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German Pages 904 Year 1999
Helmut Grothe Fremdwährungsverbindlichkeiten
Helmut Grò the
Fremdwährungsverbindlichkeiten Das Recht der Geldschulden mit Auslandsberührung Kollisionsrecht — Materielles Recht - Verfahrensrecht
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1999 Walter de Gruyter · Berlin · New York
Dr. iur. Helmut Grothe Professor für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Verfahrensrecht sowie Rechtsvergleichung an der Freien Universität Berlin
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
Die Deutsche Bibliothek -
CIP-Einheitsaujnahme
Grothe, Helmut: Fremdwährungsverbindlichkeiten : das Recht der Geldschulden mit Auslandsberührung ; Kollisionsrecht — materielles Recht - Verfahrensrecht / Helmut Grothe. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 Zugl.: Osnabrück, Univ., Habil.-Schr., 1997/98 ISBN 3-11-016194-X
© Copyright 1999 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung: buslau intercom services, 12161 Berlin Druck und Bindearbeiten: Hubert & Co., 73079 Göttingen
So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muß sie für fertig erklären, wenn man nach Zeit und Umständen das Möglichste getan hat. Johann Wolfgang v. Goethe, Italienische Reise, Zweiter Teil, Neapel, 16. März 1787
Vorwort Die vorliegende Abhandlung wurde im Wintersemester 1997/98 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück als Habilitationsschrift angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum befinden sich von einigen Nachträgen abgesehen auf dem Stand von Oktober 1997. Für die Veröffentlichung konnten europäische und deutsche Rechtsetzungsakte noch bis Mitte Juni 1998 berücksichtigt werden. Dies gilt namentlich für die EU-Ratsverordnung Nr. 974/98 über die Einführung des Euro (Abi. L 139/1 v. 11.5.1998), das Gesetz zur Einführung des Euro (EuroEG; BGBl. 1998 I v. 15.6.1998, S. 1242) sowie die Verordnung über Grundpfandrechte in ausländischer Währung und in Euro (BGBl. 1997 I v. 14.11.1997, S. 2683). Die Untersuchung ist als Grundlagenarbeit konzipiert, auf deren Gegenstand, Methode und Ergebnisse sich aktuelle Rechtsentwicklungen in eher geringem Maße auswirken. Um ihre Drucklegung nicht über Gebühr zu verzögern, wurde davon abgesehen, die privatrechtlichen Folgen der nunmehr beschlossenen Einführung des Euro in allen Einzelheiten zu diskutieren. Die Konsequenzen des künftigen europäischen Währungsrechts, vor allem in der Übergangsphase bis Ende 2001, sind deshalb nur im Rahmen ausgewählte Problemlagen dargestellt. Herzlich danken möchte in erster Linie meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Christian v. Bar. Er hat die Untersuchung während meiner Assistententätigkeit am Osnabrücker Institut für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung angeregt und in all ihren Entstehungsphasen eingehend betreut. Zu Dank verpflichtet bin ich ferner Herrn Professor Dr. Theodor Baums für die Übernahme des Zweitgutachtens. Frau Professor Dr. Renate Käppier hat als Dekanin maßgeblich dazu beigetragen, daß das Habilitationsverfahren zügig und in angenehmer Atmosphäre verlief - auch ihr gilt mein nachdrücklicher Dank. Sehr verbunden bin ich Frau Staatsanwältin Kathrin Krüger für die Mühe des Korrekturlesens. Erwähnung verdienen daneben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bereichsbibliothek Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück, die mich bei der Literaturbeschaffung und Bibliotheksbenutzung mit Engagement und Kompetenz weit über das übliche Maß hinausgehend unterstützt haben. Hervorgehoben seien Frau Silvia Kuhn,
VI
Vorwort
Herr Bernd Reese und vor allem Frau Susanne Riedel. Besonderer Dank gebührt Frau lie. iur. Hilde Billiet für ihre wertvolle und aufopferungsvolle Mitwirkung bei der technischen Fertigstellung des Manuskripts. Danken möchte ich weiter der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die mir die Fertigstellung der Arbeit durch ein dreijähriges Habilitationsstipendium ermöglichte, dem Stiftungsfonds Deutsche Bank, der die Drucklegung durch einen großzügigen und unbürokratisch gewährten Zuschuß gefördert hat, sowie schließlich Frau Dr. Dorothee Walther für die vorbildliche verlegerische Betreuung seitens des de Gruyter-Verlages.
Osnabrück/Berlin-Dahlem, im Sommersemester 1998
Helmut Grothe
Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis $ 1: Einführung
XI XXVII 1
ERSTER
TEIL
Grundlagen § 2:
Die Fremdwährungsverbindlichkeit - Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen I. Denominierung des Schuldgegenstandes in ausländischer Währung II. Die Fremdwährungsverbindlichkeit als Geldschuld III. Die Fremdheit der Schuldwährung § 3: Der Inhalt von Geldschulden I. Nominalismus und Valorismus II. Grenzen des Nominalismus im Schuldrecht § 4: Außenwertschwankungen I. Binnenwert und Außenwert des Geldes II. Wechselkurssysteme im Überblick III. Ursachen und Erscheinungen von Wechselkursänderungen IV. Fremdwährungsrisiken
ZWEITER
5 5 24 66 69 70 76 79 79 80 85 89
TEIL
Das Kollisionsrecht des Geldes § 5:
Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut 95 I. Kerninhalte des Schuldstatuts 96 II. Das Währungsstatut 97 III. Bedeutung und Anknüpfung von Bestimmungen über die An und Weise der Zahlung 112 § 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen 113 I. Deutsche Eingriffsnormen 114 II. Ausländische Eingriffsnormen 115 § 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme 129 I. Bestimmung der Zahlungswährung 130 II. Leistungsgegenstand der Valutaschuld 153 III. Nominalismus 156 IV. Beschränkter Annahmezwang 160
VIII
Inhaltsübersicht
V. Restriktionen der Währungswahl und der Geldwertsicherung VI. Paritätsänderungen VII. Aufwertungsrecht VIII. Währungsumstellung IX. Währungsgebietsänderungen
DRITTER
164 197 199 205 224
TEIL
Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten § 8:
Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut I. Rechtsgeschäftlich begründete Zahlungspflichten II. Gesetzlich begründete Zahlungspflichten § 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages I. Einführung II. Wertungsgrundlagen des Nominalwertprinzips bei der Valutaschuld III. Zur Differenzierung zwischen Ausgleich und Aufwertung
VIERTER
236 237 294 363 363 364 375
TEIL
Sicherungen § 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften I. Grundtypen des Hedging II. Die Verbindlichkeit von Devisentermin- und Devisenoptionsgeschäften § 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung I. Fremdwährungsgrundpfandrechte II. DM-Grundpfandrechte für Valutaforderungen
FÜNFTER
395 395 403 436 437 458
TEIL
Erlöschen § 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB I. Normzweck und sachrechtlich-räumliche Anwendungsvoraussetzungen II. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen - Die „in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld" III. Rechtsnatur IV. Ausschluß V. Umrechnung in deutsche Währung VI. Ausübung der Tilgungsbefugnis VII. Analogien VIII. § 244 BGB nach Einführung des Euro § 13: Aufrechnung I. Gleichartigkeit währungsverschiedener Forderungen II. Aufrechnungsausschlüsse III. Tilgungsumfang
467 467 491 500 503 518 543 549 555 558 558 584 586
Inhaltsübersicht
IX
SECHSTER
TEIL
Leistungsstörungen S 14: Tilgungshindernisse I. Währungsuntergang II. Ausländische Zahlungsverbote § 15: Schuldnerverzug I. Mahnung in schuldfremder Währung II. Schadensersatz wegen Geldwertverlusten § 16: Gläubigerverzug I. Wertveränderungen der Schuldwährung bei Geldsummenschulden - Grundsätze II. Durchbrechung des Nominalwertprinzips: Kurssicherung, Ersetzungsbefugnis, Aufwertung, Umstellung
SIEBTER
599 599 600 622 622 625 671 671 673
TEIL
Verfahrensrecht § 17: Erkenntnisverfahren I. Klage und Urteil in Auslandswährung II. Besondere Verfahrensarten III. Klärung der währungsverschiedenen Ersetzungsbefugnis IV. Klage auf Zahlung in schuldfremder Währung V. Materielle Rechtskraft §18: Vollstreckungsverfahren I. Vollstreckungsart II. Einzelfragen der Fahrnisvollstreckung III. Immobiliarvollstreckung durch Eintragung einer Zwangshypothek IV. Berücksichtigung ausländischer Zwangskurse § 19: Insolvenzverfahren I. Innerverfahrensrechtliche Forderungsumrechnung II. Einfluß des Verfahrens auf den Forderungsinhalt III. Forderungsdurchsetzung nach Beendigung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens... § 20: Schlußbetrachtung
679 679 682 689 700 717 724 724 738 758 763 773 773 782 785 791
Literaturverzeichnis Sachregister
795 861
Inhaltsverzeichnis AbkürzungsVerzeichnis § 1: Einführung
XXVII 1
ERSTER
TEIL
Grundlagen § 2:
Die Fremdwährungsverbindlichkeit - Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen I. Denominierung des Schuldgegenstandes in ausländischer Währung 1. Schuldwährung, Zahlungswährung, Berechnungswährung a) Differenzierung nach Tilgungsbefugnissen b) Das Wertmaß als Unterscheidungsfaktor c) Alternativwährungen 2. Währungs- und Rechnungseinheitsschulden a) Währung aa) Doppelfunktionalität des Währungsbegriffs bb) Abgrenzungen b) Rechnungseinheiten aa) Struktur und Verwendungszwecke bb) Bezugsgrößen (1) Das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds (2) European Currency Unit cc) Zur Diskussion über den Währungscharakter von SZR und ECU II. Die FremdwährungsVerbindlichkeit als Geldschuld 1. Thesen zur Rechtsnatur der Geldschuld 2. Die Grenze zur Valutasachschuld a) Konstitutive Voraussetzungen der Geldschuld b) Besonderheiten bei Valutaschulden? aa) Währungsrechtlich-territoriale Ansätze bb) Der Standpunkt des deutschen Schuldrechts cc) Insbesondere: Binnenwährungsschulden c) Valutaschuld und Geldsortenschuld d) „Geldumtausch" aa) Betrachtungen vom Ort des Leistungsaustausches bb) Geschäftsbezogene Kriterien cc) Abgrenzung im Einzelnen
5 5 5 8 9 11 12 12 12 14 16 16 17 19 20 21 24 24 26 26 27 27 28 30 31 33 33 36 37
XII
Inhaltsverzeichnis
3.
dd) Umwechslung zweier Fremdwährungen Der Leistungsgegenstand der Fremdwährungsverbindlichkeit und seine Verkörperung a)
b)
41 41
bb) Bedeutung der sog. „gesetzlichen Zahlungsmittel" (1) Begriff und Funktion (2) Emanzipation des Geldschuldrechts vom Währungsrecht Bare und unbare Zahlung als Schuldmodalitäten
42 43 45 47
§ 3:
48 50
a)
51 51
Devisenhandel aa) Zur Beschaffenheit von Devisen und Eurodevisen bb) Zur Abwicklung des börslichen und außerbörslichen Berufshandels
54
cc) Vertragsrechtliche Qualifikation (1) Meinungsspektrum (2) Devisenhandel als Rechtskauf oder Rechtstausch
55 55 56
(a)
Zum angeblichen Sachkaufcharakter des Devisengeschäfts
56
(b) (c)
Folgerungen aus dem Erfüllungsmodus für den Vertragstyp . . . Geldschulden als Bestandteile von Devisenhandelsgeschäften.. (aa) Gleichartigkeit der Leistungspflichten (bb) Auslegung anhand der Händlerpraxis
58 59 60 61
Fremdwährungsgeschäfte zwischen Bank und Kunden Währungsswaps aa) Grundstruktur und wirtschaftliche Funktion bb) Rechtliche Einordnung Die Fremdheit der Schuldwährung 1. Einzelne Perspektiven 2. Die Fremdwährung als Gegenstand der weiteren Untersuchung
Der Inhalt von Geldschulden I. Nominalismus und Valorismus 1. Kernaussagen 2. Das Verhältnis des geldschuldrechtlichen Nominalismus zum währungsrechtlichen Nennwertprinzip 3.
§ 4:
47
bb) Verbleibende Funktion des währungsrechtlichen Annahmezwangs Verpflichtungen zur Einräumung von Buchpositionen
b) c)
III.
40
Zum Sachschuldverständnis der Geldschuld aa) Folgerungen aus einem juristischen Grundbegriff des Geldes?
aa) Keine bloße Leistung an Erfüllungs Statt 4.
39
Geltungsgrund des geldschuldrechtlichen Nominalismus a) Parteiwille und Wesen der Geldschuld b) Dispositiver Grundsatz des objektiven Schuldrechts II. Grenzen des Nominalismus im Schuldrecht 1. Aufwertung von Geldsummenschulden 2. Geldwertschulden Außenwertschwankungen
62 64 64 64 66 67 68 69 70 70 71 73 73 74 76 76 77 79
I.
Binnenwert und Außenwert des Geldes
79
II.
Wechselkurssysteme im Überblick
80
1.
Freie, gelenkte oder feste Devisen-bzw. Wechselkurse?
80
2.
Vom Goldstandard zur Währungsunion
82
Inhaltsverzeichnis
III.
IV.
XIII
Ursachen und Erscheinungen von Wechselkursänderungen
85
1. 2.
85 87
Unterschiedliche Inflationsraten Paritätsänderungen
Fremdwährungsrisiken
89
1.
Zur Struktur von Geldwertrisiken: Kaufkraftrisiko und Wechselkursrisiko a) Personale Zuordnung
89 90
2.
b) ,Janusköpfigkeit" c) Synallagmatische Wirkung Transfer-und Konvertierungsrisiken
91 92 92
3.
Repartierungsrisiko
93
ZWEITER
TEIL
Das Kollisionsrecht des Geldes § 5:
Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut I. Kerninhalte des Schuldstatuts II.
Das Währungsstatut 1. 2. 3.
Bemerkungen zur Terminologie „Anknüpfung" Rechtsnatur der Verweisung
97 97 99 101
a)
Konzepte
102
b)
Berücksichtigung ausländischen Währungsrechts als Schuldinhalt aa) Zur „Unanwendbarkeit" ausländischen Währungsrechts im Inland (1) Introvertierte Unilateralität des öffentlichen Rechts
103 104 104
(2)
Privatrechtliche Wirkungen staatlicher Maßnahmen
105
bb) Grund und Grenzen parteiautonomer Verweisung auf die lex monetae .. (1) Problemeinführung (2) Währung als Umschreibung des Schuldinhalts Gegenstandsbereich
107 107 108 111
III. Bedeutung und Anknüpfung von Bestimmungen über die Art und Weise der Zahlung . Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen I. Deutsche Eingriffsnormen II. Ausländische Eingriffsnormen
112 113 114 115
4. §6:
95 96
1.
2.
Anwendung a) Meinungsspektrum
116 116
b) c)
Das Für und Wider der Schuldstatutstheorie Skizzen zur Verbindung zwischen Schuldverhältnis und Eingriffsstaat aa) Territorialitätsprinzip oder gegenstandsbezogene Anknüpfung?
117 121 121
bb) cc) dd) ee)
122 124 124 126
Zum Auswirkungsprinzip im Devisenkollisionsrecht Das Schuldstatut als Kontaktkriterium Hinreichende Verbindung und Währungsstatut Konsequenzen
d) Inhaltskontrolle Berücksichtigung
127 128
Inhaltsverzeichnis
Ausgewählte Qualifikationsprobleme I. Bestimmung der Zahlungswährung 1. Problemeinführung 2. Sonderkollisionsrecht für § 244 BGB? a) Ungeschriebene einseitige Regelanknüpfung b) Eingriffsnorm i.S.d. Art. 34 EGBGB aa) Beeinflussung durch deutsches Währungsrecht (1) Entstehungsgeschichte (2) Systematik bb) International zwingender Schuldnerschutz 3. Entwicklung einer allseitigen Kollisionsnorm a) Immanente Einwände gegen die Maßgeblichkeit der lex loci solutionis aa) Einheitsanknüpfung an das Recht des tatsächlichen Zahlungsortes bb) Distributive Anwendung zweier Rechte b) Entscheidung für eine einheitliche Anknüpfung an die lex causae aa) Tilgungsrechte und Tilgungsgegenstand bb) Wechselwirkung zwischen Schuldhöhe und Tilgungsumfang cc) Zwangskonversionen, Gläubigerbefugnisse und Buntwährungsklauseln dd) Konsequenzen (1) Parteiautonome Verweisung auf das Recht des Zahlungsortes (2) Insbesondere: Verweisungswille bei Währungsoptionen 4. Ausländische Tilgungsregeln mit Eingriffscharakter II. Leistungsgegenstand der Valutaschuld 1. Schuldstatut oder Zahlungsstatut? 2. Stellenwert der lex monetae III. Nominalismus 1. Geldtheoretischer Nominalismus 2. Geldschuldrechtlicher Nominalismus a) Währungsstatut b) Schuldstatut IV. Beschränkter Annahmezwang 1. Schuldstatut oder Währungsstatut? 2. Folgerungen 3. Zahlungsstatut V. Restriktionen der Währungswahl und der Geldwertsicherung 1. Gründe 2. Verweisungsrechtliche Strukturen a) Einschränkungen der Währungswahl aa) Deutsches Recht, $ 3 S. 1 WährG bb) Ausländisches Recht (1) Fremdwährungsverbote und IWF-Abkommen (2) Hinreichend enge Verbindung zum Erlaßstaat (a) Deviseninteressen, Währungsdurchsetzung, Währungsstabilität (b) Zur Bedeutung wirtschaftspolitischer Einschätzungen b) Restriktionen der Geldwertsicherung aa) Einschränkungen mit ex nunc-Wirkung (strikter Nominalismus)
129 130 131 133 134 136 136 136 138 139 141 142 142 144 145 145 146 147 148 149 149 151 153 154 155 156 156 157 158 159 160 161 163 163 164 165 166 167 167 169 169 170 171 172 174 175
Inhaltsverzeichnis
(1) Regelanknüpfung (a) Währungsstatut (b) Schuldstatut (aa) Institutioneller oder imperativer Gehalt von Wertsicherungsverboten? (bb) Auswirkungen auf Privatautonomie und Schuldinhalt.. (cc) Schutzzwecke und Gesetzesumgehung (2) Sonderanknüpfung ausländischer Wertsicherungsverbote (a) Hinreichend enge Verbindung (b) Bilateralisierung des § 3 S. 2 WährG (aa) Grenzen einer Vereinfachung für die Praxis (bb) Binnenbeziehung und Schuldstatut bb) Rückwirkende Aufhebung (1) Eingriffsintensität (2) Hinreichend enge Verbindung (a) Enteignungsrechtliches Territorialitätsprinzip (b) Renominahsierung als Fall entschädigungsloser Enteignung (c) Verweigerung der Anerkennung (aa) Vorrang der Machttheorie? (bb) Ordre public VI. Paritätsänderungen VII. Aufwertungsrecht 1. Der Wertungskonflikt 2. Materiellrechtliche Alternativanknüpfung a) Einbeziehung auf Grundlage des Parteiwillens b) Günstigkeitsprinzip c) Grenzen VIII. Währungsumstellung 1. Rekurrenter Anschluß 2. Die österreichischen Couponprozesse 3. Währungsuntergang im Gefolge eines Souveränitätswechsels 4. Differenziertes Umstellungsverhältnis a) Regelungsunterschiede zwischen Umstellung und Aufwertung b) Gesetzliche Regelungsparallelen c) Umstellung mit integrierter Wertänderung aa) Regelanknüpfung ( 1 ) Abgrenzung nach Umstellungsfunktionen (2) Anwendungsprobleme bb) Sonderanknüpfung 5. BGHZ43, 162 ff IX. Währungsgebietsänderungen 1. Abtrennung eines Währungsgebietsteils a) Fälle b) Dogmatische Einordnung aa) Konzepte bb) Entwicklung eines Lösungsweges
XV
175 175 177 178 179 180 181 181 184 184 185 187 189 190 190 192 193 193 194 197 199 199 202 202 204 205 205 207 209 210 212 212 213 214 216 216 217 219 222 224 225 225 226 226 228
XVI
Inhaltsverzeichnis
(1)
Kollisionsrecht
228
(a)
Gewähltes Vertragsstatut
228
(b)
Objektiv bestimmtes Vertragsstatut
229
(2)
Sachrecht
230
(3)
Besonderheiten bei ausländischen Zwangskonversionsvorschriften
231
2. Zersplitterung eines Währungsgebietes
233
a)
Dogmatik
233
b)
Anwendung
233
DRITTER
TEIL
Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten §8:
Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut I.
236
Rechtsgeschäftlich begründete Zahlungspflichten
237
1.
237
Die Schuldwährung als Auslegungsgegenstand a)
b)
Normative Auslegung in Abgrenzung zu anderen Bestimmungstechniken
237
aa)
Instrumente
238
bb) Einordnung
240
Auslegung bei unklarer Währung
243
aa)
243
Individualauslegung
bb) Gesetzliche Auslegungsregeln im Handels- und Wertpapierrecht (1) (2) cc)
Abs. 4 S c h e c k G
244
Exkurs: Internationaler Anwendungsbereich
247
Ungeschriebene materiale Auslegungsregeln Inlandswährung
249
(2)
Lex causae-Währung
250
Währung des Erfüllungsortes, des Schuldnerwohnsitzes und der Vermögensbelegenheit
(4)
Sonderfälle
251 252
Währungskonkurrenzen
253
aa)
254
Stufenverhältnisse
bb) Alternatiwerhältnisse
257
(1)
Feststellung der Alternativität
257
(2)
Gegenstand
259
(a)
(3)
2.
249
(1) (3)
c)
244
Zum Inhalt von § 3 6 1 H G B und Art. 4 1 Abs. 4 W G , 3 6
Schuldwährung
260
(aa)
260
Wahlschuld - Ersetzungsbefugnis des Gläubigers
(bb) Rechtsfolgeunterschiede?
260
(b)
Zahlungswährung
263
(c)
Berechnungswährung
265
Auslegung
266
(a)
Nr 13 S. 1 Sparkassen-AGB
266
(b)
Nr 14 S. 2 Sparkassen-AGB
267
(c)
Subsidiäre Auslegungsregel
268
Genehmigungserfordernis nach § 3 S. 1 WährG
270
Inhaltsverzeichnis
II.
a) Voraussetzungen aa) Schuldtypbezogen bb) Personenbezogen-territorial b) Genehmigungspraxis aa) Allgemeine Genehmigung bb) Genehmigungsgrundsätze c) Rechtsfolgen aa) Wirksamkeit - Unwirksamkeit bb) Rechtsschutz bei Verweigerung der Genehmigung cc) Korrektur im Wege ergänzender Vertragsauslegung d) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht aa) Verfassungsmäßigkeit bb) Europarechtsverträglichkeit cc) Fremdwährungsverbot und Währungsunion 3. Anfechtung bei Irrtum über den Wechselkurs? a) Interner Wechselkursirrtum aa) Inhaltsirrtum bb) Eigenschaftsirrtum b) Offener Wechselkursirrtum und falsa demonstratio c) Offener Wechselkursirrtum als Eigenschaftsirrtum Gesetzlich begründete Zahlungspflichten 1. Allgemeine Grundsätze a) Lex causae-Währung b) Zur „währungsmäßigen Neutralität" der Geldwertschuld aa) Herleitung und Konsequenzen bb) Kritik cc) Mutmaßlicher Hintergrund 2. Vertragsergänzende Primärpflichten a) Methodenproblem b) Herausgabeverpflichtungen c) Aufwendungsersatzverpflichtungen aa) Rechtsnatur bb) Währung (1) Das Prinzip (2) Insbesondere: Auslandseinsatz von Kreditkarten 3. Schadensersatz a) Grundregeln aa) Fallmaterial bb) Ausgleichsprinzip cc) Einzelne Schadenstypen (1) Aufwendungen (2) Entgangener Gewinn (3) Sonstiges b) Besonderheiten bei Vertragsverhältnissen aa) Parteiwille bb) § 361 HGB
XVII
270 270 272 274 274 276 277 277 279 280 281 281 283 286 289 289 289 289 292 293 294 294 294 298 298 299 302 303 303 305 308 309 310 310 313 314 315 315 317 320 320 322 323 323 323 326
Inhaltsverzeichnis
4. Unterhalt a) Kollisionsrechtliche Ausgangslage b) Unterhaltszweck und Unterhaltswährung aa) Grundsatz (1) Lebensverhältnisse am Aufenthaltsort (2) Prozessuales bb) Sonderfälle (1) Galoppierende Inflation im Gläubigerstaat (2) Einwirkungen ausländischen Devisenrechts (a) Rechtsanwendungsrecht (b) Sachrecht (aa) Zweckentsprechende Änderung der Schuldwährung ... (bb) Prozessuale Erfassung 5. Ungerechtfertigte Bereicherung a) Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB aa) Geldwertschuld oder Geldsummenschuld? bb) Währung (1) Leitgedanke (2) Besonderheiten für einzelne Kondiktionsformen? (a) Rückgriffskondiktion (b) Eingriffskondiktion (c) Riickabwicklung entgeltlicher Austauschverträge b) Riickabwicklung von Geldzahlungen aa) Zur Herausgabeverpflichtung als Geldschuld (1) Problemeinführung (2) Grundsatz (3) Schuldwährung bb) Konsequenzen (1) „Vorratsgeldschuld" und Unmöglichkeit nach § 818 Abs. 2 BGB ... (2) Entreicherung bei Kursverlusten? (3) Interessen und Wertungen im Zusammenhang mit § 244 BGB Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages I. Einführung II. Wertungsgrundlagen des Nominalwertprinzips bei der Valutaschuld 1. Fehlende Stabilitätsinteressen - Zum Standort des Problems 2. Die reichsgerichtliche Rechtsprechung zur Pfund- und Dollarentwertung 1931/33 und ihr heutiger Stellenwert a) Gescheiterte Wertsicherungen besonderer Art b) Unvorhersehbare hoheitliche Währungseingriffe 3. Interessenidentität bei DM- und Valutaschulden III. Zur Differenzierung zwischen Ausgleich und Aufwertung 1. Ausgleichsansprüche bei Austauschverträgen a) Voraussetzungen - Kein allgemeingültiger objektiver Schwellenwert b) Rechtsfolgen aa) Instrumentarium bb) Umfang der Betragserhöhung
327 327 330 330 332 333 336 336 338 339 341 341 344 345 345 346 347 347 348 348 349 350 351 351 351 352 355 357 357 359 361 363 363 364 364 368 369 371 373 375 375 375 378 378 379
Inhaltsverzeichnis
XIX
(1) cc)
Lösungsansätze
381 383
(1) (2)
383 384 385
Problemeinordnung Rückwirkungsausschlüsse (a) Stillschweigender Erlaßvertrag (b)
2.
379
(2) Differenzierung nach Entwertungsursachen und-erscheinungen .. „Rückwirkung" bei bereits abgewickelten Vertragsverhältnissen
Venire contra factum proprium und Verwirkung
386
Aufwertungsansprüche im engeren Sinne
388
a) b)
388 391
Voraussetzungen Rechtsfolgen
VIERTER
TEIL
Sicherungen § 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften I. Grundtypen des Hedging 1. Devisenfestgeschäfte 2. Devisenoptionsgeschäfte a)
II.
Unverbriefte Devisenoptionen aa) Primärgeschäfte (1) Monistische oder dualistische Struktur?
397 397 398
(2) Vertragstypus bb) Sekundärgeschäfte
400 401
b) Devisenoptionsscheine Die Verbindlichkeit von Devisentermin- und Devisenoptionsgeschäften 1. Differenzeinwand, § 764 i.V.m. § 762 BGB
2.
395 395 396 397
a) Eingliedrige und zweigliedrige Differenzgeschäfte b) Abgrenzung zum Umsatzgeschäft und zum umsatzbezogenen Geschäft Wirksamkeitsvoraussetzungen bei Börsentermingeschäften a) Das Börsentermingeschäft als Tatbestandsvoraussetzung der §§ 52 ff. BörsG aa) Begriffsmerkmale und Risikotypik
402 403 403 403 405 409 409 410
bb) Insbesondere: Hinausgeschobene Fälligkeit und Risikotypik bei Devisenoptionsgeschäften (1) Primärgeschäfte (2) Sekundärgeschäfte cc)
Standardisierung und Möglichkeit zum Abschluß gegenläufiger Geschäfte (1) Festgeschäfte (2) Optionen (a) (b)
b)
412 412 414
Primärgeschäfte Sekundärgeschäfte
417 417 419 419 421
(c) Eingliedrige Differenzgeschäfte als Börsentermingeschäfte . . . Das Verhältnis zwischen Termin- und Differenzeinwand
422 423
aa) Börsenrechtlich wirksame Geschäfte
423
XX
Inhaltsverzeichnis
bb) Geschäfte, die dem Termineinwand unterliegen (1) Problemeinführung
c)
(2)
Das Hedging-Urteil des BGH
(3)
Stellungnahme
Fremdwährungsgrundpfandrechte 1. Materielles Recht a) Nominalistisches Bestimmtheitsgebot b) Währungsbezogenes Bestimmtheitsgebot 2. Grundbuchrecht a) Der Grundsatz des § 28 S. 2. 1. Hs: Angabe einzutragender Geldbeträge
b) 3.
433 436 437 438 440 441 442 442
aa) Regelungsinhalt bb) Europarechtsverträglichkeit (1) Art. 6 E G V (2) Art. 7 3 b E G V
442 444 444 445
Die Ausnahme: Verordnungsermächtigung nach § 28 S. 2 Hs. 2 GBO
447
Fehlerhafte Eintragungen und ihre Rechtsfolgen
449
a) Ausgangslage b) Rücknahme einer Fremdwährungszulassung c) Fehlende Genehmigung nach § 3 S. 1 WährG
449 450 452
cc) Absolute Verfügungsbeschränkung DM-Grundpfandrechte für Valutaforderungen 1. Hypotheken a) Bestimmtheit b) Akzessorietät 2.
429 430 432
in DM
aa) Prüfung im Grundbuchverfahren bb) Unwirksamkeit der zu sichernden Valutaforderung (1) Fremdwährungshypotheken (2) G r u n d - u n d Rentenschulden in fremder Währung II.
425 426
Zur Neuregelung der Termingeschäftsfähigkeit in § 53 BörsG aa) Relativität der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information bb) Unterrichtung durch ausländische Kaufleute
d) Termin- und Differenzeinwand bei ausländischem Vertragsstatut § 1 1 : Grundpfandrechte und Fremdwährung I.
424 424
c) Höchstbetragscharakter Grundschulden
452 454 454 456 457 458 459 459 460 462 465
FÜNFTER
TEIL
Erlöschen § 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB I.
467
Normzweck und sachrechtlich-räumliche Anwendungsvoraussetzungen
467
1. 2.
468 470
Bestandsaufnahme Ratio legis
Inhaltsverzeichnis
a)
b) c) d) 3.
II.
IV.
V.
Zahlungserleichterung für den Valutaschuldner
470
aa) Über die Verknüpfung mit § 270 BGB bb) Immanente parteibezogene Wertungen des § 244 BGB
470 474
(1) Schuldnerinteresse (2) Gläubigerbelange Primat der deutschen Währung Fazit
475 476 478 482
Kontrollüberlegungen: Allgemeines Völkerrecht, Europarecht, IWF-Abkommen
Zahlbarkeit im Inland a) Rechtlicher oder tatsächlicher Erfüllungsort?
483 486 487
b) Loslösung von der Perpetuierungswirkung des § 269 BGB Weitere Tatbestandsvoraussetzungen - Die „in ausländischer Währung
489
ausgedrückte Geldschuld" 1. Allgemeine Abgrenzungen 2. Gesetzliche Valutaschulden a) Ausgangspunkt b) Normauslegung
491 491 492 492 493
c)
III.
XXI
aa) Wortlaut des Aufgreifkriteriums im ersten Halbsatz von Abs. 1 bb) Schlüsse aus dem Dispositivcharakter der Norm cc) Doppelte Privilegierungsfunktion
493 494 496
Konsequenzen aa) Erfüllungsort im Staat der Schuldwährung bb) Wertungen der schuldbegründenden N o r m
496 497 499
Rechtsnatur 1. Wortlaut und Normzweck 2. Rechtsfolgeüberlegungen Ausschluß
500 501 502 503
1.
503 504
Effektivklauseln a) Wertungsmodell b)
Einzelfälle
507
c)
Bürgschaftsrechtliche Akzessorietät aa) Abgeleitetes und eigenes Ersetzungsrecht
509 509
bb) Konsequenzen
511
2. Gesetzliche Spezialregelungen a) Wertungsgrundlagen b) Einzelfälle Umrechnung in deutsche Währung 1. Ort der Kursermittlung
513 513 514 518 519
a) 2. 3.
Zahlungshandlung oder Zahlungserfolg?
b) Rechtlicher oder tatsächlicher Zahlungsort? Kursart Umrechnungszeitpunkt a) Das Prinzip b) Alternativen aa) De lege lata
519 522 523 526 526 529 530
XXII
Inhaltsverzeichnis
bb) De lege ferenda (1) Veränderung der Schuldwährung am Beispiel der Art. 41 Abs. 1 WG, 36 Abs.l ScheckG (2) Schadensersatzrechtliche Erleichterungen c) Einzelfragen aa) Handlungszeit - Erfolgszeit bb) Repartierungsrisiko 4. Berücksichtigung ausländischer Zwangskurse a) Das Sachproblem b) Abgrenzungen c) Lösungsvorschlag VI. Ausübung der Tilgungsbefugnis 1. Reichweite der Wahlfreiheit a) Grundsatz b) Der Sonderfall des absoluten Repartierungshindernisses 2. Ausübungsakt - vorzeitige Wahlerklärungen - Gläubigerverzug 3. Leistung in Unkenntnis des Wahlrechts VII. Analogien 1. Gläubigerwahlrecht 2. Schuldnerwahlrecht bei ausländischem Zahlungsort a) Ersatzweise DM-Zahlung b) Ersatzweise Valutazahlung VIII. § 244 BGB nach Einführung des Euro 1. Erweiterung des sachrechtlich-räumlichen Anwendungsbereichs bei Geldschulden in drittstaatlichen Währungen 2. Geldschulden in teilnehmerstaatlichen Währungseinheiten im Verlauf der Übergangszeit § 13: Aufrechnung I. Gleichartigkeit währungsverschiedener Forderungen 1. Einleitendes Fallmaterial 2. Konzepte a) Kongruenz zu § 244 BGB b) Geldfunktionenansätze und ihre Korrekturen c) Vollstreckungsfunktion der Aufrechnung und Interessenanalyse 3. Bewertung a) Gleichartigkeit bei Ersetzungsbefugnissen - Die positive Wirkung des § 244 BGB aa) Bezugspunkt der Gleichartigkeit bb) Besonderheiten bei § 244 BGB? b) Weitergehende Aufrechnungsmöglichkeiten? aa) Geldfunktionen versus Währungsfunktionen bb) Gleichartigkeit und Vollstreckungsfunktion cc) Treu und Glauben dd) Zurückbehaltüngsrechte als verbleibende Verteidigungsmittel II. Aufrechnungsausschlüsse III. Tilgungsumfang
531 532 533 535 535 537 538 538 539 541 543 543 543 544 546 548 549 549 551 552 553 555 555 556 558 558 558 560 560 563 566 570 570 572 573 575 576 578 581 583 584 586
Inhaltsverzeichnis
XXIII
1. Umrechnungskurs bei Außenwertschwankungen a) Die Ausgangslage: Deckungsverhältnis und Rückwirkungsfiktion b) Gleichlauf von Aufrechnungslage und Aufrechnungserklärung c) Analogie zu S 244 Abs. 2 BGB d) Schadensersatzpflicht des Aufrechnenden 2. Beachtlichkeit von Nominalwertänderungen
SECHSTER
586 586 588 590 593 595
TEIL
Leistungsstörungen § 14: Tilgungshindernisse I. Währungsuntergang II. Ausländische Zahlungsverbote 1. Einführung 2. Rechtsgeschäftlich begründete Fremdwährungsverbindlichkeiten a) Befreiende Unmöglichkeit primärer Zahlung aa) Modell bb) Wertung b) Vorübergehende Unmöglichkeit c) Flexible Lösungen nach Maßgabe der §§ 157, 242 BGB aa) Heimwärtsstreben bb) Interessenadäquate Anpassung d) Bürgschaftsrechtliche Akzessorietät aa) Vorübergehende Leistungsbefreiung bb) Währungsänderung 3. Gesetzliche Valutaschulden § 15: Schuldnerverzug I. Mahnung in schuldfremder Währung 1. Problemeinordnung 2. Einzelfragen der Auslegung II. Schadensersatz wegen Geldwertverlusten 1. Binnenwerteinbußen a) Kaufkraftverlust als Schaden schlechthin b) Zurechenbare Auswirkungen im Gläubigervermögen aa) Verhältnis zum Zinsanspruch und zum Zinsschaden (1) Anrechenbare Schadenspauschale (2) Besonderheiten für Zinsen auf Fremdwährungsschulden? (a) Kollisionsrechtliche Einordnung (b) Sachrechtliche Differenzierungen (3) Einheitliches Kaufrecht bb) Beweisfragen 2. Wechselkursverluste a) Zum Standort des Problems: Schuldwährung und Zahlungswährung b) Subjektsbezogener Außenwertschaden
599 599 600 600 602 602 602 604 607 610 610 612 615 615 617 620 622 622 622 623 625 626 626 630 630 630 632 632 634 636 637 642 642 644
XXIV
Inhaltsverzeichnis
aa) Das Prinzip
644
(1) Orientierung am hypothetischen Gläubigerverhalten (2) Abweichende Einschätzungen und ihre Hintergründe bb) Feststellung im Einzelfall (1)
648
Hypothetisches Gläubigerverhalten und seine Beweisbarkeit (a) Erfahrungssätze
649 650
(b) (c)
651 652
Insbesondere: Einfache Fremdwährungsverbindlichkeiten Rechtliche Wirkungen
(d) Gegenbeweis des Schuldners (2) Währung und Umfang des Schadens (3) Verhältnis zu anderen Schadenspositionen c)
Sonderprobleme aa) Kursveränderung und Vorteilsausgleichung (1) (2)
645 646
653 655 658 660 660
Kursgewinne Entgangene Kursverluste
660 662
(3) Abstrakte Schadensberechnung bb) Mitverschulden des Gläubigers nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB (1) Schadensabwendungs-und-minderungsobliegenheiten (2) Warnobliegenheiten cc) Prozessuale Durchsetzbarkeit § 16: Gläubigerverzug
664 664 664 667 668 671
I. II.
Wertveränderungen der Schuldwährung bei Geldsummenschulden - Grundsätze Durchbrechung des Nominalwertprinzips: Kurssicherung, Ersetzungsbefugnis, Aufwertung, Umstellung 1. Problemskizze 2. Lösungsmöglichkeiten
SIEBTER
671 673 673 674
TEIL
Verfahrensrecht § 17: Erkenntnisverfahren I. II.
III.
679
Klage und Urteil in Auslandswährung Besondere Verfahrensarten
679 682
1. 2.
682 683 683 684
Urkunden-, Wechsel-und Scheckprozeß Mahnverfahren a) Entwicklung b) Teleologische Reduktion des § 688 Abs. 1 ZPO
c) Folgerungen, insbesondere Verjährungsunterbrechung Klärung der währungsverschiedenen Ersetzungsbefugnis 1. Zahlungswährung und Zahlungsurteilswährung 2. Lokalisierung innerhalb der verschiedenen Verfahrensstadien a) b)
3.
Zur Präklusionswirkung des zusprechenden Valutaurteils Primat des Vollstreckungsrechts?
aa) Antragskombinationen und ihre Zulässigkeit bb) Feststellungsinteresse Hauptsachetenor - Streitwert - Kostenlast
686 689 689 690 690 693 694 696 698
Inhaltsverzeichnis
IV.
Klage auf Zahlung in schuldfremder Währung
700
1.
701 701
2.
V.
XXV
Antragsgemäße Verurteilung a) Bestandsaufnahme b)
Schuldwährung und Verhandlungsmaxime
702
c)
Materiellrechtliche Legitimationsmodelle aa) Währungsumwandlung im Prozeß bb) Einflüsse des Währungsrechts und Verbot widersprüchlichen Verhaltens.
704 705 707
Schuldgemäße Verurteilung
709
a)
Ne ultra petita
709
b)
Lösungsansätze: Hilfsantrag - Klageänderung - richterliche Aufklärung
714 717
1. 2. 3.
717 719 723
Orientierung am Streitgegenstandsbegriff Rechtskraftwirkung des Erkenntnisses über den Grund der Zahlungspflicht Funktionale Verknüpfungen
§ 18: Vollstreckungsverfahren I.
Vollstreckungsart 1. Konzepte und Konsequenzen a) Geldvollstreckung b) 2.
II.
b) Defizite der §§ 883 ff. ZPO 3. Abgrenzungen Einzelfragen der Fahrnisvollstreckung 1. Pfändung von Geld a) Pfandwährung und Verwertungsart b) Differenzierungen nach Maßgabe der lex causae? 2. Freiwillige Zahlung an den Gerichtsvollzieher
3.
IV.
Herausgabevollstreckung
c) HandlungsVollstreckung Grundsätzliche dogmatische Zuordnung a) Akzessorietät zwischen materiellrechtlicher Geldforderung und Geldvollstreckung
a)
III.
712
c) Eventualklageänderung? Materielle Rechtskraft
Funktion der §§ 754 f. ZPO: Vollstreckungsandzipation, materiellrechtlicher Blickwinkel und Titelorientierung
724 724 724 724 726 728 730 730 733 735 738 738 738 743 745 745
b) Gesonderte privatrechtliche Bevollmächtigung? c) Umrechnungszeitpunkt Vollstreckung in Geldforderungen
748 748 751
a)
752 752 754
Überweisung zur Einziehung aa) Umrechnung im Beschluß? bb) Überschießende und verzögerliche Einziehung
b) Überweisung an Zahlungs Statt Immobiliarvollstreckung durch Eintragung einer Zwangshypothek
756 758
1. 2.
758 760
DM-Hypothek mit Höchstbetragscharakter Berechnung der Haftungssumme
Berücksichtigung ausländischer Zwangskurse 1. Berechnungsmaßstab
763 763
2.
765
Prüfungsstandort
XXVI
Inhaltsverzeichnis
a)
Inländische Vollstreckungstitel
765
aa) Prinzip bb) Insbesondere: Unterhaltstitel b) Ausländische Urteile
765 767 770
§ 19: Insolvenzverfahren I.
Innerverfahrensrechtliche Forderungsumrechnung 1. Kursort 2. Stichtag und Nominalwertperpetuierung a) Ausgangspunkt b)
II. III.
Verhältnis zu S 244 Abs. 2 BGB
c) Stellenwert der §§ 142 Abs. 2 KO, 117 Abs. 1 InsO d) Insbesondere: Umrechnung im Vergleichs- und im Insolvenzplanverfahren Einfluß des Verfahrens auf den Forderungsinhalt Forderungsdurchsetzung nach Beendigung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens 1. Konsequenzen der Umwandlungsthese 2.
773 773 774 776 776 777 779 781 782 785 785
Durchsetzung des materiellrechtlich unveränderten Forderungsinhalts
786
a) b)
786 787
Fremdwährungsverfall Fremdwährungsanstieg
3. Nachtragsverteilung und Restschuldbefreiung § 20: Schlußbetrachtung
789 791
Literaturverzeichnis Sachregister
795 861
Abkürzungsverzeichnis AA aaO abgedr. ABGB Abk Abi Abs AbzG Abschn. A.C. AcP ADHGB ADSp. ADWO aE aF AG AGB AGBG AJIL AktG ALR Alt AJCL amerik a.M. amtl. Begr. Anh. Anm. Ani. Ast. AO AOGÖ arg. AR-Blattei ArchBürgR Art Aufl. AWG Β BAG BankArch
anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Osterreich) Abkommen Amtsblatt Absatz Abzahlungsgesetz Abschnitt Law Reports, Appeal Cases (England) Archiv für civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen Allgemeine Deutsche Wechselordnung am Ende alte Fassung Amtsgericht, Die Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen The American Journal of International Law (USA) Aktiengesetz Allgemeines Landrecht (Preußen) Alternative The American Journal of Comparative Law (USA) amerikanisch (e) anderer Meinung amtliche Begründung Anhang Anmerkung Anlage Antragsteller Abgabenordnung Arbeitsordungsgesetz in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben argumentum Arbeitsrechts-Blattei Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Auflage Außenwirtschaftsgesetz Beiblatt Bundesarbeitsgericht Bank-Archiv
XXVIII
BAnz. BayObLG BayObLGZ BB BBankG Bd belg Begr. Beil. Bekl. BerDGesVölkR Beschl. betr. BetrAVG BFH BFHE Bfr BG BGB BGBl. BGE BGH BGHZ Bl. BMJ BörsG BRAGO bras. BR-Drucks BrZ BSG BStBl BT-Drucks. BVerfG BVerwG BW bzw ca. C.A. Cass. Civ. C. civ. Ch. CHIPS CISG Com.Ct. Ct. App. D dass dän. DAVorm DB DBB
Abkürzungsverzeichnis
Bundesanzeiger Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebsberater Bundesbankgesetz Band belgisch(e) Begründung Beilage Beklagte(r) Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Beschluß betreffend Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Belgische Francs Bundesgericht (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Blatt Bundesministerium der Justiz; Bundesminister der Justiz Börsengesetz Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte brasilianisch(e) Bundesrats-Drucksache Britische Zone Bundessozialgericht Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Burgerlijk Wetboek (Niederlande) beziehungsweise circa Court of Appeal (England) Cour de Cassation, chambre civile, section civile (Frankreich) Code civil (Frankreich, Belgien), Codice civile (Italien), Codigo civil (Spanien, Portugal, Brasilien) Law Reports, Chancery (England) Clearing House Interbank Payment Systems United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods Commercial Court (England) Court of Appeals (USA) Dalloz (Frankreich) dasselbe dänisch (e) Der Amtsvormund Der Betrieb Deutsche Bundesbank
Abkürzungsverzeichnis
DDR DDR-M ders DGVZ DGWR dh dies Dist. Ct. DJ DJT Dkr DM DM-BilG DNotZ DP DStZ DtZ DWiR E EAG E.B. ebd EG EGBGB EGV EU-SchVÜ Einf Einl EKG EntlVO ErbbauVO ES etc. EU EuGH EuR EuroEG EuZW evtl. EWG EWGV EWiR EWS EWWU EZB f FamRZ Fase. ff
XXIX
Deutsche Demokratische Republik Mark der Deutschen Demokratischen Republik derselbe Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht das heißt dieselbe(n) District Court (USA) Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Dänische Kronen Deutsche Mark Gesetz über die Eröffnungsbilanz in deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung Deutsche Notar-Zeitschrift Dalloz périodique (Frankreich) Deutsche Steuerzeitung Deutsch-deutsche Rechts-Zeitschrift Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidung(en), Entwurf Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufvertägen über bewegliche Sachen Executive Board ebenda Europäische Gemeinschaft; Einführungsgesetz Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Einführung Einleitung Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen Entlastungsverordnung Verordnung über das Erbbaurecht Entscheidungssammlung et cetera Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europarecht Gesetz zur Einführung des Euro Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Währungssystem; Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Europäische Zentralbank folgende Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fascicule folgende
XXX
Ffr FG Fla. Dist. Ct. App. Fn franz. FS F. Supp. Gaz. Pal. GBBerG GBO GG ggf GKG G1U grds griech. GoA GRUR GS GVG GVGA GVKostG GVO HansGZ HansRGZ HansRZ Hdb HypBG Hfl HGB hL H.L. hM HöfeO HRR hrsg Hrsg Hs idF idR iErg i.e.S. insbes. IntEncCompL Int'l Lawyer IPG IPR IPR-Gesetz IPRax IPRspr InsO
Abkürzungsverzeichnis
französiche Francs Festgabe Florida District of Appeals (USA) Fußnote französich(e) Festschrift Federal Supplement (USA) Gazette du Palais (Frankreich) Grundbuch-Bereinigungsgesetz Grundbuchordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des kk Obersten Gerichtshofes (Österreich) grundsätzlich griechisch(e) Geschäftsführung ohne Auftrag Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift, Großer Senat Gerichtsverfassungsgesetz Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Gerichtsvollzieherkostengesetz Gerichtsvollzieherordnung Hanseatische Gerichtszeitschrift Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift Hanseatische Rechtszeitschrift Handbuch Hypothekenbankgesetz Niederländische Gulden (früher: Hollandse Florijn) Handelsgesetzbuch herrschende Lehre House of Lords (England) herrschende Meinung Höfeordnung höchstrichterliche Rechtssprechung herausgegeben Herausgeber Halbsatz in der Fassung in der Regel im Ergebnis im engeren Sinne insbesondere International Encyclopedia of Comparative Law The International Lawyer (USA) Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht Internationales Privatrecht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts Insolvenzordnung
Abkürzungsverzeichnis
iSd iSv ital. iVm IWF IWF-Abk. IZPR IzRspr IZVR
JA
JBL JB1 JCICiv JFG JherJb
JR
JurA Jura JurBüro JuS JW JZ Kap. K.B. KG Kl. KO Komm krit. KS KTS KuK KWG LAG L. Ed. Lfrs LG lit. Lloyd's Rep. LM L.R. LS LuftfzRG LZ M m maW MDR MHG
XXXI
im Sinne des, der im Sinne von italienisch(e) in Verbindung mit Internationaler Währungsfonds Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds von 1944 (Abkommen von Bretton Woods) Internationales Zivilprozeßrecht Sammlung der deutschen Entscheidungen zum internationalen Privatrecht Internationales Zivilverfahrensrecht Juristische Arbeitsblätter Journal of Business Law (Großbritannien) Juristische Blätter (Österreich) Jurisclasseur Civil (Frankreich) Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen Rechts und deutschen Privatrechts Juristische Rundschau Juristische Analysen Juristische Ausbildung Das Juristische Büro Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung Kapitel Law Reports, King's Bench; King's Bench Division (England) Kammergericht Kläger Konkursordnung Kommentar kritisch Kirgisistan-Som Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kredit und Kapital Gesetz über das Kreditwesen Landesarbeitsgericht Lawyer's Edition, United States Surpreme Court Reports (USA) Luxemburgische Francs Landgericht litera ( = Buchstabe) Lloyd's Law Reports (Großbritannien) Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, herausgegeben von Lindenmaier und Möhring Law Reports (England) Leitsatz Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Mark mit mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Regelung der Miethöhe
XXXII
MitbestG MittBayNot MittRhNotK MRG MRVO MS MiinzG mwN nF NBER NJW NJW-RR Nkr Nr N.Y. N.Y.S. ÖBA öst. ÖZöRVR OGH OGHZ OLG OLGZ OR OVG p. Pas. Pasin. PCIJ Prot Q.B. RabelsZ Rbl RdA RdC RegE RCJB RG RGBl RGZ Riv. dir. com RIW RM Rn ROHG ROHGE ROW RPfleger Rs
Abkürzungsverzeichnis
Mitbestimmungsgesetz Mitteilungen des Bayrischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Militärregierungsgesetz Militärregierungsverordnung Motorschiff Münzgesetz mit weiteren Nachweisen neue Fassung National Bureau of Economic Research (USA) Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Norwegische Kronen Nummer New York Reports (USA) The New York Supplement Österreichisches Bank-Archiv österreichisch(er) Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht Oberster Gerichtshof (Österreich, Britische Zone) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen für die Britische Zone Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschl. der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Bundesgesetz über das Obligationenrecht (Schweiz) Oberverwaltungsgericht page Pasicrisie beige Pasinomie (Belgien) Permanent Court of International Justice Protokoll Law Reports, Queen's Bench;Queen's Bench Division (England) Rabeis Zeitschrift für ausländisches und InternationalesPrivatrecht Rubel Recht der Arbeit Recueil des Cours die l'académie de droit international (Niederlande) Regierungsentwurf Revue critique de jurispudence beige Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rivista del diritto commerciale e del diritto generale delle obligazioni (Italien) Recht der Internationalen Wirtschaft (1954-1957 und 1975 ff.) und Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters (1958-1974) Reichsmark Randnummer Reichsoberhandelsgericht Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Recht in Ost und West Der Deutsche Rechtspfleger Rechtssache
Abkürzungsverzeichnis
Rspr RWG S SachRÄndG SächsA SächsBGB ScheckG Schweiz. SchwJblntR SchwJZ SchKG S.Ct. S.D.N.Y. sec. SeuffArch Sfr SJZ Skr sig So. sog. Sp StIGH str StrEG stRspr Τ TMS u.a. UmstG UN Unidroit unstr. unzutr. Urt. US USA U.S.W.
u.U. V.
VA VaJ.Int.L. VerbrKrG VerglO VersR VertragsG
vgl VO VOB1
XXXIII
Rechtsprechung Reichswirtschaftsgericht Satz, Seite Sachenrechtsänderungsgesetz Sächsisches Archiv Sächsisches Bürgerliches Gesetzbuch Scheckgesetz schweizerisch Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht Schweizerische Juristenzeitung Bundesgesetz über Schuldbeitreibung und Konkurs (Schweiz) Surpreme Court Reporter (USA) Southern District of New York (US District Court) section(s) Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Schweizer Franken Süddeutsche Juristenzeitung Schwedische Kronen Amtliche Sammlung Southern Reporter (USA) sogenannt(er) Spalte Ständiger Internationaler Gerichtshof streitig Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ständige Rechtsprechung Taler Tankmotorschiff unter anderem; und andere(s) Umstellungsgesetz United Nations Institut international pour l'unification du droit privé unstreitig unzutreffend Urteil United States; United States Surpreme Court Reports United States of America und so weiter unter Umständen versus, von, vom Verwaltungsakt Vanderbild Journal of International Law (USA) Verbraucherkreditgesetz Vergleichsordnung Versicherungsrecht Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11.4.1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf sowie zur Änderung des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19.5.1956 über den Beforderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vergleiche Verordnung Verordnungsblatt
XXXIV
Vorbein VRS VwGO VwVfG WährG WarnR WG W.L.R. WM WPNR WuB WWU Yale L.J. ZAkDR ZB ZBB ZBR ZEuP ZfIR ZfK ZfRVgl ZGB ZHR Ziff ZIP zit. ZöR ZPO ZRP ZSchwR zT zust zutr ZVG ZVglRWiss ZZP
Abkürzungsverzeichnis
Vorbemerkung Verkehrsrechtliche Sammlung Verwaltungsgerichtordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Währungsgesetz Warneyers Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts Wechselgesetz The Weekly Law Reports (Großbritannien) Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Weekblad voor Privaatrecht, Notaris-Ambt en Registrane (Niederlande) Entscheidungssammlung zum Wirtschafte- und Bankrecht Wirtschafts- und Währungsunion The Yale Law Journal (USA) Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Kreditwesen Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Osterreich) Zivilgesetzbuch Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, früher Zeitschrift für die gesamte Insolvenzpraxis zitiert Zeitschrift für öffentliches Recht Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für schweizerisches Recht zum Teil zustimmend zutreffend Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozeß
S 1: Einführung So lange die Welt unterschiedliche Währungen kennt, seien sie nationalen oder supranationalen Ursprungs, so lange haben die einzelnen Rechtsordnungen das Phänomen von Geldschulden mit Auslandsberührung zu bewältigen. Entsprechend der Vielfalt möglicher Auslandsbezüge variieren die damit einhergehenden Problemstellungen. Dessen ungeachtet sind es im Kern zwei Aspekte, die im Vordergrund stehen: die Verteilung des Wechselkursrisikos und die Frage, auf welche Weise das Recht den Antagonismus zwischen der Funktionsäquivalenz verschiedener Währungen und ihrer eigenständigen öffentlichrechtlichen Verankerung auflöst. Nach dem wechselvollen Schicksal, das die deutsche Währung in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts erfahren hat, und dem Aufschwung der Geldrechtswissenschaft nach der Währungskrise 1922/23 würde es wenig verwundern, wenn Deutschland heute über eine detailliert ausgestaltete Geldrechtskodifikation verfügte. Hiervon kann jedoch nach wie vor keine Rede sein. Der Gesetzgeber des BGB vermißte vor 100 Jahren die typenbildende Funktion der Geldschuld und erblickte für den Erlaß besonderer Vorschriften „auf dem Boden des durch die Reichsmünzgesetzgebung eingeführten gesetzlichen Währungssystems nur in sehr beschränktem Maße Raum und Bedürfniß". 1 Was Geldschulden mit Auslandsberührung anbelangt, so hatte es mit der währungsverschiedenen Tilgungsbefugnis des § 244 BGB sein Bewenden - eine Vorschrift, die unverändert fortgilt und ihren singulären Charakter im System des BGB beibehalten hat. Jenseits des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind seit Ende des Zweiten Weltkrieges ebenfalls nur vereinzelt Bestimmungen erlassen worden, die den Besonderheiten von Fremdwährungsverbindlichkeiten Rechnung tragen. Neben einigen Regeln (zum Teil sehr jungen Datums) über die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen 2 ist vor allem das in § 3 S. 1 WährG statuierte Fremdwährungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt zu nennen. Geschaffen, um im Verein mit einem Indexierungsverbot die Stabilität der jungen DM-Währung zu sichern, wurde die Bestimmung bereits 1961 im Zuge der Liberalisierung des Außenwirtschaftsverkehrs stark eingeschränkt (§ 49 AWG). Ihr Ende ist seit der Entscheidung des Bundeskabinetts vom 24. September 1997 über den Entwurf eines Euro-Einführungsgesetzes (EuroEG) 3 beschlossene Sache, zumal seit Mai 1998 endgültig feststeht, daß Deutschland an der dritten Stufe der Europäischen Währungsunion teilnimmt. Ob, in welcher Form und mit welchem Inhalt es eine Nachfolgeregelung geben wird, ist seit Herbst 1997 Gegenstand politischer Diskussionen die mit der Änderung des PreisangabenMugdan Materialien II, 7. §§ 168 c, 171 e ZVG über die Zwangsversteigerung von Schiffen und Luftfahrzeugen, die zulässigerweise mit Schiffshypotheken bzw Registerpfandrechten in ausländischer Währung belastet sind. Ende 1993 kamen die §§ 145 a, 158 a ZVG hinzu. Sie enthalten Sonderregeln für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken, auf denen ein Valutagrundpfandrecht lastet. Derartige Belastungen waren lange Zeit gegenstandslos, da ihre Zulässigkeit vom Inhalt einer aufgrund § 28 S 2 GBO erlassenen Verordnung abhängt. In Kraft getreten ist eine solche Verordnung erst am 1 5 . 1 1 . 1 9 9 7 ; BGBl I, 2 6 8 3 . 3 Siehe jetzt das Gesetz zur Einführung des Euro (EuroEG) vom 9.6.1998, BGBl I, 1242. 1
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§ 1: Einführung
gesetzes und des Miethöhegesetzes nur einen vorläufigen Abschluß gefunden haben dürften. Die umstrittene, mittlerweile aber sichere Ablösung der D M durch den Euro am 1. Januar 1999 und der damit einhergehende Übergang von Währungssouveränität auf die Europäische Union 4 markieren einen währungsrechtlichen Umbruch, haben aber - von der Aufhebung des § 3 WährG 5 und der Umstellung von Altverbindlichkeiten abgesehen - eher geringe Auswirkungen auf das Recht der Geldschuld. Der Währungseinheit wird also eine Privatrechtsvielfalt gegenüberstehen, auch und gerade was die Behandlung von Fremdwährungsverbindlichkeiten anbelangt. Die vorliegende Abhandlung zielt auf eine Standortbestimmung im geltenden deutschen Recht. Rechtsvergleichende Erkenntnisse werden an geeigneter Stelle eingearbeitet, die grundsätzliche Ausrichtung der Arbeit bleibt davon jedoch unberührt. Untersucht werden soll, wie Kollisions- und Sachrecht, materielles Recht und Verfahrensrecht sich gegenüber Zahlungsverbindlichkeiten verhalten, die aus (unterschiedlicher) rechtlicher Perspektive oder aus Parteiensicht in einer ausländischen Währung ausgedrückt sind. Diesem Programm entspricht der Gang der Darstellung. Über Fremdwährungsverbindlichkeiten (Valutaschulden) zu diskutieren setzt in mehrlei Hinsicht die Klärung von Grundfragen voraus. Dies gilt nicht nur für den Begriff der Währung und seine Funktionen im Rahmen eines Geldschuldverhältnisses, sondern gleichermaßen für die konstitutiven Merkmale der Geldschuld in Abgrenzung zur bloßen Verschaffungsobliegenheit. Daneben ist es unerläßlich, sich die verschiedenen Inhalte von Geldschulden vor Augen zu führen und ihre rechtssystematischen Grundlagen zu kennen. Schließlich gilt es, eine Vorstellung von dem zu erhalten, was aus Parteiensicht den wirtschaftlichen Kern der Valutaschuldproblematik ausmacht: das Risiko von Außenwertschwankungen des Geldes, seine Ursachen, Erscheinungen und Strukturen. Die skizzierten Grundfragen, auf denen die folgenden Betrachtungen aufbauen, sind Gegenstand des ersten Untersuchungsteils und, obzwar rein sachrechtlicher Natur, dem anschließenden Kollisionsrechtsteil darstellungstechnisch notwendigerweise vorgelagert. Die Ausführungen zum Wirkungsrahmen des deutschen Rechts ihrerseits verlangen im Interesse erhöhter Transparenz nach einer Trennung zwischen allgemeinen und besonderen Fragestellungen. Zum allgemeinen Bereich rechnen die unterschiedlichen Verweisungstechniken, die sich mit den Regelanknüpfungen von Schuldstatut, Währungsstatut und Zahlungsstatut verbinden, ferner das Problem der verweisungsrechtlichen Behandlung forumfremden Währungsund Wirtschaftsrechts, das aus Sicht des Erlaßstaates international zwingenden Charakter besitzt. Das Internationalprivatrecht des Geldes war im Verlaufe dieses Jahrhunderts nicht zuletzt deshalb Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen, weil über die genannten Prämissen Uneinigkeit bestand und die Kollisionsrechtswissenschaft erst allmählich zu der Erkenntnis gelangte, daß es mit der Qualifikationsentscheidung zwischen Schuldstatut und Währungsstatut nicht sein Bewenden haben muß. Im Lichte der hierzu angestellten Überlegungen werden einige besonders umstrittene Spezialprobleme des Geldkollisionsrechts 4 Auf den Streit über die Rechtspersönlichkeit der EU und ihr Verhältnis zur EG soll hier nicht eingegangen werden; siehe dazu zuletzt Hilf integration 1997, 247, 253 einerseits; Streinz EuZW 1998, 137, 138 andererseits. Im Text wird, verbreitetem Sprachgebrauch entsprechend, durchgängig die EU als Trägerin der Währungshoheit bezeichnet, obzwar die Rechtsgrundlagen der Währungsunion bekanntlich im EG-Vertrag enthalten sind. 5 Durch Art 9 § 4 und Art 10 des EuroEG, BGBl I 1242, 1253 f.; zur politischen Kontroverse siehe Handelsblatt vom 2 6 / 2 7 . 9 . 1 9 9 7 , 21.
§ 1: Einführung
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erörtert, von der Bestimmung jenes Rechts, das über eine schuldwährungsfremde Zahlungswährung entscheidet, bis hin zu den Konsequenzen von Währungsgebietsänderungen. Die weitere Darstellung orientiert sich an dem Gedanken, die Reaktionen des deutschen Sachrechts auf das Phänomen Valutaschuld in all seinen Entwicklungsstadien zu analysieren. Besonderes Gewicht kommt dabei jenen Kriterien zu, anhand derer sich im rechtsgeschäftlichen wie im gesetzlichen Bereich bestimmt, in welcher Währung eine Geldschuld entsteht. Einmal als Fremdwährungsverbindlichkeit fixiert, richtet sich das Augenmerk auf den Inhalt der Schuld und auf Möglichkeiten, sich gegen ihre spezifischen Risiken zu sichern. An eine Typologie von Sicherungsgeschäften ist dabei nicht gedacht, vielmehr konzentrieren sich die Ausführungen auf einige dogmatisch besonders vielschichtige Bereiche, wie Devisentermin- und -optionsgeschäfte sowie die Zulässigkeit von Valutagrundpfandrechten. Was bereits den historischen BGB-Gesetzgeber beschäftigt hat, soll auch im Rahmen dieser Arbeit einen Schwerpunkt einnehmen: die freiwillige Tilgung von Valutaschulden. Über den facettenreichen § 244 BGB hinausgehend werden Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Aufrechnung behandelt, wobei es in besonderem Maße darauf ankommt, ob dem währungsverschiedenen Zahlungsrecht eine Wertentscheidung auch für andere Tilgungsformen innewohnt. Komplettiert wird der materiellrechtliche Teil der Untersuchung durch einen Blick auf Sonderprobleme im Leistungsstörungsrecht, deren Ursachen in der arteigenen Risikostruktur von Fremdwährungsverbindlichkeiten begründet liegen. Der siebte und letzte Teil der Abhandlung ist dem Verfahrensrecht der Valutaschuld gewidmet, ein Bereich, in dem in ganz unterschiedlicher Gestalt die Frage wiederkehrt, ob und in welcher Weise die materiellrechtliche Währungsbestimmung durch verfahrensrechtliche Wertungen überlagert wird.
ERSTER
TEIL
Grundlagen § 2: Die Fremd Währungsverbindlichkeit - Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
Der Begriff Fremdwährungsverbindlichkeit (synonym Valutaschuld) dient im folgenden zur Kennzeichnung einer in ausländischen Währungseinheiten ausgedrückten Geldschuld bzw. Zahlungsverbindlichkeit. Ihren Gegensatz bildet die Heimwährungsschuld, die auf inländische Währung lautet. Der Präzisierung und Abgrenzung bedarf der solchermaßen umschriebene Untersuchungsgegenstand in dreifacher Hinsicht. Zunächst wird die Denominierung der Verbindlichkeit in ausländischer Währung beleuchtet (I.). Es folgen Betrachtungen über die Fremdwährungsverbindlichkeit als Geldschuld (II.), an die sich ein Blick auf die Fremdheit der Schuldwährung anschließt (III.).
I.
Denominierung des Schuldgegenstandes in ausländischer Währung
1.
Schuldwährung, Zahlungswährung, Berechnungswährung
Die im Mittelpunkt der Abhandlung stehenden Verbindlichkeiten sind durch eine besondere Art von Schuldwährung gekennzeichnet: Sie ist es, die den hier relevanten Auslandsbezug der Geldschuld herstellt. Abgegrenzt werden muß die Schuldwährung von der Berechnungswährung und der Zahlungswährung. Die genannte Begriffstrias besitzt als solche keinerlei normative Verankerung, sie dient allein der vereinfachenden Umschreibung unterschiedlicher Funktionen, die eine Währung im Rahmen von Schuldverhältnissen erfüllen kann - Funktionen, die in ihrer Verschiedenheit für die Interpretation des Parteiwillens und für die Auslegung von Rechtsnormen 6 gleichermaßen bedeutsam sind, sofern in casu mehrere Währungen in Betracht kommen. Blickt man auf das Schuldverhältnis im engeren Sinne, wie es durch die Komplementärbegriffe Forderung und Schuld konstituiert wird, 7 und stellt auf die geforderte bzw. geschuldete Leistung ab (vgl. § 241 BGB), so läßt sich ein qualitatives von einem quantitativen Leistungselement unterscheiden. Das Schuldverhältnis
6
Die §§ 244 BGB, 3 S 1 WährG und Art 32 Abs 2 EGBGB mögen einstweilen als Beleg für unterschiedliche Ansatzpunkte genügen. 7
Gernhuber Erfüllung,!.
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1. Teil: Grundlagen
im weiteren Sinne zwingt zur Beachtung eines dritten Elements, das allein die Tilgung der Schuld betrifft, ohne wie die zuvor genannten Elemente schuldkonstituierend zu wirken. Gemeint sind schuldwährungsverschiedene Zahlungsbefugnisse rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Art; ihr Kennzeichen ist die Inkongruenz zwischen Gläubiger- und Schuldnerrecht. Im Rahmen dieser Untersuchung soll der skizzierten Struktur (Was - Wieviel - Wie) in begrifflicher Hinsicht wie folgt entsprochen werden: Mit Schuldwährung wird der Gegenstand von Forderung und Schuld umrissen, also dasjenige, was der Gläubiger fordern kann und der Schuldner leisten muß. Der Begriff Schuldwährung erhält deshalb eine rein qualitative Funktion, hingegen keine quantitative Bedeutung. Hängt der Umfang des Geschuldeten, bei Währungseinheiten also deren Anzahl, von einer anderen Währung ab, so trägt diese die Bezeichnung Berechnungswährung. Ihre Bedeutung erschöpft sich in der skizzierten Wertmaßfunktion, geschuldet werden Einheiten der Berechnungswährung nicht. Diejenige Währung schließlich, durch deren Leistung das Schuldverhältnis erlischt, die sog. Zahlungswährung,8 mag gleichfalls von der Schuldwährung abweichen. Ebensowenig wie die Berechnungswährung ist sie in einem solchen Fall aber geschuldet. Theoretisch sind natürlich auch Mischformen denkbar, wie § 245 BGB für den Fall der (praktisch nahezu bedeutungslosen) unechten Geldsortenschuld dokumentiert. 9 Doch die Existenz solcher seltenen Ausnahmen spricht nicht gegen eine am Regelfall orientierte Begriffsbildung. Erfüllt eine Währung im konkreten Schuldverhältnis alle drei Funktionen, so daß eine Aufspaltung entbehrlich ist, hat es mit dem Terminus Schuldwährung sein Bewenden. Für den hier benutzten Begriff der Fremdwährungsverbindlichkeit bleibt festzuhalten, daß es allein auf jene Währung ankommt, in der die Geldleistung, die den Gegenstand der Verpflichtung bildet, fixiert ist, und zwar unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Schuldbetrag festgelegt wird, bei Schuldentstehung oder später, etwa im Urteil oder bei der Zahlung. 10 Gemessen an den vorgenannten Begrifflichkeiten 11 ist es rechtlich betrachtet ambivalent zu formulieren, eine Schuld sei in einer Währung ausgedrückt, denominiert oder laute auf diese Währung. Gemeint sein kann eine rechtlich unerhebliche, primär am Wortlaut einer Parteiabrede orientierte Kennzeichnung der Leistungsbeziehung, 12 bei der die betreffende Währung Schuldgegenstand, aber auch Berechnungsfaktor sein mag. Gemeint sein kann aber auch das Ergebnis einer ganz bestimmten rechtlichen Bewertung. In
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Siehe auch Nussbaum Das Geld, 187; W. Mayer Valutaschuld, 79; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 39: „Zahlungsmittelwährung". 9 Die unechte Geldsortenschuld ist eine Kombination von Geld- und Sachschuld dergestalt, daß eine Geldschuld - ohne diesen Charakter einzubüßen - vom Schuldner mit einer bestimmten Art Geldzeichen erfüllt werden muß; näher dazu S 32 f. 10 Abweichend definierte Nussbaum Das Geld, 187 Valutaschulden als „Schulden, deren Betrag sich nach einer fremden Währung bestimmt". Erfaßt werden abweichend von der hier zugrunde gelegten Definition auch „kursgesicherte Heimwährungsschulden", die Nussbaum selbst als „unechte Valutaschulden" bezeichnete; zum Ganzen siehe noch unter b) und c). Abweichend auch Bamberger Valutaschuld, 3, demzufolge Valutaschulden Verbindlichkeiten sind, „deren Inhalt die Zahlung einer Geldsumme in ausländischer Währung bildet". 11 Ähnlich (was Schuld- und Zahlungswährung anbelangt) Horn in Heymann, HGB, § 361 Rn 15; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 3; K. Schmidt in Staudinger13, S 244 Rn 5 ff; vgl dort aber auch Rn 16, 104. 12 Dieses Verständnis findet sich beispielsweise bei Martin Wolff Das Geld, 639 ff; zu den sog. „Rechnungseinheitsschulden" sogleich unter 2.
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S 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
diesem technischen Sinne soll hier von Denominierung etc. der Schuld in einer bestimmten W ä h r u n g die Rede sein, wenn das Augenmerk dem qualitativen Leistungselement gilt. Nicht allen Entscheidungen und Untersuchungen zum Recht der Valutaschuld liegt dieses begriffliche Verständnis zugrunde, 1 3 namentlich jenen nicht, die die Termini Schuldwährung und Zahlungswährung an den im angelsächsischen Rechtskreis gebräuchlichen Begriffen money of account und money of payment orientieren. Bei L o r d Denning
heißt es
etwa: „The money of account is the currency in which an obligation is measured. It tells the debtor h o w much he has to p a y " . 1 4 Und Mann
folgert daraus: „If goods are bought for
Ί . 0 0 0 U.S.A. dollars, payable in pounds sterling', it is obvious that while foreign money is the money of account and thus determines the measure of value or the scale of payment, the m o d e of payment is by handing to the creditor pounds sterling". 1 5 W e r
deshalb
Schuldwährung mit money of account terminologisch identifiziert und Zahlungswährung mit money of payment, 1 6 legt seiner Begriffsbildung leicht andere Inhalte zugrunde als hier vorgeschlagen. 1 7 Denn beim money of account i.S.d. englischen Judikatur liegt das Gewicht (zumindest auch) auf dem Umfang und beim money of payment (zumindest auch) auf dem Gegenstand von Forderung und Schuld. 1 8 Die Lösung von Sachfragen hängt von der Begriffsbildung natürlich nicht ab. Gleichwohl dürfte die vorgeschlagene Dreiteilung dazu beitragen, die Transparenz des Problemkreises zu erhöhen, und dabei helfen, Mißverständnisse zu vermeiden. 1 9
13 Bisweilen ist es der Gegenstand der Geldschuld, der als „Rechnungswährung" bezeichnet wird; zB H.J. Hahn Euro-Devisen, 34; Mankowski AR-Blattei ES 1996, 340 Nr 15 (6); siehe auch Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Anh. I Rn 3. Abgesehen davon, daß hier die Assoziation einer Währung als bloßer Berechnungsfakor näher liegt, drohen leicht Verwechslungen mit den unter 2. zu behandelnden Rechnungseinheitsschulden; vgl auch Collin ZfK 1963, 1127 f; gegen die darauf bezogene Verwendung des Begriffs Rechnungswährung Fögen Geld- und Währungsrecht, 37 f. Die Verwandtschaft von „Rechnungswährung" und Rechnungseinheit läßt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Im Wechselverkehr des damaligen Italiens wurde zwar mit Geldmünzen gezahlt, aber mit Bruchteilen eines Münzgrundgewichts gerechnet. Zutr erblickte Nussbaum Das Geld, 91 in diesem als Rechnungsgeld bezeichneten Gegenstand der Wertrechnung eine „außerordentliche Rechnungseinheit" und sprach sich wegen des valoristischen Charakters einer jeden Rechnungseinheit eindringlich gegen die Verwendung des Begriffs „Rechnungswährung" aus (aaO 93 f). 14 Woodhouse A.C. Israel Cocoa Ltd. v. Nigerian Produce Marketing Co. Ltd., (1971) 2 Q.B. 23, 54 (C.A.); akzeptiert vom House of Lords in (1972) A.C. 741, 750, 761, 762; ebenso etwa Steenken Fremdwährungsschulden, 32; Reinhuber Grundbegriffe, 72; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 53 f; v. Hoffmann FS Firsching 125, 127; Vischer Internationales Vertragsrecht, 215 f; Hanisch ZIP 1988, 3 4 1 ; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 14 f; Bachmann Fremdwährungsschulden, 9. 15 Mann Legal Aspect, 206. 16 Außer den zuvor genannten Autoren zB auch Berger Der Aufrechnungsvertrag, 247 ff; Nussbaum Das Geld, 187. 17 Keine Unterschiede erblickt auch Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 3, bei dem die Begriffe Schuldwährung, Rechnungswährung, Nennwährung, money of account synonym für diejenige Währung gebraucht werden, „in der geschuldet wird und in der die Leistungsverpflichtung beziffert ist". Synonyme Verwendung finden bei Martiny auch die Termini Zahlungswährung und money of payment zur Umschreibung derjenigen Währung, „in der gezahlt werden kann". 18 Vgl auch Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 21 f, 2 7 f. 19 Begriffliche Schwierigkeiten traten etwa bei der rechtlichen Erfassung privater ECUVerbindlichkeiten zutage; vgl zB Eicke Die Bank 1984, 166, 168; Wahlig Rechtliche Aspekte, 65, 73 f; Hafke Zur Verwendung von ECU, 11.
1. Teil: Grundlagen
8
a)
Differenzierung
nach
Tilgungsbefugnissen
Abhängig davon, ob nach dem im konkreten Fall anwendbaren Sachrecht eine Befugnis des Schuldners zur Tilgung in schuldfremder, namentlich inländischer Währung besteht oder nicht, mag man zwischen unechten und echten oder einfachen und effektiven Fremdwährungsverbindlichkeiten unterscheiden. Prägendes Merkmal sämtlicher Fremdwährungsverbindlichkeiten bleibt dabei ihre Denominierung in Auslandswährung. Soweit hierüber in der Sache Klarheit herrscht, kommt dem Sprachgebrauch nur untergeordnete Bedeutung zu. Da dem Begriffspaar „unecht/echt" im hier interessierenden Zusammenhang kaum Aussagekraft innewohnt,20 bietet sich die Verwendung des Adjektivs „effektiv" an, wenn davon die Rede sein soll, daß die Valutaschuld ausschließlich durch Leistung der geschuldeten Auslandswährung getilgt werden kann.21 Gerade die Vertragspraxis bedient sich verbreitet dieser von der Rechtsprechung akzeptierten Umschreibung, will sie die Rechtsfolge des § 244 Abs. 1 BGB vermeiden.22 Ist dem Schuldner dagegen qua Abrede oder Gesetz (§ 244 BGB) das Recht eingeräumt, die in Auslandswährung denominierte Schuld auch durch Verschaffung von Inlandswährung oder einer anderen Fremdwährung erlöschen zu lassen, soll im Rahmen dieser Untersuchung von „einfacher" Fremdwährungsverbindlichkeit gesprochen werden.23 Im Gegensatz zum überwiegenden Sprachgebrauch orientiert sich die hier befürwortete Differenzierung allerdings nicht (allein) an S 244 BGB, sondern nimmt schlechthin die Identität zwischen Schuld- und Zahlungswährung zum Maßstab. Ausgeklammert blieben bislang Parteivereinbarungen, deren Wortlaut zufolge die in Auslandswährung bezifferte Schuld von vornherein ausschließlich in Inlandswährung getilgt werden soll, einer Befugnis des Schuldners zur Leistung von Inlandswährung also eine entsprechende Pflicht korrespondiert. Kann in derartigen Konstellationen von effektiver Zahlung in Auslandswährung offensichtlich keine Rede sein, spräche bei erstem Zusehen an sich nichts dagegen, sie ebenfalls unter den Begriff „einfache" Fremdwährungsverbindlichkeit zu fassen.24 Es fragt sich allerdings, ob bei Abreden wie „1000,- US-Dollar, zahlbar in DM" tatsächlich von einer parteiautonom festgelegten Trennung von Schuldund Zahlungswährung auszugehen ist. Bejaht wird dies vor allem von Mann in seiner deutschsprachigen Darstellung des englischen Geldrechts, der sich freilich an den Begriffen „money of account" und „money of payment" orientiert.25 Aber auch in Stellungnahmen zum deutschen Recht heißt es bisweilen, die Bestimmung einer Geldschuld in ausländischer 20 Zutr formuliert K. Schmidt in Staudinger13, § 2 4 4 Rn 6: „... die unter § 2 4 4 fallende Fremdwährungsschuld ist ebensowenig etwas 'Unechtes' oder 'Uneinheitliches' wie die unter § 245 fallende 'unechte' oder 'uneigentliche' Geldsortenschuld". 21 So vor allem JC Schmidt in Staudinger13, § 2 4 4 Rn 7, 8; ders ZZP 98 (1985) 32, 35. 22 Siehe vorerst nur RGZ 151, 35, 3 6 ; Teichmann in Soergel12, § 2 4 4 Rn 3 0 ; U. Reuter Grundbuch, 4 5 ; näher dazu S 5 0 3 ff. 23 Im Anschluß an die Terminologie von K. Schmidt (oben Fn 21); ihm folgend etwa BGHZ 104, 2 6 8 , 2 7 4 ; BGH NJW-RR 1990, 183, 184; für eine Abgrenzung anhand der Adjektive „unecht/echt" dagegen BGH IPRax 1994, 3 6 6 f; OLG Frankfurt/M. MDR 1991, 164 f; OLG Hamburg N J W 1996, 1902, 1 9 0 3 ; Thode in MünchKomm-BGB 3 , § 2 8 6 Rn 6 d f; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 2 4 6 ; Meder W M 1996, 2 0 8 5 , 2 0 8 7 ; Koenigs DB 1952, 160; H.J. Hahn Euro-Devisen, 3 5 ; v. Westphalen Exportfinanzierung, 128; Winden DB 1953, 548 f. 24 Anders aber Koenigs DB 1952, 160. 25 Mann Recht des Geldes, 153.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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Währung schließe eine Vereinbarung, daß Zahlung in inländischer Währung zu erfolgen habe, nicht aus. 26 Natürlich hängt es vom Parteiwillen und vom jeweils zur Anwendung gelangenden Sachrecht ab, welche Währung Gegenstand der Schuld ist, wonach sich der Schuldumfang richtet und durch welche Leistung die Verbindlichkeit erlischt. Mannigfaltige rechtliche Gestaltungen sind denkbar, zumal für jeden dieser Aspekte ein anderes Recht maßgebend sein kann. Was die rein begriffliche Einordnung anbelangt, läßt sich aber festhalten, daß eine parteiautonom festgeschriebene zwingende Trennung von Schuldwährung und Zahlungswährung nach der hier bevorzugten Terminologie grundsätzlich nicht denkbar ist, trägt doch dasjenige, was nach der Parteiabrede definitiv Gegenstand der Leistung (Zahlung) sein soll, die Bezeichnung Schuldwährung. 27 Im Beispielsfall ist daher eine kursabhängige DM-Verbindlichkeit anzunehmen. 28 Abweichungen von diesem Befund sind ausnahmsweise möglich, wenn die schuldrechtlich maßgebende Rechtsordnung - in etwa der Struktur des § 245 BGB vergleichbar - die (primär) zu leistende Währung nur als qualitativ unselbständige gedankliche Verkörperung derjenigen Währung betrachtet, die als Gegenstand der Schuld Anknüpfungspunkt für die Mehrzahl der rechte- und pflichtenbegründenden Rechtssätze in Betracht kommt. Diese Überlegung freilich ist hypothetischer Natur. Die vorliegende Untersuchung geht vom deutschen Recht als lex causae aus. Und nach deutschem Recht ist weder ausländisches Geld eine Sorte des inländischen noch sind die einzelnen Währungen Sorten einer allgemeinen Kategorie „Währung".
b)
Das Wertmaß als Unterscheidungsfaktor
Wiewohl den Einflüssen von Währungsschwankungen in ganz ähnlicher Weise ausgesetzt, ist entsprechend der oben aufgestellten Definition keine Fremdwährungsverbindlichkeit festzustellen, wenn und soweit die geschuldete Geldleistung allein in heimischer Währung ausgedrückt ist, ihre Höhe jedoch dem Gegenwert eines bestimmten Fremdwährungsbetrages entsprechen soll.29 Die fremde Währung dient hierbei weder als Schuld- noch als Zahlungswährung, sondern einzig als Berechnungsfaktor und Wertmaßstab für den in Heimwährung bezifferten Schuldumfang, 30 so daß sie bisweilen als Hilfswährung charakte-
26 RG JW 1922, 711; Alff in RGRK-BGB, § 244 Rn 12; ähnlich Martin Wolff Das Geld, 639 ff; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 249. Eine andere Vorstellung liegt auch nicht etwa Art 143 Abs 1 des schweizerischen IPR-Gesetzes zugrunde, wo es heißt: „In welcher Währung zu zahlen ist, richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem die Zahlung zu erfolgen hat". Auf der Tatbestandsseite dieser Kollisionsregel liegt die Betonung auf „zahlen", nicht auf „ist", so daß nur die Art und Weise der Zahlung gemeint ist, der Schuldgegenstand jedoch unberührt bleibt; siehe Wischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 428 ff; Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 96. 28 Ausdrücklich K. Schmidt ZZP 98 (1985) 32, 34; näher dazu sogleich unter b). 29 Wenn es etwa heißt, die Verbindlichkeit belaufe sich auf „10.000,- Ffr in DM" oder „5.000,- DM zum Kurs von 1 DM = 4 Nkr". Gleiches gilt für Formulierungen wie „12.000,- DM im Wert von 8.000,- US-Dollar" oder „10.000,- DM = 20.000,- Pfund" (beide zuletzt genannten Beispiele nach Karl Neumeyer IntVerwR III/2 176), wobei im zweiten Fall die Auslegung der Abrede auch zur Annahme einer alternativen Währungsklausel führen kann. Vgl auch LG Frankfurt/M. NJW 1956, 65 f. 30 Nussbaum Das Geld, 187 f; ferner Reithmann DNotZ 1960, 172, 175, der terminologisch allerdings zwischen „Rechnungswährung" und „Zahlungswährung" unterscheidet und unter „Zahlungswährung" offenbar (auch) den Gegenstand der Schuld fassen will.
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1. Teil: Grundlagen
risiert worden ist.31 Ob als Schuldtyp allerdings im Einzelfall eine derartige „kursabhängige Heimwährungsverbindlichkeit"32 bzw. „Valutawertschuld"33 vorliegt34 oder eine Fremdwährungsverbindlichkeit, kann namentlich bei Zahlungsverbindlichkeiten innerhalb gesetzlicher Schuldverhältnisse, aber auch bei der Auslegung von Parteivereinbarungen Zweifel aufwerfen. 35 Gelegentlich findet sich für die soeben vorgestellten Schuldverhältnisse36 auch die Bezeichnung „unechte" Fremdwährungsverbindlichkeit, wohingegen der Begriff „echte" Fremdwährungsverbindlichkeit sämdichen Fällen einer in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschuld vorbehalten sein soll, ohne daß es auf Fragen der Zahlungswährung ankäme.37 Gewonnen ist mit diesen von der tradierten Auffassung abweichenden Begriffsinhalten freilich nichts. Im Gegenteil wird so verschleiert, daß die kursabhängige Heimwährungsverbindlichkeit ihrem Inhalt nach weder eine echte noch eine unechte, sondern überhaupt keine Verbindlichkeit in fremder Währung darstellt.38 Durch die hier favorisierte Terminologie „einfache/effektive Fremdwährungsverbindlichkeiten - Valutawertschulden" werden derartige Unklarheiten3' von vornherein vermieden. Die Heranziehung einer von der Schuldwährung abweichenden Währung als Wertmesser für den Umfang der Verbindlichkeit ist natürlich auch bei (einfachen wie effektiven) Fremdwährungsverbindlichkeiten denkbar. Selbst wenn dabei nicht eine andere Fremdwährung, sondern die Heimwährung als Hilfswährung fungiert,40 ergeben sich - von später zu erörternden Auslegungs- und Sicherungsproblemen abgesehen - keine Besonderheiten:
31
So Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 176. Fögen Geld- und Währungsrecht, 123, der freilich in seinen Darlegungen allein vom Geltungsbereich der D M ausgeht und deshalb von „kursabhängigen DM-Verbindlichkeiten" spricht; ebenso Alberts Währungsschwankungen, 11. 33 Etwa Κ Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 5, 6; ders ZZP 98 (1985) 32, 34. 34 Es handelt sich unter Geltung deutschen Rechts um einen Fall der sog. „Geldwertschuld", deren Charakteristikum in der Dynamisierung der Schuldsumme besteht. Geldwertschulden können Gegenstand parteiautonomer Festlegung sein, aber auch in Gestalt gesetzlicher Schuldverhältnisse auftreten (zB Schadensersatz- oder Unterhaltsverpflichtungen). Den Maßstab der Dynamisierung kann eine Fremdwährung, ein Sachwert oder ein Normzweck bilden (Schadensausgleich, Sicherung des Lebensbedarfs etc.); zum Inhalt von Geldschulden im Einzelnen § 3. 35 Siehe etwa RG JW 1922, 711 mit Anm Nussbaum·, ferner Koenigs DB 1952, 160, dort auch zur Frage der Umdeutung einer einfachen Fremdwährungsverbindlichkeit in eine Valutawertschuld. 3 Heimwährungsverbindlichkeiten können auch bedingt kursabhängig sein. Vereinbart wird in derartigen Fällen, eine sog. „Kursgarantie- (Agio-)Klausel" (Nussbaum Das Geld, 206 f): Sinkt der Kurs der Heimwährung unter eine bestimmte Parität zur Hilfswährung (Bedingungseintritt), hat der Schuldner in zuvor festgelegtem Umfang die Kursdifferenz (in Heimwährung) zu vergüten. 37 So etwa RG HansRZ 1924, Sp. 15, 17 f; RG JW 1924, 1364; v. Hoffmann/Pauli IPRax 1985, 13, 15; Seetzen AWD 1969, 253 f; Nussbaum Das Geld, 187; ders JW 1924, 1518; W. Mayer Valutaschuld, 74; Firsching in Staudinger 10 ' 11 , Vorbem zu Art 12 EGBGB Rn 391, 394; W. Weber in Staudinger 11 , § 244 Rn 31, 152; v. Westphalen Exportfinanzierung, 130, 133, der den Begriff noch auf S 128 für Verbindlichkeiten gebraucht, die unter das Substitutionsrecht des § 244 BGB fallen. 38 Krit. namentlich K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 6; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 176 Fn 25; Alberts Währungsschwankungen, 12. 39 Dokumentiert etwa in OLG Köln NJW 1971, 2128 f, wo die Begriffe „echte/unechte Valutaschuld" und der Terminus „in ausländischer Währung ausgedrückt" in zumindest mißverständlicher Weise verwendet werden; siehe ferner LG Frankfurt/M. NJW 1956, 65 f. 40 So zB in RG J W 1921, 231; RG JW 1924, 173 f; dazu Nussbaum Das Geld, 206; unklar Mann Recht des Geldes, 154. 32
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
11
Die Denominierung in Auslandswährung als prägendes Merkmale der Valutaschuld wird durch den Rückgriff auf die Heimwährung nicht tangiert.
c)
Alternativwährungen
Die bisherigen Überlegungen haben sich an Geldschuldverhältnissen orientiert, bei denen eine einzige Währung den Schuldgegenstand bildet. Anhand dieser einen Währung wurden Heimwährungsverbindlichkeiten von Fremdwährungsschulden unterschieden. Um eine Fremdwährungsverbindlichkeit handelt es sich im Rahmen der vorliegenden Abhandlung aber auch, wenn die Zahlungsverbindlichkeit alternativ in mehreren Währungen ausgedrückt ist,41 sofern es sich nur bei einer von ihnen um eine ausländische handelt. 42 Bezieht sich das in einer solchen alternativen Währungsklausel bzw. Währungsoption (option de change) enthaltene Wahlrecht auf die Schuldwährung, liegt es in der Hand der solchermaßen begünstigten Partei, durch Ausübung ihres Wahlrechts die Geldschuld ex tunc oder ex nunc als alleinige Fremdwährungsverbindlichkeit zu konkretisieren. 43 Mit der Unterscheidung zwischen einfacher und effektiver Fremdwährungsverbindlichkeit hat die Feststellung einer solchen alternativen Währungsklausel an sich nichts zu tun. Ist die Entscheidung der wahlberechtigten Partei allerdings zu Gunsten der bzw. einer Auslandswährung gefallen, soll regelmäßig eine effektive Valutaschuld vorliegen. 44 Alternativklauseln können sich statt auf die Schuldwährung auch auf die Berechnungswährung, vor allem aber auf die Zahlungswährung beziehen 45 und gehen im letztgenannten Fall nicht selten mit der Vereinbarung alternativer Zahlungsorte (option de place) einher. 46 Die in obligatione befindliche Währung bleibt hiervon unberührt, es ist aber gerade ihre Feststellung, die nicht selten Auslegungsprobleme aufwirft. Mit der geschilderten Schuldwährungsoption verwandt, von ihr aber gleichwohl zu unterscheiden, ist schließlich der Fall eines Geldschuldverhältnisses, das nicht von vornherein alternativ auf unterschiedliche Währungen lautet, sondern dem Gläubiger die Befugnis gewährt, die allein geschuldete Währung durch eine andere zu ersetzen. 47 Infolge Ausübung dieses Rechts kann sich eine zunächst (nur) als Heimwährungsverbindlichkeit begründete Geldschuld in eine Valutaschuld umwandeln. Das Sub-
41 Siehe etwa RGZ 152, 213, 218; 168, 240, 247; RG JW 1926, 2675 Nr 4; siehe im übrigen S 257 ff. 42 So mag als Schuld vereinbart werden: „1.000 DM oder 3.000 Ffr oder 4.000 Dkr". Ohne daß sich etwas an der rechtlichen Einordnung änderte, läßt sich nach der Anzahl der in den Fächer aufgenommenen Währungen weiter unterscheiden zwischen einfachen und multiplen Währungsoptionsklauseln; Zehetner Geldwertklauseln, 32. Bisweilen wird mit der Option eine Vereinbarung alternativer Zahlungsorte getroffen, zB: „5.000 US-Dollar in New York oder 7.500 DM in Düsseldorf"; siehe RG JW 1926, 2675 Nr 4; W. Braun Geldwertsicherung, 71. 43 Eingehend dazu S 257 ff. 44 Karl Neumeyer IntVerwR HI/2,178; Κ Schmiá in Staudinger13, § 244 Rn 9; ferner unten S 13 IV. 1. 45 Wenn etwa vereinbart wird, 1.000 DM in Ffr oder US-Dollar zu zahlen. Es ist allerdings Auslegungsfrage, ob bei dieser Formulierung nicht auch eine kursabhängige DM-Verbindlichkeit mit alternativem Rechnungsfaktor in Betracht kommt. 46 Mann Recht des Geldes, 165 f; W. Braun Geldwertsicherung, 71; als Beispiel sei die Abrede angeführt: „1.000 DM, zahlbar in London, Paris oder Rom jeweils in auch in Ortswährung"; siehe demgegenüber das Beispiel in Fn 42. 47 Einzelheiten S 260 ff.
12
1. Teil: Grundlagen
stitutionsrecht betrifft die Schuldwährung, anders als bei der einfachen Fremdwährungsverbindlichkeit, bei der es sich auf die Zahlungswährung bezieht.
2.
Währungs- und Rechnungseinheitsschulden
a)
Währung
Verbindlichkeiten sind nur dann Valutaschulden im hier verstandenen Sinne, wenn sie auf eine Währung lauten, und zwar auf eine Währung, die als „fremd" bzw. „ausländisch" charakterisiert werden kann. Ursprünglich zur Bezeichnung der staatlichen Garantie des Feingehalts von Münzen herangezogen, 48 hat der Begriff „Währung" im Laufe der vergangenen 100 Jahre vielfältige Inhalte erfahren. 49 Und noch heute tut man sich mitunter mit der Unterscheidung der Rechtsbegriffe „Währung" und „Geld" schwer. 50 Seit aber der Prozeß der Entsubstantialisierung des Geldes mit der wirtschaftlichen Dominanz des Buchgeldes und dem Vordringen von Cybergeld51 einen - zumindest vorläufigen - Abschluß gefunden hat 52 und das moderne Geldwesen durch staatliche Geldschöpfung, Geldumlaufkontrolle, Geldwertsicherung und ein festes Verhältnis zwischen den verschiedenen Sorten der Umlaufmittel geprägt ist,53 wird der Ausdruck „Währung" im wesentlichen nur noch in zweierlei und dabei sich ergänzendem Sinne gebraucht.
aa) Doppelfunktionalität des Wäbrungsbegriffs Währung bezeichnet heute in erster Linie das auf einer normativ bestimmten (ideellen) Rechnungseinheit basierende staatliche Geldsystem, m.a.W. die für ein (Währungs-)Gebiet hoheitlich in Kraft gesetzte Geldverfassung.54 Der so formulierte Währungsbegriff liegt Art. 73 Nr 4 GG zugrunde,55 mit ihm verbindet sich die jedem Staatswesen zukommende Währungshoheit, 56 er umreißt schließlich im Kern den Aufgabenbereich staatlicher Wäh-
Goldschmidt Hdb des Handelsrechts, 1124 Anm 19. Nussbaum Das Geld, 4 3 f; Münch Giralgeld, 51. 50 Siehe Franzke Geldhoheit und Währungssteuerung, 2 9 ; dazu Fögett Geld- und Währungsrecht, 3 5 Fn 60. 51 Zum elektronischen Geld im Internet siehe etwa Escher W M 1997, 1173 f; zur „elektronischen Geldbörse" (Geldkarte) zB Rümpel W M 1997, 1037 ff; Rodewald W M 1997, 1520. 52 Zur Entstehungsgeschichte des Geldes und seiner Wandlung vom Warengeld zur abstrakten Geldfunktion H.J. Hahn Währungsrecht, 1 ff. 53 Mann Recht des Geldes, 2 5 ; v. May dell Geldschuld und Geldwert, 5 6 f. 54 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn A 4 1 ; U. Reuter Grundbuch, 2 9 ; Nussbaum Das Geld, 4 4 ; Wahlig W M 1985, 1053, 1055; Fögen Geld- und Währungsrecht, 3 5 ; Martin Wolff Das Geld, 5 7 0 ; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 56; Vorpeil RIW 1993, 5 2 9 ; Hafke Verwendung von ECU, 9 ff; Münch Giralgeld, 5 1 ; Ebke Internationales Devisenrecht, 2 4 6 ; Reinhuber Grundbegriffe, 6. 55 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 5 6 ; wenn in dieser Kompetenzvorschrift neben dem Währungswesen auch das Geldwesen Erwähnung findet, handelt es sich um einen bloßen Pleonasmus, das Währungswesen schließt das Geldwesen ein; v. Maydell aaO; enger noch KG J W 1929, 4 4 6 , 447, wo das Geldwesen eines Staates als Oberbegriff u.a. zum Währungs- und Münzwesen aufgefaßt wird. 56 Währungshoheit beinhaltet auch die Befugnis, sich der Kompetenz zur Regelung des Geldwesens ganz oder teilweise zu begeben (zB hat Liberia die Geltung des US-Dollar als zugleich eigener Währung angeordnet; Grämlich BBankG, § 14 Rn 15; und in Luxemburg, das mit Belgien eine Wäh48
49
S 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
13
rungspolitik.57 Währung ist demnach, um einzelne schon in der Vergangenheit immer wieder herausgehobene Merkmale zu betonen, „eine vom Staat geschaffene planmäßige Veranstaltung",58 ein „Maßsystem für wirtschaftlichen Wert", 59 und beruht auf einer ideellen Grundeinheit, „als deren Vielfaches, Einfaches oder Bruchteil dieser Wert erscheint".60 Als Staats- und Verwaltungsinstitution ist der Bedeutungsgehalt von Währung öffentlichrechtlicher Art. Währungsrecht im engeren Sinne meint folglich die Summe jener öffentlichrechtlichen Vorschriften, die das Geldwesen eines Staates regeln.61 „Währung" findet daneben noch in einem anderen Sinne Verwendung, und zwar - wie es beispielsweise in §§ 244 BGB, 168 c, 171 e ZVG geschieht - als Kennzeichnungs- oder Zuordnungsbegriff für die ideelle (Währungs-)Grundeinheit, in der im konkreten Fall wirtschaftlicher Wert gemessen und/oder ausgedrückt wird.62 In diesem Sinne ist von DM, Lira, Gulden oder Schilling, von der spanischen, der kanadischen oder der japanischen Währung die Rede, läßt sich die inländische von ausländischen Währungen unterscheiden. Wird im Privatrechtsverkehr von US-Dollar gesprochen, verweisen die Parteien auf die Geldfunktion von Grundeinheiten der US-amerikanischen Geldverfassung in Abgrenzung zu Grundeinheiten anderer Geldverfassungen. Die parteiautonom oder kraft Gesetzes festgelegte Währungsgrundeinheit konstituiert den Leistungsgegenstand der Geldschuld. Weil Währung nie als solche, sondern stets als die von einem ganz bestimmten Träger der Währungshoheit geschaffene staatliche Einrichtung existiert, besteht zwischen Inhalt und währungsmäßiger Ausprägung der Geldschuld eine untrennbare Verbindung.63 So wenig wie die eine Währung kennzeichnenden Staats- und Verwaltungsrechtssätze mit denen identisch sind, die eine andere Währung ausgestalten, so wenig entsprechen sich die Inhalte von Geldmengen, die auf Einheiten unterschiedlicher Währungen lauten.64 Das deutsche Recht bringt diese Betrachtungsweise u.a. in den §§ 3 WährG, 244 BGB, 28 S. 2 GBO zum Ausdruck. Eine andere (und heute praktisch durchgängig verneinte)65 Frage ist, ob Geld stets der Anbindung an eine Grundeinheit staatlicher Art bedarf, ob also nur währungsbezogenes Geld oder etwa auch rein verkehrsbezogenes Geld ohne staatliche Verankerung als Leistungsgegenstand des Geldschuldrechts existieren kann. Der Begriff Währung gibt darauf keine Antwort, er dient allein zur Kennzeichnung einer staatlichen Geldordnung
rungsassoziation und Wirtschaftsunion bildet, ist auch der belgische Franc gesetzliches Zahlungsmittel) oder sie auf supranationale Einrichtungen zu übertragen, wie es etwa durch Art 109 e ff EGV in Umsetzung der Beschlüsse von Maastricht geschehen ist; siehe zB H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 20. 57 Fügen Geld- und Währungsrecht, 35 f. 58 Nussbaum Das Geld, 44. 59 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 118. 60 Martin Wolff Das Geld, 570. 61 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 56; Karl Neumeyer IntVerwR III/2,125. 62 Fögen Geld- und Währungsrecht, 36; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn A 42; Mann Recht des Geldes, 25 f; siehe auch KG JW 1929, 446 zur Geltung der Währung der lateinischen Münzunion in Belgien. 63 Besonders eindringlich Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 133. 64 Karl Neumeyer aaO; Grothe IPRax 1994, 346, 347. 65 Siehe nur K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn A 3; Mann Recht des Geldes, 10 ff.
14
1. Teil: Grundlagen
und der ihr zugrunde liegenden Rechnungseinheit. Einen hiervon abweichenden Währungsbegriff kennt das Privatrecht nicht. 66
bb)
Abgrenzungen
Gemessen an den vorstehenden Ausführungen war weder die sog. Zigarettenwährung noch die Goldmark eine Währung im Rechtssinne. Mit ersterer wurde eine Form von Warengeld in Zeiten des Währungsverfalls bezeichnet, 6 7 letztere war Kurzausdruck für den jeweiligen Preis v o n 1 / 2 7 9 0 kg Feingold in Mark bzw. später in Reichsmark. 68 Ebensowenig ist beispielsweise der Krüger-Rand eine Währung, sondern eine (Gold-)Münzsorte, die auf die südafrikanische Währung Rand lautet, ohne jedoch einen N e n n w e r t in Rand zu enthalten oder ein anderes festes Werrverhältnis zu ihm zu besitzen. 6 9 Keine eigenständige Währungsqualität kommt ferner den sog. Euro-Devisen zu, 7 0
66 Selbst Nussbaum als Verfechter einer gesellschaftlichen Theorie des Geldes anerkannte den Begriff „Währung" als Beschreibung des staatlichen Geldsystems; Das Geld, 14 ff und 44. Zu abweichenden Auffassungen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften siehe Starbatty KuK 1982, 387 ff. 67 K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn A 3; H.J. Hahn Währungsrecht, 33. 68 Nussbaum Das Geld, 104 ff, dort auch zu den einzelnen Typen der Goldmark; H.J. Hahn Währungsrecht, 38; Bürger FS Werner, 67, 68; Fögen Geld- und Währungsrecht, 37 f, 144. Leicht mißverständlich die Formulierung des östereichischen OGH, der Begriff „Golddollar" sei im Zweifel „ein Währungsbegriff, der nicht einfach in einen neuen Begriff Geldes einer beliebigen anderen Währung mit dem inneren Werte des dem Golddollar ursprünglich entsprechenden Quantums 'Gold' umgeändert werden kann"; RabelsZ 9 (1935) 891, 894. Der O G H meinte, es stände anderenfalls in der Macht jedes einzelnen Schuldners, auf dem Rücken des Trägers jeder beliebigen Währungshoheit eine universelle Geldordnung aufzubauen. Mit dieser Argumentation suchte das Gericht freilich nur zu belegen, daß die Schuld bei Vereinbarung einer Golddollarklausel in aller Regel auf US-Dollar lautet und die Parteien vom US-amerikanischen Recht als Währungsstatut nicht beliebig abweichen können; siehe zB Böse Anleihen, 87 sowie S 101 ff. 69 Das unterscheidet den Krüger-Rand von anderen bullion coins, etwa dem englischen Goldsovereign, der heute auf 1 Pfund lautet, oder dem kanadischen Maple Leaf, dessen Nominalwert als gesetzliches Zahlungsmittel durch sec. 3, 4, 7 des Canadian Currency and Exchange Act auf 50 kanadische Dollar festgesetzt ist; siehe Mann Legal Aspect, 21. Das rechtliche Problem, das sich mit dem Krüger-Rand verbindet, ist folgendes: Obzwar nach südafrikanischem Recht unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel (sec. 12 I lit. a des South African Mint and Coinage Act, No. 48 of 1964), kann der Wert des Krüger-Rand nur anhand des jeweiligen Londoner Goldpreises und des Dollar-Kurses in Rand ermittelt werden; zu Einzelheiten des Berechnungsverfahrens BGHSt 32, 198, 201. Der KrügerRand ist zudem nicht gegen südafrikanische, sondern allein gegen ausländische Währung erhältlich (am 12.5.1998 etwa betrug der Ankaufspreis eines Krüger-Rand mit 1 Unze Feingoldgehalt, Normalausführung, 519,- DM; seit 1980 werden auch Krüger-Rand über 1/2, 1/4 und 1/10 Unze ausgegeben; der jeweilige Goldgehalt ist den Münzen statt eines Nennwertes aufgeprägt), dient in der Praxis ausschließlich als Anlagegegenstand und ist im wesentlichen nur formal als gesetzliches Zahlungsmittel deklariert, um auf diese Weise den Erwerb südafrikanischen Goldes für ausländische Käufer umsatzsteuerlich attraktiver zu gestalten, als dies in Form von Goldbarren möglich wäre; BGHSt 32, 198, 200 f. Weil der Krüger-Rand im Wirtschaftsverkehr weder als Recheneinheit noch als allgemein umlauffähiges Tauschmittel genutzt werden kann und auch gar nicht genutzt werden soll, hat ihm der BGH die Geldeigenschaft im Sinne der Fälschungsdelikte (§§ 146 ff StGB) abgesprochen; BGHSt 32, 198 ff; zur Einordnung des Krüger-Rand als Ware auch H.J. Hahn Währungsrecht, 29; Mann Legal Aspect, 22 Fn 105 und 27 f. 70 Siehe beispielsweise Mandel ÖBA 14 (1966) 118; K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn F 42; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 23; vgl auch H.J. Hahn
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
15
unter denen der Euro-Dollar den sicherlich höchsten Bekanntheitsgrad genießt. Die Entwicklung des Begriffs 71 führt zurück in die Zeit des „kalten Krieges", als die Pariser Tochtergesellschaft der sowjetischen Staatsbank, die Banque Commerciale pour l'Europe du Nord, ihre Dollar-Guthaben in New York aus Furcht vor Hoheitsakten der US-Währungsbehörden dauerhaft auf außeramerikanische Geldinstitute übertrug. Der Vorgang erwies sich als bemerkenswert, weil er der damals branchenüblichen Gepflogenheit widersprach, Fremdwährungsbeträge - von vorübergehenden internationalen Kontenbewegungen abgesehen - im Heimatland der Währung auf Guthaben zu stellen. Letztlich war es die Fernschreibadresse der Pariser Tochtergesellschaft, die großen Anteil daran hatte, daß der Begriff „Euro-Dollar" zum Leben erweckt wurde. Die Fernschreibadresse lautete „EuroBank", und so setzte es sich nach und nach durch, die Dollar-Guthaben dieser Euro-Bank bei Kreditinstituten außerhalb der USA mit dem Begriff „Euro-Dollar" zu belegen; eine Entwicklung, die schnell zur gattungsmäßigen Bezeichnung all jener Dollar-Guthaben führte, die nicht in den Vereinigten Staaten gehalten werden. Entsprechend umreißt der Ausdruck „Euro-Devisen" Bankguthaben in einer Währung jenseits des Heimatlandes dieser Währung oder - aus Sicht der kontoführenden Bank formuliert - Einlagen in gebietsfremder Währung. 72 Entgegen der nur historisch erklärlichen Bezeichnung „Euro" muß es sich dabei weder um europäische Währungen noch um Kreditinstitute in Europa handeln. 73 Neben der Euro-DM, die in Zürich, aber auch bei einem Bankhaus in Sidney gehalten werden kann, sei etwa der Euro-Yen genannt, bei dem es sich durchaus um eine Einlage bei einem Kreditinstitut in Los Angeles handeln mag. 74 Unerheblich ist schließlich auch die Nationalität oder Gebietsansässigkeit des Gläubigers der Bank. 75 Die begriffliche Schärfe nimmt weiter ab, beobachtet man die Praxis der Geldwirtschaft, die Bezeichnung „Eurodollar-Markt" bisweilen unterschiedslos auf Einlagen jedweder Währung außerhalb ihres Ursprungslandes zu erstrecken. 76 Schon diese knappe Skizze verdeutlicht, daß zwar jedes Euro-Devisen-Geschäft auf eine Währung lautet, aber - da es an der Schaffung eines eigenständigen Geldsystems staatlicher Art fehlt - auf Grundeinheiten der bekannten nationalen Geldverfassungen. 77 Euro-Devisen, 9, der von dem vergeblichen Bemühen der Redaktion des amerikanischen Nachrichtenmagazins „TIME" berichtet, einen Beitrag über den Eurodollar mit der Illustration einer Banknote dieser „neuen Währung" zu versehen. 71 Ausführlich H.J. Hahn Euro-Devisen, 11 ff, 15 f. 72 Mann Legal Aspect, 62; ders SchwJblntR 36 (1980) 93, 97; Dach AJCL 19 (1971) 700, 701; H.J. Hahn Währungsrecht, 49, 51; ders Euro-Devisen, 12 f; v. Hoffmann in Soergel12, Art 34 EGBGB Rn 131; Angelika Fuchs ZVglRWiss 95 (1996) 283, 284, 287; Hening/Kübler ZBB 1995, 113, 122 und dort Fn 42; abweichende Definitionen aus ökonomischer Sicht, wie etwa bei Mandel OBA 14 (1966) 119 oder Brandes Der Euro-Dollarmarkt, 67 ff, sind kaum noch gebräuchlich. 73 Mandel ÖBA 14 (1966) 118; unklar Fögen Geld- und Währungsrecht, 37; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 Anh. I Rn 23 und K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn F 42, die von der Beteiligung zumindest einer europäischen Bank ausgehen. 74 Entscheidend ist die Belegenheit des Kontos, nicht das Personalstatut der kontoführenden Bank so daß auch bei der (rechtlich unselbständigen) Londoner Zweigniederlassung eines New Yorker Kreditinstituts ein Eurodollar-Guthaben unterhalten werden kann; vgl H.J. Hahn Euro-Devisen, 43 f. 75 H.J. Hahn Währungsrecht, 49 Fn 3. 76 H.J. Hahn Euro-Devisen, 13. 77 Die Hintergründe für das Entstehen und die rasche Expansion der Euro-Devisenmärkte seit Mitte der fünfziger Jahre sind schnell umrissen: Die Anlage von Geldern außerhalb ihres Heimatlandes dient dazu, sie dem hoheitlichen Zugriff der heimischen Rechtsordnung zu entziehen oder entzo-
16
b)
1. Teil: Grundlagen
Rechnungseinheiten
aa) Struktur und Verwendungszwecke W i e dargelegt, ist die Grundeinheit einer jeden Währung eine Rechnungseinheit, ihrer bedient sich das jeweilige staatliche Geldsystem u.a., u m wirtschaftlichen Wert zu messen u n d auszuddrücken. Der Rechtsbegriff „Rechnungseinheit" indes erstreckt sich gerade nicht auf ideelle Grundeinheiten staatlicher Geldordnungen, sondern wird in bewußter Abgrenzung zu Währungseinheiten gebraucht. Rechnungseinheiten in diesem Sinne sind M e ß g r ö ß e n und Ausdrucksmittel (Nenner) für wirtschaftlichen Wert, anhand derer der repräsentierte Wert in Währungseinheiten berechnet w e r d e n kann, die aber selbst nicht Grundeinheiten einer bestimmten staatlichen Geldordnung sind u n d damit auch nicht (unmittelbar) auf eine bestimmte Geldordnung verweisen. 7 8 Der V e r w e n d u n g v o n Rechnungseinheiten w o h n t traditionell ein valoristischer Grundgedanke inne, 7 9 läßt sich d o c h mit ihrer H i l f e wirtschaftlicher Wert in einer selbst (nach M a ß g a b e des jeweiligen Bezugsmaßstabs) wertbeständigen Größe messen und ausdrücken. D i e Wertmaßfunktion v o n Währungseinheiten hingegen ist als Folge des nominalistischen Prinzips abhängig v o m s c h w a n k e n d e n Wert der M e ß g r ö ß e selbst. N e b e n dieser klassischen Wertsicherungsfunktio n fällt Rechnungseinheiten z u n e h m e n d eine andere Aufgabe zu, nämlich die der Fixierung einheitlicher Forderungen und Verbindlichkeiten in unterschiedlichen Währungsge-
gen zu halten. Heute stehen dabei freilich andere Motive im Vordergrund, als sie die Tochter der sowjetischen Staatsbank besaß. Erstrebt wird primär die Abkopplung von nationalen Regelungen, die sich ertragsmindernd auswirken, wie Bankengesetzgebung, Mindestreservebelastung, steuerliche Maßnahmen und Beschränkungen des Kapitalverkehrs. So waren es nicht zuletzt Zinsbeschränkungen in den USA, die zu einer massiven Verlagerung von Dollar-Guthaben hin zu ausländischen Banken führten und so zur Herausbildung weitgehend ungeregelter Außengeldmärkte beitrugen, deren Geltung sich grundsätzlich allein nach Angebot und Nachfrage richtet. Als wirtschaftliche Gründe für die Expansion sind neben dem Zahlungsbilanzdefizit der USA und der wachsenden Finanzkraft der OPEC-Länder (Stichwort: „Petro-Dollar") auch die Konvertibilität weiterer Währungen neben dem US-Dollar zu nennen. Von großer Bedeutung ist ferner die Geldschöpfung als Folge des Eintausches von Fremdwährungsbeträgen bei den Zentralbanken, die sie oft ihrerseits wieder dem EuroDevisenmarkt zuführen. Wenn vor diesem Hintergrund die rechtliche Sonderstellung der EuroDevisen hervorgehoben und gar von einem „Währungsrecht" der Euro-Devisen gesprochen wird, so ist damit durchaus rechtlich Verschiedenes gemeint (etwa Maßnahmen der Bankenaufsicht, devisenrechtliche Einwirkungen auf Geldschuldverhältnisse). Und auch dort, wo es sich um Währungsrecht im hier verstandenen Sinne handelt, geht es um Normen zum Schutz der jeweils eigenen nationalen Währung aus Anlaß des Aufkommens der Euro-Devisen; erwähnt sei etwa die Differenzierung von Mindestreservesätzen nach § 16 Abs 2 S 2 BBankG oder die Bardepotregelung des § 6 a AWG; dazu HJ. Hahn Währungsrecht, 56 f; ders Euro-Devisen, 46 ff. Die sich daran anknüpfende allgemeine Rechtsfrage ist die nach der Reichweite von Regelungen des Währungsgesetzgebers und denen des Devisengesetzgebers gegenüber dem Recht, welches die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien beherrscht. Siehe dazu noch §§ 5, 6, 7. Der zweite mit Euro-Devisen verknüpfte Fragenkomplex hat seinen Schwerpunkt im Schuldrecht und zielt auf den Leistungsgegenstand der Euro-Devisenschuld. Hiervon wird auf S 51 ff die Rede sein. 78 Vgl U. Reuter Grundbuch, 47; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 Anh. I Rn 30; Bürger FS Werner, 67. 79 Nussbaum Das Geld, 90 ff; zum Gegensatz Valorismus - Nominalismus S 70 ff.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
17
bieten, 80 wie es gerade im Rahmen multilateraler Institutionen und Abkommen erforderlich ist. 8 '
bb)
Bezugsgrößen
Rechnungseinheiten lassen sich nach ihren Bezugsgrößen unterteilen. Weitgehend nur noch von historischem Interesse sind heute goldbezogene 82 und andere warenbezogene 8 ' Rechnungseinheiten. Dies gilt namentlich für die bereits erwähnte Goldmark, die in den 20er Jahren vor dem Hintergrund des Verfalls der deutschen Währung große Bedeutung erlangte. 84 Goldbezogene Rechnungseinheiten verschiedener Art (z.B. Goldfranken, Franc Pointcaré) finden sich daneben in einigen völkerrechtlichen Verträgen. 85 Von „umgekehrten Rechnungseinheiten" wird dagegen bisweilen im Zusammenhang mit den sog. „Goldwertklauseln" gesprochen. 86 Sie begründen die Verpflichtung zur Leistung von Währungseinheiten mit der Maßgabe, daß jeder Währungseinheit eine im Zeitpunkt des Vertragsschlusses definierte Gewichtsparität in Gold zugeordnet ist (1 Währungseinheit = χ Gramm Gold). Ändert sich die Parität, hat dies Auswirkungen auf den Nennbetrag der in Währungseinheiten denominierten Schuld. 87 Daraus wird mitunter ein struktureller Unterschied abgeleitet: Die Rechnungseinheit sei selbst Schuldgegenstand, die Goldwertklausel, wie die Fremdwährung bei der Valutawertschuld, lediglich Berechnungsfaktor. 88 Dies freilich beschwört Mißverständnisse herauf. Soll eine Rechnungseinheit (die betreffende Edelmetallmenge oder Buchposition) wirklich selbst den Gegenstand der Obligation bilden, dann läßt sich nur bei Anerkennung von „Verkehrsgeld" eine Zahlungsverbindlichkeit im Rechtssinne annehmen, was kaum gewollt sein dürfte. Ansonsten ist zu konstatieren, daß Währungsgeld geschuldet wird (wenn auch gegebenenfalls alternativ und mit besonderen Modalitäten) und die Rechnungseinheit lediglich der sprachlichen Vereinfachung wegen zur Kennzeichnung der Geldschuld dient. 89
80
H.J. Hahn Währungsrecht, 36. Bürger FS Werner, 67, 69 f. 82 Durch die zweite Satzungsreform des IWF wurde Gold als internationales Reservemedium abgeschafft und der amtliche Goldpreis aufgehoben; A. Weber FS Mann, 807, 825 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 76 Fn 46; H.J. Hahn FS Schnitzer, 197, 207 f; ders Währungsrecht, 36, 177 ff; seither gibt es keine Möglichkeit mehr, den Wert einer Währung am Goldwert zu orientieren. 83 Zwischen den Weltkriegen erfolgte bisweilen eine Wertmessung mit Getreide- oder Kohlemengen; Nussbaum Das Geld, 103; U. Reuter Grundbuch, 49; Mann Recht des Geldes, 100. 84 S 14. 85 Dazu Zehetner Geldwertklauseln, 54 ff; Basedow Der Transportvertrag, 416 f. 86 Zehetner Geldwertklauseln, 41 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 77; H.J. Hahn FS Schnitzer, 197, 207. 87 Gold>w«Kzklauseln dagegen hatten an sich mit umgekehrten Rechnungseinheiten von vornherein nichts zu tun. Sie begründeten die Verpflichtung zur Leistung von Geld in einer ganz bestimmten Münzsorte (unechte Geldsortenschuld); Nussbaum Das Geld, 167 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 75 f; umstritten war allerdings, ob der Goldmänzklausel zugleich eine Goldwertklausel innewohnte, was für den Fall der Unmöglichkeit, Goldmünzen zu beschaffen, die Frage der Wertsicherung aufwarf; siehe RGZ 136, 169 einerseits; Nussbaum Das Geld, 84 ff 168; ders Money in the Law, 247 ff andererseits. 88 Zehetner Geldwertklauseln, 53; vgl auch W. Braun Geldwertsicherung, 87. 89 Vgl W. Braun Geldwertsicherung, 79; zur möglichen Annahme einer Verschaffungsverpflichtung ohne Geldschuldcharakter siehe noch 51 ff. 81
18
1. Teil: Grundlagen
Ist heute von Rechnungseinheiten die Rede, so sind zumeist solche gemeint, deren Bezugsgröße durch die Summe bestimmter Anteile verschiedener Währungen definiert wird. Der Wert der Rechnungseinheit in einer beliebigen Korbwährung entspricht damit der Summe, die sich aus den Gegenwerten aller Währungsbeträge des Korbes in dieser Währung ergibt. 90 Der wirtschaftliche Grund für die Verbreitung derartiger währungskorbbezogener Rechnungseinheiten liegt in der relativen Wertbeständigkeit des Währungskorbes im Vergleich zu den einzelnen Korbwährungen (Risikostreuung). 91 Zudem haben die Parteien die Möglichkeit, den Inhalt des Währungskorbes ganz nach ihren Bedürfnissen auszugestalten, durch Auswahl der Korbwährungen ebenso wie durch Gewichtung der Währungsanteile. 92 Den Parteien steht es frei, eine währungskorbbezogene Rechnungseinheit vollständig neu zu kreieren, wie dies beispielsweise in den 70er Jahren in Gestalt der EURCO 9 3 und der IFU 94 geschehen ist. Wenn sie den mit der Erstellung eines individuellen Währungskorbes verbundenen Aufwand scheuen, können die Parteien auch auf eine der durch internationale Ubereinkommen geschaffenen währungskorbbezogenen Rechnungseinheiten Bezug nehmen. Diese bieten überdies den Vorteil, daß ihr Wert in den wichtigsten Handelswährungen täglich publiziert wird. 95 Bei Verwendung offiziell institutionalisierter Währungskörbe steht es den Parteien schließlich frei, die Rechnungseinheit statisch auf die Zusammensetzung des Korbes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu fixieren oder dynamisch auf den Korb in seiner jeweils aktuellen offiziellen Ausgestaltung zu verweisen. Letztlich handelt es sich dabei um eine Frage der Einschätzung und Verteilung des Korbänderungsrisikos. 96 Als wichtigste staatsvertraglich geschaffene Rechnungseinheiten auf Währungskorbbasis sind das Sonderziehungsrecht (SZR) des Internationalen Währungsfonds und die European Currency Unit (ECU) des Europäischen Währungssystems zu nennen. Beide erfüllen sie innerhalb ihrer Organisationen offizielle Funktionen, ihre Bezeichnung und Korbdefinition (nicht etwa die offiziell genutzten Einheiten) 97 finden jedoch in erheblichem Maße auch im privatrechtlichen Sektor Verwendung.
Sog. Standardkorb-Technik; siehe W. Braun Geldwertsicherung, 79 f; A Weber FS Mann, 807, 832. H.J. Hahn Grenzüberschreitende Finanzierungen, 9, 19; U. Reuter Grundbuch, 65; Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 30, der zugleich darauf hinweist, daß die vertragsexterne Kompensation des verbleibenden Wechselkursrisikos bei Rechnungseinheiten Schwierigkeiten bereitet; siehe zu dieser Problematik auch Baltzer Wertsicherungstechniken, 143, 146. 92 U. Reuter Grundbuch, 50. 93 Die European Composite Unit (EURCO) wurde 1973 von der EIB, der Europäischen Investitionsbank, für die Emission verschiedener internationaler Anleihen geschaffen; Einzelheiten bei Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 3 2 ; Baltzer Wertsicherungstechniken, 146, 147 f; Timmann Die Europäischen Rechnungseinheiten, 14. 94 1 9 7 5 entwickelte die Crédit Lyonnais die International Financing Unit (IFU). Wie die EURCO ist auch die IFU für den Bereich internationaler Anleihen entwickelt worden und hat sich dort wie jene nicht durchsetzen könne; siehe Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 3 4 ; Baltzer Wertsicherungstechniken, 143, 148; W. Braun Geldwertsicherung, 85. 95 Mann Legal Aspect, 119; Metren Int'l Lawyer 16 (1982) 503, 5 1 5 . 96 Siehe Baltzer Wertsicherungstechniken, 143, 151. 97 Als Halter offizieller SZR oder ECU kommen grundsätzlich nur die Mitglieder der sie tragenden völkerrechtlichen Organisationen bzw deren Zentralbanken in Frage. 90 91
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
(1)
19
Das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds
Geburtsstunde des SZR war die erste Reform des IWF-Abkommens, die am 28. Juli 1969 durch die Hinterlegung der Beitrittsurkunde Belgiens in Kraft trat.98 Zunächst noch als goldbezogene Rechnungseinheit definiert, wurde das SZR 1974 auf Währungskorbbasis umgestellt. Der Korb enthält seit Anfang 1 9 8 1 " fünf Währungen, 100 deren Auswahl und anteilige Gewichtung in einem Turnus von fünf Jahren überprüft werden. Die nächste Revision steht zum 1.1.2001 an. Das SZR, dessen Wert am 11.5.1998 DM 2,39025 betrug, sollte helfen, die weltweite Versorgung mit Währungsreserven sicherzustellen, und auf Dauer den US-Dollar und das Gold als Hauptreservemedium des globalen Finanzsystems ablösen. 101 In die Rolle des Hauptreservemediums vermochte das SZR bislang allerdings noch nicht hineinzuwachsen; 102 immerhin wurde aber mit dem SZR erstmalig in der Währungsgeschichte ein Instrument geschaffen, mit dem qua internationaler Vereinbarung gezielt Währungsreserven gebildet werden können. In den Beziehungen zwischen dem IWF und seinen Mitgliedern fungiert das SZR u.a. als (nur zum Teil mit Annahmezwang ausgestattetes) Zahlungsmittel, 103 etwa bei der Vergabe und Rückzahlung von Krediten oder bei der Entrichtung von Zinsen, Gebühren und Umlagen. 104 Der Sonderziehungsrechtsverkehr nach Art. XV f. IWF-Abkommen besteht grundsätzlich105 darin, daß die Teilnehmerländer von ihrem Recht Gebrauch machen, die ihnen vom Fonds zugeteilten SZR auf das SZRKonto eines anderen, zuvor vom IWF bestimmten (sog. Designierung) Teilnehmerlandes zu transferieren und als Gegenleistung hierfür konvertible Nationalwährung zu erhalten, um auf diese Weise Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen (Art. XIX IWF-Abkommen).10''
98
Zur Entstehungsgeschichte des Sonderziehungsrechts Walter Die Sonderziehungsrechte, 41 ff; Albrecht Sonderziehungsrechte und internationale Liquidität, 66 ff (tabellarische Ubersicht); Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 32 f. 99 Bis Ende 1980 bestand das SZR aus gewichteten Anteilen von 16 Währungen. Eine geringfügige Modifikation der Zusammensetzung erfolgte zum 1.7.1978, als die dänische Krone und der südafrikanische Rand durch den saudi-arabischen und den iranischen Real ersetzt wurden; siehe W. Braun Geldwertsicherung, 80. 100 Es handelt sich um den US-Dollar (39%), den japanischen Yen (18%), den französischen Franc (11%), das britische Pfund (11%) und die Deutsche Mark (21%); Einzelheiten zur Zusammensetzung des Währungskorbes, zur Ermittlung des SZR-Wertes und zur Verzinsung in Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 35 ff; siehe ferner die vierteljährlichen Devisenkursstatistiken der Deutschen Bundesbank. 101 Art VIII Abschn.7 und Art XXII des IWF-Abk verpflichten die IWF-Mitglieder, in ihrer Politik darauf hinzuwirken, daß das Sonderziehungsrecht zum Hauptreservemedium des Internationalen Währungssystems wird. 102 Zu den Ursachen Murphy Int'l Lawyer 23 (1989) 921 f; Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 33. Art XXX (i) des IWF-Abk unterscheidet zwischen Transaktionen und Operationen: „Unter Transaktionen in Sonderziehungsrechten ist der Tausch von Sonderziehungsrechten gegen andere Vermögenswerte zu verstehen. Unter Operationen in Sonderziehungsrechten sind andere Arten der Verwendung von Sonderziehungsrechten zu verstehen.". 104 Zinsen, Gebühren und Umlagen sind zwingend in SZR zu zahlen; Art XX Abschn. 5 IWF-Abk. 105 Das Designierungsverfahren wird mehr und mehr durch die nach Art XIX Abschn. 2 (b) des IWF-Abk zulässigen frei vereinbarten Transaktionen abgelöst; Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 35. Einzelheiten bei Walter Die Sonderziehungsrechte, 64 ff, 95 ff; der Annahmezwang des designierten Teilnehmers folgt aus Art XIX Abschn. 4 und 5 IWF-Abk.
20
1. Teil: Grundlagen
Daneben spielt das SZR im Fonds als Rechnungseinheit eine bedeutende Rolle, etwa zur Ermittlung und Bewertung von Quoten, Subskriptionszahlungen, Reservepositionen, Krediten und Einlagen.107 In Gestalt einer Rechnungseinheit hat das SZR108 mittlerweile auch in eine Reihe völkerrechtlicher Abkommen Einzug gehalten.109 (2)
European Currency Unit
Die ECU wurde am 13. März 1979 mit der Errichtung des Europäischen Währungssystems (EWS) geschaffen, 110 stellt als „Europäische Währungseinheit" den zentralen Punkt des Systems dar111 und soll dem Unionsvertrag von Maastricht zufolge mit Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) unter dem Namen „Euro" zur eigenständigen Währung avancieren.112 Seit der Korbrevision von 1989 setzt sich die ECU aus gewichteten Anteilen der Währungen aller vor 1995 beigetretenen Vertragsstaaten zusammen.113 Am 12.5.1998 belief sich der Wert einer ECU, deren Korbzusammensetzung seit dem Inkrafttreten des Maastricht-Vertrages nicht mehr periodisch überprüft wird, 114 auf 1,96696 DM. Innerhalb des EWS dient die ECU als Bezugsgröße für Operationen sowohl im Interventions- als auch im Kreditmechanismus und schließlich als Instrument für den Saldenausgleich zwischen den Währungsbehörden der Europäischen Gemeinschaft. 115 Über diese Funktionen im EWS hinaus ist die ECU an die Stelle der früheren Rechnungseinheiten getreten.116 Dagegen hat sie, wohl wegen der „Konkurrenz" durch das Sonderziehungsrecht und ihrer Beschränkung auf einen Korb europäischer Währungen, in Staatsverträgen nur vergleichsweise wenig Anklang gefunden. 117
107
H.J. Hahn Währungsrecht, 41; zu weiteren Verwendungsmöglichkeiten siehe Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 34 f. 108 Zum Begriff „Sonderziehungsrecht" (Special Drawing Right) Walter Die Sonderziehungsrechte, 57 ff. 109 Übersicht bei Gold SDR's, Currencies and Gold, Sixth Survey of New Legal Developments, 3 ff. 110 Zur Entstehung des EWS H.J. Hahn Währungsrecht, 180 ff; ders EuR 1979, 337, 338 f; als Startschuß für die ECU gilt die „Entschließung des Europäischen Rates vom 5. Dezember 1978 über die Errichtung des Europäischen Währungssystems (EWS) und damit zusammenhängende Fragen", abgedr. bei Groeben/Thiesing/Ehlermann Hdb des Europäischen Rechts, unter I A 54/42. Ziff 2.1. Satz 1 der in der vorigen Fn genannten Entschließung. 112 Art 109 1 Abs 4 S 1 des EG-Vertrages in der durch den Maastricht-Vertrag geschaffenen Fassung; die dritte und letzte Stufe der EWWU wird am 1. Januar 1999 beginnen; Art 109 Abs 3 und 4 EGV. 113 Die Währungen der drei am 1. Januar 1995 der Europäischen Union beigetretenen Länder (Schweden, Finnland, Österreich) wurden nicht in den ECU-Korb aufgenommen. Den größten prozentualen Anteil weisen die DM (30,7%), der französische Franc (19,2%) und das britische Pfund (12,3%) auf; zur Zusammensetzung im Einzelnen und zur Entwicklung seit der „Europäischen Rechnungseinheit" (ERE) siehe Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 194 ff; Strohmeyer Die Bank 1982, 224 ff. 114 Art 109 g S 1 EGV; die Ratsentschließung vom 5. Dezember 1978 hatte in Ziff 2.3. noch eine Überprüfung nach jeweils 5 Jahren vorgeschrieben. 115 Ziff 2.2. der Ratsentschließung vom 5. Dezember 1978. 116 Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 195; Siebelt/Häde NJW 1992, 10; H.J. Hahn Währungsrecht, 370; zu den einzelnen Modifikationen W. Braun Geldwertsicherung, 83 f; U. Reuter Grundbuch, 63; Köster Währungspolitiken, 8. 117 U. Reuter Grundbuch, 62; vgl ferner W. Braun Geldwertsicherung, 85 und Gold ÖZöRVR 34 (1983-1984) 117, 131.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
21
Trotz ihrer ähnlichen Struktur ist die ECU vom Privatrechtsverkehr ungleich freundlicher aufgenommen worden als das SZR. Die Bedeutung des SZR im Bereich von Finanzund Handelsgeschäften ist gering," 8 wohingegen sich die ECU mittlerweile zu einer der wichtigsten Anleihe-"Währungen" entwickelt hat. 119 Zu den Ursachen dieser Diskrepanz zählt sicher die politische Idee, die die ECU von Anfang an begleitet und ihr geholfen hat, etwaige rechtliche Hindernisse zu überwinden. Daneben haben vor allem praktische Vorteile der privaten ECU zu ihrer Verbreitung beigetragen. So erweist sich der ECUWährungskorb als vergleichsweise wertstabil, nicht nur weil Dollar-Schwankungen keine Rolle spielen, 120 sondern auch wegen der begrenzten Schwankungsbreiten der EWSWährungen selbst.121 Die 1993 beschlossene Ausweitung der Schwankungsbreiten von 2,25% auf 15% beiderseits der Leitkurse hat an der Attraktivität der ECU wenig geändert. Erstens weil die EWS-Krise Mitte 1993 schnell überwunden wurde, 122 zweitens wegen der Anstrengungen, die die Mitgliedstaaten unternommen haben, um die Konvergenzkriterien für die Teilnahme an der dritten Stufe der Europäischen Währungsunion (Art. 109 j Abs. 1 EGV) einzuhalten. Einen weiteren Grund für die Verbreitung der privaten ECU bildet das im Oktober 1986 von der ECU Banking Association (EBA) errichtete und unter Einschaltung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als Agent sowie der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) als Abrechnungszentrum betriebene Clearingsystem, durch das die Abwicklung von ECU-Transaktionen erheblich erleichtert worden ist.123 cc)
Zur Diskussion
über den Währungscharakter
von SZR und ECU
Vor dem Hintergrund der umfangreichen Verwendung von ECU zur Ausgestaltung privater Verbindlichkeiten wundert es wenig, daß damit in Deutschland erstmalig in nennenswertem Umfang die Frage diskutiert worden ist, ob denn private Schulden, die von den Parteien in einer auch offiziell genutzten währungskorbbezogenen Rechnungseinheit beziffert sind, auf eine eigene Währung im Rechtssinne lauten. Die Auseinandersetzung kreiste primär um die Genehmigungspflicht nach § 3 WährG, kann aber auch in anderen Norm-
118
U. Reuter Grundbuch, 68, 69; Gold ÖZoRVR 34 (1983-1984) 117, 155 ff. Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 197, 200; zur Entwicklung im Anleihebereich Blitz Die Bank 1992, 330 f; EckeslKlemheyer ECU - Funktion und Verwendung, 36 ff; Sager/Steimer/Vissol in ECU Institute, Legal Sc Practical Guide, Introductory Chapter 3, 1 ff. 120 Ein Vergleich der Wertentwicklung von ECU, SZR und Dollar seit 1977 bestätigt, daß SZRSchwankungen nahezu ausnahmslos mit Dollarschwankungen einhergehen, wobei natürlich die Kursabweichungen des SZR gemäßigter ausfallen; siehe Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, Schaubild 1, 198-199. 121 Einzelheiten in Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 299 ff; zur Attraktivität der privaten ECU siehe auch Hafke Verwendung von ECU, 11 f; Gleske Währungspolitische Rolle der ECU?, 11 ff. 122 Schon im Dezember 1993 befanden sich der belgische und der französische Franc wieder innerhalb der alten Bandbreiten, und auch die DM-Kurse der dänischen Krone und des irischen Pfundes zeigten bereits eine deutliche Aufwärtsentwicklung. Zum Clearingverfahren und zu den am System Beteiligten näher H.J. Hahn Währungsrecht, 372 ff; Sager/Steimer/Vissol in ECU Institute, Legal & Practical Guide, Introductory Chapter 3, 14 ff; vgl auch Swings Sparkasse 1985, 386, 390 f; Esser Die Bank 1984, 323 ff. 119
22
1. Teil: Grundlagen
zusammenhängen Bedeutung erlangen, sofern es dort auf das Tatbestandsmerkmal Währung ankommt. Die Antwort auf jene Frage nach dem Währungscharakter der ECU (wie auch dem des SZR) fällt leichter, wenn man sich vergegenwärtigt, daß viele Stellungnahmen hierzu rechtspolitisch eingefärbt waren 124 und im Zusammenhang mit der Diskussion über die „Freigabe" von Währungskorbgeschäften in Deutschland ergangen sind. Eines besonderen Tätigwerdens der Deutschen Bundesbank als Genehmigungsbehörde hätte es mit Blick auf bereits ergangene .Allgemeine Genehmigungen" 125 von vornherein nicht bedurft, wenn „ECU-Verbindlichkeiten" als Geldschulden verstanden werden könnten, die i.S.d. § 3 S. 1 WährG „in einer anderen Währung als in Deutscher Mark eingegangen" sind. Dagegen hinge die Zulässigkeit von ECU-Geschäften von einer damals noch nicht in allgemeiner Form existierenden Genehmigung nach § 3 S. 2 WährG ab, wenn und soweit man sie als wertgesicherte DM-Verbindlichkeiten betrachtete. Nachdem aber diese „Freigabe" durch die Deutsche Bundesbank im Jahre 1990 weitgehend stattgefunden hat, 126 ist es um die währungsrechtliche Einordnung der ECU merklich ruhiger geworden. Charakterisierungen der ECU als „Kunstwährung" 127 oder als „Währung eigener Art" 128 gehören der Vergangenheit an. Zu Recht, denn mit ihrer Hilfe sollte lediglich das tatsächliche Phänomen umrissen werden, daß ECU als Instrument zur Umschreibung und Abwicklung von Zahlungsverpflichtungen eingesetzt werden und damit wirtschaftlich gesehen zum Teil die gleichen Funktionen ausüben wie Währungseinheiten. 129 Darin aber erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten. ECU können Berechnungsfaktor für die Höhe einer in Währungseinheiten ausgedrückten Geldschuld sein, sie können auch im Überweisungswege die Tilgung einer solchen Geldschuld bewirken. Und wer heute noch neben staatlichem Geld die (rechtlich relevante) Kategorie des Verkehrsgeldes anerkennen will, mag in der privaten Verwendung von ECU ein aktuelles Beispiel hierfür erblicken. Eine Währung im oben beschriebenen rechtlichen Sinne ist die ECU jedenfalls nicht. Dies ergibt sich heute bereits aus Art. 109 1 Abs. 4 S. 1 EGV, dem ebenfalls das skizzierte Verständnis von „Währung" zugrunde liegt. Jede eingehendere Betrachtung muß sich zunächst vergegenwärtigen, daß offizielle Funktionen der ECU, und Gleiches gilt für das SZR, die rechtliche Einordnung der privat verwendeten Rechnungseinheiten unberührt lassen. Gewiß gibt es, von parteiautonomen Korbänderungen abgesehen, nur eine ECU und nur ein SZR. Offizieller Kreislauf und privater Kreislauf sind jedoch vollständig unabhängig voneinander, keine einzige ECU und kein einziges SZR wechselt von einem Kreislauf in den anderen über. 130 Eng limitiert ist dabei die Gruppe von Haltern offizieller ECU und SZR; zu ihnen zählen neben dem EWS bzw. dem IWF grundsätzlich allein die Mitgliedstaaten dieser Organisationen
1 2 4 Siehe etwa Harlandt ZfK 1986, 98 ff; Bofinger Sparkasse 1984, 2 9 3 f; Eicke Die Bank 1984, 166 ff; ders ZfK 1986, 9 9 4 ff. 1 2 5 Dazu näher 2 7 4 ff. 1 2 6 Mitteilung der Deutschen Bundesbank Nr 1 0 0 2 / 9 0 vom 5 . 1 . 1 9 9 0 (BAnz Nr 3 vom 5 . 1 . 1 9 9 0 ) über die Eingehung von Verbindlichkeiten, die in der Europäischen Währungseinheit ECU oder dem Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds (SZR) ausgedrückt sind. 127 Strohmeyer Die Bank 1982, 224, 225. 128 Eicke Die Bank 1984, 166.; ders ZfK 1986, 994, 996. 1 2 9 Vgl Luyckx/Ghilardi in ECU Institute, Legal & Practical Guide, Chapter 1.1., 9 f. 130 Swings Sparkasse 1985, 386, 3 8 7 ; Eckes/Kleinheyer ECU - Funktion und Verwendung, 21 ff; U. Reuter Grundbuch, 77 Fn 2 7 ; Grämlich Die ECU, 16; Godschalk ÖBA 1986, 130, 132 ff.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
23
bzw. ihre Zentralbanken. Soweit daher aus der rechtlichen Ausgestaltung offizieller E C U und S Z R - ihrer staatsvertraglich festgelegten Zahlungsmittelfunktion und ihres zum Teil bestehenden Annahmezwangs innerhalb des jeweiligen Systems - die Qualität von W ä h rungen hergeleitet wird, 1 3 1 beschränkt sich diese Einschätzung doch auf E C U und S Z R als offizielle Einheiten. Der staatliche oder besser: geldverfassungsrechtliche Charakter von E C U und S Z R geht über den satzungsmäßig definierten Bereich von E W S und I W F nicht hinaus. W a s derzeit die privat verwendeten E C U und S Z R anbelangt, die allein im Rahmen der vorliegenden privatrechtlichen Abhandlung von Interesse sind, so liegt ihnen keine staatliche bzw. im W e g e der Übertragung von Hoheitsrechten entstandene zwischenstaatliche Geldverfassung zugrunde, als deren hoheitlich bestimmte Grundeinheiten sie verstanden werden könnten. 1 3 2 Dies wird hinsichtlich der E C U , die dann E u r o heißt, erst mit Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion der Fall sein. 1 3 3 So lange fehlt es an der rechtlichen Verwirklichung eines entsprechenden währungspolitischen Willens der E U und der sie tragenden Mitglieder, so daß die Währungshoheit auch im EU-Bereich einstweilen ausschließlich bei den Mitgliedstaaten verbleibt. 1 3 4
1 3 1 Für das SZR etwa K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn F 31; für die ECU vor allem Bofinger Sparkasse 1984, 293, 294. 132 Wahlig W M 1985, 1053, 1055; ders Rechtliche Aspekte, 65, 72 f; Grämlich Die ECU, 19 f; U. Reuter Grundbuch, 76 f; Bürger Die Bank 1984, 265 f; Hafke Verwendung von ECU, 9 ff; Born ZVglRWiss 88 (1989) 433, 437; Bauer Die Bank 1987, 602, 603 f; Linden ZIP 1987, 668, 673; Ebke Internationales Devisenrecht, 2 4 6 Fn 501; Rittner Wirtschaftsrecht, 65 1 3 3 Zur Ablösung der ECU durch den Euro eingehend Schefold WM-Sonderbeilage 4/1996, 9 ff; Mayes in ECU Institute, Legal & Practical Guide, Introduction Chapter 4, 1 ff. Man mag darüber streiten, welche Bedeutung daneben dem in der währungsrechtlichen Diskussion oft hervorgehobenen Umstand (siehe etwa Bürger Die Bank 1984, 265; ders FS Werner, 67, 71 f; Wahlig W M 1985, 1053, 1055) zukommt, daß es keine auf ECU bzw SZR lautenden Geldzeichen gibt, mit denen entsprechende Verbindlichkeiten getilgt werden können. Gewiß werden weder private ECU noch private SZR von einer mit Währungshoheit versehenen Autorität in irgendeiner gegenständlichen Form emittiert. In einer Welt zunehmender Entsubstantialisierung des Geldes (siehe bereits oben Fn 51; ferner 4 7 ff sollte indes der Verkörperung von Rechnungseinheiten weniger denn je eine für die Annahme einer Währung entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Auch ist es wenig glücklich, die konstitutiven Voraussetzungen einer Währung von der heftig umstrittenen Frage nach dem Leistungsgegenstand der Geldschuld abhängig zu machen. Mag selbst noch in einer Zeit, in der Wertübertragungen zumeist durch Buchgeld erfolgen, praktisch jede Währung die Existenz von Geldzeichen voraussetzen (Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 119), so verlangt der Rechtsbegriff Währung doch nicht, daß es sich dabei um originäre Geldzeichen dieser Währung handelt; Karl Neumeyer aaO 222. In der Vergangenheit hat es durchaus Währungen gegeben, denen (zumindest zeitweise) keine auf sie lautenden Geldzeichen zugrunde lagen; Nussbaum Das Geld, 45 f; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 211, 222. Und nach der Einführung des Euro im Januar 1999 wird es für eine Übergangsphase von drei Jahren nicht anders sein: Gesetzliche Zahlungsmittel sind in diesem Zeitraum die Geldzeichen der bisherigen mitgliedstaatlichen Währungen. Siehe dazu die Verordnung (EG) Nr 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (Abi L 139/1 vom 11.5.1998), und dort Art 6, 9, 10, 11 sowie die Erwägungsgründe zu den genannten Bestimmungen. Mehr als ein Indiz bildet das Fehlen von ECU- bzw SZR-Geldzeichen daher nicht. Entscheidendes Merkmal einer Währung ist allein, daß eine Rechnungseinheit hoheitlich legitimierte Grundeinheit eines vom Träger der Währungshoheit geschaffenen Geldsystems ist; Nussbaum Das Geld, 46; Mann Recht des Geldes, 4 3 ; ders Legal Aspect, 43 f, 4 9 f. Zu Recht hat daher bereits Nussbaum Das Geld, 44 f die Trennung von Währungsgrundeinheit und Währungselementen ( = Geldzeichen) betont und innerhalb der Gruppe der Währungselemente zwischen solchen endogener und exogener Art unterschieden.
24
1. Teil: Grundlagen
Zahlungsmittelfunktionen und andere Geldfunktionen besitzen private ECU bzw. S Z R als solche im Wirtschaftsverkehr einzig qua Übereinkunft der jeweiligen Marktteilnehmer. 1 3 5 Das heißt natürlich nicht, daß Verbindlichkeiten, die von den Parteien in ECU oder S Z R beziffert werden, keine Geldschulden sein könnten, und zwar auch dann nicht, wenn man gemäß dem heute ganz herrschenden Verständnis unter Geld nur „staatliches Geld" versteht. Denn abhängig vom jeweils durch Auslegung zu ermittelnden wirklichen Parteiwillen kann ECU bzw. SZR Kurzausdruck für eine in den verschiedenen Korbwährungen entsprechend der Korbzusammensetzung geschuldete Geldsumme sein oder auch Berechnungsmaßstab für eine in einer Währung bestehenden Schuld. ECU- bzw. SZR-Schulden lauten also auf (zumindest) eine Währung, diese Währung ist aber nicht die ECU bzw. das S Z R selbst. 136 Ob derartige Verpflichtungen auch immer Geldschulden im Rechtssinne sein müssen oder ob sie statt Zahlung die „Verschaffung" eines ECU- bzw. SZR-Guthabens zum Inhalt haben (können), ist eine andere Frage, auf die unter II.4. eingegangen werden wird.
II.
Die Fremdwährungsverbindlichkeit als Geldschuld
Fremdwährungsverbindlichkeiten im hier verstandenen Sinne sind Geldschulden. Rechtsnatur und Inhalt der Geldschuld wiederum werden maßgeblich bestimmt durch ihren Leistungsgegenstand, das Geld. Es ist hier nicht der Platz, die mannigfaltigen Bemühungen um eine Definition des Geldes - sei es aus juristischer, sei es aus ökonomischer Sicht - in all ihren Einzelheiten nachzuzeichnen. Zur Präzisierung der Struktur des Untersuchungsgegenstandes genügt ein Blick auf das Geld in seiner Bedeutung für das Geidschuldrecht. Zwei Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt: Zum einen die konstitutiven Voraussetzungen der Geldschuld, die Frage also, wann eine Geldschuld in Abgrenzung zu anderen Schuldformen anzunehmen ist. Zum anderen die Problematik der Erfüllbarkeit der Geldschuld, d.h. des Inhalts der schuldnerischen Leistungsverpflichtung. Die Kernfrage beider Komplexe, welche Art Vermögensgegenstand der Geldschuldner seinem Gläubiger verschaffen muß, erfährt allerdings seit alters her unterschiedliche Antworten, wobei sich - ungeachtet vielfältiger Differenzierungen im Detail - im wesentlichen eine funktionale, eine gegenständliche und eine beide Ansätze kombinierende Betrachtungsweise herausgebildet haben.
1.
T h e s e n zur R e c h t s n a t u r der G e l d s c h u l d
Nach zunehmend verbreiteter Ansicht im Schrifttum ist die Geldschuld auf Verschaffung einer abstrakten, unkörperlichen Vermögensmacht von bestimmter rechnerischer Größe gerichtet. 137 Diese abstrakte Vermögensmacht 138 könne zwar in Geldzeichen (Geldmünzen Vgl Wahlig WM 1985, 1053, 1055; ders Rechtliche Aspekte, 65, 72 f. Vgl etwa Bürger Die Bank 1984, 265, 266; SiebeltlHäde NJW 1992, 10, 12; Wahlig Rechtliche Aspekte, 65, 74; ders Verwendung von ECU, 11 f, 17 ff; ders WM 1985, 1053, 1055 f. 1 , 7 Etwa K. Schmidt in Staudinger11, Vorbem zu § 244 Rn A 25 ff, C 7; Lorenz SchuldR I, 167; Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 443; Hösel Geldschuld, 57 f, 24 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 9 f; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 8; W. Weber in Staudinger", Vorbem zu §§ 244, 245 Rn 37; Münch Giralgeld, 163; Breunig Nichtablehnbarkeit, 8; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 4. 135 136
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
25
und Banknoten), also Sachen, verkörpert werden und sei regelmäßig auch dann geschuldet, wenn nach Parteivereinbarung oder den Umständen Geldzeichen das Mittel der Übertragung sein sollen. Von der den Leistungsgegenstand bildenden abstrakten Vermögensmacht lasse sich aber auch unabhängig von Geldzeichen Gebrauch machen, namentlich durch Verwendung von „Giralgeld". Diesem Verständnis der Geldschuld liegt typischerweise ein zweigliedriger Geldbegriff zugrunde, der zwischen Geld im gegenständlichen und Geld im funktionalen bzw. institutionellen Sinne unterscheidet, wobei im Geldschuldrecht der institutionelle Geldbegriff zur Anwendung gelangt.139 Erklärtermaßen zielt die institutionelle Kategorie darauf, den vielfältigen wirtschaftlichen Verwendungsformen und Funktionsweisen von Geldeinheiten - wo dies möglich ist - auch juristisch zu entsprechen. (Staatliches!) Geld als Institution ist nach dieser Lesart eng verwandt mit dem oben skizzierten Begriff der Währung, ohne freilich mit ihm identisch zu sein.140 Von einem eingliedrig gegenständlichen Geldbegriff ausgehend vertreten demgegenüber manche den Standpunkt, Leistungsgegenstand der Geldschuld seien Sachen, die Geldschuld ihrem Inhalt nach also Sachschuld.141 So formuliert E. Wolf,i42 eine Geldschuld sei eine Gattungsschuld mit dem Inhalt, eine Sachmenge an Geld zu zahlen, die einer bestimmten Menge von Werteinheiten entspreche. Zahlung wiederum bedeute Erfüllung der Geldschuld durch Übereignung von Geldzeichen. Nussbaumm betonte, die Abweichung der Geldschuld von Sachschulden im üblichen Sinne liege nur in der Art des Leistungsgegenstandes, nämlich der Geldzeichen. Diese würden lediglich als x-faches einer ideellen Einheit gegeben und genommen, so daß ihre physische Beschaffenheit grundsätzlich völlig belanglos sei. Und Fülbier144 schließlich folgert neuerdings aus §§ 607 Abs. 1, 935 Abs. 2 BGB, die Geldschuld stelle neben Stück- und Gattungsschuld eine dritte Art der Sachschuld dar. Die Anerkennung eines von dieser Vergegenständlichung gelösten Geldbegriffs solle den Wirtschaftswissenschaften vorbehalten bleiben. Juristisch betrachtet existiere weder abstrakter Wert noch abstrakte Vermögensmacht.145 Elemente beider Anschauungen finden sich schließlich in einer dritten Betrachtungsweise, die zwar annimmt, der Geldschuldner sei zur Übertragung abstrakter Vermögensmacht verpflichtet, jedoch diese abstrakte Vermögensmacht ausschließlich in Geldzeichen, also
1 3 8 Mißverständlich wird oftmals von abstraktem „Wert" gesprochen (etwa Martin Wolff Das Geld, 6 3 7 ; Hösel Geldschuld, 7, 57). Nur in bestimmten Fällen aber ist die Geldschuld Wertschuld, ansonsten Summen- bzw Betragsschuld (Vgl K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31, D 46: Das Prinzip der Geldsummenschuld ist Auslegungsregel). Die Geldsummenschuld richtet sich auf eine nominell festgelegte Anzahl von Währungseinheiten, deren veränderlicher Wert („Kaufkraft") für den Inhalt der Schuld unerheblich ist; Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 443. 1 3 9 Eingehend K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn A 25. 140 Κ. Schmidt in Staudinger11, Vorbem zu § 244 Rn A 18. 141 E. Wolf Schuldrecht AT, 156; Nussbaum Das Geld, 67 f; Fülbier NJW 1990, 2 7 9 7 f; Brodmann Handelsgeschäfte, 224 ff; A. Werner in Staudinger9, Vorbem 1 zu §§ 244, 245; Vorbem II 1 zu § 362; Heck SchuldR, 59; Oertmann BGB, § 243 Anm 1 b, § 244 Anm 1; Dreisbach Tilgung, 19; Frauenfelder Das Geld, 283. 1 4 2 Schuldrecht AT, 156. 1 4 3 Das Geld, 67 f. 1 4 4 NJW 1990, 2797 f. 145 E. Wolf Schuldrecht AT, 157, 158; Nussbaum Das Geld, 69.
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1. Teil: Grundlagen
Sachen, verkörpert sieht.146 Sachen seien danach zwar nicht Leistungsgegenstand der Geldschuld, ihre Übereignung bilde aber grundsätzlich das einzige Mittel zur Übertragung der geschuldeten abstrakten Vermögensmacht. 147 Dieses Verständnis der Geldschuld bezweckt - schon von seinen historischen Wurzeln her - nicht, eine vermittelnde Position zwischen den beiden zunächst vorgestellten Standpunkten einzunehmen. Sie begreift sich vielmehr als Resultat der Abkehr moderner Geldsysteme vom Substanzwert des Geldes hin zum währungsmäßig nominalistischen Wert von Papiergeld und Scheidemünzen. Eine weitergehende Funktionalisierung des Geldgebrauchs aber soll danach im Geldschuldrecht ebensowenig anerkannt werden wie nach dem hier stellvertretend mit den Namen Nussbaum und E. Wolf verknüpften gegenständlichen Geldschuldverständnis. Das Meinungsspektrum jenseits der dargestellten Thesen ist überwiegend geprägt durch terminologische Unterschiede. In sachlicher Hinsicht lassen sich Nuancierungen insofern feststellen, als es die Mittel der Wertverschaffung bei einem als unkörperlich verstandenen Leistungsgegenstand der Geldschuld anbelangt. Ob und in welcher Weise der heftig geführte Streit über das Wesen der Geldschuld sich auf die rechtliche Behandlung der Valutaschuld auswirkt, soll im folgenden erörtert werden.
2.
Die Grenze zur Valutasachschuld
a)
Konstitutive
Voraussetzungen
der
Geldschuld
Die nach dem Gesagten erforderliche Verkörperung oder jedenfalls Verkörperungsfähigkeit des Leistungsgegenstandes der Geldschuld kann im Einzelfall die Frage aufwerfen, ob nach dem Inhalt einer in Geld ausgedrückten Verbindlichkeit eine Geldschuld oder eine Sachschuld bzw., wenn man sich Nussbaum und E. Wolf anschließt, eine reine Sachschuld vorliegt, ob m.a.W. Geldzeichen als Geld oder (nur) als Sachen geschuldet werden. Über ihre begriffliche Relevanz hinaus besitzt diese Unterscheidung beträchtliche praktische Bedeutung, was nicht allein in der Zwangsvollstreckung zum Ausdruck gelangt (§§ 803 ff. ZPO bei Geldschulden; §§ 883, 884, 894 ZPO bei Sachschulden), sondern u.a. auch bei Bestimmung der Schuldwährung 148 sowie bei Erfüllung, Aufrechnung und Verzinsung. Wäre die Geldschuld durch die Verpflichtung zur Übertragung abstrakter Vermögensmacht gekennzeichnet, 149 könnten ihre Voraussetzungen stets dann nicht festgestellt werden, wenn nach Parteiabrede oder Gesetz150 Geldzeichen als solche, d.h. um ihrer Verkörperung willen, verschafft werden sollen, etwa wegen ihres Liebhaberwertes (Sondermünzen) oder zur Kapitalanlage (Goldmünzen, z.B. Krügerrand). 151 Nicht abstrakte Vermö146
Martin Wolff Ods Geld, 637; v. Gierke Deutsches Privatrecht III, 68; ganz ähnlich Kress Schuldrecht AT, 228. 147 Martin Wolff aaO. 148 Eingehend dazu 308 ff und 345 ff. 149 So die in Fn 137 genannten Autoren. 150 Die gesetzliche Kennzeichnung als „Herausgabeverpflichtung" spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Verpflichtungen zur Herausgabe von Geld können Verschaffungsschulden sein, durchaus aber auch Geldschulden; siehe einstweilen nur K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn C 3. 151 Vgl auch Nr 59 der Umsatzsteuerrichtlinien 1996 (BStBl I Sonder-Nr 4/1995): „(1) Von der Steuerfreiheit für die Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln (kursgültige Münzen und Banknoten) und für die Vermittlung dieser Umsätze sind solche Zahlungsmittel ausgenommen, die wegen ihres
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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gensmacht bildete in derartigen Fällen den Leistungsgegenstand, sondern die Sache(n) selbst. 152 Ganz ähnlich würde auf Grundlage eines Sachschuldverständnisses der Geldschuld abzugrenzen sein. Von der reinen Sachschuld unterschiede sie sich danach trotz gleichen Leistungsgegenstandes durch den Zweck der geschuldeten Übereignung: die Zahlung. Nur wenn Geldzeichen zu Zahlungszwecken, d.h. als schlechthin auf das x-fache der ideellen Grundeinheit lautende Wertsumme gegeben und genommen werden sollen, läge eine Geldschuld vor, anderenfalls - sofern nicht die Geld- bzw. Wertsumme im Vordergrund steht - eine (reine) Sachschuld. Wenngleich es also den Anschein erweckt, als erfolge die Differenzierung dort objektiv (nach der Beschaffenheit des Leistungsgegenstandes), hier hingegen subjektiv (nach dem Zweck seiner Übertragung), unterscheiden sich doch für den Rechtsanwender die maßgeblichen Kriterien nicht. Für die Auslegung einer jeden Abrede, die auf umlauffähiges Geld lautet, ist die von den Parteien gewollte Funktion der Übertragung von Geldzeichen maßgebend: Soll das Geld Gegenstand oder Mittel des Güterumsatzes sein? 153 Uneinheitlich beurteilt wird lediglich die dogmatische Einordnung der Zwecksetzung. Dort konstituiert sie den Leistungsgegenstand, hier scheidet sie rechtlich unterschiedliche Verwendungen eines Leistungsgegenstandes.
b)
Besonderheiten bei Valutaschulden?
aa) Währungsrechtlich-territoriale
Ansätze
Zu fragen bleibt, ob bei Verbindlichkeiten, die auf ausländische (d.h. auf eine andere als die deutsche) Währung lauten, in gleicher Weise zwischen Geld- und (reinen) Sachschulden differenziert werden kann wie bei Verbindlichkeiten, die in inländischem Geld ausgedrückt sind. Es müßte sich also, anders gesagt, entsprechend den oben formulierten Regeln zwischen ValutageWschulden und Valutasdcfeschulden unterscheiden lassen. Zweifel an der Übertragbarkeit der skizzierten Abgrenzungskriterien ergeben sich auf Basis der Annahme, Geldzeichen einer bestimmten Währung existierten als Geld stets nur innerhalb, nicht hingegen außerhalb des betreffenden Währungsgebietes; ausländisches Geld werde im Inland zur Ware wie auch umgekehrt inländisches Geld im Ausland. 154 Von einer derartig währungsrechtlich-territorialen Prämisse aus wäre es nur ein kleiner Schritt hin zu der Folgerung, daß die Verschaffung ausländischer Geldzeichen niemals Gegenstand einer
Metallgehaltes oder ihres Sammlerwertes umgesetzt werden. Hierdurch sollen Geldsorten, die als Waren gehandelt werden, auch umsatzsteuerrechtlich als Waren behandelt werden. (2) Die Umsätze von Goldmünzen, die in ihrem Ausgabestaat als gesetzliche Zahlungsmittel gelten, sind ... umsatzsteuerfrei... (3) Bei anderen Münzen und bei Banknoten ist davon auszugehen, daß sie wegen ihres Metallgehaltes oder ihres Sammlerwertes umgesetzt werden, wenn sie mit einem höheren Wert als ihrem Nennwert umgesetzt werden. ... (4) Das Sortengeschäft (Geldwechselgeschäft) bleibt von den Regelungen der Absätze 1 und 3 unberührt. Dies gilt auch dann, wenn die fremde Währung auf Wunsch des Käufers in kleiner Stückelung (kleine Scheine oder Münzen) ausgezahlt und hierfür ein vom gültigen Wechselkurs abweichender Kurs berechnet wird oder Verwaltungszuschläge erhoben werden". 152 Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 444; Hösel Geldschuld, 3 f. 153 Vgl H. Köhler in Staudinger13, § 433 Rn 37. 154 RGZ 96, 262, 266; Nachweise zum älteren in- und ausländischen Schrifttum bei Nussbaum Das Geld, 189 f; zum Ganzen eingehend W. Mayer Valutaschuld, 4 ff, 13 ff.
28
1. Teil: Grundlagen
Geld- sondern immer nur einer (reinen) Sachschuld sein kann, sofern der Erfüllungsort der Verbindlichkeit im Währungsinland liegt. 155 Eine solche territoriale Betrachtungsweise läßt sich zunächst nicht aus dem sog. Internationalen öffentlichen Recht ableiten. Wenn ausländisches öffentliches Recht im Inland nicht zur Anwendung gelangt, so heißt dies nur, daß jene Staats- und Verwaltungsrechtsnormen mit ihren Rechtsfolgen keine Verhältnisse des Rechts für inländische Hoheitsträger verbindlich gestalten können. 156 Das Staats- und Verwaltungsrecht der Träger deutscher hoheitlicher Gewalt ist notwendigerweise deutsches Sachrecht. 157 Es gilt das Prinzip der „introvertierten Unilateralität". 158 Dieses Prinzip aber bleibt unangetastet, wenn ausländisches öffentliches Recht lediglich zur Beurteilung der Vorfrage eines privatrechtlichen Anspruchs Bedeutung erlangt. Ganz ähnlich liegt es hier. Machen die Parteien durch Begründung einer Valutaverbindlichkeit von einem fremden Währungssystem Gebrauch, so gestalten sie den Inhalt ihres Schuldverhältnisses, insbesondere den Leistungsgegenstand, unter Bezugnahme auf ein Gefüge ausländischer Rechtssätze. Wie die Bezugnahme rechtstechnisch erfolgt, ob als kollisionsrechtliche oder als materiellrechtliche Verweisung, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. 159 Entscheidend ist, daß die Einordnung einer auf Geld lautenden Verpflichtung als Sach- oder als Geldschuld auch dann allein in den Zuständigkeitsbereich des Privatrechts fällt, wenn es um eine forumfremde Währung geht. Daß die privatrechtlichen Reflexwirkungen ausländischen öffentlichen Rechts sich möglicherweise gegenüber deutschem Recht als lex causae durchsetzen können, 160 soll nicht in Abrede gestellt werden. Gemeint sind einzelne Rechtssätze, die in international zwingender Weise den Gebrauch einer Währung regeln. Die Währung als solche bildet eine Verwaltungsinstitution, die der Träger der Währungshoheit dem Rechtsverkehr zur Verfügung stellt. Die sie konstituierenden Rechtssätze haben weder irgendeine Geltung im Raum 1 6 1 noch per se Eingriffscharakter dergestalt, daß Geldeinheiten jenseits des Währungsgebietes nicht zu Zahlungszwecken verwendet werden könnten.
bb) Der Standpunkt des deutschen Schuldrechts Vor diesem Hintergrund hat es der deutsche Richter mit einer von währungsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich unbeeinflußten Auslegungsfrage zu tun, ob und inwieweit die anwendbaren Regeln des deutschen materiellen Rechts oder Verfahrensrechts auf Geld lautende Verbindlichkeiten auch dann tatbestandlich erfassen und den dazugehörigen Rechtsfolgen unterwerfen wollen, wenn die Schuld nicht auf deutsche, sondern auf ausländische Währung lautet. 162 Das deutsche Schuldrecht 163 unterscheidet - wie dargestellt - Sachschuld und Geldschuld bei einer in Geld ausgedrückten Verbindlichkeit nach dem Zweck der Übereignung
155 156 157 158 159 160 161 162 163
So zB Hall Währungsparitätsfestsetzung, 12. Chr. v. Bar IPR I, Rn 2 4 4 ; Kropholler IPR, 138 f. Chr. v. Bar IPR I, Rn 248 ff. Siehr RabelsZ 5 2 (1988) 41, 7 4 ; siehe im Einzelnen S 104. Dazu S 101 ff. Siehe näher dazu S 115 ff. Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 1 3 0 , 2 8 4 . Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 130 f, 2 8 4 ; W. Mayer Valutaschuld, 4 ff. Zur Problematik im Vollstreckungsrecht siehe 7 3 0 ff.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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von Geldzeichen. Eine Sachschuld liegt vor, wenn es den Parteien auf bestimmte Geldzeichen um ihrer Verkörperung willen ankommt, eine Geldschuld, sofern abstrakte Vermögensmacht übertragen werden soll bzw. ein schlechthin auf das x-fache einer Währungsgrundeinheit lautender Geldbetrag. Das je nach Vorverständnis maßgebliche Charakteristikum der Geldschuld läßt sich unabhängig davon feststellen, auf welche „Verwaltungsinstitution Währung" sich der Gegenstand der Verbindlichkeit bezieht. Geldzeichen einer ausländischen Währung verkörpern ebenso abstrakten wirtschaftlichen Wert wie Geldzeichen der deutschen Währung; wie diese fungieren jene als Wertübertragungsmittel, allgemeines Tauschmittel und Wertmesser. Und mit Nussbaum schließlich läßt sich feststellen, daß ausländische Geldzeichen genau wie deutsche lediglich als x-faches der ideellen Währungsgrundeinheit gegeben und genommen werden können. 1 6 4 Anhaltspunkte für einen der Gleichbehandlung entgegenstehenden Willen des historischen Gesetzgebers sind nicht ersichtlich. Seine Zurückhaltung bei der Normierung des Geldschuldrechts beruhte auf der damaligen Vorstellung, für eine umfassende Regelung bestehe „auf dem Boden des durch die Reichsmünzgesetzgebung eingeführten gesetzlichen Währungssystemes" weder Raum noch Bedürfnis. 165 Immerhin liegt aber § 244 Abs. 1 BGB mit seiner Erwähnung der „in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschuld", die „im Inlande zu zahlen" ist, und der für zulässig erklärten Substitution des geschuldeten ausländischen Geldes durch deutsches Geld die Vorstellung zugrunde, daß es in Deutschland erfüllbare Geldschulden gibt, deren Gegenstand nicht die Deutsche Mark ist. N u n besagt zwar der Wortlaut des § 244 Abs. 1 BGB nicht zwingend etwas im Hinblick auf Geldschulden unter deutschem Recht als Schuldstatut. Denn wer § 244 Abs. 1 BGB nicht zum Schuldstatut rechnet, sondern als einseitige Kollisionsnorm für Geldschulden mit inländischem Zahlungsort begreift, 166 könnte sich theoretisch auf den Standpunkt stellen, Geldschuld sei nur die in Währungseinheiten der lex causae ausgedrückte Verbindlichkeit. 167 $ 244 Abs. 1 BGB behielte dann noch einen gewissen Anwendungsbereich, nämlich für Fälle in denen ausländisches Recht das Schuldverhältnis beherrscht. Für die genannte These spricht jedoch nichts. Im Gegenteil, es würden die gesetzgeberischen Leitmotive des § 244 BGB (Schuldnerschutz; Förderung der deutschen Währung) 1 6 8 praktisch leerlaufen, wenn Verbindlichkeiten in ausländischer Währung bei Geltung deutschen Rechts als Schuldstatut stets Sachschulden statt Geldschulden wären. 1 6 ' Vielmehr setzt deutsches Recht als Schuldstatut, welcher Natur die Verweisung auf das Währungsstatut auch immer sein mag, die Währung als eine rechtlich geregelte Verwaltungsinstitution voraus 170 und akzeptiert grundsätzlich die Möglichkeit einer funktionsadäquaten Nutzung von Geld jedweder W ä h r u n g zu Zahlungszwecken. Die verbreitete Formulierung, aus S 244 Abs. 1 BGB folge, daß Fremdwährungsverbindlichkeiten Geldschulden seien, 171 ist andererseits keine Antwort auf die Kernfrage nach der Rechtsnatur einer konkreten Verbindlichkeit. § 244 BGB setzt tatbestandlich 164 165 166
167 168
169
170
171
Nussbaum Das Geld, 188. Mugdan Materialien II, 7. Zum Streitstand 133 ff. Für das niederländische Recht ist dies etwa von Meijers vertreten worden, WPNR 1924, 169 f. Einzelzeiten siehe 470 ff und 478 ff. In diesem Sinne wohl auch Nussbaum Das Geld, 190. Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 130; d m J W 1928, 137. Etwa W. Mayer Valutaschuld, 4; Angelika Fuchs ZVglRWiss 95 (1996) 283, 302.
