzwischen ist er ein Partner und Freund geworden, der sie seinerseits schon zu Beiträgen in Tagungsbänden einlud (Schriftenverzeichnis Nr. 67, 84 und 116). Christophe Boutons Beitrag entspricht genau seinem Forschungsprofil, in welchem neben die klassische deutsche Philosophie ein systematisches Interesse um den Zeit-Begriff getreten ist. 11 Der Kontakt zu dem führenden Hölderlin-Forscher Gerhard Kurz 12 war durch ihre begeisterte Lektüre von dessen Studie Mittelbarkeit und Vereinigung 13 entstanden. Daraufhin lud sie ihn zu einer Doktorprüfung nach Tours ein und konnte Gerhard Kurz so persönlich kennenlernen. Der Kontakt intensivierte sich im Jahre 2004, während ihrer Martin-Buber-Gastprofessur in Frankfurt, als sie durch Vermittlung von Herrn Kurz in Bad Homburg wohnen konnte. Auch auf das kleine aber gewichtige Buch, welches Gerhard Kurz drei zentralen, nicht nur literaturwissenschaftlichen Termini gewidmet hat 14 , hat sie oft ihre Studenten hingewiesen. Kurz’ Beitrag erhellt nicht nur Hölderlins Begriff des Bedürfnisses, was schon kein geringes Verdienst ist, sondern stellt ihn auch in die weiteren Zusammenhänge, zu denen auch Hegel gehört. Claudia Melica 15 und die Jubilarin sind sich in Italien begegnet, ihr Beitrag geht jedoch auf einen Vortrag in Paris zurück, den MyriSchon in seiner ersten Monographie ging es um den jungen Hegel und die Zeit: Temps et esprit dans la philosophie de Hegel. De Francfort à Iéna, Paris, Vrin, 2000; vgl. seinen neuesten Band: Time of Nature and the Nature of Time. Philosophical Perspectives of Time in Natural Sciences, hrsg. von Ch. Bouton und Ph. Huneman, Berlin, Springer, 2017. Eine vollständige Publikationsliste von Christophe Bouton wird auf seiner Internetseite geboten: http://u-bordeaux3.academia.edu/Chris topheBouton. 12 Gerhard Kurz war von 1984 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2008 o. Professor für neuere deutsche Literaturgeschichte und allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Gießen; fast zehn Jahre lang war er Präsident der Hölderlin-Gesellschaft. Eine Liste seiner zahlreichen Publikationen findet sich auf seiner Internetseite: https://www.uni-giessen.de/fbz/fb05/germanistik/institut/emeriti/ gerkurz/publ.kurz. 13 Gerhard Kurz, Mittelbarkeit und Vereinigung: zum Verhältnis von Poesie, Reflexion und Revolution bei Hölderlin, Stuttgart, Metzler, 1975. 14 Gerhard Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1982; 6. Auflage 2009. 15 Claudia Melica ist Assistentin am Lehrstuhl für Praktische Philosophie der Universität Rom-Sapienza. Seit 2014 ist sie für die Fächer Moralphilosophie und Geschichte der Philosophie habilitiert. Unter ihren Büchern sei hier nur zitiert: La comunità dello spirito in Hegel, Trento, Verifiche, 2007; ihre Internetseite umfasst 11
16 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
am Bienenstock mit großer Sympathie zur Kenntnis genommen hat, denn sie sah darin auch eine Fortsetzung ihrer eigenen Bemühungen, die Bedeutung von Aristoteles für Hegel herauszustellen; Bemühungen, die in einem frühen Aufsatz (1989) in den Hegel-Studien dokumentiert sind (vgl. hierzu auch den Aufsatz Nr. 13, aus dem Jahre 1993), der den möglichen Einflüssen von Aristoteles De anima auf Hegel nachgeht. Mit Wolfdietrich Schmied-Kowarzik (s. o. Anm. 7) verbindet Myriam Bienenstock eine schon alte Freundschaft, die sachlich auf zwei Pfeilern beruht. Einerseits beider Bemühungen um das Verhältnis von Hegel und Schelling, das sich bekanntlich von einer Jugendfreundschaft über die Zeit der engen Zusammenarbeit in Jena bis zur Trennung entwickelte. Andererseits ihr gemeinsames Bestreben, Franz Rosenzweig wiederzuentdecken und für die gegenwärtige Diskussion fruchtbar zu machen. Die Zusammenarbeit zu Rosenzweig war auch institutioneller Art, in der Internationalen Rosenzweig Gesellschaft, die von Wolfdietrich Schmied-Kowarzik gegründet und lange getragen wurde, bis er die Geschicke der Gesellschaft für sechs Jahre in die Hände Myriam Bienenstocks legte. Dass er in seinem Beitrag aber doch an das erste Thema, Schelling und Hegel, anknüpft, dürfte damit zusammenhängen, dass Schelling am Anfang seines Weges stand (mit seiner Dissertation 1963) und er hier noch einmal eine Bilanz seiner ersten Intentionen zieht. Der Versöhnungsbegriff, mit seinen Möglichkeiten und Grenzen, der auch dem vorliegenden Band als Titel dient, wird hier auf das Verhältnis von Schelling und Hegel angewandt. Dieser Beitrag darf sicher auch als Antwort auf den Aufsatz über »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel« (Schriftenverzeichnis Nr. 70) verstanden werden, den Myriam Bienenstock zur Festschrift für Wolfdietrich SchmiedKowarzik (Schellings Denken der Freiheit, 2010) beigetragen hat. Die Jubilarin pflegt zu erzählen, dass Ludwig Siep 16 der erste deutsche (nicht-jüdische) Philosoph gewesen sei, den sie in ihrem Leben keneine Publikationsliste: https://uniroma1.academia.edu/ClaudiaMelica/Curriculum Vitae. 16 Auf seinen Internetseiten der Westfälische Wilhelms-Universität finden sich ausführliche biographische Angaben, dort kann auch seine umfangreiche Publikationsliste heruntergeladen werden: https://www.uni-muenster.de/PhilSem/mit glieder/siep/siep.html. Bei Alber erschienen seine Dissertation und seine Habilitationsschrift: Hegels Fichtekritik und die Wissenschaftslehre von 1804, 1970; Anerkennung als Prinzip der praktischen Philosophie: Untersuchungen zu Hegels Jenaer Philosophie des Geistes, 1979.
17 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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nengelernt habe. Der unvergessene Werner Marx (1910–1994), den sie bereits in Israel getroffen hatte, stellte ihr Ludwig Siep, seinen ehemaligen Assistenten, damals schon Professor in Duisburg, in New York vor. Das war ein Glück, denn durch diese Begegnung wurde es Myriam Bienenstock möglich, ein konstruktives Verhältnis zur jüngeren deutschen Philosophie aufzubauen, das nicht mehr nur im Schatten der Naziherrschaft stand. Die Freundschaft, die sich so über Jahrzehnte entwickelte, schlug sich in diversen gemeinsamen Aktivitäten nieder, die im Schriftenverzeichnis dokumentiert sind. Aus der Vielfalt der gemeinsamen Projekte und Kooperationen seien hier nur zwei hervorgehoben: In den Jahren 2008 bis 2010 leiteten sie gemeinsam ein von der DFG in Deutschland und der französischen ANR (Agence nationale de la recherche) finanziertes Forschungsprojekt, das der Rezeption französischer Soziallehren (Saint-Simon, Fourier …) in der deutschen Philosophie gewidmet hat (vgl. hierzu die Aufsätze Nr. 40 und 81 im Schriftenverzeichnis). Im Wintersemester 2010/2011 durfte Myriam Bienenstock auf Einladung von Ludwig Siep ein Gastsemester als DFG-Mercator-Professorin an der Universität Münster verbringen. Ludwig Sieps Beitrag »Zur religiösen Dimension des Hegelschen Denkens« ist sicher auch eine Erinnerung an das damals gemeinsam durchgeführte Seminar zu Emil Fackenheims (1916–2003) großer Hegelstudie. 17 Die Beiträge zu Hermann Cohen beginnen mit zwei Aufsätzen, die sich nicht Hermann Cohens Denken selbst widmen, sondern sich diesem annähern, indem sie sich mit Autoren und Themen befassen, mit denen sich bereits der Marburger Philosoph auseinandergesetzt hat. Chronologisch muss ich dabei mit meinem eigenen Beitrag anfangen, was ich zu entschuldigen bitte. Cohen hat sich Heine bekanntlich in einem seiner frühesten Aufsätze zugewandt 18 und es ging schon damals um die soziale, ja, man darf sagen »sozialistische« Option Cohens, philosophisch aber auch um Spinoza und den »Pantheismus«. Der Aufsatz berührt sich zudem mit Myriam Bienenstocks Beitrag »Hermann Cohens Heine und der Kampf um Spinoza«
Emil Fackenheim, The religious dimension in Hegel’s thought, Bloomington [u. a.], Indiana University Press, 1967; eine Neuauflage erschien 1982 in Chicago, University of Chicago Press. 18 Hermann Cohen, »Heinrich Heine und das Judentum«, in: Die Gegenwart. Berliner Wochenschrift für Jüdische Angelegenheiten. Hrsg. von Carl Hirsch. 1 (1867). 17
18 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Einleitung des Herausgebers
im Heine-Jahrbuch 2010 (Schriftenverzeichnis Nr. 74). Jean-François Goubet, seit 2010 Professor an der Université d’Artois (Arras), war der erste Doktorand, der seine Dissertation (über Fichte) unter der Leitung von Myriam Bienenstock abgeschlossen hat und die Zusammenarbeit setzt sich bis heute fort. Schon im Jahre 1999 hat Myriam Bienenstock Goubets französische Ausgabe von Karl Leonhard Reinhold mit einem Vorwort begleiten können. Seine aktive Teilnahme an ihren Publikationen wird im Schriftenverzeichnis deutlich. Mit seinem Beitrag zum vorliegenden Buch knüpft Goubet an Myriam Bienenstocks Arbeiten (Schriftenverzeichnis Nr. 35 und zuletzt 117) zum »objektiven Geist« an, um diese von Hegel aus auf Denker wie Moritz Lazarus zu erweitern, die für Cohen wichtig wurden. Bei den drei folgenden Beiträgen von Pierfrancesco Fiorato, Helmut Holzhey und Dana Hollander steht Cohen dann entschieden im Mittelpunkt. Helmut Holzhey (s. o. Anm. 8), wenn die chronologische Abfolge dieser Beiträge kurz unterbrochen und mit ihm begonnen werden darf, ist durch seine eigenen Studien, seine Herausgabe der Werke Cohens im Olms Verlag, seine Stiftung eines Cohen-Archivs in Zürich, der Universität, an der er lange Jahre gewirkt hat, und nicht zuletzt dort auch durch seine Lehre zum eigentlichen Begründer der zeitgenössischen Cohen-Forschung geworden. Seine Kontakte zu Myriam Bienenstock reichen entsprechend weit zurück und wurden durch sommerliche Treffen in den Schweizer Alpen gepflegt und zu einer Freundschaft ausgebaut. Solange er die Hermann-Cohen-Gesellschaft geleitet hat, beteiligte sich Myriam Bienenstock auch als Vorstandsmitglied an deren Arbeiten. Auch diese Zusammenarbeit wird durch das Schriftenverzeichnis dokumentiert (besonders die Tagungsbände Nr. 10 und 13 und das Gespräch, Nr. 82, das Myriam Bienenstock, gemeinsam mit Andrea Poma und Ursula Renz, mit Helmut Holzhey führen konnte und 2011 in der Deutsche[n] Zeitschrift für Philosophie veröffentlicht wurde). Es ist Helmut Holzhey für langjährige Unterstützung zu denken – ohne seine Bemühungen wäre die Berufung von Myriam Bienenstock im Jahre 2010 als erste »Sigi-Feigel 19 -Gastprofessorin für jüdische Studien« in Zürich nicht Sigi (Sigmund) Feigel (1921–2004), Rechtsanwalt und Textilunternehmer, war eine führende Persönlichkeit der Jüdischen Gemeinde in Zürich, der sich nachdrücklich für Frauenrechte, für günstigen Wohnraum für junge Leute und gegen Rassismus und Antisemitismus engagierte. Die Professur, die auf seinen Namen im Jahre 2009 gestiftet wurde, konnte 2010 von Myriam Bienenstock eröffnet werden.
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Einleitung des Herausgebers
zustande gekommen – besonders auch dafür, dass er seinen Beitrag »Über das Rumoren metaphysischer Probleme im Marburger Neukantianismus« trotz gesundheitlicher Sorgen rechtzeitig vorlegen konnte. Es war im Umkreis von Helmut Holzhey, dass Myriam Bienenstock dessen ehemaligen Doktoranden, Pierfrancesco Fiorato 20 aus Genua, heute Professor an der Universität Sassari, kennengelernt hat. Begegnungen auf Tagungen in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz haben die Zusammenarbeit vertieft (im Schriftenverzeichnis die Tagungsbände 10 und 13; durch die Übersetzung eines Aufsatzes ins Italienische, Nr. 107, hat Herr Fiorato dankenswerter Weise auch dafür gesorgt, dass Myriam Bienenstocks Schaffen eine breitere Wirkung in Italien erreicht hat). Sein Beitrag befasst sich mit »Hermann Cohen als Leser der Geschichtsphilosophie Kants« und präzisiert damit die Fragestellung, inwieweit die Marburger Schule ein Neukantianismus war. Er knüpft aber auch insofern an die Bemühungen Myriam Bienenstocks an, als bei ihren Cohen-Studien die praktische Philosophie oft im Mittelpunkt stand. Die Zusammenarbeit mit Dana Hollander 21, die an der McMaster Universität in Hamilton/Kanada lehrt, geht noch nicht so lange zurück, wie einige der bereits angesprochenen Kooperationen und Freundschaften, doch gibt es auch hier schon eine Reihe von Tagungen und Kongressen, die beide besucht haben (in Kanada, den Vereinigten Staaten …). Im akademischen Jahr 2014/15 hielten sich beide in Berlin auf und lernten sich besser kennen. Der Beitrag von Dana Hollander »But Does He Really Not Remember?« Cohen’s Revaluing of the Spinozan Politicization of Judaism« geht auf ihre Begegnung in Princeton zurück (2016), wo sich beide mit Cohen und Spinoza beschäftigten.
Dass sie dort (gemeinsam mit dem Theologen Pierre Bühler) eine Tagung »Toleranz heute – und gestern« veranstaltet hat (der Tagungsband erschien 2011 bei Alber; Schriftenverzeichnis Nr. 15) hätte Sigi Feigel sicher gefreut. 20 Pierfrancesco Fiorato ist seit 2002 Professor für Moralphilosophie und die Geschichte der Philosophie an der Universität Sassari. Auf Deutsch erschienen von ihm u. a.: Geschichtliche Ewigkeit. Ursprung und Zeitlichkeit in der Philosophie Hermann Cohens, Würzburg, Königshausen & Neumann, 1993; (gemeinsam mit Peter A. Schmid), »Ich bestreite den Hass im Menschenherzen« Zu Hermann Cohens Begriff des grundlosen Hasses, Basel, Schwabe, 2015. 21 Dana Hollander publizierte u. a. Exemplarity and Chosenness. Rosenzweig and Derrida on the Nation of Philosophy, Stanford, Stanford University Press, 2008. Weitere bio-bibliographische Angaben auf ihrer Internetseite: https://social sciences.mcmaster.ca/danahol/index.html.
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Einleitung des Herausgebers
Die Sonderstellung der beiden letzten Beiträge, von Dominique Bourel und Guy Stroumsa, wurde schon betont. Der verdienstvolle französische Biograph von Mendelssohn und Martin Buber 22, gehört nicht nur in den französischen, sondern auch in den israelischen Kontext, denn er lebte und wirkte dort lange, u. a. an der Jerusalemer Zweigstelle der französischen Forschungseinrichtung CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique). Bourel, der langjährige und zuverlässige Freund, geht in seinem Beitrag einem der frühen Philosophieprofessoren in Jerusalem, Shmuel Hugo Bergmann (1883– 1975) nach, der zu lange im Schatten seiner berühmteren Kollegen, wie Scholem und Buber, gestanden hat. Guy Stroumsa 23 stammt, ebenso wie die Jubilarin, aus Frankreich; sie sind etwa gleichaltrig und gingen fast gleichzeitig nach Israel. Auch diese Freundschaft hat also Jahrzehnte überdauert. In seinem Beitrag geht er den unterschiedlichen Repräsentationen des »Landes der Verheißung« kenntnisreich nach. Dieser Beitrag schien mir geeignet, den Band zu beschließen, nicht zuletzt weil er neue Fragen aufwirft. Am Ende des Bandes wird die Publikationstätigkeit der Jubilarin durch ein Schriftenverzeichnis dokumentiert. Herrn Lukas Trabert und seinen MitarbeiterInnen im Alber Verlag sei für die Aufnahme des Bandes ins Verlagsprogramm und für die geduldige Bearbeitung von Beiträgen in drei Sprachen herzlich gedankt. Die Glückwünsche für die Jubilarin wurden schon vorher ausgedrückt und den Beiträgern und dem Verlag gedankt, so mag das letzte Wort den Lesern gelten. Neben den Einsichten, welche die individuellen Beiträge zu ihren jeweiligen Themen bieten, dokumentieren sie gemeinsam die Vielfalt der Fragen, die Myriam Bienenstock Dominique Bourel: Moses Mendelssohn: la naissance du judaïsme moderne, Paris, Gallimard, 2004 – deutsche Ausgabe: Moses Mendelssohn: Begründer des modernen Judentums, aus dem Französischen von Horst Brühmann, Zürich, Ammann, 2007; Martin Buber: sentinelle de l’humanité, Paris, Albin Michel, 2015 – deutsche Ausgabe: Martin Buber. Was es heißt, ein Mensch zu sein. Biografie, aus dem Französischen übersetzt von Horst Brühmann, Gütersloh, Gütersloher Verlagshaus, 2017. 23 Abgesehen von zahlreichen Gastprofessuren und Forschungsaufenthalten (Humboldt Preisträger, Wissenschaftskolleg, …) wirkte Guy Stroumsa lange als Professor für vergleichende Religionswissenschaften in Jerusalem, von 2009 bis zu seiner Emeritierung auch an der Universität Oxford. Im Jahre 2008 wurde er in die Israelische Akademie der Wissenschaften gewählt. Seine 16 Bücher und etwa 120 Aufsätze werden auf seiner Internetseite aufgelistet: https://huji.academia. edu/guystroumsa. 22
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Einleitung des Herausgebers
beschäftigt haben. Hoffentlich wird jedoch auch die innere Einheit und Kontinuität ihres Wirkens greifbar, die für mich immer eklatant waren. Müssen Hegel und Hermann Cohen vielleicht noch »versöhnt« werden, scheint mir diese Aufgabe für die verschiedenen Themengebiete der Arbeit der Jubilarin beinahe überflüssig, es gilt nur die »roten Fäden« zu erkennen und zu ergreifen, die das Ganze zusammenhalten. Norbert Waszek (Prof. Dr.) Ruhr-Universität Bochum, im Sommersemester 2018
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Les débuts de l’histoire universelle
Alors que l’on a coutume de fixer un commencement déterminé – même si on ne le détermine pas de la même façon – à l’histoire, mais que l’on répugne à lui assigner une fin (l’indéfinité de l’avenir semble beaucoup plus évidente que celle du passé), Hegel, tout au contraire, déclare l’histoire, qu’il s’agisse de l’histoire générale de l’humanité ou de l’histoire de la philosophie, désormais finie, et dans une fin parfaitement définie, tandis que, à l’entendre, elle ne cesse de commencer. Ainsi, il fait commencer l’histoire de la philosophie avec Thalès, ou, plutôt, avec Parménide, mais aussi, et plus encore, avec Héraclite. Quant à l’histoire générale, elle apparaît, certes, selon lui, avec la Chine ; mais n’est-ce pas plutôt l’Inde qui « se montre d’emblée […] comme un peuple de l’histoire universelle » 1 ?, et il est dit tout aussi catégoriquement que « la Chine et l’Inde se trouvent en quelque sorte encore hors de l’histoire universelle » 2 et que « c’est seulement avec [l’]empire [perse] que nous entrons dans l’histoire mondiale proprement dite » 3 ; encore faut-il préciser que, dans l’empire perse, seul le peuple hébreu possède une vision historique des choses. Et, plus fondamentalement même, « les empires asiatiques […] se tiennent en dehors de la connexion de l’histoire universelle » 4 . Car c’est essentiellement autour de la Méditerranée, « axe de l’histoire universelle » 5 , que celle-ci se déploie, son lieu d’élection étant l’Europe d’abord Hegel, La philosophie de l’histoire – Ph. H –, traduction française, édition Myriam Bienenstock (Introductions manuscrites de Hegel ; transcription du cours de 1822–1823) Paris, La Pochothèque, 2009, p. 244). 2 Id., Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte [Leçons sur la philosophie de l’histoire universelle] – WG –, édition G. Lasson, II–IV, Hambourg, F. Meiner, réédition 1968, p. 275. 3 Id., Ph. H, p. 299. 4 Id., WG, p. 536. 5 Id., Die Vernunft in der Geschichte [La raison dans l’histoire] – VG –, édition J. Hoffmeister, Hambourg, F. Meiner, réédition 1963, p. 211. 1
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grecque, une Europe où elle a, d’ailleurs, tout autant sa fin. L’histoire mondiale commence de la sorte vraiment là où elle finit. Et où commence, justement aussi, l’histoire de la philosophie originairement hellène, cette histoire non proprement historique de la pensée pérenne, dont l’éternel présent accomplit, dans l’instant européen de la vie du monde, l’identité proclamée, constitutive de la vérité, du commencement et de la fin. La contraction analogue de l’histoire universelle réelle, dont le commencement et la fin sont ainsi rapprochés, tout à fait compréhensible dans le contexte d’une philosophie faisant d’elle-même la vérité de l’existence humaine, repose sur une totalisation d’un tel commencement comme enchaînement de moments de lui-même qui sont autant de conditions empiriques de l’existence concrète de l’humanité et dont la synthèse historique s’achève en tant que fin de l’histoire. Cette totalisation qui, comme telle, rationalise le commencement de l’histoire universelle et renverse ainsi, par sa positivité alors dévoilée, l’apparence négative d’une indétermination ou indécision hégélienne quant à la fixation d’un tel commencement à plusieurs reprises différé, a deux effets importants. D’une part, en amont, elle donne tout son sens à la fondation de la possibilité de l’histoire mondiale, et, d’autre part, en aval, elle justifie l’affirmation si souvent contestée d’une fin de cette histoire. La présente communication examinera donc, d’abord, la fondation rationnelle, requise par lui, d’un commencement, processuel en sa forme, de l’histoire universelle, puis la conception rationnelle du contenu de ce commencement, et enfin la justification tout aussi rationnelle, à partir de lui, de l’affirmation de la fin de ladite histoire. A travers la réflexion ici tentée sur le commencement de l’histoire universelle, c’est de la sorte tout le sens de celle-ci qui sera à chaque fois interrogé. * * * Le commencement de l’histoire est pour Hegel celui de l’identité – exprimé dans l’ambiguïté significative du terme qui la désigne – entre des choses faites (res gestae, Geschichte) et ces mêmes choses en tant que dites, récitées, racontées (historia, Historie) : « La narration historique apparaît en même temps que les actes et les événements proprement historiques ; c’est un fondement interne commun qui les pousse en avant ensemble » 6 . L’histoire présente donc à la fois des événe6
Id., Ph.H, p. 96.
24 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Les débuts de l’histoire universelle
ments consistant en des actes tels qu’ils peuvent et doivent être dits, récités ou racontés en et pour eux-mêmes, en leur réalité objective, et des contenus qui ne sont dits qu’en tant qu’ils sont ou ont été faits. Or un acte qui n’est possible que pour autant qu’il peut et doit être dit et redit, redoublé et répété, et par conséquent tel que le dire qui le concerne ne fait pas que parler de lui pour le louer ou le critiquer, s’en réjouir ou s’en plaindre dans un commentaire subjectif supposant sa venue à l’existence par lui-même, comme le simple effet d’un processus alors motivé naturellement, à travers besoin et désir ou répugnance, un tel acte est un acte n’allant pas de soi, un acte dont le contenu non naturel ne peut exprimer qu’un sens pratique universel susceptible d’être su et posé par une volonté se confirmant et ayant à se confirmer sans cesse elle-même ; c’est un acte d’essence universelle et d’existence pleinement, c’est-à-dire librement, voulue : une position nécessaire de la liberté. De même, réciproquement, un dire qui n’est lui-même qu’autant qu’il a pour contenu un tel acte est, en son existence, normé par le sens universel et libre de cet acte et, par conséquent, élevé au-dessus de tout arbitraire et de toute gratuité ; une libre position de la nécessité. Le commencement de l’histoire, comme commencement d’une telle objectivité pratiquement rationnelle identique à la raison pratiquement objective, ou comme commencement de la raison pratique objective, est celui de l’objectivation mondaine (dans une structure résistante et forte) rationnelle (à travers l’universalité de la loi) de l’existence humaine par la volonté (répondant d’elle-même), c’est-à-dire de l’Etat. Il n’y a d’histoire que de l’Etat, et il n’y a d’Etat que dans et par l’histoire. Le commencement de l’histoire ainsi comprise comme histoire de l’Etat ou – l’Etat étant pour Hegel la vérité du politique – comme histoire politique, est un commencement relativement tardif dans la vie de l’humanité. Des peuples ou des nations ont pu vivre des siècles, voire des millénaires, sans Etat. On a même vu dans cette préhistoire de l’humanité encore ignorante de l’Etat, dans le contexte pré-civil ou pré-politique qu’on a appelé l’état de nature, le règne d’une humanité d’emblée visitée par des dieux lui révélant immédiatement, notamment dans l’Asie moyen-orientale, les arts et les sciences, une culture supérieure dont on a pu repérer des traces. Dans une telle idéalisation d’un état de nature qui n’a guère à voir avec la pure nature, Hegel – qui n’admet pas semblable sublimation positive de la condition naturelle de l’homme – découvre cependant ce noyau de vérité négatif essentiel, à savoir que l’homme, en son être le plus naturel, est d’em25 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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blée plus que simplement naturel. L’animalité humaine est qualitativement différente de l’animalité animale : « L’humanité animale est quelque chose de tout à fait autre que l’animalité. L’esprit ne se développe pas à partir de l’animal, il ne commence pas par l’animal, il faut plutôt commencer par l’esprit, mais par celui qui n’est d’abord qu’en soi, qui est un esprit naturel : non pas un esprit animal, mais un esprit tel que le caractère de l’homme est imprimé en lui » 7 . Si l’état de nature était purement naturel, jamais l’homme n’aurait pu en sortir, car la fin doit nécessairement être déjà en quelque sorte, potentiellement – mais il s’agit d’une possibilité réelle –, dans le commencement ; ce que Rousseau lui-même a dû admettre dans sa théorie de la perfectibilité. L’humanité préhistorique ou pré-étatique a bien vécu dans la sociabilité familiale, voire proprement sociale, où le collectif immédiatement agissant à travers le sentiment limité en sa spontanéité par la présence elle-même émotionnelle de l’autorité patriarcale, a fait se cultiver les individus non pleinement affirmés pour euxmêmes, en deçà de la conscience d’un universel véritable, dans la stimulation positive ou négative, des interactions présentes. L’émotion, familiale ou sociale, voire redoublée religieusement, y a incité l’exaltation ou la réprobation imaginative de certains événements sensibles survenant dans un lieu plus ou moins limité, le discours prescriptif de l’autorité elle aussi toujours plus ou moins immédiate ne faisant que confirmer la motivation réelle, par elle-même sensiblement suffisante, des situations. Poésie et mythe répétaient dans l’idéalité du dire la dynamique réelle, dans le sentiment exacerbé par l’imagination, de ces situations se suffisant immédiatement à elles-mêmes. Le faire n’avait pas à se dire en son objectivité, ni le dire à se faire en sa subjectivité, impliqués qu’ils étaient dans le mélange poétique, auto-producteur, existant, de la subjectivité et de l’objectivité non encore libérées l’une de l’autre par la première se disciplinant dans le respect de la seconde et se médiatisant avec celle-ci à travers leur réunion désormais maîtrisée. La préhistoire culturelle de l’humanité historico-étatique fut remplie d’événements communautaires, positifs et négatifs, par exemple de migrations, de révolutions, etc. Il s’est passé beaucoup de choses avant l’histoire : « Ce passé [das Geschehene], qui s’avère si circonstancié, tombe en dehors de l’histoire [die Geschichte] ; il est venu avant elle » 8 . Cela, dans une présence à soi des communautés, 7 8
Ibid., p. 137. Ibid., p. 96.
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nations ou peuples, toujours particularisés ou différenciés, ne s’élevant pas à une représentation universelle de soi dans une seule et même humanité. La culture préhistorique – la préhistoire hégélienne mordant largement sur ce que l’on entend habituellement par l’histoire –, toute dynamisée qu’elle est par l’affectivité qui mobilise, en tant qu’humaine, une pensée toujours déjà présente mais en proie à l’imagination, est assurément d’emblée travaillée par l’entendement, puissance spontanée de détermination à l’œuvre dans le langage ou le discours qui se déploie précisément par différenciation d’avec soi du sens d’abord global ou syncrétique. L’entendement, moment premier, primaire, de la pensée, agit alors sans s’exercer consciemment, de façon « muette » et « furtivement » 9 , comme il convient à une puissance de différenciation ne se reprenant pas en même temps dans une identification ou une synthèse exigée par toute prise de conscience. Le développement de la langue, « manifestation [simplement] extérieure » 10 de l’intelligence, naturation encore naturelle de l’esprit, a été considérable dans la période de la culture d’avant l’Etat et l’histoire. Il a été bien moindre par la suite, quand l’esprit se faisant raison, et d’abord raison pratique, volonté libre, c’est-à-dire identification nécessairement présente à soi de l’identification et de la différenciation, est entré dans sa période historico-politique. Hegel récuse ainsi par avance, et tellement à juste titre, toutes les interprétations et fondations linguistiques de la pensée accomplie spirituellement – et l’histoire politique est la naissance de l’esprit qui se fait effectivement ce qu’il est, ou de l’esprit comme esprit –, elles qui consistent à faire porter le concret par l’abstrait. Il souligne que la vraie réalisation de l’esprit n’est pas le produit linguistico-culturel de l’entendement se donnant spontanément, donc encore naturellement, une réalité immédiate ; elle est bien plutôt l’œuvre historico-politique de l’esprit qui réfléchit alors sa totalité en un Soi rationnel se libérant dans son intériorité vraiment spirituelle, tandis qu’il se réalise dans une objectivité elle-même libérée de sa subjectivité trop naturelle, une objectivité dont la base est l’Etat. Le devenir des langues et celui des nations originairement liés « ne sont pas des actes de la volonté consciente
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Ibid., p. 98. Ibid.
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d’elle-même, ils ne sont pas non plus les actes de la liberté se donnant une nouvelle extériorité, une véritable réalité effective ». 11 La grande coupure anthropologique est pour Hegel le passage de l’état de nature, quelque cultivé qu’il puisse être, à l’état civil-civique ou politique, de la culture se développant en celui-là comme humain à la civilisation permise et stimulée par celui-ci. L’entrée dans l’histoire et l’Etat – qui s’accompagne d’ailleurs, comme refondation de toute l’existence, de la reprise et maîtrise de la vie familiale et sociale native alors insérée dans un milieu strictement et totalement déterminé, est l’affirmation d’une objectivité pratique arrachée au particularisme et perspectivisme sensible où est d’abord immergée la subjectivité individuelle ; elle est ainsi posée en son sens universel, dès lors saisi comme normatif, par cette subjectivité se libérant elle-même, en tant qu’un Soi réfléchi en son vouloir, de l’impulsion de son être immédiat. La conscience historique est celle de la liberté choisissant d’obéir à la loi réalisée comme telle dans l’esprit. Certes, la volonté libre de la loi peut, en se fixant abstraitement à elle-même et en rejetant son corrélat objectif, consacrer de sa forme spirituelle le contenu naturel mêlant subjectivité et objectivité ; il lui faut donc, pour être concrètement libre, combattre cet Autre par elle intensifié d’elle-même, mais elle s’exalte avec fierté dans ce combat où elle triomphe alors, non pas naturellement, mais spirituellement, de sa nature assumée par elle : son activité est, de la sorte, pleinement son œuvre : une œuvre, une objectivité, mais sienne, son objectivité 12. L’affirmation corrélative de la nation comme l’universel objectif de l’Etat et de l’individu naturel comme le Soi universel du citoyen constitue le prosaïsme négatif qui est l’élément de l’histoire : l’objet est seulement objet, le sujet seulement sujet, dans leur universalité respectueuse où chacun se réfléchit en sa différence tout en s’identifiant à l’autre. Une telle affirmation génératrice de l’histoire est bien, en tant qu’elle identifie la différence pourtant libérée, le fait de la raison activement présente à elle-même. L’entrée dans l’histoire est ainsi le passage de la pensée qui ne se pense pas à la pensée qui se pense, du vouloir qui ne se veut pas au vouloir qui se veut, de la liberté en soi à la liberté pour soi. La raison renaît, naît comme raison en se faisant historique à travers l’institution de l’Etat. Mais il faut dire ainsi, pour clore ce premier moment de l’ana-
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Ibid., p. 99. Cf ibid., p. 108 sq.
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lyse, que cette rationalité du commencement de l’histoire fait alors de celle-ci une histoire, l’histoire, universelle. En effet, le fondement de l’existence historique de l’humanité, à savoir l’élévation réelle de la conscience à la raison, laquelle raison est la libre position de l’universel comme universel, délivre l’histoire en son sens formel de toute particularité des situations, même si son contenu est, en son objectivité sensible extérieure (tel est le contexte politique), nécessairement particulier. Critiquant ainsi son être par son sens, l’histoire est essentiellement universalisation d’elle-même, le particularisme ou pluralisme indépassable des Etats en tant que raison réalisée, sensible, donc diverse, les faisant progressivement s’animer par un seul et même « esprit du monde ». Il n’y a qu’une histoire, dont l’unité d’abord seulement en soi au sein de la juxtaposition et succession segmentaire des peuples se constituant en Etats devient pour soi dans l’unique parcours spatio-temporel, géographico-historique, des étapes de la raison politique à chaque fois réalisée dans des Etats différents, chacun de ceux-ci étant, en son lien et en son temps, le porteur privilégié d’une telle raison. Il y a un seul et même sens, car il est rationnel, de l’histoire par essence originairement une et qui achève son existence dans la réalisation multiple d’un seul et même Etat de la raison ; l’histoire est, comme histoire de la raison ou raison historique, l’histoire universelle. Hegel s’inscrit bien dans la tradition d’Augustin et de Bossuet par cette promotion spéculative du thème théologico-politique chrétien. Se voulant ainsi la conception de ce thème, la philosophie hégélienne est naturellement conduite à saisir la raison historique ou l’histoire rationnelle comme incarnation ou naturation de l’esprit, au plus loin de tout rationalisme ou spiritualisme abstrait. Le fondement spirituel de l’histoire universelle n’est donc, lui aussi, pour elle, qu’à se faire lui-même exister naturellement, dans l’extériorité spatio-temporelle du monde unifiée en un sens : le sens du commencement de l’histoire universelle se réalise donc lui-même comme un processus. Ce commencement de l’histoire est lui-même un commencement historique de l’histoire, historique avant l’histoire, historique en soi, et dont le parcours consistera, pour lui, à devenir historique pour soi en faisant entrer dans l’histoire pleinement telle. * * *
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La simplicité conceptuelle du fondement de l’histoire universelle – l’existence des peuples et nations qui s’unifie en la raison – se réalise dans l’incarnation sensible de celle-ci, à travers la diversité d’un ensemble de conditions d’abord purement naturelles, puis historiconaturelles – la première négation historique de la nature étant encore, comme auto-négation de cette nature, elle-même naturelle –, avant de se déployer dans la dynamique proprement historique de l’histoire universelle surmontant son ancrage dans la nature. La raison historique niant le contexte naturel de l’existence déjà plus que naturelle, car cultivée, de l’humanité est encore conditionnée, en sa négativité même, par la positivité ou immédiateté d’un tel contexte. La nature géographique conditionne la sortie d’elle-même comme un destin qui la devance – et, sans doute, la suivra –, de même que l’espace continue de conditionner le temps qui le surmonte en intériorisant son extériorité. Une nature géographique trop forte et dure, captant en cela le soin et l’énergie de l’homme, l’empêche de s’arracher à elle et d’entrer par lui-même dans le règne historique de l’esprit. Un tel enfermement géographique – géologique, mais aussi météorologique – de l’homme, affecte l’Extrême-Nord, mais surtout, puisqu’il est plus peuplé, le Sud de la planète, notamment le continent africain, hautplateau peu pénétrable écrasé par la chaleur. Dire ainsi que « c’est la zone tempérée et plus précisément la zone tempérée nordique, qui forme la scène du théâtre mondial » 13 , c’est, en effet, exclure de celui-ci une Afrique qui ne lui fournira aucune étape-pilote, pas même la première ; l’Afrique restera, par elle-même, au seuil de l’histoire, où elle n’entrera que sous une contrainte étrangère. Le parcours planétaire de l’histoire universelle ne s’opérera donc pas entre le Nord et le Sud, mais, dans la zone tempérée, de l’Est vers l’Ouest, et essentiellement dans le cadre de l’Ancien Monde, le plein Ouest du Nouveau Monde étant conquis par celui-là, une fois achevée en Europe de l’Ouest cette histoire universelle dont l’avenir américain ne sera qu’une reproduction spirituellement non créatrice. La dissymétrie propre à la raison, qui privilégie l’Ouest européen de l’Ancien Monde, fait bien centrer l’histoire universelle vers l’Ouest, dans l’Ouest, puisque ce centre est la Méditerranée, qui va jusqu’à la limite occidentale du continent par excellence historiquement créateur qu’est l’Europe. C’est pourquoi ce qui se trouve à l’Est, l’Asie, est seulement le commencement de l’histoire universelle, un commencement histo13
Ibid., p. 183.
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rique, mais naturellement, c’est-à-dire non pleinement, historique, de cette histoire qui, comme histoire vraiment telle, est l’histoire européenne. L’histoire du monde commence en Asie, l’Asie tout entière n’est que ce commencement, un long et laborieux commencement préparant en des millénaires la relativement courte journée proprement européenne de l’existence strictement historique de l’esprit. Le commencement asiatique de l’histoire est un commencement triple, successivement chinois, indien et perse, chacun de ces trois commencements réalisant l’un des moments ou l’une des conditions de l’advenir ou du devenir historique, à savoir l’identité à soi, puis la différence d’avec soi, et enfin l’identité totalisante de l’identité à soi et de la différence d’avec soi, requises par tout processus ; ce sont là, en leur vérité, les trois ingrédients de la raison. La raison historique commence bien en Asie, dans un processus qui se traduit à la fois spatialement ou géographiquement, et temporellement ou historiquement, dans le parcours conduisant de l’Extrême-Orient au Proche-Orient, du Pacifique auquel la Chine, terrienne et non maritime, tourne le dos, à la Méditerranée vers laquelle la Perse tend de toutes ses forces, encore insuffisantes. L’histoire déroule ainsi son commencement des hauts-plateaux mongols, à travers les trois couples de plaines fluviales, d’abord, en Chine, du Fleuve jaune et du Fleuve Bleu, puis, en Inde, de l’Indus et du Gange, enfin, en Perse, du Tigre et de l’Euphrate, en direction des pays maritimes de l’Asie mineure et de la Phénicie, ouverts à l’Autre et à l’étranger dans la maîtrise risquée, spirituellement fécondante, de leur destin. Les trois règnes asiatiques de l’histoire universelle commençante rassemblent essentiellement au sein des et autour des plaines citées de nombreuses populations arrachées à leur isolement émoussant et réunies dans leur commune et constante, donc générale ou universelle, réglementée et légale, soumission à une seule et même puissance absolue, à la fois réelle, politique, et idéale, religieuse ou théocratique ; grand thème hégélien, que celui selon lequel l’union horizontale des divers individus ou groupes entre eux est fondée sur l’union verticale de chacun d’eux à l’unité d’une autorité transcendante : « Ce rapport à la puissance substantielle donne alors aussi aux individus une liaison entre eux » 14 . Les empires d’Asie arrachent bien les individus et leurs groupements naturels à la spontanéité et à l’arbitraire incapables de
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Id., WG, p. 267.
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produire la culture comme une œuvre maîtrisée et les engageant dans la voie, même cahotante, de la discipline rationnelle. L’Etat et l’histoire naissent en Chine, dans un passé plurimillénaire qui persiste, identique à lui-même – commencement qui n’en finit pas – en ses institutions et le récit renouvelé de celles-ci, encore dans le présent. L’Etat chinois, vraiment statique (statarisch) en son formalisme et ritualisme pointilleux, est indifférent au changement de la vie réelle alors abandonnée, en ses différences, au hasard et à l’arbitraire. L’ordre étatique, dont le récit historique souligne la maintenance inchangée dans la succession souvent violente des règnes, est un universel assurant la sécurité des individus qui lui obéissent comme à un Un céleste transcendant d’autant plus extérieur à eux qu’il s’incarne dans la spiritualité physiquement différente d’eux de l’empereur divinisé ; le despotisme théocratique les écrase alors dans leur égalité servile : la subjectivité purement humaine, non reconnue comme un Soi intérieur, est engloutie sans liberté dans la substance théologico-politique absolument extériorisée, à tel point que le Chinois est encore plus hors de lui-même que l’Africain, qui, libre de tout universel objectivé, peut se diviniser dans la sorcellerie : c’est tardivement que, dans le contexte universalisant de l’histoire politique, l’individu déchaîné de la nature pourra se réaffirmer selon l’ordre. L’identité à soi ou universalité dans elle-même indifférenciante et indifférenciée de la substance historico-politique vide alors celle-ci de tout devenir significatif, de toute vie proprement dite, et c’est pourquoi toutes les révolutions politiques chinoises sont elles-mêmes au fond politiquement ou historiquement insignifiantes. L’histoire chinoise, la plus ancienne qui soit, n’a rien, en vérité, d’une histoire. L’empire indien intègre, lui, la vie, liée à la différence qui est toujours d’abord différence d’avec soi, dans l’universel affirmé comme le principe régissant l’existence. L’universel s’anime, de ce fait, en Inde, dans la métamorphose d’un polythéisme sacralisant les différences : le despotisme théologico-politique, en s’ouvrant ainsi aristocratiquement, offre une perspective de libération à une pluralité d’individus dont l’intériorité humaine peut s’affirmer dans la soumission à des divinités rapprochées des hommes. Mais ce mélange accentué de l’objectivité et de la subjectivité de l’esprit fait s’occulter la puissance de l’Etat, ramené de la prose historique de la légalité à l’indétermination poétique de l’imagination populaire, laquelle empêche la libération des individus incapables de s’affirmer comme des Soi réfléchis pleinement en eux-mêmes. Le triomphe de la vitalité rêvée fait régresser 32 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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l’Etat en direction du peuple et de la nation, et la sensibilisation consacrée imaginativement du Soi naturalise l’émergence des différences sociales au sein de la communauté en un système de castes justifié mythologiquement et n’autorisant l’originalité des conduites que dans l’arbitraire insignifiant de celles-ci. La réunion des différences ainsi soustraites à la liberté humaine par leur fixation à la fois suprahumaine et infrahumaine, divine et naturelle, ne peut dès lors s’opérer, sous l’injonction de l’universel toujours affirmé, mais immédiatement occulté par son immersion dans sa métamorphose particularisante, que dans leur négation également abstraite en son identité identifiée au néant. Le progrès apparent de l’histoire indienne s’annule donc faute d’une identification positive des différences : l’Inde est, en vérité, aussi statique que la Chine. On voit ainsi l’Etat indien se nier comme Etat et l’histoire indienne se nier comme histoire. Après l’Etat et l’histoire sans contenu et sans vie de la Chine, le contenu vivant de l’Etat et de l’histoire en Inde annule leur forme même d’Etat et d’histoire. Si l’Etat et l’histoire de la Chine ne peuvent par eux seuls constituer le commencement de l’histoire, il en va de même, pour des raisons opposées, de l’Etat et de l’histoire de l’Inde. Le commencement complet, concret, réel, de l’Etat et de l’histoire, comme tout advenir, requiert la synthèse ou totalisation de l’identité chinoise et de la différenciation indienne : c’est ce qui se produit avec l’empire perse. Si « la Chine et l’Inde sont pour elles-mêmes en repos, ne s’insèrent pas dans la progression, mais néanmoins sont des points de commencement pour les processus de l’histoire » 15 , la Perse mobilise ces points d’ancrage de l’histoire universelle en identifiant positivement – et non plus négativement comme en Inde – les différences cependant reconnues – et non plus exclues comme en Chine –, et donc en étant véritablement la raison même objectivée dans et comme l’histoire politique. L’universel n’est plus la substance ou objectivité sans vie opprimant la singularité subjective, comme en Chine, ni la vie dans laquelle cette singularité s’engloutit comme dans le néant inconscient recherché en Inde. Il est objectivé comme un universel substantiel accueillant en lui, libre d’elles, des singularités subjectives qu’il assure en leur propre liberté. L’esprit prend aussi en lui le dualisme jusque-là maintenu de la substance une et de la subjectivité multiple et le surmonte en faisant procéder le monde de la relation 15
Id., VG, p. 266.
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de l’Un lumineux (Ormuzd) et du multiple nocturne (Ahriman) ; l’Un spirituel n’est vraiment tel que comme l’Un surmontant le contraste vivifiant de lui-même et du multiple naturel : l’esprit n’est vraiment qu’en étant ainsi né une nouvelle fois, né deux fois. La traduction proprement politique de cette restructuration totalisante de l’être est la domination impériale d’une multitude de peuples reconnus en leur différence alors consacrée par l’identité monarchique de ce fait ouverte à son Autre, qu’elle ne traite plus seulement négativement. Une semblable réconciliation, par l’Un substantiel, de lui-même avec la subjectivité multiple s’exprime dans la totalisation géographique de l’empire perse, qui s’agrège le milieu dynamisant des côtes maritimes, l’appel de la mer – ici la mer médiatisante par excellence, la Méditerranée – faisant se risquer les individus à maîtriser leur destin sur les flots rusés, c’est-à-dire à assumer librement leur histoire, ce qui est l’assumer, dans l’élévation au-dessus de la nature, comme histoire. Commencement concret, total, de l’histoire universelle, la Perse est un commencement en et pour lui-même vraiment historique. Désormais, l’affirmation de l’histoire universelle n’est pas seulement le fait du philosophe historien, mais d’abord celui des acteurs mêmes de cette histoire. De même que l’Etat perse est le premier Etat qui se sait et se veut lui-même comme Etat – alors que l’Etat chinois et l’Etat – les Etats – de l’Inde ne sont proprement des Etats que pour nous –, de même les Perses sont le premier peuple en et pour luimême historique. L’histoire n’est pas pour elle-même avant l’histoire perse. La Chine, qui n’a pas d’histoire réellement dans elle-même, ne fait pas non plus passer d’elle-même à l’Inde, son pendant aussi en ancienneté : « La Chine est un premier moment, mais qui ne constitue en lui aucun commencement pour quelque chose d’ultérieur, qui ne va pas non plus au-delà de soi-même » 16 . Et si l’Inde, lieu de la différence, a en celle-ci le principe d’un aller-hors-de-soi et paraît réaliser ce dernier dans la réponse qu’elle a donnée à la quête traditionnelle du reste du monde en direction d’elle comme de la source de la culture, en vérité son rapport à l’Autre est posé par cet Autre et non par elle, qui reste passive vis-à-vis de lui. C’est pourquoi le passage de l’Inde à la Perse a son lieu dans le seul concept que le philosophe se fait de l’histoire mondiale. Tout au contraire, l’histoire de la Perse est vécue, sinon écrite, par celle-ci comme histoire, et l’ouverture à l’Autre occi16
Id., WG, p. 343.
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Les débuts de l’histoire universelle
dental de la Perse, le passage de l’Orient à l’Occident, d’abord hellène, est un mouvement historique entrepris en tant que tel par elle-même : « Ainsi voyons-nous ici pour la première fois dans l’histoire, non pas un passage demeurant simplement en soi, mais un passage qui est aussi historique et dans le contexte duquel un empire est celui qui disparaît » 17 , une disparition scellée empiriquement dans l’issue des guerres médiques. L’Etat perse se révèle bien comme proprement étatique en se révélant de la sorte proprement historique, en cela porté par la liberté capable de s’abandonner elle-même tant qu’elle ne s’est pas, en se libérant de l’empire de l’être naturel, totalement réalisée et confirmée en sa puissance rationnelle absolue. Mais, parce que la Perse libère l’histoire et la politique pour elles-mêmes, pour cette liberté dont l’Europe sera la réalisation achevée, l’Européen se sent déjà ou encore chez lui en deçà de l’Indus ; la Perse, en un sens, est déjà l’Europe, ce qui fait, déclarer à Hegel que « l’empire perse est un empire au sens moderne comme l’empire allemand d’autrefois et le grand empire soumis à Napoléon » 18 . Cependant, la Perse est l’Europe affirmée encore seulement par l’Asie parvenue à sa cime, non dans et par elle-même, l’Europe seulement en soi. La fin du commencement de l’histoire universelle, non pas encore l’histoire universelle se posant elle-même dans son sens vrai en reposant dans sa synthèse novatrice tous les acquis de son commencement. Que l’histoire se réalise avec son sens d’histoire dans le rassemblement complet de tous ses ingrédients, un sens qui en fait le germe de la réalisation elle-même totale de lui-même, dans le continent européen, c’est ce qui clôt son commencement. La totalisation du contenu de celui-ci anticipe donc celle de son développement ; à la différence de la nature, que son extériorité réciproque essentielle condamne à l’indéfinité, l’histoire est une totalité. Mais, que la totalisation constitutive du commencement de l’histoire soit, précisément, seulement celle d’un commencement et donc se dénonce comme pseudo-totalité, cela implique l’affirmation de l’histoire elle-même comme un tout niant ce pseudo-tout et défini alors par sa réflexion finale en soi-même. La conception hégélienne du commencement de l’histoire enveloppe celle de la fin de l’histoire. * * * 17 18
Ibid., p. 512. Ibid., p. 439.
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Bernard Bourgeois
L’histoire asiatique est seulement l’enfance de l’histoire parce que l’homme, pris dans un contexte éthico-religieux patriarcal, ne s’y affirme pas encore pleinement en sa liberté ; la subjectivité reste emprisonnée dans la substantialité à laquelle elle ne s’identifie pas encore en en faisant son but, un universel dans lequel elle se reconnaîtrait. La liberté reste un moment de la nécessité. Ou, pour le dire autrement, la subjectivité ne se fait pas encore véritablement substance, de même que et parce que la substance ne se fait pas véritablement subjectivité. L’esprit substantiel est, à la cime du développement de l’Asie, celui de la lumière qui éclaire et fait apparaître tous les êtres, dont l’identité à soi laisse être libéralement en son identité à soi leurs différences, mais précisément, sans les ramener concrètement, totalement, en elle à travers leur harmonisation organique ou leur belle organisation. Ou, pour le dire encore en d’autres termes, sur les bords occidentaux de l’Orient, le divin s’humanise, mais à moitié, dans l’Héraclès de Tyr, où l’homme n’est lui-même reconnu que comme un demi-dieu. Un tel maintien de la différence dans l’identification de l’identité substantielle et de la différence subjective, de la nécessité et de la liberté, assujettit cette identification à la nécessité ou à la nature : le lien de l’esprit et de la nature reste ainsi d’ordre naturel. Ce n’est pas la liberté qui comprend en elle, c’est-à-dire dans l’intériorité à soi, et donc de façon unifiante, la nécessité, mais l’inverse : la nécessité retient dans l’extériorité à soi affectant l’identification limitée qu’elle opère, comme l’un seulement de ses facteurs, la liberté. Ou encore : la raison pratique, totalisante, est plus existentiellement historique, vouée au devenir, par lui-même indéfini, que l’histoire n’est proprement rationnelle – et en cela, d’ailleurs, essentiellement historique –, élevée au-dessus de la nature au point qu’elle peut se poser comme une deuxième nature, spirituelle, maîtrisant la première. Voilà ce qui sépare le commencement accompli, saturé, de l’histoire universelle en Perse, de cette histoire universelle se développant à son propre niveau, véritablement spirituel, qu’est l’histoire européenne. Dès lors, les hommes acteurs de l’histoire vont se conduire en subjectivités libres sûres de maîtriser leur vie substantielle, puisque la substance va ellemême se réaliser et concrétiser à travers les trois règnes successifs de la grécité, de la romanité et de la chrétienté, l’idée d’abord abstraite d’elle-même comme incarnation subjective de soi. L’histoire européenne sera le développement progressif de la libre réalisation de la liberté. Le commencement de l’histoire, qui s’achève en Perse, synthétise 36 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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ou totalise les ingrédients, accumulés en Chine et en Inde, de cette histoire : la raison objective ou substantielle et la liberté subjective, mais de façon immédiate, extérieure, objective, naturelle, c’est-à-dire dans une fausse synthèse ou totalité : « Nous voyons que les Perses n’ont pas institué un empire auquel ils auraient donné une organisation en bonne et due forme. La Grèce est le pays où ces éléments inorganiques, rapprochés les uns des autres, obtiennent leur compénétration vraie moyennant l’approfondissement de l’esprit en luimême, où les particularités se lient mutuellement et s’élèvent à l’unité suprême. La renaissance de l’esprit à partir de ces matériaux est l’acte propre de la Grèce » 19 . Une telle renaissance s’achèvera dans la totalisation de l’être exprimée religieusement dans le christianisme, réalisé de façon mondaine dans la raison germanique assurée spéculativement d’elle-même. Cette réalisation historique de l’esprit européen christianisé est une intensification de l’histoire tenant à ce que la dualité de la substance et de la subjectivité, de la nécessité et de la liberté, s’intériorisant de plus en plus profondément dans la subjectivité libre elle-même absolutisée, est devenue une contradiction de plus en plus aiguisée mobilisant par-là de plus en plus l’esprit par essence réconciliateur. Le statisme asiatique, dont la négation perse est, comme auto-négation de lui-même, la dernière affirmation, est dès lors remplacée par l’accélération croissante de l’histoire européenne. La grande journée de l’histoire universelle se concentre de plus en plus vite pour aboutir à sa fin essentielle, à savoir sa totalisation véritable, quant à son sens dévoilé, dont l’affirmation originelle a été la raison d’être de l’entrée grecque dans la plénitude libérée de l’existence de part en part historique, qui mit un terme à la répétitivité du commencement asiatique. Une telle fin, affirmée brièvement mais nettement par Hegel, de l’histoire universelle, ne signifie aucunement la fin de la réalisation empirique particularisante de l’apport de cette histoire, mais cet apport est désormais clos. Car sa détermination en ceci ultime a pour contenu sa propre totalisation effective réalisant objectivement la liberté de l’esprit, tâche qui a constitué, du début à son terme, l’histoire pleinement historique, puisque pleinement rationnelle, de l’Europe, exigée, comme son accomplissement, par le commencement asiatique de l’histoire universelle. La raison de l’histoire, dès son commencement,
19
Ibid., p. 514.
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Bernard Bourgeois
n’est rien d’autre que la réalisation, dans l’histoire, de cette raison pratique ou de cette liberté qui n’est elle-même, c’est-à-dire chez soi, qu’en étant totalement présente à elle-même dans elle-même, dans la jouissance éternelle de soi qu’est, partout et toujours, l’esprit.
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Le fils de son temps Moralité et éthicité de Kant à Hegel Nous n’appartenons à personne sinon au point d’or de cette lampe inconnue de nous, inaccessible à nous qui tient éveillés le courage et le silence 1.
Introduction Dans son article intitulé « La mémoire : ›un devoir‹ ? » 2 , Myriam Bienenstock suggère que le concept hégélien d’éthicité est mieux à même de rendre compte du statut complexe du devoir de mémoire que l’impératif catégorique kantien. L’une des raisons à cela est que contrairement à l’impératif du type « tu ne tueras point ! », qui vaut, du point de vue de la morale de Kant, universellement, le devoir de mémoire est une obligation qui est liée à un peuple, à son histoire et à des événements spécifiques. Même s’il peut valoir au-delà d’un peuple donné, il n’aura pas la même signification en fonction des cultures et des époques où il apparaît. Si la formule est récente 3, la notion de « devoir de mémoire » est très ancienne, et Myriam Bienenstock la fait remonter au Zakhor des Hébreux : « tu te souviendras que tu fus esclave en Egypte » (Deut. 5, 15). Or, note-elle, dans l’Ancien Testament, ce commandement ne fait pas partie des impératifs qui s’adressent à tous les hommes, comme le «Tu ne tueras point ! » du Décalogue 4. C’est l’indice qu’un tel impératif, « N’oublie pas ! », pour essentiel qu’il puisse être, ne vaut pas universellement, il comporte une historicité, tant pour son objet – que faut-il ne pas oublier ? – que pour les sujets auxquels il s’adresse : qui sont les personnes concernées par cette obligation ? Même si Hegel ne parle guère de « devoir de mémoire », son concept d’éthicité permet mieux de décrire le statut René Char, Feuillets d’Hypnos (1943–44), in Fureur et mystère, Paris, Poésie/ Gallimard, 1985 p. 87. 2 « La mémoire : un ‹ devoir › ? », in Devoir de mémoire? – Les lois mémorielles et l’histoire, éd. par M. Bienenstock, Paris, Éditions de l’éclat, 2014, p. 17–37. 3 En France, elle remonte aux années 1970. Voir Sébastien Ledoux, Le devoir de mémoire. Une formule et son histoire, Paris, CNRS éditions, 2016. 4 Art. cit., p. 24, 29. 1
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Christophe Bouton
d’une telle obligation, précisément parce que, à la différence de la morale kantienne, il s’accorde pleinement avec l’historicité des normes, qu’elles soient de nature morales, juridiques ou religieuses. Pour illustrer son propos, Myriam Bienenstock cite ce passage tiré de La Philosophie de l’histoire de Hegel : On a dénommé éthicité (Sittlichkeit) la vitalité de l’Etat dans les individus. L’Etat, ses lois et ses institutions sont les leurs, ce sont leurs droits. La nature de l’Etat – le sol, les montagnes, l’air et les fleuves – constitue leur propriété extérieure ; c’est leur terre, leur patrie. L’histoire de cet Etat, ses actes et les actes de leurs ancêtres sont les leurs, ils vivent dans leur souvenir, ces actes ont produit ce qui existe aujourd’hui, ils leur appartiennent – Tout cela est leur possession, tout comme ils sont eux aussi en sa possession, car cela constitue leur substance, leur être. Leur imagination en est pleine, et leur volonté consiste à vouloir ces lois, et cette patrie. 5
Hegel pointe le fait que l’histoire de l’Etat, avec ses grands hommes, ses hauts faits passés, mais aussi ses drames, ses guerres, est conservée sous forme de souvenirs par les individus, elle fait partie de l’éthicité du peuple. Cette intériorisation, sans doute plus ou moins approximative, de l’histoire passée de son peuple, permet à l’individu d’être en adéquation avec les mœurs, avec l’esprit du temps. Il faut se souvenir du passé pour comprendre le présent, être « de son temps ». Hegel l’explique un peu plus loin : Chaque individu singulier est le fils de son peuple, et également le fils de son temps, dans la mesure où son Etat est conçu comme en développement. Nul ne reste en arrière de ce temps, il est encore moins possible de sauter par-dessus lui. Cet être spirituel est le sien, il en est un représentant. Il est ce dont il vient et là où il se tient. 6
Dans cette contribution, je voudrais m’interroger sur ce lien qui est censé unir l’individu à son temps, à son époque, via le principe de l’éthicité. Pour l’analyser, il faut revenir sur la critique hégélienne de la « moralité » kantienne, selon laquelle l’individu ne trouve pas ses normes morales dans l’intériorité de sa « raison pratique pure », ellemême fondée sur une « loi morale » atemporelle, mais dans l’éthicité Hegel, La Philosophie de l’histoire [abrégé PH], édition réalisée sous la direction de Myriam Bienenstock, traduction de Myriam Bienenstock, Christophe Bouton, Jean-Michel Buée, Gilles Marmasse, et David Wittmann, appareil critique de Norbert Waszek, Paris, Le Livre de poche, La Pochothèque, 2009, p. 79–80. 6 Hegel, La Philosophie de l’histoire, p. 80. 5
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de son peuple. Comme l’a montré Odo Marquard, il ne s’agit aucunement pour Hegel de réduire à néant le concept de « devoir », en l’identifiant purement et simplement à la réalité. Son objectif, avec le concept d’éthicité, est plutôt de dépasser l’opposition kantienne entre être et devoir-être, en soulignant l’historicité des normes 7, qui exclut l’idée qu’il puisse y avoir des normes morales éternelles, étrangères à toute évolution, et implique que les devoirs ne peuvent pas être pensés indépendamment des conditions historiques et sociales de leur réalisation 8 . A la morale universaliste et déontologique kantienne, Hegel oppose le modèle, inspiré de l’antiquité, selon lequel « la sagesse et la vertu consistent [pour chacun] à vivre conformément aux mœurs de son peuple » 9 . Cela est possible parce que l’individu est le fils de son peuple, et aussi le fils de son temps. Cette précision est ajoutée afin de souligner que l’éthicité d’un peuple n’est jamais gravée dans le marbre, elle varie en fonction des époques, elle se « développe » au même titre que l’Etat dont elle est une composante essentielle. Cette historicité de l’éthicité soulève dès lors une question : que se passe-t-il quand l’éthicité d’un peuple se modifie en partie ou en totalité, par exemple à une époque de crise ou de déclin ? Dans ce cas, l’harmonie entre l’individu et son époque est-elle toujours préservée, rétablie ? Certains individus ne se retrouvent-ils pas décalés, en arrière ou en avance de leur temps ? Sans étudier cette question de manière exhaustive, il s’agit d’examiner, à partir de Hegel, plusieurs types de décalage entre l’individu et son temps, qui engendrent des situations de troubles dans l’éthicité, ce qu’on pourrait appeler, avec Axel Honneth, des pathologies de l’éthicité. Dans certaines situations, le modèle kantien de la moralité ne retrouve-t-il pas une pertinence, comme s’il pouvait servir de morale de secours, de morale en temps de détresse ?
Le terme de norme est trop récent pour que Hegel l’ait employé. Il parle d’obligation (Pflicht, Verplichtung) ou de devoir (Sollen). Le concept de norme que j’utilise dans cette étude, au sens d’une contrainte, d’une règle sociale, englobe ces différentes notions. 8 O. Marquard, « Hegel et le devoir », in Des difficultés avec la philosophie de l’histoire, trad. de Olivier Mannoni, Paris, éditions de la Maison des sciences de l’homme, 2002, p. 38–39. 9 Hegel, La Phénoménologie de l’esprit [abrégé PhE], trad. de Bernard Bourgeois, Paris, Vrin, 2006, p. 325. 7
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1. Hegel critique de Kant 10 : la loi morale est aveugle au contexte La section des Principes de la philosophie du droit consacrée à la moralité ne se limite pas à une critique de la morale kantienne. On y trouve d’autres éléments, notamment une théorie de l’action individuelle, de l’imputation, et une réflexion sur le concept de « bien » et sur les différentes formes de « mal ». Je vais me concentrer uniquement sur les arguments par lesquels Hegel critique la théorie de l’impératif catégorique, par trop formelle à ses yeux. Il ne s’agit pas d’un rejet total. Dans le § 135 des Principes de la philosophie du droit, il fait l’éloge du concept kantien de liberté comme pure autodétermination inconditionnée, autonomie infinie, comprise comme racine de l’obligation 11 . Mais il reproche à Kant de ne pas être passé au concept d’éthicité, ce qui fait de sa théorie morale un « formalisme vide ». Que recouvre ce reproche ? En premier lieu, la loi morale est aveugle au contexte. Je reprends cette expression à Honneth 12 , qui considère à juste titre que c’est l’objection principale de Hegel. Elle peut se comprendre de deux manières. Elle signifie tout d’abord que l’individu se trouve toujours déjà dans un environnement social et institutionnel déterminé, qui contient des normes morales, juridiques, sociales, religieuses, etc., qui dépendent de la sphère où il se trouve : la famille, la société civile (le monde professionnel), l’Etat (la vie publique) : « en effet, pour ce qui est de la mise en œuvre de l’impératif catégorique, le sujet reste sans orientation et « vide » aussi longtemps qu’il n’extrait pas certaines directions normatives à partir des pratiques institutionnalisées dans son environnement – ce dernier étant le seul à pouvoir l’informer de ce qui est susceptible de valoir comme une « bonne » raison » 13 . L’impératif catégorique de la loi morale est vide au sens où il est aveugle aux normes instituées. Kant les rejette explicitement dans sa critique des formes de morale basées sur l’éducation, les mœurs ou la constitution civile, qui sont des « principes matériels » de la morale, Je reprends le titre d’André Stanguennec (Hegel critique de Kant, Paris, PUF, 1985), qui fournit une présentation d’ensemble du rapport de Hegel à Kant. 11 Hegel, Principes de la philosophie du droit, [abrégé PPD], traduction et édition critique de Jean-François Kervégan, Paris, PUF, 2013, p. 288–289. 12 Axel Honneth, Les pathologies de la liberté. Une réactualisation de la philosophie du droit de Hegel, trad. de Franck Fischbach, Paris, La Découverte, 2008, p. 73. 13 Ibid., p. 73–74. 10
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Le fils de son temps
des formes d’hétéronomie, dont le sujet doit faire table rase au départ du processus de décision éthique 14. La valeur morale des maximes des actions doit se décider à partir de la loi morale seule, principe suprême de la moralité. Or, comme l’observe Honneth, l’individu, au moment où il a une décision à prendre ayant un enjeu moral, peut certes faire abstraction de ses intérêts personnels, mais non des normes sociales dans lesquelles il baigne toujours déjà, et qui imprègnent implicitement ses manières de penser et même de parler, s’il est vrai que le langage est lui-même chargé de normes et d’histoire. L’individu étant le fils de son peuple et de son temps, il a déjà pour Hegel une précompréhension de ce qu’il est juste de faire, qui peut sans doute être soumise à la réflexion, mais non pas ignorée. Au « fait de la raison » kantien, qui décrit le statut que la loi morale est censée avoir, Honneth oppose, à la suite de Hegel, « les faits institutionnels » 15 des normes sur lesquels butte la volonté du sujet moral. Cela ne signifie pas que Hegel réduise le moral au juridique. Il admet qu’il existe des normes morales spécifiques relevant du bien et du mal, de la « moralité », qui interviennent souvent là où les normes juridiques font défaut. Honneth définit ainsi la liberté morale comme la liberté qui concerne tous les domaines où la loi juridique ne détermine pas les comportements 16. Autrement dit, la liberté (morale) est le silence de la loi (juridique) – mais non le silence des normes. Car l’individu trouve précisément dans l’éthicité des normes morales non codifiées, qui proviennent des usages, des coutumes, de la tradition religieuse, des pratiques, etc., bref des mœurs (l’éthicité, la Sittlichkeit, vient de Sitten, les mœurs). Le second aspect de la critique du formalisme kantien par Hegel concerne non le contexte institutionnel, mais le contexte circonstanciel de l’action. Pour Kant, l’impératif catégorique vaut absolument, quelles que soient les circonstances dans lesquelles l’on se trouve. C’est le sens de la controverse célèbre avec Benjamin Constant exposée dans l’opuscule Sur un prétendu droit de mentir par humanité (1797). Le devoir de véracité, le devoir de dire sincèrement ce que je pense être le vrai à quiconque me le demande, ne souffre aucune ex14 Kant, Critique de la raison pratique [abrégé CRPra] trad. de Jean-Pierre Fussler, Paris, GF Flammarion, 2003, p. 139. 15 A. Honneth, Le droit de la liberté. Esquisse d’une éthicité démocratique, trad. de Frédéric Joly et Pierre Rush, Paris, Gallimard, 2015, p. 175. 16 Ibid., p. 165.
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ception, il vaut même dans le cas où un meurtrier me demande si la personne qu’il pourchasse se trouve dans ma maison. Fichte remarquera que l’attitude à avoir serait plutôt, à défaut de mentir, de refuser de parler, ce qui déclenchera peut-être la colère et la violence de l’agresseur, et nécessitera que l’on s’interpose, voire que l’on risque sa vie pour en sauver une autre 17. Ce que Kant ne voit pas dans cet exemple, c’est que le devoir de véracité entre en conflit avec le devoir tout aussi moral de porter assistance à autrui. Dans les deux cas, on a bien deux maximes universalisables, conformes à la loi morale. Cet exemple suggère ainsi que l’impératif catégorique ne peut être aveugle aux circonstances. Ce point est souligné par Hegel à plusieurs reprises. Les devoirs sont conditionnés par la situation, ce qui les rend contingents, médiats, hypothétiques. Dans la section consacrée à « la raison législatrice » de la Phénoménologie de l’esprit, à laquelle renvoie d’ailleurs le § 135 des Principes de la philosophie du droit, il prend l’exemple du devoir de véracité, en un sens différent. Kant soutient que l’individu n’a pas besoin de se référer aux normes existantes pour savoir ce qu’est le bien, il sait immédiatement quel est son devoir. Hegel reformule cette affirmation : « la saine raison sait immédiatement ce qui est juste et bon », elle est la « certitude éthique immédiate » (PhE, p. 371–372). Mais ce savoir éthique n’est en réalité jamais immédiat, au sens où il dépend des circonstances, il est toujours contextualisé. Ainsi, le devoir selon lequel « chacun doit dire la vérité » est censé ne souffrir aucune condition, mais il suppose toutefois que l’on connaisse la vérité. Chacun doit dire la vérité s’il la sait, selon ce que chaque fois il en connaît. Le devoir de dire la vérité n’est donc pas catégorique mais hypothétique, il n’est pas immédiat mais médiatisé par le savoir de l’individu, il n’est pas nécessaire, mais contingent, car il lié aux informations que chacun possède, donc au hasard des circonstances : « la proposition, en tant qu’éthique, promet un contenu universel et nécessaire, et, de la sorte, du fait de la contingence de ce contenu, elle se contredit elle-même » (PhE, p. 373).
Fichte, Le système de l’éthique selon les principes de la doctrine de la science, § 23.2, trad. d’Alain Renault, Paris, PUF, 1986, p. 272–273.
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2. La sous-détermination des devoirs par la théorie kantienne Le reproche de formalisme vide porte également sur la définition même de la loi morale proposée par Kant dans la Critique de la raison pratique : « Agis de telle sorte que la maxime de ta volonté puisse toujours valoir en même temps comme principe d’une législation universelle » (CRPra, p.126). Cela signifie qu’une action envisagée est morale si la maxime qui la guide explicitement ou implicitement peut être universalisée sans contradiction. Ce raisonnement apparaît clairement dans l’exemple du dépôt. Une personne m’a confié en dépôt une somme d’argent, et meurt sans laisser de testament. Je suis tenté de garder l’argent sans rien dire aux héritiers, et personne n’en saura rien. Une telle attitude serait immorale, car la maxime selon laquelle il serait loisible à chacun de nier l’existence d’un dépôt dès lors que personne ne peut le prouver n’est pas universalisable : « je me rends compte aussitôt qu’un tel principe, pris comme loi, s’anéantirait lui-même, parce qu’il en résulterait qu’il ne pourrait y avoir aucun dépôt » (CRPra p. 121–122). On voit ici que l’argument de Kant est purement formel, et assumé comme tel, au sens où une maxime immorale est une maxime pour laquelle le test de l’universalisation – qui est une sorte d’expérience de pensée pratique – entraîne une autocontradiction. Hegel considère ainsi que l’impératif catégorique fait reposer la détermination des obligations particulières sur « le défaut de contradiction, en tant que concordance formelle avec soi » (PPD, § 135, p. 288), sur la tautologie formelle du principe d’identité (au sens où ce principe contient l’exigence de ne pas se contredire). Or, avec un tel critère, on reste selon lui dans une indétermination abstraite, qui est incapable de fixer des devoirs concrets. En d’autres termes, le critère de non contradiction peut prouver une chose et son contraire : il y a sous-détermination des devoirs par la théorie de la loi morale. Hegel précise cet argument à la suite de l’affirmation précédente, dans la remarque du § 135 des Principes de la philosophie du droit. En quoi le vol et le meurtre sont-ils immoraux ? Qu’il n’y ait plus de propriété (universalisation du vol) ou plus d’humanité (universalisation du meurtre) ne contient aucune contradiction. Ou plutôt, ce n’est contradictoire que si a été posé auparavant le respect de la propriété et de la vie, en tant que principes stables fondé dans l’éthicité. Son raisonnement est un peu elliptique, et pour le préciser, il faut se référer à 45 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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nouveau à la Phénoménologie de l’esprit à laquelle le § 135 renvoie explicitement. Après la critique de la « raison législatrice », Hegel aborde « la raison qui met à l’épreuve les lois ». Il s’agit d’une position de repli de la conscience. La raison renonce à déterminer le contenu des lois (morales) et se contente d’examiner leur forme : elle ne légifère plus, elle produit seulement le critère de référence permettant de vérifier si une loi, donnée par ailleurs, est juste ou non. Cette figure de la conscience est au plus près de la théorie morale de Kant, dont elle restitue bien l’esprit, s’il est vrai que le sujet moral kantien ne crée pas la loi morale, il la trouve en lui comme un « fait de la raison » (CRPra, p. 127–128), qui lui sert de critère permettant, le cas échéant, de tester, de mettre à l’épreuve la moralité des devoirs et des actions. Mais, ajoute Hegel, cette mise à l’épreuve « ne va pas loin ; en tant, précisément, que la mesure de référence est la tautologie et qu’elle est indifférente à l’égard du contenu, elle admet en elle aussi bien ce contenuci que le contenu opposé » (PhE, p. 376). Pour illustrer son propos, il prend de la propriété : celle-ci est-elle morale ou non ? La propriété en soi et pour soi, comme notion simple prise en elle-même, ne se contredit pas (elle est tout à fait universalisable). Mais la non-propriété, élevée au rang de loi universelle, ne se contredit pas non plus, comme le montre l’exemple la communauté des biens défendue par Platon dans sa République. Il n’y a formellement aucune impossibilité à élever la non-propriété au rang de loi universelle. Il n’y a pas non plus de contradiction dans les principes suivants : une chose n’appartient à personne, ou elle appartient à la première personne venue, ou à tout le monde, ou à chacun selon ses besoins. Tous ces principes sont universalisables sans contradiction. La cohérence formelle de la pensée est dès lors un critère insuffisant pour trancher la question de la moralité de la propriété. C’est si l’on décompose la non-propriété en plusieurs déterminations que naissent des contradictions. Par exemple, le principe « à chacun selon son besoin » contredit le principe d’égalité. Mais la propriété connaît elle aussi des contradictions quand elle est décomposée en plusieurs déterminations : la propriété d’une chose est posée comme définitive, pourtant, la chose est destinée à être consommée et détruite. Hegel en conclut que « la mesure de référence de la loi, que la raison a en ellemême, convient également bien à tout et, en conséquence, n’est en fait aucunement une mesure de référence » (PhE, p. 378). Le deuxième exemple est celui (kantien) du dépôt. Si je garde le dépôt pour moi, je ne commets aucune contradiction. Car pour la 46 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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raison vérificatrice, la propriété est définie selon mon point de vue, et non comme une loi éthique immuable. Dès lors que je garde le dépôt pour moi, je ne le considère plus comme la propriété d’un autre, et je suis conséquent. Ce changement de point de vue n’est pas plus contradictoire que dans le cas d’un cadeau. Faire un cadeau, c’est considérer que ma propriété devient celle d’un autre, sans qu’il y ait contradiction : je peux tout autant « parcourir le chemin inverse » (PhE, p. 382) (d’un point de vue formel s’entend), en considérant que la propriété d’autrui devient ma propriété. On peut objecter que la maxime de faire un cadeau est universalisable sans contradiction, alors que celle du vol ne l’est pas. Hegel ne tient pas compte que dans le raisonnement de Kant, la contradiction se situe entre la maxime de départ et sa forme universalisée. Si la maxime du vol – qui consiste à prendre sans consentement la propriété d’autrui – est érigée en loi universelle, alors la propriété n’a plus de sens et donc le vol non plus. Un monde sans propriété n’est pas contradictoire en soi, mais il est contradictoire avec le vol, qui disparaît de ce monde. Le vol (une fois universalisé) se contredit luimême. Il en va de même pour le dépôt. Hegel déplace la question en se demandant : après tout, qu’est-ce qui nous dit que la propriété est morale ? Il faut bien reconnaître que sur ce point, la loi morale reste silencieuse. Elle dit seulement : une fois la propriété établie, le vol est immoral. Mais faut-il l’établir ? La question de la moralité de la propriété ne relève pas de l’impératif catégorique, elle renvoie chez Hegel à une théorie de la liberté qui voit dans le droit la liberté comme idée, c’est-à-dire la réalisation effective du concept de liberté. De ce point de vue, la propriété a une valeur juridique et morale, au sens où elle est la liberté comme chose, la liberté incarnée dans une chose (PPD, § 41 sq.). La maxime du vol est immorale non pas parce qu’elle se contredit elle-même une fois universalisée, mais parce que son universalisation contredit le principe éthique de la propriété déjà établi par ailleurs. Si on n’admet pas par avance les principes de l’éthicité, alors la contradiction ne peut pas jouer, car là où il n’y a rien, il n’y a rien à contredire. Avec ces deux exemples, Hegel veut montrer que la raison pratique kantienne, que ce soit dans sa forme législatrice ou vérificatrice 18, ne C’est bien Kant qui, à défaut d’être nommé, est visé dans ces deux sections de la « raison législatrice » et de « la raison qui met à l’épreuve les lois », comme le rappelle Bernard Bourgeois (PhE, p. 372 note 2 et p. 376, note 2).
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reconnaît pas la valeur en soi des lois et principes éthiques : elle débouche sur « la témérité tyrannique qui fait de l’arbitraire la loi et de la vie éthique (Sittlichkeit) l’obéissance envers cet arbitraire » (PhE, p. 379), s’exposant ainsi au risque de subjectivisme moral. S’inspirant du modèle de la cité antique (Hegel cite les vers de l’Antigone de Sophocle sur « le droit non écrit et infaillible des dieux » 19 ), il renverse la logique de la morale kantienne : « ce n’est donc pas parce que je trouve que quelque chose ne se contredit pas qu’il est un droit, mais c’est parce qu’il est ce qui est droit [au sens de : juste] qu’il est un droit » (PhE, p. 382). Dans les Principes de la philosophie du droit, il précise que « ce qui est droit et obligation n’est, par essence, ni la propriété particulière d’un individu, ni dans la forme du sentiment ou d’un autre savoir singulier, c’est-à-dire sensible, il est au contraire [dans la forme] de déterminations pensées, universelles, c’est-à-dire dans la forme de lois et de principes » (PPD, § 137, p. 291). L’universalité des normes n’est pas à chercher dans un impératif catégorique, car elle est donnée objectivement à même l’éthicité, à travers des institutions comme le droit, la famille, les corporations, l’Etat lui-même, etc. – ce que Hegel appelle « l’esprit objectif » 20 . Elle n’est pas une universalité absolue, éternellement valable, car elle est située historiquement et géographiquement, dans l’esprit d’un peuple. L’objection de formalisme vide rejoint ainsi celle de l’aveuglement au contexte institutionnel et circonstanciel.
3. La réduction de la moralité à l’éthicité L’éthicité constitue pour Hegel le « système objectif » des principes et des obligations circonscrit à un peuple particulier et à une époque donnée, dans lequel l’individu puise les devoirs qui lui incombent dans des situations déterminées. Le système de l’éthicité n’est pas purement objectif, il est intériorisé par les individus comme une « seconde nature », à travers l’éducation, les pratiques sociales, les mœurs,
PhE, p. 381 : « Car non pas aujourd’hui et hier, mais toujours / Il vit, et nul ne sait d’où il parvint au jour » (Sophocle, Antigone, v. 456–457). 20 Sur ce concept, voir Myriam Bienenstock, « Qu’est-ce que l’esprit objectif selon Hegel ? », Revue germanique internationale, no 15, « Hegel : droit, histoire, société », 2001, p. 103–126. 19
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etc. Hegel caractérise la dimension subjective de l’éthicité par le concept de « disposition-d’esprit éthique » (ethische Gesinnung), qui nomme une aptitude des individus à respecter les normes de l’éthicité. Elle définit la « conscience-morale véritable », par opposition à la « conscience-morale formelle » désignant Kant et ses épigones (PPD, § 137, p. 290–292). Bien comprise, l’autodétermination kantienne devient ainsi la capacité à obéir non pas à une loi morale intérieure (d’où le fait que Hegel utilise peu le terme d’autonomie, qui connote l’idée de loi morale), mais à des lois et à des principes immanents à l’éthicité, auxquels l’individu adhère avec confiance, dans lesquels il se retrouve lui-même, bien qu’il ne les ait pas créés. En vivant conformément aux mœurs de son peuple, il est chez lui dans son être autre, autre manière de dire qu’il est « le fils de son peuple ». On voit que le chapitre sur « La moralité » des Principes de la philosophie du droit n’est pas une réfutation sans reste de la philosophie pratique de Kant. Il s’agit plutôt d’un dépassement, d’une Aufhebung où ce qui est nié (l’impératif catégorique) coexiste avec ce qui est conservé (l’autodétermination infinie du sujet propre à la modernité). Ce chapitre peut ainsi se lire comme une réduction de la moralité à l’éthicité, au sens d’une reconduction des normes morales de la raison pratique pure à la raison objective historique – à l’esprit objectif. De quelle éthicité parle-t-on au juste ? Même s’il s’en inspire comme on l’a vu, Hegel n’est pas un thuriféraire de la cité grecque antique. Il considère par exemple comme un progrès la codification des lois sur le modèle de Napoléon, qui permet de les rationaliser et de mieux les connaître. Comme le rappelle Myriam Bienenstock, l’inaptitude à mettre les coutumes éthiques sous forme de loi est pour lui un « signe de barbarie » 21 . On est loin des lois divines immémoriales et non écrites chantées par Antigone. En outre, le concept d’éthicité a une certaine plasticité, qui lui permet d’intégrer plusieurs modèles différents et donc de rendre compte de l’historicité et de l’évolution des normes. Comme on le sait, Hegel fait une distinction tranchée entre l’éthicité du monde antique (grec et romain), et l’éthicité moderne, dont il fait remonter la naissance au christianisme, distinction qui n’est pas sans rappeler celle entre la « liberté des Anciens » et la
« La mémoire : un "devoir" ? », p. 34. M. Bienenstock cite l’article de Hegel sur Des manières de traiter scientifiquement du droit naturel …, trad. de Bernard Bourgeois, Paris, Vrin, 1972, p. 82.