1. Teil: Grundlagen
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voraus, daß eine Geldschuld vorliegt, und knüpft daran die Befugnis zur währungsverschiedenen Tilgung. Wann aber eine in ausländischer Währung ausgedrückte Verbindlichkeit eine Geldschuld ist, ergibt sich nicht aus S 244 BGB, sondern ist anhand anderer Kriterien zu ermitteln. Es kommt auf den Inhalt des einzelnen Schuldverhältnisses an, welche Art Valutaleistung der Schuldner zu erbringen verpflichtet ist.172 Ausländisches Geld kann als (bloße) Sache und damit als „Ware" geschuldet sein, muß es jedoch nicht,173 mag der Erfüllungsort im Ausland oder im Inland liegen. Ist die Verschaffung ausländischen Geldes zum Zwecke der Zahlung geschuldet, steht also die Übertragung abstrakter Vermögensmacht bzw. die Bezugnahme auf das den Geldsachen zugrunde liegende System im Vordergrund, ist die Rechtsnatur der betreffenden Verpflichtung wesensgleich mit einer Zahlungspflicht, deren Leistungsgegenstand auf deutsche Währung lautet. 174 Nur wenn ausländische Geldzeichen ausnahmsweise selbst Gegenstand des Handelsverkehrs sind und nicht nur Zwischenglied beim mittelbaren Austausch von Gütern und Dienstleistungen, wenn es m.a.W. auf die Verschaffung bestimmter Geldzeichen um ihrer Substanz willen ankommt, liegt eine Valutasactachuld vor. 175 Festgestellt werden kann damit, daß sich Geldschuld und Sachschuld bei einer in ausländischer Währung ausgedrückten Verbindlichkeit nach den gleichen Maßstäben unterscheiden lassen, wie dies bei einer auf inländische Währung lautenden Verpflichtung der Fall ist. Der oben aufgestellten Definition entsprechend erweisen sich Fremdwährungsund Heimwährungsschuld lediglich als Unterarten eines einheitlichen Oberbegriffs „Geldschuld". 176 cc)
Insbesondere:
Binnenwährungsschulden
Besonderheiten können sich ergeben, wenn der Währungsstaat die Ein- und Ausfuhr von Einheiten seiner Währung (womöglich unter Strafandrohung) verbietet, wie es beispielsweise für die Geldrechtsordnungen der ehemaligen Ostblockstaaten kennzeichnend war. 177 Weil sich in solchen Konstellationen der Rücktransfer der im Währungsausland umlaufenden Geldeinheiten in den Währungsstaat als praktisch unmöglich darstellt, 178 wird die 172
Mann Recht des Geldes, 138 f; W. Mayer Valutaschuld, 4 f, 11. Mit der von E. Wolf Schuldrecht AT, 152, 155 formulierten Trennung zwischen deutschem Geld als staatlichem Geld und ausländischem Geld als Verkehrsgeld (ähnlich OLG Frankfurt/M. JW 1921, 1328 für das Vollstreckungsrecht) ist für die Belange des Geldschuldrechts nichts gewonnen. Wenn E. Wolf zur Kategorie des Verkehrsgeldes sowohl „Warengeld" - wie etwa Roggen oder Zigaretten in Zeiten des Währungsverfalls - als auch Geld ausländischer Währung jenseits der Grenzen des Währungsstaates zählt, so suggeriert dies ein Maß rechtlich erheblicher Gemeinsamkeiten in Abgrenzung zu inländischem Geld, das sich im deutschen Recht nicht feststellen läßt; krit. zu Recht Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn A 3. Im Geldschuldrecht jedenfalls steht nicht die Unterscheidung zwischen verschiedenen Währungen im Vordergrund, sondern die jeweilige Funktion der Übertragung von Geld. Diese Funktionen sind auch dann entscheidend, wenn man die Regeln über die Geldschuld nicht allein dem „Währungsgeld" vorbehalten will. 174 Bamberger Valutaschuld, 7; vgl auch Gemhuber Erfüllung, 201. 175 Mann Recht des Geldes, 138, 144. 176 Nussbaum Das Geld, 188. 177 Siehe dazu eingehend Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 91 ff; van Hecke Problèmes, 229; Neumann RPfleger 1976, 117, 118 ff; ferner W. Mayer Valutaschuld, 13 ff; Nussbaum Money in the Law, 486 f; Mann Recht des Geldes, 356 f, 384 ff. 178 Zur rechtlichen Einordnung ausländischer Transferverbote noch 600 ff. 173
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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Auffassung vertreten, daß eine Verbindlichkeit, die in Geld einer derartigen „Binnenwährung" ausgedrückt und jenseits des Währungsstaates zu erfüllen ist, unter deutschem Recht als Schuldstatut keinen Geldschuldcharakter besitzt. 179 Beigepflichtet werden kann dieser Betrachtungsweise jedenfalls dann nicht, wenn Geldeinheiten des Währungsstaates außerhalb seiner Grenzen in erheblichem Maße zirkulieren und vom Verkehr als Geld be- und gehandelt werden. 1 8 0 Das Faktum, mit dem sich das deutsche Schuldrecht konfrontiert sieht, ist das zweier getrennter Geldkreisläufe mit verschiedenen Wechselkursregelungen. M a n mag in diesem Zusammenhang ein inneres und ein äußeres Währungssystem unterscheiden 181 oder gar zwischen Währungsgeld und Verkehrsgeld trennen - abhängig davon, ob der ausländische Währungsstaat extern umlaufendes Geld demonetisiert 182 und in welcher Weise derartige Maßnahmen für den deutschen Richter beachtlich sind. 183 Das eigentliche Problem der Binnenwährungsschulden ist nicht die Geldschuldqualität, sondern die Erfüllbarkeit. Jenen Autoren, die zwischen „Binnenwährung" und „Außenwährung" differenzieren, geht es denn auch im wesentlichen um einen Beleg für die These, daß Geldschulden in Binnenwährung nicht zum Nennbetrag mit Einheiten des Geldes getilgt werden können, das außerhalb des Währungsstaates umläuft. Von besonderer Relevanz war dies für die Vollstreckung aus DDR-Unterhaltstiteln in der Bundesrepublik, bei der sich die Frage stellte, ob der sog. „Wechselstubenkurs" (etwa 1 D M : 4 D D R - M ) oder der „Zwangskurs" des Ostens (1 : 1) maßgeblich sein sollte. 184 Für die Abgrenzung zwischen Geldschuld und Sachschuld jedenfalls kommt es auf Basis des deutschen Schuldrechts auf die Ausgestaltung des jeweiligen Währungssystems nicht an.
c)
Valutaschuld und Geldsortenschuld
Aus den vorstehenden Überlegungen heraus beantwortet sich zugleich die Frage nach der Einordnung der in ausländischer Währung ausgedrückten Verbindlichkeiten in die Kategorie der Geldsortenschulden, die vor allem im älteren ausländischen Schrifttum als Ausweg aus dem Antagonismus Geldschuld - Sachschuld diskutiert wurde. 185 Aber auch in der deutschen Rechtsprechung der Nachkriegszeit findet sich die These, es liege stets eine Geldsortenschuld vor, wenn der Gegenstand der Schuld in ausländischer Währung ausgedrückt ist. 1 8 6 Einer Erläuterung bedarf in diesem Zusammenhang zunächst der Begriff „Sorte". Im deutschen Schuldrecht kommt ihm eine andere Bedeutung zu als in der Bankpraxis. 1 8 7 W. Mayer Valutaschuld, 13. Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 90 f. 181 Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 92 ff. 1 8 2 Etwa Nussbaum Money in the Law, 4 6 8 ; Neumann RPfleger 1976, 117, 118. 1 8 3 Vgl Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 93 f, der die „territoriale Ausgestaltung" einer Geldrechtsordnung über das Währungsstatut anknüpfen will. Zu Begriff und Inhalt des Währungsstatuts noch unten § 5. 1 8 4 Siehe zum Problem weiter S 338 ff und S 763 ff. 1 8 5 Nachweise bei Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 130 f und dort Fn 10. 1 8 6 LG Frankfurt/M. NJW 1956, 65, 66. 1 8 7 So heißt es unter dem Stichwort „Sorten" etwa bei Bäschgen Das kleine Börsen-Lexikon, 643: „Ausländische Banknoten und Münzen, dh Bargeld; auf ausländische Währung lautende Sorten sind Gegenstand des Geldwechselgeschäfts der Banken"; siehe ferner Lipfert Zahlungsverkehr, 19; ders 179 180
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1. Teil: Grundlagen
N i c h t Geldzeichen unterschiedlicher Währungen oder auch nur solche anderer Währungen als der Deutschen Mark sollen mit d e m Rechtsbegriff Sorte voneinander getrennt werden, sondern Gattungen von Geldzeichen (z.B. bestimmte Münzen) in Abgrenzung zu anderen Geldzeichen einer Währung. 1 8 8 Französisches Geld bildet keine andere Sorte Geld als spanisches Geld; 1 8 9 unter den Begriff „Sorte" fallen vielmehr deutsche Fünfmarkstücke ebenso wie norwegische Hundertkronenscheine oder englische Einpfundnoten. Die Verpflichtung zur Verschaffung ausländischer Geldzeichen einer bestimmten Sorte kann sich als „echte" oder als „unechte" Geldsortenschuld erweisen. 1 9 0 Die sog. echte Geldsortenschuld hat einzelne Geldzeichen als individuelle Sachen oder eine Anzahl Geldzeichen einer ganz bestimmten Sorte zum Inhalt und ist damit (reine) Sachschuld, 191 niemals aber Fremdwährungsverbindlichkeit. 1 , 2 Die sog. unechte Geldsortenschuld dagegen, v o n der S 2 4 5 BGB spricht, ist eine Geldschuld mit der Zusatzvereinbarung, daß die Schuld in bestimmten Geldsorten beglichen werden soll. 193 Praktische Bedeutung besaß die unechte Geldsortenschuld, solange Geldzeichen umliefen, deren Edelmetallwert ihrer Kaufkraft und ihrem Zahlungswert entsprach. 194 Die Vereinbarung einer Sortenklausel (etwa einer Goldmünzklausel) 1 9 5 erfüllte damit nicht selten Werterhaltungsfunktionen, 1 9 6 o b w o h l sie mangels Einfluß auf den Nennwert der Forderung nicht als Wertsicherungsklausel betrachtet wurde. 1 9 7 Da es sich ungeachtet mancher Elemente der (reinen) Sach-
Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 17; Würdinger/Röhricht in Großkommentar-HGB 3 , Vor § 373 Anm 24; Bärmann/Brink/Scheerer Europäisches Geld-, Bank- und Börsenrecht I, 187. 188 OLG Düsseldorf WM 1988, 558, 559; K. Schmidt in Staudinger 11 , § 244 Rn 10, § 245 Rn 7; Nussbaum Das Geld, 81; Martin Wolff Das Geld, 645 f; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 130 f; unklar Alff in RGRK-BGB, § 245 Rn 2 und 3, bei dem es den Anschein hat, als sollten Fremdwährungen schlechthin dem Begriff der „Sorte" unterfallen. 189 Wirtschaftliche Begriffskategorien dieser Art mögen der Annahme zugrunde liegen, der Geldschuldner sei primär zur Verschaffung von Geld als solchem verpflichtet, der währungsmäßigen Ausprägung dieses Geldes komme nachrangige Bedeutung zu. Hierbei wird verkannt, daß die Verweisung auf eine bestimmte Währung zum konstitutiven Inhalt einer jeden Geldschuld gehört, eine Geldschuld also ohne Bezug zu einer Währung nicht existiert; Karl Neumeyer IntVerwR ΙΙΊ/2, 133. Zur Gesamtproblematik, die sich vor allem in der prozessualen Behandlung der Valutaschuld äußert, S 700 ff. 190 Wie schon bei der Einordnung von Fremdwährungsverbindlichkeiten findet sich auch im Falle der Geldsortenschuld alternativ zu „echt-unecht" das Begriffspaar „eigentlich-uneigentlich"; vgl etwa Alff in RGRK-BGB, § 245 Rn 1 ff; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 18; Hösel Geldschuld, 4; krit. zu diesen hergebrachten Terminologien Κ Schmidt in Staudinger 13 , § 245 Rn 3; vgl ferner W. Weber in Staudinger 11 , § 245 Rn 1 und 2, der die unechte bzw uneigentliche Geldsortenschuld auch als „qualifizierte" Geldsortenschuld bezeichnet. 191 Alff in RGRK-BGB, § 245 Rn 2; W. Weber in Staudinger 11 , § 245 Rn 3; Gemhuber Erfüllung, 199 f. 192 K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 10. 193 Mugdan Materialien II, 8; v. May dell in MünchKomm-BGB 3 , § 245 Rn 2; K. Schmidt in Staudinger 13 , § 245 Rn 3; Hösel Geldschuld, 5 f; Gernhuber Erfüllung, 200. 1 Fögen Geld- und Währungsrecht, l l l f ; heute wird über eine analoge Anwendung des § 245 BGB diskutiert, sofern die Parteien Zahlung in einer bestimmten Buchgeldform („Sorte") vereinbart haben; ist diese Zahlungsweise objektiv unmöglich geworden, soll sich die Verbindlichkeit in eine normale Geldschuld verwandeln; dafür Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 52; dagegen Baumbach/Hopt HGB, § 361 Rn 3. 195 Eingehend dazu W. Weber in Staudinger 11 , § 245 Rn 28 ff. 196 Fögen Geld- und Währungsrecht, 112. 197 Siehe nur K. Schmidt in Staudinger 13 , § 245 Rn 21.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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schuld 198 bei der unechten Geldsortenschuld um eine Geldschuld handelt, ist sie Fremdwährungsverbindlichkeit, sofern zur Vereinbarung einer fremden Währung die Abrede einer bestimmten Sorte dieser Währung hinzutritt. 199 Die Rechtsfigur der Geldsortenschuld besitzt somit für die Charakterisierung der in ausländischer Währung ausgedrückten Schuld keinerlei Relevanz. Fremdwährungsverbindlichkeiten müssen durchaus nicht einer der beiden Typen der Geldsortenschuld zugehörig sein. 200 Sie sind entweder Geldschuld oder Sachschuld und als solche nur möglicherweise unechte oder echte Geldsortenschuld. Exakt diese Differenzierung ist indes auch bei Schulden in inländischer Währung zu treffen. Welcher Schuldtyp im Einzelfall vorliegt, ist im Wege der Auslegung des Schuldverhältnisses zu ermitteln. 201 Für die bei dieser Auslegung heranzuziehenden Kriterien spielt die Währung des Schuldverhältnisses keine Rolle. Bedeutung für die in ausländischer Währung ausgedrückte Schuld kann die Geldsortenschuld zwar erlangen, allerdings in gänzlich anderem Zusammenhang als dem hier besprochenen. Steht im konkreten Fall fest, daß eine Fremdwährungsverbindlichkeit unechte Geldsortenschuld ist, so beeinflußt dieser Umstand die weitere Auslegung der Schuld. Die Vereinbarung, daß die Valutaschuld in einer bestimmten Geldzeichensorte der vereinbarten Währung zu erfüllen ist, enthält typischerweise den Ausschluß der Substitutionsbefugnis nach § 244 Abs. 1 BGB, weil die Zahlung in ausländischer Währung als „ausdrücklich bedungen" anzusehen ist.202 Oder pointierter formuliert: Soweit es um ausländisches Geld geht, ist die unechte Geldsortenschuld im Zweifel echte Valutaschuld. 20 '
d)
„Geldumtausch"
aa) Betrachtungen vom Ort des Leistungsaustausches Wiewohl sich im deutschen Schuldrecht Valutageldschuld und Valutasachschuld dogmatisch klar voneinander trennen lassen, bereitet nicht selten die Einordnung solcher Verbindlichkeiten Probleme, die der wechselseitigen Hingabe beliebiger umlauffähiger Zahlungsmittel unterschiedlicher 204 Währungen zugrunde liegen. 205 198
Dazu K. Schmidt in Staudinger13, § 245 Rn 10; Nussbaum Das Geld, 82 ff. Nussbaum Das Geld, 188; daß auch § 245 BGB tatbestandlich nicht nach Schuldwährung und Herkunft der zur Tilgung bestimmten Geldsorte differenziert, ist allgemein anerkannt; Mugdan Materialien II, 8; v. May dell in MünchKomm-BGB3, § 245 Rn 3; Alff in RGRK-BGB, § 245 Rn 3; W. Weber in Staudinger11, § 245 Rn 2; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 10, § 245 Rn 8; aA soweit ersichtlich nur E. Wolf Schuldrecht AT, 152 unter Bezugnahme auf seine Differenzierung zwischen staatlichem Geld und Verkehrsgeld (dazu oben Fn 173), im übrigen aber ohne Begründung. 200 Die fehlerhafte Entscheidung des OLG Frankfurt/M. in NJW 1956, 65 f beruht auf einem unzutreffenden, nämlich banktechnischen Verständnis des Rechtsbegriffs Sorte iSd § 245 BGB. 201 Im Zweifel ist eine unechte Geldsortenschuld verabredet; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 18, 55. 202 K. Schmidt in Staudinger", § 244 Rn 10, § 245 Rn 11; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 267; wohl auch Esser/E. Schmidt SchuldR 1/1, 233; aA offenbar Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 18; unzutr. seine weitere These (aaO) wenn eine Zahlung in fremdem Geld ausdrücklich bedungen sei, liege eine eigentliche Geldsortenschuld vor, die keine Geldschuld darstelle. 203 Zur Auslegung von Effektivklauseln im übrigen S 503 ff. 204 Das „Wechseln" von Geldzeichen derselben Währung ist unproblematisch als Tausch zu qualifizieren, sofern beiderseits insgesamt der gleiche Nennwert geleistet wird, es also nicht um den Erwerb 199
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1. Teil: Grundlagen
Die Qualifizierung als Kauf, Tausch oder Vertrag sui generis 2 0 6 ergibt sich überwiegendem Verständnis zufolge unmittelbar aus dem Geld- oder Sachschuldcharakter der jeweiligen nach dem Parteiwillen begründeten primären Leistungspflichten. 2 0 7 Beabsichtigen die Parteien, Geldzeichen einer Währung gegen Geldzeichen einer anderen Währung „einzutauschen", soll jedenfalls dann ein Sachkauf anzunehmen sein, wenn eine der Währungen am Ort des Leistungsaustausches Landeswährung ist. Die in Landeswährung zu erbringende Geldleistung sei in diesem Falle Gegenstand einer Geldschuld und damit Kaufpreis, die Gegenleistung in Auslandswährung Inhalt einer Sachschuld, also Kaufsache. 2 0 8 N a c h anderer Auffassung ist kein (bloßer) Sachkauf anzunehmen, sondern Sach- und Rechtskauf zugleich. 2 0 9 Rechtsfolgeabweichungen ergeben sich jedoch im wesentlichen in Fällen der
eines Sammlerstücks o.ä. geht; siehe nur Koch ÖBA 1985, 303, 306 f; Huber in Soergel 12 , § 433 Rn 44. Eine Fremdwährungsverbindlichkeit kann in derartigen Fällen also nicht in Betracht kommen. 2 0 5 Ist die individuelle oder gattungsmäßige Beschaffenheit von Geldzeichen entscheidend, verhält es sich unproblematisch. Mit Ausnahme des (seltenen) Falles der unechten Geldsortenschuld liegt stets eine Sachschuld vor. 2 0 6 Bei Sortengeschäften mit deutschen Kreditinstituten können vorformulierte Geschäftsbedingungen Bedeutung erlangen. Es handelt sich um Nr 5 der Sparkassen-Sonderbedingungen für Geschäfte in Wertpapieren, Devisen und Sorten sowie um Nr 35 der Banken-AGB aF, die ungeachtet der Neufassung 1993 einstweilen weitergilt (siehe Baumbach/Hopt HGB, AGB-Banken, Einl Rn 2). Den genanten Bestimmungen zufolge führt das Kreditinstitut Aufträge zum Kauf und Verkauf von Devisen und Sorten als Kommissionär durch Selbsteintritt aus, ohne dai? es einer ausdrücklichen Erklärung gemäß § 405 HGB bedarf; anderenfalls tritt das Kreditinstitut als Eigenhändler auf. 207 Mann Recht des Geldes, 144 f; JC Schmidt ZZP 98 (1985) 32, 34; Karl Neumeyer J W 1928, 137; Fögen Geld- und Währungsrecht, 112. 208 K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 12; Nussbaum Das Geld, 201 f; ders J W 1925, 1986; Maier-Reimer N J W 1985, 2049, 2 0 5 0 ; Huber in Soergel 12 , § 433 Rn 44. 209 Würdinger/Röhricht in Großkommentar-HGB 3 , Vor § 373 Anm 24, 26; H.P. Westermann in MünchKomm-BGB 3 , § 4 3 7 Rn 14, 15; Putzo in Palandt, § 4 3 7 Rn 16; R.H. Mezger in RGRK-BGB, § 4 3 7 Rn 13; Ballerstedt in Soergel 10 , § 4 3 7 Rn 19. Den Hintergrund dieser Einordnung bildet die Annahme, Banknoten seien nicht allein Zahlungsmittel, sie erfüllten vielmehr daneben auch die Merkmale von Inhaberschuldverschreibungen; dafür ferner Brüggemann in Staub 12 " 3 , HGB, § 381 Rn 8; Enneccerus/Nipperdey BGB AT/1, 780, 791. Indes wurde in Deutschland bereits 1914 die Pflicht der Reichsbank, Banknoten gegen Goldmünzen einzulösen, aufgehoben (§ 2 des Gesetzes vom 4.8.1914, RGBl, 3 4 7 ; durch Gesetz vom gleichen Tage fiel die Einlösungspflicht für Scheidemünzen fort, RGBl, 326) und nur zwischen 1930 und 1939 in stark eingeschränktem Umfang wieder in Kraft gesetzt; zur Entwicklung eingehend Häde Geldzeichen, 151 ff. Für die Geldzeichen der Bundesrepublik hat es eine Einlösungspflicht nie gegeben (Häde Geldzeichen 157 ff; siehe ferner Grämlich BBankG , § 14 Rn 10; H. Köhler in Staudinger13, § 4 3 7 Rn 46; Marburger in Staudinger13, Vorbem zu §§ 793-808 a Rn 4 8 ; Huber in Soergel 12 , § 433 Rn 4 4 und § 437 Rn 56 f), und auch in ausländischen Geldsystemen moderner Prägung dürften sie kaum noch existieren; Huber in Soergel 12 , § 4 3 7 Rn 57. Von einem urkundlich verbrieften Leistungsversprechen iSd § 793 BGB kann mithin keine Rede sein. Ansprüche gegen Bundesbank oder Bundesregierung bestehen nur noch insofern, als zur Einziehung aufgerufene, außer Kurs gesetzte und beschädigte Geldzeichen gegen neue eingetauscht werden können (SS 14 Abs 3, 3 S 2 BBankG, 9, 10 Abs 1 MünzG); siehe dazu BVerwG NJW 1994, 954. Zur Annahme einer Inhaberschuldverschreibung führen derartige Ansprüche jedoch nicht. Denn der Emittent von Geldzeichen begründet lediglich den Status bestimmter beweglicher Sachen als Geld, eine darüber hinausgehende Leistung verspricht er nicht. Der Anspruch auf Umtausch bei Einziehung und Außerkurssetzung beruht auf Gesetz. Und das Umtauschrecht im Falle der Beschädigung dient dazu, die Umlauffähigkeit der Geldzeichen aufrechtzuerhalten, hat aber ebensowenig wie bei S 798 BGB etwas mit einem verkörperten Leistungsversprechen zu tun. Schließlich rechtfertigt auch die
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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Falschgeldhingabe; 2 1 0 Kaufgegenstand und Kaufpreis sollen beim „Geldumtausch" ebenfalls nach territorialen Gesichtspunkten unterschieden werden. 2 1 1 Die Rechtsprechung hat die Frage nach dem Haftungsregime beim Umtausch von Geldzeichen unterschiedlicher Währung nicht immer eindeutig beantwortet, allerdings durchgängig die beschriebene Verteilung der Rollen von Verkäufer und Käufer, d.h. von Verschaffungsschuldner und Geldschuldner zugrunde gelegt. In R G Z 1 0 8 , 2 7 9 ff. etwa hatte der Beklagte bei dem klägerischen Kreditinstitut in Deutschland zwei gefälschte Fiinfzigdollar-Noten in deutsches Geld umgewechselt. Das Reichsgericht betrachtete die Verpflichtung des Beklagten als Stückschuld, ordnete die Abrede als Verkauf der Dollarnoten ein und wandte Sachmängelgewährleistungsrecht an. Dementsprechend erkannte es der Klägerin einen Anspruch aus Wandlung auf Rückerstattung des Empfangenen nebst Nutzungen zu. Auch in späteren Entscheidungen deutscher Gerichte wurde der Geldumtausch immer wieder als Kauf charakterisiert, bei dem die Landeswährung Kaufpreis und die Auslandswährung Kaufgegenstand sei. 212 W e r sich in Deutschland am Schalter einer Bank Peseten gegen Hingabe von D M aushändigen läßt, soll demzufolge spanische Geldzeichen kaufen. 2 1 3 Entsprechend stelle die Umwechslung von D M gegen luxemburgische Francs einen Kauf deutscher Geldzeichen dar, wenn das Geschäft bei einer Bank in Luxemburg abgewickelt werde. 2 1 4 Rechtfertigen läßt sich diese verbreitete Kategorisierung der wechselseitigen Hingabe von Geldzeichen unterschiedlicher Währungen 2 1 5 gewiß nicht mit der oben behandelten Existenz eines Passivpostens „Banknotenumlauf" in der Bilanz der Deutschen Bundesbank nicht die Annahme einer Verbindlichkeit. Zum Ganzen eingehend Häde Geldzeichen, 157 ff; v. Stebut Jura 1982, 561, 563 ff; im Erg ebenso Häde, Grämlich, H. Köhler, Marburger und Huber (alle aaO); ferner Fögen Geld- und Währungsrecht, 17; H.J. Hahn Währungsrecht, 75 f; Schönte Bank- und Börsenrecht, 394. 2 1 0 Zur Problematik siehe Herold BankArch 24 (1924/25) 338 ff und v. Caemtnerer in FS Martin Wolff, 3, 10 Fn 23. 211 H.P. Westermann in MünchKomm-BGB 3 , Vor § 433 Rn 20. 2 1 2 Etwa OLG Köln ZIP 1991, 922: „Umtausch" abgewerteter jugoslawischer Dinar gegen DM bei einer Bank in Deutschland; ferner OLG Königsberg J W 1924, 1382: Einwechslung einer englischen 20-Pfundnote in Königsberg. 2 1 3 Siehe auch R G Z 108, 3 1 6 : Aushändigung tschechoslowakischer Kronennoten; RG J W 1923, 176: Erhalt englischer Pfundnoten aufgrund Sortengeschäfts an der Kölner Börse. 2 1 4 RG J W 1925, 1986. Im konkret entschiedenen Fall ließ der Kunde sich 22.000 Reichsmark auf einem speziellen Konto bei einer luxemburgischen Filiale seiner deutschen Bank gutschreiben; hierfür belastete die Bank sein Frankenkonto mit 12.500 Lfrs. Über das Reichsmark-Guthaben sollte der Kunde erst nach Ausgleichung des Franken-Kontos verfügen dürfen. Wegen des Verfalls der deutschen Währung hing der Wert der Kundenforderung davon ab, ob eine richterrechtliche Aufwertung nach § 2 4 2 BGB in Betracht kam. Das RG lehnte dies ab, weil die Verbindlichkeit der Bank keine Geld-, sondern eine Sachschuld darstelle. Krit. zu dieser Entscheidung W. Mayer Valutaschuld, 12; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 12. 2 1 5 In KG J W 1926, 2 0 0 2 hatte eine Russin von einem Landsmann in Moskau 9500 Dollar mit der Maßgabe erhalten, daß sie ihm eine gleichlautende Summe auf ein New Yorker Konto überweisen sollte. Das Geschäft diente beiden Parteien dazu, ihre Ausreise aus Rußland unter Umgehung der russischen Devisenbestimmungen vorzubereiten. Das Kammergericht betrachtete die Abrede auf Grundlage deutschen Rechts als einen Kauf der Dollarnoten, was nach dem mitgeteilten Sachverhalt nicht überzeugen kann. Auch ein Darlehen dürfte zu verneinen sein; W. Mayer Valutaschuld,13; unzutr. Dorenberg J W 1926, 2002, der von einer „Devisenleihe" spricht. Am nächsten liegt wohl die Annahme eines unentgeltlichen Geschäftsbesorgungsverhältnisses, bei dem die Dollarnoten als Sachen
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1. Teil: Grundlagen
These, daß Geldzeichen außerhalb des betreffenden Währungsgebietes nur Gegenstand einer Sach- nicht aber einer Geldschuld sein könnten. 2 1 6 Ebensowenig ließe sich die umgekehrte Überlegung rechtfertigen, die Pflicht zur Verschaffung inländischer Geldzeichen sei stets Geldschuld, niemals aber (reine) Sachschuld und damit niemals Verkäuferobligation. 2 1 7 Entscheidend ist in jedem Fall der Inhalt der konkreten Parteiabrede. Auf die Auslegung der dem Geldumtausch zugrunde liegenden Parteiabrede aber könnte der Erfüllungsort der beiderseitigen Leistungsverpflichtungen durchaus von Einfluß sein.
bb) Geschäftsbezogene Kriterien Die skizzierte Konzeption ist nicht ohne Kritik geblieben, und zwar auf Grundlage spezifisch geldrechtlicher Erwägungen. Argumentiert wird, beim „Geldumtausch" komme es beiden Seiten auf die Geldeigenschaft (sei es abstrakte Vermögensmacht, sei es das x-fache einer ideellen Einheit) der begehrten Geldzeichen an. Vom Begriff der Geldschuld seien aber nur Verbindlichkeiten auszuschließen, bei denen das Geld nicht um seiner Geldeigenschaft willen geschuldet werde. 2 1 8 Nur unzureichend erkennbar sind jedoch bisweilen die Rechtsfolgen, die sich aus diesem Verständnis der Geldschuld ergeben. W. Mayer meinte, beim „Geldumtausch" könne gleichwohl ein Kaufvertrag angenommen werden, wenn auf einer Seite die Sacheigenschaft der Geldzeichen so sehr in den Vordergrund rücke, daß die meisten Geldvorschriften fortfielen und die Schuld deshalb im wesentlichen als Sachschuld zu behandeln sei. 219 Das bedeutet offenbar, daß auch die Pflicht des Käufers als genuine Geldschuld in Betracht kommen soll. Das Abgrenzungsproblem wird damit auf eine andere Ebene verschoben. Nicht Geld- oder Sachschuld entscheiden beim Geldumtausch über Kauf oder Verkauf, sondern die Charakteristika einer jeden der beiden sich gegenüberstehenden Geldschulden. Arend konzentriert seine Darlegungen auf den Fall, daß eine Bank in Deutschland ihrem Kunden ausländische Geldzeichen gegen Hingabe von D M überläßt. 220 Weil das ausländische Geld in gleichem Maße Zahlungsmittel sei wie das inländische, handele es sich bei der Verpflichtung der Bank um eine Geldschuld. 221 Bei einer Falschgeldlieferung durch die einwechselnde Bank seien statt des Gewährleistungsrechts die Regeln der Geldschuld über Unmöglichkeit und Verzug anzuwenden. Der Umstand jedoch, daß die Zahlungsmittelfunktion, d.h. die Geldeigenschaft umlauffähiger Geldzeichen von Währungsgebietsgrenzen unbeeinflußt bleibt, hat nicht zur Folge, daß jeder Übertragung von Zahlungsmitteln auch eine Geldschuld zugrunde liegt. Ebensohingegeben wurden und die Vertragspartnerin sich zur Begründung einer Buchgeldforderung gegenüber einer amerikanischen Bank verpflichtete. 216 Siehe S 27 ff. 2,7 So aber in der österreichischen Literatur Bydlinski in Klang/Gschnitzer ABGB IV/2, 107, der dies aus der vom Gesetzgeber vorgenommenen Unterscheidung zwischen Kauf und Tausch herleitet; dagegen zutr Koch ÖBA 1985, 303, 306 unter Hinweis auf den Erwerb von Sammlermünzen, die auch als gesetzliche Zahlungsmittel Verwendung finden können. 218 W. Mayer Valutaschuld, 11 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 46; unklar Fülbier NJW 1990,2797. 219 W. Mayer Valutaschuld, 11 f. 220 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 46. 221 Wie die Schuld des Bankkunden einzuordnen ist, bleibt ebenso unbeantwortet wie die Charakterisierung des Vertrages. Die AGB der deutschen Banken und Sparkassen werden nicht berücksichtigt. Konsequent wäre es, einen Vertrag sui generis mit einander gegenüberstehenden Zahlungsverpflichtungen anzunehmen.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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wenig k o m m t es beim „Geldumtausch" für die Annahme einer Geldschuld darauf an, ob Geldzeichen gerade ihrer Qualität als Zahlungsmittel wegen gegeben und genommen werden sollen bzw. ob der Gläubiger erkennbar beabsichtigt, die Geldzeichen als Zahlungsmittel weiterzuverwenden. Entscheidend ist nach deutschem Schuldrecht vielmehr, ob der Leistungsvorgang selbst als Zahlung charakterisiert werden kann. 2 2 2 Nicht (allein) der Leistungsgegenstand, sondern (auch) der Leistungsvorgang prägt das Wesen der Geldschuld. Bei der Hingabe von Geldzeichen ist eine Zahlung zwar regelmäßig bereits dann anzunehmen, wenn es den Parteien auf die Geldeigenschaft der Banknoten und Geldmünzen ankommt. Nicht immer jedoch entscheidet die parteiautonom in den Vordergrund gerückte Zahlungsmitteleigenschaft der Geldzeichen über das Kriterium der Zahlung. Sehr plastisch differenzierte etwa § 53 des Reichsausgleichsgesetzes 223 zwischen Verpflichtungen „zu einer Zahlung in ausländischer Währung" und Verpflichtungen „zur Lieferung ausländischer Zahlungsmittel". Nussbautn bezeichnete die letztgenannte Verpflichtung dementsprechend als „Zahlungsmittelschuld", 2 2 4 und bei Fögeti ist von einer Geldverschaffungsverpflichtung die Rede. 225 Tatsächlich gibt es im deutschen Schuldrecht keinen Grund zu der Annahme, Geldzeichen könnten, wenn sie um ihrer Zahlungsmitteleigenschaft willen übertragen werden sollen, von den Parteien nicht wie jedes andere Vermögenswerte Gut auch zum Gegenstand einer Verschaffungsverpflichtung gemacht werden und damit den Regeln über die Sachschuld unterworfen sein. Die Gegenmeinung ist bei der Interpretation der Geldschuld zu sehr dem Begriff des Geldes (oder besser noch: dem des Zahlungsmittels) verhaftet. Auch gerät sie in dogmatische Schwierigkeiten, wenn sie beim „Barumtausch" individualisierter Geldzeichen Geldschuldner- und Verkäuferpflichten zu vereinen sucht, was offenkundig nur gelingt, wenn die Geldschuldregeln nicht angewandt werden. Dem Vorgang der Hingabe umlauffähiger Geldzeichen kann folglich unter zwei Gesichtspunkten eine Sachschuld zugrunde liegen. Z u m einen wenn es den Parteien gerade auf die bestimmte stoffliche Form ankommt (Sondermünzen), zum anderen wenn die in den Geldzeichen verkörperte Geldeigenschaft im Vordergrund steht, aber keine Zahlung, sondern eine bloße Geldlieferung vorliegt. Beim „Geldumtausch" stehen sich mithin nicht deshalb zwei Geldschulden gegenüber, weil es beiden Parteien auf die Zahlungsmittelfunktion der Geldzeichen ankommt.
cc) Abgrenzung im Einzelnen Es bleibt die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen denn in derartigen Konstellationen eine auf Geld lautende Schuld statt als Zahlungsverpflichtung als Verpflichtung zur Lieferung von Zahlungsmitteln zu bewerten ist. W. Mayer wollte beim „Umtausch" von Geldzeichen unterschiedlicher Währungen den Umsatzzweck entscheiden lassen. 226 Wer sich zum Zwecke einer Auslandsreise Valuta beschaffe, kaufe ausländische Geldzeichen. Wechsele hingegen ein Ausländer am Bankschalter in Deutschland sein Hei-
222
Besonders eindringlich Fögeti Geld- und Währungsrecht, 2, 4. Gesetz vom 20.11.1923, RGBl, 1135. 224 Nussbaum Das Geld, 201. 225 Fögen Geld- und Währungsrecht, 112. 226 W. Mayer Valutaschuld, 11 f, allerdings von seinem oben besprochenen Ansatz aus, es liege stets eine Geldschuld vor, wenn es den Parteien auf die Geldeigenschaft des Geldzeichens ankomme. 223
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1. Teil: Grundlagen
matgeld gegen deutsches Geld ein, sei Umsatzzweck die Beschaffung deutschen Geldes; dieses werde geliefert und mit ausländischem Geld bezahlt. Natürlich ist für die rechtliche Einordnung des von den Parteien Gewollten der Geschäftszweck heranzuziehen. Bedeutung kann indes allein der Zwecksetzung zukommen, die in der Parteiabrede Anklang gefunden hat, der gemeinsame Zweck also. Irrelevant ist der Beweggrund, der jede einzelne Partei zum Vertragsschluß bewogen hat. Warum ein Bankkunde Geldzeichen einer Währung gegen solche einer anderen Währung „eintauscht", ist grundsätzlich ebensowenig von Belang wie das Motiv für die Bank, das Geschäft abzuschließen. W. Mayer vermochte auch nicht zu erklären, warum gerade die Sichtweise des Bankkunden und nicht diejenige der Bank über den Geschäftszweck entscheiden soll. Wirtschaftlich betrachtet hätte es vielleicht sogar nähergelegen, den Blickwinkel der Bank über Ankauf oder Verkauf entscheiden zu lassen, denn sie nennt täglich nach Ankauf („Geld") und Verkauf („Brief") differenzierte „Sortenkurse". 227 Vollends versagt die These W. Mayers, wenn beide Vertragsparteien Kreditinstitute sind oder es keine von ihnen ist. Geht es beiden Parteien um Geld als Zahlungsmittel, dürfte schon eher das Kriterium der Austauschbarkeit der Geldzeichen Bedeutung erlangen: Derjenige, der bei generalisierter Betrachtungsweise statt Bargeld hinzugeben auch überweisen könnte, ohne daß dies den Interessen des anderen Teils widerspräche, ist Schuldner einer Zahlungsverbindlichkeit, der andere Teil, dem es unbedingt auf Bargeld ankommt, ist Sachschuldner. Zweifel verbleiben aber auch hier; und wann das eine, wann das andere der Fall ist, müßte ohnehin anhand der gesamten Umstände ermittelt werden. Den Ausschlag dürften vielfach territoriale Gesichtspunkte geben. Zahlungsmittel einer bestimmten Währung sind nach der typischen Vorstellung der Vertragspartner dort Gegenstand und nicht Mittel des Güterumsatzes, wo sie ein knappes Gut darstellen. Dies wiederum ist dort der Fall, wo die Währung, der diese Zahlungsmittel angehören, nicht Landeswährung ist, die betreffenden Geldzeichen also nicht beliebig zu Verfügung stehen und auch nur in begrenztem Maße Verwendung finden können. 228 Wer in Deutschland ausländische Geldzeichen gegen Hingabe deutscher Zahlungsmittel erhalten möchte, ist im allgemeinen Gläubiger einer Sachschuld und daher Käufer. Umgekehrt ist er in aller Regel Verkäufer, wenn er die ausländischen Geldzeichen hingibt. 229 Dagegen überzeugt es wenig, die rechtliche Einordnung der Parteiabrede davon abhängig zu machen, ob es sich bei einem der Vertragspartner um einen berufsmäßigen Geldwechsler handelt (dann Kauf ausländischen Geldes) oder nicht (dann Tausch). 230 Auch wenn am Vertrag kein Kreditinstitut beteiligt ist, wird doch bei den Parteien die Auffassung vorherrschen, daß im Inland für den Erhalt ausländischen Geldes 227
Vgl auch Aicher in Rummel, ABGB, § 1046 Rn 3. Vgl Trosien Rolle des Bargeldes, 3, 9. 229 In dieser letztgenannten Konstellation steht oft der Stückschuldcharakter der Kundenverpflichtung im Vordergrund. Insbes. am Bankschalter will der Kunde ersichtlich nur die vorgelegten ausländischen Geldzeichen „einwechseln", so daß für die Annahme einer Geldschuld mit den sie kennzeichnenden Rechtsfolgen kein Platz bleibt. Ist es die inländische Bank, die sich zur Hingabe ausländischer Zahlungsmittel verpflichtet hat, liegt ein Gattungskauf vor, und im Falle einer Falschgeldlieferung handelt es sich statt um Schlechterfüllung um Nichterfüllung (ggf § 378 HGB analog; vgl RG JW 1923, 176, 177; Wärdinger/Röhricht in Großkommentar-HGB3, Vor § 373 Anm 26; Brüggemann in Staub 12/U , HGB, § 381 Rn 8; Herold BankArch 24 (1924/25) 338, 340), so daß die Interessen des Kunden durch den nach wie vor bestehenden Erfüllungsanspruch gewahrt werden. 230 Dies befürwortet Wahle in Klang/Gschnitzer, ABGB IV/2, 24 f. 228
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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bezahlt werden muß. Die den Vertragschließenden bewußten Unterschiede hinsichtlich der Verwendbarkeit der sich gegenüberstehenden Geldzeichen verbieten typischerweise die Annahme, es handele sich um gleichrangige individuelle Wirtschaftsgüter. Zwingend ist die befürwortete Betrachtung vom Geltungsbereich der jeweiligen Landeswährung aus nicht; sie spiegelt aber das übliche Verständnis des Rechtsverkehrs wider, hat mithin den Charakter einer Auslegungsregel. 2 3 1 Sofern sich eine Partei auf eine abweichende rechtliche Gestaltung 2 3 2 beruft, trägt sie hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Bezugspunkt der Auslegungsregel ist entgegen R G J W 1 9 2 5 , 1 9 8 6 nicht der Ort des Vertragsschlusses, sondern der Ort, an welchem die jeweiligen Leistungspflichten zu erfüllen sind. N u r von diesem Blickwinkel aus ist eine Feststellung darüber sinnvoll, ob die fraglichen Zahlungsmittel ein knappes Gut darstellen. Die AGB der deutschen Sparkassen und Banken 2 3 3 bestätigen diese Charakterisierung der gegenseitigen Verbindlichkeiten
beim
„Geldumtausch". 2 3 4
dd) Umwechslung zweier Fremdwährungen Z u untersuchen bleibt die Umwechslung von Geldzeichen einer ausländischen W ä h r u n g gegen Geldzeichen einer anderen ausländischen Währung. Erfolgt ein solches Geschäft im Inland, läßt sich ein qualitatives Ungleichgewicht typischerweise weder zwischen den geschuldeten Leistungsgegenständen noch zwischen den entsprechenden Leistungsvorgängen feststellen, so daß sich die Annahme eines Tausches geradezu aufdrängt. Allerdings wird teilweise vertreten, bei Beteiligung eines berufsmäßigen Geldwechslers sei in einer derartigen Abrede ein doppelter Kauf mit Verrechnungsabrede zu erblicken. Der Geldwechsler kaufe die eine Fremdwährung gegen Inlandswährung und verkaufe zugleich die andere Fremdwährung gegen Inlandswährung. 2 3 5 Anders aber als etwa beim Währungsswap, des-
Vgl W. Mayer Valutaschuld, 11; JSC. Schmidt in Staudinger13 § 244 Rn 12. Dies kann namentlich im Geschäftsverkehr zwischen den Banken der Fall sein; vgl auch das bei Maier-Reimer NJW 1985, 2 0 4 9 , 2 0 5 0 Fn 11 aufgeführte Beispiel eines „Valutakaufs per Termin" mit Darlehenscharakter; ferner Koch ÖBA 1985, 303, 307, der auch dann einen Kauf ausländischen Geldes gegen Zahlung inländischen Geldes annehmen will, wenn die Geldumwechslung im Ausland erfolgt, die Vertragsparteien aber Inländer sind. Hierfür spricht, daß die Parteien (etwa am ausländischen Urlaubsort) oftmals ihre Vorstellungen vom inländischen Geld als Wertmesser bei Verbindlichkeiten (jedenfalls untereinander) „mit über die Grenze nehmen" werden. 233 Oben Fn 206. 2 3 4 Im Bereich des berufsmäßigen Handels mit Sorten hätte an sich das im Text Angeführte zu gelten, wenn nicht in der Praxis typischerweise von einer Seite bargeldlos gezahlt würde, was die Rechtsnatur des Geschäfts ohne weiteres erklärt. Im grenzüberschreitenden Sortenhandel schließlich stehen sich ebenfalls nicht Geldzeichen gegenüber, sondern Geldzeichen und Buchgeld, vielfach derselben Währung. Nicht ausländisches Geld wird gegen inländisches gehandelt, sondern ausländische Geldzeichen werden mit ausländischem Buchgeld (das zuvor am Kassa-Markt erworben wurde) bezahlt. Zur Abwicklung des Sortenhandels siehe ObstlHintner Geld-, Bank- und Börsenwesen, 479; Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 45; allgemein zu grenzüberschreitenden Transaktionen mit DMBanknoten Trösten Rolle des Bargeldes, 3, 6 ff. 2 3 5 So für das österreichische Recht Wahle in Klang/Gschnitzer, ABGB IV/2, 24 f; Aicher in Rummel, ABGB, § 1046 Rn 3; das österreichische ABGB enthält in § 1046 für die Umwechslung von Geldzeichen eine Sonderbestimmung. Dort heißt es: „Das Geld ist kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine Ware, und selbst als Münzsorten insoweit vertauschen, 231
232
40
1. Teil: Grundlagen
sen verbreitete Qualifizierung als doppelter Kauf sich auf die Existenz zweier ausdrücklich vereinbarter und zeitlich getrennter Austauschvorgänge mit eigenständigen Umsatzzwecken stützen kann, 236 ist die Parteiabsicht bei der Trenung von Geldzeichen unterschiedlicher Fremdwährungen auf unmittelbare gegenseitige Lieferung gerichtet. 237 Gewollt ist ein synallagmatisches Verhältnis zwischen Sachleistungspflichten, ohne daß inländischem Geld die Funktion eines Mittlers beim Gütertausch zukommen soll. Ersichtlich will der Bankkunde für seine Fremdwährung eine andere Fremdwährung erhalten und würde nicht mit Inlandswährung vorlieb nehmen. Nur dann aber, wenn die jeweilige Sachleistung auch ohne Erhalt der anderen erbracht worden wäre, läßt sich in Fällen eines einheitlichen Austauschvorgangs annehmen, daß mit jeder Sachleistung ein eigenständiger Umsatzzweck verfolgt wird, wie dies ein Doppelkauf voraussetzte. 238 Wenn argumentiert wird, die Bank stelle bei der Umwechselung zweier Fremdwährungen zwei Belege aus, eine Ankaufs- und eine Verkaufsnote, 239 so berührt dies doch nicht die rechtliche Qualifikation des Geschäfts mit dem Kunden. Vielmehr dienen diese Belege nur dazu, das Austauschverhältnis der Fremdwährungen zu ermitteln und transparent zu machen, indem beide Fremdwährungen zunächst in Inlandswährung umgerechnet werden. Es handelt sich also um einen rein bankinternen, technisch bedingten und zudem heute auch in dieser Form nicht mehr erforderlichen Rechenvorgang. 240 Werden daher Geldzeichen unterschiedlicher Fremdwährungen im Inland gegeneinander eingewechselt, liegt dem unabhängig von den geschäftlichen Positionen der Parteien regelmäßig ein Tausch i.S.d. § 515 BGB zugrunde. 241
3.
D e r Leistungsgegenstand der F r e m d w ä h r u n g s v e r b i n d l i c h k e i t u n d seine V e r k ö r p e r u n g
Die Abgrenzung zwischen Valutageldschuld und Valutasachschuld konnte - wie gezeigt erfolgen, ohne daß dabei im praktischen Ergebnis die Rechtsnatur der Geldschuld eine Rolle spielte. Anders ist dies, wenn gefragt wird, ob der Fremdwährungsschuldner Erfüllung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB allein durch Übereignung von Geldzeichen der geschuldeten ausländischen Währung bewirken kann oder ob auch die Verschaffung anderer Vermögenswerte den Anforderungen des § 362 Abs. 1 BGB genügt. Das damit angesprochene Verhältnis zwischen „bargeldlosem Zahlungsverkehr" und Geldschuld spiegelt sich insbesondere bei der Einschätzung moderner Geldhandelsgeschäfte wider. Dort geht es weniger darum, ob der Geldschuldner auch durch Banküberweisung erfüllen kann, als vielmehr
als sie nur gegen andere Münzsorten, goldene nämlich gegen silberne, kleinere gegen größere Stücke verwechselt werden sollen". 236 Dazu S 64 ff. 237 Koch ÖBA 1985, 303, 307. 238 Diskutiert wird die Problematik üblicherweise anhand der Veräußerung eines neuen PKW unter Inzahlungnahme eines älteren Fahrzeugs; siehe zB OLG Hamm NJW 1975, 1520, 1521; Laufs NJW 1965, 1232 f; Schulin JA 1983, 161, 163. 239 Wahle in Klang'Gschnitzer, ABGB IV/2, 24 f. 240 Koch ÖBA 1985, 303, 307. 241 Etwa Huber in Soergel12, § 433 Rn 44; zum österreichischen Recht OGH G1U 15049; Koch ÖBA 1985, 303, 307 f.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
41
darum, ob überhaupt eine Geldschuld angenommen werden kann, wenn die Parteien die Verschaffung von „Buchgeld" als einzig vertragsmäßige Leistung vereinbart haben.
a)
Zum Sachschuldverständnis
der
aa)
Folgerungen aus einem juristischen
Geldschuld Grundbegriff
des
Geldes?
Das Verständnis der Geldschuld als einer Verpflichtung zur Übereignung von Geldzeichen basiert in aller Regel auf einem juristischen Grundbegriff des Geldes, der Geld auf die Existenz von Geldzeichen als bewegliche Sachen und allgemeine gegenständliche Tauschmittel reduziert. In einem zweiten Schritt werden sodann Geldschuld und Geldbegriff dergestalt in einen Funktionszusammenhang gebracht, daß Leistungsgegenstand der Geldschuld nur sein kann, was die Voraussetzungen dieses juristisch-gegenständlichen Geldbegriffs erfüllt. 242 Tatsächlich liegt es auf den ersten Blick nahe, die Frage, welches Schuldverhältnis die Bezeichnung Geldschuld verdient, von einem juristisch-begrifflichen Verständnis des Geldes her zu beantworten. 243 Geldschuld wäre dann wie selbstverständlich die Verpflichtung zur Verschaffung dessen, was die Rechtsordnung auch im übrigen unter Geld versteht. 244 Der deutsche Gesetzgeber jedoch verwendet den Begriff Geld nicht einheitlich. Allein dem spezifischen Zusammenhang der jeweiligen Norm läßt sich entnehmen, welche konkrete Bedeutung diesem Terminus gerade zukommt. 245 So erfassen beispielsweise die §§ 935 Abs. 2, 1007 Abs. 2 BGB als Geld nur Geldzeichen, während die SS 1806, 1809, 2119 BGB auf Geld als Objekt der Vermögensverwaltung abstellen und den Geldbegriff auch auf Buchgeld erstrecken. 246 Und daß die Lehre vom Geld im Sachenrecht, die sich primär an der Substanz der gegenständlichen gesetzlichen Zahlungsmittel orientiert, 247 keine zwingenden Rückschlüsse auf das Geldverständnis des Schuldrechts erlaubt, folgt schon aus den unterschiedlichen Blickwinkeln, aus denen heraus beide Privatrechtsbereiche das Geld betrachten. 248 Dort ist Geld selbständiger Vermögensgegenstand, hier hingegen Mittler des Güter- und Leistungsaustausches.249 Angesichts dieser „Relativität des Geldbegriffs" 250 erscheint es nur wenig fruchtbar, eine juristische Grunddefinition des Geldes zum Ausgangspunkt der Bestimmung von Inhalt und Leistungsgegenstand der Geldschuld zu machen. 251 Nussbaum meinte gleichwohl, einen einheitlichen 242
So etwa Nussbaum Das Geld, 67; E. Wolf SchuldR AT, 156, 148 f. Die Deduktion des Inhalts der Geldschuld aus dem Geldbegriff findet sich schon bei G. Hartmann Begriff des Geldes, 46 ff und Knapp Staatliche Theorie des Geldes, 1 ff. 244 Nussbaum Das Geld, 67: „Nicht der mindeste Anlaß besteht für die Annahme, daß der Geldbegriff im Schuldrecht grundsätzlich ein anderer sei wie sonst.". 245 Isele AcP 129 (1928) 129, 184; Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 408. 246 Schwab in MünchKomm-BGB1, § 1806 Rn 3; Damrau in Soergel12, § 1806 Rn 1; aA KG JFG 8, 53, 54. 247 Eingehend Falck Das Geld und seine Sonderstellung im Sachenrecht, 1 passim; ferner K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn Β 8 ff. 248 Anders wohl Fülbier NJW 1990, 2797, 2798. 249 Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 441 f; Fögen Geld- und Währungsrecht, 1, 3 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 97. 250 So bereits G. Hartmann Begriff des Geldes, 96. 251 Entgegen Fülbier NJW 1990, 2797, 2798 läßt sich auch aus § 607 BGB nichts zugunsten des Sachschuldcharakters der Geldschuld entnehmen. Die Vorschrift trägt den Besonderheiten des Geldes 243
42
1. Teil: Grundlagen
Grundbegriff des Geldes auffinden zu können, der vom Recht seinem wesentlichen Inhalt nach als bekannt vorausgesetzt wird und der allen gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Bestimmungen zugrunde zu legen ist, unbeschadet der Möglichkeit, ihn nach Lage des Einzelfalles aus besonderen Gründen zu modifizieren. 252 Aus einem solchen Grundbegriff, selbst wenn er tatsächlich gegenständlichen Inhalts sein sollte, auf den Sachschuldcharakter der Geldschuld zu schließen, bedeutete indes eine petitio principii und ließe die Frage, ob Modifikationen vom gegenständlichen Geldbegriff erforderlich sind, unbeantwortet.
bb) Bedeutung der sog. „gesetzlichen Zahlungsmittel" Geht es in der Sache weniger um Folgerungen aus einem einheitlichen juristischen Geldbegriff als vielmehr um die autonome Inhaltsbestimmung der Geldschuld, 253 so fragt sich gleichwohl, ob nicht die Festlegung dessen, was der Geldschuldner seinem Gläubiger zu verschaffen hat, der Normierung durch den in casu zuständigen Währungsgesetzgeber 254 überantwortet ist. Für diese Betrachtungsweise spricht, daß der Gesetzgeber des B G B „auf dem Boden des durch die Reichsmünzgesetzgebung eingeführten gesetzlichen Währungssystems" keinen Anlaß zu eingehender Normierung des Geldschuldrechts sah. 2 5 5 Auch der B G H scheint diesen Standpunkt zu teilen, wenn er im Zusammenhang mit der Schuldtilgung durch Überweisung formuliert, eine Geldschuld sei an sich in bar, d.h. durch Übereignung einer bestimmten Anzahl gesetzlicher Zahlungsmittel zu erfüllen. 2 5 ' Entsprechend heißt es im Schrifttum, solange der Gesetzgeber nicht Buchgeld als gesetzliches Zahlungsmittel anerkenne, seien Geldschulden grundsätzlich nur mit Bargeld, dem einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel, zu erfüllen. 257 Bei genauerem Zusehen lassen sich diese Stellungnahmen sowohl auf Basis eines gegenständlichen als auch auf der eines funktionalen Verständnisses vom Inhalt der Geldschuld rechtfertigen. Letzteres allerdings nur, wenn man als Mittel zur Verschaffung der geschuldeten abstrakten Vermögensmacht einzig die Übereignung gegenständlicher gesetzlicher Zahlungsmittel anerkennt. 258
nur höchst unvollkommen Rechnung (v. Maydell Geldschuld und Geldwert 96); die Gleichstellung des Gelddarlehens mit dem Sachdarlehen macht aus der Geldschuld keine Sachschuld, sondern ist durch die unterschiedliche Natur beider Schuldtypen begrenzt (K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31). Wenn § 607 BGB von einer Eigentumsübertragungspflicht des Darlehensgebers ausgeht, handelt es sich doch nicht um ein zwingendes Begriffselement, sondern um ein bloßes Typusmerkmal, wie sich auch aus § 607 Abs 3 BGB ergibt; BGH WM 1957, 635, 637; HoptlMülbert in Staudinger12, § 6 0 7 Rn 3. Ausreichend ist, daß der zurückzugewährende Gegenstand theoretisch mittels Übereignung hingegeben werden könnte (HoptlMülbert aaO), was bei Geld ohne weiteres deshalb der Fall ist, weil die geschuldete abstrakte Vermögensmacht in Geldzeichen verkörperbar ist. Nussbaum Das Geld, 3; ähnlich Ma«« Recht des Geldes, 3. Selbst wenn man Nussbaums Ansatz nur als Bestimmung des Verhältnisses von Regel und Ausnahme begreift, muß doch ein jeder geldrechtlicher Normkomplex auf etwaige Abweichungen vom Grundbegriff des Geldes hin untersucht werden. 2 5 4 Das Währungsstatut setzt sich aus Regeln desjenigen Staates zusammen, dessen Währung den Gegenstand der Schuld bildet. Umstritten ist allerdings, ob das Währungsstatut auf kollisionsrechtlichem oder auf materiellrechtlichem Wege berufen wird; eingehend dazu unten § 5 II.3. 255 Mugdan Materialien II, 7. 256 BGHZ 87, 156, 162 f; 98, 24, 29 f; ebenso OLG Hamm NJW 1987, 70; 1988, 2115. 2 5 7 So etwa Fülbier NJW 1990, 2797, 2798. 258 Siehe dazu S 24 f. 252
253
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
43
Eine Überprüfung jener These von der währungsrechtlichen Determinierung des Leistungsgegenstandes der Geldschuld oder jedenfalls seiner Verkörperung setzt zunächst Klarheit darüber voraus, welche Bedeutung der Festlegung gesetzlicher Zahlungsmittel durch den jeweiligen Träger der Währungshoheit zukommt. (1)
Begriff und Funktion
Gesetzliche Zahlungsmittel der seit 1948 geltenden Deutschen Mark-Währung sind den Vorschriften des WährG, des BBankG und des M ü n z G zufolge die auf D M lautenden Banknoten sowie die auf D M und Pfennig lautenden Scheidemünzen. Dabei bilden die Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel ( § 1 4 Abs. 1 BBankG), wohingegen den Scheidemünzen nur eine nach Maßgabe von § 3 MünzG summenmäßig beschränkte gesetzliche Zahlkraft zukommt. Entsprechende Festlegungen zählen zum Inhalt sämtlicher moderner Währungssysteme und haben mittlerweile auch für die ab 1999 geltende Euro-Währung Gestalt angenommen 2 5 9 Der Begriff „gesetzliches Zahlungsmittel" bringt allerdings seinen rechtlichen Inhalt nur höchst unvollkommen zum Ausdruck. Was gemeint ist, verdeutlichen schon eher die in der Vergangenheit gebräuchlichen Synonyme „aufdrängbares Geld", „unablehnbares Geld", „Zwangsgeld" oder „obligatorisches Geld". 2 6 0 Als gesetzliches Zahlungsmittel im Rechtssinne wird allgemein dasjenige bezeichnet, „was der Gläubiger kraft ausdrücklicher währungsrechtlicher Anordnung zur Begleichung einer Geldschuld annehmen muß". 2 6 1 Diese Definition bedarf jedoch in mehrerlei Hinsicht der Präzisierung. Zunächst sagt der Begriff nichts darüber aus, in Einheiten welcher Währung der Geldschuldner seine Verbindlichkeit erfüllen muß oder kann. Was gesetzliches Zahlungsmittel ist, spielt erst dann eine Rolle, wenn Schuld- und Zahlungswährung feststehen. 262 Weiterhin wird der Bestimmung gesetzlicher Zahlungsmittel über die rein qualitative Aussage („Zwangsgeld") hinaus verbreitet auch ein quantitativer, nominalistischer Inhalt zugesprochen, („Zwangskurs"). 263 Schließlich trifft die Festsetzung
259 Siehe die Verordnung (EG) Nr 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (Abi L 139/1 v. 11.5.1998) sowie die Verordnung (EG) Nr 975/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Stückelungen und technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Euro-Münzen (Abi L 139/6 v. 11.5.1998). Art 9 der VO 974/98 bestimmt für die Übergangszeit bis Dezember 2001: „Banknoten und Münzen, die auf eine nationale Währungseinheit lauten, behalten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels innerhalb ihres jeweiligen Gültigkeitsgebietes wie am Tag vor Inkrafttreten dieser Verordnung". Art 10 fährt sodann fort: „Vom 1. Januar 2002 an setzen die EZB und die Zentralbanken der teilnehmenden Mitgliedstaaten auf Euro lautende Banknoten in Umlauf. Unbeschadet des Artikels 15 haben diese auf Euro lautenden Banknoten als einzige in allen diesen Mitgliedstaaten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels". Von Münzen ist in Art 11 die Rede, wo es in den Sätzen 2 und 3 heißt: „Unbeschadet des Artikels 15 haben diese Münzen als einzige in allen diesen Mitgliedstaaten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels. Mit Ausnahme der ausgebenden Behörde und der Personen, die in den nationalen Rechtsvorschriften des ausgebenden Mitgliedstaates speziell benannt werden, ist niemand verpflichtet, mehr als fünfzig Münzen bei einer einzelnen Zahlung anzunehmen". 260 Nussbaum Das Geld, 22; Münch Giralgeld, 78. 261 Münch Giralgeld, 79; siehe ferner Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 293 f; Nussbaum Das Geld, 22 ff; Fögen Geld- und Währungsrecht, 5 ff; Grämlich BBankG, § 14 Rn 13. 262 Unklar Hall Währungsparitätsfestsetzung, 12. 263 Nussbaum Das Geld, 25 ff; G. Hartmann Begriff des Geldes, 75 f; H.J. Hahn FS Doehring, 251, 257; Münch Giralgeld, 81.
44
1. Teil: Grundlagen
gesetzlicher Zahlungsmittel keine Aussage über die Folgen einer Annahmeverweigerung seitens des Gläubigers. Von „Zwang" kann höchstens insofern gesprochen werden, als es die Verbindlichkeit der hoheitlichen Regelung des Währungsgesetzgebers selbst anbelangt. Im Gegensatz zu manchen Auslandsrechten, die die Nichtannahme gesetzlicher Zahlungsmittel sogar straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich sanktionieren, 264 muß der Gläubiger nach deutschem Recht im Falle der Annahmeverweigerung nur privatrechtliche Konsequenzen fürchten. Und auch das Privatrecht auferlegt ihm keine Verpflichtung, die mit den Mitteln des Zwangsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden könnte, sondern statuiert lediglich die Rechtsfolge des Gläubigerverzuges; §§ 293 ff. BGB. Auf Grundlage des deutschen Rechts existiert eine bloße Annahmeobliegenheit. Diese Annahmeobliegenheit bezieht sich auf die geschuldete Leistung. Worin sich mithin die Funktion der Anordnung gesetzlicher Zahlungsmittel für das deutsche Privatrecht erschöpft, das ist die Konkretisierung des Leistungsgegenstandes, den der Geldschuldner seinem Gläubiger zu verschaffen verpflichtet ist. 265 Der hoheitlichen Festlegung nichtablehnbarer Zahlungsmittel bedarf es, weil Geld eine Schöpfung des Rechts darstellt und daher (jedenfalls wenn es an besonderen gesetzlichen Bestimmungen oder Parteiabreden fehlt) nicht von vornherein feststeht, durch welche Leistung der Schuldner seine auf Geld einer bestimmten Währung lautende Verbindlichkeit tilgen kann und muß. Besonders bedeutsam ist diese Klarstellung in Zeiten, in denen eine Vielzahl unterschiedlichster Geldzeichen im jeweiligen Währungsgebiet umläuft 266 und der Träger der Währungshoheit daher für Akzeptanz und Sicherung des von ihm geschaffenen Geldsystems als Grundlage eines stabilen Staats- und Wirtschaftswesens Sorge tragen muß. 267
264 Art R 642-3 franz. Code pénal (nouveau); Art 693 ital. Codice penale; Art 573 span. Código penal idF bis 1996; aus dem in den Jahren 375/374 v. Chr. entstandenen Münzgesetz Athens zitiert Bellinger Die Bank 1986, 644: „ A t t i s c h e s Silbergeld ist anzunehmen, wenn die Prüfung bestätigt, daß es aus Silber besteht und den staatlichen Prägestempel trägt. ... Bei demjenigen, der Silbergeld, das der Prüfer geprüft hat, nicht annimmt, soll alles, was er an diesem Tag zum Verkauf anbietet, konfisziert werden. Wenn der Verkäufer ein Sklave oder eine Sklavin ist, so soll die betreffende Person mit 50 Peitschenhieben von den Beamten bestraft werden, die für die Angelegenheiten jeweils zuständig sind"; weitere historische Beispiele für eine Strafbewehrung des währungsrechtlichen Annahmezwangs finden sich bei Münch Giralgeld, 82 f; speziell zum Geldrecht im römischen Staat Bellinger Die Bank 1986, 144, 148. 265 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 63; Breunig Nichtablehnbarkeit, 164. 266 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 64; siehe auch § 1 Abs 2 WährG: „Alleinige gesetzliche Zahlungsmittel sind vom 21. Juni 1948 an: ... 2. folgende Noten und Münzen zu einem Zehntel ihres bisherigen Nennwertes: a) in Deutschland im Umlauf gesetzte Marknoten der Alliierten Militärbehörde zu 1 und 1/2 Mark, b) Rentenbankscheine zu 1 Rentenmark, c) Münzen zu 50, 10, 5 und 1 Reichsoder Rentenpfennig". Das Phänomen unterschiedlichster Geldzeichen in einem einheitlichen Währungsgebiet wird ferner ab Januar 1999 im Geltungsbereich der Euro-Währung zu beobachten sein. Die Verordnung (EG) N r 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (Abi L 139/1 v. 11.5.1998; siehe schon Fn 259) bestimmt hierzu u.a. (Art 15 Abs 1): „Banknoten und Münzen, die auf eine nationale Währungseinheit im Sinne des Artikels Absatz 1 lauten, behalten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels in dem jeweiligen Gültigkeitsgebiet noch für längstens sechs Monate nach Ende der Übergangszeit; dieser Zeitraum kann durch nationale Rechtsvorschriften verkürzt werden". 267 Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 435; Breunig Nichtablehnbarkeit, 164.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
(2)
45
Emanzipation des Geldschuldrechts vom Währungsrecht
Fest steht nach dem Gesagten, daß der Träger der Währungshoheit nicht nur das Währungssystem und die Währungsgrundeinheit schafft, sondern auch als gesetzliche Zahlungsmittel bezeichnete Gegenstände festlegt, in denen sich die Währungsgrundeinheit bzw. ein Vielfaches oder ein Bruchteil von ihr als Geld materialisiert. Dagegen folgt aus dem währungsrechtlichen „Annahmezwang" nicht ohne weiteres eine schuldrechtliche Annahmeobliegenheit. Es handelt sich vielmehr um zwei getrennt zu behandelnde Regelungsbereiche - sachrechtlich wie kollisionsrechtlich. Unabhängig davon, auf welche rechtstechnische Weise Regeln der lex monetae in das Geldschuldverhältnis integriert werden, ist doch die Entscheidung darüber, was im Einzelnen den Gegenstand einer Geldschuld bildet, nicht anhand des Rechts der Währung zu treffen. Neben der lex causae kann lediglich die lex loci solutionis eine gewisse Rolle spielen. 268 Die danach maßgebliche Rechtsordnung hat grundsätzlich 269 sachrechtlich-autonom daüber zu befinden, ob dem Gläubiger stets und losgelöst von den Vorstellungen der Parteien dasjenige zu verschaffen ist, was der (ggf. ausländische) Währungsgesetzgeber als gesetzliches Zahlungsmittel festgelegt hat. 270 Mag auch bei Schaffung des BGB der Gedanke strikter Akzessorietät vorgeherrscht haben, seither ist eine Loslösung des Geldschuldrechts von derart sklavischen Bindungen an das Währungsrecht unverkennbar. Nicht nur, daß der Gesetzgeber heute selbst in einer Vielzahl von Fällen - den Anforderungen des modernen Zahlungsverkehrs entsprechend - die Tilgung von Geldschulden durch Verschaffung von Buchgeld vorschreibt, ohne daß Buchgeld in irgendeiner Form zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt worden wäre. 271 Über die ausdrücklich geregelten Fälle hinaus hat der Gesetzgeber gleichzeitig zu erkennen gegeben, daß als Leistungsgegenstand einer Zahlungsverbindlichkeit durchaus etwas in Betracht kommt, was nicht dem währungsrechtlichen „Annahmezwang" unterliegt. Zutreffend hebt Münch in diesem Zusammenhang hervor, „daß der Staat nicht auf solchen Regeln bestehen kann, die er selbst als Gesetzgeber unterläuft". 2 7 2 Hinzu kommt, daß das (Geld-)Schuldrecht dadurch stillschweigend eine Kompetenzerweiterung erfahren hat, daß der Staat seine währungspolitischen Zielvorstellungen heute mit einem breit gefächerten und flexiblen Instrumentarium verwirklicht, angesichts dessen die staatliche Anerkennung bestimmter Geldformen, insbesondere des Buchgeldes, nicht mehr von der Verleihung gesetzlicher Zahlkraft abhängt. Für das deutsche Geldschuldrecht läßt sich aus diesen Beobachtungen folgern, daß es die Bestimmung dessen, was der Geldschuldner seinem Gläubiger zu verschaffen hat, nicht (mehr) durch eine blankettartige Verweisung auf die
268
Siehe dazu S 153 ff. Ein strafbewehrter Annahmezwang von Bargeld kann aber als gesondert anzuknüpfende ausländische Eingriffsnorm eine Rolle spielen; näher dazu S 115 ff. 270 Gegen eine schematische Gleichstellung von Währungsgeld und Inhalt der Geldschuld auch Münch Giralgeld, 97 ff; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 83 ff; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 6; Isele AcP 129 (1928) 129, 149 f; Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 435 f; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn C 7; Gemhuber Erfüllung, 202 f; ferner Breunig Nichtablehnbarkeit, 161, allerdings mit der nicht überzeugenden Begründung, schon die Zulässigkeit von Valutaschulden zeige, dai? geldschuldrechtlicher und währungsrechtlicher Geldbegriff nicht identisch sind. Die Frage lautet ja, ob der Gegenstand der Geldschuld stets durch die gesetzlichen Zahlungsmittel der lex monetae bestimmt wird. 271 Eingehende Darstellung bei Münch Giralgeld, 131 ff. 272 Münch Giralgeld, 160. 269
46
1. Teil: Grundlagen
vom Währungsgesetzgeber festgelegten gesetzlichen Zahlungsmittel vornimmt. Statt dessen ist es geboten, auch die vielfältigen Funktionen, namentlich die Tauschmittel- und die Rechnungseinheitsfunktion, zu berücksichtigen, die jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht das Wesen des Geldes ausmachen und seine Verkörperung für die Parteien eines Geldschuldverhältnisses typischerweise nahezu vollständig in den Hintergrund treten lassen. Entscheidend für die Geldschuld ist, um mit den Worten v. Maydells zu sprechen, „was Geld bewirkt, was es verkörpert, nicht aber (...) wie die Verkörperung beschaffen ist". 27 ' Gewiß nötigt die Formel „money is what money does" nicht ihrerseits zur Bildung eines für das Recht verbindlichen Grundbegriffs des Geldes, der über die Vorstellung gegenständlicher gesetzlicher Zahlungsmittel hinausginge. Der zunächst rein ökonomische Befund, daß die Wirtschaftssubjekte in ihren Beziehungen zueinander heute die in Geldzeichen verkörperbare Vermögensmacht auch ohne Verwendung von Geldzeichen nutzen, verlangt im Bereich der Geldschuld allerdings auch rechtliche Beachtung. Denn die Bestimmung des Leistungsgegenstandes der Geldschuld kann angesichts der Zurückhaltung des Gesetzgebers nicht losgelöst von den Vorstellungen der Parteien, insbesondere dem wirtschaftlichen Inhalt der Verbindlichkeit erfolgen, der darin besteht, dem Gläubiger die Verfügungsmacht über das geschuldete, in Geld ausgedrückte Maß an „Kaufkraft" einzuräumen. 274 Hier tritt die gemeinsame, sie verbindende Wurzel von wirtschaftlicher und (schuld-)rechtlicher Eigenart des Geldes offen zutage: Seine bereits erwähnte Rolle als Zwischenglied beim mittelbaren Austausch von Gütern und Leistungen, in der das Geld gleichermaßen Tauschmittel- und Rechnungseinheitsfunktionen erfüllt. Es ist m.a.W. die Nutzung der Institution Geld, die den Inhalt der Geldschuld prägt. Dies hat nicht zur Folge, daß der rein gegenständliches Geldbegriff für andere rechtliche Zusammenhänge obsolet wäre. Und es bedeutet auch nicht, daß die Bestimmung gesetzlicher Zahlungsmittel durch den Währungsgesetzgeber für die Wertungen des Schuldrechts keinerlei Relevanz besäße. 275 Aber die Konsequenz besteht darin, daß der Inhalt der Geldschuld statt durch bestimmte Verkörperungen des Geldes durch seine Funktionen bestimmt wird, die Geldschuld also keine Sachschuld ist.276 Anerkennt man als funktionsadäquaten Begriff des Geldes den der abstrakten, unkörperlichen Vermögensmacht, geht somit im Ergebnis die Verpflichtung des Geldschuldners dahin, seinem Gläubiger ein bestimmtes summen- oder
273
v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 9. Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 435; K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn A 18 ff; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 9 ff; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 247 f, 258. 275 Dazu sogleich S 48 ff. 276 Mangels Sachschuldcharakters ist die Geldschuld auch keine Gattungsschuld; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 2 4 4 Rn 8; ders Geldschuld und Geldwert, 11; Teichmann in Soergel 12 , § 2 4 4 Rn 4; Fögen Geld- und Währungsrecht, 111; Κ Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn C 7; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 43 f; O. ferner in Erman', § 244 Rn 5. Bei der Gattungsschuld handelt es sich lediglich um eine spezifische Erscheinungsform der Sachschuld, sie setzt maW stets voraus, daß eine Sachschuld vorliegt; Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 445; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 11. Nur w o es um Sachen geht, können iSd § 243 Abs 1 BGB solche „mittlerer Art und Güte" geschuldet werden. Soweit die Auffassung vertreten wird, die Geldschuld sei eine „Sachschuld besonderer Art" (zB Fikentscher SchuldR, 159; Fülbier NJW 1990, 2 7 9 7 f), soll damit die Anwendbarkeit einzelner Regeln über die Gattungsschuld, zB §§ 243 Abs 2, 279, 3 0 0 Abs 2 BGB, auf die Geldschuld gerechtfertigt werden. Darüber mag man in der Sache streiten, rechtstechnisch handelt es sich jedoch um ein Analogieproblem; eingehend K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 2 4 4 Rn C 7; ders JuS 1984, 737, 741. 274
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
47
wertmäßig ausgedrücktes und auf Währungseinheiten lautendes Quantum abstrakter, unkörperlicher Vermögensmacht einzuräumen.
b)
Bare und unbare Zahlung als
Schuldmodalitäten
Das hier befürwortete funktionale Verständnis vom Inhalt der Geldschuld hat in doppelter Hinsicht Konsequenzen. Es legt die Entscheidung darüber, auf welche Weise die geschuldete Leistung i.S.d. S 362 Abs. 1 BGB zu bewirken ist bzw. bewirkt werden kann, d.h. die zur obligationsmäßigen Erfüllung tauglichen Mittel der Übertragung abstrakter Vermögensmacht, primär in die Hände der Parteien des Geldschuldverhältnisses. Damit erlaubt es zugleich die widerspruchslose rechtliche Einordnung solcher Zahlungsverbindlichkeiten als Geldschulden, bei denen die Parteien die Übereignung von Geldzeichen zur Erfüllung ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen haben. aa)
Keine bloße Leistung an Erfüllungs
Statt
Soweit Rechtsprechung und Teile des Schrifttums die Auffassung vertreten, der Leistungsgegenstand der Geldschuld werde durch Verweisung auf die vom Währungsgesetzgeber festgelegten gesetzlichen Zahlungsmittel bestimmt, besteht ihre Konsequenz darin, daß ausschließlich die Übereignung von Geldzeichen geschuldet ist. Schuld- und Erfüllungsmodalitäten sind auf dieser Grundlage nur in Gestalt von Geldsortenabreden denkbar (vgl. § 245 BGB). Zur Erfüllung kommt jedenfalls allein Barzahlung in Frage, die Verschaffung von Buchgeld kann allenfalls als Leistung an Erfüllungs Statt (§ 364 BGB) das Schuld Verhältnis erlöschen lassen. Zu einer entsprechenden Einordnung unbarer Zahlungen gelangt, wer den Inhalt der Geldschuld zwar funktional bestimmt, als einziges erfüllungstaugliches Mittel, den abstrakten Leistungsgegenstand zu übertragen, aber die Übereignung der gegenständlichen gesetzlichen Zahlungsmittel anerkennt. 277 Das Sachproblem wird so lediglich auf eine andere Ebene verschoben, inhaltlich geht es auch hier um die bereits diskutierte Relevanz des Währungsrechts für das Geldschuldrecht. Abgesehen von ihren hier nicht geteilten Prämissen spricht noch ein Weiteres gegen die These vom bloßen Surrogatscharakter der Buchgeldzahlung: Haben die Parteien eine Vereinbarung des Inhalts getroffen, daß allein die Einräumung eines Bankguthabens zur Tilgung der Verbindlichkeit führen, die Übereignung von Geldzeichen dagegen ausgeschlossen sein soll, müßte konsequenterweise die Anwendung der Geldschuldregeln zu Gunsten einer Forderungsverschaffungsverpflichtung sui generis verneint werden. 278 Denn wenn man die Verschaffung einer Buchgeldposition nicht zum Inhalt der Geldschuld zählt, den Parteien nach § 305 BGB aber gleichwohl die Begründung einer derartigen Verpflichtung gestattet, wäre für die Annahme einer Leistung an Erfüllungs Statt kein Raum. § 364 Abs. 1 BGB verlangt, daß der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung annimmt.
277 Etwa RGZ 134, 73, 76; BGHZ 53, 139 f; 58, 108, 109; 72, 317 f; BGH JZ 1953, 469 f; BGH WM 1955, 1473; OLG Hamm FamRZ 1988, 499, 500; OLG Hamm NJW 1988, 2115 f; OLG Köln NJW-RR 1991, 50; Kaduk in Staudinger12, Vorbem zu % 362 ff, Rn 62 f; Olzen in Staudinger11, Vorbem zu §§ 362 ff, Rn 19; Zeiss in Soergel12, § 362 Rn 4; Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 263; Fikentscher Schuldrecht, 160, 194; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 337. 278 Breunig Nichtablehnbarkeit, 174 f; Gernhuber Erfüllung, 202; Münch Giralgeld, 177.
48
1. Teil: Grundlagen
Welche Leistung in der genannten Konstellation geschuldete Primärleistung sein sollte, bliebe offen, wollte man nicht den Parteien einen von ihrem eindeutigen Willen abweichenden Schuldinhalt aufzwingen. Ohne Existenz einer Primärleistung ist ein Erfüllungssurrogat undenkbar. 279 Selbst wenn man sich über die mit § 364 Abs. 1 BGB verbundenen rechtstechnischen Bedenken hinwegsetzte, wäre doch dem deutschen Privatrecht die Vorstellung fremd, ein Schuldverhältnis könne nach Maßgabe des Parteiwillens von vornherein niemals durch Bewirken der geschuldeten Leistung (Ubereignung von Geldzeichen) getilgt werden, sondern allein durch Verschaffung eines Surrogats (Buchgeld). Die Rechtsordnung reagiert in der Weise, daß sie dem wirklichen Willen der Parteien entsprechend die schuldgegenstandsbezogenen Rechtsfolgen an dasjenige knüpft, was der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann bzw. dieser an jenen leisten muß. Eine ähnliche Sachlage ist bereits im Zusammenhang mit der Bestimmung der Schuldwährung und ihrer im Einzelfall erforderlichen Abgrenzung zur Zahlungswährung und zur Berechnungswährung erörtert worden: Die Abrede „1000,- DM zahlbar in Dollar" enthält nicht DM als Schuld- und Dollar als Zahlungswährung; Schuldwährung ist vielmehr der Dollar, die deutsche Währung dient lediglich der Berechnung des auf Dollar lautenden Schuldgegenstandes. Für die Rechtsprechung und die ihr zustimmende Lehre bliebe daher zur Einordnung von Buchgeldverschaffungsverpflichtungen an sich nur die Möglichkeit, statt einer Geldschuld eine eigenständige Verbindlichkeit anzunehmen, die darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers eine Forderung gegen ein Kreditinstitut zu begründen. Die Regeln über die Geldschuld nicht anzuwenden hieße aber, den wirtschaftlichen Gegebenheiten wie auch den Parteiinteressen Gewalt anzutun, was wiederum nur durch verstärkte Analogien aufgefangen werden könnte.
bb) Verbleibende Funktion des währungsrechtlichen
Annahmezwangs
Ist die Geldschuld dagegen ihrem Inhalt nach auf die Verschaffung abstrakter Vermögensmacht gerichtet, handelt es sich bei Bar- und Buchgeld lediglich um verschiedene Erscheinungsformen (Konkretisierungen, Modalitäten, Repräsentationsformen) eines Leistungsgegenstandes. 280 Eine Verbindlichkeit, die ausschließlich auf Verschaffung von Buchgeld gerichtet ist, bildet also ebenso unproblematisch eine originäre Geldschuld wie jene Verpflichtung, bei der die Parteien zu Zahlungszwecken die Übereignung von Geldzeichen 279 Vgl Heinrichs in MünchKomm-BGB3, § 364 Rn 1; Olzen in Staudinger13, § 364 Rn 10; zum Ganzen Harder Leistung, 129 ff. 280 Isele AcP 129 (1928) 136, 165; Simitis AcP 159 (1960/61) 406, 449; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn C 45; Münch Giralgeld, 175 ff; O. Werner in Erman', S 244 Rn 3; Gernhuber Erfüllung, 204 f; Rennpferdt Harmonisierung, 198 f; Breunig Nichtablehnbarkeit, 177 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 10; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 4, 7; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 248; siehe auch den bei Rennpferdt (Harmonisierung, 253 ff, 261) in deutscher Sprache abgedruckten Harmonisierungsvorschlag der International Law Association von 1984: „1· Die unbedingte und unwiderrufliche Gutschrift auf einem Bankkonto auf Grund einer Banküberweisung oder einer Direktbelastung, gleichgültig welcher Übertragungstechnik sich für den Transfer der Vermögenswerte bedient wurde, wird als voll gültige Erfüllung der Geldschuld angesehen und nicht bloß als Leistung an Zahlungs Statt („datio in solutum") oder als Leistung erfüllungshalber („datio solvendi causa"), soweit der Gläubiger ausdrücklich oder stillschweigend diesem Zahlungsmodus zugestimmt hat und, sofern der Gläubiger über mehrere Konten verfügt, die Gutschrift auf dem von ihm angezeigten Konto erfolgt".
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
49
verabredet haben. Der Umstand, daß die geschuldete Einräumung abstrakter Vermögensmacht tatsächlich mit verschiedenen Mitteln bewirkt werden kann, läßt indes noch keine Aussage darüber zu, welche Form der Zahlung nun vom Schuldner in concreto zu erbringen ist. Vielmehr verlangt die besondere Natur des Leistungsgegenstandes eine in erster Linie nach Maßgabe des Parteiwillens vorzunehmende Bestimmung der dem Inhalt des Schuldverhältnisses adäquaten Zahlungsmodalität(en). Nur wenn die geschuldete abstrakte Vermögensmacht mit obligationsmäßigen Mitteln an den Gläubiger bewirkt wird, erlischt die Geldschuld durch Erfüllung, § 362 BGB. Entsprechendes gilt für die Voraussetzungen des Gläubigerverzuges, setzt doch eine Annahmeobliegenheit grundsätzlich voraus, daß die Zahlung, „so, wie sie zu bewirken ist" (vgl. § 294 BGB) angeboten wurde. Wenig Klarheit besteht in diesem Zusammenhang darüber, welche Bedeutung der Bestimmung gesetzlicher Zahlungsmittel durch den Währungsgesetzgeber noch verbleibt. Simitis2U und v. Maydell2*2 sprechen von einer gesetzlichen Auslegungsregel, mit der alle Unklarheiten darüber ausgeräumt werden sollen, was Geld i.S.d. Geldschuld ist, falls die Parteien nicht selbst eindeutig festgelegt haben, was sie unter Geld verstehen. Im Zweifel sei nach dieser „primären Dispositivnorm" 283 dasjenige als Geld zu erbringen und anzunehmen, was vom jeweils zuständigen Währungsgesetzgeber den Status gesetzlicher Zahlungsmittel zuerkannt erhalten hat. 284 Im Kern geht es also um eine Ausschließlichkeitsregel: Barzahlung soll mangels gegenteiliger Parteiabrede oder Gesetzesbestimmung die einzig obligationsgemäße Zahlungsweise darstellen. Davon abweichend stehen Breunig285 und Grämlich286 auf dem Standpunkt, die Festlegung gesetzlicher Zahlungsmittel enthalte zwar keine Auslegungsregel des Inhalts, daß Bargeld geleistet werden müsse, bestimme aber immerhin, daß der Schuldner im Zweifel Bargeld leisten dürfe Geldzeichen würden m.a.W. bei Unklarheiten nicht zum einzigen Erfüllungsmittel gemacht, vielmehr könnten andere Zahlungsmethoden gleichberechtigt neben der Barzahlung zulässig sein.287 Ein noch geringerer Stellenwert wird dem währungsrechtlichen .Annahmezwang" von Münchm zugebilligt. Ihm zufolge spielen die währungsrechtlichen Regeln heute nur noch insoweit eine Rolle, als sie für den Fall, daß Bargeld nach dem Inhalt der konkreten Geldschuld geleistet werden darf, festlegen, was Bargeld ist und bis zu welcher Höhe es in einer bestimmten Stückelung aufgedrängt werden kann. Darüber, ob dem Schuldner Barzahlung allein oder neben einer anderen Zahlungsweise - im Einzelfall zusteht, sollen ausschließlich Parteiabrede, Verkehrssitte sowie Treu und Glauben entscheiden, nicht aber, auch nicht im Zweifelsfall, der währungsrechtliche „Annahmezwang". Im Ergebnis ist dieser letztgenannten Betrachtungsweise der Vorzug zu geben. Die Bestimmung der im Einzelfall zulässigen Zahlungsweise(n) wird auf Basis eines funktionalen Geldschuldverständnisses vom Primat des Parteiwillens beherrscht. Der Parteiwille mag ausdrücklich oder konkludent geäußert werden und sich auf eine Zahlungsweise beschrän-
281 282 283 284 285 286
AcP 159 (1960/61) 406, 426. Geldschuld und Geldwert, 63 f. v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 64. Zum Verhältnis zwischen Auslegungsregel und Dispositivnorm siehe noch S 237 ff und 303 ff. Nichtablehnbarkeit, 165. § 14 BBankG Rn 13.
287
Breunig Nichtablehnbarkeit, 165.
288
Giralgeld, 180.
50
1. Teil: Grundlagen
ken, dem Schuldner aber auch die Wahl zwischen barer und unbarer Zahlung lassen. 289 Fehlt eine ausdrückliche Parteiabrede, kann die nach Maßgabe von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte erfolgende Auslegung des Schuldverhältnisses (§§ 157, 242 BGB) ergeben, auf welche Weise gezahlt werden kann bzw. muß. Angesichts der Kompetenzerweiterung, die das Geldschuldrecht parallel zum Bedeutungswandel des währungsrechtlichen „Annahmezwangs" erfahren hat, ist es heute nicht mehr zulässig, die § § 1 Abs. 2 W ä h r G , 14 Abs. 1 S. 3 BBankG, 2, 3 MünzG als Auslegungsregel oder Dispositivnorm für die Ermittlung der allein obligationsgemäßen Zahlungsweise zu betrachten. Entsprechendes verbietet sich künftig für die Interpretation der Art. 9, 10, 11 und 15 der EURatsverordnung 974/98 über die Einführung des Euro. Abgesehen davon, daß die §§ 157, 242 BGB sich durch flexible und damit zugleich interessengerechte Lösungen auszeichnen, hieße es, die mannigfaltige rechtliche Gleichstellung des Buchgeldes mit dem Bargeld und die wirtschaftlich überragende Rolle der bargeldlosen Zahlung zu negieren, wollte man annehmen, die Geldschuld sei im Zweifel Harzahlungsverpflichtung.29ü Ebensowenig überzeugt es, den währungsrechtlichen „Annahmezwang" dahingehend zu interpretieren, daß mangels gegenteiliger Bestimmung ein Barzahlungsrec/?i besteht. Wenn nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses weder bare noch bargeldlose Zahlung ausgeschlossen ist, stehen dem Schuldner beide Möglichkeiten zur Wahl. Dabei spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob man diese Wahlmöglichkeit des Schuldners im rechtsgeschäftlichen Bereich als Auslegungsregel bezeichnet oder ihre Herkunft unmittelbar aus der dispositiven Gleichwertigkeit sämtlicher Modalitäten zur Verschaffung der geschuldeten abstrakten Vermögensmacht herleitet. Materiell rechtfertigt sie sich ohne weiteres aus der Überlegung, daß Gläubigerbelange nicht tangiert werden, sofern weder Verkehrssitte noch Treu und Glauben die obligationsmäßigen Zahlungsmodalitäten einschränken. 291
4.
Verpflichtungen zur E i n r ä u m u n g von Buchpositionen
In III.2. wurde dargelegt, unter welchen Voraussetzungen der wechselseitigen Hingabe von Geldzeichen unterschiedlicher Währungen eine Geldschuld und damit gegebenenfalls eine Fremdwährungsverbindlichkeit (im hier verstandenen Sinne) zugrunde liegen kann. Die Ausführungen in III.3. haben sodann gezeigt, daß die Übereignung von Geldzeichen nicht das einzige Mittel zur Erfüllung der Fremdwährungsverbindlichkeit bildet, im Rahmen des S 3 6 2 BGB vielmehr auch die Verschaffung von Buchgeld in Betracht kommt. Z u untersuchen bleibt, welchen Rechtscharakter solche Geschäfte besitzen, die auf wechselseitige Verschaffung von Buchpositionen unterschiedlicher Währungen lauten. Im Vordergrund stehen dabei Devisenhandels- und Währungsswapgeschäfte, sowie (einfache) Geschäfte mit
289 Natürlich können dem Schuldner auch mehrere Möglichkeiten unbarer Zahlung eingeräumt werden, ebenso wie (theoretisch) Barzahlung in unterschiedlicher Weise möglich ist (verschiedene unechte Geldsortenabreden). 290 Münch Giralgeld, 179 f. 291 Welche Einschränkungen sich aus §§ 157, 242 BGB im Einzelnen ergeben, muß nach Geschäfts- bzw Schuldtypen und Beteiligten unterschiedlich betrachtet werden; dazu detailliert Münch Giralgeld, 181 ff; speziell zur Situation bei den Euro-Devisen siehe Angelika Fuchs ZVglRWiss 95 (1996) 283,303 f.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
51
Fremdwährungsguthaben zwischen Bank und Kunden. Ihre Grundstrukturen sollen im folgenden kurz behandelt werden. 2 9 2
a) aa)
Devisenhandel Zur Beschaffenheit
von Devisen
und
Eurodevisen
O b w o h l die Termini Valuten, Sorten und Devisen nicht selten synonym verwendet werden, hat auch der Begriff Devisen im Wirtschaftsleben eine technische Bedeutung, wie bei Darstellung der sog. Eurodevisen bereits angedeutet. 293 Devisen in diesem technischen Sinne sind üblichem Verständnis zufolge „Ansprüche auf Zahlung in fremder Währung an einem ausländischen Platz" 294 oder für die Zwecke dieser Untersuchung präziser: Fremdwährungsguthaben bei Banken im Ausland. 2 ' 5 Rechtlich betrachtet müßte es sich damit ohne weiteres um eine Geldschuld der jeweils kontoführenden Bank gegenüber dem Kontoinhaber handeln. Diese Geldschuld wäre aus der Bankenperspektive betrachtet im Falle der sog. Eurodevisen eine Fremdwährungsverbindlichkeit, ansonsten eine Heimwährungsschuld. 2 9 6 Im Zusammenhang mit dem exponentiellen Wachstum der Eurodevisen-Märkte ist indes die Auffassung laut geworden, ein Eurodevisen-Bankguthaben beinhalte eine Verschaffungsverpflichtung der kontoführenden Bank ohne Geldschuldcharakter. D e n Hintergrund bildet der Umstand, daß in der Praxis reine Kontenmärkte existieren, auf denen sich die einzelnen Leistungen unter Einhaltung eines Clearing-Systems im Lande der gehandelten Währung vollziehen. D e n Eurodollar-Markt kennzeichnen mithin Kontenbewegungen in den USA, wobei üblicherweise das Clearing House Interbank Payment System
292 Eine Erörterung der unterschiedlichen Geschäftstypen und ihrer spezifischen Rechtsprobleme liegt außerhalb der Zielsetzung dieser Arbeit; zu Einzelheiten siehe Kleiner Internationales DevisenSchuldrecht, 175 passim. 293 S 14 ff. 294 Würdingerl Röhricht in Großkommentar-HGB 3 , Vor § 373 Anm 24; Natermann Eurodollarmarkt, 66 f; Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 44; ders Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 17; Schönle Bank- und Börsenrecht, 403; Obst/Hintner Geld-, Bank- und Börsenwesen, 474; Obermüller W M 1984, 325; Feldbausch Hdb der Bankpraxis, 102; Kümpel WM 1987, 1321, 1326. 295 Diese engere Begriffsbestimmung ist kennzeichnend für den Devisenhandel; Büschgen Das kleine Börsenlexikon, 178; Lipfert Zahlungsverkehr, 19; ders Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 17; Feldbausch Hdb der Bankpraxis, 102; zu Devisen iwS zählen ferner im Ausland zahlbare Schecks und Wechsel; Büschgen aaO; H. Köhler in Staudinger 13 , § 433 Rn 37; Schönle Bank- und Börsenrecht, 403; Würdinger/Röhricht in Großkommentar-HGB 3 , Vor § 373 Anm 24. 296 Vgl Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 51, der seiner Abhandlung einen erweiterten Devisenbegriff zugrunde legt und eine „Devisenschuld" annimmt, „wenn das Dreieck GläubigerSchuldner-Währung irgendwo grenzüberschreitend ist". Danach seien Devisen „Forderungen bzw Schulden im grenzüberschreitenden Verkehr". Auch im übrigen werden die Begriffe „Devisen" und „Devisenhandel" nicht einheitlich verstanden; so formulieren Baumbach/Hopt HGB, BankGesch Rn N/1: „Der Devisenhandel ist der Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln. Dazu gehören Sorten (...), Fremdwährungsguthaben und im Ausland zahlbare Fremdwährungswechsel und -schecks". Von der Terminologie hängt natürlich nur dann etwas ab, wenn die Begriffe Anknüpfungspunkte unterschiedlicher Rechtsfolgen sind; in der Praxis ist man sich in derartigen Fällen jedoch über die Begriffsinhalte einig.
52
1. Teil: Grundlagen
(CHIPS) in New York den Verrechnungsvorgang durchführt. 297 Ungeachtet der Belegenheit der Eurodollar-Bankguthabens verläßt praktisch kein einziger Dollar die Vereinigten Staaten. 2 ' 8 Die Folgerung, der Gläubiger eines Eurodollar-Bankguthabens sei nicht Inhaber eines Zahlungsanspruchs, sondern könne (nur) Einräumung einer Dollar-Gutschrift via CHIPS in den Vereinigten Staaten verlangen, hat Konsequenzen. Dies gilt natürlich für den Bereich des materiellen Rechts, namentlich bei Fragen der Tilgung, 299 Auswirkungen sind aber auch im Vollstreckungs- und Insolvenzrecht zu beobachten. 300 Zwei englische Urteile aus der zweiten Hälfte der 80er Jahre mögen die Problematik illustrieren. In beiden Fällen war es die Libyan Arab Foreign Bank, 301 die in England Auszahlungen von ihren Dollarkonten bei Londoner Zweigstellen amerikanischer Banken verlangte, und zwar in einer Höhe von 131 Mio. Dollar 302 bzw. 41 Mio. Dollar. 303 Den Hintergrund des klägerischen Verlangens bildete die Blockade libyscher Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten, die Anfang 1986 durch Präsident Reagan angeordnet worden war. 304 Infolge dieser Vermögenssperre war es den beklagten Banken untersagt, die Guthaben auf ein amerikanisches Konto zu transferieren. In der Bankers Trust-Entscheidung gab Richter Staughton der Klägerin recht, verurteilte zur Barauszahlung (!)305 und betonte, er sehe keinen Unterschied zwischen einem Eurodollar und einem gewöhnlichen Dollar. Ein verbindlicher Handelsbrauch dergestalt, daß nur die Überweisung mittels eines Clearing-Systems im Lande der geschuldeten Währung Erfüllung bedeute, sei nicht zu erkennen. 306 Ein obsiegendes Urteil erhielt die libysche Bank auch auf ihre Klage gegen die Manufacturers Hanover Trust Company hin. Die Frage, ob für die Überweisung mittels Clearing-Systems in New York ein Handelsbrauch besteht, blieb jedoch im Unterschied zur Entscheidung Bankers Trust
297 Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 98; Brandes Euro-Dollarmarkt, 64 f; Hahn Währungsrecht, 52; Mandel ÖBA 14 (1966) 118; Angelika Fuchs ZVglRWiss 95 (1996) 283, 289 f. 298 Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 98: „Das einzige, was geschieht, ist, daß in New York geführte Bücher Eintragungen, Gutschriften und Belastungen aufweisen, aus denen das in Zürich geführte Konto entsteht: wenn die schweizerische Bank 100 Millionen Dollar empfängt, so ist ihr Konto bei einer New Yorker Bank, vielleicht auch das Konto ihrer New Yorker Filiale erkannt und ein anderes New Yorker Konto belastet worden. ... Der Zahlungsvorgang spielt sich also völlig in New York ab, obwohl sein Ergebnis in den außerhalb Amerikas geführten Büchern Niederschlag findet". Und weiter auf S 99: „Es gibt außerhalb Amerikas nichts anderes als Bucheintragungen, denen Eintragungen in New York entsprechen". 299 Zu § 244 BGB S 507 f. 300 Mann aaO; eingehend dazu noch S 735 ff. 301 Es handelte sich um ein Tochterunternehmen der libyschen Zentralbank. 302 Libyan Arab Foreign Bank v. Bankers Trust Company, (1988) 1 Lloyd's Rep., 259 ff (Q.B. Com.Ct.). 303 Libyan Arab Foreign Bank v. Manufacturers Hanover Trust Company, (1989) 1 Lloyds's Reports, 608 ff (Q.B. Com.Ct.). 304 Einzelheiten zu beiden Entscheidungen, insbes. auch zu den von der Klägerin im übrigen geltend gemachten Ansprüchen bei Angelika Fuchs IPRax 1990, 260 ff; vgl auch dies ZVglRWiss 95 (1986) 283, 290 ff. 305 Libyan Arab Foreign Bank v. Bankers Trust Company aaO, 259, 260 unter (7), 273 ff. 306 Sei dies nicht möglich, müsse in englischer Währung geleistet werden; Libyan Arab Foreign Bank v. Bankers Trust Company aaO 259, 282 f; kurz nach der Entscheidung erteilte die Regierung der Vereinigten Staaten der Beklagten die Genehmigung zur Zahlung in US-Dollar; zu den mutmaßlichen Gründen siehe Leigh AJIL 82 (1988) 132, 136.
§ 2 : Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
53
unerörtert. Auch verurteilte Richter Hirst nicht zur Barauszahlung, sondern zum Transfer im Wege interner Banküberweisung.307 Ob sich im Eurodevisen-Bereich ein Handelsbrauch der dargestellten Art für das Verhältnis zwischen kontoführender Bank und Kontoinhaber feststellen läßt, kann an dieser Stelle nicht erörtert werden.308 Selbst wenn aber eine branchenübliche Gepflogenheit bestehen sollte, ausschließlich über Clearing im Lande der Schuldwährung zu leisten, oder wenn im Einzelfall eine dahingehende Parteiabrede feststellbar ist,309 bedeutete dies doch keineswegs zwingend, daß die Verpflichtung der Bank den nationalen Regeln über die Behandlung von Geldschulden schlechthin entzogen wäre. Geldschuld ist die Verpflichtung zur Zahlung durch Verschaffung abstrakter Vermögensmacht, bei der Bargeldzahlung und Banküberweisung bloße Erfüllungsmodalitäten darstellen.310 Ebenso wie es den Parteien freisteht, Erfüllung durch Übereignung bestimmter Geldsorten festzulegen, bleibt es ihnen unbenommen, Barzahlung als vertragsgemäße Erfüllung auszuschließen oder vorzusehen, daß die Schuld nur durch Überweisung in einer bestimmten Form an einem bestimmten Ort erlöschen soll. Voraussetzung für die Einordnung einer in Geld ausgedrückten Verbindlichkeit in die Kategorie der Geldschulden ist nach deutschem Recht allein, daß es sich um eine Zahlungsverpflichtung handelt. Nur wenn das geschuldete Geld, ob Geldzeichen oder Buchgeld, selbst Gegenstand des Handelsverkehrs ist, liegt keine Geldschuld vor. Eine derartige vom Geldschuldrecht generell losgelöste Buchpositionsverschaffungspflicht mag sich beim Devisenhandelsgeschäft feststellen lassen. Doch ist die Verpflichtung zur Verschaffung eines Bankguthabens von der Verpflichtung aus dem Bankguthaben rechtlich zu unterscheiden;311 letztere ist typischerweise eine Zahlungsverpflichtung; mögen die Parteien auch besondere Zahlungsmodalitäten verabredet haben.312 Natürlich trägt aber das staatliche Recht - soweit es den Parteien Dispositionsbefugnis gewährt - der vertraglichen Ausgestaltung des Schuldverhältnisses Rechnung, wenn es darum geht, an die Existenz einer Geldschuld Rechtsfolgen zu knüpfen. Ist Barzahlung als Erfüllung dem Schuldinhalt zufolge ausgeschlossen, sind diejenigen nationalen Vorschriften unanwendbar, deren Tatbestand eine Verpflichtung zur Zahlung von Bargeld voraussetzt. Im übrigen sind die einzelnen Regeln über die Behandlung von Geldschulden im Wege der Auslegung daraufhin zu befragen, ob und wie sie auch Verpflichtungen zu ausschließlich bargeldloser Zahlung erfassen wollen.313 So mag man bei Bankguthaben in
307
Libyan Arab Foreign Bank v. Manufacturers Hanover Trust Company aaO, 6 0 8 , 6 3 0 .
Dagegen auch Wells Fargo Asia Ltd. v. Citibank, N.A., 6 6 0 F. Supp. 9 4 6 , 9 5 0 (S.D.N.Y. 1 9 8 7 ) ; 6 9 5 Supp. 1 4 5 (S.D.N.Y. 1 9 8 8 ) . 308
3 0 9 In den Sachverhalten, die den Urteilen gegen Bankers Trust und Manufacturers Hanover Trust zugrunde lagen, fehlte es an derartigen vertraglichen Abreden.
Soeben S 4 7 ff. Vgl Mann S c h w J b I n t R 3 6 ( 1 9 8 0 ) 9 3 , 1 0 0 . 3 1 2 Für den Geldschuldcharakter der Euro-Devisen auch Nobel in F G Schluep, 2 8 5 , 2 9 7 ; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 3 4 EGBGB Anh. I Rn 2 4 ; Angelika Fuchs ZVglRWiss 9 5 ( 1 9 9 6 ) 311
283, 301 f; Hemng/Kübler ZBB 1995, 113, 123. 3 1 3 So im Ansatz auch Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, wenn er auf S 7 4 formuliert, der Begriff der Geldschuld sei „zu relativieren und in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen", und anschließend fortfährt: „Mit Bezug auf Fremdwährungs-Devisenschulden ist der Geldschuldcharakter beschränkt". H.J. Hahn Euro-Devisen, 3 7 f und Dach A J C L 13 ( 1 9 6 4 ) 3 0 , 3 8 konzentrieren ihre Ausführungen ebenfalls auf einen Einzelaspekt, nämlich den der Erfüllung, ohne zugleich die Rechtsnatur der Devisenschuld als Geldschuld in Abrede zu stellen.
54
1. Teil: Grundlagen
Form von Euro-Devisen beispielsweise darüber streiten, ob es sachgerecht ist, die Regeln der SS 803 ff. ZPO über die Vollstreckung wegen Geldforderungen heranzuziehen. 314 Fraglich ist daneben etwa, ob der Ausschluß der Unmöglichkeitsregeln auch für Fälle einer Devisensperre Geltung beanspruchen kann. 315 Entscheidend kommt es auf die jeweilige Inhaltsbestimmung der Geldschuld und auf die konkret in Rede stehende Norm an. Daß dies nichts Ungewöhnliches darstellt, belegt S 245 BGB, dessen rechtssystematische Bedeutung sich hier als fruchtbar erweist. Der Begriff Geldschuld zwingt also nicht zur blinden Anwendung aller Geldschuldregeln.316
bb) Zur Abwicklung des börslichen und außerbörslichen Berufshandels Das Devisenhandelsgeschäft verpflichtet die Vertragspartner zur gegenseitigen Einräumung von Bankguthaben in unterschiedlicher Währung. Grundsätzlich können auf beiden Seiten Devisen den Gegenstand der Leistungspflicht bilden, häufig ist aber auch nur eine der geschuldeten Leistungen eine Devise, d.h. ein auf ausländische Währung lautendes und im Ausland zu verschaffendes Bankguthaben. Ausschließlich Kontrakte der letztgenannten Art werden an den fünf deutschen Devisenbörsen 317 geschlossen. Die Bedingungen des börslichen Devisenhandels sind standardisiert, der Handel erfolgt nur gegen deutsche Währung, die Devisengutschrift zu Gunsten des Gläubigers hat bei einer Zahlstelle im Lande der geschuldeten Währung zu erfolgen. Weit größere Bedeutung als der institutionalisierte Devisenhandel an den Börsen besitzt in der Praxis der Berufshandel mit Devisen, an dem überwiegend Banken beteiligt sind. Auch hier erfüllt der Schuldner regelmäßig über eine Zahlstelle im Lande der geschuldeten Währung. 318 Der Schuldner mag mit der Zahlstelle des Gläubigers in Kontoverbindung stehen. Dann belastet die Zahlstelle das Konto des Schuldners und begründet im Umfang der Gutschrift eine Schuld gegenüber dem Gläubiger. Fehlt es an einer direkten Verbindung zwischen dem Schuldner und der Zahlstelle des Gläubigers, erfüllt der Schuldner durch Einschaltung einer weiteren Bank, die ihrerseits mit der Zahlstelle des Gläubigers in Verbindung tritt. Befindet sich schließlich ein Clearingsystem im Lande der Währung, kann die Bank des Schuldners einen der Schuld entsprechenden Betrag über die Clearingstelle der Bank des Gläubigers vergüten, woraufhin diese im entsprechenden Umfang den Sollsaldo ihres Kunden reduziert bzw. den Habensaldo erhöht. Die banktechnischen Abwicklungsmodalitäten können in vielfältiger Weise variieren, etwa wenn der Schuldner im Gebiet der geschuldeten Währung domiziliert und auf einem bei sich gehaltenen Konto des Gläubigers erfüllt oder wenn eine Transaktionswährung vereinbart worden ist. 319
314 315 316 317
Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 7 4 ; siehe auch noch S 7 3 5 ff. Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 1 3 1 . Vgl K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 2 4 4 Rn C 3. Seit 1 9 5 3 bestehen Devisenbörsen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M., Hamburg und München.
318 Z u den banktechnischen Verfahrensabläufen eingehend Kleiner Internationales DevisenSchuldrecht, 8 4 ff, 1 7 5 ff, 1 9 2 f; Obst/Hintner Geld-, Bank- und Börsenwesen, 4 7 4 ff. 3 1 9 Transaktionswährung ist im beruflichen Devisenhandel typischerweise der US-Dollar; Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 2 4 f.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
cc)
Vertragsrechtliche
55
Qualifikation
Die AGB der deutschen Banken und Sparkassen enthalten für die rechtliche Behandlung v o n Devisenkontrakten die gleiche Regelung wie für Sortengeschäfte. 3 2 0 Aufträge zum Kauf oder Verkauf v o n Devisen führt das Kreditinstitut danach, soweit zulässig, als Kommissionär durch Selbsteintritt aus, ansonsten als Eigenhändler. Es mag dahinstehen, ob die AGB im allgemeinen (ungeachtet ihrer Eingangsformeln, die auf das Verhältnis Kreditinstitut - Kunde abheben) 3 2 1 auch im Verkehr der (inländischen) Kreditinstitute untereinander gelten 3 2 2 und welche Bedeutung den Termini auf der Tatbestandsseite der Devisenregelung zukommt. Gerade im Bereich des Devisenhandels zwischen Banken wird üblicherweise auf die Vereinbarung v o n AGB verzichtet. 323 Vertragsschluß und Geschäftsabwicklung vollziehen sich statt dessen nach Maßgabe von Usancen und Handelsbräuchen 3 2 4 so daß sich Devisengeschäfte praktisch nur im Verkehr zwischen (inländischer) Bank und Kunden nach AGB richten 325 können, nicht hingegen im hier primär zu betrachtenden Berufshandel. 3 2 6 (1)
Meinungsspektrum
Ganz überwiegend wird angenommen, Devisenabschlüsse bildeten Kaufverträge, ggf. auch Tauschverträge, 3 2 7 und zwar handele es sich um Rechtskauf 3 2 8 bzw. Rechtstausch. Soweit hierfür überhaupt eine Begründung erfolgt, erschöpft sie sich meist im Hinweis auf den Forderungscharakter von Devisen. 3 2 9 Tausch sei zu erwägen - so wird bisweilen formuliert - ,
320
S 34. So heißt es in Nr 1 Abs 1 der Banken-AGB (Fassung Januar 1993): „Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und den inländischen Geschäftsstellen der Bank (...). Daneben gelten für einzelne Geschäftsbeziehungen (...) Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen ... enthalten; sie werden bei der Kontoeröffnung oder bei Erteilung eines Auftrags mit dem Kunden vereinbart". Vergleichbare Formulierungen enthält Nr 1 Sparkassen-AGB (Fassung Januar 1993). 322 Canaris in Großkommentar-HGB 3 , Bankvertragsrecht Rn 2518 ff. 323 Koenig Interbankendevisenhandel, 16, 18 f. 324 Usancen sind Regeln über ständig wiederkehrende Fragen in einem bestimmten Geschäftskreis (Markt, Börse, Branche), die von den beteiligten Kreisen für vernünftig und zweckmäßig erachtet und üblicherweise schriftlich fixiert und öffentlich bekanntgegeben werden. Inhaltlich betreffen sie vor allem den Abschluß von Rechtsgeschäften. Im Unterschied zu Handelsbräuchen handelt es sich bei Usancen um Regeln, die sich (noch) nicht zu der den Handelsbrauch kennzeichnenden andauernden, gleichmäßigen Übung verdichtet haben. Usancen werden durch stillschweigende Einbeziehung Vertragsinhalt, wenn beide Parteien in derselben Branche tätig sind, auf die sich die Usance bezieht, sie die Usance kennen oder kennen mußten und keine Partei ihrer Einbeziehung widerspricht; zum Ganzen siehe Koenig Interbankendevisenhandel, 12 ff; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 346 Anm 3; Kiimpel WM-Sonderbeilage 1/1991,11. 325 Koenig aaO. 326 Zum Geschäft zwischen Bank und Kunden siehe noch unten 4.b). 327 Koch ÖBA 1985, 303, 308. 328 Obermüller W M 1984, 325; H. Köhler in Staudinger 13 , § 433 Rn 37; Κ Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 12; ders FS Merz, 533, 535; Bärmann/BrinkJScheerer Europäisches Geld-, Bank- und Börsenrecht, 186; Huber in Soergel12, § 433 Rn 45; Baumbach/Hopt HGB, BankGesch Rn N/1; für das schweizerische Recht ebenso BGE 51 II, 199, 202 f; 103 II, 190, 193. 329 So die in den vorherigen Fußnoten genannten Autoren. 321
1. Teil: Grundlagen
56
wenn Fremdwährung gegen Fremdwährung gehandelt werde, auch bei derartigen Usancegeschäften seien sich die Geschäftspartner aber darüber im Klaren, welche Währung gehandelt und welche Währung als Zahlungsmittel Verwendung finde. 330 Demgegenüber argumentieren vor allem Fülbierm und zuvor bereits Kleiner,™2 die skizzierte Einordnung der Devisengeschäfte mißachte die in der Bankpraxis zu beobachtenden Verfahrensabläufe. Weil Buchforderungen bei der Erfüllung von Devisenabschlüssen nicht abgetreten, 333 sondern originär zu Gunsten des Vertragspartners begründet werden, meint Fülbier, es komme beim Devisengeschäft nur auf die Leistung einer Wertsumme in Fremdwährung an. Es handele sich um eine normale Geldschuld, die zur Leistung ausländischer Geldzeichen verpflichte. Die branchenübliche Verschaffung von Buchgeld stelle eine Leistung an Erfüllungs Statt dar. Devisengeschäfte, so sein Fazit, seien daher wie Sortengeschäfte Sachkäufe. 334 Kleiner meint, es könne weder Kauf noch Tausch angenommen werden. Kauf scheide schon deshalb aus, weil die sich gegenüberstehenden Leistungen gleichartig seien, 335 und Tausch komme nicht in Betracht, weil dieser Vertragstypus voraussetze, daß auf jeder Seite die Rechtsmacht über den Tauschgegenstand auf den Vertragspartner übertragen werde; beim Rechtstausch habe demzufolge ein „forderungsbezogener Subjektswechsel" zu erfolgen. Nicht ausreichend sei, wenn im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Leistungspflicht irgendwo Aktiva des Schuldners vermindert werden. 336 Infolgedessen betrachtet Kleiner das Devisenhandelsgeschäft als Vertrag sui generis, der gleichartige Leistungspflichten zum Inhalt habe. 337 Wechselseitiger Schuldinhalt sei die Einräumung einer Buchposition, Geldschulden würden dabei nicht begründet. 338 (2)
Devisenhandel als Rechtskauf oder Rechtstausch
(a)
Zum angeblichen Sachkaufcharakter des Devisengeschäfts
Das Devisengeschäft als Sachkauf zu charakterisieren kann nur unter der Prämisse gelingen, daß der Einräumung einer Devisenbuchposition eine Sachschuld zugrunde liegt. Ein Bankguthaben jedoch ist kein körperlicher Gegenstand i.S.d. § 90 BGB, sondern eine Forderung. Selbst wenn man mit Fülbier eine Geldschuld des Devisenschuldners annehmen wollte, gelangte man nicht zu S 433 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Geldschuld ist keine Sachschuld, sondern Verpflichtung zu Verschaffung abstrakter Vermögensmacht, bei der die Übereignung von Geldzeichen und die Verschaffung von Giralgeld bloße Erfüllungsmodalitäten darstellen. Ebenso wie bargeldlose Zahlung vertraglich ausgeschlossen werden kann, sind 330
Läer WM-Sonderbeilage 1/1977, 5. NJW 1990, 2797, 2798. 332 Internationales Devisen-Schuldrecht, 190 ff; ihm folgend Koettig Interbankendevisenhandel, 31 ff. 333 Und zwar auch nicht Buchforderungen, die erst nach Vertragsschluß geschaffen werden. 334 Fülbier NJW 1990, 2797, 2798; in ZIP 1990, 544 f beschränkt Fülbier dagegen die Annahme eines Kaufs auf „Devisengeschäfte" zwischen Kunden und Bank und spricht im übrigen von Tausch, wobei er auch hier betont, die Fremdwährung sei „wie Geld zu übereignen"; Ebenroth/Messer ZVglRWiss 87 (1988) 1, 10 formulieren ebenfalls, beim Devisenkauf würden Sachschulden begründet; gemeint ist aber wohl der Valutakauf, wie sich aus der zit. Literatur ergibt. 335 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 190, 184; ebenso Koenig Interbankendevisenhandel, 31 ff. 336 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 191 f, 194. 317 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 192 ff. 338 Kleiner aaO 45 ff, 194. 331
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
57
die Parteien in der Lage, diese Form der Erfüllung als allein vertragsgemäß festzulegen. Erfolgt eine derartige Fixierung auf Buchgeld, verbietet sich die Annahme einer bloßen Leistung an Erfiillungs Statt, mithin auch der Gedanke einer die Schuld „an sich" prägenden Sachleistungspflicht. Wer dessen ungeachtet in der Geldschuld eine Sachschuld erblickt und gleichzeitig die Pflicht zur Einräumung eines Devisenguthabens als Geldschuld begreift, mag das Devisengeschäft als Vertrag sui generis einordnen, bei dem sich zwei Geldschulden gegenüberstehen. Die Annahme eines Kaufvertrages scheidet in jedem Falle aus. Denn nur die Pflicht des Käufers ist Geldschuld, nicht hingegen die des Verkäufers, mag dieser auch Geldzeichen um ihrer Zahlungsmitteleigenschaft willen schulden. Es fehlt auf Seiten des Verkäufers an dem die Geldschuld konstituierenden Merkmal der Zahlung.» 9 Fülbier nun beruft sich darauf, daß die Einordnung von Devisen in die Kategorie der Sachen i.S.d. S 4 3 3 Abs. 1 S. 1 BGB mit den Vorstellungen der §§ 96 BörsG, 375, 376 HGB, 18 KO übereinstimme. 3 4 0 § 96 BörsG ordnet jedoch lediglich an, daß die für Wertpapiere getroffenen Bestimmungen des BörsG über die Feststellung amtlicher Börsenpreise, das Maklerwesen und den Strafrechtschutz gegen betrugsähnliches Verhalten auch für Börsengeschäfte in ausländischen Zahlungsmitteln gelten. Die Vorschrift, die heute neben Geldzeichen („Sorten") auch Buchgeld erfaßt, 3 4 1 wurde ursprünglich geschaffen, um zu gewährleisten, daß der Handel mit Sorten nicht den Regelungen über Waren unterliegt. 342 Daraus ein Argument für die These herzuleiten, Devisen bildeten Sachen im Rechtssinne, besteht jedoch kein Anlaß. Schon historisch lag § 96 BörsG nicht die Annahme zugrunde, außer Sorten seien auch Fremdwährungsbuchpositionen Sachen. Erst recht fehlt heute jeder Hinweis für eine derartige Auffassung des Börsengesetzgebers. Da Devisen als Forderungen weder Warennoch Wertpapiercharakter haben, bedurfte es ihrer Erfassung in § 96 BörsG, um überhaupt eine klare Einbeziehung in das börsengesetzliche Normengefüge zu ermöglichen. Dementsprechend konnte durch die Börsengesetz-Novelle 1989 3 4 3 die bis dahin in § 96 enthaltene Gleichstellung von ausländischen Zahlungsmitteln mit Wertpapieren im Hinblick auf den Börsenterminhandel (IV. Abschnitt des BörsG) gestrichen werden. Denn der Gesetzgeber ließ zugleich im IV. Abschnitt die Beschränkung des Terminhandels auf Waren und Wertpapiere fallen und führte zum Zwecke der Anpassung an neue wirtschaftliche Entwicklungen den Begriff des „Börsentermingeschäfts" ein, dem unproblematisch auch Devisentermingeschäfte unterfallen. 3 4 4 Zuvor hatte bereits der BGH seine Definition des Börsentermingeschäfts auf „Verträge über Wertpapiere, vertretbare Sachen oder Devisen" bezo-
339
S 33 ff; vgl auch K. Schmidt FS Merz, 533, 535: „Der Unterschied gegenüber den Geldforderungen besteht darin, daß Geld bei diesen nur als Wertmesser dient, bei Valuta- und Devisenkäufen dagegen Gegenstand der Forderung und Erfüllung ist." 340 NJW 1990, 2797, 2798; ders ZIP 1990, 544. 341 Schwark BörsG2, § 96 Rn 3; in Abs 2 des § 96 sind neben Geldsorten, Papiersorten, Banknoten und dergleichen auch Auszahlungen, Anweisungen und Schecks aufgeführt. 342 Nussbaum BörsG, Anm zu § 96. 343 BGBl, 1412. 344 Siehe die Begründung zum RegE, BT-Drucks 11/4177, 18 (zu § 50) und 21 (zu § 96); zum Begriff des Börsentermingeschäfts noch unten S 409 ff.
1. Teil: Grundlagen
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gen 345 und damit deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er Devisen nicht als Sachen versteht. Auch die Vorschriften über den Handelskauf enthalten keinen Hinweis zu Gunsten der Annahme, die Devisenverschaffungspflicht habe Sachschuldcharakter. Wenn bei Devisenkassa- und Devisentermingeschäften wegen ihres fest vereinbarten Erfüllungszeitraums die Bestimmung des § 376 HGB über den Handelskauf angewendet wird, 346 liegt dem ein Analogieschluß zugrunde. 3 4 7 Entsprechendes gilt für andere Fälle, in denen die Rechtsprechung Devisen wie Waren und Wertpapiere behandelt. 348 Diese Gleichbehandlung beruht nicht auf der Erwägung, die Devisenverschaffungsschuld sei Sachschuld, sondern ist Ausfluß der Erkenntnis, daß Devisen heute in ähnlicher Weise und in ähnlichem Umfang Gegenstände des Handelsverkehrs sind wie Waren und Wertpapiere. Ganz ähnlich liegen die Dinge im deutschen Insolvenzrecht. Gewiß waren Devisentermingeschäfte bis vor kurzem § 18 KO zu unterstellen 349 - eine N o r m , derzufolge dann, wenn bei einem gegenseitigen Vertrag die Lieferung von Waren mit einem Markt- oder Börsenpreis zu einem festbestimmten nach Konkurseröffnung liegenden Zeitpunkt vereinbart ist, von keiner Seite Erfüllung verlangt werden kann, das Geschäft sich vielmehr kraft Gesetzes in ein auf Entschädigung gerichtetes Differenzgeschäft verwandelt. Die Anwendung auf Devisengeschäfte fußte jedoch nicht auf der Überlegung, daß Devisen als Waren anzusehen sind. Dem Normzweck zufolge ist der Warencharakter unerheblich; § 18 KO orientiert sich statt dessen am Begriff des Fixgeschäfts, was bei Devisengeschäften eine Analogie rechtfertigte. 350 § 104 InsO, dessen Regelungsgehalt durch Art. 105 EGInsO im hier interessierenden Bereich bereits im Oktober 1994 in Kraft getreten ist, hat insoweit Klarheit geschaffen. Während Abs. 1 des § 104 InsO nahezu wortgleich die dargestellte Regelung des § 18 KO enthält, findet sich in Abs. 2 eine eigenständige Bestimmung über Finanztermingeschäfte, die insbesondere Devisentermingeschäfte erfaßt. (b)
Folgerungen aus dem Erfüllungsmodus für den Vertragstyp
Die Einordnung des Devisenhandelsgeschäfts als Rechtskauf oder Rechtstausch hängt zunächst davon ab, inwieweit die gegenseitigen Schuldinhalte mit der Vertragstypik der §§ 433, 515 BGB in Einklang gebracht werden können. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob Verkäufer eines Rechts - und Entsprechendes gilt für die Parteien eines Tauschvertrages - auch derjenige ist, dessen Hauptleistungspflicht darin besteht, seinem Vertragspartner eine Forderung gegen einen Dritten einzuräumen. Denn in der Praxis des Devisenhandels kann, wie gesehen, von Erfüllung durch Zession einer bestehenden Forderung keine Rede sein; die auf Veranlassung des Schuldners zu Gunsten des Gläubigers begründete Buchposition wird erstmalig geschaffen. N u n steht der Charakteri345
BGH NJW 1988, 1086. Obermüller WM 1984, 325; Lüer WM-Sonderbeilage 1/1977, 5; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 195. 347 Zur direkten Anwendbarkeit gelangte man nur, wenn man die Vorschrift - soweit ihr Wortlaut dies zuläßt, wie zB bei Abs 1 - nicht dem Warenkauf vorbehält oder den Begriff der Ware abweichend vom sonstigen Verständnis des HGB (vgl § 1 Abs 2 Nr 1 idF bis Juni 1998) nicht nur auf bewegliche Sachen, sondern auch auf sonstige Gegenstände des Handelsverkehrs erstreckt. 348 Vgl RGZ 96, 262, 265 f; RG JW 1921, 650 f; siehe ferner BGH NJW 1980, S 390, 391. 346
349
Kuhn/Uhlenbruck KO, § 18 Rn 5; Obermüller WM 1984, 325, 328.
350
K. Schmidt FS Merz, 533, 536 f.
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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sierung als Rechtskauf anerkanntermaßen nicht entgegen, daß das Recht, welches den Kaufgegenstand bildet, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht existiert. 351 Unerheblich ist ferner, ob das verkaufte Recht dem Verkäufer zusteht und ob er es ist, der das Recht dem Käufer verschafft. 352 Insofern besteht kein Unterschied zum Sachkauf. 353 Daß das dem Gläubiger eingeräumte Recht in dessen Person erstmalig zur Entstehung gelangt, hindert indes ebensowenig die Annahme eines Rechtskaufs. Ein solcher kann die Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts an einer Sache zum Gegenstand haben, 354 etwa eines Erbbaurechts 355 oder einer Dienstbarkeit. 356 Auch in diesem Fall wird das verkaufte Recht erstmalig in der Person des Käufers begründet. Gleiches gilt, wenn eine gegen den Verkäufer gerichtete Forderung verkauft wird (z.B. Verkauf einer Leibrente 357 oder einer Schuldverschreibung) 358 : Die Verpflichtung des Verkäufers besteht darin, die gegen ihn gerichtete Forderung zu Gunsten des Gläubigers zu begründen. 359 Aus dem Wesen von Kauf und Tausch als Verschaffungsverpflichtungen lassen sich mithin keine Argumente gegen die Einbeziehung von Devisenhandelsgeschäften herleiten. Alles Bemühen um eine Kategorisierung derartiger Verträge hat überdies im Auge zu behalten, daß sich hinter den definitorischen Festlegungen von Vertragsformen im BGB keine klassenlogischen Begriffe, sondern verkürzte Typenbeschreibungen verbergen, 360 so daß letztlich das Gesamtbild der vertraglichen Regelung über das Maß der Anwendbarkeit kaufrechtlicher Normen entscheidet. Wer deshalb dem Devisenschuldner nicht die Stellung eines Verkäufers zugesteht, kommt gleichwohl nicht umhin, bestimmte kaufvertragliche Elemente des Schuldverhältnisses zum Anlaß für die Anwendung von Kaufrechtsregeln zu nehmen (z.B. § 376 HGB). 361 Umgekehrt bedeutet die Einordnung als Rechtskauf oder Rechtstausch durchaus nicht, daß in jeder Hinsicht die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen Anwendung finden müßten. (c)
Geldschulden als Bestandteile von Devisenhandelsgeschäften
Ging es bei den vorstehenden Betrachtungen darum zu belegen, daß die Verpflichtung zur Einräumung von Fremdwährungsbuchpositionen auf einem Rechtskauf oder einem Rechtstausch beruhen kann, soll sich die Untersuchung nunmehr der Frage zuwenden, ob das Devisenhandelsgeschäft den Vertragspartnern eine gleichartige Pflicht zur Rechtsverschaffung auferlegt, was zur Annahme eines Tausches führte, oder ob der Pflicht zu Rechtsverschaffung eine Geldschuld gegenübersteht, so daß ein Kauf vorläge. Im letzteren Falle wäre
351 BGH GRUR 1955, 286, 289; H. Köhler in Staudinger13, § 433 Rn 46, 109; vgl auch RGZ 74, 416, 418; 139, 56 f; nur wenn das verkaufte Recht seiner Art nach nicht entstehen oder nicht übertragen werden kann, liegt über § 306 BGB Nichtigkeit vor; H. Köhler in Staudinger13, § 437 Rn 7. "2 Huber in Soergel'2, Vor § 433 Rn 77. 353 Huber in Soergel12, Vor § 433 Rn 71, 77. 354 Huber in Soergel12, Vor § 433 Rn 81, § 433 Rn 53 ff. 355 BGHZ 96, 385, 386 f. 356 RGZ 93, 71, 73. 357 RGZ 67, 204, 210 f. 358 Huber in Soergel12, Vor § 433 Rn 309. 355 Huber in Soergel12, Vor § 433 Rn 80. 360 Lorenz Methodenlehre, 289 f. 361 Siehe Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 195.
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1. Teil: Grundlagen
- wie schon bei der Einwechslung von Geldzeichen unterschiedlicher Währung 3 6 2 - weiter zu entscheiden, welche Leistung den Kaufgegenstand und welche den Kaufpreis bildet. 363 Zwei Aspekte verdienen in diesem Zusammenhang Beachtung. Zum einen die Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit der sich synallagmatisch gegenüberstehenden Pflichten. Z u m anderen die hier erneut auftretende Problematik, inwieweit es sachgerecht ist, die Rechtsbeziehungen der Parteien den nationalen Regeln des Geldschuldrechts zu unterstellen. (aa) Gleichartigkeit der Leistungspflichten Vor allem Kleiner und Koch vertreten die Auffassung, Devisenhandelskontrakte könnten schon deshalb nicht als Kaufverträge qualifiziert werden, weil die aus ihnen entstehenden Leistungspflichten gleichartig seien. 364 Soweit dies auf der Vorstellung beruhen sollte, jedwede Pflicht zur Verschaffung von Geld als Zahlungsmittel sei Geldschuld, ist dem bereits widersprochen worden. 3 6 5 Zu beantworten bleibt die Frage nach der Existenz eines dem Parteiwillen entsprechenden Kriteriums zur Unterscheidung zwischen Kaufgegenstand und Kaufpreis, das jedenfalls die typischen Fälle kennzeichnet. Territoriale Gesichtspunkte können dabei nur in begrenztem Umfang eine Rolle spielen, namentlich beim Handel an den deutschen Devisenbörsen. Da dort ausschließlich gegen D M gehandelt wird, bilden Devisen nach dem Parteiwillen stets den Kaufgegenstand, niemals den Kaufpreis. Schwieriger stellt sich die Situation im Berufshandel dar. Dort können sich ohne weiteres die Heimwährungen beider Vertragsparteien gegenüberstehen oder auch auf beiden Seiten Drittwährungen. Z u Recht zieht Kleiner daraus die Konsequenz, Devisenabschlüsse mit Heimwährungsverpflichtung u n d solche mit Fremdwährungsverpflichtung dürften rechtlich nicht von vornherein unterschiedlich behandelt werden. 3 6 6 Abschluß oder Erfüllungsort scheiden damit als Anknüpfungspunkt für eine Auslegungs- oder Dispositivregel aus.
362
S 33 ff. Nicht gefolgt werden kann der im österreichischen Schrifttum vertretenen Auffassung (Wahle in Klang/Gschnitzer, ABGB IV/2, 24 f), das Usancegeschäft im Devisenhandel, also die gegenseitige Verschaffung unterschiedlicher Fremdwährungsbuchpositionen, sei als Doppelkauf mit Verrechnungsabrede zu qualifizieren. Ebensowenig wie beim Umtausch von Geldzeichen unterschiedlicher Fremdwährungen bei einem Kreditinstitut lassen sich beim Usancegeschäft zwei selbständige Umsatzzwecke ausmachen. Das Austauschverhältnis zwischen den gehandelten Beträgen wird von den Parteien unmittelbar festgelegt, ohne daß eine dritte Währung rechtlich zwischengeschaltet wäre. Auch kommt es jeder Partei gerade auf den Erhalt der vom Vertragspartner dargebotenen Währung an; zutr Koch ÖBA 1985, 303, 308. 364 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 184; ihm folgend Koenig Interbankendevisenhandel, 31 f; Koch ÖBA 1985, 303, 308. 365 S 36 f. 366 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 184; anders Koch ÖBA 1985, 303, 308, demzufolge ausnahmsweise ein Kauf ausländischen Buchgeldes gegen Zahlung von Inlandsgeld anzunehmen ist, wenn beide Vertragspartner inländische Banken sind. Kochs Argument, die Inlandswährung fungiere in diesem Fall als gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel und Wertmesser, wird der Interessenlage der Parteien nicht gerecht. 363
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
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(bb) Auslegung anhand der Händlerpraxis Das heißt freilich nicht, daß es an Differenzierungskriterien schlechthin fehlte. Vielmehr läßt sich nach Maßgabe der im Devisenhandel geltenden Usancen 367 durchaus die jeweils gehandelte Währung von der Kaufpreiswährung unterscheiden. 368 Der von einem potentiellen Vertragspartner angesprochene Devisenhändler ist gemäß den bestehenden Usancen gehalten, für die konkret angefragte Währung oder allgemein für die Haupthandelswährung oder jedenfalls den US-Dollar jeweils einen Geld- und einen Briefkassakurs anzugeben, zu dem er verbindlich gewillt ist abzuschließen, d.h. die betreffende(n) Währung(en) zu übernehmen (Geldkurs) bzw. sie abzugeben (Briefkurs). Das verbindliche Angebot erstreckt sich über die zu nennenden Kurse hinaus auf einen bestimmten Mindesthandelsbetrag. Der Anfragende ist auf diese Weise in der Lage, durch sofortigen Zuschlag das Geschäft zum Abschluß zu bringen, nachdem er zu erkennen gegeben hat, ob er selbst die zu handelnde Währung übernehmen oder abgeben möchte. Verhandelt wird allenfalls noch über den Umfang der Transaktion, wenngleich auch dies aus geschäftstaktischen Gründen oft unterbleibt. 369 Die aufgezeigte Rollenverteilung, das procedere und die Kursstellung seitens des angesprochenen Devisenhändlers verdeutlichen, daß die von ihm angebotene Währung typischerweise diejenige ist, die den Kaufgegenstand bildet. Diese Sichtweise entspricht der Ausdrucksweise in der Händlerpraxis sowie den Anschauungen im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum. 370 Demgegenüber spielt es keine entscheidende Rolle, welche der in den Kontrakt einbezogenen Währungssummen auf einen „runden Betrag" lautet. 371 Die Rundstellung einer in die Transaktion einbezogenen Währung dient allein dazu, Abwicklung und Kursbildung zu erleichtern. 372 Wenn damit das Devisenhandelsgeschäft als Kauf charakterisiert werden kann, sich also eine Rechtsverschaffungsverpflichtung und eine Geldschuld (die im konkreten Fall Fremdwährungsverbindlichkeit sein mag) gegenüberstehen, so muß doch bei Anwendung einer jeden die Geldschuld betreffende Rechtsnorm gefragt werden, ob sie auch solche Zahlungsverbindlichkeiten erfassen will, die nach dem Parteiwillen ausschließlich durch Verschaffung von Buchgeld sowie ggf. in einer bestimmten Art und Weise (z.B. mittels Clearings) und an einem bestimmten ausländischen Ort zu erfüllen sind. Insofern gilt das zur Rechtsnatur der Eurodevisen Gesagte entsprechend. 373 Der Geldschuldcharakter von Zahlungsverpflichtungen beim Handel mit Devisen wird dadurch nicht tangiert, aber es bleibt doch als Konsequenz des hier vertretenen abstrakt-funktionalen Geldschuldver-
Zur Rechtsnatur von Usancen siehe oben Fn 324. Zum folgenden eingehend Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 80 ff; den Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 61 ff; Obst/Hintner Geld-, Bank- und Börsenwesen, 4 7 5 f; ferner Koch ÖBA 1985, 303, 310. 3 6 9 Einblicke in die dabei zu betrachtenden Geschäftstaktiken der Devisenhändler vermittelt Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 85 ff. 3 7 0 Siehe etwa Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 85. 3 7 1 Dieses Kriterium wird als einziges akzeptiert von Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 176, 184 f, der jedoch aufzeigt, daß es die Unterscheidung zwischen gehandelter Währung und Gegenwährung immer dann nicht trägt, wenn eine Transaktionswährung in die Abwicklung des Gesamtgeschäfts eingeschaltet wird. 367 368
372
Koch ÖBA 1985, 303, 309.
373
S 51 ff.
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1. Teil: Grundlagen
ständnisses stets zu vergegenwärtigen, daß es nicht nur eine Form der Geldschuld mit standardisierten Rechtsfolgen gibt.
b)
Fremdwährungsgeschäfte zwischen Bank und Kunden
Buchgeldpositionen werden nicht nur an der Börse oder im Interbankengeschäft gehandelt, sie sind auch Gegenstand von Geschäften zwischen Banken außerhalb des betreffenden Währungsgebietes und ihren Kunden, wobei die Abwicklung dieser Transaktionen über Konten erfolgt, die bei der Bank für ihren Kunden gehalten werden. Je nach Inhalt des Geschäfts schreibt die Bank den vereinbarten Betrag dem Fremdwährungskonto ihres Kunden gut und belastet dessen Heimwährungskonto oder sie verfährt umgekehrt, indem sie das Heimwährungskonto des Kunden erkennt und das Fremdwährungskonto belastet. 374 Erfüllungsort derartiger Kontrakte ist der Sitz der Bank, 375 so daß (von diesem Blickwinkel aus) zwar Fremdwährungsbuchpositionen gehandelt werden, diese aber oftmals nicht die Voraussetzungen von Devisen i.S.d. oben erfolgten Begriffsbestimmung' 76 erfüllen. 377 Eine Fallgestaltung der hier behandelten Art lag der bereits angesprochenen 378 Entscheidung des Reichsgerichts vom 3.1.1925 zugrunde. Das RG hatte einen Kauf deutscher Währung gegen Zahlung von luxemburgischer Währung angenommen und sich zur Begründung auf den Standpunkt gestellt, die Leistung in Inlandswährung als der am Ort des Vertragsschlusses geltenden Währung bilde den Kaufpreis, die Leistung in Auslandswährung den Kaufgegenstand. Daß diese Sichtweise nicht nur beim „Umtausch" von Geldzeichen den Charakter einer Auslegungsregel trägt, sondern auch beim Handel mit Bankguthaben, wurde bereits dargelegt. Indes ist dem Reichsgericht vorgeworfen worden, es habe verkannt, daß Grundlage der Kontenbewegungen lediglich eine Weisung im Rahmen des zwischen Bank und Kunden bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB) gewesen sei.379 Aus heutiger Sicht ist beim Geschäftsabschluß mit einem deutschen Kreditinstitut für die Lösung der Problematik regelmäßig Nr 35 Banken-AGB 380 bzw. Nr 5 der SparkassenSonderbedingungen für Geschäfte in Wertpapieren, Devisen und Sorten heranzuziehen. Danach führt das Kreditinstitut, soweit zulässig, Aufträge zum Kauf oder Verkauf von Devisen und Sorten als Kommissionär durch Selbsteintritt aus, ohne daß es einer ausdrücklichen Anzeige gemäß § 405 HGB bedarf; anderenfalls tritt es als Eigenhändler auf. 381 Dies bedeutet grundsätzlich, daß bei Vorliegen eines Börsen- oder Marktpreises
374 Natürlich kann sich das Geschäft auch zwischen zwei Fremdwährungskonten des Kunden abspielen. 375 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 209. 376 S 51. 377 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 209. 378 RG JW 1925, 1986; siehe bereits oben Fn 214. 379 W. Mayer Valutaschuld, 12; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 12. 380 Fassung Januar 1988, die insofern ungeachtet der Revision 1993 einstweilen weitergilt. 381 Unter den Begriff „Devisen" iS dieser Bestimmung fallen auf eine ausländische Währung lautende unbare Zahlungsmittel; Krebs AGBSp/AGB-Banken, Rn 40.1. Eine Beschränkung auf Forderungen, deren Erfüllungsort im Ausland liegt, erfolgt also entgegen der hier zugrunde gelegten Definition nicht.
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Kommission mit Selbsteintritt, anderenfalls ein Eigengeschäft anzunehmen ist.382 Ob darüber hinaus immer schon dann ein Eigengeschäft geschlossen wird, wenn der Fremdwährungskontrakt zu ausgehandelten Kursen erfolgt,383 mag unentschieden bleiben. Jedenfalls stehen sich Kreditinstitut und Kunde hinsichtlich der gegenseitigen Pflicht zur Verschaffung von Buchpositionen als Käufer und Verkäufer gegenüber, ohne daß sich an der oben vorgenommenen Einschätzung derartiger Geschäfte384 etwas änderte. Die Abwicklung über Kundenkonten rechtfertigt keine abweichende Betrachtung.385 Soweit also Kommissionsrecht Anwendung findet, werden die Geschäftsbesorgungsregeln zwischen Kommissionär und Kommittent wegen des Selbsteintritts der Bank in großem Umfang vom Kaufrecht überlagert.386 Namentlich tritt die Pflicht zur Kaufpreiszahlung an die Stelle der Aufwendungsersatzpflicht gemäß SS 675, 670 BGB bei der Einkaufskommission bzw. an die Stelle der Herausgabepflicht nach S 384 Abs. 2 HGB bei der Verkaufskommission.387 Kaufgegenstand und Kaufpreis lassen sich unter Zuhilfenahme der beim „Geldumtausch" dargestellten Auslegungsregel danach unterscheiden, ob die fragliche Buchposition auf die am gegenseitigen Erfüllungsort geltende Landeswährung lautet (dann Kaufpreis) oder nicht (dann Kaufgegenstand).388 Das Reichsgericht hat demnach in seinem Urteil vom 3.1.1925 den Kontrakt zwischen den Parteien zutreffend gewürdigt. Selbst wenn aber allein Geschäftsbesorgungsrecht herangezogen würde, gelangte man nicht zu einer Geldschuld des Kreditinstituts. Zahlungsverpflichtung wäre einzig die Schuld des Kunden zum Aufwendungsersatz nach § 670 BGB, diejenige der Bank bliebe Verschaffungsverpflichtung. Soweit die Kritik einwendet, die von der klägerischen Bank eingeräumte DM-Buchposition sei Geld und die künftige Abhebung des Kontos Zahlung,389 ist dies für sich genommen gewiß richtig, doch ohne ausschlaggebende Bedeutung für die Einordnung des Vertrages, der der Einräumung des Buchgeldes zugrunde lag. Nicht jede Verpflichtung zur Verschaffung von Geld als Zahlungsmittel ist eine Geldschuld, was sich hier anhand der Unterscheidung zwischen dem Anspruch auf Gutschrift und dem Anspruch aus der Gutschrift verdeutlicht. Nur wenn die Gutschrift selbst Zahlung und nicht nur Begründung eines Forderungsrechts gegen die Bank gewesen wäre, hätte eine Geldschuld vorgelegen. Damit verlagerte sich die Entscheidung des konkreten Falles weg vom Geldrecht hin zum Aufwertungsrecht. Zu fragen war, ob auch Geldverschaffungsverpflichtungen ohne Geldschuldcharakter der Aufwertung unterlagen und ob nicht der Anspruch des Beklagten aus der Gutschrift aufgewertet werden konnte.
3 8 2 Vgl § 4 0 0 Abs 1 HGB, ferner Canaris in Großkommentar-HGB 3 , Bankvertragsrecht Rn 2 7 3 3 ; die Vorschrift ist freilich dispositiv, wenn kein Markt- oder Börsenpreis besteht, kann der Kommittent dem Kommissionär die Befugnis zum Selbsteintritt auch besonders erteilen; Koller in Großkommentar-HGB 4 , § 4 0 0 Rn 68. 3 8 3 So Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 214, demzufolge in derartigen Fällen nicht von einem „Auftrag zum Kauf oder Verkauf" gesprochen werden kann. 3 8 4 S 33 ff. 3 8 5 Insoweit auch Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 214. 3 8 6 Siehe nur Koller in Großkommentar-HGB 4 , § 4 0 0 Rn 20 ff. 387 K. Schmidt Handelsrecht, 920 f; Baumbach/Hopt HGB, § 4 0 0 Rn 5; Koller in GroßkommentarHGB 4 , § 4 0 0 Rn 21, 40. 3 8 8 S 34, 37 ff. 389 W. Mayer Valutaschuld, 12.
1. Teil: Grundlagen
64
c)
Währungsswaps
aa)
Grundstruktur
und wirtschaftliche
Funktion
390
Der Währungsswap ist ein Vertrag, bei dem die Parteien vereinbaren, über Buchgeldbeträge der gleichen Währungen zu einem festgelegten Kurs eine Kassa- und eine Termintransaktion oder auch zwei auf unterschiedliche Termine lautende Transaktionen zu tätigen. 391 Kennzeichnend ist also, daß aufgrund eines Vertrages zwei Devisenhandelsgeschäfte mit unterschiedlichen Fälligkeiten quasi spiegelbildlich einander gegenübergestellt und abgewickelt werden. Ein Währungsswap liegt etwa vor, wenn zwischen einer Frankfurter und einer Londoner Bank eine Abrede des Inhalts getroffen wird, dai? die Londoner Bank per Kassa der Frankfurter Bank einen bestimmten Dollarbetrag gegen Gewährung französischer Francs zur Verfügung stellt und die Frankfurter Bank per einen Monat den empfangenen Dollarbetrag ihrerseits wieder der Londoner Bank verschafft, und zwar gegen Einräumung des entsprechenden Francs-Guthabens seitens der Londoner Bank. Ein derart befristeter „Austausch" zweier Währungen dient in der Praxis vor allem dazu, das Währungsrisiko bei Finanzkrediten auszuschalten, 3 ' 2 findet aber auch selbst zu Kreditzwecken Verwendung. 393 bb)
Rechtliche
Einordnung
Die Rechtsnatur des Währungsswaps wird unterschiedlich beurteilt, wobei für die jeweilige Einordnung nicht nur das (Vor-) Verständnis vom Wesen des Devisenhandelsgeschäfts eine Rolle spielt, sondern durchaus auch Swap-spezifische Gesichtspunkte herangezogen werden. So ist teilweise die Rede davon, der Währungsswap bilde die Kombination zweier gegenseitiger Darlehen. 394 Pate steht dabei der Gedanke, daß jede der Vertragsparteien der anderen Seite für einen festumrissenen Zeitraum ein Guthaben in einer bestimmten Währung zur Verfügung stellt, und die Differenz zwischen Kassa- und Terminkurs jeder Währung (der sog. Swapsatz) sich nach dem Gefälle der Zinsen errechnet, die für Geldanlagen in den beiden Währungen gewährt werden. 395 Indes wird die Einordnung als gegenseitiges 390
Von Währungsswaps zu unterscheiden sind Zinsswaps sowie kombinierte Zins- und Währungsswaps, auf die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht näher eingegangen werden kann. Zu Einzelheiten siehe Ebenroth/Messer ZVglRWiss 87 (1988) 1, 2 ff und (speziell zu Zinsswaps) Eme BB 1994, 1809 ff. 391 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 206; Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 57; ders Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 19; Ebenroth/Messer ZVglRWiss 87 (1988) 1, 4; Fülbier ZIP 1990, 544; Schönle Bank- und Börsenrecht, 404; Koch ÖBA 1985, 303, 304; Lüer WM-Sonderbeilage 1/1977, 5; Hamacher Die Bank 1989, 666, 668; Lerbinger Die Bank 1985, 245 f. 392 Hamacher Die Bank 1989, 666, 668, 669; Beispiele bei Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 136 ff und Lerbinger Die Bank 1985, 245 f; zu Sicherungsmöglichkeiten gegen Währungsrisiken siehe noch unten § 10. Freilich nur, wenn nicht eine Erhöhung des Geldmittelbestandes angestrebt wird, sondern eine Änderung seiner Zusammensetzung; siehe Fülbier ZIP 1990, 544; Lerbinger Die Bank 1985, 245 f.; Zur Abgrenzung zwischen Swapgeschäften und Depositenhandel Koch ÖBA 1985, 303, 309 f; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 207. 394 Vgl auch Lüer WM-Sonderbeilage 1/1977, 5; Urbinger Die Bank 1985, 245 f. 395 Lipfert Internationaler Devisen- und Geldhandel, 56; Fülbier ZIP 1990, 544; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 207; liegt der Terminkurs einer Währung über dem Kassakurs, spricht
S 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
65
Darlehen dem Parteiwillen nicht gerecht. Was ihm allein entspricht, das ist die Annahme zweier synallagmatischer Austauschverhältnisse, die auf unterschiedliche Zeitpunkte fixiert sind (nämlich des Kassageschäfts und des Termingeschäfts), nicht dagegen die Hin- und Rückgabe von Währung A einerseits sowie Hin- und Rückgabe von Währung Β andererseits.396 Von einer Vorleistungspflicht des jeweiligen Darlehensgebers, wie sie Rechtsverhältnisse nach § 607 BGB kennzeichnen, kann keine Rede sein. Währung A wird hingegeben, um den Gegenwert in Währung Β zu erhalten, wie auch umgekehrt. Die für die rechtliche Einordnung entscheidende Trennung der wechselseitigen Leistungen hat folglich nicht vertikal zu erfolgen, sondern horizontal. Damit hängt die rechtliche Qualifikation des Währungsswaps weitgehend doch von der Einschätzung des („normalen") Devisenhandelsgeschäfts ab. Befürwortet man dort mit Klemer einen Vertrag sui generis, weil Kauf und Tausch die Einräumung eines zuvor bereits bestehenden Gegenstandes (Recht oder Sache) verlangten, hat man es beim Swap mit zwei eigenständigen Leistungsvorgängen dieser Art zu tun. 397 Einen doppelten Tausch muß dagegen annehmen, wer auch sonst im Berufshandel mit Devisen Tauschgeschäfte erblickt. 398 Ausgehend von der Qualifikation „normaler" Devisenhandelsgeschäfte als Rechtskäufe gelangt schließlich die Mehrzahl der Autoren zu dem Ergebnis, Währungsswapabreden bildeten doppelte Kaufverträge. 399 Dogmatisch unsauber ist freilich die Annahme, es handele sich dabei um einen Kauf unter der Abrede des Wiederkaufs (§§ 497 ff. BGB), bei dem die Wiederkaufserklärung bereits bei Abschluß des Kaufvertrages abgegeben werde. 400 Kennzeichnend für den Wiederkauf ist, daß die Parteien dem Verkäufer ermöglichen, durch einseitige Erklärung den Käufer zu verpflichten, die gekaufte Sache gegen Erstattung des Wiederkaufspreises dem Verkäufer zurückzugeben. 401 Unabhängig davon, wie man die Frage nach der Rechtsnatur des Wiederkaufsrechts beantwortet (aufschiebend bedingter Rückkauf 402 oder Gestaltungsrecht) 403 , handelt es sich dabei doch um ein allein dem Verkäufer zugewiesenes Recht, dessen mögliche Ausübung die Parteien für die Zeit nach Abschluß des Vertrages vorgesehen haben. 404 Beim Währungsswap dagegen kann von einem lediglich dem Verkäufer oder auch dem Käufer zugewiesenen Recht, die Rückabwicklung eines Devisenhandelsgeschäfts man von „Report", liegt er darunter, von „Deport". Im praktischen Ergebnis zahlt beim Währungsswap derjenige, der die höherverzinsliche Währung per Kassa erwirbt und per Termin wieder abgibt, seinem Vertragspartner eine Zinsdifferenz; Lipfert aaO 137; ders Zahlungsverkehr, 135. 396 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 207; Fülbier ZIP 1990, 544, 545; Hamacher Die Bank 1989, 666, 669. 397 Konsequent daher Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 207. 398 Einen doppelten Tausch nimmt etwa Fülbier ZIP 1990, 544 an, ohne daß der Widerspruch zu seinen Ausführungen in NJW 1990, 2797, 2798 erklärlich würde. Dort qualifiziert er das Devisengeschäft als Sachkauf. 399 Ebenroth/Messer ZVglRWiss 87 (1988) 1, 6; Hamacher Die Bank 1989, 666, 669; Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 31. 400 So aber Grimberg Swappolitik, 64; Bärmann/BrinkJScheerer Europäisches Geld-, Bank- und Börsenrecht I, 187, die freilich nicht deutlich machen, ob sie Wiederkauf oder Wiederverkauf meinen; zur Unterscheidung siehe nur Mayer-Maly in Staudinger13, Vorbem zu § 497 Rn 12. Kauf mit Abrede des Wiederverkaufs nimmt im österreichischen Recht an: Aicher in Rummel, ABGB, § 1046 Rn 3. 401 Mayer-Maly in Staudinger", Vorbem zu § 497 Rn 1. 402 RGZ 69, 281, 282; 121, 367, 370. 403 Lorenz SchuldR II/l, 147 f 404 Zu den wirtschaftlichen Funktionen des Wiederkaufsrechts siehe Mayer-Maly in Staudinger13, Vorbem zu $ 497 Rn 2.
66
1. Teil: Grundlagen
zu verlangen, keine Rede sein. Beide Geschäfte, das Kassageschäft und das Termingeschäft, sind Gegenstand ausdrücklicher vertraglicher Abrede. Die Abwicklung des Termingeschäfts ist von vornherein gewiß, d.h. zu keiner Zeit - auch nicht für eine juristische Sekunde vom Eintritt einer Bedingung oder der Ausübung eines Gestaltungsrechts abhängig. Eine imparitätische rechtliche Vorzugsstellung genießt keine Partei des Währungsswaps. Soweit daher die Auslegung des Parteiwillens die Annahme zuläßt, eine der geschuldeten Währungen beim Kassageschäft bilde den Kaufpreis für die Verschaffung der anderen Währung, wird es sich beim gleichzeitig abgeschlossenen Termingeschäft typischerweise ebenso verhalten. In diesem Falle stellt das Swapgeschäft einen doppelten Rechtskauf dar. Davon wird mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen sein, wenn das Swapgeschäft nach den skizzierten Usancen des beruflichen Devisenhandels 405 zustande kommt. 406 Jenseits dieses Bereichs stehen sich die gegenseitig einzuräumenden Währungspositionen rechtlich gleichrangig gegenüber; vor allem bei ausgehandelten Swapgeschäften zwischen Vertragspartnern aus dem Nichtbankensektor 407 prägt der gegenseitige Kapitalbedarf in unterschiedlichen Währungen die juristische Qualifizierung des Vertrages. Keine der gegenseitig eingeräumten Währungen ist dann Preis für die andere Währung. Beide Währungen sind vielmehr nach der Parteivorstellung Wirtschaftsgüter, sowohl beim Kassageschäft als auch beim Termingeschäft, und werden als individuelle Werte unmittelbar gegeneinander umgesetzt. Damit liegt jeweils die typische Situation eines Tausches vor, 408 so daß sich der Währungsswap in der angesprochenen Konstellation als doppelter Rechtstausch erweist. Geldschulden und damit möglicherweise auch Fremdwährungsverbindlichkeiten begründen die Parteien eines derartigen Währungsswaps nicht 409
III. Die Fremdheit der Schuldwährung War im bisherigen Verlauf der Untersuchung von Fremdwährungsverbindlichkeiten die Rede, so wurde der Begriff der Fremdheit im jeweiligen Zusammenhang seinem Inhalt nach als bekannt vorausgesetzt bzw. näher erläutert. Schon dies brachte unterschiedliche Perspektiven zum Vorschein, aus denen heraus „Heim"-Währungsverbindlichkeiten von „Fremd"-Währungsverbindlichkeiten abgegrenzt werden können.
S 61. Die Usancen für Swapgeschäfte im Berufshandel entsprechen denen für Kassageschäfte; Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 6 4 ff. Nach Wahl des Anrufers ist die angesprochene Bank verpflichtet, gemäß den von ihr genannten Geld- und Brief-Swapstellen einen Kassakauf mit einem Terminverkauf oder einen Kassaverkauf mit einem Terminkauf simultan abzuschließen. 4 0 7 Banken können an Swapgeschäften zum einen als eigenständige Vertragsparteien, zum anderen als Vermittler für kapitalsuchende Unternehmen beteiligt sein; siehe dazu Lerbinger Die Bank 1985, 2 9 4 ff; Beispiele für Währungsswapgeschäfte zwischen Industrieunternehmen bildet Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 4 2 ff. 408 Siehe Mugdan Materialien II, 3 6 6 ; Mayer-Maly in Staudinger13, § 5 1 5 Rn 1. 409 Nicht gefolgt werden kann auch insofern Fiilbter ZIP 1990, 5 4 4 , 5 4 5 , der ungeachtet seiner Qualifikation des Währungsswaps als Doppeltausch annimmt, es handele sich um gegenseitige Geldschulden. Beim Tausch treffen gemäß § 515 BGB jede der Vertragsparteien die typischen Pflichten des Verkäufers beim Kaufvertrag (Mayer-Maly in Staudinger13, § 515 Rn 13 ff). Die Verkäuferpflicht aber ist nie Zahlungsverbindlichkeit; siehe dazu bereits S 33 ff. 405 406
§ 2: Begriffsmerkmale und Verhältnis zu benachbarten Schuldformen
67
Im weitesten Sinne des Begriffs lassen sich Fremdwährungsverbindlichkeiten definieren als Geldschulden mit Auslandsberührung. M a n könnte etwa, entsprechend dem Vorschlag Kleiners410 für die von ihm untersuchte „Devisenschuld", eine Fremdwährungsverbindlichkeit stets annehmen, „wenn das Dreieck Gläubiger-Schuldner-Währung irgendwo grenzüberschreitend ist", oder noch weiter gehen und z.B. ein Viereck unter Einschluß des Erfüllungsortes (der ja weder beim Gläubiger noch beim Schuldner liegen muß) befürworten. Zumeist ist jedoch von Fremdwährungsverbindlichkeiten in einem engeren Sinne die Rede, und zwar entsprechend den in bestimmten Normzusammenhängen maßgeblichen Auslandsbezügen. So vielfältig sich diese Auslandsbezüge darstellen, so unterschiedlich sind auch die möglichen Betrachtungsweisen des Begriffs Valutaschuld.
1.
Einzelne Perspektiven
Oftmals wird das Recht der Fremdwährungsverbindlichkeit unter währungs- und devisenrechtlichen Aspekten erörtert, die Fremdheit der Schuldwährung daher einseitig vom öffentlichrechtlichen Geltungsbereich einer bestimmten Währung aus betrachtet. 411 Es ist dies der Blickwinkel, den der Gesetzgeber etwa in § 3 S. 1 WährG zugrunde gelegt hat, einer Vorschrift, nach der es genehmigungspflichtig ist, Geldschulden in einer anderen Währung als in Deutscher Mark einzugehen. Aber auch andere Normen, wie z.B. § 244 BGB mit seiner Gegenüberstellung von Ausland und Inland, nehmen einseitig die Sicht des Währungsbereichs der D M ein. 412 Gleiches ist im Zwangsvollstreckungs- und im Insolvenzrecht zu beobachten. Um nichts anderes ging es W. Mayer, bei dem es heißt, entscheidend sei „der Gesichtspunkt, ob die Schuldwährung kraft öffentlichen Rechts unmittelbar gilt oder ob auf sie nur kraft Privatrechtssatzes oder Rechtsgeschäfts verwiesen ist". 413 In der Sache besteht jedenfalls kein Unterschied zu jener Sicht, derzufolge Heimwährungsverbindlichkeiten und Valutaschulden danach abzugrenzen sind, ob es sich u m die Währung des Forums handelt oder um eine andere Währung. 4 1 4 Abweichende Aspekte rücken in den Vordergrund, wenn der Begriff Valutaschuld für diejenigen Zahlungsverbindlichkeiten reserviert bleibt, deren Erfüllungsort jenseits des Territoriums liegt, in dem die Schuldwährung Landeswährung ist. Diese Perspektive findet sich etwa in §§ 41 Abs. 1 S. 1 WG, 36 Abs. 1 S. 1 ScheckG, die tatbestandlich voraussetzen, daß der Wechsel bzw. Scheck auf eine Währung lautet, die am Zahlungsort nicht gesetzlich umläuft. Entsprechendes gilt für die von Unidroit und von der Commission on European C o n t r a « Law vorgestellten Vereinheitlichungsmodelle, in denen jeweils währungsverschiedene Tilgungsbefugnisse nach Art des § 244 BGB enthalten sind, und zwar in
410 Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 51; ebenso Koenig Interbankendevisenhandel, 6; ferner Berger Der Aufrechnungsvertrag, 246. 411 ZB Fögen Geld- und Währungsrecht, 122 ff; Mann Recht des Geldes, 137; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 35 ff; Steenken Fremdwährungsschulden, 32; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 4; ders ZZP 98 (1985) 32, 34. 412 Zu dieser Perspektive des § 244 BGB vorerst nur K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 4; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 246; Einzelheiten S 133 ff und 467 ff. 413 W. Mayer Valutaschuld, 3 f. 414 So etwa van Hecke Currency, Anm 36-13.
68
1. Teil: Grundlagen
allseitiger Ausgestaltung. 415 Kollisionsrechtlich ist es Art. 32 Abs. 2 EGBGB, der es nahelegt, die Fremdheit der Geldschuld vom Blickwinkel der lex loci solutionis aus zu betrachten. Namentlich bei internationalen Anleihen, für die oftmals mehrere Zahlstellen in verschiedenen Staaten bestimmt sind, erweist sich eine derartige Betrachtung als bedeutsam. 416 Unter rechtsanwendungsrechtlichen Gesichtspunkten spielt die Perspektive der lex causae eine herausragende Rolle. Fremdwährungsverbindlichkeit ist so betrachtet jede Geldschuld, die nicht auf die Währung der lex causae lautet, bei der also - anders formuliert lex causae und lex monetae divergieren. 417 Für eine nach deutschem Recht zu beurteilende Gulden-Verbindlichkeit träfe dies ebenso zu wie für eine DM-Schuld, auf die niederländisches Recht Anwendung findet, und zwar unabhängig davon, wo der Erfüllungsort der Verbindlichkeit liegt, und auch unabhängig davon, ob ein deutscher, ein niederländischer oder etwa ein französischer Richter entscheidet. Rückt man die rechtliche Erfassung und Verteilung des Risikos von Wechselkursveränderungen in den Vordergrund, so ist der Auslandsbezug einer Geldschuld konsequenterweise aus Parteiensicht zu bestimmen, genauer: die Valutaschuld aus Schuldner- und die Valutaforderung aus Gläubigersicht. 418 Das Risiko, daß sich das Wertverhältnis der Schuldwährung zu anderen Währungen verändert, realisiert sich (nur) in Person derjenigen Partei, für die sich die Schuldwährung als „fremd" bzw. „ausländisch" darstellt. 419 Dies wiederum hängt nicht von der Staatsangehörigkeit bzw. dem Personalstatut der Partei, sondern von ihrer wirtschaftlichen Situation ab, d.h. davon, ob die Partei das geschuldete Geld aus einer anderen Währung (Schuldner) bzw. in eine andere Währung (Gläubiger) konvertieren muß oder will. 420 Entscheidende Bedeutung besitzt dabei typischerweise der Wirtschaftsmittelpunkt der Partei ggf. aber auch ihre Bilanzwährung oder die Belegenheit des Vermögensteils, auf den sich das Geldschuldverhältnis bezieht (Zweigniederlassung, Betriebsstätte etc.).
2.
Die F r e m d w ä h r u n g als G e g e n s t a n d d e r w e i t e r e n U n t e r s u c h u n g
Entsprechend dem in § 1 vorgestellten Arbeitsprogramm finden im Verlauf der weiteren Untersuchung alle zuvor skizzierten Auslandsbezüge von Geldschulden Berücksichtigung, freilich in unterschiedlicher Gewichtimg und im Einzelnen weiter abhängig von den Strukturen des jeweils tangierten Normgefüges. Soweit von der Warte eines deutschen Forums aus betrachtet Zahlungsverbindlichkeiten im Vordergrund stehen, für die deutsches Recht als lex causae fungiert und die nicht in DM ausgedrückt sind, verschmelzen lex causae-Sicht und währungsbezogene Perspektive zu einem einheitlichen Verständnis des Merkmals „fremd": Valutaschulden sind solche Zahlungsverbindlichkeiten, die auf eine
415
Einzelheiten unter § 12. Horn aaO; Einzelheiten S 149 ff. 417 Siehe zB Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 27; Gamillscheg in Staudinger10'11, Vorbem vor Art 13 EGBGB Rn 405. 418 Diese Betrachtung findet sich besonders akzentuiert bei G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 88 und Alberts Währungsschwankungen, 22. 419 Zum Währungsrisiko S 89 ff. 420 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 88; ders Währungsprobleme, 4; Horn Monetäre Risiken, 13, 18. 416
§ 3: Der Inhalt von Geldschulden
69
andere Währung als die Deutsche Mark lauten. Manche Sachzusammenhänge drängen jedoch dazu, die Enge dieser Begrifflichkeit zu verlassen. So wird beispielsweise nach dem international zwingenden Charakter des § 244 BGB gefragt werden, ferner nach einer Ausweitung der Vorschrift im Wege der Analogie dahingehend, ob auch bei ausländischem Zahlungsort ein Substitutionsrecht in Landeswährung besteht. Die für die Untersuchung so wichtige Parteienperspektive fügt sich ohnehin nicht in den Rahmen der erwähnten Fremdheitsdefinition ein. Aus Parteiensicht ist gewiß die US-Dollar-Verbindlichkeit des deutschen Importeurs amerikanischer Geländewagen als Valutaschuld zu charakterisieren, indes gilt Gleiches für die DM-Schuld des Amerikaners, der von seiner Hauptniederlassung in Wisconsin aus Geschäfte mit einem deutschen Sportartikelhersteller tätigt. Als Fremdwährung kommt insofern jede Währung in Betracht, einschließlich der deutschen Währung. Im Mittelpunkt der Darstellung sollen freilich Schuldner mit Vermögen bzw. Teilvermögen in Deutschland stehen, so daß auch der personalwirtschaftliche Blickwinkel meist jene Geldschulden als „fremd" erfaßt, die nicht in DM ausgedrückt sind. Nennenswerte rechtliche Bedeutung kommt dieser Beschränkung nur dort zu, wo das anwendbare (deutsche) Recht eine (seltene) währungsspezifisch differenzierte Rechtsfolge ausspricht, in gewisser Weise etwa im Bereich des Verzugsschadens (wegen § 288 Abs. 1 BGB). 421 Die Formulierung eines für den Fortgang der Untersuchung verbindlichen Begriffs der Fremdheit wäre zwar möglich, 422 seine Aussagekraft indes gering, da ohnehin in jedem rechtlichen Zusammenhang klargestellt werden müßte, ob alle nicht auf DM lautenden Verbindlichkeiten gemeint sind, die Parteienperspektive entscheidet oder (auch) andere Formen von Auslandsberührung relevant sind. Da dies ohne nennenswerte Schwierigkeiten möglich ist, bleibt festzuhalten, daß das Verständnis der Fremdheit von der jeweils in den Blick zu nehmenden Fragestellung abhängt und im übrigen für jede Norm des positiven Rechts gesondert zu prüfen ist, welchen Auslandsbezug einer Geldschuld sie tatbestandlich erfassen will.