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« liberté des Modernes » proposée par Benjamin Constant en 1819. Pour Hegel, « Le droit de la particularité du sujet à se trouver satisfaite ou, ce qui est la même chose, le droit de la liberté subjective constitue le point d’inflexion, le point central de la différence entre l’Antiquité et l’époque moderne » (PPD, § 124, Rq., p. 276). Deux formes de liberté, deux formes d’éthicité distinctes, qui se dédoublent elles-mêmes en différentes catégories. L’éthicité moderne accueille en son sein la moralité 22, comprise comme un type de normativité articulée autour de la dichotomie entre le bien et le mal, qui n’est pas codifiée par les lois juridiques ni soumise aux peines afférentes, et qui met en jeu le sujet par opposition à la personne 23. Le principe kantien de l’autodétermination est l’une des expressions de cette liberté moderne dans le champ de la moralité, qui entend soumettre les devoirs au tribunal intérieur du sujet – ce que ne faisaient pas les citoyens de la cité antique tels que Hegel les représente, animés par une confiance inébranlable dans les mœurs et les coutumes. L’individu moderne agit conformément aux mœurs de son peuple et de son époque, dans la mesure où il en comprend et en reconnaît la rationalité intrinsèque. Ainsi, note Hegel à propos de son époque, « le devoir en tant que tel ne vaut plus absolument, mais seulement dans la mesure où l’on sait les raisons pour lesquelles il doit valoir » (PH, p. 149). Hegel considère cette attitude comme un progrès – un progrès dans la conscience que les peuples prennent de la liberté – tout en soulignant ses dangers. Chez Kant, le principe de l’autonomie, parce qu’il vise un universel abstrait, se retourne contre le droit du particulier, « produisant ainsi un point de vue sur la moralité d’après lequel celle-ci ne peut se perpétuer que comme un combat hostile contre la satisfaction propre », en commandant « de faire avec aversion ce que prescrit l’obligation » (PPD, § 124, Rq., p. 276–277). Or, on accordera volontiers à Hegel que le devoir n’est pas toujours doloriste, synonyme d’effort et de peine, il peut arriver qu’on le fasse avec plaisir, intérêt et même enthousiasme. Dans le subjectivisme moral, on ob-
Avec d’autres éléments nouveaux comme la société civile. Sur ce point, voir Norbert Waszek, The Scottish Enlightenment and Hegel’s Account of ›Civil Society‹, Dordrecht/Boston/London, Nijhoff-Kluwer, 1988. 23 Voir PPD, §§ 105–106, et la note 1 de Jean-François Kervégan, p. 259–260, qui développe la question de la distinction et de l’articulation entre les normativités juridiques et morales dans son étude, « La rationalité normative : impulsions hégéliennes », Raisons politiques 61(1), p. 69–85. 22
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serve le défaut inverse du rigorisme kantien : le droit du particulier se dresse contre l’universel, engendrant l’égoïsme, l’hypocrisie, la vanité ou l’ironie, qui se moque des normes de l’éthicité et les tourne en dérision (PPD, § 140).
4. Les pathologies de l’éthicité Le modèle hégélien de l’éthicité, dont je n’ai fait que résumer les grandes lignes nécessaires à mon propos, décrit une articulation harmonieuse entre l’individu, le peuple et l’Etat, via les concepts de « disposition d’esprit éthique » et d’« esprit objectif ». Hegel ne développe pas pour autant une vision idyllique de la vie sociale, qui serait exempte de tout conflit. Au contraire, il a été attentif à de nombreuses formes de discordance entre l’individu et l’éthicité, qui mettent à l’épreuve, pour ainsi dire, la robustesse de cette dernière. On peut distinguer deux types de conflit, qui se recoupent parfois : soit l’individu ne se sent pas le fils de son peuple, il ne reconnaît pas l’éthicité dans laquelle il se trouve, parce qu’il a d’autres aspirations, d’autres normes morales ou d’autres valeurs qui lui semblent meilleures ; soit l’individu ne se sent pas le fils de son temps, parce qu’il est en retard ou en avance sur lui. En ce qui concerne le premier cas de figure, on peut mentionner, sans être exhaustif, les figures de la conscience qui sont en révolte contre l’éthicité, étudiées dans la Phénoménologie de l’esprit sous les rubriques « La loi du cœur et le délire de la présomption », qui ferait implicitement allusion au héros rebelle Karl Moor des Brigands de Schiller, et « La vertu et le cours du monde » (PhE, p. 334–350). Ces figures donnent lieu à une dialectique qui se termine par la victoire du cours du monde, au sens où la conscience vertueuse « a dans son combat fait l’expérience de ce que le cours du monde n’est pas aussi mauvais qu’il en avait l’air ; car son effectivité est l’effectivité de l’universel » (PhE, p. 349) – par quoi il faut entendre l’universel concret de la vie éthique et non l’universel abstrait d’un idéal inaccessible. Ces figures révoltées agissent pour revendiquer ou introduire dans le monde une normativité différente de celle de l’éthicité qui est en vigueur, parfois même de façon violente comme dans le cas de Karl Moor. Cette violence peut prendre des formes extrêmes avec le terrorisme, dont Honneth fait l’une des pathologies possibles de la liberté
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morale 24. Dans ce dernier cas, l’individu rejette l’ordre social jugé immoral et s’octroie le droit de tuer, au nom d’idéaux normatifs considérés comme supérieurs. L’interdiction du meurtre est renversée, pervertie en devoir de tuer. Dans d’autres situations, la discordance entre l’idéal moral de l’individu et la réalité normative de l’éthicité est plus pacifique, elle provoque, à l’inverse, un phénomène d’inaction. Hegel le décrit à travers la figure de la « belle âme », qui clôt le chapitre de la Phénoménologie de l’esprit consacré à la « moralité » et à la « vision morale du monde » (chap. VI, C). Au lieu de vouloir changer le monde jugé corrompu, injuste, la « belle âme » se drape dans son intériorité et finit par s’étioler, voire par se suicider, à l’image du Werther de Goethe. On peut rattacher cette analyse à la réflexion de Hegel sur les âges de la vie. Dans cette perspective, la révolte morale contre le monde et son éthicité est une étape incontournable mais provisoire dans la vie de l’individu, elle correspond à la jeunesse qui a tendance à être révolutionnaire, puis finit par « reconnaître le monde comme un monde subsistant-par-soi », « à accepter les conditions qui lui sont imposées par ce monde » 25 . Dans ces situations, l’individu est en conflit avec l’éthicité existante, qu’il conteste partiellement ou en totalité, provisoirement ou définitivement, au nom d’une moralité différente. L’individu n’est plus le fils de son peuple, ou plutôt, pour filer la métaphore, il est en conflit avec ce peuple, à l’image de l’adolescent qui conteste l’autorité parentale. La discordance entre l’individu et l’éthicité n’est pas toujours un problème de crise passagère ou ponctuelle, elle peut être liée à un phénomène plus profond de décalage temporel entre deux formes opposées d’éthicité qui ne relèvent pas de la même époque. L’individu peut défendre des normes éthiques obsolètes ou en passe d’être supplantées par un nouveau système de normes (ce que Bourdieu a appelé, dans un autre contexte, l’hystérésis). Dans le corpus de Hegel, le symbole de cette conscience qui est en décalage vers le passé est sans doute la figure d’Antigone. Antigone défend la loi divine archaïque de la famille, pour laquelle enterrer les morts est un devoir sacré, contre Créon qui applique la loi humaine de l’Etat, censée correspondre à un état plus avancé de la cité grecque. Elle défie Créon en enterrant son A. Honneth, Le droit de la liberté, p. 185–189. Hegel, L’Encyclopédie des sciences philosophiques, Tome 3 : La philosophie de l’esprit, § 396, Add., trad. B. Bourgeois, Paris, Vrin, 1988, p. 438.
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frère Polynice, bien qu’il ait trahi sa patrie, mais en reconnaissant finalement sa faute – Hegel cite ce vers : « souffrant, nous avouons que nous avons failli » (PhE, p. 408) – elle se réconcilie avec l’effectivité de la vie éthique en vigueur dans la cité grecque : « cette reconnaissance exprime la suppression de la scission du but éthique et de l’effectivité, elle exprime le retour à la disposition d’esprit éthique, qui sait que rien ne vaut que ce qui est juste et droit » (ibid.). Par-delà son attachement à l’éthicité traditionnelle, Antigone incarne avec un certain panache la figure de la conscience révoltée contre l’autorité de l’Etat, qui paye sa rébellion au prix d’une mort terrible. Un autre exemple, moins glorieux, de décalage vers le passé, est la conscience réactionnaire, qui s’accroche à un modèle politique dépassé. Hegel évoque ce cas de figure dans une lettre à Niethammer du 5 juillet 1816, où il compare les partisans de la réaction en Europe après la chute de Napoléon Bonaparte à des « fourmis », des « puces » et des « punaises », qui ne sauraient arrêter la progression de l’esprit du monde, comparé à une « phalange cuirassée et compacte », ou à un « colosse » qui a chaussé « les bottes de sept lieues » 26 . Dans sa philosophie de l’histoire, il fait quelques allusions à ce type d’attitude tournée vers le passé, en marge de sa théorie du grand homme. Le grand homme se caractérise, aux yeux de Hegel, par sa capacité à comprendre l’esprit de son peuple et de son temps, il saisit avec une perspicacité particulière les changements qui sont en cours au sein de l’éthicité à laquelle il appartient, le nouveau principe universel qui est en train d’émerger. Il est donc entre deux temps, à la fois le fils de son temps et le père, ou du moins le porteur d’un temps nouveau, le passeur qui assure la transition vers l’avenir immédiat : Les grands individus savent donc ce dont le temps a besoin, ils le veulent et ne trouvent qu’en cela leur satisfaction. Ils sont donc tels qu’en cela, ils satisfont leur propre concept, et c’est ainsi que ce concept apparaît comme leur passion. Mais par là ils rassemblent alors les peuples autour d’eux, et ceux qui renâclent, qui restent fidèles à l’[ordre] ancien, périssent. On est impuissant à résister à ces individus. (PH, p. 165)
Dans des situations de bouleversement de la vie éthique, de crise, de révolution, ceux qui « renâclent », qui s’accrochent au monde ancien, qui sont trop « de leur temps » (révolu), sont, aux dires de Hegel, Hegel, Correspondance, trad. de Jean Carrère, t. II, Paris, Gallimard, TEL, 1990, p. 81.
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voués à la mort – sanction ultime de l’inadéquation à son époque. Nul ne reste en arrière …
5. Une morale intempestive ? Un dernier cas de figure de décalage temporel à examiner concerne l’individu qui n’est pas en arrière, mais au-delà de son temps : un décalage vers le futur. Pourtant, Hegel affirme à plusieurs reprises, par exemple dans la célèbre préface des Principes de la philosophie du droit (PPD, p. 132) et dans le texte cité en introduction, que nul ne peut sauter par-dessus son époque : « Nul ne reste en arrière de ce temps, il est encore moins possible de sauter par-dessus lui ». En ce sens, l’individu est le fils de son présent 27 . Il existe toutefois quelques rares exceptions : c’est ce qu’on pourrait appeler les précurseurs. Ce sont des individus qui découvre des décennies, voire des siècles à l’avance, un principe nouveau d’éthicité qui est voué à apparaître dans l’avenir mais qui, à leur époque, est encore loin d’être partagé par leurs contemporains. L’exemple le plus net à ce propos est la figure de Socrate, qui incarne selon Hegel le commencement du principe de la liberté subjective dans le monde antique. Voilà comment il décrit ce qu’on pourrait appeler, en écho au livre de l’historien Paulin Ismard 28 , « l’événement Socrate » : Entre le commencement et le milieu de la guerre du Péloponnèse, s’est produit, en la personne de Socrate, l’événement suivant : l’indépendance de la pensée s’est enfin saisie elle-même et l’être en soi et pour soi a été reconnu comme l’universel, la pensée comme le but ultime et ce qui prévaut ; l’homme doit trouver et reconnaître ce qui est juste et bien non selon son bon plaisir, mais à partir de lui-même, en tant qu’être universel, pensant, et tout ce qui doit avoir une valeur est censé se justifier devant ce tribunal intérieur de la pensée. Socrate a par là même découvert le propre de ce qu’on appelle la moralité. Socrate était souvent appelé un maître de morale. La morale, il l’a cependant plus éprouvée qu’enseignée, car les Grecs savaient bien ce qui était éthique. Tout le contenu objectif de l’éthicité était présent et connu dans chaque relation. Mais le point de vue auquel est parvenu Socrate est celui selon lequel l’homme doit rechercher essentiellement en lui l’éthicité, et la Sur le « présentisme » hégélien, voir Emmanuel Renault, Connaître ce qui est. Enquête sur le présentisme hégélien, Paris, Vrin, 2015. 28 Paulin Ismard, L’événement Socrate, Paris, Champs histoire, 2017. 27
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trouver à partir de lui, pour décider en fonction de sa conviction, de ses motifs. (PH, p. 419)
Socrate aurait été en avance sur son temps, anticipant de plus quatre siècles l’avènement du principe de la libre subjectivité, diffusé seulement avec le christianisme. Mais le précurseur fut inévitablement perçu comme un perturbateur, une figure intempestive ou inactuelle. Car l’Athènes de la fin du Ve siècle n’était pas prête à accueillir un tel principe en son sein : Certes, chez des individus singuliers, le besoin et la nostalgie (Sehnsucht) d’une meilleure constitution peuvent souvent se rencontrer, mais le fait que la masse entière soit pénétrée d’une telle représentation est une tout autre affaire et n’intervient que plus tard. Le principe de la moralité, de l’intériorité d’un Socrate a été produit de manière nécessaire en son temps, mais il a fallu du temps pour qu’il devienne conscience de soi universelle. (PPD, § 274, Add., p. 717) 29
Que signifie, chez Socrate, ce principe de la liberté subjective ? Hegel s’en explique en détail dans son histoire de la philosophie. Socrate a transféré le principe de la décision (Entscheidung), qui était confié aux oracles et aux sacrifices, dans l’intériorité de sa pensée. Les oracles étaient nécessaires dans le monde grec – et encore chez les Romains, qui interrogeaient le vol des oiseaux – parce que l’homme n’avait pas encore conscience de sa liberté subjective, il n’avait pas encore assez confiance dans son intériorité pour prendre lui-même la décision. La révolution opérée par Socrate a été de situer l’esprit qui décide dans la conscience subjective de l’homme, qui devient « l’agent qui décide » (der Entscheidende) 30 . Certes, ce principe a encore chez lui la forme d’un daimon intérieur, d’un « génie » (Genius) qui le rapproche des oracles plus que d’une réflexion rationnelle. Pour Hegel, le démon de Socrate « occupe le milieu entre l’extériorité de l’oracle et la pure intériorité de l’esprit ; il est quelque chose d’intérieur, mais représenté comme un génie propre, différent de la volonté humaine, – et non comme sa prudence, son libre-arbitre » (HPh 2, p. 320). Il marque le commencement du principe de la liberté subjective, et non son apparition sous une forme achevée. Sehnsucht signifie ici aspiration (vers le futur) plutôt que nostalgie (vers le passé). 30 Hegel, Leçons sur l’histoire de la philosophie, Tome 2, La philosophie grecque. Des Sophistes aux Socratiques [abrégée HPh 2], trad. de Pierre Garniron, Paris, Vrin, 1971, p. 315. 29
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Dans sa description de la morale socratique, Hegel insiste sur le caractère subversif de Socrate, dont l’enseignement ébranle la certitude des devoirs en vigueur de son époque : par sa dialectique, le Silène en montre systématiquement le caractère non absolu, relatif aux circonstances. Reprenons l’un des devoirs canoniques qui semble bénéficier de l’universalité la plus incontestable (et qui, chez Kant, vérifie parfaitement le critère de non contradiction formelle) : l’interdiction du mensonge. En s’appuyant sur le dialogue de Platon l’Euthydème (HPh 2, p. 306–307), Hegel rappelle comment Socrate déconstruit la validité prétendument absolue du devoir de ne pas mentir. Il donne l’exemple d’un général qui ment à l’ennemi, ou qui ment à ses propres troupes pour leur éviter une panique mortelle. Mais, dirat-on, il s’agit là de situations exceptionnelles, liées à la guerre. Or, Socrate évoque aussi le fait de retirer secrètement ses armes à un ami en proie au désespoir, sur le point de se suicider, ou de mettre en cachette dans des aliments de son enfant malade un médicament indispensable, qu’il refusait de prendre. Ces tromperies, qui sont des formes de mensonge, sont tout à fait justes pour Socrate. En analysant d’autres commandements universels, il montre que leur universalité est toujours liée à un contenu particulier, et est comme telle conditionnée. Or, poursuit Hegel, « si l’on prend conscience du caractère conditionné du contenu, la fermeté que ces commandements (Gebote) tenaient de leur universalité est ébranlée. Dans les lois et les commandements, les circonstances importent donc, ils sont quelque chose de conditionné par les circonstances, qui font naître des exceptions pour telle loi valant inconditionnellement » (HPh 2, p. 308). D’un côté, l’universalité des lois et des commandements moraux (les exemples de Socrate relèvent des deux domaines du droit et de la morale) est nécessaire pour les établir de manière ferme et rationnelle, de l’autre, cette universalité n’est pas abstraite, déconnectée de tout contexte, elle reçoit des bornes en fonction des circonstances. Ainsi, pour prendre un autre exemple évoqué par Hegel, on fait de la tempérance un devoir, au motif que l’intempérance est mauvaise pour la santé. Mais la santé n’est pas un absolu, et il existe d’autres devoirs qui ordonnent de mettre sa santé en danger voire de se sacrifier : « le devoir qui est énoncé comme absolu se révèle non absolu ; c’est dans cette contradiction permanente que se débat la morale » (HPh 2, p. 313) – et que Socrate pointe dans ses dialogues avec la jeunesse athénienne. L’une des conséquences de la dialectique et de l’ironie socratique 56 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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est d’ébranler les mœurs, de semer le trouble dans l’éthicité. C’est ce seul aspect négatif qu’a retenu Aristophane, et après lui les Athéniens qui condamnèrent Socrate à mort pour impiété et pour avoir corrompu la jeunesse (HPh 2, p. 308). Ils n’ont pas vu le côté positif de son enseignement, le principe naissant de la liberté subjective, et ils ne pouvaient pas le percevoir tant il était prématuré. Socrate était et n’était pas le fils de son temps, il était comme un étranger parmi les siens, une figure à la fois exemplaire et menaçante, familière et inquiétante, unheimlich serait-on tenté de dire. D’où le destin tragique du philosophe, qui s’est trouvé au croisement de deux principes opposés, de deux principes ayant deux légitimités égales mais décalées dans le temps : Le destin de Socrate est digne de la plus grande tragédie. Il a été condamné par le tribunal. Sa mort peut sembler l’injustice suprême, car il avait parfaitement accompli ses devoirs envers sa patrie et révélé à son peuple un monde intérieur. Il a pour lui la légitimité de la pensée ; mais d’un autre côté, le peuple athénien a lui aussi parfaitement raison, il a dû avoir profondément conscience que par un tel principe, celui selon lequel les droits résident dans l’intériorité, la loi de l’État serait affaiblie, en perdant de son prestige, et l’État athénien serait détruit. Ainsi, l’enseignement de Socrate apparut à très juste titre aux yeux du peuple comme la plus grande révolution, il l’a condamné à mort pour cette raison, et la mort de Socrate était la justice suprême. (PH, p. 420) 31
L’irruption du principe de la liberté subjective a entraîné une répression à la fois pratique – le procès de Socrate – et théorique, au sens où Platon, dans sa République, a tenté d’éliminer complètement ce principe en devenir 32. Aux yeux de Hegel, la mort de Socrate a été en quelque sorte le prix à payer, la conséquence de son inactualité. Mais il ajoute que seul l’individu a été anéanti, le principe de la libre décision qu’il a introduit dans la cité grecque a continué à se développer, comme un germe, pour éclore avec le christianisme : « la vérité du principe consiste à se manifester comme figure de l’esprit mondial, comme universel ; ce n’est pas son monde qui peut comprendre ainsi Voir aussi HPh 2, p. 322, sq. Cf. PPD, préface, p. 128–129, et la note 2 p. 129 de J.-F. Kervégan. Ce serait ainsi le vrai parricide de Platon, d’avoir tenté de tuer conceptuellement le principe novateur de son maître Socrate, la libre décision subjective, assurément absente de sa « République ».
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Socrate, mais le monde futur, dans la mesure où il les domine l’un et l’autre » (HPh 2, p. 335).
6. Kant ou Socrate ? Il est possible que le tableau que Hegel brosse de Socrate, pour informé et détaillé qu’il soit, soit quelque peu idéalisé, que ce dernier ait été plus conservateur que précurseur 33. Le décalage vers le futur serait un décalage vers le passé, qui pourrait tout aussi bien expliquer la condamnation à mort. En faisant à l’inverse de la figure de Socrate une anticipation du principe de la liberté subjective, mise en place avec le christianisme, peut-être Hegel a-t-il été influencé par les parallèles, établis dans les premiers siècles après J.-C., entre Socrate et les martyrs chrétiens, ou entre sa condamnation à mort et celle du Christ 34 . Je laisse ces questions ouvertes. Ce qui m’intéresse est de souligner, pour conclure cette étude, que « l’événement Socrate » a été utilisé par Hegel pour élaborer un modèle spécifique de moralité, valable au-delà de l’époque antique. Dans le § 138 des Principes de la philosophie du droit, juste après la critique de Kant (menée dans les §§ 135–137), il écrit : lorsque le monde présent-là de la liberté est devenu infidèle à [la volonté], elle ne se retrouve plus dans les obligations en vigueur, et il lui faut chercher à conquérir dans la seule intériorité idéelle l’harmonie perdue dans l’effectivité. (PPD, § 138, Rq., p. 293)
Honneth cite ce passage pour souligner que, chez Hegel, le recours à la morale kantienne s’impose à chaque fois « que les bonnes raisons de remettre en cause le caractère rationnel des pratiques institutionnaliCf. P. Ismard, L’événement Socrate, p. 103–123. P. Ismard montre que Socrate a pu être considéré à son époque, par son enseignement et ses fréquentations, par sa présence à Athènes lors du régime des Trente tyrans (en 404 avant J. C.), comme un partisan de l’ancienne élite oligarchique, à un moment où la démocratie semblait s’être définitivement imposée à Athènes. Mais du fait de l’amnistie décidée après la chute du régime des Trente et le retour de la démocratie, cette accusation ne pouvait pas figurer dans le procès de 399, quand bien même elle a dû jouer un rôle implicite dans sa condamnation. 34 Cf. P. Ismard, L’événement Socrate, chap. 7, « Socrate christianos (Ier–Ve siècle) », p. 211–234. Hegel compare une fois Socrate au Christ, dont l’« individualité s’est brisée, s’est livrée, – mais son entreprise a subsisté, c’est ainsi qu’il lui a donné le jour » (HPh 2, p. 336). 33
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sées sont suffisamment nombreuses » 35 . Il pense que « la forme stricte de l’universalité – celle que Kant avait à l’esprit avec l’impératif catégorique – ne lui semble adaptée qu’au cas exceptionnel d’un monde social de vie qui aurait perdu toute norme et toute pratique susceptible d’universalisation » 36 . Le modèle de la morale kantienne serait une morale de secours en situation de crise, de détresse, quand le sujet perd pied dans l’éthicité, parce que les normes qu’il y trouve ne lui semblent pas rationnelles, susceptibles d’être universalisées. On peut appeler ce type de situation des moments de désarroi éthique, ces moments où il devient encore plus difficile de connaître son devoir que de le faire. Dans ce cas, l’harmonie entre l’individu et l’éthicité est perdue, pour des raisons qui tiennent non pas seulement à des discordances entre l’individu et son monde éthique, mais à la nature de l’éthicité elle-même, qui peut être corrompue, contradictoire. Loin d’être fils de son temps et de son peuple, l’individu est alors comme orphelin, il ne sait plus à quelles normes se fier, et c’est alors qu’il doit retrouver dans son intériorité ce qui est droit et juste. La morale kantienne est-elle pour Hegel, comme le pense Honneth, la solution au désarroi éthique ? Il est permis d’en douter. Car ce n’est pas à Kant et à son impératif catégorique que Hegel pense dans le § 138, mais à Socrate et à son démon mentionné dans la remarque et plus en détail dans l’addition : C’est seulement en des temps où l’effectivité est une existence creuse, privée d’esprit et de consistance, qu’il peut être permis à l’individu, quittant la [vitalité] effective, de se réfugier dans la vitalité intérieure. Socrate surgit à l’époque de la corruption de la démocratie athénienne : il désintégra l’étant et se réfugia au-dedans de soi afin d’y chercher le droit et le Bien. A notre époque aussi, il se produit encore, plus ou moins, que le respect de l’existant ne soit plus présent-là et que l’homme veille que sa volonté, que ce qui est reconnu par lui soit ce qui est en vigueur. (PPD, § 138, Add., p. 654–655)
Dans la remarque du § 279 (PPD, p. 478), Hegel évoque à nouveau le démon de Socrate compris comme le commencement historique du principe de la liberté subjective, de l’intériorisation des décisions dans la conscience de soi, et il renvoie, à ce propos, au § 138. En temps de détresse (Hegel considère que Socrate a vécu à une période de corruption de la démocratie athénienne), c’est la morale socratique et non 35 36
A. Honneth, Les pathologies de la liberté, p. 75. Ibid., p. 104–105.
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l’impératif kantien qui peut servir de relève à une éthicité défaillante. De quelle manière ? Hegel ne veut pas dire qu’il faille revenir au modèle, situé historiquement et encore imparfaitement rationnel, du démon intérieur. Ce qu’il retient de la morale de Socrate, c’est d’une part, l’idée que la décision en matière de moralité se situe dans la volonté libre du sujet, dans sa seule intériorité, qu’elle se fonde sur la puissance de la pensée, d’autre part, le fait que cette décision doit être contextualisée, qu’elle doit tenir compte des circonstances au lieu de se fixer sur un universel abstrait tout aussi inefficace que celui, immanent, d’une éthicité en crise. La morale socratique est inactuelle, subversive, décalée par rapport au présent. Mais c’est justement cette inactualité qui fait son actualité en temps de crise. Hegel pense que le principe de la décision subjective, en matière de moralité, n’est pas réservé à une élite cultivée, mais s’adresse à tous les individus, quelles que soient leurs origines sociales : La religiosité, l’éthicité d’une vie bornée – celle d’un berger, d’un paysan – possède, dans son intériorité concentrée et dans sa limitation à peu de rapports, des rapports tout simples de la vie, une valeur infinie. Elle a la même valeur que la religiosité et l’éthicité de quelqu’un qui aurait des connaissances élaborées et une existence riche par l’envergure de ses relations et de ses actions. Ce centre intérieur, cette région simple où se situe le droit de la liberté subjective, ce foyer du vouloir, de la décision et de l’agir, ce contenu abstrait de la conscience morale, ce [lieu], en lequel sont comprises la responsabilité et la valeur de l’individu ainsi que son jugement éternel : [tout ceci] reste intact et échappe à la clameur bruyante de l’histoire mondiale, ainsi qu’aux changements – non pas seulement à ceux qui sont extérieurs et qui se produisent dans le temps, mais aussi à ceux qui sont induits par le concept de liberté luimême, dans sa nécessité absolue. (PH, p. 78)
Dans ce passage de la philosophie de l’histoire, la liberté de la décision est présentée étonnamment comme un principe anhistorique, au sens où il est un point d’appui qui résiste aux bouleversements de l’éthicité. Cela signifie, semble-t-il, que quelles que soient les vicissitudes de l’histoire, l’homme conserve son pouvoir normatif de décision. Reprenons l’exemple-test de l’innocent poursuivi par un meurtrier, qui demande à son ami s’il se trouve chez lui. Pour le transposer dans la « clameur bruyante de l’histoire », on peut l’actualiser, en prenant le cas d’une famille de juifs cachés par des paysans en France durant la seconde guerre mondiale. Dans ce cas, le fait de mentir aux nazis venus chercher ces personnes, pour les éloigner, détourner leur atten60 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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tion ou gagner du temps, est une option défendable moralement (et qui fut sans doute parfois utilisée). Cette option ne peut pas s’appuyer sur la morale kantienne, car dans ce cadre, la condamnation du mensonge ne souffre aucune exception. En revanche, on peut imaginer que les paysans prennent leur décision de mentir aux nazis sur la base de valeurs éthiques intériorisées antérieurement, qui relèvent de la religiosité (la charité), de la tradition (l’hospitalité), ou de la politique (l’esprit de la IIIe République), et qui sont comme une mémoire des devoirs destinée à suppléer un présent éthique désorienté et contraire à ces valeurs (en l’occurrence le régime de Vichy). La décision de mentir dans cette situation ne signifie pas que le mensonge soit considéré comme une norme morale en soi, mais simplement comme la moins mauvaise option dans ces circonstances-là. Et l’on peut considérer que cette décision est juste.
Conclusion La critique hégélienne de Kant nous permet finalement de distinguer non pas deux mais trois modèles de normativité répondant à la question « que dois-je faire ? » : la moralité formelle (déontologique) de type kantien, fondée sur l’idée de « loi morale » ; l’éthicité, qui se subdivise elle-même en éthicité antique et éthicité moderne (laquelle intègre l’un des fondements de la moralité kantienne : l’autodétermination infinie du sujet) ; et la morale intempestive de type socratique, qui peut servir de morale de secours en période de désarroi éthique. Cette typologie soulève sans doute la question, qui demanderait une autre étude, de la frontière qui sépare les situations éthiques « normales », « rationnelles », des situations « exceptionnelles » de désarroi éthique, qui autorisent l’usage d’une telle moralité subversive. Sans doute la réponse serait-elle à chercher du côté de l’idée de liberté, qui fonde pour Hegel ce qui, dans l’histoire, est rationnel, et qui, tel le démon de Socrate, peut servir de guide en temps de détresse.
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch« Zu Hölderlins Begriff des Bedürfnisses
I. Das Bedürfnis oder die Bedürfnis, wie der Ausdruck im 18. Jahrhundert auch noch gebraucht werden konnte, wird allgemein als das Erleben eines körperlichen oder psychischen Mangelzustandes und das Bestreben, ihn zu beseitigen, verstanden. 1 Das Bedürfnis kann, dem Sprachgebrauch nach, von einem unwillentlichen Streben zu einem willentlichen Streben, zu einem starken Wunsch reichen. Vom »Bedürfnis zu gefallen« redet z. B. Schiller im 27. Brief von »Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen«, wie der ganze Titel lautet. Man kann willentlich ein Bedürfnis ›haben‹, einen starken Wunsch, etwas zu tun, und man kann, unwillentlich, ein Bedürfnis empfinden, geradezu ›sein‹. Diderot definiert im Artikel »Besoin« in der »Encyclopédie« das Bedürfnis so: »c’est un sentiment desagréable, occasionné par l’absence apperçue et la présence desirée d’un objet.« Der sentiment desagréable, das Missbehagen, wie man übersetzen kann, entsteht demnach nicht einfach durch einen wahrgenommenen oder gefühlten Mangel, oder die wahrgenommene oder gefühlte Abwesenheit eines begehrten Objekts, sondern durch die wahrgenommene Abwesenheit und die begehrte Anwesenheit eines Objekts, genauer: durch die begehrte Anwesenheit eines als abwesend wahrgenommenen Objekts. Die Spannung zwischen absence und présence verursacht den sentiment désagreable. Vergleichbar hatte John Locke im »Essay concerning human understanding« (erste Auflage 1689, book II, chapter XXI, § 31) »desire« als »an uneasiness of the mind for want of some absent good« definiert. Nicht in »the greater good in view«, wie er früher dachte, liege der Impuls des Handelns, sondern in diesem »desire«. So kann man die nicht ganz klaren Erläuterungen im Art. ›Bedürfnis‹ im Historischen Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1, Sp. 765–771, zusammenfassen.
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
Auch Condillac (»Traité des sensations«, 1754), Helvétius (»De l’homme«, 1772) oder Kant (»Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte«, 1786) und Schiller (»Über die ästhetische Erziehung des Menschen«, 1795, 2. Fassung 1801) lehrten, dass Bedürfnisse (besoins) die Antriebe zu unserem Handeln und zu unseren Fähigkeiten sind. In seinem Artikel unterscheidet Diderot »besoins du corps«, das sind »appétits«, existentielle Bedürfnisse, und »besoins de l’esprit«, das sind die »désirs«. Er hält fest, dass das Bedürfnis die Quelle unserer Freuden und Leiden ist und die Ursache der Entstehung der Gesellschaft. Die Bedürfnisnatur des Menschen schafft die Gesellschaft, da die Gesellschaft die Befriedigung der Bedürfnisse erleichtert. Umgekehrt schafft aber die Gesellschaft »besoins chimériques«, Phantasiebedürfnisse, die unglücklicher machen können als die reellen Bedürfnisse. Diese Lehre von der Entstehung der sociabilité des Menschen aus seinen Bedürfnissen hat bekanntlich Rousseau entschieden bestritten. »L’Homme Naturel«, so wie er ihn postuliert, ist kein bedürftiges Wesen. Nach dem »Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité« entsprechen im Naturzustand die »désirs« des Menschen perfekt seinen »besoins physiques«. Die Natur hat wenig dazu beigetragen, die Menschen durch ihre »besoins mutuels« einander anzunähern, den Gebrauch der Sprache zu erleichtern, insgesamt ihre »sociabilité« zu fördern. 2 In der »Profession de foi du vicaire Savoyard« führt nach Rousseau der »besoin physique« sogar zu einer Zerstreuung anstatt zu einer Annäherung der Menschen. 3 Dann entwickelt Rousseau im »Discours« doch die einzelnen Schritte, die den »Homme Naturel« zu einem »être méchant« machten, dadurch dass sie ihn zu einem »être sociable« machten. Verantwortlich macht er dafür, nicht ganz überzeugend, keine inneren Gründe, sondern den »concours fortuit de plusieurs causes etrangères«. 4 Von der vergesellschaftenden Macht des Bedürfnisses, gegen Rousseau, waren auch Kant und Schiller, Fichte und Hölderlin überzeugt. Nach Schillers drastischer Formulierung »wirft« der »Zwang der Bedürfnisse« den J.-J. Rousseau, Oeuvres Complètes, hg. v. R. Derathé u. a., Bd. 3, Paris 1964, S. 143, 151. 3 A. a. O., Bd. 4, S. 600: »Mais si, comme on n’en peut douter, l’homme est sociable par sa nature, ou du moins fait pour le devenir, il ne peut l’être que par d’autres sentiments innés, rélatifs à son espèce; car à ne considérer que le besoin physique, il doit certainement disperser les hommes, au lieu de les rapprocher.« 4 A. a. O., Bd. 3, S. 164 ff., 162. 2
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Menschen in den Staat. (3. Brief) Kant geht in seiner Schrift »Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht« (1784) gegen Rousseau von einer »Neigung« des Menschen aus, sich zu vergesellschaften. Mit Rousseau konstatiert er aber auch einen »Hang«, sich zu vereinzeln. Beide Tendenzen bilden die »ungesellige Geselligkeit« des Menschen, einen »Antagonismus«, in dem Kant das Mittel der Natur sieht, »die Entwicklung aller ihrer Anlagen zu Stande zu bringen«. 5 In Fichtes »Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten« (1794), die Hölderlin in Jena hörte, gehört der »gesellschaftliche Trieb« zu den »Grundtrieben des Menschen«. 6 Es ist ein »Bedürfnis«, das uns nach Hölderlin mit »andern Geistern« (»Hyperions Jugend«, II, S. 218 7 ) vereinigt.
II. Denkt man an den philosophischen Begriff des Bedürfnisses, wird wohl zuerst seine Verwendung von Hegel einfallen. In politischer Verwendung vielleicht die programmatische Losung von Marx in seiner »Kritik des Gothaer Programms«: »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!« 8 Im 18. Jahrhundert hatte Wilhelm Heinse in seinem Roman »Ardinghello und die glückseligen Inseln« für seinen utopischen Staat schon das vitalistische Programm aufgestellt: »Kraft zu genießen, oder, welches einerlei ist, Bedürfnis, gibt jedem Dinge sein Recht.« 9 Hegel konnte in seiner Jenaer Zeit, in seiner Abhandlung »Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie« (1801), von einem »spekulativen Bedürfnis« und von einem »Bedürfnis nach einer Philosophie« reden, welche die Natur für die »Misshandlungen«, die sie von den philosophischen Systemen Kants und I. Kant, Was ist Aufklärung? Aufsätze zur Geschichte und Philosophie, hg. v. J. Zehbe, Göttingen1967, S. 43 f. 6 Fichtes Werke, hg. v. I. H. Fichte, Berlin 1971, Bd. 6, S. 306. 7 Zitiert wird Hölderlin, der Einfachheit halber, im Fließtext mit Band- und Seitenangabe nach der Ausgabe: Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke und Briefe, 3 Bde., hg. v. J. Schmidt u. a., Frankfurt a. M. 1992–1994. 8 K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, Marx-Engels-Werke, Bd. 19, Berlin 1962, S. 21. 9 W. Heinse, Ardinghello und die glückseligen Inseln, hg. v. M. L. Bäumer, Stuttgart 1975, S. 374 5
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
Fichtes erlitt, »versöhnt« und die Vernunft in eine »Übereinstimmung« mit der Natur setzt. 10 Philosophische Systeme, heißt dies auch, haben einen geschichtlichen Ort. Ihre Gestalt reagiert auf ein Bedürfnis ihrer Zeit. Als Quelle des »Bedürfnisses der Philosophie« macht Hegel eine »Entzweiung« namhaft, eine Entzweiung von Vernunft und Sinnlichkeit, Intelligenz und Natur, Subjektivität und Objektivität, eine Entzweiung in den Lebensverhältnissen allgemein. Diese Entzweiung treibt das Bedürfnis ihrer Vereinigung oder Versöhnung hervor. Genauer entsteht das Bedürfnis der Philosophie nicht einfach aus diesen Gegensätzen. Gegensätze und Beschränkungen sind für Hegel ein notwendiger »Faktor des Lebens«, das »ewig sich entgegensetzend« bildet, wie er formuliert. Das Bedürfnis der Philosophie entsteht dann, wenn diese Gegensätze sich verselbständigen, starr werden: »Wenn die Macht der Vereinigung aus dem Leben der Menschen verschwindet und die Gegensätze ihre lebendige Beziehung und Wechselwirkung verloren haben und Selbständigkeit gewinnen, entsteht das Bedürfnis der Philosophie.« 11 Philosophie ist daher keine Veranstaltung in einem akademischen Elfenbeinturm, sondern, wie Hegels berühmte Formulierung lautet, »ihre Zeit in Gedanken erfasst.« 12 Vor Hegel hatte Hölderlin schon den Gedanken gefasst, dass die Philosophie als »Philosophie der Zeit« auf die Bedürfnisse der Zeit reagiert. Es liegt nahe anzunehmen, dass dieser Gedanke in Gesprächen in ihrer gemeinsamen Frankfurter Zeit 1796/97 entstanden ist. In einem ausführlichen, programmatischen Brief an den Bruder – mangels eines anderen Adressaten, wie man sagen muss –, vom 1. Januar 1799 reflektiert Hölderlin über das gegenwärtige »Interesse« der Deutschen für die »spekulative Philosophie«, gemeint ist die kantische Philosophie, die »politische Lektüre« und das geringe Interesse für die »Poesie«. Schonungslos konstatiert er einen »ziemlich bornierten« deutschen »Volkscharakter«: »Ich glaube nämlich, dass sich die gewöhnlichsten Tugenden und Mängel der Deutschen auf eine ziemlich bornierte Häuslichkeit reduzieren. Sie sind überall glebae addicti und die meisten sind auf irgend eine Art, wörtlich oder meta-
G. W. F. Hegel, Werke in zwanzig Bänden, hg. v. E. Moldenhauer/K. M. Michel, Frankfurt a. M. 1970, Bd. 2, S. 13. 11 A. a. O., S. 21 f. 12 A. a. O., Bd. 7, S. 26. 10
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phorisch, an ihre Erdscholle gefesselt«. Es fehlt an »Allgemeinsinn und offnen Blick in die Welt«, ohne den auch das individuelle Leben nicht bestehen kann. Dieser Zustand macht das »Interesse« für die spekulative Philosophie insbesondere erklärlich. Man könnte auch sagen: macht darin ein Bedürfnis nach einer Philosophie gerade in dieser Form erklärlich. Diese Analyse der historischen Funktion der kantischen Philosophie bedeutet aber auch, dass sie noch nicht das letzte Wort sein kann: Da nun größtenteils die Deutschen in diesem ängstlich bornierten Zustande sich befanden, so konnten sie keinen heilsameren Einfluss erfahren, als den der neuen Philosophie, die bis zum Extrem auf Allgemeinheit des Interesses dringt, und das unendliche Streben in der Brust des Menschen aufdeckt, und wenn sie schon sich zu einseitig an die große Selbsttätigkeit der Menschennatur hält, so ist sie doch, als Philosophie der Zeit, die einzig mögliche. Kant ist der Moses unserer Nation, der sie aus der ägyptischen Erschlaffung in die freie einsame Wüste seiner Spekulation führt, und der das energische Gesetz vom heiligen Berge bringt. (III, S. 329– 331) 13
Später konnte Hegel vom »System der Bedürfnisse« reden, in dem die »subjektive Selbstsucht in den Beitrag der Befriedigung der Bedürfnisse aller anderen« umschlägt. 14 So zitiert scheint Hegels Satz der Theorie der invisible hand von Adam Smith zu entsprechen, wonach das Verfolgen der eigenen Interessen indirekt den Interessen aller zugutekommt. Doch diese Theorie Smith’s reicht für Hegel nicht aus. Die subjektive Selbstsucht als ein Handlungsmotiv erkennt er durchaus an, sie muss sich aber schon auf ein »Allgemeines« hin notwendig orientieren, denn sie ist verschlungen in die wechselseitige »Abhängigkeit aller«, die aus der modernen Arbeitsteilung entstanden ist. Das ganze Zitat lautet: »In dieser Abhängigkeit und Gegenseitigkeit der Arbeit und der Befriedigung der Bedürfnisse schlägt die subjektive Selbstsucht in den Beitrag zur Befriedigung der Bedürfnisse aller anderen um«. 15
Anders deutete Schiller Kants Funktion. Für Schiller war Kants Moralphilosophie zu rigide. Daher war in seinen Augen Kant »der Drako seiner Zeit, weil sie ihm eines Solons noch nicht wert und empfänglich schien.« Schillers Werke. Nationalausgabe, hg. v. L. Blumenthal u. a., Bd. 20, Weimar 1962,S. 285. 14 Hegel, Philosophie des Rechts, §§ 189 f. 15 A. a. O., § 199. 13
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
Noch bekannter ist wohl die Denkfigur des Bedürfnisses in Hegels Ästhetik. Sie findet sich in seiner berühmten Lehre, dass die Kunst »nach der Seite ihrer höchsten Bestimmung für uns ein Vergangenes« ist. Ihre höchste Bestimmung liegt darin, den »Geist« einer Welt mit ihren sinnlichen Mitteln darzustellen, so wie es z. B. Sophokles gelang. Der Geist der modernen Welt ist nun nicht mehr der der Antike. Der Geist der modernen Welt ist der Geist der Reflexion, die »Reflexionsbildung des heutigen Lebens«: »Die eigentümliche Art der Kunstproduktion und ihrer Werke füllt unser höchstes Bedürfnis nicht mehr aus; wir sind darüber hinaus, Werke der Kunst göttlich verehren und sie anbeten zu können; der Eindruck, den sie machen, ist besonnenerer Art, und was durch sie in uns erregt wird, bedarf noch eines höheren Prüfsteins und anderweitiger Bewährung. Der Gedanke und die Reflexion hat die schöne Kunst überflügelt.« Man könnte dies beklagen und eine mediokre Gesellschaft dafür verantwortlich machen. Das ändert für Hegel nichts an der Tatsache, »dass die Kunst nicht mehr diejenige Befriedigung der geistigen Bedürfnisse gewährt, welche frühere Zeiten und Völker in ihr gesucht und nur in ihr gefunden haben […] Die schönen Tage der griechischen Kunst wie die goldene Zeit des späteren Mittelalters sind vorüber.« 16
III. Der Begriff des Bedürfnisses gewann eine neue Position in einem Begriffsfeld mit Begehren, Begierde, Streben, Drang, Trieb, Antrieb, Sehnsucht, Tendenz, Hang, französisch und englisch u. a.: besoin, tendance, désir, impulsion, appétit, penchant, instinct, desire, urge, drive, tendency, das in der Philosophie und Psychologie seit dem 18. Jahrhundert ausgebildet wurde. Im Einzelnen sind diese Begriffe kaum oder nur schwer zu differenzieren. Streben bedeutet z. B.im Unterschied zu Trieb mehr das Willentliche, Überlegte, Zielgerichtete, ohne aber das Unwillentliche, Vitalistische ganz aufzugeben. Bedürfnis und Trieb konnten synonym verwendet werden. Bedürfnis akzentuiert aber im Unterschied zu Trieb mehr das Entbehren, den Mangel, der den Trieb, ihn auszufüllen, auslöst, und die Bedeutung einer allgemeinen »Dürftigkeit / Des Lebens« (II, S. 212, V. 128 f.) In
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Hegel, Werke, a. a. O., Bd. 13: Vorlesungen über Ästhetik I, S. S. 24 f.
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umgekehrter Akzentuierung kann ein Trieb ein Bedürfnis erzeugen, das nach Befriedigung dringt. Einen ikonischen Status gewannen in der Wirkungsgeschichte die Verse aus Goethes »Faust«: »Wer immer strebend sich bemüht / Den können wir erlösen.« (»Der Tragödie zweiter Teil«, 5. Akt, V. 11936 f.) Vorher, im ›Osterspaziergang‹, legt Goethe Faust die Worte in den Mund: »Überall regt sich Bildung und Streben«. Dies gilt nun, unter der Ostersonne, ganz allgemein, auch für die Menschen, die aus der Enge ihrer Lebensverhältnisse, auch aus der »Kirchen ehrwürdiger Nacht«, heraus und ins Freie drängen. (»Der Tragödie erster Teil«, V. 912,927) Verbreitet ist der Begriff der Tendenz in der frühromantischen Theorie. So sind für Friedrich Schlegel, um nur ein bekanntes Beispiel zu zitieren, die Französische Revolution, Fichtes Wissenschaftslehre und Goethes Roman »Wilhelm Meisters Lehrjahre« die »größten Tendenzen des Zeitalters«. 17 Dieses Begriffsfeld schließt an traditionelle Begriffe an wie: ormé, egestas, conatus, nisus, impetus, tendentia, appetitus, impetus, instinctus, mit denen die Bedürfnis- und Triebnatur des Menschen zu fassen und zu klären versucht wurde. Dass der Mensch ein Bedürfniswesen ist, macht wohl die älteste menschliche Erfahrung aus. Davon erzählt auch die jüdisch-christliche Geschichte vom Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies. Nach der Vertreibung aus dem Paradies erfahren sich Adam und Eva als bedürftige Wesen, die ihre Bedürfnisse nur unter Mühen und Leiden befriedigen können. Aus diesem Begriffsfeld stieg im 18. Jahrhundert der Begriff des Triebes in einem »tournant décisif« 18 , wie Myriam Bienenstock formuliert, zu einem anthropologischen Schlüsselbegriff auf. ›Trieb‹ bedeutet ursprünglich das Treiben des Viehs, später dann, über die Brücke einer metaphorischen Verwendung, Eifer, Energie, Drang. 19 In
F. Schlegel, Kritische-Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. E. Behler u. a., Bd. 2, Paderborn 1967, S. 198, Nr. 216. 18 M. Bienenstock in der Présentation des von ihr herausgegebenen, sehr instruktiven Bandes: Trieb: tendance, instinct, pulsion, Paris 2002 (Revue Germanique Internationale 18, 2002), S. 5. Aus diesem Band sind für mein Thema besonders einschlägig die Beiträge von S. Buchenau (Trieb, Antrieb, Triebfeder dans la philosophie morale prékantienne); P. Pénisson (Trieb et énergie chez Herder); N. Waszek (La »tendance à la sociabilité« (Trieb der Geselligkeit) chez Christian Garve); G. Stiening, Entre Fichte et Schiller. – La notion de Trieb dans le ›Hyperion‹ de Hölderlin); J.-M. Vaysse (Dynamique et subjectivité selon Fichte: effort, pulsion, aspiration). 19 Vgl. Art. Trieb, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 10, Sp. 1483. 17
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einem umfassenden Verständnis der menschlichen Natur diente der Begriff des Triebes dazu, sowohl die Macht der sinnlichen, pathologischen Seite des Menschen, als auch seiner rationalen und kulturellen Seite zu kennzeichnen. So führte Christian Thomasius in seiner »Einleitung zur Sittenlehre« (1692) den Trieb als eine »tendance psychosomatique« 20 ein, die neben der Vernunft zum Menschen gehört. Nach Herder, um nur noch ihn zu zitieren, kann der Mensch ohne Kräfte und Triebe nicht leben, wohnt in der Natur ein »Trieb« zur Höherentwicklung inne, von der »Nahrung und Fortpflanzung der Gewächse« über die »Haus-und Muttersorge« der Tiere bis zuletzt zur »Vernunftfähigkeit, Freiheit und Humanität des Menschen«. 21 Man redete im 18. Jahrhundert vom Glückseligkeitstrieb, Wahrheitstrieb, Geschlechtstrieb, Kunsttrieb (Kunst im weiten Sinne verstanden), Gesellschaftstrieb, Erkenntnistrieb, Liebestrieb, Schönheitstrieb, Freiheitstrieb, Nachahmungstrieb usw. Der Mediziner Johann Friedrich Blumenbach, der als Begründer der Anthropologie gilt, prägte in seiner Abhandlung »Über den Bildungstrieb und das Zeugungsgeschäfte« (1781) den wirkungsvollen Begriff des Bildungstriebs. In der gelehrten Szene seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Begriff des Triebes wie ein passepartout verwendet. Eine neue philosophische Funktion erhielten die Begriffe Bedürfnis, Trieb, Streben und Sehnen in der Diskussion der Schüler Kants um die richtige Vollendung der Philosophie ihres Meisters. Diese Diskussion wurde in einer einzigartig intensiven Form geführt. Von der epochalen Bedeutung der Philosophie Kants waren diese Schüler überzeugt, hatten aber den Eindruck, dass sie noch unfertig ist, dass der Kritik der reinen Vernunft, der praktischen Vernunft und der Urteilskraft noch der Erweis einer gemeinsamen Quelle fehlt, um ein von Kant selbst gefordertes philosophisches System zu bilden und die Dualismen von Sinnlichkeit und Verstand, Verstand und Vernunft, Spontaneität und Rezeptivität, Form und Materie, Theorie und Praxis in seiner Philosophie zu überwinden. Kant hatte in ihrem Verständnis auf diesen Weg selbst gedeutet, insofern er in der »Kritik der praktischen Vernunft« erwog, dass die Freiheit den »Schlussstein«
Vgl. S. Buchenau, Trieb, Antrieb, Triebfeder dans la philosophie morale prékantienne, in: Bienenstock, a. a. O., S. 14. 21 J. G. Herder, Werke, hg. v. M. Bollacher u. a., Bd. 6 (»Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit«), Frankfurt a. M. 1989,S. 166. 20
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des philosophischen Systems ausmachen könne. (»Kritik der praktischen Vernunft«, 4) 22 Für die Schüler Kants wie z. B. Carl Leonhard Reinhold, Fichte und Schelling hatte Kant zwar »die Resultate gegeben«, wie Schelling an Hegel (6. Januar 1795) schrieb, aber ohne die »Prämissen«. Sie gelte es noch zu finden. Wenig später, am 4. Februar 1795 schrieb Schelling in juvenilem Selbstbewusstsein an Hegel, dass mit Kant die »Morgenröte« aufgegangen ist, und »wenn die Sonne einmal da ist, dann muss die Sonne kommen und auch in die tiefsten Winkel Licht und Nebel ausstrahlen und die Sumpfnebel zerstreuen.« Aus dem Kontext des Briefes geht hervor, dass mit den ›Sumpfnebeln‹, vorher redet er von den ›letzten Schleiern‹, die Philosophie Reinholds gemeint ist. Sie wird zwar als eine notwendige Stufe der Vollendung der Philosophie Kants gewürdigt, aber doch nicht mehr als eine Stufe. Reinhold, der seit 1787 mit großer Resonanz Philosophie in Jena lehrte und entscheidend zur Verbreitung der Philosophie Kants beigetragen hatte, hatte in seinem »Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens« (1789) und in »Über das Fundament des philosophischen Wissens, nebst einigen Erläuterungen über die Theorie des Vorstellungsvermögens« (1791) über Kant hinaus in einem cartesianischen Geist die eigentlichen Prinzipien der kantischen Philosophie zu entwickeln versucht. Das Fundament seiner »Elementarphilosophie« suchte er in die als autonom gesetzte »Vorstellung«, gegliedert nach Subjekt und Objekt der Vorstellung, als unmittelbare Tatsache des Bewusstseins zu legen. Im philosophischen Sprachgebrauch der Zeit umfasste der Begriff der Vorstellung alle mentalen und psychischen Akte vom Gefühl bis zum Urteil und zur Idee. Reinholds Versuch wurde intensiv diskutiert und bald entschieden kritisiert. Unter anderen wandte Fichte, sein Nachfolger in Jena seit 1793, ein, dass Bewusstsein nicht aus sich selbst erklärt werden könne. Die Vorstellung bzw. das Bewusstsein kann das Fundament der Philosophie nicht bilden. Unter diesem Fundament liegt das eigentliche Fundament in der Trieb- oder Wollensstruktur des Menschen, wie er im dritten Teil seiner »Grundlage der gesamten Vgl. dazu M. Frank, ›Unendliche Annäherung‹. Die Anfänge der philosophischen Frühromantik, Frankfurt a. M. 1997; F. Beiser, German idealism. The struggle against subjectivism, 1781–1801, Cambridge 2002; D. Henrich, Grundlegung aus dem Ich. Untersuchungen zur Vorgeschichte des Idealismus, 2 Bde., Frankfurt a. M. 2004.
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Wissenschaftslehre« von 1794 ausführt. Schon Reinhold hatte im »Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögen«, im Kapitel »Grundlinien der Theorie des Vorstellungsvermögens«, von einem »Trieb« nach Vorstellung überhaupt gesprochen und zwei »Grundtriebe« unterschieden, einen »Trieb nach Stoff« und einen »Trieb nach Form« der Vorstellung. (§ LXXXVII) Von Reinhold und Fichte hat dann Schiller in »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« die Unterscheidung von zwei Trieben für das sinnliche und vernünftige Streben des Menschen übernommen. In der Fassung, die in seiner Zeitschrift »Die Horen« 1795 erschien, unterscheidet er noch einen »Sachtrieb« von einem »Formtrieb«, in der letzten Fassung von 1801 dann einen »Stofftrieb« und einen »Formtrieb«, deren Gegensatz in einem »Spieltrieb« aufgehoben wird. Mit dieser Anwendung der Trieblehre suchte er auch zu erklären, warum die sinnlich-vernünftige Doppelnatur des Menschen doch als eine (dynamische) Einheit erfahren wird. Unser Handeln hängt nun nach Fichte nicht von unseren Vorstellungen ab, sondern, umgekehrt, unsere Vorstellungen, also auch unser Bewusstsein, von unserem Handeln und Wollen. Diese Triebstruktur, dieses »System der Triebe« 23 macht für Fichte die fundamentale Organisation des menschlichen Geistes aus. Es sind geistige, nicht körperliche Triebe. Sie sucht er auch mit den Begriffen Streben, Kraft, Trieb, Treiben und Tendenz zu fassen. Er denkt das Ich als ein Energiequantum, eine Kraftquelle, die das Ich kontinuierlich »hinaus außer sich selbst treibt.« Er redet auch von einem »elastischen Körper«. 24 Das Ich strebt die Unendlichkeit auszufüllen, wird dabei aber von einem Objekt (wörtlich: einem Entgegengeworfenen), welches das Ich auf unbewusste Weise zuvor gesetzt hat, begrenzt. Der Begriff des Strebens selbst enthält für Fichte schon die Erfahrung eines Widerstandes, einer Hemmung durch ein Objekt in seiner Ausdehnung ins Unendliche, sonst wäre das Streben kein Streben. In der Hemmung an einem Widerstand wird das strebende Ich auf sich selbst zurückgeworfen, kann es sich selbst, in Form eines Gefühls, reflektieren (wörtlich: zurückwenden). Der Widerstand des Objekts, die Begrenzung durch das Objekt ermöglicht die Reflexion. (Eine
J. G. Fichte, Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794), hg. v. W. G. Jacobs, Hamburg 1970, S. 242. 24 A. a. O., S. 213, 209. 23
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Analogie mag das Modell erklären: Wir sehen, d. h. uns ist bewusst, dass wir sehen, wenn wir etwas sehen) Das bestimmte, gefühlte Streben nennt Fichte nun Trieb. Der Begriff meint weniger einen ›Antrieb‹, sondern mehr eine treibende Bewegung. Zur weiteren Erläuterung führt Fichte als Aspekte des Strebens die Begriffe Sehnen und Bedürfnis ein: Das Ich fühlt, dass es unwiderstehlich auf ein Objekt hinaus getrieben wird, ohne schon ein Objekt zu haben. »Eine solche Bestimmung im Ich aber nennt man ein Sehnen; einen Trieb nach etwas völlig Unbekanntem, das sich bloß durch ein Bedürfnis, durch ein Missbehagen, durch eine Leere, die Ausfüllung sucht, und nicht andeutet, woher? – offenbart.« 25 Das Sehnen versteht er als die ursprüngliche Äußerung des im Ich liegenden Strebens, als ein unendliches Sehnen, das kein Objekt wie z. B. eine Person oder eine Landschaft hat. (Man muss sich allerdings fragen, ob es ein solches unbestimmtes, objektloses Sehnen überhaupt geben kann) In dieser Unbestimmtheit des Sehnens kann es für Fichte als ein formales Sehnsuchtsschema fungieren, das eine Objektfindung überhaupterst möglich macht. Das Ich ist in sich sehnend und dadurch fähig, in sich eine Objektwelt aufzubauen, und dadurch wird nach Fichte auch erklärlich, warum wir uns überhaupt auf eine Außenwelt, auf Gegenstände beziehen können. 26 Im Gefühl des Sehnens ins Unendliche fühlt sich das Ich als tätig, im Gefühl der Begrenzung und Hemmung als leidend. Insofern ist das Ich »begrenzt und unbegrenzt, endlich und unendlich zugleich.« 27 Zu einem »Widerstreit« zwischen diesen Strebensrichtungen kommt es nicht, da sie sich wechselseitig voraussetzen und bestimmen. Der Begriff der Wechselbestimmung fundierte schon den ersten, theoretischen Teil der »Wissenschaftslehre«. Fichte redet auch von einem »Trieb nach Wechselbestimmung«. 28 Dieser Begriff der Wechselbestimmung oder Wechselwirkung gewann für Schillers Triebtheorie eine große Bedeutung. Mit dem Begriff des Sehnens verwendet Fichte einen Begriff, der in der gesteigerten Form der ›Sehnsucht‹ als ein Schlüsselmotiv ro-
A. a. O., S. 219. Vgl. dazu W. Hogrebe, Sehnsucht und Erkenntnis, in: Fichtes Wissenschaftslehre 1794. Philosophische Resonanzen, hg. v. W. Hogrebe, Frankfurt a. M. 1995, S. 56 ff. 27 Fichte, a. a. O., S. 221. 28 A. a. O., S. 221,242. 25 26
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mantischer Literatur und Kunst gelten kann. Es sei nur Eichendorffs Gedicht »Sehnsucht« zitiert, das mit den Versen beginnt: Es schienen so golden die Sterne, Am Fenster ich einsam stand Und hörte aus weiter Ferne Ein Posthorn im stillen Land.
Friedrich Schlegel konnte die Philosophie, frei nach Fichte, als »Sehnsucht nach dem Unendlichen« definieren. 29 Für Schelling erwachsen aus dem »Dunkeln des Verstandlosen«, aus »Gefühl, Sehnsucht, der herrlichen Mutter der Erkenntnis« erst die »lichten Gedanken«. 30 Das Sehnen treibt das Ich in die und zur Außenwelt. Dies gilt auch für das romantische Zaubermotiv der Sehnsucht. Insofern trifft Hegels Kritik der Romantik als einer leeren, eitlen und wirklichkeitsscheuen »Sehnsüchtigkeit« die Romantik nicht wirklich. 31 Die Lösung Fichtes wurde von seinen Schülern, z. B. von Novalis, über ihn hinaus noch radikalisiert. Die Denkfigur des Strebens nach einem Unendlichen nimmt Novalis auf. Mit ihr erklärt er die Erfahrung einer widerständigen Realität, die Erfahrung der ›Dinge‹ : »Wir suchen überall das Unbedingte, und finden immer nur Dinge.« 32 Damit beginnt die Sammlung von Aphorismen bzw. Fragmenten, die Novalis unter dem Titel »Blütenstaub« in der frühromantischen Zeitschrift »Athenäum« 1798 veröffentlichte. Diesen Satz kann man verstehen als Ausdruck einer Enttäuschung, man kann und soll ihn aber auch verstehen als Ausdruck einer Erfahrung der Dinge als Dinge, als Ausdruck der Erfahrung der endlichen Welt. Gleichzeitig erfahren wir, dass wir von diesen Dingen nicht eingeschlossen sind, dass wir über sie hinaus sind, dass wir freie Wesen sind. Die Suche nach einem letzten Fundament der Philosophie ist wohl vergeblich, erwägt Novalis in kritischer Wendung gegen Fichte. Sie ist für ihn vergleichbar mit der Suche nach dem Stein der Weisen. Wenn irgendwo, dann liegt dieser Grund nicht in einer allerletzten F. Schlegel, a. a. O., Bd. 12, Paderborn 1964, S. 7. Vgl. auch Bd. 18, S. 418, Nr. 1168. 30 F. W. J. Schelling, Über das Wesen der menschlichen Freiheit, eingel. u. mit Anmerkungen versehen v. H. Fuhrmans, Stuttgart 1968, S. 73. 31 Hegel, Werke, a. a. O., Bd. 13, S. 96. (Vorlesungen über die Ästhetik. Einleitung: Die Ironie) 32 Novalis, Schriften, 2. Aufl. hg. v. P. Kluckhohn / R. Samuel u. a., Bd. 2, Stuttgart 1965, S. 413. 29
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Begründung, sondern in dieser Suche selbst, in dem nie ganz zu stillenden »Bedürfnis«, einen absoluten Grund zu suchen: Wenn der Begriff des letzten Grundes eine »Unmöglichkeit« enthielte, überlegt er, »so wäre der Trieb zu philosophieren eine unendliche Tätigkeit – und darum ohne Ende, weil ein ewiges Bedürfnis nach einem absoluten Grunde vorhanden wäre, das doch nur relativ gestillt werden könnte – und darum nie aufhören würde.« 33 Der absolute Grund lässt sich nur »negativ« erkennen, »indem wir handeln und finden, dass durch kein Handeln das erreicht wird, was wir suchen«. ›Realisiert‹, d. h. als real empfunden und nicht nur abstrakt erdacht, wird der absolute Grund durch »ewigen Mangel«. 34 Mit Novalis übereinstimmend redet Friedrich Schlegel von Reinholds »Grundwut« (›Lyceum-Fragment‹, Nr. 66) und Hölderlin bezweifelt überhaupt, ob das Ideal des Wissens in einem »System« dargestellt werden könne. Der Mensch bedarf vielmehr für sein Wissen eines »unendlichen Fortschritts«. Die Suche nach einer Vollendung im System kommt einem »szientivischen Quietismus« gleich. (II, S. 498, vgl. auch II, S. 256) Zum philosophischen Gebrauch des Begriffs Bedürfnis bei Novalis, beiläufig eher bei Fichte, und bei Hölderlin mag auch der Gebrauch von Schiller in »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« und von Kant beigetragen haben. Kant redet häufig von einem »Bedürfnis der Vernunft«. Die Vernunft hat das Bedürfnis nach Erkenntnis und das Verlangen, dabei so weit wie möglich zu gehen, auch über die Grenzen der Erfahrung hinaus 35. So wird die Vernunft »durch eigenes Bedürfnis getrieben« sich zu metaphysischen Fragen fortbewegen, ob z. B. die Welt einen Anfang habe, die durch keinen »Erfahrungsgebrauch der Vernunft« je beantwortet werden können. (»Kritik der reinen Vernunft«, B 21) Sein Begriffsgebrauch changiert zwischen einem Bedürfnis, das die Vernunft hat, und einem Bedürfnis, das die Vernunft erzeugt. Hölderlins argumentative Verwendung des Begriffs ist, wie ich vermute, auch stark von Kants Schrift »Was heißt: Sich im Denken orientieren?« (1786), motiviert worden. Auf diese Schrift komme ich noch zurück. In »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« gebraucht Schiller den Begriff auffallend oft, neben der konventionellen Wendung »Joch der Bedürfnisse« findet man z. B. auch die Wendungen 33 34 35
Novalis, a. a. O., S. 269, Nr. 566. A. a. O., S. 270. Vgl. V. Gerhard, Immanuel Kant. Vernunft und Leben, Stuttgart 2002, S. 135 f.
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
»Bedürfnis des Jahrhunderts« und »Bedürfnis des Zeitalters«, »Bedürfnis der Realität«. Im 16. Brief deduziert er ein ›doppeltes Bedürfnis‹ des Menschen nach Schönheit, das von der ›schmelzenden‹ bzw. von der ›energischen‹ Schönheit befriedigt wird: Für den Menschen »unter dem Zwang der Materie oder der Formen« ist die schmelzende Schönheit »Bedürfnis«, für den Menschen »unter der Indulgenz des Geschmacks« ist die energische Schönheit »Bedürfnis«. Die Frage, die er am Ende der »Briefe« nach all den Analysen und Deduktionen stellt, ob denn der konstruierte »Staat des schönen Scheins« überhaupt existiert und wo er denn zu finden ist, beantwortet er durchaus illusionslos: »Dem Bedürfnis nach existiert er in jeder feingestimmten Seele, der Tat nach möchte man ihn wohl nur […] in einigen wenigen auserlesenen Zirkeln finden«, wo niemand es nötig hat, »fremde Freiheit zu kränken, um die seinige zu behaupten, noch seine Würde wegzuwerfen, um Anmut zu zeigen.« (27. Brief) In der Ankündigung von »Über die ästhetische Beziehung des Menschen« in seiner Zeitschrift »Die Horen« verweist er auf das »Bedürfnis«, die durch den Krieg und den Kampf der politischen Meinungen angespannten Gemüter durch »ein allgemeines und höheres Interesse an dem, was rein menschlich ist, […] wieder in Freiheit zu setzen, und die politisch geteilte Welt unter der Fahne der Wahrheit und Schönheit wieder zu vereinigen.«
IV. Bedürfnis, Bedürftigkeit, Dürftigkeit, Streben, Trieb und Tendenz bilden auch für Hölderlin Schlüsselbegriffe nicht nur seines philosophischen Denkens, sondern seines Menschen- und Weltverständnisses überhaupt. Einige Beispiele für die Verwendung des Begriffs des Bedürfnisses: Sie zeigen, dass für Hölderlin die philosophische Evidenz des Begriffs des Bedürfnisses auch auf der Erfahrung, dem Verständnis seines eigenen Lebens beruht. Am 2. September 1795 schreibt Hölderlin an den Arzt, Reiseschriftsteller und Naturforscher – und Übersetzer von Sieyès’ »Qu’est-ce que le tiers état?« – Johann Gottfried Ebel, der ihm die Stelle eines Hofmeisters (Hauslehrers) im Hause des Bankiers Gontard in Frankfurt vermittelt hatte. In diesem Brief entwickelt Hölderlin ein teilweise von Rousseau inspiriertes Erziehungsprogramm, das sich nach den Bedürfnissen des Kindes richten, diese aber 75 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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zu einem »höheren Bedürfnis« entwickeln soll. Dabei will er auf die »Triebe, die schon da sind«, wie den »Nachahmungstrieb, den Neuigkeitstrieb p.p.« zurückgreifen. Ein vernünftiges Verhalten wäre von seinem Zögling nicht eher zu fordern, »bis er einmal zum Bewusstsein oder Gefühl seiner höhern oder höchsten Bedürfnisse gekommen wäre.« Der Erzieher soll »seine Menschheit [d. h. Humanität], sein höheres Bedürfnis« erwachen lassen, um ihn in der Erziehung dann »Mittel« in die Hand zu geben, womit er »jenes höhere Bedürfnis zu befriedigen suchen muss«. Ist dieses Bedürfnis einmal erwacht, so kann der Erzieher »fordern«, dass er »dieses Bedürfnis ewig lebendig in sich erhalten und ewig nach seiner Befriedigung streben soll.« Für sich wünscht er an dieser Hofmeisterstelle »des Tags ein paar Stunden zur ruhigen Bildung und Pflege meines eigenen bedürftigen Wesens«. (III, S. 198–203) Dem Bruder, der sich mit Ästhetik beschäftigen will, gibt er zu bedenken, dass man erst die »untergeordneten Teile der Wissenschaft« studieren müsse, ehe man an die Ästhetik als »cacumina rerum« geht: »Glaubst Du nicht, dass man, um die Bedürftigkeit der Wissenschaft kennen zu lernen, und ein Höheres über ihr zu ahnden, müsse zuvor diese Bedürftigkeit eingesehn haben?« (März 1796; III, S. 228) Ende 1796 schreibt er an die Mutter einen Brief, in dem er darlegt, warum er eine Präzeptoratsstelle (Oberlehrerstelle) an der Lateinschule in Nürtingen nicht annehmen kann. Er gibt drei Gründe an. Seine Lage als Hauslehrer möchte er gerade jetzt nicht aufgeben, er verweist auf seine psychische Anfälligkeit, wegen der er unmöglich ›schulmeistern‹ könne, und schließlich als wichtigster Grund: Für die »Beschäftigungen«, zu denen ein unentbehrliches Bedürfnis ihn drängt, würde er keine Zeit finden. Es sind die Beschäftigungen mit Poesie: »Ferner würden die Beschäftigungen, die, durch Natur und Gewohnheit, mir unentbehrliches Bedürfnis geworden sind, und ohne welche für mich kein Glück der Erde genießbar ist, diese frohen, wenigstens unschuldigen Beschäftigungen« würden in diesem Amt »beinahe ganz unterbleiben müssen«. (III, S. 248) In seinem komplizierten Verhältnis zu seinem Landsmann, Förderer, Meister und Konkurrenten Schiller fühlt er sich vor diesem bedürftig: »Ich scheine freilich […] etwas bedürftig vor Ihnen, aber ich schäme mich nicht, der Aufmunterung eines edeln Geistes zu bedürfen.« (III, S. 266) In einem Brief an den Bruder vom 2. November 1797 schreibt er: »Die Not und Dürftigkeit von außen macht den 76 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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Überfluss des Herzens Dir zur Dürftigkeit und Not. Du weißt nicht, wo Du hin mit deiner Liebe sollst und musst um deines Reichtums betteln gehen.« (III, S. 277) Natürlich meint er damit auch sich selbst. Seine philosophische Evidenz gewann der Begriff des Bedürfnisses für Hölderlin in seiner Auseinandersetzung mit der Philosophie Kants und Fichtes. Mit der Philosophie Kants und »den Griechen«, d. h. vor allem der Philosophie Platons, hatte sich Hölderlin schon intensiv in seiner Studienzeit in Tübingen beschäftigt. Sein Studium der Philosophie Fichtes ist seit Mitte 1794 belegt. Er muss wohl von dieser Philosophie unmittelbar fasziniert gewesen sein. Damals lebte er als Hofmeister bei Charlotte von Kalb, einer Freundin Fichtes, in Waltershausen. Im Wintersemester 1794/95 hörte er dann Fichtes Vorlesungen in Jena und diskutierte mit Fichte, in dessen Nähe er auch wohnte, über dessen »Wissenschaftslehre«. »Fichte ist jetzt die Seele von Jena. Und gottlob! dass ers ist. Einen Mann von solcher Tiefe und Energie des Geistes kenne ich sonst nicht.« (III, S. 159) So schreibt er Ende 1794 aus Jena an seinen Freund Christian Ludwig Neuffer. Hölderlins kritische Auseinandersetzung mit Fichte wird für die Entwicklung der idealistischen Philosophie nach Fichte eine Schlüsselbedeutung zuerkannt. 36 Hölderlin hatte Fichte im Verdacht, die Grenzen der Erkenntnis in der Theorie zu überschreiten. So kritisierte er Fichtes Bestimmung eines höchsten theoretischen Prinzips im absoluten Ich als nicht haltbar. Von einem Ich kann nach Hölderlin nur dann gesprochen werden, wenn es sich seiner bewusst ist. Bewusstsein bzw. Selbstbewussstein setzt aber eine Differenz von Subjekt und Objekt voraus, damit eine »Beschränkung‹ des Ich: »ein Bewusstsein ohne Objekt ist aber nicht denkbar, und wenn ich selbst dieses Objekt bin, so bin ich als solches notwendig beschränkt, sollte es auch nur in der Zeit sein, also nicht absolut«. (III, 176). Das absolute Ich ist für das endliche Ich »Nichts«. (III 176) Mit guten Gründen hat Violetta Waibel vermutet, dass Fichte Hölderlins Kritik in den praktischen Teil der »Wissenschaftslehre« aufgenommen hat. 37 Aus der Formulierung, dass das Ich als solches notwendig beschränkt ist, »sollte es auch nur in der Zeit sein, also nicht absolut«, kann man folgern, dass Hölderlin den Vgl. grundlegend zur Auseinandersetzung Hölderlins mit Fichte V. L. Waibel, Hölderlin und Fichte 1794–1800, Paderborn 2000. 37 A. a. O., S. 49 ff. 36
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Begriff eines absoluten Ich als Ziel eines unendlichen Strebens in praktischer Hinsicht für möglich hält. Fichtes Lehre von den beiden Trieben, vom Widerstreit der beiden Triebe haben Hölderlins besonderes Interesse auf sich gezogen. Dem Bruder teilt er am 13. April 1795 eine »Haupteigentümlichkeit der Fichte’schen Philosophie« mit: »Es ist im Menschen ein Streben in’s Unendliche, eine Tätigkeit, die ihm schlechterdings keine Schranke als immerwährend, schlechterdings keinen Stillstand möglich werden lässt, sondern immer ausgebreiteter, freier, unabhängiger zu werden trachtet«. Diese »ihrem Triebe nach unendliche Tätigkeit« ist in der »Natur eines Wesens, das Bewusstsein hat (eines Ich, wie Fichte sich ausdrückt), notwendig«. Notwendig ist aber auch die »Beschränkung dieses Tätigkeit«. Denn wäre dieser Trieb ins Unendliche nicht beschränkt, »nicht mangelhaft«, so wäre außer uns nichts, »wir wüssten von nichts, wir hätten kein Bewusstsein«. So notwendig für das Bewusstsein die Beschränkung, der Widerstand, der Gegen-stand ist, so notwendig ist, wie Hölderlin noch einmal betont, »das Streben in’s Unendliche«. Denn ohne dieses Streben hinaus würden wir die Außenwelt als Gegen-stand nicht wissen, würden wir daher von »nichts« wissen, wir hätten daher auch kein Bewusstsein unserer selbst. (III, S. 185) Man sieht, dass Hölderlin Fichtes Triebstruktur, gedacht als Struktur des Wissens, als Struktur der »Natur« des Menschen ontologisiert. 38 Genauer müsste man wohl sagen: anthropologisiert. Vermutlich hat Schillers Übernahme von Fichtes Lehre vom Trieb und dem Widerstreit der Triebe in den 12. und 13. Briefen von »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« diese Anthropologisierung vorbereitet. Daher kann Hölderlin von einem Streben, einem Trieb »im Menschen«, von einem »allgemeinen Widerstreit im Menschen« reden, nämlich von einem »Widerstreit des Strebens nach Absolutem und dem Streben nach Beschränkung« (III, S. 230), und von notwendigen »Trennungen, in denen wir denken und existieren«, einem notwendigen »Widerstreit« zwischen Subjekt und Objekt, unserem Selbst und der Welt, ja von »Vernunft und Offenbarung«. (III, 225) Allerdings kann er auch von einem »Streben« des Geistes reden, »in einem schönen Fortschritt und Wechsel sich in sich selbst und in anderen zu reproduzieren«. (II, S. 527) Im 11. Brief von »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« konnte Hölderlin lesen: »Wir sind, weil wir sind; wir empfinden, denken und wollen, weil außer 38
A. a. O., S. 34.
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
uns noch etwas anderes ist.« Vergleichbare Sätze formuliert Fichte in »Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten«. Das Ich kann sich seiner nur selbst bewusst werden, wenn es »ein Etwas außer dem Ich« gibt. »Schon der Körper des Menschen, den er seinen Körper nennt, ist etwas außer dem Ich. […] Das, was er ist, ist er zunächst nicht darum, weil er ist; sondern darum, weil etwas außer ihm ist.« 39 Vielleicht gehen diese Sätze Fichtes auf die Gespräche mit Hölderlin zurück.
V. Seine in der Auseinandersetzung mit Fichte gewonnene philosophische Überzeugung versuchte Hölderlin während seiner Arbeit am »Hyperion«-Romanprojekt in den Roman zu integrieren. In einem Prosa-Entwurf zu einer metrischen Fassung, der metrischen Fassung, beides Fragment geblieben, und in einem weiteren Fragment, »Hyperions Jugend« überschrieben, liegt dieser Versuch vor. Entstanden sind diese Fassungen Ende 1794 bis Mitte 1795. 40 Da die philosophischen Versionen im Wesentlichen übereinstimmen, 41 konzentriere ich mich auf den Prosa-Entwurf (II, S. 206–208) und zitiere, wenn nötig, aus den anderen Versionen. Ein Ich Erzähler kommt mit einem Fremden, einem weisen Mann, ins Gespräch. Dieser Figur des Fremden legt Hölderlin seine philosophische Lehre in den Mund. Die Bemerkung des Ich-Erzählers, dass das, was er vom Fremden hörte, »so fremdartig« mit seiner »bisherigen Denkart« ist, und doch ihm so »natürlich« scheint, als wäre es bis jetzt sein »einziger Gedanke« gewesen – so steht es in »Hyperions Jugend« (II, S. 219) –, kann man auf Hölderlin selbst beziehen. Vorher hatte Hölderlin ja noch in kantischer Rigorosität schreiben können, dass das »Gesetz der Freiheit« ohne alle »Rücksicht der Natur« Fichtes Werke, a. a. O., S. 295 f. Vgl. dazu D. Henrich, Der Grund im Bewusstsein. Untersuchungen zu Hölderlins Denken (1794–1795), Stuttgart 1992. S. 239 ff.; U. Gaier, Hölderlin. Eine Einführung, Tübingen/Basel 1993, S. 126 ff.; Waibel, a. a. O., S. 119 ff.; G. Stiening, Epistolare Subjektivität. Das Erzählsystem in Friedrich Hölderlins Briefroman ›Hyperion oder der Eremit in Griechenland‹, Tübingen 2005, S. 124 ff. F. Strack, Über Geist und Buchstabe in den frühen philosophischen Schriften Hölderlins, Heidelberg 2013, S. 24 ff. 41 Stiening, a. a. O., betont allerdings Unterschiede. 39 40
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gebietet. (II, S. 497) Nun heißt es, dass der Mensch der Hilfe der Natur bedarf. Die Terminologie und die Denkfiguren in der Lehre des Fremden basieren allgemein auf der kantischen Lehre, dass alle unsere Vorstellungen und Begriffe von Weltverhältnissen immer unsere Vorstellungen und Begriffe von Weltverhältnissen sind, dass wir die Welt nicht an sich erkennen, sondern so, wie sie für uns ist. Im Besonderen basieren sie auf Kants »Kritik der teleologischen Urteilskraft« in der »Kritik der Urteilskraft« und auf Schillers »Briefe über die ästhetische Erziehung«. In der teleologischen Beurteilung »unterlegen« (»Kritik der Urteilskraft«, § 61) wir der Natur in regulativer Hinsicht und in Ergänzung der Kausalzusammenhänge eine innere Zweckmäßigkeit, wenn wir sie verstehen wollen. Diese innere Zweckmäßigkeit »entlehnen wir von uns selbst«.(§ 61) In dieser teleologischen Betrachtung gibt es nach Kant Gründe, die Welt als eine »Schöpfung« (§ 85) zu verstehen und die Existenz einer »verständigen Weltursache« (§ 87) anzunehmen. Kant schreibt dort z. B. auch, dass wir die »schöne Natur« mit »Gunst« ansehen, insofern wir an ihrer Form ein freies Wohlgefallen nehmen. Wir fragen nicht, zu welchem Zweck diese Naturschönheiten existieren. »In einem teleologischen Urteile aber geben wir auch auf diese Beziehung acht, und da können wir es als Gunst der Natur ansehen, dass sie uns durch Aufstellung so vieler schöner Gestalten zur Kultur hat befördern wollen.« (§ 67, Anmerkung) In Schillers Abhandlung »Anmut und Würde« von 1793 konnte Hölderlin lesen, dass »der Gesetzgeber selbst, der Gott in uns« es ist, »der mit seinem eigenen Bilde in der Sinnenwelt spielt.« 42 Hölderlins argumentative Verwendung des Begriffs des Bedürfnisses, seine Formulierung, dass das Bedürfnis uns dazu »berechtigt«, der Natur »eine Verwandtschaft mit dem Unsterblichen in uns« zu geben und »in der Materie einen Geist zu glauben« (II, S. 207) ist, wie ich vermute, auch stark von Kants Schrift »Was heißt. Sich im Denken orientieren?« inspiriert worden. In dieser Schrift untersucht Kant, was überhaupt ›sich orientieren‹ heißen kann. Er erläutert, wie man sich in einer Weltgegend orientiert: Man orientiert sich am Sonnenstand und daran, wo die linke und rechte Hand ist. Wie orientiert man sich aber im Denken, wenn der reinen Vernunft, die sich über alle Grenzen der Erfahrung hinaus erweitern will, kein »Objekt der Anschauung« als Hilfe zur Verfügung steht? Es bleibt, antwortet 42
Schiller, Werke, a. a. O., S. 303.