§ 3: Der Inhalt von Geldschulden Steht im Einzelfall fest, daß eine Geldschuld vorliegt und welche Währung ihren Leistungsgegenstand bildet, stellt sich die weitere Frage nach der Höhe des Schuldbetrages, d.h. der Menge von Währungseinheiten, die der Schuldner seinem Gläubiger verschaffen muß. Da aus Gründen, die später behandelt werden, 423 eine bestimmte Anzahl von Währungseinheiten im Zeitpunkt des Entstehens der Schuld ein anderes Maß abstrakter Vermögensmacht repräsentieren kann als zu einem späteren Zeitpunkt, etwa dem der Zahlung, ist es für die Parteien eines Geldschuldverhältnisses von entscheidender Bedeutung, ob mit der Änderung des Geldwertes auch eine Änderung des Schuldbetrages, d.h. der
421
Dazu S 625 ff. Valutaschulden wären danach Geldschulden, die nicht auf DM lauten, sowie alle DMVerbindlichkeiten, bei denen das Viereck „lex causae-Zahlungsort-Gläubiger-Schuldner" vom Standpunkt des deutschen Forums aus betrachtet in irgendeiner Weise ins Ausland ragt. 423 S 85 ff. 422
1. Teil: Grundlagen
70
Anzahl zu leistender Währungseinheiten, erfolgt. Es geht, um mit den Worten G.H. Roths zu sprechen, bei der Bestimmung des Schuldbetrages in Relation zur Zeit „um die Antithese zwischen statischer und dynamischer Schuldbestimmung". 424 Auf Besonderheiten, die sich dabei für solche Geldschulden ergeben können, die nicht in Deutscher Mark als der Währung des Forums denominiert sind, wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen. 425 Innerhalb der hier zu erörternden Grundfragen sollen lediglich die zum Verständnis jener Sachproblematik unerläßlichen Zusammenhänge zwischen Geldwert und Geldschuld „vor die Klammer gezogen" dargestellt werden. Gemeint sind Inhalt und Verankerung des geldschuldrechtlichen Nominalismus in Abgrenzung zu valoristischen Thesen sowie die Verkörperung beider Konzepte in Gestalt von Geldsummen- und Geldwertschulden.
I.
Nominalismus und Valorismus
1.
Kernaussagen
Dem Begriff Nominalismus werden verschiedenartige Bedeutungsinhalte beigemessen. Der Nominalismus im geldschuldrechtlichen Sinne erklärt den wirtschaftlichen Wert der währungsrechtlichen Grundeinheit für den Umfang der bei ihrer Entstehung oder später auf einen Nennbetrag fixierten Zahlungsverbindlichkeit als unerheblich. 426 Oftmals mit der Formel „Mark = Mark" umrissen, 427 hat das Nennwertprinzip bei Geldsummenschulden zur Konsequenz, daß Änderungen des Geldwertes zwischen Begründung und Fälligkeit der Schuld, mögen sie auf wirtschaftlichen Umständen oder auf hoheitlichen Maßnahmen beruhen, die Anzahl der zu leistenden Währungseinheiten nicht automatisch beeinflussen, 428 jede bezahlte Mark also wertmäßig 429 jeder geschuldeten Mark entspricht. 430 Der Valorismus demgegenüber will in seiner reinen Form bei jeder Geldschuld die Höhe des Schuldbetrages, ausgedrückt in nominellen Währungseinheiten, dynamisch bestimmen,
424
G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 102. Unten § 9 . Etwa K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 28 ff; Fögen Geld- und Währungsrecht, 137; R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 182; zur Differenzierung zwischen Geldsummenschulden und Geldwertschulden unten II.; entgegen v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 106 wird mit dem Begriff Geldsummenschuld keine Entscheidung über die Wertkonstanz einer Geldschuld vorweggenommen, denn es bleibt stets die Frage zu beantworten, ab wann denn eine summenmäßige Fixierung eintritt, und damit von einem grds. unveränderlichen Nennbetrag auszugehen ist. 427 ZB BFHE 89, 422, 434; BGHZ 61, 31, 38; D. Reuter ZHR 137 (1974) 482; Fögen Geld- und Währungsrecht, 137; Enneccems/Nipperdey BGB AT/1, 780; Jahr Implikationen, 178 f. 428 W. Braun Geldwertsicherung, 21 f; Grämlich WährG, § 3 Rn 4; Fögen aaO ; H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 23 f. 429 Entscheidend für das geldschuldrechtliche Verständnis des Nennwertes ist die durch ihn fingierte Konservierung des wirtschaftlichen Wertes und nicht nur des rechnerischen Wertes der Währungseinheit. Vgl Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 295: „Die Geldschuld geht nicht mehr auf Metallwert, sondern auf währungsmäßigen Wert: derselbe Wert, der von Gesetzes wegen der Münze bei der Zahlung zukommt, wird auch schon zugrunde gelegt, um das Maß der Schuld zu bestimmen; der Nennwert, der dem Zahlungsmittel zugeschrieben wird, reicht zurück bis zur Schuldbegründung und dient dort als Wertmesser für die zu leistende Menge". 425 426
§ 3: Der Inhalt von Geldschulden
71
und zwar abhängig vom wirtschaftlichen Wert (Kaufkraft) des Geldes.431 Sind valoristische Überlegungen dieser Art vor allem in Zeiten dramatischen Währungsverfalls zu beobachten, läßt sich in Deutschland Ausgangs des 20. Jahrhunderts von einer nahezu unangefochtenen Geltung des skizzierten geldschuldrechtlichen Nominalismus sprechen.432 Hingewiesen wird dabei auf das Streben nach Rechtssicherheit als Wertungsgrundlage des Nennwertprinzips,433 teilweise auch auf die Unvereinbarkeit des Valorismus mit öffentlichen Interessen.434 Jedenfalls komme das moderne Schuldrecht ohne die Vorzüge des Nominalismus nicht aus; in Gestalt des Prinzips der Geldsummenschuld besitze er gewohnheitsrechtlichen Charakter.435 Zu unterscheiden ist hiervon der sog. „strikte Nominalismus". Er betrifft zwar auch das Recht der Geldschuld, nimmt jedoch zu der Frage Stellung, inwieweit es zulässig oder untersagt ist, Geldschulden, deren Inhalt auf einen Nominalbetrag lautet, Geldwertveränderungen anzupassen - namentlich auf dem Wege vertraglicher Wertsicherung, aber auch durch richterliche Aufwertung nach Maßgabe des § 242 BGB. Eine gewohnheitsrechtliche Grundlage besitzt der strikte Nominalismus nicht, er bedarf vielmehr in seiner jeweiligen Ausprägung einer positivrechtlichen Legitimation, wie dies etwa in Gestalt des § 3 WährG zu beobachten ist.436 Der strikte Nominalismus setzt den geldschuldrechtlichen Nominalismus voraus. Soweit es die ihn konkretisierenden Rechtssätze gestatten, die vom Schuldner zu erbringenden Summe Währungseinheiten an Geldwertveränderungen anzupassen, werden zwar valoristische Ergebnisse erzielt. Im Gegensatz zum reinen Valorismus ist dies aber die Ausnahme, nicht die Regel.
2.
Das Verhältnis des geldschuldrechtlichen Nominalismus zum währungsrechtlichen Nennwertprinzip
Der Nominalismus im dargestellten Sinne ist eine Theorie über den Inhalt der Geldschuld, nicht des Geldes;437 er beruht auf dem währungsrechtlichen Nennwertprinzip, ohne freilich mit ihm identisch zu sein. Im währungsrechtlichen Nennwertprinzip wiederum, das teilweise auch als geldtheoretischer Nominalismus438 oder technischer Nominalismus439 bezeichnet wird, spiegelt sich die Abkehr moderner Geldrechtssysteme vom Substanzwert des Geldes hin zur Papierwährung wider. Was Nussbaum als „vollkommenste technische 4 3 1 Mit Unterschieden im Detail siehe Kress Schuldrecht AT, 228 ff; Mügel JW 1921, 1269, 1270 ff; Stampe DRiZ 1925, Sp. 209, 210 ff; Eckstein Geldschuld und Geldwert, 2, 4, 27 ff, 102, die den von ihnen postulierten Valorismus jedoch als bloße Krisentheorie begreifen. 4 3 2 Siehe aus der Rechtsprechung etwa BGHZ 7, 134, 137 ff; 61, 31, 38; 79, 187, 194; BVerwGE 41, 1, 5. 433 Reichert-Facilides J Z 1969, 617, 620; D. Reuter ZHR 137 (1974) 482, 4 9 3 ; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 31. 4 3 4 Vgl Vogen Verh. 40. DJT II, 52 ff; v. Schelling Verh. 40. DJT II, D 64 ff; R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 188. 435 K. Schmidt in Staudinger'3, Vorbem zu § 244 Rn D 31. 436 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 35 ff. 437 Eckstein Geldschuld und Geldwert, 2. 438 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 59 ff; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 13; Erti Inflation, 25. 43' K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 23 ff.
72
1. Teil: Grundlagen
Entwicklung der Tauschmitteleigenschaft" des Geldes lobt, 4 4 0 mutet heute wie eine Selbstverständlichkeit an, daß nämlich alle Einheiten einer Währung in einem festen Wertverhältnis zueinander stehen. 4 4 1 Selbst von realen Werten unabhängig, ist die Währungseinheit nurmehr ein Nomen, eine staatlich legitimierte abstrakte Rechengröße zur Messung realer Werte. 4 4 2 Bleibt die Identität der Rechengröße unverändert, so bedeutet dies mehrerlei: Anders als beim autometallistischen Geld 4 4 3 ist der Empfänger nominalistischer Geldzeichen davon befreit, außer der Echtheit noch anderen Eigenschaften des Geldes (Gewicht, Reinheit des Metalls) zu prüfen, so daß einzig die Summe, nicht die Menge entscheidet. 4 4 4 Und ebenfalls anders als beim autometallistischen Geld tangieren Veränderungen der Währungsgrundlage im Laufe der Zeit, etwa die Verschlechterung des Münzfußes bei einer Goldwährung, die vollständige Abkehr von der Golddeckung bei einer Papierwährung oder eine Wertveränderung des Währungsmetalls gegenüber der Metallparität, die Identität der Währungseinheit nicht, solange nur die Grundeinheit bestehen bleibt. 4 4 5 Erst wenn die Grundeinheit durch eine andere ersetzt wird, bedarf es im Wege des rekurrenten Anschlusses einer historischen Definition der neuen Währung durch Schaffung eines Umrechnungsverhältnisses. 446 Im Zeitalter der nicht mehr durch Metall gedeckten („reinen") Papiergeldwährungen besteht die wichtigste Konsequenz des geldtheoretischen Nominalismus darin, daß die temporäre Identität der Währungseinheit von Veränderungen des wirtschaftlichen Wertes, den sie repräsentiert (Kaufkraft), unberührt bleibt. 447 Kaufkraftverschlechterungen können m.a.W. die Fähigkeit des Geldes zur Schuldtilgung in keinster Weise beeinflussen. 448 Mit dem Umfang der Schuld hat all dies jedoch nichts zu tun. 4 4 9 Das geschilderte Nennwertprinzip ist Teil der Ausgestaltung des Währungssystems, das der
Nussbaum Das Geld, 11. Eckstein Geldschuld und Geldwert, 18; die Geltung dieses Prinzips kommt im Privatrecht in den Rechtsnormen mit geldsummenmäßiger Quantifizierung zum Ausdruck, etwa in §§ 12 StVG, 9 f HaftpflG; im Einzelnen dazu K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 30. 442 v. May dell Geldschuld und Geldwert, 60; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 5; Erti Inflation, 24 f: „Geld ist Wertmesser und nicht selbst ein Gemessenes"; W. Mayer Valutaschuld, 22 ff. 4 4 3 So die Terminologie von Knapp Staatliche Theorie des Geldes, 4, der hierunter solche Zahlungsmittel faßt, die nur als Stoff bedeutsam sind, ohne Rücksicht auf die Form, in welcher die Stücke dieses Stoffs auftreten. 444 Nussbaum Das Geld, 11 f. 4 4 5 Vgl W. Mayer Valutaschuld, 22 ff; Stützet Mark-gleich-Mark-Prinzip, 24 ff; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 65. 446 Knapp Staatliche Theorie des Geldes, 10 ff; Eckstein Geldschuld und Geldwert, 23 ff; H.J. Hahn Währungsrecht, 383; Nussbaum IPR, 251 f; näher noch S 207 ff. 447 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 61; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 5; Erti Inflation, 25. 448 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 61 erblickt im währungsrechtlichen Nennwertprinzip den „wahren Sinn des so oft mißverstandenen Satzes Mark = Mark". Daß diese Formulierung heute mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird, belegt Stätzel Mark-gleich-Mark-Prinzip, 21 ff. 449 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 65; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 6; Erti Inflation, 25. Siehe auch Nussbaum Das Geld, 10, der die Formel von der legalen Kontinuität einer Währungseinheit in ihrer Bedeutung auf „Mark gleich Mark, aber nimmermehr Markwert gleich Markwert" reduzierte. So war auch § 666 S 1 des SächsBGB von 1863/1865 zu verstehen, in dem es hieß: „Unter dem Werthe der gültigen inländischen oder diesen gleichgestellten ausländischen Münzsorten ist, sofern nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, der Werth zu verstehen, welcher den Münzen durch ihre Prägung beigelegt ist". 440 441
§ 3: Der Inhalt von Geldschulden
73
Träger der Währungshoheit dem Wirtschaftsverkehr zur Verfügung stellt. Erst wenn nach Maßgabe des anwendbaren Schuldrechts feststeht, welche Anzahl Währungseinheiten zu leisten ist, beantwortet der währungsrechtliche „Nennwert-Zwangskurs" die heute ungewöhnlich klingende und nur aus der Währungsgeschichte heraus verständliche Frage, ob denn alles auf die fragliche Währung lautende Geld hierzu gleichermaßen geeignet ist.450
3.
Geltungsgrund des geldschuldrechtlichen Nominalismus
Wird auch nahezu allgemein von der Existenz des geldschuldrechtlichen Nominalismus ausgegangen, so ist der Grund seiner Geltung doch wenig geklärt. Das Meinungsspektrum erstreckt sich von einer Ableitung aus dem Parteiwillen über Folgerungen aus dem Wesen der Geldschuld bis hin zur Statuierung eines Grundsatzes öffentlichrechtlicher Wirtschaftsverfassung.
a)
Parteiwille und Wesen der
Geldschuld
Oftmals findet sich zur Erklärung des geldschuldrechtlichen Nominalismus ein Hinweis auf den Parteiwillen.451 So heißt es etwa bei Mann,451 beim Fehlen besonderer Abreden sei anzunehmen, daß der Wille der Vertragsparteien sich auf den Nennwert der im Vertrag vereinbarten Geldsumme richte, der Nominalismus also seine Berechtigung aus dem rechtserheblichen Parteiwillen schöpfe. Das Recht anerkenne keine stillschweigenden Bedingungen,453 die entweder überhaupt nicht existieren oder denen die Parteien nicht hinreichend Ausdruck verliehen haben. Und Stützet454 formuliert, wer sich als Gläubiger darauf eingelassen habe, als Maßstab des Schuldverhältnisses Währungseinheiten zu wählen, der habe sich für das Risiko entschieden, daß der wirtschaftliche Wert der Währungseinheit stärker als kalkuliert sinken könne. Nun bedeutete es allerdings, den Parteien etwas wirtschaftlich Unvernünftiges zu unterstellen, wollte man ohne weiteren Anhalt in ihren Äußerungen annehmen, sie hätten durch Vereinbarung eines Nennbetrages die individuelle Absicht zum Ausdruck gebracht, dem Geldgläubiger das Risiko negativer Änderungen der Wertäquivalenz des Geldes aufzubürden, statt dieses Risiko auszuschalten.455 Die Befürworter des Valorismus argumentieren nicht zu Unrecht, es werde ohne weitere Begründung von der Existenz eines Entwertungsrisikos ausgegangen, von dem man aber nur insoweit sprechen könne, als die Geldschuld tatsächlich nominalistisch zu behandeln sei.456 Damit korrespondiert die Erwägung, daß die summenmäßige Bezeichnung einer Geldschuld durchaus nicht zwingend den Willen ausdrücken muß, es sei auch durch die ge-
450
v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 66; anders vielleicht Kati Neumeyer IntVerwR ΙΠ/2,297,300. υ. Maydell Geldschuld und Geldwert, 97; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 6; Stützet Mark-gleich-Mark-Prinzip, 27, 31 ff; Jahr Implikationen, 178; Mann Recht des Geldes, 66 f; Simitis Inflationsbewältigung, 49, 59. 452 Mann Recht des Geldes, 66 f. 453 Gemeint ist die Bedingung der Konstanz des Äquivalenzverhältnisses. 454 Stützet Mark-gleich-Mark-Prinzip, 32. 455 Eckstein Geldschuld und Geldwert, 33 f. 456 Eckstein Geldschuld und Geldwert, 33 f, 36. 451
74
1. Teil: Grundlagen
nannte Anzahl von Währungseinheiten zu erfüllen. 457 Denn die Geldschuld verpflichtet zur Verschaffung abstrakter Vermögensmacht, der Parteiwille kann daher durchaus die Erwartung der Beständigkeit dieser Vermögensmacht ausdrücken. 458 Mit dem authentischen Parteiwillen hat der Nominalismus also nichts zu tun. 4 5 9 Doch hilft auch die Annahme einer Auslegungsregel nicht, 4 6 0 denn der Nominalismus gilt nicht nur bei vertraglichen, sondern auch bei gesetzlichen Geldsummenschulden. Eine Auslegungsregel mag daher wohl Bestandteil oder Folge des Nennwertprinzips im Schuldrecht sein, nicht aber seine Grundlage. 4 6 1 Der Hinweis auf die Risikoverteilung, der sich der Gläubiger bei vertraglicher Begründung des Geldschuldverhältnisses unterwirft, ersetzt nicht die Suche nach der rechtlichen Basis dieser Risikoverteilung, wenn die normativ-individuelle Auslegung unergiebig bleibt; und dort, wo dem Geldgläubiger das Entwertungsrisiko gänzlich ohne sein Zutun auferlegt wird, hilft der Gedanke wirtschaftlicher Eigenverantwortung ohnehin nicht weiter. In der Vergangenheit wurde statt dessen teilweise versucht, den geldschuldrechtlichen Nominalismus aus dem Wesen der Geldschuld als Sachschuld abzuleiten. Bestehe der Inhalt der geldschuldrechtlichen Verpflichtung darin, dem Gläubiger so viele Geldzeichen zu übereignen, daß die Addition des aufgedruckten Wertes die Schuldsumme ergebe, sei wie auch sonst bei Sachen der Wert der Leistung und seine etwaige Veränderung unerheblich. 4 6 2 Diese Argumentation ist natürlich dem Einwand ausgesetzt, daß die Geldschuld keine Sachschuld darstellt, sondern den Schuldner zur Einräumung eines Quantums unkörperlicher, abstrakter Vermögensmacht verpflichtet. 463 Selbst wenn man aber den Sachschuldcharakter der Geldschuld akzeptieren würde, bliebe immer noch offen, ob sich nicht die Geldschuld von der reinen Sachschuld auch insoweit unterscheidet, als die Anzahl der geschuldeten Sachen vom wirtschaftlichen Wert der ideellen Einheit abhängt. 4 6 4 Es wäre dies nicht die einzige Abweichung der Geldschuld von den „normalen" Sachschulden, die die Verfechter jener These annehmen.
b)
Dispositiver Grundsatz des objektiven Schuldrechts
Kann das Prinzip der Geldsummenschuld nicht aus dem Parteiwillen abgeleitet werden und folgt es auch nicht aus dem Wesen der Geldschuld, so ist zunächst weiter festzustellen, daß es im deutschen Schuldrecht keinen ausdrücklichen positivrechtlichen Niederschlag gefunden hat. Insbesondere handelt es sich bei § 6 0 7 B G B um eine in dieser Hinsicht ambivaSo aber Simitis Inflationsbewältigung, 49, 59. Eckstein Geldschuld und Geldwert, 37. 459 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31; gegen eine Verankerung des Nominalismus im Parteiwillen auch Möschel Wirtschaftsrecht, 71; Larenz SchuldR I, 168 mit Fn 19; K. Schmidt aaO; Fögen Geld- und Währungsrecht, 138, dort N. 220. 4 6 0 So aber Bettermann RdA 1975, 2, 5 f; Rosenfelder JherJb 71 (1922) 237, 263. 461 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31. 4 6 2 So etwa A Werner in Staudinger', § 242 Anm V 1; Vorbem 1 zu §§ 244, 245; Reimer ZöR 17 (1937) 206, 247; in diese Richtung auch Fögen Geld- und Währungsrecht, 138. 4 6 3 S 40 ff. 464 Eckstein Geldschuld und Geldwert, 5; keine Erklärung des Nominalismus ist dies auch für jene, die den Geldschuldner zur Sachübereignung verpflichtet sehen, darin jedoch das (einzige) Mittel zur Verschaffung der geschuldeten abstrakten Vermögensmacht erblicken. 457 458
§ 3: Der Inhalt von Geldschulden
75
lente Norm. 4 6 5 Zwar ist die Rede davon, der Darlehensnehmer habe Sachen gleicher Art und Menge zurückzuerstatten, doch erstreckt sich die Verpflichtung auch auf die gleiche Güte des Empfangenen, was bei Geld durchaus im Sinne der valoristischen Theorie verstanden werden könnte. 466 Letztlich ist aber auch dies wenig zwingend, denn die Güte des Leistungsgegenstandes Geld mag man auch unter Hinweis auf das währungsrechtliche Nennwertprinzip erklären. 467 Insgesamt endet die Gleichstellung des Sachdarlehens mit dem Gelddarlehen dort, wo dies durch die Unterschiede zwischen Sachschuld und Geldschuld geboten ist. Da auch den §§ 244, 245 BGB keine Lösung der hier aufgeworfenen Problematik entnommen werden kann, 468 fragt sich, ob sonstige Anhaltspunkte dafür bestehen, daß das geltende deutsche Geldschuldrecht vom Grundsatz des Nominalismus beherrscht ist. In den Motiven zum BGB heißt es: „Für im Inlande zahlbare Geldschulden folgt... schon aus dem eingeführten Währungssysteme, daß der Werth einer in Reichswährung ausgedrückten Schuld der Nennwerth ist und die Zahlung in Geld der Reichswährung zum Nennwerthe genommen werden muß. Aus dem unbedingten Annahmezwang ergibt sich von selbst die Annahmepflicht zum Nennwerthe (...).". 469 Sicherlich darf diese Aussage nicht überbewertet werden, da sich der historische Gesetzgeber den vielfältigen Problemen des Geldschuldrechts, wie sie sich heute stellen, nicht bewußt war und die „Annahmepflicht zum Nennwert" lediglich einen Hinweis auf den geldtheoretischen Nominalismus beinhaltet. Aber die Vorstellung, daß der Inhalt der Geldschuld weitgehend durch die währungsrechtlichen Prinzipien beeinflußt wird, kommt doch unverkennbar zum Ausdruck. Man muß sich dabei jedoch im Klaren darüber sein, daß es beim geldschuldrechtlichen Nominalismus nicht darum geht, das währungsrechtliche Nennwertprinzip in das Recht der Geldschuld zu überführen. 470 Denn dort steht die Konstanz der Währungseinheit als solcher in Rede, hier hingegen die Konstanz der Schuldsumme, bei der es sich um eine vorrangige Frage handelt: Erst wenn die Höhe der Schuldsumme feststeht, ergibt sich aus dem währungsrechtlichen Nennwertprinzip, daß jede Währungseinheit im gleichen Umfang zur Schuldtilgung geeignet ist.471 Beide Prinzipien besitzen jedoch einen sie verbindenden Kern, und zwar ihre Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Werten wie etwa der Kaufkraft. Nur die grundsätzliche Loslösung der Geldschuld vom Geldwert ermöglicht eine ordnungsgemäße Wirtschaftsrechnung in Geld. 472 Es liegt im Interesse des gesamten Rechtsverkehrs, daß Geldschulden regelmäßig auch ohne die Heranziehung von Maßstäben, die außerhalb des Schuldverhältnisses liegen, berechenbar sind. 473 „Wenn 3 + 2 nicht 5 sein können, weil sich - extrem formuliert - die 3 schon beim Niederschreiben des Pluszeichens verwandelt und inzwischen auch die 2 zu schwanken begonnen hat, so bleibt einfach nichts mehr anderes übrig, als auf eine solche Art der Berechnung ohne fixe Grö-
465
v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 95; Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31. So etwa Eckstein Geldschuld und Geldwert, 32; Kress Schuldrecht AT, 229; Bettermann RdA 1975, 2, 6 f. 467 v. Caemmerer Verh. 40. DJT II, D 5, D 8; ferner Koller Risikozurechnung, 258. 468 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 94 f; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31. 469 Mugdan Materialien II, 7. 470 So aber Κ Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 Rn D 31. 471 S 71 ff. 472 Erti Inflation, 28; Nussbaum Das Geld, 125; Möschel Wirtschaftsrecht, 71; Frauenfelder Das Geld, 287 f. 473 Vgl LG Heidelberg RIW 1982, 285; Urenz SchuldR I, 168. 466
76
1. Teil: Grundlagen
ßen selbst unter Aufopferung allzu hochfliegender Gerechtigkeitsvorstellungen zu verzichten". 474 Man mag den geldschuldrechtlichen Nominalismus stabilitätspolitisch rechtfertigen und ihn in diesem Zusammenhang als Grundsatz öffentlichrechtlicher Wirtschaftsverfassung bezeichnen,475 zivilrechtlich legitimiert ihn jedenfalls das Streben nach Rechtssicherheit.476 Daß der Gesetzgeber des Währungsrechts vom Nominalismus im Schuldrecht ausgegangen ist, belegt § 3 S. 2 WährG, der unverständlich bliebe wenn Geldschulden ihrer Höhe nach ohne weiteres vom wirtschaftlichen Wert des Geldes abhängig wären. 477 Aber auch der Gesetzgeber des Schuldrechts hat den Nominalismus in seinen Willen aufgenommen, wie etwa § 433 Abs. 2 BGB zeigt, demzufolge der Käufer „den vereinbarten Kaufpreis" zu zahlen hat.478 Damit korrespondiert die Überlegung, daß das Verwendungsrisiko - und dazu zählt des Risiko einer Wertverschlechterung des Vertragsgegenstandes - nach den Wertungsgrundsätzen des BGB Gläubigerrisiko ist, und es somit einer Rechtfertigung bedürfte, warum hiervon bei Geldschuld abgewichen werden sollte.479 Schließlich gewährleistet allein der Nominalismus die im Zivilrecht auch sonst gängige Gleichwertigkeit von Eigentum und Forderung, indem Geld und Geldforderung nach gleichen Maßstäben gemessen werden. 480 Es erscheint danach zutreffend, den geldschuldrechtlichen Nominalismus als dispositiven Grundsatz des objektiven (deutschen) Schuldrechts zu betrachten, wobei unentschieden bleiben mag, ob und inwieweit sich von einer gewohnheitsrechtlichen Verfestigung sprechen läßt.481
II.
Grenzen des Nominalismus im Schuldrecht
1.
Aufwertung von Geldsummenschulden
Der geld(summen)schuldrechtliche Nominalismus gilt unter der Herrschaft deutsche Rechts nicht uneingeschränkt. Gemessen allein an privatrechtlichen Wertungen, ist es den Parteien ohne weiteres möglich, die Höhe der Zahlungsverbindlichkeit variabel zu gestalten, etwa durch Koppelung des Schuldbetrages an eine von der Schuldwährung abweichende Währung oder an den wirtschaftlichen Wert einer Ware (z.B. Gold) oder eines Warenkorbes. Über § 134 BGB hängt jedoch die Wirksamkeit solcher privatrechtlicher Gestaltungen von den Wertungen des strikten Nominalismus ab, wie er im deutschen Recht seinen Ausdruck namentlich in § 3 S. 2 WährG gefunden hat. Inwieweit der strikte Nominalismus einer ausländischen Rechtsordnung den Umfang einer Zahlungsverbindlichkeit be-
474
Erti Inflation, 28. Möschel Wirtschaftsrecht, 71. 476 LG Heidelberg RIW 1982, 285; Reichert-Facilides JZ 1969, 617, 620; D. Reuter ZHR 137 (1974) 482, 493; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31; Vogen Geld- und Währungsrecht, 138 f. 477 Möschel Wirtschaftsrecht, 71; K. Schmidt aaO. 478 Larenz SchuldR I, 168. 479 D. Reuter ZHR 140 (1976) 73, 81. 480 Jahr Implikationen, 178; ferner W. Braun Geldwertsicherung, 22. 481 Für die Annahme eines Gewohnheitsrechtssatzes K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31; dagegen v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 98 ff; aber auch Larenz SchuldR I, 168 mit Fn 19. 475
§ 3: Der Inhalt von Geldschulden
77
einflussen kann, die von einem deutschen Forum nach deutschem Schuldrecht zu beurteilen ist, wird Gegenstand späterer Erörterungen sein.482 Eine echte Durchbrechung des geld(summen)schuldrechtlichen Nominalismus liegt allerdings in Fällen, in denen die Parteien eine Geldschuld autonom valorisieren dürfen, ohnehin nicht vor. Anders ist dies, wenn die bei ihrer Entstehung oder später auf einen bestimmten Nennbetrag fixierte Zahlungsverbindlichkeit nachfolgend ohne Einigung der Parteien der Veränderung des Geldwertes angepaßt wird. Umschrieben ist damit die sog. Aufwertung von Geldforderungen, 483 bei der die Bindung an das nominalistische Prinzip im Interesse höherwertiger Gerechtigkeitsvorstellungen teils gelockert, teils aufgehoben wird. Besonderen Stellenwert besaß die Aufwertung im Gefolge der großen deutschen Inflation 1922/23, einer Situation, in der das Geld seine Funktion als Wertmesser gänzlich verloren hatte und in der sich zuerst das Reichsgericht484 und später auch der Gesetzgeber485 veranlaßt sahen, Geldforderungen dem gesunkenen Geldwert anzupassen.486 Ob und inwieweit Geldforderungen auch unter weniger extremen Verhältnissen aufgewertet werden können, wird unter § 9 behandelt.
2.
Geldwertschulden
Der geld(summen)schuldrechtliche Nominalismus gilt per definitionem nur für solche Zahlungsverbindlichkeiten, deren Höhe durch einen Nennbetrag bestimmt wird. Neben den Geldsummenschulden kennt das deutsche Schuldrecht Zahlungsverbindlichkeiten, bei denen die nennbetragsmäßige Festlegung nicht bereits bei Schuldbegründung erfolgt ist, sondern erst später stattfindet, etwa mit der Urteilsfällung oder der Erfüllung, weil der Schuldumfang bis dahin von realen Werten abhängt, die sich aus Parteivereinbarung, Rechtsnatur oder Zweck der Verbindlichkeit ergeben können. 487 Für derartige Geldschulden wird üblicherweise488 der Begriff Geldwertschuld gebraucht.489 Daran soll auch hier festgehalten werden, wenngleich manche Autoren etwas mißverständlich jede Geldschuld 482
Siehe S 174 ff. Zum Begriff etwa Mügel Aufwertungsrecht, 146. 484 Den Ausgangspunkt der reichsgerichtlichen Aufwertungsrechtsprechung bildete die Entscheidung RGZ 107, 90 ff. 48 Siehe das Gesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Aufwertungsgesetz) vom 16.7.1925 (RGBl, 117) sowie das Gesetz über die Fälligkeit und Verzinsung von Aufwertungshypotheken vom 18.7.1930 (RGBl, 300). 486 Die reichsgerichtliche Praxis ist dabei von einer Gewaltenteilungsdebatte begleitet worden, siehe Jastrow Prinzipienfragen, 13 ff; Grau AcP 122 (1924) 318 ff; Heck AcP 122 (1924) 203 ff; Nussbaum Das Geld, 126 ff; siehe ferner E. Wolf SchuldR AT, 164 ff. 487 Der BGH spricht von Geldschulden, „deren Umfang durch eine Beziehung zu nichtwährungsrechtlichen Elementen bestimmt wird" (BGHZ 27, 134, 137). 488 Etwa OLG Köln NJW 1960, 388 f; K. Schmidt FS Odersky, 685, 689; ders in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 42; Larenz SchuldR I, 174; Alff in RGRK-BGB, § 244 Rn 7; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 257 Fn 401; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 6; Enneccerus/Lehmanrt Recht der Schuldverhältnisse, 47; Heinrichs in Palandt, §§ 244, 245 Rn 10; Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 34 ff. 489 Bisweilen ist auch von „uneigentlichen" Geldschulden im Gegensatz zu Geldsummenschulden als den „eigendichen" Geldschulden die Rede; siehe zB Pulvermüller Rechtsnatur, 71; ferner Sirp in Erman9, § 244 Rn 11 ff: „unechte" statt „echte" Geldschuld; unglücklich die daran geübte Kritik von Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 131. 483
78
1. Teil: Grundlagen
als Wertschuld charakterisieren. Dem liegen typischerweise keine valoristischen Vorstellungen zugrunde, vielmehr soll damit zum Ausdruck gebracht werden, daß die Geldschuld keine Sachschuld ist, sondern zur Verschaffung abstrakter Vermögensmacht verpflichtet. 490 Geldwertschulden im hier verstandenen Sinne sind zunächst die bereits angesprochenen Fälle vertraglicher Wertsicherung (Valutawertklauseln, Sachwertklauseln, Lebenshaltungsindexklauseln). Im Vordergrund stehen jedoch Zahlungsverbindlichkeiten gesetzlicher Art, bei denen Geld dazu dient, eine besondere vom Gesetz vorgegebene „Wertermittlungsoperation" durchzuführen, 491 und die Zahlung den Transfer dieses in Geld bezifferten realen Wertes bezweckt. 492 Typische Geldwertschulden sind Schadensersatz- sowie Unterhaltsverpflichtungen. Ihnen wohnt insofern ein valoristisches Element inne, als der Umfang des Schadens bzw. der Bedarf des Unterhaltsberechtigten die Anzahl der vom Schuldner zu leistenden Währungseinheiten determiniert. Sinkt daher der wirtschaftliche Wert des Geldes, paßt sich automatisch der nennbetragsmäßige Umfang der Verpflichtung dem unveränderten realen Schuldmaßstab an. Daran zeigt sich zugleich die Grenze der Aussage, gesetzliche Geldwertschulden seien valoristischer Natur. Es geht bei ihnen - anders als bei der vertraglichen Wertsicherung - nicht darum, die Auswirkungen eines Geldwertverfalls zu verhindern, sondern um reale Vermögensbewertung, bei der sämtliche Faktoren veränderlichen Charakters die Anspruchshöhe mitbeeinflussen. 493 Insbesondere K. Schmidt hat darauf aufmerksam gemacht, daß Geldsummenschulden und Geldwertschulden nicht unterschiedliche Arten von Zahlungsverbindlichkeiten darstellen, sondern lediglich unterschiedliche Methoden bezeichnen, anhand derer der Geldschuldinhalt summenmäßig bestimmt wird. 494 Im einen Fall steht die Summe der geschuldeten Währungseinheiten (bereits) fest, im anderen Fall ist sie (noch) von einer realen Vermögensbewertung abhängig, d.h. konkretisierungsbedürftig. 495 Erfolgt die Konkretisierung in rechtlich verbindlicher Weise, wandelt sich die Geldwertschuld in eine Geldsummenschuld um und ist von diesem Zeitpunkt an in vollem Umfang nominalistisch zu behandeln. Umgekehrt ist auch die Umwandlung einer Geldsummenschuld in eine Geldwertschuld möglich, sofern die Wertsicherung währungsrechtlichen Vorschriften nicht zuwiderläuft. Die Identität der Schuld bleibt durch eine solche Umwandlung unberührt, was sich ändert, ist lediglich die Bemessungstechnik. 496 Nach überwiegender Auffassung erschöpft sich die Bedeutung der Differenzierung zwischen Geldsummenschulden und Geldwertschulden allerdings nicht darin, den Umfang der Verbindlichkeit auf unterschiedliche Weise festzulegen. Vielmehr soll bei gesetzlich begründeten Zahlungspflichten von der Kategorisierung auch die Schuldwährung abhängen. Ob die Natur der Geldwertschuld aber tatsächlich neben dem Umfang auch den Gegenstand der Geldschuld beeinflußt, ihr 490
ZB Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 44. Inzitari RabelsZ 45 (1981) 705, 714. 492 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 103. 493 Inzitari RabelsZ 45 (1981) 705, 715; Reichert-Facilides JZ 1969, 617, 618 Fn 16; Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 34 f. 494 K. Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 Rn D 43 f. 495 Die von v. May dell Geldschuld und Geldwert, 106 f; ders in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 11 erhobenen Bedenken gegen die Unterscheidung zwischen Geldsummen- und Geldwertschulden sind nur insoweit berechtigt, als durch unbedachte Verwendung der Begriffe leicht Entscheidungen in der Sache vorweggenommen werden können. An der Berechtigung der inhaltlichen Differenzierung als solcher ändert sich jedoch nichts. 4,6 K. Schmidt aaO. 491
§ 4: Außenwertschwankungen
79
also über die quantitative Dimension hinaus eine qualitative Dimension innewohnt, muß bezweifelt werden. 497
§ 4: Außenwertschwankungen
I.
Binnenwert und Außenwert des Geldes
Geld ist nicht nur Bewertungsmaßstab, sondern auch Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel. Aufgrund dieser Funktionen kann es Wirtschaftsgut und damit selbst Gegenstand wirtschaftlicher Bewertung sein.498 Zu unterscheiden ist dabei zwischen Binnenwert und Außenwert des Geldes. Während der Binnenwert die interne Kaufkraft des Geldes bezeichnet, d.h. die Anzahl Gütereinheiten, die im Währungsinland für eine Währungseinheit erhältlich sind, 4 ' 9 drückt der Außenwert des Geldes das Wertverhältnis einer bestimmten Währung zu einer anderen Währung aus, ist mithin notwendigerweise relativer Natur.500 Es existiert nicht der Außenwert der Deutschen Mark, sondern stets nur ihr Außenwert im Verhältnis zum Schweizer Franken, zur norwegischen Krone, zum US-Dollar etc. In diesem Zusammenhang erlangt das Verhältnis zwischen Ökonomie und Recht Bedeutung, wobei vielfach der freie Devisen-501 oder Wechselkurs502 der Währungsparität gegenübergestellt wird. 503 Der Devisenkurs gibt an, wieviele Werteinheiten einer Währung nach Maßgabe von Angebot und Nachfrage, also der wirklichen Wertschätzung durch den Verkehr, den Preis für den Erhalt einer bestimmten Anzahl von Einheiten einer anderen Währung darstellen.504 Devisenkurse505 bilden sich an der Devisenbörse und werden dort amtlich no-
497
Dazu eingehend S 298 ff. Anders noch Knapp Staatliche Theorie des Geldes, 436 ff, der das Problem der Geldentwertung aus seinen Betrachtungen gänzlich ausblendet. 499 Lipfert Währungspolitik, 12, dort auch zu Problemen der Kaufkraftmessung; Hall Währungsparitätsfestsetzung, 12. 500 Nussbaum Das Geld, 60; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 28. 501 Der Begriff Devisen wird in diesem Zusammenhang unter Einschluß der Sorten verwandt; vgl Hoffmann Währungsparität, 4. 502 Der Begriff Wechselkurs rührt aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, als im internationalen Zahlungsverkehr noch der Wechsel vorherrschte, mit der Folge daß die Kursnotierung eine Wechselkursnotierung war; Hoffmann Währungsparität, 4; Lipfert Währungspolitik, 6 Fn 3. 503 Siehe insbes. Hoffmann Währungsparität, 4 ff. 504 Lipfert Währungspolitik, 103. 505 Man kann zwischen Preis- und Mengennotierungen unterscheiden; siehe zB Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 23; Hoffmann Währungsparität, 5 ; Jarchow/Rüßmann Außenwirtschaftstheorie, 44. Bei der in fast allen Staaten üblichen Preisnotierung wird ein runder Betrag der jeweiligen Auslandswährung als feste Bezugsgröße angenommen, für den der Gegenwert in Inlandswährung als Preis eine variable Größe bildet. Genau umgekehrt liegt es bei der in Großbritannien gebräuchlichen Mengennotierung. Das britische Pfund bildet die Fixgröße, der mengenmäßige Gegenwert in Auslandswährung die Variable. K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn F 3 will nur in der erstgenannten Variante von Devisenkurs, bei der Mengennotierung dagegen von Wechselkurs sprechen. In der Sache ergeben sich keine Unterschiede, solange man sich schuldrechtlich nur 498
1. Teil: Grundlagen
80
tiert, oder aber die Kursbildung erfolgt außerbörslich. Die Währungsparität bringt ebenfalls eine Austauschrelation zweier Währungen zueinander zum Ausdruck. 506 Im Gegensatz zum Devisenkurs handelt es sich jedoch nicht um die Marktaustauschrelation, sondern um das rechtlich festgelegte Wertverhältnis der Recheneinheit einer Währung zur Recheneinheit einer anderen Währung, zu einem Währungskorb (z.B. der ECU) oder zu einer Edelmetallmenge. 507 Wie auch der Nennwert des Geldes, ist die Währungsparität zunächst etwas rein Nominelles. Auswirkungen auf das für die Parteien praktisch maßgebliche Austauschverhältnis zweier Währungen hat die Parität nur, wenn sie dementsprechend vollzogen wird, was durchaus nicht immer und in gleicher Weise der Fall sein muß. 508 Der wirkliche Außenwert kann sich mithin im Kurswert 509 widerspiegeln, zwingend ist dies jedoch keineswegs. Erwähnt sei auch bereits die wertfremde Wechselkurspraxis der ehemaligen Ostblockstaaten. 510
II.
Wechselkurssysteme im Überblick
1.
Freie, gelenkte oder feste Devisen- bzw. Wechselkurse?
Von einem System frei schwankender (floatender) Devisenkurse 511 ist die Rede, wenn die Kurse durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage bestimmt werden, der Staat sich also einer regulierenden Einflußnahme völlig enthält. Man kann in diesem Falle auch von „sauberem" Floating sprechen und in Abgrenzung dazu von „schmutzigem" Floating, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, um den Kurs seinen jeweiligen wirtschaftspolitischen Vorstellungen entsprechend zu beeinflussen, sei es durch Interventionen am Devisenmarkt, sei es durch Erlaß von Kapitalverkehrskontrollen oder ähnlichen Regelungen. Den Gegensatz zum freien Floating bildet der feste Wechselkurs, der sich durch die (nahezu) strikte Anbindung einer Währung an ein Edelmetall oder an eine andere Währung auszeichnet. Als Beispiel sei der zum 1.7.1994 eingeführte brasilianische Real genannt, der zunächst eine feste Parität von 1 : 1 zum US-Dollar aufwies, ferner der österreichische Schilling, der bis zum Eintritt Österreichs in den Wechselkursverbund des EWS am 9.1.1995 einseitig an die D M gekoppelt war und schließlich der ungarische Forint, der an einen Währungskorb darüber im Klaren ist, daß auch bei einer Mengennotierung die Inlandswährung nicht notwendigerweise die Ware, sondern zumeist den Preis für den Erwerb der Auslandswährung darstellt. 5 0 6 Allerdings erfaßt der Begriff auch das rechtliche Wertverhältnis einer Währungseinheit zu der Gewichtseinheit eines bestimmten Währungsmetalls, wie dies noch im Bretton Woods-Abk von 1 9 4 4 in Gestalt der „Goldparität" vorgesehen war. 507 Hoffmann Währungsparität, 6; Hall Währungsparitätsfestsetzung, 13 f; Tomuschat Aufwertung, 1; H.J. Hahn BerDGesVölkR 2 0 (1979) 1, 11. 508 Hoffmann Währungsparität, 6 f, 13; H.J. Hahn BerDGesVölkR 2 0 (1979) 1, 12. 509 Nichts mit dem Wertverhältnis zweier Währungen zueinander hat der „Courswerth" iSd Terminologie v. Savignys zu tun. v. Savigny Obligationenrecht I, 4 3 2 versteht darunter im Gegensatz zum Nennwert und zum Metallwert des Geldes denjenigen Wert, „welchen der allgemeine Glaube, also die öffentliche Meinung, irgend einer Art des Geldes beilegt". Die Nähe dieses „Courswerthes" zur Kaufkraft des Geldes ist unverkennbar; siehe auch K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 13. 510 Siehe dazu noch S 3 3 8 ff und 5 3 8 ff. 511 Zum folgenden siehe Jarchow/Rüßmann Währungspolitik, 3 0 ff; Hoffmann Währungsparität, 13 ff; Samuelson/Nordhaus Volkswirtschaftslehre 2, 693 ff; Lipfert Währungspolitik, 2 3 0 ff.
§ 4: Außenwertschwankungen
81
gebunden ist, der zu 7 0 % aus ECU und zu 3 0 % aus Dollar besteht. 512 Auch feste Kurse müssen aber keineswegs starr sein, wie die Funktionsweise des klassischen Goldstandards in der Zeit bis 1914 verdeutlicht. Die an das Gold gekoppelten Wechselkurse pendelten ohne Notwendigkeit staatlicher Interventionen innerhalb einer geringen Bandbreite um die sog. Goldpunkte herum, d.h. um diejenigen Preise, die sich unter Berücksichtigung der Transportkosten für den Export bzw. Import von Gold ergaben. 513 Gelenkte Wechselkurse schließlich kennzeichnet es ebenfalls, daß die Schwankungsmöglichkeiten der Kurse eingeschränkt sind; im Unterschied zu den bereits angesprochenen Systemen geschieht dies jedoch dadurch, daß die jeweils zuständigen Staatsorgane - oft aufgrund völkervertraglicher Verpflichtung - bei Erreichen bestimmter als verbindlich veröffentlichter Ober- und Untergrenzen („Interventionspunkte") selbst als Anbieter oder Nachfrager auf dem Devisenmarkt auftreten, um die Kurse in Richtung auf die jeweilige Parität zu beeinflussen. 514 Dieser Kursbildungsmechanismus findet sich etwa im Europäischen Währungssystem (EWS). Doch sind gelenkte Systeme als Mischformen von freien und festen Wechselkursen in vielerlei Ausgestaltungen denkbar. Von Mischformen kann auch im Hinblick auf ein relatives Floating gesprochen werden. So sind der brasilianische Real oder auch der argentinische Peso zwar an den US-Dollar gekoppelt, weil dieser jedoch frei floatet, schwanken die Kurse der brasilianischen und der argentinischen Währung entsprechend im Vergleich zu Drittwährungen. Auch die EWS-Währungen floaten zum Dollar oder zum Yen, allerdings geschieht dies im Verbund (sog. „Block-Floating"). So wenig sich für die angesprochenen Wechselkurssysteme eine einheitliche Terminologie herausgebildet hat, so wenig besteht in der Einschätzung ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile Einigkeit. Auf einige grundsätzliche Probleme, die Befürworter und Gegner der einzelnen Systeme gleichermaßen anerkennen, soll jedoch kurz hingewiesen werden. 515 Systeme mit festen oder gelenkten Wechselkursen setzen voraus, daß die Werte der beteiligten Währungen einigermaßen stabil bleiben oder sich international parallel verändern, was wiederum eine koordinierte Stabilitätspolitik verlangt. Treten Zahlungsbilanzungleichgewichte auf, sind ab einer gewissen Größenordnung Korrekturen durch Paritätsänderungen in Gestalt von Auf- oder Abwertungen unvermeidlich. Zu berücksichtigen ist ferner die Gefahr risikoloser Spekulation auf Kosten der Währungsbehörden und damit letztlich des Steuerzahlers, wie dies beispielsweise im Jahre 1993 bei einigen EWS5 1 2 Zur Koppelung von 15 afrikanischen Währungen an den französischen Franc siehe die Übersicht in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 3.4.1998, 5. 5 1 3 Da die Goldparität zwischen den am Goldstandardsystem beteiligten Staaten festgelegt war und die Währungsbehörden die Verpflichtung besaßen, für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr unbegrenzt Gold anzukaufen bzw zu verkaufen, war es von einem bestimmten Devisenkurs an lukrativ, Gold zu importieren („Goldimportpunkt") bzw zu exportieren („Goldexportpunkt"), was sich unmittelbar auf die Nachfrage nach Devisen auswirkte. 5 1 4 Siehe etwa Scbwark DB 1971, 949. 5 1 5 Zur folgenden Diskussion der Devisenkurssysteme etwa Jarchow/Rüßmann Währungspolitik, 186 ff; in einer Studie für das amerikanische National Bureau of Economic Research (NBER) hat jüngst der Volkswirtschaftler Svensson Gründe und Konsequenzen der Turbulenzen um das EWS in den Jahren 1992/93 untersucht und im Gegensatz zur „Bretton Woods-Kommission" unter Führung des ehemaligen amerikanischen Notenbankchefs Volcker die Auffassung vertreten, feste Wechselkurse beeinflußten wesentlich geringer als bisher angenommen die Preisstabilität. Nur in wenigen Fällen erhöhten feste Wechselkurse die Kreditwürdigkeit einer Währung; Svensson Fixed Exchange Rates, 1 passim; zur Kontroverse siehe ferner Handelsblatt vom 10./11.6.1994, 39.
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1. Teil: Grundlagen
Währungen zu beobachten war. Während im System flexibler Wechselkurse eine gewinnbringende Spekulation in aller Regel stabilisierend wirkt, tragen die Spekulanten bei gelenkten Kursen kein nennenswertes Risiko. Ist eine Spekulation einmal ausgelöst, besteht die Gefahr der Verstärkung zu einer sog. Spekulationswelle, der sich anzuschließen lohnenswert ist, solange die Währungsbehörden die Ausgangsparität aufrechterhalten. Weil dies bei steigendem Spekulationsumfang zunehmend schwerer fällt, nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Paritätsänderung bei anwachsender Spekulation immer weiter zu. Die Vorteile gelenkter Wechselkurse liegen demgegenüber in dem starken Maß an Kurssicherheit für jene Wirtschaftssubjekte, die im Außenhandel tätig sind, da sie bei frei floatenden Kursen um eine Sicherung durch Abschluß von Devisentermin- oder -optionsgeschäften nicht umhin kommen. Frei floatende Kurse dagegen, jedenfalls in Gestalt des „sauberen" Floatings, gewährleisten einen von dirigistischen Eingriffen (Devisenkontrollen, Importkontingente etc.) weitgehend ungestörten internationalen Handel und spiegeln die Marktverhältnisse adäquat wider. Sie ermöglichen den einzelnen Staaten zudem eine autonome Stabilitätspolitik nicht nur kurzfristiger Art, so daß Kaufkraftstabilität und Vollbeschäftigung unabhängig von den Entscheidungen anderer Staaten angestrebt werden können. Damit geht jedoch die Gefahr einer sog. Abwertungs-Inflations-Spirale einher, bei der die Stabilitätspolitik die Kontrolle über die Preispolitik verliert. Eine Störung im güterwirtschaftlichen Bereich etwa kann zur kontinuierlichen Aufwärtsbewegung von Wechselkursen, Preisen und Löhnen führen.
2.
V o m Goldstandard zur Währungsunion 5 1 6
Auf den klassischen Goldstandard, 517 der während des Ersten Weltkrieges suspendiert war und im Anschluß daran kriegsfolgenbedingt nicht wieder verwirklicht werden konnte, folgte eine Phase frei floatender Wechselkurse, die in Deutschland mit dem Zusammenbruch der Reichsmark-Währung 1922/1923 einherging. Im Laufe der 20er Jahre kehrten die meisten wirtschaftlich bedeutenden Länder zum Goldstandard in einer etwas modifizierten Form zurück. Sein Zusammenbruch im Jahre 1931, dem eine schwerwiegende Bankenkrise in Deutschland sowie die Suspendierung der Goldeinlösungspflicht für das britische Pfund vorausgegangen waren, hatte unterschiedliche Ursachen. Zu nennen sind zum einen Über- und Unterbewertungen wichtiger Währungen aufgrund mangelnder Koordination bei der Restauration des Goldstandards. Zum anderen spielten Zahlungsbilanzungleichgewichte eine Rolle, deren Ausmaß gegenüber der Vorkriegszeit angewachsen war (Kriegsschulden, Reparationszahlungen), ferner der Umstand, daß viele Staaten ihre Wirtschaftspolitik binnenwirtschaftlicher orientierten und den Zahlungsbilanzausgleich hintanstellten. Die nun beginnende und bis Kriegsende währende Phase währungspolitischer Desintegration war gekennzeichnet durch eine Kette von Abwertungen, die Bildung von Währungsblöcken (Sterlingblock, Goldblock) und zunehmende Reglementierungen des internationalen Handels-, Zahlungs- und Kapitalverkehrs. Das am 2 2 . 7 . 1 9 4 4 in Bretton Woods/USA beschlossene und Ende 1945 unterzeichnete Abkommen über die Grün5 1 6 Zur Entwicklung bis zum EWS eingehend H./. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 50 ff; Ensthaler JuS 1994, 2 6 ff; Tew Evolution, 15 ff; Emminger D-Mark, Dollar, Währungskrisen, 211 ff, 3 5 6 ff; Schaal Geldtheorie und Geldpolitik, 59 ff. 5 1 7 Siehe dazu Nussbaum Money in the Law, 119 f.
§ 4 : Außenwertschwankungen
83
dung des Internationalen Währungsfonds (IWF) sah in Art. IV feste Paritäten vor, die in Gold oder in US-Dollar auszudrücken waren und von denen die Devisenkurse lediglich in einer Bandbreite von jeweils 1 % abweichen durften. Paritätsänderungen waren nur bei fundamentalen Zahlungsbilanzungleichgewichten zulässig und setzten teilweise die Zustimmung des Fonds zu einem entsprechenden Antrag des Mitglieds voraus. Als sich 1971 ein starkes Zahlungsbilanzdefizit der USA abzeichnete und eine Dollarabwertung in Aussicht stand, kam es zu einer Kapitalflucht aus den Vereinigten Staaten. Die übrigen IWFMitgliedstaaten versuchten erfolglos, die Dollar-Parität durch massive Ankäufe zu verteidigen, so daß sich Präsident Nixon im August 1971 gezwungen sah, die Goldkonvertibilität des Dollars aufzuheben, und Anfang 1973 der Dollarkurs weitgehend freigegeben wurde ein Schritt, dem einige andere Währungen folgten, wohingegen vor allem die lateinamerikanischen Staaten eine weitere Anbindung an den Dollar bevorzugten und in Europa der Europäische Wechselkursverbund (die sog. „Währungsschlange")518 geschaffen wurde, der 1979 in das EWS mündete. Der IWF selbst gab nach dem Zusammenbruch des Bretton Woods-Systems mit seiner zweiten Satzungsnovelle 1978 das Gold als Bezugsgröße für Währungsparitäten zu Gunsten des Sonderziehungsrechts (SZR) auf und vollzog nun auch rechtlich die Abkehr vom System (weitgehend) fester Wechselkurse. Den Mitgliedern des IWF wurde durch die Neufassung von Art. IV des Abkommens die Wahl des Devisenkurssystems selbst überlassen, zugleich aber die Verpflichtung zu geordneter Gestaltung ihrer Wirtschafts- und Währungspolitik auferlegt. Das aufgrund deutsch-französischer Initiative errichtete Europäische Währungssystem ist ein Wechselkursverbund zwischen den Mitgliedstaaten der EG bzw. der heutigen EU, der erklärtermaßen das Ziel verfolgt, beim schrittweisen Aufbau der Wirtschafts- und Währungsunion den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr durch Verringerung von Wechselkursrisiken zu erleichtern.519 Es handelt sich um ein System gelenkter Wechselkurse mit festen Paritäten der Mitgliedswährungen zur ECU („Leitkurse"), von denen nur in einer bestimmten Schwankungsbreite nach oben und unten abgewichen werden darf. Wird bei einer Währung die Grenze dieser Bandbreite erreicht, müssen die Zentralbanken der übrigen Mitgliedstaaten die betreffende Währung durch Ankäufe oder Verkäufe in unbegrenztem Umfang stützen. Paritäts- bzw. Leitkursänderungen können nur nach Einigung zwischen allen Mitgliedstaaten erfolgen, und zwar im Rahmen einer allgemeinen Neuregelung. Seine schwerste Krise erlebte das EWS Anfang der 90er Jahre: Im Zuge starker Währungsturbulenzen 1992 und 1993 wurden die italienische Lira, die spanische Peseta sowie der portugiesische Escudo abgewertet, verließen Italien und Großbritannien auf unbefristete Zeit den Wechselkursverbund des EWS und wurde die Bandbreite zulässiger Währungsschwankungen von ursprünglich +/- 2 , 2 5 % im August 1993 auf + / - 1 5 % ausgedehnt. 520
518
Z u Einzelheiten siehe Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, 2 8 3 f.
Vgl Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 8 2 . 5 2 0 Z u Ursachen und Konsequenzen siehe etwa Hasse Handelsblatt-Beilage vom 1 9 . 5 . 1 9 9 4 , Β 4 ; zuletzt den Rückblick im Handelsblatt vom 1 5 . 9 . 1 9 9 7 , 2 7 sowie den Kommentar von Benkhoff e bd. Das nächste Realignment erfolgte im März 1 9 9 5 . Ohne daß die untere Grenze der EWS-Bandbreite jeweils erreicht war, wurden die Währungen Portugals und Spaniens abgewertet; die Peseta um 7 % , der Escudo um 3 % . Diese vorzeitige Wechselkursanpassung diente dazu, weitere Spekulationswellen zu verhindern. Die Notenbanken sollten nicht länger gezwungen sein, Kurse durch Stützungskäufe zu verteidigen, die ohnehin nicht gegen den Markt hätten verteidigt werden können. 519
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1. Teil: Grundlagen
Bereits auf der Konferenz von Maastricht im Februar 1992 hatten die damaligen EGMitgliedstaaten die Errichtung einer europäischen Währungsunion beschlossen, die in drei Phasen verwirklicht werden soll. In der bis 31.12.1993 dauernden ersten Phase waren die Mitgliedstaaten gehalten, längerfristige Programme zur Konsolidierung ihrer Wirtschaftsund Finanzlage festzuschreiben (Art. 109 Abs. 2 EGV). Die seither andauernde zweite Phase ist u.a. dadurch gekennzeichnet, daß sämtliche Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten untereinander sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern aufgehoben sind (Art. 73 a ff. EGV). Daneben wurde ein Europäisches Währungsinstitut errichtet, dem als Vorläufer einer Europäischen Zentralbank eine Fülle von Koordinierungs- und Entwicklungsaufgaben zukommt (Art. 109 f. EGV). Für das Ende der zweiten Phase sieht Art. 109 j EGV vor, daß der Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs festlegt, welche Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllen. Diese Entscheidung ist am 3. Mai 1998 nach langanhaltenden politischen und wirtschaftswissenschaftlichen Kontroversen gefallen. 521 Auf dem Brüsseler Gipfel wurde insgesamt 11 Mitgliedstaaten Euro-Tauglichkeit attestiert, und zwar Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und Finnland. 522 Mitentscheidend für die Teilnahme an der Währungsunion war die Erfüllung der in Art. 109 j Abs. 1 EGV festgelegten Konvergenzkriterien: hohe Preisstabilität, auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, niedrige langfristige Zinssätze, Wechselkursstabilität. Für die entsprechend qualifizierten Staaten beginnt die dritte Phase der Währungsunion am 1. Januar 1999 (Art. 109 j Abs. 4 EGV). Es ist hier nicht der Platz, über Sinn und genauen Inhalt der Konvergenzkriterien zu diskutieren, ebensowenig wie über Vorteile und Gefahren des termingerechten Eintritts in die dritte Phase nachzudenken. 523 Für die Zwecke der vorliegenden Abhandlung ist jedoch von Bedeutung, daß mit Eintritt in die dritte Phase für die Teilnehmerstaaten ein Währungswechsel erfolgt. Der Euro wird zu einer eigenständige Währung, welche die bisherigen nationalen Währungen ablöst (Art. 109 1 Abs. 4 EGV). Das Konzept eines temporären Nebeneinanders von nationalen Währungen und EuroWährung hat sich nicht durchsetzen können. Für einen Übergangszeitraum, der spätestens mit Ablauf des Jahres 2001 endet, fungieren die nationalen Währungseinheiten lediglich noch als Untereinheiten des Euro, 524 was u.a. zur Folge hat, daß Wechselkursschwankungen ungeachtet der verschiedenen Währungsbezeichnungen genauso ausgeschlossen sind wie sonst zwischen Einheiten derselben Währung. Anders liegen die Dinge natürlich vor Eintritt in die dritte Phase der Währungsunion sowie danach im Verhältnis zwischen den Staaten der Euro-Gruppe und den übrigen EU-Mitgliedstaaten. Was den erstgenannten Komplex anbelangt, so hatten die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der EU bereits auf ihrem informellen Luxemburger Treffen am 13./14. September 1997 vereinbart,
521 Entscheidung des Rates vom 3. Mai 1998 gemäß Art 109 j Abs 4 des Vertrages (98/317/EG), Abi L 139/30 vom 11.5.1998. 522 Art 1 der Ratsentscheidung; Abi L 139/35 vom 11.5.1998. 523 Siehe dazu beispielsweise Morgenthaler JuS 1997, 673, 677, 678 f; Nahrendorf Handelsblatt vom 30.4.1998, 2; P. Welter Handelsblatt vom 4.5.1998, 54. 524 Art 3, 5, 6 der Verordnung (EG) Nr 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro sowie Abs 8 und 13 der entsprechenden Erwägungsgründe; Abi L 139/1 v. 11.5.1998. Siehe zum vorausgegangenen Kommissionsvorschlag etwa Schneider DB 1996, 2477, 2478; Schefold WMSonderbeilage 4/1996, 11 f.
§ 4: Außenwertschwankungen
85
das Umrechnungsverfahren zwischen den Teilnehmerwährungen und dem Euro gleichzeitig mit der Auswahl des Teilnehmerkreises zu bestimmen. 525 Auf dem Brüsseler Gipfel vom 2./3. Mai 1 9 9 8 waren es dann die bisherigen bilateralen Leitkurse der 11 Teilnehmerwährungen, die als endgültige, ab Januar 1998 geltende Umrechnungskurse festgeschrieben wurden. 526 Zu signifikanten Wechselkursschwankungen zwischen den Währungen der Teilnehmerländer dürfte es deshalb bis zum Beginn der 3. Stufe der E W W U nicht mehr kommen. Das Wechselkursregime gegenüber den vorerst nicht teilnehmenden Staaten soll Gegenstand eines noch zu errichtenden EWS II sein.
III. Ursachen und Erscheinungen von Wechselkursänderungen 1.
Unterschiedliche Inflationsraten
Soweit die Wechselkurse zweier Währungen frei floaten, sei es auch innerhalb der Schwankungsbreiten eines gelenkten Systems wie des EWS, ist ihre Änderung - langfristig gesehen - grundsätzlich Ausdruck unterschiedlicher nationaler Inflationsraten (monetäre Wechselkurstheorie; auch Kaufkraftparitätentheorie genannt). 527 Die (relative) Wechselkursänderung zwischen zwei floatenden Währungen entspricht also auf Dauer im wesentlichen der Differenz ihrer Binnenwertentwicklungen im beteffenden Zeitraum. Die Binnenwertentwicklung des Geldes in einer offenen Volkswirtschaft wiederum wird von vielfältigen Faktoren und Interdependenzen beeinflußt; die entsprechenden Zusammenhänge darzustellen und zu diskutieren ist nicht Gegenstand der vorliegenden Abhandlung. Eine Rolle spielt jedenfalls das Verhältnis der Geldmenge zur Menge der Güter und Dienstleistungen, die zum Austausch zur Verfügung stehen, daneben auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Zur Erklärung von Geldwertänderungen mögen im übrigen die Stichworte „Quantitätstheorie" und „Einkommenstheorie" genügen. 528 Zu konstatieren ist mithin ein langfristiger Zusammenhang zwischen Binnenwert- und Außenwertentwicklung einer
Handelsblatt vom 15.9.1997, 1 und dazu den Kommentar von Wisdorffebd 2. Handelsblatt vom 4.5.1998, 3; zu den unterschiedlichen Modellen, die diskutiert wurden (Leitkursverfahren, Marktkursverfahren, Durchschnittskursverfahren), Rezmer Handelsblatt vom 30.4.1998, 11. 5 2 7 Dazu Jarchow/Rüßmann Außenwirtschaftstheorie, 234 ff; Duwendag/KettererlKöstersIPobllSimmert Geldtheorie und Geldpolitik, 337 ff, 3 4 3 ; Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 89; Stützel Monetäre Risiken, 41, 47 f; zur empirischen Verifizierbarkeit der Kaufkraftparitätentheorie in ihrer relativen Form siehe eingehend Deutsche Bundesbank, Monatsbericht November 1993, 41 ff, insbes. 45, 48, 51 f; siehe ferner die dort auf S 57 ff vorgenommene ökometrische Untersuchung für das Verhältnis DM ./. US-Dollar; vgl aus dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum etwa Zehetner Geldwertklauseln, 3 f; W. Braun Geldwertsicherung, 27; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 93 f; ders Währungsprobleme, 7; Alberts Währungsschwankungen, 7 f. Zur sog. Zinsparitätentheorie siehe Deutsche Bundesbank aaO 53. 5 2 8 Eingehende Darstellungen zur Geldtheorie und ihren unterschiedlichen Ansätzen finden sich bei Jarcbow Geldtheorie, 191 ff; Ströbele Inflation, 4 2 ff, Duwendag/Ketterer/Kösters/Pohl/Simmert Geldtheorie und Geldpolitik, 73 ff; zur Abgrenzung von heterogenen und exogenen Faktoren, die zwar den Anlaß für inflationäre Entwicklungen bilden können, für sich genommen aber nichts über den Zustand des Geldwesens aussagen, siehe auch Vogen Geld- und Währungsrecht, 42 ff. 525 526
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1. Teil: Grundlagen
Währung, 529 wenngleich keine absolute, sondern lediglich eine relative Abhängigkeit besteht. Eine starke Inflation läßt den Außenwert der in den Blick genommenen Währung nur dann sinken, wenn die Inflationsrate der Vergleichswährung geringer ist, gegenüber einer dritten Währung mag gar ein Anstieg des Wechselkurses zu verzeichnen sein. Das Phänomen der Außenwertänderung ist in einem System floatender Wechselkurse notwendigerweise relativer Art. 530 Kurz und mittelfristig (gemeint ist damit ein Zeitraum mitunter bis hin zu mehreren Jahren) 531 kann allerdings die Anpassung der Wechselkurse an die jeweilige Inflationsdifferenz von anderen Einflußfaktoren überlagert werden. Genannt seien neben unterschiedlichen Zinsniveaus 532 und Zahlungsbilanzentwicklungen 531 insbesondere spekulative Verhaltensweisen an den Devisenmärkten auch und gerade im Zusammenhang mit allgemeinpolitischen Vorgängen und Erwartungen. So war beispielsweise der Kursverfall des amerikanischen Dollars Anfang 1995 weder Ausdruck eines Kaufkraftrückgangs der US-Währung noch eines besonderen internationalen Zinsgefälles, sondern Ergebnis globaler Devisenspekulationen. Die Verzahnung zwischen Binnenwert- und Außenwertschwankungen des Geldes kann - wie etwa im Deutschland der 20er Jahre geschehen - dazu führen, daß sich die Erscheinungsformen der Inflation, vor allem die Dynamik ihrer Entwicklung, 534 in der Außenwertveränderung widerspiegeln. Nach der jeweiligen „Gangart" des Kaufkraftschwundes läßt sich zwischen schleichender, trabender und galoppierender Inflation differenzieren. 535 Die jeweilige Schwellenbestimmung ist dabei nicht frei von Willkürlichkeiten und spielt für das Recht der Geldschuld grundsätzlich keine Rolle, kommt es dort doch in erster Linie auf die individuelle Erheblichkeit des Kaufkraftschwundes an. 536 Unmittelbare rechtliche Auswirkungen hat lediglich die sog. Hyperinflation, die durch den vollständigen Verlust der Wertmaßfunktion des Geldes gekennzeichnet ist und damit eine qualitative Dimension erhält, die die Äquivalenzstörung einzelfallunabhängig macht. 537 Ein Kaufkraftschwund selbst von starker Art muß jedoch nicht mit einem Außenwertverlust ähnlichen Ausmaßes einhergehen. Was sich im Währungsinland als galoppierende Inflation darstellt, mag den (relativen) Außenwert durchaus in nur trabender Gangart verändern. Im Hinblick auf die vom deutschen Richter im Einzelfall heranzuziehenden Anpassungssmechanismen des deutschen Schuldrechts ist es von Belang, ob (im wesentlichen) nur der Binnenwert der ausländischen Schuldwährung abgenommen hat, ihr Außenwert im Vergleich zur (wirtschaftlichen) Heimwährung des Schuldners aber einigermaßen konstant geblieben (geringe Differenzinflationsrate) oder gar gestiegen ist, oder ob der Binnenwertverlust voll auf den Außenwert durchgeschlagen hat. Aufgeworfen ist damit die Frage einer rechtlichen 529
Siehe auch H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 10. G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 92. 531 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht November 1993, 60. 532 Zur sog. Zinsparitätentheorie siehe Deutsche Bundesbank aaO 53. 533 Darstellung der monetären Zahlungsbilanztheorie bei Jarchow/Rüßmann Außenwirtschaftstheorie, 212 ff. 534 Als Inflationstypen, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, sind weiter zu nennen: offene und zurückgestaute Inflation, absolute und relative Inflation, chronischer und vorübergehender Preisanstieg; siehe dazu etwa v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 39 ff; Lipfert Währungspolitik, 48 ff; Issing Geldtheorie, 183 ff; Ströbele Inflation, 3 f. 535 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 37 ff. 536 Siehe etwa R G Z 107, 124, 126. 537 K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn D 18. 530
§ 4: Außenwertschwankungen
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Gleichbehandlung von Außenwertverlusten und Kaufkraftverlusten einerseits sowie von Kaufkraftverlusten der inländischen und denen einer ausländischen Währung andererseits, bei deren Beantwortung es eine Rolle spielen könnte, ob der geldschuldrechtliche Nominalismus im Hinblick auf seine währungspolitischen Wurzeln unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen durchbrochen werden kann, je nachdem, welche Verluste im Wege der Aufwertung auszugleichen sind.538
2.
Paritätsänderungen
Angebot und Nachfrage determinieren den Wechselkurs nur dann unmittelbar, wenn und soweit die Kursbildung nicht von staatlich festgelegten Paritäten bestimmt wird. Die Parität ist, es wurde bereits angesprochen, ein rechtlich festgelegtes Wertverhältnis der Währungseinheit eines Staates zu einem Währungsmetall, einer Rechnungseinheit (z.B. der ECU) oder zur Währungseinheit eines anderen Staates. Änderungen der Parität einer Währung treten in Gestalt von Aufwertungen und Abwertungen auf. 539 Die Aufwertung (Revaluation) ist ein Rechtsakt des Trägers der Währungshoheit, durch den das Wertverhältnis der aufgewerteten Währung gegenüber der Paritätsvergleichsgröße (Gold, andere Währung etc.) zu Gunsten ersterer erhöht wird, mit der Folge daß einer Einheit der aufgewerteten Währung nunmehr eine größere Anzahl von Einheiten der Vergleichsgröße gegenübersteht bzw. einer Einheit der Vergleichsgröße eine geringere Anzahl von abgewerteten Währungseinheiten. Erhielt man beispielsweise vor der DM-Aufwertung im März 1961 für einen US-Dollar noch 4 , 2 0 DM, betrug das Wertverhältnis in der Folge 1:4. 5 4 0 Der umgekehrte Vorgang findet bei der Abwertung (Devaluation) statt: Das Wertverhältnis der abgewerteten Währung gegenüber der Vergleichsgröße sinkt, einer Einheit der abgewerteten Währung steht eine geringere Anzahl Einheiten der Vergleichsgröße gegenüber. Im Unterschied zum Floating, bei dem von einer relativen Wechselkursänderung gesprochen werden kann, handelt es sich bei Aufwertung und Abwertung, jedenfalls innerhalb fester oder gelenkter Systeme um absolute Wechselkursänderungen. 541 Die Neudefinition des Wertverhältnisses zur Vergleichsgröße (z.B. zur ECU oder im Bretton Woods-System zum Gold bzw. zum Dollar) bewirkt eine Abweichung gegenüber allen anderen Währungen, ohne daß es darauf ankäme, wie die tatsächliche Kaufkraftentwicklung der auf- oder abgewerteten Währung sich zu Kaufkraftentwicklung der einzelnen anderen Währungen verhält. Wechselkursrelevante Paritätsänderungen erfolgen in zwei Schritten. Den Anfang macht der Hoheitsakt, der das nominelle Außenwertverhältnis der betreffenden Währung verändert. Zur Änderung der Wechselkurse bedarf es jedoch noch eines anschließenden Vollzugs dieses Hoheitsaktes, namentlich durch marktkonforme Interventionen am Devisenmarkt in Gestalt von An- und Verkäufen. Denkbar sind daneben aber auch Maßnahmen der Devisenverkehrsbeschränkung. Wenn im folgenden von Aufwertung oder Abwertung
538 539
Näher dazu unter § 9 und § 15 II. Siehe zum folgenden Hoffmann Währungsparität, 7 ff; H.J. Hahn BerDGesVölkR 2 0 (1979) 1,
12 ff. 540
Siehe Lipfert Währungspolitik, 81.
G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 9 1 ; vgl auch Lipfert Währungspolitik, 40; Fögen Geldund Währungsrecht, 44. 541
88
1. Teil: Grundlagen
gesprochen wird, ist jeweils der Gesamtkomplex einer Paritätsänderung einschließlich ihres Vollzugs gemeint. Vom Begriff der Aufwertung i.S. einer Paritätsänderung und ihres Vollzugs ist die Aufwertung im geldschuldrechtlichen Sinne zu unterscheiden. 542 Hierbei geht es um die gesetzliche oder richterrechtliche Durchbrechung des geldschuldrechtlichen Nominalismus, kraft derer die Anzahl der geschuldeten Währungseinheiten zum Ausgleich eines Geldwertverlustes erhöht wird. 543 Diese Form der Aufwertung zieht die (schuld-)rechtliche Konsequenz aus einer tatsächlich oder rechtlich eingetretenen Binnen- oder Außenwertänderung des Geldes. 544 Demgegenüber bezieht sich die paritätsändernde Aufwertung auf den Außenwert des Geldes, indem sie selbst das Wechselkursverhältnis zu anderen Währungen ändert. Handelt es sich auch um rechtlich verschiedenartige Phänomene, so haben sie doch in der Kaufkraftentwicklung eine sie verbindende Wurzel. Verlangt der Binnenwertverlust des Geldes nach schuldrechtlicher Aufwertung, wächst oft auch der Druck auf den Außenwert des Geldes, so daß eine Abwertung der Währung naheliegen kann. 545 Was sich auf den ersten Blick wesensverschieden ausnimmt, läßt sich doch in aller Regel auf gleiche wirtschaftliche Ursachen zurückführen. So wie Wechselkursschwankungen bei floatenden Kursen - langfristig - typischerweise Ausdruck unterschiedlicher Inflationsraten sind, dient auch die Paritätsänderung der Anpassung an veränderte Kaufkraftverhältnisse. 546 Paritätsfestsetzungen und -änderungen sind zwar Hoheitsakte und stehen im politischen Belieben des Trägers der Währungshoheit, zum paritätskonformen Vollzug des Wechselkurses ist jedoch die Beachtung ökonomischer Daten unerläßlich, soll auf Dauer die Gefahr einer schwerwiegenden Störung des Zahlungsbilanzgleichgewichts vermieden werden. 547 Immer wieder sind es jedoch besondere politische Ziele, die mit Paritätsentscheidungen verfolgt werden. 548 So verbilligen sich durch eine Abwertung inländische Exporte (so daß das Beschäftigungsniveau steigt) und verteuern sich umgekehrt Importe ins Inland, allerdings erhöht sich die Geldmenge und damit die Inflation. 549 Bei der Aufwertung verhält es sich umgekehrt: Steigenden Importen stehen geringe Exporte (mit sinkendem Beschäftigungsstandard) sowie ein geringerer Kaufkraftrückgang der inländischen Währung gegenüber.
Dazu auch Hall Währungsparitätsfestsetzung, 15 f. Oben S 76. 544 Keine Rolle spielt, ob dem Wertverfall des Geldes durch eine Währungsreform Einhalt geboten wird und dabei eine Währungsänderung erfolgt (zB mit einem Umstellungskurs 1 0 0 : 1 ) ; so aber offenbar Tomuscbat Aufwertung, 1 Fn 1; Hall Währungsparitätsfestsetzung, 15 f. Die Währungsumstellung durchbricht den geldtheoretischen Nominalismus (siehe dazu oben § 3 1.2. sowie unten § 7 VIII.) und kann allgemein oder in bestimmten Fällen mit einer (schuldrechtlichen) Erhöhung des Nennbetrages der vor der Umstellung eingegangenen Geldschuldverhältnisse korrespondieren. Die Erhöhung des Nennbetrages der Schuld findet bei der Aufwertung jedoch ihre Rechtfertigung einzig im Verlust der Kaufkraft und kann (etwa über § 2 4 2 BGB) ohne weiteres auch dann erfolgen, wenn der geldtheoretische Nominalismus unangetastet bleibt, zB bei einer vorübergehenden Geldentwertung von 20%. 542 543
5 4 5 Vgl auch Tomuschat Aufwertung, 1 Fn 1 zur entsprechenden Situation nach einer Währungsumstellung. 546 Alberts Währungsschwankungen, 9. 547 Hoffmann Währungsparität, 11. 548 Hoffmann Währungsparität, 8 ff. Im Falle des „schmutzigen" Floatings ist dies freilich nicht anders. 549 Siehe nur H.J. Hahn BerDGesVölkR 2 0 (1979) 1, 10.
§ 4: Außenwertschwankungen
89
Die Auswirkungen auf Geldschuldverhältnisse, die im Zeitpunkt der Paritätsänderung bereits bestehen, entsprechen denen, die bei floatenden Wechselkursen zu beobachten sind. Wird die (wirtschaftlich) fremde Währung gegenüber der Heimwährung des Schuldners abgewertet, muß dieser weniger Einheiten seiner Heimwährung konvertieren, um die Schuld zu erfüllen, als vor der Abwertung. Erfährt die (wirtschaftliche) Fremdwährung dagegen eine Aufwertung, verändert sich der Inhalt des Geldschuldverhältnisses zu Lasten des inländischen Schuldners, der nun einen größeren Heimwährungsbetrag zu konvertieren hat.
IV. Fremdwährungsrisiken Anhand der vorangegangenen Ausführungen über die Fremdwährungsverbindlichkeit als Geldschuld, die Fremdheit der Schuldwährung sowie über Ursachen und Erscheinungsformen von Außenwertschwankungen ist es nunmehr möglich, die besonderen Risiken zu lokalisieren, denen eine auf ausländische Währung lautende Geldschuld im Gegensatz zur Heimwährungsverbindlichkeit ausgesetzt sein kann. Für die Zwecke dieser Untersuchung sind dabei im Einzelnen Kaufkraft-, Wechselkurs-, Transfer-, Konvertierungs- und Repartierungsrisiken zu unterscheiden. 5 5 0 Im Gegensatz zu wirtschaftlich endogenen Risiken, etwa der Zahlungsfähigkeit des Schuldners, handelt es sich bei den hier untersuchten Risiken um solche, die für die Parteien eines Geldschuldverhältnisses von wirtschaftlich exogener Art sind, weil sie auf Determinanten beruhen, die ihre Ursache in gesamtwirtschaftlichen Abläufen und staatlichen Hoheitsakten haben und auf den Leistungsgegenstand der Valutaschuld einwirken. 5 5 1
1.
Z u r Struktur von Geldwertrisiken: Kaufkraftrisiko und Wechselkursrisiko
Die Gefahr von Änderungen des Geldwertes bildet das Kernproblem des Geldschuldrechts. W o die Geldschuld nicht nach Maßgabe des einzelnen Normzwecks (z.B. §§ 249 ff. BGB) oder der Parteiabrede dynamisiert und damit in gewisser Weise valorisiert ist, entsteht das Geldwertproblem aus dem Spannungsverhältnis zwischen nominellem und wirtschaftlichem Wert des Geldes. Bei rein binnenwirtschaftlichen Zahlungsverbindlichkeiten, bei denen also - u m die Terminologie Kleiners erneut aufzugreifen 5 5 2 - „das Dreieck Gläubiger-Schuldner-Währung" in keiner Weise grenzüberschreitend ist, reduziert sich das Geldwertproblem auf ein Kaufkraftrisiko. 553 Die Gefahr, daß sich der wirtschaftliche Wert einer 550 Die Betriebswirtschaftslehre differenziert überwiegend zwischen „translation risk", „transaction risk" und „economic risk"; dabei handelt es sich um Kategorien, die über die hier behandelten Risikostrukturen hinausgehen, zB auch das Wettbewerbsrisiko und spezielle Bilanzrisiken umfassen, und durch eine breite Risiko-Kasuistik ergänzt werden; Scharrer/Gehrmann/Wetter Währungsrisiko, 48 ff. 551 W. Braun Geldwertsicherung, 26. 552 Internationales Devisen-Schuldrecht, 51. 553 Stützet Monetäre Risiken, 41, 42 meint, man könne genau genommen nicht vom Risiko der Inflation sprechen, sondern nur vom Risiko einer Verschätzung des Inflationsgrades. Betriebswirtschaftlich ist dies sicher richtig, für das Recht jedoch steht die grundsätzliche Verteilung des Geldwertrisikos im Vordergrund, nicht die Frage parteiautonomer Sicherung.
1. Teil: Grundlagen
90
nennbetragsmäßig festgelegten Geldschuld nach Begründung der Verbindlichkeit ändert, trifft theoretisch den Gläubiger wie den Schuldner gleichermaßen. 554 Sinkt der Geldwert, erhält der Gläubiger ein geringeres Maß an abstrakter Vermögensmacht, als ihn die geschuldete Geldsumme ursprünglich verkörperte. Steigt dagegen der Geldwert, ist es der Schuldner, der einen Verlust erleidet, denn der Geldbetrag, den er zu verschaffen verpflichtet ist, repräsentiert mehr Kaufkraft als zur Zeit der Schuldbegründung. In beiden Fällen entsprechen die Gewinne der einen Partei den Verlusten der anderen. In der wirtschaftlichen Realität bildet die Deflation jedoch eine quantité négliable, das Kaufkraftrisiko ist praktisch ein Kaufkraftfer/wsirisiko und trifft allein den Gläubiger. 555 Von einem aleatorischen Moment 556 läßt sich nur im Hinblick auf das Ausmaß der inflationären Entwicklung mit entsprechenden Gläubigerverlusten und Schuldnergewinnen sprechen. 557 Lautet die Schuld für (mindestens) eine der Parteien auf eine ausländische Währung, läßt sich eine (auch praktisch) weitaus komplexere Struktur des Geldwertrisikos feststellen. Das binnenwirtschaftliche Kaufkraftrisiko bleibt als solches nur für diejenige Partei bestehen, für die die Schuldwährung die Heimwährung darstellt. Schuldet etwa ein Japaner einem Deutschen 10.000,- DM, so spielt der Kurs der Deutschen Mark zum Yen für den Gläubiger keine Rolle, wirtschaftlich entscheidend ist für ihn, in welchem Maße die D M im Zeitraum zwischen Schuldbegründung und Erfüllung an Kaufkraft einbüßt. Anderes gilt im Beispielsfall für den Japaner, aus dessen wirtschaftlicher Perspektive die DM-Schuld eine Fremdwährungsverbindlichkeit darstellt. Für ihn, und zwar für ihn allein (!), kommt es darauf an, welche Entwicklung der Wechselkurs zwischen D M und Yen im schuldrelevanten Zeitraum erfährt. Steigt die DM, muß der Schuldner einen größeren Yen-Betrag konvertieren, um sich in D M befreien zu können. Fällt der DM-Kurs, genügt ein geringerer Yen-Betrag. Entsprechend verhält es sich, wenn der Deutsche Schuldner und der Japaner Gläubiger der 10.000,- D M ist. Allein für den Japaner wirkt sich der Wechselkurs zwischen D M und Yen in der geschilderten Weise aus. Die Beispiele verdeutlichen dreierlei:
a)
Personale Zuordnung
Erstens tritt das Wechselkursrisiko nur für diejenige Partei in Erscheinung, für die die Schuldwährung 558 wirtschaftlich betrachtet eine ausländische ist. 559 Der HeimwährungsGeldschuld und Geldwert, 3 3 .
554
Eckstein
sss
W. Braun Geldwertsicherung, 27.
556
Eckstein
Geldschuld und Geldwert, 3 3 .
G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 ( 1 9 7 9 ) 8 7 , 9 4 Fn 2 0 . 558 Das Wechselkursrisiko beeinflußt den wirtschaftlichen W e r t der Geldschuld. W a s man rechtlich in gewisser Weise als qualitativen Aspekt begreifen kann (Qualität der nominellen Einheit, vgl § 6 0 7 Abs 1 BGB), ist ökonomisch betrachtet von quantitativer Natur. Und auch bei den durch unterschiedliche Währungen bestimmbaren Strukturelementen der Geldschuld (Berechnungs-, Schuld- und Zahlungswährung), die jeweils identischen Risiken unterliegen können, wirkt sich das Wechselkursrisiko nur dann aus, wenn die Währung, die über den nominellen Umfang der Zahlung bestimmt, für (mindestens) eine Partei fremd ist. Diese Währung ist die Berechnungswährung, falls sie sich von der Schuldwährung unterscheidet, ansonsten die Schuldwährung, die dann gleichzeitig über das „ W a s " und das „Wieviel" (durch die Nennbetragesangabe) der Schuld befindet. Eine von der Schuldwährung abweichende Zahlungswährung kann nur dann Einfallstor für das Wechselkursrisiko sein, wenn sie nicht wie bei § 2 4 4 BGB an den W e r t der Schuldwährung im Zahlungszeitpunkt gekoppelt ist (unklar daher K. Schmidt in Staudinger 13 , 2 4 4 Rn 5 7 0· Schuldet ein Deutscher einem Franzosen in Deutsch557
§ 4: Außenwertschwankungen
91
gläubiger oder (theoretisch) der Heimwährungsschuldner muß dagegen das Geldwertrisiko lediglich in Gestalt des binnenwirtschaftlichen Kaufkraftrisikos einkalkulieren. Dies heißt freilich nicht, daß das Kaufkraftrisiko für die mit dem Wechselkursrisiko belastete Partei eines Geldschuldverhältnisses seine Relevanz völlig verliert. Auf Grundlage des volkswirtschaftlichen Kaufkraftparitäten-Theorems zur Erklärung langfristiger Wechselkursentwicklungen wird allerdings das binnenwirtschaftliche Kaufkraftverlustrisiko nach Maßgabe der jeweiligen Differenzinflationsrate auf das Kaufkraftverlustniveau der Fremdwährung angehoben oder abgesenkt. Zwar ist es nicht ganz präzise zu sagen, die risikobelastete Partei tausche das Inflationsrisiko ihrer Heimatwährung gegen dasjenige der fremden ein.560 Dies trifft nur rechnerisch, nicht jedoch wertungsmäßig zu. Aber es wirken sich für die risikobelastete Partei nunmehr zwei Inflationsrisiken in ihrem Zusammenspiel aus, mit der Folge daß das bestehende Kaufkraftverlustrisiko der Heimwährung durch das Kaufkraftverlustrisiko der Fremdwährung ergänzt oder abgemildert wird.
b)
„Janusköpfigkeit"
Zweitens birgt das Wechselkursrisiko für die von ihm betroffene Partei sowohl die Gefahr von Verlusten als auch die Chance von Gewinnen.5'1 Mit Recht spricht G.H. Roth insofern von der „Janusköpfigkeit" des Fremdwährungsrisikos.562 Was für das Kaufkraftrisiko nur von theoretischer Bedeutung ist, spielt beim Wechselkursrisiko auch praktisch eine Rolle.563 Unerheblich ist dabei, ob die Fremdwährung zur Heimwährung der risikobelasteten Partei frei floatet, gelenkt floatet oder durch eine feste Parität gebunden ist. Das jeweilige Wechselkurssystem mag ebenso wie die Zinsentwicklung und die Dynamik des Kaufkraftverlustes die wirtschaftliche Einschätzung des konkreten Kursrisikos beeinflussen. Daher läßt es sich rechtfertigen, beim Wechselkursrisiko zwischen Kursrisiko und Währungsrisiko zu differenzieren und den Begriff des Währungsrisikos nur im Zusammenhang mit Paritätsänderungen zu gebrauchen.564 Auf die rechtliche Risikostruktur wirkt sich diese Unterscheidung freilich nicht aus. Steigt also der Yen im Wege des freien Floatings gegenüber der DM, muß der deutsche Schuldner japanischen Geldes einen größeren Betrag seiner Heimwährung konvertieren als zur Zeit der Begründung des Schuldverhältnisses; er erleidet also einen Verlust. Verläuft die Kursentwicklung umgekehrt, realisiert der deutsche land einen Francs-Betrag, der im Zahlungszeitpunkt 1.000,- US-Dollar entspricht, so trägt (auch) der Franzose das Wechselkursrisiko, obwohl die Schuldwährung für ihn nicht fremd ist. Ein besonderes Wechselkursrisiko, dem die von der (französischen) Schuldwährung abweichende Zahlungswährung (§ 244 BGB: Befugnis zur Zahlung in DM) unterworfen wäre, existiert für die Parteien nicht. Gänzlich unerheblich ist der genaue Bezugspunkt des Wechselkursrisikos nur, wenn Berechnungs-, Schuldund Zahlungswährung identisch sind, eine Konstellation, von der aus Gründen darstellungstechnischer Vereinfachung in der Folge ausgegangen werden soll, wenn im Zusammenhang mit Wechselkursrisiken die Schuldwährung angesprochen wird. 559 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87 f. 5 6 0 So aber G.H. Roth Währungsprobleme, 7. 561 Hoffmann Währungsparität, 11 f; Lipfert Nationaler und internationaler Zahlungsverkehr, 105; Wittgen Währungsrisiko und Devisenkurssicherung, 7; Scharrer/GehrmannfWetter Währungsrisiko, 60 f. 562 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 88; ders Währungsprobleme, 6. 5 6 3 Zur Risikoverschiebung im Verzug des Fremdwährungsschuldners siehe S 642 ff. 5 6 4 So etwa Vorpeil RIW 1993, 529, 536; Goltz Vertragsgestaltung, 75 f; Eilenberger Währungsrisiken, 14 ff; Lipfert Zahlungsverkehr, 20.
1. Teil: Grundlagen
92
Schuldner einen Gewinn. Entsprechendes gilt, wenn sich der brasilianische DollarSchuldner mit einer Ab- oder Aufwertung des Real gegenüber der US-Währung konfrontiert sieht.
c)
Synallagmatische
Wirkung
Drittens muß die Verlustgefahr der einen Partei des Fremdwährungsschuldverhältnisses nicht immer der Gewinnchance der anderen Partei entsprechen. 565 Reziprozität besteht nur dann, wenn für beide Seiten dieselbe Währung Heimwährung ist, wie etwa bei einem YenKontrakt zwischen zwei Deutschen. Steigt der Yen, verliert der Gläubiger in exakt dem Maße, in welchem der Schuldner verliert. Fällt der Yen, verhält es sich umgekehrt. Ist die Schuldwährung dagegen nur für eine Partei fremd, wie in den beiden japanisch-deutschen Beispielsfällen, haben Gewinn oder Verlust auf Seiten der risikobelasteten Partei keinen unmittelbaren 566 Einfluß auf den Wert der Schuld für die Heimwährungspartei. 567 Gehören schließlich die Parteien unterschiedlichen Währungsgebieten an und lautet die Schuld zudem auf eine Drittwährung (Peseta-Verbindlichkeit eines Deutschen gegenüber einem Italiener), besteht zwischen den beiden Fremdwährungsrisiken kein unmittelbarer Zusammenhang, eine etwaige Reziprozität (die Peseta verliert gegenüber der Mark im gleichen Maße, wie sie gegenüber der Lira steigt) ist zwar möglich, wäre aber zufälliger Natur.
2.
Transfer- u n d Konvertierungsrisiken
Zu den Fremdwährungsrisiken können auch das Transfer- und das Konvertierungsrisiko gerechnet werden. Um Formen des Wechselkursrisikos handelt es sich jedoch nicht, ja sie fallen von vornherein nicht in die Kategorie Geldwertrisiken. Worum es geht, das ist die Gefahr staatlicher Beschränkungen des Zahlungs- und Kapitalverkehrs. 568 Das Transferrisiko bezieht sich dabei auf die grenzüberschreitende Übermittlung der geschuldeten (oder auch der ersatzweise zahlbaren) Währungseinheiten vom Schuldner an den Gläubiger; das Konvertierungsrisiko umschreibt die Gefahr, zu leistendes oder erhaltenes Geld nicht oder vorübergehend nicht in die gewünschte Währung einwechseln zu können. Zusammenhänge mit Wechselkursrisiken sind de facto zu verzeichnen, nicht nur in Gestalt des sogleich zu behandelnden Repartierungsrisikos, sondern auch weil die genannten Restriktionen
565 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 88 f; ders Währungprobleme, 4 f; Alberts Währungsschwankungen, 3. 566 Wechselkursgewinne auf der einen und Kaufkraftverluste auf der anderen Seite können sich natürlich entsprechen. Aber wie in dem von Stützet Monetäre Risiken, 41, 48 f entworfenen Modell einer totalen Adaption zweier Volkswirtschaften an die jeweils vorausgeschätzten Wechselkursänderungen besteht dabei nur ein stark vereinfachter theoretischer Zusammenhang. Stützel folgert im übrigen aus der Diskrepanz zwischen Modell und Realität, daß Wechselkursschwankungen wie schon Kaufkraftschwankungen nur dann Probleme aufwerfen, wenn sie mit Illusionen oder Fiktionen der Wirtschaftssubjekte einhergehen. 567 Vgl auch das von Alberts Währungsschwankungen, 3 gebildete Beispiel. 568 Horn Monetäre Risiken, 26; W. Braun Geldwertsicherung, 27; Kleiner Internationales DevisenSchuldrecht, 50; Lipfert Zahlungsverkehr, 113 f; Jahrmann Außenhandel, 317 ff.
§ 4: Außenwertschwankungen
93
nicht selten mit marktfremden Wechselkursanordnungen einhergehen. 569 Wechselkursrisiko einerseits sowie Transfer- und Konvertierungsrisiken andererseits weisen indes unterschiedliche Strukturen auf, insbesondere hängen die beiden letztgenannten Risiken nicht davon ab, ob die Schuldwährung für die jeweils betroffene Partei wirtschaftlich betrachtet eine fremde ist. Auch von Janusköpfigkeit dieser Risiken kann keine Rede sein. Zahlungsund kapitalverkehrsrechtliche Verbote sind Bestandteil des Wirtschaftsverwaltungsrechts eines Staates und zielen primär auf die Veränderung seiner Zahlungsbilanz. 570 Von dieser Warte aus beschränken sie in mehr oder weniger starkem Umfang den Verkehr mit inoder ausländischen Zahlungsmitteln sowie den Zahlungsverkehr unter Beteiligung von Währungsausländern. 571
3.
Repartierungsrisiko
Das sog. Repartierungsrisiko setzt sich aus Elementen sowohl des Konvertierungs- als auch des Wechselkursrisikos zusammen. Seine Bedeutung für Valutaschulden mit „Zahlungsort" in Deutschland resultiert vor allem aus § 244 BGB,572 es kann sich aber unabhängig davon auch als Folge vertraglich vereinbarter Ersetzungsbefugnisse oder Valutawertschulden realisieren. Leistet der substitutionsbefugte Schuldner statt der geschuldeten Fremdwährung Einheiten einer anderen Währung (§ 244 BGB: Inlandswährung, d.h. Deutsche Mark) zum Wechselkurs am Zahlungstag, kann - z.B. als Folge devisenrechtlicher Restriktionen die Situation eintreten, daß für den Gläubiger die sofortige Konvertierung in Einheiten der Schuldwährung nicht oder nicht in vollem Umfang möglich ist. Bei Valutawertschulden gilt Entsprechendes im Hinblick auf Einheiten der Berechnungswährung. Der Begriff Repartierungsrisiko für die beschriebene Gefahr rührt aus den 20er Jahren, als die Nachfrage nach den nur begrenzt vorhandenen Auslandsdevisen in Deutschland zeitweilig durch Repartierungs(Zuteilungs)quoten der Reichsbank befriedigt wurde. 573 Da das geltende deutsche Devisenrecht durch die Freiheit von Devisenbewirtschaftung, die Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs und die freie Konvertibilität der D M gekennzeichnet ist,574 kommt dem Repartierungsrisiko für Inlandszahlungen heute eine weitaus geringere Bedeutung zu als in Zeiten von Währungsunruhen. Allerdings ist auch jetzt noch die Situation vorstellbar, daß der deutsche Fremdwährungsgläubiger bei schwer zu beschaffenden Währungen auf Schwierigkeiten bei dem Versuch stößt, den erhaltenen DM-Betrag in Einheiten der gewünschten Fremdwährung umzuwechseln. 575 Im wesentlichen sind es aber Zahlungen im
569
Horn aaO. Dazu noch S 115 ff. 571 Ebke Internationales Devisenrecht, 43 ff, 117 ff; Κ Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 RnEl. 572 Siehe auch S 476 ff und 537. 573 OLG Kiel JW 1925, 278; Kundler JW 1924, 155; Klausing JW 1925, 278, 279; Haase JW 1924, 664; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 78. 574 Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn E 7; H.J. Hahn Währungsrecht, 324 ff. 575 Typischerweise handelt es sich dabei allerdings in Relation zur DM um „weichere" Währungen, so daß das wirtschaftliche Verlustrisiko für den Gläubiger gering ist. Die „klassischen" Fälle der Realisierung von Repartierungsrisiken spielten zu Zeiten, in denen die inländische Zahlungswährung gegenüber der ausländischen Schuldwährung zusehends fiel; siehe nur RGZ 111, 316 ff. 570
94
1. Teil: Grundlagen
Ausland, bei denen - abhängig von den betroffenen Währungs- und Devisenrechten Repartierungsrisiken praktische Relevanz erlangen können. 576 Strukturell ist das Repartierungsrisiko deshalb mehr als eine bloße Spielart des Konvertierungsrisikos, weil es unmittelbar zur Beantwortung der Frage zwingt, welche Partei des Geldschuldverhältnisses die Auswirkungen von Wechselkursänderungen nach Ausübung der Substitutionsbefugnis durch den Schuldner (z.B. der des § 244 BGB) trägt; insofern bildet das Repartierungsrisiko einen Ausschnitt aus dem Bereich des allgemeinen Wechselkursrisikos, das sich wiederum im Einzelfall als Kurs- oder auch als Währungsrisiko manifestieren kann. Trägt der Geldgläubiger das Repartierungsrisiko, ist es im Hinblick auf Schwankungen des Wechselkurses jedenfalls theoretisch janusköpfig; praktisch wird der Kurs der betreffenden Zahlungswährung allerdings meist im Sinken begriffen sein. Trägt es der Geldschuldner, wird er einseitig belastet, eine Gewinnchance besitzt er zumindest bei Anwendung des § 244 BGB nicht: Erleidet der Gläubiger Verluste, muß der Schuldner sie ausgleichen. Erzielt der Gläubiger Gewinne, besteht keine Ausgleichsverpflichtung.
576
Und zwar ggf auch nach näherer Maßgabe des § 244 BGB; siehe auch S 526 ff.
ZWEITER
TEIL
Das Kollisionsrecht des Geldes
§ 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut Hat der deutsche Richter über eine Geldschuld zu befinden, die auf eine andere Währung lautet als jene der lex causae, stellt sich für ihn die Frage, inwieweit die in casu aufgeworfenen Sachrechtsprobleme der lex monetae statt der lex causae zur Lösung überantwortet sind. Denn eine Besonderheit der Geldschuld besteht heute darin, daß ihr Gegenstand nur rechtlich bestimmbar ist. 577 Und so nimmt die lex causae bzw. vom Anknüpfungsgegenstand her betrachtet das Schuldstatut (Vertragsstatut, Unterhaltsstatut, Deliktsstatut etc.) mit der Festlegung einer nationalen Geldeinheit als Schuldwährung stets Bezug auf ein bestimmtes Währungssystem, d.h. auf ein Gefüge öffentlichrechtlicher Normen. Das Geldschuldverhältnis wird auf diese Weise auch durch die Ausgestaltung der verwiesenen lex causae- bzw. schuldstatutsfremden Verwaltungsinstitution Währung und ggf. die Regeln über ihren Gebrauch beeinflußt. Problematisch ist allerdings, in welcher Weise und in welchem Umfang. Von der Währung der Geldschuld führt umgekehrt kein Weg zum Schuldstatut. Im allgemeinen nicht feststellbar sind insbesondere Rückwirkungen der Währungswahl auf die Bestimmung des Vertragsstatuts nach Art. 27, 28 EGBGB. Im Falle ausdrücklicher Rechtswahl versteht sich dies von selbst. Aber auch für die Annahme eines stillschweigenden Verweisungswillens oder für die Lokalisierung der engsten Verbindung im Rahmen der objektiven Anknüpfung nach Art. 28 EGBGB lassen sich aus der vertraglich vereinbarten Währung nur ausnahmsweise Schlüsse ziehen.578 Zu sehr unterscheiden sich die Gründe einer Währungswahl von denen, die für eine Rechtswahl oder für die objektive Bestim-
W. Mayer Valutaschuld, 37; siehe ferner schon S 12 ff. Die Vertragswährung als allein maßgebliches Rechtsanwendungskriterium heranzuziehen wurde abgelehnt etwa in R G Z 81, 273, 276; B G H Z 19, 110, 112; BGH NJW 1981, 1899; BGH NJW-RR 1990, 183 f; OLG Düsseldorf WM 1971, 168, 171; OLG Hamburg VersR 1978, 918; OLG Hamm RIW 1979, 205. 577
578
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
96
mung des Vertragsstatuts ausschlaggebend sind. 575 Lediglich im Verein mit anderen Umständen (Gerichtsstandsklausel, gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt, gemeinsamer vereinbarter Erfüllungsort, Bezugnahme auf Institutionen eines bestimmten Rechts etc.) kann die Vertragswährung eine Rolle spielen, indem sie unterstützend herangezogen wird. 580 Keinesfalls ließe sich daher argumentieren, das Problem der Valutaschuld im deutschen Vertragsrecht sei im wesentlichen auf Fälle beschränkt, in denen die Parteien deutsches Recht als Vertragsstatut ausdrücklich oder konkludent vereinbart haben. Mit der Abgrenzung zwischen Schuldstatut und Währungsstatut hat es kollisionsrechtlich allerdings noch nicht sein Bewenden. Für Regeln, die die Art und Weise der Zahlung betreffen, spielt auch das Recht des Staates eine Rolle, in dem der Zahlungsvorgang stattfindet. Von den Kernbereichen dieser drei Verweisungsnormen wird im folgenden die Rede sein, und zwar verstanden als Regelanknüpfungen, d.h. ohne Rücksicht auf etwaige Bestimmungen deutschen oder ausländischen Rechts, die darauf abzielen, den Sachverhalt unabhängig vom sonst anzuwendenden Recht zwingend zu regeln. Derartige „Eingriffsnormen" sind Gegenstand der Erörterung in § 6. Besonders umstrittene Abgrenzungsfragen sowohl im Bereich der Regel- als auch in dem der Sonderanknüpfung werden sodann in § 7 behandelt.
I.
Kerninhalte des Schuldstatuts
Was dem Schuldstatut zu regeln obliegt, das ist grundsätzlich die Gesamtheit der für das jeweilige Rechtsverhältnis maßgebenden Normen des Schuldrechts; für den Bereich des Vertragskollisionsrechts wurde eine nähere Umschreibung seines Geltungsbereichs in Art. 32 Abs. 1 EGBGB getroffen. Das Schuldstatut entscheidet u.a. darüber, ob überhaupt Geld geschuldet wird, ob es sich dabei um eine Sachschuld oder um eine Zahlungsverpflichtung handelt, auf welche Währung(en) sie lautet und welchen Umfang sie besitzt. 581 Nach ihm bestimmt sich auch die Auslegung lückenhafter oder mehrdeutiger Abreden über die Währung 582 bei sog. „Buntwährungsklauseln", wenn die Parteien nicht eindeutig festgelegt haben, welche Funktion den verschiedenen Währungen jeweils zukommen soll.583 Ferner ist es dafür maßgebend, die Voraussetzung für die Erfüllung der Geldschuld (vorbehaltlich einer Anknüpfung an das Recht des Zahlungsortes), die verschiedenen sonstigen Arten ihres Erlöschens und die Verjährung festzulegen. Schließlich ist es Sache des Schuldstatuts, die Kriterien und Folgen rechtlich beachtlicher Störungen des Äquivalenzverhältnisses zu bestimmen. So kann es etwa auf bestimmte Währungsereignisse mit einer Veränderung des
579 BGH NJW-RR 1990, 183 f; OLG Hamm RIW 1979, 205; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 28 EGBGB Rn 86. 580 BGHZ 19, HO, 112; OLG Düsseldorf WM 1971, 168, 171; OLG Hamburg TranspR 1987, 285; LG Hagen RIW 1981, 628. 581 Vgl etwa Melchior IPR, 285; Kegel IPR, 868 f; ders in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 894; Chr. v. Bar IPR II, Rn 543 f. 582 Dazu vorerst nur Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 604; H.J. Hahn Währungsrecht, 382. 583 Raape IPR, 537 f.
S 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
97
Schuldbetrages oder mit einer Neubestimmung der Währung reagieren. 584 Die für die Verteilung von Fremdwährungsrisiken maßgeblichen Interessenabwägungen werden daher in entscheidendem Umfang im Rahmen des Schuldstatuts getroffen. 585 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf etwaige rechtliche Konsequenzen aus einer Veränderung des wirtschaftlichen Wertes der geschuldeten Währung. 586
II.
Das Währungsstatut
Wer sich die Frage stellt, inwieweit das Schuldstatut noch Raum läßt für die Anwendung von Normen der lex monetae, stößt schon bei der Präzisierung der entsprechenden Fragestellungen auf erste Hindernisse. Verantwortung trägt dafür einmal die uneinheitliche Verwendung des Begriffs „Währungsstatut". Daneben - und in erster Linie - ist es aber das Verhältnis zwischen Rechtsanwendungsrecht und öffentlichem Recht, das die Problemdarstellung zu verschleiern droht.
1.
Bemerkungen zur Terminologie
Nach W. Weber bezeichnet der Begriff Währungsstatut „diejenige Rechtsordnung, die bestimmt, in welcher Währung eine Geldzahlung erfolgen soll". 587 In diesem Sinne formuliert auch K. Schmidt, es sei keineswegs gesagt, daß bei ausländischem Währungsstatut unbedingt in ausländischer Währung geschuldet werde. Der Begriff Währungsstatut bestimme nur das anwendbare Recht, und dieses bestimme die Währung. 588 Anders dagegen z.B. Fögen, der als Währungsstatut die Gesamtheit der den Inhalt des Geldschuldverhältnisses mitbestimmenden geldrechtlichen Normen begreift.589 Zuvor hatte bereits Martin 584 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 9 7 f; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 3 4 EGBGB Anh. I Rn 6; Fögen Geld- und Währungsrecht, 117; Firsching in Staudinger 11 , Vor Art 12 EGBGB Rn 4 0 3 ; Einzelheiten unten VII., Vili., IX. 585 G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 97. 586 Mann Recht des Geldes, 2 3 8 . 587 W. Weber in Staudinger 11 , Vorbem zu §§ 2 4 4 , 245 Rn 725 im Anschluß an Marquordt M D R 1 9 5 0 , 8; ebenso O L G Karlsruhe W M 1966, 1312; Hahnenfeld N J W 1955, 5 2 8 , 5 2 9 . 588 K. Schmidt in Staudinger 12 , § 2 4 4 Rn 15 (differenzierter jetzt in der 13. Auflage); vgl auch die Rechtsprechung des B G H zur Währungsfrage bei Währungsgebietsspaltungen, B G H Z 7, 2 3 1 , 2 3 4 ; 17, 89, 91 f; danach soll es ebenfalls das (unter Rückgriff auf den hypothetischen Parteiwillen zu ermittelnde) „Währungsstatut" sein, das über die Währung bestimmt, aber nur insofern, als seine Regeln die Frage einer Währungsänderung und das dabei zu beachtende Umstellungsverhältnis entscheiden; siehe dazu etwa Beitzke J Z 1955, 585 f; Hans Stoll RabelsZ 2 1 (1956) 5 7 5 , 5 7 9 ff; Mann N J W 1953, 6 4 3 , 6 4 4 ff; ders N J W 1959, 906, 907. Weniger klar ist die Terminologie in der stark von Billigkeitserwägungen durchzogenen Entscheidung B G H Z 4 3 , 162 ff, wo der Anwendbarkeit des polnischen Umstellungsrechts im Wege vorheriger Umwandlung der Schuld auf D M entgangen wurde; krit. etwa Mann J Z 1965, 4 5 0 , 4 5 1 (dazu S 2 2 2 ff). 589 Fögen Geld- und Währungsrecht, 114; ebenso Firsching in Staudinger 11 , Vorbem zu Art 12 EGBGB Rn 3 8 6 ; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 4 ; Remien RabelsZ 53 (1989) 2 4 5 , 2 4 8 ; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, 54, 7 7 Fn 83, 78 f; Kegel IPR, 8 6 8 ; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 2 4 9 ; in sich widersprüchlich v. Westphalen Exportfinanzierung, 131: „Das Währungsstatut ist die Gesamtheit der den Inhalt eines Schuldverhältnisses mitbestimmenden
98
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Wolff davon gesprochen, mit dem Begriff Währungsstatut sei diejenige Rechtsordnung gemeint, „die den Sachen die Geldnatur und einen bestimmten Nennwert verleiht", und die daher auch bei Geldschulden in ausländischer Währung darüber entscheidet, ob eine Sache Geld ist und welchen Nennwert sie hat.590 Von manchen wird schließlich generell die Verwendung des Begriffs Währungsstatut beklagt, weil dieser Terminus eine Kollisionsnorm vorspiegele, wo es in Wirklichkeit nur um eine sachrechtliche Problemstellung gehe.591 Da heute jedoch der Ausdruck Währungsstatut aus der Diskussion über den Einfluß ausländischen Währungsrechts auf das (inländischem Schuldrecht unterstehende) Valutaschuldverhältnis nicht mehr wegzudenken ist592 und vor allem unabhängig von einem etwaigen kollisionsrechtlichen Bedeutungsgehalt gebraucht wird,593 sollte insofern begrifflicher Purismus zu Gunsten einer Darstellung und Erörterung der eigentlichen Sachfrage hintangestellt werden. Von entscheidender Bedeutung ist bei jeder Geldschuld, daß zwei Regelungskomplexe (in kollisionsrechtlicher Terminologie zwei Anknüpfungsgegenstände) auseinandergehalten werden: diejenigen Normen, welche die Verwaltungseinrichtung Währung ausgestalten, einerseits und diejenigen, die über Entstehung und Inhalt des Geldschuldverhältnisses befinden, andererseits.594 Welcher Rechtsordnung die letztgenannte Normgruppe als Vertragsstatut, Deliktsstatut, Unterhaltsstatut etc. im Einzelfall zu entnehmen ist, bestimmt sich unter Heranziehung insbesondere der durch Art. 27 ff; 18 EGBGB festgelegten Anknüpfungspunkte. Die Regeln des Schuldstatuts beantworten - wie gesehen - auch die Frage, auf welche Währung eine Geldschuld lautet. Die Schuldwährung muß also nicht die Währung derjenigen Rechtsordnung sein, die das Schuldverhältnis beherrscht,595 doch sind es die Regeln dieser Rechtsordnung, anhand derer die Schuldwährung aufzufinden ist.596 Dies gilt zumindest für den Normalfall. Ob es ausnahmsweise möglich ist, die Regeln über die Währungsbestimmung vom Schuldstatut (im übrigen) zu lösen und einer anderen Rechtsordnung zu unterstellen, erscheint schon deshalb als problematisch, weil die Währung zum wesensnotwendigen Inhalt der Geldschuld zählt.597 Darauf wird noch später
geldrechtlichen Normen. Das Währungsstatut bestimmt, ob und in welcher Höhe Geld geschuldet ist, des weiteren bestimmt es die geschuldete Währung". Auf diese Weise werden die von K. Schmidt und Fögen geprägten Begriffsinhalte vermengt und Unterschiede in der Sache übersehen. Άο Martin Wolff m13, 158. 591 W. Mayer Valutaschuld, 37 ff; Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 605 f; Hirscbberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 2 7 Fn 55. 5 9 2 Ohne jegliche Problematisierung wird der Begriff zB verwendet von H.J. Hahn Währungsrecht, 3 8 2 f; Breunig Nichtablehnbarkeit, 162. 5 9 3 Ganz deutlich kommt dies bei G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 97 Fn 32 zum Ausdruck; vgl auch Horn Anleihen, 263. 594 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 155; Hom Anleihen, 263; Kegel IPR, 868 f. 5 9 5 Unzutr daher OLG Hamburg J W 1922, 1142, 1143; gegen diese Entscheidung mit Recht Brandis J W 1922, 1142, 1143; siehe ferner Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 3. 5 9 6 Mißverständlich Martin Wolff Das Geld, 640, der davon spricht, die Frage, ob ein Schuldner deutsche oder ausländische Geldstücke zu übereignen habe, sei eine solche des Internationalen Privatrechts. 5 9 7 Die Festlegung der für ein Schuldverhältnis relevanten Währung(en), insbes. der Schuldwährung, ist als solche jedenfalls keine Aufgabe des Kollisionsrechts; Karl Neumeyer, IntVerwR III/2, 155; Melchior IPR, 2 8 4 f.
§ 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
99
einzugehen sein. 598 Wer jedenfalls vor dem Hintergrund einer etwaigen Abspaltbarkeit vom Schuldstatut ein besonderes (Schuld-, Berechnungs-, Zahlungs-)Währungsem»'tt/«wg5statut ausprägen will, das er natürlich im Regelfall an die lex causae anknüpft, sollte dieses Vorgehen auch terminologisch klar zum Ausdruck bringen. Vom Währungsstatut als Summe derjenigen Normen einer Rechtsordnung zu sprechen, die die Schuldwährung festlegen, führt leicht zu Mißverständnissen, 599 da mit dem Statut der Währung als Anknüpfungsgegenstand einer Verweisungsnorm 600 nach traditioneller Lesart die Gesamtheit der Regeln assoziiert wird, die währungsrechtlich und nicht vertragsrechtlich, deliktsrechtlich, gesellschaftsrechtlich etc. qualifiziert werden. 601 In diesem Sinne soll der Begriff Währungsstatut auch im folgenden verwendet werden, d.h. zur Kennzeichnung der Bestimmungen, die das Geldschuldverhältnis nicht schuldrechtlich, sondern geld- und währungsrechtlich ausgestalten.
2.
,Anknüpfung"
Fragt man nach der Anknüpfung der genannten Rechtsregeln, also ihrer Zuordnung zu einer bestimmten Rechtsordnung, muß man sich darüber im Klaren sein, daß „Währung" im Kern eine Verwaltungsinstitution darstellt und daher nicht selbst Gegenstand rechtsanwendungsrechtlicher Normbildungen sein kann. Währung existiert nie als solche, sondern stets nur als Währung eines bestimmten Hoheitsträgers. 602 Sie zählt wie auch andere öffentlichrechtliche Rechtsverhältnisse, etwa die Staatsangehörigkeit oder die Fahrerlaubnis, zu den Erscheinungen, die ihrer Natur nach bereits angeknüpft sind, also „nur als bereits rechtsanwendungsrechtlich zugeordnete Rechtsverhältnisse das juristische Licht der Welt erblicken". 603 Der unilaterale Ansatz des Währungsrechts beim eigenen Staat hat zur Konsequenz, daß die eigentliche Fragestellung sinnvollerweise niemals lauten kann, nach welchem Recht sich „die" Währung richtet, sondern nur welches Recht z.B. über die Stückelung und Prägung französischer Geldzeichen, über das Anschlußverhältnis des Lat zum lettischen Rubel oder die Aufhebung der Goldparität des US-Dollars befindet. Doch auch die jeweilige Antwort hierauf ist offenkundig und in der einzelnen Frage bereits vorausgesetzt: Es gibt in keinem Staat Regeln hierüber, außer in dem, um dessen Währung es gerade geht. 604 Dieses Ergebnis entspricht der völkerrechtlichen Kompetenzverteilung: 605 Kein
Siehe § 7 VIII. und IX. Verwirrend auch OLG Karlsruhe IPRspr 1 9 6 4 / 6 5 Nr 194 (583, 586), wonach der Begriff Währungsstatut diejenigen Rechtsregeln umreißt, die als währungsrechtliche Eingriffe in Geldschuldverhältnisse zu qualifizieren sind. Auf dem Boden des Territorialitätsprinzips (dazu unten § 6 II.l.c)aa)) führte dies zu dem Leitsatz: „Für die Bestimmung des Währungsstatutes ist an den Schuldnerwohnsitz oder an die Lage des Schuldnervermögens anzuknüpfen"; krit. zu dieser Entscheidung auch H.J. Hahn Währungsrecht, 3 9 0 Fn 68. 5,8
599
Zur Verwendung der Begriffe „Statut" und „Lex" siehe Chr. v. Bar IPRI, Rn 18 ff. Auf die Gefahr möglicher Mißverständnisses weist auch Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 5 hin. 6 0 2 Siehe oben § 2 I.2.a). 603 Chr. v. Bar IPR I, Rn 252. 6 0 4 Zur mangelnden Vereinbarkeit privatrechtlicher Rechtsanwendungsstrukturen mit dem öffentlich rechtlichen Einseitigkeitsprinzip Chr. v. Bar IPR I, Rn 2 4 7 ff. 600 601
100
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Staat ist zum Erlaß institutioneller Vorschriften über eine andere Währung berufen als seine eigene. Das Geld- und Währungsrecht zählt vielmehr zu den Angelegenheiten, die nach Art. 2 Abs. 7 UN-Satzung ihrem Wesen nach zur ausschließlichen inneren Zuständigkeit eines jeden Staates gehören. 6 0 6 Dieser Hintergrund macht die üblicherweise anzutreffende Formulierung verständlich, Währungsstatut sei stets das Recht des Hoheitsträgers, in dessen Währung die Geldschuld ausgedrückt ist. 607 Zugeschnitten ist dieser Satz freilich auf das Statut der Schuldwährung. Fallen Schuldwährung, Berechnungswährung und/oder Zahlungswährung auseinander, wird der Inhalt des Schuldverhältnisses durch unterschiedliche Währungsstatute beeinflußt.608 Steht etwa eine im Mai 1 9 9 4 begründete Zahlungsverpflichtung über „1 Mio. bras. Cruzeiros, zahlbar in Ffr" in Rede, so entscheidet französisches Währungsrecht darüber, welche Geldzeichen zur Schuldtilgung in Betracht kommen, und brasilianisches Währungsrecht ist zur Beantwortung der Frage heranzuziehen, auf welchen Real-Betrag sich die Berechnungswährung seit dem Übergang Brasiliens von der Cruzeiro- zur Real-Währung am 1. Juli 1 9 9 4 beläuft. Neutraler formuliert, d.h. von der jeweiligen Funktion einer Währung im Rahmen des Schuldverhältnisses losgelöst, bemißt sich daher das Währungsstatut nach der konkret durch das Schuldstatut benannten Währung. In diesem Sinne heißt es in Art. 143 des schweizerischen IPR-Gesetzes: „Was unter einer Währung zu verstehen ist, bestimmt das Recht des Staates, dessen Währung in Frage steht". 609 Als Konsequenz der Identität des Währungsstatuts mit der Geldrechtsordnung des Staates, dessen Landeswährung summen- oder wertmäßig in Bezug genommen wird, 610 ist die Partei- bzw. Privatautonomie 611 der Parteien des Geldschuldverhältnisses einge605 Mann Recht des Geldes, 223, 225, 400 ff; Fögen Geld- und Währungsrecht, 114; H.J. Hahn Währungsrecht, 383; ders Euro-Devisen, 40; ders BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 20 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 5; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 249; Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 74 Fn 166; Reinhuber Grundbegriffe, 76. 6 0 6 PCIJ Ser A Nr 14 (1929) 5, 44; Mann Legal Aspect, 461. 607 Fögen Geld- und Währungsrecht, 114; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 97; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 5; Raape IPR, 534; H.J. Hahn Währungsrecht, 382; Nussbaum Money in the Law, 349; Firsching in Staudinger11, Vor Art 12 EGBGB Rn 402; Reinhuber Grundbegriffe, 76; v. Westphalen Exportfinanzierung, 131 f, der dann aber unzutr. fortfährt: „Damit ist freilich nicht gesagt, daß bei ausländischem Währungsstatut unbedingt in ausländischer, bei inländischem Währungsstatut hingegen in inländischer Währung geschuldet wird". Der Fehler beruht auf einer nicht vertretbaren Vermischung unterschiedlicher Inhalte des Begriffs „Währungsstatut". 6 0 8 Darüber muß sich im Klaren sein, wer im Zusammenhang mit der Bestimmung des Währungsstatuts so wie Kegel in Soergel12, Vor Art 7 EGBGB Rn 895 formuliert: „Indem das Schuldstatut festlegt, in welcher Währung eine Geldschuld zu erfüllen ist (Hervorh. d. Verf.), verweist es auf Währungsrecht...", oder es wie van Hecke IntEncCompL III/36- 4 ausdrückt: „A debt which is expressed in a particularly currency of account (Hervorh. d. Verf.) is necessarily subject to the currency legislation which regulates the currency of that country"; etwas unpräzise auch Mann Recht des Geldes, 133 f. 6 0 9 Dazu Wischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 427 f. 6 1 0 Vgl auch die Ausführungen in einem Gutachten des österreichischen OGH aus dem Jahre 1935, RabelsZ 9 (1935) 891, 893: „Denn klingende Münze ist nicht schlechthin eine verbrauchbare Sache und Papiergeld vollends gewinnt und erhält nur durch die Währungsgesetzgebung und kraft der dahinterstehenden allgemeinen und Wirtschaftsmacht seinen "Wert". ... Es ist also unerläßlich, eine Währungshoheit anzuerkennen, soweit sich Verträge auf eine bestimmte Währung und auf bestimmte Währungseinheiten beziehen". 6 1 1 Zur Frage der Rechtsnatur der Verweisung des Schuldstatuts auf das Währungsstatut sogleich unter 3.
§ 5: Regelanknüpfungen·. Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
101
schränkt. Ihre Freiheit erstreckt sich zwar grundsätzlich 612 auf Bestimmung und evtl. Änderung der Schuldwährung sowie auf die Festlegung ggf. abweichender Berechnungs- und Zahlungswährungen. Mit der jeweiligen Währungswahl wird für die Parteien jedoch zugleich das entsprechende Währungsstatut verbindlich. Diskutiert werden kann lediglich darüber, ob und ggf. inwieweit dem Parteiwillen Bedeutung für den Umfang der Verweisung auf das Währungsstatut zukommt. Die generelle Wahl eines Währungsstatuts, das von der Geldrechtsordnung desjenigen Staates abweicht, in dem die betreffende Währung Landeswährung ist, kommt jedenfalls nach einhelliger Auffassung nicht in Betracht. 613 Verabreden die Parteien eines nach deutschem Recht zu beurteilenden Geldschuldverhältnisses Zahlung von 10.000 US-Dollar, ist amerikanisches Recht Währungsstatut; die Vereinbarung deutschen oder schweizerischen Rechts als Währungsstatut wäre unwirksam. 614 Vorbehaltlich näherer Bestimmung der Reichweite des Währungsstatuts und der Art seiner Einbeziehung in das Schuldverhältnis 615 läßt sich daher im allgemeinen mit Nussbaum festhalten: „Wer in einer bestimmten Währung kontrahiert, unterwirft sich unabhängig von der Frage des Vertragsstatuts in Dingen des Geldsystems der Rechtsordnung des Währungsstatuts. Da diese Gesetzgebung von den politischen und wirtschaftlichen Schicksalen des Währungsstaates abhängt, so ergibt sich, daß die Vertragsparteien durch die Wahl der Währung das Schicksal der Geldschuld an das des Währungsstaates ketten". 616
3.
Rechtsnatur der Verweisung
Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, daß jene Geld- und Währungsvorschriften, die den Inhalt eines Geldschuldverhältnisses mitbestimmen, als Konsequenz des öffentlichrechtlichen Einseitigkeitsprinzips nur dem Recht des Staates entnommen werden können, dessen Währung nach den Regeln des Schuldstatuts jeweils in Frage steht. Uneinheitlich wird jedoch die Rechtsnatur der Verweisung auf das Währungsstatut beurteilt. Dabei erschwert es die Analyse des Meinungsstandes beträchtlich, daß in manchen Stellungnahmen kaum differenziert wird zwischen sachrechtlicher Währungsbestimmung durch das Schuldstatut und der Einbeziehung des verwiesenen Geld- und Währungsrechts in das Schuldverhältnis.
612
Die Anknüpfung von Restriktionen der Währungswahl und der Kurssicherung wird auf S 164 ff behandelt. 613 Fögen Geld- und Währungsrecht, 114; van Hecke IntEncCompL III.36-4; H.J. Hahn EuroDevisen, 39 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 5; v. Westphalen Exportfinanzierung, 132; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 249. Möglicherweise fehlt es in einem derartigen Fall auch an einer durch Auslegung (Art 32 Abs 1 Nr 1 EGBGB) bestimmbaren Währung, so daß nach den Regeln des Schuldstatuts (Art 31 Abs 1 EGBGB) Nichtigkeit mangels Konsenses anzunehmen wäre; oder das Schuldstatut wertet die Verbindlichkeit nicht als Geld-, sondern als Sach- oder sonstige Form von Verschaffungsschuld. 615 Vgl schon Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 607. 616 Nussbaum IPR, 252; ähnlich ders Das Geld, 138 f; Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 871, 874; vgl ferner Martin WolfflPKi, 158; H.J. Hahn Euro-Devisen, 40 undL. v. Bar Theorie und Praxis II, 51.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
102
a)
Konzepte
G.H. Roth begreift die Verweisung auf das Währungsstatut als einen originär kollisionsrechtlichen Vorgang. 617 Zwar stellt er nicht in Abrede, daß die Währungsbestimmung als solche, also die Festlegung dessen, was im Rahmen des Geldschuldverhältnisses z.B. die Funktion der Schuldwährung übernimmt, dem Schuldstatut obliegt, d.h. dem Sachrecht und nicht dem IPR. 618 Indem es die Währung bestimmt, setzt das Schuldstatut G.H. Roth zufolge aber nur ein Tatbestandselement für eine Anknüpfung, die „ebenso wie jede andere Anknüpfung in die Verantwortung des IPR gegeben, d.h. nach dem IPR der lex fori und unabhängig davon, um welches Schuldstatut es sich gerade handelt, zu bestimmen" ist.619 Offenbar in diesem kollisionsrechtlichen Sinne hatte zuvor bereits Nussbaum das Währungsstatut als ein festes Nebenstatut des Schuldstatuts charakterisiert, dessen Regeln sich die Parteien durch die Währungsbestimmung unterwerfen. 620 Den Parteien könne nicht gestattet werden, nachträgliche Änderungen der Geldgesetzgebung für den einzelnen Fall auszuschließen, da man andernfalls zur Konstruktion eines fiktiven Geldsystems gelange. 621 Denkbar wäre weiter, statt einer kollisionsrechtlichen Verweisung durch das IPR der lex fori eine solche durch das IPR der lex causae anzunehmen, praktisch also eine Art Weiterverweisung zu befürworten. In diese Richtung wollte anscheinend Karl Neumeyer gehen, wenn er wiederholt davon sprach, die Geltung und Anwendung des verwiesenen ausländischen Währungsrechts sei vom Parteiwillen unabhängig, und in diesem Zusammenhang betonte, es komme auf den Willen des Staates an, der das Schuldverhältnis ordne. 622 Bei rechtsgeschäftlich begründeten Geldschulden gehöre allein die Verweisung auf ein bestimmtes Geldsystem dem Rechtsgeschäft an. Was dagegen für die bezeichnete Währung selbst rechtens sei, bestimme nicht Parteiwille, sondern deren Staat. Seine Rechtssätze über die Währung würden mit zwingender Kraft ausgelöst, sobald einmal diese Währung gelten solle, und es sei deshalb auch mißverständlich, von einer „Unterwerfung" der Parteien
617
G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 97 Fn 32. Es ist keineswegs zwingend, aus der sachrechtlichen Währungsbestimmung zu folgern, auch die damit einhergehende Verweisung auf das entsprechende Währungsrecht könne nur sach- bzw materiellrechtlicher Natur sein; so aber Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 605 f. 619 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 97 Fn 32. 620 Nussbaum IPR, 240, 242, 252 ff; ders Das Geld, 138 f 158; so wohl auch Fögen Geld- und Währungsrecht, 114 ff, 150 Fn 238; ähnlich Berger Der Aufrechnungsvertrag, 248 f; unklar v. Westphalen Exportfinanzierung, 132 f. 621 Nussbaum IPR, 252; ders Das Geld, 139; ähnlich Rabel Conflict of Laws II, 390 ff, 394; in diese Richtung auch O G H Wien RabelsZ 9 (1935) 891, 894. 622 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 126, 170, 291, 296; ders J W 1928, 137; ganz eindeutig ist Karl Neumeyers Position nicht (zu seiner Lehre eingehend W. Mayer Valutaschuld, 41 ff); so formuliert er etwa auf 155: „Die Währung einer privatrechtlichen Schuld bedeutet einen Teil des materiellen Inhalts des Schuldverhältnisses, es ist eines der Merkmale, die Menge des geschuldeten Geldes zu bezeichnen. Es ist ein Merkmal mit staatlicher und darum möglicherweise mit Auslandsbeziehung, deshalb aber nicht minder von materiellrechtlicher Art...". Und M. Gutzwiller Geltungsbereich, 102 Fn 20 teilt den Inhalt eines von Karl Neumeyer 1940, also zehn Jahre nach Erscheinen seines oben zit. Werkes, verfaßten Briefes u.a. wie folgt mit: „Berufen, das Maß der Verpflichtung festzulegen, ist die Rechtsordnung, die auch sonst über deren Inhalt entscheidet; sie verweist vielleicht nach Lage des Falles auf eine fremde, wird im Zweifel auf die eigene Währung verweisen (natürlich im Sinne einer materiellrechtlichen Regelung, nicht etwa einer Kollisionsnorm)". Offen bleibt bei diesen Ausführungen Karl Neumeyers indes, ob sie sich nicht nur auf die Festlegung der Schuldwährung beziehen. 618
§ 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
103
unter das die Währung regelnde Recht zu sprechen, als könnten ohne eine solche Unterwerfung für dieselbe Währung auch andere Rechtssätze verbindlich sein.623 Ganz anders wird die Rechtslage von der zumindest heute überwiegenden Auffassung beurteilt. Danach soll allein die Ermittlung des Schuldstatuts eine internationalprivatrechtliche Angelegenheit darstellen, die Verweisung auf das Währungsstatut hingegen nicht kollisionsrechtlicher, sondern materiellrechtlicher Art sein.624 Es gehe lediglich darum, den Schuldgegenstand und damit den Schuldinhalt näher zu bestimmen, „nicht anders als in den Fällen, in denen eine rechtsgeschäftliche Bestimmung ein nach ausländischem Recht zu beurteilendes Rechtsobjekt oder Rechtsverhältnis betrifft". 625 Bei rechtsgeschäftlich begründeten Valutaschulden werde das fremde Währungsrecht als lex contractus grundsätzlich nur soweit berücksichtigt, als es dem Parteiwillen entspreche, wobei der Richter diesen Parteiwillen in der Regel lediglich auf dem Wege einer Willenshypothese feststellen könne. 626
b)
Berücksichtigung
ausländischen
Währungsrechts
als
Schuldinhalt
Welchem der skizzierten Verweisungskonzepte der Vorzug zu geben ist, hat größere dogmatische als praktische Bedeutung. 627 Die Ursache hierfür liegt darin begründet, daß anhand des Verweisungstyps allein kaum eine Aussage über den Umfang der Einbeziehung währungsrechtlicher Normen in das Schuldverhältnis getroffen werden kann. Befürwortet man eine kollisionsrechtliche Verweisung (und zwar, so muß hinzugefügt werden, eine objektive, der Parteiautonomie entzogene), ist weiter zu prüfen, welche Rechtsfragen überhaupt währungsrechtlich zu qualifizieren (sei es nach dem IPR des Forums, sei es nach dem der lex causae) und damit dem Einfluß des Schuldstatuts entzogen sind. Wer materiellrechtlich vorgeht, kommt ebenfalls nicht um eine Qualifikation herum, nur daß Qualifikationsbasis dann das jeweilige materielle Schuldrecht selbst ist. Für gesetzliche Geldschuldverhältnisse versteht sich dies von selbst, und bei Zahlungsverbindlichkeiten vertraglicher Art handelt es sich jenseits der zwingenden Normen des Schuldstatuts meist um eine Sache der Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens. Was innerhalb der dogmatischen Wechselrede dominiert, das sind im wesentlichen zwei Argumentationsstränge, die sich um das Verhältnis von öffentlichem Recht und Rechtsanwendungsrecht ranken. So heißt es auf Seiten der Verfechter des materiellrechtlichen Ansatzes vielfach, die Valutaschuld beziehe sich auf öffentliches Recht eines ausländischen Staates, das im Inland nicht unmittelbar zur Geltung gelangen könne, sondern Wirkungen 62:1
Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 170; ders JW 1928, 137. W. Mayer Valutaschuld, 39 ff; Schmid Kollisionsrechtliche Probleme, 88 f; Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 605 f; Kegel in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 895; Hom Anleihen, 263; Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 428; ders Internationales Vertragsrecht, 214 f; Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 27; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 8; W. Braun Geldwertsicherung, 134 Fn 84; Mann NJW 1953, 643, 645; M. Gutzwiller Geltungsbereich, 108 ff; Niederer FG Grossmann, 274, 285 f; Birk RIW 1973, 425 Fn 2; Reinhuber Grundbegriffe, 77; ebenso das schweizerische Bundesgericht, BGE 51 II, 303, 308. 625 Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 605 f; allgemein zur Berücksichtigung ausländischer Rechtslagen im autonomen inländischen Sachrecht Chr. v. Bar IPR I, Rn 220 ff. 626 Niederer FG Grossmann, 284. 627 So bereits die Einschätzung von Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 5. 624
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
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nur nach Maßgabe des Obligationsstatuts entfalte. 628 Auf der anderen Seite wird zu Gunsten einer kollisionsrechtlichen Verweisung vorgebracht, es sei nicht der Parteiwille, sondern der Wille des Währungsstaates, der über die Ausgestaltung der betreffenden Währung entscheide. 629
aa) Zur „ Unanwendbarkeit" ausländischen Währungsrechts im Inland (1)
Introvertierte Unilateralität des öffentlichen Rechts
Was unter dem Stichwort „internationales öffentliches Recht" den Gegenstand unterschiedlichster Fragestellungen bildet, 630 soll hier nicht im Detail nachgezeichnet werden. Festzuhalten ist jedoch, daß die Fähigkeit, Interessenkonflikte auf der Grundlage des von einem ausländischen Souverän gesetzten Rechts zu entscheiden, vom deutschen Staat grundsätzlich allein dem Privatrecht zugebilligt wird, wenn man dabei den unmittelbaren Vollzug der im ausländischen Recht vorgesehenen Rechtsfolgen im Hinblick auf die zu entscheidende Hauptfrage vor Augen hat. 631 Öffentliches Recht, nach deutscher Qualifikation verstanden als Sonderrecht, durch welches ausschließlich ein Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet wird, 6 3 2 entbehrt dagegen grundsätzlich der internationalen Fungibilität. Es ist als Amtsrecht eines Staates notwendigerweise auf diesen bereits bestimmten Staat bezogen und kann deshalb nicht Gegenstand eines Rechtsanwendungsrechts sein (Prinzip der introvertierten Unilateralität). 633 Aus Sicht des positiven deutschen Kollisionsrechts 634 und damit zugleich aus der Perspektive des deutschen Richters, der bei einem Fall mit Auslandsberührung nach dem anwendbaren Recht sucht, existiert kein ausländisches öffentliches Recht; öffentliches Recht ist vielmehr synonym mit deutschem öffentlichen (Sach-)Recht. 635 Anhand dieser Erwägungen lassen sich auch für den Bereich des Währungsrechts Inhalt und Grenzen des so oft postulierten Prinzips von der Unan-
628
Insbes. W. Mayer Valutaschuld, 41 ff; siehe ferner Viseber Internationales Vertragsrecht, 215. Nussbaum IPR, 252; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 170. Siehe zB Sonnenberger in MünchKomm-BGB2, Einl IPR Rn 261 ff; Kegel IPR, 843 ff. 631 Chr. v. Bar IPR I, Rn 244, 247; Schnyder Anwendung, 146. 632 Siehe nur Schmitt Glaeser Verwaltungsprozeßrecht, 42 ff. 633 Karl Neumeyer IntVerwR IV, 115 ff; Vogel Anwendungsbereich, 239; Martinek Kartellprivatrecht, 26; Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 74, 81, 89 ff; Mann FS Wahl, 139, 142,153; Chr. v. Bar IPR I, Rn 244; I. Schwander Lois d'application immédiate, 75. 634 Kein Staat ist aber theoretisch daran gehindert, seine öffentlichrechtlichen Verhältnisse in bestimmten Fällen unter Rückgriff auf das Verwaltungsrecht eines fremden Staates zu regeln, und zwar auch im Hinblick auf die jeweilige Hauptfrage; Vogel Anwendungsbereich, 198 ff; Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 75; I. Schwander Lois d'application immédiate, 79 f Fn 1. Eine teilweise Aufgabe eigener Rechtssouveränität muß damit keineswegs verbunden sein, zB wenn ein Staat sich entschließt, seine eigenen Rechtsbeziehungen zu Ausländern oder die Behandlung von Sachverhalten mit Auslandsberührung nach Maßgabe ausländischen Verwaltungsrechts zu bestimmen; regelmäßig wird es sich dann aber um Verweisungen materiellrechtlicher Art handeln; siehe Vogel Anwendungsbereich, 202 f, 238 f. Die Auffassung, Rechtsanwendungsrecht für öffentliches Recht sei vorstellbar, weil es ja in jedem Fall deutschem (Verweisungs-)Recht belassen bleibe, über die Anwendbarkeit ausländischen Verwaltungsrechts zu entscheiden, wird vertreten von Bär Kartellrecht und Internationales Privatrecht, 293; Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 78. 635 Chr. v. Bar IPR I, Rn 257. 629
630
§ 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
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wendbarkeit ausländischen öffentlichen Rechts im Inland 636 bestimmen. Stellt das von einem fremden Staat gesetzte Währungsrecht nach deutschen Maßstäben öffentliches Recht dar, bleibt es ausschließlich Organisations- und Amtsrecht des betreffenden ausländischen Staates; der deutsche Staat mit seinen Rechtsträgern und Behörden ist von vornherein nicht Adressat jener Rechtsnormen, für die Ausbildung eines Rechtsanwendungsrechts fehlt jede Grundlage. Der deutsche Staat behandelt Währungsfragen allein nach seinem Währungsrecht, und entsprechend verfahren alle anderen Staaten. Genehmigungen zur Eingehung von Fremdwährungsverbindlichkeiten und kursgesicherten Heimwährungsschulden etwa werden von der Deutschen Bundesbank ausschließlich nach Maßgabe der §§ 3 WährG, 4 9 A W G erteilt. 6 3 7 Wenn umgekehrt der französische Staat die Nichtannahme (französischer) gesetzlicher Zahlungsmittel unter Strafe stellt, also einen echten Annahmezwang statuiert, 638 sind deutsche (Justiz-)Behörden nicht befugt, diese Strafnorm „anzuwenden", d.h. die in ihr vorgesehenen Sanktionen als Rechtsfolge zum Tragen zu bringen. Nun ist Währung gewiß mehr als nur eine Summe von Geboten, Verboten, Genehmigungsvorbehalten etc. Währung bildet eine Verwaltungsinstitution, die der Träger der Währungshoheit dem Verkehr zu Tausch-, Maß-, Wertaufbewahrungs- und anderen Zwecken zur Verfügung stellt. Für jene Vorschriften, die die Verwaltungsinstitution Währung konstituieren, gilt das oben Gesagte entsprechend. Adressat der Verfassungsnormen, die zur Schaffung und Ausgestaltung der portugiesischen, der griechischen oder der niederländischen Währung ermächtigen, ist einzig der portugiesische, griechische, niederländische, niemals aber der deutsche Staat. Und die Regeln über Prägung, Stückelung, Gestalt, Gewicht und Material deutscher Geldzeichen entnehmen die zuständigen deutschen Hoheitsträger ebenso ausschließlich dem deutschen Recht wie die Vorschriften über das Inverkehrbringen der Geldzeichen. All das mag selbstverständlich erscheinen, in dieser Feststellung aber erschöpft sich bereits der Satz von der Unanwendbarkeit ausländischen Währungsrechts im Inland. 6 3 9 (2)
Privatrechtliche Wirkungen staatlicher Maßnahmen
Bei allen weitergehenden Betrachtungen ist es unumgänglich, sich von der Vorstellung zu lösen, Rechtssätze des Währungsrechts wie auch solche anderer Rechtsmaterien könnten immer nur entweder als öffentliches Recht oder als Privatrecht Bedeutung erlangen. 6 4 0 Schon wenn man im Rahmen der §§ 4 0 VwGO, 13 G V G nach der Sonderrechtstheorie differenziert, zeigt sich, daß nicht stets eine öffentlichrechtliche Streitigkeit vorliegen muß, wenn in casu Normen des öffentlichen Rechts irgendeine Rolle spielen. Entscheidend ist vielmehr, daß sich der Streitgegenstand als unmittelbare Folge des öffentlichen Rechts darstellt, öffentliches Recht also nicht etwa nur zur Beurteilung der Vorfrage eines zivil6 3 6 Etwa RGZ 156, 158, 160; BGHZ 31, 367, 370 ff; 64, 183, 189; BGE 74 II, 224, 229; Melchior IPR, 130; W. Mayer Valutaschuld, 39 ff; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2055. Zu entsprechenden Thesen in Auslandsrechten siehe auch Schulze Das öffentliche Recht, 46 ff. 6 3 7 Einzelheiten S 270 ff. 6 3 8 Dazu S 43 f. 6 3 9 Zur Auseinandersetzung mit diesem vermeintlichen Prinzip eingehend Schurig Kollisionsnorm und Sachrecht, 142 ff; Schulte Eingriffsnormen, 54 ff; Schulze Das öffentliche Recht, 46 ff, 106 ff; Schnyder Anwendung, 146 ff; I. Schwander Lois d'application immédiate, 65 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 127 ff; Zweigert IPR und öffentliches Recht, 124, 125 ff. 6 4 0 Vgl I. Schwander Lois d'application immédiate, 69 ff.
106
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
rechtlichen Anspruchs heranzuziehen ist. Auch die Suche nach dem kollisionsrechtlichen Stellenwert des sog. internationalen öffentlichen Rechts hat bei der Erkenntnis anzusetzen, daß ein Rechtssatz zunächst „in den Schoß der Einheit der Rechtsordnung" fällt, und erst im Anschluß an diese Ebene sinnvollerweise für die Zwecke etwa des Prozeßrechts oder des IPR unter bestimmten Gesichtspunkten eine Zuordnung zum öffentlichen Recht oder zum Privatrecht erfolgen kann.641 Ganz ähnlich wie das deutsche Prozeßrecht trägt deshalb auch das deutsche Kollisionsrecht dem Umstand Rechnung, daß ein Rechtssatz sowohl öffentlichrechtliche als auch privatrechtliche Wirkungen zeitigen kann.642 Öffentlichrechtliche Folgen eines Deviseneinfuhrverbotes bilden etwa die Untersagungsverfiigung und die Festsetzung eines Bußgeldes; die Unwirksamkeit eines Vertrages, der auf die verbotene Einfuhr gerichtet ist, stellt dagegen eine rein zivilrechtliche Folge dar. Nimmt der französische Gläubiger einer Francs-Forderung in Frankreich die ihm ordnungsgemäß angebotenen französischen Geldzeichen nicht an, macht er sich strafbar (nach deutschen Kriterien also eine öffentlichrechtliche Folge), zugleich gerät er in Annahmeverzug (privatrechtliche Folge). Entsprechendes läßt sich bei privatrechtsgestaltenden Rechtsakten feststellen, seien es Einzelakte oder auch Rechtsnormen.643 Für staatlich angeordnete Währungsänderungen gilt insofern Ähnliches wie bei Enteignungen. Die Frage nach der nominellen Höhe oder dem Gegenstand einer Geldforderung ist ebenso eine privatrechtliche wie die nach den Eigentumsverhältnissen an einer bestimmten Sache. Nicht anders verhält es sich im Hinblick auf jene Regeln, die die Zahlungsmittel einer Währung festlegen, über ihre Stückelung, ihre Gestalt etc. entscheiden, kurz: die Vorschriften, die das System Währung konstituieren. Auch das Gefüge von Rechtssätzen, aus denen sich eine Währung aufbaut, fällt zunächst - um erneut die Worte Chr. v. Bars zu gebrauchen - „in den Schoß der Einheit der Rechtsordnung".644 Es handelt sich um Regeln, die zunächst schon durch ihre Existenz das Rechtsleben formen.645 Die Normen jedoch, die an dieses Rechtsgefüge Folgen knüpfen, sind dann privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur. Nichts anderes hat in der Sache Karl Neumeyer gemeint, wenn er davon sprach, daß eine Währung als solche so wenig wie andere staatliche Einrichtungen eine Geltung im Raum besitze und erst bei den Vorschriften über den Gebrauch einer Währung von einer solchen Begrenzung gesprochen werden könne. 646 Machen daher die Parteien durch Begründung einer Valutaverbindlichkeit von einem ausländischen Währungssystem Gebrauch, so gestalten sie den Inhalt ihres Schuldverhältnisses, insbesondere den Leistungsgegenstand, unter Bezugnahme auf ein Gefüge ausländischer Rechtssätze. Spricht die Deutsche Bundesbank hierzu die nach S 3 S. 1 WährG erforderliche Genehmigung aus, handelt es sich dabei um einen Verwaltungsakt - allerdings um einen solchen auf Grundlage deutschen, nicht ausländischen Rechts. 641 Chr. v. Bar IPR I, Rn 2 4 6 ; in diese Richtung auch Schnyder Anwendung, 151 f; I. Schwander Lois d'application immédiate, 66 f, 92. 642 Kropholler IPR, 138; Neuhaus IPR, 183; E. Lorenz RIW 1987, 569, 5 8 3 ; Vischer Probleme des Währungsrechtes, 4 2 5 , 4 3 9 (zum schweizerischen Recht); Schurig Kollisionsnormen und Sachrecht, 142 ff; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 3 4 EGBGB Rn 3 6 ; Seetzen AWD 1969, 253, 2 5 5 . 643 Instruktiv auch die in OLG Karlsruhe IPRspr 1964/65 Nr 194 behandelte Konstellation. Einem brasilianischen Dekret zufolge war die Eingehung von Geldschulden in fremder Währung verboten, wenn der Erfüllungsort in Brasilien lag. Die privatrechtliche Folge bestand darin, daß statt des vereinbarten Valutabetrages eine in Cruzeiros umzurechnende Summe geschuldet wurde. 644 Chr. υ. Bar IPR I, Rn 246. 6 4 5 Vgl Schurig Kollisionsnorm und Sachrecht, 154. 646 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 125 f, 130, 2 8 4 .
§ 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatat
107
Zahlt der Valutaschuldner nicht und ergeht daraufhin ein Leistungsurteil zu seinen Lasten, wendet der deutsche Richter die Bestimmungen des BGB an bzw. die entsprechenden Normen eines anderen Rechts als Schuldstatut - in jedem Falle Privatrecht, nicht öffentliches Recht. Entsprechendes gilt, wenn der Kronen-Gläubiger die ihm angebotenen schwedischen Geldzeichen ablehnt, weil er meint, es sei in norwegischer Währung kontrahiert oder es handele sich um Falschgeld (§§ 293 ff. BGB). Weiter mögen Fremdwährungsguthaben bei Banken und Sparkassen einer besonderen Kapitalertragsteuer unterliegen (deutsches öffentliches Recht) oder der Fremdwährungsschuldner aufgrund einer Devisensperre im Währungsstaat (nach deutschen Kriterien öffentliches Recht, jedoch eines ausländischen Staates) entgegen § 279 BGB von seiner Leistungspflicht frei werden oder die Fremdwährungsschuld sich in eine Heimwährungsverbindlichkeit umwandeln (Privatrecht). Beispiele dieser Art ließen sich beliebig vermehren. Mit der Geltung oder Nichtgeltung ausländischen öffentlichen Rechts im Inland haben sie insofern nichts zu tun, als von hoheitlichem Vollzug einer ausländischen (nach deutschen Maßstäben) öffentlichrechtlichen Norm mittels verwaltungsrechtlicher Sanktionen keine Rede sein kann. Im Falle der Falschgeldhingabe etwa hat sich zwar der deutsche Richter eine Überzeugung darüber zu bilden, ob es sich um gültiges Geld des Emissionsstaates handelt, und zwar anhand der Regeln dieses Staates. Dergestalt ließe sich durchaus von einer „Anwendung" ausländischen Währungsrechts im Inland sprechen. 6,17 Untersagt ist eine solche Heranziehung ausländischen Rechts dem deutschen Richter natürlich nicht. Schließlich spricht er keine einem ausländischen Hoheitsträger vorbehaltene Sanktion aus, sondern prüft lediglich, ob es sich bei den vom Schuldner angebotenen Geldzeichen um die geschuldete Leistung handelt. Festgehalten werden kann damit, daß die Prinzipien des sog. internationalen öffentlichen Rechts nichts zur Beantwortung der Frage beitragen, ob im Falle der Valutaschuld die Verweisung auf das Recht des ausländischen Währungsstaates materiellrechtlicher oder kollisionsrechtlicher Natur ist.
bb) Grund und Grenzen parteiautonomer Verweisung auf die lex monetae (1)
Problemeinführung
Damit reduziert sich die aufgeworfene Problematik des Verweisungstyps bei der Valutaschuld im Kern auf etwas anderes. Nämlich darauf, ob es mit dem Wesen des Leistungsgegenstandes Geld und seiner Verankerung in einer bestimmten nationalen Geldrechtsordnung vereinbar ist, daß die Parteien unter der Herrschaft des Schuldstatuts grundsätzlich in beliebigem Umfang von den Vorschriften jener Geldrechtsordnung zur Gestaltung ihrer privatrechtlichen Beziehungen Gebrauch machen können. Die Befürworter einer kollisionsrechtlichen Verweisung verneinen dies und gestehen den Parteien lediglich das Recht zu, die jeweils für ihr Geldschuldverhältnis maßgebliche Währung festzulegen, nicht aber die Befugnis, den Schuldinhalt abweichend von den objektiv zu bestimmenden Vorschriften des Währungsstatuts zu gestalten. Für diese Sichtweise ließe sich möglicherweise das unbestrittene Dogma ins Feld führen, daß die Parteien kein anderes Recht als Währungsstatut wählen können als das Recht des Landes, in dem 647 Vgl auch Art 13 S 2 des schweizerischen IPR-Gesetzes: „Die Anwendbarkeit einer Bestimmung des ausländischen Rechts ist nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß ihr ein öffentlichrechtlicher Charakter zugeschrieben wird".
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
108
die betreffende Währung Landeswährung ist. Konsequenterweise - so mag man fortfahren - müßte den Parteien daher die Dispositionsbefugnis in einem bestimmten Bereich schlechthin entzogen sein.648 Derartige Überlegungen dürften Nussbaum seinerzeit zu dem Postulat veranlaßt haben, die Privatautonomie solle nicht zu der Konstruktion eines fiktiven Geldsystems führen.64' Ahnlich argumentierte Rabe!. Er meinte, bei Annahme einer bloß materiellrechtlichen Verweisung auf das Währungsstatut stelle sich der unerwünschte Effekt ein, daß nachträgliche Änderungen des Währungsrechts die Obligation unberührt ließen, denn die Verweisung besitze ja lediglich die Bedeutung eines konkreten Vertragsinhalts.650 Auch Art. 143 Abs. 1 des schweizerischen IPR-Gesetzes könnte zur Bestätigung derartiger Überlegungen dienen. Danach ist es gerade nicht der Parteiwille, sondern „das Recht des Staates, dessen Währung in Frage steht", das darüber befindet, was unter einer Währung zu verstehen ist.651 Ferner mag es als Vorteil empfunden werden, wenn vertragliche und gesetzliche Valutaschuldverhältnisse stets in gleichem Umfang auf die Regeln des Währungsstaates Bezug nehmen. (2)
Währung als Umschreibung des Schuldinhalts
Bedacht werden muß demgegenüber, daß es grundsätzlich allein Sache des Schuldstatuts ist, den Gegenstand der Verbindlichkeit in vollem Umfang sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht festzulegen. Soweit daher das Schuldstatut bei Vertragsverhältnissen den Parteien freien Spielraum zur Gestaltung ihrer Rechte und Pflichten gewährt, ist es primär der Parteiwille, der darüber entscheidet, was geschuldet wird und wieviel geschuldet wird. Auch wenn der genaue Schuldinhalt nur unter Zuhilfenahme von Vorschriften einer Rechtsordnung festgestellt werden kann, die von der lex causae abweicht, erklärt dies nicht ohne weiteres, warum dem Schuldstatut die Entscheidung über das Maß der Einbeziehung ausländischen Rechts in das Schuldverhältnis entzogen werden sollte. Der Umstand, daß als Währungsstatut nur das Recht des Staates in Betracht kommt, in dem die schuldrechtlich maßgebende Währung Landeswährung ist, zwingt nur scheinbar zu einer abweichenden Bewertung. Die Regeln über Gewicht, Material, Prägung und die sonstige Ausgestaltung australischer Geldzeichen finden sich zwar in keinem anderen Recht als in dem Australiens; Gleiches hätte für Vorschriften über etwaige Auf- oder Abwertungen, die Umstellung bei einer Währungsänderung, die Modifizierung der Währungsgrundlage (Goldwährung, Papiergeldwährung) etc. zu gelten. Deshalb kann nur das Recht des Währungsstaates über den Inhalt der Institution Währung befinden, nicht aber in toto die lex causae oder ein spezielles von den Parteien gewähltes Recht.652 Dessen ungeachtet verbleibt jedoch die Entscheidung darüber, welche Regeln der lex monetae im Einzelfall den Inhalt 6 4 8 In diese Richtung v. Westphalen Exportfinanzierung, 132 f, der aber dessen ungeachtet annimmt, die Verweisung auf das Währungsstatut sei materiellrechtlicher Art. Nebeneinander sind beide Thesen indes nicht haltbar. Versteht man die Verweisung auf das Währungsstatut als eine materiellrechtliche, setzt dies den Vorrang des Schuldstatuts voraus, das ja die Verweisung ausspricht. Lehnt man dagegen eine Unterordnung des Währungstatuts ab, läßt sich eine materiellrechtliche Verweisung nicht annehmen. Nebeneinander gelangen zwei Rechte nur als Folge unterschiedlicher kollisionsrechtlicher Anknüpfungen zur Anwendung. 649 Nussbaum IPR, 252; ders Das Geld, 139. 650 Rabel Conflict of Laws II, 390 ff; 394. 6 5 1 Siehe bereits S 100. 652 Martin Wo//f IPR3, 158 f; Raape IPR, 534; Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 871.
S 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
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des Geldschuldverhältnisses mitbestimmen, beim Schuldstatut. Es widerspricht dem genannten Prinzip nicht, daß es die sachrechtlichen Regeln der lex causae sind, anhand derer darüber zu befinden ist, welche Rechtsnormen schuldrechtlich und welche währungsrechtlich zu qualifizieren sind. Ebensowenig widerspricht es diesem Prinzip, wenn die Parteien (nur beschränkt durch das Schuldstatut) einzelne Vorschriften des Währungsstaates - namentlich solche, die nach Entstehung des Geldschuldverhältnisses ergehen - unbeachtet lassen wollen.653 Dabei ist ein derartiger Ausschluß nachträglicher Änderungen des Geldsystems keineswegs zwangsläufige Folge einer Verweisung materiellrechtlicher Art. Die Verweisung kann eine statische, durchaus aber auch eine (teilweise oder vollständig) dynamische sein, d.h. die Währung als „lebenden Organismus" in das Geldschuldverhältnis einbeziehen, mit der Folge daß Änderungen des Währungsrechts beachtlich sind.654 Die skizzierte Rechtslage unterscheidet sich damit in der Tat von jener, die sich bei Annahme einer kollisionsrechtlichen Verweisung auf das Währungsstatut ergäbe. Danach gelangte das verwiesene Recht in jedem Fall einschließlich seiner intertemporalen Regeln zu Anwendung, 655 d.h. sog. „Versteinerungsklauseln"656 wären nur nach Maßgabe des Währungsstatuts beachtlich. Dies hätte nicht nur für eine generelle Arretierung, sondern auch für Einzelvorbehalte zu gelten.657 Weil sich die Autonomie der Parteien darin erschöpfte, durch Wahl der Währung das Anknüpfungsmoment zu bestimmen, lägen die Dinge von vornherein anders als im Vertragskollisionsrecht, wo die Zulässigkeit der Versteinerung ebenso kontrovers diskutiert wird658 wie die Grenzen der Abspaltbarkeit einzelner Teilfragen vom Schuldstatut.659 Obschon nun bei materiellrechtlicher Inkorporation fremder Rechtsregeln in ein Schuldverhältnis keine grundsätzlichen Bedenken gegen parteiautonome Versteinerungen bestehen,660 wirken sich die dogmatischen Unterschiede doch im Normalfall nicht praktisch aus. Denn der (hypothetische) Parteiwille wird sich regelmäßig
653 Von einer materiellrechtlichen Verweisung wird trotz Art 147 Abs 1 IPR-Gesetz auch in der Schweiz ausgegangen; so ausdrücklich Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 428. Auch im Schlussbericht der Expertenkommission zum Entwurf des IPR-Gesetzes heißt es zu Art 146, der vom Gesetzgeber in Gestalt von Art 147 wortgleich übernommen worden ist, die Norm beschränke sich auf die Kodifizierung einiger allgemein anerkannter Grundregeln (257). Das schweizerische Bundesgericht hatte zuvor in einer ganzen Reihe von Entscheidungen angenommen, das Währungsstatut gelte bei vertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten kraft stillschweigender Parteiverweisung; BGE 54 II, 257, 275; 51 II, 303, 306 ff; 53 II, 76, 79 ff; 57 II, 596, 598 ff. 654 Vischer Internationales Vertragsrecht, 60; Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 871. 655 RG JW 1928, 1447; 1936, 2058, 2059; Chr. v. Bar IPR I, Rn 318; Martiny in MünchKommBGB2, Art 27 EGBGB Rn 19. 656 Zu Begriff, Inhalt und wirtschaftlicher Bedeutung siehe Sandrock FS Riesenfeld, 211 ff, der sich allerdings nur auf den Fall genereller Versteinerung bezieht; von begrenzter Verweisung statt von Versteinerung spricht Böse Anleihen, 29 ff und hat dabei vor allem den Ausschluß einzelner künftiger Rechtsänderungen im Auge. 657 Niederer FG Grossmann, 274, 277 f. 658 Für die Zulässigkeit der Versteinerung zB Sandrock FS Riesenfeld, 211, 220 ff; dagegen RG JW 1928, 1447; Edmund Mezger ebd; Chr. v. Bar IPR II, Rn 482; Kropholler IPR, 412 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 27 EGBGB Rn 21. 659 Allgemein dazu Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 27 EGBGB Rn 33 ff; speziell zum verweisungstechnischen Ausschluß des US-amerikanischen Goldklauselverbotes aus dem Jahre 1933 (ablehnend. RG JW 1936, 2058, 2059; Niederer FG Grossmann, 274, 278; Böse Anleihen, 29, 32; Raape IPR, 543. 660 Chr. v. Bar IPR II, Rn 482; Kropholler IPR, 401.
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
auf die komplette Währungsgesetzgebung des Währungsstaates einschließlich ihrer fortgesetzten Wandlungen beziehen, „denn wer z.B. 'USA-Dollar' sagt, wird eben den Dollar so 'wollen', wie er sich im Zeitpunkt der Zahlung nach der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten darstellt". 661 Nur wenn der Parteiwille in mehr oder minder starkem Maße vom Recht des Währungsstaates abweicht, kommt es zum Schwur. Was im Einzelnen gewollt ist, muß die konkrete Vertragsauslegung zeigen, 662 bei der der Richter zu ermitteln hat, ob ganz bestimmte, konkrete Normen des Währungsstaates Schuldinhalt geworden sind oder einfach die Regeln der bezeichneten Rechtsordnung unter Einschluß ihrer fortgesetzten Wandlungen. 663 Die von Nussbaum heraufbeschworene Gefahr der Konstruktion eines fiktiven Geldsystems 664 besteht aber schon deshalb kaum, weil das Schuldstatut natürlich auch darüber entscheidet, unter welchen Voraussetzungen überhaupt eine Geldschuld vorliegt bzw. welche Geldschuldregeln auf die von den Parteien begründete Verpflichtung zur Anwendung gelangen. In manchen Fällen mag daher keine Geld-, sondern eine Sachschuld oder eine Art von Rechnungseinheitsschuld anzunehmen sein. 665 Im Ergebnis besteht somit kein Anlaß, die den Inhalt eines Geldschuldverhältnisses mitbestimmenden währungsrechtlichen Normen generell auf kollisionsrechtlichem Wege zur Geltung zu bringen, und es den Parteien auf diese Weise zu verwehren, ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten grundsätzlich nach Belieben auszugestalten. Daß möglicherweise in besonderen Fällen ausländisches Währungsrecht ohne Rücksicht auf das die Zahlungsverbindlichkeit beherrschende Statut „den Sachverhalt zwingend regelt" (um die in Art. 34 EGBGB verwendete Formulierung aufzugreifen), ändert nichts daran, daß grundsätzlich nur eine einzige Rechtsordnung für die Beantwortung der Frage „quid sit in obligatione" zuständig sein kann. 666 Ebensowenig führt Art. 27 Abs. 1 S. 3 EGBGB, der auch die kollisionsrechtliche Teilverweisung durch die Vertragsparteien für zulässig erklärt, zu einem anderen Befund. Denn je begrenzter die Teilverweisung, um so begründeter die Annahme, daß sie im Zweifel nur eine materiellrechtliche ist.667 Die Bestimmung des Schuldgegenstandes unter Bezugnahme auf Vorschriften einer von der lex causae abweichenden Rechtsordnung aber ist ein derart enger Bereich, daß es eine nicht begründbare Unterstellung bedeutete, wollte man annehmen, die Parteien beabsichtigten mit der Währungswahl,
661
Niederer FG Grossmann, 274, 285. Zwar argumentiert v. Westpbalen Exportfinanzierung, 132, eine Unterordnung des Währungsstatuts unter das Schuldstatut führe dazu, daß sich die Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln ausschließlich nach dem Schuldstatut richte. Ein derartiger Automatismus besteht jedoch nur, wenn Restriktionen der Währungswahl bzw der Geldwertsicherung (nach Maßgabe des Schuldstatuts) schuldrechtlich zu qualifizieren sind und zudem die lex monetae oder eine andere Rechtsordnung keine gegenteilige (gesondert anzuknüpfende oder materiellrechtlich zu berücksichtigende) Eingriffsnorm ausbildet. Qualifiziert man die Problematik dagegen grundsätzlich währungsrechtlich und besteht auch keine gegenteilige Parteiabrede, so ist selbstverständlich (auch) das Recht des Währungsstaates zur Entscheidung berufen. Siehe im Einzelnen S 174 ff. Das Schuldstatut erzwingt also nicht stets eine Abkehr vom Währungsstatut. Der angesprochenen Qualifikationsentscheidung muß sich im übrigen auch stellen, wenn auch auf anderer Grundlage, wer die Verweisung auf das Währungsstatut als eine kollisionsrechtliche begreift. 663 Viseber Internationales Vertragsrecht, 60. 664 Nussbaum IPR, 252. 665 In diese Richtung auch Scbtnid Kollisionsrechtliche Probleme, 89 f. 666 Niederer, FG Grossmann, 274, 285; Viseber Internationales Vertragsrecht, 215. 667 Raape IPR, 471. 662
§ 5: Regelanknüpfungen: Schuldstatut - Währungsstatut - Zahlungsstatut
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zwei Rechtsordnungen nebeneinander zur Anwendung zu bringen. Schuldstatut und Währungsstatut stehen daher im Verhältnis der Über- und Unterordnung. 668 Der Gebrauch einer ausländischen Währung zur Umschreibung des Schuldinhalts führt nur insoweit zur Berücksichtigung der fremden Geldrechtsregeln, als nicht die zwingenden Sachnormen der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung oder der Parteiwille etwas anderes vorsehen. Die Geldverfassung des Währungsstaates ist grundsätzlich allein Gegenstand einer materiellrechtlichen Verweisung. Rechtstechnisch verhält es sich damit ganz so, als ob die Parteien sich in einem Rechtsgeschäft beispielsweise auf die britische Staatsangehörigkeit einer Person, 669 auf bestimmte durch die USA hoheitlich festgeschriebene technische Sicherheitsstandards oder auf japanische Hochschulzeugnisse beziehen. Bei Zweifelsfragen ist stets durch Auslegung des Rechtsgeschäfts nach Maßgabe der Sachnormen des Schuldstatuts zu entscheiden, was im Einzelnen gewollt ist.670 Entsprechendes läßt sich bei der Begründung von ECURechnungseinheitsschulden feststellen. Der deutsche Richter hat das Rechtsgeschäft nach Maßgabe des Parteiwillens materiellrechtlich dahingehend zu würdigen, ob sich der Inhalt der Verbindlichkeit auf den Währungskorb in seiner jeweils aktuellen offiziellen Zusammensetzung bezieht, ob dafür ein bestimmter Stichtag entscheidend sein soll oder ob etwa eine gänzlich individuelle Korbzusammensetzung gemeint ist.671 Nichts anderes gilt für die Bezugnahme auf eine bestimmte Geldrechtsordnung, die mit der Begründung einer Geldschuld verbunden ist. Der Primat des Parteiwillens legitimiert wie auch sonst im Schuldrecht eine etwaige Abweichung vom Inhalt entsprechender gesetzlicher Schuldverhältnisse.
4.
Gegenstandsbereich
Zum Kernbereich des Währungsstatuts zählen vor allem die sog. institutionellen Währungsvorschriften, d.h. jene Normen, die die Geldverfassung eines Staates oder einer Staatengemeinschaft konstituieren. 672 Hierzu sollen nach gängiger Lesart jedenfalls alle Normen gehören, mit denen der Währungsgesetzgeber System und Zeichen der Verwaltungseinrichtung Währung regelt, 673 nicht aber solche Vorschriften, „die der Durchsetzung und Sicherung dieser Einrichtung im Verkehr" dienen, 674 oder - um eine andere gebräuchliche Formulierung zu verwenden - „die in Bezug auf die Währung ein bestimmtes Verhalten gebieten". 675 Das Währungsstatut setzt danach die Währungseinheit fest, bestimmt die auf sie lautenden „gesetzlichen" Zahlungsmittel, 676 also Stückelung, Gestalt, Stoff, ggf. Feingehalt etc., regelt ihren Wert (Substanzwert - Nennwert), ihre Herstellung, Ausgabe und Demonetisierung und entscheidet über eine etwaige Metall- oder sonstige Wertanbindung
668
Niederer, FG Grossmann, 274, 286. Siehe das Beispiel von Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 606. 670 Weitere Beispiele bei Schlegelbetger RabelsZ 2 (1929) 869, 873. 671 Vgl schon S 16 ff. 672 W. Mayer Valutaschuld, 43; Böse Anleihen, 87 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 4; W. Braun Geldwertsicherung, 133 f; Schmid Kollisionrechtliche Problem, 89. 673 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 128. 674 W. Mayer Valutaschuld, 38. 675 Böse Anleihen, 87. 676 Zum Begriff siehe S 42 ff. 669
112
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
des Währungsgeldes („Goldstandard") 677 . 678 Weil eine Währung kein statisches Gebilde darstellt, sondern ihre Normen fortgesetzten Wandlungen durch den Träger der Währungshoheit unterworfen sein können, wirken sich bei alledem - wie dargelegt - auch sämtliche Änderungen der Währungsordnung zwischen Entstehung und Erlöschen des Valutaschuldverhältnisses (z.B. die Demonetisierung bestimmter Geldzeichen) auf dessen Inhalt aus, falls nicht der Parteiwille entgegensteht. Darin liegt der unbestreitbare Kern der Nussbuutn'sehen Unterwerfungsdoktrin: 6 7 9 Soweit die Verweisung reicht (!), sind Gläubiger und Schuldner bis zum Zeitpunkt der Zahlung an die Entscheidungen des Währungsstaates gekettet. 680
III. Bedeutung und Anknüpfung von Bestimmungen über die Art und Weise der Zahlung Daß es mit der Differenzierung zwischen Schuldstatut und Währungsstatut nicht bereits sein Bewenden hat, verdeutlicht für das Vertragskollisionsrecht Art. 32 Abs. 2 EGBGB, demzufolge „in bezug auf die Art und Weise der Erfüllung" das Recht des Staates „zu berücksichtigen" ist, in dem die Erfüllung erfolgt. Die Bestimmung, die richtigerweise dem EG-Schuldvertragsübereinkommen entsprechend einheitlich statt nach der lex fori auszulegen ist, 681 erfaßt Handlungen und Vorkehrungen, die nach dem Vertrag sowie dem auf ihn anzuwendenden Recht zur tatsächlichen Abwicklung des Vertrages notwendig sind. 682 Was hierunter im Einzelnen zu verstehen ist, muß allerdings nach wie vor als wenig geklärt bezeichnet werden. Erwähnung finden Feiertagsregelungen, die Öffnungszeiten der Kreditinstitute, sowie Hinterlegung und Quittierung. 6 8 3 Als problematischer erweisen sich die Regeln über den sog. begrenzten Annahmezwang sowie währungsverschiedene Tilgungsbefugnisse. Sie sind Gegenstand der Erörterungen unter § 7. Angeknüpft wird bei Art. 32 Abs. 2 EGBGB an den tatsächlichen, nicht den rechtlichen Erfüllungsort, 684 was natürlich die Frage aufwirft, ob es neben den Erfüllungsmodalitäten noch eine Gruppe von Vorschriften gibt, für die der rechtliche Erfüllungsort maßgeblich ist. Auch hiervon wird noch die Rede sein. 685 Fraglich ist weiter, auf welchen Bezugspunkt Art. 32 Abs. 2 EGBGB mit 677 Zu den unterschiedlichen Systemen (Goldumlaufwährung, Goldkernwährung, Goldbarrenwährung, Golddevisenwährung) Hoffmann Währungsparität, 13 Fn 6 mwN. Mit Abweichungen im Einzelnen Mann Recht des Geldes, 223; W. Mayer Valutaschuld, 37; Kegel in Soergel11, Vor Art 7 EGBGB Rn 895; Martin Wolff ÏPR3, 158; Nussbaum IPR, 251 f; Martiny in MiinchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 4; Reinhuber Grundbegriffe, 75. 679 Nussbaum IPR, 252. 680 Besonders eindringlich Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 170, der freilich den Terminus „Unterwerfung" ablehnt; siehe ferner Martin Wolff IPR3, 158 f; Martiny in MiinchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 4. 681 Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 32 Rn 18; v. Hoffmann in Soergel12, Art 32 EGBGB Rn 68; aA Giuliano/Lagarde Bericht, 36, 65. 682 Martiny aaO. 683 Etwa v. Hoffmann in Soergel12, Art 32 EGBGB Rn 74; vgl ferner R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 303. 684 Läderitz IPR, Rn 296; Chr. v. Bar IPR II, Rn 540; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 32 EGBGB Rn 19; Kropholler IPR, 406. 685 S 141 ff.
$ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
113
dem Begriff Erfüllung abstellt. Dem Zweck der Bestimmung dürfte bei Geldschulden wohl am ehesten die kumulative Berücksichtigung des am Zahlungshandlungs- und am Zahlungserfolgsort geltenden Rechts entsprechen. 686 Wenn das Gesetz den Begriff „Anwendung" vermeidet und statt dessen davon spricht, das Recht des Erfüllungsstaates sei „zu berücksichtigen", so soll damit zum Ausdruck gebracht werden, daß es bei der Herrschaft des Vertragsstatuts bleibt 687 und dessen Regeln gegebenenfalls lediglich im Hinblick auf die lex loci solutionis zu modifizieren sind. 688
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
Die im Kern auf institutionelle Regeln ausgerichtete und darüber hinaus noch materiellrechtlich zu begreifende Inkorporation des Währungsstatuts in das Geldschuldverhältnis legt in Fällen, in denen lex causae und lex monetae divergieren, die Frage nahe, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der deutsche Richter den skizzierten Regelanknüpfungen zum Trotz dem Interesse des Währungsstaates an unbedingter Geltung seiner Normen zu entsprechen hat, anders ausgedrückt: wann Bestimmungen der lex monetae maßgeblich sind, obwohl sie nicht vom Verweisungswillen des Schuldstatuts umfaßt werden. Als Stichworte seien in diesem Zusammenhang einstweilen nur genannt das Verbot und die Außerkraftsetzung von Wertsicherungsklauseln, 689 ferner die Währungsänderung mit differenziertem Umstellungsverhältnis. 690 Ganz ähnliche Probleme können sich im Hinblick auf Bestimmungen einer ausländischen lex loci solutionis stellen (z.B. Konversionsregeln), aber auch in Gestalt von Transferverboten dritter Staaten auftreten (Devisenrecht am Schuldnerwohnsitz oder am Lageon des betreffenden Vermögensteils). Soweit Regeln der genannten Art aus Sicht der Rechtsordnung, der sie angehören, 691 international zwingenden Charakter haben, soll für sie der von Karl Neumeyer erstmals geprägte 692 und heute gebräuchliche 693 Ausdruck „Eingriffsnormen" verwendet werden. Der deutsche Richter, 686 AM Angelika Fuchs ZVglRWiss 95 (1996) 283, 303: Recht des nach dem Vertragsstatut zu ermittelnden Erfüllungsortes; bei deutschem Recht als Vertragsstatut also nach §§ 270 Abs 4, 269 Abs 1 BGB das Recht des Schuldnerwohnsitzes. 687 v. Hoffmann in Soergel12, Art 32 EGBGB Rn 69. 688 Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 32 EGBGB Rn 22. 689 Näher S 174 ff. 690 Einzelheiten S 212 ff. 691 Über das „Ob" und das „Wie" der Beachtlichkeit solcher Regeln in Deutschland entscheidet deutsches IPR als Kollisionsrecht des Forums. Erstes Erfordernis für ihre Anwendbarkeit ist danach, daß die betreffende Norm ohne Rücksicht auf das gemäß den allgemeinen Rechtsanwendungsregeln des Erlaßstaates zuständige Recht gelten soll, und zwar auch in anderen Staaten. Dieser .Anwendungswille der Norm" beurteilt sich nach den Vorstellungen des Erlaßstaates; E. Lorenz RIW 1987, 569, 578; SchnyJer Anwendung, 222, 230 f; aA offenbar Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 9. 692 Karl Neumeyer IntVerwR IV, 228 ff; 243 ff. 693 Siehe nur E. Lorenz RIW 1987, 569, 578 ff; Kropholler IPR, 18 ff; Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 327 ff; Siehr RabelsZ 52 (1988) 41 ff; dort auch zu entsprechenden Begrifflichkeiten in ausländischen Kollisionsrechten.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
114
der über eine Fremdwährungsverbindlichkeit zu entscheiden hat, kann mit ausländischen Eingriffsnormen auf zweierlei Weise konfrontiert werden. Zum einen mag ihm das deutsche IPR die Anwendung der jeweiligen Bestimmung bzw. ihrer zivilrechtlichen Reflexwirkungen gebieten, auch wenn nach allgemeinem Kollisionsrecht eine andere Rechtsordnung zur Entscheidung berufen wäre. Die zweite Möglichkeit besteht darin, daß das Schuldstatut aufgerufen ist, mit seinen Wertungen und Mitteln (im deutschen Recht z.B. §§ 242, 275 BGB) die besondere ausländische Rechtslage zu berücksichtigen. Bevor daher in S 7 der Untersuchung auf die wichtigsten im Zusammenhang mit Valutaschulden relevanten kollisionsrechdichen Einzelprobleme eingegangen werden kann, ist es unerläßlich, sich in einer knappen Skizze darüber Klarheit zu verschaffen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher rechtstechnischen Form ausländische Eingriffsnormen vor deutschen Gerichten eine Rolle spielen können. Ihren Ausgangspunkt soll die Betrachtung bei der (in Art. 34 EGBGB für das Vertragskollisionsrecht geregelten) Anwendbarkeit deutscher Eingriffsnormen nehmen. Nicht nur weil sich hieraus auch Kriterien für die Heranziehung ausländischer Eingriffsnormen ergeben können, sondern vor allem weil im deutschen Recht mitunter ebenfalls die Ausbildung von Eingriffsnormen diskutiert wird, um die Anwendbarkeit bestimmter Regeln auf Geldschulden sicherzustellen, die auf eine andere Währung als die DM lauten (z.B. §§ 244 BGB, 3 S. 1 WährG).
I.
Deutsche Eingriffsnormen
Da Eingriffsnormen der lex fori vom Richter stets heranzuziehen sind, 694 konzentriert sich bei Vorschriften des deutschen Rechts das Augenmerk darauf festzustellen, ob ihnen ein „kollisionsrechtlicher Eingriffsbefehl"* 95 zugrunde liegt, m.a.W. ob sie unabhängig vom allgemeinen deutschen Kollisionsrecht den Sachverhalt zwingend regeln. Fehlt es an der ausdrücklichen Festschreibung eines derartigen Anwendungswillens, 696 ist der Zweck der Bestimmung zu ermitteln. 697 Eine Eingriffsnorm wird überwiegender Auffassung zufolge nur angenommen, wenn die Vorschrift nicht (allein) dem Interessenausgleich zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen dienen soll, sondern überwiegend oder zumin-
694 Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 329, 331; Martiny in MünchKomm-BGB2, A n 34 EGBGB Rn 20, 85; Chr. v. Bar IPR I, Rn 262; Kropholler IPR, 19, 441; Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 440; R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 317; Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 233 f. In der Auseinandersetzung darüber, ob inländische Eingriffsnormen bei ausländischem Schuldstatut kraft positiven ordre publics (Schuldstatutstheorie; zB Mann FS Beitzke, 607, 611 ff) oder aufgrund einer Sonderanknüpfung beachtlich sind (zB Wengler ZVglRWiss 54 (1941) 168, 178; E. Lorenz RIW 1987, 569, 578) hat Art 34 EGBGB eindeutig zu Gunsten der letztgenannten Auffassung Partei ergriffen. 695 E. Lorenz RIW 1987, 569, 578. 696 In §§ 61 BörsG, 98 Abs 2 GWB etwa findet sich ein zwingender internationaler Geltungswille explizit formuliert. 697 Kropholler IPR, 441 f; deutlicher als in Art 34 EGBGB bringt dies Art 18 des schweizerischen IPR-Gesetzes zum Ausdruck: „Vorbehalten bleiben Bestimmungen des schweizerischen Rechts, die wegen ihres besonderen Zweckes, unabhängig von dem durch dieses Gesetz bezeichneten Recht, zwingend anzuwenden sind"; ähnlich Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 10: „Natur und Gegenstand" der Vorschrift.
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
115
dest in erheblichem Umfang öffentliche Interessen verfolgt. 698 Es ist also der Einfluß (deutscher) wirtschafts- oder allgemeinpolitischer Belange, der einer Norm ihre rechtsanwendungsrechtliche Selbständigkeit nimmt. Insbesondere was die vertragsinvalidierenden Wirkungen deutscher Verbotsgesetze anbelangt, läßt sich mit dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung begründen, daß das öffentlichrechtliche Einseitigkeitsprinzip die Oberhand über das privatrechtliche Kollisionsrecht erhält. Hat ein bestimmtes Verhalten eine öffentlichrechtliche Sanktion zur Folge (wird es etwa als Straftat oder Ordnungswidrigkeit gewertet oder löst es eine Untersagungsverfügung aus), darf sich das Privatrecht nicht in Widerspruch hierzu setzen, indem es in Anwendung ausländischen Rechts § 134 BGB ausschaltet und das fragliche Verhalten erlaubt oder gar gebietet. Die hoheitliche Durchsetzung einer Regel ist aber ebensowenig notwendige Voraussetzung für ihre privatrechtliche Qualifikation als Eingriffsnorm 6 " wie überhaupt die Existenz einer besonderen öffentlichrechtlichen Verhaltensanordnung. 700 Deshalb ließe sich z.B. der international zwingende Charakter des § 244 BGB701 nicht mit der Erwägung verneinen, die Norm wolle zwar die deutsche Währung schützen, es fehle aber an einer sie begleitenden Sanktion verwaltungsrechtlicher Art. Bestimmungen also, die sich in einer zivilrechtlichen Wirknorm erschöpfen, können durchaus international zwingenden Charakter besitzen; entscheidend ist allein, ob der Normgeber mit ihnen primär auf die Förderung des Gemeinwohls zielt oder nur (wenn auch der Privatautonomie entzogen) bezweckt, im Interesse des privaten Rechtsverkehrs das Vertragsgleichgewicht zu erhalten. Im hier relevanten Zusammenhang sind es vor allem währungs- und devisenpolitische Belange, die eine zivilrechtliche Vorschrift derart dominieren können, daß diese ohne Rücksicht auf das nach den allgemeinen Kollisionsregeln maßgebende Recht das Valutaschuldverhältnis beeinflußt.
II.
Ausländische Eingriffsnormen
Gilt es zu ermitteln, unter welchen Voraussetzungen eine Fremdwährungsverbindlichkeit der Einwirkung durch international zwingende Bestimmungen ausländischer Rechtsordnungen unterworfen sein kann, so ist es nicht damit getan, den Anwendungswillen der 698
BGHZ 31, 367, 371; 64, 183, 189; K.H. Neumayer, BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 45 ff, 53 f; ders RabelsZ 25 (1960) 649, 653 f; Drobnig FS K.H. Neumayer, 159, 167 f; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 12; dagegen zuletzt Busse ZVglRWiss 95 (1996) 386, 414 ff. 699 Bei öffentlichrechtlichen Verboten können natürlich nur ihre privatrechtsbezogenen Wirkungen Gegenstand des IPR und damit einer kollisionsrechtlichen Sonderanknüpfung sein. Die Identifizierung von Eingriffsnormen kann generell nicht von der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht abhängig gemacht werden; Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 328; Firsching in Staudinger10"1, Vor Art 12 EGBGB Rn 381; Schwimann IPR, 110; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 11; Busse ZVglRWiss 95 (1996) 386, 414 ff Da öffentliches Recht kollisionsrechtlichem Denken a priori entzogen ist, geht es also bei Licht besehen darum, ob allein die zivilrechtlichen Reflexwirkungen öffentlichrechtlicher Normen Gegenstand einer Sonderanknüpfung nach dem Muster des Art 34 EGBGB sein können oder auch (rechtstechnisch betrachtet) „reine" Privatrechtsnormen, denen staats- und/oder wirtschaftspolitische Interessen zugrunde liegen. Letztere Interpretation ist schon deshalb zu bevorzugen, weil die rechtstechnische Einkleidung oft zufälliger Natur ist und die deutschrechtliche Differenzierung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Ausland durchaus keine Entsprechung finden muß. 701 Eingehend dazu S 133 ff.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
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jeweiligen Norm aus Sicht ihres Erlaßstaates festzustellen. Es handelt sich um eine autonome Entscheidung des deutschen IPR, ob und wann es diesem Anwendungswillen entspricht,702 ja ob es überhaupt besondere Kollisionsregeln für ausländische Eingriffsnormen ausbildet. Über den dabei einzuschlagenden Weg herrscht beträchtliche Unsicherheit, wobei sich als Hauptansätze die sog. Schuldstatutstheorie und verschiedene Sonderanknüpfungslehren gegenüberstehen. Sachlich geht es dabei um die bereits angedeutete Alternativität zwischen internationalprivatrechtlich angeordneter Anwendung und sachrechtlicher Berücksichtigung jener Auslandsregeln.703
1.
a)
Anwendung
Meinungsspektrum
Teilweise wird vertreten, ausländische Eingriffsnormen seien vom deutschen Richter nur anzuwenden, wenn es sich um solche der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung handelt;704 schuldstatuts- bzw. lex causae- fremde Regeln, die (auch) nicht der lex fori angehören, könnten einzig auf materiellrechtlicher Ebene derart eine Rolle spielen, daß den von ihrem Erlaßstaat durchgesetzten tatsächlichen Auswirkungen als Datum Rechnung getragen werde. Auf Basis dieser Einheitsanknüpfung, die die Eingriffsnorm von der Verweisung auf das Vertragsstatut, Deliktsstatut, Unterhaltsstatut etc. als miterfaßt ansieht,705 entfällt in der Praxis die mitunter mühevolle Unterscheidung zwischen national und international zwingenden Regeln. Andere befürworten demgegenüber die Entwicklung besonderer Regeln, anhand derer sich die vom deutschen Richter anzuwendenden ausländischen Eingriffsnormen identifizieren lassen, wobei jedoch unterschiedliche Anknüpfungsmomente in den Vordergrund gerückt werden, von denen nur die wichtigsten beiden Ansätze dargestellt werden sollen. Übereinstimmung ist lediglich insoweit festzustellen, als das ausländische Eingriffsrecht selbst anwendungswillig sein müsse und nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen dürfe. Vor allem mit dem Namen Kegel verbindet sich die These, ausländische Eingriffsnormen bzw. ihre zivilrechtlichen Reflexwirkungen seien „anzuerkennen", soweit sich der fremde Staat in den Grenzen seiner Macht, d.h. innerhalb seines Staatsgebietes betätigt habe.706 Bei Eingriffen in Geldforderungen sei die Belegenheit des Schuldnervermögens maßgebend, was zur Spaltung der Forderung führe; es existiere zwar nur eine Forderung, doch könne sie einen doppelten Inhalt aufweisen. Lägen die genannten Voraussetzungen nicht vor, sei ausländisches Eingriffsrecht anzuwenden, wenn die mit der Eingriffsnorm verfolgten politischen und wirtschaftlichen Ziele mit denen des Forumstaates übereinSonnenberger FS Rebmann, 819, 827 f; Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 2 3 7 f. Zu dieser Differenzierung insbes. Zimmer IPRax 1993, 65, 66 ff. 704 Mann FS Wahl, 139, 147 ff; ders RdC 132 (1971) I, 107, 157, 190; ders J Z 1965, 450, 4 5 1 ; Heini BerDGesVölkR 2 2 (1982) 37, 43 ff; Serick RabelsZ 18 (1953) 633, 6 4 6 ff; Hans Stoll FS Kegel, 623, 628 f; Heldrich in Palandt, Art 3 4 EGBGB Rn 6; Busse ZVglRWiss 95 (1996) 386, 4 1 6 ff; ebenso zunächst Vischer FS Gerwig, 167, 170 ff. 705 Mann RdC 132 (1971) I, 107, 196. 706 Kegel FS Lewald, 2 7 9 ff; ders Probleme, 7; ders IPR, 7 1 6 f; ders in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 3 9 6 ; ders FS Seidl-Hohenveldern, 243, 2 4 5 f, 2 5 0 ff. 702
703
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
117
stimmten. Aspekte der Territorialität und der Interessenidentität werden daneben in einer Vielzahl weiterer (sich zumeist überschneidender und nur in Nuancen voneinander abweichender) Varianten vertreten. 707 Und auch die Rechtsprechung hat gelegentlich die territoriale Anknüpfung ausländischen Eingriffsrechts befürwortet, dabei jedoch als Belegenheitsort einer Forderung im Gegensatz zu Kegel den Schuldnerwohnsitz angesehen.708 Von der Machttheorie zu unterscheiden ist ein heute im Vordringen befindlicher flexibler Ansatz,709 demzufolge der deutsche Richter eine ausländische Eingriffsnorm seiner Entscheidung zugrunde zu legen habe, sofern zwischen Erlaßstaat und Sachverhalt eine „hinreichend enge Verbindung" bestehe.710 Dem liegt der Gedanke zugrunde, „im Interesse zwischenstaatlicher Rücksichtnahme und des internationalen Entscheidungseinklangs" international zwingendes Recht des Auslands ebenso anzuwenden wie inländisches und auf diese Weise nach Möglichkeit allseitige Kollisionsnormen herauszubilden. Zur weiteren Konkretisierung des Merkmals „enge Verbindung" wird vor allem gefragt, ob und wie sich das Schuldverhältnis auf das Schutzgut der betreffenden Eingriffsnorm auswirkt, daneben soll eine Rolle spielen, welche sonstige (personale oder ggf. auch räumlich-soziale) Beziehung die schuldnerische Leistung zum Erlaßstaat aufweist. Etwa erforderliche Korrekturen werden anhand dreier, sich mitunter überschneidender Merkmale vorgenommen: völkerrechtliche Kompetenz des Erlaßstaates zur Normsetzung, Anwendungsinteresse des Forumstaates, ordre public-Unverträglichkeit.711
b)
Das Für und Wider der
Schuldstatutstheorie
Zu Gunsten der Schuldstatutstheorie wird ins Feld geführt, sie allein wahre den Grundsatz möglichst einheitlicher Beurteilung von Rechtsverhältnissen. Bei Anwendung schuldstatutsbzw. lex causae- fremder Eingriffsnormen dagegen werde das Schuldverhältnis von außen aufgespalten. Überzeugend ist dieser argumentative Ansatz allerdings schon deshalb nicht, weil das Dogma von der Einheitsanknüpfung danach ausschließlich der Beurteilung fremder Eingriffsnormen vorbehalten bleibt, wohingegen international zwingendes Recht der lex fori bis zu EGBGB-Novelle 1986 über den positiven ordre public gegen das Schuldsta707 Schulze Das öffentliche Recht, 207 ff; Firsching in Staudinger10'11, Vor Art 12 EGBGB Rn 366, 383 f; Ernst Bedeutung des Gesetzeszweckes, 88 f; van Hecke FS Mann, 183, 191; Seetzen AWD 1969, 253, 257. 708 BGHZ 31, 367 ff; BGH IPRspr 1962/63 Nr 163 (523, 525); OLG Karlsruhe IPRspr 1964/65 Nr 194 (583, 585 f) (aber unentschieden, was den Belegenheitsort der Forderung anbelangt). 709 E. Lorenz RIW 1987, 569, 581 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 33, 100 ff; Kropholler IPR, 447 ff; Chr. v. Bar IPR I, Rn 266; Drobnig RabelsZ 52 (1988) 380, 381; Zimmer IPRax 1993, 65, 68; Ebke Internationales Devisenrecht, 325 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 154 ff; Reinhuber Grundbegriffe, 211 ff, 214 ff; ähnlich Sonnenberger in FS Rebmann, 819, 827 ff, 833; Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 234 ff. 710 So bereits Wengler ZVglRWiss 54 (1941) 168, 185 ff; K.H. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 53 f; Zweigert RabelsZ 14 (1942) 283, 289 ff. 711 Siehe etwa Reinhuber Grundbegriffe, 214. Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 90 ff verlangt gar nur, die fremdstaatliche Maßnahme müsse völkerrechtskonform sein und die Interessen des Forumstaates fördern; dagegen mit Recht Basedow JZ 1986, 1053, 1054; Drobnig RabelsZ 52 (1988) 380, 381. Primär auf das Kriterium der Interessenidentität stellt auch Remien RabelsZ 54 (1990) 431, 466 f ab. Das mit einem derartigen Kriterium einhergehende Problem ist natürlich das einer Politisierung des Rechtsanwendungsrechts.
118
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
tut durchgesetzt werden sollte. Seither ist nach Art. 34 EGBGB für vertragliche Schuldverhältnisse eine Sonderanknüpfung deutscher Eingriffsnormen geboten. Da das deutsche IPR sich im wesentlichen aus allseitigen Kollisionsnormen zusammensetzt, liegt die Annahme nahe, daß die Binnenbeziehung, die einer deutschen Eingriffsnorm genügt, um ihren unbedingten Anwendungswillen durchzusetzen, im Prinzip auch geeignet ist, eine anwendungswillige ausländische (jedenfalls statutsfremde) Eingriffsnorm der entsprechenden Art zu bezeichnen und ihre zivilrechtlichen Reflexwirkungen anwendbar zu machen. 712 Bleibt man bei diesem Befund nicht stehen, sondern akzeptiert, daß in einem multilateralistischen Kollisionsrechtssystem die einzelne Anknüpfungsregel nur potentiell allseitig zu sein braucht, ist es ohne weiteres systemkongruent, zumindest solche ausländischen Eingriffsnormen zu berufen, die wegen der hinter ihnen stehenden Interessen und Wertungen noch Spiegelbild deutschen Eingriffsrechts sind. 713 Das Modell der Bilateralisierung deutschen Eingriffsrechts mag als praktische Leitlinie dienen, Ausschlußfunktionen besitzt es nicht. Verlangt werden muß lediglich zweierlei: Erstens die autonome Entscheidungsfreiheit des deutschen Kollisionsrechts, Kriterien für die Heranziehung fremder Eingriffsnormen auszubilden, die über deren bloßen Anwendungswillen hinausgehen. Zweitens die praktikable Ausgestaltung solcher Kriterien, die einerseits exorbitante Anwendungsansprüche abwenden, andererseits in differenzierter Weise und von (wirtschafts-)politischen Bewertungen möglichst unbeeinflußt der Eigenart der einzelnen Regelungsgegenstände Rechnung tragen. 714 Die vorgenannten Erwägungen sind nur scheinbar dem Einwand ausgesetzt, der Gesetzgeber habe sich bewußt gegen die gesonderte Anknüpfung ausländischen Eingriffsrechts entschieden, als er davon absah, Art. 7 Abs. 1 des EG-Schuldvertragsübereinkommens 715 in das EGBGB zu übernehmen. 716 Der Kernvorwurf, dem der seinerzeit geplante Abs. 1 des Art. 34 EGBGB zum Opfer fiel, richtete sich gegen die mit der unpräzisen Fassung der Norm verbundene „nicht vertretbare Rechtsunsicherheit". 717 Da während des Gesetzgebungsverfahrens das Thema der Behandlung ausländischer Eingriffsnormen kaum angesprochen wurde, läßt sich nicht folgern, der Gesetzgeber habe mit der Streichung von
712 Chr. v. Bar IPR I, Rn 264, 2 6 6 im Anschluß an Zweigert IPR und öffentliches Recht, 124, 137 ff, der wohl als erster vorgeschlagen hat, auch im Recht der Eingriffsnormen mit allseitigen Kollisionsregeln zu arbeiten. Siehe ferner Schnyder Anwendung, 223 f; E. Lorenz RIW 1987, 569, 5 8 1 . 713 Schurig Kollisionsnorm und Sachrecht, 321 ff; ders RabelsZ 5 4 (1990) 217, 231 ff, 2 3 7 . 7 1 4 Vgl auch Schulte Eingriffsnormen, 117 f; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 3 4 EGBGB Rn 3 3 ; Ebke Internationales Devisenrecht, 3 2 8 f. 715 Die Vorschrift lautet: „Bei Anwendung des Rechts eines bestimmten Staates aufgrund dieses Übereinkommens kann den zwingenden Bestimmungen des Rechts eines anderen Staates, mit dem der Sachverhalt eine enge Verbindung aufweist, Wirkung verliehen werden, soweit diese Bestimmungen nach dem Recht des letztgenannten Staates ohne Rücksicht darauf anzuwenden sind, welchem Recht der Vertrag unterliegt. Bei der Entscheidung, ob diesen zwingenden Bestimmungen Wirkung zu verleihen ist, sind ihre Natur und ihr Gegenstand sowie die Folgen zu berücksichtigen, die sich aus ihrer Anwendung oder ihrer Nichtanwendung ergeben würden". 716 Der Regierungsentwurf hatte noch die Übernahme der Bestimmung vorgesehen; nachdem aber der Bundesrat Bedenken erhoben hatte, denen sich in der Folge Bundesregierung und Bundestag anschlossen, legte Deutschland gegen Art 7 Abs 1 des Übereinkommens einen nach Art 22 Abs 1 lit. a. EU-SchVÜ zulässigen Vorbehalt ein. 7 1 7 BT-Drucks 10/504, 100, ; zur Diskussion über den Regierungsentwurf siehe Kratz Eingriffsnorm, 9 4 ff; Coester ZVglRWiss 82 (1983) 1 ff.
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
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Art. 34 Abs. 1 des Entwurfs eine abschließende Entscheidung zu Gunsten der Schuldstatutstheorie getroffen. Vielmehr ist von einer durch Rechtsfortbildung zu schließenden Regelungslücke auszugehen. 718 Für eine kollisionsrechtliche Sonderanknüpfung spricht vor allem, daß die Regeln des internationalen Schuldrechts auf den interindividuellen Interessenausgleich zwischen den Parteien hin konzipiert sind, nicht hingegen darauf, die hiervon unabhängigen wirtschaftspolitischen Ziele des Staates zu verwirklichen, dessen Recht das Schuldstatut stellt. Besonders kraß zeigt sich dies im Vertragskollisionsrecht. Es erscheint widersinnig, ausgerechnet die (mit Hilfe von Fiktionen allzu leicht manipulierbare) 719 Parteiautonomie darüber entscheiden zu lassen, ob Regeln zum Zuge gelangen, die nach dem Willen des Erlaßstaates gerade nicht der verweisungsrechtlichen Disposition der Parteien unterliegen sollen. 720 Kreuzer spricht in diesem Zusammenhang plastisch von einer Diskrepanz zwischen mikrofunktionalen und makrofunktionalen Interessen an Verträgen mit Auslandsberührung. 721 Im Bereich der objektiven Anknüpfung des Vertragsstatuts wird der Konflikt nicht geringer, 722 „da unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten jeder transnationale Vertrag potentiell relevante Beziehungen zu - wenigstens - zwei Außenwirtschaftsordnungen aufweist". 721 Das Recht der vertragscharakteristischen Leistung auch über die Anwendbarkeit von Eingriffsnormen entscheiden zu lassen, hätte konsequenterweise zur Folge, das Devisenrecht des Staates der geldleistungspflichtigen Partei außer Acht zu lassen 724 - ein Ergebnis, das bekanntlich im Kollisionsrecht des IWF-Abkommens von Bretton Woods keine Stütze findet. 725 Der Umstand, daß das Kollisionsrecht der Schuldverhältnisse ungeeignet ist, über die Heranziehung statutsfremden ausländischen Eingriffsrechts zu befinden, wird darüber hinaus anhand des sonst unabweisbaren Erfordernisses deutlich, auf tatsächliche Auswirkungen drittstaatlichen Eingriffsrechts immerhin noch mit den Mitteln des Sachrechts zu reagieren, 726 was letztlich das Eingeständnis beinhaltet, daß die Einheitsanknüpfung nur einen Teil der gewünschten Fälle erfaßt. 727 Wollte man die durch Art. 34 EGBGB in seiner geltenden Fassung entstandene Regelungslücke mit Hilfe der Schuldstatutstheorie füllen, könnte schließlich in manchen Fällen nicht erklärt werden, warum statutszugehöriges Eingriffsrecht, dem der „Anwendungswille" fehlt, eigentlich unangewendet bleiben soll. 728 Dieser Widerspruch tut sich wegen Art. 35 EGBGB stets dann auf, wenn die
718 Etwa Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 235; Sonnetiberger FS Rebmann, 819, 826; Martinius IPRax 1987, 277, 279; Sandrock RIW 1986, 841, 853. 719 Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 34. 720 Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 82 ff; ders Parteiautonomie, 106 f; Reinhuber Grundbegriffe, 213. Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 83; ähnlich Ebke Internationales Devisenrecht, 329; Zimmer IPRax 1993, 65 f. 722 Vgl auch Remien RabelsZ 54 (1990) 431, 463. 723 Kreuzer Parteiautonomie, 107. 724 Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 83 f; siehe ferner Sonnenberger FS Rebmann, 819, 826. 725 Dazu noch S 122. 726 Keller!Siehr IPR AT, 550; Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 345 ff, 355 ff. 727 Schubert RIW 1987, 729, 733. 728 Schubert RIW 1987, 729, 732.
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
schuldrechtlich maßgebende Rechtsordnung die Begrenzung des Anwendungsbereichs in einer Kollisionsnorm statt in einer Sachnorm zum Ausdruck bringt. 729 Diskutiert wird dessen ungeachtet, ob jedenfalls die Eingriffsnormen jenes ausländischen Staates, dessen Recht das Schuldstatut stellt, der gesonderten Anknüpfung entzogen sind. 730 In einer Untersuchung, die vom deutschen Recht als lex fori und primär auch als lex causae ausgeht, besitzt die Fragestellung naturgemäß nur eine Randbedeutung; entsprechend knapp kann die Stellungnahme ausfallen. Für eine kumulative Verweisung (die im Ergebnis zur Sonderanknüpfung drittstaatlicher Eingriffsnormen und zur Regelanknüpfung statutseigener Eingriffsnormen führt) 731 mag man argumentieren, daß Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen national zwingenden und international zwingenden Normen entfallen würden, ferner, daß die internationale Reichweite von Bestimmungen der ersten Gruppe nicht größer sein dürfe als die der zweiten. Dennoch ist uneinsichtig, warum das Interesse der lex causae an der Durchsetzung ihrer Eingriffsnormen von vornherein höher bewertet werden sollte als die Interessen anderer Rechtsordnungen, zu denen das Schuldverhältnis in Verbindung steht. 732 Ungeachtet gleicher nationaler Herkunft von Eingriffsnorm und Schuldrecht bleibt es bei dem Befund, daß die (typischen) Rechtsanwendungsinteressen der Parteien und die des Eingriffsstaates nicht übereinstimmen - weder positiv noch negativ. 733 Die kollisionsrechtlichen Regelverweisungen erfassen deshalb (sofern nichts anderes bestimmt ist) per se keine wirtschaftsrechtlichen Eingriffsnormen. Zwischen national zwingenden und international zwingenden Normen abzugrenzen, darf deshalb nicht zu vermeiden gesucht werden, bei Regeln der lex causae so wenig wie bei Vorschriften des Forums und denen von Drittstaaten. In allen Fällen ist die genannte Differenzierung für die rechtsanwendungsrechtliche Einordnung gleichermaßen konstitutiv. Es mag sein, daß Art. 7 EG-SchVÜ die Vorstellung einer kumulativen Anknüpfung ausländischer Eingriffsnormen zugrunde liegt.734 Eindeutig läßt sich dies jedoch nicht bejahen; 735 und der Umstand, daß Deutschland nur Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens in das EGBGB (Art. 34) inkorporiert hat, macht vollends klar, daß Wissenschaft und Praxis in dieser Frage nicht gebunden sind. 736
729 Basedow RabelsZ 52 (1988) 8, 21 f; ders NJW 1989, 627, 632; Schubert RIW 1987, 729, 732; Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 246 iVm 238; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 35. 730 Dafür etwa Vischer RdC 142 (1974) II, 9, 20 ff; Schulte Eingriffsnormen, 123 ff; Niederer FG Grossmann, 274, 286; Lipstein FS Zajtay, 357, 364 ff, 369; möglicherweise auch Chr. v. Bar IPR I, Rn 264. 731 Zur dogmatischen Struktur des Kumulationsmodells Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 351 f. 732 Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 443. 733 Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 246; Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 81 ff; Schubert RIW 1987, 729, 736. 734 So Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 70, 73; Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 350 f; Schubert RIW 1987, 729, 736. 735 Siehe vor allem Kegel Diskussionsbeitrag, 111. 736 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 41.
121
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
c)
Skizzen zur Verbindung zwischen Schuldverhältnis und Eingriffsstaat
aa)
Territorialitätsprinzip oder gegenstandsbezogene
Anknüpfung?
Zu beantworten bleibt die Frage nach dem maßgeblichen Anknüpfungsmoment. Machtoder Territorialitätsgesichtspunkte in diesem Zusammenhang als alleinige Kriterien heranzuziehen überzeugt nicht, auch wenn sich auf diese Weise eine leicht handhabbare Brücke zwischen völkerrechtlicher Regelungszuständigkeit und IPR schlagen ließe. 737 Soweit derartige Ansätze auf der Überlegung fußen, ausländisches öffentliches Recht sei im Inland unanwendbar, kann auf die bereits geäußerte Kritik verwiesen werden. 7 ' 8 Die normative Berücksichtigung der zivilrechtlichen Wirkungen ausländischer Bestimmungen, die nach deutschen Vorstellungen öffentliches Recht darstellen, läßt den Grundsatz der introvertierten Unilateralität, der das „Internationale Verwaltungsrecht" beherrscht, unberührt. Ohnehin wird mit Recht darauf hingewiesen, daß extraterritorial wirkendes Recht die Rolle eines internationalen Schrittmachers besitzen kann, sofern es allgemeine Ziele des Wirtschaftsrechts im zwischenstaatlichen Verkehr durchzusetzen versucht.739 Zöge man nur räumliche Kriterien heran, konzentrierte sich in praxi alles auf den Aspekt der Belegenheit einer Sache oder einer Forderung,740 wohingegen jenseits des Internationalen Enteignungsrechts741 den Besonderheiten bestimmter Rechtsmaterien nur unvollkommen entsprochen werden könnte. Gerade soweit es zu beurteilen gilt, wie sich international zwingende Regeln der forumfremden lex monetae auf Geldschuldverhältnisse auswirken, haftet dem Territorialitätsprinzip der Makel der Beliebigkeit an. Zu Recht kritisiert Mann, es sei (jenseits des Enteignungsrechts) systemfremd, zur Beurteilung schuldrechtlicher Inhalte auf den dinglichen Anknüpfungspunkt der Forderungsbelegenheit zurückzugreifen. 742 Obzwar die Verwaltungsinstitution Währung selbst keine räumliche, sondern allein eine rechtliche Beziehung zum Träger der Währungshoheit aufweist, würde die gebotene flexible Abwägung zwischen internationalem Entgegenkommen und nationaler Interessenwahrung743 von vornherein auf ein holzschnittartiges „Diesseits" und „Jenseits" verkümmern. Kaum anders verhielte es sich, wollte man (zusätzlich oder statt dessen) das Kriterium der Macht entscheiden lassen. Abgesehen davon, daß es durchaus zweifelhaft ist, Macht als ordnendes Rechtsprinzip anzuerkennen,744 hängt doch die Charakterisierung einer Vorschrift als Eingriffsnorm nicht davon ab, ob der Erlaßstaat gewillt ist, sie mit hoheitlichen Mitteln zu sanktionieren, oder ob er die Regel „rein privatrechtlich" ausgestaltet und es den Parteien überläßt, sie mit zivilprozessualen Mitteln durchzusetzen.745
Vgl R G J W 1923, 128 f. Oben S 103 ff. 739 Siehr RabelsZ 5 2 (1988) 41, 86. 740 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 3 4 EGBGB Rn 36. 7 4 1 Dazu noch S 187 ff. 742 Mann FS Wahl, 139, 154. 743 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 3 3 ; Siehr RabelsZ 5 2 (1988) 41, 86. 744 Mann RabelsZ 28 (1964) 757, 758; ders FS Wahl, 139, 155; Kreuzer Wirtschaftsrecht, 88; ferner Sonnenberger FS Rebmann, 819, 831, der zu Recht betont, das Machtprinzp führe letztlich zum Verzicht auf eigene kollisionsrechtliche Wertungen. 7 4 5 Oben § 6 I.; siehe ferner Schulte Eingriffsnormen, 111; W. Braun Geldwertsicherung, 142. 737 738
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Auszugehen ist statt dessen von der Erkenntnis, daß es keine wirkliche Einheitsanknüpfung für Eingriffsnormen gibt. 746 Wenn dem deutschen Richter nach verbreiteter Lesart immer (schon und nur) dann aufgegeben werden soll, ausländische Eingriffsnormen bzw. ihre privatrechtlichen Reflexwirkungen normativ zu berücksichtigen, wenn zwischen Erlaßstaat und Schuldverhältnis eine genügend enge Verbindung festgestellt werden kann, dann wird letztlich nur mit einem Rahmenbegriff operiert. Denn eine objektive Schwerpunktverknüpfung nach Art der Art. 28, 29, 3 0 Abs. 2 EGBGB ist damit nicht gemeint. 747 Gleiches gilt für die Formel von der Schutzgutsauswirkung.748 Natürlich sind aber derartige Rahmenbegriffe unschädlich, solange man sie als bloße Programmsätze versteht und nicht versucht, aus ihnen selbst konkrete Rechtsfolgen abzuleiten. Die Gegenstände international zwingender Normen sind auch im hier interessierenden Zusammenhang unterschiedlich, ebenso wie die Eingriffsinteressen von lex monetae, lex loci solutionis oder sonstigen Rechtsordnungen. Entsprechend differenziert gestalten sich die einzelnen Anknüpfungen, wobei durchaus räumliche Kontakte zum Erlaßstaat eine Rolle spielen können, daneben aber auch personale und funktionale. 749 Einzelheiten sind Gegenstand der Ausführungen in S 7. „Vor die Klammer gezogen" werden im folgenden lediglich einige Aspekte von allgemeiner Bedeutung, die die Diskussion über das Eingriffsrecht für Valutaschulden immer wieder begleiten.
bb) Zum Auswirkungsprinzip im Devisenkollisionsrecht Im Bereich des internationalen Devisenrechts 750 hat das Anknüpfungskriterium der genügend engen Verbindung durch Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWF-Abkommens von Bretton Woods 7 5 1 eine besondere Ausgestaltung erfahren. Hiernach kann „aus Devisenkontrakten, welche die Währung eines Mitgliedes berühren und den von diesem Mitglied in Ubereinstimmung mit diesem Übereinkommen aufrechterhaltenen oder eingeführten Devisenkontrollbestimmungen zuwiderlaufen, in den Hoheitsgebieten der Mitglieder nicht geklagt werden". 7 5 2 Der für die Verweisung auf ausländisches Devisenrecht erforderliche Kontakt zwischen Schuldverhältnis und Eingriffsstaat ist hergestellt, wenn der Vertrag die Währung des Eingriffsstaates „berührt". Nach herrschender Auffassung kommt es nicht darauf an, ob die Währung des Eingriffsstaates Schuldwährung ist, genauer: ob eine der vertraglich
E. Lorenz RTW 1987, 569, 5 8 1 ; Sonnenberger FS Rebmann, 819, 831. E. Lorenz RIW 1987, 569, 5 8 2 ; Schnyder Anwendung, 230. 7 4 8 Vgl als Beispiel einer von diesen Überlegungen beeinflußten deutschen Eingriffsnorm § 98 Abs 2 S 1 GWB: „Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlaßt werden". 749 Etwa Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 103; Reinhuber Grundbegriffe, 2 1 4 ff, 2 1 7 f. 750 Der Devisenbegriff ist hier ein anderer als jener der Bankpraxis. Erfaßt werden internationale Zahlungsmittel im weitesten Sinne; siehe Ebke Internationales Devisenrecht, 35 mit Fn 3; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 3 4 EGBGB Anh. II Rn 1. Zu den Devisen zählen auch Werte, durch deren Inanspruchnahme Zahlungsmittel in ausländischer Währung beschafft werden können; Kägi Einfluß des Devisenrechts, 5. 751 BGBl 1952 II, 637. 752 Zu Rechtsnatur und Auslegung der Vorschrift eingehend Ebke Internationales Devisenrecht, 158 ff. 746 747
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
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bestimmten Leistungen aus Währungseinheiten des Erlaßstaates besteht, 753 vielmehr muß sich die fragliche Transaktion positiv (Devisenzufluß) oder negativ (Devisenabfluß) auf die Währungsreserven bzw. Devisenbestände jenes Fondsmitglieds auswirken. 754 Dies wiederum ist insbesondere der Fall, wenn der Devisenkontrakt aus dem Verbotsland heraus erfüllt bzw. wenn Leistung in das Verbotsland verlangt wird. 755 Handelt es sich dagegen um einen Zahlungsvorgang allein innerhalb eines Staates, greift das IWF-Abkommen grundsätzlich nicht ein. 756 Freilich besteht Uneinigkeit darüber, ob die Währung des Verbotsstaates schon immer dann berührt ist, wenn ein in diesem Staat Ansässiger Vertragspartei ist. 757 Nach wohl überwiegender Auffassung werden jedenfalls solche Kontrakte nicht erfaßt, bei denen der gebietsansässige Schuldner nur mit seinem Auslandsvermögen haften soll, eine Inanspruchnahme aus seinem im Verbotsstaat belegenen Vermögen also nach der Gestaltung des Vertrages ausgeschlossen ist.758 Auch jenseits des Anwendungsbereichs von Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWFAbkommens, d.h. im Verhältnis zu NichtMitgliedstaaten, wird die Auswirkung eines Schuldverhältnisses auf die Zahlungsbilanz des Eingriffsstaates als hinreichendes Nähekriterium akzeptiert. 759 Dem ist zuzustimmen, denn das vom Bretton Woods-Abkommen grundsätzlich anerkannte Interesse nationaler Gesetzgeber, Devisenbestände zu schützen und Devisenreserven zu mehren, wird für das autonome Kollisionsrecht und die von ihm verfolgte Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses nicht schon deshalb gegenstandslos,
753 Gränicher Devisenmassnahmen, 105 ff; Seetzen AWD 1969, 253, 256; Seuß Devisenkontrollen, 50 ff; H.J. Hahn Währungsrecht, 394; aA Kägi Einfluß des Devisenrechts, 109 f; Edwards AJCL 75 (1981) 870, 891 f; typischerweise liegt dem die Vorstellung zugrunde, „Devisenkontrakte" seien nur solche Verträge, die die wechselseitige Hingabe von Währungseinheiten unterschiedlicher Staaten zum Inhalt haben. Dies wiederum setzt voraus, daß der Begriff „exchange contracts" (amtlich übersetzt als „Devisenkontrakte") im Sinne von „Austauschverträgen" verstanden wird. 754 BGH W M 1977, 332, 333; BGH NJW 1980, 520; OLG Düsseldorf ZIP 1989, 1387, 1388; OLG München W M 1989, 1282, 1283; Fümrohr Devisenrecht, 218; Natermann Eurodollarmarkt, 93 f; Ebke Internationales Devisenrecht, 247 f; Mann J Z 1953, 442, 444; Gränicher Devisenmassnahmen, 109; K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn E 53. 755 BGH NJW 1980, 520; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. II Rn 19 f; Ebke Internationales Devisenrecht, 248; Vischer in IPRG-Komm, Art 147 Rn 32; Seetzen AWD 1969, 253, 256. 756 BGH IPRspr 1976 Nr 118; 1979 Nr 185; 1986 Nr 118; OLG Düsseldorf ZIP 1989, 1387, 1388; Kahler v. Midland Bank, Ltd. (1948) 1 All. E.R. 811 (C.A.); (1949) 2 All. E.R. 621 (H.L.), (1950) A.C. 24; H.J. Hahn Währungsrecht, 395; Mann J Z 1991, 614, 615. 757 So mit Nuancen im Detail OLG München J Z 1991, 370; Gränicher Devisenmassnahmen, 109 f, 118; Gold Fund Agreement II, 274; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. II Rn 21; Williams Va.J.Int.L. 15 (1975) 319, 346; Gianviti RCDIP 69 (1980) 659, 674 ff; den Hintergrund bildet teilweise die Erwägung, das Auslandsvermögen von Gebietsansässigen bilde eine indirekte Währungsreserve, oftmals aber auch der Gedanke, sämtliche Transaktionen zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden seien konzeptionell in die Zahlungsbilanz aufzunehmen; krit. dazu Seuß Devisenkontrollen, 53 ff; IPG 1987-1988 Nr 63 (München) 627, 632. 758 BGH IPRspr 1976 Nr 118 (342, 345); Seuß Devisenkontrollen, 64 ff; Ebke Internationales Devisenrecht, 248 f; Seetzen AWD 1969, 253, 256. 759 Vischer in IPRG-Komm, Art 147 Rn 33; K.H. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 54; Gränicher Devisenmassnahmen, 118 ff; Ebke Internationales Devisenrecht, 325 f, 331; zur Rechtsprechung des BGH und seiner Orientierung am Territorialitätsprinzip siehe H.J. Hahn Währungsrecht, 391 ff.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
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weil das Abkommen keine Anwendung findet.760 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, daß die währungspolitischen Konzepte der einzelnen Länder differieren können, insbesondere auch was die Einbeziehung von Auslandsvermögen ihrer Staatsangehörigen und Gebietsansässigen in die Zahlungsbilanz anbelangt. Muß der personalen Anknüpfung ausländischer Devisenmaßnahmen schon im Anwendungsbereich des IWF-Abkommens mit Zurückhaltung begegnet werden,761 ist dies im Verhältnis zu Drittstaaten um so mehr geboten. cc)
Das Schuldstatut als Kontaktkriterium
Mit einem bemerkenswerten Kontaktkriterium arbeitet E. Lorenz.762 Ihm zufolge wirkt sich ein Geldschuldverhältnis jedenfalls dann in der erforderlichen Weise auf den Erlaßstaat aus, wenn das Recht dieses Staates das Schuldverhältnis beherrscht. Was auf den ersten Blick den Anschein der Plausibilität besitzt, wird schnell problematisch, wenn man sich vergegenwärtigt, daß E. Lorenz mit seinem Ansatz erklärtermaßen den Streit über die Berechtigung einer kumulativen Anknüpfung761 als Scheinproblem zu entlarven sucht. Letztlich dürfte auf diese Weise nur der dogmatische Ort der Auseinandersetzung wechseln. Geht es traditionell darum, ob „dem" Anknüpfungsgegenstand Eingriffsnormen zwei Anknüpfungspunkte zugewiesen werden sollten, steht hier die Interpretation des Anknüpfungspunktes in Rede. Das Sachproblem ist identisch. Denn die Frage lautet ja gerade, ob der durch das Schuldstatut vermittelte rechtliche Kontakt genügt, um das Interesse des Erlaßstaates daran zu legitimieren, neben seinem dispositiven Recht und seinem ius cogens auch seine international zwingenden Bestimmungen zur Anwendung zu bringen. Jene Bedenken, die gegen das Kumulationskonzept sprachen, stehen auch einer Anerkennung des Schuldstatuts als hinreichendes Kontaktkriterium im Wege. Zu Recht vermochte sich daher die Lehre von E. Lorenz bei den Gegnern der Schuldstatutstheorie nicht durchzuset-
dd) Hinreichende
Verbindung und Währungsstatut
Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Verweisung auf das Währungstatut ließe sich erwägen, ob nicht für die „Anerkennung" international zwingender Bestimmungen der lex monetae lediglich zu verlangen ist, daß Währungseinheiten des Eingriffsstaates den Gegenstand des Schuldverhältnisses bilden,765 ggf. auch den Berechnungsmaßstab oder das 760
333 f.
Ebke Internationales Devisenrecht, 3 3 1 ; zu Einschränkungen aufgrund Art 6 EGBGB Ebke aaO
Gränicher Devisenmassnahmen, 108; IPG 1987-1988 Nr 63 (München) 627, 632. E. Lorenz RIW 1987, 569, 581, ausdrücklich bezogen auf das Währungskollisionsrecht; zust Kropholler IPR, 435. 7 " Soeben S 120. 7 6 4 Ablehnend etwa Kreuzer Parteiautonomie, 101 ff, 106 ff; ders Ausländisches Wirtschaftsrecht, 64; Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 245; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 117; Chr. v. Bar IPR I, Rn 267 aE. 7 6 5 So natürlich iErg diejenigen, welche die Verweisung auf das Währungsstatut als eine (der Parteiautonomie entzogene) kollisionsrechtliche begreifen, so weit wie sie den Gegenstandsbereich des Währungsstatuts ziehen; siehe nur die Diskussion um die Anwendung ausländischer Papiergeldzwangskurse in den 20er und 30er Jahren; Nussbaum Das Geld, 138 ff; Karl Neumeyer IntVerwR 761 762
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
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Tilgungsmittel. Immerhin sind auch funktionale Gesichtspunkte zur Annahme einer hinreichend engen Verbindung tauglich, so daß man geneigt sein könnte, dem Interesse des Währungsstaates an der Regelung des Gebrauchs der von ihm ausgestalteten Verwaltungsinstitution Währung stets zu entsprechen. Eine derartige Anknüpfung an die Schuld-, Berechnungs- oder Zahlungswährung könnte sich außerdem auf jene Stimmen stützen, die schon im Devisenkollisionsrecht die Vorschriften desjenigen Staates berufen wollen, in dessen Währung die Vertragspartner kontrahiert haben. 766 Praktisch bedeutete dies jedoch (den Anwendungswillen des betreffenden Auslandsrechts vorausgesetzt), währungsbezogenen Eingriffsnormen der lex monetae Weltgeltung zu verschaffen. Damit spitzt sich die Problematik in ganz ähnlicher Weise zu wie bei der zuvor erörterten These vom Schuldststut als ausreichendem Nähekriterium. Hier wie dort geht es nicht um eine beliebige enge Verknüpfung zum Erlaßstaat, sondern um die verweisungsrechtlich richtige. 767 Hier wie dort auch kollidieren mikrofunktionale Parteiinteressen mit makrofunktionalen Interessen an gesamtwirtschaftlicher Steuerung. 768 Angesichts dieses Konflikts und der Tatsache, daß währungsbezogene Eingriffsnormen von ganz unterschiedlicher Zielsetzung existieren, wäre die Annahme wertungsblind, bereits die Einbeziehung einer ausländischen Währung in das Geldschuldverhältnis rechtfertige die Anwendung währungsbezogenen international zwingenden Rechts der lex monetae. Die Theorie der Sonderanknüpfung genießt gegenüber dem Schuldstatutsdogma nur deshalb den Vorzug, weil sie wirtschaftspolitischen Ordnungsgedanken Rechnung trägt, m.a.W. um sachnähere Anknüpfungen bemüht ist. Der fremde Anwendungswille allein genügt nicht. In diese Richtung aber drohte sich die undifferenzierte Anknüpfung an die lex monetae leicht zu bewegen. Der gewillkürte oder gesetzlich angeordnete Gebrauch einer bestimmten Auslandswährung zur Umschreibung des Schuldgegenstandes einer Geldschuld ist zunächst schutzgutneutral. So wird beispielsweise der Zustand des französischen Geldwesens nicht ohne weiteres tangiert, wenn ein Neuseeländer seinem australischen Geschäftspartner eine bestimmte Summe Ffr zu zahlen verspricht. 769 Auch die Qualifizierung einer Regel als „unablösbarer Teil III/2, 300. Konstruktiv läßt sich dabei eine deutliche Parallele zur Erfassung fremder Eingriffsnormen auf Basis der Schuldstatutstheorie feststellen. Im Unterschied zur Sonderanknüpfung international zwingenden Währungsrechts erlaubt die kollisionsrechtliche Verweisung auf das Währungsstatut, von der schwierigen Unterscheidung zwischen national zwingenden und international zwingenden Bestimmungen abzusehen. Hintergrund ist aber auch hier die Überlegung (die sich in der Nussbaum'schen Unterwerfungsthese am markantesten dokumentiert), daß allein schon der schuldrechtliche Gebrauch einer fremden Währung zur Anwendung des ausländischen Währungsrechts bzw seiner Privatrechtswirkungen zwingt, das jeweilige Obligationsstatut und die durch es gewährte Privatautonomie also keine Rolle spielen. 766 Oben S 122 f. 767 Vgl auch Schurig RabelsZ 54 (1990) 217, 245. 768 W. Braun Geldwertsicherung, 134 f; Reinhuber Grundbegriffe, 216. 769 Die Doppelfunktionalität des Währungsbegriffs (dazu S 12 ff) kann leicht zu Mißverständnissen führen. Schutzgut der hier behandelten Eingriffsnormen ist die Währung iS der Geldrechtsordnung eines Staates (vgl IPG 1987-1988 Nr 63 (München) 627, 631), wie etwa in § 3 BBankG vorausgesetzt. Danach hat die Deutsche Bundesbank den Geldumlauf und die Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem Ziel zu regeln, „die Währung zu sichern". Die jeweiligen Maßnahmen müssen nach Fögen Geldund Währungsrecht, 67 „auf die Verhinderung einer Verschlechterung des Geldwesens ausgerichtet sein, darauf, daß nicht durch ein Übermaß an Geld und Kredit im Verhältnis zu den angebotenen Gütern und Leistungen eine inflationistische Entwicklung eintritt, daß nicht dadurch Preisauftrieb und Überbeschäftigung begünstigt werden, und daß nicht umgekehrt durch einen Mangel an Geld und
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
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der Währungsrechtsordnung" 770 eines Staates genügt noch nicht, um den deutschen Richter zur unbedingten Anwendung zu verpflichten. Die genannte Einordnung mag die Zuordnung zum Währungsstatut legitimieren, gleichwohl sind die Parteien nicht schlechthin daran gehindert, im Verhältnis zueinander Abweichendes zu verabreden. 771 Unter welchen Voraussetzungen die schuldrechtlich maßgebende Rechtsordnung das Vereinbarte dann noch als Zahlungsverbindlichkeit behandelt, ist eine andere - hier nicht interessierende Frage. Der die Regelanknüpfung beherrschende (materiellrechtliche) Konflikt zwischen währungsrechtlicher und schuldrechtlicher Qualifikation findet im Bereich der Sonderanknüpfung ausländischer Eingriffsnormen jedenfalls keine Fortsetzung. Bei international zwingenden Regeln des Staates, dessen Währung in casu die Schuld-, Berechnungs- oder Zahlungswährung bildet, ist deshalb nicht anders als bei Eingriffsnormen sonstiger Staaten zu untersuchen (und zwar anhand währungsverschiedener Kriterien), ob sich das konkrete Geldschuldverhältnis wirklich auf die Wirtschafts- und Währungsordnung des normsetzenden Staates auswirken kann bzw. sonstige anzuerkennende Kontaktkriterien erfüllt sind, kraft derer es gerechtfertigt ist, dem Ordnungsanspruch des normsetzenden Staates Vorrang vor den Parteiinteressen einzuräumen.
ee)
Konsequenzen
Das Devisenkollisionsrecht liefert Anschauungsmaterial dafür, daß das Auswirkungsprinzip auch im hier behandelten Gegenstandsbereich praktisch handhabbar ist und zu interessengerechten Ergebnissen führen kann. Verallgemeinert werden darf das dort gefundene Lösungsmodell jedoch nicht, auch wenn Schuldstatut und Währungsstatut bzw. lex causae und lex monetae sinnvollerweise als Kontaktkriterien ausscheiden. Wo es international zwingendem Recht ausländischer Herkunft statt um die Zahlungsbilanz des Erlaßstaates etwa darum geht, die Wertstabilität seiner Währung zu sichern, den Umlauf der eigenen Währung zu Lasten fremder Währungen zu fördern oder Geldschulden bei einer Währungsänderung wertinkongruent umzustellen, ist die Ausgangslage eine andere. Auch hier läßt sich mit dem Gedanken der Auswirkung auf die Wirtschafts- und Währungsordnung des Eingriffsstaates arbeiten, und hierauf aufbauend können ganz bestimmte (normadäquate) personale, räumliche oder auch funktionale Anknüpfungsmomente festgelegt. Doch gilt es zweierlei zu beachten. Zum einen sind die von deutschen Eingriffsnormen tatbestandlich verlangten Binnenbeziehungen Ausdruck inländischer Ordnungsinteressen, die sich mit denen anderer Staaten decken können, aber nicht decken müssen. 772 Soweit daher überhaupt eine deutsche Parallelbestimmung existiert, dürfen nicht ohne weiteres die ihr zugrunde liegenden Kontaktkriterien zum Maßstab für Auslandsregeln erhoben werden. Zum anderen kann die genaue Zwecksetzung mancher Eingriffsnormen umstritten sein oder gänzlich im Dunkeln liegen. Stellt sich in derartigen Fällen heraus, daß die Handhabung des Auswirkungsgedankens konturenlos oder von wirtschaftspolitischen Kredit Unterbeschäftigung (Arbeitslosigkeit), Produktionsrückgang und Preisverfall als Erscheinung einer Deflation hervorgerufen oder verstärkt werden". Nicht jede Nutzung einer Währung als Recheneinheit zeitigt sonach Auswirkungen auf die Währung als Inbegriff des staatlichen Geldwesens. 770 So die Kategorisierung von Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 300, anhand derer er das anzuwendende Währungsrecht ermitteln will. 771 Ebenso iErg Eckstein Geldschuld und Geldwert, 107 f; Wengler in RGRK-BGB VI/2, 1297. 772 Grave Diskussionsbeitrag, 144 f; Sonnenberger in MünchKomm-BGB 2 , Einl IPR Rn 276.
§ 6: Beeinflussung der Valutaschuld durch Eingriffsnormen
127
Einschätzungen abhängig zu werden droht, empfiehlt es sich, auf „neutralere" Kontaktkriterien auszuweichen. Etwa auf dasjenige der Wertbewegung,773 demzufolge Eingriffsnormen derjenigen Staaten normativ beachtlich sind, auf deren Gebiet sich der (obligationsgemäße) Zahlungsvorgang abspielen soll.774 Helfen mag auch die etwas weniger territorial orientierte, dafür aber wieder mit der konkreten ratio legis verwobene Formel K.H. Neumayers, wonach „international unnachgiebige Rechtssätze Anwendung finden, wo immer der vom Normzweck angeschaute Tatbestand sich in der von ihrem Gesetzgeber zu ordnenden Sozialsphäre ganz oder zum wesentlichen Teil verwirklicht".775
d)
Inhaltskontrolle
Läßt sich im Einzelfall eine hinreichend enge Verbindung zwischen Zahlungsverbindlichkeit und ausländischem Eingriffsstaat feststellen, so wird nach einhelliger Auffassung das betreffende Eingriffsrecht gleichwohl nur angewandt, wenn die Anwendung nicht gegen wesentliche Wertvorstellungen des deutschen Rechts verstößt. Über die rechtstechnische Form dieser Inhaltskontrolle (ordre public776 oder Bestandteil der Verweisungsnorm)777 mag man diskutieren,778 die konkrete Grenzziehung dürfte davon freilich unabhängig sein.779 Entscheidend ist in jedem Fall, ob die konkrete ausländische Eingriffsnorm (wirtschafts-)politische Ziele verfolgt, die aus Sicht des deutschen Rechts tragbar sind oder nicht.780 Bedeutung erlangt insofern das Maß an Interessenübereinstimmung zwischen Eingriffsstaat und Forumstaat,781 wenngleich - dies sei erneut betont - ein vollständiger Interessengleichklang nicht zu verlangen ist. Wie (auch) sonst bei Art. 6 EGBGB geht es lediglich darum, elementare Wertprinzipien des eigenen Rechts zu wahren. Typischerweise können internationalisierungsfähige und dem Völkerrecht entsprechende Eingriffsnormen damit rechnen, vor deutschen Gerichten anerkannt zu werden.782 Wie bereits für die Fest-
773
Zweigert RabelsZ 14 (1942) 283, 295. Erfassen lassen sich damit zumindest sämtliche Eingriffe der lex loci solutionis; zur gesonderten Anknüpfung dieser Regeln siehe aus neuerer Zeit W. Braun Geldwertsicherung, 141; ferner Seetzen AWD 1969, 257; zur Diskussion in der Vergangenheit L. v. Bar Theorie und Praxis II, 7; Zitelmann IPR I, 330; ders IPR II, 372; M. Gutzwiller IPR, 1617 (Deutschland.; OGH Wien ZfRV 2 (1961) 18 ff; Walker IPR, 344 (Österreich); zum englischen Recht siehe Schulte Eingriffsnormen, 91 ff; W. Braun aaO. 775 KH.Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 54; ähnlich W. Braun Geldwertsicherung, 140: „objektive Anknüpfung an die normtypische Geltungssphäre". 776 E. Lorenz RIW 1987, 569, 582; Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 94 f; W. Braun Geldwertsicherung, 158 ff; Chr. v. Bar IPR I, Rn 267. Zweigert IPR und öffentliches Recht, 124, 132 f; Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 92; Bär Kartellrecht und Internationales Privatrecht, 225. 778 Vgl auch Art 19 Abs 2 des Schweiz. IPR-Gesetzes: „Ob eine solche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entscheidung". 779 Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 448 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 121. 780 Chr. v. Bar IPR I, Rn 267. 781 Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 92; Zimmer IPRax 1993, 65, 68; Vischer IPRG-Komm, Art 19 Rn 21 (zur entsprechenden Rechtslage bei Art 19 Abs 2 Schweiz. IPR-Gesetz). 782 Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 94; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 123. 774
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
128
Stellung einer hinreichend engen Beziehung zwischen Schuldverhältnis und Eingriffsstaat besitzt auch im Rahmen der Inhaltskontrolle das Spiegelbildprinzip eine gewisse praktische Bedeutung. Solche Regeln, die zum Schutz der deutschen Währung existieren (z.B. § 3 WährG), billigt das deutsche Recht ohne weiteres auch ausländischen Staaten zum Schutz ihrer jeweiligen Währung zu. Unanwendbar sind dagegen Bestimmungen, mit denen „als Waffe der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung" 783 einseitig nationale Interessen gegen bestimmte Beteiligte (z.B. ausländische Gläubiger) durchgesetzt werden sollen784 oder die sonst diskriminierenden Inhalt haben. 785 Probleme können in diesem Zusammenhang etwa bei der Anerkennung von Währungsumstellungen mit differenziertem Anschlußverhältnis auftreten. 786
2.
Berücksichtigung
Sind die genannten Voraussetzungen für eine Sonderanknüpfung ausländischen Eingriffsrechts erfüllt, so findet die betreffende Norm bzw. ihr schuldrechtsbezogener Regelungsgehalt im Inland unmittelbare Anwendung, 787 d.h. ihre Rechtsfolge (z.B. die Veränderung des Schuldbetrages, die Festlegung einer von der Schuldwährung abweichenden Zahlungswährung, das Verbot der Eingehung von Valutaschulden oder das des Transfers bestimmter Zahlungsmittel) wird direkt in das Schuldstatut integriert. 788 Darin aber erschöpft sich auch schon der Umfang der gesonderten Verweisung. Welches Schicksal die Verbindlichkeit im übrigen erfährt (Wechsel des Währungsstatuts, Rückabwicklung, Verlagerung des Erfüllungsortes, Schadensersatzpflicht, Nichtigkeit etc.), entscheidet das Obligationsstatut. 789 Gelangt fremdes Eingriffsrecht trotz vorhandenen Geltungswillens nicht zur Anwendung, weil es an einer hinreichend engen Verbindung zwischen Valutaschuldverhältnis und Eingriffsstaat mangelt oder weil die betreffende Vorschrift der gebotenen Inhaltskontrolle nicht standhält, kann dessen ungeachtet das Sachrecht der lex causae im Einzelfall mit seinen Mitteln auf die ausländische Rechtslage reagieren. 790 Eine derartige Berücksichtigung auf sachrechtlicher Ebene findet statt, wenn das Auslandsrecht eine faktische Situation schafft, die von einer materiellrechtlichen Vorschrift der lex causae tatbestandlich er-
783
Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 443 f. Sieht RabelsZ 52 (1988) 41, 94; E. Lorenz RIW 1987, 569, 582; Martiny in MünchKommBGB2, Art 34 EGBGB Rn 123. 785 K.H. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 55 Fn 50; Bär Kartellrecht und Internationales Privatrecht, 317. 786 Siehe auch S 212 ff. 787 Zu den möglichen Inhalten des Begriffs „Anwendung" siehe Sonnenberger in MünchKommBGB2, Einl IPR Rn 263. 788 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 55; Zimmer IPRax 1993, 65, 66; Busse ZVglRWiss 95 (1996) 386, 391; Mülbert IPRax 1986, 140 f; ferner Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 339; Bachmann Fremdwährungsschulden, 202. 789 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB, Rn 56; so wohl auch Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 95 und Kropholler IPR, 449. 790 Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 340, 355 spricht davon, daß es sich für die Befürworter einer kollisionsrechtlichen Lösung um einen „hilfsweisen" Rückgriff auf das Sachrecht handele. 784
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
129
faßt wird. 791 Die ausländische Eingriffsnorm ist für den deutschen Richter dann zwar kein Recht (so daß ein Vertrag, welcher der Norm widerspricht, nicht nach § 134 BGB nichtig wäre), wohl aber eine Tatsache. 7 ' 2 So kann namentlich die durch ein ausländisches Leistungsverbot hervorgerufene Zwangslage unter Geltung deutschen Sachrechts zur Annahme einer Leistungsbefreiung nach § 275 BGB oder zur Heranziehung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage führen. 7 ' 3 Der Richter wendet in einer derartigen Konstellation nicht ausländisches, sondern allein deutsches Recht an; bei Auslegung der Regeln des deutschen Rechts hat er jedoch der Internationalität des Sachverhaltes Rechnung zu tragen und in seine Überlegungen einzubeziehen, daß die ausländische Eingriffsnorm aus Sicht des Erlaßstaates zwingender Natur ist und von dessen Behörden möglicherweise hoheitlich durchgesetzt wird. Die hiernach befürwortete Differenzierung zwischen kollisionsrechtlich berufener Anwendung und sachrechtlich veranlaßter Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen läßt sich keineswegs als „Glasperlenspiel" abtun. 7 ' 4 Bei weitem nicht alle international zwingenden Vorschriften ausländischer Staaten erreichen die nach deutschem Sachrecht erforderliche Erheblichkeitsschwelle. Es bedarf zumeist einer im Einzelfall festzustellenden schwerwiegenden Störung des Äquivalenzverhältnisses und/oder einer durch drohende öffentlichrechtliche Sanktionen bewirkten Zwangslage einer Partei, damit die Leistungsstörungsregeln oder die §§ 134, 138 BGB zum Zuge kommen können .79S Gestaltet aber beispielsweise die (nach der Regelanknüpfung unzuständige) lex loci solutionis eine Befugnis des Schuldners zur Zahlung in Inlandswährung als international zwingende Vorschrift aus, fällt es schon merklich schwerer, die Verschaffung von Inlandswährung nach § 364 BGB als zulässige Leistung an Erfüllungs Statt zu werten.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme Das Spannungsverhältnis zwischen Schuldstatut und Währungsstatut wird nicht ohne weiteres durch das skizzierte Konzept der materiellrechtlichen Verweisung aufgelöst, obwohl damit der Vorrang des Schuldstatuts und insbesondere der des Parteiwillens einhergeht. 791 Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 97; Sonnenberger in MünchKomm-BGB2, Einl IPR Rn 56 f; 288 ff; Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 346; Zimmer IPRax 1993, 65; Kropholler IPR, 444 ff; Bachmann Fremdwährungsschulden, 202 f. 792 Dazu vor allem Mülbert IPRax 1986,140, 141; Zimmer IPRax 1993, 65, 68. 793 Siehe vorerst nur Kegel in Soergel11, Vor Art 7 EGBGB Rn 397; Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 97; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 53; Gränicher Devisenmassnahmen, 120; Einzelheiten unten § 14 II. 794 So aber Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 356; wie hier dagegen bereits Zimmer IPRax 1993, 65, 67 ff; Busse ZVglRWiss 95 (1996) 386, 390 ff, 417 f. 795 Während zudem die kollisionsrechtlich berufene Eingriffsnorm bei Vorliegen ihrer Tatbestandsmerkmale die Rechtsfolge selbst festlegt, kann das Sachrecht zB bei § 242 BGB die Verteilung des Risikos durchaus von weiteren Voraussetzungen abhängig machen. Berücksichtigung finden mag etwa die Voraussehbarkeit oder die Versicherbarkeit des Risikos; siehe Siehr RabelsZ 52 (1988) 41, 97. Zu den Problemen, die bei Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen auftreten, ferner W. Braun Geldwertsicherung, 137.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
130
Denn der Parteiwille, der bei rechtsgeschäftlich begründeten Valutaschulden mit der Bestimmung der Fremdwährung die Verweisung ausspricht, bezieht sich typischerweise auf sämtliche als „währungsrechtlich" zu qualifizierende Regelungen des verwiesenen Rechts. Ahnliches gilt für gesetzliche Fremdwährungsverbindlichkeiten. In den durch den jeweiligen Normzweck sowie § 2 4 2 B G B abgesteckten Grenzen handelt es sich um eine reine Frage schuldrechtlicher oder währungsrechtlicher Qualikation der jeweiligen Problemstellung. Qualifikationsentscheidungen im kollisionsrechtlichen Sinne sind hierbei natürlich nicht zu treffen. Denn mit Rücksicht auf die materiellrechtliche Einbeziehung der fremden Währungsgesetzgebung kann nicht davon gesprochen werden, die tatbestandlichen Systembegriffe zweier deutscher Kollisionsnormen auszulegen und voneinander abzugrenzen. 796 Vielmehr geht es darum, diejenigen Materien aufzufinden, die kollisionsrechtlich zwar zum Schuldstatut zählen, weil die Inhaltsbestimmung einer Geldschuld in Rede steht, vom Schuldstatut jedoch in eigener Verantwortung an eine andere Rechtsordnung zur Entscheidung abgegeben werden. Daraus folgt, daß sinnvollerweise einzig eine autonome Qualifikation in Betracht kommt, d.h. eine Qualifikation, die aus dem Normgefüge gewonnen wird, das die Verweisung ausspricht. Dabei handelt es sich um das Sachrecht der lex causae, hier also um deutsches Recht. Für die Ausprägung heteronomer Qualifikationsmethoden (z.B. nach der lex fori oder gar dem IPR der lex fori) fehlt jeder Platz. 797 Die in § 5 formulierte Abgrenzung zwischen Schuld- und Währungsstatut besitzt lediglich den Charakter einer Leitlinie; in einigen Bereichen läßt sich über abweichende Qualifikationen diskutieren. Wenn die Zuordnung von Rechtssätzen der lex monetae zum Währungsstatut definitorisch uneinheitlich beurteilt wird, so ist dies sicher teilweise auf das unterschiedliche Verständnis darüber zurückzuführen, auf welche rechtstechnische Weise das Währungsstatut in das Valutaschuldverhältnis einbezogen wird. 798 Eine andere Ursache besteht darin, daß manche Erörterungen einzig die Alternative Schuldstatut - Währungsstatut in den Blick nehmen und dabei außer Acht lassen, daß das Recht des Währungsstaates teilweise zwingendes Recht ausbildet, dessen privatrechtliche Reflexwirkungen unabhängig von jener alternativen Zuordnung vom deutschen Richter zu beachten sind. Und schließlich wird bei der Inhaltsbestimmung des Währungsstatuts in ganz unterschiedlicher Weise dem Umstand Rechnung getragen, daß die Valutaschuld neben Vorschriften der lex causae und der lex monetae auch noch von solchen der lex loci solutionis beeinflußt werden kann.
I.
Bestimmung der Zahlungswährung
Einen Problemkreis der letztgenannten Art bildet die Zuordnung der Rechtssätze, die darüber Auskunft geben, welchen Staates Währungseinheiten der Valutaschuldner seinem Gläubiger verschaffen kann, damit die Geldschuld erlischt. Hier wirkt sich die bereits
796 797 798
Zum Problem der Qualifikation im IPR allgemein Chr. v. Bar IPR I, Rn 581 ff. Vgl Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 607. Vgl schon S 101 ff.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
131
erörterte 7 " Differenzierung zwischen Schuldwährung und Zahlungswährung auch kollisionsrechtlich aus.
1.
Problemeinführung
Das Schuldstatut bestimmt die Schuldwährung, d.h. es normiert bei einer Geldschuld den Schuldgegenstand und überantwortet seine nähere Umschreibung dem Recht des Staates, in dem die Schuldwährung Landeswährung ist. Das Schuldstatut entscheidet zugleich über den Umfang der Geldschuld, sei es, daß die Verbindlichkeit auf einen in der Schuldwährung ausgedrückten Nominalbetrag lautet (Geldsummenschuld), sei es, daß ihre Höhe von einer normativen Bewertung abhängt (Geldwertschuld). Gleiches gilt grundsätzlich für die etwaige Bestimmung einer Berechnungswährung, anhand derer sich die zu leistende Anzahl von Währungseinheiten der Schuldwährung bemißt. Freilich mag - wie noch darzustellen sein wird800 - die Wirksamkeit einer Abrede über die Berechnungswährung (auch) vom Recht des Staates abhängen, dessen Währung die Schuldwährung bildet. Es erscheint vor diesem Hintergrund folgerichtig, daß das Schuldstatut nicht nur über Gegenstand und Umfang der Verbindlichkeit entscheidet, sondern auch über ihre Erfüllung und die sonstigen Arten ihres Erlöschens. Im Bereich des Vertragsrechts hat dieser Grundsatz in Art. 32 Abs. 1 Nr 2 und 4 EGBGB Ausdruck gefunden.801 Bezogen auf die Bestimmung der Zahlungswährung müßte hieraus an sich zweierlei gefolgert werden können: Die privatautonome Bestimmung, daß der Schuldner auch in Einheiten einer anderen Währung als der Schuldwährung leisten darf, bemißt sich nach dem Schuldstatut. Und ebenso ist das Schuldstatut zu befragen, wenn es um die Suche nach gesetzlichen Vorschriften geht, die dem Schuldner eine solche Art der Schuldbefreiung ermöglichen. Daß diese Sichtweise durchaus nicht die einzig denkbare ist, belegt schon Art. 147 Abs. 3 des schweizerischen IPR-Gesetzes, in dem es heißt: „In welcher Währung zu zahlen ist, richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem die Zahlung zu erfolgen hat". Allerdings bringt der Normtext die Intentionen des schweizerischen Bundesgesetzgebers nur höchst unvollkommen zum Ausdruck. Die Vorschrift suggeriert, das Recht des Zahlungsortes befinde (auch) über den Gegenstand der Schuld, während tatsächlich nur die „Art und Weise der Zahlung" geregelt werden sollte.802 Jede andere Interpretation birgt die Gefahr, daß der Inhalt der Geldschuld in entscheidendem Maße vom (sonstigen) Schuldstatut und damit vor allem vom Parteiwillen - abgekoppelt würde.803 Ursächlich für die Formulierung des schweizerischen Gesetzgebers ist die Unterscheidung zwischen monnaie de compte und monnaie de paiement, die der aus dem angelsächsischen Rechtsraum her bekannten Differenzierung zwischen money of account und money of payment entspricht, sich jedoch nicht genau mit dem deutschrechtlichen Begriffspaar Schuldwährung - Zah-
799
S 5 ff S 174 ff. 801 Siehe Chr. v. Bar IPR II, Rn 540. 802 Vtscher Probleme des Währungsrechtes, 428 f. 803 Vgl Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 96; ferner den Schlussbericht der Expertenkommission zu Art 126 Abs 2 Schweiz. IPRG (Erfüllungsmodalitäten), w o die Gefahr einer Vertragsspaltung ausdrücklich zu vermeiden gesucht wird (228). 800
132
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
lungswährung im hier verstandenen Sinne deckt. 8 0 4 Dementsprechend soll das Schuldstatut die Frage nach dem „Wieviel" beantworten, das durch Art. 1 4 7 Abs. 3 IPRG umrissene Zahlungsstatut dagegen die Frage nach dem „Wie". 8 0 5 Gemeint ist mit letzterem vor allem die kollisionsrechtliche Einordnung der hier in Rede stehenden und für moderne Geldrechtsordnungen typischen Rechtsregeln, 8 0 6 nach denen der Geldschuldner im Zweifel befugt ist, statt der vertraglich bedungenen oder auch ex lege geschuldeten Währung diejenige Währung zu leisten, die am Zahlungsort Landeswährung ist. 807 Die sprachliche Fassung von Art. 147 Abs. 3 des schweizerischen IPR-Gesetzes dokumentiert damit einmal mehr die Unzulänglichkeit der Begriffe money of account (bzw. monnaie de compte) und money of payment (bzw. monnaie de paiement), der Vielgestaltigkeit des Phänomens Valutaschuld gerecht zu werden. Das E G B G B enthält im Gegensatz zum schweizerischen IPR-Gesetz keine ausdrückliche Bestimmung zur Ermittlung der Normen, die dem Schuldner gestatten, seine Geldschuld durch Leistung einer anderen als der geschuldeten Währung zu tilgen. Gleiches gilt für etwaige Bestimmungen, durch die dem Gläubiger das Recht eingeräumt wird, eine andere Währung als die Schuldwährung fordern zu dürfen. 808 Wenn sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der deutsche Richter deutsches Recht zur Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen solcher Befugnisse heranzieht, als ausgesprochen umstritten erweist, so rührt dies nur teilweise aus dem Gegensatz zwischen lex causae und lex loci solutionis. 8 0 9 Besonderes Gewicht gewinnt daneben der Umstand, daß oftmals nicht die Entwicklung einer allseitigen Kollisionsregel (z.B. nach dem schweizerischen Muster) diskutiert, sondern vorrangig um den internationalen Anwendungsbereich einer einzelnen deutschen Vorschrift gerungen wird, nämlich um den des § 2 4 4 BGB.
S 5 ff. Schlussbericht der Expertenkommission, 258; Wischer Probleme des Währungsrechtes, 429. 8 0 6 ZB § 2 4 4 BGB, Art 84 Abs 2 Schweiz. OR, Art 1278 ital. Cc, Art 291 griech. ZGB, Art 558 Abs 1 port. Cc, § 7 dän. Ga:ldsbrevsloven, § 7 norw. Lov om gieldsbrev, Art 6:121 niederl. BW, Art 947 bras. ZGB; ferner Art 1 des Annexes zum Europäischen Übereinkommen über Fremdwährungsverbindlichkeiten vom 11.12.1967 (European Treaty Series No 60), das jedoch nie in Kraft getreten ist:"l. A sum of money due in a currency which is not that of the place of payment may be paid in the currency of the place of payment, unless a different intention of the parties appears, or a different usage is applicable. 2. The debtor may not avail himself of this option if he knows or ought to know that payment in the currency of the place of payment would involve for the creditor a substantial prejudice". Ähnlich die Vereinheitlichungsvorschläge der Commission on European Contract Law (Principles I, Art 2.111) und des römischen Unidroit-Instituts (Art 6.1.9. der Principles of International Commercial Contracts); zu beiden Konzepten noch eingehend unter § 12. Siehe im übrigen auch den rechtsvergleichenden Überblick bei Birk RIW 1973, 425, 427 ff. 807 Vischer Probleme des Währungsrechtes, 430. 8 0 8 Daß es auch kollisionsrechtlich durchaus nicht allein um Konversionsbefugnisse des Schuldners geht, betonte zu Recht Martin Wolff 1PK3, 156. 8 0 9 Einigkeit herrscht immerhin darüber, daß jene Vorschriften nicht der lex monetae entnommen werden können; Birk RIW 1973, 425, 4 3 4 ; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 119; R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 Rn 304. 804 805
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
2.
133
Sonderkollisionsrecht für § 2 4 4 BGB?
N a c h verbreiteter Auffassung besitzt § 2 4 4 B G B kollisionrechtlichen Gehalt. Die Befugnis, bei einfachen Valutaschulden in D M statt in ausländischer Schuldwährung zahlen zu dürfen, steht danach dem Schuldner bei inländischem Zahlungsort unabhängig davon zu, ob deutsches oder ausländisches Recht Schuldstatut ist. Ungeachtet der verwendeten Begrifflichkeiten wird freilich nicht immer klar, wie § 2 4 4 B G B konstruktiv zu verstehen sein soll, 8 1 0 als (versteckt) einseitige Kollisionsregel 811 oder als Eingriffsnorm. 8 1 2 Die Unterscheidung ist in doppelter Hinsicht von Belang. Tatbestandlich geht es hier um Regel-, dort um Sonderanknüpfung unter den Voraussetzungen des Art. 3 4 E G B G B . Und was die Rechtsfolgen anbelangt, so hängt von der Einordnung ab, ob nur der deutsche Richter S 2 4 4 B G B unabhängig vom Schuldstatut heranzieht oder ob auch der ausländische Richter so verfahren wird, der zwar ausschließlich sein eigenes IPR anwendet, wohl aber im Idealfall fremdstaatliches Eingriffsrecht akzeptiert. Entsprechend diesen dogmatischen
Unsi-
cherheiten bleiben auch die weiteren Konsequenzen der Kollisionsrechtsthese oft im Dunkeln. Dies gilt namentlich für den Ausbau des § 2 4 4 BGB zu einer allseitigen Rechtsanwendungsregel. 8 1 3 Es überwiegt statt dessen die Annahme, jenseits von § 2 4 4 BGB bestimm e sich die Existenz einer Umrechnungsbefugnis nicht nach der lex loci solutionis, 8 1 4 sondern nach der lex causae. 8 1 5 Einen eigenständigen W e g beschritt Martin
Wolff.
Er wollte
im Falle von Zahlungen im Ausland kollisionsrechtlich differenzieren: Sei Obligationssta-
8 1 0 Ohne eindeutigen Begründungsansatz OLG Koblenz RIW 1993, 934, 936; Horn Anleihen, 264; K. Schmidt in Staudinger 12 , § 244 Rn 77 erblickt die Rechtfertigung für die von ihm angenommene Loslösung des § 244 BGB aus dem Schuldstatut sowohl in der Währungs- als auch in der Schuldnerschutzfunktion der Vorschrift, legt sich im übrigen aber auf eine dogmatische Einordnung nicht fest (anders jetzt in der 13. Auflage, in der er eine Eingriffsnorm annimmt); ebenso O. Werner in Erman', § 244 Rn 15; v. Westphalen Exportfinanzierung, 136 f; letzterer jedoch bei Verträgen nur für solche, die vor Inkrafttreten der IPR-Novelle 1986 abgeschlossen worden sind (danach Art 32 Abs 1 Nr 2 EGBGB: Vertragsstatut). Die von v. Westphalen vorgeschlagene Differenzierung wäre in sich jedoch nur stimmig, wenn man davon ausgehen wollte, daß § 244 BGB vor dem 1.9.1986 den Charakter einer einseitigen Kollisionsnorm ohne Eingriffscharakter besessen hat. Wer hingegen von einer Eingriffsnorm ausgeht, findet in Art 32 Abs 1 Nr 2 EGBGB keinen Hinweis für eine Rechtsänderung. 8 1 1 LG Stuttgart IPRspr 1956-57 Nr 29 (114, 118); LG Braunschweig NJW 1985, 1169; Heinrichs in Palandt, §§ 2 4 4 , 245 Rn 14; Martin Wolff IPR3, 156 f; Neuhaus IPR, 98 f; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach A n 34 EGBGB Anh. I Rn 22; Raape IPR, 531; Raape/Sturm IPR, 47, 95; Firsching in Staudinger 10 ' 11 , Vorbem zu Art 12 EGBGB Rn 3 9 3 ; Brüggemeier in AK-BGB, § 244 Rn 6; Alberts Währungsschwankungen, 18; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 164; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 250 f; Kropholler IPR, 93. 812 Melchior IPR, 285 ff; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 320 f; Kegel IPR, 877 (Begründung noch offengelassen in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 905); ferner Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 28: „Kollisionsnorm des deutschen Währungsrechts"; wohl auch Schulze Das öffentliche Recht, 44 f, der § 244 BGB zur Kategorie der „privatrechtsgestaltenden Normen des öffentlichen Rechts" zählt. 8 1 3 Angesprochen wird die Frage immerhin bei Martin Wolff IPR3, 156; Neuhaus IPR, 99 Fn 285; Mann FS Raiser, 4 9 9 , 504; Chr. v. Bar IPR I, Rn 219; vgl auch Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 95 zur parallelen Problematik bei Art 84 Abs 2 Schweiz. OR. 8 1 4 Nicht ganz klar Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I, der in Rn 16 eine generelle Anknüpfung an die lex loci solutionis unter Hinweis auf das schweizerische Modell erörtert; vgl auch Berger Der Aufrechnungsvertrag, 250. 815 G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 119, 164.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
134
tut ein ausländisches Recht, entscheide dieses über eine Umrechnungsbefugnis; beherrsche dagegen deutsches Recht das Schuldverhältnis, sei die in § 2 4 4 B G B versteckte Kollisionsnorm analog anzuwenden, d.h. ob der DM-Schuldner in der Währung des Zahlungsortes leisten dürfe, entscheide die lex loci solutionis. 816
a)
Ungeschriebene einseitige Regelanknüpfung
§ 2 4 4 B G B bildet nach Wortlaut und Stellung im Gesetz ganz eindeutig eine Sachnorm; 8 1 7 ihre Rechtsfolge autorisiert ein bestimmtes Verhalten, läßt also die Entscheidung des Falles selbst nicht in der Schwebe. Die Vorstellung nun, man könne mit Hilfe der Auslegung einer Sachnorm wie § 2 4 4 B G B zu ungeschriebenem Rechtsanwendungsrecht für diese bestimmte Norm kommen, ist dem geltenden deutschen IPR grundsätzlich fremd. 8 1 8 Das deutsche Recht verfügt über ein vom Sachrecht emanzipiertes Kollisionsrecht, das auf der Überzeugung fußt, internationalprivatrechtliche Gerechtigkeit mittels allseitiger Rechtsanwendungsregeln zu verwirklichen und nicht etwa einzelnen deutschen Sachvorschriften eine imparitätische Vorzugsstellung gegenüber entsprechenden ausländischen Normen einzuräumen. 8 1 9 Letzteres aber wäre bei § 2 4 4 B G B notwendigerweise der Fall. Eine allseitige Kollisionsregel nämlich läßt sich dieser Sachnorm nicht entnehmen. Wie immer man auch die Absichten des historischen Gesetzgebers werten mag, die Vorstellung, über die Existenz etwaiger Umrechnungsbefugnisse mittels § 2 4 4 B G B das am jeweiligen Zahlungsort geltende Recht entscheiden zu lassen, besaß er sicher nicht. 8 2 0 § 2 1 5 Abs. 1 des ersten Entwurfs hatte noch gelautet: „Die Zahlung einer im Inlande zahlbaren Geldschuld ¿sí 821 in Reichswährung auch dann zu bewirken, wenn die Schuld in ausländischer Währung ausgedrückt ist". § 2 1 5 Abs. 2 demgegenüber enthielt auch
816 Martin Wolff IPR3, 156; näher läge aber wohl die Annahme einer materiellrechtlichen Verweisung durch das Schuldstatut. Eine ganz andere Frage, nämlich in jedem Fall eine rein materiellrechtliche, wäre es, ob sich dergestalt eine Analogie zu § 244 BGB empfiehlt, daß die Befugnis des Valutaschuldners zur Zahlung in DM (!) auch dann besteht, wenn deutsches Recht Schuldstatut ist und der Zahlungsort statt im Inland im Ausland liegt. In diesem Falle zählte $ 244 BGB zum Schuldstatut, und die Rechtsfolge des § 244 BGB würde unabhängig vom Tatbestandsmerkmal „inländischer Zahlungsort" zur Geltung gebracht; siehe dazu im Einzelnen S 552. Vermengt werden kollisionsrechtliche und materiellrechtliche Aspekte bei Steenken Fremdwährungsschulden, 69. 817 Chr. v. Bar IPR II, Rn 545 und IPR I, Rn 2 1 6 ; W. Mayer Valutaschuld, 102; Schulze Das öffentliche Recht, 45. 818 Chr. v. Bar IPR I, Rn 217. 819 Chr. v. Bar IPR I, Rn 218 f. 820 Mann FS Raiser, 499, 504 und Chr. v. Bar IPR I, Rn 219, die § 244 BGB als allseitige Kollisionsnorm so verstehen würden, „daß, wenn etwa ein Argentinier einem Brasilianer in Brasilien Mark schuldet, er sich ohne Rücksicht auf das Vertragsstatut durch Zahlung in brasilianischer Währung befreien kann". Dagegen Neuhaus IPR, 99 Fn 285 und Kropholler IPR, 93 Fn 14, die betonen, Allseitigkeit bedeute Geltung des jeweiligen Rechts des Zahlungsortes. Indes, so verständlich das Verlangen nach solchermaßen verstandener Allseitigkeit ist, aus § 244 BGB läßt sich keine Anknüpfung an die jeweilige lex loci solutionis entnehmen. Eindeutig liegen die Dinge, wenn man das Problem zum Schuldstatut rechnete und bei Anwendbarkeit deutschen Sachrechts § 244 BGB im Wege der Analogie allseitig ausgestaltete; siehe dazu S 553 ff. 821
Hervorhebung des Verf.
ξ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
135
sprachlich bereits weitgehend die später Gesetz gewordene Umrechnungsregel.822 In den Motiven wird zunächst ausgeführt, daß für besondere Vorschriften über die Geldschuld auf dem Boden des gesetzlichen Währungssystems nur in sehr beschränktem Maße Raum und Bedürfnis bestehe.823 Alsdann heißt es im hier interessierenden Zusammenhang lediglich noch: „Die §§ 215, 216 beziehen sich nur auf im Inlande zahlbare Geldschulden einschließlich der Zinsen aus einer Geldschuld. Handelt es sich um im Auslande zu erfüllende Geldschulden und steht demgemäß der Einfluß der ausländischen Münzgesetzgebung in Frage, so kommen wesentlich Normen des internationalen Privatrechts mit in Frage. Insbes. vermeidet aus diesem Grunde der Entw., dasjenige als eine allgemeine Rechtsregel auszusprechen, was die Münzgesetze auszusprechen pflegen, daß nämlich bei Zahlungen, die nach dem Rechte des betreffenden Staates beurtheilt werden, die gesetzmäßige Münze zu leisten sei. Für im Inlande zahlbare Geldschulden folgt andererseits schon aus dem eingeführten Währungssysteme, daß der Werth einer in Reichswährung ausgedrückten Schuld der Nennwerth ist und die Zahlung in Geld der Reichswährung zum Nennwerth genommen werden muß. ... Dagegen erscheint die Vorschrift unerläßlich, daß auch eine in ausländischer, effektiver oder Rechnungswährung ausgedrückte Geldschuld, sofern sie im Inlande zahlbar ist, in Reichswährung zu bewirken ist, und daß solchenfalls für die erforderliche Umrechnung des Werthes der Geldschuld in Reichswährung der Kurswerth der bezeichneten ausländischen Währung am Orte und zur Zeit der Zahlung maßgebend ist, sofern die Parteien nicht ein anderes vereinbart haben. Dieses für den Verkehr äußerst wichtige Prinzip spricht der § 215 Abs. 1, 2 aus."824 Taugt § 244 BGB hiernach nicht zur Gewinnung einer allseitigen Rechtsanwendungsregel, besteht auch kein Anlaß, eigens auf diese Sachnorm zugeschnittenes Kollisionsrecht zu entwickeln. Damit ist weder gesagt, daß § 244 BGB sich unter keinem Gesichtspunkt gegen ein abweichendes Schuldstatut durchsetzen könnte, noch bedeutet es, daß für das deutsche Recht die allseitige Anknüpfung der behandelten Fragen an die lex loci solutionis ausscheiden müßte. Fest steht aber, daß sich für keine dieser beiden Operationen ein (regel-)kollisionsrechtlicher Gehalt von § 244 BGB fruchtbar machen läßt. Bei der differenzierenden These Martin Wolffs ist zudem kein innerer Grund dafür feststellbar, warum im Falle von Auslandszahlungen nur bei deutschem Recht als Schuldstatut das Recht des Zahlungsortes über ein Konversionsrecht des Schuldners befinden sollte, ansonsten aber das (von einem ausländischen Recht gestellte) Schuldstatut.825 Wenn man § 244 BGB schon kollisionsrechtlich begreifen will - sei es einseitig, sei es allseitig - dann konsequenterweise völlig unabhängig davon, welchen Staates Regeln in casu als Schuldstatut zur Anwendung gelangen.826
8 2 2 In einem dritten Abs des § 215 E I hieß es: „Die Vorschrift des zweiten Abs findet entsprechende Anwendung, wenn die in Reichswährung ausgedrückte Geldschuld in ausländischer Währung zu bezahlen ist". Die Bestimmung wurde jedoch als entbehrlich gestrichen, weil Fälle der betreffenden Art so selten seien, daß eine besondere gesetzliche Fürsorge nicht getroffen zu werden brauche (Mugdan Materialien II, 508). 823 Mugdan Materialien II, 7. 824 Mugdan Materialien II, 7. 8 2 5 Es wirkt daneben auch wenig stimmig, wenn Martin Wolff, IPR3, 156 ein Substitutionsrecht des Gläubigers (!) in jedem Fall dem Schuldstatut entnehmen will. 8 2 6 Krit. ferner Birk RIW 1973, 425, 434.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
136
b)
Eingriffsnorm i.S.d. Art. 34 EGBGB
aa) Beeinflussung durch deutsches Währungsrecht Den geschilderten Bedenken entgehen all jene, die § 244 BGB als eine Norm begreifen, die unter dem Einfluß des deutschen Währungsrechts ihre rechtsanwendungsrechtliche Selbständigkeit verliert und deshalb i.S.d. Art. 34 EGBGB ohne Rücksicht auf das Schuldstatut zwingende Anwendung gebietet. Argumentiert wird, § 244 BGB wohne der währungspolitische Zweck inne, den Geldumlauf im Inland zu beeinflussen. Zur Präzisierung heißt es oft weiter, der Vorschrift gehe es darum, in Deutschland die Nachfrage nach deutschem Geld zu erhöhen und diejenige nach Auslandsgeld zu verringern,827 was nicht zuletzt auch im Interesse einer Entlastung der deutschen Zahlungsbilanz liege.828 Andere betonen, daß die inländische Währung in ihrem Gebiet als gesetzliches Zahlungsmittel jedem Geldgläubiger angeboten und von diesem im Zweifel nicht abgelehnt werden könne.829 Wieder andere sprechen allgemeiner von einer Förderung der Zahlung mit Inlandsgeld830 oder davon, den inländischen Zahlungsverkehr von der Verwendung ausländischer Zahlungsmittel freizuhalten.831 § 244 BGB bilde jedenfalls - wie es Karl Neumeyer formulierte - nur formal eine Regel des Schuldrechts, materiell sei es Währungsrecht, das in die Abwicklung der Schuldverhältnisse eingreife und den Satz beuge, daß bei Tilgung durch Zahlung dasjenige geleistet werden müsse, was Gegenstand des Schuldverhältnisses sei.832 Dieser These ist im Ansatzpunkt insoweit zuzustimmen, als das Währungsrecht natürlich dem öffentlichrechtlichen Einseitigkeitsprinzip die Oberhand auch über das privatrechtliche Kollisionsrecht verschaffen kann. Gerade Normen, die wie diejenigen des Währungsrechts öffentlichen, d.h. staats- und wirtschaftspolitischen Interessen dienen, lassen sich häufig als Eingriffsnormen charakterisieren.833 Doch nicht jede Norm, der ein währungspolitischer Gedanke innewohnt, ist eine solche, die „ohne Rücksicht auf das anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regelt" (Art. 34 EGBGB). Selbst wenn also § 244 BGB wirklich eine währungspolitische Zielsetzung der genannten Art beinhalten würde - was an dieser Stelle letztlich unentschieden bleiben kann834 - erlaubte dies doch nicht automatisch die Schlußfolgerung, es handele sich dabei um eine international zwingende Bestimmung. (1)
Entstehungsgeschichte
Entgegen verschiedentlichen Äußerungen835 gibt insbesondere die Entstehungsgeschichte des § 244 BGB für eine solche Einschätzung wenig her. Von § 215 des ersten Entwurfs war bereits die Rede.836 Die schließlich Gesetz gewordene Fassung beruht auf S 208 des zweiKarl Neumeyer IntVerwR III/2, 138, 320 f; Nussbaum Das Geld, 215 ff. Die Beeinflussung der deutschen Zahlungsbilanz betonen Bamberger Valutaschuld, 11; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 47. 829 Κ Schmidt ZZP 98 (1985) 32, 38; U. Reuter Grundbuch, 44. 830 Kegel IPR, 877; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 2, 77. 831 Firsching in Staudinger10"1, Vor Art 12 EGBGB Rn 393. 832 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 195. 833 Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 12. 8 3 4 Dazu noch unten § 12 I.2.b). 835 Melchior IPR, 285 ff; Kegel IPR, 877; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 2, 77. 8 3 6 Soeben S 134 f. 827
828
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
137
ten Entwurfs, bei dessen Beratung in der Kommission Einigkeit darüber herrschte, daß die in Abs. 1 enthaltene Vorschrift keine zwingende sei, der Vertragsfreiheit also keine Schranken setze. Die Mehrheit war indes der Ansicht, es empfehle sich, den dispositiven Charakter der Bestimmung durch einen Zusatz zu verdeutlichen.837 Präzisere Vorstellungen über Zweck und internationalen Anwendungsbereich der Norm wurden weder von der Vorkommission des Reichsjustizamtes für die zweite Lesung838 noch im Verlauf der zweiten Beratung selbst geäußert. Die namentlich von Melchior verfochtene These, die Motive brächten zum Ausdruck, daß nur bei ausländischem Erfüllungsort das allgemeine internationale Privatrecht maßgebend sei, bei inländischem Erfüllungsort dagegen der spätere § 244 BGB zum Schutz der deutschen Währung als Eingriffsnorm stets zur Anwendung gelange,839 bleibt vor diesem Hintergrund reine Spekulation.840 Dies gilt umso mehr, wenn ergänzend die Beratungen über § § 1 , 3 des von v. Kübel vorgelegten Teilentwurfs Nr 25 zum Obligationenrecht berücksichtigt werden, aus denen § 215 des ersten Entwurfs hervorging - Dokumente, die Melchior seinerzeit noch nicht zugänglich waren. § 1 Abs. 1 S. 1 des Teilentwurfs lautete: „Ist eine Geldsumme zu leisten und über die Münzsorte, in welcher die Leistung geschehen soll, nichts bestimmt, so hat die Leistung in Münzen der zur Leistungszeit am Erfüllungsorte geltenden Landeswährung zum Nennwerthe nach Maßgabe der diesfalls bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu erfolgen."841 Die Bestimmung wurde gestrichen, weil die Kommission dafürhielt, es sei überflüssig, den Inhalt des Reichsmünzgesetzes zu wiederholen;842 die Hauptbedeutung der Norm bestehe deshalb darin, daß sie auch den ausländischen Münzgesetzen einen entsprechenden Einfluß auf die Geldschuld zugestehe, wenn der Erfüllungsort im Ausland liege. Damit sei aber das Gebiet des Kollisionsrechts betreten und eine Rechtsnorm aufgestellt, die nicht ins Obligationenrecht gehöre.843 § 3 Abs. 1 S. 1 des Teilentwurfs sah sodann vor: „Ist die geschuldete Geldsumme in Münze der am Erfüllungsort geltenden Landeswährung ausgedrückt, so entscheidet für den Werth der Schuld der Nennwerth der Münze", und in § 3 Abs. 2 hieß es schließlich: „Ist die geschuldete Summe in einer anderen, als in der in Abs. 1 bezeichneten 837
Mugdan Materialien II, 507. Siehe Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 63 f. 839 Melchior IPR, 287, 288. 840 So vor allem Birk RIW 1973, 425, 433; ferner v. Hoffmann FS Firsching, 125, 140 Fn 49; Reinhuber Grundbegriffe, 89 ff. 841 v. Kübel Vorentwurf Nr 25, Geldleistung, 783. 842 Wörtlich heißt es in den Kommissionsprotokollen (Jakobs/Scbubert Beratung SchR I, 59): „Der erste Satz spreche dasjenige als eine allgemeine Rechtsregel aus, was die Münzgesetze auszusprechen pflegen, daß nämlich bei Zahlungen, die nach dem Recht des betreffenden Staates beurteilt werden, die gesetzmäßige Münze zu leisten sei. Dem Reichsmünzgesetze vom 13. Juli 1873 Art 14 § 1 gegenüber sei in dem Entwurf der jenes Gesetz deklarierende Zusatz zu finden, daß der Nennwerth der gezahlten Münzen entscheide. Zu einem solchen deklaratorischen Eingreifen in die Reichsmünzgesetzgebung müßten gewichtige Gründe vorliegen. Man könne in jenem Schweigen des Reichsmünzgesetzes keineswegs eine ergänzungsbedürftige Lücke finden, da aus dem unbedingten Annahmezwange die Annahmepflicht zum Nennwerthe von selbst sich ergebe, wie bisher auch von keiner Seite bezweifelt sei." Art 14 des in Bezug genommenen Reichsmünzgesetzes (RGBl I, 233) lautet: „Von dem Eintritt der Reichswährung an gelten folgende Vorschriften: § 1: Alle Zahlungen, welche bis dahin in Münzen einer inländischen Währung oder landesgesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellten ausländischen Münzen zu zahlen waren, sind vorbehaltlich der Vorschriften Art 9, 15 und 16 in Reichsmünzen zu leisten". 838
843
Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 59.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
138
Münze ausgedrückt, so entscheidet für den Werth der Schuld der Kurswerth dieser Münze am Erfüllungsort zur Zeit der Leistung". Die Kommissionsmehrheit entschloß sich zu einer Streichung des S 3 Abs. 1 S. 1, und zwar aus den gleichen Gründen, aus denen auch S 1 Abs. 1 S. 1 für entbehrlich gehalten wurde. Es könnten nur die Fälle in Betracht kommen, in welchen sich die Zahlung im Inland vollziehe. Hierfür enthalte das geltende Reichsrecht aber bereits eine Rechtsnorm.844 § 3 Abs. 2 fand keine Beanstandung, sollte aber infolge der vorgenannten Streichungen eine andere Formulierung enthalten; 845 hieraus entwickelte sich § 215 Abs. 1 S. 1 des ersten Entwurfs. In einer Zeit, in der das Kollisionsrecht des Geldes noch weitgehend ungeklärt war, wird den Beratungen über die Änderung des Teilentwurfs Nr 25 noch am ehesten die Vorstellung der Kommission zugrunde gelegen haben, bei inländischem Erfüllungsort einer Geldschuld gelange regelmäßig deutsches Obligationenrecht zur Anwendung, die solchermaßen berufenen Regeln ordneten im Zweifel die Entstehung der Schuld in deutscher Währung an, und Wert und Verkörperung des geschuldeten deutschen Geldes richteten sich im Einzelnen nach den Vorschriften des Münzgesetzes. Eigenständige kollisionsrechtliche Wertungen sollten im Obligationenrecht gerade nicht enthalten sein. § 215 Abs. 1 S. 1 des ersten Entwurfs, der wie gezeigt ursprünglich nur Annexcharakter zu anderen Geldrechtsregeln besaß, bildete dabei keine Ausnahme. Als international zwingend mag die Kommission die Anwendbarkeit des Münzgesetzes angesehen haben, sofern die deutsche Währung Schuldwährung war. Die Tilgungsbestimmung in § 215 Abs. 1 S. 1 des ersten Entwurfs hatte damit jedoch nichts zu tun. (2)
Systematik
Ungleich aussagekräftiger ist der Umstand, daß § 244 BGB ausweislich seines Wortlauts und der dahingehenden Intentionen des Gesetzgebers jedenfalls sachrechtlich zur Disposition der Parteien steht. Neuhaus gibt zwar zu bedenken, daß nicht alles, was dem Parteiwillen weiche, auch ohne weiteres einem fremden Vertragsstatut weichen müsse.846 Aber im Regelfall wird man durchaus annehmen müssen, daß die kollisionsrechtliche Parteiautonomie alle diejenigen Normen einschließt, die schon der sachrechtlichen Privatautonomie unterliegen.847 Speziell wenn man auf § 244 BGB blickt, ist festzustellen, daß ein unbedingter Geltungswille der Norm, der auf dem Gesichtspunkt beruht, die Nachfrage nach DM zu erhöhen, weder national noch international angenommen werden kann: Der deutsche Gesetzgeber gestattet den Parteien des Geldschuldverhältnisses, § 244 BGB durch Vereinbarung einer effektiven Valutaschuld auszuschalten. Selbst wenn die Parteien nur eine einfache Fremdwährungsverbindlichkeit verabreden, muß dies nicht stets zur Leistung von DM führen. § 244 BGB begründet ein Substitutionsrec/rt des Schuldners. 844
Jakobs!Schubert Beratung SchR I, 60 f. Jakobs!Schubert Beratung SchR I, 61. 846 Neuhaus IPR, 99 Fn 285; ihm folgend Kropholler IPR, 93 Fn 14; in diesem Sinne dürfte auch Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 195 Fn 48 und 204 zu verstehen sein, wenn er § 244 BGB abgesehen von der Möglichkeit, eine Effektivklausel zu vereinbaren, als zwingendes Recht charakterisiert. 847 Wie ein Vergleich zwischen A n 27 Abs 3 und Art 34 EGBGB zeigt, ist aber nicht jede national zwingende Norm automatisch auch international zwingend; Martiny in MiinchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Rn 6 f; E. Lorenz RIW 1987, 569, 579. Zutr ist allein die gegenteilige Schlußfolgerung: Handelt es sich um eine zwingende Norm iSd Art 34 EGBGB, wird davon auszugehen sein, daß sie auch national zwingend iSd Art 27 Abs 3 EGBGB ist; Martiny aaO Art 27 EGBGB Rn 68. 845
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
139
Diesem steht es frei, in Heimwährung oder in Fremdwährung zu zahlen. Der Norminhalt bringt damit zugleich zum Ausdruck, daß eine etwaige Flucht in Auslandswährungen nicht durch das Privatrecht verhindert werden soll. 848 Eine Regelung zum Schutz der Deutschen Mark findet sich heute in § 3 S. 1 WährG, die zivilrechtlichen Reflexwirkungen dieser Vorschrift schlagen sich indes in § 134 BGB nieder, 849 nicht in § 244 BGB. Bedeutung könnte ein zwingender Währungsschutzgedanke in § 244 BGB noch am ehesten bei gesetzlichen Valutaschulden erlangen - soweit ihre Existenz überhaupt anerkannt wird und sie zudem als „einfache" Fremdwährungsverbindlichkeiten entstehen. 850 Aber abgesehen davon, daß auch hier die Substitution nur ein Recht des Schuldners darstellt, sind gesetzliche Geldschulden im Vergleich zu solchen vertraglicher Art quantitativ von derart untergeordneter Bedeutung, daß ein Währungsschutz, der im wesentlichen nur auf dieses Geldschuldsegment projektiert ist, kaum nennenswerte Wirkungen erzielte. Demnach kann davon ausgegangen werden, daß die Intensität eines etwaigen staatlichen Interesses, mit § 244 BGB die Nachfrage nach inländischer Währung zu erhöhen und diejenige nach Auslandsgeld zu verringern, daran gemessen werden muß, wie strikt das Recht zur Tilgung in Inlandswährung bei vertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten ausgestaltet ist. § 244 BGB spricht in dieser Hinsicht eine klare Sprache. Infolge des sachrechtlich (doppelt) dispositiven Charakters der Norm besteht kein Anlaß zu der Annahme, das Gesetz - so es überhaupt um Währungsschutz bemüht ist - habe ausgerechnet auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen unbedingten Anwendungswillen. Schließlich bliebe es den Parteien unter jedem Recht als Schuldstatut unbenommen, eine Effektivklausel zu vereinbaren, damit § 244 BGB abzubedingen 851 und die währungspolitisch gewünschte Nachfrage nach DM zu enttäuschen. Steht somit der Flucht in eine Auslandswährung nichts im Wege, gibt es unter dem Gesichtspunkt des Währungsschutzes keinen Grund, hierfür nicht bereits die wirksame Vereinbarung eines ausländischen Rechts als Schuldstatut genügen zu lassen. 852 Geltend gemacht werden könnten hiergegen allein Erwägungen des Schuldnerschutzes, doch diesen kann kein Hinweis auf zwingende währungspolitische Zielsetzungen des § 244 BGB entnommen werden.
bb) International zwingender Schuldnerschutz Wer § 244 BGB unter währungspolitischen Gesichtspunkten den Charakter einer international zwingenden Norm abspricht, sieht sich mit der Frage konfrontiert, ob denn der Schuldnerschutzgedanke dieser Bestimmung ihre rechtsanwendungsrechtliche Selbständigkeit nimmt, so daß sie den Sachverhalt ohne Rücksicht auf das anzuwendende Recht zwingend regelt. 853 In diesem Sinne hatte das OLG Celle im Jahre 1958 angenommen, § 244 848
Besonders deutlich v. Hoffmann FS Firsching, 125, 140. BGH NJW 1953, 1912, 1913; BGH BB 1963, 793 f; 1964, 944; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 8; Κ. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 327; Einzelheiten S 277 ff. 850 Zum Ganzen S 492 ff, 513 ff. 851 Sei es, daß die Voraussetzungen für eine effektive Valutaschuld dem Schuldstatut, sei es, daß sie § 244 BGB entnommen werden; siehe zur Problematik Birk RIW 1973, 425, 434. 852 IErg ebenso Birk RIW 1973, 425, 433; W. Mayer Valutaschuld, 101; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 140 Fn 50; Reinhuber Grundbegriffe, 101 f; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 55; vgl auch Küng Zahlung und Zahlungsort, 106. 853 Vgl auch Reinhuber Grundbegriffe, 87, 101, der zutr betont, daß der international zwingende Charakter des § 244 BGB nicht unbedingt währungspolitisch begründet werden muß. 849
140
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
BGB sei lex specialis zu 242 BGB und verlange unbedingte Anwendung.854 Der Schuldnerschutz ist gewiß zumindest eines der prägenden Motive dieser und vergleichbarer Tilgungsbestimmungen. Je nach Ausgestaltung der Regeln über den Zahlungshandlungs- und den Zahlungserfolgsort differiert allerdings die Art des intendierten Schuldnerschutzes. Manche Ersatzzahlungsbefugnisse wollen dem Valutaschuldner die Schwierigkeiten und Kosten der Beschaffung (und ggf. der Übermittlung) ausländischen Geldes ersparen, indem sie ihm die Befugnis einräumen, diejenige Währung zu leisten, die in seinem Heimatstaat umläuft. 855 Andere Substitionsregeln zielen darauf ab, dem Schuldner nach seiner Wahl die Zahlung auch in Gläubigerwährung zu ermöglichen.856 Unter den genannten Aspekten geht es § 244 BGB jedenfalls einzig um den Ausgleich widerstreitender Interessen der am Schuldverhältnis beteiligten Parteien. Vorschriften aber, die ausschließlich oder überwiegend Individualbelangen dienen, sind typischerweise mit den übrigen schuldrechtlichen Vorschriften eng verwoben und unterliegen deshalb i.d.R. dem Schuldstatut, mögen sie in seinem Rahmen auch zwingend sein.857 Selbst wenn sie einen sozialpolitischen Hintergrund aufweisen, wie z.B. die Regeln über den Verbraucherschutz, ist meist nur die Schaffung einer allseitigen Kollisionsnorm mit objektiver Anknüpfung angezeigt (vgl. Art. 29, 30 EGBGB), nicht die Einordnung als international zwingendes Sachrecht nach Art des Art. 34 EGBGB.858 Zur Eingriffsnorm wird eine Regel des deutschen Privatrechts typischerweise erst durch den Einfluß des (deutschen) öffentlichen Rechts, und zwar dergestalt, daß das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung eine vom öffentlichen Recht abweichende Wertung des Privatrechts untersagt. 85 ' Der Gläubigerschutzgedanke in § 244 BGB läßt eine solche Einwirkung des öffentlichen Rechts gerade nicht erkennen. Selbst wenn man auch bloße Parteischutzvorschriften im Einzelfall als Eingriffsnormen betrachten wollte, weil sich in ihnen das öffentliche Interesse auf den Schutz einer bestimmten Personengruppe fokussiert, wäre doch bei § 244 BGB zu konstatieren, daß es keinen Grund zu der Annahme gibt, warum sich diese national dispositive Regel international durchsetzen sollte, wo doch anderen im Interesse des Schuldners oder des Gläubigers erlassenen Vorschriften, die privatautonom abbedungen werden können (z.B. §§ 284 ff; 293 ff; 446, 447 BGB), ein derartiges Privileg unbestritten nicht zuteil wird. Überhaupt mutet der Schuldnerschutzzweck des § 244 BGB im Zeitalter eines zunehmend liberalisierten internationalen Zahlungs- und Kapitalverkehrs jedenfalls im Hinblick auf die Haupthandelswährungen wenig dringlich an.860 Hätte die Vorschrift national zwingenden Charakter, wäre es an der Zeit, über ihre Abdingbarkeit nachzudenken. Keinesfalls kann es mehr gerechtfertigt werden, ihren internationalen Anwendungsbereich über ihren sachrechtlichen hinaus noch auszubauen. 854
OLG Celle DAVorm 1959, Sp. 89, 90. So für § 244 BGB Nussbaum Das Geld, 209 f, 217; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 138, 194 f; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 40; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 28; Steenken Fremdwährungsschulden, 59 f, 63; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 47; O. Werner in Erman', § 244 Rn 15; Rennpferdt Harmonisierung, 86; Reinhuber Grundbegriffe, 102; Meder WM 1996, 2085, 2086 f. 856 Siehe einstweilen nur Mann Legal Aspect, 312 ff; G. Hartmann Begriff des Geldes, 120; Einzelheiten S 468 ff. 857 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 34 EGBGB Rn 12; Kropholler IPR, 442; Radtke ZVglRWiss 84 (1985) 325, 327. 858 Chr. v. Bar IPR I, Rn 261 f. 859 Chr. v. Bar IPR I, Rn 262; siehe im übrigen § 6. 860 Siehe auch Reinhuber Grundbegriffe, 102. 855
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
141
Festzuhalten ist damit, daß weder währungspolitische Erwägungen noch Gedanken des Schuldnerschutzes die Annahme legitimieren, bei § 244 BGB handele es sich um eine international zwingende Norm, die rechtsanwendungsrechtlichen Kategorien schlechthin entzogen wäre.
3.
Entwicklung einer allseitigen Kollisionsnorm
Im Raum steht damit die Frage, ob Bestimmungen, die eine währungsverschiedene Zahlungsbefugnis zum Gegenstand haben, der lex loci solutionis oder der lex causae zu entnehmen sind, und zwar jeweils im Sinne einer allseitigen Regelanknüpfung. Eine eindeutige Alternativität zwischen beiden Ansätzen kann freilich nicht festgestellt werden, vielmehr lassen sich im Bereich der Anknüpfung an den Erfüllungsort drei unterschiedliche Grundlinien lokalisieren.861 Einige begreifen währungsverschiedene Tilgungsbefugnisse als Bestimmungen, die im Sinne von An. 32 Abs. 2 EGBGB „die Art und Weise der Erfüllung" betreffe, und wollen sie dementsprechend dem Recht des Staates entnehmen, „in dem die Erfüllung erfolgt", d.h. in dem sich der tatsächliche,862 nicht der vertragliche Erfüllungsort befindet. Zwei Modelle sind denkbar. Entweder man rechnet die hier in Rede stehenden Schuldnerbefugnisse allein zu Art. 32 Abs. 2 EGBGB863 oder man befürwortet eine nach dem Günstigkeitsprinzip aufzulösende Alternativanknüpfung an die lex contractus (Art. 32 Abs. 1 Nr 2 EGBGB) und an die lex loci solutionis.864 Beide Varianten hätten zur Konsequenz, daß § 244 BGB dem Schuldner unabhängig davon zur Seite stünde, ob deutsches Recht das Vertragsstatut stellt.865 Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Gedanken des bereits vorgestellten866 Art. 147 Abs. 3 Schweiz. IPR-Gesetz aufzugreifen, die Regelung der Zahlungswährung aus dem Gegenstandsbereich des Art. 32 Abs. 2 EGBGB herauszulösen und im vertraglichen wie außervertraglichen Bereich an den Ort anzuknüpfen, an dem die
861 Wenn in diesem Zusammenhang $ 244 BGB erwähnt und von Ausweitung zu einer allseitigen Kollisionsnorm gesprochen wird (zB Küng Zahlung und Zahlungsort, 105 f), so ist dies richtigerweise nicht im rechtstechnischen Sinne zu verstehen (soeben S 134 ff)), sondern nur als Rückgriff auf eine in dieser Vorschrift unvollkommen zum Ausdruck gebrachte Wertung; so insbes. Mann FS Raiser, 499, 504. 862 Auch Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 321 stellt (im Rahmen seiner These, § 244 bilde eine währungsrechtliche Eingriffsnorm) auf den tatsächlichen Zahlungsort ab und meint bei Zahlung unter Abwesenden damit den Ort, von dem aus die Zahlung abgesandt wird. 863 So wohl Steenken Fremdwährungsschulden, 69 f. 864 So wohl Chr. v. Bar IPR II, Rn 545 mit Fn 622. Art 32 Abs 2 EGBGB würde hierfür Raum bieten, denn seinem Wortlaut zufolge tritt das Recht des Erfüllungsortes nicht automatisch an die Stelle des Vertragsstatuts („berücksichtigen"); Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 32 EGBGB Rn 22. 865 Nur scheinbar wurde bereits ein halbes Jahrhundert vor Schaffung des heutigen Art 32 EGBGB von Nussbaum die These vertreten, die Bestimmung der Zahlungswährung sei Sache der lex loci solutionis, wobei es auf den tatsächlichen Zahlungsort ankomme. Unter „wirklichem Zahlungsort" verstand Nussbaum den durch Vertrag oder Gesetz (in jedem Fall aber rechtlich) fixierten Zahlungserfolgsort; Nussbaum Das Geld, 73 ff, 215 f; ders IPR, 240 f, 259. Die Lehre Nussbaums war entscheidend geprägt von der Auseinanersetzung mit der hM, die den bürgerlichrechtlichen Erfüllungsort für maßgeblich erachtete. Zum Verständnis der Begrifflichkeiten Nussbaums siehe auch Melchior IPR, 288. 866 S 131.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
142
Zahlung gemäß Vertrag oder Gesetz vorzunehmen oder zu bewirken ist. 867 Mit dem N a men Mann verbindet sich schließlich eine dritte Variante, die sich dadurch auszeichnet, daß die mit währungsverschiedenen Tilgungsbefugnissen verbundenen Fragen distributiv nach unterschiedlichen Rechtsordnungen beurteilt werden. Danach soll die lex loci solutionis nur darüber entscheiden, ob ein Recht oder eine Pflicht zur Substitution der Schuldwährung besteht, die einschlägigen Kursfragen indes seien wegen ihres Einflusses auf den materiellen Schuldinhalt der lex causae zu entnehmen. 8 6 8
a)
Immanente
Einwände
gegen die Maßgeblichkeit
der lex loci
solutionis
Den Einwänden grundsätzlicher Art, denen sämtliche Anknüpfungen an die lex loci solutionis ausgesetzt sind, sollen zunächst einige spezielle Kritikpunkte vorangestellt werden. aa)
Einheitsanknüpfung
an das Recht des tatsächlichen
Zahlungsortes
Wer eine Einheitslösung dergestalt bevorzugt, daß er Zahlungsbefugnis und Kursfragen gemeinsam nach dem Recht des Staates beurteilt, in dem die Zahlung tatsächlich erfolgt, kann sich zunächst mit der Bewältigung von Normwidersprüchen konfrontiert sehen. 8 6 9 Untersteht die Valutaschuld z.B. Schweizer Recht und wohnt der Gläubiger in Bern, so liegt mangels abweichenden Parteiwillens der Erfüllungsort in Bern (Art. 74 Abs. 2 N r 1 Schweiz. OR), 8 7 0 d.h. der in Paris wohnhafte Schuldner ist verpflichtet, in Bern zu zahlen. Zahlt er dessen ungeachtet in Düsseldorf, kommt die Anwendung des § 244 BGB nur unter der Voraussetzung in Frage, daß man (auch) innerhalb des verwiesenen Sachrechts annimmt, eine Geldschuld sei „im Inlande zu zahlen", wenn sich dort zwar nicht der rechtliche, wohl aber der tatsächliche Zahlungsort befindet. 871 Abhängig davon, worauf verweisungs- wie materiellrechtlich abgestellt 872 wird, den Zahlungshandlungs- oder den 867
Siehe auch Nussbaum aaO. Ohne näher auf den Begriff des Erfüllungsortes einzugehen, sprechen sich ferner Böse Anleihen, 70 und Reinhuber Grundbegriffe, 73, 77 für die Maßgeblichkeit der lex loci solutionis aus. 868 Mann Recht des Geldes, 279; ders (allerdings weniger eindeutig), SchwJblntR 36 (1980) 93, 95 f; ebenso Kiing Zahlung und Zahlungsort, 41 f, 104; für erwägenswert hält diesen Weg ferner R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 307; nicht deutlich zu erkennen geben Mann und R.H. Weber dabei, ob mit dem Anknüpfungspunkt „Erfüllungsort" der rechtliche oder der tatsächliche Erfüllungsort gemeint ist; vgl aber Manns allgemeine Ausführungen in Recht des Geldes, 169 ff, in denen davon die Rede ist, der Zahlungsort liege dort, wo entsprechend ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung die Zahlung erfolgen soll. Eindeutig zu Gunsten des Ortes, „wo sich die Zahlung in der Tat vollzieht", votiert Kiing aaO 43, 105. 869 Vgl Birk RTW 1973, 425, 437; Maier-Reimer N]W 1985, 2049, 2050. 870 Nach schweizerischem Recht ist die Geldschuld also im Zweifel reine Bringschuld (zur Rechtfertigung dieser Wertung R.H. Weber in Berner Komm, Art 74 OR Rn 107); zu weiteren rechtsvergleichenden Angaben siehe S 467 f. 871 Befände sich der Wohnsitz des Schuldners in Düsseldorf, ergäbe sich Entsprechendes, wenn man annimmt, § 244 BGB beziehe sich zwar auf den rechtlichen Zahlungsort, verstehe darunter aber nicht denjenigen des Schuldstatuts, sondern grundsätzlich den in §§ 269 Abs 1, 270 Abs 4 BGB bezeichneten Ort, also den Schuldnerwohnsitz. Vgl Raape IPR, 531 f: „Ob die Schuld ,im Inlande zu zahlen' ist, ist im Sinne des § 244 und nicht des ausländischen Schuldstatuts zu verstehen. Sie ist es schon dann, wenn sie vom Inland aus abzuschicken ist." 872 Zum sachrechtlichen Begriff des Zahlungsortes iSd § 244 Abs 1 BGB siehe S 467 ff, 486 ff.
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
143
Zahlungserfolgsort, könnte der Schuldner DM in Deutschland „absenden" oder dem Gläubiger hier zukommen lassen (z.B. im Falle eines Inlandskontos). Diese Lesart jedoch erweist sich als ausgesprochen problematisch; für sie streiten insbesondere keine währungsrechtlichen Überlegungen. 873 Worum es lediglich geht, das ist - in den Kategorien des deutschen Schuldrechts gesprochen - eine ausnahmsweise Annahmeobliegenheit nach § 242 BGB. Damit deutet sich bereits ein Schwerpunkt der verweisungsrechtlichen Problematik an: Mit der über Art. 32 Abs. 2 EGBGB sanktionierten Zahlung in Deutschland könnte dem Schuldner etwas gestattet sein, was die lex contractus ihm gerade verwehrt. 874 Was sich innerhalb einer Rechtsordnung noch harmonisieren läßt, das kann auf internationaler Ebene schwer lösbare Konflikte aufwerfen. Dann nämlich, wenn beide Sachrechte unnachgiebig sind, in casu also deutsches Recht die währungsverschiedene Zahlungsbefugnis stets auch bei tatsächlich-inländischem Zahlungsort gewährte, das schweizerische Recht andererseits bei einseitigem Wechsel des Zahlungsortes durch den Schuldner keinen Annahmeverzug eintreten ließe. Paßt sich keines der beteiligten Sachrechte der Internationalität des Sachverhaltes an, bliebe als einzige kollisionsrechtliche Lösung die partielle Korrektur des Verweisungsbefehls. 875 De lege lata ließen sich diese Schwierigkeiten aber wohl noch bewältigen; im Vertragskollisionsrecht am ehesten, weil Art. 32 Abs. 2 EGBGB nach h.M. keine vom Vertragsstatut gesonderte kollisionsrechtliche Verweisung ausspricht, 876 sondern unter Herrschaft des nach Art. 27, 28 EGBGB ermittelten Rechts eine bloße Berücksichtigung, d.h. eine „materiellrechtliche Angleichung" 877 vorschreibt. 878 Es ist ein anderer Gesichtspunkt, der ganz massiv gegen eine Anknüpfung von Substitutionsbefugnissen an das Recht des tatsächlichen Zahlungsortes spricht. Die jeweiligen nationalen Regelungen dieser Art weichen mitunter erheblich voneinander ab. Während z.B. § 244 Abs. 2 BGB für den Umfang der Ersatzleistung auf den Kurs abstellt, „der zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort maßgebend ist", kommt es nach Art. 84 Abs. 2 Schweiz. OR auf den Kurs zum Fälligkeitszeitpunkt am Erfüllungsort an. 879 Weiter mögen national unterschiedliche Kurstypen (Geldkurs, Briefkurs, Devisenkurs, Sortenkurs) herangezogen werden. Würde an den Ort der tatsächlichen Zahlung angeknüpft, bestünde die Gefahr eines „Zahlungsort-Shoppings", d.h. der Schuldner könnte durch Zahlung an einem von ihm gewählten Ort, der vom schuldrechtlichen Zahlungs- bzw. Erfüllungsort abweicht, einen währungsrechtlichen Vorteil erzwingen. Diese Erwägungen haben den Schweizer Gesetzgeber dazu bewogen, die Bestimmung der Zahlungswährung dem Recht des Ortes zuzuweisen, an dem die Zahlung gemäß Vertrag oder Gesetz vorzunehmen ist.880 Zu Recht wurde die Bestimmung der Zahlungswährung als ein währungsspezifisches Problem betrachtet, das verweisungsrechtlich gerade nicht den Erfüllungsmodalitäten gleichzustellen
873
Unten S 486 ff. Birk RIW 1973, 425, 437. 875 Allgemein zur kollisionsrechtlichen Angleichung Chr. v. Bar IPRI, Rn 627 ff. 87S S 112 f. 877 υ. Hoffmann in Soergel12, Art 32 RGBGB Rn 69. 878 Was in casu, abhängig von den weiteren Wertungen des schweizerischen Sachrechts, dazu führte, daß die Zahlung am „falschen Ort" als obligationsgemäß betrachtet würde, maW eine Modifikation der Regeln des Vertragsstatuts erfolgte. 879 Krit. zur Schweizer Regelung R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 354. 880 Schlussbericht der Expertenkommission, 258; R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 302; Viseber in IPRG-Komm, Art 147 Rn 12. 874
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
ist, die auch nach Schweizer IPR dem Recht des Staates unterstehen, an dem sie tatsächlich vorgenommen werden (Art. 126 Abs. 1 IPR-Gesetz).
bb) Distributive Anwendung zweier Rechte Verweisungsrechtlich auf den tatsächlichen Ort der Zahlungshandlung oder den des Zahlungserfolges abzustellen ließe sich nur rechtfertigen, wenn man dem Vorschlag Manns entsprechen würde und die Kursbestimmung abweichend von der währungsverschiedenen Zahlungsbefugnis als solcher anknüpfte. Auch wenn es Mann nicht um eine Trennung zwischen tatsächlichem und rechtlichem Zahlungsort geht, sondern um eine distributive Anknüpfung von Substitutionsfragen an die lex loci solutionis und die lex causae, jede Differenzierung zwischen „formellem" und „materiellem" Teil sieht sich dem Einwand unnatürlicher Aufspaltung eines einheitlichen Rechtsverhältnisses ausgesetzt, die die Rechtsanwendung ohne Not erschwerte.881 Substitutionsrecht und Kursbestimmung sind materiellrechtlich typischerweise aufeinander bezogen; zwischen ihnen besteht ein Bedingungszusammenhang, der verweisungsrechtlich nicht zerrissen werden sollte, einerlei ob das IPR des Forums zwei getrennte Verweisungen ausspricht oder - wie in Art. 32 Abs. 2 EGBGB geschehen - lediglich vorgibt, die lex loci solutionis zu „berücksichtigen".882 § 244 Abs. 2 BGB etwa setzt sachrechtlich voraus, daß ein währungsverschiedenes Zahlungsrecht nach Abs. 1 dieser Bestimmung ausgeübt wird bzw. worden ist. Die Norm verfolgt gerade nicht den Zweck, die Zahlung in einer anderen Währung als in DM (mit) zu regeln. Wäre also bei einer US-Dollar-Verbindlichkeit deutsches Recht Schuldstatut und sollte wegen eines schweizerischen Zahlungsortes Art. 84 Abs. 2 OR über das Recht des Schuldners zur Zahlung in Schweizer Franken befinden, § 244 Abs. 2 BGB hingegen über den maßgebenden Kurs, wäre an sich der Anwendungsbereich des § 244 Abs. 2 BGB nicht berührt und hinge ohne Kursregel auch Art. 84 Abs. 2 OR „in der Luft". Auf dem Wege der internationalprivatrechtlichen Angleichung ließe sich das so entstandene Problem für Befürworter einer distributiven Anknüpfung nicht lösen, denn über eine Korrektur des Verweisungsbefehls selbst würde die kollisionsrechtliche Entscheidung im zweiten Zugriff wieder konterkariert.883 Die im Rahmen des Art. 32 Abs. 2 EGBGB gebotene „Berücksichtigung" der lex loci solutionis, möglicherweise auch mit Blick auf die von ]ayme und E. Lorenz entwickelten „Zweistufentheorie",884 sähe sich mit derartigen Schwierigkeiten nicht konfrontiert. Es bliebe aber das Bedenken, daß (unabhängig vom Parteiwillen) ein „Normenmix" erfolgte, der keiner der teilweise berufenen Vorschriften gerecht würde. Hingewiesen werden soll auch auf eine weitere Ungereimtheit, die entstände, wenn bei vertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten die Auslegung der Parteiabrede über die Schuld- und die Berechnungswährung, aber auch über einen etwaigen Umrechnungskurs, einem anderen Recht überantwortet würde als die Entscheidung über das währungsverschiedene Zahlungsrecht als solches. Zu letzterem sind konsequenterweise auch die Voraussetzungen für die Annahme 881 Birk RIW 1973, 425, 435 f; Alberts Währungsschwankungen, 18; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050 f. 882 Birk aaO der ferner die Möglichkeit diskutiert (iErg aber zu Recht verwirft), hinsichtlich der Kursfragen eine materiellrechtliche (Teil-)Verweisung durch die Parteien anzunehmen. 883 Anders, wenn die lex causae ein Substitutionsrecht des Schuldners nicht kennt und deshalb auch keine Umrechnungsnorm enthält. Es läge ein Fall des sog. „Normenmangels" vor. 884 Jayme FS Müller-Freienfels, 341, 367 ff; E. Lorenz FamRZ 1987, 645 ff.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
145
einer Effektivklausel zu zählen. 885 Dies könnte im Einzelfall zu der nicht ganz widerspruchsfreien Situation führen, daß nach der lex loci solutionis mangels Effektivklausel eine Substitutionsbefugnis besteht, nach der lex causae dagegen von einer ausschließlichen Pflicht zur Leistung in Schuldwährung auszugehen ist, dieser Rechtsordnung jedoch wiederum die Umrechnung in Einheiten der Zahlungswährung obliegt.
b)
Entscheidung für eine einheitliche Anknüpfung an die lex causae
Damit deutet sich bereits der zentrale Kritikpunkt gegen sämtliche Überlegungen an, Fragen der Zahlungswährung nach einer anderen Rechtsordnung zu beantworten als der lex causae. Die Bestimmung einer von der Schuldwährung abweichenden Währung, durch deren Leistung das Geldschuldverhältnis (auch) erlischt, ist untrennbar verbunden mit der Festlegung des Schuldinhalts, des Leistungsgegenstandes und der Erfüllung der durch die Zahlungsverbindlichkeit begründeten Verpflichtungen. Im deutschen Vertragskollisionsrecht ist einzig Abs. 1 Nr 2 des Art. 3 2 E G B G B einschlägig. Jede andere Lösung widerspräche dem Prinzip der „materiellrechtlichen Harmonie", 8 8 6 das Art. 3 2 E G B G B beherrscht und dafür Sorge tragen soll, daß die Gefahr von Wertungswidersprüchen, die mit der Unterstellung von Teilfragen unter verschiedene Rechtsordnungen droht, von vornherein möglichst vermieden wird. Es verbietet sich also nicht allein eine verweisungsrechtliche Aufspaltung zwischen Substitutionsrecht und Umrechnungskurs, sondern schlechthin die Ausprägung eines selbständig anzuknüpfenden Zahlungsstatuts, soweit darunter mehr oder etwas anderes 887 verstanden wird als der bereits umrissene enge Bereich der Bestimmungen über die „Art und Weise der Erfüllung" von Geldschulden. 888 Keinesfalls können Substitutionsbestimmungen dem Begriff der Erfüllungsmodalitäten unterstellt oder lediglich zum „Wie" der Zahlung gerechnet werden. Dies gilt es im folgenden zu präzisieren.
aa) Tilgungsrechte und Tilgungsgegenstand So wie das Schuldstatut darüber entscheidet, was und wieviel die Parteien einander schulden, so regelt es auch, in welcher Weise sie ihren Leistungspflichten nachzukommen haben und wodurch ihre Verbindlichkeiten erlöschen. Das Schuldstatut bestimmt deshalb die Voraussetzungen der Erfüllung, daneben aber auch diejenigen von Erfüllungssurrogaten wie Hinterlegung oder Aufrechnung. Soweit es die Frage anbelangt, ob der Geldschuldner seinem Gläubiger eine andere Währung als die Schuldwährung zu verschaffen befugt ist, kann man darüber streiten, ob es sich dabei um Erfüllung oder um eine Leistung an Erfül-
8 8 5 AM Viseber Probleme des Währungsrechtes, 425, 431 mit der Begründung, es handele sich um eine Frage der Vertragsauslegung; so wohl auch Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050. Wenn man sich aber schon entschlossen hat, Substitutionsbefugnisse des Schuldners dem Recht des Zahlungsortes zu entnehmen, sollten ihre Voraussetzungen nicht wieder (teilweise) dem Schuldstatut überantwortet werden. Sonst gelangte man zur kumulativen Anwendung zweier Rechte (Birk RIW 1973, 425, 434), die Konversion wäre nur zulässig, wenn sie sowohl von der lex causae als auch vom Recht des Zahlungsortes gebilligt würde. 886 v. Hoffmann in Soergel12, Art 32 EGBGB Rn 1. 8 8 7 Vgl auch R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 301 ff. 8 8 8 S 112 f.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
146
lungs Statt handelt.889 Welche Lösung das jeweils anwendbare Sachrecht oder die Parteien im Rahmen der ihnen eingeräumten Privatautonomie auch immer bevorzugen mögen, für das Kollisionsrecht kommt es darauf an, daß der Problemkreis der Tilgungswirkung angesprochen ist. Denn ob Erfüllung oder Surrogat, in jedem Fall erlischt das Forderungsrecht des Gläubigers, d.h. er kann nach Erhalt der Zahlungswährung im gesetzlich oder vertraglich festgelegten Umfang nichts anderes und auch nicht mehr als das Empfangene verlangen. Die (in Gestalt des Art. 32 Abs. 2 EGBGB auch Gesetz gewordene) Überlegung, der lex loci solutionis (gleichgültig ob und inwieweit das Recht des tatsächlichen oder des obligationsmäßigen Zahlungshandlungs- oder -erfolgsortes gemeint ist) jene Fragen zu unterstellen, die das „Wie" bzw. die „Art und Weise" der Erfüllung betreffen, bezieht sich auf sekundäre Aspekte der technischen Abwicklung, auf „Tatbestände untergeordneter Art, die ohne allgemeines Interesse sind",890 nicht hingegen auf den hier behandelten Gegenstand. Es spiegelte das Wesen der Geldschuld nur unvollkommen wider, wollte man es auf die Kategorien „Wieviel" und „Wie" reduzieren. Genau dies kennzeichnet eingestandenermaßen die Vorstellung derer, die das währungsverschiedene Tilgungsrecht des Schuldners als eine bloße Frage des „Wie" vom Schuldstatut lösen wollen.891 Neben dem „Wieviel" wird auch die Zahlungsverbindlichkeit durch das „Was", d.h. ihren Leistungsgegenstand, gekennzeichnet.892 Selbst wenn Geld primär als abstrakte Vermögensmacht zu begreifen ist, existiert es doch nie als solches, sondern immer nur in einer ganz bestimmten währungsmäßigen Ausprägung. Ausländisches Geld und inländisches Geld bilden daher bei der Geldschuld keine bloßen Modalitäten eines einheitlichen Leistungsgegenstandes Geld. Soll der Gläubiger aber statt des vom Schuldstatut vorgesehenen Leistungsgegenstandes ein aliud akzeptieren müssen, so ist der Inhalt der Obligation betroffen, nicht lediglich das „Wie" ihrer Erfüllung. Ob das Schuldverhältnis durch Leistung des aliuds erlischt, kann grundsätzlich nur die Rechtsordnung bestimmen, die auch sonst die Erfüllungswirkungen beherrscht, nämlich das Schuldstatut.893 Dies gilt völlig unabhängig davon, ob der Gläubiger wertmäßig das erhält, was er beanspruchen kann, denn es ist nun einmal kein Wert an sich geschuldet. Rechtlich stellt sich die Situation nicht anders dar als in sonstigen Fällen von Erfüllungssurrogaten. Leistet der Geldschuldner statt der geschuldeten 10.000,- DM am Erfüllungsort ein wertmäßig entsprechendes Quantum Edelmetall, würde wohl kaum jemand dem Gedanken nachhängen, es gehe um die Art und Weise der Erfüllung, mit der Folge daß die lex loci solutionis über das Substitutionsrecht zu entscheiden hätte. bb) Wechselwirkung
zwischen Schuldhöhe und
Tilgungsumfang
Auch wenn man den hier vertretenen geldschuldtheoretischen Ansatz nicht teilt, ist keine abweichende Lösung angezeigt. Schließlich würde mit Ausnahme der bereits verworfenen Lehre Manns894 jede Zuweisung währungsverschiedener Tilgungsbefugnisse an das Recht 889
Vgl S 501 ff. Mann SchwJbIntR36 (1980) 93, 102. 891 Besonders deutlich tritt dies in Stellungnahmen zum schweizerischen Recht zutage, siehe zB Vischer in IPRG-Komm, Art 147 Rn 14 f; ders Probleme des Währungsrechtes, 425, 429; ferner Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 95 f. 892 Vgl S 5 ff. 893 Birk RIW 1973, 425, 434; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050. 894 Soeben S 144 f. 890
147
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
des Zahlungsortes bedeuten, dem Schuldstatut zumindest teilweise den Einfluß auf die Höhe der Geldschuld zu entreißen. Sind Umrechnungsbefugnis und Umrechnungskurs als Einheit zu betrachten, kann schlechterdings nicht behauptet werden, die schuldnerische Befugnis, an Stelle der Schuldwährung eine andere Währung zu leisten, betreffe nur den Modus der Erfüllung, lasse hingegen die Frage nach dem „Wieviel" unberührt. 895 Auf die verschiedenartigen Möglichkeiten, durch Wahl des Umrechnungszeitpunktes sowie von Kursart und Kursort den Schuldumfang zu beeinflussen, wurde bereits hingewiesen. In quantitativer wie in qualitativer Hinsicht das Maß der schuldnerischen Verpflichtungen festzulegen ist aber genuine Aufgabe des Rechts, das auch im übrigen die Obligation beherrscht. 896 Daneben hat das Schuldstatut bei grenzüberschreitenden Zahlungsverpflichtungen über die Verteilung des Wechselkursrisikos zwischen den Parteien zu entscheiden. Uber ein Zahlungsstatut der lex loci solutionis sämtliche Substitutionsfragen zu überantworten hieße folglich, die Geldschuld zu „denaturieren", 897 und zwar in dreierlei Hinsicht. Das Schuldstatut würde nicht mehr darüber entscheiden, welche Währung der Gläubiger erhält (Tilgungsrecht), nicht mehr festlegen, wieviele Einheiten der Zahlungswährung der Gläubiger beanspruchen kann (Kursart/Kursort) und - verbunden damit - nicht mehr bestimmen, ab wann ein Außenwertrückgang der Zahlungswährung zu Lasten des Gläubigers geht (Umrechnungszeitpunkt). Im Moment der Umrechnung nämlich verlagert sich das Risiko einer Kurseinbuße der Ersatzwährung weg vom Geldschuldner hin zu seinem Gläubiger. 898 Wenn in diesem Zusammenhang von Vertretern einer Anknüpfung an die lex loci solutionis die enge Verbindung zwischen Umrechnungsanspruch des Schuldners und Ersatzanspruch des Gläubigers wegen Währungsverlusten betont wird, 899 so unterstreicht dies noch die These von der Maßgeblichkeit des Schuldstatuts. Denn es wirkte befremdlich, die Entscheidung über die währungsverschiedene Tilgungsbefugnis einer anderen Rechtsordnung zuzuweisen als derjenigen, die über die Verteilung des Repartierungs- und des sonstigen Kursrisikos befindet. cc)
Zwangskonversionen,
Gläubigerbefugnisse
und
Buntwährungsklauseln
Schließlich sprechen weitere Erwägungen systematischer Art dagegen, die Substitution der Schuldwährung durch eine andere Währung nach der lex loci solutionis zu beurteilen. Auch wenn wie in Art. 147 Abs. 3 des schweizerischen IPR-Gesetzes einschränkungslos von der Währung gesprochen wird, in welcher zu zahlen ist, sind doch regelmäßig nur Tilgungsbefugnisse nach Art des Art. 84 Abs. 2 Schweiz. OR oder § 244 BGB gemeint, was den Eindruck erweckt, als solle primär das Bestreben, die jeweils eigene Substitutionsnorm unabhängig vom Schuldstatut anzuwenden, auf ein rechtstechnisch einwandfreies Fundament gestellt werden. Zwangskonversionen, d.h. Bestimmungen des am Zahlungsort geltenden Rechts, denen zufolge der Schuldner nur in der dort gesetzlich umlaufenden Währung zahlen darf, finden kaum einmal Erwähnung. 900 Hier aber erwiese sich für das Kolli895
Birk RIW 1973, 425, 434. Siehe Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 96, der zu Recht die Befürchtung äußert, durch Art 147 Abs 3 schweizer. IPR-Gesetz könne die Auslegung des Vertrages dem Schuldstatut entzogen werden. 897 So der Ausdruck von Birk RIW 1973, 425, 434. 898 G.H. Both BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 118. 899 Wischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 430. 900 Eine Ausnahme bildet Mann Recht des Geldes, 279. 896
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
sionsrecht das Verhältnis zwischen Substanz und Tilgung der Obligation am offensichtlichsten. 9 0 1 Und Substitutionsbefugnisse des Gläubigers, wiewohl gleichfalls die Zahlungswährung betreffend, sollen ohnehin Sache des Schuldstatuts sein.' 0 2 Vollends widersprüchlich wird das kollisionsrechtliche Gebäude, betrachtet man die Einordnung vertraglicher „Buntwährungsklauseln". Vereinbaren die Parteien Zahlung britischer Pfund in Mailand unter gleichzeitiger Wahl dänischen Rechts als Vertragsstatut und gewährt die Abrede dem Schuldner die Befugnis, statt Pfund französische Francs zu leisten, ist schwerlich einzusehen, warum über die Auslegung und die Zulässigkeit dieser Klausel italienisches statt dänisches Recht entscheiden sollte. Entsprechendes gilt, wenn es in der Vereinbarung heißt, es sei nach Wahl des Schuldners in französischer, spanischer oder niederländischer Währung zu zahlen. 9 0 3 Tatsächlich finden sich auch keine Stimmen, die ausdrücklich eine abweichende Lösung befürworten. Die Nähe zwischen Wahlschuld und vertraglicher Substitutionsbefugnis läßt keine unterschiedliche kollisionsrechtliche Behandlung zu, und zwar unabhängig davon, ob das Wahlrecht jeweils dem Schuldner oder dem Gläubiger gewährt wird. Stets geht es um den Inhalt der Obligation, 9 0 4 um die Bestimmung dessen, was der Schuldner dem Gläubiger leisten muß bzw. dieser von jenem verlangen kann. Nicht anders liegt es, wenn in den Beispielsfällen nach jenem Recht gefragt wird, das darüber entscheidet, ob der Schuldner in Mailand ersatzweise italienische Lire zahlen darf. Abermals steht die räumliche Zuordnung von Regeln in Rede, die darüber befinden, durch welche Leistung das Geldschuldverhältnis erlischt. Zuständig hierfür ist einzig die lex causae. Nur wenn die lex loci solutionis eine anderslautende Eingriffsnorm ausbildet, kann das Recht dieses Staates anzuwenden sein.
dd) Konsequenzen Wenn nach der hier vertretenen Auffassung das Schuldstatut nicht nur über die Schuldwährung, sondern auch über die Existenz einer von ihr abweichenden Zahlungswährung befindet, d.h. sowohl die Zulässigkeit einer Ersatzleistung als auch ihre Berechnung regelt, dann folgt daraus zunächst, daß die deutsche Substitutionsregel des § 2 4 4 B G B nur zur Anwendung gelangt, wenn deutsches Recht Schuldstatut ist. 9 0 5 Die Vorschrift beinhaltet also ein schlichte Sachnorm, deren Anwendungsbereich durch ein räumliches Tatbestandsmerkmal bestimmt wird. 906 Umgekehrt spielt ebenfalls allein deutsches Substitutionsrecht eine Rolle, wenn die deutschem Recht unterliegende Geldschuld im Ausland zu zahlen ist. Dies wirft die Frage einer etwaigen Analogie zu § 2 4 4 B G B auf, doch soll hierzu
Vgl Raape IPR, 540. Siehe etwa Martin Wolff l?P3, 156. 9 0 3 Vgl Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 96, der klarstellt, daß die Formel von der Bestimmung der Zahlungswährung durch das Recht des Zahlungsortes nicht bedeutet, die Auslegung des Vertrages sei dem Schuldstatut entzogen. 9 0 4 Nicht unbedingt um ihren Gegestand; man mag deshalb von „Inhalt" in einem weiteren Sinne sprechen. 9 0 5 So iErg OLG Frankfurt/M. OLGZ 1967,13, 17; Birk RIW 1973, 425, 434; ders RIW 1969, 12, 15; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 55; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050 f; W. Mayer Valutaschuld, 101 ff; Gursky in Staudinger13, § 387 Rn 68; Gruber MDR 1992, 121, 122; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 13; Siehr RabelsZ 46 (1982) 357, 365. 9 0 6 Allgemein hierzu Siehr RabelsZ 46 (1982) 357, 363, 366 ff. 901
902
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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andernorts Stellung genommen werden, nämlich im Zusammenhang mit den übrigen sachrechtlichen Problemen, die sich um jene Norm ranken.' 07 Nun wäre freilich die Schlußfolgerung verfrüht, unter deutschem Recht als Schuldstatut könnten ausländische Tilgungsregeln unter keinen Umständen eine Rolle spielen. Denn das Gesagte gilt nur als Grundsatz. (1)
Parteiautonome Verweisung auf das Recht des Zahlungsortes
So steht es den Parteien im Rahmen der ihnen von Art. 27 ff. EGBGB gewährten Autonomie frei, hinsichtlich etwaiger Substitutionssbefugnisse eine Teilverweisung kollisionsrechtlicher Art auf ein vom (sonstigen) Vertragsstatut abweichendes Recht auszusprechen. Weit eher noch kommt eine derartige Teilverweisung als materiellrechtliche in Betracht. Vor allem für internationale Anleihen, bei denen die Parteien oft mehrere Zahlstellen in unterschiedlichen Staaten alternativ bestimmen (option de place), wird z.B. angenommen, es sei konkludent vereinbart, daß jene Substitutionsregeln maßgeblich sein sollen, die das Landesrecht des jeweiligen Zahlungsortes vorsieht. 908 Große praktische Bedeutung kann ihnen dabei jedoch kaum zuteil werden, da die einschlägigen Vertragsklauseln typischerweise klar zum Ausdruck bringen, daß Zahlung ausschließlich in der Nennwährung der Anleihe erfolgen soll, nach deutscher Begrifflichkeit also eine Effektivklausel vereinbart
(2)
Insbesondere: Verweisungswille bei Währungsoptionen
Mit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 14.11.1929 zur Wiener Investitionsanleihe 910 verbindet sich eine verwandte Problematik, bei der der Wunsch des Geldgläubigers, bestimmte Änderungen innerhalb der lex contractus nicht auf die Obligation einwirken zu lassen, sich nicht in einer „Versteinerungsklausel"911 manifestierte, sondern in einer kollisionsrechtlichen Teilverweisung auf das Recht des Staates, dessen Währung der Gläubiger forderte und in dem sich für die geforderte Währung zugleich der Zahlungsort befand. Von der Stadt Wien waren im Jahre 1902 Schuldverschreibungen ausgegeben worden, die auf unterschiedliche Währungen lauteten, nämlich „500 öst. Kronen gleich 425 Mark gleich 5 2 5 Schweiz., franz., belg. Francs gleich 20 Pfund Sterling 15 Shilling gleich 2 5 1 , 5 0 holl. Gulden, gleich 100 US-Golddollar". Gezahlt werden sollte dem Anleihetext zufolge an Plätzen in den jeweiligen Währungsgebieten. Als der Kläger Rückzahlung von 5 2 5 Schweizer Franken je Schuldverschreibung in Zürich forderte, berief sich die Stadt
9 0 7 Zwei mögliche Analogieschlüsse müssen unterschieden werden: Erstens die Befugnis zur Zahlung von DM bei einer Valutaschuld mit ausländischem Zahlungsort, zweitens das Recht zur Leistung der am ausländischen Zahlungsort umlaufenden Währung statt der geschuldeten DM; siehe im Einzelnen S 5 4 9 ff.
908
Birk RIW 1973, 425, 436; Niederer FG Grossmann, 274, 289; aA Mann Recht des Geldes, 175;
ders SchwJblntR 3 6 (1980) 93, 103; ihm zufolge muß die Absicht der Parteien, einen Teil des Geschäfts an das Recht des Zahlungsortes zu knüpfen, mit hinreichendem Nachdruck geäußert sein. Hierfür sei mehr erforderlich, als daß die Parteien in Gestalt einer option de place nur die Bestimmung des Zahlungsortes oder die Erleichterung der Erfüllung beabsichtigt haben. 909
Horn Anleihen, 265; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 178.
910
RGZ 126, 196 ff. S 108 ff.
911
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Wien auf ein österreichisches Gesetz von 1 9 2 2 , wodurch sie ermächtigt wurde, die Anleihe statt dessen in österreichischen Kronen zum Nennwert und in Wien zurückzuzahlen, so daß sie durch Hinterlegung der fraglichen Kronenbeträge frei geworden sei. Die österreichische Krone war zu diesem Zeitpunkt bereits vollkommen entwertet. Das Reichsgericht vertrat die Auffassung, das Zustandekommen der Obligation und ihre Auslegung richteten sich nach österreichischem Recht. Hiernach sei festzustellen gewesen, daß dem Kläger nicht nur eine option de place, sondern (auch) eine option des change eingeräumt sei. 912 Einem anderen Recht, nämlich dem des (jeweiligen) Zahlungsortes hätten die Parteien dagegen bei vernünftiger Würdigung ihres mutmaßlichen Willens die Frage nach der Fortdauer der verpflichtenden Wirkung der Obligation unterwerfen wollen. Das österreichische Gesetz aus dem Jahre 1 9 2 2 habe daher keinen Einfluß auf die zulässige Tilgung der Schuld gehabt. 913 Gedacht werden könnte bei der Konstruktion des R G zunächst an einen generellen Statutenwechsel, ausgelöst durch das Zahlungsverlangen in der Schweiz. Doch liegt die Annahme einer Teilverweisung auf das Recht des vom Gläubiger gewählten Zahlungsortes näher, da ja die Auslegung der Urkunde nach wie vor Sache des österreichischen Rechts sein sollte. Außerdem ist schon im Interesse der Gleichbehandlung aller Anleihegläubiger die Annahme wenig lebensnah, der Wille der Vertragschließenden sei darauf gerichtet, dem jeweiligen Gläubiger die Befugnis zu gewähren, durch Wahl des Zahlungsortes das für sein Verhältnis zum Anleiheschuldner maßgebliche Recht nachträglich einseitig zu bestimmen, so daß eine Mehrzahl von Rechten parallel zur Anwendung gelangte. 914 An sich sollten in der vom R G entschiedenen Konstellation lediglich spätere Eingriffe des als Obligationsstatut gewählten Rechts in den Bestand der Verbindlichkeit ausgeschlossen werden - eine Vorgehensweise, die der Senat bereits ein Jahr zuvor im Zusammenhang mit dem Aufwertungsgesetz von 1 9 2 5 als unzulässige Begrenzung der Verweisung verworfen hatte 9 1 5 und die das R G 1 9 3 6 bei Beurteilung des amerikanischen Goldklauselverbotes (Joint Resolution) 9 1 6 erneut unmißverständlich ablehnen sollte. 9 1 7 Im Fall der Wiener Investitionsanleihe sind die Grenzen der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie gleichwohl nicht notwendigerweise überschritten worden. Vielmehr ist zu differenzieren: Die Vertragspartner können bestimmen, daß sich Substitutionsbefugnisse des Schuldners nach der
RGZ 126, 196, 200 ff. RGZ 126, 196, 211. 9 1 4 OLG Köln J W 1936, 203; BGE 68 II, 203, 206 ff; Niederer FG Grossmann, 274, 280; Wischer Internationales Vertragsrecht, 119. 9 1 5 R G J W 1928, 1447. 9 1 6 Zur weiteren Problematik siehe S 174 ff 9 1 7 RG J W 1936, 2058, 2059 (zust etwa Raape IPR, 543): „Aber es ist nicht möglich, daß ein Schuldverhältnis der Gesetzgebung eines bestimmten Staates unterworfen, dabei jedoch ein einzelnes gegenwärtiges oder befürchtetes künftiges, eine Sonderfrage regelndes Gesetz von der Geltung ausgeschlossen wird, sofern dieses nicht etwa bloß nachgiebiges Recht gibt und deshalb das Verbot seiner Anwendung der Unterwerfung unter die Gesetzgebungsmacht jenes Staates nicht widerspricht; denn nur eine solche uneingeschränkte Unterwerfung unter irgendeine bestimmte gesetzgebende Gewalt gibt die auch für das zwischenstaatliche Rechtsleben unentbehrliche Gewähr dafür, daß das Schuldverhältnis nötigenfalls auch gegen den selbstsüchtigen Willen des wirtschaftlich stärkeren Partners oder auch beider Partner unter Berücksichtigung der jeweiligen allgemeinen Belange entsprechend den gemeinsamen Rechtsanschauungen der durch die gleiche Gesittung verbundenen Staaten geregelt wird." 912 913
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
151
lex loci solutionis statt nach der lex causae richten. Dagegen sind sie nicht in der Lage, den Vertrag dergestalt zu spalten, daß die Verbindlichkeit einer eingegangenen Schuld nachträglich einem anderen Recht untersteht als der Inhalt der Verpflichtung im übrigen. 918 Substanz und Erfüllbarkeit der Obligation lassen sich nicht trennen. 919 Die Entscheidung des RG leidet in erster Linie daran, daß das Gericht die Rechtsnatur der Einwirkung des betreffenden österreichischen Gesetzes auf das Anleiheschuldverhältnis unentschieden gelassen hat. 920 Nimmt man insofern eine bloße währungsverschiedene Tilgungsbefugnis an, ist das Urteil aber ohne weiteres zu halten. 921 Denn der hypothetische Parteiwille, der bei der Währungsoption auch anhand des typischen Sicherungsbedürfnisses des Gläubigers zu ermitteln ist, rechtfertigt die Annahme einer Teilverweisung auf die lex loci solutionis. 922 Im Gegensatz zur option de place will die option de change den Gläubiger in zweierlei Hinsicht schützen; gegen Schwankungen des wirtschaftlichen Wertes einzelner Währungen und gegen Änderungen des maßgeblichen Schuldrechts im Zeitraum zwischen Vertragsschluß und Tilgung. Daß es sich um eine ungewöhnliche Form rechtsgeschäftlicher Teilverweisung handelt, erlaubt keinen gegenteiligen Schluß. 923 Gewiß gibt der Wille allein des Gläubigers den Ausschlag und ist die Verweisung abhängig von der Ausübung seines Wahlrechts. Aber die Währungsoption wird nun einmal durch eine zu Gunsten des Gläubigers geschaffene Potestativbedingung gekennzeichnet. Was für Leistungsgegenstand und Leistungsort gilt, trifft auch auf die Anknüpfung von Substitutionsbefugnissen des Schuldners zu.
4.
Ausländische Tilgungsregeln mit Eingriffscharakter
Daß § 244 BGB nicht als deutsche Eingriffsnorm i.S.d. Art. 34 EGBGB zu qualifizieren ist, wurde dargelegt. Diese Einschätzung muß von ausländischen Rechtsordnungen im Hin918
Vischer Internationales Vertragsrecht, 218; aA Mann Recht des Geldes, 175, der sogar die allgemeine Regel formulieren will: „Die Einwirkung nach Vertragsschluß erlassener Gesetze auf den Zahlungsumfang von Geldschulden mit Währungsoption richtet sich nach dem Recht des Ortes, an dem bei Ausübung der Option die Zahlung zu erfolgen hat"; auch Vischer bekundet nunmehr Sympathie für diesen Standpunkt; Probleme des Währungsrechtes, 425, 437. 919 Raape IPR, 540; Lochner Darlehen und Anleihe, 93 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 140. 920 Das KG als Vorinstanz hatte diese Frage ebenfalls nicht beantwortet, aber angenommen, der klägerische Anspruch sei auf jeden Fall begründet. Beinhalte das Gesetz von 1922 eine Ersetzungsbefugnis, sei es unanwendbar, da nicht der lex loci solutionis zugehörig; hebe es dagegen die Verpflichtung zur Zahlung ausländischer Währung im Ausland auf, handele es sich um eine unzulässige Enteignung (vgl Art 153 Weimarer Reichsverfassung) und verstoße gegen den deutschen ordre public; RGZ 126, 196, 203 f. 921 Qualifizierte man die Regelung als Eingriffsnorm, ist der vom RG eingeschlagene Weg nach der hier vertretenen Sonderanknüpfungslehre nicht geeignet, dem Kläger zu helfen. Das deutsche Forum nämlich hat unter den o.g. Voraussetzungen international zwingendes Recht eines ausländischen Staates unabhängig davon anzuwenden, welches Recht das Schuldverhältnis oder Teile des Schuldverhältnisses im übrigen beherrscht. 922 Eine materiellrechtliche Teilverweisung, also eine Verweisung im Rahmen des als ius contractus gewählten österreichischen Rechts, hätte dem Kläger jedoch nichts genützt, wenn dem österreichischen Gesetz zwingender Charakter zugekommen wäre. Weiterhelfen könnte dann nur die Annahme einer kollisionsrechtlichen Sonderanknüpfung auf Basis des deutschen IPR. 923 Bedenken werden dagegen angemeldet von Raape IPR 540.
152
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
blick auf ihre eigenen Substitutionsregeln vergleichbarer Art nicht geteilt werden. 9 2 4 Hat die währungsverschiedene Tilgungsbefugnis eines fremden Rechts international zwingenden Charakter, mag man versucht sein, über ihre Anwendbarkeit nach Maßgabe des Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWF-Abkommens zu befinden. Die ganz h.M. lehnt dies jedoch ab, weil Vorschriften wie § 244 BGB keine „unmittelbare staatliche Beschränkung der Verfügbarkeit oder des Gebrauchs von Devisen als solchen" beinhalten 925 bzw. nicht das Ziel verfolgen, die Finanzkraft des Staates zu schützen. 926 Die Anknüpfungskriterien des somit maßgeblichen autonomen deutschen Sonderkollisionsrechts für ausländische Eingriffsnormen sind gemäß den Ausführungen unter § 6 II. primär anhand der Überlegung zu entwikkeln, wann sich ein Geldschuldverhältnis in der vom Normzweck erfaßten Weise auf die Wirtschafts- und Währungsordnung des Erlaßstaates auswirken kann. Da die in Rede stehenden Regeln dem Primat der jeweiligen Landeswährung im inländischen Zahlungsverkehr, ggf. auch dem Schuldnerschutz, zu dienen bestimmt sind, ist eine hinreichend enge Verbindung anzunehmen, wenn sich der rechtliche oder der tatsächliche Zahlungshandlungs- oder Zahlungserfolgsort auf dem Gebiet des normsetzenden Staates befindet. Gewährt das Recht des ausländischen Zahlungsortes dem Schuldner nicht nur die Befugnis, in der dort geltenden Währung zu zahlen, sondern Iäßt es die Tilgung von Geldschulden gar nur in dieser Währung zu, 927 liegen die Dinge nur im Ansatz gleich. Aus Sicht des Erlaßstaates ist Rechtsfolge derartiger Bestimmungen 928 typischerweise eine Schuldnovation, d.h. die eingegangene Verpflichtung ist nichtig, statt der Fremdwährung wird Heimwährung geschuldet und der Fremdwährung kommt nur noch die Funktion eines Berechnungsfaktors zu. 929 Die gebotene Inhaltskontrolle (Art. 6 EGBGB) wird hier weit eher einer normativen Beachtlichkeit entgegenstehen als in der zuvor erörterten Gestaltung. 9 3 0 Im übrigen kann im Einzelfall das Schuldstatut 931 - insbesondere im Wege der
924 Namentlich dann nicht, wenn es den Parteien verwehrt ist, jene Regeln qua Effektivklausel abzubedingen. 925 OLG Karlsruhe IPRspr 1964/65 Nr 195 (583, 585 f); de Sayve v. de la Valdene, 124 N.Y.2d 143, 153 (1953); Mann JZ 1970, 709, 713; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 34 EGBGB Anh. II Rn 29; Ebke Internationales Devisenrecht, 253; Gränicher Devisenmassnahmen, 90 f; aA offenbar
Seetzen AWD 1969, 253, 254. 926 Mann JZ 1953, 442, 444; Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 169; ferner Seuß Devisenkontrollen, 89, die argumentiert, die in Rede stehenden Bestimmungen dienten nicht dem Schutz von Währungsreserven, sondern der Einrichtung und Charakterisierung einer Währung. Von einem zielorientierten Standpunkt aus wohl auch Fümrohr Devisenrecht, 224 f. 927 In JW 1924, 1357 ff etwa hatte das RG über eine Verbindlichkeit in deutscher Währung zu entscheiden, an deren Erfüllung sich der deutsche Schuldner gehindert sah, weil der vertragliche Erfüllungsort in Polen lag, Polen jedoch den Umlauf der deutschen Mark unter Strafe verboten hatte. Siehe ferner die in den sog. „Cuban-Insurance-Cases" mitgeteilten Sachverhalte, wonach ein kubanisches Gesetz im Jahre 1951 die Verwendung von US-Dollar als Schuld- oder Zahlungswährung verbot und anordnete, daß „all obligations contracted or payable in the national territory shall be expressed and settled in national currency"; zB Pan American Life Insurance Co. v. Raij, 156 So. 2d 785 (Fla. Dist. Ct. App. 1963); 164 So. 2d 204 (1964); 379 U.S. 920, 85 S. Ct. 275, 13 L. Ed. 2d 334 (1964); dazu im Einzelnen Gold Fund Agreement II, 45 ff; Seuß Devisenkontrollen, 23 ff. 928 Zur Vorwährungszeit Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 295. 929 Siehe etwa OLG Karlsruhe IPRspr 1964/65 Nr 194 (583, 585). 930 Siehe etwa KG JW 1922, 398, 399; 1923, 128, 129 f; 1928, 1462, 1463 f. 931 Zur Frage, inwieweit bei einer Zwangskonversion im Gefolge eines Souveränitätswechsels von der Fortgeltung des alten Schuldstatuts auszugehen ist, unten § 7 VIII. und IX.
ξ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
153
Auslegung des Parteiwillens - auf eine Zwangskonversion, 932 die ja ein Erfüllungshindernis darstellt, mit seinen Mitteln abweichend reagieren, 933 insbesondere durch Neubestimmung des Erfüllungsortes. So hatte das RG in einem Urteil aus dem Jahre 1922 934 mit Recht argumentiert, Vereinbarungen über den Ort der Zahlung seien vielfach nur im Interesse des Gläubigers getroffen, was zur Folge habe, daß der Schuldner, sollte ihm die konkrete Leistung am vertraglichen Erfüllungsort unmöglich sein, nach Treu und Glauben die Verpflichtung habe, an einem anderen Ort zu erfüllen, wenn der Gläubiger ein dringendes Interesse daran habe und der Schuldner dadurch nicht beschwert werde. 935 Diese Sichtweise verstößt nicht etwa gegen die Regel, daß anwendbare ausländische Eingriffsnormen den Vorschriften der lex causae gleichgestellt sind. 936 Vielmehr reagiert die lex causae lediglich auf einen bestimmten rechtlichen Umstand bzw. auf den nachträglichen Eintritt eines bestimmten rechtlichen Ereignisses, nämlich die Existenz bzw. den Erlaß der Konversionsregel, mit einer Änderung des Schuldinhalts. Und dies wiederum führt zum Wegfall einer Voraussetzung für die normative Berücksichtigung der ausländischen Eingriffsnorm; es fehlt für sie am erforderlichen „Anwendungswillen". 917
II.
Leistungsgegenstand der Valutaschuld
Das Schuldstatut legt die Währung fest, die den Gegenstand der konkreten Zahlungsverbindlichkeit bildet. Nicht unzweifelhaft ist aber, ob dem als Schuldstatut berufenen Recht auch die Entscheidung darüber obliegt, in welcher Gestalt die geschuldeten Währungseinheiten dem Gläubiger zu verschaffen sind. Es geht um die kollisionsrechtliche Behandlung des bereits auf der Ebene des Sachrechts kontrovers diskutierten Verhältnisses zwischen barer und unbarer Zahlung. Für den reinen Inlandssachverhalt ist dargelegt worden, daß die Verpflichtung des Geldschuldners auf Leistung von Geld als abstrakte Vermögensmacht gerichtet ist und neben der Übereignung von Bargeld verschiedene Formen unbarer Zahlung im Grundsatz erfüllungstauglich sind.938 Läßt man dieses Vorverständnis auch in 932 Ein Sonderproblem bildet die Frage, inwieweit ein Wechsel der Staatshoheit zu einem Wechsel der Schuldwährung führt; siehe dazu S 210 ff, 224 ff. 933 Besteht kein Anlaß zur Abweichung, wird die ausländische Rechtsfolge direkt in das Schuldstatut integriert, dh der Gegenstand der Leistung verändert sich, nicht lediglich die zulässige Art der Schuldtilgung; aA wohl K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 61, der annimmt, in den „Unmöglichkeitsfällen" gehe es regelmäßig nur um die Zahlungswährung und um die Zahlungsmodalität. Die Konstruktion einer von der Schuldwährung zwingend abweichenden Zahlungswährung ist dem deutschen Schuldrecht jedoch fremd; die Lösung ist vielmehr in einem Funktionswandel der einstigen Schuldwährung zu erblicken, die nunmehr nicht mehr das „Was", sondern allein noch das „Wieviel" der Schuld bestimmt. 934
Siehe Fn 927. RG JW 1924, 1357, 1358. 936 S 128. 937 Gemeint ist die Erfüllung des Eingriffstatbestandes (teilweise wird mit dem Begriff aber auch nur der vom Schuldstatut unabhängige Geltungsanspruch einer Bestimmung verstanden; vgl E. Lorenz RIW 1987, 569, 578). Da dieser Anwendungswille aus Sicht des Erlaßstaates zu beurteilen ist, scheidet bei Verlegung des Erfüllungsortes natürlich auch eine materiellrechtliche Berücksichtigung der ausländischen Eingriffsnorm als Datum aus. 938 S 40 ff. 935
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
154
die kollisionsrechtliche Würdigung einfließen, könnte die konkrete Entscheidung zwischen barer und bargeldloser Leistung 939 als Frage der rein technischen Durchführung, d.h. der Erfüllungsmodalität, zu qualifizieren 940 und infolgedessen dem (bei Verträgen evtl. gemäß Art. 3 2 Abs. 2 EGBGB anzuknüpfenden) Zahlungsstatut überantwortet sein. Dagegen wäre das Schuldstatut zur (alleinigen) Entscheidung 941 berufen, wenn jene Problematik als eine solche des Schuldinhalts und der Erfüllung (vgl. Art. 3 2 Abs. 1 Nr 2 EGBGB) aufgefaßt werden müßte. 942 In Betracht gezogen werden mag schließlich eine Anknüpfung an die lex monetae, was nach der hier vertretenen Auffassung jedoch grundsätzlich nur in Gestalt einer Zuordnung zum Währungsstatut und damit einer materiellrechtlichen Verweisung durch das Schuldstatut denkbar ist. 943
1.
Schuldstatut oder Zahlungsstatut?
Der Lösung hat man sich auf ganz ähnliches Weise zu nähern wie bei der Einordnung gesetzlicher Konversionsbefugnisse. Im Vordergrund steht der Gedanke, sachrechtlich typischerweise Untrennbares auch einheitlich anzuknüpfen. Die Identifizierung des Inhalts der Geldschuld als Verpflichtung zur Verschaffung abstrakter Vermögensmacht erfüllt sachrechtlich eine doppelte Funktion. Es wird im Einzelnen festgelegt, wann eine Geldschuld in Abgrenzung zu anderen Schuldtypen (Sachschuld, Buchpositionsverschaffungsverpflichtung) vorliegt. 944 Die Zuordnung einer Verbindlichkeit zu einem bestimmten Schuldtyp aber ist unbestrittenermaßen Sache des Schuldstatuts. Zugleich determiniert der Inhalt der Geldschuld die Art der schuldnerischen Verpflichtung, insbesonderen den vom Geldschuldner zu erbringenden Träger abstrakter Vermögensmacht (Leistungsgegenstand), was auch kollisionsrechtlich seinen Niederschlag finden muß. Nur diejenige Rechtsordnung, der die Entscheidung darüber zukommt, ob eine Geldschuld Sachschuld oder „Wertschuld" ist, kann - wenn sie wie die deutsche zu Gunsten der zweiten Alternative votiert - sinnvollerweise weiter festlegen, worin sich die geschuldete abstrakte Vermögensmacht im Einzelfall materialisieren muß. Nicht ein sekundärer, technischer Aspekt der Erfüllungsabwicklung steht also in Rede, sondern die aufgrund der abstrakten Natur des Geldes erforderliche Konkretisierung der schuldnerischen Primärpflicht „Zahlung". 945
939 Entsprechendes hätte für die Auswahl zwischen unterschiedlichen Arten unbarer Zahlung zu gelten. 9 4 0 So wohl Birk RIW 1973, 425, 426, der (auf der Ebene des Sachrechts) die Wahl zwischen Barzahlung und Banküberweisung ausdrücklich anders einordnet als die Wahl zwischen Fremdwährung und Heimwährung. Hier gehe es systematisch um die Erfüllung, dort um ihre rein technische Durchführung. 941 Bei Heranziehung des Art 3 2 Abs 2 EGBGB wäre die lex loci solutionis lediglich „zu berücksichtigen", nicht „anzuwenden"; siehe bereits S 112. 942 Dafür Chr. v. Bar IPR II, Rn 5 4 2 ; ders ZHR 152 (1988) 38, 55 f. 943 Zur rechtstechnischen Einordnung der Verweisung auf das Währungsstatut S 101 ff. 944 S 2 6 ff, 4 0 ff, 5 0 ff. 9 4 5 Abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne, insbes. eines Vertrages, kann eine Zahlungsverpflichtung natürlich auch Nebenpflicht sein. Nur ist es zur korrekten kollisionsrechtlichen Einordnung bei Art 3 2 Abs 2 oder Art 3 2 Abs 1 Nr 2 EGBGB (um nur
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
155
Hinzu kommt folgendes: Das Schuldstatut regelt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Schuld durch Erbringung einer anderen als der geschuldeten Leistung erlischt. Ist deutsches Recht Schuldstatut, findet also § 364 BGB über die Annahme an Erfüllungs Statt Anwendung. Selbstverständlich bestimmt das Schuldstatut aber auch, ob nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses überhaupt ein aliud vorliegt oder ob es sich um die geschuldete Leistung, etwa in Gestalt einer „Erfüllungsmodalität", handelt. 946 Der im Zusammenhang mit Art. 32 Abs. 2 EGBGB und auch darüber hinaus gebrauchte Begriff der Erfüllungsmodalität führt im hier behandelten Zusammenhang leicht zu Mißverständnissen. Bare und unbare Zahlung werden als Modalitäten der Erfüllung bezeichnet, weil sie zugleich Modalitäten der Schuld sind oder sein können. Es handelt sich nicht nur um verschiedene gleichrangige Varianten der Tilgung einer Geldschuld; Bargeld und Buchgeld kennzeichnen zugleich unterschiedliche Verkörperungen von Geld, die nach Gesetz oder Abrede austauschbar sein können, durchaus aber nicht müssen. Folglich ist nicht (allein) das „Wie" der Erfüllung tangiert, sondern (auch) das „Was" der konkreten Schuld. 947 Als Geld kann ausschließlich Bargeld oder ausschließlich Buchgeld geschuldet sein, dem Schuldner mag aber auch die Befugnis zukommen, zwischen beiden Erfüllungsmöglichkeiten zu wählen. Nur in der letztgenannten Variante paßt an sich der Terminus „Erfüllungsmodalität". Da es in jedem Fall um die Bestimmung der dem Schuldverhältnis immanenten (Haupt-)Pflichten des Schuldners geht, ist allein das Schuldstatut, nicht jedoch ein wie auch immer an die lex loci solutionis anzuknüpfendes Zahlungsstatut berufen, über ihre Ausgestaltung zu entscheiden.
2.
Stellenwert der lex m o n e t a e
Das Schuldstatut kann sich darauf beschränken, den Leistungsgegenstand einer Zahlungsverpflichtung, die in fremder Währung ausgedrückt ist, im Wege materiellrechtlicher Verweisung auf die vom jeweiligen Träger der Währungshoheit festgelegten „gesetzlichen
im Vertragsrecht zu bleiben) erforderlich, das Geldschuldverhältnis im engeren Sinne in den Blick zu nehmen. 946 Vgl OLG Celle RIW 1988, 137, 138 zur Gleichstellung des Schecks mit der gemäß Art 1445 Codigo Civil grundsätzlich vorgesehenen Barzahlung bei einem Grundstückskauf nach spanischem Recht. 947 Im Kern ist die Rechtslage keine andere als bei der kollisionsrechtlichen Einordnung schuldnerischer Ersetzungsbefugnisse nach Art des § 244 BGB. Auch dort war nicht allein entscheidend, wieviel der Gläubiger erhält, sondern zugleich, in welcher Gestalt ihm die geforderte abstrakte Vermögensmacht zufließt. Nur geht es hier nicht um die währungsmäßige Ausprägung, sondern um die stoffliche Verkörperung. Ein Unterschied sei zur Vermeidung von Unklarheiten allerdings hervorgehoben: Ausländische Währungseinheiten sind im Verhältnis zu inländischen ein aliud. Gleiches gilt für Währungseinheiten verschiedener ausländischer Staaten. „Die" Währung, als deren unselbständige Modalitäten Geldeinheiten unterschiedlicher nationaler Herkunft betrachtet werden könnten, existiert nicht. Dagegen verkörpert aufgrund des nominalistischen Prinzips - im geld(summen)schuldrechtlichen Sinne - jede Geldeinheit einer Währungsordnung ein identisches Maß abstrakter Vermögensmacht, ohne daß ihre stoffliche Verkörperung eine Rolle spielte. Die abstrakte Vermögensmacht ist der gemeinsame Nenner von Bargeld und Buchgeld einer Währung, was es legitimiert, zwischen beiden kein aliud-Verhältnis anzunehmen, sondern von Schuldmodalitäten zu sprechen.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
156
Zahlungsmittel" zu bestimmen.' 4 8 Das deutsche Geldschuldrecht indes verfährt - wie dargestellt 949 - anders, indem es vorsieht, daß der währungsrechtliche Annahmezwang nur dann eine schuldrechtliche Annahmeobliegenheit begründet, wenn (zumindest auch) Bargeld geschuldet ist. Ob die lex monetae die Bedeutung des währungsrechtlichen Annahmezwangs anders einschätzt, ist grundsätzlich ohne Belang, denn das Maß der Berücksichtigung ausländischen Währungsrechts bei der Valutaschuld hängt auf Basis der hier vertretenen Auffassung von der (sachrechtlichen) Entscheidung des Schuldstatuts ab. Nur wenn die lex monetae einen wirklichen Annahme-"Zwang" in Gestalt einer Eingriffsnorm statuiert, etwa die Nichtannahme gesetzlicher Zahlungsmittel auch dann unter Strafe stellt, wenn unbare Zahlung vereinbart wurde, kann sich die Wertung verschieben. Bei derlei (rein theoretischen) Maßnahmen dürfte eine hinreichend enge Verbindung nur anzunehmen sein, wenn sich der Erfüllungsort im Eingriffsstaat befindet. Zweifelhaft wäre überdies die ordre public-Verträglichkeit.
III. Nominalismus Sucht man sich darüber Klarheit zu verschaffen, welchen Staates Recht bei einer Valutaschuld über Geltung und Inhalt des Nennwertprinzips entscheidet, ist es erforderlich, anhand der unter § 3 angestellten Überlegungen zwischen verschiedenen Anknüpfungsgegenständen zu differenzieren. Wenngleich der geldschuldrechtliche Nominalismus auf dem geldtheoretischen aufbaut, liegen diesem doch andere (möglicherweise auch kollisionsrechtlich beachtliche) Wertungen zugrunde als jenem.
1.
Geldtheoretischer Nominalismus
Das nominalistische Prinzip im geldtheoretischen oder auch technischen Sinne verwirklicht den Gedanken abstrakter Konstanz der währungsrechtlichen Grundeinheit. Ihre Identität ist von realen Werten losgelöst, hängt also insbesondere nicht von Gewicht, Edelmetallgehalt bzw. -deckung oder Kaufkraft der auf sie lautenden Geldzeichen ab. Berührt ist der Kernbereich der institutionellen Währungsvorschriften, mit denen die Geldverfassung eines Staates geregelt wird. Ob den Währungseinheiten, die der Valutaschuldner zu verschaffen verpflichtet ist, das genannte Prinzip zugrunde liegt oder nicht, entscheidet somit das Währungs- und nicht etwa das Schuldstatut. 950 Weil aber die Verweisung auf das Währungsstatut eine materiellrechtliche ist, konnten die Parteien eines Valutaschuldverhältnisses, das auf eine Edelmetallwährung lautete, für den Fall etwaiger Verschlechterungen des Münzfußes 9 5 1 oder negativer Veränderungen von Deckungsvorschriften 952 bestimmen, daß 9 4 8 Dann allerdings wäre die Geldschuld bloße Sachschuld, und die zuvor unter 1. behandelte Fragestellung erschiene in einem geringfügig anderen Licht. Sie lautete dahingehend, ob das an die lex loci solutionis anzuknüpfende Zahlungsstatut abweichend vom Schuldstatut bargeldlose Zahlungen erlauben kann, und wäre zu verneinen, weil der Bereich der Tilgungswirkung angesprochen ist, nicht die Art und Weise der Erfüllung. 9 4 9 S 4 2 ff, 48 ff. 9 5 0 Insofern zutr Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 3 0 0 f. 951 Besonders eindringlich geschildert bei Stützet Mark-gleich-Mark-Prinzip, 24 ff.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
157
der geldtheoretische Nominalismus nicht zur Gleichstellung minderwertiger mit hochwertigen Geldzeichen identischen Nennwertes führte. 953 Der geldtheoretische Nominalismus der lex monetae vermochte etwa die Gültigkeit einer vom Schuldstatut tolerierten ausdrücklichen oder im Wege der Auslegung (§§ 157, 2 4 2 BGB) zu ermittelnden bedingten Sortenabrede (vgl. § 245 BGB) 954 nicht zu verhindern. 955
2.
Geldschuldrechtlicher N o m i n a l i s m u s
Von weitaus größerer Bedeutung ist heute die Frage nach der rechtsanwendungsrechtlichen Einordnung des geldschuldrechtlichen Nominalismus. Es geht (jenseits der Bestimmungen über den „strikten" Nominalismus) 956 darum, diejenige Rechtsordnung ausfindig zu machen, die festlegt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Änderungen des Geldwertes zwischen Begründung und Fälligkeit einer Fremdwährungsverbindlichkeit die Anzahl der zu leistenden Währungseinheiten automatisch beeinflussen. In der Vergangenheit ist die Problematik häufig durch die undifferenzierte Diskussion über den „Geltungsbereich des Zwangskurses" verschleiert worden. 9S7 Die Ursache hierfür liegt darin begründet, daß die Geldrechtswissenschaft jener Zeit nur höchst unvollkommen zwischen geldtheoretischem, geldschuldrechtlichem und striktem Nominalismus zu unterscheiden verstand. Nicht selten wurde allein darüber gestritten, nach welchem Recht sich bestimmt, ob ein Annahmezwang zum Nennwert besteht, d.h. ob es dem Geldgläubiger obliegt, gesetzliche Zahlungsmittel zum gesetzlichen (Nominal-)Wert anzunehmen. Wie gezeigt, ist dies nach heutigem Verständnis im Sinne des Währungsstatuts zu entscheiden,
952
Dazu etwa W. Mayer Valutaschuld, 65 ff. G. Hartmann Begriff des Geldes, 109; W. Mayer Valutaschuld, 47; aA Nussbaum IPR, 251 f auf Grundlage seiner „Unterwerfungstheorie". 954 Der geldschuldrechtliche Nominalismus war nicht angesprochen, da die Anzahl der zu leistenden Geldeinheiten unverändert blieb und lediglich die Qualität der Geldzeichen gleichen Nennwertes gesichert werden sollte. Anders, wenn die schuldrechtliche Konsequenz einer Münzfußverschlechterung in einer Erhöhung der Stückzahl bestehen sollte; siehe G. Hartmann Begriff des Geldes, 109, der argumentiert, die einzelnen Münzstücke dürften nicht „wie gewöhnliche Fungibilien, also wie Waren, betrachtet werden", und daraus folgert: „Es wird hier also subsidiär der Curswerth an die Stelle treten, welchen vor dem kritischen Umstände diese Münzsorte zuletzt für den Erfüllungsort hatte". Darin liegt die Annahme einer Art Sortenabrede schon von Begründung des Schuldverhältnisses an. Um Mißverständnisse auszuschließen: Seitdem der Metallwert von Geldzeichen bedeutungslos geworden ist, stellt sich bei einer Verschlechterung des (Binnen- oder auch nur des Außen-)Wertes einer Währung allein noch die Frage einer Durchbrechung des geldschuldrechtlichen Nominalismus. Das war der Fall, als viele Staaten die Goldeinlösungspflicht ihrer Notenbanken aufhoben und ihre Währungen daraufhin an Wert einbüßten. Heute ist dies nicht anders; was variiert, das sind die Ursachen für einen Wertverfall von Währungen. 955 Auch diese Aussage steht freilich unter dem Vorbehalt, daß nicht die lex monetae eine gegenteilige Eingriffsnorm ausprägte, welche vom deutschen Richter anzuwenden oder zu berücksichtigen war. Zur Anknüpfung von Restriktionen vertraglicher Geldwertsicherungen siehe S 174 ff. Der strikte Nominalismus spielt bei Valutaschulden nur unter der Voraussetzung eine Rolle, daß die hierfür zuständige Rechtsordnung im konkreten Geldschuldverhältnis das geldschuldrechtliche Nennwertprinzip verwirklicht. 957 Zur begrifflichen und sachlichen Entwicklung siehe Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 293 ff; Eckstein Geldschuld und Geldwert, 77 f; A. Schwander Die Geldschuldlehre, 32 ff, 54 ff. 953
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
158
ohne daß damit das Währungsstatut zugleich über Fragen des Umfangs der Schuld befinden müßte. Interpretationsbedürftig ist auch die These, das Nominalwertprinzip (bzw. der Zwangskurs) beinhalte eine Äußerung der politischen und finanziellen Staatsgewalt, habe Eingriffscharakter und gelte deshalb nur innerhalb des Währungsstaates bzw. bei hinreichend enger Beziehung zwischen Geldschuld und Währungsstaat.958 Diskutabel ist dies heute praktisch allein für Rechtssätze über den strikten Nominalismus,959 d.h. für die kollisionsrechtliche Behandlung der Vorschriften, die wie § 3 S. 2 WährG die Befugnis der Parteien beschränken, Geldschulden Geldwertveränderungen anzupassen.960 Eine ganz andere - und vorrangig zu behandelnde - Frage ist aber, welches Recht bestimmt, ob Geldschulden ohne weiteres auf Veränderungen des Geldwertes reagieren oder ob es hierzu grundsätzlich einer besonderen Abrede bedarf.
a)
Währungsstatut
Es war insbesondere Karl Neumeyer, der die These verfochten hat, der geldschuldrechtliche Nominalismus bilde einen unablösbaren Teil der währungsrechtlichen Ordnung. Als Konsequenz dieses Befundes zählte er das Nennwertprinzip zum Währungsstatut.961 Anderenfalls brauche der Gläubiger die Forderung nur in einer anderen Währung als derjenigen der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung zu begründen, um gegen eine Entwertung seiner Forderung gesichert zu sein. Denn, so fuhr Karl Neumeyer fort, der Nominalismus im Staat der lex causae bringe dem Gläubiger keinen Schaden, da er sich auf eine andere als die Schuldwährung beziehe; und der Nominalismus im Staat der Schuldwährung brauche den Gläubiger nicht zu kümmern, da er von einem unzuständigen Staat eingefühlt sei.962 Auf Grundlage dieses Verständnisses hätte der deutsche Richter die Wertbeständigkeit einer Valutaschuld nach anderen nationalen Regeln zu beurteilen als die einer Heim-
958 v. Savigny Obligationenrecht I, 448 f; Eckstein Geldschuld und Geldwert, 111 ff; weitere Nachweise bei Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 296 Fn 4. 959 Der geldschuldrechtliche Nominalismus besitzt keinen Eingriffscharakter; W. Braun Geldwertsicherung, 115, wenngleich die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in BVerwGE 41, 1,5 auch den gegenteiligen Schluß zulassen könnten; zu dieser Entscheidung siehe S 176 f. 960 Vom geldschuldrechtlichen Nominalismus aus betrachtet handelt es sich um Regeln, die die vertragliche Wertsicherung und die richterliche Aufwertung beschränken; vom Standpunkt des geldschuldrechtlichen Valorismus aus sind es Bestimmungen, die die an sich erfolgende automatische Geldwertanpassung begrenzen oder verhindern. 961 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 297, 300; ders JW 1928, 137, 141; zwar hat auch er die verschiedenen Bedeutungen des „Zwangskurses" nicht immer ganz klar voneinander getrennt; daß er seine These jedoch nicht auf Beschränkungen vertraglicher Geldwertsicherung bezogen wissen wollte, ergibt sich daraus, daß er letztere zu den „ergänzenden Maßregeln zum Schutz einer Währung" zählte, die rechtsanwendungsrechtlich anders zu behandeln seien als der „Zwangskurs"; ganz deutlich auf 294, 337 ff, 343. Wie Karl Neumeyer ordnete auch W. Mayer den geldschuldrechtlichen Nominalismus dem Währungsrecht zu, gelangte allerdings rechtsanwendungsrechtlich zu abweichenden Ergebnissen, weil er die Verweisung auf das Währungsstatut als eine materiellrechtliche begriff- mit der Folge eines Vorrangs des Schuldstatuts (Valutaschuld, 47, 61 f). 9 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 297; konsequenterweise beurteilt er auch Aufwertungsfragen nach dem Währungsstatut, aaO 368 ff; ders JW 1928, 137, 140 ff.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
159
Währungsverbindlichkeit. 963 Ob damit auch Unterschiede im praktischen Ergebnis verbunden wären, hinge von der inhaltlichen Ubereinstimmung der betreffenden Sachrechte ab.
b)
Schuldstatut
Die Überantwortung des geldschuldrechtlichen Nominalismus an das Währungsstatut und damit die Verweisung auf die lex monetae sieht sich jedoch durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Anders als beim geldtheoretischen Nennwertprinzip ist nicht die Ausgestaltung der Verwaltungsinstitution Währung angesprochen, deren Einheiten den Gegenstand der Schuld ausmachen. Vielmehr geht es einzig um den Umfang der Obligation, genauer: um die Anzahl Währungseinheiten, die der Schuldner seinem Gläubiger zu verschaffen verpflichtet ist. Unbestritten regelt das Schuldstatut, nicht das Währungsstatut, in welcher Höhe eine vertragliche oder gesetzliche Geldschuld entsteht. Und ebenso ist es eine genuine Kompetenz des Schuldstatuts festzulegen, unter welchen Voraussetzungen sich der Schuldumfang in der Folgezeit verändert. 964 Insoweit (!) ist es nicht gerechtfertigt, der Geldschuld eine andere Behandlung zuteil werden zu lassen als der Sachschuld, bei der grundsätzlich auch allein das Recht, das die Obligation beherrscht, über Fragen des Äquivalenzverhältnisses wacht. Im Rahmen der materiellrechtlichen Verweisungsfreiheit kann die schuldrechtlich maßgebliche Rechtsordnung natürlich die entsprechenden Regeln der lex monetae aufgreifen, d.h. zum Schuldinhalt erklären. Ohne dahingehenden Parteiwillen jedoch findet eine solche materiellrechtliche Verweisung im deutschen Geldschuldrecht keine Grundlage. Bedeutungslos ist insbesondere die Bestimmung gesetzlicher Zahlungsmittel durch die lex monetae. Das dort verankerte geldtheoretische Nennwertprinzip stellt nur eine Voraussetzung für den geldschuldrechtlichen Nominalismus dar. Dieser selbst ist eine autonome Schöpfung des als Schuldstatut berufenen Rechts. Mag daher die lex monetae der Zahlungsmittelqualität des Geldes auch Einfluß auf die (Un-)Veränderlichkeit der in dieser Währung ausgedrückten Zahlungsverbindlichkeiten zubilligen. Das deutsche Recht, wenn es das Schuldstatut stellt, gibt die Entscheidung über den Schuldumfang so wenig aus der Hand wie die Bestimmung des Leistimgsgegenstandes der Geldschuld (Bargeld - Buchgeld). Fest steht nach dem Gesagten nur, welche Rechtsordnung über die nominalistische Behandlung der Valutaschuld entscheidet. Eine Aussage über den Inhalt des berufenen Sach-
9 6 3 Da Karl Neumeyer die Verweisung auf das Währungsstatut als eine kollisionsrechtliche (durch das IPR der lex causae) begriff (S 102 f), blieben an sich sämtliche abweichenden Wertungen des Schuldstatuts unberücksichtigt. Anders G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 106, der ja ebenfalls von einer kollisionsrechtlichen Verweisung ausgeht, jedoch annimmt, der Nominalismus des Währungsstatuts würde einer Valorisierung aufgrund des Schuldstatuts nicht entgegenstehen. Die Lösung dürfte vom Umfang jener Verweisung abhängen. Wenn es das Währungsstatut ist, dem die Entscheidung darüber obliegt, inwieweit Veränderungen des Wertes einer Währungseinheit den Umfang der Schuld determinieren, dann ist dem Schuldstatut natürlich die entsprechende Kompetenz entzogen. Nur wenn man die Verweisung als eine materiellrechtliche betrachtet, vermag sich das Schuldstatut durchzusetzen. 964 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 105 ff; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244, Rn 6; diese Auffassung liegt auch Art 147 Abs 2 des schweizerischen IPR-Gesetzes zugrunde: „Die Wirkungen, die eine Währung auf die Höhe einer Schuld hat, richten sich nach dem auf die Schuld anwendbaren Recht."
160
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
rechts ist damit nicht verbunden. Übereilt wäre vor allem die Annahme, das nominalistische Prinzip sei bei einer Zuordnung zum Schuldstatut von vornherein nur in der Lage, solche Geldschulden zu erfassen, die auf die Währung der lex causae lauten.965 Abhängig vom Geltungsgrund des Nominalwertprinzips im Schuldrecht kann die Berücksichtigung von Geldwertschwankungen bei Valutaschulden von geringeren Voraussetzungen abhängig sein als bei Heimwährungsschulden.966 Zwingend ist dies aber keineswegs. Die schuldrechtlich maßgebende Rechtsordnung mag sich durchaus dafür entscheiden, die nominalistische oder valoristische Behandlung von Geldschulden einheitlich auszugestalten, ohne daß die Schuldwährung hierfür eine Rolle spielte. Die Befürchtung Karl Neumeyers muß also nicht begründet sein. Ihm ist freilich zuzugestehen, daß die Anknüpfung an die lex causae nicht in gleicher Weise Gewähr für eine nominalistische Behandlung von Valutaschulden bietet wie die Anknüpfung an die lex monetae. Es bleibt also das Risiko, daß dem als Schuldstatut berufenen Recht die statische Fixierung von Geldsummenschulden, die auf eine andere Währung als die eigene bzw. diejenige des Forums lauten, gleichgültig ist. Welche Position das deutsche Geldschuldrecht einnimmt, wird unter § 9 erörtert.
IV. Beschränkter Annahmezwang Was heute unter dem Stichwort „beschränkter Annahmezwang" behandelt wird, hat nichts mit der in der Vergangenheit diskutierten Frage nach dem „Annahmezwang zum Nennwert" gemeinsam. Damals galt es, das Verhältnis von Geldschuld und Geldwert zu klären, genauer: zu entscheiden, mit welchem Wert der Geldgläubiger das ihm geleistete Geld als Schuldtilgung gegen sich gelten lassen muß. Der beschränkte Annahmezwang dagegen wirft keine Nominalismusprobleme auf, sondern ist im Bereich der „gesetzlichen Zahlungsmittel" angesiedelt. Er betrifft also jene Geldzeichen, die zur Erfüllung geeignet sind, wenn über die Schuldhöhe, den gleichen Zählwert einer jeden Währungseinheit und die Befugnis des Schuldners zur Barzahlung bereits entschieden ist. Für Geldzeichen der deutschen Währung findet sich eine Beschränkung des Annahmezwangs in § 3 Abs. 1 MünzG: 967 „Niemand ist verpflichtet, auf Deutsche Mark lautende Münzen im Betrag von mehr als 20 Deutsche Mark und auf Pfennig lautende Münzen im Betrag von mehr als 5 Deutsche Mark in Zahlung zu nehmen." Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit § 2 MünzG: „Die nach § 1 auszuprägenden Scheidemünzen sind nach Maßgabe des § 3 gesetzliche Zahlungsmittel". Schließlich ist § 14 Abs. 1 BBankG zu beachten, demzufolge die von der Deutschen Bundesbank ausgegebenen Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel darstellen. Ab Einführung des Euro am 1.1.1999 werden die
So aber Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 297 Von Bedeutung kann nicht nur sein, ob es sich um die Währung der lex causae handelt, sondern auch, ob sie diejenige des Forums darstellt (vgl G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 105 f), was zur Folge hätte, daß unter deutschem Recht als Schuldstatut dem Nominalprinzip für DM-Schulden vor deutschen Gerichten ein anderer Inhalt zukäme als etwa vor französischen, australischen oder japanischen Gerichten; siehe zur sachrechtlichen Problematik eingehend unten § 9 II. 9 6 7 Abs 2 der Norm sieht nur für Bundes- und Landeskassen eine unbeschränkte Annahmepflicht vor. 965
966
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
161
Art. 9, 10, 11 und 15 der EU-Ratsverordnung Nr. 9 7 4 / 9 8 maßgeblich sein. 968 Für die Übergangszeit bis Ende 2 0 0 1 bestimmt Art. 9 noch, daß Banknoten und Münzen, die auf eine nationale Währungseinheit lauten, die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels innerhalb ihres jeweiligen Gültigkeitsgebietes wie am Tag vor dem Start der Währungsunion behalten. Art 15 verlängert die Eigenschaft nationaler Geldzeichen als (dann allerdings parallele) gesetzliche Zahlungsmittel sogar für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten nach Ablauf der Übergangszeit, wobei die Mitgliedstaaten gleichzeitig die Befugnis behalten, Regeln für die Verwendung der auf ihre jeweilige nationale Währung lautenden Geldzeichen festzulegen. Art. 10 und 11 schließlich bestimmen für die Phase ab Januar 2 0 0 2 , daß unbeschadet des Art. 15 die auf Euro (bzw. Cent) lautenden Banknoten und Münzen 9 6 9 als einzige in allen Teilnehmerstaaten die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels besitzen. Und Art. 11 fährt fort: „Mit Ausnahme der ausgebenden Behörde und der Personen, die in den nationalen Rechtsvorschriften des ausgebenden Mitgliedstaats speziell benannt werden, ist niemand verpflichtet, mehr als fünfzig Münzen bei einer einzelnen Zahlung anzunehmen". Nr. (19) der Erwägungsgründe stellt darüber hinaus fest. „Von den Mitgliedstaaten aus Gründen der öffentlichen Ordnung eingeführte Begrenzungen für Zahlungen in Banknoten und Münzen sind mit der den Euro-Banknoten und EuroMünzen zukommenden Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels nicht unvereinbar, sofern andere rechtliche Mittel für die Begleichung von Geldschulden bestehen". Zu Zeiten der Metallumlaufwährungen war der Hintergrund des begrenzten Annahmezwangs für Scheidemünzen 970 noch darin zu erblicken, daß dem Geldgläubiger die Annahme „minderwertiger", d.h. ihrem Nennwert nicht entsprechend metallhaltiger Geldzeichen nur in stark eingeschränktem Umfang angesonnen werden sollte. 971 Heute dagegen sind es allein die praktischen Bedürfnisse eines geordneten Zahlungsverkehrs, die den begrenzten Annahmezwang von Kleingeld rechtfertigen. Größere Beträge in Münzen anzunehmen ist wegen des daraus resultierenden Aufwands für den Geldgläubiger unzumutbar 972
1.
Schuldstatut o d e r W ä h r u n g s s t a t u t ?
Enthält das Recht des Staates, auf dessen Währung die Valutaschuld lautet, eine den §§ 3 Abs. 1 MünzG, 14 Abs. 1 BBankG funktional entsprechende Regelung, 973 so ist der rechtsanwendungsrechtliche Ausgangspunkt nach dem Verlauf der bisherigen Untersuchung klar. 9 6 8 Verordnung (EG) Nr 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro, Abi L 139/1 v. 11.5.1998. 9 6 9 Siehe dazu die Verordnung (EG) Nr. 975/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Stückelungen und technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Euro-Münzen, Abi L 139/6 v. 11.5.1998. 9 7 0 Der Begriff resultiert aus ihrer Funktion, größere Einheiten in kleinere zu „scheiden". Scheidemünzen dienten früher zum Ausgleich der in Goldmünzen nicht zahlbaren Restbeträge. Siehe zum Ganzen Franzke Geldhoheit und Währungssteuerung, 36; Häde Geldzeichen, 39 f; Veit Reale Theorie des Geldes, 93 f. 971 Häde Geldzeichen, 40 f. 9 7 2 BT-Drucks 1/806, 5; Grämlich MünzG, § 2 Rn 2. 9 7 3 Siehe etwa § 6 des schweizerischen Bundesgesetzes über das Münzwesen: „Außer den Kassen des Bundes und der Schweizerischen Nationalbank ist niemand gehalten, für eine Zahlung mehr als 100 Münzen anzunehmen"; ferner § 13 des österreichischen Scheidemünzengesetzes und sec. 2 des britischen Coinage Acts von 1971.
162
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Das Schuldstatut bestimmt, ob der Valutaschuldner (auch) Bargeld leisten darf, sein Gläubiger mithin bei Nichtannahme von Geldzeichen in Verzug gerät. Dem Währungsstatut obliegt es sodann festzulegen, was im Einzelnen unter Bargeld zu verstehen ist. Mit der Ausbildung unbeschränkt und beschränkt gesetzlicher Zahlungsmittel durch den jeweiligen Währungsstaat wird diese Zuordnung nur scheinbar zu Gunsten des Währungsstatuts durchbrochen. Gewiß mögen Normen der genannten Art auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, als würden sie Zahlungsmitteleigenschaft und Regelung der Leistungspflicht untrennbar miteinander verweben. 974 Hierzu trägt nicht zuletzt der Umstand bei, daß es häufig institutionelle Währungsgesetze sind, die den beschränkten Annahmezwang für Scheidemünzen aussprechen. Gleichwohl wäre die Schlußfolgerung verfehlt, Existenz sowie ggf. Art und Umfang einer den Valutagläubiger treffenden Obliegenheit zur Annahme ausländischen Kleingeldes richteten sich nach den über das Währungsstatut anzuknüpfenden Regeln des Währungsstaates, sofern nur dem Schuldner nach dem Schuldstatut das Recht zur Barzahlung zusteht. 975 Denn über den Inhalt der Schuld wie auch über die Erfüllung der durch sie begründeten Verpflichtungen entscheidet das Schuldstatut. Nimmt man eine kollisionsrechtliche Verweisung an, ergibt sich dies aus Art. 3 2 Abs. 1 EGBGB, legt man wie hier eine materiellrechtliche Verweisung zugrunde, aus ihrem insoweit entsprechenden Inhalt. Nach dem Schuldstatut beantwortet sich nicht nur, ob eine Geldschuld vorliegt und ob Bargeld oder Buchgeld geschuldet ist, sondern grundsätzlich auch, welche gesetzlichen Zahlungsmittel des Währungsstaates im Falle zulässiger Barzahlung zu übereignen sind. Unabhängig von der Zuständigkeit des Währungsstatuts, die zur Barzahlung abstrakt erfüllungstauglichen Geldzeichen zu benennen, kann das Schuldstatut sogar bei Andienung ausländischen „Vollgeldes" im konkreten Fall aufgrund des Inhalts der Obligation und unter Berücksichtigung von § 2 4 2 BGB zu dem Ergebnis gelangen, daß ein ordnungsgemäßes Angebot i.S.d. §§ 293 ff. BGB zu verneinen ist. Hingewiesen sei nur auf die Möglichkeit, Zahlung in einer bestimmten Geldsorte zu vereinbaren (§ 245 BGB). Daneben ist in Ausnahmefällen denkbar, daß das Angebot besonders großer oder kleiner ausländischer Banknoten nach § 2 4 2 BGB treuwidrig erscheint. 976 Wenn sich aber selbst bei ausländischem Vollgeld die Annahmeobliegenheiten des Valutagläubigers nach dem Schuldstatut richten, 977 liegt es nahe, bei beschränkt gesetzlichen Zahlungsmitteln entsprechend zu verfahren. Jedenfalls besteht kein Anlaß, insoweit eine Verweisung auf die lex monetae anzunehmen. In diese Richtung anscheinend Grämlich MünzG, § 3 Rn 6 und wohl auch Kegel IPR, 868. Anders natürlich vom Standpunkt Karl Neumeyers aus (IntVerwR III/2, 126, 300), wonach selbst der Annahmezwang zum Nennwert (gemeint ist der geldschuldrechtliche Nominalismus) dem Währungsstatut zu entnehmen sein soll. 9 7 6 Die Grenze zwischen Valutasachschuld und Valutageldschuld zu ziehen, kann in all jenen Konstellationen Probleme bereiten, in denen nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses nicht beliebige Geldzeichen des Währungsstaates zu leisten sind. Auch diese Einordnung aber ist Sache des Schuldstatuts. 9 7 7 Diese Zuordnung wird im Normalfall nur deshalb nicht sichtbar, weil es dem Gläubiger beinahe nie auf die Stückelung des hingegebenen Vollgeldes ankommt. Gleichwohl verweist das Schuldstatut nur insoweit auf die lex monetae, als es darum geht, welche körperlichen Gegenstände Bargeld des Währungsstaates darstellen und somit abstrakt zur Erfüllung solcher Geldschulden in Betracht kommen, die in der fraglichen Währung denominiert sind. Diejenigen Geldzeichen in ihrer Stückelung auszuwählen, die konkret erfüllungstauglich sind, ist andererseits den Regeln des Schuldstatuts überantwortet. 974
975
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
2.
163
Folgerungen
Zählte man als Konsequenz dieser Betrachtungsweise die Bestimmungen über den beschränkten Annahmezwang zum Schuldstatut, so gelangten derartige Vorschriften einer ausländischen Rechtsordnung auf Valutaschulden, die dem deutschen Recht unterliegen, nicht zur Anwendung. Das anwendbare deutsche Recht seinerseits enthält mit § 3 Abs. 1 MünzG eine ausdrückliche Regelung des beschränkten Annahmezwangs nur für Scheidemünzen der deutschen Währung. Die weiteren Folgerungen sind weniger offensichtlich. Abzulehnen wäre zunächst die These, der Valutagläubiger müsse ausländische Scheidemünzen in unbegrenztem Umfang annehmen. Zwar kommt die im Recht des Währungsstaates enthaltene Regelung der betragsmäßigen Obergrenzen nicht zum Zuge. Doch war bereits davon die Rede, daß allein die seitens der lex monetae erfolgte Widmung von Sachen zu gesetzlichen Zahlungsmitteln noch keine Annahmeobliegenheit i.S.d. §§ 2 9 3 ff. B G B auslöst. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit auch bei Zahlung mit ausländischem Kleingeld die Leistung so bewirkt wird, „wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern" (§ 2 4 2 BGB). 9 7 8 Hier nun müßte differenziert werden. Liegt der Zahlungserfolgsort im Währungsstaat, könnte ein ordnungsgemäßes Angebot auch bei Hingabe von Scheidemünzen vorliegen, wobei § 2 4 2 B G B sich im Ergebnis an den Grenzwerten orientieren würde, die die lex monetae aufstellt. 979 Befindet sich der Zahlungserfolgsort dagegen außerhalb des Währungsstaates, namentlich in Deutschland, wäre im Rahmen des § 2 4 2 B G B zu berücksichtigen, daß Scheidemünzen dort im Gegensatz zu Vollgeld kaum verwertbar sind. Sie können insbesondere nicht oder jedenfalls nur zu sehr ungünstigen Konditionen bei Kreditinstituten gegen die jeweilige Heimwährung eingewechselt werden. Dem entspricht die allgemeine Verkehrsauffassung, daß im Auslandsverkehr nicht mit Scheidemünzen gezahlt wird. 9 8 0 Daher wäre anzunehmen, daß der Gläubiger einer nach deutschem Recht zu beurteilenden Valutaschuld berechtigt ist, die Annahme ausländischen Kleingeldes zu verweigern, sofern der Zahlungserfolgsort jenseits des Währungsstaates liegt.
3.
Zahlungsstatut
Zu fragen bleibt allerdings, ob man bei dieser Erkenntnis stehenbleiben sollte. Die skizzierte Lösung hilft, wenn deutsches Recht das Schuldstatut stellt, 981 sie versagt hingegen, sofern ein ausländisches Recht die Obligation beherrscht und die Wertung des § 2 4 2 B G B nicht teilt. So könnte theoretisch das finnische Schuldrecht dem in Deutschland ansässigen So wohl auch W. Mayer Valutaschuld, 4 7 f. Unzutr wäre die Einschätzung, bei Überschreiten der Obergrenzen entfiele die Zahlungsmittelqualität, so daß die Frage bereits vom Währungsstatut beantwortet werde. Trotz § 2 MünzG ist es allgemeine Auffassung, daß die Annahme von Mehrbeträgen durch den Gläubiger nicht unter § 364 BGB fällt (was aber die Konsequenz jener These bildete), sondern die Schuld durch Erfüllung, § 362 BGB, erlischt; so etwa Fögen Geld- und Währungsrecht, 16; Grämlich MünzG, § 2 Rn 9. 980 W. Mayer Valutaschuld, 48. 981 § 3 Abs 1 MünzG könnte als Regel des deutschen Schuldrechts restriktiv dahingehend ausgelegt werden, daß eine Annahmeobliegenheit für deutsche Scheidemünzen nur besteht, wenn sich der Zahlungserfolgsort in Deutschland befindet oder, allgemeiner, wenn sich aus § 242 BGB nichts Gegenteiliges ergibt. 978
979
164
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Gläubiger einer Peseta-Forderung ansinnen, in voller H ö h e oder auch nur in bestimmtem Umfang spanische Scheidemünzen anzunehmen. Als Ausweg bietet sich an, die sachrechtliche Ebene mit ihrer Bipolarität zwischen Schuldstatut und Währungsstatut zu verlassen und die Weichen bereits im Kollisionsrecht neu zu stellen. Regeln über beschränkt gesetzliche Zahlungsmittel könnten - ausgehend von der Überlegung, daß ihre Bedeutung sich praktisch vollständig auf den Zahlungsverkehr innerhalb des Währungsstaates reduziert als „Erfüllungsmodalitäten" qualifiziert und als solche an die lex loci solutionis angeknüpft werden. Im Vertragskollisionsrecht wäre Art. 32 Abs. 2 EGBGB einschlägig, 982 bei der Erfüllung gesetzlicher Zahlungsverbindlichkeiten verhielte es sich entsprechend. Anders als bei der bereits erörterten Frage nach der Qualifikation von Substitutionsbefugnissen nach Art des § 244 BGB 983 bestehen hier keine Bedenken wegen einer etwaigen Einflußnahme auf die H ö h e der Schuld. Dennoch: Stehen kleinere und kleinste Summen Bargeldes in Rede, geht es bei der Leistung von Scheidemünzen mit beschränkt gesetzlicher Zahlkraft um mehr als nur um die Art und Weise der Erfüllung. Scheidemünzen bilden in derartigen Fällen die einzig denkbare Verkörperung des Schuldgegenstandes. Gleiches gilt, wenn der Parteiwille darüber hinaus auf die Leistung von Scheidemünzen gerichtet ist. Damit verbleiben - um die Diskussion dieses wirtschaftlichen Marginalproblems 9 8 4 abzuschließen letztlich zwei Regelanknüpfungen zur Wahl. Entweder wird die Frage dem Schuldstatut überantwortet. Es gelten dann die o.g. Ausführungen. Oder man differenziert nach der Funktion, die Scheidemünzen im Rahmen des konkreten Schuldverhältnisses erfüllen. Soweit nur sie allein den Schuldgegenstand verkörpern, ist das Schuldstatut angesprochen. Soweit dagegen statt mit Scheidemünzen auch mit Vollgeld gezahlt werden könnte (und hier allein ist ja das Phänomen des beschränken Annahmezwangs zu lokalisieren), handelt es sich um die Art und Weise der Erfüllung. Scheidemünzen müßten dann nur angenommen werden, wenn es die lex loci solutionis vorsieht. Auch die zuletzt genannte Betrachtungsweise vermeidet nicht etwaige sachrechtliche Problemlagen bei ausländischem Zahlungsort. Für die große Masse der Fälle aber, nämlich Zahlungsvorgänge im Währungsstaat, überzeugt dieser Weg. Das muß für die Regelbildung ausschlaggebend sein. Sollte schließlich der ausländische Währungsstaat seinem beschränkten Annahmezwang für Scheidemünzen Eingriffscharakter beilegen, hinge die gebotene Sonderanknüpfung ebenfalls davon ab, ob die Zahlung innerhalb des Eingriffsstaates erfolgt oder nicht.
V.
Restriktionen der Währungswahl und der Geldwertsicherung
Potentielle Geldwertschwankungen in wirtschaftlicher und Ausgestaltung des Nennwertprinzips in rechtlicher Hinsicht führen zu einer Risikoverteilung, 985 die die Parteien eines (künftigen) Geldschuldverhältnisses gerade bei langfristigen Verträgen häufig durch Siche-
982
Wonach keine „Anwendung", sondern eine bloße „Berücksichtigung" vorgesehen ist, was hier iErg jedoch keinen Unterschied bedeutet. 9?3 S 141 ff. 984 Zu Recht leitet jedoch Grämlich seine Kommentierung des MünzG mit der Bemerkung ein (Einf Rn 2), dem vergleichsweise minimalen ökonomischen Stellenwert des Zahlungsverkehrs mit Scheidemünzen stehe eine durchaus beachtliche dogmatische Relevanz gegenüber. 985 Zu Ursachen und Inhalt derartiger Risiken S 89 ff.
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
165
rungsabreden abzuändern suchen. Die Wahl der Schuldwährung bildet nur eine Form der Risikosteuerung, daneben kommen Vereinbarungen in Betracht, mit denen die Schuldsumme dynamisiert, d.h. vom Nominalwertprinzip gelöst wird. 98i Viele Rechtsordnungen jedoch reglementieren derartige Sicherungsklauseln in mehr oder minder starkem Maße.' 87
1.
Gründe
Im deutschen Recht geschieht dies derzeit 988 durch § 3 S. 1 und S. 2 WährG. Vorschriften, die die freie Wahl der Schuldwährung einschränken, dienen teils devisenrechtlichen, 989 teils stabilitätspolitischen Zwecken, teils auch allgemein dem Ziel, die Währung des Erlaßstaates als Verwaltungsinstitution in ihrer Funktionstauglichkeit und Durchsetzungsfähigkeit zu sichern. 990 So wird etwa geltend gemacht, durch die beliebig mögliche Flucht in ausländische Währungen werde Mißtrauen in die Stabilität der inländischen Währung erweckt. 991 Außerdem würden Kursverluste in inflationfördernder Weise an inländische Marktteilnehmer weitergegeben. 992 In diesem Zusammenhang dürfte auch die Überlegung eine Rolle spielen, daß ein allzu großer Umtausch von Fremdwährungsbeträgen die Geldschöpfung in inländischer Währung über Gebühr zu erhöhen drohte. Schließlich heißt es, die allzu starke Häufung von Fremdwährungsverbindlichkeiten könne zur Abhängigkeit des inländischen Marktes von ausländischen Währungsmaßnahmen (Auf- und Abwertungen sowie sonstige Regulierungen) unter gleichzeitiger Ineffizienz inländischer Währungsmaßnahmen führen. 993
986 H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 29; Fögen Geld- und Währungsrecht, S 143; auch durch Wahl einer Drittwährung vermögen die Vertragsparteien nur die Differenzinflationsrate zwischen ihren jeweiligen Heimwährungen auszuschalten. Es verbleibt die Basisinflationsrate der gewählten Fremdwährung, die nur durch eine Wertsicherungsklausel kompensiert werden kann; siehe W. Braun Geldwertsicherung, 88 f; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 113 f. Entsprechendes gilt, wenn die Vertragswährung nur für eine Partei fremd ist; das Binnenwertrisiko der Fremdwährung bleibt zunächst bestehen. 987 Siehe beispielsweise im griechischen Recht Art 4 Abs 2 des Notgesetzes 362/1945, Art 11 des Gesetzes 5422/1932 und Art 2 des Notgesetzes 944/1946. Danach sind sowohl Fremdwährungsklauseln als auch Wertsicherungsklauseln verboten; eine Ausnahme gilt für grenzüberschreitende Verträge. Einzelheiten bei Stathopoulos Geniko Enochiko Dikaio, A I , 195 ff. Ebenso stellt sich die Rechtslage in Frankreich dar; stRspr seit Cass. civ. 11. févr. 1873, DP, 1, p. 177; aus neuerer Zeit etwa Cass. civ. 1, 12. jan. 1988, D 1989, p. 80 (jeweils zum grundsätzlichen Verbot); Cass. civ. 3. juin 1930, DP 1931, 1, p. 5; Cass. civ. 1, 15. juin 1983 JCICiv App. Art 1235 à 1270 Fase. 20, Rn 7 ff, 48 ff. 988 Zur Situation nach Einführung des Euro siehe S 286 ff. 989 Seetzen AWD 1969, 253; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 19; W. Braun Geldwertsicherung, 134. Seit Einführung der freien DM-Konvertibilität verfolgt das deutsche Recht mit § 3 S 1 WährG keine devisenrechtlichen Zielsetzungen mehr; siehe auch § 49 Abs 1 AWG, der § 3 S 1 WährG für Geschäfte zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden für unanwendbar erklärt. 990 OLG Karlsruhe IPRspr 1964/65 Nr 194 (583, 585 f); Schulze RIW 1962, 89; Reithmann DNotZ 1960, 172, 174, 178; Seetzen AWD 1969, 253; K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn D 195; Seuß Devisenkontrollen, 90; Reinhuber Grundbegriffe, 111 f. 991 Schulze RIW 1969, 89; Reinhuber Grundbegriffe, 111 f. 992 W. Braun Geldwertsicherung, 32 f, 151 ff, Schulze RIW 1962, 89 f. 993 Schulze RIW 1962, 89; Seetzen AWD 1969, 253.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
166
Verwandt ist die Schutzrichtung solcher Bestimmungen, die Wertsicherungsvereinbarungen verbieten oder unter Genehmigungsvorbehalt stellen. Im Blick haben sie einmal die technische Nennwertfunktion des Währungsgeldes.994 Darüber hinaus liegt ihnen die Vorstellung zugrunde, Wertsicherungsklauseln seien „sowohl wegen des ihnen innewohnenden Automatismus als auch wegen ihrer psychologischen Voraussetzungen und Wirkungen" geeignet, die Stabilität der Währung zu gefährden.' 95 Mit Vorschriften nach Art des S 3 S. 2 WährG sollen also die in der Valorisierung von Geldsummenschulden erblickten inflationistischen Tendenzen' 96 unterbunden werden. Soweit sie die Anbindung des Schuldbetrages an den Wert einer Fremdwährung reglementieren, beabsichtigen sie darüber hinaus, den gleichen Gefahren zu begegnen wie durch Beschränkung der Währungswahl (Abhängigkeit von ausländischen Währungsmaßnahmen, Flucht in Auslandswährungen).997 Denkbar ist schließlich, daß ein Staat ausnahmsweise nicht nur die Wertsicherung von Heimwährungsverbindlichkeiten, sondern auch die von Valutaschulden reglementiert. Zweck wäre teils der Schutz von Geldschuldnern vor Überlastung,998 teils abermals der Schutz der Heimwährung. Letzteres insofern, als die mögliche Valorisierung von Valutaschulden Auslandswährungen zu Lasten der Heimwährung und ihrer Durchsetzbarkeit attraktiver machen könnte.'" International ganz im Vordergrund stehen freilich Beschränkungen, die sich ausschließlich auf die Verwendung einer bestimmten Währung beziehen, nämlich diejenige des normsetzenden Staates.
2.
Verweisungsrechtliche Strukturen
Für Fremdwährungsverbindlichkeiten - verstanden als Geldschulden, die auf eine andere Währung lauten als die Deutsche Mark - kommt es auf die kollisionrechtliche Einordnung von Restriktionen der Währungswahl und der Wertsicherung in mehrfacher Hinsicht an. Klärungsbedürftig ist zunächst, unter welchen Voraussetzungen deutsches Recht berufen ist, über Einschränkungen der parteiautonomen Währungswahl zu befinden. Doch nicht allein der Anwendungsbereich des in § 3 S. 1 WährG festgeschriebenen Genehmigungsvorbehalts für Valutaschulden bildet für ein deutsches Forum den sachrechtlichen Hintergrund. Daneben hat der deutsche Richter sich zu vergegenwärtigen, daß auch eine ausländische Rechtsordnung die Wahl einer (anderen) fremden Schuldwährung reglementieren 994
K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 194. BVerwGE 41, 1, 5; Fögen Geld- und Währungsrecht, 143, 147, 149 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 32 f; Grämlich WährG, § 3 Rn 3 ff; Seetzen A WD 1969, 253; Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 163; H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 27 f. 996 Krit. zu dieser Annahme Reithmann DNotZ 1960, 172, 175f Duden Verh. 40. DJT I, 1, 46 ff, 49 f; v. Caemmerer Verh. 40. DJT II, 5, 18 ff, 23. 997 Schulze RIW 1962, 89, 90, 91; dies gilt jedoch nur insoweit, als es um Verbindlichkeiten geht, deren Höhe vom künftigen Kurs der Referenzwährung abhängt. 998 Vgl in Deutschland die Bundesratsverordnung vom 28.9.1914 (RGBl I, 417), die sämtliche vor dem 1. Juli 1914 verabredeten Goldmünzklauseln für unverbindlich erklärte und damit den Zweck verfolgte, die Schuldner vor schikanösen Gläubigern zu schützen; eingehend zu dieser Verordnung Reinhuber Grundbegriffe, 119, 132 ff. 999 Vgl Seetzen AWD 1969, 253, 257, der von dem staatlichen Interesse daran spricht, Wertsicherungen mit ihrer ansteckenden Wirkung und damit zusammenhängende Spekulationen allgemein zu unterbinden. 995
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
167
wollen kann, etwa wenn sich der Wohnsitz einer Partei oder der Erfüllungsort auf dem Territorium des Erlaßstaates befindet. Und was vertragliche Abweichungen vom geldschuldrechtlichen Nennwertprinzip anbelangt, so spielt bei Valutaschulden zwar die Stellungnahme des deutschen Rechts eine praktisch untergeordnete Rolle ( § 3 S. 2 W ä h r G verlangt eine in D M denominierte Geldschuld), nicht hingegen diejenige des Währungsstaates. Über die Auslegung von Währungs- und Wertsicherungsabreden entscheidet unzweifelhaft das Vertragsstatut (nicht etwa die lex fori; Art. 32 Abs. 1 Nr 1 EGBGB), geht es doch für die Parteien um die Bestimmung ihrer gegenseitigen Rechte und Pflichten. Kontrovers wird dagegen die Frage diskutiert, nach welchen Staates Regeln sich die Zulässigkeit jener Vereinbarungen bemißt. Es erhöht die Transparenz der Problematik, wenn beim Anknüpfungsgegenstand in zweifacher Hinsicht unterschieden wird. 1000 Z u m einen zwischen Restriktionen der Währungswahl und Beschränkungen der Geldwertsicherung. Während erstere (auch) devisenrechtliche Zwecke verfolgen können, dienen letztere ausschließlich der Geld- und Währungssicherung. 1 0 0 1 Außerdem ist jenseits devisenrechtlicher Regelungsinteressen 1002 typischerweise keinem Staat daran gelegen, Zahlungsverbindlichkeiten in seiner Währung zu beschränken, es sei denn, die Art der Geldschuld gefährdete seine Interessen. Die Stellungnahme der lex monetae wird entsprechend unterschiedlich ausfallen. Z u m anderen ist nach der Regelungsintensität der betreffenden Bestimmungen zu differenzieren. Bildet der Erlaßstaat nur eine „normale" Sachnorm aus, kann eine andere Anknüpfung geboten sein als bei Statuierung einer international zwingenden Regel.
a)
Einschränkungen der Währungswahl
aa) Deutsches Recht, § 3 S. 1 WährG Z u m Gegenstandsbereich des Währungsstatuts können Restriktionen der freien Währungswahl 1 0 0 3 von vornherein nicht gezählt werden, 1 0 0 4 zumal es der lex monetae im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen typischerweise an jeglichem Regelungsinteresse fehlt. Verweisungsrechtlich ist entscheidend, daß die Grenzen parteiautonomer Festlegung des Schuldgegenstandes in Rede stehen und damit der Kernbereich des Schuldstatuts berührt wird (vgl. Art 32 Abs. 1 N r 2 EGBGB). Die Rechtswirksamkeit der Währungsvereinbarung richtet sich also grundsätzlich - wie auch sonst die Bestimmung der Schuldwährung - nach 1000 Eine einheitliche Erörterung findet sich bei Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 25; Nussbaum IPR, 257; W. Braun Geldwertsicherung, 115 ff.
1001 1002
Seetzen AWD 1969, 253.
Dazu S 122 f sowie Seuß Devisenkontrollen, 50 ff zur Anknüpfung von Devisenkontrollmaßnahmen an die lex monetae. 1003 G e m e ¡ n t ¡ s t di e f r e ie Wahl der Schuldwährung, nicht die einer abweichenden Berechnungswährung. Letzteres ist ein Fall parteiautonomer Geldwertsicherung; im deutschen Recht bildet § 3 S 2 WährG die Zulässigkeitsgrenze. 1004 Zutr W. Braun Geldwertsicherung, 134; eine andere Frage ist, ob derartige Beschränkungen schon dann eingreifen, wenn fremdes Recht die lex monetae stellt. Je nach Qualifizierung und Herkunft der einzelnen Norm geht es dabei (nur) um ihren eigenen Geltungsanspruch oder (auch) um die Kriterien einer hinreichend engen Verbindung zwischen Geldschuldverhältnis und Erlaßstaat. Im einen Fall spielt nur die Sicht des Erlaßstaates eine Rolle, im anderen zusätzlich diejenige des Forumstaates.
168
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
d e n Regeln des Schuldstatuts, 1 0 0 5 w a s zur Folge hätte, daß die Anwendbarkeit des § 3 S. 1 W ä h r G d a v o n abhinge, o b deutsches oder ausländisches Recht die Obligation beherrscht. N a c h allgemeiner Auffassung setzt sich § 3 S. 1 W ä h r G jedoch auch gegenüber e i n e m ausländischen Recht als Schuldstatut durch. 1 0 0 ' D e n Grund hierfür in der Herausbildung einer versteckt einseitigen Kollisionsnorm zu erblicken 1 0 0 7 wäre aber zumindest mißverständlich. 1 0 0 8 § 3 S. 1 W ä h r G ist eine Bestimmung des deutschen öffenlichen Rechts und insofern kollisionsrechtlichem D e n k e n a priori entzogen. W e g e n des mit ihr intendierten Schutzes der deutschen Währung hängt die Genehmigungspflichtigkeit nicht davon ab, w e l c h e m Recht das Schuldverhältnis unterliegt. W a s daher seine privatrechtlichen Reflexwirkungen anbetrifft, s o handelt es sich bei § 3 S. 1 W ä h r G u m eine klassische Eingriffsnorm, 1 0 0 9 da jene Wirkungen unter d e m Einfluß des (deutschen) öffentlichen Rechts ihrer rechtsanwendungsrechtlichen Selbständigkeit beraubt sind u n d im Sinne des Art. 3 4 EGBGB o h n e Rücksicht auf das Schuldstatut den Sachverhalt zwingend regeln, soweit ihr Geltungsanspruch den konkreten Fall auch im übrigen erfaßt. Auf die einzelnen Anwendungsvoraussetzungen des § 3 S. 1 W ä h r G soll an anderer Stelle eingegangen werden. 1 0 1 0 Hingewiesen sei aber bereits auf § 4 9 Abs. 1 A W G , demzufolge § 3 S. 1 W ä h r G auf Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden 1 0 1 1 keine A n w e n d u n g findet. Devisenrechtliche Z w e c k e w e r d e n daher mit § 3 S. 1
1005
G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 99. OLG Frankfurt/M. IPRax 1985, 34 f; v. Hoffmann/Pauli IPRax 1985, 13, 14; Firsching in Staudinger 10 " 1 , Vor Art 12 EGBGB Rn 391; K. Schmidt in Staudinger", Vorbem zu $ 244 Rn D 205; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 99; Schulze RIW 1962, 89, 93; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 23; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 21; Chr. v. Bar IPR II, Rn 544; Reinhuber Grundbegriffe, 114. 1007 So G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 137, 164; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 21; ebenso für § 3 S 2 WährG Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 165. 1008 Zu der mit der Annahme versteckt einseitiger Kollisionsnormen allgemein verbundenen Problematik siehe S 134 f. 1009 Und nur deshalb (!) läßt sich von einem eigens auf sie zugeschnittenen Rechtsanwendungsbefehl sprechen (£. Lorenz RIW 1987, 569, 578). Gleichwohl sind die Unterschiede zu „normalen" versteckt einseitigen Kollisionsnormen erheblich. So sind diese im Grundsatz internationalisierungsfähig, jene nicht. Als Konsequenz des öffentlichrechtlichen Einseitigkeitsprinzips fehlt dem kollisionsrechtlichen Befehl einer deutschen Eingriffsnorm nicht nur jede Aussage über die Anwendungsvoraussetzungen ausländischen Rechts. Er schließt die Heranziehung fremden Rechts sogar aus (vgl Chr. v. Bar IPR I, Rn 250). Nur über Sonderkollisionsregeln vermag der deutsche Richter die zivilrechtlichen Reflexwirkungen fremder Eingriffsnormen normativ heranzuziehen. Dem liegen jedoch ganz andere und im Einzelnen auch stark umstrittene Erwägungen zugrunde (siehe § 6). Eine kollisionsrechtsunabhängige Normkategorie bilden deutsche Eingriffsgesetze damit noch nicht. Nur wird das ihnen zugrunde liegende Prinzip durch die Postulierung einer versteckt einseitigen Kollisionsnorm mehr verschleiert als erklärt. 1010 S 270 ff. 1011 § 4 Abs 1 AWG: „Im Sinne dieses Gesetzes sind ... 7. Gebietsfremde: natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in fremden Wirtschaftsgebieten, juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften mit Sitz oder Ort der Leitung in fremden Wirtschaftsgebieten; Zweigniederlassungen Gebietsansässiger in fremden Wirtschaftsgebieten gelten als Gebietsfremde, wenn sie dort ihre Leitung haben und für sie eine gesonderte Buchführung besteht; Betriebsstätten Gebietsansässiger in fremden Wirtschaftsgebieten gelten als Gebietsfremde, wenn sie dort ihre Verwaltung haben". Zum Wortlaut der N r 5 (Gebietsansässige) siehe Fn 1101. 1006
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
169
WährG gegenwärtig nicht verfolgt. An Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWF-Abkommens wäre die Bestimmung auch abgesehen von § 49 Abs. 1 AWG nicht zu messen, und zwar gänzlich unabhängig davon, ob Beschränkungen der Währungswahl bei Kontrakten zahlungsbilanzrelevanter Art als „Devisenkontrollbestimmungen" qualifiziert werden können. Das Devisenrecht des Forums wird von Art. VIII Abschnitt 2 (b) nicht erfaßt; die Norm enthält also eine einseitige Kollisionsregel, indem sie nur die Voraussetzungen für die Heranziehung forumfremden Devisenrechts festlegt.1012 bb) Ausländisches Recht (1)
Fremdwährungsverbote und IWF-Abkommen
Bei ausländischen Vorschriften, die die freie Wahl der Schuldwährung international zwingend einschränken (Restriktionen ohne Eingriffscharakter sind natürlich auch hier Sache des Schuldstatuts), kann zunächst eine kollisionsrechtliche Behandlung nach den Regeln des internationalen Devisenrechts erwogen werden. Relevant wird dies etwa bei Bestimmungen, die u.a. zum Schutz der Zahlungsbilanz des Erlaßstaates1013 die Begründung von Valutaschulden auch zwischen Währungsinländern und Währungsausländern reglementieren.1014 Die h.M. jedoch sieht Normen der genannten Art als von Art. VIII Abschnitt 2 (b) des Bretton Woods-Abkommens nicht erfaßt an,1015 und zwar im Ergebnis zu Recht. Der Begriff „Devisenkontrollbestimmungen" i.S.des Abkommens erstreckt sich nicht auf Regeln, die der Privatautonomie im Obligationenrecht Schranken setzen, indem sie bestimmte Geldschuldtypen schlechthin verbieten oder unter Genehmigungsvorbehalt stellen, ohne daß zugleich ein etwaiger zahlungsbilanzrelevanter Leistungsvorgang rechtlich mißbilligt würde. Zwei Aspekte verdienen dabei Beachtung. Zunächst wirken die hier in Rede stehenden cours forcé-Bestimmungen zwar auf die Begründung (auch) internationaler Zahlungsverpflichtungen ein, sie reglementieren jedoch weder die grenzüberschreitende Übertragung von Zahlungsmitteln noch die Leistung oder Entgegennahme transnationaler Zahlungen. Mag man über die Berechtigung dieser Fixierung auf normative Leistungshindernisse (in den Kategorien des deutschen Rechts wäre die Ebene der Verfügungsgeschäfte angesprochen) auch geteilter Meinung sein.1016 Entscheidend ist, daß grenzüberschreitende Sachverhalte und reine Binnenbeziehungen von Restriktionen der Währungswahl gleicher1012
Siehe nur Ebke Internationales Devisenrecht, 129, 164 Fn 39, 179. Auch wo eine derartige Zwecksetzung fehlt, können sich solche Vorschriften doch devisenrechtlich auswirken (Seetzen AWD 1969, 253, 256), was nach Auffassung mancher für die Anwendbarkeit des Art VIII Abschn. 2 (b) genügen würde; siehe S 122 f. 1014 Gedacht ist an ausländische Bestimmungen nach Art des § 3 S 1 WährG ohne eine dem § 49 Abs 1 AWG entsprechende Einschränkung. 1015 OLG Karlsruhe IPRspr 1964/65 Nr 194 (583, 585); Chr. v. Bar IPR II, Rn 545 Fn 620; Ebke Internationales Devisenrecht, 59, 253; Seuß Devisenkontrollen, 89 f; Gräflicher Devisenmassnahmen, 90 f; Mann JZ 1970, 709, 713; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. II Rn 29; H.J. Hahn Währungsrecht, 395; unklar U. Reuter Grundbuch, 38 f; die Entscheidung de Sayve v. de la Valdene 124 N.Y.2d 143, 153 (1953) betraf einen Fremdwährungskontrakt zwischen zwei Franzosen in Frankreich, Zahlungsbilanzauswirkungen waren also ohnehin kaum zu erwarten; vgl Gold Fund Agreement III, 395. 1016 Krit. etwa Gold Fund Agreement II, 195 f; Seuß Devisenkontrollen, 88 f; vgl auch die Problematik der Erfassung internationaler Kreditverträge durch das Devisenkollisionsrecht; IPG 1987-1988 Nr 63 (München) 627, 634 ff. 1013
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
170
maßen erfaßt werden. 1017 „Devisenkontrollbestimmungen" setzen eine imparitätische Behinderung gerade miernationaler Verpflichtungen oder Verfügungen voraus. Daran fehlt es, wo eine vertragliche Gestaltungsform verboten oder Beschränkungen unterworfen wird, ohne daß Richtung und Reichweite der beabsichtigten Wertbewegung für die Tatbestandserfüllung eine Rolle spielen. 1018 In einer Entscheidung des IWF-Exekutivdirektoriums aus dem Jahre 1960 heißt es demzufolge: „Leitlinie für die Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme eine Beschränkung von Zahlungen und Transfers für laufende Transaktionen gemäß Art. VIII, Abschnitt 2 darstellt, ist, ob sie eine unmittelbare staatliche Beschränkung der Verfügbarkeit oder des Gebrauchs von Devisen als solchen beinhal-
(2)
Hinreichend enge Verbindung zum Erlaßstaat
Damit steht zunächst nur fest, daß das Sonderkollisionsrecht des Bretton WoodsAbkommens nicht zum Zuge gelangt. Die Anknüpfungskriterien des Internationalen Devisenrechts mögen gleichwohl von Bedeutung sein, wenn es gilt, jene vom deutschen Richter in casu zu beachtenden ausländischen Regeln zu identifizieren, die die Freiheit der Währungswahl reglementieren. Sucht man den Kern der Problematik abzustecken, können zwei Konstellationen wegen ihrer Eindeutigkeit unbeachtet bleiben. Es handelt sich, aus Sicht des Erlaßsstaates betrachtet, um reine Inlands- und reine Auslandssachverhalte. Sind beide Parteien Gebietsinländer und liegen auch Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort im Inland, gibt es für das deutsche IPR keinen Grund, die betreffende Verbotsnorm unbeachtet zu lassen. Die Anhänger der Schuldstatutstheorie würden meist auf Art. 27 Abs. 3 EGBGB rekurrieren, wonach die zwingenden Bestimmungen des Rechts, mit dem der Sachverhalt (von der Rechtswahl und ggf. einer Gerichtsstandsvereinbarung abgesehen) allein verbunden ist, ungeachtet des Verweisungsvertrages Anwendung finden.1020 Genau genommen reduziert sich die Verweisungsfreiheit auf das von der sachrechtlichen Privatautonomie gewährte Maß und ist daher nur materiellrechtlicher Art. 1021 Wer dagegen eine Sonderanknüpfung nach dem Prinzip der „hinreichend engen Verbindung" befürwortet, hat die Kontaktintensität zwischen Schuldverhältnis und Eingriffsstaat zu prüfen - und im Ergebnis durchgängig zu bejahen: Der Valutakontrakt verwirklicht sich personell in der vom Verbotsstaat zu ordnenden Sozialsphäre, die geplante Wertbewegung spielt sich auf seinem Territorium ab, und auch die Geld- und Währungsordnung des Verbotsstaates als Schutzgut wäre berührt. Denn die Flucht in Auslandswährungen ist geeignet, Mißtrauen in die Stabilität der Heimwährung hervorzurufen und den währungspolitischen Spielraum zu 1 0 1 7 Diese Reichweite folgt unmittelbar aus dem mit derartigen Vorschriften zumindest auch bezweckten Schutz der inländischen Währung. 1 0 1 8 Auf die gesetzgeberische Zielsetzung beim Erlaß von cours forcé-Bestimmungen kann entgegen Seuß Devisenkontrollen, 90 nicht abgestellt werden. Ist schon zweifelhaft, ob der Gesetzeszweck für die Klassifizierung als „Devisenkontrollbestimmung" überhaupt relevant ist (was Seuß selbst ansonsten verneint, aaO 79 ff), so wird man bei cours forcé-Bestimmungen jedenfalls häufig eine doppelte Schutzrichtung antreffen: Sicherung der Währung und Sicherung von Devisenbeständen.
E.B. Decision 1034 - (60/27) vom 1.6.1960, zit. nach Ebke Internationales Devisenrecht, 252. Zur Auslandsberührung iSd Art 2 7 Abs 3 EGBGB siehe Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 2 7 EGBGB Rn 70 f; Chr. v. Bar IPR II, Rn 4 1 9 ; genügen mag etwa der durch die Staatsangehörigkeit beider Parteien vermittelte Auslandskontakt. 1021 Chr. v. Bar IPR II, Rn 417, 4 1 8 . 1019
1020
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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Gunsten verstärkter Auslandsabhängigkeiten zu verkürzen. 1022 Umgekehrt besteht für die hier verfochtene Lehre von der Sonderanknüpfung ausländischen Eingriffsrechts schon per definitionem kein Anlaß, personell und abwicklungstechnisch gänzlich extraterritoriale Vorgänge zu erfassen, sofern die fragliche Valutaverbotsnorm in derartigen Fällen überhaupt anwendungswillig ist. Unsicherheiten verbleiben dort, wo Gebietsangehörige des Verbotsstaates einen Zahlungsvorgang verabreden, der gänzlich außerhalb der betreffenden Staatsgrenzen verläuft; 1023 ferner in Fällen, in denen Gebietsfremde eine Geldschuld im Verbotsstaat abwickeln wollen. Schließlich stehen Konstellationen zur Diskussion, in denen nur eine Vertragspartei im Verbotsstaat ansässig ist oder sich nur ein Teil des Leistungsvorgangs dort abspielen soll. (a)
Deviseninteressen, Währungsdurchsetzung, Währungsstabilität
Das Prinzip der hinreichend engen Verbindung führt, verglichen mit der Schuldstatutstheorie und rein machttheoretischen Ansätzen zur erweiterten Heranziehung ausländischen Rechts durch den deutschen Richter. Mit diesem Entgegenkommen ist jedoch das Problem verbunden, die jeweils maßgeblichen Kontaktkriterien hinreichend scharf und praktikabel zu umreißen, 1024 insbesondere wenn die Schutzgutsauswirkung zur Anknüpfungsmaxime erklärt wird. Im internationalen Devisenrecht hat das Auswirkungsprinzip klare Konturen erhalten. Bei Fremdwährungsverboten wird dagegen schon die Schutzrichtung nicht eindeutig beurteilt. Entsprechend den Ausführungen unter 1. lassen sich Gesichtspunkte der Devisenbewirtschaftung, der Währungsdurchsetzung und solche der Währungsstabilität unterscheiden. Unter dem Aspekt des Schutzes vor Überfremdung des Inlandsmarktes mit Währungseinheiten, die sich inländischer Einwirkung entziehen, gelangt man zu Lösungen, die praktisch denen des bereits skizzierten Devisenkollisionsrechts entsprechen. 1025 Ist die Inanspruchnahme des gebietsansässigen Valutaschuldners aus seinem im Eingriffsstaat belegenen Vermögen ausgeschlossen, läßt der Valutakontrakt die Durchsetzung der Währung dieses Staates unberührt, selbst wenn der Schuldner sich Fremdwährungseinheiten beschaffen muß. Gleiches gilt, wenn der gebietsansässige Valutagläubiger nach dem Vertrag nicht Zahlung im Eingriffsstaat verlangen kann, Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort also im Ausland liegen. Wer daher allein fragt, ob Deviseninteressen des Erlaßstaates be-
1 0 2 2 Die gewählte Währung ist als Kontaktkriterium natürlich unerheblich. Es geht ja gerade um die Verwendung von Währungen, die von jener des Verbotsstaates abweichen. 1 0 2 3 Völlig exotisch sind derartige Konstellationen nicht. Auch § 3 S 1 WährG enthält keine territoriale Begrenzung, nach hM ist sein Geltungsbereich nur personell eingeschränkt (§ 4 9 Abs 1 AWG: Gläubiger und Schuldner müssen Währungsinländer sein); siehe Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn C 2 1 3 ff. Vgl ferner den Sachverhalt der Entscheidung OLG München J Z 1991, 3 7 0 : Schuldner und Gläubiger eines DM-Darlehensvertrages hatten ihren Wohnsitz in Deutschland; ein weiterer Wohnsitz des Schuldners befand sich in Österreich. Die nach österreichischem Recht erforderliche Devisengenehmigung wurde nicht erteilt. Das OLG hielt den Vertrag wegen Art VIII Abschn. 2 (b) IWF-Abk für unklagbar; zu dieser Entscheidung Ebke J Z 1991, 3 3 5 ff; Mann J Z 1991, 6 1 4 f. 1 0 2 4 Einfacher liegen die Dinge, wenn man sich mit der Forderung nach Völkerrechtskonformität und Interessenidentität begnügt; siehe insbes. Kreuzer Ausländisches Wirtschaftsrecht, 90 ff. 1 0 2 5 Vgl auch Grämlich WährG, § 3 Rn 11, der die Frage aufwirft, ob § 3 WährG für den Fall, daß das Schuldverhältnis ausländischem Rechts untersteht, nur Anwendung findet, wenn die Geldschuld in Deutschland begründet und/oder von hier aus zu erfüllen ist.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
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rührt sind oder dessen Währung zurückgesetzt zu werden droht, wird sich zur Begründung einer hinreichend engen Verbindung des Kriteriums der Wertbewegung bedienen, namentlich eine kumulative Anknüpfung an das Recht des Zahlungshandlungs- und dasjenige des Zahlungserfolgsortes befürworten. 1 0 2 6 Soweit aber (auch) Stabilitätsüberlegungen den Hintergrund für Valutaschuldkontrollen bilden, läßt sich zur Begründung einer hinreichend engen Verbindung ferner die besondere Risikostruktur der Fremdwährungsverbindlichkeit heranziehen. Durch Geldschulden, die aus Sicht des normsetzenden Staates „Fremd"-Währungsverbindlichkeiten sind, kann die Stabilität der Währung dieses Staates gefährdet werden, wenn es seine Rechtsordnung ist, zu der der Valutaschuldner durch das Rechtsgeschäft wirtschaftlich die stärkste Verbindung besitzt. 1 0 2 7 Anders formuliert: Das Recht des Eingriffsstaates ist nach dem Kriterium der Schutzgutsauswirkung zur Entscheidung berufen, wenn seine Währung für den Valutaschuldner wirtschaftlich betrachtet die Heimwährung darstellt. Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: Das Fremdwährungsrisiko des Valutaschuldners wirkt sich regelmäßig in der Währung seines Wirtschaftsmittelpunktes aus oder aber in der Währung eines Vermögensteils (Zweigniederlassung, Betriebsstätte etc.), auf den sich das Geldschuldverhältnis bezieht. 1 0 2 8 Drohende oder bereits eingetretene Kursverluste, die er durch Verwirklichung des Fremdwährungsrisikos erleidet, wird er zumeist in dieser Heimwährung zu kompensieren suchen, indem er den Verlust bzw. die Kosten eines Deckungsgeschäfts auf seine Erwerbsgeschäfte umlegt, was wiederum zu Preissteigerungen im Heimwährungsstaat führen kann. 1 0 2 9 Die inflationsfördernde Wirkung von Fremdwährungsklauseln aufgrund von „Weitergabeeffekten" im Wirschaftskreislauf ist im nationalökonomischen Schrifttum zwar nicht unumstritten, 1 0 3 0 aber doch als vertretbar anerkannt. 1 0 3 1 Jedenfalls gehen zahlreiche Währungsbehörden von dieser Prämisse aus. 1 0 3 2 Der Aspekt der Währungsstabilität führt also zu einem personal-territorialen statt zu einem auf die Wertbewegung bezogenen Anknüpfungspunkt. (b)
Zur Bedeutung wirtschaftspolitischer Einschätzungen
Ob der personal-territoriale Anknüpfungspunkt aber zwingend zur Sphäre des Valutaschuldners führen muß, wie es der Konzeption des deutschen Rechts entspricht, 1 0 3 3 ist Folgerichtig Seetzen AWD 1969, 253, 255 f, 257. So in der Sache bereits, wenn auch lediglich auf den Anwendungsbereich des § 3 S 1 WährG bezogen, Schulze RIW 1962, 89, 91, 92; siehe auch noch § 8 I.2.a)bb). Die kollisionsrechtliche Grundlegung auf Basis des Auswirkungsprinzips ist für den hier untersuchten Gegenstand vor allem von W. Braun Geldwertsicherung, 154 ff vertreten worden. 1 0 2 8 S 89 ff. 1 0 2 9 Die Argumentation zu S 1 und zu S 2 des § 3 WährG fällt insofern gleich aus; siehe etwa Fögen Geld- und Währungsrecht, 140 f; Schulze RIW 1962, 89, 91; W. Braun Geldwertsicherung, 152; H.J. Hahn Währungsrecht, 111 f; die Durchsetzung inflationsfördernder Preiserhöhungen wird dem Schuldner natürlich nur gelingen, wenn die Marktsituation dies zuläßt. Je verbreiteter Valutaschulden sind, desto eher haben aber Mitbewerber ähnliche Probleme und werden geneigt sein, in gleicher Weise vorzugehen. 1 0 3 0 Siehe zum Für und Wider etwa Fricke Jura 1987, 591, 595 f. 1031 Issing Indexklauseln und Inflation, 3 ff; H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 29. 1026
1027
1032
H.J. Hahn aaO.
Die zuvor im Text skizzierten stabilitätspolitischen Überlegungen haben den deutschen Gesetzgeber veranlaßt, den Anwendungsbereich des § 3 S 2 WährG dadurch einzuschränken, daß der Schuldner 1033
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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durchaus zweifelhaft. Hinter diesen Zweifeln verbirgt sich eine Problematik grundlegender Art, die die Grenzen des Auswirkungsprinzips für die kollisionsrechtliche Behandlung ausländischen Wirtschaftsverwaltungsrechts betrifft und sich spätestens dann offenbart, wenn § 3 WährG im Zuge der Europäischen Währungsunion ersatzlos aufgehoben werden sollte. Dann nämlich verbietet sich der Gedanke, die Aufgreifkriterien des deutschen Rechts zu bilateralisieren,1034 von vornherein. Schon jetzt wäre mit einem allein hieran orientierten Vorgehen für den deutschen Richter wenig gewonnen. Meist ist die Binnenbeziehung, die einem deutschen Verbotsgesetz genügt, um seinen unbedingten Anwendungswillen durchzusetzen, im Grundsatz auch geeignet, um ein anwendungswilliges ausländisches Verbotsgesetz zu bezeichnen und seine zivilrechtlichen Reflexwirkungen anwendbar zu machen.1035 Doch gelangt § 3 S. 1 WährG infolge § 49 Abs. 1 AWG nur auf Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsansässigen zur Anwendung, was bei spiegelbildlich verkehrter Sachlage ebenfalls allein insoweit eine Sonderanknüpfung gebieten würde, als es um personell gebietsinterne Vorgänge geht. Wichtiger ist, daß die Sonderanknüpfungslehre, will sie überzeugende, typisierende und zugleich praktisch handhabbare Kriterien präsentieren, der Gefahr vorbeugen muß, im wissenschaftlichen und politischen Streit über sachgerechte ökonomische Vorgehensweisen zerrieben zu werden. Denn die wirtschafts- und währungspolitischen Konzepte der einzelnen Staaten divergieren ebenso wie die wirtschaftswissenschaftlichen Einschätzungen potentieller Stabilitätsgefahren. Das heißt zunächst, daß auch dann, wenn das künftige europäische Währungsrecht dem System des § 3 WährG und ensprechender Vorschriften in anderen EU-Mitgliedstaaten (dauerhaft) die Gefolgschaft verwehrt, nicht diskutiert werden darf, ob Valutaschulden stabilitätsgefährdende Wirkungen haben können, sondern - dies unterstellt - sich nur untersuchen läßt, welcher Bezug der Parteien zum Verbotsstaat derartige Gefahren hervorzurufen geeignet ist. Doch auch insofern mag man über die maßgeblichen ökonomischen Effekte geteilter Meinung sein. Das gilt namentlich für die Position von Fremdwährungsgläubigern, die im Verbotsstaat ansässig sind. Ihr durch Preiserhöhungen vorweggenommener Verlustausgleich etwa könnte Nachahmer finden und auf diese Weise ebenfalls zur Inflationsbeschleunigung führen. Was demzufolge naheliegt, das ist die Anerkennung einer gewissen kollisionsrechtlichen Einschätzungsprärogative, bei der lediglich gefragt wird, ob die Inanspruchnahme von Regelungskompetenz seitens des Erlaßstaates ökonomisch völlig unvertretbar ist. Am ehesten plausibel erscheint vor diesem Hintergrund der Ansatz W. Brauns.1036 Ihm zufolge kommt es darauf an, mit welcher Rechtsordnung der Schuldner durch das konkrete Rechtsverhältnis am engsten verbunden ist, wenn die Verbindlichkeit auf Gläubigerwährung lautet. Umgekehrt entscheide der rechtsgeschäftsbezogen stärkste Kontakt des Gläubigers, wenn die Währung des Schuldners Vertragswährung ist. Im Falle einer Drittwährungsklausel sei es geboten, sowohl die für den Schuldner als auch die für den Gläubiger wirtschaftlich relevante Rechtsordnung nach einem etwaigen anwendungswilligen Verbot zu befragen. Damit sind jedoch keineswegs Gebietsansässiger iSd § 4 Abs 1 Nr 5 AWG sein muß; denn „jede ins inländische Wirtschaftsleben eingeordnete und an diesem selbständig mitwirkende Wirtschaftseinheit kann von sich aus die Währungsgefahren hervorrufen", so daß sie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfaßt wird, wenn ihr Rechtsträger in einem anderen Wirtschaftsgebiet ansässig ist; Schulze RIW 1962, 89, 92. 1034 Dafür Chr. v. Bar IPR II, Rn 545 Fn 620; zust Berger Der Aufrechnungsvertrag, 252 Fn 368. 1035 Chr. v. Bar IPR I, Rn 266. 1036 ψ Braun Geldwertsicherung, 155 f, der zugleich mögliche Einschränkungen diskutiert.
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alle Probleme bewältigt. Es bleibt immer noch zu überlegen, wie im Einzelnen der engste wirtschaftliche Bezug einer Partei zum Verbotsstaat zu ermitteln ist, und weiter, ob der betroffenen Partei der Einwand gestattet sein sollte, daß aufgrund der Marktsituation Weitergabeeffekte ausgeschlossen sind. Was ersteres anbelangt, so darf nicht allein mit S 4 Abs. 1 N r 5 und N r 7 AWG gearbeitet werden; in letztgenannter Hinsicht ist die Gefahr zu beachten, daß die kollisionsrechtlich gebotene Typisierung verhindert wird. Schlägt man von hier aus den Bogen zurück zum Ausgangspunkt jener Überlegungen, die die möglichen Zwecksetzungen von Fremdwährungsverboten betrafen, so gelangt man zu dem Ergebnis, daß sachbezogen-territoriale und personal-territoriale Anknüpfungskriterien kumulativ Verwendung finden müssen. 1037 Damit ist der Weg nicht mehr allzu weit zum Karl Neumeyer'sehen Sozialsphäreansatz, dessen Handhabung zwar auch Probleme aufwirft, der aber mit genuin juristischen Kriterien arbeitet, die nicht den Anspruch erheben, Ergebnis präziser Fixierung des fremden Normzwecks zu sein und den aktuellen Stand wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnis umzusetzen. 1038 Indes, unterschiedliche Ergebnisse werden kaum zu verzeichnen sein, und zwar deshalb, weil ausländische Restriktionen der Währungswahl in den seltensten Fällen anwendungswillig sein werden, wenn es an den o.g. Kontaktkriterien fehlt.
b)
Restriktionen der Geldwertsicherung
Ungleich größere Aufmerksamkeit ist seit jeher der kollisionsrechtlichen Behandlung ausländischer wie inländischer Restriktionen der Geldwertsicherung zuteil geworden. Zwischen den Weltkriegen haben vor allem die sog. Goldklauselverbote 1039 - unter denen die amerikanische Joint Resolution vom 5.6.1933 1040 sicherlich am prominentesten ist - zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten und kontroversen Diskussionen geführt. 1041 Zwei Problembereiche sollten unterschieden werden: einerseits die Anknüpfung von Regeln, die die künftige Vereinbarung von Wertsicherungsklauseln reglementieren, andererseits die „Anerkennung" rückwirkender Eingriffe in Geldschulden durch Aufhebung bereits vereinbarter Geldwertklauseln.
1037 AM Reinhuber Grundbegriffe, 216 f mit der zweifelhaften Begründung, wirtschaftspolitisches Währungsrecht sei von statischer Art. 1038 Die vom Regelungsgegenstand herrührenden Unsicherheiten, sachgerechte Anknüpfungskriterien aufzufinden, dokumentieren sich auch in den Stellungnahmen von Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 8 und Reinhuber Grundbegriffe, 217 f. 1039 Goldklauseln traten in Gestalt von Goldmünzklauseln, weit häufiger aber in Form von Goldwertklauseln auf. Goldmünzklauseln begründen nach deutschem Recht unechte Geldsortenschulden, § 245 BGB (S 32 f), Goldwertklauseln dagegen formulieren eine Geldforderung, deren nomineller Umfang vom Wert einer bestimmten Goldmenge abhängt (zB „1 DM = χ Gramm Feingold"); Diirkes Wertsicherungsklauseln, Rn C 83, 236; siehe zu weiteren Beispielen Mann Recht des Geldes, 101 ff und zu Goldklauseln als Rechnungseinheiten S 16 ff. 1040 Public Resolution N r 10-73 D Congress, H.J. Res. 192; Text abgedr. bei R. Mueller RabelsZ 7 (1933) 489 f. Es handelte sich um die für ungewöhnliche Maßnahmen vorbehaltene Rechtsform eines Gesetzes beider Häuser des amerikanischen Kongresses (Joint Resolution). 1041 Eingehend dazu Mann Money in the Law, 280 ff; Böse Anleihen, 86 ff; Raape IPR, 540 ff; M. Gutzwiller Geltungsbereich, 66 ff; Duden RabelsZ 9 (1935) 615 ff; Emst Bedeutung des Gesetzeszweckes, 57 ff.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
aa)
Einschränkungen
mit ex nunc-Wirkung (strikter
(1)
Regelanknüpfung1042
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Nominalismus)
Die Suche nach der Rechtsordnung, deren Bestimmungen darüber entscheiden, ob die Parteien den Umfang einer Geldschuld vom Preisniveau bestimmter Sachwerte, von Indizes oder von Fremdwährungen abhängig machen dürfen, ist eine Suche nach der kollisionsrechtlichen Einordnung des strikten Nominalismus.1043 Abzuwägen gilt es dabei typischerweise das Interesse der lex monetae, selbst über die Stabilität ihrer Währung zu wachen, und das Interesse der lex causae, den Inhalt der Geldschuld auch dem Umfang nach festzulegen. (a)
Währungsstatut
Nicht wenige lösen dieses Spannungsverhältnis in der Weise auf, daß sie das Währungsstatut über die Zulässigkeit von Geldwertsicherungsklauseln entscheiden lassen wollen.1044 Wer zudem die Anknüpfung des Währungsstatuts als kollisionsrechtlichen Vorgang betrachtet,1045 gelangt zur Anwendung der betreffenden Regeln der lex monetae, ohne daß die Parteien den Verweisungsumfang einschränken könnten, und ohne daß es darauf ankäme, ob außer der Schuldwährung noch weitere Bezüge zwischen Vertrag und Währungsstaat bestehen. Für jene dagegen, die eine materiellrechtliche Anknüpfung des Währungsstatuts befürworten,1046 müßten konsequenterweise die Wertsicherungsverbote der lex monetae zur privatautonomen Disposition der Vertragsparteien stehen. In jüngerer Zeit hat vor allem v. Westphalen die währungsrechtliche Qualifikation von Restriktionen der Geldwertsicherung zu begründen versucht, wobei er jedoch die hier gezogene Verbindung zwischen Verweisungstyp und Privatautonomie gerade nicht herstellen will. Statt dessen sieht er einen ganz anderen Zusammenhang. Für v. Westphalen richtet sich die Zulässigkeit einer Wertsicherungsabrede nach dem Recht der in Bezug genommenen Währung, weil die Anknüpfung des Währungsstatuts eine materiellrechtliche
1 0 4 2 Die in der Vergangenheit geführte Diskussion, ob es interessengerechter erscheint, die lex causae oder die lex monetae über die Rechtswirksamkeit von Geldwertsicherungsklauseln entscheiden zu lassen (so noch Böse Anleihen, 86 ff, 94 ff), kann beim heutigen Stand der Kollisionsrechtswissenschaft als dogmatisch überholt bezeichnet werden. Zu differenzieren ist vielmehr zwischen Regelanknüpfung und Sonderanknüpfung. Wann immer ein Staat eine Eingriffsnorm ausprägt, geht es für den deutschen Richter nicht mehr um ein Qualifikationsproblem, sondern darum festzustellen, ob eine hinreichend enge Verbindung zwischen Schuldverhältnis und Eingriffsnorm besteht und ggf ob der deutsche ordre public tangiert ist. 1 0 4 3 Zum Nominalwertprinzip und seinen unterschiedlichen Bedeutungsinhalten siehe S 70 ff. 1 0 4 4 f. Westphalen Exportfinanzierung, 133; ferner Kegel in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 895; Herrn RIW 1961, 61, 62; Fögen Geld- und Währungsrecht, 150 Fn 2 3 0 (letztere ohne nähere Begründung); auch in einem 1935 erstatteten Gutachten des österreichischen OGH über die Verpflichtungen Österreichs aus den amerikanischen Tranchen der Völkerbundanleihe und der internationalen Bundesanleihe 1930 ist davon die Rede, die Joint Resolution sei kraft Währungsstatuts anzuwenden; RabelsZ 9 (1935) 891, 895. Da die fraglichen Anleihen amerikanischem Recht unterlagen und als Zahlungsort New York vereinbart war, kam es auf jene Einschätzung iErg jedoch nicht an. 1045 Fögen Geld- und Währungsrecht, 114 ff. 104ί v. Westphalen Exportfinanzierung, 132; Kegel in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 895.
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sei und daher das Währungsstatut als eigenes Statut neben dem Schuldstatut stehe.1047 Indes muß bereits dem Ausgangspunkt dieser These widersprochen werden. Bei Annahme einer materiellrechtlichen Verweisung ist es das Sachrecht der lex causae (das Schuldstatut), das die Verweisung ausspricht, so daß auch der Umfang der Verweisung von den Wertungen der solchermaßen berufenen Regeln abhängt, namentlich von der durch sie gewährten Privatautonomie. Von einem Verhältnis der Gleichordnung zwischen Schuldstatut und Währungsstatut kann folglich keine Rede sein und zwar selbst dann nicht, wenn das Schuldstatut den von ihm (!) festgelegten Verweisungsumfang zwingend ausgestalten sollte. Gleichordnung von Sachrechten setzte die Entscheidung eines „Rechts über Rechtsordnungen" 1048 voraus. Die Ebene des Internationalen Privatrechts aber bleibt unberührt, sofern sich die Verweisung als eine materiellrechtliche darstellt. Unabhängig von diesen Überlegungen ist v. Westphalen auch insoweit nicht zuzustimmen, als er allein aus dem Verweisungstyp bereits eine Qualifikationsentscheidung ableiten will - im konkreten Zusammenhang zu Gunsten des Währungsstatuts. Wo immer man den Verweisungsbefehl lokalisieren will, im Sachrecht oder im Kollisionsrecht, sein genauer Inhalt ist erst noch anhand der Wertentscheidungen des verweisenden Rechts zu bestimmen, v. Westphalen mag den Gedanken vor Augen gehabt haben, der Verweisungsumfang stehe fest, wenn nur der Einfluß des Parteiwillens ausgeschaltet sei.1049 Doch ist es nicht allein der (wenn auch oft nur hypothetische) Parteiwille, der als materiellrechtliche Qualifikationsgrundlage in Betracht kommt, sondern - wie bei gesetzlichen Valutaschulden ausschließlich vorstellbar auch das positive Recht und seine Wertungen (namentlich § 242 BGB). Aus dem Gesagten läßt sich freilich nicht folgern, daß eine währungsrechtliche Qualifikation von Restriktionen der Geldwertsicherung von vornherein verworfen werden müßte. Immerhin weisen Bestimmungen über den strikten Nominalismus häufig (wie z.B. § 3 S. 2 WährG) einen gesetzestechnischen Zusammenhang mit institutionellen Währungsvorschriften auf; außerdem zielen sie auf die Sicherung oder die Schaffung eines wirtschaftlich stabilen Geldwesens.1050 Angesichts dieses gesetzgeberischen und funktionalen Hintergrundes könnte die Zuordnung zum Währungsstatut durchaus mit der Erwägung zu rechtfertigen gesucht werden, es handele sich um einen „unablösbaren Teil der währungsrechtlichen Ordnung". 1051 Zur Stützung dieser Sichtweise mag man auch die Ausführungen des Bun1047 v. Westphalen Exportfinanzierung, 133; ergänzend verweist er darauf, daß eine Art 7 EU-SchVÜ entsprechende Fassung des Art 34 EGBGB nicht Gesetz geworden ist und es demzufolge mangels gesetzlicher Regelung bei den bisherigen kollisionsrechtlichen Anknüpfungen bleibe. Dieser Umstand spielt freilich nur für die Anknüpfung ausländischer Eingriffsnormen eine Rolle; über die internationalprivatrechtliche Regelanknüpfung besagt er nichts. 1048 Ausdruck von Neuhaus IPR, 2. 1049 Ygj j, w e s t p f , a i e n Exportfinanzierung, 132. 1050 M. Gutzwiller Geltungsbereich, 68 ff. 1051 So Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 300 über den „Annahmezwang zum Nennwert". Karl Neumeyer selbst nimmt eine nicht widerspruchsfreie Haltung ein. Den schuldrechtlichen Nominalismus ordnet er dem Währungsstatut zu, was Entsprechendes auch für Restriktionen der Geldwertsicherung nahelegte. Indes differenziert er dabei zwischen Bestimmungen, die dem Schutz der Währung dienen und solchen, die den Schuldnerschutz zum Ziel haben; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 338 ff. Vorschriften der erstgenannten Gruppe seien notwendig auf den Schutz der inländischen Währung beschränkt und müßten zur Geltung kommen, „wo immer unter dem Rechtsschutz des Inlands eine Zahlung in inländischer Währung erfolgt" (339 f). Handle es sich um (ausländische) Bestimmungen, die den Schutz einer fremden Währung bezwecken, sei eine Anwendung im Inland ausgeschlossen,
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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desverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 3. Oktober 1972 heranziehen, in dem es um die Verfassungsmäßigkeit des § 3 S. 2 WährG geht.1052 In der Entscheidung heißt es: „Der Nominalismus gilt nicht nur in der Bundesrepublik, er ist weltweit anerkannt... Er dient nicht nur der Stärkung der Staatsautorität und des Ansehens der Währung, sondern auch unmittelbar der Geldwertstabilität, die allgemein als ein vordringliches Ziel und überragendes Gut angesehen wird. Der Nominalismus ist ein grundlegendes, unverzichtbares Prinzip unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung. Wertsicherungsklauseln sind sowohl wegen des ihnen innewohnenden Automatismus als auch wegen ihrer psychologischen Voraussetzungen und Wirkungen geeignet, die Stabilität der Währung zu beeinträchtigen. Das Verbot von Gleitklauseln gehört zu den Mitteln, die zur Erreichung der Geldwertstabilität ganz besonders geeignet und unter dem bestehenden Wirtschaftssystem unverzichtbar sind."1053 Schließlich könnte die Zuordnung von Restriktionen der Geldwertsicherung zum Währungsstatut durch das Argument gestützt werden, eine schuldrechtliche Qualifikation verfehle den Zweck des strikten Nominalismus. Denn wenn der Gläubiger die Obligation nicht in der Währung der lex causae begründe, liefen sowohl die Beschränkungen der lex monetae (auf sie ist nicht verwiesen) als auch die der lex causae (sie beziehen sich nur auf die eigene Währung) ins Leere.1054 (b)
Schuldstatut
Es war bereits wiederholt davon die Rede, daß das Währungsstatut nicht die Gesamtheit,1055 sondern nur einen Teil der währungsrechtlichen Vorschriften des Staates umfaßt, auf dessen Recht durch die Festlegung der (Schuld-, Berechnungs- oder Zahlungs-)Währung verwiesen worden ist. Auf Grundlage der hier vertretenen Doktrin von der materiellrechtlichen Inkorporation des Währungsstatuts als lex contractus entscheidet grundsätzlich der Parteiwille über die Reichweite der Verweisung.1056 Währungsrechtliche Regeln, die von dieser materiellrechtlichen Verweisung ausgenommen sind, finden nur dann auf das Valutaschuldverhältnis Anwendung, wenn sie vom Währungsstaat als international zwingend ausgestaltet worden sind und die vom IPR des Forums aufgestellten Voraussetzungen für die Sonderanknüpfung ausländischer Eingriffsnormen erfüllen.1057 denn kein Staat habe die Verpflichtung, öffentlichen Einrichtungen eines anderen Staates auf Kosten der Schuldvertragsparteien aktive Förderung zu gewähren (343). Anderes gelte für Restriktionen der Geldwertsicherung zum Schutz des Schuldners (344); insoweit scheint Karl Neumeyer einer Anknüpfung an die lex causae zuzuneigen. Krit. zum Konzept Karl Neumeyers vor allem Schmid Kollisionsrechtliche Probleme, 94 ff. 1052 BVerwGE 41, 1 ff. 1053 BVerwGE 4 1 , 1 , 5. 1054 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 297, der mit diesem Gedankengang jedoch die währungsrechtliche Qualifikation des schuldrechtlichen Nominalismus verteidigt. 1055 So aber anscheinend v. Westphalen Exportfinanzierung, 132 f, der auf eine eingehende Qualifikation und damit auf eine Abgrenzung zum Schuldstatut verzichtet. 1056 S 107 ff. 1057 Lautet dagegen eine unter ausländischem Recht als Schuldstatut begründete Geldschuld auf Deutsche Mark, so finden die deutschen währungsrechtlichen Eingriffsnormen vor einem deutschen Forum in jedem Falle Anwendung; siehe S 167 f. Das Kriterium der „hinreichend engen Verbindung" spielt dann nur insoweit eine Rolle, als es um die sachgerechte Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen der betreffenden Regeln geht.
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Die Anwendung ausländischen Währungsrechts kann dem deutschen Richter mithin auf zweierlei Weise vorgeschrieben werden: durch das jeweilige (deutsche oder ausländische) Sachrecht oder das (deutsche) Kollisionsrecht. Bei alledem m u ß man sich darüber im Klaren sein, daß die Kategorie „Währungsrecht" im hier allein interessierenden verweisungsrechtlichen Zusammenhang genau genommen als Qualifikationskriterium nur wenig geeignet ist. Denn ein Systembegriff „Währungsrecht" mag für das Staats- und Verwaltungsrecht eine Rolle spielen, dem Kollisionsrecht ist er ebensowenig vorgegeben wie dem materiellen Schuldrecht. 1058 Für die Zwecke des Privatrechts erschöpft er sich in der Funktion eines phänotypischen Sammelausdrucks für Regeln, die die Verwaltungsinstitution Währung selbst konstituieren, ihren Gebrauch, ihre Sicherung und ihre Durchsetzung im Rechtsverkehr zum Gegenstand haben. Der Umfang des Währungsstatuts hat sich daher nicht primär am Terminus „Währungsrecht" zu orientieren, es kommt vielmehr darauf an, welche „währungsbezogenen" Regeln des Währungsstaates nach Maßgabe des Parteiwillens oder des Gesetzeszwecks in das Schuldverhältnis einzubeziehen sind. 1059 Und ob ausländisches Eingriffsrecht im Inland anzuwenden ist, bestimmt sich grundsätzlich ebenfalls unabhängig davon, ob man es aus hiesiger Sicht als Währungsrecht betrachten will oder als Geldrecht, Devisenrecht, Außenhandelsrecht etc. einordnet. 1 0 6 0 (aa) Institutioneller oder imperativer Gehalt von Wertsicherungsverboten? Die Identifizierung der zum Währungsstatut zählenden Rechtsregeln muß bei der Überlegung ansetzen, daß die privatautonome oder gesetzliche Bestimmung der Schuldwährung die Festlegung des Leistungsgegenstandes zum Inhalt hat. 1061 Verwiesen wird also auf das institutionelle Regelwerk, welches die betreffende Währung konstituiert, jedenfalls soweit es der Bestimmung des Gegenstandes der Schuld dient, z.B. Gestalt und Stückelung der auf sie lautenden Geldzeichen festlegt. Wie weit die Verweisung auf den institutionellen Rahmen reicht, kann in casu ebenso Schwierigkeiten aufwerfen (Stichwort: rekurrenter Anschluß) wie der Umfang der Einbeziehung von Regeln der lex monetae im übrigen (Stichwort: Aufwertungsrecht). W. Mayer etwa formulierte, es werde nur der „Apparat der Währung" in das Schuldverhältnis implantiert, 1062 und M. Gutzwiller verstand unter institutio-
1058 Selbst wenn eine nationale Kollisionsnorm zur Umschreibung ihres Verweisungsgegenstandes den Begriff „Währungsrecht" verwendete, bedürfte es doch einer autonomen Auslegung, um den Kreis der erfaßten Privatrechtsregeln (!) zu bestimmen. Entsprechendes wäre bei einer materiellrechtlichen Verweisungsregel festzustellen. 1059 Ohne daß dabei praktische Unterschiede zu beobachten wären, läßt sich natürlich zunächst fragen, ob eine Bestimmung überhaupt eine Währungsvorschrift darstellt und bejahendenfalls ermitteln, ob sie zum Währungs- oder zum Schuldstatut zu rechnen bzw gegebenenfalls gesondert anzuknüpfen ist; so zB W. Braun Geldwertsicherung, 133 f. Soll dem ersten Schritt eigenständige rechtliche Relevanz zukommen, müßte freilich noch die Qualifikationsgrundlage festgelegt werden. Es ist aber ebenfalls möglich, nur solche Normen als währungsrechtlich zu titulieren, die über das Währungsstatut in das Schuldverhältnis einbezogen werden; so zB Nussbaum Das Geld, 177; Duden RabelsZ 9 (1935) 615, 620 f; Schmid Kollisionsrechtliche Probleme, 89 f. 1060 Eine gewisse Bedeutung gewinnt die Kategorisierung bei der Frage nach der hinreichend engen Verbindung zwischen Eingriffsnorm und Schuldverhältnis; siehe S 121 ff. 1061 W. Mayer Valutaschuld, S 37 f, 43; Böse Anleihen, 87; W. Braun Geldwertsicherung, 134. 1062 W. Mayer Valutaschuld, 43.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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nellen Währungsgesetzen jene, die ein „sachliches Postulat, einen geforderten Rechtszustand, ein Wertmaß, eine Einrichtung als solche zu verwirklichen trachten." 1063 Grundsätzlich läßt sich aber feststellen, daß die materiellrechtliche Bezugnahme diejenigen Normen nicht umfaßt, mit denen der Währungsstaat den Parteien ein bestimmtes Verhalten abverlangt, insbesondere ihre schuldrechtliche Gestaltungsfreiheit reglementiert. 1064 Die Parteien des Valutaschuldverhältnisses haben regelmäßig kein Interesse daran, daß das Recht des Währungsstaates über die nähere Bestimmung des Schuldgegenstandes hinaus auch noch die Art und Weise seiner Verwendung oder sonstige Fragen des Inhalts der Obligation festlegt. Die Parteien wollen von der Verwaltungsinstitution Währung Gebrauch machen, dies aber gemäß ihren eigenen Vorstellungen. Entsprechend fällt die Wertung bei gesetzlichen Fremdwährungsverbindlichkeiten aus. Bei der Vereinbarung von Geldwertsicherungsabreden ist diese Interessenlage besonders klar erkennbar. Derartige Klauseln sollen die Geldschuld ja gerade aus der Abhängigkeit von (Wert-)Schwankungen der Schuldwährung herauslösen. 1065 Das Anliegen der Parteien steht demjenigen des Währungsstaates also diametral entgegen. Angesichts des hier befürworteten Primats des Schuldstatuts erweist sich auch der Streit als müßig, ob die Gesetzgebung über Wertsicherungsklauseln, sofern sie sich allein auf die Währung des Erlaßstaates bezieht, wirklich nur dessen Währung schützen soll1066 oder nicht doch institutionellen Charakter aufweist bzw. aufweisen kann, 1067 weil es sich um einen „Baustein des monetären Gebäudes", 106e eine „Währungsmaßnahme im technischen Sinne" 1069 oder eine „Geltungsgrundlage der Währung" 1 0 7 0 handelt. Solche Abgrenzungen mögen für die Einschätzung einer Bestimmung als Eingriffsnorm relevant werden können, nicht hingegen für eine Regelzuordnung zum Währungsstatut. Nur so lassen sich auch die Ausführungen des BVerwG zu § 3 S. 2 WährG einordnen. (bb) Auswirkungen auf Privatautonomie und Schuldinhalt In den Blick zu nehmen sind folglich weniger die wirtschafts- und währungspolitischen Hintergründe einer Norm des Währungsstaates als vielmehr ihre Auswirkungen auf den Inhalt der Geldschuld. Wertsicherungsklauseln bewirken eine Dynamisierung der Schuldsumme, indem sie die Zahlungsverbindlichkeit qua Parteiabrede von den Grundsätzen des 1063
M. Gutzwiller Geltungsbereich, 70. Böse Anleihen, 87; W. Braun Geldwertsicherung, 134. 1065 OGH Saar, mitgeteilt in RabelsZ 9 (1935) 275; Nussbaum Das Geld, 177; ders IPR, 257; Schmid Kollisionsrechtliche Probleme, 90 (letzterer allerdings mit der unzutreffenden Annahme, bei Vereinbarung einer Sachwertklausel laute die Geldschuld nicht auf die Schuldwährung, sondern auf den Wert einer Sache, weshalb es an der Beziehung zu einer Währung fehle); Böse Anleihen, 87; W. Braun Geldwertsicherung, 135. 1066 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 338 ff. 1067 Die Einschränkung ist vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der amerikanischen Joint Resolution geboten. Dieses Gesetz war Teil umfassender legislatorischer Maßnahmen zur Loslösung des Dollars vom Goldstandard; insbes. wurde der Dollar abgewertet und ein Zwangskurs für Banknoten eingeführt. In Konstellationen dieser Art mag eine institutionelle Einordnung näher liegen als bei Gesetzen, die nur der Bekämpfung inflationärer Tendenzen dienen, ohne daß damit zugleich eine völlige Neugestaltung des Geldwesens einherginge. M. Gutzwiller Geltungsbereich, 68 ff. 1069 OGH Wien RabelsZ 9 (1935) 891, 895. 1070 W. Mayer Valutaschuld, 46 Fn 12. 1064
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geldschuldrechtlichen Nennwertprinzips abkoppeln. Der geldschuldrechtliche Nominalismus selbst zählt zum Gegenstandsbereich des Schuldstatuts, weil es dabei um die Bestimmung des Quantums der Schuld geht, genauer: darum, ob und inwieweit Geldwertveränderungen im Zeitraum zwischen Begründung und Erfüllung der Schuld die Anzahl der vom Geldschuldner zu leistenden Währungseinheiten automatisch beeinflussen. 1071 Wenn nun Restriktionen der Geldwertsicherung der privatautonomen Valorisierung von Geldschulden Grenzen setzen, ist ebenfalls der nominelle Umfang der Schuld betroffen. Verweisungsrechtlich stehen geldschuldrechtlicher Nominalismus und strikter Nominalismus in engem Zusammenhang. Sofern sich aus dem konkreten Schuldverhältnis nichts Abweichendes ergibt, 1072 entscheidet ein und dieselbe Rechtsordnung darüber, ob eine Zahlungsverbindlichkeit ohne weiteres Zutun Geldsummenschuld ist, wie auch darüber, unter welchen Voraussetzungen den Parteien gestattet ist, diesen Grundsatz abzubedingen. 1073 Jenseits gesondert anzuknüpfender Eingriffsnormen ist es also das Schuldstatut, nach dessen Regeln sich die Zulässigkeit vertraglicher Geldwertsicherungen bemißt. 1074 (cc)
Schutzzwecke und Gesetzesumgehung
Wer gegenteilig entscheidet und über das Währungsstatut die lex monetae befragt, müßte ohnehin danach differenzieren, welche Zielrichtung dem jeweiligen Wertsicherungsverbot innewohnt, mit der Folge daß aus Sicht des verweisenden Schuldstatuts Zusammengehörendes auseinandergerissen würde. Nicht alle Restriktionen vertraglicher Geldwertsicherung nämlich dienen dem Schutz der Währung des Erlaßstaates und beziehen sich allein auf Geldschulden, die in dieser einen Währung denominiert sind. Andere Wertsicherungsverbote wollen den Schuldner vor Überlastungen bewahren; ihr sachrechtlicher Anwendungsbereich ist demzufolge nicht notwendigerweise auf eine bestimmte Schuldwährung beschränkt, 1075 ein Bezug zur währungsrechtlichen Ordnung scheidet von vornherein aus. 1076 Der Schuldnerschutz aber fällt, wie generell der Ausgleich zwischen Parteiinteressen, in den Gegenstandsbereich des Schuldstatuts. Wollte man dessen ungeachtet auch schuldnerschützende Wertsicherungsverbote dem Währungsstatut zurechnen, wären Va1071 1072
Oben S 3 I. Gemeint ist eine abweichende Teilverweisung kollisionsrechtlicher oder materiellrechdicher
Art. 1 0 7 3 So auch der Standpunkt des schweizerischen IPR-Gesetzes in Art 147 Abs 2: „Die Wirkungen, die eine Währung auf die Höhe einer Schuld hat, richten sich nach dem auf die Schuld anwendbaren Recht." 1 0 7 4 Das Schuldstatut halten jedenfalls im Ausgangspunkt für maßgebend RG J W 1936, 2 0 5 8 , 2 0 6 0 f, BGH W M 1960, 940, 9 4 2 ; OLG Düsseldorf IPRspr 1934 Nr 93 b (300 f); OLG Köln J W 1936, 203 f; OLG Saar, mitgeteilt in RabelsZ 9 (1935) 2 7 5 ; LG Düsseldorf IPRspr 1 9 3 4 Nr 93 a (298, 299); LG Essen IPRspr 1934 Nr 9 9 (207, 2 0 8 f); Nussbaum Das Geld, 177 f; ders Money in the Law, 4 2 3 ; Raape IPR, 5 4 0 ff; Martin Wolff, IPR3, 161 f; Duden RabelsZ 9 (1935) 615, 624, 6 2 8 ; Schmid Kollisionsrechtliche Probleme, 89 f; G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 115 f; Niederer FG Grossmann, 274, 2 8 6 f; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 35, Vischer Probleme des Währungsrechtes, 4 2 5 , 4 3 6 ; Reinhuber Grundbegriffe, 126; in der Frage, ob daneben die lex monetae im Wege der Sonderanknüpfung zum Zuge kommen kann, lassen die zit. Entscheidungen und Autoren allerdings keine Einmütigkeit erkennen. 1075 van Hecke IntEncCompL III/36, 8; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 338, 344. 1 0 7 6 Rechtstechnisch handelt es sich um Geldrechtsregeln, die - wie zB auch §§ 2 7 0 Abs 1, 4 iVm 2 6 9 Abs 1 BGB - Zahlungsverbindlichkeiten schlechthin erfassen wollen.
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lutaschuldner entgegen den Intentionen des Gesetzgebers in geringerem Maße geschützt als Heimwährungsschuldner. 1077 Spricht demnach alles dafür, schuldnerschützende Wertsicherungsverbote dem Schuldstatut zuzuordnen, gebietet nicht zuletzt das Interesse an verweisungsrechtlicher Klarheit eine einheitliche Behandlung von Restriktionen der Geldwertsicherung. Abschließend ein Wort zu dem auch mit Richtung auf den strikten Nominalismus vorstellbaren Argument, nur die Einbeziehung in das Währungsstatut verhindere, daß die Parteien Valutaschulden beliebig valorisieren können. 1078 Es ist im Bereich der Regelanknüpfung allein eine Entscheidung des als Schuldstatut maßgeblichen Sachrechts, in welchem Umfang ausländisches Währungsrecht in das Valutaschuldverhältnis einbezogen wird. Schuldnerschützende Restriktionen der Geldwertsicherung, die die lex causae aufstellt, werden in aller Regel auch Verbindlichkeiten in ausländischer Währung erfassen, währungsschützende Bestimmungen der lex causae dagegen beziehen sich nur auf die eigene Währung. Will der ausländische Währungsstaat den Schutz seines Geldwesens mittels Wertsicherungsverboten auch gegenüber inländischem Recht als Schuldstatut durchsetzen, muß er eine dahingehende Eingriffsnorm ausprägen. Dann liegt die Verantwortung über die Anwendung der privatrechtlichen Reflexwirkungen der betreffenden Regel nicht mehr beim Sachrecht, sondern beim Sonderkollisionsrecht für ausländische Eingriffsnormen. Unterhalb der Schwelle international zwingender Normen ist es nicht unbillig, die von der lex causae gewährte Privatautonomie einzuschätzen als die Interessen des ausländischen Währungsstaates. (2)
Sonderanknüpfung ausländischer Wertsicherungsverbote
(a)
Hinreichend enge Verbindung
Damit steht die Frage im Raum, wann denn der deutsche Richter, der über eine nach deutschem Recht als Schuldstatut eingegangene Fremdwährungsverbindlichkeit zu entscheiden hat, verpflichtet ist, international zwingende Wertsicherungsverbote einer ausländischen Rechtsordnung, vor allem solche der lex monetae, 1079 normativ zu beachten. Eingriffscharakter kommt derartigen Bestimmungen aus Sicht ihres Erlaßstaates typischerweise dann zu, wenn sie währungsschützend sind, namentlich wenn nur die Valorisierung von Heimwährungsschulden reglementiert wird. Unter stabilitätspolitischen Aspekten und damit aus Sicht der normativ verfolgten öffentlichen Interessen spielt es keine Rolle, welches Recht der Zahlungsverbindlichkeit als Schuldstatut zugrunde liegt. 1080 In jedem Fall ist die Einschätzung des normsetzenden Staates entscheidend, nicht diejenige des Forums. Geboten 1 0 7 7 In der Praxis wird allerdings die lex causae derartige Regeln meist als ius cogens ausgestalten, so daß im Wege materiellrechtlicher Verweisung auf das Währungsstatut ohnehin nicht von ihnen abgewichen werden könnte. 1078 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 2 9 7 . 1 0 7 9 Im Rahmen einer Untersuchung über Fremdwährungsverbindlichkeiten spielen naturgemäß deutsche Eingriffsnormen insoweit keine unmittelbare Rolle, als sie die Sicherung der Deutschen Mark bezwecken und demzufolge eine in DM denominierte Geldschuld voraussetzen. Zur spiegelbildlichen Heranziehung der Aufgreifkriterien des § 3 S 2 WährG bei ausländischen Eingriffsnormen siehe sogleich unter (b). 1 0 8 0 Vgl zB Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 165 zu § 3 S 2 WährG; Seetzen AWD 1969, 253, 257.
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
ist im übrigen auch hier eine Sonderanknüpfung nach dem Prinzip der hinreichend engen Verbindung. 1081 Die nötige Kontaktintensität zwischen Geldschuldverhältnis und ausländischem Erlaßstaat wird hierbei nicht schon dadurch hergestellt, daß es dessen Währung ist, die die Parteien gewählt haben. 1082 Ein derartiger Ansatz sähe sich zunächst ähnlicher Kritik ausgesetzt, wie sie bereits gegenüber der Schuldstatutstheorie formuliert wurde. 1083 Es fehlte an einer Begründung für den behaupteten Konnex zwischen mikrofunktionaler Parteidisposition und makrofunktionalem Wirtschaftslenkungsanspruch des Verbotsstaates. 1084 Anders ausgedrückt: Das Interesse des Währungsstaates, den Gebrauch seiner Währung auch im internationalen Bereich zwingend zu regeln, ist nicht schlechthin qua Natur der Sache anzuerkennen, sondern abhängig von den (sonstigen) Kontakten, die das konkrete Geldschuldverhältnis zu dem betreffenden Staat aufweist. Auch das Internationale Devisenrecht zeigt, daß es immer darauf ankommt, wer von der Währung Gebrauch macht und/oder wo dies geschieht. 1085 Terminologisch ähnlich wie in Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWF-Abkommens sind also auch hier anhand schuldgegenstandsexterner Kriterien jene Rechtsgeschäfte zu identifizieren, die die Währung des normsetzenden Staates „berühren". 1086 Damit korrespondiert der Umstand, daß deutsches Eingriffsrecht aufgrund seiner öffentlichrechtlichen Verankerung nur für solche Sachverhalte Geltung beansprucht, die zum Inland eine räumliche (territoriale) oder persönliche (Staatsangehörigkeit, Sitz) Beziehung aufweisen. 1087 Es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß ausländischem öffentlichen Recht vom deutschen IPR darüber hinausgehende Wirkungen zugestanden werden sollen. Entsprechend den Ausführungen zur Sonderanknüpfung ausländischer Restriktionen der Währungwahl 1088 sind auf Basis des Auswirkungsprinzips fremde Wertsicherungsverbote für den deutschen Richter beachtlich, sofern die Gefahr besteht, daß sich die konkrete vertragliche Geldwertrisikoaufteilung inflationsgefährdend und damit stabilitätsbeeinträchtigend auf die Wirtschaftsordnung des Erlaßstaates auswirkt. 1089 Abermals gilt es zu konstatieren, daß über die Tauglichkeit derartiger Regeln, dem selbstgesteckten Ziel dienlich zu sein, ökonomischer Streit besteht und auch über den genauen Zusammenhang zwischen verbotenem Verhalten und potentieller Schutzgutsbeeinträchtigung Unklarheit herrscht. Es verbleiben daher bei Regeln, die § 3 S. 2 WährG gleichen, beträchtliche Randunschärfen, die im Interesse praktischer Handhabbarkeit der kollisionsrechtlichen Regelbildung entweder durch vollständige Abkehr vom Auswirkungsgedanken zu vermeiden
1081 Bei ausländischen Bestimmungen nach Art des § 3 S 2 WährG ist Art VIII Abschn. 2 (b) des IWF-Abk, wie sich aus den Ausführungen auf S 169 ergibt, von vornherein nicht einschlägig; siehe auch Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 170; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 116. 1082 Anderenfalls würde praktisch nur der Wille des normsetzenden Währungsstaates über die Unterscheidung zwischen Regel- und Sonderanknüpfung befinden. 1083 Reinhuber Grundbegriffe, 216. 1084 Reinhuber aaO; siehe ferner W. Braun Geldwertsicherung, 134 f. 1085 S 122 f. 1086 Die Vorstellung einer „Unterwerfung" unter die Verbotsnormen des Währungsstaates paßt hier noch weniger als schon im Bereich der Regelanknüpfung. 1087 Vogel Anwendungsbereich, 348, 398 f. 1088 S 170 ff. 1089 W. Braun Geldwertsicherung, 155; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 116; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 25; wohl auch Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 436.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
183
oder mit Hilfe einer nichtjustitiablen Einschätzungsprärogative des normsetzenden Staates veerweisungsrechtlich zu akzeptieren. Das aus dem Verfassungs- und Verfassungsprozeßrecht her 1 0 9 0 bekannte Dogma von der Einschätzungsprärogative des Normgebers fußt auf dem Gedanken, daß namentlich im wirtschaftslenkenden Bereich die Beurteilung künftiger Entwicklungen und Gefahren wie auch die Wege zu ihrer Bewältigung, mit Unterschieden je nach Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, einer an Recht und Unrecht orientierten Betrachtungsweise nicht zugänglich sind. 1091 Wo es an volkswirtschaftlich präziser Erkenntnis fehlt, dürfen die Gerichte ihre - ebensowenig strikt beweisbaren - Überzeugungen nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. 1092 Dies gilt in besonderem Maße für Vorgänge internationaler Art. Bei Sachverhalten in einem Raum, „der von der deutschen Rechtsordnung nicht mit alleinigem Gültigkeitsanspruch beherrscht wird, ist die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers größer als bei der Regelung von Rechtsbeziehungen mit inländischem Schwerpunkt". 1093 Es spricht alles dafür, dieses Konzept auch für die kollisionsrechtliche Behandlung ausländischer Eingriffsnormen fruchtbar zu machen und im Einzelfall lediglich zu fragen, ob die fremdstaatliche Regelung in vertretbarer Weise dem Stabilitätsschutz dient. Eindeutig liegen die Dinge vom Ansatz her, wenn es der Erlaßstaat ist, mit dem der Schuldner durch das Rechtsverhältnis wirtschaftlich die engste Verbindung besitzt. 1094 In diesem Staat wird der Schuldner typischerweise seine Geldwertverluste in den Wirtschaftskreislauf weiterzugeben suchen, was zu den bereits angesprochenen Destabilisierungswirkungen führen kann. Die Währung des Erlaß- und damit Eingriffsstaates darf m.a.W. aus der Perspektive des Schuldners keine Fremdwährung sein, sondern muß dessen Heimwährung darstellen. Wohnsitz bzw. Sitz, Wirtschaftsmittelpunkt, Belegenheit einer Wirtschaftsniederlassung oder Betriebsstätte - diese personal-territorialen Berühungspunkte zur Wirtschaftsordnung des Verbotsstaates können eine Rolle spielen, je nachdem, worauf sich das konkrete Geldschuldverhältnis bezieht. Sonstige Kontaktkriterien sind problematisch. Immerhin wird aber im juristischen Schrifttum vertreten, daß auch wertgesicherte Verbindlichkeiten Gebietsfremder die Währung des Verbotsstaates destabilisieren können. 1095 Ob es sich dabei tatsächlich um einen ökonomisch plausiblen Befund handelt 1096 und ggf. welche Kontaktkriterien in Betracht kommen (Gläubigersphäre, Wertbewegung) 1097 mag hier unerörtert bleiben. Jedenfalls soweit (auch) die Valorisierung von Valutaschulden beschränkt wird, handelt es sich der Sache nach um eine Maßnahme gegen die Verwendung von Fremdwährungen, mit der einer „Überfremdung" des Inlandsmarktes entgegengewirkt werden soll. In einer solchen Konstellation ist es sicher vertretbar, den erforderlichen Kontakt zwischen Eingriffsstaat
1 0 9 0 Zur etwas anders gelagerten Problematik im Verwaltungsrecht siehe etwa Redeker/v. Oertzen VwGO, § 114 Rn 14 ff; Maurer Allgemeines Verwaltungsrecht, 130 ff. 1 0 9 1 Besonders anschaulich BVerfGE 50, 290, 3 3 2 ff (zur Verfassungsmäßigkeit des MitbestG 1976) siehe zuletzt BVerfG ZIP 1998, 733, 7 3 7 f zur Verfassungsmäßigkeit der Euro-Einführung. 1 0 9 2 BVerfGE 25, 1, 17. 1 0 9 3 BVerfGE 92, 26, 4 1 f.
1094
W. Braun Geldwertsicherung, 155.
Etwa K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 205, § 2 4 4 Rn 4 2 ; Seetzen 1969, 253, 257. 1 0 9 6 Dagegen W. Braun Geldwertsicherung, 150 ff. 1095
1097
Dafür Seetzen AWD 1969, 253, 257.
AW D
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
184
und Schuldverhältnis von der Belegenheit des Leistungshandlungs- und der des Leistungserfolgsortes abhängig zu machen. 1 0 9 8 (b)
Bilateralisierung des § 3 S. 2 W ä h r G
(aa)
Grenzen einer Vereinfachung für die Praxis
In der Praxis wird oftmals die spiegelbildliche Anwendung der Aufgreifkriterien des § 3 S. 2 W ä h r G zum zutreffenden Ergebnis führen. 1 0 9 9 Die Beschränkung des § 4 9 Abs. 1 A W G auf Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsansässigen bezieht sich nur auf S. 1 des § 3 W ä h r G , nicht
auch
auf S. 2
der N o r m .
Zahlungsverbindlichkeiten,
Erfaßt werden
nach
h.M.1100
wertgesicherte
deren Schuldner in Deutschland ansässig sind, wobei
DMdas
Merkmal „Ansässigkeit" sich nach § 4 Abs. 1 S. 5 A W G 1 1 0 1 richten soll, so daß im Ergebnis alle im Inland tätigen „Wirtschaftssubjekte" dem gleichen Genehmigungsvorbehalt unterliegen. Die Beschränkung auf Verbindlichkeiten gebietsansässiger Schuldner (Forderungen gebietsansässiger Gläubiger bleiben unberücksichtigt) ist zwar nicht dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen, 1 1 0 2 soll aber aus der „begrenzten Reichweite des deutschen Währungs-
Seetzen AWD 1969, 253, 257. Daß § 3 S 2 WährG wie Satz 1 eine Eingriffsnorm darstellt, dh unabhängig davon Anwendung verlangt, ob das Schuldverhältnis deutschem oder ausländischem Recht unterliegt, ist im Grundsatz unbestritten; siehe nur Grämlich WährG, § 3 Rn 11; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 23; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 116; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 2 0 5 ; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 21; Roberti Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 163 ff; Reinhuber Grundbegriffe, 126, 131; Fögen Geld- und Währungsrecht, 150 Fn 238 (allerdings mit der unzutreffenden Begründung, die Norm zähle zum Währungsstatut und könne deshalb (!) von den Parteien nicht durch Vereinbarung eines anderen Rechts abbedungen werden). Die Befürchtung H.J. Hahns Währungsrecht, 390, der BGH könne anderer Auffassung sein, dürfte jedenfalls hinsichtlich § 3 S 2 WährG unbegründet sein. Die von H.J. Hahn zit. Entscheidung BGH W M 1960, 640, 642 betraf einen Fall, in dem deutsches Recht Schuldstatut war, die Parteien zur Zeit der Währungsreform aber nicht mehr in Deutschland gelebt haben. Die Frage, ob die in Rede stehende Goldklauselvorschrift der Berliner Umstellungsverordnung einem ausländischen Schuldstatut weicht, stellte sich nicht. Soweit die Rechtsprechung bei der Beurteilung ausländischer Eingriffsnormen allerdings der Schuldstatutstheorie folgt, beurteilt sie auch die Rechtswirksamkeit von Wertsicherungsklauseln nach dem Recht, das die Obligation beherrscht. 1098
1099
1100 Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn C 213; Grämlich WährG, § 3 Rn 11; Robertz Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln, 159 f; Haße ZfK 1981, 4 5 8 ; HJ. Hahn Währungsrecht, 389; Schulze RIW 1962, 89, 90, 92; zweifelnd K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 2 0 5 , § 244 Rn 42. 1 1 0 1 § 4 Abs 1 AWG: „Im Sinne dieses Gesetzes sind ... 5. Gebietsansässige: natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Wirtschaftsgebiet, juristische Personen und Personengesellschaften mit Sitz oder Ort der Leitung im Wirtschaftsgebiet; Zweigniederlassungen Gebietsfremder im Wirtschaftsgebiet gelten als Gebietsansässige, wenn sie hier ihre Leitung haben und für sie eine gesonderte Buchführung besteht. Betriebsstätten Gebietsfremder im Wirtschaftsgebiet gelten als Gebietsansässige, wenn sie hier ihre Verwaltung haben. Zum Wortlaut der Nr 7 (Gebietsfremde) siehe Fn 1011. 1 1 0 2 Teilweise wird allerdings der Ausdruck „eingegangen werden" in § 3 S 1 WährG bemüht, um bereits im Wege der Wortlautauslegung zu dem Ergebnis zu gelangen, daß nur Fälle von S 2 erfaßt werden, in denen der Schuldner Gebietsansässiger ist. Der Gläubiger, so heißt es, „gehe keine Verbindlichkeit ein"; siehe etwa Schulze RIW 1962, 89, 90; Robertz Preisanpassungs- und Wertsicherungsklauseln, 159.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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rechts"1103 folgen.1104 Näher liegen dürfte die Annahme einer wirtschaftspolitischen Wertentscheidung dergestalt, daß § 3 S. 2 WährG nur solche Wertsicherungsabreden unter Genehmigungsvorbehalt stellen soll, die sich gerade als Folge der von Inlandsschuldnern auslösbaren Weitergabeeffekte inflationsfördernd auf die deutsche Wirtschafts- und Währungsordnung auswirken können. Dieser Zwecksetzung entsprechend kann die Gebietsansässigkeit des Schuldners i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr 5 AWG nur ein erstes Kriterium für die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 3 S. 2 WährG sein. Erforderlich ist weiter, daß Konnexität besteht zwischen Gebietsansässigkeit und Wertsicherungsabrede. § 3 S. 2 WährG greift also dann nicht ein, wenn der Schuldner zwar gebietsansässig ist, die wertgesicherte DMVerbindlichkeit für ihn jedoch stärkere Verknüpfungen zu einer anderen Wirtschaftsordnung aufweist (z.B. einer ausländischen Zweigniederlassung, die den Kontrakt abgeschlossen hat und ihn abwickeln soll).1105 Umgekehrt scheidet richtigerweise die Genehmigungspflichtigkeit aus, wenn es an den Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr 5 AWG fehlt, obwohl das konkrete Rechtsverhältnis den Schuldner mit der deutschen Wirtschaftsordnung am intensivsten verbindet (z.B. für die betroffene hiesige Zweigniederlassung keine gesonderte Buchführung besteht). Das folgt aus der Verknüpfung mit § 49 AWG sowie der Erkenntnis, daß § 3 WährG als Einschränkung der Vertragsfreiheit eng auszulegen ist.1106 Die Konsequenzen für das Spiegelbildprinzip liegen auf der Hand: Es erfaßt nur einen Teilbereich; die Sonderanknüpfung ausländischer Wertsicherungsverbote nach Maßgabe einer hinreichend engen Verbindung zum normsetzenden Staat geht über die Kontrolldichte des deutschen Rechts hinaus.1107 Zu einem entsprechenden und in der Sache sogar noch weitreichenderen Befund gelangt man mit Blick auf die möglichen Einschränkungen, die sich seit Januar 1994 aus den Art. 73 b ff. EGV für die Anwendbarkeit auch des § 3 S. 2 WährG ergeben können.1108 Strenge Bilateralisierung stößt mithin schnell an ihre Grenzen. (bb) Binnenbeziehung und Schuldstatut Kritik verdient vor diesem Hintergrund der gelegentlich vertretene Standpunkt,1109 die bei § 3 S. 2 WährG geforderte Binnenbeziehung hänge davon ab, ob deutsches oder ausländi1103
Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 20; Hafke ZfK 1981, 458. Wieder andere weisen auf den systematischen Zusammenhang mit § 49 Abs 1 AWG hin. Weil diese Norm die Eingehung von Valutaschulden zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden gestatte und § 3 S 1 WährG daher auf Vereinbarung zwischen Währungsinländern beschränkt sei, müsse auch § 3 S 2 WährG an den gebietsansässigen Schuldner anknüpfen; so zB H.J. Hahn Währungsrecht, 389 Fn 63. 1105 Schulze RIW 1962, 89, 92. 1106 Zu beidem noch S 270 ff. 1107 Rein sachliche Einschränkungen des Anwendungsbereichs von § 3 S 2 WährG wirken sich auf die Bildung der Sonderanknüpfungsregel nach dem Spiegelbildprinzip nicht aus. Denn bei diesem Verfahren kommt es ausschließlich auf die von einer Vorschrift verlangte Binnenbeziehung des Sachverhalts, also auf räumliche oder persönliche Kriterien an. So ist es für die „Anerkennung" ausländischer Geldwertsicherungsverbote zB unerheblich, ob von § 3 S 2 WährG sämtliche vertragliche Geldwertschulden erfaßt werden oder nur dynamisierte Geldsummenschulden. Zu Problematik und Streitstand siehe etwa Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn D 611 ff. 1108 Siehe Reinhuber Grundbegriffe, 126 ff (noch auf Basis des alten Art 67 EGV und eingeschränkter Rechtsfolgebetrachtungen) sowie S 283 ff (zu § 3 S 1 WährG). 1109 Grämlich WährG, § 3 Rn 11; Seetzen AWD 1969, 253, 254. 1104
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
sches Recht Schuldstatut sei. Unterstehe das Rechtsgeschäft deutschem Recht, komme es nur auf die Gebietsansässigkeit des Schuldners an. Werde die Obligation dagegen von ausländischem Recht beherrscht, entfalle die Genehmigungsbedürftigkeit, wenn der Schuldner zwar Gebietsansässiger sei, Abschlußort oder Erfüllungsort aber im Ausland lägen. Zur Begründung heißt es, S 3 WährG kollidiere anderenfalls typischerweise mit Bestimmungen des anderen Staates, mit der Folge daß dessen auf dem Territorialitätsprinzip beruhende Normen regelmäßig die Oberhand behielten. 1110 Bilateralisiert man diese These, wären Fremdwährungsverbindlichkeiten unter deutschem Recht als Schuldstatut immer dann keinen Wertsicherungsverboten der lex monetae unterworfen, wenn Abschluß- und Erfüllungsort in Deutschland liegen. Freilich läßt sich die skizzierte Einschränkung des § 3 WährG mit dem von dieser Norm intendierten Stabilitätsschutz nicht in Einklang bringen. Es ist auch schwerlich einzusehen, warum es zu untragbaren Kollisionen mit ausländischen Vorschriften kommen soll. International zwingende Wertsicherungsverbote beziehen sich regelmäßig nur auf eine Währung, nämlich die des Erlaßstaates. 1111 Selbst wenn man die Möglichkeit divergierender ausländischer Eingriffsnormen einbezieht, besteht doch kein Anlaß, deutsche Stabilitätsinteressen von vornherein preiszugeben. Der Hinweis auf das Territorialprinzip 1112 verfängt ebenfalls nicht, sofern der Schuldner Gebietsansässiger ist, zumal es anders als im Devisenrecht ja gerade nicht entscheidend auf grenzüberschreitende Wertbewegungen ankommt. Stichhaltig ist in diesem Zusammenhang bestenfalls ein Argument, das einerseits unabhängig von Schuldstatut und Erfüllungsort zum Zuge kommt, andererseits nur eingreift, wenn der DM-Gläubiger Gebietsfremder ist: Stellte sich eine (valuta-)wertgesicherte DMSchuld als genehmigungspflichtig dar, würden die Parteien bei Versagung der Genehmigung eine (nach § 4 9 Abs. 1 AWG genehmigungsfreie) Fremdwährungsverbindlichkeit begründen, um den gewünschten Wertsicherungsffekt zu erzielen. 1113 Was sich angesichts dessen aufdrängt, das ist eine Annäherung der für § 3 S. 1 und § 3 S. 2 WährG verlangten Binnenbeziehungen. Für eine abschließende Erörterung ist im Rahmen einer Arbeit über Valutaschulden kein Platz. Immerhin sollte aber bedacht werden, daß derjenige, der hier anders entscheidet - weil § 4 9 Abs. 1 AWG aus Gründen der Liberalisierung des Außenwirtschaftsverkehrs erlassen worden ist, 1114 der Gesetzgeber hingegen keine Gesichtspunkte der Geldwertstabilität im Auge hatte 1115 - sich dem Problem valutawertgesicherter DMVerbindlichkeiten auf der Rechtsfolgeseite der Norm stellen müßte, nämlich bei Bestimmung des der Bundesbank in casu noch zustehenden Ermessensspielraums (§§ 4 0 VwVfG,
1110 Grämlich WährG, § 3 Rn 11; ähnlich Seetzen AW D 1969, 253, 254, 257, der die Gefahr eines „Exports" deutschen Währungsrechts heraufbeschwört. 1 Soweit sie nicht dem Währungs-, sondern dem Schuldnerschutz dienen, handelt es sich meist nicht um Eingriffsnormen, sondern um national zwingendes Recht. Was im übrigen Restriktionen der Währungswahl anbelangt, ist eine kumulative Anknüpfung ohnehin in bestimmten Fällen geboten (Stichwort Drittwährung); siehe S 170 ff. 1112 Seetzen AWD 1969, 253, 257. 1 1 1 3 Vgl Seetzen AWD 1969, 253, 254, 257, demzufolge es jedoch zusätzlich darauf ankommt, ob unter ausländischem Recht als Schuldstatut der Erfüllungsort im Ausland liegt. 1 1 1 4 BT-Drucks 3 / 1 2 8 5 , 2 6 4 zu § 4 7 ; Görtz in Hocke/Berwald/Maurer, AWG, Anm zu § 4 9 ; Schulze RIW 1962, 89, 93. 1115 Grämlich WährG, § 3 Rn 2.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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114 VwGO). Richtigerweise wäre hier eine Reduktion auf Null anzunehmen." 1 6 Anders liegen die Dinge grundsätzlich bei sonstigen Wertsicherungsabreden. Schon weil die Gefahren, die von den beiden in § 3 W ä h r G aufgeführten Geldschuldtypen f ü r die Stabilität der D M ausgehen, durchaus nicht einheitlich eingeschätzt werden müssen, ist es an sich ausgeschlossen, die personal-territorialen Kriterien des Satzes 1 unbesehen auf Satz 2 zu übertragen. Abweichendes mag jedoch aus höherrangigem Recht folgen. So wird diskutiert, ob die skizzierte Synchronisation zwischen den beiden Sätzen des § 3 W ä h r G nicht durch die EG-vertraglichen Freiheiten des Zahlungs- und des Kapitalverkehrs erzwungen wird. 1 1 1 7 Teilte man diese Einschätzung nicht, bestände jedenfalls auch kein Anlaß, im Genehmigungsverfahren eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, nur weil der Gläubiger Gebietsfremder ist, der Erfüllungsort im Ausland liegt 1118 und die Obligation ausländischem Recht untersteht.
bb) Rückwirkende Aufhebung Eine Sonderproblematik tritt auf, wenn es darum geht, die Auswirkungen ausländischer Wertsicherungsverbote auf solche Valutaschulden zu beurteilen, die bei Erlaß des Gesetzes bereits rechtswirksam begründet und zulässigerweise mit einer Wertsicherungsklausel versehen waren. Zunächst ist natürlich der Tatbestand der entsprechenden N o r m daraufhin zu befragen, ob allein der Inhalt künftiger Zahlungsverbindlichkeiten reglementiert werden soll oder ob auch Eingriffe in bestehende Geldschulden beabsichtigt sind. Einen Fall der zuletzt genannten Art bildet die bereits angesprochene Joint Resolution aus dem Jahre 1933, mit der der US-amerikanische Gesetzgeber die gängige Vereinbarung von Goldklauseln f ü r unzulässig erklärte und das Verbot ausdrücklich auf bereits schwebende Geldschuldverhältnisse erstreckte 1119 in der Absicht, „diese 'mit rückwirkender Kraft' zu entgolden". 1 1 2 0 Bedenkt man, daß die rückwirkende Aufhebung einer Geldwertsicherungsklausel in ein subjektives Recht des Gläubigers eingreift, nämlich den nominellen Umfang seiner Forderung schmälert, drängt sich eine Parallele auf zur kollisionsrechtlichen Behandlung ausländischer Legalenteignungen, 1121 genauer: ihrer privatrechtlichen Wirkungen. 1116 Zur Genehmigung nach § 3 WährG siehe vorerst nur Grämlich WährG, § 3 Rn 19 ff; weitere Einzelheiten S 270 ff. 1117 Grundmann EWS 1990, 214, 220; Reinhuber Grundbegriffe, 126 ff. 1118 Die Maßgeblichkeit des Erfüllungsortes begründet Seetzen AWD 1969, 253, 257 mit dem Territorialitätsprinzip; hierzu und zur mangelnden Tauglichkeit dieses Prinzips, den Anwendungsbereich von Eingriffsnormen zu bestimmen, S 121 f. 1119 Public Resolution - No. 10-73 D Congress (H.J.Res.192) vom 5. Juni 1933: „Resolved by the Senate and House of Representatives of the United States of America in Congress assembled, that (a) every provision contained in or made with respect to any obligation which purports to give the obligee a right to require payment in gold or a particular kind of coin or currency, or in an amount in money of the United States measured thereby, is declared to be against public policy; and no such provision shall be contained in or made with respect to any obligation hereafter incurred. Every obligation, heretofore or hereafter incurred, whether or not any such provision is contained therein or made with respect thereto, shall be discharged upon payment, dollar for dollar, in any coin or currency which at the time of payment is legal tender for public and private debts." 1120 Λί. Gutzwiller Geltungsbereich, 67. 1121 Diese Folgerung wird vor allem gezogen von Raape IPR, 542; Kegel IPR, 872; W. Braun Geldwertsicherung, 164 ff; dagegen Böse Anleihen, 92 f.
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Vorab ist der Geltungsbereich der konkreten ausländischen Aufhebungsnorm noch in einer weiteren Hinsicht zu ermitteln. Denn die Prinzipien des deutschen Internationalen Enteignungsrechts1122 können zur Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage nur insoweit etwas beitragen, als es um rückwirkende Geldwertsicherungsverbote mit international zwingendem Charakter, d.h. um Eingriffsnormen geht.1123 Handelt es sich um ius cogens, ist wie schon bei ex nunc wirkenden Restriktionen die schuldrechtlich maßgebende Rechtsordnung zur Entscheidung berufen.1124 Geregelt wird auch hier der nominelle Umfang der Geldschuld und damit ihr Inhalt. Gegen etwaige Unzuträglichkeiten hilft in derartigen Fällen Art. 6 EGBGB.1125 So hatte das Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1936 über eine unter amerikanischem Recht eingegangene und von der Joint Resolution rückwirkend betroffene US-Dollar-Anleihe zu befinden.1126 Enteignungskollisionsrechtliche Überlegungen wurden nicht angestellt; weil aber beide Parteien Deutsche waren und ihren Geschäftssitz in Deutschland hatten, nahm das RG einen Verstoß gegen den deutschen ordre public an.1127 Das Urteil verdeutlicht - insoweit im Einklang mit jenen Literaturstimmen, die Geldwertklauselverbote schlechthin über das Schuldstatut anknüpfen wollen1128 - , daß die rückwirkende gesetzliche (Re-)Nominalisierung der durch Parteiabrede valorisierten Geldschuld für sich genommen noch keine Abweichung von der kollisionsrechtlichen Regelanknüpfung erzwingt. Wörtlich heißt es: „Es ist nicht einzusehen, weshalb die Vereinigten Staaten bei einem Schuldverhältnisse, hinsichtlich dessen sich die Beteiligten ihrer Gesetzgebung unterworfen haben oder dieser aus anderen sachlichen Gründen vom Zwischenstaatsrecht Geltung zuerkannt wird, wenn sie es durch die von ihnen mit einem allgemeinen Gesetze verfolgten Zwecke für geboten erachten, nicht auch in den Bestand der Schuld sollten eingreifen können, mag es sich dabei auch um einen
1122
Zu Begriff und Gegenstand siehe Chr. v. Bar IPRI, Rn 268. So wohl auch Kreuzer in MünchKomm-BGB2, Nach Art 38 EGBGB Anh. III Rn 18, der hervorhebt, daß es sich bei ausländischen Enteignungen um Rechtsentziehung im öffentlichen Interesse handelt, und daraus folgert, Enteignungsstatut und internationalrechtliche lex causae müßten keinesfalls immer zusammenfallen. Da rückwirkende Wertsicherungsverbote aber zumeist durch öffentliche Interessen motiviert sein dürften, wirkt sich die Differenzierung im hier interessierenden Zusammenhang regelmäßig nicht aus. 11 Diese Zuordnung bildet den Hintergrund für Vertragsabreden, die eine „partielle Versteinerung" bzw beschränkte Verweisung zum Gegenstand haben, um so die Anwendbarkeit einzelner künftiger Normen (der lex causae) auszuschließen; siehe dazu bereits S 107 ff. Handelt es sich um eine Eingriffsnorm und knüpft man sie - wie hier vertreten - gesondert an, ist einer derartigen Vorgehensweise von vornherein der Erfolg versagt. Die Anwendbarkeit der (anwendungswilligen) Eingriffsnorm hängt grundsätzlich nur davon ab, ob eine hinreichend enge Verbindung zwischen Eingriffsstaat und Schuldverhältnis besteht. 1115 Raape IPR, 542. 1126 R G J W 1936, 2058 ff. 1127 R G J W 1936, 2058, 2060 f. Als unmittelbare Reaktion erging das Gesetz über Fremdwährungsschuldverschreibungen vom 26.6.1936 (RGBl I, 515), in dem es in § 1 hieß: „Lautet eine im Ausland aufgenommene, in Wertpapieren verbriefte Anleihe auf eine ausländische Währung - unbeschadet ob mit oder ohne Goldklausel - , so ist im Falle einer Abwertung dieser Währung für den Umfang der Zahlungsverpflichtung des Schuldners die abgewertete Währung maßgebend". Und § 2 fuhr fort: „Rechtskräftige Entscheidungen stehen der Anwendung dieses Gesetzes nicht entgegen". Zum Anwendungsbereich der Norm sowie der unpräzisen Verwendung des Begriffs „Abwertung" siehe Remhuber Grundbegriffe, 120 f. 1128 Siehe nur Raape IPR, 540 ff; Böse Anleihen, 88 ff. 1123
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Gläubiger und einen Schuldner handeln, der weder Bürger der Vereinigten Staaten noch in diesen ansässig ist, und um Leistungen außerhalb ihrer Grenzen." 1 1 2 ' Zwar ist diese Aussage auf dem Boden der - hier abgelehnten - Schuldstatutstheorie getroffen, für die sich die Unterscheidung zwischen national zwingenden und international zwingenden Regeln nicht stellt. 1 1 3 0 Dem Urteil kann jedoch unabhängig davon entnommen werden, daß Eingriffe in den Umfang bestehender Geldschuldverhältnisse durchaus auch nach Maßgabe des Schuldstatuts beurteilt werden können, ohne daß Prinzipien des deutschen Internationalen Enteignungsrecht verletzt würden. (1)
Eingriffsintensität
Rückwirkende ausländische Geldwertklauselverbote mit Eingriffscharakter gebieten eine andere verweisungsrechtliche Betrachtung als solche Restriktionen, die sich nur auf künftige Sicherungsabreden beziehen, vorausgesetzt ihnen kommt aus Sicht des deutschen Kollisionsrechts enteignende Wirkung zu. Eine enteignende Wirkung könnte mit dem Argument verneint werden, es sei zwischen Geldforderung und wertsicherungsbezogener Nebenabrede zu unterscheiden: 1 1 3 1 Das Wesen der Geldforderung, das in ihrem (nominalistischen) Ausdruck in Geld bestehe, werde durch die Aufhebung der Wertklausel nicht angetastet. Wegen ihres notwendigerweise spekulativen Gehalts könne eine eigentumsähnliche Verfestigung derartiger Abreden nicht anerkannt werden. Dieser zum Umfang des völkerrechtlichen Eigentumsschutzes vertretenen These kann jedoch für die Zwecke des autonomen deutschen Kollisionsrechts nicht beigepflichtet werden. Abgesehen davon, daß dem Völkergewohnheitsrecht keine über Art. 2 5 G G bindenden Vorgaben für das deutsche Internationale Enteignungsrecht zu entnehmen sind, 1 1 3 2 darf bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht vernachlässigt werden, daß die Parteien in den ihnen durch den strikten Nominalismus gesetzten Grenzen frei bestimmen können, welchen Umfang Forderung und Schuld besitzen und wie dieser Umfang bis zum Tilgungszeitpunkt ermittelt werden soll. Die Wertsicherungsklausel bildet keinen selbständigen Annex der Forderung, sondern ist für ihren Inhalt konstitutiv. Besonders plakativ zeigt sich dies in Fällen, in denen die Parteien eine „Geldwertschuld" i.S. der von der Rechtsprechung zu § 3 S. 2 WährG entwickelten Terminologie vereinbart haben, 1 1 3 3 dann also, wenn nicht eine bestimmte Schuldsumme valorisiert, sondern verabredet wird, daß sich der ziffernmäßige Umfang der Geldschuld von vornherein ausschließlich nach dem Wert einer Sache (z.B. einer Edelmetallmenge) zu einem festgelegten Zeitpunkt richtet. Wird der Wertsicherungsteil einer Geldschuld - so überhaupt selbständig abtrennbar - aufgehoben, so verändert sich damit nicht nur die vertragliche Aufteilung des Geldwertrisikos. Indem eine der1 1 2 9 RG J W 1936, 2058, 2060. Das KG als Vorinstanz hatte noch angenommen, die Joint Resolution besitze allein innerhalb der USA Geltung. 1 1 3 0 Siehe S 116 ff. 1 1 3 1 Ma«« RdC 96 I (1959) 7, 90; HJ. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 30 Fn 34; vgl ferner W. Braun Geldwertsicherung, 164 und Nussbaum Money in the Law, 441 ff jeweils mwN. 1132 Chr. v. Bar IPRI, Rn 2 7 0 und 277: „Die Position des autonomen deutschen IPR verändert sich durch die völkerrechtliche Beurteilung eines Falles jedoch nicht notwendig"; Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 38 EGBGB Anh. III Rn 7; selbst bei völkerrechtswidrigen Enteignungen besteht kein Anerkennungsverbot, sondern nur eine Entschädigungspflicht gegenüber dem Schutzstaat des Enteigneten; BGHZ 9, 34, 44 f; OLG Bremen IPRspr 1958-59 Nr 7 A (746, 755 ff). 1133
Siehe Diirkes Wertsicherungsklauseln, Rn D 611 ff.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
190
artige Maßnahme den vertraglich fixierten Maßstab zur Bestimmung der Schuldhöhe beseitigt, beinhaltet sie zugleich einen Eingriff in die Substanz der Forderung. 1 1 3 4 Mit diesen Überlegungen korrespondiert der weite Enteignungsbegriff des deutschen IPR, der „jede aus wirtschafte- oder allgemeinpolitischen Gründen erfolgende, gänzliche oder teilweise (finale) Entziehung oder wirkungsgleiche Beschränkung jeglichen Vermögenswertes oder rechts (unmittelbar) durch einen ausländischen Staat" erfaßt. 1 1 3 5 Versteht man dagegen unter Enteignung „die Entziehung und Übertragung jedes beliebigen Rechts", 1 1 3 6 dürfte eine Diskussion der hier interessierenden Konstellation unter enteignungskollisionsrechtlichen Gesichtspunkten von vornherein nicht in Betracht kommen. Zwar reduziert sich durch das rückwirkende Geldwertklauselverbot die Forderung des Gläubigers, seine Inhaberstellung bleibt indes unangetastet. Rechtlich wird nicht etwa ein Teil der Forderung auf den Schuldner übertragen, so daß dieser Teil infolge Konfusion unterginge. Der skizzierte enge Enteignungsbegriff orientiert sich jedoch zu stark an den Begriffsinhalten des deutschen öffentlichen Rechts und an dem Vorstellungsbild, Enteignung habe stets etwas mit der Wegnahme von Sachen zu tun. 1 1 3 7 Dabei bleibt außer Acht, daß staatliche Eingriffe mit einer für den Betroffenen gleich belastenden Wirkung die formale Rechtsposition unangetastet lassen, jedoch den Inhalt des jeweiligen Rechts beschränken oder aushöhlen können. 1 1 3 8 Diesem für das Kollisionsrecht entscheidenden Phänomen trägt nur der weite Enteignungsbegriff gebührend Rechnung. Eine andere Frage ist es, ob nicht den verschiedenen Eingriffsformen durch unterschiedliche Rechtsfolgen entsprochen werden sollte. (2)
Hinreichend enge Verbindung
M u ß damit für die Zwecke des Kollisionsrechts auf Grundlage des weiten Enteignungsbegriffs von der enteignenden Wirkung rückbezogener Wertsicherungsverbote ausgegangen werden, fragt sich, in welcher Weise dieser Umstand auf die verweisungsrechtliche Regelbildung durchschlägt. (a)
Enteignungsrechtliches Territorialitätsprinzip
Nach überwiegender Auffassung ist im deutschen Internationalen Enteignungsrecht grundsätzlich vom sog. Territorialitätsprinzip auszugehen. 113 ' Danach werden fremdstaatliche W. Braun Geldwertsicherung, 167 f. Kreuzer in MünchKomm-BGB2, Nach Art 38 EGBGB Anh. III Rn 20; zust Chr. v. Bar IPR I, Rn 269. 1136 Kegel in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 799, der zugleich betont, es handele sich dabei um eine Frage der Zweckmäßigkeit 1 1 3 7 Ganz deutlich Kegel in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 798. 1 1 3 8 So bereits die Rechtsprechung zur kollisionsrechtlichen Behandlung des polnischen Valutagesetzes vom 20. November 1919, das die Umstellung von Verbindlichkeiten in deutscher Mark auf solche in polnische Währung zum gleichen Nominalbetrag anordnete und damit die Forderungen wirtschaftlich weitgehend entwertete, KG J W 1922, 398, 3 9 9 ; 1923, 128 ff; 1928, 1462, 1463 f; OLG Frankfurt/M. J W 1923, 130 f. In dem Gesetz hieß es (zit. nach OLG Jena RG J W 1923, 131): „Art 1. Das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in der ehemaligen preußischen Provinz ist die polnische Mark. Die Deutsche Mark hört auf, gesetzliches Zahlungsmittel zu sein. Art 2. Sämtliche Verpflichtungen in deutscher Währung müssen in polnischer Mark in gleicher Höhe der Nominalsumme erfüllt werden." 1 1 3 9 BVerfGE 84, 90, 123 f; BGHZ 31, 367, 371 ff; 32, 97, 99 f; 32, 256, 259 ff; 43, 51, 55; 56, 66, 69; 62, 340, 363 f; BGH WM 1977, 730, 732; Kegel IPR, 854 ff; ders in Soergel", Vor Art 7 1134 1135
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
191
Enteignungen (vorbehaltlich des ordre public) „anerkannt", wenn sie Vermögensgegenstände betreffen, die sich im Zeitpunkt der Enteignung im Hoheitsgebiet des enteignenden Staates befunden haben (sog. positives Territorialitätsprinzip). Keine Anerkennung genießen demgegenüber Enteignungen, mit denen nach dem Willen des Enteignungsstaates Vermögensgegenstände erfaßt werden, die im Enteignungszeitpunkt außerhalb seines Territoriums belegen waren. Im Hintergrund steht dabei erneut der Gedanke, übrigens weit weniger angefochten als im Bereich der Sonderanknüpfung sonstiger Eingriffsnormen, die tatsächlichen Machtverhältnisse als prägenden Faktor in die kollisionsrechtliche Regelbildung einzubeziehen.1140 Liegt diese Sichtweise bei der Enteignung von Sachen, insbesondere unbeweglichen Sachen, auch nahe, stößt sie bei Eingriffen in bestehende Forderungen doch schnell an ihre Grenzen. Als bloßes Geschöpf des Rechts ist eine Forderung nicht bereits von Natur aus mit dem Territorium eines bestimmten Staates verbunden; eine derartige Verbindung muß vielmehr erst vermittelt werden, sei es durch eine Person, sei es durch die Belegenheit von Vermögen. Unter Zugrundelegung des Territorialitätsprinzips hinge demzufolge die Reichweite rückwirkender Geldwertsicherungsverbote entscheidend davon ab, wonach sich die Belegenheit der zu beurteilenden Geldschuld richtet. Während einige die Personalhoheit eines Staates über den Gläubiger für ausschlaggebend erachten und deshalb seine Ansässigkeit bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum maßgeblichen Kriterium erklären,1141 stellt die überwiegende Ansicht auf Sitz bzw. Wohnsitz des Schuldners ab.1142 Wieder andere wollen zwar ebenfalls die Verhältnisse des Schuldners in den Vordergrund rücken, sehen die Forderung aber nicht (nur) an dessen Sitz bzw. Wohnsitz als belegen an, sondern (auch) überall dort, wo sich Vermögen des Schuldners befindet.1143 Dieser sog. Spaltungstheorie zufolge kann jeder Staat, in dem irgendein Gegenstand des Schuldnervermögens vorgefunden wird, die Forderung mit Wirkung für sein Gebiet enteignen. Demzufolge hätte der deutsche Richter die Aufhebung der Wertsicherungsabrede allein im Hinblick auf die innerhalb des Enteignungsstaates belegenen Vermögensteile des Schuldners „anzuerkennen". Nur für den dortigen Rechtsverkehr wäre die Forderung als renominalisiert zu betrachten. Außerhalb des eingreifenden Staates bestände sie dagegen mit unverändertem Inhalt fort, so daß dem Gläubiger die Möglichkeit verbliebe, in voller Höhe der wertgesicherten Forderung auf das in anderen Staaten belegene Schuldnervermögen zuzugreifen. Die Forderung besäße mithin als Folge des Eingriffs einen doppelten Inhalt: im Eingriffsstaat einen neuen, in der übrigen Welt den alte Inhalt.1144
EGBGB Rn 794 ff; Hans Stoll in Staudinger13, IntSachenR Rn 196 ff; Neuhaus IPR, 179 ff; Chr. v. Bar IPR I, Rn 272. 1140 Chr. v. Bar IPR I Rn 277; Kegel IPR, 857 f; Lüderitz JZ 1961, 443 f. 1141 Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 38 EGBGB Anh. III Rn 58; wohl auch W. Braun Geldwertsicherung, 164, 170 f, 174; vgl ferner LG Thüringen, JZ 1961, 450, 451, wonach sich Gläubiger und Schuldner im Enteignungsstaat aufhalten müssen. 1142 RGZ 77, 250, 252; 140, 340, 343; BGHZ 2, 218, 222 f; 5, 35, 37, 38; 32, 97, 99; 104, 240, 244; O G H B r Z 4 , 51. 1143 Kegel IPR, 859 ff, 872 f; ders in Soergel11, Vor Art 7 EGBGB Rn 824 f; den FS Seidl-Hohenveldern, 243,256 f; Lüderitz JZ 1961,443,444; wohl auch Fögen Geld- und Währungsrecht, 118. 1144 Kegel FS Seidl-Hohenveldern, 243, 256; ders IPR, 873.
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(b)
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Renominalisierung als Fall entschädigungsloser Enteignung
Vom Territorialitätsprinzip ausgehend spitzt sich die Problematik weiter zu, bedenkt man, daß die rückwirkende Aufhebung von Wertsicherungsabreden in aller Regel entschädigungslos erfolgt, um den Zweck derartiger Maßnahmen nicht zu gefährden. 1145 Die „Anerkennung" entschädigungsloser intraterritorialer Enteignungen aber zählt zu den umstrittensten Fragenkomplexen des deutschen Internationalen Enteignungsrechts. Wer Auflokkerungen des positiven Territorialitätsprinzips bei Konfiskationen gleichwohl skeptisch gegenübersteht,1146 kann die Reichweite rückwirkender Geldwertklauselverbote allein über die Auslegung des Belegenheitsbegriffs bei Forderungen zu steuern suchen. Tatsächlich bedeutet die Besinnung auf das Wesen des enteignungsrechtlichen Territorialitätsprinzips schon einen ersten Schritt hin zur Lösung des aufgeworfenen Problems. Es geht um Macht als Rechtsprinzip. Jedem ausländischen Staat soll, auch mit Wirkung für das Zivilrecht und seine Anwendung durch die inländische Gerichtsbarkeit, das Recht zugestanden werden, in Privatrechte einzugreifen, soweit sie räumlich seiner Staatsgewalt unterliegen.1147 Die Belegenheit der Forderung ist nur ein Symbol,1148 eine Hilfskonstruktion1149 für die Annahme einer derartigen Gewaltunterworfenheit, die sich letzlich nur gegen Personen oder Sachen richten kann.1150 Angesichts dessen vermag ein Rückgriff auf den Sitz bzw. Wohnsitz des Gläubigers nicht zu überzeugen. Der Eingriffsstaat könnte dem Gläubiger zwar verbieten, die Forderung einzuziehen, abzutreten etc., also in negativer Weise auf die Forderung einwirken. Die Macht jedoch, auf das Substrat der Schuld Zwang auszuüben, d.h. die Forderung in positiver Weise nutzbar zu machen, besitzt der Gläubigerstaat nicht.1151 Ebensowenig überzeugt es unter Machtgesichtspunkten, die Forderung nur am Sitz bzw. Wohnsitz des Schuldners zu verorten. Denn dem Machtbereich des Sitzstaates ist das Auslandsvermögen des Schuldners entzogen. Durch Anknüpfung an den Schuldnersitz bzw. -Wohnsitz würde die Macht des Eingriffsstaates nicht nur anerkannt, sondern mit den Mitteln des Kollisionsrechts sogar über den völkerrechtlichen Umfang hinaus ausgedehnt werden. 1152 Dem Vollstreckungszugriff stände das Schuldnervermögen weltweit zur Verfügung. Diese allgemeinen Gedanken zur Forderungsbelegenheit im deutschen Internationalen Enteignungsrecht legen in Anwendung der Spaltungstheorie die Anerkennung von Forderungsenteignungen nur im Hinblick auf das im Eingriffsstaat belegene Vermögen nahe. Territorialitätsgesichtspunkte würden den deutschen Richter folglich nicht daran hindern, für den Rechtsverkehr außerhalb des Eingriffsstaates die renominalisierte Forderung als in ihrem ursprünglich vereinbarten, nämlich wertgesicherten Umfang bestehend zu betrachten.
1145
Vgl auch W. Braun Geldwertsicherung, 168 zur Entschädigungspflicht als denkbarer völkerrechtlicher Sanktion. 1146 So zB Chr. v. Bar IPRI, Rn 277. 1147 Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 593. 1148 Lüderitz ]Z 1961, 443. 1149 BGHZ 5, 3 5 , 3 8 . uso Kegel IPR, 857 ff. 1151 Lüderitz JZ 1961, 443, 444; Raape IPR, 676 f. 1152 Kegel IPR, 859 f.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
(c)
193
Verweigerung der Anerkennung
Was die rückwirkende Aufhebung von Geldwertsicherungsklauseln anbelangt, ist es freilich geboten, noch einen Schritt weiter zu gehen. Es handelt sich um einen derjenigen Bereiche, in denen Enteignungen und vertragsinvalidierende Verbotsgesetze überwiegende Gemeinsamkeiten aufweisen, und zwar nicht nur phänotypischer, sondern auch genotypischer Art. 1153 Für die Befürworter territorialitäts- oder machttheoretischer Ansätze bei der Beurteilung ausländischer Eingriffsnormen ist dies eine Selbstverständlichkeit. 1154 Parallelen lassen sich aber auch vom Standpunkt einer Sonderanknüpfung nach dem Prinzip der hinreichend engen Verbindung nicht leugnen. Obzwar eine Enteignung des Geldgläubigers, beinhaltet die Aufhebung einer Wertsicherungsabrede doch in der Sache lediglich die Mißbilligung einer vertraglichen Gestaltungsform und damit einen Eingriff in die vom Schuldstatut gewährte Privatautonomie. Entsprechend fällt die Sanktion aus: Was dem Gläubiger genommen wird, wird dem Schuldner gegeben. Ein darüber hinausgehender Umverteilungseffekt ist nicht zu beobachten, da die Inhaberstellung des Gläubigers als solche unangetastet bleibt. Bestehende Wertsicherungsklauseln unterfallen dem gleichen Verdikt wie beabsichtigte. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verbotsnorm an sind sämtliche Geldschulden nominalisiert, d.h. sie sind Geldsummenschulden. Im Einzelnen ist nach den obigen Feststellungen bei der Spaltungstheorie anzusetzen und von ihr aus zwischen intra- und extraterritorialer Enteignung zu unterscheiden. Zwei Fragen bleiben zu beantworten: 1. Ist die Renominalisierung durch einen ausländischen Staat anzuerkennen, in dem sich zwar Vermögen des Schuldners befindet, mit dem er durch das konkrete Rechtsverhältnis aber nicht in hinreichend engem Maße verbunden ist? 2. Wie verhält es sich, wenn zwischen dem ausländischen Staat, der die (entschädigungslose) Renominalisierung angeordnet hat, und dem Geldschuldverhältnis die geforderte Nähebeziehung besteht? Sind die zivilrechtlichen Reflexwirkungen der Maßnahme vom deutschen Richter überhaupt zu berücksichtigen, bejahendenfalls nur im Hinblick auf den Rechtsverkehr im Eingriffsstaat oder auch über seine Grenzen hinaus? (aa) Vorrang der Machttheorie? Die erste Frage bezieht sich darauf, ob die oben entwickelten Sonderanknüpfungsregeln mit Blick auf die tatsächlichen Machtverhältnisse im Eingriffsstaat zurückweichen müssen. Sie wäre nur unter der Voraussetzung zu bejahen, daß die mögliche Zwangseinwirkung auf das im ausländischen Eingriffsstaat belegene Schuldnervermögen bei einem rückwirkenden Verbot die kollisionsrechtliche Regelbildung in stärkerem Maße beeinflußte als bei einem Verbot, das sich nur auf künftige Wertsicherungen bezieht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Hier wie dort geht es schon im Ansatz nicht um die Ausübung ausländischer Staatsmacht, sondern darum, ob und inwieweit die inländische Rechtspflege mit den Mitteln des Privatrechts dem ausländischen Machtanspruch normativ Rechnung tragen soll.1155 Nichts hindert den deutschen Richter daran, auf den Regelungsgegenstand des fremden Eingriffsrechts und die Kontakte des Schuldverhältnisses zum Eingriffsstaat abzustellen, statt die 1153 Verallgemeinerungen dieser Aussage ist jedoch mit Vorsicht zu begegnen; siehe dazu Chr. v. Bar IPRI, Rn 268. 1154 Siehe nur Kegel FS Seidl-Hohenveldern, 243, 250 ff. 1155 RGJW 1923, 128 f.