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Kant, nur ein subjektives Mittel übrig und dieses Mittel »ist kein anderes als das Gefühl des der Vernunft eigenen Bedürfnisses.« 43 Das Bedürfnis entsteht durch ein »Mangel des Wissens« und hängt, wie Kant formuliert, der Vernunft »an sich selbst« an. Wenig später erläutert er: »Die Vernunft fühlt nicht; sie sieht den Mangel ein und wirkt durch den Erkenntnistrieb das Gefühl des Bedürfnisses.« 44 Dieses Bedürfnis der Vernunft, das befriedigt sein will, beansprucht ein »Recht«, als ein subjektiver Grund »etwas vorauszusetzen und anzunehmen,« was die Vernunft »durch objektive Gründe zu wissen sich nicht anmaßen darf«, und ermöglicht ihr, »im Raume des Übersinnlichen, lediglich durch ihr eigenes Bedürfnis« sich zu orientieren. 45 Das Bedürfnis der Vernunft befriedigt sich in der Annahme eines ›ersten Urwesens‹, ohne welches sie von der »Zweckmäßigkeit und Ordnung« der Dinge in der Welt, die man »in so bewunderungswürdigen Grade […] allenthalben antrifft, gar keinen befriedigenden Grund angeben kann.« 46 Kant unterscheidet dann einen theoretischen Gebrauch des Bedürfnisses der Vernunft, insofern wir die Existenz Gottes annehmen »müssen«, wenn wir über die Zweckmäßigkeit der Welt urteilen »wollen«, und einen praktischen Gebrauch, insofern wir die Existenz Gottes annehmen müssen, weil wir nach der »Vorschrift der moralischen Gesetze« urteilen »müssen«. 47 Dann führt Kant den Begriff des »Vernunftglaubens« ein. Der Grund dieses Glaubens der Vernunft an das »Dasein eines höchsten Wesens« ist »bloß subjektiv«, nämlich »ein notwendiges Bedürfnis der Vernunft«. 48 Daher kann er niemals in ein Wissen verwandelt werden. Die Denkfigur, aus dem Bedürfnis das »Recht« (II, S. 212) abzuleiten, der Natur eine »Verwandtschaft mit dem Unsterblichen in uns« zu geben, in der »Materie« einen »Geist« zu »glauben« (II, S. 297), konnte Hölderlin aus dieser Schrift übernehmen. Nicht zu übersehen sind aber die Verschiebungen: Hölderlin redet von einem allgemeinen Bedürfnis, nicht von einem Bedürfnis der Vernunft, und er redet auch nicht von Gott, sondern von »Geist«. I. Kant, Ausgewählte kleine Schriften, Hamburg 1965, S. 13 f. Vgl. dazu auch P. Kleingeld, Fortschritt und Vernunft: Zur Geschichtsphilosophie Kants, Würzburg 1995, S. 91 ff.: Der Begriff des ›Vernunftbedürfnisses‹. 44 A. a. O., S. 14, 18, Anm. 45 A. a. O., S. 15. 46 A. a. O., S. 15 f. 47 A. a. O., S. 17. 48 A. a. O., S. 20. 43
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Von Bedeutung waren auch, wie schon angemerkt, Fichtes Vorlesungen »Über die Bestimmung des Gelehrten«, und, wie ebenfalls schon angemerkt, die spezifische Anwendung von Fichtes Theorie der Triebe und der Wechselwirkung in Schillers »Über die ästhetische Erziehung des Menschen«. Die »Hyperion«-Fragmente zeugen im Vokabular und in den Denkfiguren von einer intensiven Auseinandersetzung Hölderlins mit diesen Briefen. Hölderlin trug sich 1796 sogar mit dem Plan, »Neue Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen« zu verfassen. (III, S. 225) Schiller fordert im 13. Brief z. B. vom Menschen, »dem empfangenden Vermögen die vielfältigsten Berührungen mit der Welt zu verschaffen« und dem »bestimmenden Vermögen die höchste Unabhängigkeit von dem empfangenden zu erwerben«. Wo beide Eigenschaften sich »vereinigen«, da wird der Mensch »mit der höchsten Fülle von Dasein« die »höchste Selbstständigkeit und Freiheit verbinden«. In diesem Brief verwendet er auch den Ausdruck »empfänglich« und im Brief danach den der »Empfänglichkeit«. 49 Schiller redet davon, dass der Geist seine Freiheit beweist, indem er »das Formlose bildet«. Hölderlin lässt den Fremden sagen, dass der Mensch seine Vernunft nicht verleugnen darf, und die »widerstrebende Materie« dem »Trieb, das Formlose zu bilden«, unterwerfen soll. Darin liegt jedoch die Gefahr, dass wir in diesem »Kampf« unseren Sinnen uns »gefangen« geben, die Vernunft »verleugnen« und zu »Tieren« werden. Oder dass wir, »erbittert gegen den Widerstand der Natur«, sie vernichten wollen, gewaltsam jedes »Bedürfnis« nach »Frieden und Einigkeit« zerstören und jede »Empfänglichkeit« für die Welt um uns verleugnen. In dieser Gefahrenanalyse (II, S. 206 f.) sind unschwer Schillers Figuren des Wilden und des Barbaren zu erkennen. In beiden ist sich der Mensch »entgegengesetzt«: als Wilder, wenn seine Gefühle über seine Grundsätze herrschen, und als Barbar, wenn seine Grundsätze seine Gefühle zerstören. »Der Wilde verachtet die Kunst, und erkennt die Natur als seinen unumschränkten Gebieter; der Barbar verspottet und entehrt die Natur, aber verächtlicher als der Wilde fährt er häufig genug fort, der Sklave seines Sklaven zu sein.« (4. Brief) Der Mensch muss also in diesem Kampf mit der Natur, wie der In der philosophischen Diskussion der Zeit wird auch der Begriff der Rezeptivität verwendet. Kant unterscheidet bekanntlich die Spontaneität der Vernunft von der Rezeptivität der Anschauung.
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Fremde mahnt, sich hüten, die Natur zu »vernichten«, das »Bedürfnis« zu zerstören, die »Empfänglichkeit« zu verleugnen. Es muss darum gehen, »Frieden und Einigkeit« zwischen ihr und dem »Göttlichen in uns« zu stiften. In diesem Bedürfnis, in dieser Empfänglichkeit liegen das ›schön‹ genannte »Vereinigungsband« des Menschen mit der Welt. Worauf das Bedürfnis zielt und worin sein Verhältnis zur Empfänglichkeit liegt, geht aus der Folge hervor, in der der weise Mann seine Lehre triebtheoretisch formuliert. Der Mensch erfährt sich als strebendes Wesen, zugleich in einem Trieb nach Autonomie und in einem Trieb nach Welt. Dieser entsteht aus einer »Dürftigkeit« an Welt, daraus das Bedürfnis nach Welt, der Trieb, zu »empfangen«: »Wir können den Trieb, uns zu befreien, zu veredlen, fortzuschreiten ins Unendliche, nicht verleugnen. Das wäre tierisch, wir können aber auch den Trieb, bestimmt zu werden, zu empfangen, nicht verleugnen, das wäre nicht menschlich.« (II, S. 208) Hölderlins Konzeption eines Triebes beschränkt zu werden, geht über Fichtes Trieb-Verständnis hinaus. Für Fichte ist der Trieb als Trieb schon beschränkt. Es ist etwas »in uns«, sagt der Fremde, »was selbst im Kampfe mit der Natur Hülfe von ihr erwartet und hofft.« In den »friedlichen Bewegungen unseres Herzens« oder am »Angesichte eines Kindes«, »Symbole des Heiligen und Unvergänglichen in uns«, machen wir die Erfahrung einer »Einigkeit«, machen wir daher auch die Erfahrung, dass wir mit Recht die Hilfe der Natur erwarten und erhoffen können. (II, S. 207) Auch hier kann man Anregungen Schillers unterstellen. Aus Schillers Gedicht »Die Künstler« konnte Hölderlin die Wendung von der »Hilfe der Natur« gewinnen. Dort heißt es: »Wie konntet ihr des schönen Winks verfehlen, / Womit euch die Natur hilfreich entgegenkam?« (V. 125 f.) In Kants Moralphilosophie hatte Schiller bekanntlich den Anteil der Neigung am moralischen Handeln vermisst. Wie könnte die Natur »das ganze Feuer ihrer Gefühle zu einem Triumphe hergeben, der über sie selbst gefeiert wird«, wäre sie immer nur die unterdrückte »und nie die mitwirkende Partei«? 50 In unverkennbarer Nähe zu dieser Frage formuliert Hölderlin in »Hyperions Jugend«: »Wenn deine Pflicht ein feurig Herz begleitet, verschmähe den rüstigen Gefährten nicht.« (II, S. 220). »Ich weiß«, sagt der Fremde, »dass nur Bedürfnis uns dringt, der Natur eine Verwandtschaft mit dem Unsterblichen in uns zu geben und in der Materie einen Geist zu glauben, aber ich weiß, dass dieses 50
Schiller, Werke, a. a. O., S. 286.
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Bedürfnis uns dazu berechtigt, ich weiß, dass wir da, wo die schönen Formen der Natur uns die gegenwärtige Gottheit verkünden, wir selbst die Welt mit unserer Seele beseelen, aber was ist dann, das nicht durch uns so wäre wie es ist?« (II, S. 207) Das Bedürfnis richtet sich nun nicht nur auf die Welt bzw. Natur, sondern »dringt« uns sogar, Geist und Natur aufeinander zu beziehen, der Natur mit dem »Unsterblichen« in uns eine »Verwandtschaft« zu geben und in der Materie einen Geist zu »glauben«. Mit dieser Formulierung bleibt offen, ob die Natur tatsächlich mit unserem Geist verwandt ist oder nicht. Wir behandeln sie so. Kurz vorher geht der Fremde darüber hinaus. Es ist »etwas in uns, was selbst im Kampfe mit der Natur Hülfe von ihr erwartet und hofft. Und sollten wir nicht? Begegnet nicht in allem, was da ist, unserem Geiste ein freundlicher Geist? Birgt sich nicht, indes er die Waffen gegen uns kehrt, ein guter Meister hinter dem Schilde?« (II, S. 207) In der metrischen Fassung heißt es, dass in allem, was da ist, ein »freundlicher / verwandter Geist« uns »begegnet«. (II, 211, V. 85–87) Gleichwohl wird auch hier, mit Kant, gesagt, dass das Faktum des Bedürfnisses »das Recht« (II, S. 212, V. 106) uns gibt, »uns berechtigt« (II, S. 207), heißt es im Prosaentwurf, diese Verwandtschaft zu unterstellen. Der Geist, das »Unsterbliche in uns« braucht die Natur. Ohne die Natur gerade in ihrem Widerstand wäre der Geist nicht der Geist. Der Mensch bedarf der Welt, heißt dies, um überhaupt Mensch sein zu können. Ohne die Auseinandersetzung mit einer widerständigen Natur hätte er kein Bewusstsein und keine Freiheit. Ohne Objekt kein Subjekt. Keiner der beiden Triebe ist daher dem Menschen ›entbehrlich‹, wie es in der metrischen Fassung (II, S. 213, V. 154) heißt. Als endliche Wesen »fühlen wir tief die Beschränkung unseres Wesens, und die gehemmte Kraft sträubt sich ungeduldig gegen ihre Fesseln, und doch ist etwas in uns das diese Fesseln gerne behält – denn würde das Göttliche in uns von keinem Widerstande beschränkt, so wüssten wir von nichts außer uns, und so auch von uns selbst nichts, und von sich nichts zu wissen, sich nicht zu fühlen, und vernichtet sein, ist für uns Eines.« (II, 208) In der metrischen Fassung wird ausdrücklich gesagt, dass die Empfänglichkeit für die Natur sich auf ein Bedürfnis gründet. Es wird sogar das »menschlichste Bedürfnis« (II, S. 211, V. 76) genannt. Empfänglichkeit ist insofern die andere Seite des Bedürfnisses. Das Bedürfnis will haben, was ihm fehlt; die Empfänglichkeit will nehmen, was ihm gegeben wird. Wegen des Zusammenhangs der beiden 84 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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Triebe, wegen des notwendigen Zusammenhangs von Geist und Natur kann wohl Hölderlin von einer Verwandtschaft reden. Mit Spinoza, Kant, Fichte und Schiller hatte Hölderlin die Überzeugung gewonnen, dass die Welt eine elementare Einheit bildet, dass der Mensch von der Natur getragen wird und sich doch von ihr auch unterscheidet. Die Welt, heißt es dann im vollendeten Roman, ist »das Eine in sich selber unterschiedne«. Erfahrbar, gegenwärtig ist diese Struktur in der Schönheit. (II, S. 92) Ein späteres Gedicht »Dichtermut« (2. Fassung) beginnt mit dem Vers: »Sind denn dir nicht verwandt alle Lebendigen«. Noch später allerdings kann Hölderlin vom »ewig menschenfeindlichen Naturgang« (II, S. 918) reden. In dieser metrischen Fassung wird die Natur ›ewig wechselnd‹ genannt: »Ich weiß, es ist Bedürfnis, was uns dringt, / der ewig wechselnden Natur Verwandtschaft mit uns zu geben«. (II, S. 212, V. 103 f.) Die Ausdruck ›ewig wechselnde Natur‹ verweist wieder auf Schillers »Über die ästhetische Erziehung des Menschen«. Dort entwickelt Schiller die Begriffe »Person« und »Zustand« als Varianten der Begriffe Formtrieb und Sachtrieb, bzw. der Begriffe Form und Materie, Vernunft und Sinne, Einheit und Mannigfaltigkeit, Beharrlichkeit und Wechsel. Im 11. Brief schreibt Schiller: »Die Materie der Tätigkeit also, oder die Realität […] muss der Mensch erst empfangen, und zwar empfängt er dieselbe als etwas außer ihm Befindliches im Raume, und als etwas in ihm Wechselndes in der Zeit, auf dem Wege der Wahrnehmung.« Hölderlins Wendungen vom ›Unsterblichen‹ oder dem ›Göttlichen in uns‹, aus religiöser und philosophischer Tradition ihm vertraut, steigern noch Schillers Bestimmungen der Person: Sie ist bleibend, hat ihren eigenen Grund, sie ist frei, sie kann nicht werden, sie trägt die Anlage zur Gottheit in sich, sie ist eine ewige Einheit. Im Faktum der Bedürfnisnatur des Menschen sieht also Hölderlin den Grund, warum der Mensch zugleich auf das Unendliche und das Endliche aus ist, sich auf die Welt öffnet und mit der Erfahrung der Welt auch sich und seine Freiheit erfährt, die Welt formen und die Welt empfangen will. Anders als der Begriff des Triebes, der mehr den Drang, den Impuls akzentuiert, akzentuiert der Begriff des Bedürfnisses mehr den Mangel und den Trieb, ihn zu stillen – ohne ihn je stillen zu können, und er umfasst mehr den ganzen Menschen. Anders als der Begriff des Triebes hat der Begriff des Bedürfnisses durch eigene Erfahrung eine fraglose Evidenz. 85 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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VI. Wie kann man nun erklären, wie es zu diesem Bedürfnis gekommen ist? Das wäre auch die Erklärung, wie es überhaupt zu unserer Endlichkeit gekommen ist. Mit »Lass mich menschlich sprechen«, beginnt der Fremde diese Erklärung. Er erklärt nun, indem er eine Geschichte der Genesis der Endlichkeit erzählt. Dabei bedient er sich des Mythos von der Zeugung des Eros an dem Tage, der Aphrodites Geburtsfest war. »Lass mich menschlich sprechen« heißt so viel wie: Lass mich in Bildern sprechen, wie es schon der Mythos tut, und lass mich so sprechen, wie ich es unter den unvollkommenen Bedingungen unserer Endlichkeit nur kann. Denn eigentlich können wir mit unserem endlichen Bewusstsein nicht von einem Anfang unserer Endlichkeit, einem ›ursprünglich unendlichen Wesen‹ erzählen. Davon kann das endliche Bewusstsein nichts wissen. Das ›ursprünglich unendliche Wesen‹, das Absolute, philosophisch gesprochen, ist nur ein bloßer »Gedanke«, wie es in der metrischen Fassung heißt. (II, S. 312, V. 135) Erzählen können wir aber davon in Form einer fiktiven, mythologisierenden Geschichte. In dieser Erzählung verbindet der Fremde die Genesis der Endlichkeit mit der Genesis der Liebe und der Schönheit. Im »Symposion« (203b-204b) lässt Platon die Priesterin Diotima erzählen, wie der Eros aus der Verbindung von Poros (Reichtum, Überfluss) und Penia (Armut, Bedürftigkeit) hervorgeht: Als Aphrodite geboren war, feierten die Götter, unter ihnen auch Poros. »Als sie nun abgespeist, kam, um sich etwas zu erbetteln, da es doch festlich herging, auch Penia und stand an der Tür. Poros nun berauscht vom Nektar, denn Wein gab es noch nicht, ging in den Garten des Zeus hinaus, und schwer und müde wie er war, schlief er ein. Penia nun, die ihrer Dürftigkeit wegen den Anschlag fasste, ein Kind mit Poros zu erzeugen, legte sich zu ihm und empfing den Eros.« (Übersetzung von Schleiermacher). Wegen seiner Herkunft steht Eros als ein großer Dämon zwischen Armut und Überfluss, zwischen den Sterblichen und Unsterblichen. Zu seinem Wesen gehört ein Streben, ein Streben nach dem Schönen und Guten, sogar nach Unsterblichkeit (200a–b, 202d, 207a) So erzählt »menschlich« der Fremde: »Als unser ursprünglich unendliches Wesen zum ersten Male leidend ward und die freie volle Kraft der ersten Schranken empfand, als die Armut mit dem Überflusse sich paarte, da ward die Liebe. Fragst du, wann das war? Plato 86 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
sagt: Am Tag, da Aphrodite geboren ward. Also da, wo die schöne Welt für uns anfing, da wir zum Bewusstsein kamen, da wurden wir endlich.« (II, 208) Das Faktum des Bewusstseins wird an das Faktum der Endlichkeit, daher auch an das Faktum der Bedürftigkeit gebunden. Ohne die Schranken der Endlichkeit kein Bewusstsein. Der Satz »da wurden wir endlich« spielt mit der adverbialen und adjektivischen Bedeutung von »endlich«. Fast beiläufig formuliert Hölderlin damit auch eine Voraussetzung der Erfahrung von Schönheit: Die schöne Welt ist, kantisch, »für uns« eine schöne Welt, und sie fängt an, »da wir zum Bewusstsein kamen«. Schön ist die Erfahrung von Vereinigung, von »Frieden und Einigkeit«, wie aus der Rede des Fremden zuvor hervorgeht. Im »Angesichte« eines Kindes kann diese Einigkeit erfahren werden. Diese Erfahrung des Schönen – von Kunstwerken ist noch nicht die Rede – hat zur Voraussetzung die Erfahrung von Endlichkeit, Bedürftigkeit, damit auch von Zeitlichkeit. 51 Im Frieden und der Einigkeit des Schönen erfahren wir insofern »für uns« auch eine Art Transzendenz. Und wir erfahren auch im Schönen, was »das Ziel all’ unseres Strebens« ist, die Vereinigung mit der Natur »zu einem unendlichen Ganzen«. (II, S. 256) In der metrischen Fassung lässt Hölderlin den Fremden sagen: Auch ist mir nicht verborgen, dass wir da, wo uns die schönen Formen der Natur Die Gegenwart des Göttlichen verkünden, Mit unsrem Geiste nur die Welt beseelen.
Der möglichen Kritik, dass die schönen Formen nur Projektionen unserer Seele sind, erwidert er kantisch-fichteanisch, dass wir überhaupt nur die Formen der Welt erkennen, so wie sie unter den Bedingungen unserer Erkenntnis uns erscheinen. Da dies immer so ist, haben auch unsere Urteile über die »schönen Formen« ihre Gültigkeit: Im Roman wird später diese Erzählung von der Genesis der Schönheit (II, S. 49 f.) noch stärker anthropologisiert. Der Geist entsteht aus der Brechung und Sublimation der Natur, die Schönheit erscheint als eine Eigenschaft dieser Brechung und Sublimation: »Des Herzens Woge schäumte nicht so schön empor, und würde Geist, wenn nicht der alte stumme Fels, das Schicksal, ihr entgegenstände.« Vgl. dazu Verf., Die Schönheit, der Geist und der alte stumme Fels. Überlegungen zu einer Passage von Hölderlins Roman »Hyperion«, in: Resonanzen. Festschrift für Hans Joachim Kreutzer, hg. v. S. Doering u. a., Würzburg 2000, S. 211–227.
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Doch, lieber Fremdling, sage mir, was ist, Das nicht durch uns so wäre, wie es ist?
Hölderlin war vertraut mit der philosophischer Auslegung von Mythen gerade im Kreis idealistischer Philosophie, z. B. bei Kant (»Mutmaßlicher Anfang des Menschengeschlechts«) und bei Schiller (»Über Anmut und Würde«). Unschwer konnte er den Überfluss, 52 die freie, volle Kraft von Poros als Ausdruck für das Ziel des Strebens ins Unendliche, und Penia als Ausdruck für das Streben nach Beschränkung interpretieren. Unschwer konnte er in der Liebe, die in ihrem Überfluss sich dem anderen hingibt und in ihrer Dürftigkeit den anderen begehrt, eine Vereinigungskraft finden, die den Widerstreit der Triebe aufheben kann. 53 Der Fremde sagt, wir müssten untergehen im Widerstreit des Triebes »fortzuschreiten ins Unendliche« und des Triebes »bestimmt zu werden, zu empfangen«: »Aber die Liebe vereiniget sie. Sie strebt unendlich nach dem Höchsten und Besten, denn ihr Vater ist der Überfluss, sie verleugnet aber auch ihre Mutter nicht; sie hofft auf Beistand. So zu lieben ist menschlich. Jenes höchste Bedürfnis unseres Wesens, das uns dringt, der Natur eine Verwandtschaft mit dem Unsterblichen in uns beizulegen, und in der Materie einen Geist zu glauben, es ist die Liebe.« Die Liebe, heißt es dann aber in der metrischen Fassung, kann auch ›mannigfaltig irren‹.(II, 213, 168) Ohne dass Hölderlin dies ausgeführt hat, liegt in dem Satz, dass das höchste Bedürfnis unseres Wesens, der Natur eine Verwandtschaft mit dem Unsterblichen in uns beizulegen und in der Materie einen Geist zu »glauben«, der Ansatz zu einer Philosophie der Religion, keiner konfessionellen, sondern einer allgemeinen Religion. Auch sie hat demnach ihren Grund in der Bedürfnisnatur des Menschen, in seiner Erfahrung des Endlichen, dass er so nicht erfahren würde ohne sein Streben nach Unendlichem. »Es ist die Schranke der Endlichkeit«, heißt es in »Hyperions Jugend«, »worauf der Glaube sich gründet; deswegen ist er allgemein, in allem, was sich endlich fühlt.« (II, S. 219) Im Roman selbst findet sich dann der provokative
Schiller sieht in Formen des ›Überflusses‹, der »verschwenderischen Fülle« in der Natur ein »Vorspiel des Unbegrenzten« in ihrem »materiellen Reich« selbst, 27. Brief. 53 Beiläufig hat Schiller die Liebe als eine Vereinigung von Achtung und Neigung, Vernunft und Empfindung erwähnt. (14. Brief) 52
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»Doch dies Bedürfnis gibt das Recht uns auch«
Satz: »Warum ist die Welt nicht dürftig genug, um außer ihr noch Einen zu suchen?« (II, S. 19) 54 Im späteren Werk verschiebt sich das Motiv des Bedürfnisses mehr in das Motiv der Dürftigkeit oder des Bedürfens. Die »Elemente«, heißt es, »bedürfen ja, wie Heroën den Kranz […] zum Ruhme das Herz der fühlenden Menschen.« (»Der Archipelagus«, V. 60 f.) Deutlicher noch ist Hölderlins Bindung des Bewusstseins an Endlichkeit in der Hymne »Der Rhein« (V. 105 ff.) erkennbar: Es haben aber an eigner Unsterblichkeit die Götter genug, und bedürfen Die Himmlischen eines Dings, So sinds Heroën und Menschen Und Sterbliche sonst. Denn weil Die Seeligsten nichts fühlen von selbst, Muss wohl, wenn solches zu sagen Erlaubt ist, in der Götter Namen Teilnehmend fühlen ein Andrer […]
Als Dichter erfährt sich Hölderlin als Dichter in einer ›dürftigen‹ Zeit und kann daher in der Elegie »Brot und Wein« die ikonisch gewordenen Frage stellen: »wozu Dichter in dürftiger Zeit?« (V. 122) Die Zuversicht der frühen philosophischen Konzeption, das Vertrauen in den Zusammenhang des Geistes mit der Natur wird in den Jahren danach einem Bewusstsein der Gefährdungen des Lebens weichen. Dazu haben die Erfahrung der historischen Ereignisse und das Bewusstsein seiner eigenen psychischen Gefährdung beigetragen. In der Hymne »Mnemosyne«, wahrscheinlich 1803 entstanden, kann man noch die alte Struktur der Triebe entdecken, aber der Trieb ins Unendliche wird nun als eine Sehnsucht ins »Ungebundene« erfahren, dergegenüber das Ich sich ›treu‹ bleiben muss, um sich zu bewahren. In diesen Versen bedeutet »Not« die Not und die Notwendigkeit: […] Und immer Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht. Vieles aber ist Zu behalten. Und Not die Treue. […]
Hölderlin setzt zu diesem Satz eine Anmerkung: »Es ist wohl nicht nötig zu erinnern, dass derlei Äußerungen als bloße Phänomene des menschlichen Gemüts von Rechts wegen niemand skandalisieren sollten.«
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Claudia Melica
Hegel et Aristote sur la cause finale Grèce : à ce nom le cœur de l’homme cultivé d’Europe et de nous Allemands en particulier, se sent en terre natale. G. W. F. Hegel 1
En 1810, K. F. Bachmann, dans une recension de la Phénoménologie de l’esprit, rappelle à quel point il a été approprié de qualifier Hegel d’« Aristote allemand de la philosophie moderne » 2 . En effet, la présence d’Aristote envahit tant la pensée de Hegel qu’il est impossible, ici, de la reconstruire en sa totalité 3 . Hegel lui-même, lors de son enseignement à Berlin, lorsqu’il aura, dans les Leçons sur l’histoire de la philosophie, à affronter la pensée d’Aristote en son entier, dira « craindre […] de ne pouvoir éviter la prolixité » 4 . A son avis, il convenait de tenir Aristote pour « l’un des génies scientifiques les plus riches et les plus profonds qui aient jamais existé, un homme dont aucune époque ne peut rien offrir de comparable » 5 . Durant l’ensemble de sa spéculation Hegel va en effet reprendre différentes thèses aristotéliciennes en les réadaptant à sa propre phi1 G. W. F. Hegel, VGP I, ed. K. L. Michelet, reprint in JA, vol. XVI, p. 188, Leçons sur l’histoire de la philosophie, trad. fr. P. Garniron, Vrin, Paris, 1971, p. 21. 2 Cf. K. F. Bachmann, Phenomenologie Besprechung, reprint in: O. Fambach, Der Romantische Rückfall in der Kritik der Zeit, Akademie Verlag, Berlin 1963, pp. 428–452, en particulier p. 429; cf. T. Pinkard, Hegel. A Biography, Cambridge University Press, Cambridge 2000, pp. 264–265. 3 La bibliographie sur l’interprétation d’Aristote par Hegel èst immense, voir la description des études in : F. Longato, Studi su Hegel e il pensiero greco, «Verifiche », V (1976), pp. 305–321; Id., Hegel e Aristotele. Linee interpretative, « Cultura e Scuola », XIX (1980), pp. 124–131; P. Aubenque, Hegel et Aristote, in Hegel et la pensée grecque, ed. par J. D’Hondt, Puf, Paris 1974, pp. 97–120; G. Lebrun, Hegel lecteur de Aristote, « Etudes philosophiques », XLVIII (1983), pp. 329– 347. A. Ferrarin, Hegel and Aristotle, Cambridge University Press, Cambridge 2001. Sur l’édition d’Aristote dont Hegel s’est servi voir Michelet rappelé par P. Garniron in : VGP, I, trad. fr. citée, p. 18. 4 VGP, III, ed. K. L. Michelet, reprint in JA, vol. XVII–XVIII, trad. fr. P. Garniron, Leçons sur l’histoire de la philosophie, III, Vrin, Paris, 1972, p. 499. 5 Ibid (trad. fr. modifiée). Cf. P. Aubenque, Problémes aristoteliciens. Philosophie théorique, Vrin, Paris 2009.
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Hegel et Aristote sur la cause finale
losophie, en particulier, le thème du finalisme; emprunté à Aristote, mais réinterprété par Hegel. Celui-ci est utilisé, ici ou là, pour exprimer différentes argumentations. Songeons, pour simplement citer l’un de ces passages, à la façon dont Hegel clôt l’Encyclopédie (1830). Il cite un passage – tiré de la Métaphysique d’Aristote (XI, 7, 1072b 18–30) – sur la pensée divine qui se pense elle-même, et est donc « but final absolu ». Il ajoute en outre que cette « activité de la pensée est vie » et que celle-ci coïncide avec Dieu 6 . Il convient dès lors de se demander : pourquoi l’activité de la pensée est-elle but ? Et pourquoi coïncide-t-elle avec la « vie » ? Une phrase sur la capacité de la pensée d’être médiation avec soi-même, à vrai dire emblématique, qui ne peut être comprise qu’en se référant à trois textes de Hegel au moins : la Science de la logique, les Leçons sur l’histoire de la philosophie, et surtout les Leçons sur la philosophie de la religion. Si l’on analyse la description que fait Hegel de certaines parties de la métaphysique aristotélicienne (I, 3 ; Metaph., H 4 1044 a 34) dans les Leçons sur l’histoire de la philosophie, on voit apparaître la façon dont il expose les quatre causes (aitiai), en donnant la priorité à la cause formelle, autrement dit à « ce par quoi une chose est justement ce qu’elle est, l’essence ou la forme [eidos] » 7 . Il faut en chercher le motif dans le fait que Hegel privilégie, en différentes œuvres, le thème de la cause formelle et aussi, comme on verra, de la cause finale 8. Hegel attribue une grande importance à la forme (eidos) parce qu’elle renvoie, comme chez Aristote, à différentes caractéristiques d’une chose. Il ne s’agit pas de l’aspect extérieur (morphé) d’une chose, mais de sa structure rationnelle. En outre la forme constitue justement le principe d’organisation d’une chose. C’est pourquoi, ensemble, elles composent l’essence de cette chose. Lorsqu’il aura à affronter le thème des organismes vivants, Hegel montrera, en reprenant de façon tout à fait particulière Aristote, comment la « forme coïncide avec la fin ». Hegel pense, en effet, que c’est « la fin » qui est la véritable « forme déployée ». Pour la même raison, il faut que le vivant réalise cette forme pour atteindre vraiment ce qu’il est en lui-même, ce qui veut dire son
Enz C, 636, Encyclopédie des sciences philosophiques en abrégé, trad. fr. B. Bourgeois (trad. modifiée), Vrin, Paris, 2012, pp. 605–606. Cf. P. Aubenque, Le problème de l’être chez Aristote. Essai sur la problématique aristotelicienne, Paris Puf, 20136. 7 VGP, III, 319, trad. fr. citée Garniron, Tome 3, p. 517. 8 Cf. Ibid. 6
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essence ou sa cause formelle 9. Il a en effet en tête certains passages de la Physique (II, 1) où Aristote définit la forme (eidos), ainsi que l’ont remarqué certains interprètes 10, comme « but d’un procès » (le ce en vue de quoi), et non simplement comme « point d’arrivée d’un événement » (le « terme »). Hegel pourra dès lors saisir l’articulation complexe de la pensée d’Aristote sur ces questions et, en diverses occasions, il mêlera les deux plans. Dans les Leçons sur l’histoire de la philosophie, lorsqu’il transpose les thèses aristotéliciennes, Hegel les utilise, à vrai dire, pour exprimer certaines de ses argumentations philosophiques. L’accent est mis, en effet, sur des concepts liés à la définition de l’entéléchie comme « ce qui est en soi-même fin » et qui est « la réalisation de la fin » (causa sui) 11 , l’activité (non le simple changement) qui s’autodétermine parce qu’elle pose une fin universelle qui se réalise elle-même. Hegel partage en effet avec Aristote la thèse générale selon laquelle toutes les transformations de la nature sont soumises à une sorte de fin ordonnatrice et se produisent en vue de quelque chose. Hegel approuve en outre chez Aristote la thèse selon laquelle dans la nature une chose devient ce qu’elle était en elle-même dès le commencement. Une fois posée une activité en vue d’un but – dit Hegel en reprenant Aristote – ce qui était au commencement en tant qu’idée (la cause) se réalise (l’effet accompli). C’est que Hegel appelle effectivité (Wirklichkeit). Il s’agit pour Hegel d’une réalité effective qui n’est pas simplement existence extérieure mais qui est liée à l’essence intérieure d’une chose. De plus, dans un dispositif de caractère finaliste, l’effet est pour Hegel la manifestation de la cause, ou encore une sorte d’extériorisation de soi. En ce sens, la nature est « vie » parce qu’elle est but en soi et unité avec soi. L’essence d’une chose (cause formelle) et le ce en vue de quoi (cause finale), pour Hegel comme pour Aristote, ont, en ce cas, la même fonction. Toutefois, d’un côté, Hegel croit avec Aristote que la nature s’organise d’elle-même (finalisme) et il admet aussi une prééminence de la causalité formelle. C’est la raison pour laquelle Hegel accorde beau9 Cf. P. Pellegrin, Aristote, in: Vocabulaire des Philosophes, coord. par J. P. Zarader, Ellipses, Paris 2002, pp. 124–126; 136–137. Cf. Arst., Phys. II, 7, 198 a 24, où la cause formelle et la cause finale sont mêlées parce que dans la nature l’essence d’une chose est sa fonction. 10 Cf. C. Natali, Aristotele, Carocci, Roma, 2014, p. 96. 11 VGP, III, 320, trad. fr. citée, Garniron, Tome 3, p. 518.
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coup de place dans la philosophie de la nature, dans la science de la logique et même dans les Leçons sur la philosophie de la religion aux organismes vivants et à la finalité interne qui les constitue. Hegel attache donc une grande importance au procès causal en lequel la cause est étroitement liée à l’effet, parce qu’ils se trouvent dans une « connexion telle que l’un d’eux n’existe que dans la mesure où l’autre existe » 12 . Par conséquent, la façon dont la nature opère pour accomplir son but interne, ou la « vie », représente, au sein d’un processus causal, l’effet accompli c’est à dire le point d’arrivée. D’autre part, lorsqu’il en vient, dans les Leçons sur la philosophie de la religion, à analyser les contenus du raisonnement logique qui sous-tend la preuve téléologique et la preuve ontologique de l’existence de Dieu en vue d’en démontrer la validité, Hegel fait usage de ces conceptions aristotéliciennes afin de les détourner, d’une manière qui en dernière analyse est contradictoire sur le plan théorique, vers une explication, d’une certaine façon, providentialiste et théiste de la nature. Par « preuve téléologique de l’existence de Dieu », on a généralement entendu cette démonstration logique du raisonnement qui soutient que si l’on peut trouver un ordre au sein du cosmos, alors il faut supposer l’existence d’une puissance suprême qui a rendu possible un tel ordre. Mais, s’il en est ainsi, le résultat positif de la démonstration finaliste de l’existence de Dieu devrait conduire Hegel à admettre implicitement qu’il est nécessaire de recourir à un dessein de la nature préparé par Dieu. En outre, si cela est vrai, cela voudrait dire que la « vie » se montre provenir, non d’un finalisme interne aux organismes, mais de Dieu. Toutefois, comment tout cela s’explique-t-il ? Il s’agit de démontrer l’existence de Dieu, ce que Hegel s’attache à faire dans les Leçons sur la philosophie de la religion. La terminologie utilisée par Hegel dans la démonstration téléologique de l’existence de Dieu est assurément aristotélicienne. Le résultat théorique auquel Hegel parvient avec la preuve téléologique de l’existence de Dieu, est aussi, à notre avis, une sorte de preuve ontologique « déguisée ». Hegel va renforcer le lien étroit entre les deux preuves en soutenant que dans la preuve ontologique ce dont on part est en fait le concept de Dieu (la cause) et que ce qui s’accomplit, d’un point de vue logique, est la réalité (l’effet accompli). En analysant le rapport entre les deux preuves, Hegel introduit en outre non seulement la cause finale, mais VPR, III, 304, Leçons sur la philosophie de la religion, trad. fr. P. Garniron, Puf, Paris 1996, I, p. 286. Cf. aussi Arist., Physique, (II, 8–9) en particulier 199a 17–32.
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aussi la cause formelle. En effet, pour le dire en usant d’une terminologie aristotélicienne, « l’effet réalisé » est la « forme » en tant que « but » d’un procès qui, en dernière analyse, a son accomplissement le plus haut dans la « vie ». Hegel développe la preuve téléologique et la preuve ontologique dans la première partie des Leçons sur la philosophie de la religion (1827) en alléguant que c’est le concept de « vie » qui met en rapport entre elles les deux preuves. Le motif semble tenir au fait que la « vie » – d’après ce qu’expose la Science de la logique 13 – comme « Idée immédiate », est le concept en tant que son « objectivité » lui est devenue « adéquate ». La vie logique est en particulier, pour Hegel, le « concept qui se réalise », en un premier moment, en un corps vivant, en une individualité ; aussi l’interprète peut-il mettre en relation ce point avec la preuve ontologique, dans la mesure où cette dernière a, elle aussi, pour but de partir du « concept de Dieu » pour parvenir au « concept réalisé » (ce que Hegel appelle aussi d’un point de vue théologique Menschwerdung Gottes). Tel est en effet le « résultat » typique d’un savoir médiat. L’intention générale de Hegel dans cette partie des Leçons est de démontrer que le savoir que l’homme a de Dieu et surtout celui que Dieu comme esprit a de lui-même est un savoir médiat, et non un savoir immédiat comme le sentiment. En ce cas, les preuves de l’existence de Dieu, et en particulier la preuve ontologique, sont la forme d’exemplification la plus adéquate pour réussir à comprendre le « penser concret » en tant que savoir médiat. Puisqu’il est impossible de tenir compte de tous les passages, dans les différentes œuvres, dans lesquels Hegel s’est interrogé de façon plus exhaustive sur le concept de « vie » 14 , venons-en à présent aux Cfr. WdL, II, 179–192 ; trad fr. G. Jarczyk et P.-J. Labarrière, Eds. Kimé, Paris 2010, pp. 274–289 (2e éd. revue et corr.). Sur la notion de « vie » dans la Logique cf. G. Marmasse, Logique hégélienne et vie, « Archives de Philosophie », Tome 75 (2012), 2, pp. 235–252 ; K. Düsing, Die Idee des Lebens in Hegels Logik, in Hegels Philosophie der Natur. Beziehungen zwischen empirischen und spekulativer Naturerkenntnis, hrsg. v. R.-P. Horstmann u. M. J. Petry, Klett-Cotta, Stuttgart 1986, pp. 276–289; J. D’Hondt, Le concept de la vie chez Hegel, in Hegels Philosophie der Natur, cit., pp. 138–150; H. Boehme, Das Leben als Idee. Die Idee des Lebens in Hegels Wissenschaft der Logik, in Die Logik des Wissen und das Problem der Erziehung, hrsg. v. W. R. Beyer, Meiner, Hamburg 1982, pp. 154–163; A. Sell, Das Leben in der Wissenschaft der Logik, in: Sich in Freiheit entlassen. Natur und Idee bei Hegel, hrsg. v. H. Schneider, Peter Lang, Frankfurt a. M. 2004, pp. 189–205. 14 Cf. F. Chiereghin, Finalità e idea della vita. La recezione hegeliana della tele13
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deux preuves de l’existence de Dieu énoncées dans la première partie des Leçons sur la philosophie de la religion (1827). L’exposé s’ouvre par l’explication du « contenu » de la preuve téléologique dans laquelle Hegel précise ce qu’il entend par « vivant ». Il dit qu’« il y a dans la nature des fins et un arrangement qui tout à la fois est conforme à ces fins et n’a pas été produit par elles, de sorte que cet arrangement surgit pour soi de façon autonome – est aussi fin en une autre détermination » 15 . Rappelant la définition de la « finalité interne » des organismes exposée par Kant dans les §§ 63–66 de la Critique de la faculté de juger, Hegel fournit une définition analogue de l’« organisme » comme « fin de la nature ». Un but de la nature est le concept d’un objet et ce concept contient aussi le principe de la réalité d’un tel objet. En outre, l’organisme, selon la définition kantienne, a une structure autonome parce qu’il contient en soi la possibilité de son être même, étant donné qu’il est cause et effet de soi-même. 16 La « finalité interne » qui constitue ces organismes est donc fondée sur le principe de l’unité et de la conservation de l’organisme en tant que but immanent de ses parties. On sait comment Hegel dévalorise la « finalité extérieure » et reprend au contraire favorablement la « finalité interne » de Kant 17 . Lorsqu’il récupère le concept de « finalité interne » en croyant transposer des thèmes de la Critique de la faculté de juger kantienne 18, ologia di Kant, «Verifiche », XIX (1990), pp. 127–229; L. Illetterati, Natura e ragione. Sullo sviluppo dell’idea di natura in Hegel, Verifiche, Trento 1995. 15 VPR, III, 320; trad. fr. citée, I, p. 301. 16 Cf. K. Düsing, Die Teleologie in Kants Weltbegriff, Bouvier Verlag, Bonn 1986; A. Sell, Die Idee des Organismus in der Kritik der Urteilskraft, in Hegel und das mechanistische Weltbild. Vom Wissenschaftsprinzip Mechanismus zum Organismus als Vernunftbegriff, hrsg. v. R. Washner, Peter Lang, Frankfurt a. M. 2005, pp. 54–65. 17 Sur la distinction de Kant entre finalité externe et finalité interne et sa réception chez Hegel, cf. L. Lugarini, Finalità kantiana e teleologia hegeliana, « Archivio di storia della cultura », V (1992), pp. 87–103; H.-F. Fulda, Von der äusseren Theologie zur inneren, in Begriff als Wahrheit. Zum Anspruch der Hegelschen »subjektiven Logik«, hrsg. v. A. F. Koch, A. Oberauer und K. Utz, Schöning, Paderborn/ Wien/Zürich 2003, pp. 135–150. Hegel und die Kritik der Urteilskraft, hrsg. v. H.-F. Fulda und R.-P. Horstmann, Klett-Cotta, Stuttgart 1990; F. Menegoni, La recezione della Critica del Giudizio nella logica hegeliana: finalità esterna e interna, «Verifiche », XVIII (1989), pp. 443–458. 18 Sur la différence entre exposition du finalisme dans la Logique et dans la Philosophie de la nature, cf. A. Manser, Hegel’s Teleology, in Hegels Philosophie der Natur, cit., pp. 264–275; J. N. Findlay, Hegel Use of Teleology, «The Monist »,
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Hegel en propose en réalité un nouvel examen par le « biais » de la Physique d’Aristote. Il convient, en revanche, de remarquer la façon dont la reprise enthousiaste de Kant par Hegel à travers Aristote est surtout dirigée vers le concept de « vie ». Dans la première partie des Leçons sur la philosophie de la religion de 1827, Hegel soutient que « eu égard à la philosophie kantienne, on observera que Kant, dans sa Critique de la faculté de juger a réintroduit dans le penser l’important concept […] de la finalité interne ; c’est le concept de vitalité » 19 . Remarquons, tout d’abord, le rapprochement que fait Hegel entre la « finalité interne » de Kant et la « vie ». Contrairement à Kant qui, dans le § 65 de la Critique de la faculté de juger n’avait fait l’hypothèse que d’une « analogie lointaine » entre « finalité interne » et « vie », Hegel croyait qu’il était possible, par le « biais » du concept de « vie », de comprendre la « finalité interne » qui gouverne un être organisé. « C’est aussi – poursuit Hegel – le concept aristotélicien de la nature : tout vivant est une fin qui a ses moyens en elle-même, ses membres, son organisation » 20 . La « conformité interne au but » est « vie » et ce concept correspond, pour Hegel, au concept aristotélicien de « nature ». En outre il faut le souligner, tout vivant imprime la forme au but, parce que, selon la thèse aristotélicienne que Hegel partage, la « forme » est la « cause efficiente » et aussi « finale » de la substance (et, de cette façon « la raison ultime »). Dans ce contexte téléologique particulier, la théorie des causes aristotélicienne réinterprétée par Hegel, s’enrichit, comme chez le Stagirite, d’une nouvelle cause : la cause motrice ou efficiente. Cette dernière semble, ainsi, fusionner avec la cause formelle et la cause finale 21. Dans la Préface de la Phenomenologie Hegel cite Aristote et semble entendre par « cause motrice » ce qui met en mouvement un procès, à savoir ce qu’il nomme « sujet ». Il écrit en effet: « Mais encore qu’Aristote détermine la nature comme faire conforme à un but, le but est ce qui est immédiat, en repos, ce qui, non mû, est soi-même moteur ; ainsi est-ce un sujet. La
XLVIII (1964), pp. 214–252; M. J. Petry, Introduction and Notes, in Hegel’s Philosophy of Nature, George Allen and Unwin LTD, London 1970, vol. I, pp. 21–63. Sur la notion d’organisme et de vie cf. M. J. Petry, Introduction, in Hegel’s Philosophy of Subjective Spirit, D. Reidel, Dordrecht/Boston 1978, vol. I, pp. XXXIV– XLVI. 19 VPR, III, 320, tr. fr. citée P. Garniron, I, p. 301. 20 Ibid. p. 301–302. 21 Cf. Arist., Phy. B, 7, 198a24.
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force qu’il a de mouvoir […] est l’être-pour-soi » 22 . Cela est à rattacher à tout ce que Hegel affirme un peu auparavant dans les Leçons sur la philosophie de la religion sur la « finalité infinie », « où fin et moyens ne sont pas extérieurs à soi – le moyen produit la fin et la fin le moyen. La détermination principale est la vitalité » 23 . « Moyen » et « fin » sont intérieurs à la structure de l’organisme vivant qui subsiste de façon autonome, parce qu’il est en mesure de s’auto-reproduire sans avoir besoin de quelque chose qui vienne de l’extérieur. La « vie » est réalisation de la « finalité interne » du vivant, dans lequel « moyen » et « fin » sont internes et ne sont pas distincts du vivant par lequel ils sont produits. Si « moyen » et « fin » se rapportent l’un à l’autre en un procès infini qui ne sort pas de soi, intervient également, outre une « finalité interne », une « finalité infinie » 24 . S’il en est ainsi, si dans la « vie » agit ce type de « finalité interne infinie », nous sommes en présence d’une circularité en laquelle le « moyen » et la « fin » du vivant, conçus comme « premier » et « dernier », sont pensés selon la dialectique hégélienne « présupposé »-« posé ». Ce qui est « le ce en vue de quoi » c’est à dire « la fin », devient en conclusion le « but réalisé » ou la « vie ». Il est aussi « l’aboutissement » ou « le terme » du vivant. L’activité téléologique se présente, comme l’écrit Hegel dans la Science de la logique, comme une activité en laquelle « le terme est le commencement, la conséquence est le fondement, l’effet est la cause, en sorte qu’elle est un devenir du devenu, qu’en elle ne vient à l’existence que ce qui existe déjà » 25 . C’est le concept hégélien de « commencement » qui intervient et qui préside à présent à la constitution de la « fin » comme « but d’un procès » mais aussi comme « point final d’arrivée ». Cette lecture « réflexive » de la téléologie hégélienne partage la thèse qui soutient qu’« à travers le mouvement circulaire de la téléologie le commencement (le but) se réalise, et finalement, en se réalisant lui-même, se démontre en tant que cause (Ur-sache) et fondement : le déjà existant vient à l’existence » 26 . En ce sens, comme l’affirme l’Encyclopédie de 1830 (§ 204, Anm.), « la fin » est autant
PhG, XXV, trad. fr. B. Bourgeois, Paris, Vrin, 2006, p. 71. VPR, III, 320, trad. fr. citée P. Garniron, I, pp. 301–302. 24 Cf. F. Chiereghin, La finalità e l’idea della vita, cit., pp. 146–151. 25 WdL, II, 167, trad fr. Jarczyk et Labarrière (modifiée) pp. 264–265. 26 Cf. L. Lugarini, Tempo e concetto nella comprensione hegeliana della storia, in Id., Prospettive hegeliane, Ianua, Roma 1986, p. 244. 22 23
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« première » que « dernière », parce qu’« elle ne produit comme effet qu’elle-même, et est à la fin ce qu’elle était au commencement » 27 . On voit alors que, d’un côté, le « but » est « cause » et « commencement » d’un procès final ; et que de l’autre, le « but » est « effet » – puisque pour Hegel cause et effet sont strictement liés – une fois « réalisé », il est aussi le « terme » en lequel le procès se conclut. C’est également la raison pour laquelle le « but » est « premier » en tant que « dernier ». Tout ce qui « se conserve », qui revient comme « identique à soi », apparaît sous un autre jour dans les pages des Leçons sur l’histoire de la philosophie où Hegel traite une fois encore, mais dans une perspective différente, du concept de « vie » chez Aristote. Ici, ce qui demeure, ce qui « se conserve », c’est le « substrat permanent de la vie en dépit des changements » 28 . C’est un autre thème qui est ici en question : celui du changement (metabolé) et de la possibilité de découvrir dans la nature une sorte d’« unité de plan » ou de « structure commune ». En ce qui concerne le « changement », on peut alors soutenir que Hegel semble relire Aristote en ayant à l’esprit trois de ses modalités : ce qui change, ce en quoi il change, et ce vers quoi il change. La contingence existe dans la nature, et c’est ce qui cause son caractère impondérable. Pour mener la diversité du devenir à l’unité, Hegel propose, à la suite d’Aristote, de rechercher dans la nature une sorte de substrat qu’il nomme aussi « universel ». La « vie » alors est cette sorte de « forme » ou ce que Hegel nomme aussi « concept », qui sert de garantie au multiple changeant et, comme le disent les Leçons sur la philosophie de la religion, elle représente la « finalité universelle » 29 . Pour toutes ces raisons, Hegel considère la conception de la « finalité interne » vue à travers le concept aristotélicien de « vie », comme supérieure à la téléologie de son temps. L’opinion du philosophe allemand sur ce point demeure inchangée dans les trois éditions de l’Encyclopédie. Dans les différentes versions du manuel, la conception d’Aristote est toujours considérée comme « plus avancée » que la « téCf. B. Bourgeois, Hegel, in Le vocabulaire des philosophes, coord. J. P. Zarader, Ellipes, Paris 2002, p. 183. Il écrit que : « Le développement de l’être se révèle ainsi identique à lui même en ce que sa fin est son commencement alors posé en tant que tel, non par un être extérieur (observateur) mais par lui-même qui se fait in fine position de soi ; le concept de finalité exprime cette identité du commencement et de la fin moyennant un mouvement en cela purement interne ou immanent ». 28 Cf. Arist., Phys. VI, 5, 236b2 ; VGP, I, 75–76 ; tr. fr. citée Garniron, tome 3, p. 518. 29 VPR, III, 321, trad. fr. citée Garniron, I, 302. 27
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léologie moderne qui ne tenait compte que de la finalité finie, extérieure » 30 . La tentative hégélienne de réévaluation de la « finalité interne » à travers le concept de « vie » semble viser – comme l’ont remarqué certains interprètes – à « soustraire la vie à un concept de téléologie restreint », ce qui veut dire la poser comme antérieure à la distinction entre finalité interne et finalité externe postulée par Kant 31 . Ce qui importe à Hegel, à la suite d’Aristote, c’est la réalisation concrète du but de la fin ou le procès de son objectivation à travers la relation à soi libre et universelle. Le vivant est en mesure d’imprimer la forme de la fin à ses besoins. Le « concept selon la forme » est justement l’universalité rationnelle. Hegel suppose implicitement que le concept aristotélicien de « forme » prévaut toujours sur la « matière » parce qu’il la détermine et l’organise. Aussi la vérité de la fin, comme on a déjà vu, consiste-t-elle dans la « forme ». Tant la preuve téléologique que la preuve ontologique, que Hegel présente dans les différentes parties du cours sur la philosophie de la religion de 1831, gardent en leur sein une dimension circulaire qui revient en soi, structurée selon les notions de « commencement » et de « résultat » 32 . Dans la structure du raisonnement logique des preuves que Hegel a aussi présente à l’esprit « le point de départ » est le « commencement » et le « point d’arrivée » est le « résultat ». Mais s’il en est de même dans la preuve ontologique, si le « point de départ » est le « concept de Dieu » qu’il faut démontrer et, si finalement le « point d’arrivée » est le « concept réalisé » le raisonnement, analogue, est très proche de celui de la preuve téléologique. On peut notamment remarquer que le « vivant », présent dans la preuve téléologique, s’articule selon la dialectique circulaire du « commencement » et du
Cf. Enz. A § 155 ; Enz. C § 204 Anm. F. Chiereghin, La finalità e l’idea della vita, cit., pp. 182–183. Sur la notion de « vie » chez Hegel et Aristote, cf. E. Frank, Das Problem des Lebens bei Hegel und Aristoteles, « Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte », V (1927), pp. 609–643; N. Hartmann, Aristoteles und Hegel, in Id., Kleinere Schriften, de Gruyter, Berlin/New York 1957, vol. II, pp. 214–252; H. P. Cunningham, Hegel et la finalité naturelle chez Aristote, « Laval théologique et philosophique », XXXVII (1981), pp. 283–294. 32 Cf. H. A. Ogiermann, Hegels Gottesbeweise, Rom 1948, (Diss.), pp. 226–229 ; K. Domke, Das Problem der metaphysischen Gottesbeweise in der Philosophie Hegels, Leipzig 1940, (Diss.) ; W. Cramer, Gottesbeweise und ihre Kritik. Prüfung ihrer Beweiskraft, V. Klostermann, Frankfurt a. M. 1967, pp. 101–117. 30 31
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« terme » en laquelle les deux moments extrêmes, intérieurs au procès vital, ne sont pas différents l’un de l’autre et garantissent au vivant une autonomie vis-à-vis de tout autre objet extérieur. Si, au sein de la preuve téléologique, l’argumentation s’articule également en utilisant les notions de « premier » et de « dernier », alors, ces termes renvoient à la preuve ontologique et au concept de Dieu entendu comme esprit, lequel se trouve, en même temps en tant que relation à soi, tant au « commencement » qu’à la « fin ». Dans la preuve téléologique de 1831, Hegel expose la « finalité interne » de cette preuve, d’un côté en reprenant certains des thèmes qu’il avait déjà présentés en 1827, et de l’autre en ajoutant quelque chose d’extrêmement significatif. Hegel soutient que : Déjà dans la fin une rationalité est exprimée, une libre autodétermination et mise en œuvre du contenu, et ceci de sorte que la fin, qui en tant que telle était d’abord intérieure, soit réalisée et que la réalité soit rendue conforme au concept ou à la fin 33 .
Hegel caractérise la « finalité » de l’être de la preuve téléologique par trois aspects : en premier lieu, la fin est rationnelle ; en second lieu, elle a un contenu intérieur ; en troisième lieu, ce contenu se réalise de telle façon que la réalité corresponde au concept. Il faut souligner, avant tout, la manière dont le passage « dans la fin une rationalité est exprimée » se réfère à certaines des thèses déjà formulées dans la célèbre « Préface » de la Phénoménologie de l’esprit. Dans cette œuvre Hegel définissait la raison comme le faire conforme à une fin et il affirmait que : « Le résultat est la même chose que le commencement pour cette seule raison que le commencement est but ; ou [encore] l’effectif est ce qu’est son concept » 34 . Nous sommes en présence de ce mouvement dialectique typique du « concept » conçu téléologiquement par Hegel, parce que c’est seulement dans le « concept réalisé » que ce dernier peut véritablement se connaître comme « concept ». Ce qu’il nous semble intéressant de souligner, c’est que la raison tend de manière téléologique vers une condition de réalisation perpétuelle. Il s’agit de ce que Hegel décrit comme l’acte de la médiation de la raison avec elle-même. Selon certains, la nouveauté de la formulation hégélienne de ce passage de la Phénoménologie réside dans « la déterminaVPR, IV a, 594 (Je souligne); trad fr. G. Marmasse, Leçons sur la philosophie de la religion, Tome II, Vrin, Paris, 2010, p. 418. 34 PhG, XIV, trad. fr. citée B. Bourgeois, p. 71. 33
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tion de contenu de la fin de la raison […] qui se réalise dans le mouvement consistant à sortir de soi comme commencement, à aller vers ce qui est Autre et à revenir à soi, c’est-à-dire, du point de vue de la méthode, dans le mouvement dialectique, et qui parvient ainsi à la connaissance de soi » 35 . Ainsi les deux œuvres, la Phénoménologie et cette partie des Leçons sur la philosophie de la religion consacrée à la preuve téléologique se rapportent-elles l’une à l’autre. La « rationalité de la fin » de la preuve de 1831 renvoie à celle de la raison de la Phénoménologie, opérant selon une fin, qui est « l’acte de sortir de soi comme commencement » et « l’acte de revenir à soi » comme « fin réalisée » 36 . De même, la « fin réalisée », et donc, la « détermination du contenu » de la raison développée dans l’œuvre de 1807 annonce, en partie, ce passage déjà cité de la preuve de 1831, dans lequel on lit que « dans la fin une rationalité est exprimée, une libre autodétermination et mise en œuvre du contenu, et ceci de sorte que la fin, qui en tant que telle était d’abord intérieure, soit réalisée et que la réalité soit rendue conforme au concept » 37 . Revenons donc à l’argumentation hégélienne de 1831, où, si l’on examine la signification de la seconde partie de la citation, relative au « contenu intérieur », on peut noter la façon dont Hegel renvoie implicitement à la définition du « vivant » qui s’était concrétisée dans les pages précédentes, où il avait réuni la preuve téléologique et la preuve ontologique. Dans le « vivant », le « contenu » est « intérieur », parce qu’il est intérieur à son être et n’est donc pas à rechercher au dehors de soi. C’est pourquoi ce qui agit dans le « vivant » est une « fin libre » qui n’a pas besoin d’autre chose que d’elle-même pour se déterminer et qui, en outre, « s’actualise sans cesse ». Cette formulation, relative au « contenu interne » de la preuve téléologique de l’existence de Dieu, a, en ce cas, une signification particulière et contextuelle. Hegel, tout en accueillant favorablement le concept de « finalité interne » formulé par Kant – cette finalité par laquelle est gouverné un être organisé – lui a reproché de s’en être tenu à la seule forme de cette finalité. Kant considérait la « finalité interne » qui gouverne un organisme comme relevant d’une simple maxime du jugement réfléchisK. Düsing, Lineamenti di Ontologia e Teologia in Aristotele e Hegel, « Il Pensiero », XXIII (1982), p. 22. 36 Ibid. 37 VPR, IVa, 594, trad. fr. citée Marmasse, II, p. 418. 35
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sant, doté d’une valeur régulatrice et non d’une valeur constitutive, dans la mesure où il était impossible, selon lui, de déterminer l’organisation spécifique et intérieure d’un organisme singulier. C’est la raison pour laquelle Hegel a éprouvé la nécessité de compléter Kant par Aristote et de combiner ce qu’il tenait pour la « finalité interne formelle » de Kant et le concept aristotélicien de « vie », « riche de contenu » 38 . À cette conception de la téléologie qui met en lumière le riche contenu de la « vie », Hegel adjoint l’argumentation que formule « la doctrine de l’essence » de la Science de la logique, selon laquelle, comme chez Aristote, on ne peut séparer forme et matière 39. Hegel renvoie à cette considération dans les pages mêmes de l’exposé de la preuve téléologique de 1831, où il affirme : « cette séparation entre la forme et la matière est-elle admissible, pouvons nous ainsi mettre chacune d’entre elles à l’écart de l’autre […] ? À l’encontre de cela, dans la Logique [Encyclopédie, § 129], on montre que la matière sans forme est une absurdité » 40 . En outre, « la forme est également identique à soi », parce qu’elle se réfère à soi, « et par là elle possède justement cela qu’on a distingué sous le nom de matière » 41 . Il convient de souligner, en premier lieu, que malgré le rapport étroit entre « forme » et « matière » auquel Hegel renvoie, dans les Leçons sur la philosophie de la religion et dans les pages sur la preuve téléologique qui nous préoccupent, il y a plutôt une prévalence de la « forme ». La suprématie de la « forme » s’explique par la conception hégélienne du « vivant », qui se réfère implicitement à Aristote. La « forme », pour Hegel, est l’essence du « vivant » qui d’une certaine façon est préexistante ainsi que le moyen par lequel le « vivant » parvient à la réalisation du but. C’est pourquoi Hegel soutient « la vérité de la fin selon la forme », dans la mesure où, comme pour Aristote, c’est la « forme » qui détermine la « matière ». C’est là un thème que Hegel connaît bien et auquel il se réfère dans ses Leçons sur l’histoire de la philosophie. Lorsqu’il traite d’Aristote, il souligne de quelle façon la « forme » guide le développement de la « matière » vers un telos ou un résultat déterminé. La nature (physis) chez Aristote s’oriente, de la même Cf. les critiques de Hegel à Kant dans VPR, IVa, 595–596, tr. fr. citée Marmasse, II, pp. 418–420. 39 Cf. WdL, I, 297–301, trad. fr. citée Jarczyk-Labarriere, II, pp. 99–106. 40 VPR, IVa, 595–596, trad. fr. Marmasse, II, p. 420. 41 Ibidem. 38
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façon, vers un certain résultat qui a été, à son tour, déterminé par sa « forme » 42 . La dialectique entre « forme » et « matière » de la Logique de l’essence et la dialectique interne au « vivant » de la Logique du concept constituent le présupposé implicite de l’argumentation hégélienne sur les concepts de « fini » et d’« infini » ainsi que de « fin » et de « moyen ». Si l’on veut en comprendre l’argumentation d’ensemble, qui renvoie implicitement aux chapitres sur la « téléologie » et sur la « vie » de la Logique du concept, il convient donc d’expliquer l’argumentation hégélienne dans ces parties spécifiques des Leçons sur la philosophie de la religion. Dans ces Leçons, Hegel reprend la thèse de la Logique selon laquelle l’infinité de la fin de la finalité interne, et, en particulier, le concept de « vie », consiste à avoir en soi le moyen et l’objet de sa propre réalisation. « La vérité –dit Hegel – est dans la finalité qui est en elle-même le moyen et la matière, dans l’activité finalisée qui accomplit par elle-même ses fins – bref c’est l’activité infinie de la fin. La fin s’accomplit, se réalise par son activité propre, elle se rassemble ainsi avec elle-même dans sa mise en œuvre complète » 43 . Considérons dès lors le troisième aspect du passage déjà cité de la preuve téléologique des Leçons sur la philosophie de la religion de 1831, où Hegel dit que le contenu est d’abord intérieur puis se réalise, de telle façon que « la réalité soit rendue conforme au concept ». Une signification logico-conceptuelle se cache derrière cette formulation sur la correspondance entre « réalité » et « concept ». En outre, la compréhension de cette thèse nous mettra à même de comprendre pourquoi la preuve téléologique n’est rien d’autre qu’une « preuve ontologique déguisée ». Hegel dit : « de telle façon que La réalité soit rendue conforme au concept ou à la fin », en liant « concept » et « fin » comme des synonymes. De nouveau, c’est la conception du « vivant » qui resurgit dans son acception de correspondance entre « réalité » et « concept ». « L’organique, par sa forme, – argumente Hegel – est en lui-même finalisé, il est moyen et fin et donc en lui-même quelque chose d’infini. Il est une fin qui fait retour en soi-même, et il est déterminé comme une fin même eu égard à sa dépendance face à l’extérieur. Par là, il est ce qui est véritablement premier » 44 . Ainsi 42 43 44
Arist., Phys., B, passim. VPR, IV a, 598–599, trad. fr. Marmasse, II, p. 422. VPR, IV a, 603, trad. fr. Marmasse, II, p. 426.
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« réalité conforme au concept », cela signifie cette forme réflexive de la fin du « vivant » qui est « commencement » et « résultat » de soi-même et qui, donc, se médiatise avec soi et se connaît comme identique et comme différente de soi. Mais, s’il en est ainsi, ces définitions ne reflètent que la vérité relativement à la « forme » de la fin. C’est Hegel lui-même qui suggère cette hypothèse interprétative. La fin se réalise à partir du moment où « sa réalité correspond au concept », et du fait qu’elle a en soi le moyen (la forme) et le matériau de sa réalisation. Si la fin réalisée est celle en laquelle « le concept correspond à la réalité », en laquelle elle s’accomplit seulement elle-même, existe-t-il un réel accroissement du « vivant » ? L’organisme ne demeure-t-il pas enfermé au sein d’un cercle infini dont il ne peut sortir ? Dans la Phénoménologie de l’esprit, dans la partie consacrée à la « raison » et, plus spécifiquement, dans la section « observation de l’organique », Hegel avait déjà mis en lumière le risque auquel était confrontée une telle interprétation de l’organique. Il apparaissait dans cette œuvre que la coïncidence entre « fin » et « commencement » donne lieu à l’aporie inévitable selon laquelle, de l’agir de la fin « ne surgit rien d’autre que ce qui était déjà », parce que « si nous partons de ce qui vient en premier, c’est là ce qui ne fait, en son terme ou dans le résultat de son agir, que retourner à soi-même ; et c’est précisément par là qu’il se démontre être quelque chose qui a soi-même pour terme, donc est, en tant que ce qui est en premier, déjà revenu à soi-même, ou en et pour soi-même » 45 . La Phénoménologie avait déjà mis en évidence l’un des traits distinctifs de la nature de l’organisme, qui est de se conserver simplement soi-même et de ne rien produire qui soit différent de soi. 46 Si l’on revient aux Leçons sur la philosophie de la religion de 1831, on peut noter que Hegel adjoint à la vérité de la forme une autre vérité de la finalité : la « vérité objective » 47 . En ce cas, la « vérité objective » se réfère à la vérité formelle, ou encore à la vérité selon laquelle le « concept correspond à la réalité ». En quoi se distinguent donc les deux vérités ? Seule « la vérité objective » « est la vérité de la fin » et « le rapport conforme à la finitude est au contraire quelque chose de non vrai » 48 . La « vérité objective » de la fin consiste en cette 45 46 47 48
PhG, 146 ; trad. tr. citée B. Bourgeois, p. 258. Cfr. F. Chiereghin, La finalità e l’idea della vita, cit., pp. 178–181. VPR, IV a, 598, trad. fr. Marmasse, II, p. 422. VPR, IV a, 599, trad. fr. Marmasse (modifié) p. 423.
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rencontre entre « réalité » et « concept », c’est-à-dire dans l’accord entre son moyen et son matériau, qui réalise la fin ou encore qui se réalise soi-même. Au contraire, « le côté faux » et non objectif est le côté fini de la finalité extérieure, parce qu’il distingue moyen et matériau en recherchant son contenu hors de soi. Toutefois, la finitude – soutient Hegel – est « une fausse apparence (falscher Schein) qui se relève (aufhebt) dans le sens du résultat lui-même » 49 . Mais quel « résultat » ? Hegel affirme : « le résultat exprime qu’il est défectueux de poser comme assise quelque chose qui était lui-même conditionné […], mais cet aspect défectueux est en lui-même éliminé » au moyen du résultat 50 . Passage herméneutiquement très délicat et qu’il convient d’expliquer dans le cadre de ce que l’argumentation hégélienne comporte de spécifique, en analysant la signification spéculative tant du « défaut » que du « résultat ». Le « défaut » de la preuve téléologique est de partir du fini, du conditionné et de le considérer comme « vrai » pour parvenir à l’inconditionné, à l’infini 51 . Par conséquent, le « résultat » est de réussir à démontrer l’existence de Dieu, l’infini. Toutefois, cette signification de « résultat » ne renvoie pas seulement à la conception particulière du fini et de l’infini qui soutient que l’infini est déjà idéalement présent dans le fini. Cette signification de « résultat » renvoie, en outre, à une façon particulière de comprendre cette preuve en vue de la preuve qui a la prédilection de Hegel : la preuve ontologique. Ces pages tirées d’une partie du cours sur la preuve téléologique de 1831, là où il est question d’un côté défectueux (falscher Schein) qui « se relève » dans le « résultat » et d’une « vérité objective » de la fin, ou encore de la « correspondance entre réalité et concept », expriment indirectement une conception qui indique une sorte d’Aufhebung de la preuve téléologique dans la preuve ontologique. Le concept de « résultat » semble posséder une double valence. D’un côté, le « résultat » est le « but réalisé », c’est-à-dire la fin qui est résultat après s’être posée comme « première ». Le « résultat », écrit Hegel dans la dernière partie de la Science de la logique, « est la vérité d’une relation téléologique interne ». L’activité de la fin dans la Logique est de présupposer l’objet comme « apparence inessentielle » pour ensuite « la relever (aufheben) » de façon que, comme on l’a vu 49 50 51
VPR, IV a 597, trad. fr. Marmasse, II, p. 421. VPR, IV a, 598, trad. fr. Marmasse, II, p. 422. VPR, IV a 597, trad. fr. Marmasse, II, p. 421.
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dans la Phénoménologie, la fin réalisée soit le retour de la fin en soimême 52. Ce vers quoi tend la fin est son concept, qui se présente comme « résultat » de cette tendance, parce que le concept est l’âme, la fin d’un objet, du « vivant ». Du « résultat » on passe, donc, au « concept ». Le « concept » se redouble, lui aussi, à son tour, parce que, d’un côté, il est la fin de l’objet vivant ; de l’autre, parce que la réalité de la fin est égale à son concept, parce qu’elle n’est pas identité indifférente avec le concept (ou la fin), mais plutôt retour en soi, et donc, la vraie objectivation du concept. Le mouvement dialectique de la fin semble impliquer ce passage de la Logique de la « subjectivité, de l’être pour soi du concept » à son « être en soi, c’est-à-dire à l’objectivité » 53 ou encore à l’Idée. Si c’est là ce en quoi consiste l’objectivité du concept, on a alors atteint ce que l’on peut nommer la seconde signification de « résultat ». Le concept objectivé est l’Idée, aussi a-t-il une « vérité objective ». Le « résultat », en tant que « la réalité correspond au concept », est aussi Idée pour cette raison. En cette dernière, le concept s’est objectivé, il s’est réalisé et il a atteint l’identité avec l’être comme « résultat ». Dans ce parcours logique de l’objectivation de soi du concept, c’est aussi l’être de Dieu qui se réalise. Dans la Logique, Hegel considère que « le passage du concept dans l’objectivité » n’est pas autre chose que le « passage du concept de Dieu à son existence » 54 . En outre, le « contenu déterminé de Dieu », auquel on parvient finalement, ne diffère pas du développement logique mis en œuvre pour démontrer le rapport conclusif entre le concept et l’être. Au contraire, « la preuve ontologique ne serait qu’une application de cette démarche logique à ce contenu particulier » 55 . Le concept n’est donc pas pensée abstraite mais concept qui se réalise, son objectivation de soi n’étant rien d’autre qu’une réalisation du « passage du concept de Dieu à son être » 56 . C’est de cette façon que l’on a démontré ontologiquement l’existence de Dieu. Cette interprétation globale devrait avoir clarifié les termes utilisés par Hegel à l’intérieur de la preuve téléologique, qui se présentent sous les noms de « résultat », « vérité objective », « réalité 52 53 54 55 56
WdL, II, 169–170, trad. fr. Jarzcyk-Labarrière, vol. III, p. 268. WdL, II, 172, trad. fr. citée p. 271. WdL, II, 127, trad. fr. citée p. 209. Ibidem. Ivi, 129 ; trad. fr. citée, pp. 210–211.
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conforme au concept » et qui peuvent, alors être considérés comme d’autres façons implicites de désigner la réalisation de la preuve ontologique de l’existence de Dieu. Cette conclusion qui rassemble la preuve téléologique et la preuve ontologique du côté du « résultat », n’a présenté qu’un aspect de la preuve téléologique, qui se lie au concept d’« infini » et à celui de « forme ». Le contenu, en revanche, dans la preuve ontologique est « l’acte propre de l’esprit pensant ». La preuve ontologique doit, en effet, démontrer que Dieu existe comme esprit qui s’est incarné en une réalité mondaine. Comme le « vivant », Dieu est concept qui se médiatise avec soi et qui ne dépend pas d’autre chose. Dieu, comme esprit ne peut s’objectiver qu’à travers un procès interne de médiation. Si l’on conserve ce schéma, on peut donc dire que la preuve téléologique de 1831 semble inscrire son discours spécifique dans le discours plus général du « commencement » spéculatif, du « premier » et du « dernier », de la « prémisse » et du « résultat ». La même année, lorsqu’il conclut son argumentation relative à la preuve ontologique et au caractère connaissable de Dieu, Hegel identifie le concept à l’être et démontre que cette assertion est à entendre, « non plus comme présupposition (Voraussetzung), mais comme résultat » 57 . Un « résultat » qui, assurément n’est pas la présupposition de la preuve ontologique proposée par Anselme, et que Hegel avait critiquée, mais un « résultat » qui est un acte par lequel la fin ou le concept se rend adéquat à sa réalité. Pour conclure cette présentation articulée, peut-être pouvonsnous dire qu’une série de questions complexes demeurent ouvertes surtout parce que, outre les thèmes cités, précisément dans ces Leçons sur la philosophie de la religion Hegel en soulève d’autres, qui rendent encore plus complexe le cadre général. D’un côté, Hegel fait en effet l’hypothèse d’une « vie universelle » qu’il nomme « âme » ou Nous. Il suppose que l’on peut parler d’une sorte d’« âme du monde » qui régit tout en tant que vitalité présente et mondaine. Pour cette raison, il soutient que l’on peut indiquer à l’intérieur du cosmos une sorte de « principe interne de totalisation » ou un « développement universel de la nature » qui lie les parties entre elles. Hegel dit que « dans la vie universelle est ainsi contenue l’âme, la détermination du
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VPR, V, 275, trad. fr. Garniron, La religion accomplie, Puf, Paris 2004, III, p. 265.
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Nous un, disposant, gouvernant et organisant toutes choses » 58 . De l’autre, il croit que cette activité universalisante n’est autre que Dieu pensé comme esprit. C’est pour cette raison que Hegel s’évertue à démontrer la validité des preuves de l’existence de Dieu, afin de mettre en évidence la possibilité pour l’homme, au moyen du raisonnement logique, de connaître un tel Dieu. Il s’agit non de démontrer Dieu comme personne transcendante et réellement existante, mais de démontrer un Dieu strictement lié à la sphère du penser. Toutefois si l’on admet, d’une façon ou d’une autre, l’existence de Dieu, ce dernier est-il à même de donner forme à la nature ? Est-il également capable de pénétrer au sein de la matière contingente ? Hegel semble répondre de façon positive quand il dit dans les Leçons sur la philosophie de la religion: « La matière que l’on oppose à Dieu comme quelque chose d’immuable est un pur produit de la réflexion. […] L’activité de Dieu lui-même – l’unité simple avec soi, la forme – est la matière » 59 . Dieu, en tant qu’esprit, est donc immanent à la nature matérielle, parce qu’il l’a intériorisée en soi. C’est pour cette raison que Hegel a toujours réagi aux critiques qui lui furent adressées l’accusant de « panthéisme », de « cosmo-théisme » ou, dans certains cas d’« acosmisme ». Mais, si l’on admet l’existence de Dieu comme être qui exerce une action sur l’ordre de la nature, cela signifie-t-il alors que le dessein selon lequel la nature a été formée n’est admissible que si l’on suppose un tel Dieu ? Hegel tentera aussi de répondre à ces questions dans le cadre de sa philosophie pratique, lorsqu’il traitera de la preuve morale-téléologique de l’existence de Dieu. Il en ressortira, en dernière analyse, un tableau contradictoire. Hegel admettra, d’un côté, un Dieu comme activité vivante, puisqu’il est identique à la totalité concrète en devenir et en quelque façon, législateur de la nature, et, de l’autre, il niera qu’il y ait un Dieu législateur moral de l’agir humain. Trad. Jean-Michel Buée
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VPR, III, 321, trad. fr. Garniron, I, p. 302. VPR, IV a, 596, trad. fr. Marmasse, II p. 420.
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»… versöhnen läßt sich freilich Alles, Eines ausgenommen …« Vom Ende des Symphilosophierens von Schelling und Hegel Vorbemerkung Diesen Kernsatz aus Schellings Brief vom 2. November 1807 1 an seinen Freund Hegel als Antwort auf dessen Übersendung der Phänomenologie des Geistes wählten wir als Motto für den Schelling-Tag 2003 in Kassel, um gezielt der Frage nachgehen zu können, was denn dieses »Eine« sei, das die beiden Jugendfreunde so grundlegend auseinanderbrachte. In ihrem Vortrag »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel« auf dem Schelling-Tag in Kassel ging Myriam Bienenstock auf Franz Rosenzweigs – von Schelling her inspirierten – radikalen Hegel-Kritik im Stern der der Erlösung (1921) 2 ein, um demgegenüber stärker »die Nähe und geistige Verwandtschaft zwischen den beiden Philosophen, Schelling und Hegel,« 3 in der Bewertung von Religion und Geschichte zu unterstreichen. Schon in ihrer vorhergehenden Studie »Auf Schellings Spuren im Stern der Erlösung« 4 arbeitet Myriam Bienenstock heraus, dass Rosenzweig zwar das Gesamtwerk Hegels für seine Dissertation und sein Habilitationsprojekt Hegel und der Staat (1920) 5 sehr gründlich studiert habe, sich aber demgegenüber bei der Rezeption von SchelHorst Fuhrmans (Hg.), Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Briefe und Dokumente, Bonn 1962–1975 (Fuhrmans, III: 471 ff.). 2 Franz Rosenzweig, Der Stern der Erlösung (1921), Frankfurt a. M. 1988. 3 Myriam Bienenstock, »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel«, in: Heinz Paetzold/Helmut Schneider (Hg.), Schellings Denken der Freiheit. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik zum 70. Geburtstag, Kassel 2010: 214. 4 Myriam Bienenstock, »Auf Schellings Spuren im Stern der Erlösung«, in: Martin Brasser (Hg.), Rosenzweig als Leser. Kontextuelle Kommentare zum »Stern der Erlösung«; Tübingen 2004: 279 ff. 5 Franz Rosenzweig, Hegel und der Staat, 2 Bde., (1920), Frankfurt a. M. 2010. 1
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Wolfdietrich Schmied-Kowarzik
ling auf nur zwei Perioden beziehe, einerseits auf die Frühschriften von Schelling, was ihm ermöglichte, ein im Hegel-Nachlass der Königlichen Bibliothek zu Berlin aufgefundenes Blatt in Hegels Handschrift, das von Rosenzweig so genannte Ältestes Systemprogramm des deutschen Idealismus, als eine Skizze von Schelling aus dem Jahre 1795/96 zu identifizieren, und andererseits – angeregt durch seinen älteren Vetter und philosophischen Mentor Hans Ehrenberg – auf Schellings Weltalter-Entwurf (1815), eine das Spätwerk von Schelling eröffnende Grundlegung der positiven Philosophie. Rosenzweig überspringt dadurch zum einen Schellings mittlere Phase des idealistischen Systems der Philosophie. Seine »Ablehnung des Idealismus mit seinem ›Grundgedanken‹, der ›Identität von Sein und Denken‹, ist in ersten Line gegen Hegel gerichtet […]. Es wäre indessen daran zu erinnern, daß es trotzdem Schelling war – und nicht Hegel – der dem Publikum um 1800 das ›Identitätssystem‹ vorlegte.« 6 Zum anderen übergeht Rosenzweig in seinem »Enthusiasmus« für Schellings Weltalter das – selbst von Hans Ehrenberg angemerkte – Verhaftetsein der Spätphilosophie Schellings im Idealismus. »Schelling [wollte] immer Philosoph bleiben […] – und sogar ein idealistischer Philosoph, wie Hegel.« 7 Und doch gibt es – wie Myriam Bienenstock treffend ausführt – das »Eine«, das sich zwischen Schelling und Hegel »nicht versöhnen läßt«, und dies hat Rosenzweig im Stern der Erlösung auch richtig hervorgehoben. Hegels Idealismus führt zu einem System, in dem die abschließende Erkenntnis Gottes sich als Selbsterkenntnis Gottes herausstellt. Demgegenüber betont Schelling in der Vorlesung Zur Geschichte der neueren Philosophie (1834) zu Recht: »Denn der Gott, sofern er nur Ende ist, wie er in der rein rationalen Philosophie nur Ende seyn kann, der Gott, der keine Zukunft hat, der nichts anfangen kann, der bloß als Finalursache […] seyn kann, ein solcher Gott ist doch offenbar […] nicht Geist in dem Sinn, in welchem die Frömmigkeit oder auch der gewöhnliche Sprachgebrauch das Wort zu nehmen pflegt«. (Schelling, X: 155) 8 Diesem Gedanken von Schelling schließt sich auch Rosenzeig an, daher fügt Myriam Bienenstock dem bekräftigend hinzu: »Das ›Eine‹, das ›sich nicht versöhnen lässt‹, ist also die Myriam Bienenstock, »Auf Schellings Spuren im Stern der Erlösung«: 278. Myriam Bienenstock, »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel«: 234 f. 8 Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Sämtliche Werke in 14 Bden., Stuttgart/ Augsburg 1856 ff. 6 7
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»… versöhnen läßt sich freilich Alles, Eines ausgenommen …«
Konzeption eines Schöpfergottes – eines Gottes, der erschaffen, eine Aktion beginnen und handeln kann […]. In seinen Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit (1809) sucht Schelling gerade auf diese Fragen eine Antwort […]. Diesem Themenkomplex geht er nach und zwar ausdrücklich als Philosoph«. 9 Diesen Ausführungen von Myriam Bienenstock kann ich durchaus in allen Punkten zustimmen, aber sie wenden sich hier nur dem Problem des Systemendes zu und bedenken nicht das Grundlegende des Anfangs. So verdeckt auch die Betonung ihrer gemeinsamen Verwurzelung im Idealismus, die seit dem Anfang ihres Symphilosophierens bestehende Differenz in ihrem Idealismus, die Hegel zu einem absoluten Idealismus führt, Schelling aber – nach einem langen Weg – zu einer Überwindung des Idealismus. Dies ist es, was Hans Ehrenberg und Franz Rosenzweig an Schellings Weltalter begeisterte, auch wenn sie beide noch über Schelling hinaus durch die Philosophie zur Verwurzelung ihres jeweiligen religiösen Glauben gelangen wollten. 10 Im Folgenden will ich im Rückgriff auf mein eigenes Eröffnungsreferat zum Schelling-Tag 2003 in Kassel zunächst im Überblick die Etappen der Freundschaft zwischen Hegel und Schelling skizzieren, um dann die grundlegenden Differenzen aufzusuchen, in denen das »Eine« liegt, das »sich nicht versöhnen läßt«.
Die Freundschaft und deren Zerbrechen Einst war der fünfzehnjährige Friedrich Wilhelm Joseph Schelling bei seiner vorzeitigen Aufnahme ins Tübinger Stift 1790 seinem vier Jahre älteren Vetter Kurt Breyer sowie den beiden fünf Jahre älteren Freunden Friedrich Hölderlin und Georg Wilhelm Friedrich Hegel als Stubenkamerad zugeordnet worden, da Hölderlin ihn schon als jüngeren Mitschüler aus der Lateinschule kannte und zu beschützen hatte. Schelling schaute zu seinen älteren Stubenkameraden auf, besonders Hölderlins erste Dichtungen beeindrucken ihn sehr. Rasch wuchs Myriam Bienenstock, »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel«: 227. Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Rosenzweig im Gespräch mit Ehrenberg, Cohen und Buber, Freiburg/München 2006: 61 ff. sowie Denken aus geschichtlicher Verantwortung. Wegbahnungen zur praktischen Philosophie, Würzburg 1999: 146 ff.
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Wolfdietrich Schmied-Kowarzik
er in ihre Gedankenwelten hinein und befreundete sich mit ihnen. Sie lasen gemeinsam philosophische Texte und diskutierten die politischen Ereignisse rund um die Französische Revolution. 11 Noch als Hölderlin und Hegel 1793 nach ihren Abschlussexamen das Stift verlassen und ihre ersten Hauslehrerstellen antreten, ist er froh, wenn sie ihm, dem Jüngeren, brieflich (Hegel) oder gar durch Besuche (Hölderlin) freundschaftlich Aufmerksamkeit schenken. Doch rückt er bald schon in ein gleichrangiges Ansehen hinein, nachdem er – von Fichte angeregten – schon vor seinem eigenen Studienabschluss 1795 in rascher Folge seine ersten philosophischen Schriften vorlegt – darunter Vom Ich als Prinzip der Philosophie (1795) und Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kritizismus (1795). 12 Im Jahr seines Studienabschlusses entsteht auch das sog. Älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus, eine Programmskizze in der Schelling vermutlich um die Jahreswende 1795/96 oder kurz danach Hölderlin einen Aufriss seiner philosophischen Vorhaben entwirft, die Hegel dann ein Jahr später, als er zu Hölderlin nach Frankfurt am Main zieht, abgeschrieben hat. 13 Während sich Hölderlin in diesen letzten Jahren des 18. Jahrhunderts mit seinen in Friedrich Schillers Thalia und in den Horen erschienenen Dichtungen sowie mit seinem Hyperion (1797/99) als Dichter einen Namen macht und Schelling seit 1798 als junger Professor der Philosophie in Jena mit seinen ersten Büchern zur NaturVgl. Wilhelm G. Jacobs, Zwischen Revolution und Orthodoxie. Schelling und seine Freunde im Stift an der Universität Tübingen, Stuttgart-Bad Cannstatt 1989. 12 Schelling, I: 149 ff. u. I: 281 ff. 13 Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus. Ein handschriftlicher Fund mitgeteilt von Franz Rosenzweig. Eingegangen am 22. März 1917. Vorgelegt von Heinrich Rickert (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften), Heidelberg 1917. Alle späteren Versuche gegen Rosenzweigs Deutung, Hegel als Autor dieses Blattes zu reklamieren, müssen als gescheitert angesehen werden – vgl. Christoph Jamme/Helmut Schneider (Hg.), Mythologie der Vernunft. Hegels ›ältestes Systemprogramm‹ des deutschen Idealismus, Frankfurt a. M. 1984. Die erste Seite des Blattes, zu der eine vorangehende Seite fehlt, ist eindeutig in Gedankenführung und sprachlicher Gestaltung ein Entwurf von Schelling. Die zweite Seite des Blattes kann auch ergänzende Ausführungen von Hölderlin enthalten, wobei allerdings die Abschrift von Hegel keine Abtrennung der beiden Teilstücke erkennen lässt. Eine gänzliche Zuordnung des »Ältesten Systemprogramms« zu Hölderlin – vgl. Wilhelm Böhm, »Hölderlin als Verfasser des ›Ältesten Systemprogramms des deutschen Idealismus‹«, in: Deutsche Vierteljahrschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 4 (1926): 339 ff. – ist jedoch ebenfalls abwegig. 11
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philosophie (1797–99) sowie mit seinem System des transzendentalen Idealismus (1800) hervortritt, hat Hegel in seinen Berner (1793– 96) und Frankfurter (1797–1799) Hauslehrerjahren zwar an religionsgeschichtlichen und politischen Studien gearbeitet, aber noch nichts publiziert. Erst im letzten Frankfurter Jahr 1800, als sich für ihn abzeichnet, dass er sich mit dem Erbe nach dem Tod seines Vaters vom Hauslehrerdasein befreien kann, beginnt Hegel verstärkt wieder philosophische Studien aufzunehmen, um mit Hilfe seines Studienkameraden Schelling eine Dozentenstelle an der Universität Jena anzustreben. Doch klären wir zunächst, um die spätere Differenz zwischen Hegel und Schelling verstehen zu können, die bereits von Anfang an bestehende, aber von beiden nicht wahrgenommene Differenz zwischen Fichtes und Schellings transzendentalen Ansätze. Johann Gottlieb Fichte hat Immanuel Kants »ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption«, die sich bei Kant nur auf die theoretische Verstandeserkenntnis bezieht, auf die Gesamtheit menschlichen Erfahrens und Strebens erweitert. Das oberste Prinzip allen Bewusstseins und Welthabens ist das uns in intellektueller Anschauung zugängige »Ich bin Ich«. Von diesem Prinzip absoluter Identität sagt Fichte in den Grundlagen der gesamten Wissenschaftslehre (1794/95): »Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es setzt sein Sein, vermöge seines bloßen Seins.« (Fichte, I: 96) 14 Obwohl die kurz danach gewählten Formulierungen des 20jährigen Schelling in seiner ersten Grundlegung Vom Ich als Prinzip der Philosophie (1795) ganz ähnlich klingen, zeigt sich doch hier schon eine Differenz zwischen beiden Denkern: »Das Ich, wenn es unbedingt seyn soll, muß außer aller Sphäre objektiver Beweisbarkeit liegen. […] Beim Unbedingten muß das Princip seines Seyns und das Princip seines Denkens zusammenfallen. […] Das Absolute kann nur durch das Absolute gegeben seyn, ja, wenn es absolut seyn soll, muß es selbst allem Denken und Vorstellen vorhergehen, also […] nur durch sich selbst realisirt werden. […] Ich bin! Mein Ich enthält ein Seyn, das allem Denken und Vorstellen vorhergeht.« (Schelling, I: 167) 15 Johann Gottlieb Fichte, Sämtliche Werke in 11 Bden. (1834 ff.), Berlin 1971. Schon hier sei angemerkt, dass schon in diesem und in den folgenden Zitaten von Schelling die spätere Differenz zu Hegel vorausklingt.
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Beide, Fichte und Schelling, ringen um eine nur in intellektueller Anschauung aufscheinende Identität der getrennten Momente unserer Selbst- und Existenzgewissheit, aber der Akzent liegt bei Fichte stärker auf der Selbstgewissheit, die gleichsam die Existenzgewissheit mit umfasst, während Schelling von einer Identität spricht, die den sich wechselseitig übergreifenden Momenten vorausliegt. 16 So kommt Schelling schließlich in den später von ihm so genannten Abhandlungen zur Erläuterung des Idealismus der Wissenschaftslehre (1796/97) zum Konzept seines transzendentalen Ansatzes, den er dann in seinem System des transzendentalen Idealismus (1800) ausführt. »Der Geist ist alles nur durch sich selbst, durch sein eignes Handeln. Also müßte es ihm ursprünglich entgegengesetzte Handlungen […] geben […]. Aber beide müßten sich nur in ihrer wechselseitigen Beziehung aufeinander unterscheiden lassen. […] Jene beiden Thätigkeiten sind in mir ursprünglich vereinigt; dieses aber weiß ich nur dadurch, daß ich beide in Einer Handlung zusammenfasse. Diese Handlung heißt Anschauung […]. Mit der Anschauung selbst ist das Bewußtseyn noch nicht da, aber ohne sie ist auch kein Bewußtsein möglich. [Jene Handlung heißt Reflexion.] Erst im Bewußtseyn kann ich jene beiden Thätigkeiten unterscheiden: die eine ist positiver, die andere negativer Art, die eine erfüllt, die andere begrenzt eine Sphäre.« (Schelling, I: 368) 17 Oft wird mit Berufung auf diese Ausführung von 1797/98 betont, dass Hegel zehn Jahre später in der Phänomenologie des Geistes (1807) das fortgeführt und vollendet, was Schelling hier entworfen und in seinem System des transzendentalen Idealismus (1800) ausgeführt hat. Dies trifft aber nur dann zu, wenn man das »Eine«, das sich nicht »versöhnen läßt« übergeht. Aber mehr noch dürfen wir nicht übersehen, dass Schelling diese Ausführungen aus der Perspektive seines transzendentalen Idealismus formuliert, also aus der Perspektive der Selbstreflexion des menschlichen Geistes, der Reflexion Siehe hierzu auch das ungefähr zur gleichen Zeit geschriebene philosophische Fragment von Friedrich Hölderlin »Seyn, Urtheil, Modalität«, in: Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke und Briefe, 3 Bde., hg. v. Michael Knaupp, Darmstadt 1998: II: 49 f. 17 In diesen Sätzen des 22jährigen Schelling steckt im Grunde die ganze Richtung seines Denkens, die er bishin zu seinem Spätwerk der positiven und negativen Philosophie weiterverfolgt. Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Existenz denken. Schellings Philosophie von den Anfängen bis in sein Spätwerk, Freiburg/München 2015. 16
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der Dimensionen des Erfahrens, des Wollens und des ästhetischen Schaffens, und dass er zur selben Zeit – seit der nachträglich verfassten Einleitung zu den Ideen zu einer Philosophie der Natur (1797) 18 – damit beginnt dem transzendentalen Idealismus eine Naturphilosophie zur Seite zu stellen, die nicht mehr transzendentalphilosophisch, sondern vernunftphilosophisch begründet ist. In dieser Naturphilosophie fragt Schelling nicht mehr, wie wir die Wirklichkeit erfahren, sondern er befragt die Wirklichkeit, wie unsere Vernunft sie aus sich selbst zu begreifen vermag. 19 Wieder benennt hier Schelling zwei entgegengesetzte Bewegungsdimensionen, die positive Produktivität und die negative Hemmung, die nur im Dritten der Vermittlung ihrer Gegensätzlichkeit, die unendlich sich entfaltende Reproduktivität alles Wirklichen ausmachen. In diesem Sinne umschreibt Schelling in seiner Einleitung zu dem Entwurf eines System der Naturphilosophie (1799) die Ganzheit der Natur im unglaublich plastischen Bild eines wirbelnden Stroms: »Man denke sich einen Strom, derselbe ist reine Identität, wo er einem Widerstand begegnet, bildet sich ein Wirbel, dieser Wirbel ist nichts Feststehendes, sondern in jedem Augenblick Verschwindendes, in jedem Augenblick wieder Entstehendes. […] An jedem solchen Punkt bricht sich der Strom (die Produktivität wird vernichtet), aber in jedem Moment kommt eine neue Welle, welche die Sphäre erfüllt. [… Alles Wirkliche] müßte also endlich und unendlich zugleich seyn, es müßte nur scheinbar endlich, aber in unendlicher Entwicklung seyn.« (Schelling, III: 289) 20 In seiner brieflichen Auseinandersetzung mit Fichte wird Schelling jedoch im Herbst 1800 endgültig klar, dass diese aufeinander verweisende Parallelführung von Transzendentalphilosophie und Naturphilosophie nicht haltbar ist, da die Transzendentalphilosophie immer nur im Rückbezug des Denkens auf sich selbst verbleibt, aber niemals zum materialen Begreifen der Wirklichkeit aus sich selbst zu kommen vermag, um das gerade die Naturphilosophie ringt. Die Transzendentalphilosophie kann allenfalls die propädeutische Hinführung Schelling II: 11 ff. Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, »Von der wirklichen, von der seyenden Natur«. Schellings Ringen um eine Naturphilosophie in Auseinandersetzung mit Kant, Fichte und Hegel, Stuttgart-Bad Cannstatt 1996:97 ff. 20 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, »Der wirbelnde Strom des Werdens. Zur sich potenzierenden Produktivität des Naturprozesses«, in: Wiener Jahrbuch für Philosophie XXXVII (2005), Wien 2006: 187 ff. 18 19
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zum materialen System der Philosophie darstellen, die erstens mit der Naturphilosophie zu beginnen hat, um dann zweitens über die Philosophie der »ideellen Welt« menschlichen Erkennens, Wollens und Gestaltens, schließlich drittens bis zur Thematisierung des Absoluten in Kunst, Philosophie und Religion voranzuschreiten vermag. 21 In der unmittelbar aus diesem Briefwechsel hervorgehenden Abhandlung Über den wahren Begriff der Naturphilosophie und die richtige Art, ihre Probleme aufzulösen vom Januar 1801 skizziert Schelling seinen Weg vom transzendentalen Idealismus zum materialen System der Philosophie zu gelangen als »Depotenzierung«, die von der Selbst- und Existenzgewissheit des »Ich bin Ich« zur absoluten Einheit von Vernunft und Wirklichkeit zurück schreitet. »Ich wünsche, daß man vor allen Dingen die Philosophie über das Philosophiren von der Philosophie selbst unterscheide. […] Es ist keine Frage, daß diese Philosophie über das Philosophiren subjektiv (in Bezug auf das philosophirende Subjekt) das Erste ist […]. Solange ich im Philosophiren mich in dieser Potenz erhalte, kann ich auch kein Objektives anders als im Moment seines Eintretens ins Bewußtseyn […], nimmermehr aber in seinem ursprünglichen Entstehen im Moment seines ersten Hervortretens […] erblicken […]. Das Objektive in seinem ersten Entstehen zu sehen, ist nur möglich dadurch, daß man das Objekt alles Philosophirens, das in der höchsten Potenz = Ich ist, depotenzirt, und mit diesem auf die erste Potenz reducirten Objekt von vorne an construirt.« (Schelling, IV: 85) 22 Diesen Weg zum philosophischen System schließt sich auch Hegel an, als er Anfang 1801 zu Schelling nach Jena zieht. Doch in seiner philosophischen Erstlingsschrift Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie (1801) 23 , die Hegel zunächst vorlegen muss, um zur Habilitation zugelassen werden zu können, arbeitet er zwar erstmals die den beiden Denkern in den vorausliegenden Jahren verborgen gebliebenen unterschiedlichen Motive heraus und Fichte – Schelling. Briefwechsel, eingel. von Walter Schulz, Frankfurt a. M. 1968: 107 ff. – Genau diesen Briefwechsel hat unsere Jubilarin ins Französische übersetzt und mit einer gelungenen Einleitung herausgegeben: J. G. Fichte/F. W. Schelling, Correspondance. Hrsg. von M. Bienenstock, Paris, PUF, »Epiméthée«, 1991. 22 Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Existenz denken. Schellings Philosophie von ihren Anfängen bis zum Spätwerk: 117 ff. 23 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Werke in 20 Bden., Frankfurt a. M. 1969 ff. – Hegel, 2: 9 ff. 21
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nimmt deutlich Partei für seinen Studienfreund Schelling. Allerdings bezieht er sich dabei vor allem auf Schellings ein Jahr zuvor erschienenes System des transzendentalen Idealismus (1800) und sofern er naturphilosophische Fragen berührt auf die frühe Arbeit Ideen zu einer Philosophie der Natur von 1797 – wobei er zwar schon auf Schellings Wende zu einem materialen System der Philosophie verweist, die er aus Schellings kurz vorher erschienen Darstellung meines Systems der Philosophie (1801) sehr wohl kennt, aber noch ganz aus der Perspektive des transzendentalen Idealismus deutet. »Das absolute Prinzip, der einzige Realgrund und feste Standpunkt der Philosophie ist sowohl in Fichtes als in Schellings Philosophie die intellektuelle Anschauung, – für die Reflexion ausgedrückt: Identität des Subjekts und Objekts […]; um die transzendentale Anschauung rein zu fassen, muß sie noch von diesem Subjektiven abstrahieren, daß sie ihr als Grundlage der Philosophie weder subjektiv noch objektiv sei, weder Selbstbewußtsein, der Materie entgegengesetzt, noch Materie, entgegengesetzt dem Selbstbewußtsein, sondern absolute, […] reine transzendentale Anschauung.« (Hegel, 2: 114 f.) Nach Hegels Habilitation im Herbst 1801 folgen vier Semester, in denen die Freunde gemeinsam an der Universität Jena lehren und in der sie zusammen das Kritische Journal der Philosophie (1802/03) herausgeben, in dem die Beiträge nicht namentlich ausgewiesen werden, so dass sie nach außen hin als Einheit auftreten. In den ersten drei Jahren des 19. Jahrhunderts experimentieren sie beide im kontinuierlichen Gespräch miteinander an Entwürfen der Begründung und der Durchführung des Systems der Philosophie. Erst in den Jahren danach vollzieht sich langsam eine immer größer werdende Entfernung voneinander, von der Schelling, der inzwischen nach Würzburg berufen worden war, gar nichts wahrnehmen konnte, da ihm die nicht publizierten Systementwürfe Hegels unbekannt bleiben, und die wohl auch Hegel, der die neueren Schriften Schellings sehr wohl kennt 24 , nicht als einen Bruch empfindet, sondern eher als eine Fortführung und Vollendung dessen, was ihnen beiden seit 1801 als materiales System des Idealismus vorschwebte. Doch verfolgen beide dieses Projekt eines materialen Systems des Begreifens der Wirklichkeit mit einer radikal anderen Akzentsetzung: während Schelling den Vor allem die gegen Fichte gerichteten Schriften Schellings Philosophie und Religion (1804) und Darlegung des wahren Verhältnisses der Naturphilosophie zu der verbesserten Fichteschen Lehre (1806).
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Akzent auf das Begreifen der Wirklichkeit legt, also die Natur, die geistige Welt und die Kunst in ihren je eigenen Prozessen ihres Werdens und Gestaltens nachzuvollziehen versucht, liegt der Akzent bei Hegel auf dem Begreifen der Wirklichkeit, d. h. es geht ihm um den Prozess und die Formen des Begreifens durch Logik, Naturerkenntnis und Selbsterkenntnis des Geistes hindurch. Für uns, die wir die Manuskripte und Schriften beider Denker aus jener Zeit und deren weitere Denkentwicklung überschauen, wird bereits aus den Eingangssätzen von Hegels ersten Jenaer Vorlesung von 1801/02 eine Intention sichtbar, die von Schellings Grundlegung des Systems abweicht: »Wie das absolute Wesen selbst in der Idee sein Bild gleichsam entwirft, sich in der Natur realisiert, oder in ihr sich seinen entfalteten Leib erschafft, und dann als Geist sich resumirt, in sich zurückkehrt und sich selbst erkennt, und als diese Bewegung eben das absolute Wesen ist, so muß auch das Erkennen zuerst, die Idee als solche darstellen und wenn wir bisher die Anschauung desselben vorgestellt haben, so werden wir diese Idee nunmehr für die Erkenntniß entfalten, in diese Erkenntniß ebenso in der Differenz auseinandergehen, aber schlechthin unter der Herrschaft und nach der Notwendigkeit der Idee selbst.« (Hegel, GW 5, 262) 25 Der hier noch winzig kleine Unterschied zeigt sich darin, dass Hegel von einer bildhaften Anschauung des Absoluten spricht, die er nun in der folgenden Vorlesung im erkennenden Vollzug entfalten wolle. Doch – wie wir aus seinen weiteren Jenaer Systementwürfen wissen – braucht er noch sechs Jahre bis er 1807 diesen Weg in der Phänomenologie des Geistes (1807) als Hinführung zum materialen System der Philosophie vorzulegen vermag, deren geschlossene Gesamtgestalt er schließlich in der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1817) vollendet. In der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes, die sich auf das materiale Gesamtsystem bezieht, grenzt sich Hegel dann erstmals unmissverständlich von Schellings Systementwürfen ab und macht so die Differenz zwischen ihnen beiden öffentlich. Am 1. Mai 1807 kündigt Hegel Schelling die Übersendung seiner Phänomenologie des Geistes an, die dann im Juli eintrifft: »Meine Schrift ist endlich fertig geworden […] Ich bin neugierig, was Du Hier zitiert nach Georg Friedrich Wilhelm Hegel, Gesammelte Werke, Hamburg 1968 ff. Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Hegel in der Kritik zwischen Schelling und Marx, Frankfurt a. M. u. a. 2014: 75 ff.
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zur Idee dieses 1sten Teils, der eigentlich die Einleitung ist – denn über das Einleiten hinaus, in mediam rem, bin ich noch nicht gekommen [–], sagst. […] In der Vorrede wirst Du nicht finden, daß ich der Plattheit, die besonders mit Deinen Formen soviel Unfug und Deine Wissenschaft zu einem kahlen Formalismus herabtreibt, zu viel getan habe. – Ueberigens brauche ich Dir nicht zu sagen, daß, wenn Du einige Seiten des Ganzen billigst, dies mir mehr gilt, als wenn andre mit dem Ganzen zufrieden oder unzufrieden sind. So wie ich auch niemand wüßte, von dem ich diese Schrift lieber ins Publikum eingeführt und mir selbst ein Urteil darüber geben werden wünschen könnte.« 26 Da Schelling – inzwischen 1806 nach Abtrennung von Würzburg von Bayern an die Bayerische Akademie der Wissenschaften zu München berufen – gerade mit der Festrede zum Namenstag von König Maximilian I. von Bayern beauftragt worden war, antwortet er Hegel erst am 2. November 1807 nachdem er die Vorrede zur Phänomenologie des Geistes, die sich auf das Gesamtsystem bezieht, gelesen hat: »Inwiefern Du selbst des polemischen Theils derselben erwähnst, so müßte ich, bei dem gerechten Maß der eignen Meinung von mir selbst, doch zu gering von mir denken, um diese Polemik auf mich zu beziehen. Sie mag also, wie Du in dem Briefe an mich geäußert, nur immer auf den Misbrauch und die Nachschwätzer fallen, obgleich in dieser Schrift selbst dieser Unterschied nicht gemacht ist.« 27 Und nun folgt der entscheidende Satz, der ihre Differenz andeutet und doch noch fragend offen bleibt: »Das, worin wir wirklich verschiedener Ueberzeugung oder Ansicht sein mögen, würde sich zwischen uns ohne Aussöhnung kurz und klar ausfindig machen und entscheiden lassen; denn versöhnen läßt sich freilich Alles, Eines ausgenommen. So bekenne ich, bis jetzt Deinen Sinn nicht zu begreifen, in dem Du den Begriff der Anschauung opponierst. Du kannst unter jenem doch nichts andres meinen, als was Du und ich Idee genannt haben, deren Natur es eben ist, eine Seite zu haben, von der sie Begriff, und eine, von der sie Anschauung ist.« 28 Der Brief schließt weiterhin freundschaftlich: »Lebe recht wohl, schreibe mir bald wieder und bleibe [mir] gewogen als Deinem auf-
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Fuhrmans, III: 431 f. Fuhrmans, III: 471. Fuhrmans, III: 471.
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richtigen Freund Schelling«. 29 Gleichzeitig schickt er Hegel seine Festrede Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur (1807) zu. Hegel hat weder auf diesen Brief noch auf Schellings Zusendung, wie es sonst unter den Freunden üblich war, geantwortet. Nur eine spöttische Bemerkung Hegels über Schellings Festrede aus einem Brief an den gemeinsamen älteren Freund Friedrich Immanuel Niethammer ist uns überliefert: »was man nicht alles erlebt! Das Meer trägt Korn, die arabische Wüste Wein, der Gotthard Orangen – und in München gedeihen […] ästhetisch-philosophische Reden«. 30 So wird das »Eine«, das zwischen ihnen nicht offen ausdiskutiert wird zum Bruch ihres Symphilosophierens. Als Studienkameraden trafen sie sich wohl noch dreimal: Schelling suchte Hegel 1812 in Nürnberg auf, Hegel besuchte Schelling 1815 in München und 1829 trafen sie unverabredet in Bad Karlsbad zusammen und verbrachten gemeinsam einen Abend, aber als Philosophen hat das »Eine« sie zu unversöhnlichen Gegner gemacht, wie wir aus ihren Vorlesungen zur Geschichte der neuen Philosophie wissen. 31
Versuch das »Eine« aufzuklären Der Konflikt beider Denker geht ums Ganze letzter Erkenntnis, um den seit Anbeginn aller Philosophie bedachten Zusammenhang von Denken und Sein. Beide haben sie den subjektiven Idealismus Fichtes hinter sich gelassen, der meint die Einheit von Selbsterkenntnis und Gegenstandserkenntnis könne im »Ich bin Ich« des subjektiven Bewusstseins liegen. Beide suchen sie die absolute Einheit von Vernunft und Wirklichkeit und beide wissen sie, dass nur durch diese ein materiell-inhaltliches System der Philosophie ausführbar ist, doch die Wege, dieses zu erreichen, gehen in unterschiedliche Richtungen. Schelling – so der unausgesprochene-ausgesprochene Vorwurf Hegels – kann mit seiner depotenzierten »intellektuellen Anschauung« die absolute Identität von Vernunft und Wirklichkeit nur anrufen, sie gleicht einer »Nacht […], worin, wie man zu sagen pflegt, alle Kühe schwarz sind«. (Hegel, 3: 22) »Indem die wahre Gestalt der Fuhrmans, III: 472. Xavier Tilliette, Schelling. Biographie, Stuttgart 2004: 192. 31 Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III, 20: 420 ff. und Schelling, Zur Geschichte der neueren Philosophie, X: 126 ff. 29 30
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Wahrheit in diese Wissenschaftlichkeit gesetzt wird – oder […] indem die Wahrheit behauptet wird, an dem Begriffe allein das Element ihrer Existenz zu haben –, so weiß ich, daß dies im Widerspruch mit einer Vorstellung und deren Folgen zu stehen scheint, welche eine so große Anmaßung als Ausbreitung in der Überzeugung des Zeitalters hat. […] Wenn nämlich das Wahre nur in demjenigen oder vielmehr nur als dasjenige existiert, was bald Anschauung, bald […] das Sein […] genannt wird, so wird von da aus zugleich für die Darstellung der Philosophie vielmehr das Gegenteil der Form des Begriffs gefordert. Das Absolute soll nicht begriffen, sondern gefühlt und angeschaut, nicht ein Begriff, sondern sein Gefühl und Anschauung sollen das Wort führen und ausgesprochen werden.« (Hegel 3, 15) Daher intendiert Hegel mit der Phänomenologie des Geistes gerade den vermittelnden Prozess aufzuzeigen, durch den alle Erfahrungs- und Selbsterfahrungshorizonte des Bewusstseins schrittweise »aufgehoben« werden, bis das Bewusstsein – sich selbst »aufopfernd« – ins »absolute Wissen« aufgeht, welches ein Wissen des absoluten Geistes an und für sich selbst darstellt, insofern in ihm Begriff und Gegenstand, Vernunft und Wirklichkeit zu einer unmittelbaren Einheit verschmelzen. 32 Schelling ist von dieser Kritik Hegels sehr betroffen, denn von ihm her gesehen, wird durch sie alles zunichte gemacht, was er gegen Fichte erkämpft hatte und in dem er sich mit Hegel aus ihren gemeinsamen Jenaer Jahren einig glaubte. Natürlich hat er mit der »intellektuellen Anschauung« niemals ein »Gefühl« angesprochen, sondern den Seinsbezug des Denkens selbst. Seit 1801 hat er die »intellektuelle Anschauung« von der transzendentalphilosophisch vorauszusetzenden Selbst- und Existenzgewissheit des »Ich bin Ich« auf die absolute Einheit von Vernunft und Wirklichkeit zurückgeführt; denn wo wir das Ganze der Wirklichkeit, in die wir selbst mit einbezogen sind, thematisiert wird, reicht die transzendentalphilosophische »intellektuelle Anschauung« nicht mehr aus – dies war seine philosophische Einsicht über Fichte hinaus, der sich Hegel doch angeschlossen hat. Nun ist es ganz undenkbar, anders vom transzendentalen IdealisOb darin nicht ein »Hyperpotenzierungssprung« in ein Absolutes vorliegt, in dem alle Farben im gleißenden Weiß der Logik zerrinnen, sei hier nicht weiter erörtert. Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Bruchstücke zur Dialektik der Philosophie. Studien zur Hegel-Kritik und zum Problem von Theorie und Praxis, Ratingen-Kastellaun-Düsseldorf 1974: 119 ff.
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mus zur »intellektuellen Anschauung« der absoluten Einheit von Vernunft und Wirklichkeit zu kommen, als dadurch, sich von der Ich-Bindung zu lösen und zum tiefer gründenden Wirklichkeitsbezug der Vernunft zurückzuschreiten. Denn nur so bleiben beide Dimensionen, die Vernunft und die Wirklichkeit, in ihrer eigenständigen Differenz in der absoluten Einheit erhalten bzw. erweist sich das Absolute als Einheit von Vernunft und Wirklichkeit. Wenn demgegenüber Hegel nun in der »Vorrede« der Phänomenologie des Geistes gegen die Anschauung polemisiert und sie dem Begriff subsumiert, so gibt er – aus der Sicht Schellings – von vornherein den Existenzbezug des Subjekts und seiner Erfahrungen preis, wie er dies auch in der Gesamtbewegung der Phänomenologie des Geistes von der sinnlichen Gewissheit bis zur Selbstaufopferung des Subjekts ins »absolute Wissen« ja auch selbst behauptet. Doch dieser letzte Überstieg des Bewusstseins und ihrer Gegenstände in das »absolute Wissen« der behaupteten Einheit von Denken und Sein erweist sich als ein Sprung in eine Vernunftlogik, dem der Seinsbezug fehlt, denn das Sein, mit dem Hegel in der Wissenschaft der Logik (1812– 16) beginnt, kennt erklärtermaßen nur das begriffene Sein, aber nicht die dem Denken eigenständig entgegenstehende Existenz, deren einende Verbindung nicht denkend konstruiert werden kann, sondern die wir nur in »intellektueller Anschauung« in unserem denkenden In-der-Welt-Sein vorfinden können. 33 Seit 1807 waren die Differenzen zwischen beiden Denkern offen zu Tage getreten. Sie verschärften sich, je mehr Hegel in den folgenden Jahrzehnten sukzessive sein absolutes System veröffentlichte, das im Gegensatz zu Schellings System statt mit der Natur mit der Logik beginnt und dann zu einer Naturerkenntnis fortschreitet, die nicht wie Schellings Naturphilosophie die Prozessualität und Produktivität der Natur zu begreifen versucht, sondern den Prozess des Begreifens der Natur thematisiert. Schelling dagegen entfernt sich – durch Hegels Kritik aufgeschreckt – seit 1809 immer weiter von seinem ursprünglichen Konzept eines idealistischen Systems, da ihm Die Nähe Schellings zur Hegel-Kritik von Karl Marx sei hier wenigstens angemerkt. Vgl. Ernst Bloch, Leipziger Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie, 4 Bde., Frankfurt a. M. 1985, IV: 189 ff. Manfred Frank, Der unendliche Mangel an Sein. Schellings Hegelkritik und die Anfänge der Marxschen Dialektik, Frankfurt a. M. 1975. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, »Ansätze einer materialistischen Kritik der Hegelschen Logik bei Schelling« (1979), in: Hegel in der Kritik zwischen Schelling und Marx: 50 ff.
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dessen prinzipielle Grenzen schrittweise am Problem der Freiheit, der Geschichte und der Offenbarung deutlich werden. Für Hegel blieb Schelling ein Vorläufer seiner absoluten Dialektik, für Schelling betrat Hegel einen irrigen Weg, durch den er (Schelling) zu einem neuen Aufbruch wachgerüttelt wurde. Hegels Vorwurf gegen Schelling ist, dass Schelling nicht die Methode gefunden habe, wie das Denken sich und sein Anderes ins absolute Wissen aufheben könne, weshalb er immer nur die Einheit von Denken und Sein, Vernunft und Wirklichkeit zu beschwören vermöge. Schellings Vorwurf gegen Hegel ist, dass Hegel gerade mit seiner dialektischen Eindimensionalität nur im Denken verbleibe, weil er nirgends das Sein als das Andere des Denkens anerkenne, sondern bestenfalls nur vom Begriff des Seins handele. Bis in sein hohes Alter hinein schreibt Schelling an Gegenentwürfen zu Hegels logozentristischem System und versucht seinerseits dem Moment der Anschauung bzw. der Existenz gerecht zu werden. So stellt er in Die Weltalter 34 Hegels »idealistisch-erzeugenden« Dialektik eine (hermeneutisch) »erfahrende Philosophie« der Geschichte entgegen, so widerruft er in der ersten Erlanger-Vorlesung Über die Natur der Philosophie als Wissenschaft (1821) seinen eigen Ausgangspunkt bei der »intellektuellen Anschauung« und betont nun, dass die Einheit der beiden Momente der Existenz- und Selbstgewissheit im Ich eine permanente »Rotation« der gegenseitigen Übermächtigung und Erneuerung darstellt. 35 Daraus gehen sodann die beiden Hauptstränge der Philosophie hervor, die »negative Philosophie 36, das nun selbstbegrenzte System des Begreifens der Wirklichkeit, sowie die »positive Philosophie« 37 , die in Anerkenntnis des Vorrangs der Existenz nach dem Sinn unserer geschichtlichen Existenz fragt. Auch noch bei seinen Kuraufenthalten in Bad Wilhelmshöhe bei Cassel in seinen letzten Lebensjahren arbeitete Schelling an der Grundlegung seiner Philosophie, die mit der transzendentalen Prinzipienlehre des Bedenkens des Denkens von Sein beginnt und in einer universio sich zur Potenzenlehre der negativen Philosophie wendet, die das fortführt, was er früher als Vernunftwissenschaft intendierte, um schließDie Weltalter. Fragmente (1811/13), München 1946 sowie (1815) VIII: 195 ff., Über die Natur der Philosophie als Wissenschaft (1821), IX,: 209 ff. 35 Über die Natur der Philosophie als Wissenschaft (1821), IX,: 209 ff. 36 Zur Geschichte der neueren Philosophie (1827), X: 1 ff. 37 Einleitung in die Philosophie der Offenbarung (1833–44), XIII: 3 ff. 34
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Wolfdietrich Schmied-Kowarzik
lich in einer erneuten Kehre zur positive Philosophie vorzustoßen, die zur Frage nach dem Sinn unserer geschichtlichen Existenz vordringt. 38 Dieser Kritik Schellings an der »Eindimensionalität« der idealistischen Systeme um 1800 schließt sich – über Hans Ehrenberg vermittelt 39 – auch Franz Rosenzweig im ersten Teil des Stern der Erlösung an 40 , da diese nur die »Verneinung des Nichts« als ihren treibenden Motor kennen und nicht auch das zweite Moment der »Bejahung des Nichtnichts« – Schellings »Anschauung« –, die beide erst durch ein »Und« – Schellings »Copula« oder »Rotation« – zur Einheit verbunden werden, um dann im zweiten Teil des Stern der Erlösung mit ausdrücklicher Berufung auf Schelling eine »erfahrende«, eine »geschichtliche Philosophie« zu entwerfen. 41 Hegels Eliminierung der Anschauung und der Existenzgewissheit als Moment unserer Selbsterkenntnis und aller Wirklichkeitserkenntnis der Vernunft ist – so möchte ich Myriam Bienenstocks differenzierten Ausführungen zum Verhältnis von Hegel und Schelling in der mittleren Phase der Systementwürfe ergänzen – »der eine Punkt, der sich zwischen ihm [Schelling] und Hegel nicht versöhnen lässt, und der grundlegend ist nicht nur für das Verständnis des Verhältnisses zwischen Religion und Philosophie, sondern für die ganze Auffassung der Philosophie selbst«. 42 Dies ist auch der eine Punkt, weshalb sich Rosenzweig – und Ehrenberg – Schellings Hegel-Kritik und seinem Entwurf Die Weltalter mit »solchem Enthusiasmus« anschließt. »Denn« – so möchte ich mit Myriam Bienenstock abschließend unterstreichen – »Schelling war für Rosenzweig eine entscheidende direkte Inspirationsquelle« 43 , für eine positive Philosophie unserer existentiellen Sinnfindung in der Geschichte. Darstellung der rein-rationalen Philosophie (1847–54), XI: 253 ff.Vgl. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Sinn und Existenz in der Spätphilosophie Schellings und andere Schellingiana, Kassel 2016. 39 Hans Ehrenberg, Die Parteiung der Philosophie. Studien wider Hegel und den Kantianismus (1911), Essen 1998; Disputation. Drei Bücher vom Deutschen Idealismus. I: Fichte, II: Schelling, III: Hegel, München 1923–25. 40 Franz Rosenzweig, Der Stern der Erlösung (1921), 1988: 56. 41 Franz Rosenzweig, Der Stern der Erlösung (1921), 1988: 103 ff. 42 Myriam Bienenstock, »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel«: 227. 43 Myriam Bienenstock, »Auf Schellings Spuren im Stern der Erlösung«: 275. Vgl. Else Freund, Die Existenzphilosophie Franz Rosenzweigs. Ein Beitrag zur Analyse seines Werkes »Der Stern der Erlösung« (1933), Hamburg 1959. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Franz Rosenzweig. Existentielles Denken und gelebte Bewährung, Freiburg/München 1991. 38
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Ludwig Siep
Zur religiösen Dimension des Hegelschen Denkens
Während ihrer Gastprofessur in Münster habe ich mit Myriam Bienenstock ein gemeinsames Seminar gehalten über Emil Fackenheims »The Religious Dimension in Hegels Thought« (1967), ein in Deutschland zu Unrecht nicht sehr bekanntes Buch. 1 Für Fackenheim hat Hegel jedenfalls für die Kultur seiner Zeit, d. h. das Bürgertum, den aufgeklärten Protestantismus und einen Staat, der als Garant von Religionsfreiheit »säkular« ist, eine umfassende philosophische Synthese entwickelt. 2 Der Grund dafür liegt darin, dass Hegel nicht nur eine in sein Gesamtsystem passende Religionsphilosophie liefert, sondern sein Denken in entscheidenden Hinsichten selber religiös bzw. von einer religiösen Dimension geprägt ist. Das Folgende ist keine Interpretation oder Auseinandersetzung mit Fackenheim. Ich möchte vielmehr ein kurzes Resümee meiner eigenen Beschäftigung mit dem Verhältnis von Religion, Philosophie und Staat bei Hegel versuchen. Es soll kein »letztes Wort« zu der Frage sein und erst recht keine »Abrechnung« mit Hegel, obwohl ich zu einem kritischeren Resultat komme als viele Hegel-Forscher. Ich möchte die folgenden Thesen erläutern:
Emil Fackenheim, The Religious Dimension in Hegel’s Thought, Bloomington & London (Indiana University Press) 1967. 2 Allerdings eine Kultur, die sich selbst und die Hegel – bis auf seine Bemerkungen am Ende der späten Vorlesungen zur Religions- und Geschichtsphilosophie – als endgültig betrachten: »It must, therefore, be said that the actual existence of one specific historical world is the cardinal condition without which, by its own admission and insistence, the Hegelian philosophy cannot reach its ultimate goal. This specific world may be called – with reservations – the modern bourgeois Protestant world. This latter takes itself in principle final and indestructible, and is accepted as such by Hegel in idea, if not in empirical fact«. (The Religious Dimension, S. 232 f., Kursivierung des Autors) Fackenheim merkt an, dass er den Begriff »bürgerlich« rein sozialhistorisch und nicht ideologiekritisch versteht. 1
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Ludwig Siep
1. Hegels Denken hat in der Tat eine religiöse Dimension in dem Sinne der Annahme eines Absoluten, das die Welt beherrscht und dem Menschen eine Vereinigung mit ihm ermöglicht. 2. Hegels Absolutes ist von den religiösen Gottesvorstellungen, vor allem der »abrahamitischen« Religionen, zwar in vielfacher und wesentlicher Hinsicht unterschieden. Aber seine »Aufhebung« dieser Religionen bewahrt auch entscheidende Gemeinsamkeiten. 3. Hegel beansprucht, jede Art von theologischem Skeptizismus und damit auch die Notwendigkeit für Beweise der Existenz Gottes zurückgewiesen zu haben. Da das Absolute in allem menschlichen Leben und Wissen schon »anwesend« ist, kann es nur explizit gemacht bzw. hermeneutisch geklärt werden. Jeder Beweis von außen, sozusagen von der Hypothese »videtur quod non« her, beruht auf falschen (»verstandesmäßigen«) Voraussetzungen. 4. Dieser Anspruch impliziert, dass die interne Selbstwiderlegung aller Formen der Skepsis (der »sich vollbringende Skepticismus« GW 9, 56) 3 , vor allem in Bezug auf die Gotteserkenntnis, in der Phänomenologie des Geistes und der Wissenschaft der Logik gelungen ist. Dafür gibt es nach meiner Lektüre und Kommentierung 4 keine hinreichende Evidenz. 5. Hegels »religiöse Dimension«, die metaphysisch-theologische Struktur seines Denkens, hat hohe Kosten. Weder das religiöse noch das modern-säkulare Bewusstsein müssen diese Kosten akzeptieren. Ich möchte diese Thesen im Folgenden wenigstens andeutungsweise explizieren.
Ich zitiere Hegel nach der Ausgabe G. W. F. Hegel, Gesammelte Werke. Hg. v. d. Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Hamburg 1968 ff. (abgek. GW), Band 8, Jenaer Systementwürfe III: Naturphilosophie und Philosophie des Geistes. Vorlesungsmanuskript zur Realphilosophie (1805/06), unter Mitarb. v. Johann Heinrich Trede hg. v. Rolf-Peter Horstmann, Hamburg 1976; Band 9, Phänomenologie des Geistes, hg. v. Wolfgang Bonsiepen u. Reinhard Heede, Hamburg 1980; Band 12, Wissenschaft der Logik, Zweiter Band, Die subjektive Logik, hrsg. v. Friedrich Hogemann u. Walter Jaeschke, Hamburg 1981; und Band 14, 1, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse (1821), hg. v. Klaus Grotsch u. Elisabeth Weisser-Lohmann, Hamburg 2009. 4 Vgl. vor allem Ludwig Siep, Der Weg der Phänomenologie des Geistes, Frankfurt 5. Aufl. 2018, sowie ders., »Die Lehre vom Begriff. Dritter Abschnitt. Die Idee«, in: Kommentar zu Hegels Wissenschaft der Logik. Hg. v. Michael Quante und Nadine Mooren. Hamburg 2018, S. 651–796. 3
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Zur religiösen Dimension des Hegelschen Denkens
1. Hegel beginnt schon sein erstes publiziertes systematisches Werk, die Phänomenologie des Geistes, mit der These, dass das Absolute nicht vom Erkennen getrennt, sondern in ihm selber vorausgesetzt ist (GW 9, 53 f.). Die Menschen (und die Philosophie) können sich selbst nicht ohne diese Voraussetzung verstehen. Die Frage, wie wir es mit unseren Erkenntnismitteln erreichen können, also das Thema der Erkenntniskritik von Locke bis Kant, ist verfehlt. Es sollte, wie Hegel schon in der Einleitung zur Phänomenologie schreibt, ein »Mißtrauen in diß Mißtrauen« gegenüber der Erkenntnis des Absoluten gesetzt und »besorgt werden, […] daß diese Furcht zu irren schon der Irrthum selbst ist« (GW 9, 54). Vielmehr muss umgekehrt die menschliche Erkenntnis als eine Form der Selbsterkenntnis des Absoluten expliziert werden. Dass alle Alternativen zu einem selbstexplikativen Holismus scheitern, hat Hegel in der Phänomenologie des Geistes zu zeigen beansprucht. Die wahre Erkenntnis des Absoluten ist das Resultat einer Kritik aller »endlichen« Positionen, die von einer Begrenzung des menschlichen Erkenntnisvermögens, d. h. einem Gegensatz zwischen »für uns« und »an sich« ausgehen. Sie betrifft ebenso Wissensweisen wie Weisen praktischer Gewissheit. Zwar können die »Worte« des »Göttlichen, Absoluten, Ewigen« (GW 9, 19) nicht zur Erkenntnis des Absoluten führen. Aber das Absolute ist als Resultat der Explikation aller wesentlichen Denkbegriffe und Seinskategorien das, »was es in Wahrheit ist; […] Wirkliches, Subject, oder sich selbst Werden« (ebd.). Dieses Resultat ist selber nicht jenseits des menschlichen, unterscheidenden und reflektierenden Erkennens, wie bei Plotin oder dem späten Fichte, denn die Vernunft und die Reflexion sind selber »positives Moment des Absoluten« (ebd.). »Wissen« im eigentlichen, vollständig gerechtfertigten Sinne ist nur begriffliches Wissen, das jede Aussage aus einem notwendigen Zusammenhang von Begriffen herleiten kann. Daher müssen für das philosophische Wissen alle (»endlichen«) Begriffe des Erkennens und seiner Gegenstände als Selbstexplikationen eines absoluten Begriffes bzw. Gedankens rekonstruierbar sein. »Endlich« heißt in diesem Kontext: nur von anderen Begriffen her verständlich, »absolut« dagegen, als Selbstunterscheidung (»Selbstverendlichung«) dieses allumfassenden Begriffes verständlich. Zu diesen internen Unterscheidungen des Absoluten gehören auch alle Differenzen von Sein, Natur, Gegen127 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Ludwig Siep
stand einerseits und Denken, Subjektivität, Reflexion andererseits. Der Begriff dafür, dass Begriffliches die eigentliche Wirklichkeit und den Erkenntnisgrund alles scheinbar Außerbegrifflichen ausmacht, ist der der »Idee«. Es ist die Aufgabe von Hegels Wissenschaft der Logik, zur vollständigen Erkenntnis dieses Absoluten zu führen. Die Philosophie der »absoluten Idee« expliziert auf begrifflich geklärter Ebene, was in der Religion über Gott in Form von Bildern, Mythen oder auch Dogmen mit ungeklärten Begriffen – das alles fasst Hegel unter »Vorstellung« – entfaltet ist. 5 Dagegen sind Formen des skeptischen Infragestellens der Existenz Gottes ebenso inadäquat und von außen kommend wie die theologische Apologetik (Gottesbeweise) und ihre philosophische Kritik. Hegel kritisiert entsprechend auch die kantische Destruktion der Gottesbeweise als Übung am falschen Objekt, auch wenn er sie selber, vor allem ihre Dialektik einer spekulativen Deutung unterzieht. Voraussetzung für das immanente Explikationsverhältnis zwischen Religion und Philosophie ist, wie Hegel in der Religionsphilosophie und der Wissenschaft der Logik zeigt, dass die christliche Religion die wahren »Definitionen« des Absoluten enthält – nicht nur die des Geistes, sondern auch die der Trinität, der Schöpfung und der Inkarnation. Sie entsprechen für Hegel der reinen Form der Vernunft als Schließen – aber nicht (nur) formal, sondern inhaltlich als ein System von Schlüssen, in denen jede Prämisse zugleich Conclusio eines der drei Schlüsse ist. Als ein solches System von Schlüssen lassen sich nicht nur die zentralen Dogmen darstellen, sondern auch die Einheit von Naturphilosophie, Geistphilosophie und Logik. Von dieser Erkenntnis sagt Hegel am Ende der Enzyklopädie, dass darin, »die ewige an und für sich seiende Idee sich ewig als absoluter Geist betätigt, erzeugt und genießt« (1830, § 577). Der Inhalt der Schlüsse ist also nicht nur die vollständige (absolute) Selbsterkenntnis, sondern auch die Selbsterzeugung (causa sui). Ein vollständigerer Sinn von »absolut« ist kaum denkbar.
Zum Folgend vgl. Nadine Mooren, Hegel und die Religion. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Religion, Theologie und Philosophie in Hegels System, Hamburg 2018.
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2. Es ist immer wieder bezweifelt worden, dass Hegels »Absolutes« etwas mit den Gottesbegriffen der monotheistischen Religionen oder auch nur der metaphysischen (»rationalen«) Theologie gemeinsam hat. Auf die bedeutenden Unterschiede hat Hegel selber wiederholt aufmerksam gemacht. Sein Absolutes ist kein Gegenstand (darf nicht »verdinglicht« werden), kein transzendentes Wesen, keine Person im üblichen Sinne usw., sondern ein Prozess des sich selber Denkens, der auch die Natur und die Geschichte strukturiert und bewegt. Es steht – nach dem Obigen selbstverständlich – jenseits aller traditionellen religiösen und philosophischen Unterscheidungen. Aber es kann durch die religiösen und philosophischen Begriffe, wenn sie richtig verstanden werden, auch expliziert werden, es ist nicht unerkennbar. Dazu gehören auch die religiösen Begriffe Gottes als Persönlichkeit, Trinität, Geist usw., die Hegel auf der höchsten Denkebene der Wissenschaft der Logik rekonstruiert. 6 Die Differenzen zur religiösen und philosophischen Tradition reichen nicht aus, eine religiöse Dimension als charakteristisch für das Hegelsche Denken zu bestreiten. Hegel versteht bekanntlich die Religionsgeschichte als einen Fortschritt in der immer adäquateren Fassung des Absoluten, bzw. in der religiösen Vorstellung »Gottes«. Der entscheidende Durchbruch liegt dabei im Begriff des Geistes, historisch gesehen einer Synthese des Neuplatonismus mit der jüdischen 7 und christlichen Religion der mittleren und späten Antike. Die Ausgestaltung in der christlichen Dogmatik der Menschwerdung, Erlösung und der Trinität von Personen ist dabei die fortgeschrittenste, die einer Transformation in die philosophischen Begriffe des Geistes und der Idee am ehesten zugänglich ist. Hegel schreibt die »Entdeckung« des Begriffes Geist im Vorwort der Phänomenologie dem Christentum (der »neuern« oder nachantiken Religion) und »ihrer Philosophie«, also der nous-Spekulation des Neuplatonismus (vor allem Proklos) zu. 8 Alle Wirklichkeit
Vgl. dazu Siep, Die Lehre vom Begriff (o. Anm. 4), Kap. 1 und 5.2. Zum jüdischen Neuplatonismus der hellenistischen Zeit vgl. Joseph Klausner, Von Jesus zu Paulus, Königstein 1980 (hebräisch Jerusalem 1950), S. 127–202. 8 Vgl. GW 9, 22 sowie: Jens Halfwassen, Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung. Hegel-Studien, Beiheft 40, Bonn 1999. 6 7
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ist demnach die Selbstentfaltung und Selbsterkenntnis eines einfachen Denkens oder Sich-Denkens – anders als für Plotin ist das letztere nicht schon außerhalb der absoluten Einheit. Stufen dieser Verwirklichung sind im ontologischen Sinne zunehmend »wahr«, Stufen der Selbsterkenntnis sind es im epistemischen Sinne. Die christliche Religion und die Philosophie haben aber nicht nur diesen Geistbegriff gemeinsam, dessen Anfänge Hegel auch schon in der aristotelischen noesis noeseos und in Platons Idee des Guten erkennt. Das Christentum hat in seinen Grunddogmen auch bereits die gesamte Entwicklung dieser Stufen in der unmittelbaren Denkweise des Vorstellens präsent. 9 Gegen die mittelalterlich-katholischen Mißverständnisse der unüberwindlichen (oder erst am Ende der Zeiten durch Gott selber überwundenen) Trennung des jenseitigen Gottes vom Menschen, des geistigen (vor allem betrachtenden, klösterlichen) Lebens vom weltlichen und der Oberherrschaft der Priester über die weltlichen Gemeinschaften, hat erst der Protestantismus zum angemessenen Gottesverständnis geführt. Danach ist Gott in der sittlichen Welt von Familie, Beruf und Staat sowie in Kunst, Religion und Philosophie gegenwärtig – nicht nur als Manifestation eines Jenseitigen, sondern als »Befreiung« von der Trennung zur vollen innerweltlichen Präsenz. 10 Dass diesem Gott zu Recht die Eigenschaft der Persönlichkeit, und zwar einschließlich des Moments der ausschließenden Individualität (»undurchdringliche, atome Subjectivität« GW 12, 236) zugeschrieben werden kann, hat allerdings zu einem bis heute unüberwundenen Streit zwischen Hegel-Auslegungen geführt. Für die einen bedeutet das nur, dass der eine absolute Gedanke sich »entäußert« in Natur und Geschichte und sich im sittlichen Handeln und Wissen der Menschen »reflektiert« bzw. zum vollen begrifflichen Bewusstsein und Also der Narration und der daran gebundenen, von den heiligen Schriften ausgehenden Theologie. Der letzteren, vor allem seiner zeitgenössischen, wirft Hegel aber auch eine Entstellung und Verdinglichung der nur spekulativ zu erfassenden Gotteserkenntnis vor. Vgl. dazu Mooren (o. Anm. 5), Kap. 7. 10 Vgl. dazu Ludwig Siep, Der Staat als irdischer Gott, Genese und Relevanz einer Hegelschen Idee, Tübingen 2015 S. 72. Dass der absolute Geist, den die Religion als »Gott« versteht, sich in seiner Wirklichkeit in Staat, Kunst und Weltgeschichte zeigt, hat Hegel bekanntlich schon in der Jenaer Geistphilosophie formuliert (vgl. GW 8, 277–287). Zu Hegels früher Staatsphilosophie vgl. Myriam Bienenstock, Politique du jeune Hegel (1801–1804), Paris, 1992. 9
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Wissen kommt. »Persönlichkeit« sind dabei entweder die einzelnen vollständig begreifenden Menschen (Philosophen) oder die Kommunikationsgemeinschaft der Gemeinde, vor allem der religiösen, aber auch der politischen und wissenschaftlichen. Diese Deutung hat aber erhebliche Schwierigkeiten mit der Auslegung von Texten vor allem am Ende der Logik und in der Religionsphilosophie. 11 Es könnte sein, dass zur vollständigen Präsenz des Ganzen in Personen kein endliches Individuum und keine Gemeinschaft fähig ist – oder nur in der kultischen und mystischen Selbstnegation der Endlichkeit raum-zeitlicher Individuen. Aber auch in den »moderneren« Auslegungen bleibt die Gesamtidee des Zusichkommens des Geistes aus Natur, Menschenwelt und Wissenschaft – die alle auf dieses Ziel hin angelegt sind – erhalten. Das Absolute ist im Kern ein logisch-begrifflicher Prozess der Implikation und Explikation von Gedanken. 12 Bei einem solchen monistischen Holismus kann man sicher von einer religiösen Dimension des Hegelschen Denkens sprechen.
3. Mit dieser Explikation der Religion in ihrer nach Hegel vollendeten Form, dem Christentum, durch die Philosophie entsteht eine Art Immanenzverhältnis: Die Philosophie expliziert die (christliche) Religion, ohne ihre »Wahrheit« zu bezweifeln. Beide ergänzen sich in ihrem richtigen Verständnis sozusagen reibungslos. Allerdings muss die Philosophie einem holistischen Wahrheitskriterium entsprechen: Sie muss ihr Begreifen der Religion mit einem System der Grundlagen aller Wissenschaften und Wirklichkeitsbereiche verbinden bzw. darin bewähren. Wenn das seinem »spekulativen« Denken gelingt (und nur diesem), dann ist diese wechselseitige Explikation für Hegel Basis eines absoluten Wissens oder einer alternativlosen Letztbegründung.
Vgl. Siep, Hegels Lehre vom Begriff (o. Anm. 4), Kap. 5.1. Robert Brandoms Grundgedanke des »Making it Explicit« hat sich als fruchtbar für die Hegel-Deutung erwiesen. Die Idee ist schon in Fichtes Begriff des »Setzens« (vor allem des »Setzens als«) enthalten. Vgl. Robert B. Brandom, Making it Explicit, Cambridge 1994, (dt. Expressive Vernunft, Frankfurt a. M. 2000) sowie ders., Tales of the Mighty Dead. Historical Essays in the Metaphysics of Intentionality, Cambridge Mass./London 2002.
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Wenn die Immanenz des Absoluten in Natur, Leben und Wissen erst die Einheit und Erkennbarkeit der jeweiligen Prozesse, Organismen, Verfassungen etc. ermöglicht, dann kann es aufgrund der Erfahrungen, Begriffe oder Theoreme einzelner Wissenschaften weder bewiesen noch bezweifelt werden. Das Absolute ist kein Glied von Relationen, die von den Relata her verständlich werden. Vielmehr differenziert es sich in ein systematisches Ganzes »interner Relationen«. Diese können als Bedeutungsvarianten eines einzigen Sinnes oder begriffliche Unterscheidungen eines einzigen Gedankens verstanden werden. Alle »Absoluta« außerhalb dieses Ganzen, in deduktiven Systemen, ersten Prinzipien oder unmittelbaren Gewißheiten sind einseitige Vorstellungen oder »Verstandesbegriffe« (extern unterscheidend) dieses Ganzen oder eines seiner Aspekte. Es selber bzw. seine begriffliche Rekonstruktion ist »absolute Wahrheit«, die von keiner Skepsis erreichbar ist und keiner Beweise im gewöhnlichen Sinne bedarf. Alle skeptischen Verfahren gehen von Unterscheidungen aus, die sich als Aspekte bzw. Phasen der Selbstunterscheidung des Absoluten deuten lassen. Dazu gehört auch die Aufdeckung von Widersprüchen. Sie sind keine Denkfehler, sondern zeigen, dass auch die Teilbegriffe des Absoluten nur das ausschließen, was zugleich zu ihrer Bedeutung bzw. Identität gehört. Sonstige »Absoluta« im epistemischen (empirische oder abstrakte Prämissen), praktischen (moralische Gesetze und Gewissheiten) und gegenständlichen Sinne (Gottesvorstellungen, letzte Realitäten wie die Materie) sind »Vereinseitigungen«. Sie lassen sich als Bedeutungsmomente der Idee aller Ideen (Idea idearum in der neuplatonischen Tradition) bzw. ihres Sich-Denkens 13 begreifen.
4. Es gibt also als Gottesbeweise nur das Explizitmachen des in allem Sein (auch der Geschichte!) und Denken schon impliziten Absoluten. Und dieses ist das absolute Sich-Selber-Denken bzw. die absolute Hegel legt die aristotelische noesis noeseos dem plotinischen Nous zugrunde. Vgl. dazu Klaus Düsing, Hegel und die Geschichte der Philosophie. Ontologie und Dialektik in Antike und Neuzeit, Darmstadt 1983, S. 144, sowie ders., Das Seiende und das Denken. Hegels Auseinandersetzung mit der antiken Ersten Philosophie. Paderborn 2009, S. 20–24.
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Subjektivität. Die gesamte »spekulative« (d. h. diese Einheit entfaltende) Philosophie ist insofern Gottesbeweis, besonders die »Theodizee« der Geschichte des Geistes und die Logik als Nachweis der Einheit von Sein und absoluter Selbstreflexion (in Analogie zum ontologischen Gottesbeweis). Auch die Prüfung der Triftigkeit der spekulativen Philosophie hängt aber davon ab, dass jeder Schritt in ihr zwingend und alternativlos ist, also Explikation im Sinne einer notwendigen »Auseinanderfaltung«. Das hat immer wieder zu unendlich differenzierten Auslegungen der Hegelschen Werke geführt, die mit größtem hermeneutischem Wohlwollen seinen Schritten folgten und am Ende von seiner »unwiderlegten« Philosophie sprachen. Allerdings gingen meist auch unbemerkte Modernisierungen der Sprache, der erläuternden Beispiele usw. in diese Auslegungen ein. So wurde Hegel dann unter der Hand zum Demokraten, Menschen- und Widerstandsrechtler, Kommunikationstheoretiker, Buddhisten etc. Damit wurden aber implizit schon Plausibilitätskriterien vorausgesetzt, die nicht aus der Hegelschen Wirklichkeitsdeutung selber stammten. Beide Weisen der Prüfung sind legitim, wenn sie sich nicht als bloß immanente Hermeneutik »tarnen«: Man muss in der Weise der kommentierenden Interpretation jeden Schritt auf seine Alternativlosigkeit hin prüfen und zugleich die Gesamtergebnisse bestimmter Teile des Systems mit modernen Phänomenen, Normen und Theorien vergleichen, die höhere Plausibilität und Überzeugungskraft besitzen als der Hegelsche Zeithorizont. Das kann man aber immer nur ausschnittweise. 14 Man kann Hegelsche Gedanken natürlich auch zur Anregung für eigene systematische Überlegungen benutzen – nur sollte man dann nicht zugleich Anspruch auf die einzig konsistente und hermeneutisch adäquate Hegel-Interpretation erheben. Meine Versuche der Interpretation der – in Analogie zu Fackenheim – religiösen Dimension Hegelschen Denkens haben jedenfalls nicht zum Resultat des »unwiderlegten Weltphilosophen« geführt. Manche Versuche der rechtfertigenden Interpretation erinnern mich eher an den Umgang mit Offenbarungstexten, die man zwar neu auslegen und auf heutige Probleme beziehen, aber nicht grundsätzlich in Zweifel Vgl. dazu auch meinen Aufsatzband Aktualität und Grenzen der praktischen Philosophie Hegels. Aufsätze 1997–2009. München 2010 sowie eine andere Auswahl in: La philosophie pratique de Hegel. Actualité et limites. Presentation de Myriam Bienenstock. Traduit de l’allemand par Jean-Michel Buée, Paris 2013.
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ziehen kann, ohne die Identität einer Glaubensgemeinschaft zu gefährden.
5. Hegels religiös inspirierte Philosophie des Absoluten, die alle Entzweiungen seiner Zeit, die vielfach auch noch die unseren sind, zu überwinden und »versöhnen« beanspruchte – Religion, Wissenschaft, Kunst, säkularer Staat, autonome Moral etc. –, hat nach dem Resultat meiner Prüfung in den erwähnten Kommentaren und Monographien erhebliche »Kosten«. Ich beginne mit denen, die aus der Abweisung der Religionsskepsis folgen. Wenn die Philosophie die Grundlagen der (»fortgeschrittensten«) Religion nur in begriffliche Systematik überführt, wird sowohl die Frage nach den Quellen und der Historizität religiöser Schriften und Personen hinfällig – Hegel hat entsprechend die historische Bibelkritik für belanglos erachtet. 15 Denn die Wahrheit, um die es dabei eigentlich geht, lässt sich durch ein Gesamtsystem nachweisen, das von dem historischen Sinn dieser Schriften nicht abhängt. Sie macht auch die Fragen der philosophischen Theologie – oder Anti-Theologie – nach den Evidenzen für Begriff und Existenz Gottes hinfällig. Die Annahme des Absoluten bleibt zwar für Hegel ein Bestandteil der »besten Erklärung« auch der Natur- und Geschichtsphilosophie. Die Antwort »je n’ai pas besoin de cette hypothèse« würde er nicht geben. Aber letztlich deshalb, weil sein Anspruch an Wissenschaftlichkeit der eines Gesamtsystems ist, das alle Bereiche des Wissens umfasst und in jedem die Entfaltung eines Grundgedankens und die Rückkehr der entfalteten Begriffe in den Anfang erlaubt. So kann man etwa Geschichte nur erkennen, wenn man in ihr eine Vernunft voraussetzt, die sich nach eben dieser Struktur entwickelt. Es geht in ihr dann um Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit als einer gestuften Vermittlung individueller und gruppenmäßiger Freiheit mit der Souveränität des Ganzen (des Staates). Der Einzelne wird erst ganz frei durch die Bereitschaft, sich mit diesem Ganzen durch Aufgabe von Gütern, Rechten und Leben zu vereinigen (vgl. Grundlinien der Philosophie des Rechts §§ 258, 323, 324). In den Lebenswissenschaften
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Vgl. Mooren, Hegel und die Religion (o. Anm. 5), S. 207.
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muss es um Entfaltung von Systemen (der Sensibilität, Irritabilität und Reproduktion) gehen, die auf allen Stufen des Lebens identifizierbar sind, wenn auch in bestimmten Abwandlungen. 16 Die Freiheit des Philosophierens, für Gottesannahmen Beweise zu verlangen, die es unabhängig von Offenbarungen und holistischen (bzw. »panta hen«) Deutungen der Welt mit der besten Erklärung unserer lebensweltlichen und wissenschaftlichen Beobachtungen, Erfahrungen und Experimente zu tun haben, geht dabei verloren. Die Stellung der Philosophie zwischen Wissenschaft und Religion wird ebenso in Mitleidenschaft gezogen wie der Zweifel derjenigen Menschen, die weder von der Offenbarung, noch von den immanenten Erfahrungen des religiösen Bewußtseins und seinen Deutungen überzeugt sind – und die auch ohne Annahme eines göttlichen Richters Moral für begründet und verpflichtend halten. Dass die Stellung des Nicht-Religiösen auch in Hegels Staat nicht die eines vollständig ebenbürtigen Bürgers ist, scheint zu den Folgen zu gehören. 17 Denn wenn die Religion der philosophischen Wahrheit vorarbeitet und wenn die existentielle religiöse Überzeugung (»das Tiefste der Gesinnung« GW 14,1, 216) die stabilste Stütze für einen dazu passenden Staat ist, dann gehört es zu den Pflichten des letzteren, »von allen seinen Angehörigen zu fordern, daß sie sich zu einer Kirchen-Gemeinde halten« (ebd.). Die skeptische Distanz der Philosophie zur Religion hängt auch daran, dass es eine andere Instanz der Wirklichkeitserklärung gibt, deren Ergebnisse nahezu universale Zustimmung erfahren. Das ist in der Neuzeit die empirische, mit experimentellen und mathematischen Methoden arbeitende Naturwissenschaft, heute auch die empirisch-experimentellen Sozial- und Kulturwissenschaften. Ihre »Attraktivität« beruht auch darauf, dass ihre Methoden und Evidenzen von jedem, unabhängig von prophetischen Offenbarungen, traditionellen Kulturen und besonderen Sprachen angewandt bzw. nachvollzogen oder kritisiert werden kann. Zweifellos sind auch für Hegel die empirischen Wissenschaften eine für die Philosophie wichtige Instanz. Die Würdigungen der Bedeutung der Erfahrung in verschiedenen seiner Werke und die nicht seltenen Hinweise auf Fortschritte
Zu Hegels systematischer Behandlung der Formen des Lebens in Logik und Enzyklopädie vgl. Siep, Die Lehre vom Begriff (o. Anm. 4), Kap. 4.1. 17 Vgl. Siep, Der Staat als irdischer Gott (o. Anm. 10), besonders Kap. IV.7. 16
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und offene Fragen der Wissenschaften sind unübersehbar. 18 Ebenso häufig sind aber auch Hinweise auf prinzipielle Grenzen der Wissenschaften, sowohl der mathematischen wie der empirischen. Nach meiner auch hier nur anzudeutenden Auslegung der einschlägigen Stellen, vor allem der Abhandlungen über die Formen des Erkennens und der wissenschaftlichen Methoden in der Wissenschaft der Logik gibt es deutliche Grenzen der Offenheit der Philosophie gegenüber einer empirisch fortschreitenden Wissenschaft, die von sinnlichen – wie immer über Meßapparate und Datenverarbeitung vermittelten – Erfahrungen mit einer denkunabhängigen Realität abhängt. Deren Ergebnisse erreichen nämlich nur dann mithilfe der Philosophie volle »Wissenschaftlichkeit«, wenn sie sich in einem System von Begriffen interpretieren lassen, die durch logisch-semantische Explikation aus einander hervorgehen. Man kann Hegel vielleicht Zustimmung dazu unterstellen, dass bei deutlichen Fortschritten der Wissenschaft solche Rekonstruktionen von Zeit zu Zeit wiederholt werden müssen und zu Erweiterungen oder auch Verschiebungen im System der Begriffe führen können. Wie weit das die Grundlagen eines auf die Begriffe Geist, Subjekt, Wesen, Idee usw. festgelegten Systems tangieren kann, wird man aber mit Skepsis betrachten müssen. Letztlich ist es fraglich, ob moderne Wissenschaften überhaupt durch ein solches holistisches Begriffssystem interpretierbar sind. Ebenso problematisch ist, ob die Unterstellung einer noch viele Rätsel enthaltenden begriffsunabhängigen Realität, die die meisten Wissenschaften in ihrem Erkenntnisstreben leitet, mit Hegel Identitätsthese von Sein und Begriff als vollendeter – nicht bloß aufgegebener – Idee verträglich ist. Hegel hat an vielen Stellen deutlich herausgestellt, dass seine Philosophie die Übereinstimmung zwischen Natur und Geist, Wissenschaft, Sittlichkeit (auch Staat) und Religion ein für alle mal gezeigt hat – so etwa im Schlussparagraphen der Rechtsphilosophie (§ 360, GW 14,1, 281 f.). Das lässt kaum noch Spielraum für wissenschaftsgestützte Anfragen der Philosophie an die Gottes- und Wahrheitsbegriffe der Religion. Auch die Religion oder das gewöhnliche Bewusstsein von Gott, Offenbarung, Erlösung, Ende der Zeiten usw. zahlen aber für die Hegelsche Versöhnung hohe Kosten. Wenn das Absolute schon jetzt in Vgl. dazu und zum Folgenden Siep, Die Lehre vom Begriff (o. Anm. 4), Kap. 5.3 (mit Exkurs 3).
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Zur religiösen Dimension des Hegelschen Denkens
der Welt präsent ist, kann diese kein »Jammertal« sein, das ebenso wie der sündige Mensch die Vollendung der Erlösung am Weltende bzw. in einem Jenseits erst zu erwarten hat. Weder das Christentum der Gemeinden und Kirchen noch der Großteil der wissenschaftlichen Theologie hat sich in der von Hegel angebotenen Versöhnung wirklich wiedererkannt. Auch dass der göttliche Geist völlig manifest geworden sei, und keine wesentlichen Geheimnisse mehr der Offenbarung harren, hat sie nicht überzeugt. Allerdings haben die meisten auch Hegels Frage nicht beantwortet, was der Grund für Gottes Verheimlichung seines Wesens – ja sogar seiner Existenz – sein könnte wenn nicht »Eifersucht« gegenüber dem Menschen und darauf gegründete »voluntaristische« Abhängigkeit von Gottes unerforschlichem Willen. Dass ein sich verhüllender Gott zu einer menschlichen Ordnung passt, in der ein Herrscher (»von Gottes Gnaden«) seine Entscheidungen der Rechtfertigung und Überprüfung entzieht, ist ein auch historisch nicht unplausibles Argument. Warum, wenn nicht aus Herrschaftsgründen, sollte also ein Gott die Menschen über sein Wesen und seine Existenz 19 im Unklaren lassen, wenn sie sich nicht einer der vielen widerstreitenden Offenbarungen anvertrauen, die menschliche Interessen erkennen lassen und wissenschaftlichen Überprüfungsstandards nicht standhalten? So gehört denn Hegels Denken, wie das anderer Philosophien und Wissenschaften, sicher auch zu den Einflüssen, die das religiöse Denken und sein Gottesbild beeinflusst haben. Das zeitgenössische Formen der abrahamitischen Religionen auf Theoreme wie die Hölle und die Dämonen, die Schuld des Menschen an seiner eigenen Sterblichkeit (Erbsünde), die Unterschiede der Geschlechter hinsichtlich sakraler Ämter etc. verzichten, liegt auch an der rationalen »Übersetzung« religiöser Narrative und menschlicher Selbsterfahrungen. Wie weit Hegel schon zu einer Entmythologisierung zu rechnen ist, der schließlich auch »Mythen« wie die Jungfrauengeburt oder die Auferstehung zum Opfer gefallen sind, kann man zu den kontroversen Fragen seiner Deutung zählen. Sicher folgt Hegels gewaltige Anstrengung zu einer Versöhnung – primär als kognitive Kohärenz, aber auch als kulturelle Harmonisierung – zwischen Offenbarungsreligion und Aufklärung, WissenDas impliziert, dass mir die Versuche der Erneuerung klassischer Gottesbeweise, vor allem des ontologischen, durch gegenwärtige Philosophen letztlich nicht erfolgreich erscheinen.
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Ludwig Siep
schaft, Philosophie und Theologie, aber auch einem säkularen Staat und den ihn stützenden Kirchen, ebenfalls einem »religiösen« Impuls. Versöhnung als Herstellung der Einheit der Gegensätze und der Rückkehr der Getrennten ist ein vor allem religiöses Ideal. Dass Hegel sein Ziel – nach meiner Überzeugung – nicht erreichen konnte, liegt auch an der Größe dieser Aufgabe, die über die Möglichkeiten menschlichen Wissens und Handelns hinausgeht. Ein konkretes Beispiel dafür ist der Hegelsche Staat, der von der Religion nur unabhängig sein – und damit individuelle Religionsfreiheit garantieren – kann, wenn er zugleich in seinem Wahrheits- und Sinnstiftungsanspruch mit ihr konkurrieren kann. Dadurch wird der Staat als »absoluter unbewegter Selbstzweck« (§ 258, GW 14,1, 201) aber zugleich zu fordernd, um Grundrechte und autonome Mitbestimmung wirklich noch gewährleisten zu können. 20 Emil Fackenheim, um dies doch zu ihm zu bemerken, sieht die Hegelsche »Synthese« auch nicht als gültig für unsere Gegenwart an. Er bemerkt schon in der Einleitung seines Buches: »Nor could Hegel, were he alive today, remain with his own nineteenth-century synthesis. For if a truly modern philosophic thought must stay with the world rather than flee from it, then a twentieth-century Hegelianism would have to stay with a fragmented world.« (S. 12) Am Ende seines Buches stellt er in historischer Rekonstruktion die Philosophien von Marx und Kierkegaard als zwei extreme Reaktionen auf die Fragmentierung der modernen Welt dar. Die eine verabsolutiere die Menschheit und ihre säkulare, revolutionäre Dynamik, die andere kehre zu einem Gott zurück, der sich zwar in der menschlichen Existenz bekundet, aber philosophisch unbegreiflich bleibt. 21 Für Fackenheim ist aber der Versuch einer philosophischen Vermittlung zwischen der menschlichen Welt und dem Absoluten offenbar unaufgebbar. 22
Vgl. Siep, Der Staat als irdischer Gott (o. Anm. 10), besonders Kap. I.5. Vgl. Fackenheim, The Religious Dimension (o. Anm. 1), S. 235–241. 22 Die Schlusspassagen seines Buches bleiben in diesem Punkt skizzenhaft. Zum einen spricht er von einer »fragmentierten Vermittlung« (fragmented middle), nach der die Philosophie streben solle. Zum anderen verteidigt er die Metaphysik und das Streben nach einer umfassenden Konzeption (comprehensiveness) jenseits der existentiellen Vereinzelung und der Flucht in »piecemeal philosophizing« (241 f., vgl. auch 13). 20 21
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Zur religiösen Dimension des Hegelschen Denkens
Mein eigenes Fazit lautet so: Ich stimme Fackenheims These der religiösen Dimension des Hegelschen Denkens zu. Es gibt gute Gründe, in dieser Dimension den Impetus und die Voraussetzung für sein groß »dimensioniertes« Unternehmen des Nachweises der Übereinstimmung und Ergänzung von Religion und Wissenschaft, Natur und Geist zu sehen. Aber die Kosten dieses Unternehmens sind zu hoch – sie betreffen die Freiheit des Philosophierens und seiner skeptischen Fragen an Religion und Wissenschaft ebenso wie das Selbstverständnis des religiösen Menschen und die Neutralität des Rechtsstaates. Wer diese Kosten nicht zu zahlen bereit ist, sollte nach einer Philosophie ohne religiöse Dimension, ohne absolute Wahrheit und ein System als »Kreis von Kreisen« (GW 12, 252) suchen. Es hat Modelle dafür auch vor und nach der »religiösen« Philosophie Hegels gegeben. Aber auch diese enthält – ihrer überzogenen Ansprüche entkleidet – noch Anregungen und Einsichten auf vielen Gebieten einer nicht-religiösen Philosophie.