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
bloße Macht zum (einzigen und ausreichenden) Anwendungs- oder Anerkennungskriterium zu erheben. 1 1 5 6 Die tatsächlichen Auswirkungen ausländischer Macht wären ja ohnehin im Rahmen des Schuldverhältnisses als Datum zu berücksichtigen. 1157 Unabweisbare Gründe, warum das wohlabgewogene Auswirkungsprinzip zu Gunsten des wertblinden Territorialitätsprinzips aufgegeben werden sollte, sind nicht ersichtlich. Die staatliche Macht, von der hier die Rede ist, hat praktisch allein zum Inhalt, daß der Gläubiger im Eingriffsstaat keinen Titel in der ursprünglich vereinbarten Forderungshöhe erhält. Folgeprobleme für den internationalen Handel und die Enteignungsbeteiligten, angesichts derer die Nichtanerkennung zu neuerlichem Unrecht führen könnte, 1 1 5 8 sind schon deshalb minimal, weil der Eingriff nur das interpersonale Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner berührt, ein durch die Enteignung Drittbegünstigter also nicht existiert. Auch rückwirkende Wertsicherungsverbote beurteilen sich somit nach dem Recht des Staates, auf dessen Wirtschafts- und Währungsordnung sich die Geldwertklausel in stabilitätsgefährdender Weise auswirken kann. Zur Entscheidung berufen ist in aller Regel (auch) diejenige Rechtsordnung, mit der der Schuldner durch das konkrete Rechtsverhältnis wirtschaftlich am stärksten verbunden ist. Fehlt dieser Konnex, bleibt (sieht man einmal von anderen vertretbaren Kontaktkriterien ab, die nach näherer Maßgabe der ausländischen Staaten zuzubilligenden Einschätzungsprärogative akzeptiert werden müssen) der Umfang der Valutaschuld ungeachtet aller Aufhebungsmaßnahmen der lex monetae für den deutschen Richter im parteiautonom festgelegten Maße bestehen. (bb) Ordre public Die zweite Frage zielt nach der hier vertretenen Auffassung primär auf den Inhalt des verwiesenen Rechts und seine Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public, Art. 6 EGBGB. Das Ergebnis der konkreten Normanwendung könnte gegen den ordre public verstoßen, weil sich die Renominalisierung einer wertgesicherten Fremdwährungsverbindlichkeit als Konfiskation darstellt, d.h. eine Enteignung ohne Entschädigung beinhaltet. Nun gelten Konfiskationen gegenüber Ausländern als völkerrechtswidrig, 1159 was über Art. 25 G G zwar nicht notwendigerweise zur Annahme eines ordre public-Verstoßes führt, 1 1 6 0 bei der
Kreuzer Wirtschaftsrecht, 88. ZB § 275 BGB: Unmöglichkeit; S 242 BGB: Wegfall der Geschäftsgrundlage; vgl auch Kegel in Sorgelll, Vor Art 7 EGBGB Rn 862 ff zur drohenden doppelten Inanspruchnahme des Schuldners einer enteigneten Forderung für den Fall, daß nach deutschem IPR die Enteignung und damit zugleich die Forderungsinhaberschaft eines durch die Enteignung begünstigten Neugläubigers nicht anzuerkennen ist. 1 1 5 8 Dazu Chr. v. Bar IPR I, Rn 277. 1 1 5 9 StIGH, Case concerning certain German interests in Polish Upper Selesia (The Merits), PCIJ Ser. A, No. 7 (1926) 22; Verdross/Simma Universelles Völkerrecht, 806; Kegel in Soergel11, Vor Art 7 EGBGB Rn 811. Außerdem läßt sich die Rückwirkung von Geldwertklauselverboten häufig nicht mit Allgemeinwohlbelangen rechtfertigen; die volkswirtschaftlich relevanten Gefahren solcher Klauseln liegen ja gerade im zukünftigen Verhalten der Wirtschaftssubjekte; W. Braun Geldwertsicherung, 168 f. Für die Annahme eines völkerrechtskonformen Eingriffs kann es mithin an einer weiteren Voraussetzung fehlen. 1160 Chr. v. Bar IPR I, Rn 2 7 7 ; aA für rückwirkende Geldwertklauselverbote aber W. Braun Geldwertsicherung, 167 ff. 1156
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§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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Bewertung nach Art. 6 EGBGB aber jedenfalls mitberücksichtigt werden muß.1161 Im übrigen kann unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Gebietsansässigkeit des Betroffenen die entschädigungslose Enteignung1162 als Verstoß gegen Art. 14 GG und damit zugleich (vgl. Art 6 S. 2 EGBGB) gegen den deutschen ordre public gewertet werden. 1163 Daß es sich um eine Konfiskation handelt, soll freilich allein noch nicht genügen.1164 Vielmehr seien daneben auch die Folgen für die Enteignungsbeteiligten und die internationalen Beziehungen zu berücksichtigen.1165 Die herrschende Meinung nimmt im übrigen auch bei Enteignungen einen Verstoß gegen den ordre public nur an, wenn eine hinreichend starke Beziehung zur deutschen Rechtsordnung besteht,1166 z.B. weil der Enteignete Deutscher ist1167 oder der Sitz des Enteignungsbegünstigten (hier des Gläubigers) in Deutschland liegt.1168 Ein ordre public-Verstoß kommt bei Anwendung rückwirkender ausländischer Geldwertklauselverbote daneben unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) in Betracht. Wäre der deutsche Staat unter Geltung des Grundgesetzes rechtlich nicht in der Lage, in (zulässigerweise) wertgesicherte Geldforderungen mit Wirkung für die Vergangenheit einzugreifen, könnte einem entsprechenden ausländischen Rechtssatz bei Vorliegen ausreichender Binnenbeziehungen nach Art. 6 EGBGB die Anerkennung verweigert werden.1169 Entscheidende Bedeutung besitzt sonach die vom Bundesverfassungsgericht bei belastenden Gesetzen vorgenommene Differenzierung zwischen echter (retroaktiver) und unechter (retrospektiver) Rückwirkung.1170 Grundsätzlich nichtig sind danach belastende Gesetze mit echter Rückwirkung, d.h. Gesetze, die nachträglich in abgeschlossene, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen.1171 Der Bürger muß darauf vertrauen können, daß der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände nicht ungünstigere Folgen knüpft, als sie im Zeitpunkt der Tatbestands-
1161
Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 , Nach A n 38 EGBGB Anh. III Rn 4 0 f; Raape IPR, 661. Art 14 GG soll bei schuldrechtlichen Forderungen aber nur die Inhaberstellung schützen; so Dicke in v. Münch, GG, Art 14 Rn 13; eine Position, die sich für Geldforderungen jedenfalls dann kaum halten läßt, wenn man Geld und geldwerte Forderungen gleichermaßen dem Schutzbereich des Art 14 GG unterstellt; so zB Papier in Maunz/Diirig, GG, Art 14 Rn 183 ff Auch wer zur Rechtfertigung des geldschuldrechtlichen Nominalismus die Gleichsetzung von Geldeigentum und Geldforderung betont (siehe S 73 ff), muß konsequenterweise staatliche Reduktionen von Geldforderungen ebenso behandeln wie die Wegnahme oder die Zerstörung von Geldeigentum. 1163 BGHZ 31, 168, 172; 39, 220, 231; 104, 240, 244, 245. 1164 Kegel in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 859. 1165 Chr. v. Bar IPR I, Rn 277. 1166 BGHZ 104, 240, 243, 245; KG NJW 1988, 341, 343; zum Inlandsbezug vgl bereits RG JW 1936, 2058, 2 0 6 0 zur Anwendbarkeit der Joint Resolution; allerdings mit deutlich zeitgeistbeeinflußten Erwägungen. Erwägungen, die im übrigen der historische Gesetzgeber nicht geteilt hat, da unmittelbar nach der Entscheidung ein Gesetz erging, wonach ausländische Geldklauselverbote in jedem Fall im Inland anzuwenden seien; siehe Mügel JW 1936, 2061 ff. 1167 ZB KG NJW 1988, 341, 343. 1168 Vgl BGHZ 104, 240, 243: Enteignungsbegünstigt war der iranische Staat, der wiederum eine 85°/oige Beteiligung an der beklagten deutschen AG hielt. 1169 Ähnlich W. Braun Geldwertsicherung, 162, der jedoch Art 2 0 Abs 3 GG nicht als Prüfungsmaßstab heranzieht. 1170 BVerfGE 11, 139, 145 f; 14, 288, 297; 24, 220, 230; 25, 371, 403; 36, 73, 82; 59, 128, 164 f; 68, 287, 306; 72, 175, 196; 74, 129, 155. 1171 BVerfGE 13, 261, 2 7 0 f; 25, 371, 403 f; 30, 367, 3 8 5 f. 1,62
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2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Vollendung voraussehbar waren. 1 1 7 2 Nur ausnahmsweise ist das Vertrauen nicht gerechtfertigt, insbesondere dann, wenn der Bürger mit der getroffenen Regelung in der Vergangenheit rechnen mußte oder zwingende Gründe des Gemeinwohls das Gebot der Rechtssicherheit überwiegen. 1 1 7 3 Anders ist die Rechtslage im Falle unechter Rückwirkung. Hiervon spricht das BVerfG, wenn das Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt. 1 1 7 4 Unechte Rückwirkungen sind grundsätzlich zulässig, es sei denn, daß ausnahmsweise das Vertrauensinteresse gegenüber dem mit der Rückwirkung verfolgten öffentliche Interesse überwiegt. 1175 Die reiche Kasuistik wird noch unübersichtlicher dadurch, daß bei Eingriffen in Vermögenswerte Rechtspositionen der sich aus Art. 14 G G ergebende Vertrauensschutz dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz vorrangig sein soll. 1 1 7 6 Schließlich wirft die Abgrenzung zwischen echter und unechter Rückwirkung bei Vertragsverhältnissen der hier behandelten Art besondere Probleme auf. Wird auf den Abschluß des Vertrages abgestellt, liegt eine echte Rückwirkung vor, ist die Erfüllung entscheidend, eine unechte. 1 1 7 7 Um eindeutig in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte handelt es sich immerhin, wo der Geldschuldner den valorisierten Betrag seinem Gläubiger bereits verschafft hat, also Erfüllung eingetreten ist. Allein, solche abgewickelten Verträge haben rückwirkende Geldwertsicherungsverbote nicht im Auge. In seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Änderungsgesetzes 1 9 6 9 zum AbzG 1 1 7 8 vertrat das BVerfG den Standpunkt, es handele sich um eine unechte Rückwirkung, wenn der Gesetzgeber einen ausschließlichen Gerichtsstand auch für solche Abzahlungsgeschäfte normiert, die bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung zwar abgeschlossen, jedoch noch nicht abgewickelt sind. 1 1 7 9 Bei der auf jeden Fall gebotenen Abwägung zwischen einerseits den Interessen des Eingriffsstaates am Schutz seiner Währung gegenüber Stabilitätsrisiken und andererseits dem Interesse der Parteien des Geldschuldverhältnisses an der Aufrechterhaltung des vereinbarten Äquivalenzverhältnisses sollten die Bedürfnisse des internationalen Wirtschaftsverkehrs nicht unberücksichtigt bleiben. Angesichts bestehender Wechselkursschwankungen und den daraus resultierenden Risiken stellen Geldwertklauseln „eine dringende Notwen-
BVerfGE 25, 3 7 1 , 4 0 4 . BVerfGE 13, 261, 271 f. 1 1 7 4 Im Gegensatz zum ersten Senat hat der zweite Senat des BVerfG in jüngeren Entscheidungen den Begriff der „unechten Rückwirkung" vermieden und von Rückwirkung schlechthin dann gesprochen, wenn bei einer Rechtsnorm „der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, dh gültig geworden ist"; BVerfGE 63, 343, 3 5 3 ; 67, 1, 15; 72, 200, 241. Das Phänomen der tatbestandlichen Rückanknüpfung bleibt dessen ungeachtet natürlich bestehen und wirft die bekannten Vertrauensschutzprobleme auf, wenngleich die mitunter mühevolle Abgrenzungsfrage nach dem „abgeschlossenen Tatbestand" einer flexibleren Betrachtung weicht; zum Ganzen siehe Maurer in Hdb des Staatsrechts III, 218 ff. 1172
1173
BVerfGE 14, 288, 2 9 7 f; 21, 117, 132; 25, 142, 154; 30, 250, 2 6 8 ; 31, 222, 226. Im Einzelnen dazu Maurer in Hdb des Staatsrechts III, 236 ff. Der eigentumsrechtliche Vertrauensschutz reicht dem BVerfG zufolge weiter; insbes. würden rückwirkende Eingriffe nicht bereits durch ihre Voraussehbarkeit gerechtfertigt. Der Gesetzgeber müsse für den Eingriff in geschützte subjektive Rechte „legitimierende Gründe" haben; BVerfGE 31, 275, 293. Pieroth Rückwirkung und Übergangsrecht, 82 f. 1 1 7 8 BVerfGE 31, 2 2 2 ff. 1 1 7 9 BVerfGE 31, 222, 226; krit. dazu Pieroth aaO. 1175 1176
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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digkeit dar, ohne die der langfristige Kapital- und Wirtschaftsverkehr wegen des sonst unkalkulierbaren, anderweitig nicht abzudeckenden Risikos erheblich behindert würde". 1180 Mußte der Geldgläubiger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mit einem Wertsicherungsverbot rechnen, gab es für ihn also keinen Anlaß, das Geschäft anderweitig abzusichern oder gar von ihm Abstand zu nehmen, spricht einiges dafür, die ausländische Regelung trotz Vorliegens einer hinreichend engen Verbindung wegen Verstoßes gegen Art. 6 EGBGB nicht anzuwenden. Nur wenn die stabilitätspolitischen Zielsetzungen des Eingriffsstaates auch eine rückwirkende Aufhebung zwingend erforderlich machen, ist anders zu entscheiden. 1181 Soweit bei der konkreten Rechtsanwendung die ordre public-Verträglichkeit bejaht werden sollte, müßte das rückwirkende Wertsicherungsverbot nach der hier vertretenen Sonderanknüpfungslehre nicht nur im Hinblick auf das im Eingriffsstaat belegene Vermögen, sondern auch darüber hinaus „anerkannt" werden. Denn wie schon das positive, würde auch das negative enteignungsrechtliche Territorialitätsprinzip von der Anknüpfung nach Maßgabe der engsten Verbindung verdrängt.
VI. Paritätsänderungen Ändert sich in einem System flexibler Wechselkurse der Außenwert der Fremdwährung im Verhältnis zur Heimwährung, sind die für Valutaschuldner und/oder -gläubiger entstehenden Kursgewinne oder Kursverluste die Folge der bereits beschriebenen wirtschaftlichen Entwicklungen. Der Wert der Schuldwährung ist (nicht anders als bei einem rein binnenwirtschaftlichen Vorgang im Hinblick auf den Kaufkraftrückgang) ein dem Recht vorgegebenes Datum, mögen es auch Entscheidungen des ausländischen Staates sein (zinspolitische Maßnahmen, Interventionen am Devisenmarkt etc.), die auf den Außenwert seiner Währung einwirken und somit zur Wechselkursbildung beitragen. Verweisungsrechtliche Fragen stellen sich nur insofern, als es um die Suche nach der Rechtsordnung geht, die über einen etwaigen Verlustausgleich, vor allem also über die Anpassung der Schuldsumme, zu entscheiden hat. 1182 Im Rahmen des Schuldverhältnisses die privatrechtliche „Anwendung" etwaiger Maßnahmen des Währungsstaates zu diskutieren, die die Außenwertänderung mitverantwortet haben, ist schon deshalb müßig, weil vielfach gar keine Rechtsakte vorliegen 1183 und im übrigen die Verantwortung für den Außenwert der eigenen Währung ein zentrales Element staatlicher Währungshoheit bildet, das der freien Disposition des Trä-
1180
W. Braun Geldwertsicherung, 165. So bereits W. Braun Geldwertsicherung, 168 f. 1182 Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 874. 1183 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 108. Zu Außenwertänderungen führen bereits Meinungsäußerungen hochrangiger Politiker oder auch die Bekanntgabe von Wirtschaftsdaten, zB des Haushaltsdefizits, der Arbeitsmarktsituation, der Konsumentenpreise oder der Einzelhandelsumsätze. Oder um der Wirtschaftspresse ein beliebiges anderes Ereignis zu entnehmen: Als der unter Korruptionsverdacht stehende, damalige italienische Ministerpräsident Berlusconi am 13.12.1994 von der römischen Staatsanwaltschaft vernommen wurde, sank die ital. Lire gegenüber der DM auf das damalige Rekordtief von 1042 : 1. 1181
198
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
gers der Währungshoheit untersteht. 1 1 8 4 Die Frage nach der hinreichend engen Verbindung überhaupt zu stellen, hieße zugleich, sie stets zu bejahen. Was somit bei erstem Zusehen kaum des Nachdenkens wert erscheint, könnte freilich insofern Probleme aufwerfen, als es den Parallelfall der verbindlichen Änderung des Außenwertes einer Währung durch Rechtsakt anbelangt. Gemeint ist hier die Änderung der Parität im Wege der Aufwertung oder Abwertung, ohne daß damit zugleich interne Währungsänderungen einhergehen. 1 1 8 5 Auch wenn hier ein Rechtsakt durchaus greifbar wäre, kann jedoch die rechtliche Wertung nicht anders ausfallen als bei einer Außenwertänderung im Wege des freien Floating. 1 1 8 6 In aller Regel ist die Paritätsänderung ohnehin eine Folge gewandelter ökonomischer Verhältnisse, beinhaltet also nur eine Art verzögerte Reaktion. Und wo sie in wirtschaftlicher Absicht erfolgt, etwa eine Abwertung zur Förderung der Exportwirtschaft, da führt ebenfalls kein Weg daran vorbei, die Maßnahme als legitime Ausübung staatlicher Währungshoheit zu akzeptieren. Die Wertänderung ist auch in solchen Konstellationen ein bloßes Datum, auf das das Schuldstatut oder ein etwa davon abweichendes Aufwertungsstatut reagieren kann, das aber nicht selbst Gegenstand verweisungsrechtlicher Betrachtungen ist. 1 1 8 7 Die gegenteilige Auffassung würde die Geltung des nominalistischen Prinzips jedenfalls bei Valutaschulden schon im Ansatz zunichte machen. Mit der Reichweite des Währungsstatuts, seiner Einbeziehung in das Geldschuldverhältnis und der Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Reflexwirkungen ausländischer Eingriffsnormen auf das Geldschuldverhältnis haben Paritätsänderungen des ausländischen Währungsstaates nicht zu tun. 1 1 8 8 Etwas anderes gilt, wenn ohne hoheitliche Veränderung des allgemeinen Wertverhältnisses der Schuldwährung zu einer oder mehreren anderen Währungen bestimmte Geldschulden (insbesondere im Gefolge einer hoheitlich dekretierten Umwandlung der Schuldwährung nach einem Souveränitätswechsel) einen wertfremden, d.h. wertunterschreitenden Betrag zugewiesen erhalten. 1 1 8 9 In derartigen Konstellationen wird nicht auf den Wert eines nominell unveränderten Schuldgegenstandes eingewirkt, sondern schlicht eine Schuldenkürzung bewirkt. Weder läßt sich eine Aufwertung der Währung des Erlaßstaates feststellen noch eine Änderung der Verfassung seines Geldwesens, die zu Fragen des allgemeinen rekurrenten Anschlusses Anlaß gäbe. Zur Anwendung gelangt grundsätzlich das skizzierte Instrumentarium zur Behandlung ausländischer Eingriffsnormen. Hiervon wird später noch die Rede sein. 1 1 9 0
1184 H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 21; dort (32 ff) auch zu Grund und Grenzen einer völkerrechtlichen Haftung des Staates für Wertveränderungen der eigenen Währung. 1 1 8 5 Zur Problematik einer internen Währungsänderung, insbes. bei differenziertem Umstellungsverhältnis, siehe S 212 ff. 1 1 8 6 Anders wie es scheint Kegel IPR, 872 f; ders in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 897. Ihm zufolge sind Währungsabwertungen Eingriffe in Geldforderungen, die nur so weit anerkannt werden können, als der ausländische Währungsstaat die Grenzen seiner Macht eingehalten hat. 1187 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 198; H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 22. 1 1 8 8 Zur Wertsteuerung einer Währung im Wege der Anhebung oder Absenkung des Kaufkurses für ausländisches Geld gegenüber Gebietsansässigen siehe H.J. Hahn BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 16 f, 45 f. 1 1 8 9 So die Situation nach dem polnischen Valutagesetz von 1919; siehe bereits oben § 7 1.4. 1 1 9 0 S 2 1 9 ff und 222 f.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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VII. Aufwertungsrecht Was für Melchior einen „der bösartigsten Fragenkomplexe des deutschen internationalen Privatrechts" darstellte, 1191 ist im Ansatz schnell umrissen. Gesucht wird die Rechtsordnung, deren Regeln darüber befinden, ob der Geldgläubiger bei wertmäßigem Verfall der Schuldwährung von seinem Schuldner einen Wertausgleich erhält, und zwar in Gestalt eines erhöhten Forderungsbetrages. 1 1 9 2 Das so verstandene Aufwertungsrecht 1 1 , 3 ist von der paritätsändernden Aufwertung, auf die der Blick zuvor gerichtet war, streng zu unterscheiden. Die paritätsändernde Aufwertung bezeichnet eine hoheitlich verfügte Änderung des Außenwertes einer Währung und wirkt nur über den wirtschaftlichen Wert der einzelnen Währungseinheit auf das Schuldverhältnis ein. Hier hingegen geht es (möglicherweise als Folge einer Paritätsänderung, möglicherweise aber auch aufgrund rein wirtschaftlicher Veränderungen) um eine Ablösung der Geldsummenschuld vom Nominalwertprinzip. 1 1 9 4 Oder u m die Definition Mügels zu gebrauchen: „Aufwertung ist die unter Berücksichtigung der Veränderung des Geldwerts eintretende Änderung des Inhalts einer vor Eintritt oder zur Zeit des Währungsverfalls begründeten, auf eine bestimmte Geldsumme ... lautenden Forderung." 1 1 9 5 W. Mayer sprach von Aufwertung gar als einer „Negation der Währung". Während Nennwertzwang Bindung an die Währung bedeute, sei Aufwertung gerade Loslösung vom Währungsrecht. 1 1 9 6 Aus dem gleichen Grund sind Änderungen der internen Geldordnung des Währungsstaates, die ebenfalls als Aufwertung bezeichnet werden können (etwa die „Streichung mehrerer Nullen" bei einer stark entwerteten Währung) anders gelagert. 1197 Sie stehen der Paritätsänderung nahe, beziehen sich aber primär auf den Binnenwert der Währung und erst mittelbar auf ihren Außenwert. 1198 Die Aufwertung im hier verstandenen Sinne setzt nicht bei der Ordnung des Geldwesens ein, sondern bei der Regelung der Schuldverhältnisse. 1199
1.
Der Wertungskonflikt
Aufwertungsrecht begegnet in mehrerlei Gestalt. Es kann sich um detaillierte gesetzliche Regeln handeln („Aufwertungsgesetzgebung"), um eine gesetzlich kreierte richterliche Vertragshilfe oder um richterrechtlich geschaffenes Billigkeitsrecht in unterschiedlichen
1191
Melchior IPR, 295
11,2
Besonders prägnant die Darstellung bei Karl Neumeyer JW 1928, 137; ders IntVerwR III/2, 350 ff; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 111; Ernst Währungs- und Devisenrecht, 13 ff. 1193 Die teilweise vorgenommene Differenzierung zwischen Aufwertung und Umwertung (vgl nur W. Mayer Valutaschuld, 68 ff) hat allein sachrechtliche Bedeutung. Gekennzeichnet werden unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen für die Erhöhung der Schuldsumme, wofür wiederum die Ursachen der Währungsverschlechterung verantwortlich zeichnen; Einzelheiten unten § 9 II. 1194 Reinhuber Grundbegriffe, 134 und dort Fn 710 sympathisiert mit dem Begriff „Revalorisation". 1195 Miigel Aufwertungsrecht, 146; ebenso K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 90. 1196 W. Mayer Valutaschuld, 58. 1197
Karl Neumeyer JW 1928, 137.
1198
S 207 ff. Karl Neumeyer JW 1928, 137; Ernst Währungs- und Devisenrecht, 15 f.
1199
200
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Formen. 1 2 0 0 Stets aber geht es um Durchbrechungen des geldschuldrechtlichen Nominalismus, um die Ersetzung des Währungswertes durch den Funktionswert des Geldes, 1 2 0 1 weshalb die These naheliegt, etwaige Aufwertungsregeln dem Recht zu entnehmen, das bereits berufen ist, zwischen Nominalismus und Valorismus zu wählen, m.a.W. das Schuldstatut bzw. die lex causae entscheiden zu lassen (sog. „Schuldrechtstheorie"). 1 2 0 2 Auch über diese eher technische Verknüpfung hinaus finden sich gute Gründe für eine schuldrechtliche Qualifikation. 1 2 0 3 Gegenstand der Aufwertung ist die Schuld, nicht die Währung. Völlig zu Recht wird daher betont, in Frage stehe die Gerechtigkeit bzw. der Interessenausgleich zwischen den Parteien, 1 2 0 4 es gehe um einen Ausschnitt aus dem allgemeinen Problemkreis, inwieweit ein Ungleichgewicht der Leistungen oder eine sonstige inhaltliche Unangemessenheit, die im Verhältnis zwischen den Parteien eingetreten ist, ausgeglichen werden kann. 1 2 0 5 Eine Zuordnung zu den institutionellen Währungsvorschriften, die nach der hier vertretenen Auffassung den Kernbereich des Währungsstatuts ausmachen, kommt hingegen nicht in Betracht. 1 2 0 6 Indes sind es die Konsequenzen einer alleinigen Heranziehung des Aufwertungsrechts der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung, die dieser in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegenden Betrachtungsweise ungeachtet ihrer dogmatischen Schlüssigkeit heftigen Widerspruch eingebracht haben. Ist deutsches Recht Schuldstatut, entschieden allein die deutschen Vorschriften darüber, ob und in welchem Maße der Schuldner eine Entwertung der Schuldwährung im Wege der nominellen Erhöhung des Schuldbetrages auszugleichen hat. Ob das Recht des Währungsstaates das Rechtsinstitut der Aufwertung überhaupt kennt und welchen Inhalt es ggf. aufweist, spielte keine Rolle. 1 2 0 7 Unterliegt umgekehrt die Obligation ausländischem Recht, richtete sich nach dessen Regeln auch eine etwaige Aufwertung, selbst wenn die Schuld auf D M lautete und der Verfall der deutschen Währung die Äquivalenzstörung ausgelöst haben würde. Nun ist es aber gerade das Recht des Staates, dessen Währung an Wert einbüßt, das Anlaß zur Schaffung korrespondieren1200 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 92; Mügel Aufwertungsrecht, 106 ff, 155 ff; Jastrow Prinzipienfragen, 143 ff; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 111; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 350 ff. 1 2 0 1 W. Mayer Valutaschuld, 58 aE. 1 2 0 2 Hierfür RGZ 119, 259, 264; 120, 70, 75; 145, 51, 55; 147, 377, 380; 163, 324, 334; RG JW 1932, 1048, 1049; 1933, 1657, 1658; BayObLG IPRspr 1931 Nr 5 (13, 16); KG IPRspr 1929 Nr 45 (64, 66); OLG Dresden IPRspr 1935-1944 Nr 112 (215, 216); aus dem Schrifttum Kegel IPR, 871 f; ders in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 959; Raape IPR, 534 ff; Wolff IPR, 160; v. Westphalen Exportfinanzierung, 140 f; Melchior IPR, 295 ff; Mann Recht des Geldes, 232 ff; ders Legal Aspect, 280 ff; ders JZ 1965, 450; Firsching in Staudinger10'11, Vor Art 12 EGBGB Rn 411, 413; Ferid IPR, Rn 6-104; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 45; W. Mayer Valutaschuld, 59 ff; Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 587 f; Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 874 f. 1 2 0 3 Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang abermals auf Art 147 des schweizerischen IPRGesetzes, in dem es heißt: „Die Wirkungen, die eine Währung auf die Höhe einer Schuld hat, richten sich nach dem auf die Schuld anwendbaren Recht." 1204 Kegel IPR, 872; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 41 1205 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 1, 111. 1 2 0 6 AM wohl Nussbaum Bilanz, 35; ders Das Geld, 143 f, der - allerdings unter dem Eindruck der deutschen Aufwertungsrechtsprechung ab 1923 und daher kaum verallgemeinerungsfähig - von einer „antizipierten Umrechnungsnorm" spricht; zust Fögen Geld- und Währungsrecht, 116; dagegen W. Mayer Valutaschuld, 58 ff. Raape IPR, 534; Karl Neumeyer JW 1928, 137, 140.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
201
der Ausgleichsmechanismen hat, während von anderen Rechten eine entsprechende Reaktion nicht ohne weiteres erwartet werden kann.1208 Soweit Aufwertungsgesetze existieren, beziehen sie sich dementsprechend typischerweise auf Geldschulden in der Währung des Erlaßstaates. Ist die Wirtschaftsordnung des Staates, der dessen Regeln das Schuldverhältnis beherrschen, dagegen nie von Währungskrisen erschüttert worden, kann bezweifelt werden, ob sein Recht ausgerechnet für Äquivalenzstörungen, die aus dem Wertverfall ausländischer Währungen herrühren, eine Durchbrechung des geldschuldrechtlichen Nominalismus - sei es auch nur aus Billigkeitsgründen - statuiert. Der ordre public, den die Vertreter der Schuldrechtstheorie in der Vergangenheit bemüht haben, um Forderungen in deutscher Währung ungeachtet ihres von ausländischem Recht gestellten Schuldstatuts nach deutschem Recht aufzuwerten,1209 konnte nur bei hinreichender Inlandsberührung zum Zuge kommen, 1210 was in der Praxis zu einer Ungleichbehandlung von inländischen und ausländischen Gläubigern führte. 1211 Einige Autoren erblicken daher einen „inneren Zusammenhang" zwischen Währungsverfall und Aufwertung, dem sie rechtsanwendungsrechtlich durch gesonderte Anknüpfung an die lex monetae Rechnung tragen (sog. „Währungsrechtstheorie").1212 Auch in manchen Entscheidungen des Reichsgerichts1213 findet sich diese Auffassung wieder.1214 Für sie spricht sicher der rechtspolitische Gedanke, alle vom Verfall einer Währung wirtschaftlich betroffenen Gläubiger gleichzubehandeln. Andererseits zählt der Ausgleich von Äquivalenzstörungen nun einmal zum Kernbereich des Schuldstatuts.1215 Und so sieht sich die Währungstheorie nach wie vor dem Vorwurf Schlegelbergers ausgesetzt, es fehle „doch wirklich an jedem stichhaltigen Grund, anzunehmen, daß das Schuldverhältnis in einer Einzelfrage einer nicht zum System des beherrschenden Schuldrechts gehörenden Sondernorm unterworfen oder von der Anwendbarkeit einer Einzelnorm jenes Systems ausgeschlossen sein sollte".1216
1208
Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 370; Ernst Währungs- und Devisenrecht, 17; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 112; H.J. Hahn Währungsrecht, 387. 1209 Melchior IPR, 304 ff; W. Mayer Valutaschuld, 63 f; Raape IPR, 535; Mügel Aufwertungsrecht, 249. 1210 Für einen zurückhaltenden Gebrauch von Art 6 EGBGB Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Rn 41; v. Westphalen Exportförderung, 141. 1211 RGZ 114, 171, 172 f; OLG Dresden, IPRspr 1926/27 Nr 9 (13, 14 f); OLG Stettin, IPRspr 1932 Nr 35 (79, 80 f); Melchior JW 1926, 2345, 2346 f; siehe zuletzt auch Reinhuber Grundbegriffe, 151 f. 1212 Karl Neumeyer JW 1928, 137, 140 f; ders IntVerwR III/2, 368 ff, 372; Eckstein Geldschuld und Geldwert, 119 ff; Emst Währungs- und Devisenrecht, 16 ff; iErg ebenso Nussbaum Bilanz, 35 ff; ders IPR, 143 f, wohl auch Fögen Geld- und Währungsrecht, 116 und H.J. Hahn Währungsrecht, 387, die aus den gleichen Gründen eine Zuordnung zum (kollisionsrechtlich anzuknüpfenden !) Währungsstatut befürworten. Zur Differenzierung zwischen beiden Ansätzen Melchior IPR, 295. 1213 Eingehende Darstellung der deutschen Aufwertungsrechtsprechung zwischen den Weltkriegen zuletzt bei Reinhuber Grundbegriffe, 134 ff, 138 ff. 1214 RGZ 113, 42, 43 f; 120, 277, 279; 131, 250, 260 f; RG JW 1932, 582, 583; siehe ferner OLG Hamburg IPRspr 1928 Nr 76 (112, 113); LG Berlin I IPRspr 1932 Nr 118 (226, 227). 1215 Die lex fori über die Aufwertung entscheiden zu lassen, kommt von vornherein nicht in Frage. Anderenfalls könnte der Schuldner im Wege des forum shopping wertmäßig zu einer weitgehenden Leistungsbefreiung gelangen, obwohl nicht nur die lex monetae, sondern auch die lex causae die Aufwertung gebietet; siehe hierzu Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 873 unter Hinweis auf gegenteilige Entscheidungen französischer Gerichte. 1216 Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 874.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
202 2.
Materiellrechtliche Alternativanknüpfung
Auszugehen ist vom Schuldstatut und von der materiellrechtlichen Inkorporation des Währungsstatuts in das Schuldverhältnis. Der Umstand, daß der Gegenstand der Valutaschuld in einer von der lex causae verschiedenen (Verwaltungs-)Rechtsordnung wurzelt, rechtfertigt auch für den Bereich des Aufwertungsrechts keine Korrektur dieser verweisungsrechtlichen Prämisse. Insbesondere besteht grundsätzlich kein Anlaß, eine vom deutschen IPR ausgesprochene und damit von den Wertungen des Schuldstatuts unabhängige Anknüpfung des Aufwertungsstatuts anzunehmen. 1217 Dabei macht es regelmäßig keinen Unterschied, ob die hier untersuchte Konstellation einer ausländischen Schuldwährung unter deutschem Recht als Schuldstatut in Rede steht oder ob es sich um eine auf deutsche oder fremde Währung lautende, aber von ausländischem Schuldrecht beherrschte Zahlungsverbindlichkeit handelt. Unabhängig davon, daß die Verweisung auf das Währungsstatut selbst vom Schuldstatut ausgesprochen wird, bleibt natürlich die Frage nach dem Inhalt dieser Verweisung. Der dogmatische Ansatz der Schuldrechtstheorie büßt dadurch nichts von seiner Berechtigung ein. Es sind die Regeln des Rechts, welches die Obligation regiert, die primär darüber entscheiden, inwieweit der Gläubiger das Risiko einer Wertverschlechterung des Schuldgegenstandes trägt, nicht anders als dies auch außerhalb des Geldschuldrechts der Fall ist. Soweit deutsches Recht das Schuldstatut stellt, bestehen gegen diese Einschätzung auch im Ergebnis kaum Bedenken. Daß dem deutschen Richter nach den Inflationserfahrungen dieses Jahrhunderts ohne weiteres zugetraut werden kann, mit dem Instrumentarium des deutschen Schuldrechts auch die Entwertung ausländischer Währungen in den Griff zu bekommen, bezeugen allein zahlreiche Urteile aus der Zeit zwischen den Weltkriegen. Problematisch sind daher auch weniger die Fälle, die nach deutschem Schuldrecht zu entscheiden sind, als vielmehr jene, in denen die Geldschuld ausländischem Recht untersteht, sei es, daß deutsche Währung geschuldet ist, sei es, daß die Schuld auf die Währung eines Drittstaates lautet. So hielt etwa das englische Recht ungeachtet der Hyperinflation im Deutschland der 20er Jahre an der Auffassung fest, die Höhe einer Geldsummenschuld in deutscher Währung bemesse sich ausschließlich nach ihrem Nominalwert. 1218
a)
Einbeziehung auf Grundlage des Parteiwillens
Ohne Verstoß gegen rechtsanwendungsrechtliche Grundsätze gelangt in allen Fallkonstellationen zu befriedigenden, weil flexiblen Lösungen, wer die Zuständigkeit des Schuldsta1 2 1 7 Kollisionsrechtliche Fragen stellen sich nur in zwei Konstellationen: Erstens wenn die lex monetae für Aufwertungsfragen eine Eingriffsnorm ausprägt. Doch wird man die erforderlichen öffentlichen Interessen wohl am ehesten bei einer Währungsumstellung annehmen können; vgl Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 3 7 2 Fn 84; Kegel in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 9 6 0 ; ders IPR, 8 7 2 f. Denkbar ist allerdings auch ein Aufwertungsverbot in Gestalt eines „Annahmezwangs zum Nennwert" mit Eingriffscharakter. Zweitens wenn die Parteien eine nach A n 2 7 Abs 1 S. 2 EGBGB zulässige (internationalprivatrechtliche) Teilverweisung aussprechen. Sofern man überhaupt eine kollisionsrechtliche Teilbarkeit annehmen will, handelt es sich jedenfalls um eine seltene Ausnahme. Im Zweifel liegt nur eine kollisionsrechtliche Rechtswahl und eine damit verbundene materiellrechtliche Teilverweisung vor; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 2 7 EGBGB Rn 38. 1218 Mann Recht des Geldes, 2 3 4 f; ders Legal Aspect, 283 ff.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
203
tuts akzeptiert, indes bei diesem Ergebnis nicht stehen bleibt, sondern auf der Ebene des Sachrechts fragt, ob die Parteien mit der Wahl einer anderen Währung als derjenigen der lex causae alternativ1219 die Regeln des Währungsstaates über den Ausgleich bei starken Geldwerteinbußen in das Schuldverhältnis inkorporiert haben. 1220 Auf Basis der hier vertretenen Auffassung ist es bei rechtsgeschäftlichen Zahlungsverbindlichkeiten ohnehin der Parteiwille, der das Maß für die Heranziehung der Gesetzgebung des Währungsstaates bildet. Es war bereits mehrfach davon die Rede, daß sich der Parteiwille regelmäßig darauf erstreckt, den institutionellen Apparat der Währung einzubeziehen. So wie die Parteien aber (in Grenzen) einzelne Regeln institutioneller Art von der Anwendung ausschließen können, 1221 sind sie auch in der Lage, den Kreis der in Bezug genommenen Normen über den institutionellen Währungsrahmen hinaus zu erweitern.1222 Die institutionellen Währungsvorschriften bilden nur den Kern des Verweisungsgegenstandes, nicht aber notwendigerweise ihren alleinigen Inhalt. Sofern sich aus dem konkreten Geldschuldverhältnis nichts Gegenteiliges ergibt, ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Parteien an der Wertbeständigkeit der gewählten Währung und damit zugleich an einem möglichst weitgehenden Ausgleich von Wertverlusten im Falle eines unvorhergesehenen und gravierenden Währungsverfalls interessiert sind.1223 Anderes gilt namentlich dann, wenn die Geldentwertung aufgrund des dem Rechtsgeschäft zuzuschreibenden spekulativen Charakters in den Risikobereich des Gläubigers fällt. Ob diese Wertung im Einzelfall dem stillschweigenden Parteiwillen entnommen werden kann oder (was wohl näher liegt) auf den hypothetischen Parteiwillen zurückgegriffen werden muß, mag dabei dahinstehen. Praktisch werden beide Ansätze beim Verfall der Schuldwährung zum gleichen Ergebnis führen, auch wennn es beim hypothetischen Parteiwillen nicht darum geht, mutmaßlich-subjektive Vorstellungen der Beteiligten zu ermitteln, sondern darum, die Interessen der Parteien im Wege der ergänzenden Rechtsfindung auf objektiver Grundlage und unter Berücksichtigung der gewandelten Verhältnisse in vernünftiger Weise abzuwägen.1224 Die für einen Rückgriff auf den hypothetischen Parteiwillen erforderliche Regelungslücke im Vertrag kann bei einem Währungszusammenbruch nahezu immer angenommen werden, 1225 es sei denn, die getroffene Vereinbarung muß deshalb als abschließend betrachtet werden, weil die Vertragsparteien die tatsächlich erfolgte Währungsentwicklung spekulativ einkalkuliert haben. Dann freilich spricht auch die Interessenlage gegen einen Verlustausgleich. Daß der hypothetische Parteiwille ein prakti1 2 1 9 Vgl jetzt auch den Vorschlag von Reinhuber Grundbegriffe, 222, der mit einer mehrstufigen (kollisionsrechtlichen) Anknüpfung arbeitet: „Ändert sich der Wert der Schuldwährung eines Vertragsverhältnisses, so finden Anpassungen des Schuldinhalts nach den Ausgleichsregeln des Staates der Schuldwährung statt. Ist danach keine Anpassung vorzunehmen, richtet sich eine Anpassung nach den Ausgleichsvorschriften des Schuldstatuts. Kommt es auch hiernach zu keiner Anpassung, so ist der Schuldinhalt nach § 2 4 2 BGB anzupassen". 1 2 2 0 Vgl schon BGE 51 II, 303, 3 1 1 ; 54 II, 314, 3 1 7 f; 5 7 II, 3 6 8 , 3 7 2 ; Chr. v. Bar IPR II, Rn 5 4 5 ; Niederer FG Grossmann, 2 7 4 , 2 8 5 f, die jeweils die Möglichkeit einer materiellrechtlichen Einbeziehung des Aufwertungsrechts der lex monetae in das Geldschuldverhältnis bejahen; in diesem Sinne wohl auch Horn Zivil- und Wirtschaftsrecht, 92. 1 2 2 1 S 107 ff.
1222 1223 1224 1225
BGE 54 II, 314, 317 f; Niederer FG Grossmann, 274, 285 f. G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 113. BGHZ 7, 231, 2 3 5 ; 9, 221, 2 2 3 ; 17, 89, 9 2 ; 19, 110, 123; 43, 162, 166. BGE 5 4 II, 314, 3 1 7 f.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
204
kables Mittel zur Bestimmung des Inhalts von Geldschulden darstellt, läßt sich im übrigen nicht nur anhand von Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts 1 2 2 6 belegen; auch die BGH-Rechtsprechung zur Bestimmung des „Umstellungsstatuts" bei Währungsgebietsspaltungen, 1227 obzwar ansonsten durchaus kritikwürdig, verdient in diesem Zusammenhang Erwähnung.
b)
Günstigkeitsprinzip
Die vom wirklichen oder hypothetischen Parteiwillen 1228 getragene Einbeziehung des Aufwertungsrechts der lex monetae hängt indes davon ab, ob sie dem Werterhaltungsinteresse in größerem Maße Rechnung trägt als das Aufwertungsrecht der lex causae. 1229 Der deutsche Richter hat also in casu die Regeln beider Rechte in Betracht zu ziehen und (im Rahmen des Klagebegehrens, § 308 ZPO) einen „materiellen Stichentscheid" 1230 durchzuführen. Die Figur der nach dem Günstigkeitsprinzip aufzulösenden Alternativanknüpfung ist dem deutschen IPR in vielerlei Ausprägungen bekannt (Art. 11 Abs. 1 - 3 , 1 3 Abs. 2, 16 Abs. 2, 17 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 2, 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 S. 2, 21 Abs. 1 S. 2, 26 Abs. 1 EGBGB) und beruht oftmals auf dem Gedanken, grundlegende Standards des deutschen Sachrechts zu verwirklichen, 1231 und zwar mit den Mitteln des Kollisionsrechts und nicht, wie bei den Eingriffsnormen, gegen sie. Zwar ist, was die alternative Heranziehung zweier Aufwertungsrechte anbetrifft, nicht die Ebene des Kollisionsrechts berührt, sondern der Parteiwille auszulegen. Strukturell gilt es aber, ein ganz ähnliches rechtliches Phänomen zu bewältigen: Ausgehend von einer durch das Parteiinteresse vorgegebenen materiellen Wertung wird für eine Sonderform von Äquivalenzstörung, die eng mit dem Wesen des Leistungsgegenstandes zusammenhängt, der Kanon rechtlich möglicher Lösungen durch Einbeziehung des Rechts, das den Leistungsgegenstand geschaffen hat, erweitert. Führt der Rechtsvergleich den deutschen Richter im Ergebnis zum Aufwertungsrecht der lex monetae, so wird häufig nur eine entsprechende Anwendung seiner Regeln in Betracht kommen, jedenfalls insoweit, als das fremde Aufwertungsrecht ein spezielles Verfahrensrecht ausgebildet, ja eventuell sogar eigene Spruchkörper (Aufwertungsstellen) vorgesehen hat. 1 2 3 2 Unlösbare Schwierigkeiten wirft dieser Umstand nicht auf. Das anwendbare Sachrecht unter Berücksichtigung der Internationalität des Sachverhaltes auszulegen, ist selbst dann keine Besonderheit, wenn die Anwendung das Ergebnis eines kollisionsrechtli-
Oben Fn 1220. Oben Fn 1 2 2 4 ; siehe im Einzelnen S 2 2 6 f und 233. Für das Vertragskollisionsrecht hat nun freilich Art 28 EGBGB den hypothetischen Parteiwillen durch das Prinzip der engsten Verbindung ersetzt. Hier aber geht es um eine materiellrechtliche Verweisung! 1 2 2 8 Bei gesetzlichen Geldschuldverhältnissen, die nicht schon als Geldwertschulden ausgestaltet und damit ihrer Natur nach von Währungsschwankungen unabhängig sind, führt § 2 4 2 BGB zu entsprechenden Ergebnissen, soweit nicht der Zweck der Schuld entgegensteht. Vom Nominalismus der lex causae her sind hiergegen keine Einwände zu erheben; vgl auch S 7 8 2 ff. 1 2 2 9 BGE 5 7 II, 368, 3 7 2 ; zust Vischer Probleme des Währungsrechtes, 4 2 5 , 4 3 4 f. 1230 Schurig Kollisionsnorm und Sachrecht, 206. 1226
1227
1231
Baum Alternativanknüpfungen, 54 ff, 89 ff.
Nussbaum Das Geld, 144; Ernst Währungs- und Devisenrecht, 4 3 ; G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 113. 1232
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
205
chen Befehls ist.1233 Weit geringer noch sind die Bedenken bei bloßer Inbezugnahme als lex contractus, 1234 denn hier ist es bereits der Verweisungsbefehl selbst, der (ähnlich wie einer internationalprivatrechtlichen Angleichung)1235 den jeweiligen rechtlichen Erfordernissen entsprechend variiert.
c)
Grenzen
Um Mißverständnisse zu vermeiden: Die hier vertretene Alternativanknüpfung nach näherer Maßgabe des Günstigkeitsprinzips ist eine materiellrechtliche und findet ihre Verankerung im Parteiwillen. Der Parteiwille wiederum zeitigt nur insoweit Rechtswirkungen, als es die Privatautonomie der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordung zuläßt. Schließt es die lex causae aus, die Aufwertungsregeln eines anderen Staates heranzuziehen, hat es damit sein Bewenden. Und zwar zu Recht. Wo den Parteien gestattet ist, die Schuldwährung zu wählen, da treffen sie mit dieser Wahl zugleich eine Entscheidung über die grundsätzliche Verteilung des Geldwertrisikos. Ist dessen Realisierung (mit) darauf zurückzuführen, daß die Parteien nicht in der Währung der lex causae, sondern in der eines anderen Staates kontrahiert haben bzw., umgekehrt formuliert, ihre Obligation nicht dem Recht der in Aussicht genommenen Währung unterstellt haben, muß nicht unter allen Umständen für einen lückenlosen Ausgleich gesorgt werden. Insofern bleibt ein Rest an Eigenverantwortung, und es kann auf die Möglichkeit verwiesen werden, sich durch Gegengeschäfte, Garantien etc. abzusichern. Oder um eine Formulierung des US-Supreme Courts aufzugreifen: „Eine Verpflichtung in der Währung eines Landes trägt die Gefahr von Währungsschwankungen in sich, und das Recht nimmt keine Rücksicht darauf, ob der Gläubiger oder der Schuldner von der Veränderung Vorteil hat." 1236 Was Karl Neumeyer als die „große Sanktion allen Währungsrechts" 1237 bezeichnet, nämlich daß Geldschulden im Zweifel in der Währung des Staates entstehen, dessen Recht für die Geldschuld maßgebend ist, kehrt sich für den Bereich des Aufwertungsrechts nicht selten in eine Wohltat um. Entscheiden sich die Parteien dafür, lex causae und lex monetae zu trennen, gibt es für das IPR des Forums keine Legitimation, die an sich dem materiellen Recht zuzuordnende Verweisungsentscheidung an sich zu ziehen und auf diese Weise das Aufwertungsrecht der lex monetae auch gegen den Willen des Schuldstatuts zur Anwendung zu bringen.
VIII.
Währungsumstellung
Das Währungsstatut entscheidet über die Änderung von institutionellen Elementen der in Bezug genommenen Geldordnung, etwa über die Abkehr von der rechtlichen Verknüpfung 1233 Bisweilen wird hierfür auf die aus der Ehrenzweigschen Datum-Theorie entwickelte sog. Zweistufenlehre zurückgegriffen, siehe nur E. Lorenz FamRZ 1987, 645, 647; Bayer, Beherrschungsvertrag, 103 ff. Zur entsprechenden Anwendung deutschen Aufwertungsrechts auf Zahlungsverpflichtungen ausländischer Schuldner siehe RG IPRspr 1929 Nr 36 (54, 55 f); IPRspr 1930 Nr 39 (100, 101 f). 1235 Dazu Chr. v. Bar IPR I, Rn 627 ff. 1236 Zit. nach Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 874. 1237 Karl Neumeyer JW 1928, 137,143.
206
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
des Geldes zum Gold hin zu einer reinen Papiergeldwährung 1238 oder den Übergang von fixen zu floatenden Wechselkursen. Es gilt das zum Stichwort Paritätsänderungen Ausgeführte entsprechend. Soweit als Konsequenz derartiger Maßnahmen der wirtschaftliche (Außen-)Wert der Schuldwährung sinkt, kann sich allerdings die Frage nach einer etwaigen Aufwertung stellen. Im übrigen beurteilt sich nach dem Schuldstatut (und in dessen Rahmen nach dem Parteiwillen), ob nicht statt einer Zahlungsverbindlichkeit eine Valutasachschuld (z.B. gerichtet auf edelmetallhaltige Münzen), eine Geldsortenschuld, evtl. mit Wertsicherungscharakter, oder eine Geldwertschuld vereinbart worden ist. Nicht ganz korrekt wäre es, demgegenüber zu prüfen, ob die fragliche Währungsänderung überhaupt von der materiellen Verweisung auf die lex monetae erfaßt wird. Denn die Währungseinheit als Gegenstand der Geldschuld (wenn überhaupt eine Geldschuld vorliegt) bleibt nominell unangetastet; was sich ändert, ist ihr „innerer", ihr wirtschaftlicher Wert. Ausgeglichen werden können etwaige Realwertverluste nur durch Erhöhung des Schuldbetrages. Das aber ist von vornherein Sache des Schuldstatuts. Nach dem Währungsstatut richtet sich auch die Ersetzung der bisherigen Währung durch eine andere. Gemeint ist damit nicht der Fall, daß die Geldschuld nach ihrer Entstehung auf Währungseinheiten eines anderen Währungsgebietes umgewandelt wird. Hierüber entscheidet regelmäßig das Schuldstatut, z.B. ob eine Fremdwährungsverbindlichkeit bei Leistungshindernissen qua Gesetz oder im Prozeß aufgrund Parteientscheidung zur Heimwährung wird. 1239 Es erfolgt also ein Statutenwechsel, der Anknüpfungspunkt „Währung" deutet wegen einer Veränderung der ihn ausfüllenden Umstände (materiell) auf eine Geldordnung hin, die für ein anderes nationales oder supranationales Währungsgebiet gilt. Wovon dagegen an dieser Stelle die Rede ist, das sind intertemporale Umgestaltungen im Bereich derjenigen Rechtssätze, die den Verweisungsgegenstand ausmachen. Die Geldordnung eines bestimmten Gebietes, auf die das Schuldverhältnis mit der Währungsbestimmung Bezug nimmt, wird vom Träger der Währungshoheit abgeschafft und zugleich durch eine andere Geldordnung ersetzt. 1240 Währungswechsel dieser Art waren in jüngerer Zeit z.B. in Brasilien (der Real ersetzte 1994 den Cruzeiro) 1241 und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu beobachten (Kirgisistan und Turkmenistan etwa lösten 1993 den Rubel durch den Som 1 2 4 2 bzw. den Manat 1 2 4 3 ab). Die materiellrechtliche Verweisung auf die von der lex monetae statuierten intertemporalen Regeln über den Währungswechsel verhindert, daß die Geldleistung, die der Valutaschuldner zu erbringen hat, rechtlich unmöglich wird und § 275 BGB zur Leistungsbefreiung führt 1244 oder die Fremdwährungsverbindlichkeit sich in eine Heimwährungsschuld
1238 Vogen Geld- und Währungsrecht, 4 6 ; W. Mayer Valutaschuld, 65 ff. Teilweise wurde angenommen, derartige Veränderungen beinhalteten bereits einen Währungswechsel so W. Mayer aaO ; vgl auch RGZ 141, 2 1 2 , 2 1 5 ; dagegen überzeugend RGZ 142, 23, 3 1 ; Nussbaum Das Geld, 4 6 ; Mann Recht des Geldes, 4 3 ff; zur Begründung im folgenden unter 1. 1 2 3 9 Dazu im Einzelnen S 7 0 0 ff. 1 2 4 0 Vgl zB RGZ 136, 127, 130: Wechsel von der Mark-Währung zur Reichsmarkwährung 1924; BGH W M 1969, 26, 2 7 : Übergang vom ghanaischen Pfund auf Cedi im Jahre 1965. 1 2 4 1 Das Anschlußverhältnis betrug 2 7 5 0 CR $ = 1 R $. 1 2 4 2 Im Umstellungsverhältnis 2 0 0 Rbl. = 1 KS (Kirgisistan-Som). 1 2 4 3 Ein turkmenischer Manat ersetzte 5 0 0 Rubel. 1 2 4 4 RGZ 19, 47, 5 5 ; 108, 298, 3 0 2 f; BGH W M 1969, 26, 2 7 ; OLG Jena BankArch 2 2 (1922/23) 69, 7 0 ; W. Mayer Valutaschuld, 4 8 ; Mann FS Schulz Bd II, 298, 3 0 5 ; ders J Z 1965, 4 5 0 , 4 5 1 f; Nuss-
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
207
umwandelt. 1 2 4 5 Ein abweichender Parteiwille wäre zwar beachtlich, dürfte jedoch nur ausnahmsweise festzustellen sein, da im Vordergrund die Übertragung abstrakter Vermögensmacht steht, deren währungsmäßige Ausprägung zwar wesentlich ist, jedoch meist nur insofern, als es um Geldeinheiten eines bestimmten Hoheitsträgers im Gegensatz zu solchen eines anderen Hoheitsträgers geht.
1.
Rekurrenter Anschluß
Ein Währungswechsel muß allerdings nicht notwendigerweise mit einer Veränderung des Namens der ideellen Geldeinheit einhergehen. Vielmehr kommt es in erster Linie darauf an, ob eine vertikale bzw. historische Durchbrechung des geldtheoretischen Nominalwertprinzips festgestellt werden kann. Das wiederum ist der Fall, wenn zwischen Einheiten der bisherigen und solchen der späteren Geldmenge keine abstrakte Konstanz („Geldeinheit = Geldeinheit") besteht. 1246 Als Währungswechsel ist also auch ein Eingriff in die Geldmenge anzusehen, der die (bisherige) Währung unter Beibehaltung ihres Namens durch „Streichung mehrerer Nullen" oder in einem anderen Verhältnis (z.B. „1 : 2") aufwertet, 1 2 4 7 was eine nominelle Geldmengenkürzung und bei Geldsummen eine nominelle Betragskürzung zur Folge hat. So wurde in der Bundesrepublik Jugoslawien zunächst mit Wirkung vom 1. Oktober 1993 der (alte) Dinar im Verhältnis 1.000.000 : 1 durch den (neuen) Dinar ersetzt, also eine Streichung von sechs Nullen vorgenommen, 1 2 4 8 woran sich mit Wirkung vom 1. Januar 1994 ein erneuter Währungswechsel anschloß, diesmal im Verhältnis 1.000.000.000 (alt) : 1 (neu). 1249 Als jüngeres Beispiel eines derartigen Währungsschnitts wäre die zum 1.1.1995 vollzogene Umstellung des polnischen Zloty zu nennen, der vier Nullen verlor, d.h. im Verhältnis 10.000 (alt) : 1 (neu) umgestellt wurde. Z u m 1.1.1998
bäum Das Geld, 73: „Unzerstörbarkeit der Geldschuld"; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 58 f; ferner RGZ 6, 125, 127 zur Rechtslage nach § 33 preuß. ALR. 1245 Vgl RGZ 108, 298, 304; K. Schmidt in Staudinger13, $ 244 Rn 61, 63; zum Problemkreis der Leistungsstörungen bei Valutaschulden siehe unten §§ 14, 15, 16. 1246 Sachlich gleich Nussbaum Das Geld, 46, demzufolge es für die Identität der Währung allein auf die Grundeinheit ankommt: „Das was der Währung Eigenart und Bestand gibt, ist lediglich die (Währungs-)Grundeinheit. Die Währungselemente können wechseln, ohne daß die Währung als solche sich verändert." Ebenso Mann Recht des Geldes, 43 ff. 1247 Fögen Geld- und Währungsrecht, 46; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn A 50; Mann Recht des Geldes, 44 f; Reinhuber Grundbegiiffe, 32 ff, 35. 1248 Als Folge dieser internen Umgestaltung des Währungssystems änderte sich natürlich auch der Außenwert der Währung Restjugoslawiens. Betrug der Devisenkurs (Ankauf) am 30. Sept. 1993 noch 1 DM : 282.643.915 Dinar (alt), lautete er am 1. Okt. 1993 1 DM : 301,49 Dinar (neu); siehe Deutsche Bundesbank, Devisenkursstatistik November 1993, 87. 1249 Im Januar 1994 wurde des weiteren neben dem jugoslawischen Dinar ein sog. jugoslawischer Neuer Dinar eingeführt, der eine feste Parität zur Deutschen Mark (damals 1 : 1 ) aufwies. Die täglich neu festgesetzte Relation zwischen Dinar und Neuen Dinar lautete am 24. Januar 1994 13.000.000 : 1, ab dem 26. Januar 1994 lautete sie unverändert 12.000.000 : 1. Seit dem 22. Juli 1994 schließlich gilt als Währungseinheit nur noch der Neue Dinar, der nach wie vor an die DM gekoppelt ist (jetzt im Verhältnis 3,3 N.Din : 1 DM); Quelle: Deutsche Bundesbank, Devisenkursstatistiken Februar 1994, 87; Mai 1994, 33; November 1994, 33; Februar 1998, 34.
208
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
schließlich büßte der Rubel drei Nullen ein, ein neuer Ein-Rubel-Schein ersetzt demzufolge die alten 1000-Rubel-Noten ersetzen. 1250 Ein Austausch der Währungsgrundeinheit 1251 (nicht ein bloßer Namenswechsel) 1252 durchbricht andererseits stets das geldtheoretische Nennwertprinzip und bildet damit einen Währungswechsel, auch wenn das Verhältnis der alten zur neuen Einheit 1 : 1 lautet. Eine derartige Situation kann insbesondere bei Souveränitäts- oder Währungsgebietsänderungen auftreten. 1253 Aus dem Gesagten folgt, daß sich nicht nur die Währungsänderung als solche nach dem Währungsstatut bemißt, sondern auch - und grundsätzlich untrennbar mit ihr verbunden der sog. rekurrente Anschluß, d.h. die Festlegung des Umrechnungsverhältnisses zwischen „Altgeld" und „Neugeld". 1 2 5 4 Ja, es ist sogar als das Charakteristikum moderner Geldordnungen bezeichnet worden, daß die ideelle Einheit nur historisch definiert werden könne, d.h. sie ihren Sinn lediglich durch den rekurrenten Anschluß an die vorangehende Währung erhalte. 1 2 5 5 Die Definition dessen, was nach eingetretener Währungsänderung den Platz der ursprünglich geschuldeten Währung einnimmt, ist demzufolge allein Sache der lex monetae. 1 2 5 6 Die Umgestaltung des Geldschuldverhältnisses durch materiellrechtliche Verweisung auf die Umstellungsnormen der lex monetae entspricht, jedenfalls bei einheitlichem Umstellungsverhältnis, 1257 dem Parteiwillen bzw. (bei gesetzlichen Geldschulden) dem Gesetzeszweck unter Berücksichtigung von § 2 4 2 BGB. Für die Parteien erschöpft sich die Umstellung weitgehend in einer technischen Operation, da die einheitliche Umrechnung regelmäßig das tatsächliche Wertverhältnis der alten zur neuen Währung im Zeitpunkt der Währungsänderung wiedergibt; 1258 eine Wertrelation, die auch ohne aus1 2 5 0 Wobei der alte Rubel in diesem Verhältnis noch bis Ende 1998 paralleles gesetzliches Zahlungsmittel bleibt; siehe Deutsche Bundesbank, Devisenkursstatistik Februar 1998; ferner bereits Handelsblatt vom 5.9.1997, 23. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte Rußland 1992 unter einer Hyperinflation von 2500% gelitten. Danach schwächte sich die Inflation zusehends ab. Im ersten Halbjahr 1997 stiegen die Preise nur noch um 8,6%. 1 2 5 1 Vgl Nussbaum Das Geld, 50, der dabei die Verkehrsauffassung entscheiden läßt, und RGZ 142, 23, 31, wonach es darauf ankommt, ob „der Gesetzgeber bewußt eine neue Geldverfassung auf einer neuen Einheit aufbaut"; ferner Reinhuber Grundbegriffe, 35 f. 1252 Fögen Geld- und Währungsrecht, 41; Reinhuber Grundbegriffe, 41 f. 1253 Nussbaum Das Geld, 155. 1254 W. Mayer Valutaschuld, 48 f; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 108 f; H.J. Hahn Währungsrecht, 383; Mann Recht des Geldes, 217 f; ders Legal Aspect, 278 f; ders NJW 1953, 643, 644 f; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 42; Emst Währungs- und Devisenrecht, 42; vgl auch zum US-amerikanischen Recht Gruson WM 1997, 699, 703. 1255 Knapp Staatliche Theorie des Geldes, 15 f, 17: „Eine andere als die historische Definition der neuen Werteinheit gibt es im allgemeinen nicht; sie bedeutet: daß so und so viele neue Werteinheiten, durch das neue Zahlungsmittel dargestellt, juristisch tauglich sind zur Tilgung einer bestehenden Schuld im Betrage von einer alten Werteinheit"; zust etwa H.J. Hahn Währungsrecht, 383; Reinhuber Grundbegriffe, 33 f; im Grundsatz auch Mann Recht des Geldes, 40 f; siehe auch Nussbaum Das Geld, 48 ff, der die Verkehrsauffassung in den Vordergrund stellt und von einem psychologischgeschichtlichen Zusammenhang zwischen Altwährung und Nachfolgewährung spricht. 1256Mann NJW 1953, 643, 645; ders FS Schulz Bd II, 298, 302. 1 2 5 7 Von dieser „klassischen" Situation geht auch Knapp aus, Staatliche Theorie des Geldes, 16; die damit einhergehende Verengung des Blickwinkels ist dementsprechend nicht ohne Kritik geblieben; siehe nur Nussbaum Das Geld, 48. 1258 W. Mayer Valutaschuld, 48 f; Nussbaum Das Geld, 160; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 109; Eckstein Geldschuld und Geldwert, 105 f.
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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drückliche Bestimmung existierte 1 2 5 9 und sich bei floatenden Kursen am Außenwert beider Währungen, im übrigen an ihrem Kaufkraftverhältnis ablesen läßt. Die Umrechnung führt zwar zu einer nominellen Betragskürzung, nicht aber zu einer Reduzierung der den Gegenstand der Schuld bildenden abstrakten Vermögensmacht. 1 2 6 0 Eine einheitliche Anschlußnorm hat mithin keine gestaltende, sondern allein deklaratorische Wirkung. 1 2 6 1 Allenfalls fördert sie eine bereits eingetretene Geldentwertung offen zutage. 1 2 6 2 Aufwertungs- und Enteignungsprobleme stellen sich nicht.
2.
Die österreichischen Couponprozesse
Erster Prüfstein für die währungsrechtliche Qualifikation des rekurrenten Anschlusses wurden die in den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts verhandelten sog. österreichischen Couponprozesse. 1 2 6 3 Österreichische Eisenbahngesellschaften hatten für den internationalen Markt Schuldverschreibungen mit anliegenden Zinscoupons begeben, die mit einer option de change versehen waren, also z.B. lauteten: „Zweihundert Gulden österreichischer Währung Silber, oder einhundertdreiunddreißig 1/3 Taler der norddeutschen Talerwährung, oder fünfhundert Franken." 1 2 6 4 Als das deutsche Reich 1 8 7 3 an die Stelle u.a. der norddeutschen und der süddeutschen Landeswährung (jeweils Silberwährungen) die an das Gold gebundene Markwährung einsetzte, 1265 verfiel in der Folge der Wert des Silbers und auch der Wert der österreichischen Silberwährung. 1266 Für die deutschen Anleihegläubiger stellte sich damit die Frage, ob sie z.B. statt norddeutscher Taler nunmehr Zahlung in Mark verlangen konnten, und zwar nach dem gesetzlichen Umstellungsverhältnis von 1 Τ = 3 M . Die Anleiheschuldner suchten die Silberentwertung auf ihre Gläubiger abzuwälzen und argumentierten, sie hätten sich nur in österreichischer Währung verschuldet. Wolle man statt dessen eine alternative Währungsklausel annehmen, müßten sie jedenfalls nur den jeweils bei Fälligkeit bestehenden Wert des Silberquantums in Mark leisten, der bei Eingehung der Verpflichtung dem Schuldbetrag entsprochen habe. Österreichische Gerichte gaben durchweg den Schuldnern Recht, wohingegen das Reichsoberhandelsgericht 1267 und später auch das Reichsgericht 1 2 6 8 den klägerischen Anträgen auf Zahlung einer Marksumme im Umstellungsverhältnis 1:3 entsprachen.
G. Hartmann Begriff des Geldes, 94 f; Nussbaum Das Geld, 157. Unverständlich aus deutscher Sicht ist nach dem Gesagten die vielfach gehegte Befürchtung, USamerikanische Gerichte könnten nach Einführung des Euro Zahlungsklagen aufgrund solcher Forderungen, die ursprünglich in einer der Teilnehmerwährungen denominiert waren, mit unterschiedlichen Begründungen abweisen. Zum Ganzen siehe Gruson WM 1997, 699 ff. 1261 W. Mayer Valutaschuld, 49. 1262 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 109. 1 2 6 3 Eingehend dazu etwa die Arbeit von G. Hartmann Internationale Geldschulden, 1 passim. 1 2 6 4 Zum Anleihetext G. Hartmann aaO, 2. 1 2 6 5 Die Entwicklung des deutschen Währungsrechts vor und nach der Reichsgründung 1871 ist geschildert etwa bei H.J. Hahn Währungsrecht, 135 ff. 1 2 6 6 Einzelheiten bei G. Hartmann Internationale Geldschulden, 4 f. 1 2 6 7 ROHGE 23, 205 ff; 25, 41 ff. 1 2 6 8 RGZ 1, 23 f; 6, 125 ff; 19, 4 7 ff. 1259
1260
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
210
Vier rechtliche Hürden waren zu bewältigen, um die eingeklagten Markbeträge ungeachtet eines ausländischen Rechts als Schuldstatut zusprechen zu können: 1. Die Anleihen durften nicht ausschließlich auf österreichische Währung lauten, was voraussetzte, daß die zusätzlich aufgeführten Währungen Schuldwährungen sein sollten und nicht nur zu Informationszwecken im Anleihetext enthalten waren. 2. Die Höhe des Schuldbetrages in der jeweiligen Währung mußte vom Silberkurs unabhängig sein. 3. Die Abschaffung der deutschen Landeswährungen durfte keine befreiende Unmöglichkeit zur Folge haben. Und 4. schließlich mußte die Umgestaltung des Anleiheinhalts nach Maßgabe der Umrechnungsregel der lex monetae erfolgen können. 1269 Zu Punkt 4 heißt es bereits in einer Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1882, die auf eine bestimmte Währung lautende Geldschuld könne bei Änderung der Währungsbasis, auch wenn das autoritativ festgestellte Umrechnungsverhältnis als solches den Schuldner nicht binde, immer nur entsprechend der zur Zeit der Änderung im freien Verkehr geltenden Wertrelation zwischen dem als Grundlage aufgegebenen Silber und dem als neue Grundlage angenommenen Gold umgerechnet werden. 1270 Fünf Jahre darauf präzisierte das RG diesen Grundsatz und betonte, der Schuldner wolle die versprochene Währung als Landeswährung, d.h. als ein von der jeweiligen Metallgrundlage ablösbares, seine Kontinuität bewährendes Zahlungsmittel zusagen „und sich demnach der für den Fall solcher Änderung des Metalles eintretenden autoritativen Umrechnungsnorm, sofern dieselbe nicht mit der wirklichen Bewertung des Verhältnisses der beiden Metalle im freien Verkehre zur Zeit des Erlasses der Umrechnungsnorm in augenscheinlichen Widerspruch stehen mochte,... unterwerfen". 1271
3.
Währungsuntergang im Gefolge eines Souveränitätswechsels
Von den vorgenannten Grundsätzen ist das Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1924 teilweise wieder abgerückt, und zwar bezogen auf den Fall vollständiger Ersetzung der Schuldwährung 1272 im Zuge eines Souveränitätswechsels. 1273 Der Kläger war Offizier der deutschen Armee in Deutsch-Ostafrika und hatte 1917 bei der Bezirkskasse Moschi unter deutschem Recht als Schuldstatut 4 0 0 0 ostafrikanische Rupien eingezahlt. Nachdem die Souveränität über die Kolonie auf England gewechselt 1 2 6 9 Bis auf RGZ 19, 4 7 ff betrafen alle in den beiden vorliegenden Fußnoten aufgeführten Entscheidungen Sachverhalte, in denen Zahlung an Plätzen innerhalb Deutschlands verlangt wurde. Zur deutschen Umrechnungsnorm gelangten die Gerichte aufgrund der - hier abgelehnten - Erwägung, es gehe um die Art und Weise der Zahlung, so daß die Regeln der lex loci solutionis zum Zuge kämen. Tatsächlich betrifft die Frage nach dem Umrechnungsverhältnis jedoch den Inhalt der Schuld und nicht (nur) den des Erfüllungsgeschäfts. W o immer der nominelle Umfang der in obligatione befindlichen Währungseinheiten in Rede steht, ist das Schuldstatut zur Entscheidung berufen, das dann seinerseits (materiellrechtlich) die jeweiligen Regeln der lex monetae inkorporieren mag.
RGZ 6, 125, 128 f. RGZ 19, 47, 5 3 . 1272 Währungsänderungen aufgrund Souveränitätswechsels können das Valutaschuldrecht vor ganz unterschiedliche Probleme stellen, je nachdem, ob die Währung des vormaligen Souveräns als Ganze untergeht und durch die eines neuen Souveräns ersetzt wird, ob nur ein Teilgebiet des alten Souveräns in das Gebiet des neuen Souveräns eingegliedert wird, oder ob sich ein ehemals einheitliches Währungsgebiet in mehrere neue Währungsgebiete aufspaltet; siehe im Einzelnen S 2 2 4 ff. 1270 1271
1273
RGZ 108, 2 9 8 ff.
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
211
war, nahm der Kläger das Deutsche Reich auf Rückzahlung in ostafrikanischen Shilling der von der englischen Kolonialverwaltung eingeführten Nachfolgewährung - in Anspruch. Das RG hielt den Antrag für unbegründet, weil die Rupien-Währung untergegangen sei und es an Anhaltspunkten dafür fehle, „daß die Parteien beabsichtigt hätten, nach dem Wechsel des für das ehemalige Schutzgebiet maßgebenden Rechts dem neu eingeführten Recht sich zu unterwerfen". 1274 Vielmehr müßten die Rechtsbeziehungen der Parteien unverändert nach dem Recht beurteilt werden, unter dem das Schuldverhältnis begründet worden sei. Damit entfalle der einzige Grund, auf den der Kläger die Maßgeblichkeit englischen Rechts und englischer Währung stützen könne. 1275 Der Kläger habe statt dessen einen Anspruch in deutscher Währung. Zahlung von Reichsmark hatte er jedoch nicht (ausdrücklich) beantragt. 1276 Der Entscheidung kann nicht beigepflichtet werden. Sie beruht auf einer unzureichenden Trennung von Schuldstatut und Währungsstatut. Man mag gewiß darüber streiten, unter welchen Voraussetzungen ein Souveränitätswechsel in dem Gebiet, zu welchem die für die Anknüpfung des Schuldstatuts maßgebenden Beziehungen bestanden haben, einen Statutenwechsel bewirken kann. Tatsächlich spricht vieles für die vom RG vertretene Auffassung, wonach ein Rechtsverhältnis, das einmal unter der Herrschaft eines bestimmten Rechts entstanden ist, diesem Recht grundsätzlich auch weiterhin unterworfen bleibt, falls nicht der gemeinsame Wille beider Vertragsteile dahin geht, das Schuldverhältnis dem neu eingeführten Recht zu unterstellen. 1277 Nachdem die IPR-Novelie 1986 für das Vertragskollisionsrecht den hypothetischen Parteiwillen durch das Prinzip der engsten Verbindung ersetzt hat, kann etwas anderes nur angenommen werden, wenn nach dem Souveränitätswechsel die engste Verbindung (noch) zum Gebiet des neuen Souveräns besteht. 1278 Aber die Kontinuität des Vertragsstatuts gibt als solche noch keinen Anlaß anzunehmen, die in Einheiten eines bestimmten Währungsgebietes ausgedrückte Geldschuld wandle sich bei vollständiger Abschaffung dieser Währung durch den neuen Träger der Währungshoheit auf Währungseinheiten der lex causae oder der lex fori um. Sofern nicht ausnahmsweise das Vertragsstatut (in erster Linie durch den Parteiwillen) statt der bisher geschuldeten Währung Geldeinheiten eines anderen Währungsgebietes als Leistungsgegenstand be-
,27 t
' RGZ 108, 2 9 8 , 3 0 3 . RG aaO. 1276 RGZ 108, 298, 304; das RG wies die Sache an das Berufungsgericht zurück, weil es dafürhielt, die Prüfung weiterer tatsächlicher und rechtlicher Fragen könne ergeben, daß ein konkludent gestellter Antrag auf Zahlung eines aufgewerteten Betrages in Reichsmark begründet sei. Zu § 308 ZPO und den mit unzutreffenden Zahlungsanträgen im übrigen verbundenen Schwierigkeiten eingehend S 700 ff. 1277 Siehe dazu RGZ 107, 121, 123, worauf sich das Reichsgericht in der besprochenen Entscheidung stützte; ferner RG JW 1922, 1131, 1134; Mügel Aufwertungsrecht, 252 ff und Kegel in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 385. Vgl auch Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 282, der bei Anknüpfung des Vertragsstatuts an den Erfüllungsort von einer Gesamtverweisung ausgeht und bei einem Souveränitätswechsel am Erfüllungsort annimmt, das IPR des neuen Souveräns werde regelmäßig auf das bei Entstehung der Verpflichtung geltende Schuldrecht zurückverweisen. Art 35 Abs 1 EGBGB (als lex specialis zu Art 4 Abs 2 EGBGB) bestimmt heute für das Vertragskollisionsrecht den Grundsatz der Sachnormverweisung, so daß sich allein die Frage stellt, welche Bedeutung das deutsche IPR einem Souveränitätswechsel für das anwendbare Vertragsrecht beimißt. 1278 Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 27 EGBGB Rn 22. 1275
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
212
stimmt1279 und sofern nicht der in der Praxis bedeutungslose Fall einer (ebenfalls aufgrund des Parteiwillens denkbaren) leistungsbefreienden Unmöglichkeit vorliegt, richtet sich das Schicksal der Vertragswährung nach den intertemporalen Regeln des Währungsstatuts. Das Währungsstatut umfaßt im Kern die institutionellen Währungsbestimmungen, die der Träger der Währungshoheit für ein bestimmtes Währungsgebiet erlassen hat. Ändert der Souverän die Währung seines Gebietes, wirkt sich dies als Folge der materiellrechtlichen Einbeziehung des Währungsstatuts als lex contractus unmittelbar auf den Inhalt des Geldschuldverhältnisses aus. Das Prinzip vom rekurrenten Anschluß erschöpft sich freilich nicht in dieser Bedeutung. Es verlangt auch dann Beachtung, wenn das Währungsgebiet einen neuen Souverän erhält und dieser die alte Währung durch eine neue ersetzt, so daß die alte Währung vollständig untergeht. Aus Sicht des Schuldstatuts, das den Verweisungsbefehl erteilt, kommt dem Souveränitätswechsel keinerlei verweisungsrechtliche Bedeutung zu. Dies verdeutlicht schon der Fall eines Souveränitätswechsels, der zwar das gesamte Währungsgebiet umfaßt, aber keine Währungsänderung zur Folge hat. Behält der neue Souverän die alte Währung für ihr Gebiet bei, ändert sich auch am Leistungsgegenstand einer auf diese Währung lautenden Geldschuld nichts. Führt nun der neue Souverän für das gesamte Gebiet der alten Währung eine neue Währung ein und setzt gleichzeitig die alte Währung, die als Folge der Sukzession zu seiner eigenen geworden ist, außer Kraft, liegt es verweisungsrechtlich nicht anders, als handelte es sich um eine Maßnahme des alten Souveräns.1280 Entspricht aber die Rechtsstellung des neuen Souveräns insofern derjenigen des alten,1281 ist auch der von ihm angeordnete rekurrente Anschluß im Rahmen des Währungsstatuts beachtlich.1282 In RGZ 108, 298 ff. hätte daher dem Kläger unabhängig von der Frage des Vertragsstatuts die beantragte Summe ostafrikanischer Shilling zuerkannt werden müssen.
4.
Differenziertes Umstellungsverhältnis
a)
Regelungsunterschiede zwischen Umstellung und Aufwertung
Nach den vorstehenden Überlegungen können Währungsumstellung und Aufwertung (bzw. Abwertung) klar voneinander getrennt werden.1283 Verändert ein Staat seine Währung im unter 1. beschriebenen Sinne, wirkt sich dies auf bestehende Geldschuldverhältnisse allein nominell, nicht jedoch wirtschaftlich aus. Veränderungen erfährt das geldtheoretische Nennwertprinzip, der Wertverfall der Schuldwährung im Zeitraum zwischen Begründung der Verbindlichkeit und Umstellung wird ebensowenig ausgeglichen wie die Geldentwertung vom Zeitpunkt der Umstellung an. Gewiß erstrebt der Währungsstaat mit der
1279
Ein solcher (hypothetischer) Parteiwille mag im Anschluß an BGHZ 43, 162 ff bei einer Schwerpunktverlagerung des Schuldverhältnisses diskussionswürdig sein; dazu sogleich S 222 f. 1280 Nussbaum Das Geld, 54 ff, 160 ff. 1281 Inwieweit der neue Souverän in sämtliche Rechte und Pflichten des alten Souveräns eintritt, so daß im völkerrechtlichen Sinne von Rechtsnachfolge gesprochen werden kann, spielt für die hier behandelte Frage keine Rolle; siehe nur Nussbaum Das Geld, 55. 1282 Nussbaum Das Geld, 54 ff, 160 ff; Karl Neumeyer IntVerwR II1/2, 276; Mann Recht des Geldes, 218; ders FS Schulz Bd II, 298, 300; W. Mayer Valutaschuld, 45 Fn 9. 1283 Siehe auch W. Mayer Valutaschuld, 65.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
213
Umstellung, sofern sie sich als Teil einer umfassenden „Währungsreform" 1284 darstellt, die Sicherung und Stabilisierung seines Geldwesens. Die Verwirklichung dieser Zielsetzung hängt indes weniger von der Umstellung ab, der - wie oben dargestellt - eher technische Bedeutung zukommt, als von flankierenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen. 1285 Die Aufwertung demgegenüber läßt zwar das geldtheoretische Nennwertprinzip unberührt, durchbricht freilich den Nominalismus im geldschuldrechtlichen Sinne. Der Geldsummenschuldner wird verpflichtet, einen am Maß der Geldentwertung orientierten höheren Geldbetrag zu leisten als ursprünglich vereinbart.
b)
Gesetzliche Regelungsparallelen
Was dieser Unterscheidbarkeit zum Trotz rechtsanwendungsrechtliche Schwierigkeiten aufwirft, ist die in der Praxis häufig zu beobachtende Kombination zwischen technischer Umstellung und materieller Wertänderung. Zwei Konstellationen lassen sich unterscheiden. So folgte dem Zusammenbruch der deutschen Währung 1922/23 zunächst eine Aufwertungsrechtsprechung, an die sich 1924 die Ersetzung der Mark-Währung durch die Reichsmark-Währung im einheitlichen Umstellungsverhältnis 1 Bill. M = 1 RM anschloß. Parallel zur Umstellung wurde den Gläubigern bestimmter Forderungen, die vor der Währungsänderung begründet worden waren, durch das Aufwertungsgesetz1286 eine feste Betragserhöhung nach unterschiedlichen Verhältniszahlen zugestanden; im übrigen verwies § 62 AufwG auf die Aufwertung nach den „allgemeinen Vorschriften" und anerkannte auf diese Weise die zuvor unter Gesichtspunkten der Gewaltenteilung stark umstrittene1287 Aufwertung durch die deutsche Judikatur. 1288 Bei dieser Kombination von Währungsumstellung und Aufwertung prallen die Fronten von Währungsrechtstheoretikern und Befürwortern der Schuldrechtstheorie nahezu unverändert aufeinander,1289 d.h. der rekurrente Anschluß wird über das Währungsstatut der lex monetae entnommen, und über die Aufwertung entscheidet je nach Qualifikation ebenfalls das Währungsstatut oder aber das Schuldstatut. Für jene, die das Aufwertungsrecht der schuldrechtlich maßgebenden Zum Begriff, Fögen Geld- und Währungsrecht, 47. Die Umstellung des polnischen Zloty zum 1.1.1995 im Verhältnis 10.000 (alt) : 1 (neu) etwa wurde nicht von geldpolitischen Maßnahmen begleitet. Die Bedeutung der Maßnahme erschöpfte sich demzufolge im wesentlichen in der Vereinfachung des Geldverkehrs. Die Inflation, die 1 9 9 4 bei 3 1 % lag, ließ sich mit dem Währungsschnitt selbst also nicht eindämmen, wenngleich die polnische Notenbank auf eine gewisse psychologische Wirkung setzte. Auch der Außenwert der polnischen Währung stabilisierte sich nicht. Zwar wurden aus rund 14.000 Zloty für 1 DM 1,4 Zloty. Doch die Abwertung gegenüber der deutschen Währung richtete sich auch weiterhin nach einem festen monatlichen Satz; im Februar 1998 waren für ein DM 1,96 Zloty zu bezahlen; Quelle: Deutsche Bundesbank, Devisenkursstatistik Februar 1998, 4 5 . Siehe zur Entwicklung der polnischen Währung Königs Handelsblatt vom 2 . 1 . 1 9 9 5 , 2. 1 2 8 6 Q e s e t z über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Aufwertungsgesetz) vom 16.7.1925, RGBl I, 117 ff; siehe ferner das Gesetz über die Verzinsung aufgewerteter Hypotheken und ihre Umwandlung in Grundschulden sowie über Vorzugsrenten vom 9.7.1927, RGBl I, 171 ff. 1 2 8 7 Eingehend dazu Jastrow Prinzipienfragen, 2 passim. 1284
1285
1288 1289
Miigel Aufwertungsrecht, § 63 AufwG Anm 2. Siehe Fögen Geld- und Währungsrecht, 116 einerseits und Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575,
5 8 7 f andererseits.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
214
Rechtsordnung anwenden wollen, gibt weder der Zusammenhang mit einer Währungsumstellung noch die rechtstechnische Verankerung der Aufwertung in einem besonderen Gesetz Anlaß zu differenzierter Betrachtung. 1290 Auf Grundlage der hier vertretenen materiellrechtlichen Einbeziehung des Währungsstatuts in das Valutaschuldverhältnis ist ein materieller Stichentscheid durchzuführen. Weil sich Einheitsumstellung und Aufwertung eindeutig voneinander trennen lassen, ist grundsätzlich keine Abweichung vom oben vorgeschlagenen Modell angezeigt.
c)
Umstellung mit integrierter Wertänderung
Die Rechtslage wird komplizierter, wenn bereits die Währungsumstellung als solche Elemente der Wertänderung in sich trägt, weil der Währungsstaat kein einheitliches rekurrentes Anschlußverhältnis festlegt, sondern nach Art, Alter oder H ö h e der Geldforderung oder nach der Person von Gläubiger oder Schuldner differenziert. Bei der DM-Umstellung 1948 etwa war das vom Währungsgesetzgeber bestimmte Anschlußverhältnis nur scheinbar von einheitlicher Art. In § 2 W ä h r G hieß es zwar, daß an die Stelle der in Gesetzen, Verordnungen etc. verwendeten Rechnungseinheiten Reichsmark, Goldmark oder Rentenmark, vorbehaltlich besonderer Vorschriften für bestimmte Fälle, die Rechnungseinheit Deutsche Mark tritt. 1291 Indes normierte das Umstellungsgesetz 1292 derart umfassende Abweichungen, daß der Satz 1 R M = 1 D M praktisch die Ausnahme darstellte. 1293 Reichsmarkforderungen wurden grundsätzlich im Verhältnis 10 : 1 umgestellt (§ 16 Abs. 1 UmstG), Bankguthaben überwiegend im Verhältnis 10 : 0,65 (§ 2 Abs. 1 UmstG i.V.m. § 1 FestkontoG) 1 2 9 4 . Altgeldguthaben zwischen Kreditinstituten und der öffentlichen H a n d erloschen gar (§ 2 Abs. 2, 3 UmstG). Den Hauptanwendungsfall der 1 : 1-Umstellung bildeten Löhne und Gehälter, Miet- und Pachtzinsen sowie andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen ( § 1 8 Abs. 1 UmstG). Etwaige den Schuldner durch die Umstellung treffende Härten konnten zum Teil gemäß § 21 UmstG im Wege richterlicher Vertragshilfe durch Stundung oder nominelle Abwertung des Schuldbetrages gemildert werden. Ähnliches war bei der Umstellung von Forderungen in DDR-Mark auf D M nach den Bestimmungen des Staatsvertrages vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-,
1290
Schlegelberger RabelsZ 3 (1929) 869, 875; W. Mayer Valutaschuld, 58 ff. Ganz ähnlich hieß es in Art 2 S 1 der Ani I zum Staatsvertrag mit der ehemaligen DDR über die Schaffung u.a. einer Währungsunion (BGBl 1990 II, 518 ff): „Wo in Gesetzen, Verordnungen, Anordnungen ... die Rechnungseinheit Mark der Deutschen Demokratischen Republik verwendet wird, tritt vorbehaltlich besonderer Vorschriften an die Stelle dieser Rechnungseinheit die Rechnungseinheit Deutsche Mark". Um jedoch allen Mißverständnissen vorzubeugen, lautete die Überschrift des Art 2 „Umbenennung", und S 2 stellte klar: „Die Regelung der Umstellung von auf Mark der Deutschen Demokratischen Republik lautenden Verbindlichkeiten und Forderungen auf Deutsche Mark wird davon nicht berührt". Und in der Denkschrift zum Staatsvertrag (BT-Drucks 11/7350, 97 ff) heißt es dementsprechend, es handele sich um eine rein deklaratorische Umbenennung (117 zu Art 2). 1292 Amerik. Kontrollgebiet, Gesetz Nr 63; Brit. Kontrollgebiet, Gesetz Nr 63; Franz. Kontrollgebiet, Verordnung Nr 160; abgedr. bei Harmening/Duden Die Währungsgesetze, 28 ff. 1293 Grämlich WährG, § 2 Rn 1. 1294 Amerik. Kontrollgebiet, Gesetz Nr 65; Brit. Kontrollgebiet, Gesetz Nr 65; Franz. Kontrollgebiet, Verordnung Nr 175; abgedr. bei Harmening/Duden Die Währungsgesetze, 74 f. 1291
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
215
Wirtschafts- und Sozialunion 1295 zu beobachten. Art. 10 Abs. V des Staatsvertrages ordnete die grundsätzliche Umstellung im Verhältnis 2 DDR-M : 1 DM an. Löhne, Gehälter und sonstige wiederkehrende Zahlungen waren hiervon ausgenommen und wurden im Verhältnis 1 : 1 umgestellt. Eine weitere Ausnahme bildeten Bankguthaben natürlicher Personen mit Wohnsitz in der DDR. Bei diesen Forderungen erfolgte eine gestaffelte 1 : 1 und 2 : 1 Umstellung je nach Betragshöhe unter Berücksichtigung des Lebensalters des Forderungsinhabers (Art. 6 Abs. 1 und 2 der Anlage I zum Staatsvertrag). 1296 Guthaben natürlicher Personen, mit Wohnsitz außerhalb der DDR, erfuhren eine abweichende Behandlung. Sie wurden, soweit sie am 31.12.1989 bestanden, 2 : 1 umgestellt, später entstandene im Verhältnis 3 : 1 (Art. 6 Abs. 3 der Anlage I zum Staats vertrag). Bestimmungen zur Ergänzung unvollständiger und zum Ausgleich äquivalenzgestörter Verträge enthielt § 32 DMBilG. Abs. 1 der Vorschrift regelte die Neufestlegung der Geldgegenleistung bei Verträgen, die ursprünglich staatlichen Preisvorschriften unterlagen und nach deren Aufhebung eine Lücke aufwiesen. Abs. 2 behandelte den Fall einer erheblichen Verschiebung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung als Folge der Währungsumstellung und lehnte sich tabestandlich an § 21 des UmstG 1948 an, ohne jedoch dessen eingeschränkte Bandbreite möglicher Rechtsfolgen zu übernehmen: Drohte einem oder beiden Vertragspartnern ein nicht zumutbarer Nachteil, konnte jeder Vertragsteil von seinem Gegenüber eine nach billigem Ermessen zu erfolgende Neubestimmung seiner Leistung verlangen; entsprach die getroffene Bestimmung nicht der Billigkeit, wurde sie durch Urteil getroffen. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 32 DMBilG konnte die Anpassung nach den allgemeinen Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erfolgen. 1297 Bereits diese deutschen Beispiele belegen, in welchem Maße eine nominelle Währungsumstellung mit der wertmäßigen Änderung des Inhalts von Geldschuldverhältnissen verwoben sein kann. Zur rechsanwendungsrechtlichen Bewältigung derartiger Gemengelage hat Mann vorgeschlagen, das grundsätzliche Umstellungsverhältnis als den eigentlichen rekurrenten Anschluß zu ermitteln, dieses über das Währungsstatut der lex monetae zu entnehmen und die übrigen Umstellungsregelungen nur dann anzuwenden, wenn sie der lex causae angehören. 1298 In Deutschland ist das weitere Meinungsbild stark geprägt von der Diskussion über den Anwendungsbereich des Umstellungsgesetzes 1948 1299 einschließlich der Sonderproblematik, die sich aus der seinerzeitigen Währungsgebietsspaltung ergab. Während die überwiegende Auffassung ähnlich wie Mann der differenzierten Umstellung schuldrechtliche Ausgleichsfunktion beimißt, 1300 dabei freilich über die Art der Verweisung auf das Umstellungsrecht streitet, 1301 nehmen andere einen wirtschafts- und währungspoli1295
BGBl II, 518 ff. Siehe im Einzelnen Art 7 der Ani I zum Staatsvertrag. 1297 BGH NJW 1993, 259, 261 ff; BGH ZIP 1994, 1724, 1726; ZIP 1994, 1892, 1895; OLG Dresden ZIP 1994, 1634, 1636; Horn Zivil- und Wirtschaftsrecht, 97 ff; allgemein zur Bewältigung von Vertragsstörungen im Gefolge der deutschen Einheit mit Hilfe des S 242 BGB Prülls/Armbrüster, DtZ 1992, 203 ff. 1298 Mann FS Schulz Bd II, 298, 302 ff; ders Legal Aspect, 286; ders NJW 1950, 906 f; ders NJW 1953, 643, 644 ff; ebenso Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2055. 1299 Siehe dazu jüngst die Darstellung bei Reinhuber Grundbegriffe, 153 ff. 1300 BGHZ 7, 231, 234 f; 17, 89, 91 ff; BGH IPRspr 1960-61, Nr 159 (525, 527); LG Karlsruhe, IPRspr 1956/57 Nr 28 a (106, 109 f); IPR, 545; Harmening/Duden Die Währungsgesetze, Vorbem 4 u. 5 zu Teil II des UmstG. 1301 Siehe nur die Gegenüberstellung bei Hans Stoll RabelsZ 21(1956) 575, 579 ff. 1296
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
216
tisch motivierten Eingriff in bestehende Schuldverhältnisse an, 1302 wobei sie etwaigen Unzuträglichkeiten einer ausländischen Umstellungsgesetzgebung mit dem inländischen ordre public begegnen wollen.1303 Sachgerechte Ergebnisse lassen sich auch im Bereich differenzierter Umstellungsvorschriften erzielen, wenn man Regelanknüpfung und Sonderanknüpfung getrennt betrachtet.
aa) (1)
Regelanknüpfung Abgrenzung nach Umstellungsfunktionen
Die vom Währungsstaat im Zusammenhang mit der Einführung einer neuen Währung erlassenen Bestimmungen, anhand derer die in Einheiten der bisherigen Währung ausgedrückten Geldpositionen auf die neue Währung umzurechnen sind, können zweierlei Funktionen erfüllen. Zum einen bewirken sie die Verbindung der alten mit der neuen Währung, ziehen also eine Konsequenz aus der mit jedem Währungsübergang verbundenen Durchbrechung des geldtheoretischen Nennwertprinzips. Nur in diesem Sinne läßt sich von einer Umstellung der Währung sprechen, und nur darauf bezieht sich der Begriff des rekurrenten Anschlusses.1304 Die so verstandene Währungsumstellung ist ein technischer Vorgang, der den wirtschaftlichen Wert der erfaßten Geldpositionen unberührt läßt. Die reichsgerichtliche Rechtsprechung in den österreichischen Couponprozessen hat dies bereits vor weit über 100 Jahren klar herausgestellt.1305 Dem Währungsstatut gehört nur der technische, notwendigerweise einheitlich formulierte Umstellungssatz an. Allein er zählt zum institutionellen Regelwerk des Währungsstaates, „ist Währungsrecht im engsten Sinn des Wortes" 1306 und entspricht, sofern er das tatsächliche Wertverhältnis beider Währungen wiedergibt, dem Willen der Parteien des Valutaschuldverhältnisses. Die währungsrechtliche, d.h. verbindende Funktion des Umstellungsrechts ist für den Inhalt der Geldschuldverhältnisse von qualitativer wie auch von quantitativer Bedeutung. Festgelegt wird die neue Schuldwährung und die neue Schuldsumme.1307 Der Schuldwert freilich erfährt keine Änderung. Anderes gilt für Umrechnungsvorschriften, wenn und soweit sie vom währungsrechtlich-technischen Anschlußverhältnis abweichen. Jede Art von Differenzierung durchbricht in der Sache das gûdschuldrechtliche Nominalwertprinzip, es wertet auf oder ab, „mit anderen Worten, es stellt die Schuld um, nicht die Währung". 1308 Hierin besteht die andere, die zweite Funktion der mit einem Währungswechsel verbundenen Umrechnungsbestimmungen. Es macht rechtlich keinen Unterschied, ob zunächst eine währungsändernde 1 3 0 2 OGH BrZ 4, 51, 54 ff; BGHZ 1, 109, 112 ff; 5, 302, 3 0 9 ff; OLG Frankfurt W M 1963, 872, 8 7 4 ; Hans Stoll RabelsZ 2 1 ( 1 9 5 6 ) 575, 5 8 2 ff; Kegel IPR, 872; ders in Soergel", Vor Art 7 EGBGB Rn 8 9 7 ; G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 110; Fögen Geld- und Währungsrecht, 116; K.H. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 55. 1303 G.H. Roth aaO; H.J. Hahn Währungsrecht, 387. 1 3 0 4 Vgl Maier-Reimer NJW 1985, 2 0 4 9 , 2 0 5 5 ; Reinhuber Grundfragen, 39. 1 3 0 5 S 2 0 9 f. 1306 Mann FS Schulz Bd II, S 298, 302. 1 3 0 7 Diese Doppelfunktionalität rückt Hans Stoll RabelZ 21 (1956) 575, 5 8 3 in den Vordergrund. 1308 Mann FS Schulz Bd II, 298, 305.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
217
Einheitsumstellung erfolgt und anschließend im Wege der Auf- oder Abwertung in einzelne Geldschuldverhältnisse eingegriffen wird, oder ob der Währungsstaat beide Maßnahmen gesetzestechnisch miteinander verbindet. Und es ist sogar unerheblich, ob überhaupt ein Währungswechsel mit der Schuldumstellung in Zusammenhang steht. 1309 Derartige N o r men aber, die den Nennbetrag von Valutaschulden erhöhen oder vermindern und dabei nicht das einheitliche rekurrente Anschlußverhältnis bei einem Währungswechsel widerspiegeln, sind vom deutschen Richter grundsätzlich nur dann heranzuziehen, wenn sie der Rechtsordnung angehören, die auch sonst über Existenz und Grenzen des geldschuldrechtlichen Nominalismus befindet, nämlich der lex causae. Danach ergibt sich folgendes Bild: Dient die konkrete Aufwertungsmaßnahme dem Ausgleich einer Geldentwertung, valorisiert sie also eine Geldsummenschuld, ist - wie oben vorgeschlagen - eine materiellrechtliche Alternatiwerweisung nach näherer Maßgabe des Günstigkeitsprinzips anzunehmen. Liegt der Grund für die Erhöhung des Nennbetrages nicht in einem Wertverfall der Schuldwährung, verfolgt die Aufwertung vielmehr andere Ziele, wird sie von der (alternativen) materiellrechtlichen Verweisung auf die ausländische lex monetae nicht erfaßt. Derartige Schuldumstellungen betreffen die Zahlungsverpflichtung nur, wenn sie von der lex causae angeordnet werden. Gleiches gilt im Falle einer Schuldabwertung, d.h. einer Verringerung des Schuldbetrages. Unerheblich ist in sämtlichen Konstellationen, ob ein rechtstechnischer oder auch nur ein zeitlicher Zusammenhang mit einem Währungswechsel besteht. (2)
Anwendungsprobleme
Damit ist die Frage aufgeworfen, wie sich bei differenzierten Umstellungssätzen das einheitliche rekurrente Anschlußverhältnis ermitteln läßt, von dem aus sämtliche Abweichungen als Auf- oder Abwertungen zu betrachten sind. Daß hierbei praktische Schwierigkeiten auftreten können, soll nicht bezweifelt werden. Doch ist die vielfach zu beobachtende Resignation angesichts der dogmatischen Richtigkeit des vorgestellten Konzeptes fehl am Platze. Es besteht keinerlei Grund, das Phänomen differenzierter Umstellungsverhältnisse zum Anlaß zu nehmen, Durchbrechungen sowohl des geldtheoretischen als auch des geldschuldrechtlichen Nominalismus einheitlich zum Währungsstatut zu rechnen und damit der lex monetae zu überantworten. Aus einer zutreffenden Beobachtung, daß nämlich Aufwertung und Abwertung einerseits sowie Umstellung andererseits starke Parallelen aufweisen, darf nicht der fehlerhafte Schluß gezogen werden, die lex causae spiele für die Rechtsanwendungsfrage keine Rolle. Schon die Verankerung des Verweisungsbefehls im Schuldstatut (Vertragsstatut, Deliktsstatut, Unterhaltsstatut etc.) mit dem daraus resultierenden Primat des Parteiwillens verbietet ein solches Vorgehen. Mann will bei verschiedenen Umstellungsrelationen diejenige als den zum Währungsstatut zählenden rekurrenten Anschluß identifizieren, die der Währungsgesetzgeber als Umstellungsgrundsatz postuliert. W e n n auch dieser Ansatz in vielen Fällen zum zutreffenden Ergebnis führen wird, gerade in dem von Mann gebildeten Beispiel versagt er. § 2 W ä h r G enthielt nicht die rekurrente Anschlußnorm bei der deutschen Währungsreform 1948. 1310 Zum einen war die Vorschrift 1309
Hingewiesen sei nur auf BGHZ 3 4 , 1 6 2 ff; eingehend zu dieser Entscheidung noch S 222 f. So aber neben Mann auch Harmening/Duden Vorbem 4 zu Teil II des UmstG und § 16 UmstG Anm 2 aE; Hubemagel NJW 1947/48, 409, 410; Grämlich WährG, § 2 Rn 5; Reinhuber Grundbegriffe, 36, 39, 40, 153. 1310
218
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
keine Umrechnungsbestimmung, sondern eine Umbenennungsvorschrift. Art. 2 der Anlage I zum Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschaftsund Sozialunion mit der ehemaligen DDR 1311 sollte daran jeden Zweifel beseitigen. Zum anderen handelte es sich bei dem angeblichen Grundsatz der 1 : 1 Umstellung rein zahlenmäßig um eine klare Ausnahme, die nicht das wirkliche Wertverhältnis zwischen alter und neuer Währung zum Ausdruck brachte, sondern selbst eine Aufwertung beinhaltete. 1312 Der rechtlichen Verlautbarung eines Umstellungsgrundsatzes kann daher bestenfalls indizielle Bedeutung zukommen. Besinnt man sich statt dessen auf die genuin währungsrechtliche Funktion des rekurrenten Anschlusses, d.h. die geldwertneutrale Verbindung der abgelösten zur neu eingeführten Währung, so spricht alles dafür, sämtliche Umstellungsregeln, die nicht das tatsächliche Wertverhältnis beider Währungen zueinander wiedergeben, nur unter der Voraussetzung heranzuziehen, daß sie der lex causae angehören. Es ist von diesem Standpunkt aus von eher marginaler Bedeutung, ob die lex monetae einen wertentsprechenden Umrechnungssatz explizit ausprägt oder nicht. Existiert eine derartige Norm, hat sie ohnehin nur deklaratorischen Charakter, denn sie formuliert den währungstechnischen rekurrenten Anschluß, der keiner normativen Festlegung des Umrechnungsverhältnisses bedarf und der in jedem Fall von der Verweisung auf das Währungsstatut erfaßt wird. Wer dies anders sieht und das tatsächliche Anschlußverhältnis als quantitative Größe vom qualitativen Währungswechsel selbst trennt, gelangt über das Schuldstatut (§§ 157, 242 BGB) zu identischen Ergebnissen - ebenfalls unabhängig von der Existenz eines expliziten (wertentsprechenden) Umrechnungssatzes.1313 Es bleibt das Problem, im Einzelfall den zum Währungsstatut zählenden (bei vertraglichen Geldschuldverhältnissen vom Parteiwillen getragenen) tatsächlichen rekurrenten Anschluß zu ermitteln.1314 Bei freier Preisbildung vor und nach dem Währungsstichtag dürften sich die Schwierigkeiten freilich in Grenzen halten. Ähnliches gilt, wenn sich alte wie neue Währung gleichermaßen durch Bezugnahme auf eine dritte Währung, einen Währungskorb oder ein Edelmetall definieren. Und auch bei frei floatenden Kursen bilden die Außenwerte von alter und neuer Währung regelmäßig einen deutlichen Indikator, wenngleich es natürlich um eine interne Veränderung des Währungssystems geht und daher primär der Binnenwert der fraglichen Währung entscheidet. Genau hier ist Raum für die von Nussbaum postulierte Maßgeblichkeit der Verkehrsauffassung für den rekurrenten Anschluß.1315 Komplizierter ist die Situation bei reinen Binnenwährungen, wie sie Text oben Fn 1291. BGH IPRspr 1960/61 Nr 159 (525, 527); Bergmann NJW 1948, 405, 407; Harmening/Duden Die Währungsgesetze, § 16 UmstG Anm 2; G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 110; Togen Geld- und Währungsrecht, 56; H.J. Hahn Währungsrecht, 384. 1 3 1 3 Wer auch diesen Weg ablehnt oder ihn in der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung vergeblich sucht, sieht sich zwangsläufig mit Ergebnisverzerrungen konfrontiert. So beispielsweise LG Karlsruhe IPRspr 1956-57 Nr 28 a (106 ff). Die Schweizerische Klägerin hatte unter schweizerischem Recht als Schuldstatut einem Deutschen ein Goldmarkdarlehen gewährt, über dessen Umstellung auf DM nunmehr zu entscheiden war. Das LG ging unter Berufung auf Mann davon aus, daß das UmstG nicht auf Schuldverhältnisse anwendbar war, die ausländischem Recht unterlagen, und nahm an, Rückzahlung sei im Verhältnis 1 : 1 geschuldet - eine klare Aufwertung des Darlehens. 1 3 1 4 Wer sich die Frage hier nicht stellt, muß sie spätestens dort lösen, wo es gilt, einen Eingriff in das Forderungsrecht des Gläubigers zu ermitteln, der nach den Regeln des Internationalen Enteignungsrechts anzuknüpfen wäre; dazu sogleich unter bb). 1315 Nussbaum Das Geld, 48 ff. 1311
1312
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
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etwa die Staaten Osteuropas hatten. Indes werden rechtsgeschäftliche Geldsummenschulden1316 in derartigen Fremdwährungen aufgrund ihrer international eng begrenzten Verwendungsfähigkeit den deutschen Richter ohnehin nur höchst selten bechäftigen. Die Frage stellte sich aber z.B. im Bereich der „freien Umwertung" nach § 32 Abs. 2 DMBilG, soweit es darum ging, den tatsächlichen Wert der DDR-Mark zur DM in den Jahren vor Einführung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit in die Abwägung einzubeziehen. Ein Urteil des OLG Dresden vom 5.10.1994 verdeutlicht die Problematik und belegt zugleich ihre Lösbarkeit.1317 Zuzugeben ist ein Rest von Unsicherheit, dessen Ursache weniger rechtlicher Art ist, als vielmehr in den Grenzen möglicher Verifizierbarkeit geldwirtschaftlicher Strukturen und Abläufe begründet liegt. Doch erscheint es im Bereich der Regelanknüpfung „interessengerechter und methodenehrlicher", 1318 von vornherein deutlich zu machen, daß die Festlegung des Leistungsgegenstandes Sache des Währungsstatuts ist, die Bestimmung der Schuldsumme hingegen grundsätzlich dem Schuldstatut obliegt, als mit den Ausgleichsinstrumenten des Schuldstatuts stets erst im zweiten Zugriff das mit den Umstellungsregeln der lex monetae gewonnene Ergebnis zu korrigieren. Daher läßt sich resümieren: Wo der wirkliche rekurrente Anschluß feststellbar ist, da verweist das Schuldstatut nur insoweit auf die lex monetae. Anderenfalls erfolgt ein umfassender Verweis auf das Umstellungsrecht des Währungsstaates, wobei allerdings die Möglichkeit einer freien Abwägung (nach Art des § 32 Abs. 2 DM-BilG) bei § 242 BGB verbleibt, wenn im konkreten (!) Schuldverhältnis grobe Unzuträglichkeiten auftreten.1319 Das muß jene Partei darlegen und beweisen, die hierdurch einen Vorteil erstrebt.
bb)
Sonderanknüpfung
Abweichend stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Währungsstaat seinen differenzierten Umstellungsregeln international zwingenden Charakter beimißt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich zunächst nach etwaigen positivrechtlichen Normen über den internationalen Anwendungsbereich des fraglichen Umstellungsrechts, ansonsten nach den allgemeinen Grundsätzen über die Identifizierung ausländischer Eingriffsnormen, stets aber aus dem Blickwinkel des Erlaßstaates. Daß sich hierbei Pauschalurteile verbieten, also bei jeder differenzierten Umstellungsregelung zu prüfen ist, ob ihre Anwendbarkeit von der Zugehörigkeit zur lex causae abhängig sein soll oder nicht, belegt bereits die heftig geführte
1 3 1 6 Gesetzliche Zahlungsverbindlichkeiten sind häufig Geldwertschulden (Schadensersatz, Unterhalt), bei denen sich die Problematik nicht stellt. 1 3 1 7 OLG Dresden ZIP 1994, 1634, 1637 f. Das tatsächliche Wertverhältnis betrug danach 4 , 4 DDR-Mark : 1 DM, was zugleich verdeutlicht, daß auch die Umstellungssätze 2 : 1 und 3 : 1 eine Schuldaufwertung beinhalteten. 1 3 1 8 Diese Vorzüge nimmt auch G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 111, für seinen Vorschlag in Anspruch, differenzierte Umstellungssätze über das Währungsstatut anzuknüpfen und die Ergebnisse im Einzelfall mit dem ordre public zu korrigieren. Weil G.H. Roth die Verweisung auf das Währungsstatut als eine kollisionsrechtliche begreift, ist der Konflikt mit dem Parteiwillen weniger deutlich vorgezeichnet als bei Zugrundelegung der hier vertretenen materiellrechtlichen Verweisung. 9 Vgl auch Wischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 4 3 4 f.
220
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
Diskussion über den internationalen Anwendungsbereich des deutschen Umstellungsgesetzes von 1 9 4 8 . 1 3 2 0 Handelt es sich, wie in vielen Fällen, bei differenzierten Umstellungsregeln der ausländischen lex monetae um Eingriffsrecht, gilt es, die für ihre kollisionsrechtliche Behandlung sachgerechte Sonderanknüpfungsregel aufzufinden. Im Grundsatz zutreffend gehen dabei die meisten Autoren 1 3 2 1 von einer Heranziehung der machttheoretischen Erwägungen des Internationalen Enteignungsrechts aus 1322 und verlangen je nach Standpunkt, daß sich der Wohnsitz bzw. Sitz des Schuldners, (bestimmte) Teile seines Vermögens oder der Schwerpunkt der Zahlungsverbindlichkeit im Umstellungsstaat befinden. 1323 Tatsächlich können die Motive für differenzierte Währungsumstellungen höchst unterschiedlich sein, nicht selten liegen sie sogar ganz oder teilweise im Dunkeln. 1324 Jeder Versuch einer Anknüpfung nach Maßgabe des Auswirkungsprinzips wäre folglich mit beträchtlichen Unsicherheiten verbunden. Da es außerdem nicht um die Anknüpfung bestimmter Verbotsnormen, sondern um die rechtsgeschäftsunabhängige Einwirkung auf das Vermögen aus wirtschaftsund/oder staatspolitischen Gründen geht, liegt es nahe, statt dessen den Gesichtspunkt der Eingriffsmacht zur Anknüpfungsmaxime zu erheben. Wann immer die Umstellung den tatsächlichen Schuldwert herabsetzt, kann ohne weiteres von einer konfiskatorischen Abwertung 1 3 2 5 gesprochen werden. Die Voraussetzungen einer Forderungsenteignung liegen vor, weil der geldschuldrechtliche Nominalismus durchbrochen wird, 1 3 2 6 auch wenn es keinen Wechsel der Forderungsinhaberstellung gibt. Wird umgekehrt der Nominalbetrag (in Einheiten der neuen Währung) gegenüber dem wertneutralen rekurrenten Anschluß1 3 2 0 Siehe nur Mann FS Schulz, Bd II, 298, 304 ff; tiers NJW 1953, 643, 647 Fn 27 einerseits und Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 582 ff, 599 f andererseits; ferner Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I, Rn 42. 1321 ZB Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 592 ff; Kegel IPR, 872 f; K.H. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 55 f. 1 3 2 2 Wohl auch brit OGHZ 4, 51, 56; BGHZ 1, 109, 111 ff; 5, 302, 310 ff; 9, 151, 153 ff zur Reichweite des UmstG 1948. 1 3 2 3 Zur internationalprivatrechtlichen Behandlung von Enteignungsmaßnahmen siehe bereits S 109 f. 1 3 2 4 Zur Motivsuche bei der Umstellung der Reichsmarkforderungen im Verhältnis 1 0 : 1 nach § 16 UmstG 1948 zB Harmening/Duden Die Währungsgesetze, § 16 UmstG Anm 2; K.H. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 55. 1 3 2 5 So offenbar auch die Auffassung des BVerfG (DtZ 1990, 253), das die differenzierte Währungsumstellung DDR-Mark : DM auf den Prüfstand des Art 14 GG stellte und dazu bemerkte, der Vermögenswert des Geldes bestehe im wesentlichen darin, daß der Empfänger einer Summe darauf vertrauen könne, das empfangene Geld wieder gegen Waren und Dienstleistungen gleichen Geldwertes einlösen zu können. Dieses Einlösungsvertrauen wurde bei der deutsch-deutschen Währungsumstellung 1990 gewahrt, weil sämtliche Umrechnungssätze eine Schuldaufwertung beinhalteten (siehe oben Fn 1317). Zur Entscheidung des BVerfG siehe sogleich im Text. 1326 Hans Stoll erblickt in der Umstellung der Reichsmarkforderungen auf DM im Verhältnis 10 : 1 eine Enteignung, weil dem Gläubiger dadurch der bisherige „gesetzliche Zwangskurs" (gemeint ist der legale Wert des Geldes in einem Zustand „zurückgestauter Inflation" aufgrund von Preis- und Lohnbindungen) und damit zugleich der Schutz der alten Währung genommen worden sei; RabelsZ 21 (1956) 575, 586. Die Freigabe eines künstlich niedrig gehaltenen Preis- und Lohnniveaus hat jedoch rein rechtlich nichts mit einem Währungswechsel zu tun. Sie kann durchaus unabhängig von einem Eingriff in den geldtheoretischen Nominalismus erfolgen. Um festzustellen, ob ein bestimmtes Umstellungsverhältnis eine Forderungsenteignung beinhaltet, müssen stets die tatsächlichen Forderungswerte vor und nach der Umstellung verglichen werden.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
221
Verhältnis erhöht, ohne daß damit zuvor erlittene Geldwerteinbußen ausgeglichen würden,1327 ist die Situation eine andere. Weder entzieht noch beschränkt der Eingriff ein bestimmtes Vermögensrecht, er erhöht lediglich die Verbindlichkeit des Schuldners.1328 Eine kollisionsrechtlich abweichende Behandlung dieser Form von Einwirkung auf ein Geldschuldverhältnis verbietet sich jedoch mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Umstellungsrechts. Herabsetzung und Heraufsetzung des Schuldwertes durch Minderung oder Erhöhung der Schuldsumme sind nur zwei Seiten des gleichen Eingriffstyps. Es hieße, eine als Einheit zu betrachtende ausländische Währungsreform aus deutscher Sicht kollisionsrechtlich auseinander zu reißen, wollte man abwertende Umstellungsverhältnisse nach Enteignungsgrundsätzen anknüpfen, aufwertende dagegen nach anderen Kriterien. Nach der hier befürworteten Auffassung von Kegel wird der Umstellungseingriff vom deutschen Richter immer und nur mit Wirkung für den Rechtsverkehr im Währungsstaat anerkannt, was im Ergebnis zu einer Forderung mit doppeltem Inhalt führt. Im Währungsstaat ist sie umgewertet, außerhalb des Währungsstaates besteht sie zwar in der neuen Währung, aber wertmäßig im alten Umfang fort. 1329 Dies entspricht der Lösung auf dem Boden des K.H. Neumayer'sehen Sozialsphäreprinzips, da sich bei einer differenzierten Umstellungsgesetzgebung der vom Normzweck angeschaute Tatbestand in der vom Eingriffsstaat zu regelnden Sozialsphäre verwirklicht, soweit es den Zugriff auf das Schuldnervermögen in seinem Währungsgebiet anbetrifft.1330 Wer statt dessen Umstellungseingriffe des ausländischen Währungsstaates in weitergehendem Umfang anerkennen will, sei es über eine Anknüpfung an den Schuldner(wohn)sitz, den Schwerpunkt des Schuldverhältnisses oder bereits die Verwendung der Währung, kann Korrekturen nur über Art. 6 EGBGB erzielen. Daß die Umstellungsregelung dem Parteiwilien zuwiderläuft, würde zur Annahme der ordre public-Widrigkeit nicht ausreichen. Aber auch der Gesichtspunkt gezielter Benachteiligung von Gläubigern mit Wohnsitz/Sitz außerhalb des Währungsstaates1331 gelangte nicht immer zum Zuge. Hingewiesen sei nur auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 8.8.1990 über die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde, die sich gegen die Währungsumstellung von sog. Devisenausländerkonten richtete.1332 Der Beschwerdeführer rügte u.a. einen Verstoß gegen Art. 3 GG, weil Art. 6 des Staatsvertrages vom 18.5.1990 bei der Umstellung von DDR-Mark-Guthaben auf DM zwischen Forderungsinhabern mit Wohnsitz innerhalb der DDR und solchen mit Wohnsitz außerhalb der DDR unterschied. Ersteren wurde bis zu bestimmten Betragsgrenzen eine Umstellung im Verhältnis 1 : 1 zuteil, letzteren nicht; sie 1327
In einem solchen Falle handelte es sich um eine „normale" Aufwertung im oben VII. behandelten Sinne. 1328 Zu einer Schuldaufwertung führten sämtliche Umrechnungssätze (1 : 1, 2 : 1, 3 : 1) bei der Währungsumstellung der DDR-Mark 1990; vgl auch Art 8 § 3 und § 4 der Ani I zum Staatsvertrag mit der DDR vom 18. Mai 1990 über die Errichtung des Fonds zum Ausgleich der den DDRGeldinstituten aus der Währungsreform entstehenden Gewinne und Verluste. 1329 Kegel IPR, 859, 872 f. 1330 KH. Neumayer BerDGesVölkR 2 (1958) 35, 56, der selbst - ähnlich wie Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 592 ff - von einer monistischen Zuordnung der Forderung zu dem Staat ausgeht, in dem jenes Vermögen liegt, aus dem die Schuld nach dem Rechtsverhältnis zu erfüllen ist. 1331 Diese Konstellation hebt G.H. Roth neben dem Fall der Privilegierung des Währungsstaates als Schuldner hervor; BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 110. Und selbst letzteres läßt sich möglicherweise rechtfertigen, zB mit Erfordernissen eines Lastenausgleichs. 1332 BVerfG DtZ 1990, 253.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
222
mußten sich mit einer 2 : 1 bzw. 3 : 1 Umstellung begnügen. Das BVerfG maß der Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Erfolgsaussicht bei und argumentierte, die Besserstellung von DDR-Bürgern solle diesen helfen, finanzielle Belastungen in den ersten Monaten nach der Währungsumstellung besser bewältigen zu können. DDR-Bürger seien in ihrem existentiellen Finanzbedarf betroffen, was für Personen, die ihren Lebensmittelpunkt außerhalb des Umstellungsgebietes hatten, nicht zutreffe. 1333 Obzwar es wertmäßig allein um eine differenzierte Aufwertungsgesetzgebung ging, belegt das Beispiel doch, daß sich jedenfalls in Fällen grundlegender ausländischer Währungsreformen häufig Unterscheidungsgründe finden lassen, angesichts derer eine Benachteiligung von Gebietsfremden nicht als Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts betrachtet werden kann.
5.
B G H Z 4 3 , 1 6 2 ff
In einer Entscheidung aus dem Jahre 1965 versuchte der BGH, die Frage nach der verweisungsrechtlichen Behandlung ausländischen Umstellungsrechts zu umgehen, und zwar im Wege der Umwandlung einer Fremdwährungsverbindlichkeit in eine Heimwährungsschuld. Die Parteien waren vor Ausbruch des 2. Weltkrieges eine dem polnischen Recht als Schuldstatut unterliegende Geschäftsverbindung eingegangen, die sich u.a. auf die Finanzierung eines Betriebes in Warschau bezog. Aus dieser Verbindung stand der Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung von 2 6 . 0 0 0 polnischen Zloty zu. Nachdem die Klägerin nach Schweden und der Beklagte in die Bundesrepublik verzogen waren, setzte der polnische Staat im Jahre 1950 Umstellungsvorschriften in Kraft, denen zufolge die Forderung im Verhältnis 100:3 umzurechnen war. Der BGH ließ es unentschieden, ob die polnischen Umstellungsvorschriften wirtschaftsbzw. staatspolitische Ziele verfolgten und deshalb als Eingriffsnormen zu qualifizieren waren oder ob sie als rein privatrechtliche Maßnahmen vertragsrechtlichen Charakter trugen. Im ersten Fall, so heißt es in der Urteilsbegründung, verhindere das Territorialitätsprinzip ihre Anwendung. Im zweiten Fall sei anhand des hypothetischen Parteiwillens „ein neues Währungsstatut auf objektiver Grundlage zu bestimmen, das sich nach den Umständen im Zeitpunkt des Währungseingriffs zu richten" habe. 1334 Weil der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses im Jahre 1950 mit Rücksicht auf den Wohnsitz und die Geschäftsniederlassung des Beklagten in Deutschland gelegen habe, sei „die Höhe der Forderung ... nach deutschem Recht in DM zu bestimmen". Im übrigen bleibe die Forderung dem ursprünglichen Schuldstatut, also dem polnischen Recht, unterworfen. 133s Der BGH verwies in diesem Zusammenhang darauf, daß neben dem eigentlichen Schuldstatut ein besonderes Währungsstatut zu ermitteln sei, wenn sich die währungsrechtliche Entwicklung in dem betreffenden Land so weit von ihrem Ausgangspunkt entfernt habe, daß 1 3 3 3 Die Umstellung von Guthaben Gebietsfremder im Verhältnis 3 : 1 galt nur für solche Guthaben, die nach dem 3 1 . 1 2 . 1 9 8 9 entstanden sind, was nach der amtlichen Begründung verhindern sollte, daß im Zusammenhang mit der Umstellung auf DM nicht gerechtfertigte Gewinne realisiert werden konnten; BT-Drucks 11/7350, 118 f zu Art 6. 1334 1335
B G H Z 43, 162, 167. B G H Z 4 3 , 162, 168.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
223
eine Übertragung auf das alte Schuldverhältnis nicht mehr möglich sei. Was bei einer Währungsgebietsspaltung1336 geboten sei, müsse auch dann gelten, wenn das alte Währungsgebiet erhalten bleibe, jedoch grundlegenden währungs- und umstellungsrechtlichen Änderungen unterworfen werde. Auch hier fehle es „an jedem vernünftigen Grunde, die Parteien einem solchen Eingriff, der das Schuldverhältnis vollkommen umgestalten würde, zu unterwerfen, wenn sie keinerlei Beziehungen mehr zu jenem Lande haben". 1337 Im Ergebnis hat der BGH damit eine ganz ähnliche Lösung gewählt wie das Reichsgericht in dem bereits behandelten Fall des Währungswechsels im ehemaligen DeutschSüdostafrika.1338 Die jeweiligen Maßnahmen des Staates, in dessen Währungseinheiten die Geldschuld bei ihrer Begründung denominiert war, erfaßten die Zahlungsverbindlichkeit nicht, weil der Leistungsgegenstand der Schuld zuvor auf Geldeinheiten eines anderen Währungsgebietes umgewandelt worden sein soll, so daß der sachrechtliche Bezugspunkt der Maßnahmen wegfiel. Das Reichsgericht jedoch operierte auf der Ebene des deutschen Sachrechts, der BGH hingegen auf der des IPR. Denn vom polnischen Vertragsrecht, so darf angenommen werden, gab es in casu keinen Weg zur Umwandlung des Leistungsgegenstandes in deutsche Währung oder zur Nichtberücksichtigung der Umstellungsvorschriften. Für den BGH blieb auf dem Boden der privatrechtlichen Qualifikation des polnischen Umstellungsrechts nur eine Korrektur des kollisionsrechdichen Verweisungsbefehls. Gedacht haben mochte man zunächst an eine Art partielle Versteinerung dergestalt, daß die Verweisung von vornherein bestimmte Entwicklungen im verwiesenen Recht ausklammert. Seit der Entscheidung des RG zu den Auswirkungen der US-amerikanischen Joint Resolution1339 wird diese These indes zu Recht nicht mehr vertreten.1340 In Betracht kam weiter eine partielle Wandlung des Vertragsstatuts (Art. 27 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1, 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB nach heutigem Recht) und zwar insoweit, als es die Währung festlegt; gemeint ist derjenige Teil des Schuldstatuts, den man als Währungsermittlungsstatut bezeichnen könnte. Indes hätte diese Konstruktion doch stark hypertroph gewirkt, zumal es sowohl an einem ausdrücklich geäußerten als auch an einem stillschweigend zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen fehlte. Der BGH konnte nun noch den hypothetischen Parteiwillen bemühen, um so einen partiellen Statutenwechsel auf objektivierter Grundlage zu begründen. Tatsächlich ist im Zuge der deutschen Währungsspaltung verschiedenlich angenommen worden, privatrechtlich zu qualifizierende Umstellungsregeln seien nicht auf Grundlage des Schuldstatuts zu bestimmen, sondern müßten einem kollisionsrechtlich (!) gesondert und zwar nach dem hypothetischen Parteiwillen anzuknüpfenden Umstellungsstatut (teilweise auch Währungsstatut genannt) entnommen werden. Dogmatisch konnte dies jedoch schon damals kaum befriedigen.1341 Und heute, nachdem der hypothetische Parteiwille im Vertragskollisionsrecht durch das in Art. 28 EGBGB niedergelegte Prinzip der engsten Verbindung ersetzt worden ist, sind die Bedenken nicht geringer geworden. Sie richten sich sowohl gegen die Teilbarkeit als auch gegen die Möglichkeit eines Statuten-
1336 1337 1338 1339 1340 1341
Dazu sogleich unter IX. BGHZ 43, 162, 167. RGZ 108, 298 ff; dazu S 210 f. RGJW 1936, 2058 ff. Dazu Mann JZ 1965, 450, 451. Dazu noch unter IX.
224
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
wechseis.1342 Außerdem war die Situation bei der deutschen Währungsspaltung 1948 eine gänzlich andere. Da die Reichsmark-Währung untergegangen war und das bisherige Währungsgebiet durch zwei Währungsgebiete mit eigenständigen Währungen ersetzt wurde, mußte eine Überleitung der alten Reichsmark-Schulden in eine der beiden neuen Währungen erfolgen. Diesem „Handlungsbedarf" sieht sich das IPR bei der abwertenden Umstellung einer Fremdwährungsverbindlichkeit nicht ausgesetzt. Nachdem somit in Fällen wie dem vom BGH im 43. Band entschiedenen kein Weg zum deutschen Vertragsrecht führt, 1343 scheidet auch eine Umwandlung der Schuldwährung vor der Abwertung aus. Die Frage, ob es einen deutschen Rechtssatz gibt, wonach aus Valutaschulden Heimwährungsverbindlichkeiten werden können, stellt sich nicht.1344 Die Lösung hängt statt dessen davon ab, ob die Umstellungsregel der ausländischen lex monetae eine Eingriffsnorm darstellt, und bejahendenfalls, nach welchen Kriterien sich ihre Heranziehung durch den deutschen Richter bemißt. Dem unter 4. erarbeiteten Vorschlag zufolge gelangen im Falle einer Reduzierung der Schuldsumme, die nicht mit einer einheitlichen und wertkonformen Währungsänderung einhergeht, die Grundsätze des Internationalen Enteignungsrechts zum Zuge, so daß der Forderung ein doppelter Inhalt zukommt. Mit Wirkung für das Schuldnervermögen im Umstellungsstaat gilt sie als abgewertet, im übrigen besteht sie in ihrer ursprünglichen nominellen Höhe fort - und zwar in Geldeinheiten der vereinbarten Schuldwährung bzw. ihrer Anschlußwährung (im rekurrenten Anschlußverhältnis).
IX. Währungsgebietsänderungen Der schillernde Problemkomplex, der sich hinter dem Stichwort Währungsgebietsänderung verbirgt, wird transparenter, wenn man zwischen drei grundlegenden Konstellationen unterscheidet. Zunächst kann die Herrschaft über ein ganzes Währungsgebiet einem anderen Souverän zufallen, mit der Folge daß die bisherige Währung dieses Gebietes vollständig untergeht und durch eine einzige Währung, nämlich die des neuen Souveräns, ersetzt wird. Rechtlich geht es dabei im wesentlichen um Fragen des rekurrenten Anschlusses, was am Beispiel der Reichsgerichtsentscheidung zur Behandlung jener Geldschulden, die auf 1342 Nach wohl hM ist das aufgrund objektiver Umstände ermittelte Vertragsstatut nicht durch eine Änderung der die Anknüpfung begründenden Umstände wandelbar; siehe dazu nur Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 EGBGB Rn 25. Bei einer objektiven Teilanknüpfung gilt nichts anderes, sofern überhaupt Teilbarkeit anzunehmen ist. 1343 Den Wechsel des gesamten Vertragsstatuts hat der BGH nicht erwogen; dafür Lüderitz FS Keller, 459, 465. Heute steht einer solchen Annahme, sofern nicht Art 27 Abs 2 EGBGB eingreift, vielfach Art 28 EGBGB entgegen, siehe S 229 f. 1344 Anders in LG Tübingen IPRspr 1966/67 Nr 22 (74 ff). Die Parteien hatten vor dem Zweiten Weltkrieg im damaligen Palästina unter deutschem Recht als Schuldstatut eine Zahlungsverbindlichkeit in Palästina-Pfund begründet. Der Wert dieser Währung war an den des britischen Pfund-Sterling gekoppelt. Nachdem 1948 das israelische Pfund an die Stelle des Palästina-Pfundes getreten war und in der Folgezeit stark an Wert eingebüßt hatte, machte der Kläger geltend, die Forderung sei vom rekurrenten Anschluß nicht erfaßt, sondern statt dessen auf britische Pfund umgewandelt worden. Das LG gab dem Kläger unter Berufung auf den stillschweigenden (also tatsächlichen, nicht hypothetischen !) Parteiwillen recht, zT aus Gründen des konkreten Einzelfalls, zT aber auch unter Hinweis auf die Vorhersehbarkeit politischer Änderungen.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
225
ostafrikanische Rupien lauteten, bereits erläutert wurde. 1345 In diese Kategorie fällt auch die währungsrechtliche Entwicklung im Deutschland des Jahres 1990, da ein Stammgebiet der DDR-Mark nicht mehr verblieb, an ihre Stelle vielmehr in vollem Umfang die D M trat. 1 3 4 6 Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, daß nur ein Teil des Währungsstammgebietes auf einen neuen Souverän übergeht, so daß beide Währungen nach der Gebietsänderung fortbestehen. Unerheblich ist dabei im wesentlichen, ob der abgetrennte Teil ein eigenes Währungsgebiet bildet oder in ein bereits existierendes anderes Währungsgebiet eingegliedert wird. So waren es nach dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion immer mehr Staaten, die sich aus der gemeinsamen Rubelzone lösten und neue Währungen einführten. Als weiteres Beispiel sei die Veränderung der deutschen Währungsgebietsgrenzen nach Ende des Ersten Weltkrieges genannt (z.B. Elsaß-Lothringen, Nordschleswig oder Schlesien). Noch anders gelagert ist schließlich die sog. Währungszersplitterung, von der gesprochen werden kann, wenn ein vormals einheitliches Währungsgebiet in mehrere Teilgebiete zerfällt, von denen keines die bisherige Währung fortsetzt. An die Stelle der untergegangenen Währung treten also mindestens zwei neue Währungen. Diese Situation trat z.B. im Zuge der Spaltung Deutschlands nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein, weil die Reichsmark durch (insoweit übereinstimmende) Gesetze der Militärregierungen in den drei westlichen und in der sowjetischen Besatzungszone abgeschafft und 1948 durch zwei selbständige Währungen ersetzt wurde. 1347 Ein Beispiel aus jüngerer Zeit bildet der Übergang der Tschechoslowakei in die Nachfolgestaaten Tschechien und Slowakei am 1.1.1993. Nachdem beide Staaten zunächst für wenige Wochen eine Währungsunion auf Grundlage der tschechoslowakischen Krone als Währungseinheit gebildet hatten, führten sie am 8.2.1993 eigene Währungen ein, die tschechische Krone und die slowakische Krone. Die zwei letztgenannten Konstellationen sollen im folgenden Gegenstand näherer Betrachtung sein.
1.
Abtrennung eines Währungsgebietsteils
a)
Fälle
Die aufgrund des Versailler Vertrages erfolgte Abtretung Deutsch-Südwestafrikas an Großbritannien bildete den Hintergrund einer Reichsgerichtsentscheidung aus dem Jahre 1930. 1 3 4 8 Im Unterschied zu den oííafrikanischen Kolonialfällen ging es dabei nicht um die Konsequenzen eines Währungsuntergangs auf Geldschuldverhältnisse. In DeutschSüdwestafrika galt weder eine gebietsbezogene Sonderwährung wie die Rupie noch eine Art Kolonialmark, die hätte untergehen können, sondern die Reichswährung Mark. Die Parteien waren deutsche Staatsangehörige und zunächst auch beide im Kolonialgebiet
S 2 1 0 f. Die besondere staatsrechtliche Entwicklung (zunächst der Staatsvertrag, der die Währungsumstellung enthielt, und drei Monate darauf der Einigungsvertrag, der die staatliche Souveränität der DDR beendete) kann hierbei außer Acht gelassen werden. 1 3 4 7 Zur Entwicklung in beiden Teilen Deutschlands K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 2 4 4 Rn A 58 ff. 1 3 4 8 RGZ 131, 4 1 ff. 1345 1346
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
226
ansässig. Dort gewährte der Kläger 1 9 1 1 dem Beklagten ein Darlehen über 1 0 . 0 0 0 M . Nachdem beide Parteien ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegt hatten und in Südwestafrika die Pfund-Währung zum Kurs von 2 0 M : 1 Pfund-Sterling eingeführt worden war, verlangte der Kläger Rückzahlung in Einheiten der in Deutschland mittlerweile geltenden Reichsmarkwährung, und zwar entsprechend dem von der britischen Administration angeordneten Umrechnungssatz statt nach deutschem Aufwertungsrecht. 1 9 2 9 und 1 9 3 1 hatte sich das R G jeweils mit den Auswirkungen des Zerfalls der österreichisch-ungarischen Monarchie im Jahre Jahre 1 9 1 8 zu befassen, 1 3 4 ' als sich die vormals einheitliche Kronenwährung in sieben Geldverfassungen aufteilte und die k.u.k.-Währung allein noch im Rumpfgebiet des heutigen Österreich - dem Nachfolgestaat der österreichisch-ungarischen Monarchie - fortbestand. 1 3 5 0 In beiden Fällen ging es um Ansprüche einer Prager Bank aus Geschäften, die (einmal unter deutschem Recht, das andere mal unter österreichischem Recht als Schuldstatut) während des Ersten Weltkrieges in österreichisch-ungarischen Kronen abgeschlossen worden waren. Nach dem Souveränitätswechsel verlangte die Bank Zahlung von tschechoslowakischen Kronen mit der Begründung, nach tschechoslowakischem Recht seien die Geldschulden im Verhältnis 1 : 1 auf die neue Währung umgewandelt worden. Die Schuldner waren jeweils in Deutschland ansässig.
b)
Dogmatische Einordnung
aa) Konzepte Das Reichsgericht löste die vorerwähnten Fälle, indem es folgenden Gedankengang zugrunde legte: Wird ein Währungsgebietsteil vom Stammland abgetrennt und einem neuen (ausländischen) Souverän zugeordnet, ist es Sache der lex causae darüber zu entscheiden, welchen Staates Währungseinheiten fortan den Gegenstand der Schuld bilden. Die lex causae soll danach also bestimmen, ob sich die Schuld auf die Währung umwandelt, welche der neue Souverän im abgetrennten Gebiet in Kraft gesetzt hat, oder ob weiterhin Geld des Staates geleistet werden muß, in dessen Währung die Schuld begründet worden ist, sei es die ursprüngliche Währung, sei es im Wege des rekurrenten Anschlusses die Nachfolgewährung. Weil Regeln über eine Schuldumwandlung der hier behandelten Art nur im Recht des neuen Souveräns enthalten sind, kommt es auf dieser Grundlage letztlich darauf an, ob mit dem Gebietswechsel ein Wechsel des Vertragsstatuts verbunden ist. Dazu führte das Reichsgericht aus: „Es ist insoweit ständige Rechtsprechung des RG, daß für ein Vertragsverhältnis, das unter der Herrschaft eines bestimmten Rechts einmal entstanden ist, dieses Recht maßgebend bleibt, sofern nicht der gemeinsame Wille dahin geht, sich dem am Erfüllungsort infolge eines Hoheitswechsels neu eingeführten Recht zu unterwerfen oder sofern nicht beide Parteien örtlich zur Zeit des Inkrafttretens des neuen Rechts unter
1 3 4 9 RG IPRspr 1930 Nr 30 (71 ff) - in derselben Sache später nochmals in IPRspr 1931 Nr 30 (60 ff); IPRspr 1931 Nr 31 (63 ff). 1350 Mann FS Schulz Bd II, 298, 300; den NJW 1953, 643, 644; anders OLG Jena BankArch 22 (1922/23) 69, 70, das vom vollständigen Untergang der k.u.k.-Währung ausging; die Konstellation entspräche dann der auf S 233 ff behandelten.
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
227
dessen Herrschaft stehen." 1351 Mit dieser Begründung wurde in allen drei Fällen entschieden, das jeweilige Geldschuldverhältnis bleibe von Bestimmungen, die der neue Souverän im abgetrennten Gebiet eingeführt habe, unberührt. 1352 Damit war unausgesprochen die These verbunden, auch ausländische Eingriffsnormen könnten vom deutschen Richter nur dann normativ herangezogen werden, wenn sie der lex causae angehörten. Zwar erwähnte das RG neben dem Parteiwillen auch die Gebietshoheit, indes nur als weiteren Anknüpfungspunkt für eine etwaige Neubestimmung des Schuldstatuts.1353 Einen vergleichbaren Weg, allerdings nur soweit es den Gesichtspunkt der Gebietshoheit anbelangt, schlug Karl Neumeyer ein. 1354 Ihm zufolge sollte bei Gebietsveränderungen jedes Schuldverhältnis, das dem Gebiet angehört, in seiner Gesamtheit unter die Hoheit des Nachfolgers im Gebiet treten und so behandelt werden müssen, als wenn es von seiner Entstehung an diesem Gebiet angehört hätte. Weil nun im Zweifel die Geldschuld auf Leistung von Währungseinheiten der lex causae ziele, wandelten sich Geldschulden, die in der früher maßgebenden gesetzlichen Währung des Gebietes entstanden seien, auf die Währung des neuen Souveräns um. Die Rechtslage unterscheide sich nicht von der bei einem rekurrenten Währungsanschluß, so daß sich die Problematik weitgehend darauf reduziere, die einzelnen Geldschuldverhältnisse territorial zuzuordnen. Abweichendes gelte nur, sofern der Parteiwille einer Überleitung auf die Währung des neuen Souveräns entgegenstehe und dessen Recht als (neues) Schuldstatut diesen Parteiwillen akzeptiere. Im Regelfall aber sei der Parteiwille ohnehin auf die Währung gerichtet, die jeweils die gesetzliche darstelle. Das wiederum führe bei Rechtsgeschäften, die unter die Herrschaft des neuen Souveräns treten, zur Währung des Nachfolgestaates. Beiden Konzepten ist gemeinsam, daß sie die Frage nach der Schuldwährung eng verbunden sehen mit derjenigen nach der Rechtsordnung, die das Schuldverhältnis regiert. Divergenzen bestehen im wesentlichen nur darüber, wovon die Heranziehung des im abgetretenen Gebiet nunmehr herrschenden Rechts abhängt, ob es also einer Verbindung des Schuldverhältnisses mit dem abgetretenen Gebiet bedarf, ggf. welcher Art, oder ob (auch bzw. sogar in erster Linie) nach einem auf den Statutenwechsel gerichteten Parteiwillen zu suchen ist. Demgegenüber haben die deutschen Gerichte in der Zeit nach dem Zweiten
1 3 5 1 RG IPRspr 1931 Nr 31 (63, 66) unter Bezugnahme auf RGZ 107, 121, 123; 108, 298, 3 0 3 ; 131, 41, 48 f; RG IPRspr 1930 Nr 30 (71 ff); ebenso RG IPRspr 1931 Nr 30 (60, 62); BayObLG IPRspr 1931 Nr 32 (68, 71) mwN. 13 Nicht anders urteilte die deutsche Rechtsprechung zumeist in jenen Fällen, die die Anwendbarkeit des polnischen Valutagesetzes aus dem Jahre 1920 betrafen; siehe zB KG J W 1922, 398, 3 9 9 ; JW 1928, 1462, 1463 sowie die Einschätzung von Hasse JW 1923, 128, 129; ferner W. Mayer Valutaschuld, 4 4 f. Polen wandelte in den neu erworbenen Gebieten alle Reichswährungsschulden auf polnische Währung um, und zwar im Verhältnis 1 : 1 , obwohl das wirtschaftliche Wertverhältnis 1 : 20 lautete. Da die polnische Regelung als „Kampfgesetz" gegen Deutschland betrachtet wurde, zogen die Gerichte häufig von vornherein den ordre public als Maßstab heran; so etwa KG J W 1922, 398 f; J W 1923, 128 ff; OLG Frankfurt/M. J W 1923, 130 f; OLG Jena JW 1923, 131 f; siehe auch Nussbaum Das Geld, 162 f. 1 3 5 3 So etwa die Interpretation von KG JW 1928, 1462, 1463 („Unterfall vom Grundsatz der Maßgeblichkeit des Parteiwillens"). Zweifel an dieser Lesart konnte RGZ 131, 41, 4 9 aufwerfen, da dort von der Macht des neuen Souveräns die Rede war, „das Schuldverhältnis von der währungsrechtlichen Seite aus zu ändern". Für ein schuldstatutstheorethisches Verständnis auch dieser Entscheidung aber
W. Mayer Valutaschuld, 44 f; Mann NJW 1953, 643, 644; Raape IPR, 633 1354
Karl Neumeyer JW 1928, 137, 143 f; den IntVerwR III/2, 264 ff.
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
228
Weltkrieg die Bestimmung der Rechtsordnung, deren Regeln die währungsmäßige Ausprägung einer Geldschuld fesdegen, vom Schuldstatut, d.h. aus der Verantwortung des Sachrechts, gelöst und sie dem Kollisionsrecht überantwortet, unter dessen Herrschaft dann ein gesondertes „Währungsstatut" ermittelt werden sollte. Gedacht war diese Konstruktion ursprünglich für Fälle des Untergangs der Schuldwährung infolge einer Währungsgebietsspaltung, bei der keiner der neuen Hoheitsträger die alte Währung fortsetzt. 1355 Später ließ man es dann ausreichen, daß sich die währungsrechtliche Entwicklung innerhalb der lex monetae „so weit von ihrem Ausgangspunkt entfernt hat, daß eine Übertragung auf das alte Schuldverhältnis nicht mehr möglich ist". 1 3 5 6 Mit dieser Begründung hat das LG Tübingen in einer Entscheidung aus dem Jahre 1966 angenommen, die Ersetzung des Palästina-Pfundes durch das israelische Pfund im Jahre 1948 bilde einen derart tiefgreifenden Einschnitt, daß sich das Währungsstatut verändert habe - geschuldet seien nunmehr britische Pfund. 1357
bb) Entwicklung eines Lösungsweges Soll das internationale Geldschuldrecht auch für Fälle von Währungsgebietsabtrennungen dogmatische Konturen behalten und nicht zu einem Feld bloßer Billigkeitsentscheidungen degenerieren, erscheint es unumgänglich, Schuldstatuts- und Währungsstatutsbestimmung, d.h. Kollisionsrecht und Sachrecht klar voneinander zu trennen. (1)
Kollisionsrecht
(a)
Gewähltes Vertragsstatut
Der kollisionsrechtliche Teil der Problemstellung nimmt seinen Ausgangspunkt, soweit es das Vertragsrecht anbelangt, bei Art. 27, 28 EGBGB. Ist das Vertragsstatut gemäß Art. 2 7 EGBGB im Wege der ausdrücklichen oder stillschweigenden Rechtswahl bestimmt worden, können die Parteien in gleicher Weise einen Statutenwechsel herbeiführen, ihr Vertragsverhältnis bei Abtrennung eines Gebietsteils insbesondere auch dem Recht des neuen Souveräns unterstellen; durch dahingehende Verabredung einer aufschiebenden Bedingung 1358 ebenso wie durch nachträgliche Festlegung (Art. 2 7 Abs. 2 EGBGB). 1 3 5 9 Geschieht dies nicht, verbleibt es als Vertragsstatut grundsätzlich beim vereinbarten Recht, das ja nicht erloschen ist, sondern fortlebt. Eine Neubestimmung des Vertragsstatuts kommt allerdings ausnahmsweise in Betracht, wenn die Geschäftsgrundlage der seinerzeit getroffenen Rechtswahl wegfällt. 1360 Nicht unzweifelhaft ist allerdings, welche Rechtsordnung hierüber zu befragen ist, die lex fori oder die lex causae. Wegen Art. 2 7 Abs. 4 EGBGB, der auf das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Verweisungsvertrages das gewählte Recht angewendet wissen will, entscheidet die lex causae, ob und unter welchen Voraussetzungen die Rechtswahl als Folge nachträglicher Ereignisse erlischt. Die verweisungsB G H Z 17, 89, 92; BGH NJW 1952, 540, 5 4 1 ; BGH W M 1957, 1 3 6 7 ; BGH MDR 1958, 86. BGHZ 4 3 , 162, 166 f; eingehend zu dieser Entscheidung S 2 2 2 f. 1 3 5 7 LG Tübingen IPRspr 1966-67 Nr 22 (74, 7 6 f)· 1358 Meyer-Sparenberg RIW 1989, 347, 3 4 9 ; Martiny in MiinchKomm-BGB 2 , Art 2 7 EGBGB Rn 14. 1 3 5 9 Auch die konkludente Änderung der einmal getroffenen Rechtswahl ist möglich; Chr. v. Bar IPR II, Rn 4 7 9 . 1360 Lüderitz FS Keller, 459, 4 6 9 . 1355 1356
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
229
rechtlichen Konsequenzen zu ziehen ist dagegen Sache der lex fori. Dies geschieht durch Art. 28 EGBGB. Ist deutsches Recht lex causae, sind die Anforderungen an einem Wegfall der kollisionsrechtlichen Geschäftsgrundlage hoch und vor allem nicht immer schon dann erfüllt, wenn die Schwerpunktanalyse i.S.d. Art. 28 EGBGB zur Anwendbarkeit eines anderen Rechts führen würde. Jede abweichende Lösung mißachtete die durch Art. 27 EGBGB gewährleistete Parteiautonomie mit der ihr innewohnenden Bindung an den Verweisungsvertrag. Im Vertragskollisionsrecht vermag wohl die nachträgliche Rechtswahl eine vormals objektive Anknüpfung zu ersetzen,1361 dagegen genügt ein Wechsel der engsten Verbindung allein noch nicht, um eine wirksam getroffene Rechtswahl ex tunc oder ex nunc zu beseitigen. Das im Zuge der IPR-Reform 1986 an die Stelle des hypothetischen Parteiwillens getretene Prinzip der engsten Verbindung bestimmt die Anknüpfung nur, „soweit das auf den Vertrag anzuwendende Recht nicht nach Art. 27 vereinbart worden ist" (Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Solange eine derartige Parteivereinbarung wirksam ist, fehlt jede Legitimation für einen Rückgriff auf die engste Verbindung,1362 und es besteht vorbehaltlich eines dahingehenden (ausdrücklichen oder konkludenten) Parteiwillens kein Anlaß, die Frage nach der Bestimmung des Vertragsstatuts auf einen späteren Zeitpunkt bezogen erneut aufzuwerfen, nur weil der Staat, auf dessen Recht die Parteien verwiesen haben, einen Teil seines Hoheitsgebietes eingebüßt hat. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage des Verweisungsvertrages, der den Weg zu einer Neubestimmung des Vertragsstatuts nach Art. 28 EGBGB freimachen würde, ist (bei deutschem Recht als lex causae) im Anschluß an Lüderitz nur zu bejahen, wenn zumindest eine Partei bei Vertragsabschluß ein objektives Interesse an der Geltung deutschen Rechts besaß, durch Änderung der tatsächlichen Umstände (unter Einschluß eines Souveränitätswechsels) ein solches Interesse nicht mehr besteht und die Herrschaft deutschen Rechts für die Parteien unzumutbar geworden ist.1363 Letzteres dürfte zu verneinen sein, falls eine der Parteien im Zeitpunkt des maßgeblichen Ereignisses ihren Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland hatte. 1364 (b)
Objektiv bestimmtes Vertragsstatut
War das Vertragsstatut von vornherein im Wege der objektiven Anknüpfung nach Art. 28 EGBGB zu ermitteln und ergab sich die engste Verbindung gerade aus Beziehungen zu dem später abgetretenen Gebietsteil (lag dort z.B. die Hauptniederlassung der kreditgewährenden Bank), fehlt die Sperrwirkung des Art. 27 EGBGB. Hier spricht alles dafür, den Souveränitätswechsel nicht anders zu behandeln als den nachträglichen Wechsel von Anknüpfungstatsachen. Jeweils geht es darum, ob ein Vertragsverhältnis, das einmal unabhängig vom Parteiwillen unter der Herrschaft eines bestimmten Rechts entstanden ist, diesem Recht auch weiterhin unterworfen bleibt, wenn nicht der (nachträgliche) Parteiwille etwas anderes gebietet. Gegen die Möglichkeit eines Statutenwechsels spricht vor allem der Wortlaut des Art. 28 EGBGB, dessen Absätze 2 und 4 die generelle Entscheidung des Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 2 7 EGBGB Rn 57. Die nach altem Recht für Fälle einer Gebietsabtrennung häufig befürwortete Heranziehung des hypothetischen Parteiwillens (siehe nur BGH W M 1966, 1143, 1146; Kegel in Soergel 11 , Vor Art 7 EGBGB Rn 3 8 5 ) ist durch die Neuregelung überholt. 1361
1362
1363
Lüderitz FS Keller, 459, 469 f.
Ähnlich Lüderitz aaO 4 7 0 , der die Unzumutbarkeit verneint, solange ein deutsches Gericht noch zuständig ist. 1364
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
230
Gesetzgebers zu Gunsten einer allein auf den Vertragsschluß bezogenen Interessensbewertung erkennen lassen.1365 Außerdem ist die Unwandelbarkeit des Vertragsstatuts angesichts des fortwirkenden materiellen Vertrages grundsätzlich ein Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Auch eine neue Rechtsordnung würde dies durch ihre Gerichte1366 regelmäßig insofern honorieren, als sie das im Zeitpunkt der Schuldentstehung maßgebende Recht zur Anwendung beriefe.1367 Sieht man einstweilen von dem weiteren Gesichtspunkt der Gewaltunterworfenheit ab, deckt sich diese kollisionsrechtliche Einschätzung weitgehend mit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zu Fällen des Souveränitätswechsels. Das Reichsgericht hat den Austausch des am Erfüllungsort geltenden Rechts nicht für einen Statutenwechsel genügen lassen, sondern einen gemeinsamen dahingehenden Unterwerfungswillen der Parteien verlangt. Um insbesondere bei tiefgreifenden Änderungen im Rahmen langfristiger Verträge Härten zu vermeiden, will Martiny im Einzelfall nachträgliche Korrekturen über Art. 28 Abs. 5 EGBGB zulassen.1368 Diese vermutungsentkräfende Regel enthält keine zeidiche Fixierung. Zum Statutenwechsel bedarf es in den hier interessierenden Konstellationen aber mehr als nur eines Wechsels der Souveränität in dem Gebiet, zu dem bislang die nach Art. 28 EGBGB stärkste Verbindung bestand; ebensowenig wie es ansonsten ausreichen würde, daß der Schuldner der vertragscharakteristischen Leistung seinen Sitz verlegt.1369 Befindet sich jedoch der Sitz beider Parteien im Zeitpunkt des Souveränitätswechsels im abgetrennten Gebietsteil, ist schon eher Anlaß für eine Abwägung nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB. (2)
Sachrecht
Auf Basis des so ermittelten Vertragsstatuts - regelmäßig also des ursprünglichen Rechts ist festzustellen, welche Währung die Schuldwährung darstellt und welchen Umfang die Schuld besitzt. Es handelt sich um Entscheidungen auf der Ebene des Sachrechts mit den Mitteln des Sachrechts, bei denen auch Vermutungen wie die von Karl Neumeyer aufgestellte eine Rolle spielen können und im übrigen Raum ist für eine flexible (auch objektive nachträgliche Gesichtspunkte berücksichtigende) Interessenabwägung nach Maßgabe der §§ 157, 242 BGB oder entsprechender Bestimmungen in Auslandsrechten.1370 Bleibt es danach bei der bisherigen Währung (der des Stammlandes) als Schuldwährung, ist ein Wechsel dieser Währung nach den Grundsätzen über den rekurrenten Anschluß für das Schuldverhältnis beachtlich. Das Schicksal der im abgetrennten Gebietsteil nunmehr geltenden Währung berührt das Schuldverhältnis dagegen in keiner Weise. Wandelt sich nach den Regeln des Vertragsstatuts die Schuldwährung um, werden also nunmehr Einheiten der im abgetrennten Gebietsteil geltenden Währung geschuldet, verhält es sich entsprechend umgekehrt. Die Aufwertung oder Abwertung einer Geldschuld, sei es offen, sei es verdeckt im Gewand von Umstellungsvorschriften, bemißt sich in allen Konstellationen1371 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 EGBGB Rn 25, 3 7 ; Lüderitz FS Keller, 459, 468. Deutschen Gerichten wäre dies wegen Art 35 EGBGB verwehrt. 1367 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 282, Ferid IPR, Rn 6-74. 1368 Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 EGBGB Rn 38, 25. 1369 Lüderitz FS Keller, 459, 468 f. 1370 Mann NJW 1953, 643, 644, 645 f; ders Recht des Geldes, 211 ff, 2 1 7 ff. 1 3 7 1 Eine Ausnahme gilt für Aufwertungen zum Ausgleich von Äquivalenzstörungen (Währungsverfall); hier ist eine materiellrechtliche Alternatiwerweisung geboten, siehe S 2 0 2 ff. 1365
1366
§ 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
231
- wie oben dargestellt - grundsätzlich 1372 nach der lex causae. Praktisch wird dies meist nur, wenn die Währung der lex causae geschuldet ist, denn derlei Bestimmungen (sieht man von allgemeinen Billigkeitsregeln ab) behandeln typischerweise allein Geldschulden in der eigenen Währung. Die kollisionsrechtliche Arbeit war, dies sei erneut betont, mit der Bestimmung des Schuldstatuts abgeschlossen. Und was den Bereich der Regelanknüpfungen anbelangt, so bleibt es auch bei diesem Befund. Stichhaltige Gründe f ü r die Annahme, die währungsmäßige Ausgestaltung einer Geldschuld richte sich nach den Regeln eines vom Kollisionsrecht des Forums gesondert festgelegten „Währungsstatuts", sind nirgends ersichtlich. Im Gegenteil würde, nicht viel anders als bei Anknüpfung der sog. Zahlungswährung an die lex loci solutionis, verweisungsrechtlich Zusammengehöriges in unvertretbarer Weise auseinander gerissen werden. Es ist genuine Aufgabe des Schuldstatuts, Leistungsgegenstand und Leistungsumfang zu bestimmen. Diskutiert werden mag zwar darüber, ob die Einbeziehung schuldstatutsfremden Währungsrechts im Wege der materiellrechtlichen Verweisung erfolgt oder ob die Verweisung vom IPR ausgesprochen wird und das Schuldstatut mit der Währung hierfür nur den Anknüpfungspunkt liefert. 1373 Aber wie immer man sich auch entscheidet, das Währungsrecht, das im konkreten Fall in das Schuldverhältnis einbezogen wird, ermittelt sich immer anhand der vom Schuldstatut getroffenen Währungsbestimmung. Strukturell besteht kein Unterschied zu sonstigen Fällen einer nach Entstehung des Schuldverhältnisses auftretenden Ungewißheit darüber, welchen Leistungsgegenstand der Geldschuldner seinem Gläubiger zu verschaffen hat. 1374 Stets ist die Antwort dem Schuldstatut zu entnehmen und nicht einem gesondert anzuknüpfenden „Leistungsbestimmungsstatut". Hinter der Doktrin der deutschen Nachkriegsrechtsprechung verbirgt sich ein gehöriges Mißtrauen gegenüber den Wertungen ausländischer Schuldrechte, denen unterstellt wird, sie wandelten Geldschulden bei Unklarheiten regelmäßig auf ihre eigene Währung um. 1 3 7 5 Unliebsamen Regeln des verwiesenen Rechts kann jedoch nur unter den Voraussetzungen des Art. 6 EGBGB ausgewichen werden. Nicht ohne Grund hat die Rechtsprechung die Möglichkeit begrenzter Verweisungen zur Ausschaltung ausländischer Wertsicherungsverbote abgelehnt. 1376 Der dogmatisch einzig gangbare Weg führt statt dessen über das Schuldstatut und seine ggf. gebotene Neubestimmung anhand der soeben entwikkelten Grundsätze. (3)
Besonderheiten bei ausländischen Zwangskonversionsvorschriften
N u n ist es freilich bei Gebietsabtrennungen nicht ungewöhnlich, daß der neue Souverän eine Zwangskonversionsregel mit Eingriffscharakter ausbildet, also unabhängig von der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung die Umwandlung von Geldschulden, die in der W ä h r u n g des alten Hoheitsträgers denominiert sind, in seine eigene Währung anordnet. Der Eingriffstatbestand mag dabei die im abgetrennten Gebietsteil zahlbaren Geldschulden erfassen, auf den Wohnsitz von Gläubiger oder Schuldner abstellen oder einen sonstigen Zusammenhang der Zahlungsverbindlichkeit mit dem Währungsgebiet des Er1372
D.h. als Regelanknüpfung, maW von inländischen wie ausländischen Eingriffsnormen abgesehen. S 102 f. 1374 Mann Recht des Geldes, 219. 1375 So wohl die Einschätzung von Hans Stoll RabelsZ 21 (1956) 575, 580. 1376 RGJW 1936, 2058. 1373
232
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
laßstaates verlangen. Für derartige Fälle behielte das vorgeschlagene Lösungsmodell nur dann Gültigkeit, wenn ausländische Zwangskonversionsnormen über das Schuldstatut anzuknüpfen wären. Stellte das Recht des Eingriffsstaates von vornherein nicht das Schuldstatut oder änderte sich das Vertragsstatut nach Maßgabe der Art. 2 7 , 2 8 E G B G B , hätte ein deutsches Forum die Umwandlungsvorschrift ggf. zwar auf sachrechtlicher Ebene zu berücksichtigen, 1 3 7 7 eine normative Anwendung wäre indes ausgeschlossen. Wer - wie hier vertreten - ausländische Eingriffnormen einer Sonderanknüpfung unterwirft, gelangt, je nachdem, welches Verweisungsmoment er heranzieht, zu abweichenden Ergebnissen. An sich liegen die Parallelen zur rechtsanwendungsrechtlichen Einordnung differenzierter Währungsumstellungen auf der Hand. Insbesondere könnten auch hier Substitution der Schuldwährung und Umrechnungskurs voneinander getrennt werden, mit der Folge daß das Schwergewicht der „Anerkennungsproblematik" bei der Wertäquivalenz des Umrechnungskurses läge. Doch wandelt sich bei der differenzierten Währungsumstellung nicht das Währungsstatut, verwiesen wird auf das institutionelle Regelwerk ein und derselben Geldrechtsordnung. Was sich ändert, das sind die Bestimmungen des verwiesenen Rechts, indem eine neue Währung an die Stelle der bisherigen tritt. Der damit einhergehende rekurrente Anschluß entspricht ganz dem Willen der Parteien des Geldschuldverhältnisses. Dagegen nimmt die hier untersuchte Zwangskonversion den Parteien ihre Verbindung zu der für sie bislang maßgeblichen (und weiterexistierenden) Geldrechtsordnung. Darin liegt für den Gläubiger der Entzug einer Vermögenswerten Position, unabhängig davon, ob er durch ein wertneutrales Umrechnungsverhältnis „entschädigt" wird. Denn die Geldschuld ist nicht auf Verschaffung abstrakter Vermögensmacht schlechthin gerichtet, sondern immer auf Vermögensmacht in einer ganz bestimmten währungsmäßigen Ausprägung. Bei vertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten ist das die Gestalt, die dem Schuldgegenstand durch die von den Parteien bestimmte Währungsrechtsordnung beigelegt wird. Daraus läßt sich folgern, daß Zangskonversionsnormen mit Eingriffscharakter nach den für Forderungen geltenden Grundsätzen des Internationalen Enteignungsrechts gesondert anzuknüpfen sind. Die Forderung erhält mithin einen doppelten Inhalt: Für den Rechtsverkehr im Eingriffsstaat ist sie auf die dortige Heimwährung zu dem vorgeschriebenen („Zwangs-") Kurs umgewandelt, jenseits des Eingriffsstaates lautet sie weiterhin in der alten Höhe auf die ursprüngliche Währung. Die hier für Fälle von Gebietsabtrennungen befürwortete Lösung verschiebt die rechtlichen Gewichte gegenüber traditionellen Betrachtungen in dreierlei Hinsicht. Zunächst erhält der tatsächliche Parteiwille - in Übereinstimmung mit den Vorstellungen des EGBGB-Reformgesetzgebers - einen höheren Stellenwert gegenüber der objektiven Anknüpfung des Vertragsstatuts. Dies drängt die nicht immer leichte Abgrenzung zwischen stillschweigender Rechtswahl und objektiver Anknüpfung, zwischen tatsächlichem und hypothetischem Parteiwillen 1378 in den Vordergrund, verhindert aber die mitunter allzu beliebige Suche nach geänderten objektiven Schwerpunkten eines Schuldverhältnisses. Alsdann wird gewährleistet, daß die Bestimmung der Schuldwährung auch bei einer Gebietsabtrennung an dem dafür angestammten Platz entschieden wird, nämlich auf der 1 3 7 7 Das polnische Valutagesetz aus dem Jahre 1919 ordnete für Schulden in deutscher Mark, die in den vormals preußischen, an Polen abgetretenen Landesteilen zu zahlen waren, die Umwandlung auf polnische Mark an. Soweit deutsches Recht Schuldstatut war, bestand die sachrechtliche Konsequenz oftmals in einer Verlagerung des Erfüllungsortes. 1 3 7 8 Dazu etwa Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 27 EGBGB Rn 45 ff.
S 7: Ausgewählte Qualifikationsprobleme
233
Ebene des Sachrechts mit den Mitteln des Sachrechts. Schließlich trägt der Vorschlag den unterschiedlichen Ausgestaltungen von Konversionsbestimmungen Rechnung. Soweit es sich um international zwingende Zwangskonversionen handelt, gelten die Grundsätze des Enteignungskollisionsrechts.
2. a)
Zersplitterung eines Währungsgebietes Dogmatik
Aus dem Gesagten kann zugleich das dogmatische Gerüst für die Einordnung sog. Währungsgebietszersplitterungen entnommen werden. Zerfällt ein Währungsgebiet in zwei oder mehrere voneinander unabhängige Gebiete, von denen keines die bisherige Währung fortsetzt, so lassen sich „fast unlösbare Verwicklungen"1379 nur vermeiden, wenn man einerseits Kollisionsrecht und Sachrecht sowie andererseits Regelanknüpfungen und Sonderanknüpfungen voneinander trennt. Virulent geworden vor allem im Anschluß an die deutsche Währungsspaltung 1948, ist die Problemkonstellation jedoch von allgemeiner Bedeutung, wie unlängst erst durch die zum 1.1.1993 erfolgte Auflösung der Tschechoslowakei in die Nachfolgestaaten Tschechien und Slowakei mit der Einführung zweier neuer Währungen am 8.2.1993 dokumentiert wurde. Der BGH hat - wie bereits angesprochen - den Übergang der Reichsmarkverbindlichkeiten auf die beiden neuen deutschen Währungen 1948 überwiegend durch Weichenstellungen auf kollisionsrechtlicher („interzonaler") Ebene zu bewältigen versucht. Danach sollten Schuldstatut und Währungs- bzw. Umstellungsstatut auseinanderfallen können. Die Anknüpfungskriterien entsprächen sich zwar (bei vertraglichen Geldschuldverhältnissen damals also: tatsächlicher Parteiwille - hypothetischer Parteiwille - Erfüllungsort), doch seien unterschiedliche Zeitpunkte maßgeblich. Für die (Neu-)Bestimmung des Schuldstatuts komme es darauf an, wann die Privatrechte der beiden Gebiete eine unterschiedliche Entwicklung genommen hätten, für das Währungsstatut sei statt dessen der Zeitpunkt der Währungsspaltung ausschlaggebend.1380 Demgegenüber wird in dieser Untersuchung daran festgehalten, daß die Bestimmung des Währungsstatuts bei Geldschulden zum unteilbaren Kern des Schuldstatuts rechnet, die mit (ersatzlosem) Untergang der bisherigen Schuldwährung erforderliche Neufestsetzung des Leistungsgegenstandes also anhand der Sachnormen jener Rechtsordnung zu entscheiden ist, die das Schuldverhältnis auch im übrigen beherrscht.
b)
Anwendung
Zur Illustration der daraus resultierenden Konsequenzen sei - rein fiktiv und unter Außerachtlassung aller wirklichen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in den betreffenden ausländischen Staaten1381 - angenommen, ein in Preßburg ansässiger Kaufmann 1379
Mann Recht des Geldes, 218 f. BGH NJW 1952, 540, 541; ebenso in der Folge BGHZ 7, 231, 234 f; 17, 89, 91 ff. 1381 Mann NJW 1953, 643, 645 läßt einen entsprechend fiktiven Fall in einem Spanien spielen, das infolge des Bürgerkrieges 1937 in zwei selbständige Staaten zerfallen ist. 1380
2. Teil: Das Kollisionsrecht des Geldes
234
habe einem Geschäftsfreund aus Prag 1992 ein auf tschechoslowakische Kronen lautendes Darlehen gewährt, das 1994 rückzahlbar sein sollte. Ein mit der Sache befaßter deutscher Richter hätte das Vertragsstatut zu ermitteln und vorbehaltlich etwaiger Eingriffsnormen auf dessen Grundlage zu prüfen, welche Auswirkungen die Währungsgebietsspaltung auf den Schuldgegenstand und die Schuldhöhe hat. Haben die Parteien zulässigerweise deutsches Recht als Vertragsstatut gewählt, bedarf es zunächst der Feststellung, daß Zahlung in der vereinbarten Währung objektiv unmöglich geworden ist. Die Lösung über das Währungsstatut und den unmöglichkeitshindernden rekurrenten Anschluß scheidet aus, da keines der beiden neuen Geldrechtssysteme die bisherige Währung fortsetzt und es gerade darum geht, welchen Staates Währungsrecht nunmehr für den Leistungsgegenstand des Schuldverhältnisses verantwortlich zeichnet. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu der oben behandelten Konstellation, in der ein Währungsgebiet vollständig in die Geldrechtsordnung eines anderen Souveräns übergeleitet wird (Stichwort: „ostafrikanische Rupien"). 1 3 8 2 Um die Rechtsfolge des § 275 BGB zu vermeiden, ist bei vertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 157 BGB festzustellen, welche Währung die Parteien vereinbart haben würden, wenn sie die Zersplitterung des Währungsgebietes vorausgesehen hätten. 1 3 8 3 Der auf sachrechtlicher Ebene auch sonst zur Lückenfüllung herangezogene „hypothetische Parteiwille" gewährleistet eine vernünftige Interessenabwägung auf objektiver Grundlage 1384 und führt zur Umwandlung der Schuld auf die Währung, die dem wirtschaftlichen Zweck der Verbindlichkeit und der Situation der Parteien unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Falles am ehesten gerecht wird. Gegebenenfalls ist auf später noch im Einzelnen zu behandelnde Auslegungsregeln1385 zurückzugreifen und z.B. die Währung des Erfüllungsortes (vgl. § 361 HGB, Art. 41 Abs. 4 WG, Art. 3 6 Abs. 4 ScheckG) oder die am Wohnsitz des Geldschuldners umlaufende Währung zum Schuldgegenstand zu erheben, 1386 falls nicht die Befreiung des Schuldners von seiner Leistungspflicht dem Parteiinteresse am nächsten kommt. Danach hat der in Prag wohnende Schuldner des Beispielsfalles im Zweifel tschechische Kronen zu leisten. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß die kollisionsrechtliche Lösung des BGH seit der IPR-Reform 1986 einiges von ihrer selbst in Anspruch genommenen Flexibilität eingebüßt hat. An die Stelle des hypothetischen Parteiwillens ist das Prinzip der engsten Verbindung getreten, was konsequenterweise auch bei Bestimmung des Währungsstatuts zum Rückgriff auf die Vermutungen des Art. 28 Abs. 2, 3 und 4 EGBGB führte. Im Beispielsfall würde die bisher geschuldete Währung wohl durch die am Wohnsitz des Darlehensgebers geltende slowakische Währung ersetzt werden, da beim Darlehen die vertragscharakteristische Leistung diejenige des Darlehensgebers ist. 1387 Es erscheint indes mehr als zweifelhaft, ob eine Regel, die auf Ermittlung des für die Vertragsbeziehungen maßgebS 2 1 0 f. Ma«« N J W 1953, 643, 645. 1 3 8 4 Einen tatsächlichen Parteiwillen hat das LG Tübingen IPRspr 1 9 6 6 - 6 7 Nr 2 2 (74, 77) mit Blick auf die erkennbar provisorische Situation Palästinas vor der Staatsgründung Israels 1948 angenommen. 1 3 8 5 S 243 ff. 1382 1383
1386
Mann NJW 1953, 643, 645, 647.
LG Hamburg und OLG Hamburg IPRspr 1984 Nr 2 4 a und 2 4 b (68, 69, 70); Chr. v. Bar IPR II, Rn 4 9 6 ; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 EGBGB Rn 133. 1387
§ 7 : Ausgewählte Qualifikationsprobleme
235
liehen Rechts zugeschnitten ist, ohne weiteres auch zur Festsetzung des Leistungsgegenstandes einer Geldschuld taugt. Immerhin ist es bei den Grundtypen gegenseitig verpflichtender Verträge (etwa Kauf, Miete, Dienstvertrag, Werkvertrag), und nicht allein bei diesen, nie die Leistung des Geldschuldners, die dem Vertrag sein charakteristisches Gepräge verleiht.1388 Spezifisch geldschuldrechtliche Erwägungen, die bei der Währungsbestimmung den Ausschlag geben müssen, kommen beinahe zwangsläufig zu kurz. Zurück zum Beispielsfall. War auf den Vertrag ursprünglich tschechoslowakisches Recht anwendbar, sei es über Art. 27 EGBGB oder über Art. 28 EGBGB, muß als erstes nach dem nunmehr maßgeblichen Vertragsrecht gefragt werden. Ein Wegfall der kollisionsrechtlichen Geschäftsgrundlage, der die Unwirksamkeit des Verweisungsvertrages zur Folge hat, ist bei Spaltung eines Staatsgebildes in nunmehr zwei neue selbständige Staaten ebenso unproblematisch anzunehmen wie das Erfordernis einer Korrektur der objektiven Anknüpfung über Art. 28 Abs. 5 EGBGB. Die gebotene Neubestimmung des Vertragsstatuts führt mangels feststellbaren tatsächlichen Verweisungswillens nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB zum slowakischen Recht, auf dessen Grundlage dann in die Prüfung der neuen Schuldwährung einzutreten ist, ggf. nach ähnlichen Auslegungsgrundsätzen wie im deutschen Recht. Ordnete eine international zwingende Konversionsregel des tschechischen Rechts die Umwandlung der Geldschuld auf tschechische Kronen an, beschränkte sich ihre Reichweite auf den Rechtsverkehr in Tschechien. In beiden Fallkonstellationen, so ist hinzuzufügen, bemißt sich der Umfang der Verweisung auf die lex monetae nach dem Schuldstatut. Beherrscht deutsches Recht die Obligation, wird nur auf das tatsächliche Anschlußverhältnis der neuen Währung zur ehemaligen Schuldwährung verwiesen, etwaige Wertänderungen der Schuld sind grundsätzlich Sache des Schuldstatuts.
1388
Chr. v. Bar IPR II, Rn 495 ff; Kropholler IPR, 404.