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Norbert Waszek
Von der Aufklärung zum Vormärz: Kontinuitäten und Brüche Am Beispiel von Heines Lektüre von Lessing und Mendelssohn 1 Für die größere Fragestellung der Übergänge von der Aufklärung zum Vormärz, mit ihren Brüchen aber auch vielfältigen Kontinuitäten, dürfte Heines Lektüre und Deutung von Lessing und Mendelssohn ein Paradebeispiel bilden. Sind Lessing und Mendelssohn doch zwei unbestrittene Führungsgestalten der Aufklärung, und wenn in der deutschen Literatur- und Ideengeschichte ein Musterbeispiel für die Periode des Vormärz gesucht wird, wird zuerst an Heine gedacht. Wie hat Heine versucht, an diese Galionsfiguren der Aufklärung anzuknüpfen? Lessing, um mit ihm zu beginnen, ist der eigentliche Held des zweiten Buches von Heines Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland. Heine war schon in seiner Düsseldorfer Gymnasialzeit ein eifriger Leser und Bewunderer Lessings. 2 Auch in seiner ganzen weiteren Laufbahn verband Heine fast immer eine di-
Benutzt werden die folgenden Ausgaben, mit ihren Siglen: Lessing: Werke = Gotthold Ephraim Lessing, Werke, 8 Bände, hrsg. von Herbert G. Göpfert, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1996. Mendelssohn: GS = Moses Mendelssohn, Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe, hrsg. von Alexander Altmann, Eva Johanna Engel, Michael Brocke und Daniel Krochmalnik. Stuttgart-Bad Cannstatt, Frommann-Holzboog, 1972– . Kant, AA [= Akademie-Ausgabe] (1900– ): Gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin: Reimer (1900– 1921), De Gruyter (à partir de 1922). Heine: DHA [= Düsseldorfer Heine Ausgabe] Heinrich Heine, Historisch-kritische Gesamtausgabe seiner Werke, 16 Bände, hrsg. von Manfred Windfuhr, Hamburg, Hoffmann & Campe, 1973–1997. Diese Ausgabe kann kostenlos im Heine Portal gelesen werden: http://www.heine-portal.de/. 2 Vgl. Gerhard Höhn, Heine-Handbuch. Zeit-Person-Werk, Stuttgart & Weimar, Metzler, 3. Auflage 2004, S. 307 [nach dieser 3. Auflage wird in der Folge mit der Sigle: Höhn, Handbuch zitiert]; siehe auch Heine: DHA, Bd. 8/2, S. 879 ff. 1
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Von der Aufklärung zum Vormärz: Kontinuitäten und Brüche
thyrambische Verehrung mit dem Namen Lessings, 3 über den er in der Romantischen Schule sagt, »daß er in der ganzen Literaturgeschichte derjenige Schriftsteller ist, den ich am meisten liebe.« 4 und über den er in seiner Geschichte ausführt: Ich habe hier […] den Namen genannt, den kein Deutscher aussprechen kann, ohne daß in seiner Brust ein mehr oder minder starkes Echo laut wird. Aber seit Luther hat Deutschland keinen größeren und besseren Mann hervorgebracht, als Gotthold Ephraim Lessing. Diese beiden sind unser Stolz und unsere Wonne. 5
Aber auch Moses Mendelssohn 6 darf in diesem Zusammenhang nicht vernachlässigt oder unterschätzt werden, denn es ist mit ihm, genauer mit seiner Schilderung der wohlbekannten Freundschaft zwischen Lessing und Mendelssohn, dass Heine seinen Helden Lessing selbst einführt, auch wenn er dem Berliner Sokrates 7 in seiner Geschichte nur drei Seiten widmet – und die Bilanz ist kaum ergiebiger, wenn seine andere Schriften und insbesondere seine Art Nachruf auf Ludwig Marcus 8 mitberücksichtigt werden. Nach einem »pantheistischen Ausflug« über die Ideen Spinozas und deren Einfluss auf die deutsche Geistesgeschichte (siehe unten) und einigen Bemerkungen zu Christian Wolff (DHA 8/1, S. 62–65), Friedrich den Großen (DHA 8/1, S. 68 f) und Friedrich Nicolai (DHA 8/1, S. 68–70), geht Heine schrittweise zu Mendelssohn über, den er als einen der »Denker« einführt, »die mehr oder minder in Gemeinschaft mit Nicolai zu Berlin thätig waren«. Für diese »Denker« oder Mitstreiter von Nicolai gibt
Im Kommentar der Düsseldorfer Ausgabe (DHA, Bd. 6, S. 398) heißt es, dass Lessing »von Heine stets lobend erwähnt« wird. 4 Heine: DHA, Bd. 8/1, S. 135; vgl. Dieter Arendt, »Heine über Lessing oder: ›derjenige Schriftsteller den ich am meisten liebe‹«, in: Wirkendes Wort. 47:2 (1997), S. 204–221. 5 Heine: DHA, Bd. 8/1, S. 72 f. 6 Vgl. N. Waszek, »Die jüdische Aufklärung (Haskala) um Moses Mendelssohn«, in: Aufklärung: Epoche – Autoren – Werke, hrsg. von Michael Hofmann, Darmstadt, WBG, 2013, S. 107–124. 7 Vgl. Heine: DHA, Bd. 8/1, S. 71: »Dieser Mann, den seine Zeitgenossen den deutschen Sokrates nannten.« 8 Heine: DHA, Bd. 14/1, S. 265–276. Es handelt sich bei Heines Text über Marcus um einen Nachruf, der zuerst am 22. April 1844, in der Allgemeine[n] Zeitung (nach dem Erscheinungsort auch »Augsburger Allgemeine Zeitung« genannt), die von Cotta herausgegeben wurde. Die Düsseldorfer Ausgabe bringt die überarbeitete und erweiterte Fassung des Jahres 1854. 3
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Norbert Waszek
Heine eine Liste von sieben Namen. »Was Talent betrifft so mögen wohl Mendelssohn, Sulzer, Abbt, Moritz, Garve, Engel und Biester als die ausgezeichnetsten genannt werden« 9 Zwar schließt Heine an diese Liste die Bemerkung an, dass Karl Philipp Moritz (1756–1793), der Autor des berühmten Romans Anton Reiser 10 ihm »der liebste« sei, doch wird die besondere Rolle und Bedeutung Mendelssohns auf drei verschiedene Arten hervorgehoben: zunächst wird Mendelssohn als erster der sieben »Denker« genannt – die Liste ist weder alphabetisch noch chronologisch! Unter den sieben genannten Autoren widmet Heine zweitens Mendelssohn den ausführlichsten Kommentar (auf den weiter unten noch näher eingegangen werden muss). Schließlich, und dies ist wohl der Aspekt, der am besten die Bedeutung verdeutlicht, die Heine Mendelssohn beimisst, ist es dieser Autor, mit dessen Hilfe er den Übergang zu Lessing bildet, auf den er dann die bereits zitierte und wohlbekannte Lobeshymne anstimmt. Noch vor seinem Loblied auf Lessing erklärt Heine die besondere Stellung Mendelssohns: Mendelssohn hat jedoch vor allen übrigen eine große sociale Bedeutung. Er war der Reformator der deutschen Israeliten, seiner Glaubensgenossen, er stürzte das Ansehn des Talmudismus, er begründete den reinen Mosaismus. Dieser Mann, den seine Zeitgenossen den deutschen Sokrates nannten und wegen seines Seelenadels und seiner Geisteskraft so ehrfurchtsvoll bewunderten, war der Sohn eines armen Küsters der Synagoge von Dessau. […] Wie Luther das Pabstthum, so stürzte Mendelssohn den Talmud, und zwar in derselben Weise, indem er nemlich die Tradizion verwarf, die Bibel für die Quelle der Religion erklärte, und den wichtigsten Theil derselben übersetzte. Er zerstörte hierdurch den jüdischen, wie Luther den christlichen Katholizismus. In der That, der Talmud ist der Katholizismus der Juden. […] Moses Mendelssohn verdient daher großes Lob, daß er diesen jüdischen Katholizismus, wenigstens in Deutschland, gestürzt hat. 11
Heine: DHA, Bd. 8/1, S. 70 f. Karl Philipp Moritz, Anton Reiser: Ein psychologischer Roman, 5 Bände. Berlin, Maurer, 1785–1794. 11 Heine: DHA, Bd. 8/1, S. 71 f.: Zu Heines Bemerkung, dass Mendelssohn »den wichtigsten Theil« der Bibel übersetzt hätte, muss angemerkt werden, dass er die fünf Bücher Moses und die Psalmen auf Deutsch publizierte; für die Einzelheiten und Belege vgl. Dominique Bourel, Moses Mendelssohn – Begründer des modernen Judentums, Zürich, Ammann, 2007, Kap. X, S. 445–487. 9
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Heine zählt Mendelssohn also wegen seiner kritischen Infragestellung der Tradition (»die Tradizion verwarf«) zu den Vertretern der Aufklärung. Heine will die »große soziale Bedeutung« Mendelssohns hervorheben und die doppelte Wirkung seines Werkes verdeutlichen: (a) einerseits auf das Zentrum des deutschen Denkens, mit seinem Übergang zu Lessing, wodurch Mendelssohn eine Schlüsselstellung zugewiesen wird; (b) auf die Welt der deutschen Juden, welche Mendelssohn grundlegend gewandelt habe. Im Hinblick auf den zweiten Wirkungskreis verläuft Heines Lob Mendelssohns parallel zu einer scharfen Kritik dessen, was Heine den »Talmudismus« und auch den »jüdischen Katholizismus« nennt. Natürlich ist es keineswegs sicher, dass Mendelssohn selbst mit einer solchen Etikettierung einverstanden oder darüber gar glücklich gewesen wäre. Wenn solche Äußerungen das Risiko laufen, den Leser zu schockieren, muss doch anerkannt werden, dass sie zu Heines Zeit und gerade in seinem Umfeld nicht ungewöhnlich waren. Mit seinem ›Umfeld‹ wird auf den Berliner Kulturverein 12 angespielt, der von Eduard Gans, Ludwig Marcus, Moses Moser, Leopold Zunz u. a. getragen wurde und an welchem sich Heine zumindest von August 1822 bis Mai 1823 aktiv und engagiert beteiligte. So ist es nicht überraschend, in seinen Texten Echos der stürmischen Debatten zu finden, welche sich die jungen Männer in diesem Verein lieferten, als Heine in dessen Kreis verkehrte, auch wenn diese Debatten schon länger als ein Jahrzehnt zurücklagen, als Heine an seiner Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland arbeitete. Es war aber schon auf den Treffen des Kulturvereins, dass Heine heftige Kritiken des »Rabbinismus«, oder »Talmudismus« hören konnte, denn diese bildeten ein zentrales Element des Vereinslebens. Hanns Günther Reissner hat mit seiner Gans-Biographie eine Pionierleistung vollbracht, die auch eine wichtige Quelle zur Geschichte des Kulturvereins blieb. 13 Darin hat er belegt, dass schon in Wie der Verein verkürzt bezeichnet wird, der offiziell den Titel trug: »Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden«; vgl. hierzu N. Waszek, »Hegel, Mendelssohn, Spinoza. Beiträge der Philosophie zur Wissenschaft des Judentums. Eduard Gans und die philosophischen Optionen des ›Vereins für Kultur und Wissenschaft der Juden‹«, in: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte. 10 (1999), S. 187– 215 und »Die Wissenschaft des Judentums«, in: Handbuch jüdische Studien, hrsg. von Christina von Braun und Micha Brumlik. Köln/ Weimar/Wien, KohlhammerUTB, 2018, S. 305–316. 13 H. G. Reissner, Eduard Gans. Ein Leben im Vormärz, Tübingen, Mohr-Siebeck, 1965. 12
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der ersten Sitzung des Vereins am 7. November 1819 – es war die Sitzung, die den Verein konstituierte, auch wenn der Name, unter dem er in die Geschichte einging, noch nicht gefunden war –, die drei Hauptredner unter den sieben Anwesenden, nämlich List, Moser, und Gans, wie mit einer Stimme den »Rabbinismus« verurteilten. 14 Moser, der auch nach Heines Fortgang aus Berlin sein Briefpartner blieb, sprach in diesem Zusammenhang – wie Heine selbst, doch schon lange vor ihm – von »einer nützlichen Judenreformation«. 15 Heine hat an dieser Sitzung zwar nicht teilgenommen, denn er war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Berlin, doch kehrten solche Reden so regelmäßig wieder, dass sie als ein Leitmotiv des Vereinslebens betrachtet werden können. Leicht lassen sich Spuren davon in späteren Texten und Dokumenten finden, in den Reden, die Gans als Präsident des Vereins hielt, ebenso wie in der Zeitschrift des Kulturvereins, Zeitschrift für die Wissenschaft des Judentums (ZWJ), die Leopold Zunz herausgab. 16 Sobald die jungen Männer des Kulturvereins für ihren eigenen Kampf gegen die scholastischen und mittelalterlichen Institutionen des Judentums suchten, welche sie mit dem Schlagwort des »Rabbinismus« bezeichneten, ein Vorbild suchten, beriefen sie sich auf Mendelssohn. Am Beispiel der dritten Rede, die Gans als Präsident des Vereins am 4. Mai 1823 hielt, lässt sich diese Haltung gut belegen: Es ist bekannt genug […] dass vor ungefähr fünfzig Jahren von Berlin aus über die deutschen Juden das Licht einer besseren Cultur aufging, davon zum Theil wohlthätige Folgen noch heute verspürbar sind. Die schlechte Mischung eines halb orientalischen, halb mittelaltrigen Lebens wurde gebrochen, an die Stelle einer vollkommen fremdartigen Bildung trat die Morgenröthe einer bessern Erziehung, und was bisher schroff eine ganz abgesonderte Stellung behauptet hatte, das neigte H. G. Reissner (1965), S. 50–52. Joel Abraham List (1780– ca. 1848) sprach vom Sturz des »die Nation entstellenden Rabbinismus« als ein Hauptziel ihrer zukünftigen Bemühungen. Moses Moser (1796–1838) plädierte für einen offenen Kampf gegen den Talmud. Auch für Eduard Gans war die Zerstörung des »Rabbinismus« eine dringende Aufgabe. 15 Ibid. 16 Vgl. E. Gans, »Halbjährlicher Bericht im Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden (28 avril 1822)«, jetzt zugänglich in: N. Waszek, Eduard Gans (1797– 1839): Hegelianer – Jude – Europäer. Texte und Dokumente. Frankfurt/Main, P. Lang, 1991, S. 69; Immanuel Wolf, »Ueber den Begriff einer Wissenschaft des Judenthums«, in: Zeitschrift für die Wissenschaft des Judentums, Bd. I (1823), S. 1–24, besonders S. 12 ff. 14
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sich der allgemeinen Richtung zu. Dieser Bruch […] des jüdischen Lebens ging vornehmlich von Mendelssohn aus. 17
Es ist also entscheidend, diese Verwurzelung von Heines Loblied auf Mendelssohn in den Diskussionen des Kulturvereins wahrzunehmen. Diese Verankerung wird in einem weiteren Text, in dem sich Heine Mendelssohn widmet, seinem Nachruf auf »Ludwig Marcus«, noch deutlicher, auch wenn angemerkt werden muss, dass inzwischen noch mehr Zeit vergangen war, und seine Mitgliedschaft im Kulturverein nun schon mehr als zwanzig Jahre zurücklag. Doch Heines Erinnerungen an diese für ihn entscheidende Entwicklungsphase sind äußerst lebendig geblieben. Marcus war eines der aktivsten und engagiertesten Mitglieder des Kulturvereins gewesen; so ist es nicht überraschend, dass Heines Nachruf auf Marcus ihn nolens volens 18 auch zu einem Rückblick auf den ganzen Verein mit seinen hochgesteckten Zielen und Ambitionen führt, »zu dessen ehrenwerthesten Mitgliedern er gehörte«. 19 Für Heine, für Gans und für ihre Freunde im Kulturverein, ist es gegen den rückschrittlichen Teil der jüdischen Gemeinde, gegen den sie selbst einen ständigen Kampf führten, dass Mendelssohn sich mit einer großen Reform des deutschen Judentums durchgesetzt hatte. Derartige Ausführungen dienten den Vertretern des Kulturvereins auch dazu, sich einen respektablen Ursprung zu geben und eine Kontinuitätslinie zu zeichnen, die von einem mit allen Attributen der Aufklärung ausgestatteten Mendelssohn bis zum Kulturverein selbst führte. Den Zeitraum zwischen diesen beiden Polen, welchen Gans auf »ungefähr fünfzig Jahre«, also etwa zwei Generationen geschätzt hatte, wird von Heine in seinem Nachruf auf Marcus aufgegriffen, doch geht Heine damit subtiler um, indem er die physischen und psychischen Attribute, Körper und Geist, Form und Inhalt zusammenführt – eine Technik, die er oft benutzt 20 . Mit einer unbestreitbaren Ironie bemerkt Heine, dass es eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Mendelssohn und Marcus gebe, die ihn auf einen »frivolen Gedanken« bringt: N. Waszek, Gans (1991), p. 80. Heine sagt ausdrücklich »unwillkürlich«; DHA, Bd. 14/1, S. 269. 19 Ibid. 20 Vgl. zu dieser Technik die gelungene Untersuchung von Michel Espagne, »La bosse de Victor Hugo«, in: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte. 19 (1982), S. 322–337. 17 18
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Ein kleiner schmächtiger Leib, wie der eines Jungen von acht Jahren und im Antlitz eine Greisenhaftigkeit, die wir gewöhnlich mit einem verbogenen Rückgrat gepaart finden. Eine solche Mißförmlichkeit aber war nicht an ihm zu bemerken, und eben über diesen Mangel wunderte man sich. Diejenigen, welche den verstorbenen Moses Mendelssohn persönlich gekannt, bemerkten mit Erstaunen die Aehnlichkeit, welche die Gesichtszüge des Marcus mit denen jenes berühmten Weltweisen darboten, der sonderbarerweise ebenfalls aus Dessau gebürtig war. Hätten sich die Chronologie und die Tugend nicht allzu bestimmt für den ehrwürdigen Moses verbürgt, so könnten wir auf einen frivolen Gedanken gerathen. 21
Der »frivole Gedanke« suggeriert eine Verwandtschaft zwischen der Generation des Großvaters (Mendelssohn) und derjenigen des Enkels (Marcus) – und damit des ganzen Kulturvereins. Weist Heine die biologische Verwandtschaft zurück, »die Tugend« hätte sich »allzu bestimmt für den ehrwürdigen Moses verbürgt«, doch nur um die geistige Verwandtschaft umso stärker zu betonen – was ihm die Gelegenheit bietet, ein gelungenes Porträt »jenes großen Reformators der deutschen Juden« zu zeichnen: Aber dem Geiste nach war Marcus wirklich ein ganz naher Verwandter jenes großen Reformators der deutschen Juden, und in seiner Seele wohnte ebenfalls die größte Uneigennützigkeit, der duldende Stillmuth, der bescheidene Rechtsinn, lächelnde Verachtung des Schlechten, und eine unbeugsame, eiserne Liebe für die unterdrückten Glaubensgenossen. Das Schicksal derselben war, wie bey jenem Moses, auch bey Marcus der schmerzlich glühende Mittelpunkt aller seiner Gedanken, das Herz seines Lebens. 22
Die nachdrückliche Betonung einer Kontinuität von der Generation des Großvaters, Mendelssohn, der von Berlin aus den deutschen Juden ein neues Licht verbreitete, und derjenigen der Enkel, derjenigen von Gans, Heine, Marcus usw., wirft einerseits die Frage nach dem Mittelglied auf, nach der Generation der Mendelssohn-Schüler, die noch lebten, als der Kulturverein seine folgenreiche Wirkung entfaltete – es geht um die Generation von Lazarus Bendavid (1762–1832), Saul Ascher (1767–1822) und anderen. 23 Andererseits ist Heines KriDHA, Bd. 14/1, S. 265 f. DHA, Bd. 14/1, S. 266. 23 Dieses Thema konnte ich an anderer Stelle bearbeiten: N. Waszek, »Heinrich Heine et ›les trois générations‹ de la Haskala«, in: Revue Germanique internationale. Neue Folge, 9 (2009), S. 147–157, besonders S. 154–156. 21 22
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tik am Deismus zu berücksichtigen, den er Mendelssohn unterstellt und mit dessen Hilfe er den Übergang von Mendelssohn zu Lessing darstellt, denn unter diesem Aspekt gewinnt Heines bewusster Rückbezug auf Mendelssohn auch eine problematische Seite. Die Tradizion verwerfend, suchte er [Mendelssohn; N. W.] jedoch das mosaische Ceremonialgesetz als religiöse Verpflichtung aufrecht zu erhalten. War es Feigheit oder Klugheit? War es eine wehmüthige Nachliebe, die ihn abhielt, die zerstörende Hand an Gegenstände zu legen, die seinen Vorvätern am heiligsten waren […]? Ich glaube nicht. Wie die Könige der Materie, so müssen auch die Könige des Geistes unerbittlich seyn gegen Familiengefühle; […] Ich bin deßhalb vielmehr der Meinung, daß Moses Mendelssohn in dem reinen Mosaismus eine Instituzion sah, die dem Deismus gleichsam als eine letzte Verschanzung dienen konnte. Denn der Deismus war sein innerster Glaube und seine tiefste Ueberzeugung. Als sein Freund Lessing starb, und man denselben des Spinozismus anklagte, vertheidigte er ihn mit dem ängstlichsten Eifer. 24
Diese, hier nur angedeutete Kritik wird virulenter, sobald sich Heine seiner eigentlichen Darstellung Lessings zuwendet. Die Stellen, in denen Heine ausdrückliche Lobeshymnen auf Lessing anstimmt, sind zahlreich und erstrecken sich in schöner Symmetrie über sein ganzes Werk 25 : Von den frühen Gedichten und den ersten seiner Prosatexte an gibt es viele ausdrückliche Bezüge auf Lessing. Unter den Berliner Gedichten mag der Hinweis auf das 1821 publizierte Epigramm genügen, mit welchem Heine auf die Tragödie Das Bild eines vergessenen Autors, Christoph Ernst von Houwald (1778–1845) 26 , reagiert und in welchem er die Dürftigkeit des zweitklassigen Autors mit den großen Gestalten von Lessing, Schiller und Goethe konfrontiert, die sich Houwald zum Vorbild nehmen sollte. 27 Unter den Prosaschriften
DHA, Bd. 8/1, S. 72. Mit Hilfe der Such-Funktion des Heine-Portals (s. o. Anm. 1) ist es inzwischen sehr einfach geworden, alle einschlägigen Stellen zu finden. 26 Vgl. die Ausführungen über Houwald in: Allgemeine Deutsche Biographie (von Joseph Kürschner), herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 13 (1881), S. 212 f. und Neue Deutsche Biographie (von Rudolf Lehmann), Bd. 9 (1972), S. 662 f. 27 Zuerst in der Zeitschrift Der Zuschauer veröffentlicht, jetzt in: DHA, Bd. I, S. 433: Lessing – da Vinzis Nathan und Galotti, Schiller – Raphaels Wallenstein und Posa, 24 25
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sei an seine Briefe aus Berlin (1822) erinnert, worin Heine bei einem Spaziergang Unter den Linden plötzlich ausruft: »Mich durchschauert’s, wenn ich denke, auf dieser Stelle hat vielleicht Lessing gestanden, unter diesen Bäumen war der Lieblingsspaziergang so vieler großer Männer, die in Berlin gelebt« 28 , und in seiner Schrift Ueber Polen, die nur wenig später, im Herbst 1822, entstanden ist, bezeichnet Heine Lessing, Herder und Schiller als »unsere edelsten Volkssprecher«. 29 Gewiss ist Heines unbestreitbare Bewunderung Lessings als Schriftsteller noch kein hinreichender Beleg dafür, dass er ihn als Aufklärer verstanden und sich in diesem präzisen Sinne an ihn angelehnt hat. Diese Frage wird übrigens dadurch noch komplizierter, dass Heine weder eine klare Definition bietet, noch mit einem exakten Begriff von Aufklärung arbeitet. 30 Wie jedoch schon angedeutet bzw. in der Folge noch näher gezeigt werden wird, denkt Heine bei der Aufklärung an eine kritische Haltung der Tradition gegenüber, an den Kampf gegen Fanatismus und Intoleranz, auch an einen humanistischen Kosmopolitismus und er legt dabei Nachdruck auf die Wirksamkeit der aufklärerischen Bemühungen. In den beiden Texten, in denen sich Heine am ausführlichsten über seinen gefeierten Vorgänger äußert, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (1834) und Die romantische Schule (1835), finden sich zwar diverse Würdigungen Lessings, doch sind diese keineswegs immer mit den Ideen und Werten des 18. Jahrhunderts verbunden, so z. B. in der berühmten Passage, in der er den Stil seines bevorzugten Autors mit einem Worte Buffons rühmt: Egmont und Faust von Göthe-Buonarotti – D i e nimm zum Muster, Houwald-Spinarosa! »Spinarosa« ist eine Gestalt in Houwalds Tragödie; vgl. Karl-Josef Kuschel, »Heines Almansor als Widerruf von Lessings Nathan?: Heine und Lessing im Spannungsfeld von Judentum, Christentum und Islam«, in: Heine-Jahrbuch, vol. 44 (2005), S. 42–62, hier S. 44. 28 DHA, Bd. 6, S. 13. 29 DHA, vol. 6, p. 65. Heine stellt Lessing und Herder verschiedentlich zusammen, z. B. in seiner Schrift Die romantische Schule (DHA, Bd. 8/1, S. 135 f): »Die Literaturgeschichte ist die große Morgue wo jeder seine Todten aufsucht, die er liebt oder womit er verwandt ist. Wenn ich da unter so vielen unbedeutenden Leichen den Lessing oder den Herder sehe mit ihren erhabenen Menschengesichtern, dann pocht mir das Herz.« 30 Vgl. hierzu und zu den folgenden Bestimmungen wiederum Höhn, Handbuch, S. 306.
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Von der Aufklärung zum Vormärz: Kontinuitäten und Brüche
Das schöne Wort Buffons ›der Styl ist der Mensch selber!‹ 31 ist auf niemand anwendbarer als auf Lessing. Seine Schreibart ist ganz wie sein Charakter, wahr, fest, schmucklos, schön und imposant durch die inwohnende Stärke. Sein Styl ist ganz der Styl der römischen Bauwerke: höchste Solidität bey der höchsten Einfachheit; gleich Quadersteinen, ruhen die Sätze auf einander, und wie bey jenen das Gesetz der Schwere, so ist bey diesen die logische Schlußfolge das unsichtbare Bindemittel. Daher in der Lessingschen Prosa so wenig von jenen Füllwörtern und Wendungskünsten, die wir bey unserem Periodenbau gleichsam als Mörtel gebrauchen. Noch viel weniger finden wir da jene Gedankenkaryatiden 32 , welche Ihr la belle phrase nennt. 33
Auch wenn Heine Lessing als »literarischen Arminius« bezeichnet, der, wie der Cheruskerfürst Germanien von den Römern befreite, als er diese im Jahre 9 n. Chr. in der Schlacht im Teutoburger Wald besiegte, das deutsche Theater von den »Nachahmungen des französischen Theaters [befreite], das selbst wieder dem griechischen nachgeahmt schien« 34 , ist der Bezug zu den Ideen der Aufklärung vielleicht nicht unmittelbar sichtbar, könnte jedoch einfach hergestellt werden: wenn die Kritik an der Nachahmung des griechischen Theaters als Stellungnahme in der querelle des anciens et des modernes 35 und als Option für die Moderne verstanden wird, dann
Das von Heine offenbar selbst übersetzte Zitat geht zurück auf den französischen Naturforscher Georges-Louis Leclerc, Comte de [Graf von] Buffon (1707– 1788), der diese Formel bei seiner am 25. August 1753 erfolgten Aufnahme in die Académie française prägte. Sein Vortrag, bekannt unter dem Titel: Discours sur le style wird hier zitiert nach der Ausgabe von Adolphe Hatzfeld, Paris, Lecoffre fils, 1872, S. 24 (unsere Hervorhebung; N. W.): »Ces choses sont hors de l’homme, le style est l’homme même.« 32 Eine Karyatide war ursprünglich eine Stützsäule in Frauengestalt – ›Frau aus Karyai‹ (bei Sparta) –, hier meint Heine offenbar eine ›Gedankenstütze‹. 33 DHA, Bd. 8/1, S. 74. 34 Das vollständige Zitat lautet: »Lessing war der literarische Arminius der unser Theater von jener Fremdherrschaft befreyte. Er zeigte uns die Nichtigkeit, die Lächerlichkeit, die Abgeschmacktheit jener Nachahmungen des französischen Theaters, das selbst wieder dem griechischen nachgeahmt schien.« (DHA, Bd. 8/1, S. 134). 35 Vgl. Hans R. Jauß: »Antiqui / moderni. Querelle des Anciens et des Modernes«, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. 13 Bände, hrsg. von J. Ritter & K. Gründer, Basel, Schwabe, 1971–2007, hier Bd. 1 (1971), Sp. 410–414; Antike und Moderne in der Literaturdiskussion des 18. Jahrhunderts. Hrsg. von Werner Krauss & Hans Kortum, Berlin, Akademie, 1966; Jürgen von Stackelberg, »Die 31
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stehen Lessing und Heine ganz nahe bei Fontenelle, Voltaire und Diderot. Wenn die beiden schon zitierten Würdigungen Lessings genauer angesehen werden, lassen sich die Schlüsselworte, die Werte und Praktiken der Aufklärung ohnehin leicht wiederfinden. Nach dem einleitenden Lob auf Lessing gilt Heines erste Präzisierung dessen kritischem Geist: Lessing wirkte nicht nur indem er etwas bestimmtes that, sondern indem er das deutsche Volk bis in seine Tiefen aufregte, und indem er eine heilsame Geisterbewegung hervorbrachte, durch seine Critik, durch seine Polemik. Er war die lebendige Critik seiner Zeit und sein ganzes Leben war Polemik. Diese Critik machte sich geltend im weitesten Bereiche des Gedankens und des Gefühls, in der Religion, in der Wissenschaft, in der Kunst. 36
Angesichts der Tatsache, dass Heine Lessing als die »lebendige Critik« beschreibt, ist daran zu erinnern, dass »Kritik« das Banner war, unter dem sich die Aufklärung sammelte 37 ; sagte nicht Kant »Unser Zeitalter ist das eigentliche Zeitalter der Kritik, der sich alles unterwerfen muß«, darunter auch Religion und Gesetzgebung? 38 Aber auch an die französische Aufklärung ist in diesem Zusammenhang zu denken, denn im Zentrum ihres Flaggschiffes, der großen, vorwiegend von Denis Diderot getragenen Enzyklopädie, steht der Artikel »critique« von Jean-François Marmontel (1723–1799) 39 , des guten Freundes von Querelle des Anciens et des Modernes. Neue Überlegungen zu einer alten Auseinandersetzung«, in: Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung. 6 (1980), S. 35–51. 36 DHA, vol. 8/1, S. 73. Die dreifache Verwendung des Terminus »Kritik« in dieser Charakterisierung Lessings wird wenig später noch durch einen vierten Gebrauch des Wortes ergänzt: DHA, Bd. 8/1, S. 76. 37 Zum Kritik-Begriff vgl. die ausgezeichnete Analyse von Manfred Baum, »Kritik«, in: Theologische Realenzyklopädie, 36 Bände, hrsg. von Gerhard Müller, Berlin/New York, De Gruyter, Bd. 20 (1990), S. 65–77, und die Darstellung (von C. v. Bormann, H. Holzhey und G. Tonelli, »Kritik«, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4 (1976), Sp. 1249–1282. 38 Kant, Kritik der reinen Vernunft (Vorwort zur Erstausgabe von [1781]); Kant, AA, Bd. 4, S. 9; das Zitat lautet vollständig: »Unser Zeitalter ist das eigentliche Zeitalter der Kritik, der sich alles unterwerfen muß. Religion durch ihre Heiligkeit und Gesetzgebung durch ihre Majestät wollen sich gemeiniglich derselben entziehen. Aber alsdann erregen sie gerechten Verdacht wider sich und können auf unverstellte Achtung nicht Anspruch machen, die die Vernunft nur demjenigen bewilligt, was ihre freie und öffentliche Prüfung hat aushalten können.« 39 Diderot schrieb einmal lobend über Marmontel, man könne seiner Schreibweise
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Voltaire. Auch in diesem Artikel wird der Kritik-Begriff in einem sehr weiten Sinn gefasst, denn die Kritik bleibt dort nicht auf die Literatur und die Wissenschaften beschränkt, sondern erstreckt sich ebenso auf die Moral, die Politik und die Geschichte, inklusive der biblischen Geschichte, also auch auf die Religion und es findet sich darin der bedeutungsvolle Aufruf: C’est-là qu’il serait à souhaiter qu’un philosophe aussi ferme qu’éclairé, osât appeler au tribunal de la vérité, des jugements que la flatterie & l’intérêt ont prononcés dans tous les siècles. 40
Ganz denselben, umfassenden und engagierten Sinn des Kritik-Begriffs wird Heine in seiner Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland Lessing zuschreiben, wenn er über ihn ausführt, dass seine »Critik sich geltend machte im weitesten Bereiche des Gedankens und des Gefühls, in der Religion, in der Wissenschaft, in der Kunst.« 41 In seiner Schrift Die romantische Schule formuliert Heine die große Bandbreite von Lessings Kritik etwas anders und hebt neben der reichen Vielfalt von Lessings Aktivitäten auch deren innere Einheit hervor, das verbindende Element aller seiner Kämpfe: Alle Richtungen des Geistes, alle Seiten des Lebens, verfolgte dieser Mann […] Kunst, Theologie, Alterthumswissenschaft, Dichtkunst, Theaterkritik, Geschichte, alles trieb er mit demselben Eifer und zu demselben Zwecke. In allen seinen Werken lebt dieselbe große sociale Idee, dieselbe fortschreitende Humanität […] 42
Wie gezeigt, ist die Kritik für Kant universell – »alles muss sich ihr unterwerfen« –, Religion und Politik sind sogar ihre privilegierten Gegenstände. Dies gilt nicht nur für Kant, sondern auch für die euro-
entnehmen, dass er »viel schöne Stunden in ihren Armen [der Frauen] verbracht hat.«; Denis Diderot, »Über die Frauen«, in: Denis Diderot Erzählungen und Gespräche. Übersetzt von Katharina Scheinfuß. Frankfurt/Main, Insel, 1981, S. 169– 181, hier S. 181. Heine bezieht sich zumindest in einem Artikel (vom 10. Februar 1832) seiner Sammlung Französische Zustände auf die Memoiren Marmontels: DHA, Bd. 12/1, S. 96 + 323. 40 Jean-François Marmontel, « Critique », in: Encyclopédie, ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, 17 Bände, hrsg. von Denis Diderot, Paris, Briasson [et al.], 1751–1772, Bd. 4 (1754), S. 490–497, hier S. 494 (Orthographie behutsam modernisiert; N. W.). 41 DHA, Bd. 8/1, S. 73. 42 DHA, Bd. 8/1, S. 134.
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päische Aufklärung insgesamt. 43 Heine scheint sich dieser doppelten Stoßrichtung der Aufklärung als Kritik durchaus bewusst gewesen zu sein, denn er hebt sie in seiner Würdigung Lessings deutlich hervor: neben dessen Kritik »der klerikalen Intoleranz« 44 , welche die Zeitgenossen in erster Linie gesehen hätten, stellt er das politische Engagement: »Mehr als man ahnte, war Lessing auch politisch bewegt […]; wir merken jetzt erst, was er mit der Schilderung des Duodezdespotismus in Emilia Galotti gemeint hat.« 45 Diese Kontinuitätslinien von Lessing, Galionsfigur der Aufklärung, und Heine, dem führenden Repräsentanten des Vormärz, könnten noch verstärkt werden, z. B. durch Heines Bemerkungen über die klerikalen Verfolgungen, denen Lessing ausgesetzt war: Lessing wurde »am stärksten bedrängt von der schwarzen Schaar« 46 – nichts verbindet stärker als gemeinsame Feinde! Es handelt sich nicht nur darum, Ideen entwickelt und Werte der Aufklärung vertreten zu haben, sondern auch um deren erfolgreiche, wirkungsvolle Verbreitung: dies dürfte für die Aufklärung insgesamt der Fall gewesen sein und ebenso für Heines Darstellung Lessings. In diesem Zusammenhang ist es sicher bedeutungsträchtig, dass Heine mehrfach 47 den Ausdruck »soziale Bedeutung« benutzt und auf Lessings Werk anwendet: Wenn Heine Lessings »Schwert« feiert 48 und seine Siege als Polemiker 49, dann gilt dieses Lob nicht nur Lessing selbst, sondern auch der Gedankenströmung, die Lessing so gekonnt verkörperte und mittrug. 50 Einen schönen Beleg dafür liefert Peter Gay (1923–2015) mit seiner monumentalen Deutung der europäischen Aufklärung, in deren erstem Band er sich der Kritik der Religion und in deren zweitem der Kritik der Politik widmet: The Enlightenment. An Interpretation: Bd. 1: The Rise of Modern Paganism; Bd. 2: The Science of Freedom, New York, Knopf, 1966–1969. 44 DHA, Bd. 8/1, S. 135: »Champion der Geistesfreyheit und Bekämpfer der klerikalen Intoleranz«. 45 DHA, vol. 8/1, S. 135. 46 DHA, Bd. 8/1, p. 76. 47 Zum Beispiel: DHA, Bd. 8/1, S. 47, 71, 76, 84, 106; gelegentlich verwendet er auch den Ausdruck »soziale Wichtigkeit«. 48 DHA, Bd. 8/1, S. 73, 76. 49 DHA, Bd. 8/1, S. 73: »Diese Polemik überwand jeden Gegner und erstarkte nach jedem Siege«; vgl. S. 74 und 135. 50 In seiner bemerkenswerten Würdigung des Verhältnisses von Heine zu Lessing, betont Jost Hermand »wie sehr Heine seine eigne weltanschauliche Position mit dieser Würdigung Lessings rechtfertigen wollte. […] Und so ist das Bild Lessings, 43
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* * * Neben den aufgezeigten Kontinuitätslinien, die von der Aufklärung zu Heine führen, gibt es aber auch wichtige Differenzen, die, auch wenn sie keine Brüche bilden, so doch zumindest ein Gegengewicht gegen das bislang gezeichnete Bild konstituieren. Was die Aufmerksamkeit des Lesers in dieser Hinsicht bereits wecken sollte, ist die Tatsache, dass Heine, selbst in seinen größten Lobreden, Lessing »nur [als] Prophet[en]« 51 darstellt, als Ankündiger der »Vernunftreligion«, eben als »deren Johannes [der Täufer]«, aber noch nicht als den eigentlichen »Messias«, den »wir noch erwarten« 52 . Lessing ist also noch kein abschließender Höhepunkt, sondern eher eine Durchgangsstation, eine Etappe auf dem Weg, aber noch nicht dessen Ziel: Ja, kommen wird auch der dritte Mann, der da vollbringt was Luther begonnen, was Lessing fortgesetzt. Der dritte Befreyer – Ich sehe schon seine goldne Rüstung, die aus dem purpurnen Kaisermantel hervorstrahlt, ›wie die Sonne aus dem Morgenroth‹. 53
Die Vermittlerrolle oder Zwischenstellung, die Heine Lessing hiermit zuschreibt, ist sicher bereits ein wichtiges Indiz. Weshalb oder wodurch ist Lessing für Heine aber irgendwie veraltet oder ›überholt‹ ? Warum ist er für ihn kein voller Zeitgenosse? Zwei Bereiche drängen sich auf, hier näher erkundet zu werden, um eine Antwort auf diese Fragen zu finden. Der erste Themenbereich, der hier weiterhilft, ist derjenige des »Deismus«, denn es ist sicher kein Zufall, dass Heine diesen Begriff zweimal benutzt, wenn er über Lessing spricht. 54 Die erste Textstelle, welche in diesem Zusammenhang Aufmerksamkeit verdient, stammt aus seiner Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland. Da es ihm in dieser Schrift nicht so sehr um Lessings Bedeutung für die Literaturkritik geht (eine Thematik, die er in seiner Romantische das Heine […] entwarf, nicht nur ein Abbild jenes Lessing, der tatsächlich im 18. Jahrhundert gelebt hat, sondern zugleich ein geheimes oder auch nicht so geheimes Wunschbild Lessings, in dem sich Heine selber wiederzuerkennen glaubte.« Jost Hermand, »Auf einsamem Posten: Heine und Lessing«, in ders., Heinrich Heine: kritisch, solidarisch, umstritten, Köln, Böhlau, 2007, S. 18–32, hier S. 26. 51 DHA, Bd. 8/1, S. 76. 52 DHA, Bd. 8/1, S. 134. 53 DHA, Bd. 8/1, S. 73. 54 DHA, Bd. 8/1, p. 72 et 76.
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[n] Schule ausführlicher behandelt), begnügt er sich hier mit der Bemerkung, dass Lessing in diesem Bereich »nicht bloß durch seine Critik, sondern auch durch sein Beyspiel eine heilsame Reform bewirkt hat, und diese Seite seiner Thätigkeit wird gewöhnlich zumeist hervorgehoben und beleuchtet«. Demgegenüber will Heine den Akzent anders setzen und eine andere Seite von Lessings Werk und Wirkung erhellen und es ist an dieser Stelle, dass er das Etikett des »Deismus« einführt und auf Lessing anwendet: Wir jedoch betrachten ihn von einem anderen Standpunkte aus, und seine philosophischen und theologischen Kämpfe sind uns wichtiger als seine Dramaturgie und seine Dramata. […] Nathan der Weise ist im Grunde nicht bloß eine gute Comödie sondern auch eine philosophisch theologische Abhandlung zu Gunsten des reinen Deismus. 55
Über den »Deismus«, seine Definition und seine Geschichte, seine verschiedenen Konzeptionen bei den unterschiedlichsten Autoren usw., ist nicht nur viel Tinte geflossen, sondern sind auch Kontroversen ausgetragen worden 56 , doch einige Punkte dürften sich als konsensuell festhalten lassen: (1) der »Deismus« wurde oft als die für die Aufklärung entscheidende und typische Religionsphilosophie dargestellt 57 ; (2) Heine hatte nicht unrecht, wenn er Lessing als »guten Deisten« charakterisiert 58 ; und schließlich (3) Heine schätzte den »Deismus« nicht, wie er es ein wenig früher in seiner Geschichte deutlich zum Ausdruck bringt: »Der Deismus ist eine Religion für Knechte, für Kinder, für Genfer, für Uhrmacher.« 59 DHA, Bd. 8/1, S. 76. Vgl. die schon klassische Studie von Gotthard Victor Lechler (1811–1888), Geschichte des englischen Deismus, Stuttgart & Tübingen, Cotta, 1841 mit den zahlreichen und jüngeren Schriften von Günter Gawlick, die ich in den folgenden Aufsätzen bibliographisch erfasst und ausgewertet habe: »Deutungslinien der Toleranz bei Lessing«, in: Religiöse Toleranz heute – und gestern. Hrsg. von Myriam Bienenstock und Pierre Bühler. Freiburg & München, Alber, 2011, S. 35–62 und »La tolérance chez Lessing: ses rapports au déisme anglais et aux Lumières écossaises«, in: Les Lumières: un héritage et une mission. Hommages à Jean Mondot, hrsg. von Gilbert Merlio und Nicole Pelletier, Bordeaux, Presses universitaires de Bordeaux, 2012, S. 159–176. 57 Zum Beispiel von Ernst Troeltsch (1865–1923), Religionshistoriker und -soziologe; E. Troeltsch, »Der Deismus« [1898], in: Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie, hrsg. von Hans Baron, Tübingen, Mohr, 1925 [Gesammelte Schriften, vol. 4 = Nachdruck: Aalen, Scientia, 1967], S. 429–487, hier S. 429. 58 DHA, Bd. 8/1, S. 76: Lessing »starb als guter Deist«. 59 DHA, Bd. 8/1, S. 62. 55 56
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Statt nun mühsam nach einer konsensuellen Definition des »Deismus« zu suchen, dürfte unsere Hauptaufgabe darin liegen, dasjenige herauszustellen, was Heine unter diesem Begriff verstand, warum er ihn für ›überholt‹ hält und wodurch er ihn ersetzen will. Wenn er sein bereits zitiertes bon mot – »eine Religion für Knechte, für Kinder, für Genfer, für Uhrmacher« – näher erläutert, liefert er zumindest gewisse Ansätze zu Antworten auf diese Fragen: Der Gott des Pantheisten unterscheidet sich also von dem Gotte des Deisten dadurch, daß er in der Welt selbst ist, während letzterer ganz außer, oder was dasselbe ist, über der Welt ist. Der Gott des Deisten regiert die Welt von oben herab, als ein von ihm abgesondertes Etablissement. Nur in Betreff der Art dieses Regierens differenzieren untereinander die Deisten. Die Hebräer denken sich Gott als einen donnernden Tyrannen; die Christen als einen liebenden Vater; die Schüler Rousseaus, die ganze Genfer Schule, denken sich ihn als einen weisen Künstler, der die Welt verfertigt hat, ungefähr wie ihr Papa seine Uhren verfertigt, und als Kunstverständige bewundern sie das Werk und preisen den Meister dort oben. 60
Für Heine ist der Deismus spätestens seit Kants Kritik der reinen Vernunft [1781] überholt, oder genauer sobald Kants Werk in den späten 1780er Jahren, wie Heine zu Recht ausführt 61 , eine weite Rezeption und breite Anerkennung erfuhr. Die von Heine betonte, verzögerte Rezeption von Kants Hauptwerk erleichtert es ihm, das berühmte Topos der Parallelität zwischen der materiellen (politischen) Revolution in Frankreich und der geistigen Revolution in Deutschland einzuführen: Auf beiden Seiten des Rheines sehen wir denselben Bruch mit der Vergangenheit, der Tradition wird alle Ehrfurcht aufgekündigt, wie hier in Frankreich jedes Recht, so muß dort in Deutschland jeder Gedanke sich justifiziren, und wie hier das Königthum, der Schlußstein der alten DHA, Bd. 8/1, S. 57 f. Aus einer Notiz (DHA, Bd. 8/1, S. 455) lässt sich schließen, dass Heine auch an Madame de Staël denkt, wenn er von »Genfer Schule« spricht. Anne Louise Germaine, Baronin von Staël-Holstein, geb. Necker (1766–1817), konnte tatsächlich auf Genfer und Waadtländer Vorfahren zurückblicken und sie lebte und wirkte ab 1792 für mehrere Jahre in Genf und Coppet; vgl. Etienne Hofmann, »Staël, Germaine de«, in: Historisches Lexikon der Schweiz, online: http:// www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16051.php, zuletzt eingesehen am 12. 4. 2018). 61 DHA, Bd. 8/1, S. 77: »Mit diesem Buche, welches durch sonderbare Verzögerung erst am Ende der achtziger Jahre allgemein bekannt wurde, beginnt eine geistige Revoluzion in Deutschland«, und vgl. S. 90. 60
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socialen Ordnung, so stürzt dort der Deismus, der Schlußstein des geistigen alten Regimes. 62
Für Heine ist es also Kant, welcher der Vorherrschaft des Deismus mit seiner Kritik der reinen Vernunft ein Ende bereitet hätte. Um diese ihm wichtige Entwicklung hervorzuheben, bedient sich Heine trefflicher Formulierungen, wie z. B. »Dieses Buch ist das Schwert, womit der Deismus hingerichtet worden in Deutschland« 63 , oder wenn er die Wirkung von Kants Werk als »Katastrophe« des Deismus bezeichnet, als seinen »21. Januar« – das genannte Datum steht in Frankreich für die Hinrichtung von Ludwig XVI. (der am Montag, den 21. Januar 1793 guillotiniert wurde). 64 Lessing war am 15. Februar 1781 gestorben, also vor dem Erscheinen von Kants erster Kritik (das Buch erschien zu Ostern auf der Buchmesse; im Jahre 1781 fiel der Ostersonntag auf den 15. April). Lessing, so sagt Heine ausdrücklich, »starb als guter Deist« 65 , und sein spätes Meisterwerk, Nathan der Weise, wäre auch »eine philosophisch theologische Abhandlung zu Gunsten des reinen Deismus«. Negativ ausgedrückt, wird Lessing damit, trotz seiner bewunderungswürdigen Größe, ein Mann der Vergangenheit, der es nicht geschafft hätte, sich zum »Pantheismus« zu erheben, dieser »verborgene[n] Religion« 66 , die sich seitdem in Deutschland durchgesetzt habe. Ist der Gott der Deisten »außer, oder […] über der Welt«, die er von oben regiert, ist derjenige der Pantheisten »in der Welt selbst«; die Welt »ist identisch mit Gott […], er ist sowohl Materie wie Geist«. 67 Für Heine ist der große Vertreter dieses Pantheismus kein anderer als Spinoza, über den er die folgenden Zeilen schrieb, die sicher zu seinen schönsten gehören: »Es ist ein gewisser Hauch in den Schriften des Spinoza, der unerklärlich. Man wird angeweht wie von den Lüften der Zukunft.« 68 Diese unvergesslichen Zeilen finden sich in einem Abschnitt, den Heine im Rückblick als »pantheistischen Aus-
DHA, Bd. 8/1, S. 77. DHA, Bd. 8/1, S. 81. 64 DHA, Bd. 8/1, S. 77. 65 DHA, Bd. 8/1, S. 76. 66 DHA, Bd. 8/1, S. 62: »Der Pantheismus ist die verborgene Religion Deutschlands«. 67 DHA, Bd. 8/1, S. 57. 68 DHA, Bd. 8/1, S. 54. 62 63
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flug« 69 bezeichnet, ein Abschnitt von knapp zehn Druckseiten 70 , dessen besonderer Stellung Heine bereits mit der Bezeichnung »Ausflug« Rechnung trägt. Eine solche Entschuldigung, ein solcher Versuch der Legitimierung, ist durchaus angebracht, denn Heine behandelt hier doch recht ausführlich einen Denker, der gar nicht oder zumindest nicht direkt zur deutschen Religions- oder Philosophiegeschichte gehört. Die Begründung, mit welcher Heine Spinoza dann aber doch in seine Geschichte aufnimmt, läuft über seine große Wirkung: »Deutschland ist der gedeihlichste Boden des Pantheismus; dieser ist die Religion unserer größten Denker, unserer besten Künstler«. 71 Wie der Pantheismus Spinozas auf die »besten Künstler« (darunter zählt Heine auch die Dichter) gewirkt hat, erläutert Heine in seiner Schrift Die romantische Schule, worin er etwa ausführt, dass Goethe der Spinoza der Poesie war. Alle Gedichte Goethes sind durchdrungen von demselben Geiste der uns auch in den Schriften des Spinoza anweht. Daß Goethe gänzlich der Lehre des Spinoza huldigte ist keinem Zweifel unterworfen. 72
In seiner Geschichte präzisiert Heine den Einfluss des Pantheismus Spinozas auf das, was er dort die »deutsche Identitätsphilosophie« und »die neuere« bzw. »unsere Naturphilosophie« nennt 73 , Bezeichnungen, die auf Schelling (aber auch auf Hegel zur Zeit seiner engen Zusammenarbeit mit Schelling in Jena 74 ) verweisen: Und dann ist ja doch am Ende Alles was wir Attribute Gottes nennen nur eine verschiedene Form unserer Anschauung, und diese verschiedenen Formen sind identisch in der absoluten Substanz. Der Gedanke DHA, Bd. 8/1, S. 62. DHA, Bd. 8/1, S. 54–62. 71 DHA, Bd. 8/1, S. 61. 72 DHA, Bd. 8/1, S. 101; vgl. hierzu die schon klassische Studie von Martin Bollacher, Der junge Goethe und Spinoza: Studien zur Geschichte des Spinozismus in der der Epoche des Sturms und Drangs, Tübingen, Niemeyer.1969. 73 DHA, Bd. 8/1, S. 56 f. 74 Siehe den Tagungsband: Hegel in Jena. Die Entwicklung des Systems und die Zusammenarbeit mit Schelling. Hegel-Tage in Zwettl 1977, hrsg. von Dieter Henrich & Klaus Düsing, Bonn, Bouvier, 1980; in ihren Studien zum Jenaer Hegel ist Myriam Bienenstock diesen Kontexten nachgegangen, z. B.: Politique du jeune Hegel (Iéna 1801–1806), Paris, PUF, 1992; »La première philosophie de l’esprit. Essai d’interprétation génétique«, in ihrer französischen Ausgabe von Hegel, Le premier système. La philosophie de l’esprit 1803–1804, Paris, PUF, 1999, S. 127– 173. 69 70
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ist am Ende nur die unsichtbare Ausdehnung und die Ausdehnung ist nur der sichtbare Gedanke. Hier gerathen wir in den Hauptsatz der deutschen Identitätsphilosophie, die in ihrem Wesen durchaus nicht von der Lehre des Spinoza verschieden ist. Mag immerhin Herr Schelling dagegen eifern, daß seine Philosophie von dem Spinozismus verschieden sey, daß sie mehr »eine lebendige Durchdringung des Idealen und Realen« sey, daß sie sich von dem Spinozismus unterscheide »wie die ausgebildeten griechischen Statuen von den starregyptischen Originalen«: dennoch muß ich aufs bestimmteste erklären, daß sich Herr Schelling, in seiner früheren Periode, wo er noch ein Philosoph war, nicht im Geringsten von Spinoza unterschied. 75
Wenn Spinoza einen so großen Einfluss auf die neuere deutsche Philosophie ausgeübt hat, dann ist es sicher legitim, ihm im Rahmen deren Geschichte einen angemessenen Platz einzuräumen, doch kann Heines Darstellung Spinozas hier nicht weiter verfolgt werden. 76 Doch musste diese Darstellung Spinozas und deren Einfluss zumindest angesprochen werden, weil dieser Zusammenhang Lessing unmittelbar betrifft. Gegen Ende seines Lebens wurde Lessing von Jacobi und anderen als Spinozist bezichtigt. 77 Heine kannte die Einzelheiten dieser Debatte und Vorgänge und er hat die Bemühungen Mendelssohns dargestellt, mit denen er seinen inzwischen verstorbenen Freund, Lessing, verteidigen wollte. Der Schluss dieser ironisch formulierten Darstellung verdient es zitiert zu werden, denn er trennt Lessing erneut vom Pantheismus und von Spinoza: Vertheidigung und Eifer waren eben so lächerlich wie überflüssig. Beruhige dich im Grabe, alter Moses; dein Lessing war zwar auf dem Wege […] zum Spinozismus – aber der Allerhöchste, der Vater im Himmel, hat ihn noch zur rechten Zeit durch den Tod gerettet. Beruhige dich, dein Lessing war kein Spinozist, wie die Verläumdung
DHA, Bd. 8/1, S. 56 f. Vgl. hierzu N. Waszek, »L’excursion panthéiste dans l’Histoire de la religion et de la philosophie en Allemagne (1834/35) de Heinrich Heine«, in: Dieu et la nature. La question du panthéisme dans l’idéalisme allemand, hrsg. von Christophe Bouton, Hildesheim, Olms, 2005, S. 159–178; auch hierzu hat Myriam Bienenstock geschrieben: »Hermann Cohens Heine und der Kampf um Spinoza«, in: Heine-Jahrbuch 2010, Stuttgart, Metzler, 2010, S. 192–200. 77 In der Einleitung zu ihrer Ausgabe von Herders Gott, J. G. Herder, Dieu. Quelques entretiens [sur Spinoza], Paris, PUF, 1996, hat Myriam Bienenstock die ganze damalige Debatte rekonstruiert. 75 76
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behauptete; er starb als guter Deist, wie du und Nicolai und Teller und die Allgemeine Deutsche Bibliothek! 78
Wenn die Ablösung des Deismus durch den Pantheismus für Heine eine wichtige Trennungslinie bildete – eine Trennung, die ziemlich genau dem Übergang vom zweiten zum dritten Buch seiner Geschichte entspricht –, blieb Lessing für ihn auf dem anderen Ufer des Rubikons oder anders ausgedrückt, auf der Seite des Deismus, der für Heine nicht mehr zeitgemäß war. Dies würde bedeuten, dass Heine Lessing zwar einerseits in vielen seiner Polemiken unterstützen und dessen Kämpfe weiterführen möchte, andererseits aber auch über Lessing hinausgehen will. Schließlich ist noch hervorzuheben, dass Heine die große Leitfigur der Aufklärung, Lessing, klar von den zahlreichen, zweitrangigen Epigonen absetzt. Diese Differenzierung dürfte schon in dem ironischen Unterton stecken, mit welchem Heine in der eben zitierten Passage »Nicolai und Teller und die Allgemeine Deutsche Bibliothek« neben Lessing stellt, doch tritt sie in einer Stelle der romantischen Schule drastischer hervor: Wenn aber Lessing die Nachahmerey des französischen Aftergriechenthums gar mächtig zerstörte, so hat er doch selbst […] gewissermaßen einer neuen Art thörigter Nachahmungen Vorschub geleistet. Durch seine Bekämpfung des religiösen Aberglaubens beförderte er sogar die nüchterne Aufklärungssucht, die sich zu Berlin breit machte, und im seligen Nicolai ihr Hauptorgan, und in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek ihr Arsenal besaß. Die kläglichste Mittelmäßigkeit begann damals, widerwärtiger als je, ihr Wesen zu treiben, und das Läppische und Leere blies sich auf, wie der Frosch in der Fabel. 79
Ob man wirklich sagen kann, dass Lessing »törichten Nachahmungen [der Aufklärung] Vorschub geleistet« hat, darf schon bezweifelt werden, wenn man sich nur daran erinnert, dass Lessing, am Abend seines Lebens in Wolfenbüttel, sich noch mit dem Berliner Kreis stritt. Zudem und sicher wichtiger ist die Tatsache, dass Lessing selbst zwischen der wahren und von ihm verteidigten Aufklärung und deren bloßem Schattenbild, über welches er sich lustig macht, unterscheidet. 80 Wenn Heine Lessing für dessen Epigonen verantwortlich ma-
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DHA, Bd. 8/1, S. 75 f. DHA, Bd. 8/1, S. 136. Vgl. M. Bollacher, Der junge Goethe und Spinoza (1969, op. cit.), S. 225.
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chen will, dürfte sein Urteil also ungerecht sein; wenn er es trotzdem tut, dann wenigstens in der guten Absicht, die oberflächliche Aufklärung endgültig hinter sich zu lassen. 81
Für die oberflächliche Aufklärung hat sich später der Ausdruck Aufkläricht (die pejorative Verbindung von Aufklärung und Kehricht) durchgesetzt. Auch wenn ein so bedeutender Denker wie Ernst Bloch dies behauptet hat, – E. Bloch, Naturrecht und menschliche Würde, Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1967 [= GA, Bd. 6], S. 129 (unsere Hervorhebung; N. W.]: »Die Aufklärung darf nicht dasjenige streifen, was Lessing Aufkläricht nannte und Engels sogar Abspülicht vom Aufkläricht.« –, scheint Lessing selbst den Ausdruck Aufkläricht nicht benutzt zu haben. M. Bollacher (1969, S. 225) nennt jedenfalls keine Belegstelle und die meisten Lexikographen betrachten den abtrünnigen Hegelianer Heinrich Leo (1799–1878) als Wortschöpfer, der das Wort in einem Aufsatz geprägt hat, der in der Evangelische[n] Kirchen-Zeitung, 27:84 (am 17 Oktober 1840), S. 667 f. erschienen ist. Wie dem auch sein mag, entscheidend ist nicht der Terminus Aufkläricht, sondern die Tatsache, dass sich schon Lessing kritisch von oberflächlichen Nachahmungen der Aufklärung abgesetzt hat.
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L’esprit objectif et son destin La reconfiguration d’une découverte hégélienne par les herbartiens Theodor Waitz et Moritz Lazarus 1. Dégager l’esprit objectif hégélien des strates d’interprétations qui le recouvrent Dans un important article paru en 2001, « Qu’est-ce que l’›esprit objectif‹ selon Hegel ? » 1 , Myriam Bienenstock a pris pied dans un débat au long cours. Non seulement, cet article s’inscrivait dans une discussion contemporaine avec Charles Taylor et Vincent Descombes, mais il s’efforçait, plus au loin, de donner la réplique à des auteurs anciens tels Karl Popper ou Wilhelm Dilthey. Le nœud du problème, autour de l’esprit objectif, était décrit dès les premières pages : le concept semble indispensable pour rendre compte de l’histoire et du monde historique, ainsi que de notre vie politique, des institutions politiques et sociales – mais aussi culturelles, et religieuses, dans lesquelles nous vivons. Mais la référence à Hegel reste, la plupart du temps, purement gestuelle, même lorsque ce sont des concepts hégéliens qui sont repris 2.
On est aux prises, lorsqu’on parle d’esprit objectif, avec un lien double, si ce n’est celui de l’admiration et de la répulsion envers son promoteur, celui, du moins, de la reconnaissance d’une notion conjointement incontournable et impossible à tenir jusqu’au bout. Sans esprit objectif, on s’interdit de penser certaines réalités de la culture, dont celle de l’importance des institutions ; avec lui, on entre toutefois dans des difficultés, dont celle de détacher des représentations de la psyché strictement individuelle. Bienenstock précisait à cet égard que ce qui intéressait Hegel n’était pas tant la « conscience collective », les « représentations collectives » chères à Emile Durkheim,
1 Revue germanique internationale, Hegel : droit, histoire, société, N. Waszek (dir.), 2001/15, p. 103–126. 2 Id., p. 103–104.
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qu’une « forme de vie » rationnelle, celle de la liberté 3. Un des buts de son article était de rendre de nouveau accès à la visée de Hegel, telle qu’elle s’était élaborée, en usant d’autres termes, dès les textes de jeunesse. Contre l’esprit objectivé de Dilthey et contre les représentations au centre de la vie spirituelle de Durkheim, il fallait retrouver l’esprit objectif hégélien tel qu’en lui-même. C’est en fait qu’un grand nombre de déterminations extérieures à la pensée de Hegel sont venues se greffer sur l’une de ses grandes découvertes, la notion d’esprit objectif. Le but du présent article n’est pas de faire le tour des reprises que cette notion a connues, même en nous limitant aux auteurs influents dans le domaine de l’éducation 4 , mais de mettre l’accent sur deux réceptions du fonds de pensée hégélien vers le milieu du dix-neuvième siècle, chez des penseurs comme Theodor Waitz et Moritz Lazarus, imprégnés d’herbartianisme. Nous pensons en effet qu’il est difficile, voire impossible, de comprendre les destinées connues par l’esprit objectif, lesquelles ont encore un retentissement dans l’œuvre de Dilthey ou de Durkheim, sans prendre en considération la manière dont une autre référence est venue s’amalgamer à une première. Hegel et Herbart apparaîtraient ainsi, si notre clef de lecture était exacte, comme les deux sources principales de l’esprit objectif tel que les années 1900 peuvent le donner à lire. Débutons l’examen par une remarque de Waitz, lequel s’est retrouvé dans la position de reconnaître la nécessité de la découverte philosophique hégélienne tout en la jugeant intenable, ne serait-ce que pour des raisons pédagogiques. Nous considérerons ensuite les déplacements que Lazarus fait, en conscience ou non, subir à la notion d’esprit objectif : ce seront désormais les œuvres plus que les institutions, les penseurs classiques plus que les grands hommes mus par leurs impulsions ou encore la condensation de représentations plus Id., p. 105. Il aurait alors fallu regarder par exemple du côté de Karl Mager et de ses Briefe an eine Dame über die Hegelsche Philosophie, Berlin, Morin, 1837, dans lequel l’esprit du temps est dit « la racine commune dont découle tout ce que le temps recèle de pensées, de sentiments, d’efforts, de buts, d’actes, d’institutions » (p. 5), et l’esprit objectivé est vu comme représenté dans les « déterminations juridiques, morales, éthiques, les institutions politiques, l’éducation, le mariage etc. » (p. 11 note). Un auteur comme Lorenz von Stein aurait de même été incontournable. Sur ce dernier, cf. N. Waszek, « Aux sources de l’Etat social à l’allemande : Lorenz von Stein – et Hegel », dans le même numéro de la Revue germanique internationale, p. 211–238. 3 4
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que la critique d’une pertinence pour le temps présent qui importeront. Enfin, en revenant sur quelques traits de la pensée de Durkheim, nous tenterons de montrer comment le fonds herbartien s’est maintenu dans la mise en avant des manières communes de sentir, de penser ou d’agir.
2. Theodor Waitz et la valorisation relative de l’esprit objectif hégélien Dans une remarque consacrée à la philosophie de l’histoire de Schelling et de Hegel, Waitz commence par une note très critique 5 , qui semble ne pas indiquer de reprise possible de ce qui serait une théorie de l’esprit objectif. La pensée hégélienne ferait de Dieu le vrai sujet de l’histoire, et l’être humain n’aurait pas besoin de se soucier de son cours ; l’individu n’aurait aucune valeur autonome, sauf s’il entrait par chance dans le plan divin. L’homme singulier ne serait réellement un homme que dans un seul cas, lorsqu’il est homme d’Etat. Sinon, qu’il ait fait de sa vie une œuvre d’art achevée, qu’il ait une grandeur subjective, voilà qui n’entrerait pas en ligne de compte. Waitz ne se fait pas en ces lignes le porte-parole d’une liberté transcendantale, laquelle avait déjà été déclarée une chimère par Herbart, ni d’un quelconque esprit agissant comme une âme 6. Selon lui, les individus ne sont pas tous devenus des sujets autonomes, des êtres commençant des séries d’actions par eux-mêmes. Seule une élite a le pouvoir d’être réellement créatrice, et elle ne peut réellement le devenir qu’en s’étant appuyée sur la culture de l’époque pour la porter plus loin. Le degré de culture d’un individu n’est en effet pas fonction de ses seules fonctions spirituelles, ainsi que le dira Waitz dans son Anthropologie 7, mais du palier déjà atteint par lui, en un temps déCes notes se trouvent dans l’introduction « Ueber Waitz’ praktische Philosophie » dans Th. Waitz, Allgemeine Pädagogik und kleinere pädagogische Schriften, zweite vermehrte Auflage, O. Willmann (Hrsg.), Braunschweig, Vieweg und Sohn, 1875, p. LXIV–LXVIII. 6 Cf. les critiques très fermes contre l’idéalisme dès les premières lignes de la préface du Lehrbuch der Psychologie als Naturwissenschaft, Braunschweig, Vieweg und Sohn, 1849, p. VI-VII par ex. 7 Cf. Th. Waitz, Über die Einheit des Menschengeschlechts und der Naturzustand des Menschen, Anthropologie der Naturvölker, Bd. I, Leipzig, Fleischer, 1859, p. 388s. 5
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terminé et sous des conditions particulières. Chacun profite de l’œuvre de l’autre, la performance de la machine sociale est fonction de l’interpénétration des agents singuliers, mais ces individus seraient autres dans un autre état de la société. Deux types d’explication sont ainsi en jeu, lesquels se complètent, pour expliquer le fonctionnement de la société humaine : une psychologie individuelle, expliquant les actions singulières, et un examen de l’influence du mode de vie et des rapports sociaux, déterminés historiquement, expliquant le visage particulier que lesdites actions singulières prennent chaque fois. Waitz reproche à Hegel, non pas d’avoir méconnu l’existence de grands hommes, de génies, mais de ne leur avoir accordé de valeur que pour autant qu’ils se tenaient dans une relation à l’Etat ; le prix d’un individu pour lui-même ou pour son cercle privé n’importeraient pas. Cette attaque manque deux points. Le premier, c’est que même dans l’histoire, les grands hommes ne sont pas réellement des sujets créateurs. Ainsi que le dit Bienenstock 8 , ce n’est qu’indirectement, aveuglément, selon des « conséquences non intentionnelles » que des Alexandre, des César ou des Napoléon ont eu un effet sur le cours du monde. Le second, c’est que la mise en avant de l’Etat a justement pour fonction de garantir, non des libertés coutumières ou octroyées, mais des droits individuels, des possibilités d’action particulières 9. La découverte de l’esprit objectif par Hegel a eu à voir avec cette pensée de la liberté moderne comme étant concrète et effective dans l’Etat. Il faut cependant bien voir que ce que Waitz a en tête, ce n’est pas tant de promouvoir une théorie politique ou une philosophie de l’histoire universelle, mais de s’appuyer sur une psychologie et une éthique qui fonderaient à la fois une anthropologie et une pédagogie. Or, pour ce qui est de cette dernière, on assiste à une critique acerbe de la philosophie hégélienne car, dans l’économie propre de ce système, aucune éducation de l’individu en tant que personne complète pour elle-même ne serait possible. Waitz a en vue la possibilité d’une pédagogie comme chemin de libération et d’émancipation individuelle, finalement individuelle, quoique médiée par du collectif (acquis culturels, formes collectives d’éducation). De là la critique qu’il adresse aux partisans de Hegel :
Présentation à la traduction collective de G. W. F. Hegel, La philosophie de l’histoire, Paris, Livre de poche, 2009, p. 11–35, ici p. 24–25. 9 Cf. M. Bienenstock, art. cit., p. 124. 8
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Il fallait certes, de manière conséquente, que leur [= ceux qui voient l’histoire du monde comme l’auto-éducation de l’esprit du monde, et celui-ci comme identique à l’esprit humain] apparaissent chaque phénomène singulier et chaque événement comme un moment pédagogique dans la vie de l’univers, et la mission serait seulement d’abstraire correctement la théorie pédagogique de la réalité effective ›rationnelle‹, mais cette pédagogie ne pourrait pas donner de buts et de missions à l’individu, car toute tentative de l’individu est folle, lorsque lui et son action n’ont pas de valeur autonome, et que même l’esprit du monde n’est pas attaché à son secours mais s’impose lui-même ou, plutôt, qu’il a déjà exécuté ceci. Le point de vue moral est pour cette conception le point de vue subordonné du devoir-être et de l’exigence, du commandement qui n’a encore aucune effectivité 10 .
Waitz congédie la systématique hégélienne puisque, dans sa partie sur l’esprit objectif, la moralité n’a qu’une place subordonnée, en attente de relève historique ; aucune pédagogie véritable, c’est-à-dire pensée dans l’héritage de Herbart comme développement du caractère grâce à la connaissance des moyens et des obstacles individuels à l’éducation – la psychologie 11 – ne serait possible lorsqu’on est hégélien. L’affaire n’est pourtant pas entièrement entendue par là, car Waitz ne peut que constater qu’il y a « quelque chose de vrai et de significatif dans l’éthique schellingiano-hégélienne » 12 : le droit et la moralité ne sont pas des rapports uniquement intersubjectifs mais représentent bel et bien des puissances objectives commandant aux individus. Il existe une positivité des lois, une réalité objective des normes d’action, que l’on trouve là, avec leur consistance, et avec laquelle il faut compter. Les puissances réelles, objectives, ne sont assurément rien en dehors des individus, elles ne sont rien comme un sujet collectif hypostasié, un esprit flottant au-dessus des eaux. Seulement, elles ne sont pas non plus des propriétés individuelles des sujets individuels, elles sont certes présentes en chacun, et nulle part ailleurs, mais comme ce qu’il n’a pas créé, ce dont il n’est pas le producteur exclusif en raison de ses capacités propres, de dons qu’il aurait possédés : Th. Waitz, Allgemeine Pädagogik, § 1, p. 12–13. Waitz divise en fait en deux le facteur psychologique joint au facteur éthique : l’étude des moyens en vue d’une fin demande au préalable l’examen purement empirique, et non philosophique, de la constitution corporelle, de l’état de santé, du tempérament de l’élève etc., c’est-à-dire l’examen de son état initial (cf. Allgemeine Pädagogik, § 1, p. 16). 12 »Über Waitz’s praktische Philosophie«, p. LXV. 10 11
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l’esprit de la société n’est pas une force au-dessus de tous mais en tous, et, toutefois, au-dessus de chaque individu 13 .
Il ne s’agit toutefois pas, pour Waitz, d’en appeler à la particularisation de l’esprit objectif dans la conscience de tout un chacun, de désirer un avènement de la liberté par une réalisation toujours instanciée. S’il y a bien comme une reprise de l’esprit objectif, et un désaveu de ce qui serait sa relève dans un esprit absolu, celui-là n’est pas mis en rapport immédiatement avec l’effectuation de droits singuliers dans un Etat qui les garantisse. Les institutions juridiques et les mœurs apportent leur contribution propre à la mécanique de l’esprit humain, elles ne le poussent jamais à la liberté qu’en venant agglomérer de nouvelles représentations sur un fonds déjà présent. Et Waitz de poursuivre : En ce sens, le droit, les mœurs, la moralité sont des puissances objectives, réelles : faisant face objectivement à chaque individu en tant que produits finis, quoique encore inachevés, d’une marche culturelle historique de l’humanité en son ensemble, réels mais dans la mesure où l’individu est essentiellement éduqué à travers eux, formé par eux, comme par des puissances qui agissent sur les esprits de tous au moyen de représentations, d’états d’esprit, d’inclinations, qu’elles font naître et qu’elles renforcent 14 .
A bien y regarder, l’esprit subjectif est agi par l’esprit objectif, la psyché singulière, avec ses manières de penser, de sentir, de vouloir, influencée par des forces culturelles. L’individu est formé, éduqué, par ces formations historiques que l’on nomme formes sociales, formations toujours enrichies par l’apport de nouvelles générations. La Bildung n’est dès lors pas qu’un simple processus personnel, une venue à soi de l’individu multiple, harmonieux, en l’absence de tout contexte socio-historique. Les représentations en général, à la fois théoriques, pratiques et esthétiques, s’agglutinent en nous, elles forment des masses aperceptives qui, dès lors qu’elles passent de loin le seuil de la conscience, ne sombrent pas dans l’oubli mais deviennent des centres de force, des leviers d’action individuelle. C’est parce que nous sommes agis par le passé, et ce de manière congruente avec les expériences que nous pouvons faire au présent, qu’un effet sur le futur est pensable. 13 14
Id., p. LXVII. Id.
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L’esprit objectif, tel qu’il est ici dessiné par Waitz, a avant tout affaire à des représentations. Par là, il ne faut pas entendre ce que Hegel désignait, de manière souvent dépréciative, par opposition au concept. Bienenstock rappelle comment ce dernier, influencé par sa lecture précoce de Reinhold, voyait aussi dans la philosophie de Kant une philosophie de la représentation 15 . Dans le cas de Waitz, comme dans celui de Wolff et de Herbart 16 , le terme de représentation est absolument générique, il est employé comme un pis-aller, et ne s’oppose nullement à une forme intellectuelle plus spirituelle, plus élevée. Le caractère générique du terme fait d’ailleurs que l’on ne désigne pas uniquement par là des manières de penser, mais aussi des façons de sentir ou de vouloir. Il n’y a pas de facultés dans la psychologie de Waitz, fortement tributaire de celle de Herbart. Le terme de représentation ne saurait dès lors pas signifier la même chose que chez Hegel. Waitz reprend quoi qu’il en soit de Hegel la vue « profonde et exacte » selon laquelle le droit naturel, par sa conception abstraite des individus, ne peut rendre compte du droit et de la moralité. On voit ici que celui-ci a dû avoir en tête, voire devant les yeux, l’introduction aux Principes de la philosophie du droit lorsqu’il a prononcé les termes que nous venons de citer. Chez les deux penseurs, il y a eu un souci de penser l’esprit d’une société de manière organique, sans détacher le droit ou la moralité d’autres pans de la culture 17. Une différence s’est néanmoins marquée dans la manière de faire de l’esprit objectif un instrument critique : là où l’objectivité de la volonté avait quelquefois des accents négatifs chez Hegel, puisque consonnant avec la servilité et la puérilité 18, chez Waitz, le fait social n’a pas cette connotation, et la contrainte exercée sur l’esprit ne laisse pas poindre le soupçon d’une aliénation ou d’une entrave à l’émancipation 19 .
Cf. art. cit., p. 115. Voir sur ce point les remarques pertinentes de W. Wundt, »Die Psychologie am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts«, Reden und Aufsätze, Leipzig, Kroner, 1913, p. 163–231, ici p. 184s. 17 Cela va même plus loin dans son anthropologie, où les pans physiques et culturels (« spirituels ») conspirent pour expliquer l’homme. Cf. Über die Einheit des Menschengeschlechts und der Naturzustand des Menschen, p. 388–389. 18 Cf. G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse mit Hegels eigenhändigen Notizen und den mündlichen Zusätzen, Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1989, § 26, p. 77. 19 Sur l’intention de Hegel sur la positivité, cf. M. Bienenstock, art. cit., p. 123–125. 15 16
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3. Moritz Lazarus et la reconfiguration de l’esprit objectif dans une psychologie des peuples et une linguistique nouvelle La thèse selon laquelle l’esprit objectif dépose un contenu dans la psyché individuelle, il enrichit le stock de représentations uniquement individuelles par des représentations issues de l’histoire culturelle de l’humanité, se retrouvera, presque à l’identique, chez un autre penseur se réclamant de Herbart, Moritz Lazarus. Ce dernier, quoi qu’il en soit, mettra plus de soin à mettre au jour sa conception particulière : on trouve dans un important essai de 1865, Quelques pensées synthétiques au sujet de la psychologie des peuples 20, plusieurs paragraphes dans lesquels la reprise autonome d’un vocable hégélien est justifiée, et la visée propre déployée. C’est au § 6 de ce long article que la notion d’esprit objectif fait son apparition, et ce non pas d’une manière subreptice, mais bien dans le titre d’un paragraphe. Lazarus y explique redire à nouveaux frais ce qu’il avait déjà pu expliquer, au moyen d’autres termes, dans ses essais antérieurs. Hegel lui-même est mentionné dans une note : l’esprit objectif de la psychologie des peuples n’entrerait pas dans la « partition » proposée par son devancier, car il ne relèverait pas que de l’« esprit pratique » mais se présenterait aussi « dans le domaine théorique et artistique » 21 . La mention du théorique, à côté de deux autres, laisse déjà anticiper la présence forte du vocabulaire de la représentation. Le renvoi à ce qui relève de l’art, qui plus est, est une clef pour comprendre comment la notion d’œuvre, absente de la définition hégélienne de l’esprit objectif, pourra se retrouver dans sa postérité diltheyenne comme centrale 22. Ce qui intéresse Lazarus, même s’il est nommé « esprit objectif », apparaît ici tout d’abord comme un « esprit objectivé », du spirituel incorporé, réalisé dans une matière étrangère 23. Le bien de culture, Cf. M. Lazarus, »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft, K.-Ch. Köhnke (Hrsg.), Hamburg, Meiner, 2003, p. 131–238. 21 Id., § 6, p. 175. 22 Cf. M. Bienenstock, art. cit., p. 111 ; sur les liens entre Lazarus et Dilthey, cf. H.-U. Lessing, « Le rapport critique de Dilthey à la Völkerpsychologie de Lazarus et de Steinthal », trad. fr. K. Glimois, Quand Berlin pensait les peuples Anthropologie, ethnologie et psychologie (1850–1890), C. Trautmann-Waller (dir.), Paris, CNRS Editions, 2004, p. 149–164. 23 Une autre présentation de Lazarus met, quoi qu’il en soit, la langue en premier, 20
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propriété commune d’un peuple, qui se trouve donné, qui est trouvé là, et sans lequel un individu historiquement et socialement situé ne pourrait commencer à penser, agir ou sentir, est ce que le penseur propose. L’œuvre apparaît en ces lignes comme une catégorie fondamentale de l’esprit objectif, bien plus que ne le fait la matière coutumière d’agir. Un deuxième monde, un monde de la pensée flanquant le « monde objectivement donné de la nature » 24 , fait face à l’être humain qui y naît et s’impose à lui. Et cet univers nouveau n’est pas une seconde nature au sens où Hegel l’entendait, dans le sillage d’Aristote 25. Car ce n’est pas le droit en tant que liberté réalisée dont parle le § 4 des Grundlinien 26 qui intéresse Lazarus. La seconde nature dont il se revendique vient plus de Cicéron, ainsi que Klaus-Christian Köhnke l’a indiqué 27 : il s’agit de la nature cultivée, domestiquée, mise à profit, exploitée, celle dont l’homme a fait un paysage, des champs et des vergers, avant de pousser plus loin sa mise en valeur, à l’époque moderne, grâce à l’industrie. Le trésor commun que comptabilise l’économie nationale du point de vue de sa valeur marchande est ce dont la science de la culture tient compte, de son côté, relativement à sa teneur spirituelle. C’est en psychologue que Lazarus s’intéresse au rapport entre esprit subjectif, individu, et esprit objectif, contenu de pensée déposé dans des œuvres et, plus généralement, dans le trésor de la langue. Lorsque j’appréhende un objet artistique, mon activité subjective d’intuitionner est quoi qu’il en soit la condition essentielle de ce que son image devienne le contenu de mon âme ; de part en part, l’existence de la pensée de l’image dans mon esprit est dépendante de mon activité ; l’image ne passe pas du fait de son excitation active dans mon âme (pensée passivement) mais mon activité, [la marche] active de l’esprit, l’appréhende. Mais la valeur et le contenu spécifiques me sont toutefois donnés dans l’œuvre d’art ; je n’ai pas produit sa pensée, la pensée de
les institutions morales et les œuvres en second. Cf. «Verdichtung des Denkens in der Geschichte. Ein Fragment », op. cit., p. 27–38, ici p. 32. 24 M. Lazarus, »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, § 14, p. 193. 25 Cf. M. Bienenstock, art. cit., p. 119–120. 26 Op. cit., p. 46. 27 Sur les mérites de Köhnke quant à la redécouverte du concept de culture chez Lazarus, cf. l’introduction à Der Begriff der Kultur: Kulturphilosophie als Aufgabe, Arbeitskreis Kultur- und Sozialphilosophie (Hrsg.), Bielefeld, transcript Verlag, 2013, p. 7–23, ici p. 8–11.
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l’artiste, mais ne [l’ai] reproduite que pour moi ; ne [l’ai] pas formée mais seulement copiée ; au moyen de l’excitation issue de la pensée objective et me touchant, je me la suis – non pas créée mais – appropriée subjectivement. Or ce n’est qu’à cela qu’on peut mesurer l’influence prédominante de la vie commune spirituelle 28 .
On voit ici le vocabulaire prégnant de l’appropriation, de l’assimilation : appartenir à un peuple, c’est faire siennes des manières de penser, de sentir, de faire, de vouloir ; il faut certes une activité propre, celle de la vie spirituelle, pour saisir la valeur d’une œuvre (paradigme de l’esprit objectivé), mais mon intelligence ne pourrait être mise en branle par une œuvre si du sens n’y avait été déposé. L’image de la sédimentation, de la condensation (Verdichtung) 29 , est celle dont se sert Lazarus pour désigner la manière dont des masses de représentations objectives, trouvées là dans un contexte historico-culturel donné, s’agrègent aux masses propres à l’individu et donnent naissance en lui à des représentations théoriques, pratiques, esthétiques déterminées. Il y a ainsi un dualisme de la science des représentations humaines. On ne peut se défaire de la psychologie au sens strict, puisque des mécanismes de répulsion/attraction existent à ce niveau-là et qu’ils sont explicables à ce niveau-là justement. A un autre niveau, quand on démêle l’involontaire du volontaire, l’inconscient du méthodique, on voit cependant apparaître toute une série de formations psychiques enracinées dans l’histoire, la transmission culturelle. Une psychologie des peuples, telle que l’aurait aperçue Herbart et telle que Lazarus, avec Heymann Steinthal, l’auraient élaborée, au moins de manière programmatique, devait donc compléter la psychologie proprement dite, sans pouvoir s’y substituer. Cela devait être le cas pour des raisons épistémologiques tout d’abord, puisqu’il fallait à la science nouvelle un modèle pour s’établir ; le vocabulaire de l’accumulation, de la condensation, de l’étroitesse de la conscience est ainsi désindividualisé pour valoir comme schème explicatif à un niveau collectif 30 . Cela devait être le cas pour des raisons ontologiques aussi, car il n’était pas »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, § 13, p. 193–194. Voir l’article cité en note 22 à ce sujet. 30 W. Wundt remarque bien que la promotion d’une esprit du peuple par les herbartiens Lazarus et Steinthal est étonnante. D’un côté, ils ont dû rompre avec leur inspirateur pour pouvoir parler de psychologie des peuples. De l’autre cependant, ils ont gardé les présupposés méthodologiques de Herbart, en faisant valoir la mécanique des représentations à un niveau collectif. Cf. « Ziele und Wege der Völker28 29
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question de faire disparaître le sujet conscient de lui-même, l’homme intérieur et sa liberté, dans un réseau de déterminations objectives, un conditionnement social généralisé : in fine, c’est un individu maître de lui-même, au moins lorsque sa formation a réussi, qui doit advenir. La plupart des hommes sont certes agis par les mœurs, les œuvres, la langue, plus qu’ils n’agissent par eux. Il faudrait ainsi repenser la pédagogie pour ne pas y voir le simple déploiement d’un potentiel singulier en vue d’atteindre une excellence tout aussi singulière. Car c’est bien quelque chose comme une socialisation, une acculturation, qui mériterait d’être mise en vedette. Pour le dire avec le psychologue Lazarus : Le royaume de l’esprit […], les êtres humains et leurs créations s’imposent si puissamment, avec une heureuse importunité, à chaque nouveau-né dans un pays cultivé, puisqu’ils n’ont pas simplement, en quelque sorte, recouvert toute la surface de la nature comme d’une toile mais qu’ils parlent avec mille langues à haute voix et de façon perceptible à [l’oreille du] nouvel être humain. En un sens indiciblement bien plus large que celui que le mot a pris jusqu’ici, l’éducation, en tant que représentante de l’histoire et de l’esprit objectif, se porte à la rencontre de l’activité d’appréhension de l’épigone depuis la première heure de son existence, la réorganise pour ne pas simplement se présenter à chaque expression libre de celle-ci comme un objet nécessaire, mais elle fait également jouer tous les atours pour exciter la jeune âme à cette activité 31 .
L’être humain, plus qu’un créateur, est un imitateur ou, mieux, un assimilateur. Des formations de l’esprit objectif s’imposent à lui, notamment au travers de la langue, et il ne peut espérer sauter au-dessus de son ombre pour s’en détacher. Les façons collectives de penser, de sentir, de vouloir sont telles aussi justement parce qu’elles sont d’abord et avant tout des manières communes de parler. C’est tout d’abord un contenu que l’on peut s’approprier dans une langue, une liaison déterminée entre certains sons et certaines significations. Vient ensuite la langue objective comme norme, liaison déterminée des pensées dans un certain ordre, une structure donnée. Enfin la langue, faisant face aux actes de parole individuels qui l’instancient, peut-elle devenir organe, instrument de développement desdits actes psychologie », Völkerpsychologie – Versuch einer Neuentdeckung, G. Eckardt (Hrsg.), Weihneim, Beltz/Psychologie Verlags Union, 1997, p. 203–238, ici p. 214. 31 »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, § 13, p. 195.
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de parole 32 . Sans doute, du reste, cette fonction organique du langage ne se montre-t-elle réellement à plein que chez des individus exceptionnels, ceux que Lazarus nomme les classiques. Seuls des gens de cette sorte sont vraiment capables de mettre leur touche à la langue, d’y importer quelque chose et d’y importer tout court. Ce que Lazarus désigne comme normativité, au niveau de ce que nous appellerions la chaîne des signifiants – ce qui, en termes plus classiques, relève de la mise en place des parties du discours – aurait très bien pu être attribué par lui à ce qu’il caractérisait comme étant du contenu. Car une nécessité extérieure s’impose aussi à nous, locuteurs d’une langue, non pas simplement quant à la forme extérieure de la langue, sa prononciation (Lautform), mais aussi quant à sa forme interne (innere Sprachform), à ce qui fait que nous associons des sons avec une signification. En d’autres termes, le sentiment de la langue, lequel découle de l’usage habituel de la langue, montre en nous la contrainte exercée par l’esprit objectif. Lazarus, dans un fort long article consacré à la langue et à l’esprit, rapporte une anecdote plaisante pour montrer l’« intimité de la relation » entre mots de la langue maternelle et signification : un Allemand s’étonnait que l’on dise à Paris « du pain ! » alors que lui et ses connaissances disaient « Brod » ; « Ja », lui répondit le compatriote qui l’accompagnait, « und es ist auch doch Brod » (et c’est quand même bien du pain) 33 . La positivité de la langue est telle qu’elle nous impose ses termes, comme ses constructions grammaticales par ailleurs. Le docte n’a ici nul privilège sur l’inculte. Lazarus n’en demeure toutefois pas là. Son propos n’est nullement de mettre en avant un usus tyrannus, qui ferait du linguiste quelqu’un qui élèverait au carré, en réfléchissant sur la langue, la contrainte exercée par l’usage. Là où un Fritz Mauthner franchira ce pas, et se déclarera voisin de l’inculte et de l’enfant pratiquant leur langue, la naïveté en moins 34 et donc l’humour en plus, le penseur berlinois entrevoit la possibilité donnée à certains d’enrichir la langue, de lui donner des accents nouveaux. Les mots sont comme une graine qui donnera des fruits mûrs chez ceux qui auront su la cultiver. L’homme, en effet, n’est pas uniquement locuteur mais aussi audiCf. Id., § 6, p. 176. »Geist und Sprache«, Das Leben der Seele in Monographien über seine Erscheinungen und Gesetze, Bd. 2, Berlin, Schindler, 1857, p. 3–258, ici p. 77 note. 34 Cf. Beiträge zu einer Kritik der Sprache, Bd. II, Zur Sprachwissenschaft, Berlin/ Leipzig, Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, 19122, en particulier p. 65–68. 32 33
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teur, il n’est pas uniquement celui qui pense mais aussi celui qui comprend. Et c’est justement dans la possibilité de se mettre à l’école de maîtres (Lehrer) que réside la capacité future à apporter quelque chose au trésor commun de la langue. Ce que nous nommons esprit est le fruit de la parole et du silence, silence dans lequel un homme a pu saisir objectivement ses propres pensées, c’est-à-dire constater l’identité entre le langage interne et celui d’autrui. La conscience de soi a point dans ce silence compréhensif de l’écoute. Il appartient en particulier aux « individus les plus doués d’un peuple » 35 d’être l’« œil dans le désert », l’oreille percevant les secrets de l’intériorité puis la bouche les portant à l’expression. L’esprit objectif de Lazarus, lequel se montre de manière paradigmatique dans la langue, est une œuvre collective, à laquelle des groupes ont pu participer (notamment les soldats, les corporations etc.), mais dont la culture supérieure n’appartient qu’à quelques-uns, ceux qui ont su s’élever sur la masse commune des représentations pour donner naissance à des formes inouïes. Il apparaît bien comme ce que Nicolai Hartmann désignera plus tard comme un « esprit objectivé » plutôt que comme un « esprit objectif » proprement dit 36 . Il est en effet œuvre plus qu’institution juridique ou communauté de mœurs, et se comprend comme un dépôt, quelque chose d’hérité et que nous devons faire fructifier. La pointe critique de l’esprit objectif hégélien contre ce que l’objectif, en tant qu’habitude de la volonté, peut avoir de servile ou de puéril, n’apparaît plus du tout dans cette pensée du progrès continu plus que de la révolution.
4. De quelques éléments herbartiens dans la compréhension durkheimienne du social L’esprit objectif est, ainsi que nous l’avons vu, la teneur spirituelle issue, produite et présente à partir de l’activité personnelle (subjective) des individus, faisant face effectivement en tant que telle aux personnes, qui se manifeste en tant que contenu et forme de la vie spirituelle 37 .
Dans cette formule de Lazarus, on reconnaît un des traits mis en avant par Hegel, le fait que quelque chose soit trouvé là, présent, et qu’il 35 36 37
»Geist und Sprache«, op. cit., p. 115 Cf. M. Bienenstock, art. cit. p. 110. M. Lazarus, »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, § 13, p. 190.
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s’oppose, en qualité d’objet donc, aux individus. Dans l’idée de forme, on peut retrouver la normativité dont il a été question ci-dessus : une régularité s’impose aux personnes, nolens volens. Chez Hegel, c’était sous le versant pratique que la nécessité se faisait sentir. De la même façon que la nature est ce que nous appellerions aujourd’hui un champ gravitationnel, un espace dans lequel la pesanteur se fait sentir à tous les corps, le social, seconde nature, est un domaine de liberté, mais de liberté réalisée dans le droit, un terrain contraignant également par conséquent 38 . La coercition que veut bien voir Lazarus est plus générale, puisqu’englobant différents aspects de la représentation. Voici en effet ce que ce dernier déclare au sujet du premier type de manifestations de l’esprit objectif : D’un côté se trouvent des éléments purement spirituels, des intuitions, des convictions, des états d’esprit, des formes de pensée, des manières de sentir etc., ce sont des éléments de l’esprit objectif dans la mesure où ils sont diffusés dans le peuple, durables et caractéristiques, qu’ils font face à l’esprit individuel et agissent sur lui, comme ce qui est présent 39 .
Il est difficile, à la lecture du présent extrait, de ne pas songer aux déclarations durkheimiennes sur le fait social en tant que chose contraignant les manières de penser, de sentir et de vouloir. Il y aurait ainsi, comme l’a remarqué Bienenstock 40 , à la fois une grande proximité et une grande différence entre Durkheim et Hegel. D’un côté, une parenté se ferait jour concernant l’explication du social, ladite explication causale n’étant pas réservée à la nature puisque le monde de l’esprit comporte lui aussi des régularités universelles, qui se montrent sous le visage de la coercition. De l’autre, cependant, l’affirmation que la vie mentale, et de l’individu et du collectif, est faite de représentations marquerait un fossé insurmontable entre les deux conceptions. Nous pensons en effet que le parallélisme entre psychologie individuelle et psychologie collective, psychologies dans lesquelles une mécanique des représentations (tout ensemble manières de penser, de vouloir et de sentir) jouerait un rôle prépondérant, sont un legs herbartien, qui a certainement dû transiter par la psychologie des peuples. Cf. Grundlinien, op. cit., § 4, p. 46. M. Lazarus, »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, § 13, p. 190. 40 Cf. art. cit., p. 113 et 115. 38 39
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L’autre extrême de l’esprit objectif avancé par Lazarus renvoie plutôt à l’esprit objectivé, les biens de cultures, ouvrages et œuvres de l’esprit, dont Dilthey s’inspirera de son côté : De l’autre côté se trouvent des incorporations réelles ou symboliques de la pensée : des œuvres d’art, des documents, des écrits, des constructions de toutes sortes, des produits de l’industrie destinés à l’emploi 41 .
Est-ce à dire qu’aucun autre élément mis en avant par l’herbartianisme n’a trouvé de retentissement dans la pensée de Durkheim ? Nous ne le pensons pas. Lorsqu’on porte le regard sur les productions pédagogiques de ce dernier, des points de convergence ne tardent pas à apparaître. Contentons-nous, dans le cadre de cette étude, d’en indiquer un, qui s’est manifesté comme un réquisit sous la plume de Waitz puis de Lazarus. Si l’éducation, dans la France du tournant du XIXe siècle, ne pouvait plus uniquement être vue comme le développement de facultés individuelles, la prise en charge d’un enfant, pris isolément, par un adulte, lui aussi unique, mais si elle demandait à être considérée, d’abord et avant tout, comme un phénomène social, la transmission de manières d’être collectives d’une génération à une autre, c’est aussi parce que la pédagogie principalement individuelle de Herbart avait commencée d’être critiquée par ses successeurs, plus soucieux de lier objektiver Geist et Bildung, esprit objectif et formation. En chacun de nous, dit Durkheim, cohabitent un être purement individuel et « un système d’idées, de sentiments et d’habitudes » exprimant nos groupes d’appartenance, et la « fin de l’éducation » est de constituer leur ensemble, « l’être social » 42 . Dans cette définition nouvelle de l’éducation, où les processus de socialisation jouent un rôle important, se donne à lire l’héritage conjoint de Hegel et de Herbart.
M. Lazarus, »Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie«, § 13, p. 190. 42 « L’éducation, sa nature et son rôle », dans Education et sociologie, Paris, Félix Alcan, 1922, p. 35–73, ici p. 49–50. 41
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Das Problem einer Geschichte der Menschheit: Hermann Cohen als Leser der Geschichtsphilosophie Kants 1
Es ist am »Problem einer Geschichte der Menschheit«, dass für Cohen, laut der Einleitung zur zweiten Auflage von Kants Begründung der Ethik 2 , »die Anwendbarkeit des Sittengesetzes ihre eigentliche Probe zu bestehen hat« (KBE B20). Damit sind neben den hohen Erwartungen auch Zweifel verbunden, die in erster Linie die Frage nach dem »Begriff der Geschichte als Wissenschaft« betreffen. Die Antwort auf die Frage, warum »es nicht bei der Logographie verblieben [sei]«, lässt sich deshalb zunächst nur in Gestalt einer Arbeitshypothese formulieren: »Es wird zu prüfen sein, ob vielleicht der Begriff der Geschichte als Wissenschaft in seinem eigentlichen Grunde auf dem Begriffe der Ethik beruht, so dass die Geschichte als Wissenschaft in der Tat ein eminentes Anwendungsgebiet des Sittengesetzes ist« (KBE B21). Die Tatsache, dass »das Anwendungsgebiet des Sittlichen« sich so »unter dem Begriff eines neuen, grossen Problems dar[stellt]«, darf die politische Dimension dieser sich »am Ausgang der reinen Ethik« ankündigenden »Frage nach der Methodik der Geschichte« (KBE B369) nicht verkennen lassen. Bereits die erste Auflage von KBE endete mit dem Statement, es sei »schon Schleiermacher nicht entganDer vorliegende Beitrag ist die neue, stark überarbeitete Fassung eines ursprünglich auf Russisch unter dem Titel: »Estestvennoe čuvstvo sistemy radi edinstva razuma«: German Kogen kak citatel’ kantovskoj filosofii istorii, in: I. N. Grifcova, N. A. Dmitreva (ed.), Neokantianstvo nemeckoe i russkoe: meždu teoriej poznanija i kritikoj kul’tury, Rossijskaja političeskaja enciklopedija (ROSSPEN), Moskva 2010, S. 85–100, erschienenen Aufsatzes. 2 H. Cohen, Kants Begründung der Ethik, erste Auflage (= KBE A), Berlin Dümmler 1877; zweite Auflage (= KBE B), Berlin, Bruno Cassirer 1910. – Die Schriften Hermann Cohens werden nach der Ausgabe der Werke, herausgegeben vom Hermann Cohen-Archiv am Philosophischen Seminar der Universität Zürich unter der Leitung von Helmut Holzhey. Olms, Hildesheim/Zürich/ New York, 1977 ff. zitiert. In Cohens Zitaten sind alle Hervorhebungen durch Sperrungen im Original vorhanden; diejenige durch Kursivschrift vom Vf. 1
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gen, dass Kants höchstes Gut ›nur ein politisches sei‹« (KBE A328/ B368) 3 . Gerade diese (von Schleiermacher ursprünglich in kritischer Absicht formulierte) Interpretationsperspektive erhält nun durch jenes Prinzip der »Immanenz der Anwendbarkeit« neue Kraft, das Cohen bereits in Kants »Beziehung auf die Anthroponomie« 4 erkennen zu können meint und seines Erachtens ein Postulat »überflüssig und verdächtig« macht: »Für das höchste Gut […] eröffnet sich, der Anthroponomie der Ethik gemäss, in der Tat die Aussicht, dass es sich als ›ein politisches‹ erweisen werde« (KBE B369). Die Aufgabe der Erkundung einer solchen Möglichkeit wird in der zweiten Auflage von KBE dem erst dort hinzugefügten vierten Teil über »Die Anwendungen der ethischen Prinzipien« erteilt. In ihm will Cohen Kants Auffassung einer »Philosophie in weltbürgerlicher Bedeutung«, in der der Gedanke des Optimismus aus seiner metaphysisch-theodizeischen Naivetät »zu einer geschichtlichen Reife« gebracht worden ist (KBE A326/B366), in ihrer Grundzügen darlegen (KBE B367). Cohen meint aber ferner, es sei als ein Fortschritt der ethischen Kultur und Wissenschaft anzusehen, dass in seinem Zeitalter die »Frage des Optimismus« schließlich durch das »Problem des S o z i a l i s m u s « abgelöst worden sei. Wird »durch diese Änderung der theodizeischen Fragestellung […] die Koinzidenz des reinen, formalen Sittengesetzes mit der höchsten Glückseligkeit ausgesprochen« (KBE A 327/B368), so soll der vierte Teil der Untersuchung auch »die Beziehung der Ethik auf die Politik des Sozialismus« in das rechte Licht setzen (KBE B368).
1. Der Begriff der Geschichte als Problem Rechtslehre, Religion und Geschichte bilden die drei Bereiche, in die Cohen die eigene Untersuchung über die »Anwendungen der ethischen Prinzipien« gliedert. Der Versuch, in der »Geschichte als Wissenschaft« ein »eminentes Anwendungsgebiet des Sittengesetzes« zu erkennen, sieht sich aber mit erheblichen Schwierigkeiten konfronVgl. F. Schleiermacher, Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre, 2. Aufl., Reimer, Berlin 1834, S. 62. – Hierzu vgl. auch K. Vorländer, Der Formalismus der Kantischen Ethik in seiner Notwendigkeit und Fruchtbarkeit, Universitäts-Buchdruckerei (R. Friedrich), Marburg 1893, S. 78. 4 Vgl. I. Kant, Die Metaphysik der Sitten, AA VI 406. 3
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tiert. Die Geschichte erweist sich nämlich sofort als ein besonders problematischer Bereich. Es ist in diesem Sinn kein Zufall, dass Kant »keine geschlossenere literarische Bearbeitung« derselben in einem besonderen Werk zustande gebracht hat. »Der Grund lässt sich aus Kants Art, über die Geltung von Erkenntnissen sich zu orientieren, mit einiger Sicherheit vermuten«, schreibt Cohen. Während nämlich das Recht ihm in der Rechtswissenschaft und ihrer Geschichte als ein »F a k t u m « vorlag, und »auch die Religion selbst, die zwar nicht Wissenschaft ist, und also durch ein solches Faktum nicht beglaubigt werden kann, […] sich doch wenigstens in Büchern und Urkunden ansprechen [lässt], die sich auf die einer Wissenschaft vergleichbare A u t o r i t ä t berufen«, hat »die Geschichte […], die nunmehr unter dem sittlichen Blicke als We l t g e s c h i c h t e ersteht, […] noch nicht einmal solche Bücher aufzuweisen«. Die Folge davon lautet: Ihr Begriff ist selbst erst ein Problem; und zwar in ganz anderem Sinne, als in welchem Recht und Religion immer auch Problem als Wissenschaft und als Erkenntnisart bleiben. Für die Geschichte besteht das Problem sowohl literarisch, wie der faktischen Unterlage nach. (KBE B375)
Für eine Philosophie, die sich überall – dem transzendentalmethodischen Ansatz gemäß – an »einer in gedruckten Büchern gegebenen und in einer Geschichte wirklich gewordenen Erfahrung« (KBE B35) orientiert 5 , hat die Feststellung, dass für die »Geschichte selbst« (KBE B21), für die »Geschichte überhaupt« (KBE B498) keine Bücher aufzuweisen sind, die Züge eines kaum überschätzbaren Problems. Des scheinbaren Paradoxon, das sich hier ergibt, ist sich Cohen durchaus bewusst. Er schreibt nämlich: Es kann der Gedanke entstehen, dass die transzendentale Methode an diesem Problem unmittelbare Anwendung suchen konnte, nämlich sofern die Geschichte als F o r s c h u n g und Darstellung W i s s e n s c h a f t ist. Denn im Grunde beruht die Anerkennung des Faktums der Wissenschaft, von der die transzendentale Methode ausgeht, auf dem Kriterium der Geschichte, nämlich auf dem »sicheren« oder, wie es auch heißt, »stetigen« Gang einer Wissenschaft. […] Indessen wendet sich hier der Begriff der mathematischen Naturwissenschaft mit schneidender Schärfe gegen die Ausdehnung ihrer Geschichte auf das
In der ersten Auflage war hier nur von einer »in gedruckten Büchern wirklich gewordenen Erfahrung« die Rede (KBE A27)
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Problem der Geschichte überhaupt. Schon das K r i t e r i u m des sicheren, des stetigen Fortgangs der Wissenschaft versagt hier. (KBE B498)
Das hier zum Ausdruck kommende Problem hängt mit der von Cohen schon in der Einleitung zum vierten Teil von KBE besprochenen Frage zusammen, »i n w e l c h e r m e t h o d i s c h e n E i n h e i t Kant die […] drei Kulturgebiete [von Recht, Religion und Geschichte] zusammengefasst hat« (KBE B377). Die Wichtigkeit dieser Frage für das Problem der Geschichte beruht auf der Feststellung, dass die drei erwähnten Kulturgebiete »nicht schlechterdings als aneinander koordiniert gedacht werden [können]«, da die Geschichte vielmehr die beiden anderen »umfasst«. So hätte der Gedanke entstehen können, fügt Cohen hinzu, »ob etwa in der Geschichte, deren systematische Behandlung unterblieben ist, der Grund der E i n h e i t für alle diese Anwendungsgebiete liegen möchte« (KBE B376). »Ein solches Einheitsband für den Kulturnachweis seiner Ethik« wurde aber von Kant – so Cohen – nicht nur nicht gefunden, sondern nicht einmal gesucht. Cohen meint, die Gründe für das Fehlen eines solchen Interesses in der Tatsache finden zu dürfen, dass »für Kant […] die methodischen Bedenken vorherrschend blieben, welche ihm die Einschärfung des Unterschiedes zwischen theoretischer und praktischer Erkenntnis als Wahrzeichen echter Philosophie erscheinen liessen« (KBE B377). Nur das, was Cohen hier Kants »natürliche[s] Systemgefühl für die Einheit der Vernunft« nennt, soll gegen diese Bedenken einen gewissen Widerstand geleistet und den Gedanken hervorgerufen haben, dass »die verschiedenartigen Erscheinungen der Kultur eine E i n h e i t l i c h k e i t d e r G e s c h i c h t e in den Verwirklichungsversuchen des Sittlichen darstellen möchten« (KBE B377). Kant ist zwar diesem Gedanken vielfach nachgegangen, »nur aber – so lautet das Ergebnis dieser einleitenden Bemerkungen – verbleibt es bei solchen Andeutungen, die nicht zu Richtungslinien ausgezogen werden« (KBE B377). »Dass sachlich und inhaltlich die Verbindung in der Geschichte hätte gesucht werden müssen«, kann für Cohen nicht bezweifelt werden (KBE B377). Der Umstand aber, dass Kant nicht zu einer solchen »zentralen Verbindung aller […] Anwendungsgebiete der Ethik« kommen konnte (KBE B380), hat schwerwiegende Folgen, vor allem wenn man bedenkt, wie hoch der Einsatz ist, der hier auf dem Spiel steht. Auch wenn nämlich Rechts- und Religionslehre für Cohen »einzelne Beispiele von großen Kulturkräften« darstellen, kann die 179 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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»Realität des Sittlichen« durch diese »gewaltige Beispiele« selbst schon deshalb nicht beglaubigt sein, weil eben »die Ve r b i n d u n g unter diesen Beispielen fehlt« (KBE B375 f.). Nur in der Menschengeschichte, d. h. eben: im »Problem einer Geschichte der Menschheit«, kann letztlich für ihn der Grund einer solchen Verbindung gesucht werden. Kants vierte Frage »Was ist der Mensch?«, auf die die Philosophie »in weltbürgerlicher Bedeutung« hinausläuft 6 , drängt sich so wieder auf, um erneut in der »Frage nach der Methodik der Geschichte« ihre Antwort zu suchen: Es ist selbst nach Recht und Religion leider doch noch die Frage, ob die Menschen nur Tiere oder aber noch etwas Anderes sind. Dieses Andere hängt eben davon ab, ob und inwieweit den sittlichen Grundsätzen Anwendung zusteht auf das Menschengeschlecht. Und diese Anwendbarkeit wiederum ist bedingt durch den Begriff der Menschengeschichte, der Weltgeschichte, oder, wie Kant im Geiste seines Zeitalters es ausdrückte, »der Geschichte in weltbürgerlicher Absicht«. Die weltbürgerliche Geschichte erst verbürgt den sittlichen Wert des Menschengeschlechts, den sittlichen Sinn der Geschichte. (KBE B375)
2. Ein doppelsinniges Feldzeichen Im letzten Kapitel der zweiten Auflage von KBE beginnt Cohen seine Ausführungen zu diesem Thema mit der Bemerkung, dass für die »Methodik der Geschichte« schon von alten Zeiten her das Wort »E n t w i c k l u n g « geprägt worden ist (KBE B 499). Ihm sind dabei für das Problem der Geschichte vor allem die »Zweideutigkeit« und der »Doppelsinn« wichtig, die von Anfang an diesen Ausdruck begleiten. Am klarsten hat diese Fragestellung unter Bezug auf Cohen Alexis Philonenko in seiner Untersuchung über Kants Theorie der Geschichte dargelegt: Depuis Aristote et Nicolas de Cuse le terme de développement (Entwicklung) comprenait une dualité de sens. D’une part il se donnait en tant que moment du devenir comme achèvement (perfectio) de l’être et cette perfection était présupposée par le développement même comme son problème à l’intérieur de la nature. Cette perspective regardait vers l’avenir et se trouvait stérile, car sur le simple plan de la nature aucune Vgl. H. Holzhey, Kants Erfahrungsbegriff. Quellegeschichtliche und bedeutungsanalytische Untersuchungen, Schwabe, Basel/Stuttgart 1970, S. 308.
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«Vollendung » n’est vraiment concevable. La vie elle-même n’est que le cercle mobile des générations qui se renouvellent sans fin dans un processus à lui-même identique. Mais à cette première perspective s’en joignait une seconde, visant cette fois le passé (toujours suivant la pure nature) et la question était alors de savoir comment les hommes avaient pu à partir d’une origine toujours plus lointaine parvenir à leurs productions et à leurs si diverses communautés. 7
Für Cohen tritt das Problem der Geschichte erst dann voll zutage, wenn man die Geschichte nicht nur als Geschichte der Ideen und Einrichtungen betrachtet, sondern wenn die Menschen selbst, »deren Schöpfungen ja ebenso die Ideen, wie die Einrichtungen sind, von diesen abgesondert, und als eigener Inhalt der Geschichte aufgestellt werden« (KBE B499). Der durch scheinbare Selbstverständlichkeit abgenutzte Ausdruck einer Menschengeschichte soll wieder seine buchstäbliche Prägnanz erhalten. »Mit dem M e n s c h e n – schreibt Cohen – tritt der Doppelsinn im Begriff der Entwicklung in seine methodische Schärfe« (KBE B501). Die Frage ist nämlich in diesem Fall nicht mehr allein: »wohin steuern sie, diese Menschen mit ihren Schöpfungen? sondern es entsteht auch die Frage: w o h e r kommen diese Menschen mit ihren Produkten?«. Den ›ideellen‹ »Schöpfungen« werden durch die zweite Frage die ›materiellen‹ »Produkte« gegenübergestellt; und erst so »wird die Entwicklung zu einem d o p p e l s i n n i g e n Feldzeichen: einmal für den Werdegang der Ideen, zugleich aber auch für den Hervorgang aus Anlagen und Dispositionen, welche durchgängig naturwissenschaftliche Analogien ermöglichen und herausfordern« (KBE B500). In seiner neulich erschienenen Untersuchung La raison des normes, hat auch Jean-François Kervégan behauptet, Kants Theorie der Geschichte habe ihren systematischen Ort nicht in der Prinzipienlehre selbst, sondern eher in ihrer Anwendungsdimension zu suchen. Letztere wird dabei von ihm bezeichnenderweise mit der Anthropologie identifiziert, deren Gegenstand am Kreuzweg von Natur und Geschichte angesiedelt ist: Les considérations sur l’histoire […] doivent plutôt être indexées à l’anthropologie, don l’objet se situe précisément à la jointure de la nature et de l’histoire. […] Si on admet l’existence d’une philosophie appliquée, dont l’anthropologie est le noyau dur, alors un examen phiA. Philonenko, La théorie kantienne de l’histoire, 2. édition augmentée, Vrin, Paris 1998, S. 43.
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losophique de l’histoire a un sens et une valeur, même s’il ne constitue pas à proprement parler une « philosophie de l’histoire » au sens emphatique que ce terme va revêtir après Kant. 8
In diesem Zusammenhang spielt auch bei ihm Kants Thema der ›(vollständig und zweckmäßig auszuwickelnden) Naturanlagen‹ eine wichtige Rolle, das später in Cohens Rede vom »Hervorgang aus Anlagen und Dispositionen« widerhallen sollte, »welche durchgängig naturwissenschaftliche Analogien ermöglichen und herausfordern«: Comme l’anthropologie, qui lui offre ses instruments […], l’histoire naturelle de l’humanité étudiera comment les fins de la raison […] peuvent trouver dans les dispositions humaines naturelles, des dispositions qui demandent évidemment à être « cultivées » et qui peuvent l’être grâce au concours d’événements naturels, un terrain leur permettant de cheminer sur la voie d’une éclosion indéfinie et féconde. Les conjectures du philosophe sur l’histoire, qu’elles concernent son commencement ou son telos, sont donc étroitement articulées aux investigations menées par l’anthropologie. 9
Ohne eine genaue Erwägung der Bedeutung des Woher und eine klare Bestimmung seines Verhältnisses zum Wohin bleibt für Cohen jede Rede von Geschichte abstrakt und inhaltslos. Die »methodische Vorherrschaft«, die er durch den Bezug auf Kant dem zweiten Moment zuerkennen zu dürfen meint (KBE B502), und seine Polemik gegen Materialismus und Naturalismus müssen in diesem Sinn nicht irreleiten. ›Wohin‹ und ›woher‹ kennzeichnen für ihn zwei entgegengesetzte, im Begriff der Entwicklung liegende »Richtungen«, unter denen von Anfang an Streit herrscht; und zwar »nicht allein um ihren Vorzug, sondern sogar um ihr ausschließendes Recht« (KBE B500). Die Möglichkeit einer Geschichte beruht aber gerade auf der Erhaltung beider Richtungen zugleich. Cohen schreibt deshalb, dass »[d]ie Philosophie der Geschichte […] von ihrem ersten Aufleuchten an dieser doppelten Bedeutung Genüge tun; daher aber auch diese Zweideutigkeit in sich tragen [musste]« (KBE B501). Die Auseinandersetzung mit der hier erwähnten Zweideutigkeit ist in diesem Sinn für jede Philosophie der Geschichte konstitutiv: Diese kann eine solche Zweideutigkeit nicht endgültig überwinden, ohne dabei zugleich des eigenen Gegenstands, d. h. der Geschichte selbst, verlustig zu gehen.
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J.-F. Kervégan, La raison des normes. Essai sur Kant, Vrin, Paris 2015, S. 175. Ebda, S. 165 f.
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Als eigene Aufgabe wird dann die Philosophie der Geschichte vielmehr die Erfindung der angemessenen methodischen Mittel betrachten müssen, um zu einer »scharfen Kennzeichnung« der Probleme zu gelangen, die sich aus dieser Zweideutigkeit immer wieder zwangsläufig ergeben werden. Es ist in diesem Zusammenhang und erst nach der Beschreibung der für jede Geschichtsphilosophie konstitutiven Fragestellung, dass Cohen nun Kants Beitrag zur Begründung einer Philosophie der Geschichte in Erwägung zieht. Bei Kant taucht »d i e s e l b e D o p p e l s i n n i g k e i t der Richtung«, »welche den Begriff der E n t w i c k l u n g behaftet«, im Bereich der »Te l e o l o g i e « wieder auf. Indem aber der Zweck dabei von ihm »zum Selbstzweck und Endzweck [fortgebildet wird]«, wird ein entscheidender Schritt in der Klärung der Methodik der Geschichte vollzogen: Der Zusammenhang der beiden Arten von Teleologie wird sich noch immer auch in der Geschichte fühlbar machen; aber die methodische Vorherrschaft muss jetzt der idealen, der ethischen Richtung unbestritten bleiben. (KBE B502)
Aufgrund dieses entscheidenden, auf der »klaren Scheidung« zwischen Sein und Sollen beruhenden Gewinns, darf Kant für Cohen als der eigentliche Begründer der Philosophie der Geschichte betrachtet werden: »in einem genauen und klaren Sinne [konnte] k e i n e P h i l o s o p h i e d e r G e s c h i c h t e v o r K a n t entstehen« (KBE B502). Die Frage der »Methodik« ist aber damit noch nicht gelöst: Hier ist zwar die Möglichkeit einer Philosophie der Geschichte der Menschheit zum ersten Mal eröffnet worden, aber für ihren konkreten Vollzug fehlt es noch an einem angemessenen methodischen Mittel, das, ohne den zweideutigen Boden der Geschichte zu verlassen, zu einer scharfen begrifflichen Bestimmung ihrer Probleme zu gelangen vermag. – Ein solches Mittel ist für Cohen das Recht. Die bekannte, schon in der Ethik des reinen Willens 10 eingehend besprochene Tatsache, dass »Kant ein der mathematischen Naturwissenschaft analoges F a k t u m im ganzen Gebiete der G e i s t e s w i s s e n s c h a f t e n nicht angenommen und anerkannt; dass er insbesondere der Rechtswissenschaft dieses methodische Grundmaß nicht
H. Cohen, Ethik des reinen Willens, 2. Aufl., Bruno Cassirer, Berlin 1907 (im Folgenden: ErW).
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zuerteilt hat« (KBE B503), wird hier mit neuer Akzentsetzung wiederholt. Während nämlich in der ErW die Perspektive auf die Rechtswissenschaft sich von der Frage nach dem Verhältnis der Ethik zur Staatslehre aus eröffnet hatte (ErW 63), wird hier zunächst, gegen Kants einseitige »staatliche Grundlegung des Rechts« (KBE B503), bezeichnenderweise gerade die Unreduzierbarkeit der Geschichte auf die Ethik betont, um das Recht, auf das man sich nun beziehen muss, von einer allzu engen Verbindung mit dem Staat zu lösen. Der Staat stellt zwar für Cohen nach wie vor »das Urbild der sittlichen Persönlichkeit« dar, und die Menschheit muss deshalb in erster Linie als »Vereinigung der Staaten« gedacht werden (KBE B503). Das alles bleibt bestehen, – lautet aber nun sein Kommentar – sofern es sich um die Z u k u n f t , um das Ideal der Geschichte handelt. In diesem Betracht ist jedoch die Geschichte vielmehr Ethik. Wa s d i e G e schichte von der Ethik unterscheidet, das ist der Z e i t i n h a l t , a l s s o l c h e r. Daher genügt es nicht, allein vom Staate, der das Ideal der ethischen Menschheit bildet, die Philosophie der Geschichte abzuleiten. (KBE B504)
Es ist nach diesen Worten, dass das Recht als das »diskretere und scheinbar gleichgültige Mittel« eingeführt wird, dessen man sich für eine angemessene Behandlung des Geschichtsproblems bedienen soll. »Diskreter« ist das Recht für Cohen deshalb, weil es »a n e t h i s c h e r B e g r ü n d u n g s k r a f t […] d e m S t a a t e n a c h s t e h t «. Als »Bett des Ve r k e h r s « hat aber das Recht zugleich – und darin besteht seine »scheinbar gleichgültige« Natur – für die »Ordnung und Festigung« derjenigen »großen Gestaltungen im Wandel der G e s c h i c h t e « zu sorgen, die eben »Arbeit, Wirtschaft und Verkehr« darstellen: ja, dabei hat das Recht für den konkreten Inhalt der in diesen Bereichen sich bildenden Rechte »selbst […] die Verantwortung zu tragen«, während der Staat sich »latent« und »im Hintergrunde« hält (KBE B504). Der Nachdruck, mit dem Cohen hier »Arbeit, Wirtschaft und Verkehr« als die »großen Gestaltungen im Wandel der G e s c h i c h t e « bezeichnet, darf nicht unterschätzt werden. Die drei genannten Faktoren werden nämlich dadurch von ihm (und zwar mehr noch als der Staat selbst!) als die wahrhaften Träger der geschichtlichen Kontinuität proklamiert. Die Wirtschaft stellt dabei, wie Cohen in der Einleitung mit kritischem Nachtrag zu F. A. Langes Geschichte des Materialismus schreibt, »die materielle, die Naturgrundlage des Rechts« 184 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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dar 11. Und es ist gerade dank dieser engen Verbindung mit der Wirtschaft, dass hier das Recht – wie Helmut Holzhey bemerkt hat – als das »gesuchte Scharnier« zwischen den »sittlichen Ideen« und den »materiellen ökonomischen Verhältnissen« zur Geltung kommen und sich so als das »Ve h i k e l d e r G e s c h i c h t e « bewähren kann (KBE B505) 12 . Durch die Berücksichtigung der Arbeit als der »letzte[n] Quelle für alle Inhalte der Wirtschaft« lassen sich für Cohen in diesem Sinn »alle die Zweideutigkeiten« am besten begreifen, »welche i n d e n Begriffen der Entwicklung und des Menschen für d a s R e c h t u n d d a h e r f ü r d i e G e s c h i c h t e unumgänglich werden«; gerade hier soll aber dann das Recht am klarsten auch seine methodische Fruchtbarkeit erweisen: Der A r b e i t s v e r t r a g bildet die gesteigerte Darstellung jener mehrfach betrachteten Doppelsinnigkeit und Zweideutigkeit. Durch den Vertrag bindet das Recht den menschlichen Arbeiter an die Zwecke der Wirtschaft und des Verkehrs; und da der Vertrag methodisch die ethische Freiheit voraussetzt, so bringt das Recht kraft dieses seines Grundmittels den menschlichen Arbeiter auf die Schaubühne der G e s c h i c h t e . (KBE B505)
Im Gegensatz zum Staat, »dessen Idee unmittelbar auf die Völker bezogen ist«, vermag so das Recht »unmittelbar das menschliche Individuum zu fassen«, und es lässt es als »Subjekt der Geschichte« erkennbar werden (KBE B505). In diesem Sinn macht das Recht nicht nur in seinen Begriffen und Instituten den »Inhalt der Geschichte« aus, sondern es deckt auch und vor allem »die Probleme auf, ohne deren scharfe Kennzeichnung der Begriff der Geschichte eine leere, unfruchtbare, unwahre und unwissenschaftliche Abstraktion bleibt, die das Spiel mit dem Worte Wert nicht zu beseelen vermag« (KBE B505). Lassen sich in den letzten Worten Cohens Polemik gegen die zeitgenössischen Versuche, den Status der Geschichtswissenschaft aufgrund einer separaten »Logik der Werte« zu definieren, und seine Irritation gegenüber dem Missbrauch des Ausdrucks »Wert« kaum H. Cohen, Einleitung mit kritischem Nachtrag zur »Geschichte des Materialismus« von F. A. Lange, 3. Aufl., F. Brandstetter, Leipzig 1914, S. 114. 12 Vgl. H. Holzhey, Kants Geschichtsphilosophie im Neukantianismus, in: E. Rudolph, B. O. Küppers (Hg.), Kulturkritik nach Ernst Cassirer, Meiner, Hamburg 1995, S. 85–104. Hier S. 97. 11
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überhören 13 , so muss hier vor allem die zentrale Bedeutung unterstrichen werden, die das Thema des Arbeitsvertrags für seine Auffassung der Geschichte gewinnt. Cohens Bemerkungen zu diesem Thema umrahmen bezeichnenderweise seinen detaillierten Kommentar zu Kants geschichtsphilosophischen Schriften, der gerade hier auf Seite 505 beginnt und sich dann über fünfzig Seiten fortspinnt. Soll das Recht »die Probleme auf[decken], ohne deren scharfe Kennzeichnung der Begriff der Geschichte eine leere […] Abstraktion bleibt«, so wird die Wirksamkeit dieses methodischen Mittels am Ende der Untersuchung wieder am Kronbeispiel des Arbeitsvertrags dargelegt. Als Beispiel der Rätsel nämlich, die von der »Sphinx der Geschichte« gestellt werden, taucht dort nochmals gerade dieses Thema auf: »Was ist aus der Sklaverei in dem anderen Problem des Arbeitsvertrages geworden? Diese Rätsel stellt die Sphinx der Geschichte. Kann die Philosophie sie lösen? Aber wie kommt sie an das Menschengeschlecht und an ein jedes Mitglied desselben heran?« (KBE B555) 14 . Schon im Rahmen seiner Ausführungen über Kants Rechtslehre hatte Cohen vom »grosse[n] Gebiet des wirtschaftlichen A r b e i t s v e r t r a g e s « gesprochen, bei welchem die Selbständigkeit des Rechts aufhört, lediglich eine methodologische Frage zu sein; bei welchem der Z u s a m m e n h a n g d e s R e c h t s m i t d e r E t h i k nicht nur für das Recht in seiner vollen Sachlichkeit, sondern ebenso auch für die Bedeutung der Ethik, als einer Lehre vom We r t e d e s M e n s c h e n , entscheidend wird. (KBE B418)
Der Feststellung, dass bei Kant »von diesem Problem […] keine Erwähnung [geschieht]«, ließ Cohen dort seine Vorbehalte gegenüber Kants Äußerungen zum Lohnvertrag folgen. Auf seine knappe DeIn einem kurzen Zusatz zur 2. Auflage der Logik ist in dieser Hinsicht eine Polemik gegen Heinrich Rickert erkennbar (vgl. H. Cohen, Logik der reinen Erkenntnis, 2. Aufl., Bruno Cassirer, Berlin 1914, S. 76 f.). – Hierzu vgl. Simon Kaplan, Das Geschichtsproblem in der Philosophie Hermann Cohens, Reuther & Reichard, Berlin 1930, S. 55. 14 In Auseinandersetzung mit Cohen und Hegel betont auch Philonenko die zentrale Rolle, die in Kants Auffassung der Geschichte der Arbeit zugeschrieben werden sollte: »Si l’on consent à revenir au bilan de l’histoire et à la considérer sous l’angle de la notion capitale de Selbstzweck comme Endzweck, on verra que le travail est le schème de la synthèse historique du néant et de l’existence, dont l’unité synthétique est l’humanité« (A. Philonenko, La théorie kantienne de l’histoire, S. 89). 13
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finition desselben meinte er nachfragen zu müssen: »Wie steht es aber hier um die a b s o l u t e E i n h e i t d e r P e r s o n bei dieser Verdingung des Gebrauchs der Kräfte; menschlicher Kräfte; der Kräfte einer menschlichen Person?« – um dann kritisch zu bemerken: »Auch hier ist es zu vermissen, dass der kategorische Imperativ vom Selbstzweck seine metaphysische Fackel in die positive Rechtslehre nicht hineingetragen hat« (KBE B420).
3. Im Bannkreis der bürgerlichen Aufklärung Es ist dann vor allem mit Bezug auf den siebenten Satz der Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, dass Cohen seine kritische Auseinandersetzung mit dem Kantischen Ansatz fortführt. Bereits in seiner Interpretation der ersten Sätze hatte er die dramatische Spannung zwischen den verschiedenen dort zum Vorschein kommenden Momenten besonders stark hervorgehoben. Schon durch den Ausdruck »weltbürgerlich« wird nämlich der »problematische Begriff der Geschichte« auf die »kosmologische Idee« hingewiesen, »die sowohl nach der Kausalität, wie nach der Freiheit eine geschichtliche Antinomie darbietet« (KBE B505). Wird dann durch die Annahme einer »N a t u r a b s i c h t « »das Problem der Geschichte« zunächst »aus der einseitigen Beziehung auf die ethische Freiheit des Menschen herausgerückt und als ein allgemeines Problem der N a t u r t e l e o l o g i e gefasst« (KBE B506), so verliert später diese Naturabsicht »ihr mystisches Ansehen«, um als eine »dem Individuum a u f g e g e b e n e Absicht« bestimmt zu werden. Durch die so gewonnene »Übereinstimmung zwischen der Naturabsicht und dem menschlichen Willen« (KBE B507) soll Kant schließlich zu einer Auffassung gelangt sein, wo »d i e E n t w i c k l u n g s e l b s t «, »der Einseitigkeit des Naturproblems enthoben«, »z u e i n e r I d e e w i r d « (KBE B510). Die Tatsache, dass von Kant, »um das Ideal der Menschheit ins Werk zu setzen«, »eine ›Naturabsicht‹ […] in Anspruch genommen [wird]«, enthält jedoch in sich eine Zweideutigkeit (KBE B512), die sich weiter auswirkt, und sich dann mit dem weiteren Problem verbindet, dass es für ihn »immer der Staat [ist] und nur seinetwegen das Recht, auf den die Entwicklung abzielt« (KBE B510). Es ist vor allem der Kant in der Erläuterung zum siebten Satz »entschlüpfte« Ausdruck, »der ideale Staat solle ›wie ein Automat sich selbst erhalten‹ 187 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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können«, der Cohens lebhaften Widerspruch erregt (KBE B512). Seine Kritik betrifft zunächst die Annahme, wir seien »im hohen Grade durch Kunst und Wissenschaft k u l t i v i e r t «, obwohl wir uns nicht deshalb »für schon m o r a l i s i e r t « halten dürfen. Gerade hier, behauptet Cohen, wäre »der Gesichtspunkt des Rechtes instruktiver gewesen als der allein hier herrschende des Staates« (KBE B511). Letzterer läuft nämlich Gefahr, die »Ungleichheit der Rechte im Staate« zu verschleiern, und lässt die Tatsache nicht hervortreten, dass »wir Kunst und Wissenschaft nur auf einen v e r s c h w i n d e n d k l e i n e n Te i l d e r M e n s c h e n in allen Staaten verteilt finden« (KBE B511). Gegen den abstrakten Standpunkt der Kultur soll vielmehr, wie Cohen einige Seiten später schreibt, derjenige der »politischen Erziehung zu ihr« behauptet werden, sonst läuft der Unterschied zwischen diesen beiden Momenten Gefahr, der »Idee der Menschheit« zu widerstreiten (KBE B521 f.). Kant erscheint hier deshalb, »bei allem nicht genug zu bewundernden prinzipiell-ethischen Aufschwung«, doch noch als »in dem Bannkreis der bürgerlichen Aufklärung befangen« (KBE B512) 15 . Das Schlimmste dabei ist aber für Cohen, dass »dadurch der B e g r i f f d e r E r k e n n t n i s s e l b s t geschwächt und verstümmelt […]; zumal der der sittlichen Erkenntnis, die dadurch auf das Niveau der S c h e i n k u l t u r gestoßen wird« (KBE B511). Das so eingeführte Thema der Erkenntnis, »zumal der sittlichen Erkenntnis« und des politischen Rechts darauf, erweist sich in den folgenden Seiten als zentral wie kein anderes für eine Definition der geschichtsphilosophischen Problematik. Die Forderung, »dass die ethische Erkenntnis, a l s E r k e n n t n i s , bei allen normalen Gliedern der Kulturmenschheit erreichbar werde« (KBE B482), war schon früher von Cohen im Rahmen seiner Ausführungen über das Verhältnis zwischen Religion und Ethik ausgesprochen worden. Eine erhebliche Rolle spielt dann diesbezüglich die Polemik gegen diejenige »Herabsetzung aller moralischen Erkenntnis gegen die theoretische«, die er bei August Comte sowie später bei seinem Verehrer und bekanntem Vertreter der ›Geschichte als Wissenschaft‹ Henry Thomas Buckle feststellen zu könVgl. auch KBE B513: »Diese Partialität ist auch der Grundschaden im Begriffe der Aufklärung. Aufklärung, das bleibt das höchste Ziel; nicht aber auf alle Menschen erstreckte wissenschaftliche Erkenntnis. Das ist der Mangel in diesem ›weltbürgerlichen Zustand‹, der nur auf die Staaten in ihrer Mehrheit, aber nicht ausdrücklich auf jeden Staat mit Rücksicht auf alle seine Mitglieder bezogen wird.«
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nen meint (KBE B512). Schon in der ErW hatte Cohen beiläufig Buckles Auffassung kritisiert, »dass es überhaupt keinen theoretischen Fortschritt in der Moral gebe; dass es theoretische Fortschritte nur in den Wissenschaften geben könne« (ErW 450). Die Bekämpfung des Vorurteils, »dass es gar nicht auf die Moral, sondern allein auf die wissenschaftliche Erkenntnis für den Fortschritt der Geschichte ankomme« (KBE B547), gewinnt aber nun eine zentrale Bedeutung im Hinblick auf die Frage nach einer angemessenen Bestimmung dessen, was Cohen hier den »t h e o r e t i s c h e n S c h w e r p u n k t d e r e i g e n t l i c h e n We l t g e s c h i c h t e « nennt (KBE B546). Ein solcher Schwerpunkt – so wird sich erweisen – hat letztlich und im Wesentlichen mit der Philosophie selbst zu tun, und zwar genauer mit demjenigen »Prozess der Selbstverständigung der ›Menschheit‹ über ihr globales geschichtliches Ziel« 16 , der einen zentralen Aspekt der Philosophie »in weltbürgerlicher Bedeutung« darstellt. Um die geschichtsphilosophische Relevanz näher zu bestimmen, die Cohen diesem Thema zuschreiben zu dürfen meint, muss man zunächst von seinem Kommentar zum Aufsatz Zum ewigen Frieden ausgehen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem das besondere Interesse, das Cohen hier für den erst in der zweiten Auflage hinzugefügten Zusatz über den »geheimen Artikel zum ewigen Frieden« zeigt. Es ist vor allem in Kants Behauptung, es sei den Königen sowie den Völkern »zur Beleuchtung ihres Geschäfts unentbehrlich«, die »Klasse der Philosophen« öffentlich sprechen zu lassen, dass Cohen überraschenderweise wichtige Elemente für eine Philosophie der Geschichte finden zu können meint. Sein Kommentar nimmt dabei sogar den Ton einer feierlichen Verkündigung an und lautet: »H i e r i s t d e r K e r n p u n k t d e r P h i l o s o p h i e d e r Geschichte getroffen. Diese ist in ihrem tiefsten G r u n d e d u r c h d i e P h i l o s o p h i e s e l b s t b e d i n g t « (KBE B541). Cohen wiederholt denselben Gedanken mehrmals, und zwar immer mit großem Pathos. »Auf der Philosophie, der methodisch selbständigen, und nur auf ihr im letzten Grunde beruht die wahrhafte Philosophie der Geschichte der Menschheit«, schreibt er z. B. in seinem Kommentar zum Aufsatz Von einem neuerdings erhobenen H. Holzhey meint, in einem solchen Prozess die heutige Inkarnation der sozialistischen Idee erblicken zu dürfen. Vgl. ders., Neukantianismus und Sozialismus. Einleitung, in: ders. (Hg.), Ethischer Sozialismus. Zur politischen Philosophie des Neukantianismus, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1994, S. 28.
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vornehmen Ton in der Philosophie (KBE B549). Durch die Betonung der Tatsache, dass jede Erkenntnis nur durch die Philosophie ihre wahrhafte Bedeutung für die Menschheit gewinnen kann, kehrt Cohen hier wieder zum zentralen Thema der Geschichte als »Geschichte der Menschen« zurück: Eine Geschichte der Menschen ohne die Philosophie, das ist eine Geschichte ohne Erkenntnis, wenngleich ihre Wissenschaft dem Inhalte nach noch so reich und mächtig wäre. Die Geschichte der Wissenschaften lehrt zwar, dass ein solcher Gehalt der Wissenschaften unmöglich wäre; wenn er es aber selbst wäre, so würde ihm mit der Philosophie die Erkenntnis fehlen; und s o w ä r e d i e G e s c h i c h t e d e r M e n s c h e n o h n e S e l b s t e r k e n n t n i s , also keine Menschengeschichte. (KBE B541 f.)
Die Frage, ob die Geschichte der Menschen auch eine wahrhafte Menschengeschichte sei, d. h. die Frage, ob es so etwas wie Menschengeschichte überhaupt gebe bzw. geben könne, ist – wie wir schon wissen – die entscheidende Frage des ganzen Kapitels. Aufgrund der Behauptung, dass die Philosophie der Geschichte »in ihrem tiefsten Grunde durch die Philosophie selbst bedingt [ist]«, meint Cohen aber nun weitere Hinweise für ihre Bearbeitung auch in Schriften aufspüren zu können, die sich nicht unmittelbar mit dem Problem der Geschichte selbst beschäftigen. Die Anomalie fällt schon bei einem raschen Durchblättern des Textes auf: Cohen nimmt gegen Ende seiner Abhandlung auf einige Schriften Kants Bezug, die keine unmittelbare Relevanz für das Problem der Geschichte aufzuweisen scheinen, und die bezeichnenderweise auch in der von ihm verwendeten Rosenkranz-Ausgabe nicht mehr im Band der Kleine[n] anthropologisch-praktische[n] Schriften sondern in demjenigen der Kleine[n] logisch-metaphysische[n] Schriften stehen. Der Berücksichtigung der Abhandlung Zum ewigen Frieden folgt in diesem Sinn diejenige der Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum ewigen Frieden in der Philosophie. Und wenn in diesem Fall – so wie in demjenigen des ebenso 1796 erschienenen Aufsatzes Von einem neuerdings erhobenen vornehmen Ton in der Philosophie – wenigstens das Prinzip der chronologischen Anordnung aufrechterhalten wird, wird bei der dritten der hier berücksichtigten Schriften auch dieses letzte Kriterium fallen gelassen. Vor der abschließenden Behandlung des zweiten Abschnittes vom Streit der Fakultäten lenkt nämlich Cohen die Aufmerksamkeit 190 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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seiner Leser noch auf die 1786 erschienene Schrift Was heißt sich im Denken orientieren. Die Notwendigkeit, auf diese Texte Bezug zu nehmen, rührt von der Feststellung her, dass in Kants Schriften zur Geschichtsphilosophie ein wesentliches Moment fehlt. Letzteres wird freilich in diesen anderen Aufsätzen nur ohne ausdrückliche Entfaltung seiner geschichtsphilosophischen Implikationen angetroffen werden können. Mit Bezug auf die Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktats zum ewigen Frieden in der Philosophie, schreibt Cohen in diesem Sinn bezeichnenderweise: Hierin kommt endlich der t h e o r e t i s c h e S c h w e r p u n k t d e r e i g e n t l i c h e n We l t g e s c h i c h t e , den wir immer vermissten, zu einem, wenngleich noch immer nicht zentral genug gerichteten Ausdruck. Immerhin aber wird doch der Zusammenhang der Philosophie mit dem Begriffe des Menschen, wenngleich nicht ausdrücklich mit seiner Geschichte, festgestellt. (KBE B546)
Die Tatsache, dass der »theoretische Schwerpunkt« hier zu einem immer noch nicht »zentral genug gerichteten Ausdruck« gelangt, hängt für Cohen vornehmlich mit der von Kant vorgeschlagenen Charakteristik der kritischen Philosophie zusammen. Diese wird »nicht in der methodischen Schärfe und Treffsicherheit [aufgestellt], welche für den Frieden erforderlich ist«; denn – so lautet Cohens Diagnose – »auch hier wird der Ethik die Vormacht zuerteilt; von der theoretischen, der methodischen Grundlage wird kaum Erwähnung getan« (KBE B546 f.). In Cohens Stellungnahme gegen die »Vormacht der Ethik« treten hier die Bedenken gegen den »Primat der praktischen Vernunft« wieder hervor, die von ihm schon in der ErW geäußert worden waren. Bekanntlich ist der Ethik für Cohen »durch solche Vorzugswerte nicht gedient«: Wenn im Überschwang des sittlichen Gefühls die Logik gegen die Ethik herabgesetzt wird, so mag die religiöse Sittlichkeit darüber triumphieren; die Ethik und die ethische Wahrheit wird dadurch nicht gefördert. (ErW 88) 17 Hierzu vgl. F. Niewöhner, »Primat der Ethik« oder »erkenntnistheoretische Begründung der Ethik«? Thesen zur Kant-Rezeption in der jüdischen Philosophie, in: Judentum im Zeitalter der Aufklärung. Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung, im Auftrage der Lessing-Akademie hrsg. von G. Schulz, Bd. 4, Jacobi Verlag, Bremen-Wolfenbüttel 1977, S. 119–161; hier insbes. S. 127–129.
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Gegen Kants schon erwähnte »Einschärfung des Unterschiedes zwischen theoretischer und praktischer Erkenntnis als Wahrzeichen echter Philosophie« (KBE B377), führt die Anerkennung dass »das Problem der Ethik […] ein Wissen […], ein strenges, genaues Erkennen [bedeuten soll]«, in der ErW zu einer »klaren Aufhebung« des »Gegensatzes«, »d e r z w i s c h e n d e r t h e o r e t i s c h e n u n d d e r p r a k t i s c h e n Ve r n u n f t b e s t e h t «: Dass zwei Arten des Interesses unterschieden werden müssen, das steht ausser Frage; der Unterschied von Sein und Sollen bedeutet dies. Das eine ist das theoretische Interesse an dem Sein der Natur; das andere ist das praktische Interesse, das Interesse an der Handlung und an dem Willen. Nun ist aber auch dieses Letztere ein Interesse der Vernunft, also auch eine Art von theoretischem Interesse. (ErW 47)
Es ist mit Bezug auf diese vernunfttheoretische Fragestellung – eine Fragestellung, die sich bei Kant, wie wir schon gesehen haben, nur andeutungsweise, und zwar kraft seines »natürlichen Systemgefühl[s] für die Einheit der Vernunft« aufspüren lassen soll –, dass auch jene »echte, methodische Begründung einer Philosophie der Geschichte« verstanden werden muss, die Cohen schließlich in der Schrift Was heißt sich im Denken orientieren entdecken zu können meint. »Hier ist die theoretische Grundlegung festgelegt und festgehalten«, verkündigt Cohen in seinem Kommentar schon bei Kants Einführung des Begriffs eines Vernunftglaubens (KBE B550). Dies ist aber noch nicht sein letztes Wort. Erst in der Anmerkung über das »Selbstdenken« und die damit verbundene »M a x i m e d e r S e l b s t e r h a l t u n g d e r Ve r n u n f t « meint Cohen die gesuchte Begründung endlich finden zu können: »Dies ist die echte, methodische Begründung einer Philosophie der Geschichte. Denn hier wird die Geschichte nicht in erster Linie auf den Vernunftglauben, sondern auf die reine theoretische Vernunft gegründet« (KBE B550). In welcher Form jedoch für Cohen die Vernunft der schwierigen Aufgabe der eigenen »Selbsterhaltung« in der Geschichte Genüge leisten kann, wird sich erst aus den Ausführungen der letzten Seiten über den Streit der Fakultäten entnehmen lassen.
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4. Die Vernunft in der Geschichte oder: Philosophie und Revolution Zweimal hatte sich Cohen schon im Kapitel über Kants Rechtslehre auf den Begriff der Geschichte berufen, und in beiden Fällen ging es dabei bezeichnenderweise um das Thema der Revolution. Die Notwendigkeit einer strengen Unterscheidung der Frage nach dem »geschichtliche[n] Recht der Revolution« von derjenigen nach einem »juristischen« Recht derselben war dort von ihm zunächst mit dem Argument behauptet worden, dass »die Geschichte, ihr Begriff und ihr Recht allein […] bei dem Gegensatz zwischen Revolution und Reform« in Frage steht (KBE B431). Dasselbe Thema wurde dann einige Seiten später wiederaufgenommen und auf die Diskussion der Frage nach derjenigen »Diskontinuität« in der »Gestaltung des Rechts« zugespitzt, die mit der Revolution einsetzt. Der Begriff der Geschichte wurde dabei von Cohen als das »auswärtige Forum« in Anspruch genommen, das die gefährdete Homogenität retten sollte: Nur dies kann die Frage bleiben: wie eine solche Unterbrechung der Rechtsordnung, welche dennoch ihrerseits wiederum zum Rechte hinführt, als ein homogener Zustand erklärbar wird. Die Bewegungen in Recht und Staat enthalten somit eine i m m a n e n t e A p p e l l a t i o n a n e i n a u s w ä r t i g e s F o r u m ; wenn man nicht die logisch-ethische Fiktion des Naturrechts dafür einsetzt. W i r w o l l e n s p ä t e rhin den Begriff der Geschichte hierfür in Anspruch n e h m e n . (KBE B439)
Dass das oben erwähnte Prinzip der »Selbsterhaltung der Vernunft« hier seine vielleicht härteste Probe zu bestehen hat, ist leicht einzusehen. Und so kann Cohen nun im Kapitel über die Geschichte schreiben, der »l e t z t e u n d t i e f s t e S i n n d e r P h i l o s o p h i e d e r G e s c h i c h t e « sei in der »großen Frage« zu suchen, »wie die Revolutionen, die ›Krisen‹ […] im Zusammenhang des weltgeschichtlichen Lebens zu werten und zu würdigen sind« (KBE B529) 18 . Auch die später im Rahmen der Ausführungen über den Streit der Fakultäten zu Worte kommende Feststellung, dass »erst die Revolution den wahrhaften Begriff der Geschichte zur Entdeckung bringt« Der Ausdruck »Krisis« wird hier von Cohen aus Jacob Burckhardts Weltgeschichtliche Betrachtungen entnommen, wo Burckhardt u. a. behauptet, die Krisis sei »als ein neuer Entwicklungsknoten zu betrachten« (vgl. Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, Spemann, Berlin/Stuttgart 1905, S. 191).
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(KBE B554), muss im Zusammenhang mit der Frage nach der angemessenen »Methodik« ausgelegt werden, die zu einer »Entdeckung« bzw. »Enthüllung« des geschichtlichen Gegenstands führen soll. Es besteht keine Möglichkeit, einen solchen Gegenstand zu fassen, wenn man nur in der ruhigen Gegend weilt, wo die »großen rationellen Kräfte der Kultur« ungestört walten, die von Recht und Staat vertreten sind. Diejenige »methodische Begründung«, die Cohen in der »M a x i m e d e r S e l b s t e r h a l t u n g d e r Ve r n u n f t « gefunden zu haben meinte, kann nur dann in ihrer tiefsten Bedeutung zur Geltung kommen, wenn die Vernunft selbst sich mit dem Irrationalen konfrontiert gesehen und durch diese Auseinandersetzung den eigenen Status neu bestimmt hat. Es ist in diesem Sinn, dass die Revolution als ein »Faktor der Geschichte« anerkannt werden soll. Cohen schlägt vor, ihn »ein irrationales Moment der Geschichte« zu nennen, »da er gegen die rationellen Kräfte vorübergehenden, nur vorübergehenden Widerspruch erhebt« (KBE B554). Trotz ihres vorübergehenden Charakters ist die Revolution jedoch für ein angemessenes Verständnis der Geschichte unersetzlich – auch der »theoretische Schwerpunkt der Geschichte«, von dem Cohen früher gesprochen hatte, wird nun dadurch vertieft: Selbst die theoretische Erkenntnis, und mit ihr die Philosophie, sie bezeichnen noch nicht im letzten systematischen Grunde das Problem der Geschichte. Erst das irrationale Moment gemahnt an die Mystik im Begriffe der Geschichte, ohne deren Auflösung der tiefste Sinn des Problems der Weltgeschichte nicht zur Enthüllung käme. (KBE B554)
Eine solche »Auflösung« stellt ein schwieriges Unternehmen dar, das weder die Philosophie noch die Vernunft selbst unangetastet lässt. »Ist dieses Problem der Probleme mit aller Methodik des Menschenwitzes zu fassen, zu lösen oder auch nur zu umspannen?«, fragt Cohen in diesem Sinn (KBE B554 f.). Der Weg einer ›methodischen‹ »Auflösung« eröffnet sich für ihn erst durch die Anerkennung, dass die Ideen sich in ihrem Bestand »nicht auf die Normen [beschränken], welche bereits ein rationales geschichtliches Dasein erlangt haben; sondern […] auch diejenigen methodischen Entwürfe ein[schliessen], welche Aufgaben, wenngleich noch nicht rational gelöste der Menschenvernunft bleiben« (KBE B555). Es ist »in ihrer Bestimmung«, d. h. »in der fortdauernd wechselnden Lösung und Formulierung der ewigen Aufgaben«, dass »der Begriff der Geschichte« sich »als das
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Das Problem einer Geschichte der Menschheit
Problem der Menschheit der Kultur [vollzieht]«. Cohens Schluss lautet in diesem Sinn: So bildet das Problem der Geschichte in der Tat das letzte Anwendungsgebiet der reinen Ethik. Sie ist das Gebiet für alle letzten Fragen der sittlichen Vernunft, welche, zwar mit der Methodik, aber nicht mit der Schablone von Recht und Staat restlos lösbar werden. (KBE B556).
Mit Bezug auf die Frage, »ob und inwieweit den sittlichen Grundsätzen Anwendung zusteht auf das Menschengeschlecht«, hatte Cohen in seinen einleitenden Bemerkungen geschrieben, der »Begriff der Geschichte« sei »selbst erst ein Problem«. Das Problem, von dem dort die Rede war, findet nun in der Behauptung, der »Begriff der Geschichte« komme als »Problem der Menschheit der Kultur« zum Vollzug, seine einzig mögliche »Auflösung« – d. h. diejenige, die nach dem Vorbild der transzendentalen Dialektik sich durch die Verwandlung des Problems in Aufgabe vollzieht. Auch in einer solchen Dialektik findet nämlich eine Denkbewegung statt, in der die Vernunft sich zunächst »um ihrer Selbsterhaltung willen ein unvernünftiges Moment zu [denkt], aus dem sie sich [dann] als Aufgabe erneut restituiert« 19 . Im Spannungsfeld der Geschichte, die weder »in den materiellen ökonomischen Verhältnissen« noch bloß in denjenigen Ideen aufgeht, »welche durch die rationellen Faktoren von Staat und Recht vertreten werden« (KBE B555), hat eine solche, der eigenen problematischen Natur bewusst gewordene Vernunft ihre Aufgabe im Aufspüren von Übereinstimmungen zu erkennen, die sich aus dem »d o p p e l s i n n i g e n Feldzeichen« der Entwicklung selbst ergeben. Wie Cohen schon in der ErW geschrieben hatte, hat sich die Ethik nämlich hier »mit der Geschichte in das logische Einvernehmen zu versetzen: dass sie ihre eigenen Ideen, wie unreif und verkrüppelt immer, dennoch wiederzuerkennen hat in den Gebilden der wirtschaftlichen Welt« (ErW 38). Die mühsame Arbeit eines solchen »Wiedererkennens« ist die einzige Möglichkeit, die sich der Vernunft noch bietet, wenn sie in der »Geschichte als Wissenschaft« ein »eminentes Anwendungsgebiet des Sittengesetzes« finden und die sittlichen Aufgaben nicht bloß »als Schreckgespenster und gleichsam als posthistorische Mächte aus dem bisherigen Dunkel der Geschichte wetterleuchten […] lassen« will (ErW 38). H. Holzhey, Il bisogno metafisico, in Annuario filosofico 8 (1992) S. 51–63. Hier S. 59 (nach dem Ms. der ursprünglichen deutschen Fassung zitiert).
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Helmut Holzhey
Über das Rumoren metaphysischer Probleme im Marburger Neukantianismus
Probleme Allgemein bekannt ist, dass Kant am Beginn der Vorrede zur 1. Auflage der Kritik der reinen Vernunft (KrV) die menschliche Vernunft dem Schicksal unterworfen sieht, von Fragen belästigt zu werden, »die sie nicht abweisen kann, […] die sie aber auch nicht beantworten kann«, weil sie als metaphysische Fragen »alles Vermögen der menschlichen Vernunft« übersteigen (KrV A VII). Weniger bekannt ist die folgende Stelle aus einer Nachschrift der Metaphysik-Vorlesung Kants, in der es heißt, dass diese Fragen mit der Natur unserer Vernunft so verwoben sind, »dass wir ihrer nicht loß werden können«. Und weiter: »Auch alle Verächter der Metaphysic, die sich dadurch ein Ansehen heiterer Köpfe haben geben wollen, hatten, selbst Voltaire, ihre eigene Metaphysic. Denn ein jeder wird doch etwas von seiner Seele denken.« 1 Inhaltlich richten sich diese Fragen auf Gott, auf das Ganze der Welt und die Möglichkeit von Freiheit in ihr sowie auf das Wesen der Seele. Gott, Welt und Seele sind Begriffe eines Unbedingten bzw. Absoluten. Da wir das Unbedingte »niemals im Bilde entwerfen« oder ihm »einen kongruierenden Gegenstand in den Sinnen« geben können (KrV B 384, 383), gelten Kant die Begriffe eines Unbedingten nur für Ideen und als solche für Probleme. Schon er, Kant, verwendet in seiner Auseinandersetzung mit den zentralen Themen und Thesen der metaphysica specialis den Problembegriff. Und zwar in einem doppelten Sinne. 2 Erstens sind und bleiben für ihn die Vernunftideen topisch-dialektisch verstandene Probleme, Probleme »ohne alle Auflösung«, weil wir aus einem metaphysischen I. Kant: Gesammelte Schriften (Akademieausgabe, zit. AA), Band 29, I,2, S. 765. Vgl. H. Holzhey: Die Vernunft des Problems. Eine begriffsgeschichtliche Annäherung an das Problem der Vernunft, in: Mathesis universalis. Festschrift für Heinrich Schepers, Münster 1990, S. 27–45.
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Bedürfnis heraus »hartnäckig annehmen«, dass diesen Begriffen ein wirklicher Gegenstand entspreche (B 510), ohne diesen in Raum und Zeit vorzeigen (»geben«) zu können. Statt sie aber als unlösbare Probleme, wie üblich, zu verwerfen, hält er an ihnen fest. Denn die metaphysischen Fragen gehören für ihn so eng zur menschlichen Vernunft, dass sie sich ihnen stellen muss, auch wenn sie unbeantwortbar sind. Hilfe verspricht in dieser Situation ein zweiter Aspekt des Problembegriffs, der seiner geometrischen Verwendung entstammt, bei der das Problem qua Konstruktionsaufgabe dem Theorem gegenübergestellt wird. Im Horizont dieses Problemverständnisses kann Kant an eine »Auflösung« der Probleme denken, die der spekulative Vernunftgebrauch mit sich bringt. Er kann nämlich das Unbedingte zur Aufgabe erklären, besser: zu einem Aufgegebenen. Statt als Theorem oder »Axiom« beansprucht zu werden, gewinnt der das Unbedingte artikulierende spekulative Grundsatz mit seiner Verwandlung in ein Problem den Status eines regulativen Prinzips für den Prozess der Wissensgewinnung (B 675 f.). Wenn Kant diese »problematische« Annahme einer allgemeinen Regel als hypothetischen Vernunftgebrauch bezeichnet (B 674 f.), so führt diese Bezeichnung geradewegs auf den Vernunftbegriff des Marburger Neukantianismus. Im Vergleich mit Kant fällt sofort auf, dass der systematische Ort der Reflexion auf den Status der Probleme bei Cohen und Natorp ein anderer ist. Unter Bezugnahme auf die zwei Teile der Transzendentalen Logik in Kants KrV kann man sagen, dass eine Ortsverschiebung von der Dialektik zurück in die Analytik stattfindet. Oder anders formuliert: Der Begriff des Problems tritt jetzt, prima facie, als erkenntnistheoretischer, nicht mehr als vernunfttheoretischer Begriff auf. Die Aufgabe der Objektivierung der Erscheinungen in Gesetzen bildet nun das eigentliche Problem. 3 Während Kant den Begriff des Noumenon als Aufgabe bezeichnet, d. h. als das Problem identifiziert, ob es nicht von sinnlicher Anschauung »ganz entbundene Gegenstände geben möge« (A 287 / B 344), nimmt Cohen nur noch das bereits in die »Positivität« der Aufgabe aufgelöste Vernunftproblem wahr. Die Kritik des metaphysischen Scheins gilt als geleistet oder ist obsolet geworden.
Hermann Cohen: Kants Theorie der Erfahrung (KTE), 3. Aufl., Berlin 1918, S. 782 (Werke I.1, Hildesheim 1987).
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Der Ursprung und das Anhypotheton Bei genauerer Betrachtung erkennt man allerdings, dass in der »Erkenntniskritik« ein metaphysisches Problem aufgegriffen und zu einer eigenartigen Prinzipienlehre entfaltet wird. Dieses Problem besteht darin, ob und wie Denken allein Ursprung von Erkenntnis sein kann. Es handelt sich dabei insofern um ein metaphysisches Problem, als die philosophisch- transzendentale Begründung der wissenschaftlichen Erkenntnis in Frage steht. Bei Kant sind reine Mathematik und reine Naturwissenschaft »wirklich gegeben«, und der Philosoph fragt, wie sie möglich sind (B 20); die Marburger suchen zu klären, was es heißt und was es legitimiert, die Voraussetzung (Hypothesis) zu machen, dass es wissenschaftliche Erkenntnis gibt – sie suchen also gewissermaßen in dieses Faktum einzudringen. Das Faktum der Wissenschaft wird damit für die Philosophie erschlossen, dass es als Voraussetzung gedacht wird, und zwar nicht als faktische, sondern als notwendige Voraussetzung. Basiert wissenschaftliche Erkenntnis auf dem obersten Grundsatz der synthetischen Urteile a priori, so ist dieser nicht weiter begründbar: »Es gibt keine Instanz über dem obersten Grundsatz«, er wird in seiner Notwendigkeit anerkannt oder eben vorausgesetzt, seine Notwendigkeit stammt »aus dem Faktum selbst« (KTE 185). Das aktive Voraussetzen qualifiziert für Cohen das Denken zum Ursprung der Erkenntnis. Wie ist das zu verstehen? Aristoteles bezeichnet es als die wesentliche Leistung des Sokrates, mit gutem Grunde (eulógôs) nach dem Was gefragt zu haben. Cohen interessiert sich für diesen »guten Grund«, d. h. für den Logos, der von der Frage »Was ist X?« Rechenschaft gibt, und bestimmt ihn als Idee, diese aber als Hypothesis, d. h. als die im ursprünglichen Denken geleistete grundlegende Voraussetzung von Erkenntnis. In der Frage »Was ist X?« arbeitet das Prinzip des Ursprungs: Denken als grundlegendes Voraussetzen. Die Grundlegung der Erkenntnis ist für die Marburger Problem im qualifizierten Sinne des Wortes. Während Cohen das Problem der Erkenntnis letztlich prinzipientheoretisch fasst und zu lösen versucht, indem er den Grundsätzen (»Urteilen«) der Konstitution des Gegenstandes die »Urteile der Denkgesetze« vorschaltet, widmet sich Natorp in den Logischen Grundlagen der exakten Wissenschaften (LGeW) nur der Analyse des Erkenntnisgegenstandes. Als Problem der Erkenntnis, als ihr X, ist der Gegenstand dem »Gang der Erkenntnis im Ganzen« eingezeichnet. Und weil dieser Gang ein unendlicher 198 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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ist, »wird der Gegenstand zur unendlichen Aufgabe« (32 ff.). Trotz dieser zwischen Natorp und Cohen bestehenden Differenz 4 darf man von einer einheitlichen Ausrichtung der Marburger Schule sprechen, die darin besteht, dass die Thematisierung des Wissenschaftsfaktums beziehungsweise der Kulturfakta in Gestalt einer Ideenlehre erfolgt, die an bestimmte Elemente der platonischen Ideenlehre, wie sie insbesondere dem Phaidon entnommen werden, anknüpft. Cohen verbindet dabei seine Auffassung der platonischen Idee als Hypothesis mit dem kantischen Konzept hypothetischen Vernunftgebrauchs; Natorp stellt auf die Idee als Gesetz ab, wie er der Philosophie überhaupt die Aufgabe überbindet, den Gesetzesgrund aller Erfahrung im »Gesetz der synthetischen Einheit« nachzuweisen. Dergestalt angeeignet, scheint aber der platonischen Ideenlehre ihr eigentlicher metaphysischer Stachel gezogen, kommt doch für Platon der Bildungsweg des dialektischen Philosophen erst mit der Einsicht in die Idee des Guten ans Ziel. Erst in dieser Idee findet das System der Ideenhypothesen seinen Anfang, seinen Grund (archê) »jenseits des Seins« (Politeia 533c). Platon spricht von diesem Grund als dem »anhypotheton«. Paul Natorp nimmt den Gedanken des Anhypotheton, den Gedanken eines voraussetzungslosen oder unbedingten Grundes affirmativ auf, 5 erklärt es aber zu seinem »einzig zulässigen Sinn«, den »Logos selbst« zu bezeichnen, »das Urgesetz ›des Logischen‹«, in Natorps Sprache: das Gesetz, welches die Richtung des Ganges der Erkenntnis vom Bedingten zum Bedingenden »ins Unendliche vorausbestimmt« (LGeW 15), oder in einer späteren Formulierung: das Gesetz des logischen Verfahrens überhaupt 6 . Hermann Cohen hingegen ringt schwerer mit dem platonischen »anhypotheton« und dem sich daran anschließenden systemfundierenden Gedanken des Unbedingten oder Absoluten, ja distanziert sich nicht selten offen oder versteckt von ihm. So bezeichnet er in seiner Ethik des reinen Willens (ErW) das Anhypotheton oder Absolute als »Ausdruck verzweifelnder Demut des tiefsten Menschengeistes, [als Ausdruck] der Selbstironisierung der Vernunft«. Der Gedanke des Absoluten erhebe sich mit dem »tiefsinnigen Verlangen nach einem Vgl. H. Holzhey: Cohen und Natorp, Basel 1986, Band 1: Ursprung und Einheit, bes. S. 175 ff. 5 H. Holzhey: Cohen und Natorp, Basel 1986, Band 2: Der Marburger Neukantianismus in Quellen, S. 12. 6 Ebd., S. 92. 4
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Grunde«, der von einer Grundlegung im Stile der Hypothesis unabhängig sei. Eine solche, nicht mehr hypothetische Grundlegung läuft für Cohen, methodisch gewendet, auf das Paradoxon einer »Ungrundlegung« (anhypothesis) hinaus (ErW 429). Im Hinblick auf die »Idee des Guten« sieht er das Denken »zwischen die schlimmste Alternative geklemmt«: Legt man Gewicht auf Idee, dann kann auch die Idee des Guten nur den Wert der Grundlegung beanspruchen; misst man ihr als Idee des Guten einen höheren Wert bei, dann verliert sie ihren »logischen Grundwert« als Grundlegung (Hypothesis). Wie ist mit diesem Dilemma umzugehen? Der »einsichtige Mitdenker«, so Cohen weiter, wird aus der Wortbildung »anhypotheton« (bzw. »anhypothesis«) den Schluss ziehen, dass Platon »die Alternative nach keiner der beiden Seiten aufgelöst haben will«. 7 Das heißt aber für den Kantianer Cohen, die Alternative auf das Verhältnis von theoretischer und praktischer Vernunft abzubilden. Als »einsichtiger Mitdenker« interpretiert er also das als höchste Idee angesprochene Gute, insofern es »jenseits des Seins« zu stehen kommt, im Sinne des Primats der praktischen Vernunft (EmkN 107) und sieht jenes Verlangen nach einem höheren Wert, der der Idee des Guten beizulegen wäre, durch den Wert gerechtfertigt, der dem Guten »über alles Natürliche« hinaus zukommt 8 . Ist nun damit der Idee der Stachel des Absoluten gezogen und einer Metaphysik, die sich der Jenseitigkeit widmet (BR 37), der Boden entzogen? Selbst Cohen bleiben Zweifel zurück. Sie nähren sich an den metaphysischen Positionen von Materialismus und Spiritualismus, wie sie im Streit über das Verhältnis von Materie und Bewusstsein und das Leib-Seele-Problem bezogen werden. Hier, und nicht nur hier, rumort es. Sogar bei Kant, so wittert Cohen, wird die Materie, d. h. der scholastische Begriff der Materie, »nicht zum wohlgefälligen Verschwinden gebracht, sondern sie darf unter verschiedenen Masken gespensterhaft erschreckend weiterleben« (EmkN 66). Aber auch die andere »Art« der absoluten Substanz, die Seele, macht sich im kritischen Idealismus der Marburger rumorend bemerkbar. H. Cohen: Einleitung mit kritischem Nachtrag (EmkN) zu F. A. Langes Geschichte des Materialismus, 3. erweiterte Aufl., Leipzig 1914, S. 33 (Werke 5/II, Hildesheim 1984). Vgl. die kritische und kommentierte französische Ausgabe dieser Schrift durch Myriam Bienenstock: H. Cohen: Le concept de philosophie, Paris 2014, S. 35–197. 8 H. Cohen: Der Begriff der Religion im System der Philosophie (BR), Giessen 1915 (Werke 10, Hildesheim 1996), S. 37. 7
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Kein Wunder, wenn Kant Recht hat, dass – wie ich anfangs zitierte – ein jeder seine eigene Metaphysik hat, weil er doch »etwas von seiner Seele denken« wird.