DRITTER
TEIL
Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten § 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut Im Verlauf der bisherigen Untersuchung wurde aufzuzeigen versucht, was eine Fremdwährungsverbindlichkeit kennzeichnet, welche Risikostruktur sie aufweist und wie der Spielraum beschaffen ist, der dem deutschen Sachrecht zur Regelung von Valutaschulden offensteht. Damit kann nunmehr auf Basis deutschen Rechts als Schuldstatut geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen eine Geldschuld als Fremdwährungsverbindlichkeit entsteht, wann also Zahlung nicht in deutscher Währung, sondern in ausländischer Währung geschuldet wird. Die Rede ist im Anschluß an die Überlegungen unter S 2 II. von der Bestimmung der sog. Schuldwährung, die von der Zahlungswährung und ggf. der Berechnungswährung unterschieden werden muß. Mit der vom Schuldstatut zu treffenden Entscheidung über die währungsmäßige Ausprägung der Geldschuld1389 sind weitreichende rechtliche und tatsächliche Konsequenzen verbunden. Da nach deutschen Recht nicht abstrakte Vermögensmacht als solche den Gegenstand einer Zahlungsverbindlichkeit bildet, werden vielfach bereits mit der Währungsbestimmung die grundlegenden Weichen für die Verteilung der Geldwert- und Währungsrisiken zwischen den Parteien gestellt. In den Vorgang der Schuldwährungsbestimmung selbst fließen ganz unterschiedliche Wertungskriterien ein, abhängig insbesondere vom Entstehungsgrund der Geldschuld sowie von ihrer Einordnung als Geldsummenschuld oder Geldwertschuld.
1389
Natürlich setzt der Tatbestand der Fremdwährungsverbindlichkeit im hier verstandenen Sinne mehr voraus, als daß nur ausländisches Geld geschuldet wird Es muß sich immer um eine Zahlungsverpflichtung, dh um eine Geldschuld im Rechtssinne, handeln. Über die Abgrenzung zwischen Geldschuld und Sachschuld ist bereits gesprochen worden (S 26 ff), ebenso über die Differenzierung zwischen Geldschuld und der Verpflichtung zur Verschaffung von Buchpositionen (S 50 ff). Die Problematik wird im Zusammenhang mit der Einordnung von Herausgabepflichten erneut auftreten (S 303 ff).
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
237
I.
Rechtsgeschäftlich begründete Zahlungspflichten
1.
Die Schuldwährung als Auslegungsgegenstand
Die Verweisung auf eine konkrete Währung zählt zu den wesensnotwendigen Bestandteilen der Geldschuld.1390 Vereinbaren die Parteien eine Geldzahlung, tragen sie diesem Erfordernis vielfach dadurch Rechnung, daß sie die Währung, deren Einheiten den Schuldgegenstand bilden sollen, unmißverständlich benennen. Geschieht dies nicht, muß anhand von geschriebenen oder ungeschriebenen Interpretationsregeln (sogleich unter 1. a)) des Vertragsstatuts, Art. 31 Abs. 1, 32 Abs. 1 Nr 1, Abs. 3 EGBGB, ermittelt werden, welcher währungsmäßige Inhalt der konkreten Geldschuld zukommen soll. Bei vertraglich vereinbarten Zahlungsverbindlichkeiten können Unklarheiten über die Schuldwährung in zweierlei Hinsicht auftreten. Möglich ist zunächst, daß es an einer Währungsbezeichnung schlechthin fehlt („Der Kaufpreis beträgt 10.000,-", „Zu zahlen ist der Börsenpreis am Lieferungstag", „Die Provision beläuft sich auf 2%") oder die Parteien einen mehrdeutigen Währungsnamen gebrauchen, z.B. die Schuld auf Kronen" oder „Dollar" stellen (im folgenden l.b)). Daneben sind „Währungskonkurrenzen" denkbar. Dieses (unter l.c) behandelte) Phänomen tritt auf, wenn die Parteiabrede mehrere Währungen enthält und nicht ausdrücklich festgelegt ist, welcher von ihnen die Funktion der Schuldwährung zukommt („1.000,- US-Dollar, zahlbar in DM"). Ist eine ausländische Währung als Schuldwährung vereinbart, bleibt zu fragen, inwieweit sich diese Gestaltungsform noch innerhalb des Rahmens der den Parteien gewährten Privatautonomie bewegt. Eine generelle Regel, wonach Geldschulden nur in Inlandswährung entstehen könnten und Vereinbarungen zur Zahlung in fremder Währung schlechthin unwirksam wären, kennt das deutsche Recht nicht. Nach § 134 BGB beachtliche Schranken ergeben sich allerdings, von Spezialnormen wie § 115 GewO abgesehen, aus S 3 S. 1 WährG. Auf diese Bestimmung wird unter 2. eingegangen werden.
a)
Normative Auslegung in Abgrenzung zu anderen
Bestimmungstechniken
Mangelt es dem Rechtsgeschäft an einer eindeutigen Festlegung der Währung, kann die verbleibende Unklarheit mit verschiedenartigen rechtstechnischen Mitteln beseitigt werden. Neben materialen Auslegungsregeln kommen geschriebene und ungeschriebene Dispositivnormen in Betracht, gelegentlich ist auch von Vermutungen die Rede. Weil es dabei um mehr als eine Methodenfrage geht und nicht nur der im Zusammenhang mit Währungsbestimmungen zu beobachtende Sprachgebrauch divergiert, ist es geboten, einen Blick auf die Rechtsnatur der zu untersuchenden Interpretationsregeln zu werfen, bevor auf ihren Inhalt eingegangen werden kann.
1390
Siehe nur Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 133; Grothe IPRax 1994, 346, 347; im übrigen S 12 ff.
238
aa)
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Instrumente
Im Vordergrund steht die Auslegung der Geldschuld nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB. 1 3 9 1 Dabei ist vorab zu prüfen, ob nicht eine übereinstimmend gemeinte Bedeutung der vereinbarten Währungsbezeichnung bzw. des nur ziffernmäßig ausgedrückten Geldbetrages feststellbar ist. Auch für die Währungsbestimmung gilt der Primat des wirklichen Willens, sofern sich nur beide Parteien bei Abschluß des Rechtsgeschäfts dieselbe Währung als Schuldgegenstand vorgestellt haben. 1 3 ' 2 Diese Regel hat das O L G Köln jüngst sogar auf das Verhältnis zwischen Scheckaussteller und erstem Schecknehmer erstreckt. 1 3 9 3 Das übereinstimmend Gewollte, so heißt es, das unter Berücksichtigung aller auch außerhalb der Scheckurkunde liegender Umstände zu ermitteln sei, bestimme den Inhalt der Scheckerklärungen. Das O L G nahm deshalb in casu an, es gelte die gemeinsam gewollte Währungsbezeichnung „ F F " statt der irrtümlichen Angabe „ D M " auf dem Scheck. Von derartigen Gestaltungen abgesehen läßt sich häufig durch normative Auslegung unter Rückgriff auf die Gesamtumstände des konkreten Rechtsgeschäfts ein eindeutiges Ergebnis erzielen. 1 3 9 4 Verbleiben nach Ausschöpfung der „formalen" Auslegungsregeln Zweifel, 1 3 9 5 kann die Schuldwährung anhand von „materialen" Auslegungsregeln ermittelt werden. Unter „materialer" Auslegungsregel ist eine Norm zu verstehen, die sich nicht auf die Methode der Auslegung bezieht, sondern ein bestimmtes Ergebnis der Auslegung als das im Zweifel zutreffende bezeichnet 1 3 9 6 und den Richter anweist, es als den maßgeblichen Inhalt des Rechtsgeschäfts anzusehen. 1397 Weil derartige Auslegungsregeln den Sinn von Willenserklärungen in ergebnisorientierter Weise klarstellen, sofern die Erklärungen selbst undeutlich oder zweifelhaft sind, kommt ihnen eine Art Auffangfunktion zu. Vorrang hat stets die individuelle Auslegung des Vertrages; erst wenn sie nicht zu einem klaren Ergebnis führt, kann eine Auslegungsregel weiterhelfen. 1 3 9 8 Nach dem Gesagten verwirklichen Auslegungsregeln den Gedanken der Parteiautonomie. Die Währungsbestimmung als Rechtsfolge wird, nicht anders als bei objektiv eindeutiger Erklärung, auf den Willen des Erklärenden zurückgeführt. 1399 Dispositivnormen demgegenüber ergänzen den Parteiwillen für den Fall, daß es im jeweiligen Rechtsgeschäft an einer Regelung fehlt, sei es, daß die Parteien an die betreffende Frage nicht gedacht haben, sei es, daß sie auf die Dispositivnorm vertraut haben. Die Rechtsfolge der Dispositivnorm
Vgl Meder WM 1996, 2085, 2087. Vgl Koenigs DB 1952, 160. 1 3 9 3 OLG Köln NJW-RR 1997, 940 f. 1 3 9 4 Ein Beispiel findet sich bei Hüffer JuS 1987, 723, 724; siehe ferner Steenken Fremdwährungsschulden, 34 f. 1395 Nussbaum Das Geld, 230 meint gar, die authentische Interpretation des Parteiwillens bilde für die Währungsbestimmung praktisch nur eine Ausnahmeerscheinung. 1 3 9 6 Geschriebene Auslegungsregeln materialer Art lassen sich regelmäßig anhand der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung „im Zweifel" identifizieren; Leipold in Stein/Jonas21, § 292 Rn 3. Konstitutive Bedeutung besitzt dieses äußere Kennzeichen allerdings nicht; Diedericbsen NJW 1965, 671, 672; Enneccerus/Nipperdey BGB AT/1, 300. 1397 Larenz/M. Wolf BGB AT, 561; Diedericbsen NJW 1965, 671, 672. 1398 Larenz/M. Wolf BGB AT, 561; Diedericbsen NJW 1965, 671, 672; Horn in Heymann, HGB, S 361 Rn 2, 5; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 16; Hefermebl in Scblegelberger HGB, § 361 Rn 1; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 173 f; Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Rn 2, 7. 1399 Enneccerus/Nipperdey BGB AT/1, 300; Larenz/M. Wolf BGB AT, 562. 1391
1392
S 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
239
ist vom Parteiwillen in jeder Hinsicht unabhängig und ergibt sich unmittelbar aus der objektivrechtlichen Anordnung. 1400 Aus dieser verschiedenartigen Rechtsnatur folgt zunächst der Primat der Auslegung gegenüber der Dispositivnorm. Soweit der im Wege der Auslegung ermittelte Parteiwille reicht, ist kein Platz für ergänzendes objektives Recht. 1401 Das Gesagte gilt freilich nicht für die ergänzende Vertragsauslegung, bei der es sich richtigerweise um eine Form der Anwendung objektiven Rechts handelt. 1402 Ihr gegenüber genießen (geschriebene) Dispositivnormen grundsätzlich Vorrang; 1403 drohte deren modellhafte Abwägung typischer Parteiinteressen doch allzu leicht beiseite geschoben zu werden, wenn der Richter in jedem Einzelfall eine vom Gesetz unabhängige Lückenausfüllung vornähme. 1404 Von praktischer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Auslegung und Dispositivnorm im Bereich der Irrtumsanfechtung. Wird die Schuldwährung unter Zuhilfenahme einer materialen Auslegungsregel ermittelt, kann die Vertragspartei, deren wirklicher Wille auf eine andere Währung gerichtet war, unter den weiteren Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 BGB wegen Inhaltsirrtums anfechten. 1405 Dagegen besteht diese Möglichkeit, den Vertrag über § 142 Abs. 1 BGB zu Fall zu bringen, nicht, wenn es eine Dispositivnorm ist, die die Schuldwährung festlegt. 1406 Da die Rechtsfolge bei Dispositivnormen nicht dem Parteiwillen zugerechnet, sondern objektivem Recht entnommen wird, fehlte es an der für § 119 Abs. 1 BGB konstitutiven Diskrepanz zwischen wirklichem Willen und erklärtem Willen. 1407 Es handelte sich um einen bloßen Rechtsfolgeirrtum, der nicht zur Aufechtung berechtigt. 1408 Bisweilen ist schließlich von Vermutungen die Rede, wenn es gilt, geschriebene oder ungeschriebene Regeln zur Bestimmung der Schuldwährung im Falle undeutlicher Parteivereinbarungen zur Anwendung zu bringen. 1409 Soweit dabei nicht nur in mißverständlicher Weise auf die Funktion von Auslegungsregeln oder Dispositivnormen hingewiesen werden soll, könnten rechtliche Tatsachenvermutungen 1410 gemeint sein (vgl. § 292 ZPO). Als Tatsachenvermutung wird ein Rechtssatz bezeichnet, der eine bestimmte zur Erfüllung 1400
LarenzIM. Wolf BGB AT, 562; Diedericbsen NJW 1965, 671, 673. Etwa Enneccerus/Nipperdey BGB AT/1, 302. 1402 Etwa Henckel AcP 159 (1960/61) 106, 121 ff; siehe ferner Lüderitz Auslegung von Rechtsgeschäften, 454. 1403 Näher dazu S 303 ff. 1404 Henckel AcP 159 (1960/61) 106, 122; Lüderitz Auslegung von Rechtsgeschäften, 454; LarenzIM. Wolf BGB AT, 563. 1405 Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 2. 1406 Canaris aaO. 1407 Larenz/M. Wolf BGB AT, 562. 1408 Der Irrtum über die Rechtsfolge einer Erklärung ist nur dann als Inhaltsirrtum iSd § 119 Abs 1 BGB zu qualifizieren, wenn die fragliche Rechtsfolge unmittelbar Gegenstand der Erklärung ist, die Fehlinterpretation eines Erklärungsmomentes sich also auf einen Rechtsbegriff bezieht. Wird die Rechtsfolge dagegen erst vom objektiven, die Erklärung ergänzenden Recht angeordnet, scheidet die Anfechtbarkeit aus. So läge es hier. Die Währungsbestimmung erfolgte durch die Dispositivnorm, gerade weil dem Parteiwillen kein eindeutiger Erklärungswert entnommen werden könnte. Allgemein zum Rechtsfolgeirrtum RGZ 89, 29, 33; 134, 195, 197 f; Flume BGB AT/2, 465 ff; Larenz/M. Wolf BGB AT, 682 f; Medicus BGB AT, 281 ff. 1409 Vgl nur Esser/E.Schmidt SchuldR 1/1, 232; ferner die Nachweise in Fn 1448 und 1449. 1410 Nicht zu verwechseln mit den sog. „tatsächlichen Vermutungen", die lediglich die Beweiswürdigung, nicht die Beweislast betreffen; siehe dazu noch beim Schadensersatz wegen Geldwertverlusten, S 637 ff und 648 ff. 1401
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
240
eines Tatbestandes erforderliche Tatsache aus einem tatbestandsfremden Umstand, der sog. Vermutungsbasis, erschließt. 1411 Hierdurch wird der Richter legitimiert, die dem Tatbestand zugeordnete Rechtsfolge anzuordnen, obwohl die fragliche, im Tatbestand vorausgesetzte Tatsache nicht bewiesen, 1 4 1 2 ja nicht einmal behauptet worden ist. 1 4 1 3 So könnte etwa im Zusammenhang mit der Bestimmung des Kaufpreises i.S.d. § 4 3 3 Abs. 2 B G B eine (ungeschriebene) Vermutung folgenden Inhalts gelten: Haben Verkäufer und Käufer in demselben Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Vermutungsbasis), wird vermutet, daß der Kaufpreis auf Währungseinheiten dieses Staates lautet (Vermutungsgegenstand). Darlegungs- und Beweislast werden infolge der Vermutung verschoben. Sie konzentrieren sich statt auf den Vermutungsgegenstand auf die Vermutungsbasis. 1414 Liegt die Vermutungsbasis vor, gilt der Vermutungsgegenstand ohne Rücksicht auf den individuellen Parteiwillen; die Vermutung hat also Vorrang gegenüber der Auslegung. 1415 Nur wenn die Voraussetzungen der Vermutungsbasis nicht dargelegt und bewiesen werden, ist (wieder) Raum für die individuelle Auslegung. Anderenfalls bleibt der vermutungsbelasteten Partei bei der widerleglichen Vermutung nur der Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache. Doch ist dieser Beweis nicht Gegenbeweis, sondern Hauptbeweis. 1 4 1 6 Kollisionsrechtlich zählen Vermutungen der genannten Art ungeachtet ihrer Bedeutung auf prozessualem Gebiet zum Vertragsstatut (Art. 3 2 Abs. 3 S. 1 EGBGB), 1 4 1 7 handelt es sich bei ihnen doch letztlich um nichts anderes als um Mittel zur Bestimmung der von den Parteien zu tragenden Pflichten und Risiken. 1 4 1 8
bb) Einordnung Bei näherem Zusehen können die Regeln des deutschen Rechts zur Bestimmung der Währung bei unklaren Parteiabreden nicht als rechtliche Vermutungen charakterisiert werden, und zwar unabhängig davon, ob sie gesetzlich verankert sind ( § 3 6 1 HGB, Art. 4 1 Abs. 4 W G , 3 6 Abs. 4 ScheckG) oder ungeschriebenem Recht angehören. Als Vermutungsgegenstand käme allein der Erklärungswert der von den Parteien verwendeten Währungsbezeichnung oder Geldschuldumschreibung in Betracht. Die normative Ermittlung des In1411 Rosenberg Die Beweislast, 2 0 3 ; Musielak Beweislast, 75, 61 ff (dort auch zu abweichenden Begriffsbildungen); Diederichsen NJW 1965, 671, 673; ferner Leipold in Stein/Jonas21, § 292 Rn 5: „Aufstellung eines zweiten Tatbestandes (nämlich der Ausgangstatsache der Vermutung) für eine bestimmte Rechtsfolge".
1412 1413
218. 1414
1415
Diederichsen NJW 1965, 671, 673.
Leipold in Stein/Jonas21, § 2 9 2 Rn 13; Thomas/Putzo20, § 292 Rn 3; Rosenberg Die Beweislast, BGH NJW 1951, 397, 398.
Diederichsen NJW 1965, 671, 674.
1416 Rosenberg Die Beweislast, 220; Leipold in Stein/Jonas21, S 292 Rn 15. Gegen eine bewiesene Behauptung ist der Gegenbeweis möglich; er ist bereits gelungen, wenn im Richter erneut Zweifel an der Wahrheit der Behauptung geweckt sind. Als Hauptbeweis muß der Beweis des Gegenteils im Unterschied dazu die volle Überzeugung des Richters von der Unwahrheit der vermuteten Tatsache begründen. Für außervertragliche Schuldverhältnisse gelten entsprechende Prinzipien; deliktsrechtliche Vermutungen etwa sind mithin deliktsrechtlich zu qualifizieren, Chr. v. Bar IPR II, Rn 5 5 2 Fn 670; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 32 EGBGB Rn 56. 1418 Martiny in Reithmann/Martiny, IntVertrR, Rn 2 6 5 ; den in MünchKomm-BGB 2 , Art 32 EGBGB Rn 5 5 ; Chr. v. Bar IPR II, Rn 552.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
241
halts einer Erklärung aber, also die Beantwortung der Frage, welche Bedeutung der Erklärung unter den festgestellten Umständen als die rechtlich maßgebliche angesehen werden muß, ist nach deutschem Recht nicht Tatsachenfeststellung im Sinne des Beweisrechts, sondern Rechtsanwendung.141' Tatsachen, und damit potentielle Gegenstände einer Vermutung, sind zwar der Wortlaut einer Erklärung wie auch sonstige für die Auslegung erhebliche Umstände, Tatsache ist auch der wirkliche Wille des Erklärenden (sog. „innere Tatsache"). Was jedoch nach rechtlichen Maßstäben normativ richtig ist, hat mit Beweisführung und Beweislast nichts zu tun.1420 Das Ergebnis einer Rechtsanwendung wird dementsprechend vorgeschrieben statt vermutet. Der Beweis, daß etwas anderes vereinbart worden ist, widerlegt die betreffende Regel nicht, sondern macht sie unanwendbar.1421 Damit bleibt die Frage zu beantworten, ob die geschriebenen und ungeschriebenen Vorschriften des deutschen Rechts über die Währungsbestimmung bei unklarer Parteivereinbarung als materiale Auslegungsregeln oder als Dispositivnormen anzusehen sind. Mit der Überlegung, daß Auslegungsregeln Vorrang gegenüber Dispositivnormen genießen, ist nichts gewonnen, da sich über die Hierarchie erst eine Aussage treffen läßt, nachdem der Normcharakter feststeht. Funktional sind Auslegungsregeln und Dispositivnormen weitgehend austauschbar.1422 Auch beweisrechtlich ergeben sich keine Unterschiede: Jene Partei, der die materiale Auslegungsregel oder die Dispositivnorm günstig ist, hat nichts anderes als deren Voraussetzungen zu beweisen, den Gegner trifft die Beweislast für Tatsachen, aus denen ein abweichender Parteiwille folgt.1423 Schließlich läßt sich bei fehlender Währungsbezeichnung schwerlich ermessen, ob darin eine Ungenauigkeit der Abrede liegt oder ob die von den Parteien getroffene Regelung die Währung offenläßt, so daß Raum bleibt für eine Ergänzung durch objektives Recht. Die Suche nach einer Dispositivnorm zur Bestimmung der Schuldwährung, die namentlich die Arbeiten Melchiors1424 und Karl Neumeyers™25 durchzogen hat, muß gleichwohl mit Skepsis betrachtet werden, jedenfalls soweit es die Währung bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Zahlungen anbelangt. In derartigen Konstellationen ist die Festlegung des Zahlungsumfangs (Summe bzw. Wertmaß und Währung) nicht Aufgabe ergänzenden objektiven Rechts, sondern Gegenstand parteiautonomer Willensübereinkunft.1426 Läßt sich nach Ausschöpfung sämtlicher Auslegungsmöglichkeiten keine Einigung der Parteien über die Schuldwährung feststellen, fehlt es an jedem Grund, sie an einer bestimmten Währung als „gesetzlicher" Auffangwährung festzuhalten. Die Rechtsfolge hängt davon ab, ob die Schuldwährung einen Haupt- oder einen Nebenpunkt des intendierten Vertrages sein sollte, was sich wiederum danach bemißt, welchen Stellenwert die beabsichtigte Geldschuld nach dem Parteiwillen einnimmt. Handelt es sich um einen Hauptpunkt, ist der Vertrag mangels Konsenses über die essentialia
1419 1420
Rosenberg Die Beweislast, 212 f; LarenzIM. Wolf BGB AT, 570. RGZ 131, 343, 350; BGHZ 20, 109, 111; LarenzIM. Wolf BGB AT, 570.
1 4 2 1 Grundlegend zur Abgrenzung von Vermutungen gegenüber Auslegungsregeln Rosenberg Beweislast, 211 ff.
1422
LarenzIM. Wolf BGB AT, 562.
1423
Rosenberg Die Beweislast, 295 f; Musielak Beweislast, 330 ff, 343 ff.
1 4 2 4 IPR, 1425
1426
2 9 0 ff. IntVerwR III/2, 158 ff.
Vgl Enneccerus/Nipperdey BGB AT/1, 302; Diederichsen NJW 1965, 671, 673.
Die
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
negotii nichtig, 1427 geht es um einen Nebenaspekt, gelangen die §§ 154, 155 BGB zum Zuge. Greift umgekehrt eine Regel über die Währungsbestimmung ein, gibt es ebenfalls keinen Anlaß, die einzelne Partei hieran unverrückbar festzuhalten, sofern das Resultat ihrem wirklichen Willen nicht entspricht. Gegenteilige Vertrauensschutzgesichtspunkte, die den Hintergrund etwa der Fälle des sog. „normierten Schweigens" bilden, 1428 spielen bei der Währung vereinbarter Geldschulden praktisch keine Rolle. Statt dessen entpricht es ganz dem Parteiinteresse, daß bei jeder Form normativer Währungsbestimmung in gleicher Weise die Möglichkeit besteht, sich von der Bindung an das Rechtsgeschäft zu lösen, wenn die entsprechende Vertragserldärung auf einem rechtserheblichen Irrtum über die Währung beruhte. 1429 Ob es in der konkreten Konstellation gelingt, aufgrund individueller Anhaltspunkte nach §§ 133, 157 BGB die Schuldwährung zu ermitteln, ob die Voraussetzungen einer gesetzlichen Norm über die Währungsbestimmung erfüllt sind oder ob schließlich eine ungeschriebene Hilfsregel vor dem Einigungsmangel rettet, das Recht zur Irrtumsanfechtung darf nicht verwehrt werden. Abweichend beurteilt sich die Rechtslage, wenn es darum geht, die Währung solcher Geldschulden zu ermitteln, die zwar üblicherweise zur Kategorie primärer, rechtsgeschäftlicher Zahlungspflichten gezählt werden, selbst aber nicht Gegenstand rechtsgeschäftlicher Übereinkunft sind. Die Rede ist von Geldschulden, deren Existenz die Rechtsordnung im Wege der Fiktion (z.B. §§ 612 Abs. 1, 632 Abs. 1 BGB)1430 oder der dispositiven Vertragsergänzung (etwa §§ 4 4 8 , 4 4 9 , 450, 667, 670 BGB) bestimmten Rechtsgeschäften zuordnet. Zumeist handelt es sich um Nebenpflichten, bisweilen, wie im Falle der dienst- und werkvertraglichen Vergütungspflichten, aber auch um Hauptpflichten. Weil die Zahlungsverbindlichkeit in derartigen Fällen auf objektivem Recht beruht, gilt regelmäßig Gleiches für die Bestimmung der Schuldwährung. 1431 Auch hier ist es geboten, nach Möglichkeit den Vorstellungen und Interessen der Parteien zu entsprechen und der Anbindung der Schuld an ein Vertragsverhältnis Rechnung zu tragen, so daß die objektivierte Suche nach der „proper currency" 1432 kaum jemals andere Ergebnisse zur Folge haben wird, als wenn man bei Anhaltspunkten für eine vertragliche Geldschuldbestimmung mit einer materialen Auslegungsregel arbeitete. 1433 Doch weil es an einer Rückführung von Geldschuld und Währung auf den Parteiwillen fehlt, scheiden irrtumsbedingte Anfechtungsmöglichkeiten von vorherein aus. 1434 Zugleich ist in der Währungsfrage eine Art materiellrechtliches non liquet undenkbar; die Anwendung der vertragsergänzenden Geldschuldregel kann nicht daran scheitern, daß sich in der Währungsfrage keine Eindeutigkeit erzielen läßt. Was etwa bei einem rechtsgeschäftlich festgelegten Aufwendungsersatzanspruch zum Einigungsmangel mit seinen skizzierten Rechtsfolgen oder zum subsidiären Eingreifen gesetzlicher Auf1427
Speziell zum Fall unklarer Währungsbezeichnungen Chr. v. Bar IPR II, Rn 543; Hüffer JuS 1987, 723, 724. 1428 Larenz/M. Wolf BGB AT, 549. 1429 Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 2. 1430 Zum Rechtscharakter dieser Bestimmungen siehe Richardi in Staudinger12, § 612 Rn 5; Peters in Staudinger13, § 632 Rn 36. 1431 Dazu noch S 303 f. 1432 Vgl Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 4. 1433 Diese Auslegungsregel wäre ja anhand der Wertungen der Dispositivnorm zu entwickeln und nicht gegen sie. 1434 Anders, wenn der Irrtum sich auch auf Aspekte erstreckt, die Gegenstand normativer Vertragsauslegung sind.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Wendungsersatzbestimmungen führt, muß bei den vertragsergänzenden Normen des objektiven Rechts selbst andere Konsequenzen nach sich ziehen. Hier ist Raum für eine Dispositivnorm zur Festlegung der Schuldwährung, die die verbleibenden Fälle auf die „gesetzliche" Währung zurückführt, sollten andere Gesichtspunkte versagen.
b)
Auslegung bei unklarer
aa)
Individualauslegung
Währung
Sofern nicht eine übereinstimmend gemeinte Bedeutung der verwendeten Währungsbezeichnung bzw. des nur ziffernmäßig ausgedrückten Geldbetrages feststellbar ist, wird in vielen Fällen die nach §§ 133, 157 BGB gebotene normative Auslegung unter Rückgriff auf die Gesamtumstände des konkreten Vertrages zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Bei reinen Inlandsgeschäften etwa ergibt die Auslegung, sofern es an einer Währungsbezeichnung fehlt, in aller Regel ohne weiteres, daß die Deutsche Mark als Schuldwährung vereinbart worden ist. Man mag hierzu auf den wirklichen Willen der Parteien rekurrieren oder eine objektive Auslegung auf die Fülle der beiderseitigen Beziehungen zur deutschen Rechtsordnung oder zum deutschen Währungsgebiet stützen.1435 Zu Unrecht hat Karl Neumeyer die Anwendbarkeit einer Dispositivnorm postuliert: Die Parteien hätten offenbar keine Veranlassung gesehen, über die Währung besonderes festzulegen, es bleibe daher bei der nach Gesetz geltenden Währung.1436 Im Bereich vereinbarter Zahlungen erscheint die Ausprägung einer ergänzenden Dispositivnorm dogmatisch überaus zweifelhaft.1437 Hat der Sachverhalt keinerlei Auslandsbeziehung, ist sie zudem überflüssig, da der objektive Erklärungswert der Geldschuldabrede im Hinblick auf die Währung eine klare Aussage enthält, eine ausfüllungsbedürftige Lücke also nicht besteht. Weniger eindeutig verhält es sich, wenn es bei einem internationalen Sachverhalt an einer Währungsbezeichnung durch die Schuldvertragsparteien mangelt oder wenn ein mehrdeutiger ausländischer Währungsname Verwendung findet. Schließt beispielsweise ein Kaufmann aus Oslo mit einem Geschäftsfreund aus Stockholm in Kopenhagen einen Kaufvertrag, den die Parteien dem deutschen Recht unterstellen, und heißt es in dem auf englisch abgefaßten Vertragstext, der Kaufpreis betrage „100.000 Crowns", so wird sicher niemand auf den Gedanken verfallen, es könnten tschechische oder slowakische Kronen geschuldet sein. Nicht ohne weiteres ersichtlich ist allerdings, auf welche der drei in Betracht zu ziehenden skandinavischen Kronen-Währungen die Geldschuld des Käufers lautet. Ließe sich auch im Wege der Auslegung keine Klarheit schaffen, wäre der Kontrakt nach deutschem Recht mangels Konsenses über einen Hauptpunkt des Geschäfts unwirksam. Zur Erforschung des von den Parteien objektiv Gemeinten ist primär auf die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.1438 Von Bedeutung sind daneben die bisherigen Gepflogenheiten im Verkehr dieser Partner.1439 Aber auch das dem Vertragsschluß nachfolgende Parteiverhalten
1435
Steenken Fremdwährungsschulden, 34. Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 171 f; gemeint ist die Währung des Staates, dessen Recht die Obligation beherrscht (aaO 158 f). 1437 Zuvor S 240 ff. 1438 Etwa Mayer-Maly in MünchKomm-BGB3, § 133 Rn 44; Manfred Wolf in Soergel12, $ 157 Rn 36. 1439 Larenz/M. Wolf BGB AT, 549. 1436
244
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
mag Schlüsse auf den ursprünglichen Geschäftswillen zulassen.1440 Für die Ermittlung der Schuldwährung können danach, abhängig von den Umständen des Einzelfalles, etwa eine Rolle spielen:1441 Wohnsitz der Parteien, gemeinsamer vertraglicher Erfüllungsort, ergänzend ggf. auch die Vertragssprache und die Wahl eines bestimmten Vertragsstatuts. Daneben sind die Branchenüblichkeit einer Währung sowie die bei früheren Geschäften von den Parteien gewählte Währung zu beachten. Bedeutung besitzt eventuell auch ein etwaiges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, zu der eine bestimmte Auslegung führen würde, ferner die Währung, in der Zinsen oder Anzahlungen geleistet und vom Gläubiger akzeptiert worden sind. Läßt die Würdigung der konkreten Abrede und ihrer Begleitumstände keinen hinreichend sicheren Schluß auf einen bestimmten Geschäftswillen zu, kann nur durch Anwendung materialer Auslegungsregeln verhindert werden, daß in der Währungsfrage ein Einigungsmangel angenommen werden muß. bb)
Gesetzliche Auslegungsregeln im Handels- und
Wertpapierrecht
(1)
Zum Inhalt von § 361 HGB und Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG
Eine gesetzliche Auslegungsregel stellt § 361 HGB für Zahlungspflichten innerhalb von Handelsgeschäften auf. Danach ist im Zweifel die Währung, die an dem Ort gilt, wo der Vertrag erfüllt werden soll, als die vertragsmäßige zu betrachten. Abgestellt wird auf den Erfüllungsort der Zahlungsverpflichtung,1442 wobei § 361 HGB nach h.M. den Begriff des Erfüllungsortes nicht autonom bestimmt, so daß mangels abweichender Parteiabrede oder Umstände die §5 269, 270 Abs. 4 BGB zum Zuge kommen.1443 Das wiederum führt zur Währung des Zahlungshandlungs-, nicht des Erfolgsortes, genauer: zur Währung des Schuldnerwohnsitzes bzw. der Schuldnemiederlassung.1444 § 361 HGB gelangt nach überwiegender Auffassung nicht nur zur Anwendung, wenn die Parteien einen mehrdeutigen
1440
Nussbaum Das Geld, 229; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 173; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 16. 1441 Siehe im Einzelnen Nussbaum Das Geld, 229 ff; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 173 f; Steenken Fremdwährungsschulden, 34 f; aus der Rechtsprechung etwa RGZ 108, 191, 193 f; 120, 76, 81; RG JW 1922, 711; LAG Stuttgart IPRspr 1954-55 Nr 19 (59, 60). 1442 Die Auslegungsregel erfaßt nicht nur die Vertragswährung, sondern daneben auch Maß, Gewicht, Zeitrechnung und Entfernungen. Entscheidend ist daher der Erfüllungsort für die jeweils mit Unklarheiten behaftete Vertragsleistung; Hefermebl in Schlegelberger HGB, § 361 Rn 4 f; Horn in Heymann, HGB, § 361 Rn 1; Baumbach/Hopt HGB, S 361 Rn 2. 1443 RGZ 120, 76, 81; Hefermebl aaO ; Horn in Heymann, HGB, § 361 Rn 1; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 16; Baumbach/Hopt HGB, § 361 Rn 2; wohl auch Steenken Fremdwährungsschulden, 52; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 4. 1444 Wenig Einigkeit besteht darüber, welche Zahlungsverbindlichkeiten im Einzelnen von § 361 HGB erfaßt werden. Von den Primärverpflichtungen (seien es Haupt- oder Nebenpflichten) sind namentlich Herausgabe- und Aufwendungsersatzschulden umstritten. Für Sekundärpflichten (Schadensersatz- oder Bereicherungsschulden) gilt diese Feststellung ohnehin. Auf sie alle wird in § 8 II. eingegangen werden. Auch hier muß an sich danach unterschieden werden, ob S 361 HGB zur Auslegung einer auf die betreffenden Zahlungsverbindlichkeiten bezogenen Vertragsbestimmung dienen oder (analog) als Dispositivregel fungieren soll. Insofern sei auf das S 240 ff Gesagte verwiesen.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
245
Währungsnamen verwendet haben, sondern erstreckt sich auch auf den Fall fehlender Währungsbezeichnung. 1445 Darin unterscheidet sich die Bestimmung von den Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG, denen zufolge vermutet wird, daß die Währung des Zahlungsortes 1446 gemeint ist, wenn der Wechsel bzw. Scheck auf eine Währung lautet, die im Lande der Ausstellung einen anderen Wert hat als in dem der Zahlung. Ein Wechsel bzw. Scheck, der lediglich eine Summe, nicht aber als Bezugsobjekt eine Währung enthält, ist demgegenüber wegen Verstoßes gegen Art. 1 Nr 2 WG, 1 Nr 2 ScheckG formunwirksam. 1447 Was ihre Rechtsnatur anbetrifft, so entsprechen die Art. 41 Abs. 4 WG, 3 6 Abs. 4 ScheckG dem § 361 HGB. Es handelt sich in allen Fällen um materiale Auslegungsregeln, nicht etwa um widerlegbare Tatsachenvermutungen. Im Tatbestand des § 361 HGB würde es bereits an der Herausbildung einer Vermutungsbasis fehlen, aufgrund derer das Gesetz auf die Existenz einer bestimmten rechtserheblichen Tatsache schließen könnte. 1448 Zwar wäre dies bei Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG anders, auch benutzt der Gesetzgeber selbst den Begriff „vermuten". 1449 Doch geht es bei allen untersuchten Bestimmungen um die normative Ermittlung des Inhalts von Erklärungen und damit um Rechtsanwendung statt um Tatsachenfeststellung. 1450 Ergibt sich aus einem Vermerk des Ausstellers im Wechsel bzw. Scheck etwas anderes, ist die betreffende Vorschrift nicht widerlegt, sondern unanwendbar. 1451 1 4 4 5 RGZ 120, 76, 81; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 3; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Horn in Heymann, HGB, § 361 Rn 5. Deshalb ist die Entscheidung OLG Koblenz N J W 1988, 3 0 9 9 zwar von der Begründung her falsch; iErg aber richtig. 1 4 4 6 Vgl Art 2 Abs 3 WG: „Mangels einer besonderen Angabe gilt der bei dem Namen des Bezogenen angegebene Ort als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogenen"; Art 2 Abs 2 1 ScheckG: „Mangels einer besoderen Angabe gilt der bei dem Namen des Bezogenen angegebene Ort als Zahlungsort"; Art 2 Abs 3 ScheckG: „Fehlt eine solche und jede andere Angabe, so ist der Scheck an dem Orte zahlbar, an dem der Bezogene seine Hauptniederlassung hat". 1 4 4 7 OLG Köln WM 1984, 728; Staub/Stranz WG, § 1 Anm 15; Baumbach/Hefermehl ScheckG, Art 1 Rn 3. 1 4 4 8 Unzutr Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 83 Fn 1, der ohne Begründung von einer widerlegbaren Vermutung spricht; unklar Steenken Fremdwährungsschulden, 36. 1 4 4 9 Im Schrifttum finden sich meist wenig präzise Aussagen. Dort ist von Vermutung (Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 14; Keßler WG, Art 41 Anm 5; Rilk WG, Art 41 Anm I 4; K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 99; Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 4 2 3 f) und von Rechtsvermutung (Baumbach/Hefermehl WG, Art 41 Rn 5) die Rede. Im gleichen Zusammenhang wird jedoch auch von Auslegungsregeln gesprochen (Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 15; K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 16, 99) und die Verwandtschaft zu § 361 HGB hervorgehoben (Baumbach/Hefermehl WG, Art 41 Rn 5). 1 4 5 0 Üblicherweise werden Tatsachenvermutungen und Rechtsvermutungen unterschieden, und zwar nach dem Gegenstand, auf den sie nach ihrem Wortlaut gerichtet sind; Musielak Beweislast, 61; Leipold in Stein/Jonas 21 , § 292 Rn 9. Davon wiederum zu trennen sind die sog. tatsächlichen Vermutungen, bei denen es sich nicht um Rechtssätze handelt, sondern um die vom Richter aufgrund der Lebenserfahrung zu ziehenden Schlüsse bei typischen Geschehensabläufen; Leipold aaO Rn 6. Weil Gegenstand der hier behandelten wertpapierrechtlichen Bestimmungen gewiß nicht die Vermutung eines Rechts ist (Rechtsvermutungen bilden zB die §§ 891, 1006, 1362, 2365 BGB), läßt sich die von Baumbach/Hefermehl WG, Art 4 1 Rn 5 vorgenommene Einordnung schon begrifflich nur halten, wenn man Rechtsvermutungen als den Gegenbegriff zu tatsächlichen Vermutungen versteht. 1 4 5 1 Von Auslegungsregeln sprechen zutr Quassowski/Albrecht ScheckG, Art 36 Rn 17; Stranz WG, Art 41 Anm 17.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG vor, kann eine abweichende Auslegung nur auf Hinweise gestützt werden, die in der Urkunde enthalten sind, 1452 da der Wechsel bzw. Scheck allein aus sich selbst heraus auszulegen ist.' 453 Etwas anderes gilt allerdings im Verhältnis zwischen den Parteien des Begebungsvertrages, also dem Aussteller und dem ersten Nehmer des Wechsels bzw. Schecks.1454 Sind die Voraussetzungen der genannten Auslegungsregeln nicht erfüllt, weil zwar ein mehrdeutiger Währungsname verwendet wurde, eine Währung dieses Namens aber nicht sowohl im Ausstellungsstaat als auch im Zahlungsstaat gilt, muß unterschieden werden. Bildet eine Währung des mehrdeutigen Namens im Ausstellungsstaat oder im Zahlungsstaat die Landeswährung, ist im Zweifel anzunehmen, daß der Erklärende diese Währung gemeint hat (z.B. bei einem Scheck über „Kronen", ausgestellt in Schweden, zahlbar in Deutschland). 1455 Wegen des Vorrangs der Auslegung aus dem Wertpapier greift diese ungeschriebene Auslegungsregel bei Wechseln und Schecks, die sich im Umlauf befinden, bereits ein, wenn sich aus der Urkunde nichts eindeutiges entnehmen läßt. Außerhalb des Wertpapieres liegende Umstände bleiben unberücksichtigt. 1456 Lautet schließlich der Wechsel bzw. Scheck auf eine mehrdeutige Währung, die weder im Staat der Ausstellung noch in dem der Zahlung Landeswährung ist, versagt die entwickelte Auslegungsregel. Bei Papieren im Umlauf ist dann zunächst zu prüfen, ob der Inhalt der Urkunde Anhaltspunkte für die Auslegung enthält; ansonsten soll nach verbreiteter Ansicht auch jenseits des Verhältnisses zwischen Geber und erstem Nehmer auf die außerhalb des Wertpapieres liegenden Umstände zurückgegriffen werden können. 1457 Einem Erwerber des Wechsels/Schecks, so heißt es zur Begründung, geschehe dadurch kein Unrecht. Wer ein Wertpapier mit zweifelhaftem Inhalt erwerbe, könne sich nicht darauf berufen, daß die aus Umständen außerhalb der Urkunde ermittelte Währung seinem Willen widerspreche. 1458 Dieses Verständnis freilich wird dem Grundsatz der Wechsel- bzw. Scheckstrenge nicht gerecht. Die Umlauffunktion des Wertpapieres verlangt, daß zur Auslegung des Wechsels bzw. Schecks grundsätzlich 1459 keine außerhalb der Urkunde liegenden Umstände herangezogen werden dürfen, damit für potentielle Erwerber wie auch für potentielle Verpflichtete ohne weiteres
W2 Mk WG, Art 41 Anm I 4; Stranz WG, A n 41 Anm 17; Baumbach/Hefermehl WG, Art 41 Rn 5; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 99. 1453 Siehe vorerst nur Staub/Stranz WG, Allgemeine Einl Anm 22; Baumbach/Hefermehl WG, Einl Rn 56 f. 1454 OLG Köln NJW-RR 1997, 940 f (dazu bereits S 238); ferner Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 424; Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 14. Baumbach/Hefermehl WG, Einl Rn 58; dies ScheckG Einl Rn 16. Allgemein zur Durchbrechung des Grundsatzes der Wechselstrenge mit Hilfe des § 242 BGB Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere, 70 ff. 1455 Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 15; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 99; in diese Richtung bereits Nussbaum Das Geld, 231. 1456 Staub/Stranz aaO. 1457 Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 15; Stranz WG, Art 41 Anm 17; Baumbach/Hefermehl WG, Art 41 R n 5 . 1458 Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 15. 1459 Anderes gilt nur, soweit die externen Umstände einem durchschnittlichen Teilnehmer am Wechselverkehr mutmaßlich bekannt sind oder von ihm ohne Schwierigkeiten erkannt werden können; BGHZ 64, 11, 14; BGH WM 1979, 362.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
247
Wirksamkeit und Inhalt des Papieres erkennbar sind. 1460 Was für den Fall fehlender Währungsbezeichnung anerkannt ist, muß auch bei mehrdeutigen Währungsnamen gelten. Führt die Auslegung aus der Urkunde zu keinem eindeutigen Resultat, ist der Wechsel bzw. Scheck formunwirksam. 1461 (2)
Exkurs: Internationaler Anwendungsbereich
§ 3 6 1 HGB wie auch Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG setzen die Anwendbarkeit deutschen Rechts voraus. Was für § 361 HGB 1462 mit dem Hinweis auf die Regeln zur Bestimmung des Vertragsstatuts sein Bewenden haben kann, gestaltet sich für den Bereich des Wertpapierrechts komplizierter. Kollisionsregeln enthalten die Art. 91 ff. WG, 60 ff. ScheckG. Demzufolge beurteilt sich die Form (Art. 1 Nr 2 WG/ScheckG) grundsätzlich nach deutschem Recht, wenn die Wechsel- bzw. Scheckerklärung tatsächlich in Deutschland unterschrieben worden ist, Art. 92 Abs. 1 WG, 62 Abs. 1 S. 1 ScheckG. 1463 Eine Alternativanknüpfung zu Gunsten des Rechts des Zahlungsortes enthält Art. 62 Abs. 1 S. 2 ScheckG. Teilweise wird hinsichtlich der Form auch eine Rechtswahl im Wertpapier zugelassen. 1464 Die Wirkungen der Wechsel- und Scheckerklärung finden sich in Art. 93 WG, 63 ScheckG behandelt. Art 93 WG zufolge unterliegen die Verpflichtungen aus einem Wechselakzept und die Haftung des Ausstellers eines eigenen Wechsels dem Recht des Zahlungsortes (Abs. 1), die Wirkungen der übrigen Wechselerklärungen bestimmen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben 1465 worden sind (Abs. 2). Auf das Recht des Unterschriftsstaates hebt schließlich auch Art. 63 ScheckG für die Wirkungen der Scheckerklärungen ab. Um zwingende Regeln handelt es sich dabei nicht; 1466 problematisch ist allein, ob sich eine Rechtswahl aus der Urkunde selbst ergeben muß. 1467 Die herrschende Meinung ordnet die Art. 41 WG, 36 ScheckG jedoch keiner der genannten Kollisionsregeln zu, sondern will sie einheitlich unter der Voraussetzung an-
1460 BGHZ 21, 155, 162; 53, 11, 14; Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 217 ff; Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere, 70 f. 1461 Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 424. 1462 Die Vorschrift besitzt keinerlei kollisionsrechtliche Bedeutung; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 1; Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 2; Martiny in MiinchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 9; Steenken Fremdwährungsschulden, 36; unklar Horn in Heymann, HGB, § 361 Rn 2, wonach die Vorschrift zwar keine selbständige Kollisionsnorm sei, aber in Abhängigkeit vom Vertragsstatut eine ähnliche Funktion übernehmen soll. Im Gegensatz zu den Sachnormen der Art 41 IV WG, 36 IV ScheckG (siehe Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 16) kommt es also nicht darauf an, welches Land der Ausstellung aus der Urkunde ersichtlich ist; Martiny in MiinchKomm-BGB2, Art 37 EGBGB Rn 19; Rilk WG, Art 92 Anm I 1. 1464 Firsching IPRax 1982, 174, 175. 1465 Gemeint ist auch hier der wirkliche, nicht der auf der Urkunde angegebene Ort der Unterschrift, außer gegenüber gutgläubigen Erwerbern; Baumbach/Hefermehl WG, Art 93 Rn 3. 1466 BGHZ 104, 145, 146 ff; BGH WM 1974, 558 (Wechsel); BGH WM 1989, 1756, 1757; LG München II IPRax 1987, 175 f(Scheck); Chr. v. Bar IPR II, Rn 455; Baumbach/Hefermehl WG, Übersicht vor Art 91 ff Rn 2; dies ScheckG, Übersicht vor Art 60 ff; Morawitz Das internationale Wechselrecht, 153 ff; Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 989 f. 1467 Eingehend dazu Morawitz Das internationale Wechselrecht, 156 f; ferner Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 37 EGBGB Rn 21 u. 27.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
wenden, daß der Wechsel bzw. Scheck in Deutschland zahlbar ist. 1468 Begründet wird dies, wenn überhaupt, mit der Erwägung, es gehe um Zahlungsmodalitäten; zur Entscheidung berufen sei deshalb stets (ggf. analog Art. 93, 96 W G , 65 ScheckG) die lex loci solutionis. 1469 Die in den Absätzen Abs. 4 der Art. 41 W G , 36 ScheckG enthaltenen Auslegungsregeln besäßen auf der Grundlage dieser These derzeit keinen praktischen Anwendungsbereich, sofern man von einer auch hier möglicherweise zulässigen Rechtswahl absieht. W o immer ein Wechsel oder Scheck auf einen mehrdeutigen Währungsnamen lautete und eine Währung dieses Namens sowohl im Ausstellungs- als auch im Zahlungsstaat gelten würde, der Zahlungsstaat wäre nie Deutschland. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1470 existiert nur noch eine auf Mark lautende Währung, die Markka-Währung Finnlands läßt sich kaum hinzuzählen. Relevant werden könnten einzig noch die entsprechenden Auslegungsregeln ausländischer Staaten, die ebenfalls das Genfer Einheitliche Wechsel- und Scheckrecht 1 4 7 1 übernommen haben. N u n hat sich die herrschende Meinung bei ihrer rechtsanwendungsrechtlichen Einordnung der Art. 4 1 W G , 36 ScheckG allerdings nie ausdrücklich auf die Absätze 4 dieser Vorschriften bezogen. Ganz im Vordergrund standen immer die in den Absätzen 1-3 geregelten Tilgungsbefugnisse von Schuldner und Gläubiger, die - was die Befugnisse des Schuldners betrifft - § 244 BGB ähneln, dieser Bestimmung jedoch als Sonderregeln vorgehen. Insofern sei auf die obigen Ausführungen zur kollisionsrechtlichen Behandlung von § 2 4 4 BGB verwiesen, 1472 die hier im wesentlichen ihre Entsprechung finden. Welche W ä h r u n g der Schuldner leisten muß oder leisten darf, welche Währung der Gläubiger demzufolge fordern kann und annehmen „muß", läßt sich nicht vom übrigen Inhalt der Obligation trennen und gesondert anknüpfen, auch wenn die Art. 90 ff. W G , 60 ff. ScheckG keine abschließende Regelungen enthalten, sondern durch die allgemeinen Regeln des IPR zu ergänzen sind. 1473 Wie § 244 BGB eine Vorschrift des Schuldstatuts darstellt, so rechnen die Art. 4 1 Abs. 1-3 W G , 36 Abs. 1-3 ScheckG zum Wirkungsstatut i.S.d. Art. 93 W G , 63 ScheckG. Denn das Wirkungsstatut regelt alles, was Art und Umfang der rechtlichen Verpflichtung des Schuldners ausmacht. 1474 Selbst wer in der Frage der Tilgungsbefugnisse abweichend entscheiden will, darf doch die Bestimmung der Währung, auf die der Wechsel bzw. Scheck lautet, nicht zum Zahlungsstatut gehörig qualifizieren. Z u r Wahl steht lediglich die Zuordnung zum Formstatut oder zum Wirkungsstatut. Die Abgrenzung ist nicht unproblematisch, da Wechsel- und Scheckgeschäfte Formalakte sind, deren Gültigkeit sehr weitgehend davon abhängt, daß die urkundliche Erklärung einen 1468 BGH NJW 1980, 2017; Stranz WG, Art 41 Anm 1; Baumbach/Hefermehl WG, Art 41 Rn 1; K. Schmidt in Staudinger13, S 244 Rn 101. 1469 Stranz WG, Art 41 Anm 1, 93 Anm 5, Art 96 Anm 5. 1470 Zur Anwendbarkeit der Art 41 WG, 36 ScheckG im Verhältnis von DM und DDR-Mark siehe BGHZ 30, 315, 320 f; Stranz WG, Art 41 Anm 4. 1471 Amtl. Übersetzung der Abkommen abgedr. bei Baumbach/Hefermehl WG, Anh. 8 a nebst Übersicht über die Unterzeichnerstaaten in Anh. 9 {Wechselrecht) sowie ScheckG, Anh. 1 mit Übersicht über den Geltungsbereich in Anh. 2 (Scheckrecht). 1472 S 130 ff. 1473 Baumbach/Hefermehl WG, Übersicht vor Art 91 ff Rn 2; Stranz WG, Vorbem vor Art 91 ff; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 37 EGBGB Rn 18 u. 24. 1474 Morawitz Das internationale Wechselrecht, 96; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 37 EGBGB Rn 22; Staub/Stranz WG, Art 92 Anm 2.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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genau festgelegten Inhalt aufweist.1475 Demzufolge entscheidet das Formstatut auch über den notwendigen und zulässigen Inhalt der Erklärung, der zur Wirksamkeit des Wechsels bzw. Schecks im Papier zum Ausdruck gebracht werden muß.' 476 Danach drängt sich ein auch rechtsanwendungsrechtlich beachtlicher Zusammenhang zwischen Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG und Art. 1 Nr 2 WG/ScheckG auf. Andererseits hat das Formstatut weder über die materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen noch über den Inhalt (Art und Umfang) einer Wechsel- bzw. Scheckverpflichtung zu befinden.1477 Die Währung, auf die die Urkunde lautet, zählt aber nun gewiß zum Kerninhalt von Wechsel bzw. Scheck, denn es geht um den rechtlich verbindlichen Gegenstand der Schuld.1478 Dies würde dafür sprechen, die Auslegung bei mehrdeutiger Währung dem Wirkungsstatut zu unterstellen1479 und nur die Konsequenzen im Falle mangelnder Bestimmbarkeit dem Formstatut zu entnehmen. Letztlich erscheint diese Lesart aber eher zweifelhaft. Das Recht, dem es obliegt, ein Formerfordernis aufzustellen, muß auch darüber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen die Form eingehalten bzw. nicht eingehalten worden ist.1480 cc)
Ungeschriebene materiale
Auslegungsregeln
Für rechtsgeschäftlich begründete Zahlungsverbindlichkeiten, die nicht dem Anwendungsbereich des § 361 HGB oder dem der Art. 41 Abs. 4 WG, 36 Abs. 4 ScheckG unterfallen, hat es nie an Vorschlägen zur Ausprägung ungeschriebener Regeln gemangelt, mit deren Hilfe die trotz individueller Auslegung verbliebenen Unklarheiten über die Schuldwährung beseitigt werden können. Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich dabei - dies sei erneut betont 1481 - um materielle Auslegungsregeln, nicht um Dispositivnormen. Widerspricht das solchermaßen normativ ermittelte Ergebnis dem wirklichen Willen einer Partei, kann sie unter den weiteren Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 BGB wegen Inhaltsirrtums anfechten. (1)
Inlandswährung
Bisweilen findet sich die These, Geldschulden im deutschen Inlandsverkehr lauteten im Zweifel auf deutsche Währung. Zwei Argumentationslinien kommen dabei zum Vorschein. Für Melchior war die Überlegung entscheidend, daß das Geld eines Staates als dessen allgemeiner und subsidiärer Wertmesser fungiere. Man werde daher innerhalb eines Staates Geldschulden in der Staatswährung fordern können und leisten müssen, wenn nicht besondere Gründe für das Gegenteil vorhanden seien.1482 Esser/E. Schmidt dagegen stützen sich auf § 244 Abs. 1 BGB.1483 Und auch in einem Urteil des OLG Koblenz aus dem Jahre 1988 heißt es unter Hinweis auf § 244 BGB, grundsätzlich könne die Begleichung von Zahlungsverpflichtungen, die im Inland zwischen deutschen Vertragspartnern begründet U7S
Jacobi "Wechsel- und Scheckrecht, 1014; Morawitz aaO 71 f. Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 1014. 1477 Morawitz Das internationale Wechselrecht, TL f. 1478 Morawitz aaO 96. 1479 Hierfür ließe sich auch der Grundgedanke des Art 32 Abs 1 Nr 1 EGBGB ins Feld führen. 1480 In diesem Sinne wohl auch Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 217 ff, 421 ff. 1481 Siehe bereits 240 ff. 1482 Melchior IPR, 290, 291 f. 1481 Esser/E. Schmidt SchuldR 1/1, 232 f. U1
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
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worden sind, in DM verlangt werden. Die Vereinbarung einer Fremdwährungsschuld sei die Ausnahme, deren Voraussetzungen derjenige zu beweisen habe, der sich darauf beruft. 1484 Die Entscheidung betraf das Entgelt für Leistungen einer Speditionsgesellschaft im Zusammenhang mit dem Transport eines Kleinbusses in die USA. Für die Seefracht war Zahlung in US-Dollar vereinbart, die weiteren Leistungen wurden in deutscher Währung berechnet. Eine Auslegungsregel des skizzierten Inhalts kann jedoch im deutschen Recht nicht anerkannt werden. 1485 Insbesondere enthält § 1 WährG keine dahingehenden Anhaltspunkte. Privatrechtliche Bedeutung kommt dieser Bestimmung lediglich insofern zu, als sie die Geldzeichen benennt, die im Falle zulässiger Barzahlung in deutscher Währung erfüllungstauglich sind. 1486 Dagegen verfolgt die Norm nicht das Ziel, im Zweifel der deutschen Währung zum Durchbruch zu verhelfen. 1487 Gleiches gilt für § 244 BGB. Die Vorschrift setzt voraus, daß ausländisches Geld den Schuldgegenstand bildet und enthält für diesen Fall eine Auslegungs- oder Dispositivregel des Inhalts, daß mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch in deutscher Währung gezahlt werden kann. Uber die Kriterien, anhand derer sich bestimmt, ob ausländisches Geld geschuldet wird, trifft § 244 BGB indes keinerlei Aussage. Im Gegenteil basiert die Regelung gerade auf dem Gedanken der Gleichwertigkeit von inländischer und ausländischer Währung 1488 - eine Vorstellung, die sich bei Ermittlung der Schuldwährung nicht verwerten läßt. Natürlich wird der Rechtsanwender unter Zuhilfenahme der hier abgelehnten Auslegungsregel meist zu zutreffenden Ergebnissen gelangen. Allein die Begründung trägt nicht, und bei näherem Zusehen wird schnell deutlich, daß es sich dabei nur um eine vergröberte Plausibilitätserwägung handelt, die eine präzise Anknüpfung vermeidet. Nur typische Parteiinteressen, nicht jedoch allgemeine währungsrechtliche oder territoriale Erwägungen vermögen eine Auslegungsregel zu begründen, deren Anwendungsergebnis auch in Grenzfällen noch dem Parteiwillen zugerechnet werden kann. In dem vom OLG Koblenz entschiedenen Fall hätte es - da die Individualauslegung offenbar zu keinem klaren Ergebnis geführt hat - nahegelegen, auf § 361 HGB zurückzugreifen, auch wenn die Beklagte nicht Kaufmann war (§ 345 HGB). (2)
Lex causae-Währung
Wenig Überzeugungskraft besäße auch eine Auslegungsregel, nach der im Zweifel die Währung der lex causae geschuldet wird. 1489 Natürlich muß der die Geldschuld begründende Rechtssatz, im Bereich vereinbarter Zahlungen also die Parteiabrede, auf ein bestimmtes Geldsystem verweisen. Doch folgt daraus keineswegs, daß dies in Ermangelung gegenteiliger Anzeichen des Geldsystem des Staates sein muß, von dessen Schuldrecht aus die Verweisung erfolgt. Beherrscht ausländisches Recht die Obligation, ist es ohnehin nicht Sache des deutschen Rechts, über eine Auslegungsregel zur Bestimmung der Schuldwährung zu befinden. Der deutsche Richter besitzt keine Befugnis, bei Anwendung ausländi1 4 8 4 OLG Koblenz N J W 1988, 3 0 9 9 ; ebenso bereits OLG Karlsruhe OLGZ 1978, 338, 3 4 0 ; zust Strieder in Baumgärtel, Beweislast, § 2 4 4 BGB Rn 1. 1 4 8 5 Krit. bereits W. Mayer Valutaschuld, 18 f und Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 159. 1 4 8 6 S 48 f.
1487 1488 1489
Vgl W. Mayer Valutaschuld, 19.
Näher unten § 12. Hierfür als subsidiäre Regel aber Karl Neumeyer
IntVerwR III/2, 158 ff, 168 ff.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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scher Vertragsrechts eine deutsche Auslegungsregel heranzuziehen. Und selbst wenn deutsches Recht das Schuldstatut stellt, mag dies auf Gründen beruhen (Art. 28 EGBGB), die f ü r die Ermittlung der Schuldwährung nichts hergeben, sie die von der Zahlungsverpflichtung verschiedene vertragscharakteristische Leistung in den Vordergrund gestellt sind. Schließlich findet auch hier der Einwand seine Berechtigung, daß es typische Parteiinteressen sein müssen, die eine Auslegungsregel rechtfertigen. Verpflichtet sich ein Australier gegenüber einem Franzosen unter Vereinbarung deutschen Rechts zur Zahlung einer unbenannten Summe von 10.000,-, gibt es keinerlei Grund zu der Annahme, das deutsche Recht wolle in der Währungsfrage im Zweifel heimwärts streben. (3)
Währung des Erfüllungsortes, des Schuldnerwohnsitzes und der Vermögensbelegenheit
Z u Recht kreist die Diskussion hauptsächlich um Auslegungsregeln, die auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts oder auf die räumliche Situation der Parteien abstellen. Unergiebig ist dabei sicher der Ort des Geschäftsabschlusses. 1490 Dagegen könnte aus dem in § 361 H G B und Art. 4 1 Abs. 4 W G , 36 Abs. 4 ScheckG enthalten Rechtsgedanken die allgemeine Auslegungsregel abgeleitet werden, eine Geldschuld laute im Zweifel auf die Währung des Erfüllungsortes. 1491 Mit der Erwägung, für die Art und Weise der Erfüllung sei die lex loci solutionis maßgeblich, hat dies freilich nichts zu tun. Denn in Rede steht der Schuldgegenstand, ihn bestimmt die lex causae, nicht die lex loci solutionis. Auf der allein zu betrachtenden Ebene des deutschen Sachrechts gilt es zu bedenken, daß § 270 BGB sowohl den Erfüllungs- als auch den Erfolgsort zum Anknüpfungspunkt für Rechtsfolgen erklärt und ersteren im Zweifel beim Schuldner, letzteren beim Gläubiger lokalisiert. Dieses System ist umstritten, zum Teil wird gar von einem rechtspolitischen Versehen gesprochen und dafür plädiert, die Bezugnahme auf die Schuldnersphäre so klein wie möglich zu halten. 1 4 9 2 Ob diese Einschätzung berechtigt ist oder nicht, mag hier dahinstehen. Am ehesten noch läßt sich die Schuldwährung anhand des Erfüllungsortes ermitteln, wenn die Parteien den „Leistungsort" ausdrücklich bestimmt und dabei die Trennung zwischen Handlungs- und Erfolgsort aufgehoben haben. 1493 Ergeben sich Erfüllungs- u n d Erfolgsort dagegen erst in Anwendung der §§ 270, 269 BGB, bedarf es schon besonderer Erwägungen, warum denn der typische Parteiwille auf die Schuldner- statt auf die Gläubigerwährung gerichtet sein sollte. Und es fragt sich von hier aus weiter, ob die im Zweifel anzunehmende Währung überhaupt etwas mit der Lokalisierung von Zahlungsmodalitäten zu tun haben sollte. Ist keine der in casu in Betracht kommenden Währungen am Zahlungshandlungs- oder am Zahlungserfolgsort Landeswährung („1000 Kronen, zahlbar in Dublin"), versteht sich das von selbst. Aber auch sonst spricht manches dafür, Zahlungsverbindlichkeiten bei währungsmäßigen Unklarheiten zu Gunsten des Schuldners zu interpretieren, d.h. im Zweifel auf dessen W o h n - bzw. Geschäftssitzwährung zu rekurrieren, wobei der Zeitpunkt entscheidet, an dem das Geldschuldverhältnis entstanden ist. Die materiale Auslegungsregel am Prinzip in dubio pro debitorem zu orientieren, mag man auf § 244 BGB stützen. M e h r noch überzeugt der Gedanke, daß Zahlung in fremder Währung f ü r den Schuldner häufig 1490 1491 1492
1493
Dagegen insbes. Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 174. So etwa Fügen Geld- und Währungsrecht, 120; vielleicht auch W. Mayer Valutaschuld, 19. Dazu noch S 470 ff. Nussbaum Das Geld, 230 f und 205.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
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schwieriger, kostenintensiver und risikobehafteter ist als Zahlung in Heimwährung und es deshalb besonderer Anhaltspunkte für einen dahingehenden Verpflichtungswillen bedarf. 1494 Letztendlich gelangt diese Auslegungsregel vielfach zu den gleichen Ergebnissen, wie sie bei Heranziehung des gesetzlichen Erfüllungsortes i.S.d. S S 269, 270 BGB erzielt werden. Allerdings, dies muß hervorgehoben werden, aufgrund einer gänzlich anderen Wertung (nicht weil der Leistungshandlungsort beim Schuldner liegt, sondern weil dieser schutzwürdig ist), die sich sofort offenbarte, wenn der deutsche Gesetzgeber dazu überginge, die Geldschuld als Bringschuld auszugestalten1495 und die auch dann zum Tragen kommt, wenn die Parteien eine von § S 270, 269 BGB abweichende Gestaltung der Leistungsmodalitäten verabreden.1496 Weitgehend identische Lösungen lassen sich erzielen, sofern man in der Währungsfrage im Zweifel auf die Belegenheit des Schuldnervermögens abstellt.1497 Gerade wenn der Schuldner über Vermögen in mehreren Staaten verfügt und die Geldschuld nach den Vorstellungen der Parteien aus einem bestimmten Vermögensteil erfüllt werden soll, kann den Parteiinteressen auf diese Weise in stärkerem Maße entsprochen werden. Die Währung der Vermögensbelegenheit ist für den Schuldner, wirtschaftlich betrachtet, in keinem Fall fremd, so daß der Schuldnerschutzgedanke nicht automatisch zur Wohnsitzwährung führen muß. Hilft im konkreten Fall keine der vorgeschlagenen Auslegungsregeln weiter und handelt es sich auch nicht um eine der nachfolgend zu besprechenden Sonderkonstellationen, liegt ein Einigungsmangel vor, der bei Hauptpunkten stets zur Nichtigkeit führt, bei Nebenpunkten nach S§ 154, 155 BGB zu beurteilen ist. Eine Dispositivnorm, die in letzter Konsequenz eingreifen könnte, ist dem deutschen Recht unbekannt und auch rechtspolitisch nicht wünschenswert.1498 (4)
Sonderfälle
Bei einer ganzen Reihe rechtsgeschäftlich begründeter Zahlungsverbindlichkeiten sind besondere Auslegungsregeln zu beachten.1499 So lauten etwa Provisionen und ähnliche Vergütungen, die in Prozenten einer Hauptleistung zu bemessen sind, im Zweifel auf die Währung dieser Hauptleistung.1500 Auch ist als Darlehenswährung mangels gegenteiliger 1494
Nussbaum Das Geld, 242 f; vgl auch K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 16. Wie dies beispielsweise in Art 6.1.6 der Unidroit Principles of International Commercial Contracts geschehen ist, so daß die Währungsbestimmung anhand des Zahlungsortes (An 6.1.10 der der Principles) im Zweifel zur Gläubigerwährung führte. Art 6.1.10 lautet: „Where a monetary obligation is not expressed in a particular currency, payment must be made in the currency of the place where payment is to be made" (Unidroit Principles, 130). Die Frage, ob der Gläubiger auch solches Geld anzunehmen hat, das von einem anderen Ort als dem vertraglichen oder gesetzlichen Erfüllungsort aus geleistet wird, ist im Regelfall zu bejahen; eingehend dazu noch S 486 ff. 1497 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 175. 1498 S 237 ff. 1499 Siehe auch die Darstellung bei Nussbaum Das Geld, 232 ff. 1500 RWG JW 1922, 744 mit zust Anmerkungen Nussbaum ebd, im Grundsatz auch RG JW 1922, 711, wenngleich das Reichsgericht im konkreten Fall (Provisionen für einen in belgischen Francs abgeschlossenen Kaufvertrag über Straßenbahnwagen) angenommen hat, die Währung des Hauptvertrages bilde nur die Berechnungsgrundlage, geschuldet sei deutsche Währung. Den Hintergrund der letztgenannten Entscheidung bildete eine vom RG nicht beanstandete individuelle Auslegung durch 1495
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
253
Anhaltspunkte die Heimwährung des Darlehensgebers anzusehen. 1501 Rückzahlung schuldet der Darlehensnehmer im Zweifel in der Währung, deren Einheiten er als Darlehen empfangen hat. 1 5 0 2 Dahinter verbirgt sich zunächst die Überlegung, daß der Darlehensgeber nicht ohne weiteres neben dem Risiko der Insolvenz seines Vertragspartners auch noch ein Fremdwährungsrisiko übernehmen will. 1503 Ist der Kredit aber in (für ihn) ausländischer Währung vergeben, muß sich der Kreditgeber in aller Regel in dieser Währung refinanzieren und benötigt deshalb zur Erfüllung seiner Verpflichtung Einheiten gerade der Darlehenswährung. 1 5 0 4 Dementsprechend heißt es in § 14 S. 1 Sparkassen-AGB: 1 5 0 5 „Kredite in ausländischer Währung sind in der Währung zurückzuzahlen, in der sie gegeben worden sind". Damit korrespondiert zwanglos das gesetzliche Leitbild des Darlehens als eines Realvertrages, bei dem der Schuldner das als Darlehen Empfangene in „gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten" hat (§ 6 0 7 Abs. 1 BGB). Des weiteren sollen Versicherungen im Zweifel auf die Währung des Staates lauten, in dem sich der Geschäftssitz des Versicherers befindet bzw. die Niederlassung liegt, mit der der Versicherungsvertrag abgeschlossen worden ist. 1 5 0 6 Das Versicherungsrecht, so heißt es, sei nicht nur auf den Abschluß gleichförmiger Massenverträge angelegt, vielmehr erfolgten auch Risikoberechnungen und Reservestellungen regelmäßig in der Heimwährung des Versicherers. Abfindungsansprüche eines ausscheidenden Gesellschafters schließlich lauten, wenn im Gesellschaftsvertrag Angaben fehlen, auf Einheiten der Bilanz-, nicht der Einlagewährung; 1507 Risiken und Chancen von Außenwertänderungen der Bilanzwährung treffen daher den Ausscheidenden. Das Reichsgericht hatte Anfang dieses Jahrhunderts noch gegenteilig entschieden und dem ehemaligen Gesellschafter, der sich mit 3 5 0 englischen Pfund an einer brasilianischen Gesellschaft beteiligt hatte, Rückzahlung der Gesellschaftseinlage in Pfund statt in der damaligen brasilianischen Währung Milreis zugesprochen. 1508
c)
Währungskonkurrenzen
Auslegungsprobleme können sich nicht nur bei unklarer oder fehlender Währungsbezeichnung stellen; bisweilen resultieren sie auch aus der Verwendung zweier oder mehrerer Währungen, deren jeweilige Funktion innerhalb des Geldschuldverhältnisses von den Parteien nicht zweifelsfrei fixiert worden ist. Die bereits zu Beginn dieser Untersuchung das Berufungsgericht, welches sich auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Parteien, den Erfüllungsort, Abschlagszahlungen in deutscher Währung sowie auf das Prozeßverhalten der Parteien stützte. Krit. dazu Nussbaum JW 1922, 711. 1501 Nussbaum Das Geld, 233, 235; wohl auch Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 173; beide unter Hinweis auch auf den Massencharakter von Bankgeschäften. 1 5 0 2 RGZ 105, 4 0 6 , 4 0 7 ; 153, 384, 385, 386 f; 168, 240, 245; RG JR 1925, Rspr Nr 7 6 1 ; BGH BB 1954, 209; OLG Hamburg HansGZ 1922 Β Nr 136 (254, 256); Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 18; v. Hoffmann/Pauli IPRax 1985, 13, 15; eine andere Frage ist, ob bei einem Fremdwährungsdarlehen die Rückzahlung in fremder Währung als „ausdrücklich bedungen" (§ 244 Abs 1 BGB) zu betrachten ist; vgl dazu S 503 ff. 1503 Nussbaum Das Geld, 233. 1 5 0 4 BGH NJW 1980, 2 0 1 7 f; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , Bankvertragsrecht Rn 2558. 1 5 0 5 Fassung Januar 1993. 1506 Nussbaum Das Geld, 235 f. 1507 Nussbaum Das Geld, 2 3 2 f; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. 1 5 0 8 RG L Z 1907, Sp. 221 f.
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behandelte Differenzierung zwischen Schuldwährung, Berechnungswährung und Zahlungswährung1509 ist es, die hier ihren Niederschlag findet. Vielfach läßt sich der Parteiabrede zumindest entnehmen, ob und inwieweit die fraglichen Währungen in einem Stufenverhältnis oder (auch) in einem Verhältnis der Alternativität zueinander stehen. 1510 Ist ein Stufenverhältnis gewollt, reduziert sich die Auslegung darauf festzustellen,welche Währung welcher der drei Funktionen zugeordnet werden soll. Liegt ein Alternativverhältnis vor, muß nicht nur die Funktion ermittelt werden, auf die es sich bezieht. Zu prüfen ist daneben auch, wessen Entscheid die Alternativstellung zu Gunsten einer bestimmten Währung auflöst. aa)
Stufenverhältnisse
Benennt eine Zahlungsvereinbarung zwei Währungen, die nicht nebeneinander geschuldet werden („30.000 DM und 20.000 US-Dollar") und hinsichtlich derer auch keine Alternativität vorliegt („30.000 DM oder 20.000 US-Dollar"), wollen die Parteien typischerweise die Anzahl der in einer der Währungen geschuldeten Geldeinheiten vom Kurs dieser anderen Währung abhängig machen. Wird dabei im Ergebnis deutsche Währung geschuldet,1511 handelt es sich um den Geldschuldtyp der hier die Bezeichnung „Valutawertschuld" trägt und den heute § 3 S. 2 WährG grundsätzlich der Genehmigungspflicht unterwirft. 1512 Bei manchen Klauseln kann das Stufenverhältnis bereits daran identifiziert werden, daß nur eine der beiden benannten Währungen summenmäßig fixiert ist. Lautet etwa eine Zahlungsvereinbarung auf „1000 Ffr, zahlbar in Hfl.", haben die Parteien eindeutig eine Schuld in niederländischen Gulden gewollt, deren Umfang sich nach dem Kurs des französischen Franc zu einem bestimmten Zeitpunkt bemißt. 1513 Nicht immer jedoch muß die summenmäßig bestimmte Währung die Berechnungswährung bilden. Wenn es heißt, „1000 Dkr, 3 Kronen = 1 Sfr", ist die dänische Krone nicht Berechnungs-, sondern Schuldwährung. Bei der gebotenen normativen Auslegung wird man sogar meist zu dem Ergebnis gelangen, daß die in einer Zahlungsvereinbarung als Summe ausgewiesene Währung die Schuldwährung darstellt, sofern nicht durch Zusätze wie „zahlbar in" oder auch nur „in" zum Ausdruck gebracht wird, daß der Gläubiger bestimmungsgemäß Einheiten einer anderen Währung erhalten soll. Klauseln der erstgenannten Art dienen typischerweise dazu, den Gläubiger der summenmäßig benannten Währung gegen eine Entwertung dieser (SchuId-)Währung zu sichern. 1514 Die Summe soll den Mindestbetrag der Schuld bilden; sinkt die Schuldwährung gegenüber der Referenzwährung, erhöht sich die Schuld in entsprechendem Maße. 1515 Da bei Einschaltung einer Berechnungswährung regelmäßig Oben § 2 1.1. Daß aber auch insoweit Probleme auftreten können, belegt RGZ 168, 2 4 0 ff; dazu unten bb)(l). 1 5 , 1 Wie etwa in Kreditkartenbedingungen, denen zufolge die Rechnungsstellung gegenüber dem Karteninhaber unabhängig davon, auf welche Währung die durch seine Leistungsinanspruchnahme begründete Forderung lautet, in DM erfolgt; siehe vorerst nur OLG Hamburg NJW 1996, 1902 ff; zum Problemkreis noch S 313 f. 1 5 1 2 Zu Einschränkungen siehe BGH NJW 1953, 1922 f; Seetzen AWD 1969, 253, 2 5 4 f; Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 194, D 224, D 241. 1 5 1 3 Zu derartigen Klauseln siehe zB Mann Recht des Geldes, 153 ff. 1 5 1 4 Eingehend zu ihrer Auslegung RGZ 146, 1, 4 ff; Mann Recht des Geldes, 157 ff. 1 5 1 5 Auslegungsfrage ist ferner, ob die Klausel nur gegen solche Veränderungen der wechselseitigen Kursrelation sichern will, die auf einer Schwäche der Schuldwährung beruhen, oder ob sie auch dann 1509 1510
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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der Wertsicherungscharakter dominiert, 1516 ist im Zweifel 1517 der Wechselkurs im Zahlungszeitpunkt maßgebend. 1518 Einige Geldschuldabreden enthalten aber zugleich auch eine eindeutige Wechselkursbestimmung, z.B. „1000 US-Dollar in DM zum Kurse von 1 $ zu 1,50 DM". 1519 Welche von zwei in einer Zahlungsabrede festgelegten Währungen die Schuldwährung und welche die Berechnungswährung sein soll, kann bisweilen nur unter Rückbesinnung auf die wirtschaftlichen Hintergründe des Geschäfts festgestellt werden. Anschauungsmaterial liefert abermals die Praxis des Reichsgerichts, beispielsweise RG JW 1921, 231 f. Einem deutschen Schuldner war von einer schweizerischen Gesellschaft ein hypothekarisch gesichertes Darlehen über 65.000 M gewährt worden. In dem Vertrag hieß es: „Die Zinszahlungen und Rückzahlungen des Kapitals seitens des Schuldners haben zum festen Kurse von 123,50 Schweizer Franken für je 100 Reichsmark zu erfolgen, zu welchem Kurse auch die Auszahlung des Kapitals an uns erfolgt ist. Die Eintragung dieser Bestimmung in das Grundbuch soll nicht erfolgen". Die Gläubigerin vertrat die Ansicht, sie könne für je 100 M des Darlehensbetrages 123,50 Sfr verlangen; der Schuldner hingegen sah sich umgekehrt als verpflichtet an, 100 M für je 123,50 Sfr zu zahlen. Das RG gab der Gläubigerin recht 1520 und argumentierte, diese habe als Schweizer Firma zur Gewährung
eingreift, wenn die Referenzwährung erstarkt. Im Verhältnis beider Währungen zueinander sind die Resultate wirtschaftlich gesehen gleich; anders im Verhältnis zu Drittwährungen. Zum Ganzen auch Mann aaO. 1516 W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 154. 1517 Seetzen AWD 1969, 253, 254 f, weist darauf hin, daß Wertstellungen in einer von der Schuldwährung abweichenden Währung im Außenhandel häufig auch nur der einfachen Verrechnung wegen vereinbart werden. Ist dies der Fall, kommt es im Zweifel auf den Zeitpunkt der Verrechnung bzw den der Einstellung der Schuld in das Kontokorrent an. 1518 Vgl auch K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 16 zu „Valutawertschulden", der in diesem Zusammenhang auf § 244 Abs 2 BGB und RG LZ 1921, Sp. 748 f hinweist. Vertretbar wäre jedoch, wenn man es nicht bei der Auslegung des Parteiwillens belassen will, allein eine Analogie zu § 244 BGB. Unmittelbar setzt die Norm nämlich voraus, daß die ausländische Währung Schuldwährung ist, bei der „Valutawertschuld" dient die Fremdwährung jedoch nur zur Berechnung der in deutscher Währung ausgedrückten Geldschuld. Aus RG LZ 1921, Sp. 748 f folgt nichts Gegenteiliges. Das Reichsgericht hat § 244 Abs 2 BGB angewandt, weil es (unzutreffenderweise) meinte, die Schuld sei in dänischer Währung ausgedrückt gewesen. Für eine Analogie spricht der Gedanke der Spaltung von Geldfunktionen. Die Wertmaßfunktion des Geldes soll trotz Ausübung der Tilgungsbefugnis des § 244 Abs 1 BGB dort verankert bleiben, wo sie es zuvor war, nämlich bei der Fremdwährung. Verlagert wird dagegen die Tauschmittelfunktion. So liegt es auch bei Einschaltung einer Berechnungswährung. Der Unterschied besteht allein darin, daß die Funktionstrennung hier von vornherein gewollt war. Hebt man danach auf § 244 Abs 2 BGB analog ab, lautet die nächste Frage, ob auf diese Weise eine Auslegungsregel oder eine Dispositivnorm begründet werden soll; zu den Unterschieden oben § 8 I.l.a). 1519 Fungiert wie im Beispielsfall die DM als Schuldwährung, entfällt eine Genehmigungspflicht nach § 3 S 2 WährG. Nicht anders als wenn die Parteien den Wechselkurs zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für maßgeblich erklärt haben, steht die Höhe der Schuld von ihrer Begründung an fest. Die Einschaltung der Berechnungswährung übt keine Wertsicherungsfunktion aus und kann auch nicht die Stabilität der deutschen Währung gefährden; BGH NJW 1953, 1912, 1913. 1520 Eigene Wege ging in Konstellationen wie diesen Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 177. Er würde im Reichsgerichtsfall die Auszahlung der Darlehensvaluta in deutscher Währung nur als Hingabe an Zahlungs Statt einordnet haben. Für den Fall, daß der Umrechnungszeitpunkt auf einen der Schuldbe-
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
des Darlehens einen durch das damalige Kursverhältnis bestimmten Betrag in ihrer Landeswährung aufwenden müssen, den sie ohne Rücksicht auf etwa inzwischen eingetretene Kursänderungen wieder habe zurückempfangen wollen. 1521 Hätte sich die Gläubigerin im Kreditwege refinanziert, wäre dieses Argument angesichts der o.g. Auslegungsregel bei Darlehen 1522 unbrauchbar gewesen. Die erwähnten Beispiele zeigen, daß die Identifizierung zweier in einer Zahlungsabrede enthaltener Währungen als Schuldgegenstand und als Rechnungsfaktor in den allermeisten Fällen im Wege der individuellen Vertragsauslegung gelingen wird. Läßt sich das Stufenverhältnis ausnahmsweise nicht eindeutig ermitteln, dürfte ein Alternativverhältnis regelmäßig nur dann anzunehmen sein, wenn die genannten Währungen in ihrer Wirkungsweise voneinander unabhängig sein sollen. 1523 Ist ein Wahlrecht nach den konkreten Umständen nicht gewollt, sollte nicht vorschnell auf die oben dargestellten Auslegungsregeln bei fehlender oder mehrdeutiger Währungsbezeichnung zurückgegriffen werden. 1524 Weil die Parteien mit der Vereinbarung eines Stufenverhältnisses regelmäßig Wertsicherungszwecke verfolgen, ist eher davon auszugehen, daß die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses „härtere" der beiden Währungen die Berechnungswährung darstellen soll. Allein diejenige der in Betracht zu ziehenden Währungen, die ex ante betrachtet am wenigsten inflationsgefährdet ist, bietet den Parteien Gewähr für eine möglichst weitgehende Wertstabilität der versprochenen Geldleistung und gibt damit ggf. zugleich Gewißheit für die Stabilität des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. 1525 Anderes gilt nur, wenn die Parteien sich gerade vor spekulationsbedingten Wechselkursverzerrungen schützen wollten. Werden schließlich mit der Abrede keine Wertsicherungs-, sondern Verrechnungszwecke verfolgt, gibt meist die Branchenüblichkeit einer bestimmten Währung oder die bei früheren Geschäften zwischen den Parteien übliche Zahlungsweise einen hinreichenden Anhalt zur Ermittlung des Gewollten. Mit dem Stufenverhältnis mehrerer Währungen verbundene Schwierigkeiten können sich daneben aus der uneinheitlichen Verwendung der Begriffetrias Schuldwährung - Berechnungswährung - Zahlungswährung ergeben. 1526 Jenseits aller Auslegungsfragen schließlich sind bisweilen auch die Reaktionen des Rechts von unterschiedlicher Art, je nachdem, ob eine Ausgangssumme der Schuldwährung unter Hinzuziehung einer anderen Währung valorisiert wird oder von vornherein der Gegenwert einer bestimmten Anzahl von Einheiten der Berechungswährung geschuldet ist. Die Problematik sei hier nur kurz angedeutet, da sie sich nach geltendem deutschen Recht ausschließlich bei wertgesicherten DM-Verbindlichkeiten, nicht jedoch bei Valutaschulden stellt. 1527 BGH und Teile des Schrifttums halten nur Abreden des erstgenannten Typs (den sie als Geldsummenschuld gründung nachfolgenden Tag gestellt wird, befürwortete er eine zu diesem Zeitpunkt erfolgende Schuldumwandlung. Im Regelfall dürfte damit jedoch der Parteiwille konstruktiv überfrachtet sein. 1 5 2 1 RG J W 1921, 2 3 1 ; entsprechend verhielt es sich in RG J W 1924, 173 f und in RG J W 1928, 1385 f; allerdings hatten dort die Parteien die Rückzahlung des Mark-Darlehens in fremder Währung eindeutig festgelegt. Um Anleihen ging es in RG J W 1927, 1829; 1929, 2 7 0 9 f. 1 5 2 2 Siehe zuvor S 2 5 2 f. 1 5 2 3 Gemeint ist der Fall, daß die Alternativität sich auf die Schuldwährung bezieht. 1 5 2 4 So aber wohl Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 176 f. 1525 Zehetner Geldwertklauseln, 16; G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 94. 1 5 2 6 S 5 ff; verwiesen sei an dieser Stelle nur auf RGZ 168, 240, 2 4 4 ff mit seiner von der hier vertretenen Lesart abweichenden Begrifflichkeit. 1527
Zur Genehmigungspflichtigkeit von Valutaschulden S 2 7 0 ff.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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bezeichnen) nach S 3 S. 2 WährG für genehmigungsbedürftig, nicht hingegen die zweitgenannte Variante (mit dem Terminus Geldwertschuld versehen). 1528 Ob jedoch die stabilitätsgefährdende Wirkung von „Geldsummenschulden" und „Geldwertschulden" grundlegend unterschiedlich beurteilt werden kann, ist mit Recht bezweifelt worden. 1 5 2 9 Beide Geldschuldformen führen zur Ausschaltung des Nennwertprinzips, beide berechnen sich nach dem bei Vertragsabschluß noch nicht feststehenden Kurs einer anderen Währung, und beide werden deshalb im Rahmen dieser Untersuchung als Geldwertschulden charakterisiert. Sinnvollerweise bietet es sich statt dessen mit Blick auf die Wertung des § 4 9 Abs. 1 A W G an, zwischen solchen Valutaschulden zu differenzieren, die unter Gebietsansässigen begründet werden, und solchen, an denen Gebietsfremde beteiligt sind. 1 5 3 0
bb)
Alternativverhältnisse
(1)
Feststellung der Alternativität
Soll nach dem Willen der Vertragschließenden einem von ihnen das Recht eingeräumt sein, unter zwei oder mehreren Währungen eine Wahl zu treffen, wird dies häufig durch Formulierungen wie „ 1 0 0 0 , - D M oder 3 0 0 0 , - Ffr oder 6 7 0 US-Dollar", „ 1 0 0 0 brit. Pfund = 1 0 . 0 0 0 Skr" oder durch Textzusätze wie „wahlweise", „statt dessen" etc. deutlich zum Ausdruck gebracht. 1 5 3 1 Daß Parallelstellungen zweier oder mehrerer Währungen auch im Bereich internationaler Anleihen nicht nur informationis causa erfolgen, um die Erwerber auf den Kurs der (einen) Anleihewährung zur Zeit der Ausgabe hinzuweisen, ist seit den österreichischen Couponprozessen 1 5 3 2 weithin anerkannt. 1 5 3 3 Gleichwohl kann es mitunter durchaus zweifelhaft sein, ob die Parteien mit der Benennung zweier Währungen in einer Zahlungsabrede ein Alternativverhältnis begründen wollten oder ob nicht etwa (auch) ein Stufenverhältnis der soeben unter (1) behandelten Art gemeint war. Im Jahre 1 9 4 2 hatte das Reichsgericht über die Rückzahlung eines Darlehens zu entscheiden, 1 5 3 4 dem eine 1 9 2 5 notariell beurkundete Vereinbarung u.a. folgenden Inhalts zugrunde lag: „§ 1. H hat der DKF den erforderlichen Betrag, und zwar mit 6 0 0 0 Pfund 1 5 2 8 BGHZ 9, 56, 63; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 3 7 9 f; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 4 7 ; Alf fin RGRK-BGB, § 2 4 5 Rn 18. 1 5 2 9 W. Weber in Staudinger11, S 2 4 4 Rn 244; ¡C Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 2 4 1 ; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn D 621 ff. 1 5 3 0 Vgl Seetzen AWD 1969, 253, 254 f; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 42; v. Westphalen Exportfinanzierung, 131. Es wäre widersprüchlich, Valutawertschulden gegenüber Gebietsfremden der Genehmigungspflicht zu unterwerfen, soweit die Parteien durch Vereinbarung einer einfachen Fremdwährungsverbindlichkeit mit Hilfe der Tilgungsbefugnis des § 244 BGB das gleiche Ziel erreichen könnten, und zwar auf genehmigungsfreiem Wege. Doch wird man hierbei nicht stehenbleiben dürfen. Zu ähnlich sind die Zielsetzungen der beiden in § 3 WährG enthaltenen Verbote mit Genehmigungsvorbehalt. Überall dort, wo eine Valutaschuld durch § 49 Abs 1 AWG von der Genehmigungspflicht befreit wäre, besteht kein Anlaß, für Valutawertschulden abweichend zu entscheiden. 1 1 Zu Beispielen siehe weiter Zehetner Geldwertklauseln, 31 ff; W. Braun Geldwertsicherung, 71 f; Mann Recht des Geldes, 161 ff; Nussbaum Das Geld, 203 ff. 1 5 3 2 Siehe RGZ 6, 125, 126; im übrigen eingehend G. Hartmann Internationale Geldschulden, 5 ff und S 2 0 9 f. 1 5 3 3 Behandelt wurde die Frage später noch in RGZ 126, 196, 201 f (Auslegung nach österreichischem Recht); vgl auch Nussbaum Das Geld, 203 f. 1 5 3 4 RGZ 168, 240 ff.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Sterling, darlehnsweise zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag entspricht einer Summe von 1 2 1 . 8 8 4 RM, die Reichsmark gerechnet zu 1 / 2 7 9 0 Kilo Feingold. Die DKF quittiert durch Abschluß dieses Vertrages darüber, diesen Betrag von insgesamt 1 2 1 . 8 8 4 RM von H als Darlehen erhalten zu haben. Die DKF verpflichtet sich, die Rückzahlung des Darlehens von 6 0 0 0 Pfund Sterling in englischer Währung vorzunehmen. § 2. Die DKF verpflichtet sich, den Betrag von 1 2 1 . 8 8 4 R M mit 8 % zu verzinsen. Die Zinsen sind an H oder eine von ihm bezeichnete Zahlstelle, und zwar in englischer Währung, abzuführen". Nachdem das britische Pfund 1 9 3 1 vom Goldstandard abgelöst worden war und stark an Wert verloren hatte, stritten die Parteien darüber, ob die RückZahlungsverpflichtung auf englische oder deutsche Währung lautete. 1535 Die Schuldnerin meinte, sie brauche nur den Wert von 6 0 0 0 Pfund in R M zu zahlen, die Gläubigerin hingegen, sie könne für den Betrag von 1 2 1 . 8 8 4 „Goldmark" 1 5 3 6 britische Pfund verlangen. Das Reichsgericht diskutierte (wie zuvor bereits das LG Leipzig) wenig überzeugend die Frage, was denn eine Fremdwährungsverbindlichkeit ausmacht, 1537 konstatierte, daß die Schuld nicht eindeutig bezeichnet worden ist, und folgerte schließlich aus den verschiedenen in sich widersprüchlichen Währungsangaben der Parteien eine Währungsalternativität. Die Schuldsumme sei „gleichzeitig in mehreren Währungen ausgedrückt", sie laute „nebeneinander auf inländische und ausländische Währung". 1 5 3 8 Eine andere Frage war ungeachtet dieser Formulierungen des RG, worauf sich die Alternativität eigentlich bezog. 1539 Lebhafte Kontroversen hatte bereits zwei Jahrzehnte zuvor die Frage ausgelöst, ob die Anleihe der Bergwerksgesellschaft Diergardt mbH aus dem Jahre 1913 eine Alternativ1 5 3 5 Konkret ging es darum, ob eine Fremdwährungsschuld iSd Verordnung über Fremdwährungsschulden vom 5 . 1 2 . 1 9 3 6 (RGBl I, 1010) vorlag. Der dort verwendete Begriff der auf fremde Währung lautenden Schuldverpflichtung soll jedoch nach R G Z 168, 240, 245 gleichbedeutend sein mit dem einer in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschuld iSd § 244 BGB. Auf die betreffende Verordnung waren die Bestimmungen des Gesetzes über Fremdwährungsschuldverschreibungen vom 2 6 . 6 . 1 9 3 6 (RGBl I, 515) sinngemäß anwendbar. Dabei handelte es sich um eine direkte gesetzgeberische Reaktion auf das Urteil des RG zur US-amerikanischen Joint Resolution (RG J W 1936, 2058). Bestimmt wurde, daß bei Schuldverpflichtungen des zwischenstaatlichen Geld- oder Kapitalverkehrs, die aus Ausländerkrediten herrühtren und auf ausländische Währung mit oder ohne Goldklausel lauteten, im Falle einer Abwertung dieser Währung für den Umfang der Zahlungsverpflichtung des Schuldners die abgewertete Währung maßgebend sein sollte. 1 5 3 6 Dazu S 14. 1 5 3 7 R G Z 168, 2 4 0 , 245 f: „Ebensowenig wird eine in inländischer Währung ausgedrückte Schuld schon dadurch zur Fremdwährungsschuld, daß die Zahlung in ausländischer Währung bedungen ist. Eine solche Nebenabrede betrifft nur die Art der Zahlung, nicht den Inhalt der eigentlichen Schuldverpflichtung". Ausgehend davon, daß das RG wirklich den Begriff der Valutaschuld iSd § 244 BGB gemeint hat, ist diese Lesart nicht frei von Mißverständnissen. Entscheidende Bedeutung für die Einordnung einer Zahlungsverbindlichkeit als Valuta- oder als Heimwährungsschuld besitzt der Gegenstand der Obligation. Das Reichsgericht hingegen hat offenbar auf die Währung abgestellt, die den Umfang der Verpflichtung festlegt, die sog. Berechungswährung also; so bereits die Einschätzung von Michaelis ZAkDR 1942, 2 7 8 , 279. Denn die erwogenen Schuldinhalte sehen immer nur Zahlung in einer bestimmten Währung vor. Indes: Eine Währung, die in der Parteiabrede zwar enthalten, deren Leistung aber von Anfang an nicht vorgesehen ist, kann nicht Schuldwährung sein. 1 5 3 8 R G Z 168, 240, 2 4 7 ; eine in vielerlei Hinsicht ähnliche Konstellation behandelt R G Z 152, 213 ff. Nur ging es dort um die Würdigung zweier gleichzeitig an den Gläubiger übersandter Urkunden, in denen über die Währung uneinheitliche Angaben gemacht wurden. Auch hier nahm das RG eine Wahlschuld an (aaO 218). 1 5 3 9 Siehe dazu Michaelis ZAkDR 1942, 278 ff und allgemein unter (2).
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Stellung enthielt. Das Reichsgericht stellte sich zunächst auf den Standpunkt, die Formulierung im Anleihetext „ 1 0 0 0 Mark = 1 2 4 0 Franken Schweizer Währung" begründe kein Wahlrecht. Vielmehr laute die Verpflichtung nur für die Erwerber der in Deutschland gezeichneten Stücke auf 1 0 0 0 M . und nur für die Erwerber der in der Schweiz gezeichneten Stücke auf 1 2 4 0 Franken. 1 5 4 0 Der Entscheidung wurde zu Recht entgegengehalten, der Inhalt einer Schuldverschreibung könne sich nur aus dem T e x t der Urkunde selbst ergeben. Stimme aber der Text der einzelnen Stücke wörtlich überein, müsse auch der Inhalt identisch sein. 1 5 4 1 Nur ein halbes Jahr nach diesem Urteil revidierte das R G seine Auffassung und nahm für die gleichen Schuldverschreibungen nunmehr an, sie begründeten eine Währungsoption zu Gunsten der Gläubiger. 1 5 4 2 Allein dieses Verständnis entspricht dem Zweck von Klauseln der genannten Art, durch Übernahme des Währungsrisikos seitens des Anleiheschuldners einen Anreiz zum Erwerb der Anleihestücke zu geben. 1 5 4 3 (2)
Gegenstand
Liegt nach dem Inhalt der Parteiabrede eine Alternativstellung vor, kann sie unterschiedliche Elemente der Geldschuld betreffen. Dabei ist stets mit in Erwägung zu ziehen, ob die Alternativität sich nicht statt auf die Währung allein auf den Zahlungsort erstreckt 1 5 4 4 (option de place). 1 5 4 5 Jedenfalls dürfte aus der Vereinbarung alternativer Zahlungsorte kaum ohne weiteres zugleich eine wie auch immer geartete Alternativität hinsichtlich der an diesen Orten umlaufenden Währungen herausgelesen werden können. Heißt es beispielsweise „ 1 0 . 0 0 0 , - D M in Frankfurt/M. oder in London oder in R o m " , soll grundsätzlich weder der Gläubiger etwas anderes als die benannte Summe deutschen Geldes verlangen noch der Schuldner etwas anderes leisten dürfen. 1 5 4 6 Bisweilen wird jedoch angenommen, daß der Schuldner im Zweifel auch berechtigt ist, in der Währung des jeweiligen Zahlungsortes zu zahlen, eine Alternativstellung also im Hinblick auf die Zahlungswährung vorliegt. 1 5 4 7 Soweit es (auch) die Währung ist, die den Gegenstand der Alternativabrede bildet, kann die Schuldwährung, die Zahlungswährung oder auch die Berechnungswährung gemeint sein. Entscheidende Bedeutung besitzt dabei die Funktion, die der zur Wahl gestellten Währung innerhalb des Geldschuldverhältnisses zukommen soll. Dogmatisch geht es darum, ob eine Wahlschuld, eine Ersetzungsbefugnis, ein Umwandlungsrecht oder ein Recht zur Leistungsbestimmung vereinbart worden ist.
R G J W 1926, 1320 f. Springer BankArch 25 (1925/26) 291 ff; Nussbaum J W 1926, 1320 f. 1 5 4 2 R G J W 1926, 2675. 1543 Nussbaum Das Geld, 204. 1 5 4 4 Auf Basis der hM, die §§ 2 6 2 ff BGB auch dann für einschlägig hält, wenn das Wahlrecht einer Partei sich auf eine Modalität der Leistung bezieht (zB A. Werner in Staudinger10'11, Vorbem zu SS 262-265 Rn 2; Selb in Staudinger13, § 262 Rn 4Keller in MünchKomm-BGB3, § 262 Rn 4; Gemhuber Das Schuldverhältnis, 254), wären die Voraussetzungen einer Wahlschuld erfüllt. 1 5 4 5 Dazu Mann Recht des Geldes, 162 ff; Nussbaum Money in the Law, 3 8 7 ff. 1546Mann Recht des Geldes, 165; W. Braun Geldwertsicherung, 71; eine andere Frage ist, ob dispositive gesetzliche Tilgungsbefugnisse wie § 244 BGB eingreifen können oder ob „Effektivzahlung" als vereinbart anzusehen ist. 1547 Nussbaum Das Geld, 206. 1540
1541
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
260 (a)
Schuldwährung
(aa) Wahlschuld - Ersetzungsbefugnis des Gläubigers In vielen Fällen wird sich das Wahlrecht auf die Schuldwährung beziehen. Dem hier vertretenen Begriffsverständnis zufolge ist dies die Währung, die den Gegenstand der Geldschuld bildet, die der Gläubiger mithin vom Schuldner fordern kann (vgl. § 2 4 1 S. 1 BGB). Rechtlich kommen für eine derartige Option unterschiedliche Gestaltungen in Betracht. Zu nennen ist zunächst die Wahlschuld i.S.d. § 2 6 2 BGB. Ihre Voraussetzungen sind erfüllt, wenn mehrere Leistungen geschuldet werden, und zwar in der Weise, daß nach Wahl des Gläubigers oder des Schuldners nur die eine oder die andere Leistung zu bewirken ist. Es handelt sich um eine Schuld mit anfänglich unbestimmtem, aber bestimmbarem Leistungsgegenstand, bei der jede der alternativ geschuldeten Leistungen von Anfang an Gegenstand des Schuldverhältnisses ist. 1548 Eine Option, die auf die Schuldwährung zielt, kann statt als Wahlschuld auch als Ersetzungsbefugnis, facultas alternativa, qualifiziert werden, allerdings nur, wenn das Wahlrecht dem Gläubiger zufällt, 1549 und auch dann nur unter der weiteren Voraussetzung, daß man mit der h.M. 1 5 5 0 überhaupt die vertraglich begründete Ersetzungsbefugnis des Gläubigers als eigenständige Rechtsfigur neben der Wahlschuld anerkennt. 1551 Konstruktiv geht es dabei um folgendes: Bereits vom Zeitpunkt der Begründung des Geldschuldverhältnisses an ist der Leistungsgegenstand bestimmt. Eine einzige Währung bildet die Schuldwährung. Nur sie kann der Gläubiger fordern, nur sie ist der Schuldner zu leisten verpflichtet. Dem Gläubiger steht jedoch das Recht zu, an Stelle dieser Schuldwährung eine andere Währung zu fordern. Allein wenn er sie fordert, wird sie Gegenstand des Schuldverhältnisses und damit Schuldwährung. 1552 (bb) Rechtsfolgeunterschiede? Inwieweit sich Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Gläubigers auch in ihren Rechtsfolgen unterscheiden, ist wenig geklärt. Sicher ist jedenfalls, daß bei der Wahlschuld die zufällige Unmöglichkeit einer der Leistungen das Schuldverhältnis auf die übrigen Leistungen beschränkt, sofern die Unmöglichkeit vor Ausübung des Wahlrechts eintritt, § 2 6 5 BGB. Anders bei der Ersetzungsbefugnis. Wird die allein geschuldete Leistung
1548 A. Werner in Staudinger 11 , Vorbem zu §§ 2 6 2 - 2 6 5 Rn 2, 9; zu früheren Charakterisierungen Gemhuber Das Schuldverhältnis, 2 5 4 ff. 1 5 4 9 Besteht eine Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Schuldners, betrifft sie die Zahlungswährung; dazu sogleich S 2 6 3 f. 1 5 5 0 RGZ 132, 9, 14; 136, 127, 129 ff; RG L Z 1923, Sp. 4 9 3 f; RG Recht 1928, 583 Nr 2 2 4 9 ; B G H Z 81, 135, 137; BGH NJW 1962, 1568, 1 5 6 9 ; KG NJW 1957, 105, 106; Urem SchuldR I, 161; A. Werner in Staudinger"/12, Vorbem §§ 2 6 2 - 265 Rn 11 f; Κ Schmidt in Staudinger13, § 2 4 4 Rn 9; Ziegler AcP 171 (1971) 193, 2 0 4 f; Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 4 3 f. 1 5 5 1 Dagegen etwa Selb in Staudinger 13 , § 2 6 2 Rn 7 ; Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 2 5 8 ff; Siber in Planck4, Vorbem III zu $S 2 6 2 - 2 6 5 . 1 5 5 2 Zum Wesen der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers allgemein Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 43 f; Larenz SchuldR I, 161; Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 2 5 8 ff; Gemhuber Das Schuldverhältnis, 6 6 6 ff.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
261
durch Zufall unmöglich, erlischt auch die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers. 1553 Wegen des Prinzips vom rekurrenten Anschluß können diese Überlegungen im Bereich währungsverschiedener Geldleistungen 1554 allerdings nur im Hinblick auf etwaige Transferbeschränkungen 1 5 5 5 eine Rolle spielen. Unterschiede kommen fernerin Betracht, sofern für eine der Leistungen die nach § 3 S. 1 W ä h r G erforderliche Genehmigung verweigert wird. Im Falle einer Wahlschuld gelangt § 265 BGB zum Zuge, wenn man mit der h.M. die Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz der Unmöglichkeit gleichstellt. 1556 Es erfolgt mithin eine Konkretisierung des Schuldverhältnisses auf die verbleibende(n) Leistung(en), es sei denn, an die Stelle der unwirksamen Valutaschuld träte ein sekundärer Ersatzanspruch des wahlberechtigten Gläubigers aus § 309 i.V.m. § 307 BGB 1557 oder aus §§ 280, 325 BGB (unmittelbar oder analog). 1558 Haben die Parteien eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers vereinbart und lautet die geschuldete Hauptleistung auf ausländische Währungseinheiten, fällt die Ersetzungsbefugnis ebenfalls so lange nicht weg, wie das Schuldverhältnis fortbesteht, und sei es auch mit einem Sekundärinhalt. 1 5 5 ' Besteht ein Anspruch aus §§ 309, 307 BGB oder SS 280, 325 BGB dagegen nicht, kann der Gläubiger, sofern die Genehmigung nach S 3 S. 1 W ä h r G verweigert wird, auch nicht die Ersatzleistung verlangen. Natürlich mag sich aber aus dem Inhalt der konkreten Abrede etwas anderes ergeben, weshalb es auch zweifelhaft erscheint, ob wirklich zu abweichenden Ergebnissen gelangt, wer im Falle der auf S 134 BGB beruhenden Nichtigkeit einer der wahlweise geschuldeten Leistungen auf S 139 BGB zurückgreift. 1 5 6 0 Welche Fragen bei Geldschulden im Vordergrund stehen, verdeutlicht R G Z 136, 127 ff. Die holländische Klägerin hatte dem Beklagten 1913 ein Darlehen über 100.000 M gewährt und sich ausbedungen, daß die Rückzahlung entweder in deutscher oder holländischer Währung (die Mark berechnet als 60 holländische Cent) erfolgen solle. Nachdem die Klägerin zunächst deutsche Währung eingefordert hatte, verlangte sie nach der deutschen Währungsreform des Jahres 1924 1561 Zahlung in holländischen Gulden. Die Beklagte argumentierte, die Klägerin müsse sich an ihrer einmal erklärten Wahl festhalten lassen und
1553 Larenz SchuldR I, 161; EnnecceruslLehmann Recht der Schuldverhältnisse, 44; Gemhuber Das Schuldverhältnis, 667. 1554 Dazu RGZ 136, 127, 130. 1555 S 600 ff. 1556 RG JW 1904, 405; Keller in MünchKomm-BGB3, S 265 Rn 12; Manfred Wolf in Soergel12, § 265 Rn 14. 1557 Anders liegen die Dinge, wenn man annimmt, die Ersatzverpflichtung aus §§ 307, 309 BGB trete nicht an die Stelle der verbotenen oder unmöglichen Leistung, sondern eröffne ein gänzlich neues Schuldverhältnis. Zum Stellenwert der Regeln über die anfängliche Unmöglichkeit im Rahmen der Wahlschuld siehe Manfred Wolf in Soergel12, § 265 Rn 5, § 307 Rn 7; Thode in MünchKommBGB3, § 307 Rn 12. 1558 Vgl Gemhuber Das Schuldverhältnis, 272, 274 f; Manfred Wolf in Soergel12, § 265 Rn 5, 11. Zur Einordnung verweigerter Genehmigungen in das System des deutschen Leistungsstörungsrechts siehe noch S 602 ff. 1559 Gemhuber Das Schuldverhältnis, 667. 1560 So Gemhuber Das Schuldverhältnis, 272. 1561 § 5 Abs 2 des Münzgesetzes vom 30.8.1924 (RGBl II, 254) sah ein Anschlußverhältnis von 1 Billion Mark = 1 Reichsmark vor, so daß vorbehaltlich einer etwaigen Aufwertung der Primäranspruch in deutscher Währung vollkommen wertlos geworden war.
262
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
berief sich dabei auf § 2 6 3 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift bestimmt für die Wahlschuld, daß die gewählte Leistung, ex post betrachtet, als die von Anfang an allein geschuldete gilt. Kraft dieser rückwirkenden gesetzlichen Fiktion wird der Schuldner unwiderruflich von der nicht gewählten Leistung befreit, ganz so als ob er sie niemals geschuldet hätte. 1 5 6 2 Das R G hielt jedoch dafür, daß nach Lage der Dinge statt einer Wahlschuld auch eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers erwogen werden könne, auf die die Vorschrift des § 2 6 3 Abs. 2 B G B keine Anwendung finde. 1 5 6 3 Nun wurde und wird andererseits immer wieder betont, die Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch Erklärung des Gläubigers habe rechtsgestaltende Wirkung, da durch sie an die Stelle der ursprünglich geschuldeten Leistung mit Wirkung für die Zukunft eine andere trete. 1 5 6 4 Nach dieser Lesart müßte an sich mit der Erklärung des Gläubigers, er verlange die Ersatzleistung, nur noch diese Ersatzleistung den Gegenstand der Schuld bilden; zwar mit Wirkung ex nunc, aber doch in unwiderruflicher Weise. 1 5 6 5 Schließlich ist Gestaltungsrechten die Unwiderruflichkeit wesenseigen. 1566 Was das Reichsgericht unter Hinweis auf den im Einzelfall zu beobachtenden Parteiwillen und die besondere Ausformung des Schuldverhältnisses erwogen haben mag, ist ein ius variandi dergestalt, daß dem Gläubiger das Recht zu mehrfacher, jeweils ex nunc wirkender Umgestaltung des Schuldverhältnisses zusteht. 1567 Den Hintergrund des vielfach geforderten Blicks auf den konkreten Vertragsinhalt, auf die Interessenlage und auf Treu und Glauben bildet das Unbehagen an den Ergebnissen, hielte man stets den Gläubiger an seiner einmal abgegebenen Wahlerklärung fest. Ein Unbehagen, das sich bei § 2 6 3 Abs. 2 B G B wiederfindet; ja, es war nicht zuletzt die so oft beklagte Interessenwidrigkeit dieser Norm, 1 5 6 8 die die Ausbreitung der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers als praktisch handhabbare Rechtsfigur gefördert hat. 1 5 6 9 Von der jeweiligen Konstruktion - Wahlschuld oder Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Gläubigers - hängt jedoch im Ergebnis nichts aa) Anerkanntermaßen ist § 2 6 3 Abs. 2 B G B durch Partei Vereinbarung abdingbar. 1 5 7 0 Die Kriterien, anhand derer zu ermitteln ist, ob die Vertragschließenden etwas Abweichendes festgelegt haben, unterscheiden sich nicht von denen, die bei Beurteilung des konkreten Inhalts einer Ersetzungsbefugnis des Gläubigers heranzuziehen sind. 1571 Unterschiede lassen sich auch nicht im Hinblick auf die Befugnis zur Ausübung der Option feststellen. Bei divergierenden Kurs-
Selb in Staudinger13, § 263 Rn 8. RGZ 136, 127,130; ebenso etwa KG NJW 1957, 105, 106; zust Keller in MünchKomm-BGB3, § 263 Rn 7; Al f f m RGRK-BGB, § 263 Rn 7. 1564 Manfred Wolf in Soergel12, § 262 Rn 20; Gernhuber Das Schuldverhältnis, 667; Larenz SchuldR I, 161; Keller in MünchKomm-BGB3, § 262 Rn 9. 1565 Gernhuber Das Schuldverhältnis, 668. 1566 Selb in Staudinger13, § 263 Rn 2; Siber in Planck4, § 263 Anm 1. 1 5 6 7 Vgl auch OLG Celle NJW 1949, 223, 224; Ziegler AcP 171 (1971) 193, 210 f; Alff in RGRKBGB, § 262 Rn 7; Gernhuber Das Schuldverhältnis, 267, 668; Siber in Planck4, Vorbem zu §§ 262265 Anm III 2.b. 1 5 6 8 Anstoß erregte nicht allein die Unwiderruflichkeit der Wahlerklärung, sondern auch die Fiktion der Rückwirkung; siehe dazu die streckenweise stark polemischen Ausführungen von Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 210 ff; ferner Ziegler AcP 171 (1971) 193, 201. 1569 Ziegler AcP 171 (1971) 193, 201, 214 f. 1 5 7 0 RGZ 132, 9, 14; 136, 127, 130; RG LZ 1923, Sp. 493 f; Manfred Wolf in Soergel12, § 263 Rn 1; Alff in RGRK-BGB, § 263 Rn 6; Keller in MünchKomm-BGB3, § 263 Rn 6; A. Werner in Staudinger10'11, $ 263 Rn 16. Vgl nur A. Werner in Staudinger10'11, Vorbem zu §§ 262-265 Rn 17. 1562
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§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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verlaufen kann der Berechtigte jeweils zu Gunsten der für ihn vorteilhafteren Währung votieren, 1 5 7 2 sofern der Vereinbarung nichts anderes zu entnehmen ist. 1573 Schranken setzt nur § 242 BGB. So hat das R G in mehreren Urteilen erwogen, ob nicht die Entscheidung zu Gunsten einer ausländischen Währung als Ausbeutung der seinerzeit schlechten deutschen Währungsverhältnisse oder der Notlage der anderen Vertragspartei zu werten war und daher gegen Treu und Glauben verstieß. 1574 Wie die Option rechtlich einzuordnen war, spielte dabei keine Rolle. Festzuhalten bleibt der auch von der Rechtsprechung nie vernachlässigte 1575 dogmatische Unterschied: Bei der Wahlschuld sind - ex ante betrachtet - zwei oder mehrere Währungen Schuldwährungen, die Konzentration der Geldschuld auf einen bestimmten Leistungsgegenstand erfolgt erst durch die Wahlerklärung. Die Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Gläubigers ist dagegen von Anfang an bestimmt und kennt stets nur eine Schuldwährung. Mischkonstruktionen, z.B. eine rückwirkende Ersetzungsbefugnis, die man als einseitige Schuldumwandlung bezeichnen mag, bleiben den Vertragschließenden jedoch unbenommen. (b)
Zahlungswährung
Eine Option, die auf die Zahlungswährung zielt, ist begriffsnotwendig nur zu Gunsten des Schuldners denkbar. Übt der Gläubiger ein ihm eingeräumtes Wahlrecht aus und verlangt Zahlung in einer bestimmten Währung, steht dem eine entsprechende Verpflichtung des Schuldners gegenüber. 1576 Betroffen wäre mithin bereits die Schuldwährung. Die zu Gunsten des Schuldners vereinbarte Option, statt der Schuldwährung eine andere Währung zu leisten, stellt nach deutschem Recht eine Ersetzungsbefugnis dar. Pescatore umschreibt die Ersetzungsbefugnis zutreffend als „einfache Verpflichtung mit alternativer Ermächtigung des Schuldners". 1577 Dem Schuldner ist gestattet, sich durch Erbringung einer nicht geschuldeten Leistung von seiner Verbindlichkeit zu lösen. Der hier befürworteten Einordnung liegt die bereits verschiedentlich zum Ausdruck gebrachte These zugrunde, daß die Geldschuld nicht die Verschaffung abstrakter Vermögensmacht schlechthin zum Inhalt hat, sondern stets auf Vermögensmacht in bestimmter währungsmäßiger Ausprägung gerichtet ist. Erst die Währung konstituiert den Schuldgegenstand. Der Schuldner, der Einheiten einer anderen als der vom Gläubiger zu fordernden Währung leistet, erbringt nicht die geschuldete Leistung, sondern ein aliud. 1578 Der vor allem in der Vergangenheit anzutreffenden Ansicht, es gehe nur um den Ausdruck, die
157Z RGZ 152, 213, 218; RG JW 1921, 231; 1926, 2675; RG WamR 1921 Nr 134 (163, 164); W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 46; X. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 9. 1573 Ein solcher Fall findet sich zB in Nr 14 2 Sparkassen-AGB; dazu im Einzelnen S 267 f. 1574 RG JW 1921, 231; RG WarnR 1921 Nr 134 (163, 164); siehe ferner RGZ 100, 79, 82. 1575 Als Beispiele seien neben RGZ 136, 127 ff noch erwähnt RG LZ 1923, Sp. 493 f und RG Recht 1928, 583 Nr 2249. 1576 Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 259 ff; Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 244; A Werner in Staudinger10'11, Vorbem zu §§ 262-265 Rn 11. 1577 Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 281. 1578 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 133; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 73; Grothe IPRax 1994, 346, 347; Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Form der Schuld bzw. um bloße Zahlungsmodalitäten,1579 kann nicht beigepflichtet werden. Modalitäten von Schuld und Zahlung liegen zwar vor, wenn die Entscheidung zwischen Bargeld und Buchgeld in Rede steht.1580 Die Geldschuld aber von ihrer währungsmäßigen Ausprägung zu abstrahieren ist unmöglich.1581 „Eine Geldmenge ist ohne die währungsmäßige Formung nicht vorhanden, auch nicht als Gedankengebilde vorhanden, und es gehört diese Formung zu ihrem Wesen."1582 Der „Nennbetragscharakter der normalen Geldschuld" führt zu keiner gegenteiligen Wertung.1583 Nur über die Anzahl der geschuldeten Währungseinheiten trifft das geldschuldrechtliche Nominalwertprinzip eine Aussage. Im übrigen ist die vom wirtschaftlichen Wert des Geldes losgelöste Konstanz der Geldsumme eine Denkfigur, die notwendigerweise eine bestimmten Währung als Maßstab erfordert. Nicht „Geld allgemein", sondern die Existenz staatlicher Rechnungseinheiten wie DM, US-Dollar etc. bildet die Grundlage für die Ausbildung des Nennwertprinzips im Schuldrecht. Wird die Währung, aus welchem Rechtsgrund auch immer, ausgetauscht, ist zwar eine Umrechnung möglich. Doch handelt es sich dabei um einen Akt der Bewertung, der Nominalismus ist durchbrochen. Geschuldet wird die Ersatzleistung vorbehaltlich § 242 BGB1584 auch dann nicht, wenn der Schuldner seinem Gläubiger erklärt, nunmehr diese erbringen zu wollen.1585 Der Gläubiger hat stets nur Anspruch auf die ursprüngliche Währung. Vor der durch tatsächliche Leistung erfolgenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis1586 ist das Schuldverhältnis allein nach den Regeln abzuwickeln, die für die ursprüngliche Währung gelten.1587 Die Ersetzungsbefugnis ist ein unselbständiges Gestaltungsrecht, das erst mit seiner Ausübung schuldrelevant wird.1588 Zahlt der Schuldner in Einheiten der Ersatzwährung, soll auf Grundlage einer im Schrifttum vertretenen Auffassung zur Ersetzungsbefugnis allgemein das Schuldverhältnis nach § 362 Abs. 1 BGB erlöschen.1589 Dahinter verbirgt sich die Überlegung, die Ersatzleistung sei zwar nicht geschuldet, wohl aber mit Solutionswirkung
1579 RGZ 101, 312, 313; 108, 337, 338; KG JFG 1, 470, 473; Siber in Planck4, § 244 Anm 1; W. Mayer Valutaschuld, 79; Bamberger Valutaschuld, 11 Fn 1, 12; Brodmann JW 1921, 441; aus neuerer Zeit Esser/E. Schmidt SchuldR 1/1, 235; Gernhuber Das Schuldverhältnis, 660. 1580 Oben § 2 II.3.b). 1581 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 133; K. Schmidt in Staudinger13, S 244 Rn 73; ähnlich Birk RIW 1973, 425, 426. 1582 Karl Neumeyer aaO. 1583 So aber Esser/E. Schmidt SchuldR 1/1, 235. 1584 Siehe näher S 543 ff. 1585 Gernhuber Das Schuldverhältnis, 665; harem SchuldR 1,160. 1586 Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 43; Larenz SchuldR I, 160; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 9; Bisweilen wird ein den Annahmeverzug begründendes Angebot als ausreichend betrachtet (Gernhuber aaO ); im übrigen können die Parteien natürlich bestimmen, von welchem Zeitpunkt an (zB dem einer Ersetzungserklärung) die Option als ausgeübt gilt; siehe RG WarnR 1916 Nr 158 (248, 249 f); RG JW 1928, 2834; 1928, 2836. Genauer wäre es jedoch, bei Vereinbarung vorgelagerter Zeitpunkte von einem Recht des Schuldners zur Umwandlung des Geldschuldverhältnisses zu sprechen, da seinem Recht nach Ausübung der Option eine entsprechende Pflicht gegenüber steht. 1587 Zur Abgrenzung und zu den Rechtsfolgeunterschieden zwischen Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Schuldners siehe die Ausführungen zu § 244 BGB, S 500 ff, 543 ff. 1588 Gernhuber Das Schuldverhältnis, 663. 1589 Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 282 f; Larenz SchuldR I, 160.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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ausgestattet. 15,0 Der BGH steht demgegenüber auf dem Standpunkt, Erlöschensgrund bei der Ausübung einer Ersetzungsbefugnis sei § 364 Abs. 1 BGB; es liege eine bei Vertragsschluß vereinbarte Leistung an Erfüllungs Statt vor.1591 Mit Recht vermißt der BGH einen inneren Grund dafür, „warum die Hingabe einer anderen als der eigentlich geschuldeten Leistung rechtlich verschieden beurteilt werden soll, je nachdem, ob die Parteien sich über die Befugnis des Schuldners hierzu von vornherein oder erst bei der Erfüllung selbst geeinigt haben" 1592 (c)
Berechnungswährung
Wieder anders liegen die Dinge, wenn die Währungsoption weder die Schuldwährung noch die Zahlungswährung betrifft, sondern die sog. Berechnungswährung zum Gegenstand hat. Allein die Höhe der Schuld steht in derartigen Fällen in Rede. Der Begünstigte (Gläubiger oder Schuldner) darf wählen, welche Währung den Maßstab dafür bilden soll, jene Anzahl Einheiten der Schuldwährung zu ermitteln, die der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann („1000 US-Dollar oder 1.500 DM, jeweils zahlbar in Ffr"). Weil keine der alternativ genannten Berechnungswährungen geschuldet wird, die Schuldwährung vielmehr von vornherein bestimmt ist, scheidet die Annahme eine Wahlschuld i.S.d. § 262 BGB aus (sei es denn, das Wahlrecht wäre ausnahmsweise ein doppeltes, bezöge sich also neben der Berechnungswährung auch auf den Leistungsgegenstand). Die Situation, daß die Parteien den Gegenstand der Schuld festgelegt, den Umfang der Verpflichtung jedoch der Bestimmung durch einen der Vertragschließenden überantwortet haben, ist an sich die des § 315 BGB.1593 Nach Gemhuber soll jedoch eine Schuld mit Bestimmungsvorbehalt in den Fällen nicht anzunehmen sein, in denen der Gläubiger die Höhe einer Geldschuld nach verschiedenen Methoden berechnen darf.1594 Könne etwa nach § 26 BRAGO zwischen angemessener Stücklizenzgebühr und Herausgabe des Verletzergewinns1595 gewählt werden, gehe es nicht im eigentlichen Sinn um die Höhe der Leistung. Ist dagegen eine Partei befugt, über die Währung zu entscheiden, anhand derer sich die Schuldhöhe bemißt, verhält es sich anders. Ob derartige Abreden aber nun vom Typus her bei § 315 BGB angesiedelt werden oder nicht, dürfte in der Praxis letztlich keine Rolle spielen. Im Vordergrund steht wie schon bei §§ 262 ff. BGB die Frage nach der Bindung des Wahlberechtigten an die einmal getroffene Entscheidung. Die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB ist als Ausübung eines Gestaltungsrechts unwiderruflich. 159 ' Insoweit gilt nichts anderes als bei § 263 Abs. 2 BGB. Doch auch im Rahmen des § 315 BGB sind die Parteien berechtigt,
1590
Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 283. BGHZ 46, 338, 342; ebenso Zeiss in Soergel12, § 364 Rn 1 f; Heinrichs in MünchKomm-BGB 2 , § 364 Rn 2; Olzen in Staudinger13, § 364 Rn 17. 1592 BGHZ 46, 338, 342. 1593 Zur Abgrenzung zwischen Wahlschuld und Schuld mit Bestimmungsvorbehalt siehe Gernbuber Das Schuldverhältnis, 257 f; Manfred Wolf in Soergel12, § 315 Rn 62; Maduk in Staudinger13, § 315 Rn 29. 1594 Gernbuber Das Schuldverhältnis, 258 unter Hinweis auf BGH NJW 1966, 823, 826; OLG Stuttgart NJW 1970, 287, 288. 15 " BGH NJW 1966, 823, 826. 1596 Manfred Wolf in Soergel12, § 315 Rn 43; Mayer-Maly in Staudinger12, § 315 Rn 64; Gottwald in MünchKomm-BGB 3 , § 315 Rn 22; Maduk in Staudinger13, § 315 Rn 54. 1591
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Abweichendes zu vereinbaren, insbesondere ein ius variandi zu begründen. 15 ' 7 Die Interessenlage, auf die sich die gebotene normative Auslegung zu stützen hat, ist keine andere als die bei der Wahlschuld. Und selbst das in § 315 BGB aufgestellte Billigkeitserfordernis, das allerdings in den hier interessierenden Konstellationen nur in Extremsituationen eine Korrektur ermöglicht, findet sich bei der Wahlschuld wieder. (3)
Auslegung
Welche rechtliche Gestaltung einer Währungsoption im konkreten Einzelfall zugrunde liegt, ist Auslegungsfrage. Eindeutig eine Wahlschuld wird begründet, soweit S 27 ADSp zur Anwendung gelangt: „Der Spediteur ist berechtigt, von ausländischen Auftraggebern oder Empfängern nach seiner Wahl Zahlung in ihrer Landeswährung oder in deutscher Währung zu verlangen". Ebenso verhält es sich bei § 28 S. 1 ADSp. 1598 (a)
N r 13 S. 1 Sparkassen-AGB
Keine Wahlschuld, sondern eine Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Schuldners 1599 begründet dagegen N r 13 S. 1 Sparkassen-AGB. 1600 Danach darf die Sparkasse Geldbeträge in ausländischer Währung mangels ausdrücklicher gegenteiliger Weisung des Kunden in Deutscher Mark gutschreiben, sofern sie nicht für den Kunden ein Konto in der betreffenden Währung führt. 1601 Der Herausgabeanspruch des Kunden aus §§ 675, 667 BGB geht stets auf Gutschrift in der Währung, in der die Sparkasse den fraglichen Betrag erhalten hat. 1602 Es gilt der Grundsatz währungsmäßiger Stoffgleichheit zwischen erlangtem und herauszugebendem Betrag. 1603 Mit erfolgter Gutschrift in deutscher Währung erlischt der Herausgabeanspruch nach § 364 Abs. 1 BGB durch Leistung an Erfüllungs Statt. 1604 Es besteht fortan allein ein Anspruch aus der Gutschrift (unter Berücksichtigung der Kontokorrentabrede), und dieser im Wege der Novation entstandene Zahlungsanspruch, der rechtlich bei §§ 780, 781 BGB einzuordnen ist, 1605 lautet auf deutsche Währung. Der Konstruktion eines Rechts der Sparkasse zur Schuldumwandlung, die ebenfalls erwogen wer-
1597
Gottwald in MünchKomm-BGB 3 , § 315 Rn 22. Wortlaut S 308. 1599 Unklarheiten gehen gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Sparkasse. 1600 Ebenso für die inhaltlich entsprechenden alten Fassungen der AGB von Banken (Nr 4 Abs 2) und Sparkassen (Nr 1 Abs 2) von 1988 K. Schmidt in Staudinger12, § 244 Rn 17, 90; Krebs AGBSp/AGB-Banken, Rn 1.19 a. 1601 Zur Umrechnung ist in Satz 2 bestimmt: „Die Abrechnung erfolgt zum amtlichen Geldkurs - bei Fehlen eines solchen zum Marktkurs - des Tages, an dem der Geldbetrag in ausländischer Währung zur Verfügung der Sparkasse steht und von dieser verwertet werden kann"; siehe auch Kumpel WMSonderbeilage 1/1976, 8 zu Nr 4 Abs 1 4 der Banken-AGB von 1976. 1602 Zweifeln läßt sich allerdings daran, ob bereits der auf Gutschrift gerichtete Anspruch gegen die Sparkasse als Zahlungsanspruch anzusehen ist. 1603 Siehe noch S 305 ff. 1604 Zum Anspruch auf Gutschrift gemäß § 667 BGB und zu seiner Erfüllung durch Gutschrift Canaris in Großkommentar-HGB 3 , Bankvertragsrecht Rn 399, 400 ff, 406; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 365 Rn 53, 57 ff. 1605 BGH WM 1971, 110, 11; 1978, 58, 59; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , Bankvertragsrecht Rn 410 ff, 415. 1598
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
267
den könnte,' 606 bedürfte es nur, wenn der Anspruch des Kunden auf Herausgabe von Fremdwährung ansonsten trotz Gutschrift in deutscher Währung fortbestände. Als „Änderungsvorbehalt" muß sich Nr 13 S. 1 Sparkassen-AGB an § 10 Nr 4 AGBG messen lassen, doch bestehen nach Abwägung der Kunden- und der Verwenderinteressen1607 keine Wirksamkeitsbedenken, zumal die Umrechnungsbestimmung des Satzes 2 den Kunden nicht gegenüber § 244 BGB benachteiligt.1608 (b)
Nr 14 S. 2 Sparkassen-AGB
Um eine Ersetzungsbefugnis, allerdings eine solche zu Gunsten des Gläubigers, handelt es sich auch bei Nr 14 S. 2 Sparkassen-AGB. Während Satz 1 eine Effektivklausel statuiert, um zu verhindern, daß der Kunde den in Auslandswährung erhaltenen Kredit gemäß § 244 BGB in deutscher Währung zurückzahlen kann, verfährt Satz 2 umgekehrt. Er schließt keine Ersetzungsbefugnis aus, sondern begründet eine. Die Sparkasse ist hiernach berechtigt, den Kredit jederzeit auf inländische Währung umzustellen, wenn dessen ordnungsgemäße Abwicklung aus von der Sparkasse nicht zu vertretenden Gründen nicht gewährleistet erscheint. Den Hintergrund dieser Bestimmung bildet der Umstand, daß die Sparkasse, die einen Kredit in fremder Währung vergibt, sich selbst in dieser Fremdwährung refinanzieren muß.1609 Für die Sparkasse geht daher üblicherweise mit der Kreditvergabe eine entsprechende Verbindlichkeit in gleicher Währung einher. Nun sind die Kreditinstitute verpflichtet, dafür zu sorgen, daß ihre Fremdwährungspositionen ausgeglichen sind, ihren Fremdwährungsforderungen also Verbindlichkeiten in gleicher Währung und etwa gleicher Höhe gegenüberstehen.1610 Kann der Kreditnehmer seine effektive Valutaschuld (Nr 14 S. 1), etwa aus devisenrechtlichen Gründen, nicht termingerecht erfüllen, muß sich daher die Sparkasse zur Erfüllung ihrer eigenen Fremdwährungsverbindlichkeiten anderweitig eindecken. Geschieht dies, benötigt sie von ihrem Kunden keine Fremdwährung mehr und
1606
Vgl Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 90. Zur Zumutbarkeit von Änderungsvorbehalten allgemein Manfred Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 10 Nr 4 Rn 14 ff. 1608 Lange Zeit ist der Geldeingang in ausländischer Währung von den AGB der Sparkassen und denen der Banken weitgehend wortgleich behandelt worden. Die Banken-AGB in der Fassung von 1993 (siehe dazu etwa Sonnenhol WM 1993, 677; Merkel WM 1993, 725 ff) enthalten jedoch keine der Nr 13 Sparkassen-AGB entsprechende Bestimmung mehr. Statt dessen ist nun in Nr 10 Abs 2 Banken-AGB bestimmt, die Bank werde ihre Fremdwährungsverbindlichkeiten durch Gutschrift auf dem Konto des Kunden in dieser Währung erfüllen, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist. Die Regelung betrifft freilich unmittelbar nur Fremdwährungsgeschäfte mit dem Kunden. Welcher Bedeutungsgehalt ihr auch immer zukommen mag, bei Eingang von Fremdwährungsbeträgen in Fällen, in denen der Kunde kein Valutakonto führt und auch keine gegenteilige Weisung erteilt hat, wird man Banken nach wie vor als berechtigt ansehen haben, eine Gutschrift in deutscher Währung zu erteilen. Man mag hierzu auf § 244 BGB rekurrieren oder eine (konkludent getroffene) Abweichung von Nr 10 Abs 2 Banken-AGB als vereinbart anzusehen; siehe auch Horn in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 23 Rn 691. 1609 Zur Rechtfertigung derartiger Ersetzungsbefugnisse der Kreditinstitute siehe BGH NJW 1980, 2017, 2018; Kümpel WM-Sonderbeilage 1/1976, 17; Krebs AGBSp/AGB-Banken, Rn 33.4.; im übrigen S 252 f. 1610 Kümpel aaO; siehe ferner die zu S § 10, 10 a, 11 KWG vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bekanntgegebenen Grundsätze über das Eigenkapital und die Liquidität der Kreditinstitute idF vom 29.12.1992 (BAnz Nr 245), Grundsatz 1 a; dazu etwa BähretSchneider KWG, § 10 Anm 10. 1607
268
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
soll deshalb selbst (nicht etwa der Kunde nach § 244 BGB) berechtigt sein, statt ausländische Währung deutsche Währung zu fordern. Soweit diese Befugnis bisweilen als Umwandlungsrecht bezeichnet wird," 11 dürfte es sich nur um eine terminologische Abweichung zur hier vertretenen Einordnung handeln und an der Begrifflichkeit der BankenAGB in ihrer alten Fassung orientiert sein. Insbesondere sollen im Falle der Ausübung des Rechts aus Nr 14 S. 2 Sparkassen-AGB Einheiten der deutschen Währung nur mit ex nuncWirkung den Schuldgegenstand darstellen. Vertreten wird jedoch auch die Auffassung, die Befugnis der Sparkasse bilde ein Leistimgsbestimmungsrecht i.S.d. § 315 BGB.1612 Indes steht hier kein Leistungsgegenstand in Rede, der bei Begründung der Schuld noch unbestimmt ist, sondern ein von Anfang an bestimmter Leistungsgegenstand, der allerdings unter gewissen Umständen vom Gläubiger durch einen anderen ersetzt werden darf. Ähnlichkeiten mit § 315 BGB bestehen nur auf der Rechtsfolgeseite, nämlich insofern, als die Ausübung der Ersetzungsbefugnis nicht im freien Belieben der Sparkasse steht, sondern nur zu dem Zweck erfolgen darf, die Sparkasse vor den skizzierten Schwierigkeiten zu schützen, die eine Leistungsstörung bei der Darlehensrückzahlung verursachen kann.1613 Die formularmäßige Vereinbarung einer weitergehenden Ersetzungsbefugnis, die nicht in diesem Sinne Einschränkungen enthielte und es der Sparkasse erlauben würde, den Schuldgegenstand allein zur Erzielung von Kursvorteilen zu ändern, wäre wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam.1614 Denn der Kunde verfolgt seinerseits mit dem Valutakredit Zwecke, wie z.B. den der Kurssicherung für erwartete Zahlungseingänge bei Exportgeschäften, deren Erfüllung gefährdet sein könnte, wenn er den Kredit in deutscher Währung zurückzahlen müßte. 1615 (c)
Subsidiäre Auslegungsregel
Mann geht für die weitere Auslegung davon aus, es kennzeichne die Wahlschuld, daß die alternativ mit Tilgungswirkung ausgestatteten Währungen von Anfang an auf gleicher Ebene stehen, so daß keine von der anderen abhängt.1616 Daraus folgert er, daß eine Option auf die Schuldwährung anzunehmen sei, wenn es heißt „1.000 Pfund Sterling in London oder in New York zum festen Kurs von 1,5 US-Dollar je Pfund". Dagegen habe die Option bei der Formulierung „1.000 Pfund Sterling in London oder in Dollar zum Tageskurs" die Zahlungswährung zum Gegenstand.1617 Auf Basis dieser Lesart werden jedoch die Konturen zwischen Schuldwährung, Zahlungswährung und Berechnungswährung im hier verstandenen Sinne verwischt.1618 Für die Auslegung kann es nicht darauf ankommen, ob die Anzahl der wahlweise vereinbarten Währungseinheiten bereits bei Vertragsschluß fest1611
So etwa BGH NJW 1980, 2017, 2018; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 91. Canaris in Großkommentar-HGB 3 , Bankvertragsrecht Rn 2560; Baumbach/Hopt HGB, Nr 3 Banken-AGB Anm 1. 1613 Kumpel WM-Sonderbeilage 1/1976, 17; Schlenke Geschäftsbedingungen, 148; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 91; eine Pflicht zur Zahlung in einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Währung mag sich bei Leistungsstörungen auch aus § 242 BGB ergeben. 1614 Schlenke Geschäftsbedingungen, 148. 1615 Kumpel WM-Sonderbeilage 1/1976,17. 1616 Mann Recht des Geldes, 162. m? Mann Recht des Geldes, 162 Fn 18, 165 Fn 161; zust W. Braun Geldwertsicherung, 71. 1618 Zu den von der hier vertretenen Terminologie abweichenden Begrifflichkeiten Manns siehe S 5 ff. 1612
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
269
steht oder von der künftigen Kursentwicklung abhängt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Gläubiger Zahlung in beiden der alternativ genannten Währungen verlangen kann, ob der Schuldner auch ohne vorherige Wahlerklärung des Gläubigers die Möglichkeit zur Erfüllung besitzt (vgl. aber § 264 Abs. 2 BGB) oder ob der Schuldner gar zur Leistung einer Währung befugt ist, auf die der Gläubiger zu keiner Zeit Anspruch hat. Läßt sich das Gewollte im Einzelfall auch unter Berücksichtigung des mit dem Wahlrecht verfolgten wirtschaftlichen Zwecks nicht eindeutig ermitteln,1619 kann als Auslegungsregel gelten, daß ein Wahlrecht zu Gunsten des Gläubigers im Zweifel als Wahlschuld und ein Wahlrecht zu Gunsten des Schuldners im Zweifel als Ersetzungsbefugnis vereinbart ist.1620 Die erstgenannte Annahme gründet sich nicht nur auf den Umstand, daß allein die Wahlschuld vom Gesetz eine dispositive und modellhafte Regelung erfahren hat, sondern auch darauf, daß die Wahlschuld bei alternativen Währungsklauseln zu Gunsten des Gläubigers international den größten Verbreitungsgrad aufweist und vor Ausübung der Option den stärksten Schutz gewährt. Die Auslegungsregel bei Schuldnerwahlrechten beruht auf der Gestaltung des § 244 BGB, der nach h.M. gerade keine Wahlschuld begründet.1621 Läßt sich zwar die Person des Begünstigten nicht einwandfrei feststellen, liegt jedoch ersichtlich eine Wahlschuld vor, ist auch ohne zusätzliche Anhaltspunkte anzunehmen, daß das Wahlrecht dem Gläubiger zustehen soll.1622 Dies erscheint deshalb nicht ganz unproblematisch, weil § 262 BGB den gegenteiligen Standpunkt einnimmt und das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner gewährt.1623 Doch ist die Interessenwidrigkeit der gesetzlichen Regelung schon kurz nach Inkrafttreten des BGB deutlich geworden.1624 Ihre praktische Unbrauchbarkeit wird heute nicht mehr bestritten.1625 Statt dessen betonen Rechtsprechung und Schrifttum überdeutlich, daß die Rechtsfolge des § 262 BGB auch stillschweigend ausgeschlossen werden könne, wobei der entsprechende Wille der Vertragsparteien sich aus Sinn und Zweck des Vertrages bzw. der Natur des in Frage stehenden Rechtsverhältnisses ergebe.1626 Hat die Wahlschuld unterschiedliche Währungen zum Gegenstand, steht typischerweise der Gedanke der Wertsicherung im Vordergrund. Das rechtfertigt es in der Tat, im Regelfall ein Wahlrecht zu Gunsten des Gläubigers anzunehmen.
1619 Eindeutig eine Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Gläubigers lag vor in RG WarnR 1921 Nr 134 (163 f); RG LZ 1923, Sp. 493 f und RG Recht 1928 Nr 2249 (583). Dort war jeweils für die Rückerstattung eines in deutscher Währung hingegebenen Darlehens vereinbart, daß alle Zahlungen in Mark zu entrichten seien, der Schuldner jedoch auf Verlangen des Gläubigers in holländischer Währung zu leisten habe. 1620 K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 9. 1621 Eingehend S 500 ff. 1622 RGZ 168, 240, 247; ferner RGZ 152, 213, 218; RG JW 1926, 2675; W. Weber in Staudinger10"1, § 244 Rn 4; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 9. 1623 Nach überwiegender Auffassung ist § 262 gleichzeitig Auslegungsregel und ergänzende Dispositivnorm; Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 165; Enneccerns/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 37; Keller in MünchKomm-BGB3, § 262 Rn 1; Selb in Staudinger13, § 262 Rn 12; Manfred Wolf in Soergel12, § 262 Rn 26; aA (nur Auslegungsregel) Alff in RGRK-BGB, § 262 Rn 8; A. Werner in Staudinger10'11, § 262 Rn 2; Siber in Planck4, § 262 Anm 1. Nach hM hilft § 262 also auch dann, wenn die Parteien die Bestimmung des Begünstigten offengelassen haben. 1624 Zur Situation im gemeinen Recht Pescatore Die Wahlschuldverhältnisse, 3. 1625 Siehe nur Ziegler AcP 171 (1971) 193, 210; Selb in Staudinger13, § 262 Rn 1, 12. 1626 RGZ 168, 240, 247; RG JW 1920, 373 f; KG HRR 1928 Nr 821; Ziegler AcP 171 (1971) 193, 212 f; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 43; vgl auch Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn D 284.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
270
2.
G e n e h m i g u n g s e r f o r d e r n i s n a c h § 3 S. 1 W ä h r G
Nach § 3 S. 1 W ä h r G dürfen Geldschulden nur mit Genehmigung der für die Erteilung von Devisengenehmigungen zuständigen Stelle (gemäß S 4 9 Abs. 2 A W G ist dies die Deutsche Bundesbank) 1 6 2 7 in einer anderen Währung als in Deutscher Mark eingegangen werden. Es handelt sich um ein repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, 1628 dessen Zielsetzung heute nicht mehr devisenrechtlicher, 1629 sondern allein währungsrechtlicher Natur ist. Die Begründungen im Einzelnen differieren zwar, 1 6 3 0 im wesentlichen geht es jedoch darum, Funktionsfähigkeit und Stabilität der deutschen Währung zu sichern. In diesem Zusammenhang ist auch § 3 S. 2 WährG zu erwähnen, der u.a. bestimmte Valutawertschulden 1 6 3 1 der Genehmigungspflicht unterwirft und insoweit leerzulaufen drohte, wenn es den Parteien ohne weiteres möglich wäre, mittels Fremdwährungsverbindlichkeit den gleichen Sicherungseffekt zu erzielen. Vor dem Hintergrund der genannten Schutzzwecke ist § 3 S. 1 W ä h r G als Eingriffsnorm i.S.d. Art. 3 4 E G B G B zu qualifizieren, so daß sich die Vorschrift auch gegenüber einem ausländischen Recht als Schuldstatut durchsetzt.
a)
Voraussetzungen
aa)
Schuldtypbezogen
Genehmigungsbedürftig nach § 3 S. 1 WährG sind alle durch Rechtsgeschäft begründeten Valutaschulden im hier definierten Sinne. Dies freilich bedarf in mehrerlei Hinsicht der Erläuterung und Präzisierung. S 3 S. 1 W ä h r G spricht von Geldschulden, die „eingegangen werden". Schon vom Wortlaut her sind gesetzlich entstandene Valutaschulden mithin genehmigungsfrei. Dies schließt konsequenterweise Fremdwährungsverbindlichkeiten ein, deren Entstehung zwar ein Rechtsgeschäft voraussetzt, die selbst aber nicht Gegenstand einer Willensübereinkunft sind, sondern (wie z.B. §§ 6 6 7 , 6 7 0 BGB) durch vertragsergänzende Dispositivnormen begründet werden. Keiner Genehmigungspflicht unterliegen auch Fremdwährungsverbindlichkeiten, auf die sich der Vertragswille bezieht, sofern sie sich der Sache nach darin erschöpfen, den Inhalt einer zwingenden oder dispositiven Gesetzesbestimmung zu wiederholen oder sogar hinter ihr zurückbleiben. Ohne daß hierzu eingehende Normzwecküber1 6 2 7 Diese wiederum handelt idR durch die Landeszentralbanken; Grämlich BBankG, § 8 Rn 9 ff; ders WährG, § 3 Rn 16, 19; vgl auch Nr 8 der Mitteilung Nr 1015/78 der Deutschen Bundesbank (BAnz Nr 109): „Genehmigungsanträge nach § 3 des Währungsgesetzes ... sind bei der zuständigen Landeszentralbank einzureichen". 1 6 2 8 BVerwGE 41, 1, 5, 7; Mathar Wertsicherungsverbot und Grundgesetz, 61 ff; Grämlich WährG, § 3 Rn 20; v. May dell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 31; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 5; aA Fögen Geld- und Währungsrecht, 153. 1629 Seetzen AWD 1969, 253, 256 stellt dagegen darauf ab, daß sich die Vorschrift devisenrechtlich auswirken kann. Für ihre Interpretation läßt sich daraus freilich nichts ableiten. Auch nach Art VIII Abschn. 2 b des IWF-Abk ist zur Annahme einer „Devisenkontrollbestimmung" nicht genügend, daß eine Norm sich zahlungsbilanzrelevant auswirkt. 1 6 3 0 Einzelheiten S 167 ff. 1 6 3 1 Erfaßt werden nur diejenigen Valutawertschulden, deren Betrag in deutscher Mark vom künftigen Kurs einer Fremdwährung abhängt; BGH NJW 1953, 1912, 1913; v. Maydell in MünchKommBGB3, S 244 Rn 38; v. Hoffmann/Pauli IPRax 1985, 13, 15.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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legungen angestellt werden müßten, folgt dies zwanglos aus dem Umstand, daß an die Stelle der anderenfalls nichtigen Vertragsregel die inhaltsgleiche oder weitergehende Gesetzesbestimmung treten würde. 1 6 3 2 Als eine die Vertragsfreiheit beschränkende Norm ist § 3 S. 1 WährG zwar seiner Zwecksetzung entsprechend, im übrigen aber eng auszulegen. 1633 Entscheidend kommt es weiter darauf an, ob ausländische Währungseinheiten wirklich den Gegenstand einer Zahlungsverbindlichkeit bilden. Handelt es sich nicht um eine Geldschuld, sondern etwa um eine Valutasachschuld, greift § 3 S. 1 WährG nicht ein. 1 6 3 4 Weil die Norm andererseits allein an die Schuldwährung anknüpft, spielt es keine Rolle, ob eine effektive oder eine einfache Fremdwährungsverbindlichkeit vorliegt. 1635 Unzutreffend deshalb BAG N J W 1 9 9 6 , 7 4 1 , 7 4 2 , wo es wörtlich heißt: „Es handelt sich hier um einen Anspruch auf Aufwendungsersatz und damit um eine einfache Fremdwährungsschuld, auf die § 3 WährungsG nicht anwendbar ist". Wenn der Entscheidung im Ergebnis gleichwohl beizupflichten ist, dann deshalb, weil der vertragliche Aufwendungsersatz in casu nur S 6 7 0 B G B bestätigte. Vorausgesetzt wird nicht, daß die Valutaschuld in irgendeiner Weise wertgesichert ist; diese Frage stellt sich nur im Rahmen von § 3 S. 2 WährG, der auf Fremdwährungsverbindlichkeiten nicht zur Anwendung gelangt. 1 6 3 6 Einer Genehmigung bedarf auch die Wahlschuld, sofern eine der alternativ geschuldeten Leistungen in der Zahlung ausländischen Geldes besteht. 1 6 3 7 Obwohl sich die Wahlschuld ex ante betrachtet 1 6 3 8 als unbestimmt darstellt, ist doch jede der Alternativleistungen von vornherein Gegenstand des Schuldverhältnisses. 1639 Haben die Parteien eine Heimwährungsverbindlichkeit mit einer Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Gläubigers verbunden, derzufolge der Gläubiger statt Heimwährung Fremdwährung verlangen kann, ist die Rechtslage ähnlich. Ohne Genehmigung durch die Deutsche Bundesbank kann die Ersetzungsbefugnis nicht wirksam ausgeübt werden. 1 6 4 0 Zust Mankowski AR-Blattei ES 1996, 340 Nr 15 (5, 8). BGHZ 14, 306, 3 0 8 ; BGH NJW 1962, 1568, 1569; OLG Frankfurt/M. DNotZ 1969, 98; BVerwGE 41, 1, 6; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 8; Hafke WM 1997, 693, 696 (jeweils ausdrücklich zu 2 des § 3 WährG). 1634 U. Reuter Grundbuch, 3 5 ; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 83 Fn 2; zur gleichgelagerten Problematik bei § 3 S 2 WährG etwa K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 218, D 227. Genehmigungsfrei ist somit etwa der sog. Valutakauf, soweit die Fremdwährung den Kaufgegenstand bildet. Entsprechendes gilt für den Devisenhandel; BT-Drucks 3/1285, 264 zu § 4 7 AWG. 1 6 3 5 BGHZ 101, 296, 302 f; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 38; H.J. Hahn Währungsrecht, 368; Grämlich WährG, § 3 Rn 9; Reinhuber Grundbegriffe, 113 f; für einfache Valutaschulden zweifelnd Koenigs DB 1952, 160. Keiner Genehmigung bedarf die DM-Schuld, bei der dem Schuldner erlaubt wird, statt DM Einheiten einer Auslandswährung zu leisten. Freilich ist zu prüfen, ob der Gläubiger die Fremdwährung nicht nach dem Parteiwillen soll verlangen dürfen. Dann nämlich wäre die Fremdwährung Schuldwährung. Zur Umgehungsproblematik bei § 3 WährG siehe K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 203, D 207. 1 6 3 6 BGH RIW 1993, 588, 589. 1637 K. Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 Rn D 215, 2 3 1 ; § 244 Rn 9. 1 6 3 8 Nur darauf kommt es an; § 263 Abs 2 BGB bleibt unberücksichtigt. 1 6 3 9 S 260 ff. 1 6 4 0 Vgl BGHZ 81, 135, 137; BGH NJW 1962, 1568, 1569 (jeweils zu § 3 S 2 WährG); ob die Unwirksamkeit der Ersetzungsbefugnis auf das Schuldverhältnis im übrigen durchschlägt, beurteilt sich nach § 139 BGB. 1632
1633
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
bb) Personenbezogen-territorial In den Anwendungsbereich beider Sätze des § 3 WährG sollen nach herrschender Ansicht von vornherein nur solche Geldschulden fallen, deren Schuldner Gebietsansässiger i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr 5 A W G ist. 1 6 4 1 Begründet wird dies zumeist unter Hinweis auf das öffentlichrechtliche Territorialitätsprinzip und den Wortlaut der Norm. Da § 3 WährG die „Eingehung" bestimmter Geldschulden unter Genehmigungsvorbehalt stelle, könnten nur Verhältnisse des Schuldners tatbestandlich erfaßt sein; der Gläubiger „gehe keine Geldschuld ein". Näher als diese stark gekünstelt wirkende Wortlautinterpretation 1 6 4 2 läge an sich ein Rückgriff auf die Schutzzwecke der Vorschrift. Deren Umsetzung in juristisch handhabbare Kriterien wird jedoch nur selten unternommen, sicher auch weil schon volkswirtschaftlich keine Einmütigkeit darüber herrscht, welche Geldschuldabreden welcher Personen Stabilität und Funktionsfähigkeit der deutschen Währung gefährden können. 1 6 4 3 Für den Rechtsanwender stellen sich diese Fragen nach dem persönlichen Anwendungsbereich des S 3 WährG heute 1 6 4 4 hauptsächlich im Hinblick auf Satz 2 der Vorschrift. Denn § 4 9 Abs. 1 A W G bestimmt unmißverständlich: „§ 3 Satz 1 des Währungsgesetzes findet auf Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden keine Anwendung." 1 6 4 5 Die Norm versteht sich ausweislich ihres Titels als „Anpassungsvorschrift" und trägt der in § 1 A W G vorgesehenen grundsätzlichen Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs Rechnung. 1 6 4 6 Diese Liberalisierung wäre in weiten Teilen gefährdet, wenn grenzüberschreitende Geschäfte in Auslandswährung zwar nicht mehr nach dem AWG, wohl aber nach $ 3 S. 1 W ä h r G einer Genehmigung bedürften. 1 6 4 7 Ob es sich bei den Parteien des Valutaschuldverhältnisses um Gebietsansässige oder Gebietsfremde handelt, hängt nach § 4 Abs. 1 Nr 5 und Nr 7 A W G bei natürlichen Personen von ihrem Wohnsitz oder ihrem gewöhnlichen Aufenthalt (zu interpretieren grundsätzlich anhand der Prinzipien der §§ 8, 9 AO) 1 6 4 8 , bei juristischen Personen und Personengesellschaften von ihrem Sitz oder ihrem Leitungsort ab. Daneben können Zweigniederlassungen und Betriebsstätten von Gebietsfremden Gebietsansässige und solche von Gebietsansässigen Gebietsfremde sein. Bei Zweigniederlassungen kommt es darauf an, ob sie im betreffenden Gebiet ihre Leitung und ihre Buchführung haben, bei Betriebsstätten wird
1 6 4 1 Siehe nur BGH NJW 1996, 3 0 0 1 ; OLG Frankfurt/M. IPRax 1985, 34, 35; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 D 205; Schulze RIW 1962, 89, 90; Seetzen AWD 1969, 253, 2 5 6 f; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 2 3 ; Firsching in Staudinger 10 " 1 , Vor Art 12 EGBGB Rn 3 9 1 ; v. Hoffmann/Pauli IPRax 1 9 8 5 , 1 3 , 15. 1642 Schulze aaO; ferner Seetzen AWD 1969, 253, 256, 257. 1 6 4 3 S 170 ff. 1 6 4 4 Über das Konkurrenzverhältnis zu dem durch das AWG abgelösten Militärregierungsgesetz 53 siehe Schulze RIW 1962, 89, 93. 1645 § Abs 1 AWG verhindert nicht, daß der Umfang des Befreiungstatbestandes im Lichte der Wertungen des § 3 S 1 WährG interpretiert wird; vgl BT-Drucks 3/1285, 2 6 4 (zu § 47), wo es heißt, die Befreiung sei nicht daran gekoppelt, ob eine Genehmigungspflicht nach dem AWG besteht. 1 6 4 6 BT-Drucks 3/1285, 2 6 4 (zu § 47). 1647 Görtz in Hocke/Berwald/Maurer, AWG, Anm zu § 49 AWG. 1 6 4 8 Siehe Haase in Hocke/Berwald/Maurer, AWG, § 4 Anm 4 ; vgl ferner den Runderlaß Außenwirtschaft Nr 7/83 des Bundesministers für Wirtschaft vom 9. Februar 1983 (BAnz Nr 29 vom 11. Februar 1983).
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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ähnlich verfahren und auf ihre Verwaltung abgestellt. 1649 Etwaige Spannungsverhältnisse (eine Vertragspartei könnte gleichzeitig Gebietsansässiger und Gebietsfremder sein) werden bei natürlichen Personen im allgemeinen dergestalt ausgelöst, daß bei mehreren Wohnsitzen der Schwerpunkt und bei räumlicher Divergenz von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt der Wohnsitz entscheidet. 1650 Stehen juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften in Rede, bildet der eigene außenwirtschaftliche Status von Zweigniederlassungen und Betriebsstätten den Anknüpfungspunkt für sachgerechte Ergebnisse. Ergebnisse, die auch eine Rückbesinnung auf den Zweck des § 3 S. 1 WährG, der Schutz der deutschen Währung, zutage förderte. Ausgehend von der These, daß Gefahren für die deutsche Währung durch die unkontrollierte Verbreitung von Valutaschulden daher rühren können, daß Mißtrauen in die Stabilität der deutschen Währung erweckt, Wechselkursverluste an den inländischen Markt weitergegeben und inländische Währungsmaßnahmen in ihrer Effektivität beeinträchtigt werden, käme es auch ohne § 4 A W G darauf an, ob beide Parteien des Valutaschuldverhältnisses bezogen auf das konkrete Rechtsgeschäft selbst oder in Gestalt einer derivativen, aber in gewisser Weise selbständig agierenden Wirtschaftseinheit in das deutsche Wirtschaftsgebiet eingegliedert sind. 1651 Genehmigungsfrei sind sonach Valutaschulden, die durch eine im Ausland befindliche selbständige Wirtschaftseinheit des gebietsansässigen Schuldners begründet und abzuwickeln sind. 1 6 5 2 Ebensowenig wird etwa ein Valutakontrakt zwischen einem deutschen und einem japanischen Unternehmen allein schon dadurch genehmigungspflichtig, daß der japanische Gläubiger in Deutschland über eine Betriebsstätte mit eigener Verwaltung verfügt. Aus den gleichen Erwägungen unterliegen Fremdwährungsverbindlichkeiten zwischen Gebietsfremden, obwohl vom Befreiungstatbestand des § 4 9 Abs. 1 A W G nicht ausdrücklich erfaßt, keiner Genehmigungspflicht. 1653 Jedoch nicht allein, daß es an einer unmittelbaren Schutzgutsauswirkung mangelte; das deutsche öffentliche Recht beansprucht von vornherein nur die Regelung solcher Sachverhalte, die zum Inland eine räumliche (territoriale) oder personale (Staatsangehörigkeit/Sitz) Beziehung besitzen. 1 6 5 4 Ausweislich des Wortlauts der § § 3 S. 1 WährG, 4 9 Abs. 1 A W G soll diese Binnenbeziehung aber nur durch die Gebietsansässigkeit begründet werden können. 1 6 5 5
1 6 4 9 Zum genauen Wortlaut des § 4 Abs 1 Nr 5 (Gebietsansässige) und Nr 7 (Gebietsfremde) siehe Fn 1011 und Fb 1101; Einzelheiten bei Langen AWG, § 4 Rn 10 ff; Haase in Hocke/Berwald/Maurer, AWG, § 4 Anm 4, 5. 1 6 5 0 Dazu Lederer R1W 1981, 463 ff. 1 6 5 1 Anderenfalls wäre die Abwicklung geschäftlicher Transaktionen zwischen zwei in Südamerika belegenen Niederlassungen deutscher Unternehmen in US-Dollar nach § 3 S 1 WährG genehmigungspflichtig, obwohl es sich im Falle zweier Tochtergesellschaften anders verhielte. Gefahren für die deutsche Währung ständen in beiden Konstellationen nicht zu befürchten.
1652
Vgl Schulze RIW 1962, 89, 92.
K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 216; so auch die Einschätzung der DBB, siehe Mitteilung Nr 1009/61 vom 24.8.1961 (BAnz Nr 167): „... macht die Deutsche Bundesbank folgendes bekannt: 1. Vom 1. September 1961 an findet § 3 S 1 des Währungsgesetzes (...) auf Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsfremden keine Anwendung mehr (§ 49 Abs 1 des Außenwirtschaftsgesetzes). 2. ...". 1654 Chr. v. Bar IPR I, Rn 266; Vogel Räumlicher Geltungsbereich, 348, 398 f; Kegel FS SeidlHohenveldem, 243, 246. 1 6 5 5 AM Seetzen AWD 1969, 253, 256; von seinem Standpunkt aus, bei § 3 S 1 WährG handele es sich um eine Vorschrift des Devisenrechts, fragt er zusätzlich, zwischen welchen Staaten sich der 1653
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
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Sind die personenbezogen-territorialen Anwendungsvoraussetzungen der §§ 3 S. 1 W ä h r G , 4 9 Abs. 1 AWG nicht erfüllt, darf die genehmigungsfreie Fremdwährungsverbindlichkeit ohne Einschränkungen des deutschen (!) Rechts beliebig wertgesichert werden. 1 6 5 6 Dies gilt auch für die Begründung einer einfachen Valutaschuld, die dann vom Schuldner nach § 2 4 4 BGB in deutscher Währung getilgt werden kann. 1 6 5 7 § 3 S. 2 W ä h r G , der Wertsicherungsvereinbarungen der Genehmigungspflicht unterwirft, knüpft ebenso wie Satz 1 der N o r m allein an die Schuldwährung an. 1658 Handelt es sich dabei um eine Auslandswährung, bedarf es keiner Genehmigung. Wertungswidersprüche sind zwar unverkennbar, 1 6 5 9 da Valutawertschulden, deren Betrag in D M sich nach dem künftigen Kurs der ausländischen Referenzwährung bemißt, nach § 3 S. 2 W ä h r G genehmigungspflichtig sind und der personale Anwendungsbereich des Satzes 2 über den des Satzes 1 hinausgeht. Doch ist Abhilfe nicht durch (unzulässige) Ausdehnung des § 3 S. 2 W ä h r G auf Fremdwährungsverbindlichkeiten zu schaffen, sondern durch Reduktionen im Bereich der Genehmigungspflicht für Valutawertschulden. 1660
b)
Genehmigungspraxis
aa) Allgemeine Genehmigung Die Mitteilung der Deutschen Bundesbank N r 1009/61, 1661 geändert durch Mitteilung N r 1001/90, 1 6 6 2 über die Eingehung von Verbindlichkeiten in fremder Währung 1 6 6 3 enthält unter N r 2 eine Aufzählung von Valutaschulden, deren Eingehung zwischen Gebietsansässigen „hiermit erlaubt wird". Gestattet ist es danach insbesondere, Fremdwährungskonten zu führen (a) und Fremdwährungskredite aufzunehmen (b), allerdings jeweils nur bei Kreditinstituten. Weiter nennt der Katalog die Begebung von Valutaschuldverschreibungen (i) sowie die Übernahme von Garantien und Bürgschaften im Auftrag von Gebietsfremden oder f ü r Verbindlichkeiten in fremder Währung (f). Daneben erstreckt sich die Erlaubnis auf Valutaschulden zum Erwerb von Edelmetallen und Edelmetallmünzen (c) sowie zum Erwerb von Fremdwährungsforderungen und von ausländischen oder auf fremde Währung lautenden inländischen Wertpapieren (d). Schließlich werden bestimmte Versicherungsverträge (g) (h) und Transithandelsgeschäfte (e) zugelassen. Diese Erlaubnis umfaßt nach N r 3 der Mitteilung jedoch „nicht die Eingehung von Geldschulden in fremder Währung zwischen Gebietsansässigen, wenn ihre H ö h e durch Leistungsvorgang abspielt. Auch Seetzen aber kommt natürlich an § 49 Abs 1 AWG nicht vorbei, so daß seine Ergebnisse sich in starkem Maße den hier vertretenen annähern; zur Problematik bereits S 169 ff. 1656 Eingehend zur rechtsanwendungsrechtlichen Behandlung ausländischer Wertsicherungsverbote S 174 ff. 1657 K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 42; Seetzen AWD 1969, 253, 255; Därkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 22. 1658 Statt aller OLG Frankfurt/M. IPRax 1985, 34, 35. 1659 Siehe nur G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 117. 1660 Seetzen AWD 1969, 253, 255; K. Schmidt in Staudinger", § 244 Rn 42; Reinhuber Grundbegriffe, 128 f unter Hinweis auf die 4. EG-Kapitalverkehrsrichtlinien; dazu noch S 283 ff. 1661 Vom 24.8.1961, BAnz Nr 167; ergangen im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des AWG. 1662 Vom 5.1.1990, BAnz Nr 3. 1663 Genauer Wortlaut bei U. Reuter Grundbuch, 277 f.