Seele Das Wort »Seele« begegnet heute noch alltagssprachlich, vor allem in metaphorischen Wendungen; in Wissenschaft und Philosophie hat es ausgedient. Und damit ist auch (wie schon Cohen formuliert) dem Begriff alles Seelische abhanden gekommen. 9 Dieser Befund markiert – trotz mancher Gegentendenzen in der Gegenwart – das Ende einer geistesgeschichtlichen Entwicklung, die im 16. Jahrhundert begann. Der neuzeitliche philosophische Umgang mit dem Begriff der Seele zeigt insgesamt eine Tendenz zur Schwächung, ja zum Tod der Überzeugung von der Existenz einer Seele, d. h. eines unvergänglichen Seienden, dem der Mensch sein individuelles Selbst verdankt, das die Lebendigkeit eines Körpers ausmacht und die Welt zu einer organischen Totalität bildet, in der alles mit allem in Beziehung steht. Man kann diesen Vorgang der Entseelung philosophischer Diskurse auch aggressiver als Exorzismus bezeichnen. In der Absetzung von Mythos und Glauben arbeiten die europäischen Intellektuellen daran, einen Menschen ohne Seele zu rekonstruieren, d. h. die Vorstellung der Seele aus dem überlieferten und lebensweltlich bestimmenden Menschenbild zu vertreiben. Sie klären darüber auf, dass die Existenz einer Seele nicht ausweisbar ist und wir uns auch ohne die Annahme einer Seele begreifen, ja besser begreifen können. Kants Kritik ist der letzte Schritt der Entseelung von Welt und Mensch, nunmehr nicht mittels einer bestimmten, etwa materialistischen Interpretation des Seelenbegriffs, sondern – in kritischer Fortsetzung der Analysen Lockes und Humes – mittels der Frage, ob unsere geistigen Kräfte denn zureichen, uns eine Seele und als Konsequenz Unsterblichkeit plausibel zuzurechnen. – Sie tun es nicht. Kant zerstört mit seiner Beweisführung jede affirmative rationale Psychologie. Die Idee der Seele ist nur noch als das regulative Prinzip »einer systematischen Einheit aller Erscheinungen des inneren Sinnes« (KrV A 682 / B 710) brauch-
Vgl. H. Cohen: Logik der reinen Erkenntnis (LrE), 2. verbesserte Aufl., Berlin 1914, S. 342 ff. (Werke 6, Hildesheim 1977).
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bar, sie tritt – wie die Idee Gottes – in den Dienst der systematischen Ordnung unseres menschlichen Wissens. Sind damit die Akten im Fall »Seele«, zumindest für Kantianer, geschlossen? Cohen beobachtet noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine »beständig sich wiederholende Verirrung in die – Metaphysik«, insbesondere in die »metaphysische Psychologie« (EmkN 36). Ihr setzt er 1) entgegen, dass die Lösung des Leib-Seele-Problems in der naturwissenschaftlichen Physiologie, nicht in einer von dieser unabhängigen Psychologie, zu suchen sei, und konzipiert 2) eine philosophische Psychologie, die als vierter Teil seines Systems die »Einheit des Kulturbewusstseins« in seinen drei Richtungen zu ihrem Thema haben soll. Wenn ich richtig sehe, nimmt er damit auf, was Kant dem regulativen Gebrauch der Idee der Seele überantwortet hatte, allerdings erweitert um die Bewusstseinsrichtungen des sittlichen Wollens und des ästhetischen Gefühls (EmkN 43, 41). Zur Begründung meiner Vermutung führe ich Cohen selbst an, der schreibt: »Zu dieser Aufgabe einer fruchtbaren Betätigung [in der Lehre von der Einheit des Kulturbewusstseins] wird die einfache Seelensubstanz gebracht, welche die alte Metaphysik suchte.« Die metaphysische These von der Einfachheit der Seele wird zu Gunsten des Problems der Einheit des Bewusstseins in der Mannigfaltigkeit seiner Richtungen verabschiedet, das metaphysische Problem der Unsterblichkeit in die Ethik verlagert (EmkN 43). Betrachten wir diesen letzteren Vorgang etwas näher. Cohen bringt die neuzeitliche Übersetzung der Rede von der Seele in die begriffliche Bestimmung des Fundaments unserer Gewißheiten auf die Formel: »Der Begriff wird die Seele des Menschen, sofern sie in der Logik ihr Heil erkennt.« (ErW 499) Als »Symbol der Seele« aber genügt der theoretische Begriff des Selbstbewusstseins nicht; »Seele« heißt mehr: Die Identität des Selbstbewusstseins muss – so der Kantianer Cohen – als ethische Selbstbestimmung unter einem allgemeinen Gesetz gedacht werden: »Die Autonomie ist die Bestimmung der Seele« (EmkN 52). Die Seele wird in die praktische Selbstgesetzgebung, in das moralische Subjekt aufgehoben. Der eigentliche Zweck dieser Transformation ins Ethische aber besteht in der mythos- und metaphysikkritischen Aneignung der Idee der Unsterblichkeit, die dem Seelenbegriff seit Platon inhärent ist. Die Idee der unsterblichen Seele lässt sich unmythologisch und metaphysikfrei, wie es Cohens Absicht entspricht, nur im Begriff des sittlichen Subjekts bewahren. Darauf legt sich auch noch Ernst Cassirer fest: »Die ent202 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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scheidende Wendung tritt erst ein, […] wenn die Seele, statt als bloßer Träger oder als Ursache der Lebenserscheinungen gedacht zu werden, vielmehr als Subjekt des sittlichen Bewusstseins gefasst wird« 10 . Wie aber hebt das sittliche Subjekt die Bestimmung der Unsterblichkeit in sich auf? Cohen formuliert: »Das sittliche Subjekt ist die Seele der geschichtlichen Welt« (LrE 253). Unsterblichkeit kommt dem sittlichen Subjekt insofern zu, als es – von Gnaden des Willens, nicht des Denkens – »Selbstbewusstsein der Ewigkeit« ist (ErW 413). Das »Selbstbewusstsein der Ewigkeit«, welches das sittliche Subjekt in der Geschichte erfüllt, tritt an die Stelle der mythischen Unsterblichkeit. Ewigkeit bedeutet für Cohen einen Zeithorizont menschlichen Seins, in dem ideale Bestimmungen des Denkens und Handelns mit ihrem zeitlichen Vollzug verknüpft werden; sie ist das Sein der Zukunft. Das »Selbstbewusstsein der Ewigkeit« macht insofern die Seele der geschichtlichen Welt aus, als es messianisches geschichtliches Bewusstsein ist. Dieses erwartet die »Erfüllung der Zeit« – aber nicht in der Zukunft eines Noch-nicht, sondern als Zukunft, muss jedoch diese »messianische Zukunft ständig der zeitlichen Zukunft anheimstellen«, um hier in der Geschichte ihre Verwirklichung zu suchen. 11 Bei alledem stellt sich die Frage, ob die Rede von der Seele nur noch eine metaphorisch eingekleidete Erinnerung ist oder ob sich ein metaphysisches Problem bei dieser Umsetzung des Begriffs der Seele in die Selbsterkenntnis des ethischen Subjekts erhält und bemerkbar macht. Dass die metaphysische Seele trotz ihrer Transformation bei Cohen rumort, meine ich daran beobachten zu können, dass er sich wiederholt gegen einen der Rede von der Seele offensichtlich anhaftenden Trend, das Individuum anzusprechen, wehren muss, nämlich gegen die Versuchung, mit dem Seelenmythos der individuellen Unsterblichkeit das Wort zu reden. Cohen hat sich den Stachel des Seelenmythos nie ganz gezogen, sondern an den Anliegen des Individuums und ihren Folgen gewissermaßen gelitten. In seiner Religionsphilosophie gibt er diesen Anliegen schließlich Raum. Ich zeige zunächst, wie das geschieht. Den Ausgangspunkt bildet die schmerzliche Feststellung, dass die Ethik dem Individuum letzten Endes nicht gerecht werden kann. Erst in der Religion, konkret: mit dem SündenPhilosophie der symbolischen Formen, 2. Teil: Das mythische Denken, Darmstadt 1969, S. 198, vgl. S. 205. 11 Pierfrancesco Fiorato: Geschichtliche Ewigkeit. Ursprung und Zeitlichkeit in der Philosophie Hermann Cohens, Würzburg 1993, S. 175. 10
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bewusstsein, kommt das Individuum beziehungsweise bringt sich das Individuum zur Sprache. In seiner Sünde ist es der Rettung, d. h. der Erlösung und Versöhnung bedürftig (BR 57). Cohen rekurriert damit nicht auf den Glauben an die individuelle Unsterblichkeit oder Auferstehung, wie er schon Kants Postulatenlehre mit ihrem moralischen Vernunftglauben (vgl. KpV, AA 5, S. 122 ff.) ablehnte. Vielmehr erklärt er die Seele zum Subjekt der Sünde: »Die Seele sündigt« (BR 61). Er macht damit den Seelenbegriff zum Vehikel des Übergangs von der Ethik zur Religion, von der Autonomie des sittlichen Subjekts zum Sündenbewusstsein, mit dem sich das Individuum seine Sünde »zurechnet«. Indem sich das Individuum als sündig, d. h. als schwach und geängstigt bekennt, spricht seine Seele. Aber nicht genug: Das Sündenbekenntnis drückt zugleich die Sehnsucht des Individuums aus. Die Sehnsucht »geht von der Seele des Individuums aus […] und sie wird [als Sehnsucht nach Gott] auf das Individuum, auf das Selbst der Seele auch wieder zurückgeleitet, so daß die Seele nicht verschmachtet in ihrem Durste, […] sondern errettet und erlöst wird« (BR 99). Die Sehnsucht macht die Seele des Individuums aus. Sie wird hier als eine eigentümliche seelische ›Intratranszendenz‹ beschrieben, die die prozessuale Struktur der für Cohen so wichtigen »Korrelation« von Mensch und Gott hat. Denn für sein Verständnis besteht Religion im Verlangen nach Gott, d. h. »nach einem Wesen außer dem Menschen, aber für den Menschen« (BR 138). Die Rede von der Seele bezieht sich auf das individuelle Sündenbewusstsein mit seinem Verlangen nach Gott und der diesem Verlangen entsprechenden Nähe Gottes. Das metaphysische Problem der Seele, das in der Ethik seine Auflösung finden sollte, in deren Untergrund aber weiterhin rumorte, wird von Cohen religionsphilosophisch aufgenommen und dabei anthropologisch von einem Todes- zu einem Lebensproblem gewendet. Ich werfe zum Vergleich einen Blick auf Paul Natorps Religionsphilosophie und seinen Umgang mit dem Begriff der Seele. Auch er, der in seiner Allgemeinen Psychologie (1912) nur noch historisch auf den Seelenbegriff eingeht, besetzt ihn in seiner Schrift Religion innerhalb der Grenzen der Humanität und in seiner Philosophie religiös, allerdings mit dem Begriff des Gefühls als der Grundlage des religiösen Bewusstseins: Das Gefühl »vertritt die ganze Innerlichkeit des seelischen Lebens, das eigentliche Selbstsein der Seele« 12 . Die Seele geht 12
P. Natorp: Religion innerhalb der Grenzen der Humanität. Ein Kapitel zur
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im Gefühl auf. Im »grenzen- und gestaltlosen Wogen und Weben« oder »flutenden Leben« des Gefühls (RiG 87) erlebt sich das Selbst unmittelbar. Natorp billigt der Unendlichkeit des Gefühls in diesem Selbsterlebnis einen Wahrheitsanspruch zu, der sich als ungegenständlicher »Anspruch der Transzendenz« äußert (Ph 131 ff.). Anders als Cohen bietet er keine theologisch-dogmatischen oder historischen Elemente der jüdischen oder christlichen Tradition auf, wo er seinen Religionsbegriff entwickelt. Oder nur, um sie im Prozess der »Reinigung der Religion« zu verwerfen. In seiner Religion ist auf »jedes Dogma vom Transzendenten« (142), auf »jede dinghafte Vorstellung von Gott« (145) und – besonders schwerwiegend – auch auf Erlösung von der Schuld Verzicht geleistet: »es gibt keine ›Erlösung‹ (einmal für immer), sondern Arbeit ist und bleibt Menschenlos, ein Streben sonder Rast zum ewig fernen Ziel, auch und gerade hinsichtlich seiner sittlichen Vollendung« (143). Das Göttliche als der ›Gegenstand‹ der Religion muss genau auf der Grenze des menschlich Erfahrbaren, nicht diesseits und nicht jenseits davon gesucht werden (136). Die immer neue Grenzziehung geschieht von innen her aus dem Erlebnis der Unendlichkeit des für Menschen Erfahrbaren. Die durch die »Idee« erreichte bzw. gesetzte Grenze bildet einerseits den »Subjektivitätsgrund menschlichen Erkennens und Erlebens überhaupt«, andererseits die »konkrete Totalität des Bewusstseins-Inhalts«, auf den Subjektivität in ihrem Grunde bezogen ist (138). In Natorps emphatischer, ja enthusiastischer Beschreibung erscheint das Göttliche als »die Idee der Idee, die Aufgabe aller Aufgaben« (139). Der Zielpunkt der Metaphysik ist zum Zentrum der Religion geworden. In ihm finden auch die Ideen Kants ihren Platz: Das (religiöse) menschliche Leben bewegt sich in der ›Welt‹ zwischen »dem Übersinnlichen in und außer uns«, zwischen Seele und Gott, es ist »ganz durchgottet, ganz durchseelt« (140). Die metaphysischen Ideen sind in das »Zwischenreich« der Grenze, besser: in den Prozess der Überwindung jeder Schranke, der mit Kampf, Leiden und Schuld verbunden ist, zurückgenommen (141). Natorp mutet uns bewusstseinsimmanente Transzendentalität als Religion zu und Religion als eine Philosophie, die ihre metaphysischen Impulse – in dieser Phase seines Denkens – zu einer Logik der Grenze zusammengezogen hat. Doch rumoren sie Grundlegung der Sozialpädagogik (RiG), 2., durchgesehene und um ein Nachwort vermehrte Aufl., Tübingen 1908, S. 27; vgl. Philosophie. Ihr Problem und ihre Probleme (Ph), 2. verbesserte Aufl., Göttingen 1918, S. 129.
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weiter: in der Unruhe seiner unablässigen Fortarbeit am »Gesamtbau« systematischer Philosophie. Dagegen grenzt sich nun Cohen scharf ab. Für den Begriff der Seele beharrt er auf der Korrelation von Mensch und Gott: »Die Korrelation […] spannt das Leben der Seele auf die Schwebe mit dem Sein Gottes.« (BR 122) Als Vollzug der Korrelation unterscheidet sich das »Schweben« vom »Wogen« oder »flutenden Leben« der Seele bei Natorp. Dass dieser von der »Grundbedingung« der Korrelation absieht und die Religion in der »Unmittelbarkeit des Lebens der Seele« (121) gründet, bezeichnet für Cohen auch ihre Differenz im Begriff der Religion – eine Differenz, hinter der die Gemeinsamkeit zurücktritt, dass die metaphysische Seelenfrage nicht unter dem Gesichtspunkt aufgerollt wird, wie der physische Tod zu bewältigen ist. Auch wenn man in der Sehnsucht oder dem Verlangen des Individuums nach Gott bei Cohen und im »Vor- und Hinausgriff über alles, was in Erfahrungsschranken uns festhalten möchte« bei Natorp dieselbe Figur der Intratranszendenz des religiösen Bewusstseins erkennt, lässt sich nicht darüber hinwegsehen, dass Cohens Gott nicht Natorps Göttliches ist.
Gott Betrachten wir deshalb noch, wie Cohen die Idee Gottes in die Philosophie einführt. Es ist beachtenswert, dass er sie immer wieder in Zusammenhang mit der Idee des Guten bringt. Wie für diese weist er auch für die Idee Gottes die Identität mit dem Absoluten zurück. Aber eine eigentliche Verknüpfung zwischen beiden Ideen wird über die Frage hergestellt, ob es für die Realität des Sittlichen »keine höhere Bürgschaft (gibt), als welche die Idee, als Hypothesis, zu gewähren vermag?« (BR 36) Man ahnt es: Gott soll diese Bürgschaft leisten. Mit Gott kommt einerseits Religion, andererseits Metaphysik ins Spiel. Wenn Cohen die Idee Gottes im zweiten Teil seines Systems der Philosophie einführt, so bewegt er sich zwischen Religion und Metaphysik. Der zu einer Idee (im kantischen Sinne) transformierten Gottesvorstellung kommt die Funktion zu, die Idee der Einen Menschheit davor zu bewahren, als bloße Wahnidee abgetan zu werden. Den Punkt aber, an dem in der Ethik »die Berührung mit dem Probleme Gottes unausweichlich« wird, findet Cohen in der Frage, »in wie weit das Problem 206 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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der Wirklichkeit des Sittlichen« in der Arbeit an der »Verwirklichung des Ideals zur Auflösung gekommen ist« oder »nicht doch noch ein Rest jenes Verlangens nach Wirklichkeit unaufgelöst zurückgeblieben ist« (ErW 432). Um dieses Verlangen zu stillen, muss der ethische Begriff des Menschen auf Gott hin überstiegen werden – analog zum Weg von der Idee zur Idee des Guten. Cohen greift nach Ablehnung von Kants praktischem Postulat der Existenz Gottes zwar auf die Gottesidee zurück, wie sie Kant in der Kritik der reinen Vernunft in die Hypothese der systematischen Einheit der Erkenntnisse transformiert hatte, geht aber – nunmehr an Kants Kritik der Urteilskraft (§ 80 ff.) orientiert – über die Zuordnung der Hypothese Gott zur systematisch-teleologischen Naturerkenntnis hinaus. Mit der Gottesidee verschaffen wir vielmehr der natürlichen wie der moralischen Teleologie, dem Sein wie dem Sollen, wechselseitig eine »intelligible Sicherung«. Denn mit der Gottesidee wird die »Übereinstimmung« zwischen beiden Reichen gedacht. Diese Übereinstimmung von Natur und Sittlichkeit wird näherhin als »harmonisierende Einheit« bestimmt (ErW 463), in der wohl jedweder Gegensatz zwischen Natur und Sittlichkeit überwunden, aber die Differenz erhalten ist. Muss man aber nicht diesen Gott mit dem metaphysischen Absoluten identifizieren, dann aber auch im Zuge der Metaphysikkritik von ihm Abschied nehmen? Oder wie gelingt es Cohen, Gott in die Philosophie einzuführen, ohne in eine vorkantische Metaphysik zurückzufallen? Ein erster Schritt besteht darin, dass er die semantische Identität zwischen den Ausdrücken »Absolutes« und »Gott« lockert, indem er den Einfluss der mythischen und religiösen Überlieferung auf den philosophischen Gottesbegriff würdigt. Das hat seinen Preis, denn der Philosoph gerät so, mindestens tendenziell, von der Metaphysik in die Religionsgeschichte. Doch soll dem Gottesbegriff ein rational und nicht nur historisch begründeter Platz in der Ethik eingeräumt werden. Cohen konstruiert deshalb eine »Lücke in der bisherigen Methodik der Grundbegriffe«, die durch Einführung der Gottesidee ausgefüllt werden soll. In Tat und Wahrheit tritt Gott zur Erfüllung eines Verlangens ein, das trotz der emphatisch inszenierten »Gesinnung der Ewigkeit« unbefriedigt geblieben ist; die Lücke besteht nur bei der subjektiven Vergewisserung der »Wirklichkeit des Sittlichen«. Gott entspringt dem Verlangen des Ethikers nach einer restlosen Gewissheit darüber, dass es mit der Sittlichkeit letztlich nicht nichts ist. Cohen selbst parallelisiert dieses Verlangen mit dem religiösen Verlangen des Individuums nach Gott. Religion und Ethik 207 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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haben einen »gleichartigen« Gott: »Wie er [Gott] in der Ethik für die Menschheit die Verwirklichung des Guten gewährleistet, so leistet er auch in der Religion diese Verwirklichung am Individuum.« (BR 64 f.) Das ist zwar thetisch formuliert, wird aber nur im Rückbezug auf das Verlangen plausibel. Gott ist und bleibt das Objekt eines Verlangens. 13 Dass der Philosoph dieses Verlangen auf rationale Weise stillen möchte, ist – mit Kant zu sprechen – Ausdruck eines »metaphysischen Bedürfnisses« der menschlichen Vernunft, in dem sich die condition humaine spiegelt. So sehr auch dieses Verlangen im Philosophen rumort – intellektuelle Redlichkeit gebietet ihm, sich jede metaphysische Erfüllung seines Verlangens zu versagen. Ausschließlich als Individuum, das im Gebet seine Sünde bekennt, kann er hoffen, sein Verlangen nach Gott nur schon zu verstehen. Dabei wird er die »religiöse« Erfahrung machen, dass es nicht durch ihn selbst, sondern allein durch Gott selbst gestillt wird, nach dem er Verlangen trägt.
Vgl. H. Holzhey: Gott: die Zukunft einer Illusion. Religionskritik bei Freud und Cohen, in: Man and God in Hermann Cohen’s Philosophy, ed. by G. Gigliotti, I. Kajon, A. Poma, Padova 2003, S. 51–62.
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Dana Hollander
»But Does He Really Not Remember?« Cohen’s Revaluing of the Spinozan Politicization of Judaism 1
Hermann Cohen’s critical, indeed angry, treatment of Spinoza in his 1915 essay »Spinoza on State and Religion, Judaism and ChristianIt is an honor to contribute to this Festschrift for Myriam Bienenstock, whose work traverses, in a unique manner and to a degree that few others have achieved, the study of modern European philosophy and modern Jewish philosophy. Moved by the energy of her own questions posed to these traditions, Myriam has also been a force for gathering scholars together for incisively framed conferences and edited volumes, for taking the lead on important projects such as the International Rosenzweig Society and the translation of key works by Hermann Cohen into French, and for encouraging up-and-coming scholars and students in the field. With gratitude to Norbert Waszek for this invitation and for the work of assembling this tribute to Myriam, I offer here a version of a talk I gave at one of our recent meeting-places, the conference on Hermann Cohen, Spinoza, and German Idealism (convened by Leora Batnitzky) at Princeton University in April 2016.
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Abbreviation Key: PJS Hermann Cohen, »Das Problem der jüdischen Sittenlehre. Eine Kritik von Lazarus’ Ethik des Judentums« (1899), Jüdische Schriften (Berlin: Schwetschke, 1924), vol. 3: 1–35. RV Hermann Cohen, Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, 2nd ed. (Frankfurt am Main: J. Kauffmann, 1929; repr. Wiesbaden: Fourier, 1978). Religion of Reason Out of the Sources of Judaism, trans. Simon Kaplan (Atlanta: Scholars Press, 1995). SSR Hermann Cohen, »Spinoza über Staat und Religion, Judentum und Christentum« (1915), Jüdische Schriften, vol. 3: 290–372. Also in Werke, vol. 16 (Hildesheim: Olms, 1997). Translations are my own, but an English edition is now available: Spinoza on State and Religion, Judaism and Christianity, trans. Robert S. Schine (Jerusalem: Shalem Press, 2014). The pagination of the Jüdische Schriften edition appears in the margins of both the Werke edition and the English translation. TTP Baruch Spinoza, Theological-Political Treatise, 2nd ed., trans. Samuel Shirley (Indianapolis: Hackett, 2001), and Spinoza’s Theologico-Political Treatise, trans and ed. Martin D. Yaffe (Newburyport, MA: Focus Publishing, 2004). I draw on both translations, for example in order to render passages in a way that is close to Cohen’s German renderings.
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ity,« allows us to see with special clarity the fundamental questions Cohen’s philosophy in general raises about what is, or should be meant by »religion« and what is, or should be meant by »politics,« in the modern age. Cohen’s critique rests in large part on what he sees as Spinoza’s politicization of Judaism. Famously, for Spinoza, the Jews are elected by God not »not by reason of their understanding« and »not by reason of their virtue and true life,« but only contingently, for material advantage and good fortune, for a limited time. The law that is given to the Jews is thus bound to a promise of »temporal happiness« and »prosperity« for their state, a material, political advantage. 2 The critique Cohen mounts against this interpretation of the biblical story of the Israelites is structured around the opposition of state and religion, and also around the question of law: He asks rhetorically (the »rhetorical question« being a device that Cohen deploys relentlessly in the Spinoza essay; I quote one of those rhetorical questions in the title of this essay): »Are the laws only state laws, or are they also laws of faith/belief [Glaube]?« What Cohen finds objectionable above all is that Spinoza fails to acknowledge any universalist aspect to Jewish election. 3 Thus, Cohen contends that Spinoza ignores the fact that God’s covenant with Abraham promises: »You shall become a blessing for all families of the earth.« 4 Instead, Cohen writes, Spinoza identifies God’s political covenant with the Israelites as merely an instance of »egotism,« »utilitism,« and »opportunism.« Consistently with this, Spinoza regards all biblical laws as political, as state laws, and is not interested in whether biblical laws have any relevance for general human morality. Cohen’s prime example for this is that Spinoza, as he puts it, »does not remember« (to which he adds in parentheses, »but does he really not remember?«) »that the Talmud invented and erected the laws of the sons of Noah«—laws whose purpose according to Cohen was to avoid excluding the non-Jewish peoples from divine law (SSR 330). In particular, according to Cohen, Spinoza ought to have »remembered« that the concept of the Noahide represents »a main objection to his entire theory« (SSR 345). TTP 38/34. Discussed by Cohen in SSR 328. At best, Cohen finds Spinoza to be making contradictory claims on this score (e. g., SSR 335). 4 Gen. 12:3 in NRSV: »I will bless those who bless you, and the one who curses you I will curse; and in you all the families of the earth shall be blessed.« SSR 328–29. 2 3
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Cohen makes good on the promise communicated by this parenthetical hint (»but does he really not remember?«) as he hones in on the passage in which Spinoza makes direct reference to this concept: After having stated that the biblical stories are merely contingently useful for conducting one’s life well, Spinoza remarks: »the Jews take a completely contrary view.« 5 As evidence, he quotes Maimonides’ much-discussed pronouncement about Noahide law in the »Law of Kings«: Everyone who accepts the seven laws and is careful to fulfill them is one of the righteous/pious of the nations of the world [ḥasidei umot ha-olam] and has a share in the world to come. This is so if he accepts and practices them on the ground that God commanded them in the Torah and that He informed us through Moses our teacher that the sons of Noah had earlier been given these commandments. But if he practices them because of rational considerations, then he is not a ger toshav [denizen] nor one of the righteous of the nations of the world nor one of their sages. 6
For Spinoza, this statement means that Maimonides »openly claimed« that »the Jews […] maintain that true beliefs and a true way of life contribute nothing to blessedness as long as human beings embrace them only from the natural light of reason, and not as teachings revealed prophetically to Moses.« 7 I am of course aware of the interpretative issues surrounding Maimonides’s pronouncement: namely whether manuscript divergences along with parallel passages elsewhere in the Mishneh Torah permit us to read »he is not a ger toshav nor one of the righteous of the nations of the world, but he is one of their sages« and, if such a reading is plausible, what its implications would be. 8 My interest here, however, is in Cohen’s response to the use that Spinoza makes of this TTP, ch. 5: 68/64. Maimonides, Mishneh Torah: Law of Kings, chap. 8:11, following more or less the quotation by Steven S. Schwarzschild, »Do Noachites Have to Believe in Revelation? (A Passage in Dispute between Maimonides, Spinoza, Mendelssohn, and Hermann Cohen) A Contribution to a Jewish View of Natural Law« (1962), repr. in The Pursuit of the Ideal. Jewish Writings of Steven Schwarzschild, ed. Menachem Kellner (Albany: SUNY Press, 1990), 31–32. Cf. TTP 68–69/64–65 and SSR 346– 47. 7 TTP, 68/64, quoted by Cohen, SSR 346. 8 see e. g., David Novak, Image of the Non-Jew in Judaism (New York: E. Mellen Press, 1983), 288–90; Schwarzschild, 32–33. 5 6
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passage. 9 For Cohen, Spinoza’s use of the passage, as well as his failure to mention the authoritative evidence that speaks against a simply exclusivist reading of it, means that Spinoza indeed »did think of the son of Noah, but believed he could […] nullify him« (SSR 348). But Cohen also takes this occasion to turn his questioning directly to Maimonides’s pronouncement (SSR 348 ff.). He argues that the sentence in question refers to the »ger toshav,« which is a political institution or a category of »state law,« and in particular of citizenship law (SSR 349). Cohen argues that it denotes a sojourner with rights of residence, and not the »righteous/pious of the nations of the world,« which is a »religious« category. To repeat the sentence in question in Maimonides: »But if he practices [the Noahide laws] because of rational considerations, then he is not a ger toshav nor one of the righteous of the nations of the world nor/but one of their sages.« Cohen contrasts this passage with the two classic parallel passages elsewhere in the Mishneh Torah. These, he says, concern the Noahide as a »religious« concept and the »religious« problem »of whether blessedness [Seligkeit] may be ascribed to the Noahide as well [as to] the Israelite.« In those passages, the upshot is that »blessedness is not dependent on faith […],« that general adherence to »natural morality« is sufficient for blessedness (SSR 347–49). The passage in Law of Kings, by contrast, concerns not the »moral legitimation of the Noahide,« but »rights of residence« belonging to the resident alien (Beisassfremdling), a non-Jewish denizen in a Jewish land. This is no longer a matter of natural law in its »religious« meaning for the attainability of blessedness, but a matter of state law. Cohen here calls the Noahide a »theoretical« concept, as distinct from the ger toshav, a »political« concept. Despite his »religious liberalism,« Cohen says, Maimonides as a state law theorist or political theorist (Staatsrechtslehrer) 10 was bound to have »political and juridical reservations« when confronted with the problem of whether a person whose adherence to the seven laws was based on reason ought to be given the rights of citizenship in the Jewish polity. Reason, after all, is free, and thus its decisions can fluctuate. The denizen or citizen should by contrast be expected to See also the analysis in Beate Ulrike La Sala, Hermann Cohens Spinoza-Rezeption (Freiburg: Alber, 2012), 252 ff. 10 On this translation, see Arthur J. Jacobson and Bernhard Schlink, »Constitutional Crisis: The German and the American Experience,« introduction to Weimar. A Jurisprudence of Crisis (Berkeley: University of California Press, 2000). 9
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»take the Jewish law of the state upon himself« (SSR 350). As is well known, Steven Schwarzschild treated the passage in question in the Law of Kings, along with Spinoza’s and Cohen’s readings of it, under the heading of the question »Do Noachites Have to Believe in Revelation?« Cohen’s answer to this question, in light of his examination of what Maimonides says, remains »no.« His answer here augments a key point he had made years earlier, in his expert witness testimony at the 1888 Marburg Antisemitism Trial: 11 that belief is not required of the Noahide: He stresses that what Maimonides envisions is that the seven commandments will be »taken on« by the Noahide »as a resident-alien.« For Cohen, such a »taking-on/adoption [Übernahme] […] by no means includes at the same time belief in this divine commandment.« He adds: »The adoption is not at all an adoption of an article of faith, but the taking-on of a political obligation« (SSR 350). Thus, in the heart of Cohen’s critique of the politicization of religion by Spinoza, we find Cohen valorizing Judaism and its potential contribution to ethics specifically for its politicization of what appears initially to be a religious category. 12 In other words, Cohen’s objection to what he sees as Spinoza’s particularist/exclusivist interpretation of Judaism does not lead him to a depoliticized concept of Judaism, or of Jewish law at all. Rather, Cohen’s concept of Jewish religion involves a re-valuing of the political, in that for Cohen, the foreigner becomes a core political concept, and politics, along with law as state law, becomes universalist by definition. A similar movement drives the argument of the only text we have by Cohen in which he offers something resembling a sustained account of the role of law or halakha in Judaism: chapter 16 of Religion of Reason, entitled »Law« (»Das Gesetz«). Just as in the »Spinoza« essay, Cohen’s rejection of a politicizing account of Judaism is connected to the overarching principle in his thinking that the meaning of Jewish monotheism is above all »ethical,« the »Law« chapter in the Religion begins with the observation that in Judaism, law (Gesetz)
See my essay »Ethical-Political Universality Out of the Sources of Judaism: Reading Hermann Cohen’s 1888 Affidavit In and Out of Context,« in New Directions in Jewish Philosophy, ed. Aaron W. Hughes and Elliot R. Wolfson (Bloomington: Indiana University Press, 2010). 12 Cohen imports this argument about Maimonides’ pronouncement into Religion of Reason, specifically into the chapter on immortality (RV 385–87/331–32). 11
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demands to be understood as the »basic law of the moral world« (RV 393/338). This opening seems to be setting the stage for a chapter whose overall task would be to examine to what extent, if at all, Jewish law can be seen as relevant to morality or ethics. Viewed from the point of view of this framing, the chapter seems to follow the classic »moral defense« playbook of liberal German-Jewish intellectuals of the turn of the century. Looking past this framing, however, I want to read this chapter as picking up and extending an argument begun in a much earlier work, Cohen’s 1899 review of Moritz Lazarus’s book Ethik des Judentums (The Ethics of Judaism). This will allow me to reconstruct a larger argument by Cohen about law in Judaism, whose purpose is to bring law’s political dimension into focus. That argument begins with Cohen claiming that Judaism, unlike Christianity, is not a dogma; it does not present a doctrine or a faith that poses as an alternative to philosophical reason. This is because Judaism already contains within itself the ethico-philosophical tradition that, for Christianity, historically functioned as a challenge to faith—such that »Christian ethics« would have developed as the answer to the challenge from philosophy. Cohen develops this point chiefly in the review of Lazarus’s book Ethik des Judentums. Lazarus (1824–1903) belonged to an older generation of Jewish intellectuals than Cohen, and was a prominent Jewish political leader in late 19th century Berlin. He shares in the »moral defense« stance of that period that I mentioned a moment ago, the project of solidifying Jewish civil equality by promoting an »ethical« interpretation of Judaism. But paradoxically, Cohen’s review actually attacks Lazarus for underselling Judaism’s ethical significance. Cohen pins this attack on Lazarus’s characterization of his book as the first ever attempt to present an »ethics of Judaism.« This is termed an »insult« of Judaism by Cohen, who accuses Lazarus of having failed to acknowledge and draw on Jewish philosophers, especially those of the medieval era and especially Maimonides, for their contributions to ethics. This leads Cohen to the observation I mentioned a moment ago, that Judaism is not a dogma or doctrine. Cohen’s idea here is that Jewish religion, rather than being subject to reason-based challenge from outside itself, supplies its own ethical/philosophical corrective from within itself, such that ethics—reason as ethics—is always a part of religion (PJS 1, 4). We can understand this claim as a repetition-with-a-difference of Kant’s criterion for a »religion within the limits of reason«—which 214 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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denotes a religion insofar as it could be capable of playing the role in ethics that Kant accords to religion: Just as Cohen describes Christianity as a dogma/faith that is determined by a perpetual dialectical or agonistic relationship with philosophy or reason, so for Kant the criterion for a »good religion« was a criterion for sorting out what is mere dogma, or spurious service to God/worship, from that in religion which can be rationally defended or which can support ethical action. Kant excluded Judaism, as statutary religion, from this model of religion. But of course for Cohen, Kant’s criterion would have to be seen, contrary to Kant’s own intention, as an indication for the inherent philosophical reasonableness of Judaism. Now as Cohen routinely reminds us whenever he mentions Kant’s attitudes to Judaism, the conclusion to which this sort of disjunction of Judaism and dogma/doctrine has typically led is exactly the politicizing interpretation of Judaism that Cohen rejects, the one that leads to his critique of Spinoza (and which he also (mistakenly, I think) ascribes to Mendelssohn). In fact, when Cohen comments on Kant’s mistaken understanding of Judaism, he frequently blames it on Kant’s reception of Spinoza and Mendelssohn. 13 Cohen finds his main warrant for the idea that philosophical reason and moral teaching are integral to Judaism in the thought of Maimonides. Discussing Maimonides’s contribution to thinking about a classic topos of rabbinic inquiry: the question of the »reasons for the commandments« (ta’amei ha-mitzvot), he argues that for Maimonides, the so-called religious or ceremonial laws converge in their moral purpose with those laws that are traditionally understood as having a moral rationale. 14 However, Cohen goes beyond underscorE. g., Cohen, »Innere Beziehungen der Kantischen Philosophie zum Judentum« (1910), Jüdische Schriften 1:284–87. For Cohen’s critical stance toward Mendelssohn, see also Deutschtum und Judentum, 2nd ed. (1916), Jüdische Schriften 2:257–59. 14 For an explanation and a brief history of the inquiry into the »reasons for the commandments,« see Encyclopaedia Judaica, 2nd edition, s. v. »Commandments, Reasons for,« 5:85–90. For a comprehensive study, see Isaac Heinemann, The Reasons for the Commandments in Jewish Thought. From the Bible to the Renaissance (1949–56), trans. Leonard Levin (Boston: Academic Studies Press, 2008). Cohen’s discussion of ta’amei ha-mitzvot in Religion chapter 16 is the focus of Aharon Shear-Yashuv, »Hermann Cohen über Chok und Mischpat,« in H. Holzhey, G. Motzkin, and H. Wiedebach (eds.), »Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums.« Tradition und Ursprungsdenken in Hermann Cohens Spätwerk. »Religion of Reason Out of the Sources of Judaism.« Tradition and the Concept of 13
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ing that for Maimonides religious law is essentially ethical. Just as he did when reading Maimonides’s pronouncement about the Noahide, Cohen here also insists on a political, public dimension to Maimonides’s appreciation of the law or the commandents. Thus, he highlights the following statement in Maimonides’s justification for why one may and ought to inquire into the »reasons for the commandments«: 15 All [the commandments] are bound up with three things: opinions, moral qualities, and political civil actions. (Guide III.31. Pines translation)
or, in an English approximation of Cohen’s German rendering: All depends on three things: knowledge [Erkenntnis], morality [Sittlichkeit], and citizen engagement [staatsbürgerliche Betätigung] (RV 412/354)
In other words, despite Cohen’s determined rejection of Spinoza’s idea that Judaism is a polity, with the third term in this enumeration, »citizen engagement,« he also brings out the sense in which the commandments, in that they are means of knowing God in his »identity« with morality, also involve human collective existence in relation to political and legal institutions. 16 In such discussions of Maimonides, as in his discussions of law in Judaism in general, Cohen must perpetually skirt the risk of understanding Judaism as »merely« a political entity. He must avoid the Origin in Hermann Cohen’s Later Work (Hildesheim: Olms, 2000), 381–403, here 387 ff. I discuss Cohen’s treatment of ta’amei ha-mitzvot in greater detail in chapter 4 of my forthcoming monograph on ethics and law in Hermann Cohen’s philosophy. 15 Maimonides directs this justification against the detractors of such an enterprise, who hold that at least some of the commandments need to be thought of as not having any »reasons.« 16 Another example of Cohen’s insistence on a political dimension to Maimonides’s ethical insights is his appreciation for Maimonides’s statements about the messianic times as reflecting a hope for a historical future, rather than a utopianism or a reference to a paradise beyond the end of time: Cohen says about those statements that they recognize in messianism the basic traits of an »ethical socialism« (RV 361)—as also highlighted by George Y. Kohler, »›Die Idealisierung des Diesseits‹ – Maimonides’ Einfluss auf das Konzept des Messianismus in Hermann Cohens Essay Charakteristik der Ethik Maimunis,« in Judaica 3(2011): 241–62, here 261; and by Francesca Yardenit Albertini, Die Konzeption des Messias bei Maimonides und die frühmittelalterliche islamische Philosophie (Berlin: de Gruyter, 2009), XX.
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appearance of making Spinoza’s mistake of regarding all biblical laws as political laws, and disregarding their role as religious laws, or laws of »faith.« I think this explains why in the chapter on »Law« Cohen breaks off his discussion of Maimonides and abruptly launches into a narration of modern Jewish political-intellectual history (RV 415 ff./ 357 ff.). In seeking to explain the purpose of law, Cohen has no prior established political history, or definition of Jewish political life, at his disposal. Insofar as he concedes, with Maimonides, that there is a public-political aspect to the legitimate inquiry into the »reasons for the commandments,« he must now define what he means by »political« in a way that avoids the Spinozist pitfall of understanding Judaism as merely a national-political constitution. However, the modern Jewish history that Cohen goes on to tell in order to elucidate the purpose of a law in Judaism that cannot be a temporal, particular or national law in Spinoza’s sense—a history, in other words, that ought to be predicated on a non-political existence —in fact leads him to a determination of Jewish politics in a new, messianic and universalist sense. The starting point of this modern history is what Cohen describes as Mendelssohn’s disappointing reduction of Judaism to its law (RV 415/357). Cohen now focuses in on a dilemma, an »apparent contradiction« between: (1) the view he attributes to Mendelssohn: that Judaism is an »isolated« and particularist »nation,« whose »isolation« was and perhaps continues to be the necessary condition of the persistence and thriving of Judaism (or monotheism) as such. (2) the view that Judaism has a »messianic mission« that is universalist and oriented to humanity (RV 418/359). The purpose of Cohen’s political history will be to resolve or »sublate« (aufheben) this »apparent contradiction«—to show that Jewish »isolation« and Jewish messianic universalism are not at odds with each other. The first stage is represented by the so-called »Reform« answer to the dilemma: According to that answer, Judaism is not a nation but a religion, and as a religion it is universalist. The Reform project was thus to overcome Jewish isolation, the idea of Judaism as a nation, by affirming that Judaism is a religion. The agenda of reforming religious observance—that is, of relativizing law—was thus a program of overcoming Jewish »isolation«—toward the goal of ensuring full citizenship and participation in society. This was a program for a »religion« that could function as »the historical preliminary stage to 217 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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the messianic future of Judaism.« That is, here religion as a messianic universalism was supposed to improve the older, seemingly damaging conception of Judaism as a nation »isolated« by virtue of a particular law (Gesetz) (RV 418/359–60). Cohen’s political history of modern Judaism next moves to analyzing what he calls a Zionist »episode,« which reacted to the idea of Judaism as a religion by affirming Jewish nationhood in a new sense. Here the concept of »nation« became politicized, in line with the European liberal national revolutionary movements that were attempting to establish nation-states in place of old monarchies. »Nation« accordingly came to mean the same thing as state (RV 418–19/360). Part of the struggle for Emancipation had consisted in demonstrating that Jewish religion—Cohen here alludes to prayers expressing a hope for attaining Zion—did not seek a »restoration of the Jewish state.« But now, the general European tendency to conflate the notions of nation and state, or nation and politics, along with intensifications of anti-Jewish oppression and violence, became too great for the earlier resistance to Jewish nation-statism to hold. In Cohen’s political history of modern Judaism, then, the Zionist option favors particularism, by aspiring to a Jewish national state, at the expense of »religion,« as messianic universalism. Cohen thus recalls and revives the opposition bequeathed to Jewish thought by the era of Emancipation and Reform—that between nation and religion— and endorses Reform’s decision in favor of religion. Against the conflation of statehood and nation, Cohen asserts a new politics proper to religion: this political alternative is »messianism« as a »factor in world history« (RV 419–20/361). Thus, where he had earlier rejected the standard politicization of the concept of Judaism in the manner of Spinoza and (he claims) Mendelssohn, Cohen now uses the term »religion« to name a world politics of a different order. In line with this differently defined politics that he aligns with »religion,« Cohen assigns to the »isolation« of the »law« a new significance: Does the concept of nation have exclusively the political meaning […]? Can the concept of the nation not have another meaning, which does justice to isolation insofar as the latter must be maintained for the sake of religion and can be maintained above all through the law? (RV 419– 20/361)
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Moving toward this »other meaning« of »isolation,« Cohen seeks to resolve the dilemma between national particularism and religious universalism by proposing that Jewish nationhood and isolation can be understood and maintained in a way that is not particularist, but that furthers the project of religion as messianic universalism. Universalism calls for »nationality« as distinct from »nation.« »Nationality« denotes both a plurality internal to the state (here we can think of »states« that comprise more than one people or »nationality«—the classic example of the time, which is also the one that Cohen seems to have in mind, 17 being the Austrian multinational state), and a plurality of nation-states that takes on the tasks of confederation and peace. In other words, in parallel to the movement toward a confederation of states or harmonization of peoples, Cohen advocates a concurrent movement within the state or individual nation: an embracing of the foreign. 18 This call to embrace the foreign is of course continuous with Cohen’s work in the Spinoza essay and in many other texts to elucidate the meaning of the political institution of the sojourner or ger toshav. Unlike a nation, a »nationality« is not identifiable with a single »state.« 19 The confederation of states »needs peoples« in the plural (RV 421/362), and the state itself »is dependent on nationalities.« The political existence of Judaism, according to Cohen, is as See Cohen, »Religion und Zionismus. Ein Wort an meine Kommilitonen jüdischen Glaubens« (1916), Jüdische Schriften 2:322 (also in Werke vol. 17 [Hildesheim: Olms, 2002]). But see Hartwig Wiedebach, Die Bedeutung der Nationalität für Hermann Cohen (Hildesheim: Olms, 1997), 7–8 [English version: The National Element in Hermann Cohen’s Philosophy and Religion, trans. William Templer (Leiden: Brill, 2012), 1–2], who cautions against such a reading. For a contemporary account of »nation« and »nationality« that is consistent with much of Cohen’s understanding, see Alfred Kirchhoff, Zur Verständigung über die Begriffe Nation und Nationalität (Halle, 1905), e. g.: Nationality is a relative term (cf. RV 421–22); there are nationalities within the nation-state (cf. Cohen, op. cit, 322: »Nicht Nationen vereinigt der Staat, sondern Nationalitäten«), whereas nation is an absolute term. The idea of nationality is associated with the risk of fragmentation within the nation-state; but it is also the vehicle by way of which a group not of the dominant nation can be accorded specific self-governance rights (»autonomy«). Such autonomy was also sometimes sought for the Jews as a »nationality,« as we can see from a work such as Nathan Birnbaum [Mathias Acher, pseud.], »Jüdische Autonomie,« in Ost und West vol. 6, no. 1 (January 1906): 1–6. 18 Thus he opposes the völkisch-organicist attitudes according to which the »foreign body« is a »cancerous defect that threatens the organism of the states« (RV 420/362). 19 RV 421/362. »Religion und Zionismus,« 322. 17
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Jewish nationality, which is an indispensable support of Jewish religion as a messianic-universalist project (RV 421–22/362–63). 20 However, Cohen specifies that Jewish nationality or existence should remain the support of Jewish religion only on the following condition: There can arise […] no doubt that nationality must remain the necessary basis for the preservation of Jewish religion as long as it [i. e., Jewish religion] stands in opposition/contrast to other forms of monotheism. (RV 422/363, emphasis added)
Does Cohen, then, anticipate a time in which the plurality of »religions of reason« will merge into a single, universal religion of reason? We quickly learn that this is not his view. Just as »nationality« entails plurality, and just as the state, when properly understood, »depends on nationalities,« here Cohen insists on a plurality of religions of reason. It would be »impermissible,« he writes, to seek to »replace« Cohen illustrates his understanding of Jewish nationality as a support of religion with a quotation from Saadya Gaon’s Book of Doctrines and Beliefs: »Our people is only a people through its teachings [toroteha],« which he elucidates as follows: In this necessary disposition of nationality for religion lies [the] idealizability [of nationality]. And [nationality’s] share in ideality consists only in religion. (RV 422/363, emphasis added) Note that in presenting Saadya’s famous dictum (in Yehudah ibn Tibbon’s Hebrew translation), Cohen translates toroteha as »its teachings« (»seine Lehren«). This term is usually translated as »its laws,« as in Alexander Altmann’s rendition: »Our people, the Children of Israel, are a people only by virtue of our laws.« The line appears as part of Saadya’s canonical argument for why »the laws of the Torah shall never be abrogated.« Saadya Gaon, The Book of Doctrines and Beliefs (abridged translation), trans. Alexander Altmann (1946; Indianapolis: Hackett, 2002), 112. Cohen refers to this argument, and praises Saadya for it, a few paragraphs later, when discussing the classic question of whether the law is »necessary« or »eternal« (RV 424/365). But by initially excerpting and interpreting Saadya’s line in the way that he does, Cohen underscores that he wishes to re-embed the traditional Jewish-philosophical question about the eternity of law (»a prevailing problem in the Jewish Middle Ages«) into his theory of Jewish modern political existence as a universalist »religion,« which he has defined by way of »nationality.« In parallel passages in Deutschtum und Judentum (1915) and in »Das Gottesreich« (1913), Cohen translates Saadya’s line as »Our nation is a nation only through its teaching[s]« and similarly interprets it as reflecting universalist messianism as a »basic idea« of Judaism, in the sense that the teachings shall transcend the people and become effective universally: »The final meaning and content of our teachings is the subordination of the nation under humanity.« Jüdische Schriften 2:265, 3:174. 20
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»But Does He Really Not Remember?«
Judaism with a different monotheism: plurality and »the manifold of cultural phenomena« are to be embraced and studied for their »share in reason.« The »thought of the absolute« must be rejected. 21 Accordingly, if the preservation of Judaism remains indispensable, remains »a historical necessity,« this is a necessity »out of the principle of reason« (RV 423/364), that is, insofar as Judaism is demonstrably a »religion of reason.« 22 It follows that the condition I cited a moment ago—that Jewish religion is to be preserved on the basis of Jewish nationality »as long as [Jewish religion] stands in opposition to other forms of monotheism«—does not mean that Jewish nationality is to be preserved for as long as no universal religion of reason comes to replace it. Instead, the clause expresses the very project of the book Religion of Reason. Explaining what he means by Judaism’s »opposition to other forms of monotheism,« Cohen continues: What is in question here is nothing other and nothing less than the particular value [Eigenwert] of Jewish monotheism itself,
i. e., its distinctive character »in opposition to« »other forms of monotheism« (RV 422/363). To demonstrate that distinctive character and value of Jewish monotheism is the task of the Religion. That Judaism is a religion of reason is the thesis to be demonstrated by the book. At the same time, that Judaism be a religion of reason is the hoped-for outcome of Cohen’s efforts in the book, to be attained if the understanding of Judaism laid out in the book—Judaism as a messianicuniversalist force in world history—is taken seriously and becomes effective in the world. Thus the book Religion of Reason is itself the messianic-universalist project that it describes throughout its pages, and here in particular, in defining and re-valuing »isolation in the law.« Isolation now no longer denotes a particularism (or a »ghetto,« as Cohen sometimes
The very »idea [Gedanke] of wanting to replace one religion with another« is a »historical Ungedanke,« wholly unacceptable. Instead, the »philosophy of history«—which we can here take as a temporary name for Cohen’s own philosophical project out of historical sources in the Religion—»defends against the idea of absoluteness« by researching the »share of reason« in »the manifold of cultural phenomena« (RV 422–23/363–64). 22 »If indeed, however, out of the sources of Judaism, Judaism can be proved a religion of reason, then the continuation [Fortbestand] of Judaism is, conceptually, secured« (RV 422/364). 21
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Dana Hollander
calls it) or a susceptibility toward nation-statism, but becomes necessary for the sake of universality. Cohen had originally introduced »isolation« as a synonym, or a characteristic feature, of law. Having re-founded or projected the necessity of Jewish existence in a new sense—as the project of a religion of reason in the horizon of universality—Cohen now envisions the following objection: Isolation in the world of culture [i. e., the world understood in terms of »culture« or as something »cultural«; Kulturwelt—D. H.]! Does such a demand, made from the point of view of the law, not amount to a condemnation of Judaism? (RV 425/366)
Cohen’s answer consists in re-casting what Jewish »isolation in the law« means. It is not to be understood as an »isolation from the point of view of the law.« That is, it is not law that demands the isolation, because law is not necessary in itself, but is only necessary relative to what Cohen has been calling »nationality« and »religion.« »Isolation,« Cohen specifies, is instead »demanded« from the point of view of »pure monotheism« (RV 425/366). When monotheism is at stake »the world,« die Kulturwelt—the world-historical project in which the religion of reason has a share—»is itself at stake« (RV 426/366). Thus the »isolation« demanded is demanded not for the sake of a particular people’s life—not for the sake of the law itself—but for the messianic achievement of the religion of reason as a universalist project. Looking back at the path of Cohen’s argument in the Religion of Reason, we can see that it rests on a redefinition and revaluing of the political in Jewish existence. Law (Gesetz) is understood not as the particular law of a polity or a nation(-state), but instead as serving religion, which in turn is understood as a universalist international politics. The »isolation« of Jewish law is thus an essential facet of Jewish existence in the sense that it prepares, and defers, and represents a more fundamental and ultimate unity of humanity, one that transcends both the particularist concept of the Jewish-political imputed by Cohen to Spinoza, and any attempt to reduce the meaning of Jewish existence to an ethics without politics.
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Dominique Bourel
Un philosophe dans le désert: Shmuel Hugo Bergmann (1883–1975) de Prague à Jérusalem Le lecteur de la Vie Intellectuelle fondée par les dominicains 1 en 1928 dut être surpris de lire un article intitulé « Mort et immortalité dans l’enseignement du rabbin Kook » 2 de la plume quasi inconnue, du moins en France, de Shmuel Hugo Bergmann. En effet ce dernier incarne un itinéraire et une pensée très originales dans l’histoire de la philosophie, de la culture européenne et proche-orientale du XXe siècle. Cet article souhaite simplement introduire à son monde qui actuellement retrouve son importance historiographique dans la naissance de la philosophie comme discipline en Israël notamment à l’université hébraïque de Jérusalem. Né en à Prague le 25 décembre 1883 et disparu le 18 juin 1975, il a vécu plusieurs vies, dans trois ou quatre pays remplissant différentes fonctions 3. Socialisé à Prague, (Bar Mitzva le 5 décembre 1896 à la Pinkas Synagoge), il est le condisciple de Franz Kafka au Alstädter Gymnasium entre 1893 et 1901 et apparait donc souvent dans la recherche afférente à cet auteur qu’il retrouvera en 1903 à l’université. C’est l’année où il publie Die Judenfrage und ihre Lösungsversuche. En effet dès 1898 il est très actif dans le mouvement sioniste et membre de l’association Bar Kochba célèbre pour avoir invité Martin Buber dont il sera très proche jusqu’à la mort de ce dernier en 1965, à donner les célèbres conférences, Drei Reden über das Judentum, (1909–1911) augmentées et publiée sous le titre Judaïsme. Ce livre marqua plusieurs générations de jeunes juifs. Ce cercle sioniste de Prague (avec Hans Kohn, Leo Herrmann, Robert et Felix Weltsch ou Jean-Claude Delbreil, La revue ›La vie Intellectuelle‹. Marc Sangnier, le Thomisme et le Personnalisme, Paris, le Cerf 2008. Abraham Isaac Kook (1865–1935) fut un des penseurs religieux les plus importants de sa génération. 2 1958, no. 47. Parmi les rares articles en français, William Kluback, « La foi messianique d’Hugo Bergmann » in Archives de Philosophie 55 (1992) pp. 35–48. 3 Indispensable est Baruch Shohetman and Shlomo Shunami, The Writings of Shmuel Hugo Bergman. A Bibliography, Jerusalem, Magnes 1968. 1
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Dominique Bourel
Max Brod) est une composante importante et très particulière de ce mouvement 4 . Etudiant à l’université (allemande) Carl Ferdinand à partir de 1901, après avoir été inscrit, avec Kafka, en chimie, il passe à la physique, à la philosophie et aux mathématiques. Il prépare alors une étude sur « L’évidence dans la perception interne 5 », et soutient sa thèse le 18 décembre 1905 sur Die Atomtheorie im 19. Jahrhundert, ein Beitrag für die Problemgeschichte der Philosophie sous la direction d’Anton Marty (1847–1914). Quelques années plus tard il publie Das philosophische Werk Bernhard Bolzanos « avec utilisation de sources inédites examinées de manière critique » 6 . Il rédige déjà beaucoup de recensions dans Selbstwehr, Ha-Shiloa, le Prager Tagblatt etc., sur Henri Bergson, Félix Le Dantec, la littérature juive, hébraïque et philosophique européenne. Il montre une grande curiosité intellectuelle et un talent certain d’exposition. On trouve même une traduction d’un extrait du Zohar ! Il commence à tenir un journal dès 1901 dont nous possédons deux volumes publiés et qui est une source extraordinaire jusqu’à la fin de sa vie 7. Il commence une carrière de bibliothécaire à l’université de Prague en 1906 qu’il exercera jusqu’en 1919. En 1910 il voyage avec sa femme Else née Fanta (1887–1969) en Palestine. Il constate très vite la présence majoritaire des Arabes dans le pays 8 et il note : « Die Zionisten haben sich über die arabische Bewegung getäuscht. Man muss trachten, mit den Arabern auszukommen. Wir haben weder die Macht, noch das moralische Recht, die Druzen zu kolonisieren » (I,35). Il tentera en vain d’obtenir un poste à l’université visitant plu-
Voir l’excellente étude de Zohar Mahor, Une nouvelle doctrine secrète : Spiritualité, créativité et nationalisme dans le cercle de Prague, Jérusalem, Shazar Center 2010 (héb.) et Dimitry Shumsky, Zweisprachigkeit und binationale Idee. Der Prager Zionismus 1900–1930, üb. Dafna Mach, Göttingen Vendenhoeck u.Ruprecht, 2013 (or.hebr. 2010). 5 Cf sa présentation dans les Kant-Studien 13 (1908) pp. 502–503. 6 Halle, Niemeyer 1909. Il commence a publié des articles, d’abord sur le judaïsme à partir de 1903. Sur toute cette culture ›autrichienne‹ voir A l’école de Brentano. De Würzbourg à Vienne, éds. Denis Fisette et et Guillaume Fréchette, Paris Vrin 2007. 7 Tagebücher und Briefe Bd. 1, 1901–1948, Bd. 2, 1948–1975, hg. Miriam Sambursky, Königstein i. Taunus, Jüdischer Verlag 1985 que nous utiliserons au cours de cet article. 8 David Grossman, Démographie arabe et première installation juive en Palestine, Jérusalem, Magnes 2004 (héb.). 4
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sieurs villes, Halle, Kassel, Francfort et Marburg. Sur Göttingen il est enthousiaste : Es herrscht hier ein kolossales philosophisches Interesse, Husserl hat allein einen engen Kreis von etwa 30 Leuten um sich, die alle oder wenigstens die meisten zur Universität wollen […]. Hätte ich hier mein Doktorat gemacht, so wäre ich unschwer angekommen, und auch das Judentum hätte kein Hindernis gebildet. So aber hat niemand ein Interesse an meiner Habilitation, eher ein gegenteiliges. Immerhin werde ich überall gut aufgenommen, bei Husserl verbrachte ich den Nachmittag, am Abend war ich mit Nelson und ein paar Hörern von ihm spazieren (I,41).
Franz Brentano, le 23 décembre 1911 s’étonne de ses convictions juives, qui représentent un obstacle à une carrière universitaire: « Ihre zähe Anhänglichkeit an ein Vermächtnis barbarischer Zeit, das denn doch als überlebt bezeichnet werden muss ». Bergmann répond immediatement le 5 janvier 1912 : In der Frage der Taufe kann ich leider, so aufrichtig mein Schmerz darüber ist und so sehr ich Ihre Ansicht immer von Neuem überlege, sie mir nicht zu eigen machen. Ich halte – gewiss unter dem Einfluss, den ich Ihrer Schulung danke – die religiöse Überzeugung und das religiöse Leben überhaupt für unser wertvollstes Besitztum, für das unmittelbarste Angebinde, dass uns hier auf Erden mit unserem Vater im Himmel eint. Der Staat, der das religiöse Bekenntnis zu einem Kaufobjekt erniedrigt, treibt die schlimmste Brunnenvergiftung, indem er den Menschen die Quelle verschüttet, aus der sie doch immer wieder trinken müssen, sollen sie nicht das Woher und Wohin ihrer irdischen Wanderung vergessen. […] Ich habe eine viel zu große Ehrfurcht vor der Zeremonie der Taufe, als dass ich sie an mir vollziehen ließe, ohne die geistigen Vorgänge in mir zu erleben, die sie tragen. Ich kenne manchen getauften Juden, habe auch solche in meiner Familie und in der meiner Frau, und ich konnte immer beobachten, dass die, welche einen solchen Schritt ohne gläubige Überzeugung taten, sich dann vor sich selbst und den anderen damit rechtfertigen, dass sie sich in ihrem Verhältnis zu Religion einen lächelnden Skeptizismus zurechtlegen (I,43).
Il détaille ensuite longuement sa position vis à vis du judaïsme et du christianisme. A Carl Stumpf il écrit à propos de son engagement sioniste une très longue lettre durant l’année 1914 : Da Sie mir offen den Vorwurf gemacht haben, dass ich zwei Gesichter habe und infolgedessen weder da noch dort, d. h. weder als Zionist noch
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als Philosoph und Deutscher aufrichtig sein kann, so möchte ich noch einmal meinen Standpunkt in dieser Frage präzisieren. Ich glaube, dass die wirtschaftliche Judenfrage nur durch Kolonisation gelöst werden kann – hierin schienen Sie mir beizustimmen, und es ist also nicht weiter notwendig, darüber zu sprechen. Da der Zionismus eine derartige Lösung der Judenfrage anstrebt – und dies ist im sogenannten ›Basler Programm‹ festgelegtes Ziel – so bin ich Zionist. Sie waren im Irrtum als Sie mir vorwarfen, ich hätte jemals gesagt, ich sei kein Zionist. Das habe ich nie getan.
Il revient alors sur son appartenance à la culture allemande, sans négliger l’importance des langues tchèque et hébraïque. Et d’ajouter : Ich glaube, dass das Misslingen aller bis heute angestelllten Versuche, die Juden dem deutschen Volke zu assimilieren, nur darin seinen Grund hat, dass man – nämlich die Juden – eine solche Assimilation herbeiführen wollte um jeden Preis, auch um den der Selbsterniedrigung und Demütigung (I,49–52).
Carl Stumpf lui répond de Berlin le 16 mai 1914 en vue de son Habilitation, discutée avec Benno Erdmann (1851–1921) et Clemens Baumker (1853–1924); l’opposition viendra bien entendu de son judaïsme : So sehr wir Ihre Anhänglichkeit an die Stammesgenossen und Ihr Eintreten für Höherenrentwickelung (sic) des Judentums achten, gerade hier in Berlin erscheint eine Verstärkung der auf engeren Zusammenschluss der national jüdischen Elemente gerichteten Bestrebungen nicht erwünscht 9 .
Il revient sur la question le 16 mai 1915 : So sehr wir Ihre Anhänglichkeit an die Stammesgenossen und Ihr Eintreten für eine Höherentwicklung des Judentums achten, gerade hier in Berlin erscheint eine Verstärkung der auf engeren Zusammen-
Département des manuscrits de la Bibliothèque Nationale d’Israël (Jérusalem) que je remercie de son aide, notamment le Dr. Stefan Litt et Pinkas Maurer qui a établi un catalogue de cette très grosse correspondance. Il y a peu de littérature sur cette fascinante personnalité: William Kluback, «The legacy of Hugo Bergman. The believing community » in Leo Baeck Institute Yearbook XXXV (1990) pp. 479–490, Courageous Universality. The Work of Schmuel Hugo Bergman, Atlanta, Ga, Scholars Press 1992 (= Brown Judaic Studies 245). Enrico Lucca (Leipzig) prépare une monographie sur S. H. Bergmann et j’ai largement profité de son amicale érudition.
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schluss der nationaljüdischen Elemente gerichtete Bestrebungen nicht erwünscht 10 .
Soldat durant toute la guerre, il est plusieurs fois décoré et passe du grade de lieutenant à celui de capitaine. Rien que ses carnets de guerre mériteraient une publication séparée, d’autant plus qu’il alterne les séjours au front et à l’hôpital, éloigné de sa femme et de ses deux enfants, Martin (en hommage à Buber) et Hava. Après la guerre il est membre du ›Conseil National Juif‹ de Tchécoslovaquie. En mars 1919 il assiste à une conférence du Comité des délégations juives puis à la conférence de Paris. Il écrit à sa femme le 7 mars 1919 que sa grande tâche dans sa vie sera de construire une littérature philosophique en hébreu (I,121). Il restera fidèle à cet engagement jusqu’à sa mort. Il quitte ensuite son pays pour Londres où il est secrétaire du département de la culture de l’organisation sioniste et c’est à ce titre qu’il reprend contact avec Albert Einstein pour la finalisation du projet de l’université juive à Jérusalem dont la première pierre est posée en 1918 : Es ist die Frage dieser Universität, die mich veranlasst, Ihnen nach langer Zeit wieder einmal zu schreiben. Der schöne Gedanke soll in allernächsten Jahren verwirklicht werden. Der Weg von der Idee zur Wirklichkeit ist kein leichter. Es müssen die Pläne für einen organischen Aufbau der Universität geschaffen werden, die sowohl praktischen Interessen der Besiedlung Palästinas dienen, wie auch in ihren theoretischen Leitungen des Namens einer Universität des jüdischen Volkes würdig sein muss. Es müssen die Lehrbücher, die Gebäude vorbereitet, die grossen Geldmittel aufgebracht werden. Wir wollen keine halbe Arbeit leisten und nicht zu den bestehenden, levantinischen Winkeluniversitäten eine neue hinzufügen, sondern eine gute Universität errichten, die, wenn auch mit beschränkten Mitteln, doch vollwertiges leisten soll 11 .
En mai 1920 il fait son alya à Jérusalem pour prendre la direction de la bibliothèque de Jérusalem, poste qu’il occupera jusqu’en 1935. Cette Miriam Sambursky, »Zionist und Philosoph. Das Habilitierungsproblem des jungen Hugo Bergmann« in Bulletin des Leo Baeck Instituts 58 (1981) pp. 17–40. 11 Shmuel Hugo Bergmann à Albert Einstein, 22 octobre 1919 (Archives Einstein, Jerusalem, 36 824) que je remercie pour son hospitalité. Dans les Collected Papers of Albert Einstein, Princeton, Princeton UP 1958–-, il y a d’autres lettres avec Bergmann qui a publié plusieurs articles sur lui. Outre les multiples biographies d’Einstein, voir Simon Veille, Einstein dans la tragédie du XXe siècle, antisémitisme, Shoah, sionisme, Paris, Imago 2013. 10
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dernière, issue du beit midrach abrabanel va être sa première passion 12 . Elle va très vite voir le nombre de ses lecteurs se multiplier par dix. On sait qu’il engagera momentanément comme assistant le jeune Gerhard Scholem arrivé à Jérusalem en 1923 dont le témoignage dans De Berlin à Jérusalem et sa correspondance sont irremplaçables. (Er) arbeitet bei mir in der Bibliothek. So werde ich endlich einen Menschen haben, auf den ich mich verlassen kann. Man wollte mit ihn schon ausmieten und bot ihm mehr Gehalt, wenn er nach Tel Aviv in ein Lehrerseminar gehen will. Er ist ein wunderbarer Mensch, er wohnt noch bei uns, und ich habe sehr schöne Abende mit ihm verlebt. Vielleicht kann ich einmal mit ihm wissenschaftlich zusammenarbeiten, das wäre wunderbar. Vorläufig begnüge ich mich damit, von ihm zu lernen. Für die Bibliothek wird er ein Segen sein (I,184).
Bergmann rédige plusieurs textes sur cette institution qui nous renseignent sur les efforts investis pour faire grossir cette bibliothèque ! En 1920 elle compte 30 000 volumes pour dépasser les 200 000 en 1929. L’antenne du Ha Poel Ha-Tsaïr donne durant le mois de son arrivée une petite fête en son honneur ! Il est très actif dans les milieux politiques qui fonderont en décembre 1920 le syndicat des travailleurs en Israël (Histadrout). Il s’investira dès les débuts de l’université hébraïque 13 de Jérusalem ouverte officiellement le 1 avril 1925, peu de temps après l’ouverture du département d’études juives, à la fin de 1924. Dès 1921 il se demande « Est-ce un but pour une vie d’installer une bonne bibliothèque à Jérusalem ? Veux-je revenir à la philosophie ou devenir un écrivain hébraïque – je n’ai aucune réponse à tout cela » (I, 156). On possède désormais une superbe histoire de l’université hébraïque en quatre volumes qui offre une large introduction à la première histoire des différents départements 14. Voici comment il se présente afin d’obtenir un poste : Dov Schidorsky, « De la bibliothèque Abrabanel à la Bibliothèque nationale et universitaire- les années du mandat britanique » in Bibliothèques et collections d’ouvrages, éd. Yosef Kaplan et Moshe Sluhovsky, Jerusalem, Zalman Center 2006, pp. 369–411 (héb.). 13 Voir son dossier personnel dans les archives de l’université hébraïque de Jérusalem. Je remercie son directeur Ofer Tzemach de son aide constante. 14 Histoire de l’université hébraïque, éds. Shmuel Katz David Heyd, Hagit Lavsky, Jerusalem, Magnes (héb.) et bien entendu Eva Telkes-Klein, L’université hébraïque de Jérusalem à travers ses acteurs. Le première génération de professeurs (1925– 1948), Paris, Champion 2004. 12
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Mein spezielles Studiengebiet ist Erkenntnistheorie und Geschichte der Philosophie des 18. und 19. Jahrhunderts. Ich gehörte in meiner Jugend dem engsten Kreise des Philosophen Franz Brentano der Wiener Universität an, dessen Schüler, Professor Carl Stumpf, damals Rektor in Berlin, mich zur Abfassung meiner Schrift über »Das Uendliche und die Zahl« aufforderte, auf Grund derer er mich in Berlin habilitieren wollte […]. Ich erhielt später die entscheidende Wendung in meinem Denken durch Hermann Cohen 15 .
Plus tard il est plus explicite : Mein Buch über Bolzano wurde, da Bolzano damals unter dem Einflusse von Husserl sehr viel studiert wurde und da ich, zum Teil unter Benutzung ungedruckter Handschriften des 1848 verstorbenen Philosophen zum ersten Mal eine umfassende Darstellung seines philosophischen und mathematischen Lebenswerkes gegeben hatte, ziemlich viel beachtet. Der Berliner Philosoph Professor Carl Stumpf, damals Rektor der Universität forderte mich auf bei ihm in Berlin einige Monate zu verbringen. Ich besuchte sein Seminar während einiger Monate und er arrangirte für mich durch einen seiner Assistenten einen Individualkurs in experimenteller Psychologie, da ich in Prag keine Gelegenheit gehabt hatte, die neuen Fortschritte der damals im Zentrum des Interesses stehenden neuen Disziplinen kennen – zu lernen. Dies war der äussere Anlass zur Entstehung meines Buches, das Unendliche und die Zahl, 1913. Jedoch wurde mir die Habilitation, nachdem das Buch erschienen war, dadurch unmöglich gemacht, dass Professor Stumpf trotz Übereinstimmung in wissenschaftlichen Angelegenheiten mir als Bedingung stellte, dass ich aus der Zionistischen Organisation austreten müsste, um an der Berliner Universtät lehren zu können 16 .
En 1928 il est assistant de philosophie dont le département a été créé par Leon Roth 17 . Professeur ›ad personam‹ en 1935 il sera le premier Shmuel Hugo Bergmann à Max Schlössinger, 21 mai 1925 (archives de l’université hébraïque, dosser personnel). 16 Shmuel Hugo Bergmann à la direction de l’université hébraïque, 4 mai 1928, même source. Rappelons que les oeuvres complètes de Bolzano en cours d’édition chez Frommann depuis 1969 compterons plus de 130 volumes ! 17 Leon Roth (1896–1963) qui retourne en Angleterre en 1951 aura aussi une grosse activité de traducteur des textes philosophiques. On attend la publication de la Leon Roth Conference (Toronto, 2017). Sur l’histoire du département l’article de Gabriel Motzkin et de Neve Gordon publiés dans les volumes cités n. 14 est disponible en anglais in Jewish Social Studies 9 (2003) pp. 99–122. Tal Giladi prépare une thèse sur la deuxième génération des philosophes israéliens. 15
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recteur de l’université dont il a accompagné la croissance 18. Il renseigne souvent Martin Buber, Hans Kohn, la revue sioniste de Prague Selbstwehr et Robert Weltsch sur la vie sociale, politique et intellectuelle à Jérusalem et dans le pays. Il est très lucide sur les échauffourées et les drames entre juifs et arabes. A Leo Herrmann le 19 juillet 1922 il écrivait : « Moi même je n’ai jamais été enthousiasmé par la déclaration Balfour et ne suis donc pas déçu aujourd’hui » (I, 175). Il n’a jamais pensé le sionisme comme une solution complète du problème juif, ne croit même pas à l’existence d’un centre spirituel « car il n’y a aucun esprit juif, aucun esprit du judaïsme ». Il veut simplement contribuer à développer une culture propre et tendre plus vers l’Orient et nous renseigne sur le personnel politique et les nombreux visiteurs. Il continue de se tenir au courant des publications européennes et même de l’hypothétique arrivée de Franz Kafka : Bien sûr, je serai très heureux s’il venait mais je te demande instamment de ne rien prendre sur toi et dans notre maison. Dans la cave habite Léa (la bonne). Il n’est pas certain que cette pièce soit vivable en hiver, en tous les cas pas pour Franz. A l’origine Léa ne voulait pas y vivre. Aussi longtemps que ma mère est là, il n’y a pas de place. Si Maman s’en va – qui sait quand cela sera- reste encore toute la question de l’entretien de Franz. C’est une chose s’il habite quelque part et nous l’aidons tant que nous pouvons et une autre chose si tu l’invites tout de suite dans notre maison et en cela que tu prends toute la responsabilité de son entretien. Finalement cela se fera au détriment des enfants que nous ne pourrons pas traiter comme il faut (I,182–183) 19 .
Bien entendu il participe à la création du Brith Shalom avec Arthur Ruppin (1876–1943) qui à Jérusalem depuis 1907 nous a donné lui aussi un journal extraordinaire 20. Le Brith Shalom fondé en 1925, l’année de l’ouverture officielle de l’université hébraïque, avait pour but de promouvoir l’entente avec les arabes (musulmans et chrétiens) 21 . En Ahmad Samih al-Khalidi (1896–1951) président du Government Arab College, fondé en 1918, le félicite chaudement dans sa lettre du 16 XI 1935. 19 Outre l’immense littérature sur Kafka on lira le témoignage de Max Brod, Une vie combative, trad. Albert Kohn, Paris 1964 20 Arthur Ruppin, Tagebücher, Briefe, Erinnerungen, hg. Schlomo Krolik, Königstein i. T. Jüdischer Verlag 1985. Son grand ouvrage Les Juifs dans le monde moderne fut traduit par M. Chevalley avec un avant propos de L. B. Namier, Paris, Payot dès 1934. Voir les biographies de Yaakov Goren (2005) et d’Etan Bloom (2011) 21 Voir les textes fondateurs dans Paul Mendes-Flohr (éd.) Martin Buber. Une terre et deux peuples, trad. Dominique Miermont et Brigitte Vergne, Paris 1985, plu18
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Un philosophe dans le désert
1927, il publie son premier livre sur Kant en hébreu 22 . Il passera une grande partie de sa vie à introduire cette pensée en Palestine puis en Israël. Le 1 novembre 1928 il note : Mon premier cours. Scholem m’accompagne fidèlement à chaque cours. Entre quarante et cinquante auditeurs la première semaine. Le séminaire est bien trop grand. La préparation des cours dans la première semaine me demanda plus de travail que j’attendais (I,263).
On sait que l’été 1929 vit un embrasement dans tous les pays, surtout à Jérusalem et à Hébron. C’est l’année où il publie Der Kampf um das Kausalnetz in der jüngsten Physik 23 , avec une préface d’Albert Einstein qu’il connaît depuis Prague et dont il suivit le séminaire 24 . Il aura une petite correspondance avec le prix Nobel sur les affaires de l’université hébraïque dès 1919. Lors de son discours de rentreé en novembre 1929 il se fait chahuter: Le consul de France qui était invité raconte : Au moment où le Dr. Hugo Bergmann, conservateur à la bibliothèque de l’université allait commencer son cours de philosophie, les étudiants se levèrent, le huèrent puis quittèrent l’amphithéâtre en guise de protestation contre un article à leur avis trop pacifiste qu’il avait publié récemment sur les questions palestiniennes.
Et il continue, plein d’optimisme, Il est incontestable que les Brith Chalom sont, en quelque sorte, les précurseurs, et que leur idéal est encore trop loin de la mentalité actuelle du peuple juif 25 .
sieurs fois réédité, Dissenter in Zion. From the writings of Judah L. Magnes, ed. Arthur A. Goren, Cambridge Mass 1982, les travaux de Denis Charbit, et Shalom Ratzabi, Between Zionism and Judaism. The Radical Circle in Brith Shalom 1925– 1933, Leiden Köln 2002 et pour une critique virulente de tout ce mouvement, Yoram Hazony, L’Etat juif. Sionisme, postsionisme et destins d’Israël, trad. Claire Darmon, Paris 2007 22 Voir le compte rendu de David Baumgardt dans Kant-Studien 32 (1927) p. 426. 23 Braunschweig 1929. 24 Einstein enseigne à l’université Charles de Prague en 1911–1912. 25 Archives du Ministère des Affaires Etrangères (Nantes) 24 novembre 1929, Consulat de France à Jérusalem B.98. Ces dossiers comportent beaucoup de documents sur l’université hébraïque, longtemps considérée comme une université… allemande !
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Dominique Bourel
Sa critique de la psychanalyse sera très lue 26 . Il prendra toujours très à coeur le sort de ses étudiants notamment après 1933 des exilés 27. J’ai ici un étudiant privé très sympathique de la Hochschule für die Wissenschaft des Judentums de Berlin, le Dr. Ucko 28 (un élève d’Elbogen et de Julius Guttmann); je fais pour lui trois fois par semaine un privatissimum (sans l’avoir annoncé publiquement), c’est à dire que je lis avec lui le très difficile Salomon Maimon que je ne connaissais pas jusque là. L’homme est aussi très proche de nous, Brit Shalom etc et veut à son retour à Berlin pour Pâques donner une conférence sur le Brit Shalom à l’association hébraïque (I.281).
Commence à cette époque un long compagnonnage avec Salomon Maimon (1753–1800) qu’il commentera et traduira en hébreu, ce qui lui donnera l’occasion d’une petite correspondance avec Martial Guéroult dont on sait qu’il écrivit aussi un ouvrage sur cette figure 29. La traduction de l’Essai sur la philosophie transcendantale paraît en 1941 et l’édition du commentaire de Maimon 30 au Guide des égarés en 1966. La bibliothèque déménage sur le mont Scopus et il donne régulièrement des rapports la concernant. Une partie de la ›littérature‹ administrative concerne son rectorat, son département, ses activités politiques. On peut suivre naturellement dans les programmes de l’université et dans son journal le sujet de ses cours. Bien entendu à partir de 1933 on suivra dans ces pages l’installations progressives de ›yekkes‹ alors qu’il se plaint de ne pas avoir encore lu le Kouzari ! On le voit aussi aux prises avec les insolubles problèmes pour aider les émigrants de toutes classes sociales dont les professeurs ! Outre le feuilleton de la nomination de Buber, il y eut l’arrivée de Julius Guttmann. En 1934 il publie dans la Jüdische Rundschau 31 un long article sur Heidegger, figure sur laquelle il reviendra souvent. Jahrbuch der Charakterologie 6 (1929) pp. 99–110. Christian Kraft, Aschkenas in Jerusalem. Die religiösen Institutionen der Einwanderer aus Deutschland im Jerusalemer Stadtviertel Rechavia (1933–2004), Göttingen, Vandenhoeck u.Ruprecht 2014 et Thomas Sparr, Grunewald im Orient. Das deutsch-jüdische Jerusalem, Berlin, Berenberg 2018. 28 Siegfried (puis Sinai !) Ucko (1905–1976), Der Gottes Begriff der Philosophie Hermann Cohen, Berlin 1929. 29 Voir la recension de Bergmann de La philosophie transcendantale de Salomon Maimon dans les Kant-Studien 36 (1931) pp. 187–188. 30 Givat ha-Moreh le-Shlomo Maimon, Jérusalem 1966, avec Nathan Rotenstreich. 31 38 (1934) pp. 161–170, 289–295, 560–574. 26 27
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Un philosophe dans le désert
J’ai lu quelque chose de très beau dans les papiers de Gershom (Scholem). C’étaient des notes sur la théologie juive. J’ai pris la feuille sur la table de Scholem. Une note traitait de l’éclat détourné (abgewandt). On se facilite trop la compréhension de ce passage lorsqu’on évoque des catégories morales. On parle ici de perte (Abgewandtsein) de Dieu sans aucune trace (spurlos). Le sens n’est pas que le maitre de maison, pour parler avec Kafka, s’est transporté dans un étage supérieur, mais qu’il est parti et introuvable. Ceci est l’état du désespoir sans fond. Et à cet endroit, la religion enseigne : ›Va et fait de la propagande‹. La deuxième note contient une remarque sur la doctrine de Buber du rapport Je et Tu de l’homme avec Dieu. Joel montre que l’Aufklärung cesse avec le dialogiste. C’est aussi le cas ici : l’Aufklärung juive cesse de la même manière. Mais peut être que Dieu ne se laisse pas interpréter. Une troisième note traite de la question, pourquoi il ne peut exister une théologie juive dialogique ? Parce que la réunion des justes et des pêcheurs en une personne est une conception protestante. Le Zaddik n’est pas un Reumütiger (I,357).
Dans les journaux, parfois des remarques incidentes pourraient faire sourire : par exemple une blague juive rapporté par Ucko : Hitler demande à un jeune juif ce qu’il veut devenir s’il était son fils ; et la réponse : être orphelin (21 avril 1934, I,358). Ou bien le 23 avril : « Else Lasker Schüler a déjeuné chez nous à midi. Elle pense qu’on n’aurait pas dû déterrer Jérusalem. Elle râle sur les boucles des juifs. Mais on ne peut pas discuter avec elle. Elle a dit que j’avais la tête d’un écolier ». En 1936 après son divorce il épouse Escha Scholem (1896– 1978). Il est fascinant de suivre quasiment mois par mois, non seulement la vie d’un intellectuel à Jérusalem mais encore les lectures d’un philosophe, des premiers ouvrages introductifs à l’histoire de la philosophie pour les hébréophones, comme Hogei ha-Dor 32. Lors de la retraite du rabbin Markus Ehrenpreis (1869–1951), il passe un an (1947/48) à Stockholm où un autre élève de Buber le remplacera, le Dr. Kurt Wilhelm (1900–1965). Son activité philosophique fut stupéfiante : il fut d’abord un passeur de la pensée européenne ; il lit tout : Heidegger, Meyerson, Bergson, Freud et bien sûr Cohen, Buber, Natorp et même Simone Weil qui l’intrigue. Mais surtout il contribue à créer le lexique philosophie en hébreu, organisant les premières traductions dans cette langue des grands textes de la tradition philosoHogei ha-Dor, Tel Aviv 1935. Il est aussi très attentif aux publications d’Emile Meyerson.
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Dominique Bourel
phique. Outre son travail sur Salomon Maimon, il publie son Introduction à la théorie de la connaissance (Jérusalem 1940). Avec son élève Nathan Rotenstreich il traduit les trois critiques de Kant 33 ! C’est aussi un activiste politique. Après Brith Shalom ce sera l’Ihud, car il partageait le souci de Buber pour respecter l’ex- majorité arabe. Il enseigne aussi dans le séminaire des travailleurs et participe pleinement à la vie politique de son pays. Dans l’Encyclopédie hébraïque, l’Encyclopaedia Judaica, et aussi dans des revues il informe sans relâche sur les nouvelles publications en cinq ou six langues. Il s’intéresse à la pensée asiatique rendant visite à Sri Aurobindo dans son ashram, rencontre le Soufi Schuon à Lausanne quand il n’introduit pas la pensée de Rudolf Steiner en Israël. Lowe ayant quitté Jérusalem à la création de l’Etat et Julius Guttmann étant décédé en 1951, Bergmann fut le philosophe de Jérusalem et même le philosophe israélien pendant des décennies publiant dans plusieurs langues, répondant à des demandes d’entretiens et adoré par ses étudiants. Chaque jubilé et nécrologie sont souvent l’occasion de livrer des souvenirs. A partir de 1948 en Israël, c’est une nouvelle histoire qui commence dans laquelle son rôle sera celui d’une véritable conscience intellectuelle de ce si jeune pays.
Le très regretté Yirmyahu Yovel a retraduit la Critique de la raison pure de Kant, Tel Aviv 2013, Ha-kiboutz ha-meyouhad 2013 comme un ultime testament!
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Guy G. Stroumsa
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In The Innocents Abroad (1869), Mark Twain writes: »Palestine is desolate and unlovely. And why should it be otherwise? Can the curse of the Deity beautify a land? Palestine is no more of this work-day world. It is sacred to poetry and tradition. It is dream-land.« 1 Twain certainly knew better than most pilgrims to the Holy Land how to express in powerful terms the cognitive dissonance one could experience between expectations and reality. It is as a literary pilgrim that Mark Twain came to Palestine, but of course as one with a strongly anchored Christian sensitivity. For him, who had grown up as a Presbyterian, the sad state of the country clearly reflected the divine curse which befell its Jewish inhabitants as punishment for their role in the killing of Christ, for their sin of Deicide. The land once promised to them had now become a wasteland, retaining only the memory of its past glory. It had become a land for poets and artists, a land fit for dreamers only. Mark Twain’s experience may have been striking in its expression, but it was nothing singular. It followed a long series of testimonies, in which the smallness and poverty of the Promised Land appeared as a major proof of God’s punishment inflicted upon the Jews for their refusal to recognize the Messiah sent to them. Some of the early Christian texts dealing with the Promised Land reflect the deep ambivalence of the Church Fathers toward the concept. 2 Although the idea of the land promised to Abraham and his offspring is of course biblical, one should note that the expression ›The Promised Land,‹
Mark Twain, The Innocents Abroad (1869), 608. A former version of this text was read as a George Mosse Lecture at Humboldt University in Berlin in November 2012. 2 For a study of Patristic visions and perceptions of the Holy Land, see in particular Robert L. Wilken, The Land Called Holy: Palestine in Christian History and Thought (New Haven, London: Yale University Press, 1992). 1
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(more precisely, ›the Land of Promise‹) seems to appear for the first time not in Jewish literature, but in the New Testament. It was soon picked up by the Christian writers of late antiquity, for whom the very expression referred to the past, as the Jews had now lost the land once been promised to them by God. The following pages will seek to understand some of the contexts in which the concept of the land promised by God to Abraham for his offspring emerged, was crystallized and developed since antiquity, among Jews, Christians and Muslims, all calling themselves the true heirs of Abraham. I shall also deal with some implications of the idea of a Promised Land in modern times, with the return of the Jews to Palestine, after almost twenty centuries of exile and wander. In a number of cultures and religions, from all continents, one finds the conception of a sacred area, of a holy land. The biblical idea of a land promised, or rather, more precisely, conditionally promised by a divinity to a people, however, does not seem to have parallels in other literatures, certainly not in those of the ancient Mediterranean and Near East. I obviously cannot offer here a detailed analysis of the biblical idea of the Promised Land, an idea well studied by biblical scholarship.3 The origins of the idea of the Promised Land obviously go back to Abraham’s saga in the book of Genesis. The story is best told by the biblical text itself, so allow me to quote a few passages: Now the Lord said to Abram, ›Go from your country and your kindred and your father’s house to the land that I will show you. I will make of you a great nation, and I will bless you, and make your name great, so that you will be a blessing. I will bless those who bless you, and the one who curses you I will curse; and in you all the families of the earth shall be blessed.‹ (Gen 12:1–3)
Further on, we read: Abram passed through the land to the place at Shechem, to the Oak of Moreh. At that time, the Canaanites were in the land. Then the Lord appeared to Abram and said: ›To your offspring I will give this land.‹ (Gen 12: 6–7)
Note that the text makes no mention of a ›promise‹ – (havtaha), as the word, or rather the idea from the same root, will appear in See in particular Moshe Weinfeld, The Promise of the Land: The Inheritance of the Land of Canaan by the Israelites (Berkeley: University of California Press, 1993).
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Hebrew only in rabbinic texts in relation to the land. Who is Abram’s offspring? The answer is given a few chapters later: Then Abram fell on his face; and God said to him, »as for me, this is my covenant (beriti) with you: You shall be the ancestor of a multitude of nations (ve-hayyita le-av hamon goyyim). No longer shall your name be Abram, but your name shall be Abraham; for I have made you exceedingly fruitful; and I will make nations of you, and kings shall come from you […]. And I will give to you, and to your offspring after you, the land where you are now an alien, all the land of Canaan, for a perpetual holding; and I will be their God. (Gen 17:3–8)
It should be pointed out that in this passage at least, Abraham’s offspring is not one people, but rather ›a multitude of nations.‹ Moreover, God does not ›promise‹ him, but swears to him, when Abram has become the old Abraham: The Lord, the God of heaven, who took me from my father’s house and from the land of my birth, and who spoke to me and swore (nishba’) to me, ›To your offspring I will give this land […]‹. (Gen 24:7)
Later on, the text is a bit more specific about Abraham’s offspring who shall inherit the land, although the broader context of the blessing to all nations of the earth remains explicit: The Lord appeared to Isaac and said, »Do not go down to Egypt; settle in the land that I shall show you. Reside in this land as an alien, and I will be with you, and will bless you; for you and your descendants I will give all these lands, and I will fulfill the oath (shevu’a; LXX orkos) that I swore to your father Abraham. I will make your offspring as numerous as the stars of heaven, and will give to your offspring all these lands, and all the nations of the earth shall gain blessing for themselves through your offspring, because Abraham obeyed my voice and kept my charge, my commandments, my statutes, and my laws. (Gen 26:2–5)
A similar oath is made to Isaac (Gen 26: 1–5), to Jacob (Gen 28: 1–5; 35: 11–12) and to the Israelites (Ex. 6: 4). Moreover, the divine oath about the land is part of the covenant made by God with Abram: On that day the Lord made a covenant (berit) with Abram, saying: »To your descendants I give this land, from the river of Egypt to the great river, the river Euphrates […]. (Gen 15:18)
Covenant means contract. Abraham, the man who bargained with God about the number of Righteous needed in order to save Sodom 237 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Guy G. Stroumsa
and Gomorrah from destruction, could obviously entertain the idea of a contractual relationship with God. The divine oath, then, was not simply a promise (and one should assume as a matter of course that God keeps His promises). Rather, it was part of a covenant on the part of God. Do ut des: divine promise was made in exchange for keeping God’s commandments, for following His path. This covenant was broken, time and again, as the Israelites sinned, deviating from the ethical and religious divine demands: being chosen by God entails more duties than rights. God punished them through exile from their land, returning them to it after they repented. The exile of the people for their sins, and their return to it as God remembers His covenant with the Patriarchs, appears already in Leviticus 26: 38–42. The land thus eventually became endowed with an eschatological dimension, and the divine oath about Israel’s land became one of restoration. In other words, the return to Israel’s land epitomized in the reconstruction of the destroyed Temple at the core of Jerusalem became identified with the messianic expectation at the Endzeit. The coming of the messiah, which for some rabbis will be characterized by the end of foreign rule upon Israel, is also represented by Israel’s return to its land. The land promised to Abraham’s offspring receives an eschatological dimension in some Prophetic texts; by that time, it is clear for Amos, for instance, that it refers to Israel: I will plant them upon their land, and they shall never again by plucked up out of the land that I have given them, says the Lord your God. (Amos 9:13–15)
Consequently, the return of Israel to its land, in accomplishment of the divine promise, became an obvious expectation since the Babylonian exile. To sum up, the biblical texts retain a double aspect of God’s oath. Abrahams’ offspring refers both to Israel and to ›a multitude of nations.‹ In a sense, using a contemporary formula, we could say that on the Promised Land, the biblical texts ›think globally and act locally.‹ The ›promise (epaggelia) to Abraham,‹ as a phrase, is first mentioned by Paul, for instance in Romans 4: 13, where Paul insists that this promise would be accomplished through his faith rather than through the commandments of the Torah. It is in the New Testament that the 238 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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phrase ›Promised Land‹, more precisely ›Land of Promise,‹ (gè tès epaggelias; which the Vulgate translates as terra repromissionis) appears for the first time: By faith he [Abraham] stayed for a time in the land he had been promised (eis gèn tès epaggelias), as in a foreign land, living in tents, as did Isaac and Jacob, who were heirs with him of the same promise. (Heb 11: 9)
It should be emphasized, then, that while the Jews never doubted that the Land of Israel had been given to them by God, the locution ›Promised Land‹ is a Christian rather than a Jewish invention. From the earliest Christian writers on, however, it is clear that the land had been promised to Abraham’s true offspring, i. e., not to the sons of Abraham according to the flesh, but rather to those, Jews and Gentiles alike, who had recognized in Jesus the expected Messiah of Israel. 4 Justin Martyr and Irenaeus, in the second century, did expect dramatic events at the end of times to happen in the Holy Land, more precisely in Jerusalem, locus of the eschatological war between Christ returned in glory and the Antichrist. But intense eschatological imagination died quite soon among most Christian thinkers, for whom the Promised Land was not Palestine, now and forever a cursed land. For Tertullian, ›Promised Land‹ meant, rather, the flesh of Christ, or the Eucharistic bread: sharing in the sacraments meant for him participation to the benefits of the new Promised Land. 5 For the Epistle of Barnabas, the land where milk and honey flow is the Church, and God lives there as in his holy Temple. 6 For the early Christian writers, what the Promised Land is remains less important than what it is not: it is not Palestine. Such a disappearance of the Promised Land fits the self-identification of the Christians as the new, true Israel, and as a people unlike all others: They did not have in common a country, a language, or any mores characteristic of a people, as the Epistle to Diognetes insists, in the second century. If the new Israel is a people only metaphorically, it has no need for a land of its own.
See for instance Annie Jaubert’s Introduction to her edition and French translation of Origen’s Homilies on Joshua: Origène, Homilies sur Josué (Sources Chrétiennes 71; Paris: Cerf, 1960), 19–37. See further Guy G. Stroumsa, Savoir et Salut (Paris: Cerf, 1992), 107–109. 5 Tertullian, De carnis resurrectione 26. 6 Ep. Barnabas, 6: 13–16. 4
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The most radical reinterpretation of the Promised Land is arguably that of Origen, who writes in the first half of the third century. Origen takes his inspiration from Philo’s allegorical language and thought patterns. Following Plato’s conception of a pure land in heaven, 7 Philo developed the idea of a pure land of the intelligible virtues, a heavenly land parallel to the earthly one. 8 Philo’s spiritualizing, Platonic interpretation suited Origen quite well. In his Commentary on Matthew, Origen identifies the Promised Land with Jesus. 9 As is well known, Joshua is called Iesous in the Septuagint. This made him an obvious typos, or sacramentum of Jesus. Jesus, who is also called by Origen ›autobasileia,‹ is identified with the Promised Land. Although God’s gift of the land was immediate, Joshua fights an endless fight in order to enter the Promised Land. In his Homilies on Numbers, Origen identifies paradise, from which Adam had been expelled, with the true and happy land, the land of the living, located in heaven, rather than upon this earth of toiling. 10 The idea of the Promised Land as unattainable is clearly rooted in postlapsarian conceptions of paradise. In his Contra Celsum, Origen further develops this pure land from Plato’s Phaedon, and notes that Celsus failed to see that Plato himself was borrowing from his predecessor Moses. 11 Indeed, God had promised to Moses’ people a pure earth »where milk and honey flow,« on the condition that they live in accordance with His laws. Hence »the good land was not, as some think, the earthly land of Judea, which indeed lies in the earth which was cursed from the beginning by the words of Adam’s transgression […]« Note that while Origen argues for the same relocation of the Promised Land from Judea to a heavenly abode, Israel’s land was not for him cursed by the Jewish rejection of Jesus but had rather been cursed, like all the earth, since the original sin. In any case, Judea and Jerusalem are shown to be a symbolical shadow of the pure land, which is good and large and lies in a pure heaven, and has found a meaning absent from the Jewish ›mythological‹ interpretations. Similar conceptions of the Promised Land will appear again in later Plato, Phaedon 109b-c, referring to the Elysian Fields in Odyssey IV. 563–565. Philo, Confus. 81; Quaest. Gen. IV. 178. 9 Origen, Commentary on Matthew, 18. 23. 10 Origen, Homilies on Numbers, 16.5. 11 Origen, Contra Celsum, VII. 28–29. 7 8
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authors. Let me mention here only the fourth-century Origenist Eusebius of Caesarea. For him, the Land of Promise is the ›heavenly land,‹ a land that the soul sees from afar. It is identical with the ›land of the living‹ (Psalm 27: 13). 12 Such a dualistic conception of a heavenly world of models for the lower realities is not only Platonic. It exists also in Hebrew hermeneutical literature from late antiquity, such as the midrashim about the Heavenly Jerusalem, Yerushalaim shel ma’ala (literally, ›the Jerusalem of above‹), typos, model, of the earthly one. Yet, as far as I know, one cannot find in rabbinic literature a heavenly land of Israel similar to the heavenly Jerusalem and parallel to the heavenly Promised Land of the Church Fathers. Saint Jerome, writing in 413 from Bethlehem to Dardanus, the Prefect of Gaul, points out that the exiguous dimensions of the land and the manifest poverty of its soil clearly showed that what the Jews called their land could not be the promised one. 13 The Jews, in any case, had to share this small, miserable land with other peoples. This cannot be the ›promised land‹ (terra repromissionis) mentioned in the Bible. The enormity of the Jews’ crime, their guilt in the crucifixion of Jesus, explains their present sufferings and the fact that they have lost, forever, political power in their own land, which will remain barren – and their Temple a ruin – until the end of times. Just as the new Rome is not the old one, Israel has lost the right to bear its own name. For, Jerome goes on, it is only Jesus who had sanctified the land, and it is to the Christians, not to the Jews, that it has been promised. Jerome reflects here the traditional Patristic understanding of the concept of ›promised land,‹ which does not refer to earthly Palestine, but rather to a spiritual entity, be it a heavenly land, the mystical body of Christ, or the community of the saints. The main difference between the Jewish and the Christian patterns of thought is not, as is too often perceived, Christian allegory versus Jewish literalism, but rather a different balance between allegory and literalism: for the late antique Rabbis, in contradistinction to the Church Fathers, allegorical conceptions live side by side with literal hermeneutics, never erase them. Eusebius on Isaiah 33: 17. Jerome, Letter 129 to Dardanus. (in J. Labourt, ed., Saint Jerome, Lettres, VII (Paris: Belles Lettres, 1961), 154–166. This letter was written after 413. See G. G. Stroumsa, Savoir et Salut, 117.
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The Jewish eschatological expectation of messianic restoration was of course impossible for Christian thinkers; for them the messiah has already come. Hence, the expectation of a future restoration of Israel on its land remained mainly a Jewish one, a promise that God could not miss to keep, but also a promise of an eschatological return to the Urzeit, when redeemed life on a redeemed earth would be similar to that in Paradise. Such a vision of paradise at the Endzeit, traditional in Jewish and Christian literature, is reflected, for instance, in the Testament of Levi (17: 2–11), where the Messiah will open the doors of paradise and will feed the saints with the fruit of the tree of life. 14 What the Jews expected to happen only at the end of history the Christians could experience hic et nunc, in a world redeemed by faith. This faith permitted them to transcend this earthly world and reach a level of spiritual realities, up to the new world of the pure, heavenly Land of Promise. In a sense, the coming of Christ entailed the asymptotic character of the Promised Land, while for the Jews the asymptotic character of the Messiah entailed the concrete presence of Israel’s land. The Christian paradigm entailed the obliteration of history. After Christ’s coming, history had lost its most serious sense, Heilsgeschichte. At any given moment, under any conditions of oppression, one could, through faith, join the new Chosen People and seek to enter the true Promised Land, which represented a society from which sin, rather than exploitation, had disappeared. For the Christians, this land remains forever promised, never quite here, even after Christ’s coming. 15 For the Jews, it is for the Messiah that one keeps waiting forever; but the land promised by God, the land conquered, the land lost, is also the land to be concretely regained, one day or another. In both cases, one moves between utopia and uchronia: the pure land is nowhere; it belongs to another, golden age. It is always set far away: in illo tempore, in illo loco. 16
See Jean Daniélou, »Terre et Paradis chez les Pères de l’Eglise,« Eranos Jahrbuch 22 (1953), 433–472, esp. 437. 15 See the analysis of Daniélou, 469, who insists that for the Christians, the central importance of Christ’s coming entails new thought patterns. 16 See G. G. Stroumsa, »In illo loco: Paradise Lost in Early Christian Mythology,« in Sh. Shaked, ed., Genesis and Regeneration: Essays on Conceptions of Origins (Jerusalem: Israel Academy of Sciences and Humanities, 2005), 110–126. 14
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For approximately nineteen centuries, the Jewish vision of the Promised Land remained a dream, more or less neutralized in enclave societies that could hardly afford radical crises with the surrounding, more or less tolerating society. From time to time, however, a wave of messianic exaltation would ignite a fire of activism, which usually petered out fast. These attempts were almost always connected with the expectation of an immediate return to Israel’s land and of the reconstruction of the Temple. In an important sense, the very concrete character of the Jewish dream protected it from being transformed into a series of attempts to give a present and concrete meaning to the idea of the Promised Land. In the Christian world, conversely, the Promised Land could not remain only an abstract idea about a heavenly reality. Time and again, we witness attempts to realize the Promised Land hic et nunc. One such famous attempt is that of the Pilgrim Fathers, who, fleeing religious persecution in the Old World, sought to reach a new Promised Land and to establish there a society where they could freely practice their version of Christianity. The identification with Israel had been rendered possible thanks to the Reform, its translations of the Hebrew Bible, and the new, private familiarity with the biblical text. The metaphorical identification of the immigrants as Israelites, and of the new world as Israel’s land, commonplace in the seventeenthcentury, had a major impact on the formation of American identity, as the many biblical toponyms in the USA remind us. As is well known, American literature too, with both Church hymns and Negro Spirituals, at its core is replete with identification with the places and landscapes of Israel’s land. In an obvious sense, America is, in American consciousness, the new Promised Land. The most striking reinterpretation of the biblical Promised Land, however, is probably the one made by Joseph Smith in the revelations contained in the Book of Mormon, which he published in 1830. In a sense, the entire Mormon project represents a radicalization of the vision of the Pilgrim Fathers, of America as the new Promised Land. This radical hermeneutics lies at the very heart of the Book of Mormon’s mythopoiesis, and cannot fail to remind one of Apocryphal texts such as the Book of Enoch or the Book of Jubilees. It represents a phenomenon of re-mythologizing unique in the history of Christianity, reinventing the history of the new Israel within the literary framework of a new Old Testament, as it were, including Hebrewsounding names. Mormon millenarianism invents a new, concrete 243 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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Land of Promise through a dramatic relocation of the Promised Land of old. This represents a radical reinterpretation not only of the Biblical promise, but also of Christian hermeneutics and self-perception as verus Israel. No wonder, then, that, at least until very recently, American Churches could not usually consider the Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints, or LDS Church, the official name of the Mormon Church, as Christian. In a sense, the Book of Mormon forges a new religion within the Abrahamic movement. Let me quote, for instance, the opening sentences of the First Book of Nephi, the first of the texts composing the Book of Mormon: An account of Lehi, his wife Sariah and his four sons, being called (beginning at the eldest) Laman, Lemuel, Sam, and Nephi. The Lord warns Lehi to depart out of the land of Jerusalem, because he prophetieth unto the people concerning their inequity and they seek to destroy his life. He taketh three days journey into the wilderness with his family. Nephi takes his brethren and returneth to Jerusalem after the records of the Jews. The account of their sufferings. They take the daughters of Ishmael to wife. They take their families and depart into the wilderness. The course of their travels. They come to a large water. Nephis’s brethren […] cross the large waters into the promised land, and so forth. 17
The Book of Mormon tells the story of the Nephites, a Jewish family that leaves Jerusalem ahead of the Babylonian conquest and makes its way to America. Thanks to the angel Moroni, the last of the great race of the Nephites, Joseph Smith discovers the golden plates and prophecy is restored. In this case, we witness a different kind of relocation from the one that obtains in early Christian thought. Here, the Land of Israel is not moved to heaven, but to another location upon the earth. The curious mechanism at work in Mormon mythopoiesis seems somewhat similar to the one that can be observed in the Qur’an. When the Qur’an refers to the Holy Land (al-ard al-muqaddasah), it is clear that what is meant is the Land of Israel: 18 I quote according to the edition published by Pacific Publishing Studio, 2010. On this text and its impact in history, see Paul C. Gutjahr, The Book of Mormon: A Biography (Princeton and Oxford: Princeton University Press, 2012). 18 See Rudi Paret, Der Koran, Kommentar und Konkordanz (Stuttgart, Berlin, Cologne: Kohlhammer, 1989), 119. 17
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After this We told the children of Israel: ›Dwell in the land (askunu alard). When the promise of reckoning (wa’d al-ahira) comes, we shall bring you together from a motley crowd.‹ (Qur’an 17: 104, transl. Ahmad Ali)
The promise refers here to the eschatological times. Similarly, Moses says: Enter then, my people, the Holy Land (udhulu l-arda al-muqaddasa) that God has ordained (kataba, lit. written) for you, and do not turn back, or you will suffer. (Qur’an 5: 21)
Side by side with the traditional identification of the Holy Land, the Qur’anic way of translating the divine promise is not, like the Christian way, to move the Promised Land to heaven, but rather to locate it elsewhere upon the earth. We may speak of an horizontal rather than of a vertical relocation. The way to do it, as we know, is to move Abraham, or Ibrahim, himself from Palestine to Mecca, where he builds the Ka’ba together with his son Ishmael. In a sense, then, one can perceive Arabia as the new Holy Land, where the holy places of Islam, are located. The sanctity of Jerusalem (which is also referred to as ’ula al-qiblatain, the first of the two qiblas, or directions of prayer) never disappears, although the expression clearly indicates that its status has now been demoted, that it has fallen from its earlier primacy. The status of Jerusalem, however, is never ambiguous in Islam in the way it is in Christianity. Jerusalem cannot be perceived in Islam as the city whose inhabitants killed Christ, committing Deicide, as the Muslim Jesus (’Isa) is a prophet, not a divine figure; and also because he was not really crucified, according to the docetic view of the Qur’an. Al Quds, i. e., the Holy (city), is the Islamic name of Jerusalem. It retains an echo of its Jewish status as axis mundi, as it is the locus par excellence of the connection between heaven and earth, a connection represented by Muhammad’s isra’, his night journey to »the farthest moque« (al-masjad al-aqsa), traditionally identified with the Temple Mount (al-haram al-sharif) and then his mi’raj, or ascension to heaven on the steed Al-Buraq (see Qur’an 17, Al-Isra’). In the Crusaders’ Latin Kingdom of Jerusalem, a new genre emerged and grew in Arabic literature: fada’il al-Quds, ›the praises of Jerusalem,‹ which encouraged an Islamic Zionism of sorts, dreaming of the liberation of the Holy City – and of its hinterland – from the hands of the infidels. Mutatis mutandis, the success of modern political Zionism, and the military victories of Israel, have similarly 245 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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strengthened and activated contemporary Palestinian nationalism. The great difficulty which Arabs – and Muslims – have to understand the inner drive of Zionism is deeply rooted in Islamic perceptions: for the Qur’an, both Jews and Christians are religious communities (sing. millah) identified by their holy book of prophecies. Such a symmetrical perception of Jews and Christians entails that the former cannot any more than the latter be perceived through ethnic lenses, and understood as being a people. By definition, a land promised is not present here and now, and remains distant, asymptotic, absent. It is either expected in the eschatological Endzeit, or else it is spiritual, heavenly, by nature, and therefore cannot be seen and touched, but can only be dreamed of, imagined. This dream-land, as Mark Twain had called it, represents the presence of an absence. We have mentioned some of the ways in which the Promised Land has been relocated, by both Christians and Muslims, as they offered their own interpretations of the Abrahamic covenant, in different ethnic cultural and political milieus. For the Jews, the very core of their land was the Temple in the heart of Jerusalem, a real omphalos connecting heaven and earth. Naturally, this Temple was God’s house, but it is only after its destruction that discussions about God’s abode, His shekhina (from shakhan, dwell), can be found in Jewish literature. Just as the land is called promised only as long as this promise has not been kept, or has even been revoked, it is the Temple’s absence that requires serious thinking about the mode and locus of God’s presence in this world. As Heine famously pointed out, the only homeland of the Jews remained for too many centuries a portable one, the Bible. 19 The Jews have always called their land Eretz-Israel, Israel’s land. They did pray, three times daily, for the reconstruction of the Jerusalem Temple, but this goal remained more often than not an asymptotic one, too far away for the great majority of Jews, those from the lands of Islam as well as those from all corners of Europe, to become a concrete plan of action. ›Dormant‹ expectations, however, do wake up under certain conditions, and can become activated at some points in history. Judah Halevi’s celebrated Hebrew poem chanting the love of Zion from the anguish of exile, written in the twelfth century, may be H. Heine, »Geständnisse,« in Werke XV (Hamburg: Hoffmann and Campe, 1982), 44.
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considered as the quintessential expression of this love as the Jews felt it, in all corners of the Diaspora, throughout the centuries, from the Middle-Ages to the modern times. My heart is in the East, while I remain at the edge of the West, Then how can I taste what I eat, how can I enjoy it? How can I fulfill my vows and my pledges While Zion is in the domain of Edom, And I am in the bonds of Arabia? It would be easy for me to leave behind All the good things of Spain; It would be glorious to see the dust of the ruined Shrine. 20
Eschatological visions remain in permanent danger of being taken too seriously, of being realized. It does not really matter whether one deals with the expectation of the Messiah, of Christ’s warring with Antichrist, or of the final war between the sons of light and the sons of darkness. I shall mention here only the two most famous instances of such burst of eschatological expectation. In late antiquity, the Christians certainly took seriously the Jewish hopes to rebuild the Temple, and the failed attempt to do so in 361, with the blessing of Emperor Julian, seems to have been traumatic for Christian consciousness, and left deep traces for some generations. 21 In 1666, the eschatological expectations raised by the false Messiah Sabbatai Zevi brought many Jews, in a number of European communities, to plan immigration to the Holy Land. 22 The Sabbatean fiasco, whose roots go back to the 1492 expulsion of the Jews from Spain, remained profoundly traumatic for a long time in Jewish consciousness, and played a significant role in the strong opposition to modern Zionism among European orthodox rabbis. In a famous book published in 1956, the American social psychologist Leon Festinger and two colleagues analyzed what happens when prophecy fails. 23 They studied the psychological reactions of people who I quote the translation of T. Carmi, The Penguin Book of Hebrew Verse (Harmondsworth, New York: Penguin, 1981), 347. 21 See Wilken, The Land Called Holy, Ch. 7, 126–148. 22 See Gershom Scholem, Sabbatai Sevi: the Mystical Messiah, 1626–1676; transl. R. J. Z. Werblowsky (Princeton and Oxford: Princeton University Press, 1973). 23 L. Festinger, Harry W. Rieken, Stanley Schachter, When Prophecy Fails (Minneapolis: University of Minnesota Press, 1956). 20
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were convinced of the imminent coming of the end of the world, when the expected event did not occur. The phrase ›cognitive dissonance‹ was coined in order to describe the hiatus between facts and expectations, and the subsequent change of expectations. In our present context, one may ask the correlate question which, oddly enough, does not seem to be often asked. What happens when prophecy succeeds? More precisely, what are the consequences, both psychological and sociological, when the expectation of the return and settlement in the Promised Land is eventually realized? In order to describe such a socio-psychological situation, I propose to speak of »cognitive consonance.« No less than cognitive dissonance, cognitive consonance may have a dramatic impact, just as the echo can sometimes provoke an avalanche in the mountains. In the second half of the nineteenth century, many European Jews realized, to quote Isaiah Berlin’s dictum, that they had »enjoyed too much history, and too little geography« (although few would have used this verb). The radicalization of modern, secular anti-Semitism, and its horrific consequences, coupled with the growth of nationalism throughout Europe, brought a number of Jewish intellectuals, in the footsteps of Moses Hess and Theodor Herzl, to propose the establishment of a Jewish state in Palestine. Side by side with this activation of the Jewish dream of a return to the ancestral land, other solutions to the Jewish question were offered, for instance the identification of another territory for the future Jewish state, such as Uganda or Argentina. It comes to no surprise that such proposals never went very far, as the Jewish populations of Eastern Europe never showed any real interest in establishing a Jewish state elsewhere than in Palestine. Moreover, the socialist movement Bund, in Eastern Europe, proposed collective and personal autonomy, rather than a national territory, in order to solve the ›Jewish question.‹ ›Territorialist‹ Zionists and Bundists were far from being the only opponents to a return en masse to Zion. Indeed, most Jews, all over Europe, and beyond, both in traditional communities and in the modern, big cities, expressed overtly or covertly a deep ambivalence toward the Zionist idea, from a number of highly different perspectives. In their great majority, orthodox rabbis were staunch opponents of Zionism, as any attempt at transforming existing realities was felt as a threat to tradition. The leaders of the Reform movement, from Germany to the United States, were against Zionism, as they considered the Jews to be members of the ›Mosaic faith‹ rather than a people. 248 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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Liberals, too, rejected any self-perception that could cast a shadow on their claim to being good citizens of their various countries. All in all, then, the idea of a national rebirth of the Jewish nation in its ancestral land remained for a long time shrouded in ambivalence among the Jews. In its more radical form, Zionism claimed that only within a national framework of their own could the Jews survive, and that the diasporas were condemned to eventual disintegration and disappearance. It is one of the striking paradoxes of Zionism that the establishment and flourishing of the state of Israel has done much to strengthen the identity and self-respect of Jewish communities all over the world. Another paradox of the modern transformation of the Promised Land is that it has encouraged and fueled a new sense of identity among the Palestinians and their struggle for a state of their own. A third paradox of contemporary realities in the Promised Land is the growth and radicalization of Christian Zionism, in particular among American Fundamentalists of the Christian political right. The return of the Jews to the Promised Land seems to have erased the traditional Christian ›curse‹ of the land. For these Fundamentalists, the wars fought by the contemporary Jews are a sign that the eschatological war of Gog and Magog and the Second Coming of Jesus-Christ are near. For them, supporting the radical religious right in Israel is a means to the eventual conversion of the Jews. For most ›main stream‹ Christian Churches, both Roman Catholic and Protestant, the old curse on the land of the Jews seems also to have recently disappeared, with the strong erosion of the traditional perception of the Jews as Christ killers. At the same time, if the Jews are not accused of Deicide anymore, they are not perceived, either, as the people chosen by God. Again, without a Chosen People, there can be no Promised Land. What is perhaps of even greater significance is the deep impact of transformations within one Abrahamic religion upon the other Abrahamic communities. In order to assess the dialectical, constantly evolving relationship religion and politics, it is essential to recognize that we are not dealing with autarkical religions but with what I propose to call the Abrahamic eco-system. One cannot understand properly Judaism, Christianity or Islam – and, hence, one cannot properly understand the transformations of the Promised Land today – without thinking these religious traditions together. The complex hermeneutics developed in Late Antiquity and in the Middle-Ages by the competing communities perceiving themselves to be the true heirs of 249 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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Abraham still remain with us. Things are now infinitely more complex, however, as religions function today, to a great extent, in a secular world, or, more precisely, in an imperfectly secularizing world. If the land has lost its promise, then, has it become a land like all lands? A land like all lands, for a people like all peoples? In their Jewish identity, the Zionists have remained torn between the hope of a secular future and the memory of a religious past. Through the political return to Eretz-Israel, they intended to achieve a normalization of the Jewish people. In their adoption of Hebrew, they planned to transform a holy tongue into a secular language. But there is no easy recipe for such an alchemical transformation, especially when all the sources written in that language are sacred, or at least belong to a literature that remains religious in essence. The Hebrew poet T. Carmi, who had grown up in New York City, was once asked about his feelings when discovering, as an adult, Israel’s landscapes. He answered that he was mostly fascinated by the infinite variety of the linguistic landscapes of the renewed Hebrew tongue. Renewed, not reborn, as the language had never died, when throughout the centuries it had become a scholars’ language. But the holy tongue remained the strongest link to the holy land, and also the simplest way of communication between Jewish communities in the Diaspora. Kafka never reached the promised land, as did his friend Max Brod, but he left us the moving notebooks on which he applied himself to the study of modern Hebrew. The secularization of Hebrew is still an ongoing process, and perhaps it is an essentially unending one. Hebrew remains, to a great extent, the language of the Torah, spoken in the land of the Hebrews. Can one still speak of the divine promise of old being filled, when most contemporary Jews do not accept the very premises of this promise? Or rather, should we speak of a promise only half kept, as the Temple remains destroyed? A promise half-believed, or a promise half-kept: the ambivalence, in both the land and the language of old, is perhaps too deeply anchored to be ever totally overcome. The historian, even the historian of religion, is no prophet, and the future remains beyond her or his purview. But it is clear to me that the decision to return to the once promised and twice lost land was also a conscious decision to play by the rules in the game of modern nations, to root history into geography, to move beyond utopia. This decision also entailed giving up on the divine promises of old, while at 250 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
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the same time rediscovering both the accents of archaic Hebrew and the landscapes of the Bible. The very success of modern political Zionism has encouraged many Jews, and many Christians, to perceive this dramatic event in the framework of the accomplishment of Biblical prophecies. Here lies the fundamental antinomy of Zionism, a modern national movement that cannot give up on a serious flirt with both sacred geography and religious history. Zionism sought to secularize Jewish identity, while its very success highlighted the limits of this secularization. Is it possible to conceive the modern political return to the land independently from the restorationist patterns of religious language? While this path has been trodden for a few generations, it seems to have reached a dead end. Simplistic and brutal, religious fundamentalism, in its Jewish, Christian or Muslim garb, has struck us as a nemesis. The Promised Land is simply too embedded in religious conceptions and language for us to be able to ignore them. The only way, then, seems to be that of what Hegel would have called an Aufhebung of religious language. In other words, I propose transforming eschatological beliefs into cultural memory – kulturelle Gedächtnis, a concept invented by Aby Warburg, and developed by Jan Assmann. 24 Cultural memory strikes me as a way, – perhaps not the only one – permitting a continuity of cultural identity without the snares of religious fundamentalism. Cultural memory does not perforce entail a weakening of traditional thought patterns. It broadens, rather, the conceptions of old, taking into account, in education and culture, those developed in the past in other religious communities. In that respect, the verses of Genesis 17 on the divine covenant with Abraham and the peoples stemming from him may be recalled. For a panAbrahamic hermeneutics, the land is promised to all children of Abraham, Muslims and Christians as well as Jews – but the promise, as we have seen, is only one part of the deal. They may stay as long as they behave. The transformation of conflicting religious identities into a common cultural memory may strike one as a dream – a dream that may be the only hope for this over-determined, dreamland of old.
See Jan Assmann, Religion and Cultural Memory: Ten Studies (Stanford: Stanford University Press, 2006).
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Bücher (als Autorin oder Herausgeberin) 1)
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J. G. Fichte – F. W. Schelling, Correspondence. Présentation, traduction et notes par M. Bienenstock, Paris, PUF, Collection »Epiméthée«, 1991. ISBN: 2-13-043629-3. Politique du jeune Hegel (Iéna 1801–1806), Paris, PUF, Collection »Questions«, 1992. ISBN: 2-13-044827-5. J. G. Herder, Dieu: quelques entretiens, Présentation, traduction et notes par M. Bienenstock, Paris, PUF, Collection »Théologiques«, 1996. ISBN: 2-13-047171-4. G. W. F. Hegel, Le premier système. La philosophie de l’esprit (1803– 1804), Présentation, traduction, notes, et avec un essai »La première philosophie de l’esprit: essai d’interprétation génétique« par M. Bienenstock, Paris, PUF, Collection »Epiméthée«, 1999. ISBN: 2-13-050225-3. La philosophie de l’histoire: héritage des Lumières dans l’idéalisme allemand? [Numéro spécial de la revue Littérature et nation, no 21], dirigé par M. Bienenstock, 1999. ISSN: 1146-2698. [Mit Beiträgen von Jean-Marie Goulemot, Norbert Waszek, Loreto Casado, Jean-François Goubet, Myriam Bienenstock, Jean-Claude Bourdin, Jacques D’Hondt und Jacques Le Rider]. Dans quelle mesure la philosophie est pratique. Fichte – Hegel, sous la direction de M. Bienenstock et Michele Crampe-Casnabet, Fontenayaux-Roses, ENS Ed., Collection »Theoria«, 2000. ISBN: 2-902-12670-0. [Mit Beiträgen von Bernard Bourgeois, Isabelle Thomas-Fogiel, André Tosel, Claudio Cesa, Rolf-Peter Horstmann, Jean-François Goubet, JeanChristophe Merle, Franck Fischbach, Laurent Giassi, Norbert Waszek, Myriam Bienenstock und Ludwig Siep]. Trieb: tendance, instinct, pulsion. Histoire d’un concept. [Revue germanique internationale, no 18], dirigé par M. Bienenstock, Paris, PUF, 2002. ISBN: 2-13-052481-8. [Mit Beiträgen von Stefanie Buchenau, Jean-Paul Paccioni, Pierre Pénisson, Clémence Couturier-Heinrich, Norbert Waszek, Gideon Stiening, Ludwig Siep, Claudio Cesa, Luca Fonnesu, Jean-Marie Vaysse, Jean-Fran-
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çois Goubet, André Stanguennec, Rossella Bonito Oliva, Myriam Bienenstock und Monique David-Ménard] La raison pratique au XXe siècle. Trajets et figures, sous la direction de M. Bienenstock et André Tosel, Paris, L’Harmattan, 2004. ISBN: 2-74756003-1. [Mit Beiträgen von André Tosel, Myriam Bienenstock, Pierre Livet, Anne Amiel, Arno Münster, Emmanuel Renault, Stéphane Haber, Magali Bessone, Philippe Ducat, Pierre-Yves Quiviger, Ludwig Siep, Yves Schwartz, Emmanuel Picavet und Michaël Thompson] Der Geschichtsbegriff: eine theologische Erfindung? Hrsg. von M. Bienenstock, Würzburg, Echter, 2006. ISBN: 3-429-02845-0. [Mit Beiträgen von Steven Schwarzschild, Jean-Francois Kervégan, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Christophe Bouton, Gabriel Motzkin, Gerhard Kurz, Francesca Albertini, Myriam Bienenstock, Roland Goetschel, Irene Kajon, Micha Brumlik, Norbert Waszek, Avi Ravitzky und Norbert Samuelson] Néokantisme et sciences morales [Revue germanique internationale, Neue Folge, no 6], édité par Myriam Bienenstock. Paris, CNRS Ed., 2007. ISBN: 978-2-271-06533-9. [Mit Beiträgen von Bernard Bourgeois, Norbert Waszek, Myriam Bienenstock, Helmut Holzhey, Jean Seidengart, Astrid Deuber-Mankowsky, Pierfrancesco Fiorato, Marc de Launay, Jean-Christophe Merle, Hartwig Wiedebach, Jean-François Goubet, Ernst Wolfgang Orth, Fabien Capeillères, Andrea Poma und Christophe Charle] Cohen face à Rosenzweig. Débat sur la pensée allemande, Paris, Vrin, 2009. ISBN: 978-2-7116-2170-5. G. W. F. Hegel, La Philosophie de l’histoire. Édition réalisée sous la direction de Myriam Bienenstock. Traduction française de Myriam Bienenstock, Christophe Bouton, Jean-Michel Buée, Gilles Marmasse, et David Wittmann. Appareil critique de Norbert Waszek. Paris, Le Livre de poche, La Pochothèque, 2009. ISBN: 978-2-253-08852-3. Hermann Cohen. L’idéalisme critique face au matérialisme [Numéro spécial de la Revue de Métaphysique et de Morale]. Sous la direction de Myriam Bienenstock. Paris, PUF, 2011. ISBN: 978-2-13-058738-5. [Mit Beiträgen von Pierfrancesco Fiorato, Myriam Bienenstock, Norbert Waszek, Helmut Holzhey und Marc Bonnemaison] Héritages de Franz Rosenzweig. Nous et les Autres. Sous la direction de Myriam Bienenstock. Paris, Éditions de l’éclat, 2011. ISBN: 978-2-84162227-6. [Mit Beiträgen von Steven T. Katz, Myriam Bienenstock, Irene Kajon, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Bernhard Casper, Heinz-Jürgen Görtz, Jean-François Marquet, Donatella Di Cesare, Emilia d’Antuono, Irene Abigail Piccinini, Florian Nicodème, Robert Gibbs, Michael Zank, Sonia Goldblum und Jean Greisch]
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Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge
15) Religiöse Toleranz heute – und gestern. Hrsg. von Myriam Bienenstock und Pierre Bühler. Freiburg/Munich, Alber, 2011. ISBN: 978-3-49548492-0. [Mit Beiträgen von Ludwig Siep, Myriam Bienenstock, Norbert Waszek, Jean Mondot, Jan Assmann, Andreas Hunziker, Jacques Picard, Katajun Amirpur, Micha Brumlik, Sonja Weinberg und Brigitta Rottach] 16) G. W. F. Hegel, Introduction à la philosophie de l’histoire. Traduction, présentation et notes par Myriam Bienenstock et Norbert Waszek. Paris, Le Livre de Poche, 2011. ISBN: 978-2-253-08874-5. 17) Hermann Cohen, Le concept de philosophie. Édition réalisée sous la direction de Myriam Bienenstock. Traduction française de Myriam Bienenstock et Jean-Michel Buée, avec la participation de Marc Bonnemaison, Paris, Éditions du Cerf, Collection »Passages«, 2014. ISBN: 978-2-20408837-4. 18) Devoir de mémoire? – Les lois mémorielles et l’histoire. Sous la direction de Myriam Bienenstock. Paris, Éditions de l’éclat, 2014. ISBN: 978-2204-08837-4. [Mit Beiträgen von Yehûdā Bauer, Myriam Bienenstock, Jean-Claude Monod, Norbert Waszek, Christophe Bouton, Jean Rossetto, Ludwig Siep, Hans-Ulrich Thamer und Jean-Paul Pinault] 19) Gebot, Gesetz, Gebet / Love, Law, Life [Rosenzweig-Jahrbuch, Bd. 8/9] Hrsg von M. Bienenstock und Benjamin Pollock, Freiburg, Alber, 2014. ISBN: 978-3-495-46409-0. [Mit Beiträgen von Hans-Christoph Askani, Myriam Bienenstock, Robert Gibbs, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Benjamin Pollock, Jules Simon, Martin Kavka, Luca Bertolino, Ephraim Meir, Gesine Palmer und Norbert Waszek] 20) Cohen und Rosenzweig: ihre Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus [Grundlegend überarbeitete und aktualisierte deutsche Ausgabe von Nr. 11]. Freiburg, Alber, 2018. ISBN: 978-3-495-48680-1.
Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge 1) 2) 3) 4)
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Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge
20) »Qu’est-ce qu’être idéaliste en politique? La réponse de Hegel«, in: Revue de synthèse, 4è série. 1 (1995), 5–25. 21) »Le sens historique: un sens de la force? Hegel, Herder et leurs interprètes«, in: Herder et la philosophie de l’histoire, éd. par Pierre Pénisson, IaŞi, Ed. Univ. Alexandru Ioan Cuza, 1997, 165–182. 22) [Zwölf Beiträge], in: Dictionnaire du XIXe siècle européen, sous la direction de Madeleine Ambrière, Paris, PUF, 1997. [»Baader, Franz von«, 97; »Bolzano, Bernard«, 164 f.; »Brentano, Franz«,173 f.; »Dilthey, Wilhelm«, 336; »Fries, Jakob Friedrich«, 461 f.; »Herbart, Johann Friedrich«, 532; »Humboldt, Guillaume de«, 559 f.; »Jacobi, Friedrich Heinrich«, 609; »Krause, Karl«, 644; »Lotze, Rudolf Hermann«, 696 f.; »Schleiermacher, Friedrich«, 1080 f.; »Schophenhauer, Arthur«, 1081 f.] 23) »Franz Rosenzweig«, in: Routledge Encyclopedia of Philosophy, 10 volumes, ed. by Edward Craig, London, Routledge, 1998, vol. 8, 357–362. 24) »Herder, lecteur de Kant: de la métaphysique à l’esthétique«, in: Les Etudes philosophiques. 3 (1998), 357–375. Ad 24) Repris dans: German Idealism. Critical Concepts in Philosophy. 4 volumes, ed. by Klaus Brinkmann, London, Routledge, vol. II (2007), 38–58. 25) »La filosofia di Herder: una ›modificazione minore‹ della riflessione praticata da Jacobi?« in: Fede e Sapere. La genesi del pensiero del giovane Hegel, a cura di Rossella Bonito Oliva e Giuseppe Cantillo, Milano, Guerini, 1998, 127–140. 26) »Préface«, in: Karl Leonhard Reinhold, Le principe de conscience, éd. et trad. par Jean-François Goubet, Paris, L’Harmattan, 1999, 1–4. 27) »Franz Rosenzweig et sa critique des philosophies de l’esprit«, in: Revue de métaphysique et de morale. 104 (1999, no 3), 291–312. 28) »›Le pharisien est absent‹ : éthique et vie spirituelle selon Emmanuel Lévinas«, in: Archives de philosophie. 62 (1999), 711–733. 29) »Aux origines du progrès: la ›liberté des barbares‹ ? Hegel face à Montesquieu«, in: La philosophie de l’histoire: héritage des Lumières dans l’idéalisme allemand? [Numéro spécial de la revue »Littérature et nation«, no 21], Tours, Publication de l’Université François Rabelais, 1999, 97–118. 30) »La philosophie hégélienne de l’esprit: une philosophie pratique?«, in: Dans quelle mesure la philosophie est pratique. Fichte – Hegel, éd. par M. Bienenstock et M. Crampe-Casnabet, Paris, ENS Editions (Collection »Theoria«), 2000, 223–243. 31) »›Tragédie dans l’éthique‹ : l’interprétation hégélienne de Prométhée«, in: Autour de Hegel. Hommage à Bernard Bourgeois, éd. par François Dagognet et Pierre Osmo, Paris, Vrin, 2000, 25–42. 32) »Herder und Spinoza. Einige Bemerkungen zum heutigen Herder-Bild«, in: Humanität in einer pluralistischen Welt? Themengeschichtliche und
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Schriftenverzeichnis von Myriam Bienenstock
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formanalytische Studien zur deutschsprachigen Literatur, Festschrift Martin Bollacher, Würzburg, Königshausen & Neumann 2000, 52–72. »Die ›Ungeschicklichkeit, die wahrhaften Sitten in die Form von Gesetzen zu bringen‹, ist ›das Zeichen der Barbarey‹ : Hegels Kodifikationsforderung um 1802«, in: Verfassung und Revolution: Hegels Verfassungskonzeption und die Revolutionen der Neuzeit, hrsg. von Elisabeth Weisser-Lohmann und Dietmar Köhler [Hegel-Studien, Beiheft 42], Hamburg, Meiner, 2000, 85–105. »›Die wahrhafte Gegenwart ist … die Ewigkeit‹. Zum Gegenwärtigen in der Hegelschen Geschichtsphilosophie«, in: Die Weltgeschichte – das Weltgericht? Stuttgarter Hegel-Kongress, hrsg. von Rüdiger Bubner und Walter Mesch, Stuttgart, Klett-Cotta, 2001, 121–142. »Qu’est-ce que l’esprit objectif selon Hegel?« in: Hegel: droit, histoire, société, éd. par Norbert Waszek [Revue germanique internationale, no 15], Paris, PUF, 2001, 103–126. Ad 35) Repris dans: Lectures de Hegel, éd. par Olivier Tinland, Paris, Le Livre de Poche, 2005, 223–267. »La fortuna francese della ›filosofia del diritto‹ di Hegel«, in: Giornale critico della filosofia italiana. XXI (2002), 413–429. »Hegel et le droit des peuples: qu’est-ce qu’être idéaliste en politique?«, in: Archives de philosophie. 65 (2002), 423–439. »Die französische Rezeption von Hegels Philosophie des Rechts«, in: Jahrbuch für Hegelforschung. 5/6 (2002), 77–98. »Hegel et Solger«, in: L’esthétique de K. W. F. Solger: symbole, tragique, et ironie, éd. par Anne Baillot, Tusson (Charente), éd. du Lérot, Collection »Transferts«, 2002, 99–126. Ad 39) Deutsche Fassung »Hegel und Solger«, in: Jahrbuch für Hegelforschung. 10/11 (2004/2005), 217–238. »Die ›soziale Frage‹ im französisch-deutschen Kulturaustausch: Gans, Marx und die deutsche Saint-Simon Rezeption«, in: Eduard Gans (1797–1839). Politischer Professor zwischen Restauration und Vormärz, hrsg. von Reinhard Blänkner, Gerhard Göhler und Norbert Waszek. Leipzig, Universitätsverlag, »Deutsch-Französische Kulturbibliothek, 15«, 2002, 153–175. »Recalling the Past in Rosenzweig’s Star of Redemption«, in: Modern Judaism. 23:3 (2003), 226–242. »L’éthique fichtéenne: une éthique de l’autonomie, ou de l’autodétermination?«, in: Fichte: Idéalisme, politique et histoire, éd. par Jean-Marie Lardic, Paris, Vrin, 2003 [Recherches sur la philosophie et le langage, no 22], 91–110. »Selbstanzeige« des Bandes Trieb: tendance, instinct, pulsion (s. o. Bücher, Nr. 7), in: Archiv für Begriffsgeschichte. 45 (2003), 5–10. »Selbstbestimmungsrecht und Staat bei Hegel«, in: Jahrbuch des Deutschen Idealismus. 2 (2003), 269–285.
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Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge
45) »Hermann Cohen über Freiheit und Selbstbestimmung«, in: Religious Apologetics – Philosophical Arguments, hrsg. von Yossef Schwartz und Volkhard Krech, Tübingen, Mohr-Siebeck, 2003, 509–530. 46) »Vom Erkennen und Empfinden der Seele«, in: Hegels enzyklopädisches System. Von der »Wissenschaft der Logik« zur Philosophie des absoluten Geistes, hrsg. von Hans-Christian Lucas, Burkhard Tuschling und Ulrich Vogel, Stuttgart-Bad Cannstatt, Frommann-Holzboog, 2004, 197–220. 47) »Quelle réhabilitation pour la philosophie pratique?«, in: La raison pratique au XXe siècle. Trajets et figures, éd. par M. Bienenstock et André Tosel, Paris, L’Harmattan, 2004, 17–41. 48) »Auf Schellings Spuren im Stern der Erlösung«, in: Rosenzweig als Leser. Kontextuelle Kommentare zum ›Stern der Erlösung‹, hrsg. von Martin Brasser, Tübingen, Max Niemeyer, 2004 [Reihe »Conditio Judaica«], 273–290. 49) »Zur Revision der praktischen Philosophie Hegels in dem Systementwurf von 1805/06«, in: Die Eigenbedeutung der Jenaer Systemkonzeptionen Hegels, hrsg. von Heinz Kimmerle, Berlin, Akademie Verlag, 2004, 215–228. 50) »Die Pflicht des Erinnerns bei Franz Rosenzweig«, in: The Legacy of Rosenzweig. Collected Essays, ed. by Luc Anckaert, Martin Brasser and Norbert Samuelson, Leuven, Leuven University Press, 2004 [Louvain Philosophical Studies, volume 18], 139–156. 51) »Der Schönheit zweite Tochter ist Religion«, in: Bad Homburger Hölderlin-Vorträge 2001–2004, hrsg. von Gerhard Kurz, Bad Homburg, Stadt Bad Homburg vor der Höhe, 2005, 98–113. 52) »Herders Buch ›Gott‹ im Kontext der zeitgenössischen Diskussionen«, in: Herder-Gedenken. Interdisziplinäre Beiträge anlässlich des 200. Todestages von Johann Gottfried Herder, hrsg. von Wilhelm-Ludwig Federlin und Markus Witte, Frankfurt/Main, Lang, 2005, 19–42. 53) »Hegel et la rationalité pratique«, in: Logique et sciences concrètes, éd. par Jean-Michel Buée et David Wittmann, Paris, l’Harmattan, 2006, 265– 280. 54) »Rosenzweig und die Vergötterung der Kunst«, in: Franz Rosenzweigs »neues Denken«. 2 Bände. Bd. I: Selbstbegrenzendes Denken – in philosophos; Bd. 2: Erfahrene Offenbarung – in theologos, hrsg. von Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Freiburg & München, Alber, 2006, Bd. I, 418–430. 55) »Ein Teil der Landkarte der jüdischen Moderne. Ein Gespräch von Myriam Bienenstock mit Stéphane Mosès über Perspektiven der Rosenzweig-Forschung«, in: Rosenzweig heute, [Rosenzweig-Jahrbuch, Band I], Freiburg & München, Alber, 2006, 17–24. 56) »Franz Rosenzweig. De la possibilité de connaître le tout«, in: Rosenzweig heute [Rosenzweig-Jahrbuch, Bd. I], Freiburg & München, Alber, 2006, 51–78.
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Schriftenverzeichnis von Myriam Bienenstock
57) »›Mythologie de la raison‹ : un thème des Lumières?« in: Les Lumières et l’idéalisme allemand, éd. par Jean-Claude Bourdin, Paris, L’Harmattan, 2006, 31–44. 58) »Selbstbestimmung bei Hegel«, in: Von der Logik zur Sprache. Stuttgarter Hegel-Kongress 2005, hrsg. von Rüdiger Bubner und Gunnar Hindrichs, Stuttgart, Klett-Cotta, 2007, 519–533. 59) »Ist der Messianismus eine Eschatologie? Zur Debatte zwischen Cohen und Rosenzweig«, in: Der Geschichtsbegriff: eine theologische Erfindung?, hrsg. von M. Bienenstock, Würzburg, Echter, 2007, 128–147. 60) »Sciences de l’esprit, ou sciences morales? Cohen et les sciences humaines«, in: Néokantisme et sciences morales [Revue germanique internationale, N.S., No 6], éd. par M. Bienenstock. Paris, CNRS Editions, 2007, 61–76. 61) »Herder et Spinoza«, in: Spinoza au XIXe siècle, éd. par Pierre-François Moreau, Jean Salem et André Tosel. Paris, Publications de la Sorbonne, 2007, 47–59. 62) [Dreizehn Beiträge], in: Dictionnaire du monde germanique, publié sous la direction d’Elisabet Décultot, Michel Espagne et Jacques Le Rider, Paris, Bayard, 2007. [»Comprendre ou expliquer – Verstehen vs. Erklären«, 208–210; »Esprit – Geist«, 321 f.; »Existenzphilosophie – philosophie de l’existence«, 337 f.; »Geisteswissenschaften – sciences de l’esprit«, 388 f.; »Idéalisme allemand«, 529 f.; »Iéna«, 534 f.; »Moralität, Sittlichkeit – moralité, éthique«, 731 f.; »Philosophie de la vie – Lebensphilosophie«, 850–852; »Pouvoir – Macht, Machtstaat«, 874 f.; »Pulsion – Trieb«, 897–899; »Querelle de l’athéisme«, 903 f.; »Querelle du panthéisme«, 904 f.; »Rosenzweig, Franz«, 1008 f.] 63) »Le ›concept de la religion‹ dans la Phénoménologie de l’esprit«, in: Hegel. La Phénoménologie de l’esprit à plusieurs voix, coordonné par Czeslaw Michalewski, Paris, Ellipses, 2008, 227–252. 64) »Hegel et les faits«, in: Hegel. Bicentenaire de la Phénoménologie de l’Esprit, sous la direction de Bernard Bourgeois, Paris, Vrin, 2008, 94– 110. 65) »Franz Rosenzweig sul mito e la religione«, in: Il futuro del « nuovo pensiero ». In dialogo con Franz Rosenzweig, Pisa, Edizioni ETS, 2008, 7–16. 66) »Un devoir de mémoire: les noms«, in: Les Etudes philosophiques, (2009:2), 207–217. 67) »Sensation et sentiment selon Hegel«, in: Hegel et la philosophie de la nature, coordination scientifique Christophe Bouton et Jean-Louis Vieillard-Baron, Paris, Vrin, 2009, 115–133. 68) »Religiao e ›Religiao natural‹ na Fenomenologia do Espirito de Hegel«, in: Still Reading Hegel. 200 Years after the Phenomenology of Spirit, coordenação Edmundo Balsemão Pires, Coimbra, Imprensa da Universidade de Coimbra, 2009, 225–243.
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Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge
69) »La mémoire des noms. A Propos de Scholem, Rosenzweig – et Stéphane Mosès«, in: Retours. Mélanges à la mémoire de Stéphane Mosès, éd. par Patricia Farazzi et Michel Valensi, Paris, éditions de l’Eclat, 2009, 115– 127. 70) »Grußwort der Präsidentin der Internationalen Rosenzweig Gesellschaft« in: »Kreuz der Wirklichkeit« und »Stern der Erlösung«: die Glaubens-Metaphysik von Eugen Rosenstock-Huessy und Franz Rosenzweig, hrsg. von Hartwig Wiedebach, Freiburg & München, Alber, 2010 [Rosenzweigiana, no 5], 21–24. 71) »Religion und Philosophie bei Schelling und Hegel«, in: Schellings Denken der Freiheit, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik zum 70. Geburtstag, hrsg. von Heinz Paetzold und Helmut Schneider, Kassel, Kassel University Press, 2010, 213–235. 72) »Le devoir de mémoire: un impératif?«, in: Les Temps Modernes. 660 (octobre 2010), 98–115. 73) »Is There a Duty of Memory? Reflections on a French Debate«, in: Modern Judaism. 30 (2010), 332–347. 74) »Hermann Cohens Heine und der Kampf um Spinoza«, in: Heine-Jahrbuch 2010, Stuttgart, Metzler, 2010, 192–200. 75) »Grußwort«, in: Wir und die Anderen, hrsg. von Hans Martin Dober [Rosenzweig-Jahrbuch, 5], Freiburg & München, Alber, 2010, 29–33. 76) »Die Pflicht der Erinnerung«, in: Aufbau. Das jüdische Magazin. 76:4 (April 2010), 25–27. 77) »Über die Ironie der Kunst: Hermann Cohen und Karl Solger«, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte. 63:1 (2011), 94–99. 78) »Hermann Cohen sur le panthéisme. Sens et usages du terme dans sa réception de Spinoza«, in: Hermann Cohen. L’idéalisme critique aux prises avec le matérialisme [Numéro spécial de la Revue de métaphysique et de morale], sous la direction de M. Bienenstock. Paris, PUF, 2011, 29–45. 79) »Sartre, ou Rosenzweig? A Propos de la réception de Franz Rosenzweig en France«, in: Héritages de Franz Rosenzweig. »Nous et les Autres«, sous la direction de M. Bienenstock, Paris, Éditions de l’éclat, 2011, 5–12. 80) »Assimilation – Dissimilation. Rosenzweig sur l’école«, in: Héritages de Franz Rosenzweig. »Nous et les Autres«, sous la direction de M. Bienenstock, Paris, Éditions de l’éclat, 2011, 140–148. 81) »Between Hegel and Marx: Eduard Gans on the ›Social Question‹«, in: Politics, Religion, and Art: Hegelian Debates, ed. by Douglas Moggach, Evanston/Illinois, Northwestern University Press, 2011, 164–178. 82) »Zeitgemässe Unzeitgemässheit. Hermann Cohens Philosophie heute« (ein Gespräch mit Helmut Holzhey, Andrea Poma und Ursula Renz), in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. 59:2 (2011), 311–322. 83) »Il concetto di storia: un’idea greca o un’invenzione del profetismo?« in: Tra Torah e sophia. Orizzonti e frontiere della filosofia ebraica, A cura di
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Schriftenverzeichnis von Myriam Bienenstock
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Orietta Ombrosi con la collaborazione di Renato Bigliardi, Genova-Milano, Marietti, 2011, 67–80. »Le statut de l’histoire dans L’Etoile de la Rédemption de Franz Rosenzweig«, in: Penser l’histoire. De Karl Marx aux siècles des catastrophes, sous la direction de Christophe Bouton et Bruce Bégout, Paris, Éditions de l’éclat, 2011, 151–185. »Rosenzweig et la philosophie de la vie«, in: Vita ebraica e mondo moderno. Esperienze, memoria, « nuovo pensiero », a cura di Emilia D’Antuono, Napoli, Giannini, 2011, 161–178. »Franz Rosenzweig und sein ›Neues Denken‹ – Eine Einführung« in: Franz Rosenzweig. Religionsphilosoph aus Kassel, hrsg. von Eva Schulz-Jander und Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Kassel, EuroregioVerlag, 2011, 24–30. »Le règne des mères. Les ›Lettres à sa mère‹ de Franz Rosenzweig«, in: Les Cahiers du judaïsme. 33 (décembre 2011), 30–39. »La ruse de la raison dans l’histoire«, in: Hegel, Introduction à la philosophie de l’histoire, éd. par M. Bienenstock & N. Waszek, Paris, Le livre de poche, 2011, 237–242. »Versprechen und Grenzen der religiösen Toleranz: der Fall Spinoza«, in: Religiöse Toleranz heute – und gestern, hrsg. von M. Bienenstock und Pierre Bühler, Freiburg & München, Alber, 2011, 19–34. »The Concept of History: a Greek Idea, or an Invention of Prophetism?« in: Journal of Jewish Thought and Philosophy. 20:1 (2012), 55–70. »›Von Angesicht zu Angesicht‹, d. h. ›ohne einen Mittler‹ : Cohen und die evangelische Vermittlungstheologie«, in: Religion aus den Quellen der Vernunft. Hermann Cohen und das evangelische Christentum, hrsg. von Hans Martin Dober und Mathias Morgenstern, Tübingen, Mohr Siebeck, 2012, 55–68. »What is Orientation in Thinking – and in Life? Or: Why is Rosenzweig relevant today?« in: Journal of Jewish Thought & Philosophy. 20 (2012), 55–70. »Mythos, Religion und Geschichte im Stern der Erlösung von Franz Rosenzweig«, in: Philosophisches Jahrbuch. 119:2 (2012), 317–329. »Du métaphysique au transcendantal – et retour«, in: Hegel au présent. Une relève de la métaphysique?, éd. par Jean-François Kervégan et Bernard Mabille, Paris, CNRS Éditions, 2012, 211–223. »Confronting Spinoza: Rosenzweig vs. Cohen« in: Giacobbe e l’angelo. Figure ebraiche alle radici della modernità europea, a cura di Emilia D’Antuono, Irene Kajon e Paola Ricci Sindoni, Roma, Lithos, 2012, 237– 252. »Von Hegel zu Rosenzweig – und zurück«, in: Die Denkfigur des Systems im Ausgang von Franz Rosenzweigs »Stern der Erlösung«, hrsg. von Hartwig Wiedebach, Berlin, Duncker & Humblot, 2013, 135–139.
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Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge
97) »Einleitung«, in: Franz Rosenzweig, Mein Ich entsteht im Du: Ausgewählte Texte zu Sprache, Dialog und Übersetzung, hrsg. von Stephan Grätzel, Freiburg & München, Alber, 2013, 17–22. 98) »Gibt es eine Pflicht zur Erinnerung? Überlegungen zu einer Debatte in Frankreich.«, in: Kunst – Religion – Politik, hrsg. von Alain Patrick Olivier und Elisabeth Weisser-Lohmann, Paderborn, Wilhelm Fink, 2013, 267–283. 99) »Du wirst dich erinnern« – ein spezifisch jüdisches Gebot?, in: Schweizerische Kirchenzeitung. 8 (2013), 112–123. 100) »L’Eterno, Mendelssohn e il nome di Dio. Una valutazione di Franz Rosenzweig«, in: Il roveto ardente. Scritti sull’ebraismo tedesco in memoria di Francesca Y. Albertini, a cura di Irene Kajon, Roma, Lithos, 2013, 15–30. 101) »Présentation«, in: Ludwig Siep, La philosophie pratique de Hegel. Actualités et limites, Paris, Éditions de l’éclat, 2013, 7–11. 102) »La mémoire: un ›devoir‹ ?«, in: Devoir de mémoire? – Les lois mémorielles et l’histoire, éd. par M. Bienenstock, Paris, Éditions de l’éclat, 2014, 17–37. 103) »How to Philosophize by means of Letters. Rosenzweig as a LetterWriter« in: Gebot, Gesetz, Gebet / Love, Law, Life [Rosenzweig-Jahrbuch 8/9], hrsg. von M. Bienenstock und Benjamin Pollock, Freiburg & München, Alber, 2014, 45–68. 104) »Présentation«, in: Hermann Cohen. Le concept de philosophie, Paris, Cerf, Collection »Passages«, 2014, 7–34. 105) »Emmanuel Lévinas lädt ein, Spinoza erneut zu lesen«, in: Lesarten der Freiheit. Zur Deutung und Bedeutung von Emmanuel Lévinas’ Difficile Liberté, hrsg. von Alfred Bodenheimer und Miriam Fischer-Geboers, Freiburg & München, Alber, 2015, 134–148. 106) »Erinnerung: eine ›rückwärtsgewandte Prophetie‹ ?«, in: Das unerledigte Vergangene. Konstellationen der Erinnerung, hrsg. von Emil Angehrn und Joachim Küchenhoff, Weilerswist, Velbrück Wissenschaft, 2015, 259–272. 107) »Storia universale – oppure storia della salvezza? A proposito del concetto novecentesco di storia«, in: Il futuro in Eredità. Riflessioni contemporanee su messianismo e secolarizzazione, a cura di Pierfrancesco Fiorato e Mario Bosincu, Milano, Mimesis/Varchi, 2016, 133–151. 108) [Vier Beiträge], in: Dictionnaire Rosenzweig, éd. par Salomon Malka, Paris, Editions du Cerf, 2016. [»Antisémitisme«, 30–33; »Cantique des cantiques«, 57–62 ; »Cohen, Hermann«, 71–76, »Hegel«, 174–180]. 109) »Die Sprache des Hohelieds: ›mehr als Gleichnis‹ ?: Zu Rosenzweigs Stern der Erlösung«, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte [ZRGG]. 69:3 (2017), 264–278.
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Schriftenverzeichnis von Myriam Bienenstock
110) »Der Begriff einer ›natürlichen Religion‹ und die Frage der Anerkennung von Diversität«, in: Diversität – Differenz – Dialogizität: Religion in pluralen Kontexten. Hrsg. von Stefan Alkier, Michael Schneider und Christian Wiese. Berlin, De Gruyter, 2017, 48–65. 111) »Was bedeutet ›sich erinnern‹ ? Einige Überlegungen zum Ursprung der Normativität in der hebräischen Bibel«, in: Genesis und Geltung: Historische Erfahrung und Normenbegründung in Moral und Recht, hrsg. von Thomas Gutmann, Sebastian Laukötter, Arnd Pollmann und Ludwig Siep. Tübingen, Mohr Siebeck, 2018, 197–204. 112) »A hatred ›required by religion‹ ? Spinoza and Cohen on hatred«, in: Jewish Studies Quarterly. 25:2 (2018), 121–138. 113) »Hegel über das jüdische Volk: ›eine bewunderungswürdige Festigkeit […] ein Fanatismus der Hartnäckigkeit‹«, in: Der Begriff des Judentums in der klassischen deutschen Philosophie, hrsg. von Jörg Noller und Amit Kravitz. Tübingen, Mohr Siebeck, 2018, 117–134. 114) »De l’utilité et des inconvénients de la téléologie pour l’histoire«, in: L’expérience du passé. Histoire, Philosophie, Politique, éd. par Christophe Bouton et Barbara Stiegler, Paris, Éditions de l’éclat, 2018, 86–104. 115) »Kant, kantisme, néokantisme: une philosophie européenne«, in: L’Europe: Encyclopédie historique, sous la direction de Christophe Charle et Daniel Roche, Arles, Actes Sud, 2018, 1901–1903. * * *
Bald erscheinen 116) »Franz Rosenzweig«, in: Handbuch Anerkennung, hrsg. von Ludwig Siep, Michael Quante und Heikki Ikäheimo, Berlin, Springer, 2018. 117) »Emmanuel Levinas«, in: Handbuch Anerkennung, hrsg. von Ludwig Siep, Michael Quante und Heikki Ikäheimo, Berlin, Springer, 2018. 118) »Subverting practical philosophy: Hegel’s ›Science of Spirit‹«, in: Hegel, logic & speculation, éd. by Hager Weslati & Maurizio Pagano, London, Bloomsbury, 2018. 119) »L’amour dans le Cantique des cantiques: ›juste une comparaison‹ (Gleichnis)?«, in: Les Études philosophiques [Themenheft zu Franz Rosenzweig, hrsg. von Emmanuel Cattin & Danielle Cohen-Levinas] (2019). 120) »Levinas ›allergique‹ ? Quelques remarques d’ordre historique«, in: Recueil Levinas (titre provisoire), éd. par Danielle Cohen-Levinas, Paris, Hermann, 2019.
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Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge
Übersetzungen 1)
2)
3) 4)
5)
Edouard Gans, Chroniques françaises: un hégélien juif à Paris: 1825, 1830, 1835, textes présentés et édités par Norbert Waszek ; traduits de l’allemand par Myriam Bienenstock, Paris, Ed. du Cerf, »Bibliothèque franco-allemande«, 1993. Reinhard Brandt, »Aux origines de la philosophie kantienne de l’histoire: l’anthropologie pragmatique«, in: Kant: Philosophie de l’Histoire, éd. par Norbert Waszek [Revue Germanique Internationale. No. 6]. Paris, PUF, 1996, 19–34. Herder: ›Essai sur l’être‹ [Versuch über das Sein] (1764), in: Les Etudes philosophiques. 3 (1998), 377–387. Ludwig Siep, »Esprit objectif et évolution sociale. Hegel et la philosophie sociale contemporaine«, in: Dans quelle mesure la philosophie est pratique. Fichte – Hegel, éd. par M. Bienenstock et M. Crampe-Casnabet, Paris, ENS Editions (Collection »Theoria«), 2000, 245–263. Robert Pippin, »Rationalité et priorité de la vie éthique selon Hegel«, in: Hegel: droit, histoire, société, éd. par N. Waszek [Revue Germanique Internationale. No. 15]. Paris, PUF, 2001, 67–102.
Da es zu weit führen würde, die vielen Rezensionen anzuführen, wurden diese nicht aufgenommen.
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Dominique Bourel ist Directeur de Recherche bei der französischen Forschungseinrichtung CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique). Lange Jahre hat er das Zentrum des CNRS in Jerusalem geleitet. Seine wichtigsten Bücher sind zweifellos seine beiden umfangreichen Monographien über Moses Mendelssohn (2004) und Martin Buber (2015), die inzwischen auch in deutscher Übersetzung vorliegen. Bernard Bourgeois wurde im Jahre 2002 in die Académie des sciences morales et politiques gewählt, welche er im Jahre 2014 als Präsident geleitet hat. Vorher hatte er 36 Jahre lang an beiden Universitäten von Lyon (1963–89) und an der Sorbonne (1989–99) als Professor gelehrt. Weitere biographische Angaben und eine Bibliographie seiner wichtigsten Schriften auf seiner Internetseite der Akademie: https://www.asmp.fr/fiches_academiciens/BOURGEOIS. HTM Christophe Bouton ist seit 2005 Professor für Philosophie an der Universität Bordeaux-Montaigne. Gastprofessuren führten ihn u. a. nach Hamburg und Sydney/Australien. Zuletzt veröffentlichte er (gemeinsam mit Barbara Stiegler) den Band: L’expérience du passé. Histoire, Philosophie, Politique, Paris, Éditions de l’éclat, 2018. Weitere biographische und bibliographische Informationen auf seiner Internetseite der Universität Bordeaux: http://u-bordeaux3.academia .edu/ChristopheBouton. Pierfrancesco Fiorato ist seit 2002 Professor für Moral- und Geschichtsphilosophie an der Universität Sassari/Sardinien. Promotion (1993) bei Helmut Holzhey in Zürich. Unter seinen Publikationen seien besonders hervorgehoben: Geschichtliche Ewigkeit. Ursprung und Zeitlichkeit in der Philosophie Hermann Cohens, Königshausen 267 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
u. Neumann, 1993, und Il futuro in eredità: riflessioni contemporanee su messianismo e secolarizzazione, hrsg. von P. Fiorato und Mario Bosincu, Milano, Mimesis, 2016. Weitere biographische und bibliographische Informationen auf seiner Internetseite: https:// uniss.academia.edu/PierfrancescoFiorato/CurriculumVitae. Jean-François Goubet ist seit 2010 Professor für Philosophie an der Universität Artois (Arras). Er wurde von Myriam Bienenstock über Fichte promoviert (2000) im Jahre 2009 habilitiert. Zuletzt erschienen von ihm: Des maîtres philosophes? La fondation de la pédagogie générale par l’Université allemande, Paris, Garnier, 2012 und auf Deutsch: Herbart als Universitätslehrer, hrsg. von J.-F. Goubet und Rainer Bolle, Jena, Garamond, 2018. Helmut Holzhey, nach der Promotion über Kants Erfahrungsbegriff (1968) und der Habilitation über Cohen und Natorp, war von 1985 bis 2004 Ordinarius für die Geschichte der Philosophie an der Universität Zürich, wo er auch das ›Cohen-Archiv‹ gründete. Er leitet die inzwischen fast abgeschlossene Ausgabe Hermann Cohens Werke (Hildesheim, Olms, ab 1977). Er war lange Hauptherausgeber des Grundrisses der Geschichte der Philosophie [Ueberweg Neubearbeitung], Basel, Schwabe. Zuletzt erschien von ihm: Wir sehen jetzt durch einen Spiegel: Erfahrungen an den Grenzen philosophischen Denkens, Basel, Schwabe, 2017. Dana Hollander ist seit 2002 Professorin für Religionswissenschaft an der McMaster Universität, Hamilton/Kanada. Unter ihren Publikationen sei besonders hervorgehoben: Exemplarity and chosenness: Rosenzweig and Derrida on the nation of philosophy, Stanford/CA, Stanford University Press, 2008. Weitere biographische und bibliographische Informationen auf ihrer Internetseite der McMaster Universität: https://socialsciences.mcmaster.ca/danahol/pubs.htm. Gerhard Kurz ist emeritierter Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Justus-Liebig-Universität Gießen, wo er von 1984 bis 2008 als Ordinarius lehrte. Von 1980 bis 1984 war er Professor an der Universität Amsterdam. 1990–1998 Präsident der HölderlinGesellschaft. Eine Liste seiner zahlreichen Publikationen u. a. zu Hölderlin und zur deutsch-jüdischen Literaturgeschichte (seit 2002 Mitherausgeber der kritischen Kafka-Ausgabe) kann auf folgender 268 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Internetseite konsultiert werden: https://www.uni-giessen.de/fbz/ fb05/germanistik/institut/emeriti/gerkurz/publ.kurz. Claudia Melica ist Assistentin am Lehrstuhl für Praktische Philosophie der Universität »La Sapienza« in Rom. Seit 2014 ist sie für die Fächer Moralphilosophie und Geschichte der Philosophie habilitiert. Unter ihren Büchern sei hier nur zitiert: La comunità dello spirito in Hegel, Trento, Verifiche, 2007; ihre Internetseite umfasst eine Publikationsliste: https://uniroma1.academia.edu/ClaudiaMelica/Curricu lumVitae Wolfdietrich Schmied-Kowarzik lehrte von 1971 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2007 an der Universität Kassel. Seit 2011 lebt er in Wien. Bei Alber hat er zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter vier Bände, welche die Beiträge zu den beiden Rosenzweig-Kongressen in Kassel (1986 und 2004) vorlegen. Pünktlich zum 200. Geburtstag von Karl Marx erschien dort auch eine erweiterte Neuausgabe von Karl Marx – die Dialektik der gesellschaftlichen Praxis: zur Genesis und Kernstruktur der kritischen Philosophie gesellschaftlicher Praxis (2018). Ludwig Siep war von 1986 bis 20011 Ordinarius für Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Seit 2011 ist er dort Senior Professor im Exzellenzcluster »Religion und Politik«. Seit 1993 ist er ordentliches Mitglied der Nordrhein Westfälischen Akademie der Wissenschaften, die ihn im Jahre 2007 auch zum Vorsitzenden ihrer Hegel-Kommission wählte. Eine vollständige Liste seiner umfangreichen Publikationen auf den Internetseiten des gen. Exzellenzclusters: https://www.uni-muenster.de/imperia/md/ content/philosophischesseminar/mitglieder/siep/siep_publikations liste_1–2018.pdf. Guy G. Stroumsa ist seit 2008 ordentliches Mitglied der Israelischen Akademie der Wissenschaften. In Jerusalem wirkte er lange als Professor für vergleichende Religionswissenschaften an der Hebräischen Universität. Von 2009 bis zu seiner Emeritierung war er Professor of the Study of the Abrahamic Religions an der Universität Oxford. Zahlreiche Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte u. a. Humboldt Preisträger, Wissenschaftskolleg. Im Jahre 2018 wurde ihm (gemeinsam mit seiner Gattin, Sarah Stroumsa) der Dr. Leopold Lucas269 https://doi.org/10.5771/9783495817063 .
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Preis der Universität Tübingen verliehen. Seine 16 Bücher und etwa 120 Aufsätze werden auf seiner Internetseite aufgelistet: https://huji. academia.edu/guystroumsa.troumsa. Norbert Waszek ist Germanist und Philosoph. Promotion an der Universität Cambridge (Christ’s College; 1984), Habilitation an der Sorbonne (Paris I; 1998). Nach einer Professur an der Universität Rouen (1999–2003) folgte er im Jahre 2003 einem Ruf an die Universität Paris VIII (Vincennes à Saint-Denis). Im Jahre 2017/2018 war er Gastprofessor am Zentrum für klassische deutsche Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Eine vollständige Publikationsliste auf seiner Internetseite: http://norbertwaszek.free.fr.
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