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den künftigen Kurs einer anderen als der Vertragswährung, durch den künftigen Goldpreis oder durch den künftigen Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden soll". Natürlich sind auch solche Valutaschulden, wenn sie zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden oder zwischen Gebietsfremden abgeschlossen worden sind, schon nicht genehmigungspflichtig. Einer Erlaubnis, und zwar einer besonderen, bedarf es jedoch, wenn beide Vertragspartner Gebietsansässige sind. Was die skizzierte Erlaubnismitteilung so problematisch macht, ist weniger ihr Inhalt als vielmehr ihre Rechtsnatur. Die Deutsche Bundesbank zielt ersichtlich darauf ab, daß N r 2 und Nr 3 der Mitteilung nicht nur informatorischen Charakter haben, also die auf einen Genehmigungsantrag zu erwartende Reaktion der Behörde kundtun, sondern als „allgemeine Genehmigung" selbst rechtsgestaltend wirken. Da es der Bundesbank für den Erlaß der entsprechenden Rechtsverordnung an der nach Art. 80 GG erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung fehlte, 1664 wäre der mit N r 2 und Nr 3 der Mitteilung eingeschlagene Weg jedoch nur unter der Voraussetzung rechtmäßig, daß es sich dabei um einen Verwaltungsakt in Gestalt der sog. Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 VwVfG) handelte. 1665 Von der abstrakt-generellen Rechtsverordnung unterscheidet sich die „echte" Allgemeinverfügung i.S. der ersten Alternative des § 35 S. 2 VwVfG in zweifacher Hinsicht. Die Maßnahme muß sich dem Wortlaut der Norm zufolge an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richten, und sie muß als Verwaltungsakt eine konkrete Regelung zum Gegenstand haben. 1666 Häufig ergibt sich bereits aus der Beziehung zu einem konkreten Sachverhalt auch die personale Komponente. 1667 Im Falle der Erlaubnismitteilung, wie sie durch die Deutsche Bundesbank bekanntgegeben worden ist, lassen sich diese Anforderungen an eine Allgemeinverfügung nicht feststellen. 1668 Der Adressatenkreis ist weder bestimmt noch bestimmbar; die Gebietsansässigkeit bildet kein ausreichendes Begrenzungskriterium, zumal die Regelung sich auch auf alle zukünftigen Gebietsansässigen erstreckt. 1669 Die Eingrenzung durch Bezug auf einen konkreten Sachverhalt gelingt ebenfalls nicht. Kein einzelner Fall ist Gegenstand der Erlaubnis, sondern eine im Zeitpunkt des Erlasses unabsehbare Vielzahl von Fremdwährungsverbindlichkeiten. Es handelt sich statt dessen um eine abstrakt-generelle Regelung und damit inhaltlich um eine Rechtsnorm. Eine Rechtsnorm ohne Ermächtigungsgrundlage aber ist nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig. 1670 Zivilrechtlich hätte dies zur Folge, daß Fremdwährungsgeschäfte, die dem Gegenstandsbereich der Erlaubnismitteilung unterfallen, bis zur Erteilung einer Ein-
1664 Grämlich Die ECU, 24; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 315; U. Reuter Grundbuch, 37. Dagegen meint Siebelt Deutsches Devisenrecht, 225, 299 ff, eine solche Rechtssetzungsbefugnis ergebe sich aus § 3 WährG, an Art 80 GG sei die Ermächtigung wegen ihrer Herkunft aus dem Besatzungsrecht nicht zu messen. Das BVerwG steht freilich auf dem Standpunkt, der Bundesbank sei durch § 3 WährG lediglich die Befreiung vom Verbot im Einzelfall übertragen; ein Recht zur Normsetzung gewähre die Vorschrift nicht (BVerwGE 41, 1, 7 f). 1665 So etwa Fögen Geld- und Währungsrecht, 153. 1666 ZB Meyer in Meyer/Borgs, VwVfG, § 35 Rn 68; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn 168; Maurer Allgemeines Verwaltungsrecht, 191. 1667 BVerwGE 12, 87, 89; Meyer und Maurer aaO. 1668 Zutr Grämlich WährG, S 3 Rn 23. 1669 Zur zeitlichen Fixierung des Adressatenkreises Kopp VwVfG, § 35 Rn 64. 1670 Statt aller Schenke VerwArch 72 (1981) 185, 198.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
zel- oder einer Sammelgenehmigung 1671 ebenso schwebend unwirksam wären wie alle übrigen genehmigungspflichtigen Valutaschulden. 1672 Natürlich hätte die Bundesbank das ihr durch § 3 WährG eingeräumte Ermessen so weitgehend reduziert, daß eine Genehmigung in jedem dieser Fälle erteilt werden müßte. Und sich im Prozeß darauf zu berufen, die Valutaschuld sei schwebend unwirksam, dürfte als treuwidrig zu werten sein. In Betracht käme noch ein anderes Verständnis. Eine Regelung, die von der sie erlassenden Behörde als Verwaltungsakt gewollt und der gesamten Form sowie der Veröffentlichungsart nach als Verwaltungsakt ausgestaltet ist, soll überwiegender Auffassung zufolge ihren Rechtscharakter nicht dadurch ändern, daß sie inhaltlich etwas regelt, was nur durch eine Rechtsnorm geregelt werden darf. 1 6 7 3 Von diesem Standpunkt aus ließe sich statt einer nichtigen Rechtsnorm eine zwar rechtswidrige, aber bis zu einer etwaigen verwaltungsgerichtlichen Aufhebung (§ 113 Abs. 1 VwGO) wirksame (§ 43 Abs. 2 VwVfG) Allgemeinverfügung annehmen. 1 6 7 4 Doch ist der Primat der Form bei einer öffentlichen Bekanntmachung i.S.d. § 4 1 Abs. 3 VwVfG schwerlich denkbar. 1 6 7 5 Auch kann man durchaus bezweifeln, daß die Bundesbank wirklich eindeutig die Form einer Allgemeinverfügung gewählt hat. 1 6 7 6 Im übrigen geht es im Falle der hier erörterten Erlaubnismitteilung um mehr als nur um eine Divergenz zwischen Form und Inhalt. Der DBB fehlt jegliche Kompetenz zur Normierung des Gewollten, so daß bei Annahme eines VA wohl § 4 4 Abs. 1 VwVfG (Nichtigkeit) eingriffe.
bb) Genehmigungsgrundsätze Bedeutung für die Genehmigungspraxis genießen neben der erörterten Erlaubnismitteilung die von der Bundesbank veröffentlichten Grundsätze für die Entscheidung über Genehmigungsanträge nach § 3 WährG. 1 6 7 7 In ihnen „weist die DBB zur Unterrichtung der Öffentlichkeit darauf hin", daß bestimmte erlaubnispflichtige Geldschulden nicht genehmigt werden, bei anderen hingegen mit einer Genehmigung gerechnet werden kann. Zur letztgenannten Gruppe zählen nach Nr 5 auch Fremdwährungsverbindlichkeiten, sofern sie durch Verträge der in Nr 3 (d) bezeichneten Art begründet werden. Dabei wiederum handelt es sich um Einfuhrverträge, Einfuhranschlußverträge zwischen Importeuren und Erstabnehmern, Ausfuhrzulieferungsverträge zwischen Exporteuren und ihren unmittelbaren Zulieferern, bestimmte Kaufverträge des „gebrochenen" Transithandels sowie um Passage- oder Frachtverträge im grenzüberschreitenden Verkehr. 1 6 7 8 1 6 7 1 Dabei handelt es sich um die Genehmigung mehrerer gleichartiger Rechtsgeschäfte, die sich auch auf künftige Verbindlichkeiten entsprechender Art beziehen kann; H.J. Hahn Währungsrecht, 119; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 74. 1672 Siebelt Deutsches Devisenrecht, 225, 298; ü. Reuter Grundbuch, 37. 1 6 7 3 BVerwGE 18, 1, 5; 26, 251, 2 5 2 ; Meyer in Meyer/Borgs, VwVfG, § 35 Rn 66; Schenke VerwArch 72 (1981) 185, 191 f. 1 6 7 4 Vgl BVerwGE 18, 1, 5; Meyer aaO. 1 6 7 5 Dagegen Schenke VerwArch 72 (1981) 185, 192, 2 0 3 ; ferner BVerwGE 26, 251, 2 5 2 zur Frage, wann eine Maßnahme für die Zwecke des Rechtsschutzes als Rechtsnorm und wann als Verwaltungsakt (auch in Form der Allgemeinverfügung) anzusehen ist. 1676 Grämlich WährG, § 3 Rn 23. 1 6 7 7 Mitteilung Nr 1015/78 v. 9.6.1978, BAnz Nr 109; abgedr. etwa bei Dürkes Wertsicherungsklauseln, Anh. I. 1 6 7 8 Zur Erläuterung der verwendeten Begrifflichkeiten Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn C 23.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Unmittelbare Rechtswirkungen sollen die Genehmigungsgrundsätze schon ihrem Wortlaut nach nicht entfalten. Es handelt sich weder um eine Rechtsnorm noch um eine Allgemeinverfügung, sondern um eine bloße Verwaltungsvorschrift, die die Ausübung des von § 3 WährG eingeräumten Ermessens durch die Landeszentralbanken zum Gegenstand hat.1679 Von den Grundsätzen kann bei der Entscheidung über einen Genehmigungsantrag abgewichen werden. Zu Ungunsten des Antragstellers allerdings nur, soweit nicht die Selbstbindung der Verwaltung nach Art. 3 Abs. 1 GG Abweichungen verbietet. Die zuständige Landeszentralbank darf den Antrag auf eine Genehmigung, mit deren Erteilung nach den Grundsätzen „gerechnet werden" kann, nur ablehnen, wenn es sich um einen besonders gelagerten, atypischen Ausnahmefall handelt, bei dem das Interesse am Schutz der deutschen Währung die Interessen der Vertragsparteien überwiegt.1680 Umgekehrt lassen die Grundsätze (die im übrigen abzuändern sind, wenn dies nach Sinn und Zweck des § 3 WährG erforderlich wird)1681 ohne weiteres Spielraum für die Genehmigung nicht aufgeführter Geschäfte. Maßstab ist allein der in § 3 WährG enthaltene Schutzzweck. Handelt es sich um eine genehmigungsbedürftige Fremdwährungsverbindlichkeit, ist zur Wirksamkeit der Geldschuld einzig die Genehmigung nach § 3 S. 1 WährG erforderlich, nicht auch eine solche nach § 3 S. 2 WährG, mag auch die Vereinbarung einer ausländischen Schuldwährung Wertsicherungszwecke verfolgen oder die Valutaschuld ihrerseits wertgesichert sein. Dies nochmals zu betonen ist deshalb geboten, weil Dürkes seit jeher1682 die These verficht, in derartigen Fällen bedürfe es auch einer Genehmigung nach Satz 2 des § 3 WährG, die allerdings in einer Einzelgenehmigung nach Satz 1 miterteilt werde.1683 Dieses Konstrukt erweist sich jedoch nicht nur als überflüssig, es läßt sich zudem mit dem Wortlaut des § 3 WährG nicht in Einklang bringen. Der Hinweis auf Nr 3 der „Allgemeinen Genehmigung" verfängt nicht. Dort bringt die Bundesbank nur ihre Auffassung zum Ausdruck, daß die Erteilung der Genehmigung nach S 3 S. 1 WährG bei wertgesicherten Valutaschulden von strengeren Voraussetzungen abhängt als bei normalen (einfachen oder effektiven) Fremdwährungsverbindlichkeiten.
c)
Rechtsfolgen
aa)
Wirksamkeit -
Unwirksamkeit
Eine genehmigungsbedürftige Fremdwährungsverbindichkeit ist schwebend unwirksam, solange keine Genehmigung vorliegt.1684 Wird die beantragte Genehmigung erteilt, tritt 1679
Mathar Wertsicherungsverbot und Grundgesetz, 101 ff, 110 f; Grämlich WährG, § 3 Rn 49; H.J. Hahn Währungsrecht, 115 f; wohl auch P. Gutzwiller Vertragliche Abreden, 102 und K. Schmidt in Staudinger12, Vorbem zu § 244 Rn D 213; zum Spielraum der Bundesbank ferner BVerwGE 14, 1, 7 ff, wo es heißt, der DBB komme zwar keine Normsetzungsbefugnis zu, wohl aber dürfe sie bei ihrer Aufgabe, Ausnahmeanträge zu bescheiden, typisieren. 1680 Vgl P. Gutzwiller Vertragliche Abreden, 102; K. Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 Rn D 213. 1681 BVerwGE 41, 1, 10. 1682 Krit. schon Mees BB 1967, 547 in seiner Rezension der 7. Aufl der „Wertsicherungsklauseln". 1683 Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 19, C 25. 1684 BGHZ 14, 306, 313; BGH BB 1966, 559; OLG Koblenz NJW 1988, 3099; ob man die Rechtsfolge § 134 BGB entnimmt (so zB H.J. Hahn Währungsrecht, 119; Κ Schmidt in Staudinger13, Vor-
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Wirksamkeit ein, und zwar mit rückwirkender Kraft. 1685 Die Genehmigung bildet einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt, der eine abweichende Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit durch die Zivilgerichte ausschließt. 1686 Genehmigungswirkung hat nach teilweise vertretener Auffassung auch ein sog. Negativattest, 1687 d.h. eine Bescheinigung der Deutschen Bundesbank darüber, daß nach ihrer Auffassung die betreffende Geldschuld nicht genehmigungsbedürftig ist. Nach anderer Auffassung sollen Negativatteste für die Gerichte eine mittelbare Bindungswirkung entfalten. 1688 Wenn die zum Schutz der Währung berufene Behörde erkläre, ein Rechtsgeschäft sei unter diesem Gesichtspunkt unbedenklich, fehle für eine gerichtliche Prüfung der Frage das Rechtsschutzbedürfnis. Unabhängig von der rechtlichen Konstruktion entspricht das Ergebnis jedenfalls den Interessen der am Wirtschaftsverkehr Beteiligten, die in der Lage sein müssen, sich bei ihren Maßnahmen an ein solches Attest halten zu können, wenn ihnen nicht ein untragbares Risiko auferlegt werden soll. 1689 Wird die beantragte Genehmigung hingegen formell rechtskräftig versagt, ist die Abrede (ebenfalls von Anfang an) endgültig nichtig. 1690 An diese Entscheidung sind die Zivilgerichte nur insofern gebunden, als sie die Valutaschuld nicht mehr als genehmigungsfähig ansehen können. Da die Versagung indes kein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt ist, mag das Gericht die Verbindlichkeit immer noch als genehmigungsfrei einordnen. 1691 Die schwebende Unwirksamkeit der Valutaschuld soll nach h.M. den Richter nicht daran hindern, ein entsprechendes Urteil zu erlassen; vielmehr sei § 32 Abs. 1 AWG analog 1692 heranzuziehen, 1693 demzufolge ein Vorbehalt des Inhalts in den Tenor aufgenommen werden kann, daß die Leistung oder Zwangsvollstreckung erst erfolgen darf, wenn die Ge-
bern zu § 244 Rn D 327) oder einer dieser Norm vorrangigen Eigenart der Genehmigungsbedürftigkeit QAayer-Maly in MiinchKomm-BGB3, § 134 Rn 7) spielt iErg keine Rolle. 1685 Zwar ist § 184 Abs 1 BGB auf öffentlichrechtliche Genehmigungen nicht unmittelbar anwendbar ( Schramm in MiinchKomm-BGB3, Vor § 182 Rn 21); die Rückwirkung ergibt sich jedoch aus Sinn und Zweck des § 3 WährG; BGH LM Nr 1 zu § 542 BGB; Nr 6 zu § 542 ZPO; BGH WM 1979, 784, 786; OLG Hamm BB 1966, 675, 676; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 27; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 32; ferner Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 5, der § 184 Abs 1 BGB analog anwenden will. 1686 Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 15; Grämlich WährG, S 3 Rn 64; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 336. 1687 Fögen Geld- und Währungsrecht, 154 Fn 247; K. Schmidt in Staudinger11, Vorbem zu § 244 Rn D 338. 1688 Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 18 ff. 1689 BGHZ 1, 294, 301; BGH BB 1955, 876; BB 1962, 737; BVerwGE 14, 13, 22. 1690 BGHZ 1, 294, 301; BGH BB 1959, 1079; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 8; Reithmann DNotZ 1960, 172, 194. 1691 Fögen Geld- und Währungsrecht, 154; Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 16; Κ. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 337; aA H.J. Hahn Währungsrecht, 121 mit der Begründung, die Entscheidung der Bundesbank habe die Genehmigungsbedürftigkeit der Verbindlichkeit zur Voraussetzung; verneine die DBB die Genehmigungsbedürftigkeit, erteile sie ein Negativattest. 1692 Abgesehen davon, daß § 32 AWG unmittelbar für den währungsrechtlichen Bereich gilt, bezieht sich die Norm ihrem Wortlaut nach auf das Verfügungsgeschäft („Leistung des Schuldners"), nicht auf die Obligation (siehe § 31 AWG). 1693 BGHZ 101, 296, 304; Geimer in Zöller20, § 722 Rn 37; Bachmann Fremdwährungsschulden, 16; aA Grämlich WährG, § 3 Rn 10; vgl auch BGH NJW 1996, 3001, 3002; OLG Koblenz RIW 1988, 3099, wo jeweils keine Rede von § 32 AWG ist.
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nehmigung erteilt ist. 1694 Bei der Inlandsvollstreckung ausländischer Valutaurteile liegen die Dinge komplizierter. Bisweilen wird angenommen, der anerkennungsrechtliche ordre public (S 328 Abs. 1 N r 4 ZPO) sei tangiert. Wenn nicht zwischenzeitlich eine Genehmigung eingeholt worden sei, müsse dem ausländischen Urteil ein Genehmigungsvorbehalt angefügt werden, der im Falle der §§ 722, 723 Z P O in den Tenor und bei Art. 3 1 ff. EuGVÜ in die Vollstreckungsklausel Aufnahme zu finden habe. 1695 Bedacht werden sollte bei alledem jedoch, daß der Charakter des § 3 S. 1 W ä h r G als international zwingende Bestimmung f ü r sich allein kaum genügen dürfte, um das Ergebnis des ausländischen Urteils (die Rechtswirksamkeit der Valutaschuld) als ordre public-widrig zu qualifizieren. 1696 Gewiß mag auf Basis deutschen {Collisions- und Sachrechts eine währungsrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen sein. Dennoch wäre stets noch positiv festzustellen, daß die „Mißachtung" dieser Regeln in unerträglichem Maße den Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts zuwiderläuft. 1 6 9 7 Im allgemeinen kann man sich mit einem ungewöhnlichen sachlichen Ergebnis, wenn ein ausländisches Gericht bereits rechtskräftig entschieden hat, eher abfinden, als wenn ein deutscher Richter entsprechend judizieren sollte. Dementsprechend auch ist der anerkennungsrechtliche ordre public gegenüber dem des Art. 6 EGBGB von abgeschwächter Wirkung. 1 6 9 8
bb) Rechtsschutz bei Verweigerung der Genehmigung Lehnt die Deutsche Bundesbank es ab, die beantragte Genehmigung zu erteilen, soll nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens (§§ 68 ff. VwGO) 1 6 9 9 die Anfechtungsklage statthaft sein. 1700 Diese Einschätzung fußt auf der Überlegung, daß ein Erteilungsanspruch nicht besteht und von der Deutschen Bundesbank erwartet werden kann, daß sie auch ein bloßes Aufhebungsurteil respektieren und von sich aus in eine neue Ermessensprüfung eintreten wird. 1 7 0 1 Gleichwohl ist im Verwaltungsprozeßrecht - wie im Zivilprozeß - von dem Grundsatz auszugehen, daß der Kläger die rechtsschutzintensivere Klageform zu wählen hat. 1702 Bei Versagung der Genehmigung nach § 3 S. 1 WährG ist das
1694 Obwohl das Gesetz die Formulierung „kann" verwendet, handelt es sich doch um eine gebundene Entscheidung des Richters; siehe Haase in Hocke/Berwald/Maurer, AWG, Anm zu § 32. 1695 Bacbmann Fremdwährungsschulden, 16; vgl auch Martiny in MiinchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. II Rn 8: Aussetzung des Verfahrens bis zur behördlichen Entscheidung (bezogen auf Devisenrecht). 1696 Vgl auch Gottwald in MünchKomm-ZPO, § 328 Rn 224. 1697 Vgl BGHZ 73, 378, 386; Schumann in Stein/Jonas20, § 328 Rn 224.
1698 1699
Kropholler IPR, 565.
§ 68 Abs 1 2 Nr 1 VwGO ist nicht einschlägig; dazu Grämlich WährG, § 3 Rn 60; zust etwa H.J. Hahn Währungsrecht, 121. Í700 z B Diirkes Wertsicherungsklauseln, Rn H 43 ; Mittelbach Wertsicherungsklauseln, Rn 274. 1701 Vgl BVerwGE 38, 99, 101 f; Schmitt Glaeser Verwaltungsprozeßrecht, 82 f. 1702 Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rn 3; natürlich ist die Bundesbank als Teil der vollziehenden Gewalt nach Art 20 Abs 3 GG an das durch die Gerichte gesetzte Recht gebunden. Gelegentlich zeigt sich jedoch, daß die Umsetzung von Richterrecht durch die Exekutive aus politischen oder fiskalischen Gründen nur zögerlich oder über den konkreten Fall hinaus überhaupt nicht erfolgt. Der Staat ist nicht ausnahmslos ein einsichtigerer Beklagter, als es Privatpersonen wären. Auch im Verwaltungsprozeßrecht muß daher die Maxime gelten, daß sich die Klageart am Rechtsschutzziel des Klägers zu orientieren hat.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
die Verpflichtungsklage.1703 Der Kläger hat, sollte sich die Versagung als rechtswidrig erweisen, einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung (vgl. § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Kann er ein solches Bescheidungsurteil erhalten, erweist sich die isolierte Anfechtungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig. Statthaft ist die Anfechtungsklage nur, wenn der Kläger die Verbindlichkeit nicht mehr für genehmigungspflichtig hält.1704 cc)
Korrektur im Wege ergänzender
Vertragsauslegung
Ist eine Valutaschuld (noch) nicht genehmigt worden, liegt in vielen Fällen Teilnichtigkeit bzw. Teilunwirksamkeit vor, deren Auswirkungen auf den ganzen Vertrag regelmäßig nach § 139 BGB zu beurteilen sind. Die Grundregel, wonach bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist,1705 gelangt jedoch nicht zum Zuge, wenn sich aus dem wirklichen oder auch dem hypothetischen1706 Parteiwillen etwas anderes ergibt. So wird im Wege einer objektivierten Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen häufig angenommen, daß die getroffene Vereinbarung auch ohne die Wertsicherungsklausel zustandegekommen wäre, was zur Folge habe, daß der Vertrag mit Ausnahme der Valorisierungsabrede wirksam bleibt.1707 Die Problematik stellt sich nicht nur bei wertgesicherten DM-Verbindlichkeiten, denen die Genehmigung nach § 3 S. 2 WährG versagt (worden) ist, sondern kann durchaus auch bei Valutaschulden auftreten, namentlich wenn man der von der Bundesbank bekanntgegebenen Erlaubnismitteilung Genehmigungswirkung zugesteht. Denn die „Allgemeine Genehmigung" erstreckt sich allein auf Fremdwährungsverbindlichkeiten ohne Dynamisierungsklausel (Nr 3 der Mitteilung Nr 1009/61). Der Rechtsprechung dient die ergänzende Vertragsauslegung aber noch zu einer weitergehenderen, auf eine Umdeutung i.S.d. § 140 BGB hinauslaufende Vertragskorrektur ex tunc,1708 die für Valutaschulden deshalb eine wichtige Rolle spielt, weil sie typischerweise als Geldsummenschulden vereinbart werden, die Annahme eines minus also nicht in Betracht kommt. Kann unter Berücksichtigung des objektiven Vertragszwecks angenommen werden, daß die Parteien eine andere Form von Geldschuld gewählt hätten, die einerseits die beiderseitigen Belange wahrte und andererseits wirksam wäre, soll eine Zahlungsverbindlichkeit dieser Art als von Anfang an vereinbart gelten und für die Anwendbarkeit des § 139 BGB kein Raum sein.1709 Bei genehmigungsbedürftigen, aber nicht genehmigten oder nicht genehmigungsfähigen Fremdwährungsverbindlichkeiten ist nun als Ersatzvereinba1703
H.J. Hahn Währungsrecht, 122; K. Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 Rn D 323; P. Gutzwiller Vertragliche Abreden, 100. 1704 Grämlich WährG, § 3 Rn 59. 1705 § 139 BGB findet auch Anwendung auf Rechtsgeschäfte, die mangels behördlicher Genehmigung schwebend teilunwirksam sind; Hefermehl in Soergel12, S 139 Rn 5. Heute einhellige Auffasssung; siehe etwa BGH WM 1974, 972, 973; 1974, 1180, 1181; BGH NJW 1986, 2576, 2577; Mayer-Maly in MünchKomm-BGB3, S 139 Rn 24 ff; Hefermehl in Soergel12, § 139 Rn 34 ff. 1707 BGH BB 1959, 1006 (Darlehen); BGH NJW 1974, 2233, 2234 f; OLG Celle OLGZ 1982, 219, 220 f (jeweils Wohnraummiete); v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 33; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 331. 1708 Siehe die Einschätzung von K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 333; zum Verhältnis zwischen Umdeutung und Auslegung Hefermehl in Soergel12, § 140 Rn 1. 1709 BGHZ 63, 132, 136; BGH NJW 1979, 1545,1546; 1986, 932, 933; 1996, 3001, 3002.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
281
rung allein eine DM-Schuld denkbar.1710 Diese muß dabei den Anforderungen des § 3 S. 2 WährG genügen. Namentlich wenn die Wechselkursverhältnisse zwischen gewählter Schuldwährung und deutscher Währung von den Parteien als stabil eingeschätzt werden und daher keine Wertsicherungsvereinbarung zur Abwehr von DM-Schwankungen vorliegt, ist davon auszugehen, daß die Vertragspartner bei Kenntnis der Rechtslage eine DMSchuld vereinbart hätten, deren Höhe sich nach dem Kurs der Fremdwährung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bemißt.1711 Das gilt jedenfalls dann, wenn eine einfache Valutaschuld Gegenstand der Abrede ist.1712 Verfolgen die Parteien mit der Valutaschuldabrede dagegen Wertsicherungszwecke, liegt die Situation kaum anders, als wenn sie eine nicht genehmigte oder nicht genehmigungsfähige Heimwährungsverbindlichkeit begründet hätten. Zu prüfen ist dann, ob sich nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung etwa die ersatzweise Annahme eines (genehmigungsfreien) „Leistungsbestimmungsvorbehalts" rechtfertigen läßt. Hierunter wird eine Vereinbarung verstanden, demzufolge die (DM-)Geldschuld nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder mit Eintritt bestimmter Veränderungen (z.B. des Lebenshaltungskostenindexes) in ihrer Höhe eine Anpassung erfahren soll. Das Ausmaß der Veränderung wird jedoch nicht bei Vertragsschluß festgelegt, sondern bleibt einer späteren Vereinbarung oder einer einseitigen Festlegung (§§ 315, 316 BGB) vorbehalten.1713 Weil er eine automatische Anpassung vermeidet, bedarf der Leistungsvorbehalt keiner Genehmigung nach § 3 S. 2 WährG.1714
d)
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
aa)
Verfassungsmäßigkeit
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 3 WährG sind zu keiner Zeit verstummt, auch nicht nachdem das BVerwG sich im Jahre 19721715 zu dieser Frage geäußert hat.1716 Der Streit konzentriert sich im wesentlichen auf Satz 2 der Verbotsnorm, wofür zum einen die 1710
BGH NJW 1996, 3001 (LS): „Haben Gebietsansässige in einem Bauvertrag die Zahlung der Vergütung (teilweise) in irakischen Dinar vereinbart und wird die erforderliche Genehmigung (§§ 3 S 1 WährG, 49 AWG) nicht erteilt, kann eine Regelungslücke vorliegen. Eine solche ist möglicherweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise zu schließen, daß der Betrag ganz oder teilweise in DM zu zahlen ist". 1711 Koenigs DB 1952, 160. 1712 Vgl auch OLG Koblenz NJW 1988, 3099. Die Fremdwährungsverbindlichkeit war dort allerdings genehmigungsfähig und wurde auch nach Abschluß der 1. Instanz genehmigt. Der Antrag auf Zahlung in DM war demzufolge unbegründet. 1713 ZB BGHZ 63, 132, 136, wonach die Mietvertragsparteien statt der nicht genehmigungsfähigen Wertsicherungsklausel folgendes hätten vereinbaren können: „Verändert sich der Lebenshaltungskostenindex um mehr als 10% nach oben oder nach unten, so können beide Parteien eine Angleichung des Mietzinses verlangen, soweit sie der Billigkeit entspricht". Auch in BGH NJW 1979, 1545, 1546 und BGH NJW 1986, 932, 933 kam die ersatzweise Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsvorbehalts in Frage. 1714 Eingehend zu allen damit zusammenhängenden Fragen Dürkes Wertsicherungsklauseln, Rn Β 27 ff und D 200 ff. 1715 BVwerGE 41, 1 ff. 1716 Siehe zuletzt die 1988 erschienene Untersuchung von Mathar Wertsicherungsverbot und Grundgesetz.
282
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
nur in diesem Zusammenhang relevante Nominalismusdebatte, zum anderen aber auch die im Vergleich zu Satz 1 (i.V.m. § 4 9 Abs. 1 AWG) größere praktische Bedeutung des Satzes 2 ausschlaggebend sind. Gleichwohl muß auch § 3 S. 1 WährG auf den Prüfstand der Verfassung gestellt werden, und zwar aus ganz ähnlichen Erwägungen wie bei Satz 2. Die Ausgangsfrage ist die nach einem etwaigen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Sie wäre zu verneinen, wenn § 3 S. 1 WährG als Teil der „verfassungsmäßigen Ordnung" 1 7 1 7 das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit in zulässiger Weise begrenzte. In diesem Zusammenhang ließe sich darüber streiten, ob die durch § 3 S. 1 WährG bewirkte und nach Einführung des § 4 9 Abs. 1 A W G noch verbliebene Einschränkung der Vertragsfreiheit wirklich zum Schutz der deutschen Währung erforderlich ist, die Norm also dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht wird. Daneben könnte es vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebotes bedenklich sein, daß § 3 S. 1 WährG die Einschränkung der Vertragsfreiheit ohne weitere Vorgaben in das Ermessen der Genehmigungsbehörde stellt. Ohne die Diskussion über diese Fragen hier im Einzelnen nachzeichnen zu können, 1 7 1 8 wird man jedoch im Ergebnis § 3 S. 1 WährG als verfassungskonform ansehen müssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vorschrift auch heute noch als fortgeltendes Besatzungsrecht einzustufen ist, 1719 das auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht überprüft werden kann. 1 7 2 0 § 3 S. 1 WährG ist Ausdruck einer bestimmten währungs- und wirtschaftspolitischen Einschätzung, der man beipflichten mag oder nicht, die jedenfalls den Beurteilungs- und Prognosespielraum, der dem Gesetzgeber im Bereich wirtschaftslenkender Normen von Verfassungs wegen zukommt, 1721 nicht überschreitet. Weder Art. 2 Abs. 1 GG noch die besonderen Freiheitsrechte hindern den Gesetzgeber daran, in Erfüllung seines Sozialauftrags zur Gewährleistung eines stabilen und funktions-
1 7 1 7 Die verfassungsmäßige Ordnung iSd Art 2 Abs 1 GG erstreckt sich auf die Gesamtheit jener Normen, die formell und materiell der Verfassung entsprechen; BVerfGE 6, 32 LS 3; ferner BVerfGE 59, 275, 278; 72, 200, 245. 1 7 1 8 Hingewiesen sei nur auf Mathar Wertsicherungsverbot und Grundgesetz, 1 passim; Bohndorf Wertsicherungsklauseln, 77 ff; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 398 ff; jeweils zu § 3 S 2 WährG. 1 7 1 9 So BVerwGE 41, 1, 3 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 399. Für § 3 S 1 WährG läßt sich allerdings vertreten, daß die Norm bereits duch § 49 Abs 1 AWG als Bundesrecht rezipiert worden ist; vgl Mathar Wertsicherungsverbot und Grundgesetz, 47 ff, 52 f. Heute muß zusätzlich berücksichtigt werden, daß der Staatsvertrag vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (BGBl II, 357) in Art 3 der Ani 1 eine §§ 3 WährG, 49 AWG inhaltlich entsprechende Regelung für das Gebiet der ehemaligen DDR geschaffen hat, mit der nach der amtlichen Begründung sichergestellt werden sollte, daß § 3 WährG im gesamten Währungsgebiet gilt. Zwar sind gemäß Art 8 des Einigungsvertrages vom 31.8.1990 (BGBl II, 889) mit Wirksamwerden des Beitritts die §§ 3 WährG, 49 AWG auch in den neuen Bundesländern in Kraft getreten (aA Dürkes BB 1992, 1073: Fortgeltung der bezeichneten Regelung wegen Abschn. III Nr 1 der Ani I zum Einigungsvertrag, was zur Parallelität zweier inhaltsgleicher Regelungen führte). Doch dürfte der deutsche Gesetzgeber seinen Willen zur Übernahme der §§ 3 WährG, 49 AWG gleichwohl eindeutig manifestiert haben. 1 7 2 0 Dazu BVerfGE 12, 281, 290; BVerwGE 41, 1, 4; Bohndorf Wertsicherungsklauseln, 86 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 399; Mathar Wertsicherungsverbot und Grundgesetz, 39 ff; jeweils auch zur Verpflichtung des Gesetzgebers, im Falle der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz eine verfassungsgemäße Neuregelung vorzunehmen. 1 7 2 1 Siehe nur Breuer in Hdb des Staatsrechts VI, § 148 Rn 16 ff mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerfG.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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fähigen Währungssystems 1722 die ihm hierzu als sachgerecht erscheinenden Gestaltungsmaßnahmen zu ergreifen, sofern er nur seine Einschätzung auf eine plausible und vertretbare Ermittlung der vorgefundenen Erkenntnisse und Erfahrungen stützen kann. 1723 Die solchermaßen abgesteckten Grenzen werden eingehalten, wenn der Gesetzgeber (wie in Auslandsrechten ebenfalls geschehen) sich auf den Standpunkt stellt, die uneingeschränkte Zulassung fremder Währungen als Gegenstand von Zahlungsverpflichtungen könne Stabilität und Funktionsfähigkeit der heimischen Währung gefährden. Und ebensowenig ist zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber zur Abwehr dieser Gefahr zum Mittel des repressiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt greift. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz führt letztlich zu keinem abweichenden Resultat. Zu prüfen bleibt nach dem Gesagten ohnehin nur, ob das eingesetzte Mittel etwa zur Zielerreichung objektiv ungeeignet ist,1724 da Schutzbedürftigkeit und Gefahrenintensität gerade Gegenstand der nichtjuristischen Beurteilung und Prognose sind. Die verfassungsrechtliche Überprüfung konzentriert sich damit auf die gewählte Ausgestaltung des repressiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt, wobei dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entscheidende Bedeutung zukommt. Anders als bei § 3 S. 2 WährG kann jedoch anhand der Anknüpfung an die Schuldwährung, wie sie aus dem Wortlaut des Satzes 1 ersichtlich ist, weitgehend erschlossen werden, welche Vereinbarungen der Genehmigungspflicht unterliegen. Und was Umfang und Inhalt des der Bundesbank eingeräumten Ermessens anbelangt, so dürfte der Normzweck (Sicherung von Stabilität und Funktionsfähigkeit der deutschen Währung) eine hinreichende Grundlage für die Befreiung vom Verbot im Einzelfall darstellen.1725 Der Normzweck genügt schließlich auch als alleinige Vorgabe für die Ausübung zahlreicher Befugnisse der Bundesbank nach dem BBankG (siehe dort § 3). bb)
Europarechtsverträglichkeit
Am 1.1.1994 erfolgte der Eintritt in die zweite Stufe zur Verwirklichung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU), Art. 109 e EGV. Von diesem Zeitpunkt an wurden die Art. 67 - 73 und 73 h des EG-Vertrages durch die Art. 73 b-73 g über die Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs ersetzt (Art. 73 a, 73 h S. 1 EGV). Danach sind vorbehaltlich der Art. 73 c ff. EGV alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs und des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten (Art. 73 b EGV). Die Bestimmung, die gleichermaßen Diskriminierungen wie „unterschiedslos anwendbare Beschränkungen" direkter und indirekter Art untersagt, 1726 hat unmittelbare Wirkung, begründet also eine Unterlassungspflicht zu Lasten der Mitgliedstaaten, ohne daß es zusätzlicher Maßnahmen der EG-Organe bedürf-
1722
v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 400. Breuer in Hdb des Staatsrechts VI, § 148 Rn 18. Vgl BVerfGE 16, 147, 181; 17, 306, 317; 19, 119, 126 f; 30, 250, 263. 1725 So für § 3 S 1 WährG U. Reuter Grundbuch, 34; für S 3 S 2 WährG BVerwGE 41, 1, 7 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 402; Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 196; aA etwa Papier JuS 1974, 477, 481 und Bettermann ZRP 1974, 13, 14, denen zufolge die Maßstäbe für die Erteilung oder Versagung der Genehmigung im Gesetz selbst ausdrücklich aufgeführt sein müssen. 1726 R.H. Weber in Lenz, EG-Vertrag, Art 73 b Rn 10, 13; Ress/Ukrow in Grabitr/Hilf, EU-Komm, Art 73 b EGV Rn 12. 1723
1724
284
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
te. 1727 Sinn und Zweck des Art 73 b EGV entsprechend geht der Begriff „Beschränkungen", wie es scheint, über jenen der „Devisenkontrollbestimmungen" i.S.d. Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWF-Abkommens hinaus. Einzelheiten sind freilich noch ungeklärt. Das Bretton Woods-Abkommen erfaßt Vorschriften wie § 3 S. 1 WährG 1728 nicht, weil sie keine normativen Leistungshindernisse aufstellen, vor allem aber, weil sie keine imparitätische Behinderung gerade grenzüberschreitender Geschäfte bewirken, sondern unterschiedslos alle in fremder Währung ausgedrückte Geldschulden erfassen. 1729 Ob sich dies bei Art. 73 b EGV ebenso verhält, wird man bezweifeln müssen. Da die Vorschrift auf die Beseitigung sämtlicher Hindernisse für den freien Kapital- und Zahlungsverkehr zielt, fallen in ihren Gegenstandsbereich konsequenterweise auch diejenigen nationalen Bestimmungen, die nicht erst die Erfüllung der Kapitalbeschaffungs- bzw. Zahlungsverpflichtung, sondern bereits ihre Begründung in fremder Währung beschränken, 1730 und zwar unabhängig davon, ob sie ausschließlich den internationalen Verkehr reglementieren wollen oder den Binnenverkehr miteinbeziehen. Wenn das Verbot des Art. 73 b EGV neben gezielten Beschränkungen auch „Maßnahmen gleicher Wirkung" 1731 erfaßt, liegt es nahe, daß Grenzen in entsprechender Anwendung der Cassis de Dijon-Formel 1732 nur durch solche Normen in zulässiger Weise gezogen werden, die notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen Rechnung zu tragen, 1733 wobei die gemeinschaftsrechtlich anerkannten Schutzziele des Art. 73 d EGV den Maßstab bilden. 1734 Zur weiteren Beurteilung der Europarechtsverträglichkeit der SS 3 S. 1 WährG, 49 Abs. 1 AWG bietet sich zunächst ein Blick auf die bis zum 1.1.1994 geltende und danach in Art. 73 b EGV aufgegangene Bestimmung des Art. 73 h N r 1 S. 1 EGV an: „Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, in der Währung des Mitgliedstaates, in dem der Gläubiger ... ansässig ist, die Zahlungen zu genehmigen, die sich auf den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beziehen ...". Aufgrund der bis zum Inkrafttreten des Unionsvertrages gültigen und wongleichen Vorschrift des Art. 106 Abs. 1 S. 1 EWGV 1735 sah sich die englische Recht1727
R.H. Weber aaO Art 73 b Rn 18. In seiner noch nicht durch § 49 Abs 1 AWG eingeschränkten Form. 1729 Siehe S 169 f. Natürlich hätte der deutsche Richter ohnehin nicht die Anwendbarkeit des § 3 WährG, sondern nur die der entsprechenden Regelungen ausländischer Rechte nach Art VIII Abschn. 2 (b) des IWF-Abk zu beurteilen. 1730 Siehe auch Smits in v.d. Groeben/Thiesing/Ehlermann EWG-Vertrag, Art 106 Rn 36; vgl weiter Reinhuber Grundbegriffe, 127 f zur Parallelproblematik bei § 3 S 2 WährG. 1731 Siehe zur Problematik bei der Warenverkehrsfreiheit EuGH Rs 8/74 - Dassonville - Slg 1974, 837, 847; eingehende Darstellung der seither stRspr bei Müller-Graff in v.d. Groeben/ Thiesing/Ehlermann EWG-Vertrag, Art 30 Rn 16 ff; zur Dienstleistungsfreiheit EuGH Rs 788/79 Gilli und Andres - Slg 1980, 2071 ff; Rs 58/80 - Dansk Supermarked AS ./. AS Imerco - Slg 1981, 181 ff; Rs 207/83 - Kommission ./. Vereinigtes Königreich und Nordirland - Slg 1985, 1201 ff; Rs C-126/91 - Yves Rocher - Slg 1993 I, 2361 ff; Rs C-470/93 - Mars - Slg 1995 I, 1923 ff. 1732 EuGH Rs 120/78 - Rewe-Zentral AG./. Bundesmonopolverwaltung für Branntwein - Slg 1979, 649, 662; ferner EuGH Rs 33/74 - Van Binsbergen - Slg 1974, 1299; ausführlich Troberg in v.d. Groeben/Thiesing/Ehlermann EWG-Vertrag, Art 59 Rn 3 ff. 1733 R.H. Weber in Lenz, EG-Vertrag, Art 73 b Rn 11. 1734 Siehe EuGH - Veronica, Rs C 148/91 - EuZW 1993, 251, 252; Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 73 b EGB Rn 30 f. 1735 Wegen der Inbezugnahme auch des Kapitalverkehrs, der selbst mit Zahlungen verbunden ist, war das Verhältnis zu A n 67 ff EWGV umstritten; siehe Kiemel in Groeben/Thiesing/Ehlermann EWG-Vertrag, Art 67 Rn 3; Ress in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 106 EWGV Rn 34 ff. 1728
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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sprechung in den siebziger Jahren 1736 veranlaßt, ihre tradierte Regel1737 aufzugeben, wonach Klageantrag und Urteil nicht auf Zahlung eines Betrages in ausländischer Währung lauten durften. 1738 Nun enthält Art. 73 b EGV zwar keinen Bezug mehr zur Verwirklichung anderer Grundfreiheiten und begrenzt die Liberalisierung auch nicht mehr auf die Währung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gläubigers. Weil die Norm aber schon ihrem Wortlaut nach keine Aussage über rein binnenstaatliche Vorgänge trifft, sollte man annehmen, daß Fremdwährungsverbindlichkeiten, die zwischen Gebietsansässigen ein und desselben Mitgliedstaates begründet werden, heute durch Art. 73 b EGV ebensowenig von Beschränkungen freigestellt werden wie vor 1994 von Art. 73 h Abs. 1 EGV. 1739 Andererseits bezieht sich Art. 73 b EGV nicht auf die Parteien des Leistungsverhältnisses, setzt insbesondere nicht irgendeine Gebietsansässigkeit voraus; 1740 der Grundsatz des freien Verkehrs betrifft statt dessen das Kapital und die Zahlung selbst.1741 Untersagt wäre danach die Beschränkung von Fremdwährungsverbindlichkeiten zwischen Gebietsansässigen, sofern der vereinbarte Leistungsvorgang sich nicht ausschließlich innerhalb des Verbotsstaates abspielt, also z.B. Zahlung auf ein im Ausland belegenes Konto erfolgen soll. Im Raum steht damit abermals die hier nicht entscheidbare, weil auf wirtschaftspolitischen Beurteilungen und Prognosen beruhende Frage, ob und inwieweit es zum Schutz von Stabilität und Funktionsfähigkeit der deutschen Währung gerechtfertigt ist, die Begründung von Valutaschulden zwischen Gebietsansässigen auch insoweit unter Erlaubnisvorbehalt zu stellen, als es um Zahlungen grenzüberschreitender Art geht. Von hier aus weitergedacht liegt die Annahme nicht fern, daß die Währungspolitik der Mitgliedstaaten womöglich bis zum Eintritt in die dritte Stufe der Währungsunion von Art. 73 b EGV schlechthin unberührt bleibt, jedenfalls soweit es Beschränkungen (nicht Diskriminierungen) anbelangt. Für eine derartige Lesart wird jetzt in der Tat angeführt, daß der Zweck der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit eng mit der Wirtschafts- und Währungsunion verbunden sei und die Währungspolitik der Mitgliedstaaten bis zum Kompetenzübergang auf die Gemeinschaft weiterhin zum Kernbereich der nationalen Souveränität zähle. 1742 Die Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs wird gleichwohl bei Ausübung des der Bundesbank eingeräumten Ermessens mitzuberücksichtigen sein. Erwogen werden könnte auch, ob in diesem Zusammenhang nicht zwischen EU-Währungen und Drittwährungen unterschieden werden sollte. Dagegen spricht jedoch der Wortlaut des Art. 73 b EGV. Außerdem liefern die
1 7 3 6 Zunächst der Court of Appeal in Schorsch Meier GmbH v. Hennin (1974) 3 W.L.R. 823; wenig später dann das House of Lords in Miliangos ν. George Frank (Textiles) Ltd. (1976) A.C. 4 4 3 . Eine Vorlage an den EuGH erfolgte in keinem dieser Fälle, da die Preisgabe der „sterling judgment rule" auch und in erster Linie mit anderen Erwägungen gerechtfertigt wurde. 1 7 3 7 Dazu noch S 3 1 4 ff und 6 7 9 ff. 1 7 3 8 Zu Hintergründen und Entwicklungen eingehend Alberts Währungsschwankungen, 89, 93 ff;
Steenken Fremdwährungsschulden, 120 ff. 1 7 3 9 Eindeutig EuGH Rs 2 8 6 / 8 2 , 2 6 / 8 3 - Luisi und Carbone ./. Ministero del Tesoro - Slg 1984, 3 7 7 , 4 0 5 : Zahlungen in der Währung eines Drittlandes fallen nicht unter Art 106 EWGV.
1740
Kress/Ukrow in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 73 b EGV Rn 28.
R.H. Weber in Lenz, EG-Vertrag, Art 73 b Rn 10, demzufolge sich das Verbot des Art 73 b EGV bezieht auf „(1) den Zufluß, Durchfluß und Abfluß von Kapital, (2) zeitmäßig auf Dauer oder vorübergehend geplante Kapital- und Zahlungstransaktionen, (3) Überweisungen unabhängig von der Art, dem Wert, der Form oder der Menge des Kapitals, (4) in der Ausgestaltung der Behinderung, Begrenzung oder des völligen Verbots". 1741
1742
Hafke WM 1997, 693, 695; Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 73 b Rn 31.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
in der Vergangenheit bisweilen aufgetretenen Turbulenzen innerhalb des EWS (z.B. im März 1995) hinreichendes Anschauungsmaterial dafür, daß auch Europas Währungen krisenanfällig sind. Eine noch weitergehendere Liberalisierung der Begründung von Valutaschulden zwischen Gebietsansässigen wird beim gegenwärtigen Stand der europäischen Währungsintegration durch Gemeinschaftsrecht auf keinen Fall erzwungen. Auch die gebotene Beseitigung der rechtlichen Hindernisse für die Verwendung der ECU 1743 erlaubt nicht den Schluß, vor Beginn der dritten Stufe der EWWU (nach dem jetzt endgültigen Szenario am 1.1.1999) 1744 , wenn der Euro eigenständige und alleinige Währung der Teilnehmerstaaten wird (Art. 109 1 Abs. 4 EGV), müsse innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten ein „Wettbewerb der Währungen" erlaubt sein. 1745 Die Mitgliedstaaten haben einstweilen nur dafür Sorge zu tragen, daß der Währungskorb ECU, aus dem der Euro erwachsen soll, wie eine Fremdwährung behandelt wird. Eine Gleichstellung zwischen Fremdwährungen und der heimischen Währung ist nicht gefordert.
cc)
Fremdwährungsverbot und Währungsunion
Sobald Deutschland an der dritten Stufe der Europäischen Währungsunion teilnimmt (wie nunmehr entschieden zum 1.1.1999), tritt der Euro als eigenständige Währung (auch) an die Stelle der DM. 1746 Für eine Übergangsperiode bis zum 31.12.2001 wird zwar von einer rechtlichen Gleichwertigkeit zwischen Euro-Einheit und den nationalen Währungseinheiten gesprochen. 1747 Gemeint ist aber lediglich, daß die nationalen Währungseinheiten gemäß den unveränderlich fixierten Umrechnungskursen (Art. 109 1 Abs. 4 EGV) als Untereinheiten des Euro fungieren. 1748 Nur mit dieser Maßgabe und vorbehaltlich der Bestimmungen der EU-Ratsverordnung über die Einführung des Euro 1749 ist das Währungsrecht der teilnehmenden Mitgliedstaaten (einstweilen) weiter anzuwenden, siehe Art. 6 Abs. 1 der VO. In Bezug genommen wird damit der „technische Teil" des Währungsrechts, 1750 d.h. im wesentlichen die Bestimmungen über Banknoten und Münzen. 1751 Für 1743 Vgl nur Art 109 f Abs 2 6. Spiegelstrich EGV sowie die Empfehlung der Kommission vom 19.4.1994 (94/284/EG) zur rechtlichen Behandlung der Ecu und auf Ecu lautender Verträge im Hinblick auf die Einführung der einheitlichen europäischen Währung; abgedr. in WM 1994, 1352 f. 1744 Siehe die Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 3. Mai 1998 gemäß Art 109 j Abs 4 EGV (98/317/EG), Abi L 139/30 v. 11.5.1998. 1745 Siehe aber U. Reuter Grundbuch, 34. 1746 Aus dem jüngeren Schrifttum siehe etwa Schneider DB 1996, 2477, 2478; ders DB 1997, 1265; Schefold WM-Sonderbeilage 4/1996, 7 ff; v. Borries/Repplinger-Hach NJW 1996, 3111, 3112, 3114; Hafke WM 1997, 693, 695 ff. 1747 Nr (8) der Erwägungsgründe zur Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro, ABl L 139/1 v. 11.5.1998; ferner v. Borries/Repplinger-Hach NJW 1996, 3111,3112,3114. 1748 Das von deutscher Seite befürwortete Konzept der Doppelwährungen im Übergangszeitraum hat sich mithin nicht durchgesetzt; Schneider DB 1996, 2477, 2478. 1749 Siehe den Nachweis in Fn 1747; zur Vorgeschichte Schefold WM-Sonderbeilage 4/1996, 3; v. Borries/Repplinger-Hach NJW 1996, 3111; ferner Schneider DB 1996, 2477, der von Vorarbeiten der Kommission in „atemberaubender Hektik" spricht. 1750 Hafke WM 1997, 693, 695. 1751 Siehe Abs 3 der Begründung zu Art 6 des Kommisionsvorschlags für eine Verordnung des Rates über die Einführung des Euro -KOM (96) 499 endg 96/0150 (CNS).
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
287
die temporäre Fortgeltung des § 3 WährG ergibt sich daraus nichts. Ganz im Gegenteil: Statt an die Existenz von DM-Geldzeichen anzuknüpfen, setzt die Norm den Bestand der „Institution DM-Währung" voraus. Mit ihrem Wegfall erledigt sich auch (unabhängig von einer förmlichen Außerkraftsetzung) 1752 die Anwendbarkeit des § 3 WährG. 1 7 5 3 Als Norm zum Schutz der Stabilität des Euro scheidet § 3 WährG möglicherweise schon deshalb aus, weil die Bestimmung nicht vom neuen Währungssouverän herrührt, 1 7 5 4 so daß die primäre Frage lautet, ob eine inhaltsgleiche oder ähnliche Regel auf europäischer Ebene vorgesehen ist. Beim gegenwärtigen Stand der Arbeiten am Rechtsrahmen der Europawährung muß dies jedoch verneint werden. 1 7 5 5 Es fehle derzeit - so heißt es - an einer gemeinsamen Grundlage für eine wirkliche Stabilitätskultur. Die Vorstellungen Deutschlands hätten sich als nicht mehrheitsfähig erwiesen; gleichwohl behalte man von Seiten des Bundesjustizministeriums den Inhalt des § 3 WährG für eine künftige Agenda von Nachbesserungen im Blick. 1 7 5 6 Bekräftigt wurde diese Intention auf der Sitzung des Bundeskabinetts vom 2 4 . September 1 9 9 7 , auf der Bundeswirtschaftsminister Rexrodt beauftragt wurde, eine geeignete Nachfolgeregelung für § 3 WährG zu erarbeiten. 1 7 5 7 Das Bundesministerium für Wirtschaft, unterstützt von zahlreichen Verbänden, favorisierte zunächst eine nationale Regelung mit Verankerung im Preisangabengesetz. 1758 Als dann der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum EuroEG-Regierungsentwurf „mit Besorgnis" auf die Streichung des § 3 WährG reagierte und ebenfalls „eine den stabilitätspolitischen Erfordernissen gerecht werdende Nachfolge- oder Ersatzregelung" einforderte, 1 7 5 9 kam es Anfang 1998 zu einem Referentenentwurf über die Änderung des § 10 AGBG. Geplant war danach, die Bestimmung um eine neue Ziffer 8 (Leistungsanpassungsklauseln) zu erweitern. 1 7 6 0 Gesetz geworden sind jetzt 1 7 6 1 jedenfalls nur Änderungen des Miethöhegesetzes und des Preisangabengesetzes, das fortan „Preisangaben- und Preisklauselgesetz" heißen wird. 1 7 6 2 § 2 des letztgenannten Gesetzes lautet: (1) Der Betrag von Geldschulden darf nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind. Das Bundesministerium für Wirtschaft kann auf Antrag Ausnahmen genehmigen, wenn Zahlungen langfristig zu erbringen sind oder besondere 1 7 5 2 Art 9 des am 24. September 1997 beschlossenen Regierungsentwurfs für ein EuroEinführungsgesetz (BT-Drucks 13/9347, vom Bundestag verabschiedet am 2.4.1998) sieht dementsprechend vor, § 3 WährG aufzuheben. Nach Zustimmung des Bundesrates ist die Aufhebung jetzt endgültig festgeschrieben in Art 9 $ 1 des EuroEG v. 9. Juni 1998; BGBl I, 1242. 1 7 5 3 Bei v. Borries/Repplinger-Hach NJW 1996, 3111, 3112 ist dagegen lediglich davon die Rede, § 3 WährG sei ab Eintritt in die dritte Stufe der neuen Rechtslage „anzupassen". 1 7 5 4 Vgl Schneider DB 1996, 2477, 2479. 1755 Hafke WM 1997, 693, 696 f; ferner Schneider DB 1996, 2477, 2 4 7 9 mit der Bemerkung, Stabilitätszweifel würden durch Hoffnung ersetzt. 1756 Hafke aaO; vgl auch Schefold WM-Sonderbeüage 4/1996, 7. 1 7 5 7 Handelsblatt vom 25.9.1997, 1. 1 7 5 8 Handelsblatt vom 26./27.9.1997, 21. 1 7 5 9 BT-Drucks. 13/9347, 58, 62 (zu Art 9). 1 7 6 0 Siehe die Dokumentation in WM 1998, 361. 1 7 6 1 Das Inkrafttreten ist auf den 1.1.1999 terminiert, Art 16 EuroEG; BGBl 1998 I, 1242, 1255. 1 7 6 2 Art 9 § 4 und § 5 des Gesetzes zur Einführung des Euro (EuroEG), BGBl 1998 1 , 1 2 4 2 , 1 2 5 3 f.
288
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Gründe des Wettbewerbs eine Wertsicherung rechtfertigen und die Preisklausel nicht eine der Vertragsparteien unangemessen benachteiligt. Der Geld- und Kapitalverkehr, einschließlich der Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 des Kreditwesengesetzes sowie die hierauf bezogenen Pensions- und Darlehensgeschäfte, bleiben vom Indexierungsverbot ausgenommen. Desgleichen bleiben Verträge von gebietsansässigen Kaufleuten mit Gebietsfremden vom Indexierungsverbot ausgenommen. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimung des Bundesrates 1. die Voraussetzungen näher zu bestimmen, unter denen Ausnahmen vom Preisklauselverbot nach Absatz 1 Satz 2 einzeln oder allgemein genehmigt werden können, oder solche Ausnahmen festzulegen, 2. die Ausnahmen nach Absatz 1 Satz 3 und 4 für bestimmte Arten von Rechtsgeschäften aus Gründen des Verbraucherschutzes zu begrenzen und 3. statt des Bundesministeriums für Wirtschaft eine andere Bundesbehörde zu bestimmen, die für die Erteilung dieser Genehmigungen zuständig ist. Schon bei erstem Zusehen wird deutlich, daß sich das Wertsicherungsverbot nicht länger auf Geldschulden in inländischer Währung (künftig also in Euro, wenn auch mit dem Ausdruck „DM" umschrieben) beschränkt, sondern erstmals auch Fremdwährungsverbindlichkeiten erfaßt. Dieser (gemessen an § 3 WährG) Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs steht eine Einschränkung anderer Art gegenüber. Die vertragliche Begründung von Zahlungsverbindlichkeiten in ausländischer Währung ist als solche nicht in den Tatbestand einbezogen;1763 ebensowenig anscheinend die Vereinbarung von Valutawertschulden. Im Einzelnen ist noch manches unklar, u.a. die Bedeutung der Bezugnahme auf die „vereinbarten Güter und Leistungen".1764 Inwieweit sich der politische Wille des europäischen oder (falls insoweit überhaupt Zuständigkeit besteht)1765 des deutschen Gesetzgebers früher oder später doch noch auf eine Fortschreibung des sachlichen Gehalts von § 3 S. 1 WährG erstrecken wird, bleibt abzuwarten.
1763 Bericht des BT-Rechtsausschusses, BT-Drucks 13/10334, 41 zu Nr 2 Abs 2, freilich ohne Begründung. 1764 Vgl. auch die Kritik des Bundesrats-Wirtschaftsausschusses an § 2 Abs 1 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes (BR-Drucks. 341/1/98, 2 Ziff 2): „Seinem Wortlaut nach wären Indexierungen immer dann zulässig, soweit sie sich auf vergleichbare Güter oder Leistungen beschränken. Eine solche wechselseitige Indexierung führt bei diesen Gütern und Leistungen bei steigenden Entgelten zwangsläufig zu einem nicht gewollten, sich beschleunigenden Preisauftrieb (,Kamin- oder Schwungradeffekt')". 1765 Die (wenn auch modifizierte) Fortschreibung des § 3 S 2 WährG im Preisangaben- und Preisklauselgesetz wird damit gerechtfertigt, daß das Indexierungsverbot nicht allein währungspolitische Funktionen erfüllt. „Aus stabilitäts-, preis- und verbraucherpolitischen Gründen besteht ein Interesse daran, auch künftig für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auf Grenzen für Wertsicherungsklauseln nicht zu verzichten, obwohl ein Indexierungsverbot für das gesamte Euro-Währungsgebiet noch nicht durchsetzbar war und folglich Indexierungs- und Währungsgebiet bis auf weiteres auseinanderfallen" - so der Bericht des BT-Rechtsausschusses; BT-Drucks 13/10334, 40 f .
S 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
3.
289
A n f e c h t u n g bei I r r t u m ü b e r den W e c h s e l k u r s ?
Das Fremdwährungsgeschäft ist von Anfang an nichtig (§ 1 4 2 Abs. 1 BGB), wenn eine der Parteien ihre Vertragserklärung wirksam angefochten hat. Als Anfechtungsgrund nach § 1 1 9 Abs. 1 Alt. 1 B G B wurde bereits die Diskrepanz zwischen gewollter und objektiv erklärter Währung behandelt. Ein Inhaltsirrtum kann hiernach selbst dann vorliegen, wenn sich die Währung des Rechtsgeschäfts nur unter Rückgriff auf eine materiale Auslegungsregel wie beispielsweise § 3 6 1 H G B ermitteln läßt. Dagegen scheidet die Anfechtbarkeit aus, sofern die Währungsbestimmung auf einer vertragsergänzenden gesetzlichen Dispositivregel beruht, dem Parteiwillen also nicht zugerechnet wird. Entsprechendes gilt bei Festlegung der Währung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Hiervon zu unterscheiden sind Fälle, in denen der Irrtum nicht die Währung selbst betrifft (erklärte und gewollte Währung sind identisch), der Erklärende sich jedoch unrichtige Vorstellungen über den Wechselkurs der betreffenden Fremdwährung zu seiner Heimwährung macht.
a)
Interner Wechselkursirrtum
aa)
Inhaltsirrtum
Der Irrtum kann sich darin erschöpfen, daß dem Erklärenden ein Fehler bei der Bewertung des Preises für die vertragliche Gegenleistung unterlaufen ist, weil er bei seiner internen Kalkulation die Anzahl Einheiten seiner Heimwährung, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der vereinbarten Fremdwährungssumme 1766 entsprachen, als zu gering (Zahlungsschuldner) oder zu hoch (Zahlungsgläubiger) veranschlagt hat. Jedenfalls wenn der Wechselkurs weder Gegenstand rechtsgeschäftlicher Erklärungen noch vertraglicher Verhandlungen der Parteien gewesen ist, bildet der „Valutawertirrtum" einen bloßen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung nach S 119 Abs. 1 B G B berechtigt. 1 7 6 7 Ein Inhaltsirrtum scheidet aus, weil die Fehlvorstellung im Stadium der Willensbildung auftrat und damit den Willensentschluß beeinflußte, ohne daß der Vollzug des Willens selbst durch eine Diskrepanz zwischen Erklärtem und Gewolltem oder auch nur infolge einer Fehlvorstellung über die „Grundlagen des Rechtsgeschäfts" 1 7 6 8 beeinträchtigt worden wäre.
bb)
Eigenschaftsirrtum
Zu erwägen bleibt die Anfechtbarkeit nach § 119 Abs. 2 BGB. Nun wird nach gängiger Lesart der Irrtum über die Wertäquivalenz von Leistung und Gegenleistung nicht von § 1 1 9 Abs. 2 B G B erfaßt, und zwar unabhängig davon, ob man annimmt, die Norm behandle einen Motivirrtum, 1 7 6 9 einen Inhaltsirrtum 1770 oder einen geschäftlichen Eigen1 7 6 6 Betroffen ist die Währung, die die Schuldhöhe festlegt. Weichen Schuldwährung und Berechnungswährung voneinander ab, beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen mithin auf die Berechnungswährung. 1 7 6 7 RGZ 105, 406, 4 0 7 ; RG DRiZ-Beilage 1926, Sp. 1 Nr 2; allgemein zur Unbeachtlichkeit des internen Kalkulationsirrtums v. Westphalen Exportfinanzierung, 91; Heiermann BB 1984, 1836 f. 1 7 6 8 RGZ 105, 4 0 6 , 4 0 7 auf Basis der Lehre vom erweiterten Inhaltsirrtum. 1769 Larenz BGB AT, 378 ff; Brox in Erman', § 119 Rn 41.
290
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
schaftsirrtum. 1771 Die Rechtsprechung formuliert in diesem Zusammenhang „Eigenschaften" i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB seien allein wertbildende Faktoren; der Wert oder Preis eines Geschäftsgegenstandes1772 als solcher erweise sich als Folge von Eigenschaften, stelle selbst aber keine Eigenschaft dar.1773 Zutreffend ist diese Einschätzung im Ergebnis jedenfalls insoweit, als es in einem marktwirtschaftlichen System freier Preisbildung angesichts der ansonsten entstehenden Unsicherheiten im Geschäftsleben in den Risikobereich eines jeden Marktteilnehmers fällt, wenn seine Bewertung von derjenigen der übrigen Marktteilnehmer abweicht.1774 Die individuell erfolgte Werteinschätzung haftet dem Geschäftsgegenstand (anders möglicherweise ein objektiv gebundener Wert) nicht dauerhaft und unmittelbar an, sondern wird von subjektiven Vorstellungen im Einzelfall bestimmt.1775 Es fragt sich allerdings, ob der Anfechtende in den Fällen des internen Valutawertirrtums nicht eine ganz anders gelagerte Fehlvorstellung geltend macht, wenn er bei Abgabe seiner Erklärung nur insoweit einer Täuschung über die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung unterlegen war, als er den für ihn maßgeblichen Außenwert der Vertragswährung falsch eingeschätzt hat.1776 Dieser Irrtum könnte als Irrtum über eine Eigenschaft des Geldes nach § 119 Abs. 2 BGB beachdich sein. So ließe sich argumentieren, der Erklärende habe in der Vertragssumme einen anderen Wertmaßstab erblickt, als sie tatsächlich verkörperte. 1777 Daß die Wertmaßfunktion der Institution Währung innewohnt statt den einzelnen Geldzeichen oder Buchgeldpositionen, genügt kaum, um den skizzierten Standpunkt zu entkräften. 1778 Denn es geht um das Maß an abstrakter Vermögensmacht, das die vereinbarte Geldsumme bei Vertragsschluß beinhaltet. Ebensowenig überzeugt der Hinweis auf das Nominalwertprinzip. 1779 Der geldtheoretische Nominalismus formuliert das feste Rechenverhältnis aller Geldeinheiten einer Währung zueinander.1780 Die privatrechtliche Anerkennung eines Irrtums über die Kaufkraft der Währungseinheit oder ihr Rechenverhältnis zu einer ausländischen Währungseinheit tangiert dieses Prinzip nicht. Auch treten keine Widersprüche zum schuldrechtlichen Nominalwertprinzip auf, durch das die geldwertunabhängige Konstanz der Schuldsumme gewährleistet wird.1781 Unter § 119 Abs. 2 BGB nämlich kann allenfalls der Irrtum über den gegenwärtigen (!) Binnen- oder Außen-
1770
Hefermehl in Soergel12, § 119 Rn 33 ff; er benutzt den Begriff „Erklärungsirrtum", versteht ihn jedoch als Oberbegriff für beide in § 119 Abs 1 BGB behandelten Fälle, die Irrung und den Inhaltsirrtum. 1771 Flume BGB AT/2, 476 ff; Coing in Staudinger11, S 119 Rn 16 ff. 1772 Unter „Sache" iSd § 119 Abs 2 BGB ist nach einhelliger Auffassung jede Art von Geschäftsgegenstand zu verstehen, Körperlichkeit spielt keine Rolle; BGH WM 1963, 252, 253; Dunz NJW 1964, 1214; Hefermehl in Soergel12, § 119 Rn 50; Larenz/M. Wolf i GB AT, 674. 1773 RGZ 64, 266, 269; 107, 238, 239; 111, 257, 259; BGHZ 16, 54, 57; BGH WM 1963, 252, 253. 1774 Coing in Staudinger11, § 119 Rn 29; Lorenz BGB AT, 383 f; Wieser NJW 1972, 708, 709. 1775 Hefermehl in Soergel12, § 119 Rn 51; Enneccerus/Nipperdey BGB AT/2, 1048. 1776 Vgl auch Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 105: „Kalkulationsirrtümer und Fehlerwartungen auf der Warenseite müssen vom Geldwertproblem unterschieden werden". 1777 So OLG Dresden als Vorinstanz zu RGZ 111, 257 ff; der Erklärende hatte dort einen Irrtum „über die Funktion des Geldes als Wertmesser" geltend gemacht und hierzu vorgetragen, er habe die Kaufkraft der Kaufpreissumme von 45.000 Mark fälschlicherweise zu hoch eingeschätzt. 1778 So aber wohl K. Schmidt in Staudinger11, Vorbem zu § 244 Rn D 340 f. 1779 So aber Coing in Staudinger11, § 119 Rn 29. 1780 S 71 f. 1781 S 70 f.
S 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
291
wert der Vertragswährung fallen.1782 Eine Fehleinschätzung über die künftige Entwicklung berechtigt niemals zur Anfechtung, da „Eigenschaften" nur gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse sind.1783 Schwerer wiegt schon die Überlegung, daß der Außenwert einer Währung wie auch ihr Binnenwert (Kaufkraft) regelmäßig keine festen Größen, sondern Ergebnisse marktmäßiger Bewertungen sind1784 und von daher eine Anfechtung an sich aus den gleichen Gründen ausscheiden müßte wie beim Irrtum über den Wert oder Preis eines sonstigen Geschäftsgegenstandes.1785 Aber dieses Argument überzeugt dann nicht, wenn der Außenwert der fremden Vertragswährung gegenüber der Heimwährung des Erklärenden objektiv fixiert ist, etwa eine feste Parität besteht. Gleichwohl spricht alles dafür, beim rein internen Valutawertirrtum des Erklärenden die Anfechtungsmöglichkeit nach § 119 Abs. 2 BGB auszuschließen. Soweit man den Außenwert der Vertragswährung als Eigenschaft anerkennen kann, ist die Vorstellung des Anfechtenden hierüber jedenfalls nicht Vertragsinhalt geworden, weder kraft besonderer Bestimmung noch als gewöhnlich mitgeregelt. Vom Boden der Theorie des geschäftlichen Eigenschaftsirrtums1786 aus betrachtet fehlt es also an der erforderlichen Diskrepanz zwischen Vereinbartem und Wirklichkeit.1787 Und auch jene gelangen nicht zur Anfechtbarkeit nach § 119 Abs. 2 BGB, die den Eigenschaftsirrtum als Motivirrtum begreifen.1788 Der Außenwert der Vertragswährung zählt zu jenen Verhältnissen, die nicht typischerweise „verkehrswesentlich" sind, sondern nur unter der Voraussetzung, daß die Parteien sich auf sie beziehen. 178 ' Mit diesem letztlich einmütigen Ergebnis korrespondiert in der hier behandelten Konstellation die Erwägung, daß auch eine feste Parität zwischen Vertragswährung und Heimwährung des Erklärenden nichts an der marktmäßigen Bewertung von Leistung und Gegenleistung im Verhältnis zueinander (!) ändern kann, eine Anfechtung unter Äquivalenzgesichtspunkten insofern also ausscheidet.1790
1782
RGZ 111, 257, 259. RGZ 85, 322; 111, 257, 259; 112, 329, 332; 123, 89; Hefermehl in Soergel12, § 119 Rn 37; gegen die Berücksichtigung der künftigen Kursentwicklung bei § 119 Abs 2 BGB auch v. Westphalen Exportfinanzierung, 139; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 104, D 340. 1784 RGZ 111, 257, 259 f zur Kaufkraft der Mark. 1785 RGZ 111, 257, 260. 1786 BGHZ 16, 54, 57; Flume BGB AT/2, 480 f; Enneccerus/Nipperdey BGB AT, 1043; Coing in Staudinger11, § 119 Rn 16 ff; Medicus BGB AT, 288. 1787 Etwa Flume BGB AT/2, 481: „Das entscheidende Moment ist nur nicht, daß der Wert keine Eigenschaft ist, sondern daß das Rechtsgeschäft sich in aller Regel nicht auf den Wert bezieht und deshalb bei einem Irrtum über den Wert die Voraussetzung der Irrtumsanfechtung nicht erfüllt ist, daß der Gegenstand hinsichtlich seiner Eigenschaften dem Rechtsgeschäft nicht entspricht". 1788 Etwa Larenz/M. Wolf BGB AT, 674 ff; Baumann AcP 187 (1987) 511, 536; Brox in Erman', § 119 Rn 41; Heinrichs in Palandt, § 119 Rn 41; vermittelnd Dilcher in Staudinger12, § 119 Rn 45. 1789 Vgl BGH DB 1972, 479, 481; Brox in Erman', § 119 Rn 43; ferner Dilcher in Staudinger12, § 119 Rn 47: Gerade in der rechtsgeschäftlichen Bestimmung der vom Irrtum betroffenen Eigenschaft liege die Qualifikation, welche den Motivirrtum zum Anfechtungsgrund werden lasse. 1790 So wohl K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 341. 1783
292
b)
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Offener Wechselkursirrtum und falsa demonstratio
Dem Reichsgericht lag im Jahre 1922 ein Fall zur Entscheidung vor, bei dem es um die Rückzahlung eines in sowjetischen Rubeln hingegebenen Darlehens ging. 17 ' 1 Der Kläger hatte dem Beklagten, der Kriegsgefangener war, in Moskau zum Zwecke seiner Heimreise 3 0 . 0 0 0 Rubel vorgestreckt. Vereinbart war, daß der Beklagte binnen zwei Monaten nach Rückkehr in die Heimat einen Betrag von 7 . 5 0 0 Mark zurückzahlen sollte. Die Parteien waren davon ausgegangen, der Außenwert des Rubel belaufe sich zur Zeit der Darlehenshingabe auf 25 Pfennig, während der wirkliche Außenwert nur 1 Pfennig betrug. Das Reichsgericht hat dem Beklagten das Recht zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB wegen eines „Irrtums über die Grundlagen des Rechtsgeschäfts" zugestanden. 17,2 Dabei berief es sich auf seine bisherige Rechtsprechung zum sog. „erweiterten Inhaltsirrtum", 17,3 derzufolge der Irrtum in der Kalkulationsgrundlage oder der Irrtum beim Rechenvorgang zu einem Irrtum über den Inhalt der Erklärung werde, wenn die Kalkulation zum Gegenstand der für den Vertragsschluß entscheidenden Verhandlungen gemacht worden ist und die erklärten Angaben für den Erklärungsempfänger erkennbar durch die näher bezeichnete Kalkulation zustande gekommen sind. Im „Rubelfall" führte das R G aus: „Diese von der irrigen Meinung, der Rubel sei nicht 1 Pf, sondern 25 Pf wert, unmittelbar beeinflußte Willensbildung war zwar bestimmend für den Entschluß des Beklagten, aber sie bezog sich nicht auf solche Umstände, die seiner rechtsgeschäftlichen Erklärung vorausgingen und nur innere Erwägungen von seiner Seite bedeuteten, sondern sie war Teil der Erklärung selbst und wurde bei der Vertragsverhandlung dem Gegner verlautbart." 1794 Im Schrifttum wird die Rechtsprechung zum erweiterten Inhaltsirrtum nahezu einmütig abgelehnt, 17,5 und zwar zu Recht. Der Inhaltsirrtum verlangt eine Diskrepanz zwischen gemeinter und wirklicher Bedeutung der Willenserklärung. Der Umstand, daß ein Beweggrund zum Inhalt der Erklärung geworden ist oder dem Erklärungsadressaten bei den Verhandlungen bekanntgemacht wurde, verwandelt den nach § 119 Abs. 1 BGB unbeachtlichen Motivirrtum nicht zu einem beachtlichen Inhaltsirrtum. Bisweilen kann der offene Wechselkursirrtum im Wege der Auslegung richtiggestellt werden; so zutreffenderweise im „Rubelfall". Die Parteien wollten durch die Vereinbarung einer Schuldsumme von 7.500 Mark lediglich festlegen, daß das Rubel-Darlehen statt in Fremdwährung in Heimwährung zurückgezahlt werden sollte, wobei sie den Wechselkurs zur Zeit des Vertragsschlusses für maßgeblich erachteten. Dagegen war nicht beabsichtigt, den Beklagten zur Zahlung eines Vielfachen des Darlehenswertes zu verpflichten. Somit lag eine falsa demonstratio vor. 1796 Mit dem er-
RGZ 105, 4 0 6 ff. RGZ 1 0 5 , 4 0 6 , 4 0 7 f. 1 7 9 1 RGZ 64, 2 6 6 , 2 6 8 ; 90, 268, 2 7 2 ; 94, 65, 6 7 f; 97, 138, 139 f; 101, 51, 53; später ebenso R G Z 116, 15, 17; 162, 198, 2 0 1 ; in BGH N J W 1981, 1551, 1552; 1983, 1671, 1672 wurde die Frage offengelassen. 1 7 9 RGZ 105, 4 0 6 , 4 0 7 . 1 7 9 5 Etwa Flume BGB AT/2, 4 7 0 f, 501 f; Coing in Staudinger 11 , § 119 Rn 14 a; Dilcber in Staudinger 12 , § 119 Rn 28 ff; Larenz/M. Wolf BGB AT, 6 8 0 ff; Hefermehl in Soergel12, § 119 Rn 2 7 ff; zust hingegen v. Westphalen Exportfinanzierung, 91; Heiermann BB 1984, 1836, 1838 f. 1 7 9 6 Vgl jetzt auch OLG Köln NJW-RR 1997, 9 4 0 f; dazu bereits S 2 3 8 f. 1791
1792
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
293
rechneten Rückzahlungsbetrag wurde das wirklich Gewollte (Rückzahlung zum objektiv geltenden Kurs) nur fehlerhaft bezeichnet. 1797
c)
Offener Wechselkursirrtum als Eigenschaftsirrtum
Problematisch bleiben im wesentlichen Konstellationen der folgenden Art: Der Vertrag wird über eine fixe Valutasumme geschlossen, wobei den irrigen Äußerungen einer oder beider Parteien zufolge diese Summe einem bestimmten Heimwährungsbetrag unter Zugrundelegung der offiziellen Parität, des amtlichen Wechselkurses eines bestimmten Tages oder eines anderen objektivierten Kurses entsprechen soll. Im Unterschied zum Rubelfall jedoch liegt keine falsa demonstratio vor, weil sich die Einigung nur (oder jedenfalls auch) 1798 auf die Valutasumme bezieht. Die Ursache hierfür kann vor allem darin bestehen, daß die Parteien den Vertrag nicht zu welchem Kurs auch immer schließen wollen. 1799 Derartige Gestaltungen sind selten und werden analog den Fällen des Irrtums über den Börsenkurs von Wertpapieren 1800 wohl noch am ehesten im Zusammenhang mit Devisenund Valutakäufen auftreten. 1801 Nach der Rechtsprechung des RG berechtigt ein offener Kalkulationsirrtum zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB, andere diskutieren die Auflösung oder Anpassung des Vertrages unter Rückgriff auf den Wegfall der (subjektiven) Geschäftsgrundlage oder arbeiten mit der Figur der unzulässigen Rechtsausübung.1802 Folgt man der These, daß der objektivierte Wechselkurs (nicht dagegen z.B. ein Schwarzmarktkurs) eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Geldes sein kann, ist dagegen primär die Anfechtung gemäß § 119 Abs. 2 BGB 1801 in Betracht zu ziehen. 1804 1797
Enneccerus/Nipperdey BGB AT/2, 1041 Fn 27; Flume BGB AT/2, 502; LarenzIM. Wolf BGB
AT, 6 8 2 ; K. Schmidt
in Staudinger 13 , Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 3 4 1 ; Hefermehl
30; Kramer in MünchKomm-BGB 3 , § 119 Rn 77 mit Fn 173.
in Soergel 12 , § 119 Rn
1798 Flume BGB AT/2, 5 0 2 ff erörtert den Aspekt gleichrangiger sich widersprechender Vertragsbestimmungen. Ihm zufolge ist der Vertrag jedoch nicht wegen Perplexität nichtig. Es dürfe nur keine der Vertragsparteien die andere an der für diese ungünstigeren Regelung festhalten, während ebenso jede Vertragspartei das Recht haben müsse, auf der Einhaltung des Vertrages zu den für die andere Partei günstigeren Bedingungen zu bestehen. Ferner sei erforderlich, daß jede Vertragspartei nach Aufklärung des Irrtums unverzüglich der anderen erkläre, ob sie an dem Vertrag zu der für die andere günstigeren Regelung festhalten wolle. Halte keine der Vertragsparteien die andere an der für diese günstigeren Regelung fest, sei der Vertrag allerdings hinfällig (aaO 503); vgl auch Wieser N J W 1972, 7 0 8 , 7 1 0 f.
1799
Vgl Kramer in MünchKomm-BGB3, § 119 Rn 77; Larenz/M. Wolf BGB AT, 681; die falsa de-
monstratio im „Rubelfair erklärt sich aus dem Zweck der Abrede, die Rückzahlung des hingegebenen Darlehens zu regeln. Fehlt ein solcher Bezug, wird regelmäßig die genannte Summe vorrangig sein. 1 8 0 0 R G Z 9 4 , 65 ff; 97, 138 ff; 101, 5 1 ff; 116, 15 ff. 1801 Κ Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 3 4 1 . 1 8 0 2 Siehe BGH WM 1995, 2000, 2001; Dilcher in Staudinger12, § 119 Rn 29 f; Larenz/M. BGB AT, 682; Kramer in MünchKomm-BGB3, § 119 Rn 77, 123 f.
Wolf
1803 py r j e n e Autoren, die die Anfechtbarkeit wegen Irrtums über den Geldwert ausschließen, weil die Währung als Institution oder aber das Nominalwertprinzip entgegenstehe (K. Schmidt und Coing, oben Fn 1778 und 1779) dürfte die Frage spätestens dort auftreten, wo Geld nicht Gegenstand einer Zahlungsverbindlichkeit, sondern einer Sach- oder Rechtsverschaffungsschuld ist. 1804
Hefermehl
in Soergel12, § 119 Rn 31; Enneccerus/Nipperdey
BGB AT/2, 1048. Im Einzelnen
kommt es darauf an, ob verlangt wird, daß der wirkliche Kurs Geschäftsgegenstand geworden ist, oder ob nur in den Erklärungen oder bei den Verhandlungen auf ihn Bezug genommen worden sein muß.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
294
II.
Gesetzlich begründete Zahlungspflichten
1.
Allgemeine Grundsätze
Was im Bereich rechtsgeschäftlich begründeter Zahlungspflichten bereits unter dem Gesichtspunkt einer denkbaren Auslegungsregel diskutiert worden ist,1805 begegnet bei der Suche nach dem währungsmäßigen Inhalt gesetzlich auferlegter Geldschulden teilweise wieder, wenn auch in gewandelter Gestalt, nämlich als dispositiver oder auch als zwingender Grundsatz des objektiven Rechts. Die Rede ist von der These, Geldschulden lauteten mangels gegenteiliger Sondervorschrift (oder, so möchte man hinzufügen, mangels wirksamer gegenteiliger Parteiabrede) auf die Währung der lex causae. Daneben findet sich in Rechtsprechung und Schrifttum ein sehr ausgeprägter Hang zur moneta fori, der nur teilweise als Rezeption des von Melchior postulierten Primats der Inlandswährung1806 verstanden werden kann. Eine bedeutende Rolle für die bei gesetzlichen Geldschulden zu beobachtende Tendenz zur Heimwährungsklage und zum Heimwährungsurteil spielt nicht zuletzt die Lehre von der „währungsmäßigen Neutralität" der Geldwertschuld, die namentlich bei Schadensersatz- und Unterhaltsverpflichtungen die Verurteilung in DM rechtfertigen soll.
a)
Lex
causae-Währung
In neuerer Zeit1807 haben vor allem Fögen und Arend wieder den Grundsatz1808 verfochten, gesetczlihe Zahlungsverpflichtungen, die sich unmittelbar aus der deutschen Rechtsordnung ergeben, müßten auch in der hiesigen Währung entstehen.1809 Die Begründungen sind vielfältig und reichen von der Motivlage bei Erlaß des BGB bis hin zu vollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten. Auf schwachen Füßen steht dabei der Rückgriff auf jene Gedanken, die den Gesetzgeber vor nahezu 100 Jahren dazu bewogen haben, das Geldschuldrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch nur rudimentär zu regeln,1810 nämlich die Vorstellung, mit der Schaffung eines gesetzlichen Währungssystems könne es im wesentlichen sein Bewenden haben.1811 Die manIm ersten Fall stellt sich zusätzlich die in Fn 1798 angesprochene Frage der Gleichrangigkeit und ihrer Folgen. Je höher die Anforderungen an § 119 Abs 2 BGB gestellt werden, desto häufiger muß bei beiderseitigen Irrtümern unterhalb der betreffenden Schwelle auf eine Analogie zu dieser Norm oder auf § 2 4 2 BGB (Fehlen der Geschäftsgrundlage) ausgewichen werden. 1 8 0 5 S 249 ff. 1806 Melchior IPR, 290 ff. 1 8 0 7 Zwischen den Weltkriegen OLG Hamburg J W 1922, 1143; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 158 ff; in Österreich Pisko Handelsrecht, 155; in der Schweiz BGE 48 II, 74, 78. 1 8 0 8 Um mehr als einen Grundsatz kann es sich ohnehin nicht handeln; vgl § 661 HGB, der für die Schadensersatzverpflichtung des Verfrachters beim Seefrachtvertrag die Anwendbarkeit des § 244 BGB vorschreibt, jedoch einen abweichenden Umrechnungszeitpunkt vorschreibt (Kurswert, der zur Zeit der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort maßgebend ist); hingewiesen sei ferner bereits auf das Prinzip der Naturalrestitution in § 249 S 1 BGB, das auch Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 97 ff, zufolge die Entstehung von Valutaschulden ermöglicht. Fögen Geld- und Währungsrecht, 122; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 103 f, 112 f, 134 ff. 1 8 1 0 Hierauf stützt sich Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 103 f. 1811 Mugdan Materialien II, 7.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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nigfaltigen Fragestellungen des Geldschuldrechts, die Wissenschaft und Praxis heute beschäftigen, waren seinerzeit weitgehend unbekannt. Der Prozeß der Entsubstantialisierung des Geldes hatte noch nicht begonnen, und Wechselkursschwankungen moderner Prägung bildeten angesichts der Metallanbindung des Geldes noch ein Phänomen mit Ausnahmecharakter, das man mit der „Entdeckung" des Nominalwertprinzips bewältigt zu haben glaubte. Was der historische Gesetzgeber primär im Blick hatte, das waren im übrigen Inlandsfälle. Dies belegt der dem Sachrechtsproblem ausweichende Hinweis der Materialien auf die Normen des IPR, die in Betracht kämen, wenn es sich um eine im Ausland zu erfüllende Geldschuld handele.1812 Ein Rechtssatz, wonach die lex loci solutionis über die währungsmäßige Ausprägung der Geldschuld befindet, ist dem geltenden deutschen IPR indes fremd, sieht man von der Sonderanknüpfung anderslautender ausländischer Eingriffsnormen ab.1813 Auch kann beim heutigen Stand der Geldrechtswissenschaft nur noch in sehr begrenztem Maße von einer automatischen (materiellrechtlichen) Verweisung des deutschen Geldschuldrechts auf die deutschen gesetzlichen Zahlungsmittel gesprochen werden. Im Zuge der Emanzipation des Geldschuldrechts vom Währungsrecht1814 ist die Bedeutung der gesetzlichen Zahlungsmittel auf die Festlegung dessen reduziert worden, was der Geldgläubiger annehmen muß, wenn dem Schuldner Barzahlung in deutscher Währung gestattet ist. So wenig das deutsche Geldschuldrecht für die Entscheidung zwischen Bargeld und Buchgeld als Gegenstand der Leistungspflicht auf die gesetzlichen Zahlungsmittel verweist, so wenig ist dies der Fall, wenn es darum geht, welche Währung von Gesetzes wegen geschuldet wird.1815 Bei vertraglich vereinbarten Zahlungspflichten entscheidet die Auslegung der Parteiabrede, bei gesetzlich begründeten Geldschulden die Auslegung der konkreten Norm. Der Schluß, gesetzliche Vorschriften gäben dem Gläubiger, ohne daß dies expressis verbis zum Ausdruck kommen müßte, nur einen Anspruch auf das Geld, hinsichtlich dessen auch eine Annahmeobliegenheit besteht,1816 ist einerseits in sich nicht stimmig und führt andererseits auch nicht zum gewünschten Resultat, dem gesetzlichen Anspruch auf Zahlung in deutscher Währung. Schon die Existenz des § 244 BGB, ja allgemein die Figur der Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Schuldners, belegt, daß Annahmeobliegenheiten und Forderungsrecht bei Geldschulden durchaus nicht korrespondieren müssen. Da es im übrigen keinen „Annahmezwang" für Geldeinheiten deutscher Währung gibt, sondern (von Ersetzungsbefugnissen abgesehen) nur die Obliegenheit zur Annahme von Geld in der jeweils geschuldeten Währung, wäre es durchaus keine „Überlastung des Gesetzestextes", wenn Vorschriften, die sich nicht nach Sinn und Zweck unzweifelhaft auf Geldeinheiten in DM beschränken, den Zusatz „in deutscher Währung" enthielten. 1817 Tatsächlich ist dieser Weg vom deutschen Gesetzgeber verschiedentlich beschritten worden, wenn er die Verwendung von Fremdwährungen ausschließen wollte.
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Mugdan Materialien II, 7. S 133 ff; zur Anknüpfung der Regeln über den sog. beschränkten Annahmezwang S 160 ff. 1814 S 42 ff. 1815 Auch bei Zahlungen zwischen Inland und Ausland ist dieser rein privatrechtliche Gesichtspunkt entscheidend; aA Rernien RabelsZ 53 (1989) 245, 258, der darauf abstellt, daß es keinen extraterritorialen Verwendungsanspruch der Deutschen Mark gibt. 1816 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 104. 1817 AM Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 104. 1813
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Hingewiesen sei nur auf § 28 S. 2 GBO, 1 8 1 8 ferner auf §§ 244 HGB, 5 Abs. 1 GmbHG, 6 AktG, 688 Abs. 1 ZPO, 69 KO, 34 VerglO, 45 InsO; Vorschriften, die zwar nicht dem Schuldrecht angehören, wohl aber das hier in Rede stehende gesetzestechnische Argument widerlegen. Zur Stützung der These, gesetzlich begründete Geldschulden des deutschen Rechts könnten grundsätzlich nur in deutscher Währung entstehen, wird weiterhin § 244 BGB herangezogen. Aus dem Umstand, daß die einzige Norm des BGB, in der Valutaschulden eine Regelung erfahren haben, ihrem Wortlaut nach allein rechtsgeschäftlich begründete Zahlungsverbindlichkeiten erfasse, ergebe sich, daß der historische Gesetzgeber an die Möglichkeit einer auf Gesetz beruhenden Fremdwährungsverbindlichkeit überhaupt nicht gedacht habe. 1819 Die Frage jedoch, ob § 244 BGB unmittelbar oder analog auch dem Schuldner einer kraft Gesetzes entstandenen Valutaschuld eine Ersetzungsbefugnis einräumt, darf nicht verwechselt werden mit jener nach der Schuldwährung gesetzlicher Zahlungsverbindlichkeiten. Nur die Zahlungswährung erfährt in § 244 BGB eine Regelung, und es ist überaus fraglich, ob dem Begriff „ausgedrückt" tatsächlich eine Beschränkung auf rechtsgeschäftlich begründete Fremdwährungsverbindlichkeiten entnommen werden kann. 1820 Über die Voraussetzungen jedenfalls, unter denen nach deutschem Recht eine Valutaschuld entstehen kann, schweigt S 244 BGB. 1821 Etwas anderes folgt auch nicht aus der Erwägung, der Gesetzgeber habe ein erhebliches Interesse daran, die deutsche Währung vor Stabilitätsgefährdungen zu schützen.1822 Wo der Gesetzgeber in dieser Richtung auf der Ebene der Schuldwährung1823 Handlungsbedarf erblickt hat, ist auch eine entsprechende Reaktion erfolgt - und zwar bis hin an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen, nämlich durch Schaffung eines repressiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt in § 3 WährG. Die rechtswirksame Entstehung von Fremdwährungsverbindlichkeiten wurde dabei in Satz 1 der Bestimmung bewußt nicht lückenlos reglementiert, weder in personaler (vgl. § 49 Abs. 1 AWG) noch in gegenständlicher Hinsicht. Letzteres insofern, als der Tatbestand der Norm nach einhelliger Auffassung nur rechtsgeschäftlich bedungene Valutaschulden erfaßt, 1824 was im Wortlaut mit der Formulierung „eingegangen werden" zum Ausdruck kommt. 1825 Selbst im rechtsgeschäftlichen Bereich ist die Sinnhaftigkeit der Norm nicht unangefochten; in jedem Fall soll sie wegen der mit ihr bewirkten Beschränkung der Vertragsfreiheit eng auszulegen sein. 1826 Wie im1 8 1 8 Deutlicher noch in der vor Inkrafttreten der Novelle 1994 geltenden Fassung: "Einzutragende Geldbeträge sind in Reichswährung anzugeben"; zu den Hintergründen der Änderung wie auch generell zur heutigen Rechtslage unten S 4 4 7 f. 1819 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 104. 1 8 2 0 Dazu S 4 9 2 ff. 1821 Steenken Fremdwährungsschulden, 47. 1 8 2 2 So aber Arend aaO. 1 8 2 3 Zur währungsrechtlichen Zwecksetzung des § 2 4 4 BGB S 4 7 8 ff. 1824 K. Schmidt in Staudinger13, Vor § 2 4 4 Rn D 2 1 5 ; auch § 3 S 2 WährG erfaßt nach einhelliger Auffassung keine gesetzlich begründeten Geldschulden; siehe nur Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 137 f. 1 8 2 5 Es widerspräche im allgemeinen bereits Sinn und Zweck der jeweils schuldbegründenden Gesetzesnorm, die rechtswirksame Entstehung einer Schadensersatz-, Unterhalts-, Herausgabe- oder Aufwendungsersatzverpflichtung von einer Genehmigung durch die Deutsche Bundesbank abhängig zu machen. Dies gilt für Valutaschulden wie für DM-Geldwertschulden gleichermaßen. 1 8 2 6 S 2 7 0 f.
S 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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mer man daher die Erforderlichkeit des § 3 WährG in rechtspolitischer Hinsicht einschätzen mag, zu einer Ausdehnung seines Schutzgedankens auf die Interpretation von Zahlungsverbindlichkeiten, die durch Gesetz auferlegt werden, besteht kein Anlaß. Hierzu bedürfte es einer klaren Aussage des Normgebers. Stabilitätsgefährdend könnten sich gesetzlich begründete Valutaschulden ohnehin kaum auswirken, da eine „Verstärkerwirkung" in Gestalt der Flucht in Auslandswährungen undenkbar ist, solange Schuldentstehung und Währungsbestimmung vom Parteiwillen unabhängig sind. 1827 Außerdem ginge das heimwährungsorientierte, weil stabilitätspolitischen Erwägungen verpflichtete Verständnis gesetzlicher Geldschuldverhältnisse über das „Vorbild" des § 3 WährG hinaus. Um die gröbsten Wertungswidersprüche zu vermeiden, müßten die personalen Grenzziehungen von W ä h r G bzw. A W G entsprechende Anwendung finden. Auch wäre Raum für Ausnahmen zu schaffen, da vertragliche Valutaschulden in beträchtlichem Umfang durch die Deutsche Bundesbank genehmigt werden. In dieser Hinsicht hätte der Richter allerdings Überlegungen anzustellen, die der Gesetzgeber im rechtsgeschäftlichen Bereich gerade der Beurteilung durch die Gerichte entzogen und in das Ermessen einer Verwaltungsbehörde gestellt hat. All dies zeigt, daß Gesichtspunkte des Schutzes der deutschen Währung, zumal in einer Zeit kontinuierlicher DM-Stärke, in keiner Weise geeignet sind, die These zu begründen, gesetzlich begründete Zahlungsverbindlichkeiten lauteten grundsätzlich auf deutsche Währung, sofern deutsches Recht die Obligation beherrscht. Es ist Fögeti, der darüber hinaus zu bedenken gibt, daß es kaum in der Absicht des Gesetzgebers liegen könne, den Schuldner zu einer Leistung zu verpflichten, die er ihm vielleicht selbst durch Devisenbewirtschaftung oder Transferbeschränkungen unmöglich mache. Gläubiger wie Schuldner sei es gleichermaßen nicht dienlich, wenn die Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung nur deshalb zurückgestellt werden müsse, weil es sich dabei um eine Valutaschuld handele. 1 8 2 8 Bereits seit dem Erlaß des A W G im Jahre 1 9 6 1 jedoch ist der Außenwirtschaftsverkehr liberalisiert, auch § 3 S. 1 WährG hat entsprechende Beschränkungen erfahren und dient heute nicht mehr devisenrechtlichen Zwecken. Darüber hinaus legt Art. 73 b des EG-Vertrages seit Beginn 1 9 9 4 fest, daß Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs auch im Verhältnis zu Drittländern verboten sind. Die von Fögen gehegten Befürchtungen eines in sich widersprüchlichen Verhaltens des Gesetzgebers sind somit unbegründet. 1 8 2 9 Was bleibt, das sind mögliche Transferbeschränkungen dritter Staaten. So durfte etwa ein Bürger der ehemaligen D D R nur Beträge in konvertiblen Fremdwährungen einführen, nicht aber solche in Mark der D D R . 1 8 3 0 Umgekehrt reglementieren aber viele Staaten auch den Transfer von Fremdwährungsbeträgen ins Ausland. Beschränkungen der genannten Art bilden zudem kein Spezifikum gesetzlicher Zahlungsverpflichtungen, sondern betreffen in gleicher Weise rechtsgeschäftlich begründete Geldschulden. Anlaß für das deutsche Recht, auf derartige Beschränkungen in der Weise zu reagieren, daß sämtliche gesetzliche Geldschulden von vornherein in D M entste-
1 8 2 7 Wo dies der Fall ist, greift § 3 S 1 WährG ein, vgl zB BGHZ 101, 296, 3 0 2 f: Vertrag über die Erstattung der Verluste aus unverbindlichen Börsentermingeschäften zwischen Währungsinländern in US-Dollar; ferner BGH NJW 1991, 634, 637: Stillschweigende Übereinkunft durch Prozeßverhalten, wonach ein etwaiger Anspruch aus § 826 BGB auf Singapore-Dollar lauten soll. 1828 Fögen Geld- und Währungsrecht, 122. 1 8 2 9 So auch Rentiert RabelsZ 53 (1989) 245, 258. 1830 Steenken Fremdwährungsschulden, 44.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
hen, besteht in keinem Fall. Zu lokalisieren ist die angesprochene Problematik vielmehr im Bereich der Leistungsstörungen. 1831 Wenig Überzeugungskraft besitzt schließlich das Argument, dem Gesetzgeber dürfe nicht unterstellt werden, er wolle den Schuldner zu einer Geldleistung verpflichten, die in dieser währungsmäßigen Gestalt im Inland möglicherweise nicht beigetrieben werden könne. 1 8 3 2 Aus vollstreckungsrechtlichen Gegebenheiten auf die Ausgestaltung des materiellen Rechts zu schließen, ist schon im Ansatz ein problematisches Unterfangen, selbst wenn und soweit das deutsche Vollstreckungsrecht tatsächlich nicht die Möglichkeit bieten sollte, titulierte Valutabeträge zwangsweise in Fremdwährung zu realisieren. 1 8 3 3 Bereits § 8 8 8 Abs. 2 Z P O dokumentiert, daß materiellrechtliche Ansprüche nicht stets eine vollstreckungsrechtliche Entsprechung finden müssen. Außerdem wäre die Schranke des Vollstreckungsrechts auch bei rechtsgeschäftlich begründeten Valutaschulden zu beachten; daß sie deren Entstehung nicht hindert, ist aber unbestritten. Hingewiesen sei ferner auf die Möglichkeit einer (titeladäquaten) Vollstreckung im Ausland sowie auf die „Privatvollstreckung" im Wege der Aufrechnung.
b)
Zur „ währungsmäßigen Neutralität" der Geldwertschuld
aa) Herleitung und Konsequenzen Geldwertschulden sind Zahlungsverbindlichkeiten, die (noch) nicht auf eine feste Summe lauten, sondern in ihrer Höhe von einer erst später erfolgenden Berechnung anhand realer Werte abhängen. 1 8 3 4 Sie können Gegenstand rechtsgeschäftlicher Übereinkunft sein durch Dynamisierung einer Geldsummenschuld ebenso wie durch bloße Bezugnahme auf den künftigen Wert einer Währung, Sache oder Leistung. Das Phänomen der Geldwertschuld tritt daneben bei gesetzlich begründeten Zahlungsverbindlichkeiten auf, sofern der jeweilige Normzweck den durch Geld zu bewirkenden Transfer eines bestimmten (ziffernmäßig noch nicht feststehenden) realen Wertes vorsieht. Bei Unterhaltsverpflichtungen etwa, wenn angemessener, d.h. nach Maßgabe der Bedürftigkeit und der Lebensstellung des Berechtigten zu ermittelnder Unterhalt geschuldet wird, 1 8 3 5 oder bei Schadensersatzverpflichtungen, wenn sie auf Herstellung eines hypothetischen wirtschaftlichen Zustandes zielen. 1 8 3 6 Nach einer in Rechtsprechung 1 8 3 7 und Schrifttum 1 8 3 8 verbreiteten Auffassung lauten Geldwertschulden im Gegensatz zu Geldsummenschulden nicht von vornherein auf eine
S 600 ff. Fögen Geld- und Währungsrecht, 122. 1 8 3 3 Näher dazu § 18. 1 8 3 4 Siehe bereits S 77 f. 1835 Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 34; Fögen Geld- und Währungsrecht, 142 f. 1836 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 321; Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 54; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 130. 1 8 3 7 Zum Schadensersatz BGHZ 14, 212, 2 1 7 ; BGH DB 1958, 306, 3 0 7 ; BGH WM 1977, 478, 4 7 9 ; BGH VersR 1989, 54, 56; BGH NJW 1991, 634, 6 3 7 ; OLG Köln NJW 1971, 2128 f; OLG Köln NJW-RR 1988, 30; OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1988, 1107, 1110; OLG München RIW 1988, 297, 2 9 9 ; zum Unterhalt BGH FamRZ 1961, 261, 262 (der Fall betraf § 845 BGB); 1990, 992, 993; 1992, 1060, 1062; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1987, 623; KG FamRZ 1994, 759, 7 6 3 ; LG Dussel1831
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bestimmte Währung. Uneinheitlich sind allerdings die hieraus abgeleiteten Konsequenzen. Während in Unterhaltssachen offen von einem Wahlrecht des Gläubigers zwischen D M und anderen Währungen gesprochen wird, 1839 ist in Schadensersatzsachen die Tendenz hin zur deutschen Währung merklich ausgeprägter. Im Jahre 1 9 5 4 postulierte der B G H die Regel, „daß das Urteil auf Zahlung in der heimischen Währung zu ergehen hat, so vor allem dann, wenn der Kläger selbst nur solche Zahlung begehrt und der Schuldner keine triftigen Gegengründe hat". 1 8 4 0 1977 wurden aus den „triftigen Gegengründen" dann „Einwendungen", 1841 was insgesamt etwas milder wirkte und die Vermutung nahelegte, es könne in der Sache eher um eine Würdigung des Prozeßverhaltens der Parteien gehen. Doch in einer Entscheidung aus dem Jahre 1 9 9 0 erhob der B G H sogar Bedenken dagegen, daß der Klageantrag auf Zahlung von Singapore-Dollar statt D M lautete, obwohl der geltend gemachte Schaden in Aufwendungen bestanden hatte, die vom Kläger in der Währung Singapurs erbracht worden waren. 1842 In allen Fällen, in denen sie den Schuldner zur Zahlung von deutscher Währung verpflichten, wollen die Befürworter der Neutralitätsthese den Umstand, daß Bedürfnisse, Aufwendungen oder Schäden in ausländischer Währung entstehen bzw. entstanden sind, nur als Berechnungsfaktor zur Ermittlung der Schuldhöhe berücksichtigen. 1843 Konstruktiv führte dies zur Begründung einer gesetzlichen Valutawertschuld. 1844
bb) Kritik Eine überzeugende Begründung dafür, warum bei Geldwertschulden die Unbestimmtheit der Schuldhöhe zwingend die Unbestimmtheit der Schuldwährung nach sich ziehen sollte, konnte jedoch bis heute nicht gegeben werden. Gewiß ist eine Geldsumme ohne währungsmäßige Fixierung nicht denkbar, 1845 umgekehrt kann jedoch der Gegenstand der Zahlungsverbindlichkeit ohne weiteres bereits zu einem Zeitpunkt bestimmt sein, in dem über die zu leistende Summe noch keine endgültige Aussage möglich ist. 1846 Wer dieser ex ante-Betrachtung nicht beipflichten mag, weil sich die währungsbestimmenden Faktoren (z.B. der Gläubigerwohnsitz) bis zur summenmäßigen Fixierung ändern könnten, hat dorf DAVorm 1974, Sp. 629, 630; siehe ferner BGHZ 36, 11, 15 (güterrechtlicher Ausgleichsanspruch). 1 8 3 8 Zum Schadensersatz etwa Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach An 34 EGBGB Anh. I Rn 14; Gruber MDR 1994, 759, 760; zum Unterhalt zB Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 34 ff; Siehr in MünchKomm-BGB2, Art 18 EGBGB Anh. I Rn 236; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 44; W. Köhler Hdb des Unterhaltsrechts, Rn 1036; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 11; Gamillscheg in Staudinger10'11, Vorbem vor Art 13 EGBGB Rn 406 f; Marquordt in Erman7, Vor Art 13 EGBGB Rn 12. 1 8 3 9 BGH FamRZ 1990, 992, 993; 1992, 1060, 1062. 1 8 4 0 BGHZ 1 4 , 2 1 2 , 2 1 7 . 1 8 4 1 BGH WM 1977, 478, 479. 1 8 4 2 BGH NJW 1991, 634, 637. 1 8 4 3 Bereits RGZ 96, 121, 123 sprach in einem Schadensersatzprozeß, der über die Pflicht zur Erstattung entgangenen Gewinns in Höhe von 2 1 . 0 0 0 öst. Kronen geführt wurde, davon, die österreichische Währung bilde einen bloßen Rechnungsfaktor für den Umfang der in Mark zu bestimmenden Ersatzverpflichtung. 1844 Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 13, 24.
133.
1845
Karl Neumeyer IntVerwRim,
1846
f. Hoffmann FS Firsching, 125, 130, 133.
300
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
gleichwohl keine Veranlassung, von „währungsmäßiger Neutralität" zu sprechen und aus dem „Wesen" der Geldschuld die Möglichkeit zur Erfüllung, Aufrechnung, Klage und Verurteilung in deutscher Währung zu schlußfolgern. Drei Gesichtspunkte sollten dabei unterschieden werden. Erstens findet bei der Geldwertschuld (selbst wenn die Währung wirklich erst im Zeitpunkt der summenmäßigen Fixierung oder jedenfalls nach Schuldentstehung feststände) keine Konkretisierung auf eine von mehreren ursprünglich alternativ geschuldeten Währungen statt. Auch von jenen Vertretern der Neutralitätsthese, die ein Wahlrecht des Gläubigers befürworten, wird konzediert, daß „nicht jede Währung der Welt" geschuldet wird, sondern lediglich „jede Währung, die zu den Umständen des einzelnen Falles eine vernünftige Beziehung aufweist, zur Erfüllung des Anspruchs verwandt werden kann". 1 8 4 7 Aber die Geldwertschuld ist keine geborene Wahlschuld, bei der das Wahlrecht dem Gläubiger oder dem Gericht zusteht. Der Geldwertschuldner ist nur zur Leistung einer einzigen Währung verpflichtet, allein der Zeitpunkt der Währungsbestimmung ist möglicherweise auf den der Erfüllung, Aufrechnung, Klageerhebung etc. verlagert - natürlich immer unter der Voraussetzung, daß der Leistungsgegenstand der Geldwertschuld nicht bereits bei Schuldbegründung oder später feststeht. Geldwertschulden und Wahlschulden bilden zwar keine Gegensätze; so können die Parteien ohne weiteres vereinbaren, daß ein bestimmter Schaden nach Wahl des Gläubigers durch Leistung von US-Dollar oder DM zu ersetzen ist. Auch bei gesetzlich begründeten Geldwertschulden wäre eine derartige Alternativität denkbar. In beiden Fällen jedoch folgte die Währungsoption nicht aus der Natur der Geldwertschuld als einer Schuld, deren Umfang von realen Werten abhängt, sondern aus dem Inhalt der konkreten Parteiabrede oder dem konkreten Gesetzeszweck. 1848 Bezeichnenderweise findet sich diese Einschätzung dem Grunde nach in der neueren Rechtsprechung des BGH in Schadensersatzsachen wieder, wenn dort dem Gläubiger angesonnen wird, die Klage in jedem Fall auf Zahlung von D M zu richten. 1849 Zweitens ist dann, wenn man die Charakterisierung der Geldwertschuld als geborene Wahlschuld ablehnt, kein innerer Grund dafür erkennbar, daß die Währungsfrage Gegenstand einer Ermessensentscheidung ähnlich §§ 315 ff. BGB oder einer Schätzung nach Art des § 2 8 7 ZPO sein sollte. Unabhängig davon, ob die Bestimmung der Schuldwährung auf die Schuldentstehung oder auf einen späteren Zeitpunkt bezogen wird, es handelt sich stets um gebundene Rechtsanwendung nach Maßgabe objektiver Kriterien wie Gläubigerwohnsitz, Schuldnerwohnsitz O.A., die nur eine „richtige" Entscheidung zuläßt. Daß im Einzelfall aufgrund des prozessualen oder vorprozessualen Parteiverhaltens (Stichworte: Schuldumwandlung, venire contra factum proprium) 1850 eine hiervon abweichende Entscheidung erfolgen kann bzw. muß, ändert an dieser Betrachtungsweise nichts, zumal es sich dabei nicht um ein Spezifikum der Geldwertschuld handelt. 1851 1847
Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 35 f.
Vgl auch Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 133, der weitergehend fragt (und verneint), ob die gesetzliche Geldschuld schlechthin als Wahlschuld ausgestaltet ist. Den Kern des Problems bildet allerdings nicht der Entstehungsgrund der Geldschuld (vertraglich - außervertraglich), entscheidend kommt es darauf an, ob eine Geldschuld, deren Höhe noch nicht feststeht, auch in währungsmäßiger Hinsicht noch unbestimmt ist. 1 8 4 9 BGH N J W 1991, 634, 637. 1 8 5 0 Siehe noch S 7 0 0 ff. 1 8 5 1 BGH IPRax 1994, 3 6 6 f; Grothe IPRax 1994, 346, 3 4 8 f. 1848
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Drittens schließlich erklärt nichts von alledem, warum Klageantrag und Urteil grundsätzlich immer auf deutsche Währung lauten dürfen oder gar müssen (Entsprechendes hätte für Erfüllung, Aufrechnung etc. zu gelten).1852 Die Neutralität oder anfängliche Unbestimmtheit der Geldwertschuld enthält keinerlei Anhaltspunkt für diesen vor allem in Schadensersatzfällen gezogenen Schluß. Das heißt nun nicht, daß Schadensersatzverpflichtungen in Fällen mit Auslandsberührung nicht auf DM lauten könnten. So wenig aber die Maßgeblichkeit der deutschen Währung darmit begründbar ist, daß gesetzliche Zahlungsverpflichtungen unter deutschem Recht stets in DM entstehen, so wenig leitet sie sich aus dem Wesen der Geldwertschuld ab. Die angebliche Unanwendbarkeit des § 244 BGB auf gesetzlich begründete Geldschulden1853 liefert keine indirekte Legitimation für die hier kritisierte Doktrin. Zwar betont das Reichsgericht, eine Geldschuld könne begrifflich nur dann in ausländischer Währung „ausgedrückt" sein, wenn eine dahingehende Parteiabrede existiere.1854 Auch ist in der neueren Rechtsprechung zur währungsmäßigen Einordnung von Geldwertschulden bisweilen davon die Rede, eine Auslandswährung fungiere nur als Rechnungsfaktor „für die Feststellung des vom Schuldner in der Währung seines Landes1855 zu leistenden Schadensersatzes".1856 Dabei wurde mitunter § 244 BGB analog herangezogen, wenn es galt, den Zeitpunkt der Wertberechnung zu bestimmen.1857 Doch wer den über § 244 BGB i.V.m. §§ 269, 270 Abs. 4 BGB1858 vermittelten Schutz inländischer Schuldner im Ergebnis nicht preisgeben will, muß aus der Geldwertschuld keine Heimwährungsschuld machen. Der Anwendungsbereich des S 244 BGB ist nicht zwingend auf rechtsgeschäftlich bedungene Valutaschulden begrenzt, sondern kann zumindest analog auch gesetzliche Zahlungsverpflichtungen erfassen, sofern nur der Leistungsgegenstand in Einheiten einer ausländischen Währung besteht.1859 Dem Sinn und Zweck der schuldbegründenden Norm wäre zu entnehmen, ob die Auslandswährung effektiv geschuldet wird oder nicht, so daß dem Schuldner gegebenenfalls die Befugnis zur Zahlung von DM an Erfüllungs Statt zuteil würde.1860 Im übrigen greift das Verständnis der Geldwertschuld als DM-Schuld weit über die Zielsetzung des § 244 BGB hinaus. Nicht nur, daß dem Schuldner im Falle eines inländischen Erfüllungsortes kein Recht zur DM-Zahlung zuerkannt, sondern eine entsprechende Pflicht auferlegt würde. Auf den Erfüllungsort der jeweiligen Verpflichtung käme es gar von vornherein nicht an. Und dies, obwohl gerade bei gesetzlichen Geldschulden von der Regel des § 269 BGB oftmals zu Gunsten des Gläubigerwohnsitzes abgewichen wird,1861 so daß § 244 BGB auch dem ausländischen Schuldner zugute käme.
Nussbaum Das Geld, 245 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 95, 133. ZB W. Mayer Valutaschuld, 80 ff. 1 8 5 4 RGZ 109, 61, 62. 1 8 5 5 Hervorhebung des Verfassers. 1 8 5 6 BGHZ 14, 212, 2 1 7 ; OLG Köln NJW 1971, 2128, 2129. 1 8 5 7 OLG Köln NJW 1971, 2128, 2129. 1 8 5 8 Die Frage, ob der Zahlungsort iSd § 244 BGB wirklich mit dem des Erfüllungsortes gemäß § 269 BGB gleichzusetzen ist, wird unter § 121. behandelt. 1859 Nussbaum Das Geld, 2 4 5 ; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 25; Steenken Fremdwährungsschulden, 62; Birk RIW 1973, 425, 436. 1 8 6 0 Einzelheiten S 491 ff und 513 ff. 1 8 6 1 Für deliktische Schadensersatzverpflichtungen siehe zB BGHZ 5, 138, 143; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 133, 140; S t e r i n Planck4, § 249 Rn 8 ;A. Werner in Staudinger w n , § 269 Rn 15. 1852
1853
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302
cc)
Mutmaßlicher
Hintergrund
Die skizzierte Neutralitätsthese in ihrer ursprünglichen Gestalt (Wahlmöglichkeit von Gläubiger und/oder Schuldner) kann eine gewisse Nähe zu forensischen Überlegungen nicht verleugnen. Gemeint ist die in Rechtsprechung und Schrifttum gleichermaßen verbreitete, wenn auch auf recht verschiedenartige Gründe gestützte Auffassung, das Urteil dürfe unabhängig von der bei Prozeßbeginn zu beobachtenden Rechtslage auf Zahlung in der beantragten Währung lauten, sofern der Beklagte dem im Verlauf des Rechtsstreites nicht widersprochen habe.1862 Allerdings bezieht sich diese Lehre auf Geldschulden schlechthin; ob es sich um rechtsgeschäftlich oder gesetzlich begründete Zahlungsverbindlichkeiten, um Geldwertschulden1863 oder Geldsummenschulden1864 handelt, spielt keine Rolle. Inwieweit sich dahinter wirklich prozessuale oder nicht vielmehr materielle Grundsätze verbergen, soll an anderer Stelle geklärt werden.1865 Das Bindeglied zur angeblich währungsrechtlichen Neutralität der Geldwertschuld liegt in der Annahme, die Bestimmung der Schuldwährung bilde jedenfalls so lange eine eher sekundäre Frage, als die Parteien nicht ausdrücklich über sie streiten.1866 Die währungsmäßige Festlegung - so heißt es etwa bei Hirschberg - sei bei Geldwertschulden bedeutungslos, weil ein Wert an sich in jeder Währung bestimmt und übertragen werden könne; die Schwierigkeit bestehe einzig darin, die Schuldhöhe zu ermitteln.1867 Auf welche Währung das Gericht erkenne, sei vielfach eine Frage der Praktikabilität. Als einfachste Lösung biete sich die heimische Währung an, zumal dann, wenn es sich dabei um die Währung des Schuldners handele, was nicht zuletzt die Vollstreckung erleichtere.1868 Daneben geht es bei der währungsmäßigen Neutralität der Geldwertschuld darum, die Probleme, die im Zusammenhang mit Transferhindernissen auftreten, schon im Ansatz weitgehend zu vermeiden: Darf etwa der ausländische Gläubiger in casu Einheiten seiner Heimwährung aus devisenrechtlichen Gründen nicht einführen, wird eine dem § 265 S. 1 BGB vergleichbare Situation angenommen. Der Gläubiger kann, ohne daß es weiterer Überlegungen bedürfte, Zahlung in einer der anderen Währungen verlangen, die nach Lage des Falles in Betracht kommen. Daß die Neutralitätsthese kein dogmatisches Fundament besitzt, vor allem nicht die Tendenz hin zur DM als Schuldwährung rechtfertigen kann, wurde bereits dargelegt. Aber auch die so sehr in den Vordergrund gerückten Gesichtspunkte der Praktikabilität und Billigkeit erweisen sich bei näherem Zusehen als fragwürdig. Zunächst muß der Rechtsanwender ohnehin feststellen, welche Währung als Rechnungsfaktor zur Ermittlung des Schadens, Unterhalts etc. heranzuziehen ist. Alsdann taucht die Frage nach dem Umrechnungszeitpunkt auf. Soll etwa antragsgemäß auf Zahlung in deutscher Währung verurteilt werden, sind Wertverzerrungen selbst dann nicht auszuschließen, wenn die Umrechnung 1 8 6 2 R G Z 96, 121, 123; RG J W 1920, 704, 7 0 5 ; 1921, 22, 23; RG HansRZ 1921, Sp. 4 6 1 , 4 6 2 f; B G H Z 101, 296, 3 0 7 ; BGH W M 1977, 4 7 7 , 4 7 9 ; BGH N J W 1991, 634, 6 3 7 ; OLG Karlsruhe DB
1978, 2017, 2018; LG Hamburg RIW 1980, 64; Melchior IPR, 290 f; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 67 ff; ders NJW 1989, 65, 67; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 35; Alberts Währungs-
schwankungen, 4 0 ; Heinrichs in Palandt, §§ 244, 2 4 5 Rn 16. 1 8 6 3 Etwa BGH NJW 1991, 634, 637. 1 8 6 4 ZB B G H Z 101, 296, 3 0 6 f. 1 8 6 5 Eingehend dazu S 7 0 0 ff. 1 8 6 6 Vgl die Einschätzung von v. Hof/mann FS Firsching, 1 2 5 , 1 3 1 ; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 259. 1867 1868
Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 34 f. Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 36.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
303
nach dem Kurs zur Zeit der Entscheidung erfolgt. 1 8 6 9 Stiege der Kurs der deutschen Währung gegenüber der Rechnungswährung im Zeitraum zwischen Urteilsfällung und Zahlung, erhielte der Gläubiger ein höheres M a ß an abstrakter Vermögensmacht, als ihm aufgrund der Wertberechnung an sich zugedacht war. Fiele umgekehrt der Kurs der D M , bekäme der Gläubiger entsprechend weniger. Inwieweit dies mit Sinn und Zweck der jeweils schuldbegründenden Norm noch in Einklang steht, ist Gegenstand späterer Untersuchung. Modelle zur Vermeidung dieser Diskrepanzen werden zwar diskutiert: Kursverluste des Gläubigers als Verzugsschaden; 1870 unbezifferte Verurteilung mit der Maßgabe einer Umrechnung im Zahlungszeitpunkt. 1871 Einigkeit herrscht hierüber freilich nicht. Im Zuge der angedeuteten Probleme, die sich im Falle einer Auslandsvollstreckung noch vergrößern, 1 8 7 2 dürfte sich der vermeintliche Praktikabilitätsvorteil der Neutralitätsthese weitgehend verflüchtigen und die Frage zusehends drängender werden lassen, warum denn überhaupt ein Umrechnungsbedürfnis anerkannt werden sollte. Dies umso mehr, als in vielen Fällen für den Gläubiger eine Rückumrechnung unvermeidlich wäre, und zwar anläßlich eines mit Kosten verbundenen Geldumtausches in seine Heimwährung, was im Ergebnis konsequenterweise nur zu einer Erhöhung des Schadens, Unterhaltsbedarfs etc. führte (Umrechnung anhand des höheren Briefkurses der Fremdwährung; Wechselgebühren). Devisenrechtlich verursachte Transferprobleme schließlich können als Leistungsstörungen beachtlich sein und sich auf den Inhalt der Schuld auch in währungsmäßiger Hinsicht auswirken. 1 8 7 3 Als Kriterium zur Beurteilung des „Normalfalls" sind sie ungeeignet.
2.
Vertragsergänzende Primärpflichten
a)
Methodenproblem
Im Grenzbereich zwischen Vertragsauslegung und objektivem Recht ist die Frage angesiedelt, in welcher Währung diejenigen primären 1 8 7 4 Zahlungspflichten entstehen, die zwar einen Vertrag zur Voraussetzung haben, selbst aber nicht Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Abrede sind, sondern durch ergänzendes, dispositives Gesetzesrecht begründet werden. Beispiele bilden die in §§ 667, 670 B G B festgelegten Herausgabe- und AufwendungsSiehe nur v. Hoffmann FS Firsching, 125, 131 f; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 260 ff. Steenken Fremdwährungsschulden, 45, 48. 1 8 7 1 ZB RG JW 1924, 672 (ähnlich RG JW 1924, 1590, 1591): Verurteilung zur „Zahlung des Markbetrags, der am Tage der Zahlung dem Betrage von Pfund Sterling 17.4.6. entsprechen werde". § 244 BGB, auf den sich das Reichsgericht stützt, gelangte jedoch höchstens analog zur Anwendung und zwar nur dessen Abs 2. Siehe ferner RGZ 145, Γ1, 52, wo folgender Hauptsachetenor der Vorinstanz unbeanstandet blieb: „Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 950 englische Pfund nebst 6 v.H. Zinsen seit dem 1. Februar 1933 und 1.300 englische Pfund nebst 6 v.H. Zinsen seit dem 1. April 1933 zu zahlen, und zwar beide Beträge in deutscher Währung zum Kurse vom 1. Februar 1933 (hinsichtlich des ersten Betrags) und vom 1. April 1933 (hinsichtlich des zweiten Betrags), hinsichtlich aller Beträge jedoch zum Kurse des Zahlungstages, falls dieser Kurs ein höherer ist". In diesem Sinne grundsätzlich auch Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 109 f, 136 ff; zur Problematik noch S 668 ff. 1872 Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 263. 1 8 7 3 Näher dazu S 600 ff. 1 8 7 4 Zur Differenzierung zischen Primärpflichten und Sekundärpflichten etwa K. Schmidt in Staudinger12, Einl zu §§ 241 ff Rn 297 mwN. 1865 1870
304
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
ersatzverpflichtungen bei Auftragsverhältnissen. Im Wege normativer Auslegung, sei es auch unter Zuhilfenahme materialer Auslegungsregeln, läßt sich die Währung in derartigen Fällen nur unter der Voraussetzung ermitteln, daß die Zahlungspflicht als solche in der Vereinbarung irgendwie Anklang gefunden hat.1875 Ansonsten ist eine Regelungslücke zu konstatieren, die auf unterschiedliche Weise geschlossen werden kann. Durch ergänzende Vertragsauslegung oder durch Auslegung der Dispositivnorm, die die Zahlungspflicht begründet. Hierbei ist grundsätzlich dem dispositiven Gesetzesrecht und seinen Wertungen Vorrang einzuräumen, da ihnen eine modellhafte, gerechte und gleichmäßige Abwägung der typischen Parteiinteressen zugrunde liegt, die allzu leicht beiseite geschoben werden könnte, wenn der Richter in jedem Einzelfall eine vom Gesetz unabhängige Lückenausfüllung vornähme. 1876 Anders bei atypischen Geschäften oder Interessenlagen; dort ist eine individuelle Vertragsergänzung geboten.1877 Für diejenigen, die in großem Umfang die These verfechten, gesetzlich begründete Geldschulden lauteten stets auf deutsche Währung, bildet die ergänzende Vertragsauslegung den Ausweg, um in besonders gelagerten Situationen doch zur Annahme einer Valutaschuld zu gelangen. Da nach der hier vertretenen Auffassung der Entstehung von Fremdwährungsverbindlichkeiten kraft Gesetzes keine prinzipiellen Einwände entgegenstehen, soll im folgenden von der gesetzlich zugrunde gelegten Interessenlage ausgegangen und untersucht werden, inwieweit bereits in den typischen Fällen vertragsergänzender gesetzlicher Herausgabe- und Aufwendungsersatzverpflichtungen eine Valutaschuld begründet wird. Rechtsprechung und Schrifttum verfahren uneinheitlich. Bei ihnen steht das Bemühen um eine interessengerechte Lösung des Einzelfalles derart stark im Vordergrund, daß häufig nicht einmal erkennbar wird, ob die Schuldwährung auf Vertragsauslegung, ergänzender Vertragsauslegung oder dispositivem Gesetzesrecht beruht. 1878 Tatsächlich mag diese Frage bisweilen angesichts übereinstimmender Ergebnisse eher sekundär erscheinen, zumal die Währungsbestimmung aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ebensowenig nach Maßgabe des § 119 Abs. 1 BGB angefochten werden kann wie bei Heranziehung einer gesetzlichen Dispositivbestimmung.1879 Indes sind jedenfalls die Unterschiede zur „normalen" (auch normativen) Auslegung evident, nicht nur, was die Anfechtbarkeit anbelangt, sondern etwa auch im Hinblick auf die Überprüfbarkeit durch das Revisionsgericht.1880 Die Grenze zwischen Auslegung und Anwendung objektiven Rechts1881 ist somit ohnehin zu ziehen, selbst wenn im Bereich von Herausgabeansprüchen materiale Auslegungsregeln und Dispositivnormen den gleichen 1875 Wenn auch nur in Gestalt einer Bestimmung, der zu entnehmen ist, daß etwa entstehende Ansprüche und Verbindlichkeiten in bestimmter Weise abzurechnen sind. Einen Ansatzpunkt könnte ferner die Rezeption gesetzlicher Anspruchsnormen in der Parteiabrede bilden. 1876 Hertckel AcP 159 (1960/61) 106, 122; Lüderitz Auslegung von Rechtsgeschäften, 454; Urem/ M. Wolf BGB AT, 563. 1877 ZB BGH NJW 1982, 2816, 2817; Larenz/M. Wolf BGB AT, 563. 1878 Die ergänzende Vertragsauslegung wird in den Vordergrund gerückt von Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 7. 1879 Flume BGB AT/2, 325 f; Henckel AcP 159 (1960/61) 106, 125; der Irrtum über die Vertragsergänzung ist ein unbeachtlicher Rechtsfolgeirrtum. Die ergänzende Rechtsfolge kann nicht Inhalt der Erklärung sein, da anderenfalls schon keine Lücke bestände, die durch Vertragsergänzung zu füllen wäre. 1880 Henckel AcP 159 (1960/61) 106, 126. 1881 Die ergänzende Vertragsauslegung ist Anwendung objektiven Rechts; zutr etwa Henckel AcP 159 (1960/61) 106. 121 ff.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Inhalt aufweisen. Im übrigen handelt es sich um mehr als ein Gebot der Methodenehrlichkeit offenzulegen, welche Norm des objektiven Rechts die Schuldwährung festgelegt hat, eine Spezialnorm wie z.B. §§ 667, 670 BGB oder die allgemeinen Regeln der §§ 157, 242 BGB. Nur so wird gewährleistet, daß spezialgesetzliche Wertungen beachtet und nicht ohne besonderen Anlaß übergangen werden können.
b)
Herausgabeverpflichtungen
Geht es um die Beurteilung einer vertragsergänzenden objektivrechtlichen Pflicht zur Herausgabe von Geld, das der Schuldner aus der Erfüllung eines Auftrags, Geschäftsbesorgungsvertrages oder etwa als Kommissionär erlangt hat, kann eine Fremdwährungsverbindlichkeit im hier verstandenen Sinne nur unter zwei Voraussetzungen angenommen werden: Die Herausgabeschuld muß auf ausländische Währung lauten, und es muß sich um eine Zahlungspflicht handeln. Wird etwa die Herausgabe genau der empfangenen Geldzeichen geschuldet (wie bei einer Einkaufskommission, die sich auf bestimmte Sammlermünzen, Stückschuld, oder bestimmte Sorten Kleingeld, Gattungsschuld, bezieht), liegt unabhängig von der nationalen Herkunft der Geldzeichen keine Valutaschuld vor.1882 Eine Zahlungsverbindlichkeit mag weiter zu verneinen sein, wenn sich aus der vertraglichen Beziehung eine Pflicht des Beauftragten zu getrennter Aufbewahrung bzw. Kontenführung ergibt.1883 In aller Regel ist jedoch der Schuldner, der zur Ausführung des Auftrags vom Auftraggeber Geld erhalten hat bzw. an den aufgrund des Auftrags von Dritten Geld gezahlt worden ist, seinerseits zur Geldzahlung verpflichtet.1884 Dies gilt beispielsweise für den Rechtsanwalt, auf dessen allgemeines Konto Beträge für seinen Mandanten überwiesen worden sind. Der Mandant kann nicht Abtretung eines seiner Forderung entsprechenden Teils des Guthabens verlangen, und sein Anspruch ist auch nicht als bloßer Buchpositionsverschaffungsanspruch zu werten,1885 vielmehr hat sein Herausgabeanspruch typischerweise lediglich die Zahlung eines der eingegangenen Summe entsprechenden Betrages1886 zum Gegenstand.1887
1882
Da Gegenstand der Herausgabepflicht das Erlangte selbst ist (vgl Wittmann in Staudinger13, § 667 Rn 13), muß in derartigen Fällen der Schuldner unproblematisch die ihm übereigneten Geldzeichen an seinen Gläubiger übereignen; Medicus JuS 1983, 897, 901 f. 1885 Medicus JuS 1983, 897, 901 f; wohl auch Heinrichs in Palandt, § 387 Rn 8; Gursky in Staudinger13, § 387 Rn 71. 1884 RGZ 116, 330, 332; 138, 252, 258; BGH NJW 1971, 559, 560; BGH WM 1969, 26, 27; LG Hamburg IPRax 1981, 174; Gursky in Staudinger13, § 387 Rn 71; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn C 3; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 163; Canaris in Großkommentar-HGB3, Bank vertragsrecht Rn 399; Zeiss in Soergel12, § 387 Rn 6; aA LG Hamburg MDR 1951, 557 f; Keller in MünchKomm-BGB3, § 270 Rn 4 f. 1885 Näher dazu S 50 ff. 1886 Damit ist zunächst nur gesagt, daß die Verbindlichkeit den Geldschuldregeln nicht von vornherein entzogen ist, ohne daß automatisch sämtliche Bestimmungen über Zahlungsverbindlichkeiten anwendbar sein müßten. Die Gefahrtragungsregel des § 270 Abs 1 BGB etwa ist richtigerweise auf Herausgabeansprüche nach § 667 BGB unanwendbar; siehe etwa BGHZ 28, 123, 127 f; Schack Erfüllungsort, 35 f. 1887 BGHZ 71, 380, 382.
306
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Richtet sich die Herausgabepflicht gemäß SS 667, 675 BGB, 384 Abs. 2 HGB1888 ihrem Inhalt nach auf eine Geldzahlung, ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte gleichwohl1889 diejenige Währung Schuldwährung, in welcher der Verpflichtete den Betrag seinerseits von einem Dritten erlangt hat.1890 Entsprechendes gilt für die Pflicht, den vom Auftraggeber bzw. Geschäftsherrn zur Ausführung des Auftrags bzw. der Geschäftsbesorgung erhaltenen Geldbetrag zurückzuzahlen.1891 Die Währungen von Erfüllungsort (etwa über § 361 HGB) oder Schuldnerwohnsitz spielen in derartigen Fällen ebensowenig eine Rolle wie (bei § 667 Alt. 1 BGB) die Währung, die der Herausgabegläubiger selbst aufgewendet hat. Herausgabeansprüche sind ihrem Wesen nach akzessorische Ansprüche, die sich nach Währung und Summe allein auf dasjenige richten, was dem Schuldnervermögen zugeflossen ist. Die Gefahr eines Binnen- oder Außenwertrückgangs der Schuldwährung trägt der Gläubiger; es handelt sich um eine Geldsummenschuld. Anhand dieser Grundsätze entschied der BGH im Jahre 1968 über die Klage einer deutschen Im- und Exportgesellschaft gegen einen von ihr mit geschäftlichen Tätigkeiten in Ghana beauftragten Reisenden.1892 Der Reisende, dessen Paß von den ghanaischen Behörden beschlagnahmt worden war, erbat und bekam von seiner Auftraggeberin die zur Rückgabe des Passes erforderlichen Einheiten der ghanaischen Währung. Mit der Begründung, der Reisende habe das Geld für eigene Zwecke verbraucht, verlangte die Gesellschaft schließlich Erstattung in DM. Der BGH hierzu wörtlich: „Nach § 667 (Fall 1) BGB muß der Beklagte herausgeben, was er zur Ausführung des Auftrages erhalten hat. Erhalten hat er nach der Feststellung des Berufungsgerichts 1.500 ghanaische Pfund, aber keinen DM-Betrag. Daran ändern nichts die Erwägungen des Berufungsgerichts, daß die Klägerin 16.681 DM aufgewandt hat, um dem Beklagten 1.500 ghanaische Pfund zu verschaffen, und daß der Beklagte bei deren Beschaffung aus eigenen Mitteln ebensoviel an DM hätte aufwenden müssen. Diese Umstände rechtfertigen es nicht, den Beklagten, der ghanaische Pfund erhalten hat, zur Zahlung von 16.681 DM zu verurteilen. Der Anspruch aus § 667 BGB geht vielmehr in einem solchen Fall auf Zahlung in der ausländischen Währung." 1893 In einer Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 19231894 führte die dargelegte Betrachtungsweise sogar zu Konsequenzen für den Selbsteintritt des Verkaufskommissionärs: Eine bremische Bank war von ihrem Kunden, einem ebenfalls in Bremen ansässigen Kaufmann, mit dem Verkauf südafrikanischer Wertpapiere an der Londoner Börse beauftragt worden. Sie führte den Auftrag durch Selbsteintritt aus, weigerte sich jedoch, ihrem Kunden den Kaufpreis statt in deutscher Währung in englischen Pfund zu zahlen. Das OLG Hamburg meinte, es habe ungeachtet des Kommissionsvertrages ein einfacher Ver1888 1889
Entsprechendes gilt im Falle des § 681 BGB. Nimmt man eine Verschaffungspflicht ohne Geldschuldcharakter an, versteht sich dies von
selbst. 1890 RGZ 108, 191, 193; 110, 47, 48; KG WM 1988, 1385, 1387; LG Hamburg IPRax 1981, 174; W. Mayer Valutaschuld, 83 f; Nussbaum Das Geld , 249; Karl Neumeyer, IntVerwR III/2, 162 f; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17; Steenken Fremdwährungsschulden, 37; v. Hoffmann IPRax 1981, 155, 156. 1891 BGH WM 1969, 26, 27; ferner RGZ 116, 330, 331. 1892 BGH WM 1969, 26 f. 1893 BGH WM 1969, 26, 27. 1894 RGZ 108, 191 ff.
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kauf der Papiere zwischen zwei in Deutschland ansässigen Parteien vorgelegen. „Wer in Deutschland durch Verkauf an einen deutschen Käufer Sachwerte in Zahlungsmittel umsetzt, von dem ist im Zweifel anzunehmen, daß er deutsches Geld einlösen will". Die englische Währung bilde lediglich einen Berechnungsfaktor für die Höhe der Schuld.1895 Das RG hielt dem entgegen, der Kommittent solle durch den Selbsteintritt nicht anders gestellt werden als beim Verkauf an einen Dritten. Deshalb sei der Kommissionär zur Zahlung in der Währung verpflichtet, auf die seine Herausgabeschuld bei auftragsgemäßem Verkauf an einen Dritten lauten würde.1896 Daß zwischen den Parteien ein Kontokorrent in deutscher Währung geführt worden war, erachtete das RG wie schon in einer früheren Entscheidung1897 für unerheblich. Es gehe dabei lediglich um die rein äußere Art und Weise der Buchführung; ein Wille der Parteien, daß für ihre beiderseitigen Ansprüche vom Augenblick der Entstehung an stets die deutsche Währung Schuldwährung sein sollte, könne daraus nicht gefolgert werden.1898 Im Schrifttum ist diese Bewertung der Kontokorrentabrede überwiegend auf Kritik gestoßen.1899 Insbesondere Nussbaum und Karl Neumeyer befürworteten die vorrangige Auslegungsregel (!), daß Ansprüchen, die während der Dauer eines Kontokorrents begründet werden und sachlich zu diesem gehören, im Zweifel von vornherein die Währung des Kontokorrents zugrunde zu legen ist, selbst wenn der einzelne Anspruch an sich in einer anderen Währung entstehen würde.1900 Der oben skizzierte Gedanke währungsmäßiger Stoffgleichheit zwischen empfangenem und herauszugebendem Betrag ist gleichermaßen Dispositivnorm wie auch (bei vertraglicher Zahlungsvereinbarung) Auslegungsregel zur Bestimmung der Schuldwährung.1901 Ob der Schuldner nur in dieser Währung zahlen darf, ist damit nicht gesagt. Dies hängt vielmehr von der nach Parteiabrede oder § 244 BGB zu beurteilenden Frage einer von der Schuldwährung abweichenden Zahlungswährung ab.1902 Festgelegt wird durch die Dispositivnorm bzw. Auslegungsregel aber die Währung, die der Gläubiger grundsätzlich (als einzige) fordern kann. Ob eine Parteiabrede die Schuldwährung für Herausgabeansprüche zum Gegenstand hat oder nur eine Ersetzungsbefugnis fixiert, ist bisweilen schwierig zu entscheiden. Auf diese Problematik ist bereits unter dem Stichwort „Währungskonkurrenzen" eingegangen worden. 1903
1895
OLG Hamburg HansGZ 1922 H Nr 75 (153, 154). RGZ 108, 191, 193. 1897 RGZ 101, 122,125. 1898 RG JW 1924, 181, 182; insoweit in RGZ 108, 191 ff nicht abgedr.; ein Saldoanerkenntnis hingegen kann zur Umwandlung der Schuld in die Währung des Kontokorrents führen, RGZ 101, 122, 125. 1899 Auch das OLG Hamburg (oben Fn 1895) hatte auf das zwischen den Parteien bestehende Kontokorrent zur zusätzlichen Stützung seiner These hingewiesen, die Schuld sei als Markschuld entstanden. 1900 Nussbaum JW 1924, 181; ders Das Geld, 232, 249 f; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 163 f. 1901 Vgl auch Nr 10 (2) Banken-AGB (Fassung Januar 1993): „Schließt die Bank mit dem Kunden ein Geschäft (zB ein Devisentermingeschäft) ab, aus dem sie die Verschaffung eines Betrages in fremder Währung schuldet, wird sie ihre Fremdwährungsverbindlichkeit durch Gutschrift auf dem Konto des Kunden in dieser Währung erfüllen, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist". 1902 S 513 ff. 1903 S 266 f zu Nr 13 Sparkassen-AGB und zu § 27 ADSp. 1896
308
c)
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Aufwendungsersatzverpflichtungen
Die Währung einer Aufwendungsersatzverpflichtung dürfte nur selten so klar bestimmt sein wie bei Vereinbarung der Allgemeinen Deutschen Spediteur-Bedingungen (ADSp), deren S 2 8 in Satz 1 eine Wahlschuld zu Gunsten des Spediteurs vorsieht: „Wird der Spediteur fremde Währung schuldig oder hat er fremde Währung ausgelegt, so ist er (soweit nicht öffentlichrechtliche Bestimmungen entgegenstehen) berechtigt, nach seiner Wahl entweder Zahlung in der fremden oder in deutscher Währung zu verlangen". Fehlt es an einer derart ausdrücklichen Abrede und führt auch die „normale" Vertragsauslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, hat sich die Auslegung des Vertrages oder die der einschlägigen Dispositivnorm (namentlich § 6 7 0 BGB) an Sinn und Zweck der Aufwendungsersatzverpflichtung unter Berücksichtigung der typischen Parteiinteressen zu orientieren. Das Meinungsspektrum ist vielgestaltig, wobei gelegentlich mehrere der im folgenden diskutierten Ansätze miteinander kombiniert werden. Im Vertragsbereich suchen manche eine Anbindung an die Vertragswährung, 1904 andere plädieren dafür, § 3 6 1 H G B unmittelbar (als Auslegungsregel) oder entsprechend (als Dispositivregel, wenn die vertragliche Einigung sich auf derartige Verbindlichkeiten nicht erstreckt, oder als Auslegungsregel, wenn der in einem Nichthandelsgeschäft zum Ausdruck gebrachte Wille zu erforschen ist) heranzuziehen, so daß die Währung des Staates geschuldet wäre, in dem sich der Erfüllungsort des Aufwendungsersatzanspruchs befindet. 1 ' 0 5 Wieder andere halten die Heimwährung des Ersatzberechtigten für maßgeblich, d.h. jene Währung, in welcher er seine Geschäfte bzw. seinen Lebensunterhalt führt. 1 ' 0 6 Mitunter wird auch eine Ersatzpflicht in der Währung der lex causae befürwortet. 1 9 0 7 Eine vierte (überwiegende) Auffassung schließlich stellt auf die Währung ab, in der die Aufwendungen tatsächlich erbracht worden sind, 1 9 0 8 wobei jedoch wenig Klarheit darüber herrscht, ob das Vermögensopfer des Ersatzberechtigten entscheiden soll oder die Geschäftsführung zu Gunsten des Schuldners. Zwei divergierende Entscheidungen des Reichsgerichts mögen die Problematik illustrieren. In R G L Z 1 9 2 2 , Sp. 5 1 2 f. hatte der in der Schweiz ansässige Kläger während des Erstens Weltkrieges im Auftrag eines Deutschen bei einer deutschen Lebensversicherungsgesellschaft Prämien in deutscher Währung eingezahlt. Zur Beschaffung der Markbeträge wandte er eine bestimmte Summe Schweizer Franken auf, die er in dem Rechtsstreit mit Erfolg ersetzt verlangte. 1 ' 0 9 Abweichend urteilte das Gericht in R G Z 109, 85 ff., wo es um einen Anspruch auf Ersatz von Zoll- und Frachtauslagen ging, die die klagende deutsche Spedition in belgischen Francs getätigt hatte. Die Vorinstanzen argumentierten, es sei nur
K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. RGZ 120, 76, 81; Klausing JW 1928, 1204, 1205; vgl auch Meder WM 1996, 2085, 2087 mit Fn 30. 1906 Steenken Fremdwährungsschulden, 40 f. 1907 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 164. 1 9 0 8 RGZ 109, 85, 88; RG JW 1924, 1590 f; 1924, 1593; RG LZ 1922, Sp. 512 f; RG IPRspr 1933 Nr 74; OLG Hamburg NJW 1996, 1902, 1903; Drobnig American-German Private International Law, 256; Nussbaum Das Geld, 251; ders JW 1924, 1590; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17; Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 5; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Baumbach/Hopt HGB, § 361 Rn 2; Steffen in RGRK-BGB, S 670 Rn 24; Seiler in MünchKommBGB3, § 670 Rn 11; Mankowski AR-Blattei ES 1996 340 Nr 15 (5, 6 f)· 1 9 0 9 Zust Nussbaum JW 1924, 1590; ders Das Geld, 251. 1,04
1905
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
309
der Betrag in deutscher Währung zu ersetzen, den die Klägerin zur Anschaffung der benötigten Francs aufwenden mußte. Das RG sprach dagegen den Francs-Betrag zu." 10 aa)
Rechtsnatur
Die Bestimmung der Währung, in der vertragliche Aufwendungsersatzverpflichtungen entstehen (seien es solche, die selbst rechtsgeschäftlich begründet werden, seien es solche, die auf einer gesetzlichen Dispositivnorm wie S S 670, 675 BGB, 396 Abs. 2 HGB beruhen), ist immer wieder in Zusammenhang gebracht worden mit der Diskussion darüber, ob Aufwendungsersatzverpflichtungen Geldsummenschulden oder Geldwertschulden darstellen. Tatsächlich dient diese Fragestellung zumindest dazu, die Wertungsgrundlagen zu verdeutlichen, die auch die Suche nach der typischerweise zugrunde zu legenden Schuldwährung begleiten. In der Rechtsprechung findet sich verschiedentlich die These, der zum Aufwendungsersatz Verpflichtete schulde Wertersatz.1911 Diese Betrachtungsweise hätte zur Folge, daß das Risiko jeder Geldwertveränderung von vornherein vom Schuldner zu tragen wäre, da die Schuld durch den mit der Aufwendung erwirtschafteten Wert fixiert würde. 19 ' 2 Weil der Gläubiger weder Binnenwert- noch Außenwertverluste fürchten müßte und ebensowenig entsprechende Gewinne erhoffen könnte, spielte die Schuldwährung für ihn (wirtschaftlich betrachtet) von vornherein kaum eine Rolle 1 " 3 - jedenfalls bis zur summenmäßigen und damit (spätestens) zugleich währungsmäßigen Konkretisierung der Geldschuld, namentlich im Urteil.1914 Es spricht allerdings mehr dafür, die Aufwendungsersatzverpflichtung als Geldsummenschuld zu charakterisieren,1915 deren Höhe anhand des aufgewendeten Geldbetrages oder Sachwertes im Aufwendungszeitpunkt in einer bestimmten Währung summenmäßig festgeschrieben wird. Besteht die Aufwendung in einer Geldzahlung, folgt dies aus der Überlegung, daß jemand, der freiwillig Geld für einen anderen aufwendet, nicht anders behandelt werden kann als derjenige, der einem anderen ein Darlehen gewährt.1916 Wird ein Sachwert aufgewendet, verdeutlicht die in § 256 S. 1 BGB erfolgte Gleichstellung zwischen aufgewendetem Betrag und Wertersatz, daß nichts anderes geschuldet wird als die Summe Geldes, die dem Sachwert am Aufwendungsstichtag entspricht.1917 Von diesem Standpunkt aus gewinnt die Währungsfrage an Komplexität.1918 Mit der summenmäßigen Fixierung geht die währungsmäßige Fixierung einher, so daß Geldwertänderungen ab Entstehung des Aufwendungsersatzanspruchs nicht mehr automatisch 1910 RGZ 109, 85, 88; auf die Währung, in der der Beauftragte für den Auftraggeber Auslagen getätigt hat, wird ebenfalls abgestellt in RG JW 1924, 1593 und RG JW 1924, 1590 f (GoA); in beiden Fällen sollte es keine Rolle spielen, welche Währung der Zahlende für die verauslagte Währung aufgewendet hat. 1911 RGZ 120, 76, 80 ff; 126, 186, 190; zust etwa Wittmann in Staudinger'3, § 670 Rn 3; Klausing JW 1928, 1204; Mügel Aufwertungsrecht, 148 f, 310. 1912 RGZ 120, 76, 80 f; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 63. 1913 RGZ 120, 76, 81; Klausing JW 1924, 1204, 1205. 1914 Näher dazu S 299 ff, 315 ff. 1915 So insbes. v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 355 ff; ¡C Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 63; vgl aus der Rechtsprechung RGZ 107, 148, 149; 116, 187, 191; BGHZ 5, 197, 199. 1916 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 355. 1917 JC Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu S 244 Rn D 63; in diese Richtung auch BGHZ 5 , 1 9 7 , 1 9 9 . 1918 Siehe auch Drobnig American-German Private International Law, 256 f.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
310
allein in den Risikobereich des Schuldners fallen. Wird im Ergebnis die Heimwährung des Aufwendungsersatzberechtigen geschuldet, trägt dieser grundsätzlich (Ausnahme § 286 Abs. 1 BGB; siehe auch §§ 256 S. 1, 288 BGB) das Risiko einer Binnenwertveränderung. Handelt es sich bei der Schuldwährung aus Sicht des Gläubigers um eine ausländische, hat er (auch) das Risiko einer Außenwertveränderung zu tragen. In R G Z 109, 85 ff. beispielsweise hätte die Einordnung der Aufwendungsersatzverpflichtung als Geldwertschuld bedeutet, daß ein späterer Verfall des belgischen Franc zu einer nominellen Erhöhung des Schuldbetrages führte. Der Schuldner wäre zur Zahlung so vieler belgischer Francs verpflichtet gewesen, wie im Beurteilungszeitpunkt erforderlich waren, um den Wert der Bfr-Zahlung im Aufwendungszeitpunkt auszugleichen. Eine etwaige Tilgungsbefugnis des Schuldners aus § 244 BGB hätte sich ebenfalls an diesem Wert zu orientieren gehabt. Und wäre entgegen der Annahme des RG deutsches Geld Schuldgegenstand gewesen, könnte das Ergebnis nicht anders ausgefallen sein. Die Zahlungsverpflichtung des Schuldners hätte sich auf den Betrag in deutscher Währung belaufen, der im Beurteilungszeitpunkt dem wirtschaftlichen Wert der damaligen Aufwendung entsprach. 1919 N i m m t man statt dessen an, die Aufwendungsersatzverpflichtung begründe eine Geldsummenschuld, dann spielte es für beide Parteien in der Tat eine Rolle, ob - so in dem vom RG entschiedenen Fall - 1344,70 Bfr oder 17.376 M geschuldet waren. § 244 BGB nivellierte den Unterschied nicht, weil bei Ausübung der Tilgungsbefugnis die ausländische Schuldwährung die Rolle des Berechnungsfaktors für die H ö h e der in deutscher W ä h r u n g gestatteten Zahlung übernimmt. 1 9 2 0
bb) Währung (1)
Das Prinzip
Die Auslegungsregel des § 361 H G B auch auf vertragliche Aufwendungsersatzansprüche zu erstrecken überzeugt nicht. 1921 Mangels gegenteiliger Parteiabrede über den Erfüllungsort führte dieser Weg gemäß §§ 269, 270 Abs. 4 BGB zur Heimwährung des Ersatzverpflichteten - ein Ergebnis, das mit den Grundgedanken des Aufwendungsersatzanspruchs schwerlich in Einklang gebracht werden kann. 1 9 2 2 Für die dispositiven Regeln der §§ 670, 1919
Zu derartigen Berechnungen siehe ferner RGZ 120, 76, 81. Eingehend S 518 ff. 1921 Zutr Steenken Fremdwährungsschulden, 40. 1922 Das Unbehagen an dieser Lösung führt bisweilen dazu, die Währung nicht nach dem Erfüllungsort der Geldschuld, sondern dem der Gegenleistung zu bestimmen, und zwar unter mehr oder weniger deutlicher Heranziehung der nachfolgend im Text skizzierten Kriterien. Vgl etwa RGZ 106, 99 ff, wo es um Vergütungsansprüche für Geschäftsbesorgungen in skandinavischen Häfen ging. Obwohl beide Vertragspartner in Deutschland ansässige Kaufleute waren, argumentierte das RG unter Hinweis auf § 269 BGB: „Soweit dort von der Klägerin, sei es von ihr selbst, sei es von den von ihr beauftragten dortigen Firmen, eine Tätigkeit zu entfalten war, ergab sich ohne weiteres aus den Umständen, daß die Vertragserfüllung nur in den Auslandshäfen erfolgen konnte. Mithin entstand auch die Vergütung für die dort ausgeübte Tätigkeit in der ausländischen Währung". Ersatz für Aufwendungen war - anscheinend - in der Vergütung enthalten, so daß man sich mit der Feststellung begnügen konnte, die Währung des Aufwendungsersatzes folge der Vertragswährung. Entscheidend aber ist, daß zur Ermittlung des sachrechtlich-räumlichen Anknüpfungspunktes für § 361 HGB aufwendungsersatzspezifische Erwägungen angestellt wurden. In der Sache folgte mithin die Vertragswährung der Aufwendungsersatzwährung. Zu dieser RG-Entscheidung noch S 558 ff. 1920
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
311
675 BGB, 3 9 6 Abs. 2 HGB wie auch typischerweise im Falle rechtsgeschäftlich vereinbarten Aufwendungsersatzes1923 steht die Überlegung im Vordergrund, daß der Gläubiger, der als Beauftragter, Geschäftsführer etc. freiwillige Vermögensopfer erbracht hat, durch seine Tätigkeit im fremden Interesse nach Möglichkeit keinen Vermögensverlust erleiden soll. 1924 Dies jedoch drohte als Konsequenz des § 361 HGB, wenn der Gläubiger „harte" Währung aufgewandt hat und der Sitz bzw. Wohnsitz seines Schuldners sich in einem Staat mit starker Geldentwertung befindet. Das Außenwertrisiko sollte nicht ohne Rücksicht auf den Inhalt der konkreten Aufwendung planmäßig der Partei aufgebürdet werden, die fremdnützig tätig war. Anderenfalls würde jenseits der §§ 286, 2 8 8 BGB sofort die Frage in den Raum gestellt, inwieweit Wechselkursverluste als Zufallsschäden nach § 6 7 0 BGB oder ähnlichen Normen liquidiert werden können. Nun sind Zufallsschäden selbst keine Aufwendungen, sondern nur u.U. neben Aufwendungen ersatzfähig, 1925 doch zeigt sich daran, daß die Währungsfrage sachgerechterweise nicht unter Heranziehung des Erfüllungsortes zu beantworten ist. Für Konstellationen mit gegenläufigen Vorzeichen gilt Entsprechendes. Wendet der Gläubiger Einheiten einer „weichen" Währung auf und befindet sich der Wohnsitz des Ersatzpflichtigen in einem Staat mit hoher Geldwertstabilität, könnte der Gläubiger u.U. einen Gewinn realisieren. Auch dies widerstrebt dem Neutralitätsgedanken, der typischerweise zum Wesen der Aufwendungsersatzverpflichtung zählt 1926 - ungeachtet ihrer Charakterisierung als Geldsummenschuld. Übereilt wäre es, statt dessen undifferenziert die am Wohnsitz/Sitz des Ersatzgläubigers umlaufende Währung oder die Währung der lex causae zur Schuldwährung zu erklären. Worum es beim Ersatz von Geld als Gegenstand der Aufwendung in Wahrheit geht, macht schon § 2 5 6 S. 1 BGB deutlich, nämlich um die Erstattung des aufgewendeten Betrages. An dieser Konnexität hat sich auch die Bestimmung der Währung zu orientieren. Der Gläubiger soll dem Betrag und der Währung nach das erhalten, was er aufgewendet hat. Fälle wie der in R G Z 120, 7 6 ff. entschiedene lassen sich danach unproblematisch lösen. Dort hatte die französische Niederlassung der klägerischen deutschen Bank für den in Deutschland ansässigen Beklagten insgesamt 2 4 0 . 0 0 0 Ffr verauslagt, und zwar nicht etwa unter „Umwandlung" eines Markguthabens. Das RG (das eine Geldwertschuld annahm) verurteilte in Anwendung von § 361 HGB zur Zahlung in deutscher Währung. 1927 Nach der hier vertretenen These lautete die Aufwendungsersatzverpflichtung auf französische Francs. 1928 Weniger eindeutig ist die Rechtslage, wenn der Ersatzberechtigte (wie in den oben skizzierten zwei RG-Entscheidungen) die Geldbeträge, die er im Interesse des Ersatzverpflichteten verwendet, sich erst gegen Hingabe von Geld einer anderen Währung beschafft. So wird es häufig liegen, wenn der Beauftragte im Ausland Geschäfte besorgt und die erforderlichen
1 , 2 3 Zwar ist eine Vereinbarung über die Währung des Aufwendungsersatzes (vorbehaltlich § 3 S 1 WährG) möglich; ähnlich wie beim Schadensersatz (dazu sogleich S 323 ff)) wird sich aber nach dem regelmäßigen (mutmaßlichen) Parteiwillen die Bestimmung der Vertragswährung nicht auf den Ersatz von Aufwendungen erstrecken.
1924 1925 1926
Wittmann in Staudinger13, § 670 Rn 1, 14, 19. Wittmann in Staudinger13, § 670 Rn 14. Wittmann
in Staudinger13, § 6 7 0 Rn 14; Steenken
Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. 1927 1928
Fremdwährungsschulden, 4 0 ; vgl auch K.
RGZ 120, 76, 81. So auch das OLG Dresden als Vorinstanz; RGZ 120, 76, 79.
312
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Fremdwährungsbeträge zuvor gegen D M „eintauscht". 1 9 2 9 In derartigen Konstellationen heißt es bisweilen, es sei im Zweifel die Währung des Ausführungsgeschäfts geschuldet, da der Auftraggeber diese Währung auch selbst hätte aufwenden müssen. 1930 Doch gilt es zu bedenken, daß die Aufwendungsersatzverpflichtung sich auch sonst nach dem Vermögensopfer des Beauftragten bemißt, nicht etwa nach dem Aufwendungserfolg für den Auftraggeber. Daher trägt unbestrittenermaßen der Auftraggeber (mangels abweichender Vereinbarungen) das Risiko unverschuldet erfolgloser Aufwendungen. 1931 Schon dies allein spricht dafür, dem Ersatzberechtigten genau die Währung zu erstatten, um die er sein Vermögen im Interesse des Ersatzverpflichteten vermindert hat. 1 9 3 2 Hinzu kommt folgender Gesichtspunkt: Aufwendungsersatzanspruch und Herausgabepflicht sind jeweils unmittelbare Folgen der fremdnützigen Tätigkeit des Beauftragten, Geschäftsführers etc. Die Herausgabepflicht war gekennzeichnet durch die währungsmäßige Stoffgleichheit zwischen empfangenem und herauszugebendem Betrag. 1 9 3 3 Dann ist es nur systemkongruent, bei der Währung des Aufwendungsersatzanspruchs ebenso zu verfahren. Der Beauftragte soll keine andere Währung erhalten als die, die er selbst seinem Vermögen entnommen hat, 1 9 3 4 wie er auch umgekehrt keine andere Währung herauszugeben hat als die, die seinem Vermögen zugeflossen ist. Entsprechendes gilt für den Geschäftsführer ohne Auftrag, soweit es die §§ 6 8 1 , 6 8 3 B G B anbetrifft. Die vom Aufwendungsersatzverpflichteten danach im Regelfall zu erstattende Währung ist für den Gläubiger, wirtschaftlich betrachtet, typischerweise nicht „fremd", d.h. Außenwertrisiken sind vom Schuldner zu tragen. Da es sich jedoch um eine Geldsummenschuld handelt, muß der Gläubiger den Verfall des Binnenwertes der Schuldwährung fürchten. Schutz bietet ihm neben der Zinsvorschrift des § 2 5 6 B G B natürlich § 2 8 6 Abs. 1 BGB. M a n mag versucht sein, in diesem Zusammenhang weiter auf den Gedanken der Schadloshaltung zu verweisen, der S 6 7 0 B G B und ähnlichen Vorschriften innewohnt. 1 9 3 5 Danach hat der Auftraggeber, Geschäftsherr etc. nicht nur Aufwendungen, sondern auch Zufallsschäden zu ersetzen. 1 9 3 6 Indirekt zur Geldwertschuld wird die Aufwendungsersatzverpflichtung dadurch aber nicht. Dies belegt neben § 2 5 6 B G B der Umstand, daß die Geldentwertung eine allgemeine Erscheinung ist, die jeden Inhaber von Geldvermögen oder Geldforderungen trifft, 1 9 3 7 der Gedanke der Schadloshaltung des Beauftragten aber nur bei auftragsspezifischen Gefahren zum Zuge kommt. 1 9 3 8 Zum Rechtscharakter des Geldumtausches S 33 ff. RGZ 109, 85, 88; RG JW 1924, 1590 f. 1 9 3 1 RG WarnR 1919 Nr 60; Wittmann in Staudinger13, § 670 Rn 2. 1 9 3 2 IErg ebenso Nussbaum Das Geld, 251; ders J W 1924, 1590; Mankowski AR-Blattei ES 1996 3 4 0 Nr 15 (5, 6 f) (primär auf den schadensersatzrechtlichen Aufwendungsersatz bezogen); unentschieden K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. 1 9 3 3 S 305 ff. 1 9 3 4 Vgl auch BGH WM 1969, 26, 27 aE: Aufwendungsersatzverpflichtung in DM, wenn der Beauftragte dem Auftraggeber abredegemäß Einheiten der ghanaischen Währung verschafft und hierfür DM aufgewendet hat. 1 9 3 5 Eingehend Wittmann in Staudinger13, § 670 Rn 14 ff. 1 9 3 6 Etwa BGHZ 33, 251, 2 5 7 ; 38, 270, 2 7 7 ; 89, 153, 157; Seiler in MünchKomm-BGB 3 , § 670 Rn 14; Mühl in Soergel12, § 670 Rn 7; Wittmann in Staudinger13, § 670 Rn 10 ff. 1 9 3 7 Siehe noch S 626 ff. 1938 Ehmann in Erman», § 670 Rn 9 f; Lorenz SchuldR II/l, 4 1 7 f; Wittmann in Staudinger13, § 670 Rn 16; Seiler in MünchKomm-BGB 3 , § 670 Rn 14. 1929 1930
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
(2)
313
Insbesondere: Auslandseinsatz von Kreditkarten
Was hier als Ergebnis der Auslegung objektivrechtlicher Dispositivnormen erzielt wurde,^1939 findet seine Entsprechung als materiale Auslegungsregel dort, wo die Aufwendungsersatzverpflichtung Gegenstand rechtsgeschäftlicher Abrede ist, also auf §§ 670, 675 BGB, 3 9 6 Abs. 2 HGB nicht zurückgegriffen werden muß. Legitimiert wird diese (übrigens für § 3 6 1 HGB von vielen befürwortete) 1940 parallele Vorgehensweise durch den Umstand, daß das dispositive gesetzliche Modell der Währungsbestimmung (anders als etwa § 2 6 2 BGB) 1 9 4 1 Ausdruck einer ausgleichenden und interessengerechten Risikoverteilung ist, die die Parteien im Zweifel ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen selbst zugrunde gelegt haben. Etwas anderes gilt auch hier zum einen dann, wenn die konkrete Vertragsgestaltung deutlich atypische Züge aufweist, zum anderen aber auch in den Fällen, in denen vorrangige Auslegungskriterien Platz greifen. So mag es etwa in bestimmten Geschäftszweigen üblich sein, Aufwendungen in der Währung zu erstatten, in der der Schuldner das Geschäft für den Gläubiger geführt hat. 1942 Bedeutung erlangen die soeben erarbeiteten Regeln auch für die zuletzt heftig diskutierte Frage, inwieweit Kreditkartenemittenten für den Auslandseinsatz von Kreditkarten ein gesondertes Entgelt verlangen können. 1943 Auslöser des Streites waren Allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Karteninhabern den Rechnungsausgleich in deutscher Währung aufgaben und für die Umrechnung jener Beträge, die ausländischen Vertragsunternehmen in Fremdwährung erstattet wurden, eine vom Kartenumsatz berechnete prozentuale Vergütung vorsahen. Das OLG Hamburg, das im Ergebnis einen Verstoß gegen § 9 AGBG annahm, hielt die Klausel nach § 8 AGBG für kontrollfähig, weil sie von § 244 BGB abweiche: Ein Umrechnungsentgelt sei im dispositiven Recht schon deshalb nicht vorgesehen, weil der Valutagläubiger danach keinen Anspruch auf deutsche Währung habe, 1944 es sich bei der Umrechnung vielmehr um eine Sache des Schuldners handele. 1945 Diese Betrachtungsweise fußt auf der Prämisse, daß im Verhältnis zwischen Karteninhaber und Kartenemittent eine Valutaschuld entsteht, wenn der Kartenemittent eine Fremdwährungsverbindlichkeit tilgt, die der Karteninhaber gegenüber einem ausländischen Vertragsunternehmen eingegangen ist. Wer annimmt, Aufwendungsersatzwährung sei die Währung des vom Beauftragten getätigten Ausführungsgeschäftes, das ansonsten der Auftraggeber selbst hätte durchführen müssen, wird dem OLG Hamburg ohne weiteres zuzustimmen haben. Ob die Klausel in der Sache einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG standhalten würde, mag dann unterschiedlich beurteilt werden können. 1 9 4 6 Begreift man hingegen 1 9 3 9 Die Rede war allein von Ansprüchen auf Ersatz von Geldaufwendungen. Wurde in casu ein Sachwert aufgewendet, lautet die Geldschuld des Ersatzverpflichteten im Zweifel auf die Währung der Vermögensbelegenheit. In dieser Währung wird der Gläubiger sein Vermögensopfer am ehesten bewerten. 1 9 4 0 Siehe nur Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 3, 4. 1 9 4 1 Dazu S 2 5 9 ff.
1942 1943
Vgl Nussbaum Das Geld, 251; Κ Schmidt in Staudinger13, S 244 Rn 17.
Dazu OLG Hamburg N J W 1996, 1902 ff; LG Hamburg N J W 1996, 5 9 9 ; AG Frankfurt/M.
WM 1996, 1177; Meder NJW 1996, 1849 ff; ders WM 1996, 2085 ff.
Näheres S 5 4 9 ff. OLG Hamburg NJW 1996, 1902, 1903. 1 9 4 6 Entgegen OLG Hamburg NJW 1996, 1902, 1904 wird keine Ersetzungsbefugnis zu Gunsten des Aufwendungsersatzgläubigers begründet. Anhaltspunkte für ein Währungswahlrecht bestehen 1944 1,45
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
314
wie hier vertreten - jene Währung als Aufwendungsersatzwährung, in der sich das Vermögensopfer des Beauftragten ausdrückt, liegen die Dinge von vornherein anders. Auslandsumsätze im Kreditkartengeschäft werden in der Praxis dergestalt abgewickelt, daß das ausländische Vertragsunternehmen von dem dort zuständigen Emittenten Fremdwährung erhält, der ausländische Emittent von einer internationalen Clearingstelle währungsgleich vergütet wird und die Clearingstelle ihrerseits dann mit dem inländischen Emittenten (der für den konkreten Karteninhaber zuständig ist) in DM abrechnet. 1947 Das Augenmerk auf das fremdnützige Vermögensopfer des inländischen Kartenemittenten gerichtet, entsteht folglich gegenüber dem Karteninhaber eine Aufwendungsersatzforderung in deutscher Währung. 1948 Von einer formularmäßigen Abweichung gegenüber dem dispositiven Regelungsgehalt des § 244 BGB kann keine Rede sein.1949
3.
Schadensersatz
Überaus kontrovers wird seit geraumer Zeit die Frage diskutiert, auf welche Währung Schadensersatzverpflichtungen lauten, deren Inhalt in einer Geldzahlung besteht. Der Streit hat sich zu einem beträchtlichen Teil an Prämissen entzündet, die weit über das Recht des Schadensersatzes hinaus Bedeutung erlangen, gerade dort aber immer wieder herangezogen werden, um den in der Praxis zu beobachtenden Zug zur Heimwährungsklage und zum Heimwährungsurteil zu legitimieren. Gemeint ist zum einen die These, auf Gesetz beruhende Geldschulden könnten nach deutschem Recht nur in deutscher Währung entstehen, zum anderen die Lehre von der währungsmäßigen Neutralität der Geldwertschuld. Beide Ansätze wurden bereits abgelehnt. Als bloße „Störfaktoren" bei der Suche nach der Währung von Schadensersatzzahlungen soll ihnen in der Folge nur noch insoweit Rechnung getragen werden, als dies zum Verständnis der deutschen Rechtsprechung und ihrer Wertungen unerläßlich ist. Noch eine weitere Problematik von allgemeiner Bedeutung erschwert die Bestimmung der Schuldwährung bei Schadensersatzverpflichtungen. Auch von ihr war bereits die Rede. Es handelt sich um das Verhältnis zwischen dispositivem Gesetzesrecht und Vertragsauslegung - nur sind es hier nicht die primären, sondern sekundäre Vertragspflichten, bei denen zu prüfen ist, ob aus der Parteiabrede Abweichungen gegenüber der gesetzlichen Wertung folgen. Bevor freilich auf derartige vertragsrechtliche Besonderheiten eingegangen werden kann, sind die Grundregeln über die Bestimmung der Schadensersatzwährung zu entwickeln.
nicht; was geschieht, ist eine „normale" von §§ 675, 670 BGB abweichende rechtsgeschäftliche Fixierung der Schuldwährung, kraft derer die schuldnerische Ersetzungsbefugnis gemäß § 244 BGB entfällt. Ob die Entgeltregelung selbst - wie das OLG annimmt - mit wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist, mag ebenfalls bezweifelt werden. Wenngleich aus §§ 244, 270 Abs 1 BGB folgt, daß die Umrechnung zum Aufgabenbereich des Karteninhabers zählt und deshalb vergütungsfrei erfolgt ist, ist doch schwerlich einzusehen, warum auch dann kein Entgelt verlangt werden darf, wenn der Gläubiger dem Schuldner diese Aufgabe abnimmt. Siehe dazu ausführlich Meder WM 1996, 2085, 2088 f. 1947 Eingehend Meder WM 1996, 2085, 2087. 1948 Zutr Meder WM 1996, 2085, 2087, 2088. 1949 Zu anderen Möglichkeiten des Einstiegs in die Kontrolle nach § 9 AGBG, insbes. zum Transparenzgebot, Meder NJW 1996, 1849, 1853; ders WM 1996, 2085, 2090 ff.
S 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
a)
Grundregeln
aa)
Fallmaterial
315
Im Jahre 1971 hatte das OLG Köln über die schadensersatzrechtlichen Folgen eines Schiffszusammenstoßes auf dem deutschen Teil des Rheins zu befinden.1950 Der in Belgien ansässige Eigner des MS „Theodela I" verlangte von dem in Deutschland wohnhaften Beklagten Erstattung der Kosten für die in Belgien vorzunehmende Reparatur. Über deren Umfang wurde eine auf belgische Francs lautende kontradiktorische Schadenstaxe erstellt. Nachdem im Herbst 1969 die DM gegenüber dem belgischen Franc aufgewertet worden war, stritten die Parteien darüber, wem die Paritätsänderung zugute kommen sollte. Das OLG verurteilte (offenbar antragsgemäß) zur Zahlung in deutscher Währung, berief sich dabei auf die Neutralitätsthese des BGH und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, der Schuldner habe in der Währung seines Landes Schadensersatz zu leisten. Entscheidende Bedeutung erlangte damit die Frage des Umrechnungskurses. Wäre der Kurs zur Zeit des Zusammenstoßes maßgeblich gewesen, hätte der Kläger mehr erhalten als er zur Schadensbeseitigung aufwenden mußte. Einen derartigen Kursgewinn hielt das Gericht für ungerechtfertigt. Daß der Schuldner infolge der geänderten Parität nun weniger Einheiten seiner Heimwährung zahlen mußte, um den Schaden des Gläubigers auszugleichen, wertete es als zufälligen, vom Gesetz in Kauf genommenen Umstand, der nicht als unbillig empfunden werden könne.1951 Bemerkenswert ist, daß das OLG - ein Novum in der jüngeren deutschen Rechtsprechung - den Kurs zum Zahlungszeitpunkt für maßgeblich erklärte und sich in diesem Zusammenhang auf § 244 Abs. 2 BGB bezog. Letzteres kann allerdings höchstens als Analogie vertreten werden, da ja gerade keine Fremdwährungsverbindlichkeit vorgelegen haben soll.1952 Weitere Konsequenz dieses Verständnisses muß der Erlaß eines unbezifferten Heimwährungsurteils sein, das die Berechnung der DM-Schuld anhand des im Hauptsachetenor festgelegten Fremdwährungsbetrages gegebenenfalls in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Verfahrensrechtliche Bedenken gegen diese Art der Tenorierung bestehen nicht,1953 insbesondere liegt ein hinreichend bestimmter und damit der Zwangsvollstreckung nach §§ 704 ff. ZPO zugänglicher Titel vor.1954 Bei Zahlungsansprüchen genügt es, wenn der Tenor durch Bezugnahme auf außerhalb des Titels liegende Umstände die Grundlage für eine zweifelsfreie und ohne weiteres mögliche Berechnung der Leistungsverpflichtung liefert, was wiederum regelmäßig voraussetzt, daß die angeführten Berechnungsgrundlagen dem Titel beigefügt oder allgemein zugänglich sind.1955 Ein Valutawerturteil entspricht den genannten Anforderungen ebenso, wie es bei einem
1950
OLG Köln NJW 1971, 2128 f. OLG Köln NJW 1971, 2128, 2129. 1952 Die Verwendung der Begriffe „echte" und „unechte" Valutaschuld durch das OLG legt die Annahme nahe, daß das Gericht davon ausging, § 244 Abs 2 BGB sei auch auf Valutawertschulden anzuwenden. 1953 Auch § 3 S 2 WährG spricht nicht dagegen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist auf rechtsgeschäftlich begründete Zahlungsverbindlichkeiten beschränkt; siehe S 270 ff; ferner Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 137 f. 1954 Dazu noch S 668 ff. 1955 BGHZ 22, 54, 58, 61, 63; BGH NJW 1983, 2262; OLG Braunschweig FamRZ 1979, 928, 929; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1981, 70; OLG Oldenburg NJW 1991, 1187; Pohlmann NJW 1973, 199, 200; Krüger in MünchKomm-ZPO, § 704 Rn 9; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 136 f. 1951
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
titulierten Zinsanspruch in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der DBB, 1 9 5 6 bei einer Koppelung des Zahlungsanspruchs an die Entwicklung des amtlichen Lebenshaltungskostenindexes 1 9 5 7 oder bei einem sog. „Bruttolohnurteil" 1 9 5 8 der Fall ist. 1 9 5 9 Dennoch suchen deutsche Gerichte zumeist den Erlaß von Valutawerturteilen in Schadensersatzsachen zu vermeiden. Soweit sie der Neutralitätsthese anhängen, verurteilen sie zur Zahlung einer fixen DM-Summe, was natürlich voraussetzt, daß die Umrechnung spätestens im Zeitpunkt der Urteilsfällung (ggf. auch dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung) 1960 erfolgt. Um einen Schiffszusammenstoß ging es auch in einer Entscheidung des O L G Hamburg aus dem Jahre 1978. 1 9 6 1 Westlich von Skagen an der Nordspitze Dänemarks war das ausländische T M S „Tien Ning" mit dem deutschen M S „Lübbecke" kollidiert. Die Klägerin hatte für die Reparatur der „Tien Ning" ca. 1 9 . 0 0 0 US-Dollar bezahlt, die sie nach dem am Unfalltage geltenden Kurs umrechnete und in D M ersetzt verlangte. Seit der Kollision war die D M gegenüber der amerikanischen Währung im Wert gestiegen. Das O L G nahm eine stillschweigende Wahl deutschen Rechts an 1 9 6 2 und verurteilte zur Zahlung von USDollar, wobei es die Neutralitätsthese des B G H mit keinem Wort erwähnte. Alleiniger Maßstab für das Gericht war § 2 4 9 BGB. Weil die Reparaturaufwendungen sich auf USDollar belaufen hätten, so die Begründung, sei dieser Schaden auch am besten durch Zahlung einer entsprechenden Summe US-Dollar auszugleichen, zumal die Beklagte sich Einheiten der amerikanischen Währung ohne weiteres verschaffen und sie der Klägerin überweisen könne. Dagegen gebe es keinen Grund, dem klägerischen Antrag zu entsprechen und den Dollar-Betrag zum Kurs des Kollisionstages in D M umzurechnen. Sonst profitiere die Klägerin vom Kursanstieg der D M , nur weil die „Tien Ning" zufällig mit einem Schiff gerade deutscher Herkunft zusammengestoßen sei. 1 9 6 3 Das Gericht ergänzte: „Anders wäre es, wenn die Klägerin ihren Schaden in D M bezahlt hätte, vielleicht sogar, wenn sie damals allgemein in D M hätte kalkulieren müssen," 1 9 6 4 Trotz ihrer völlig unterschiedlichen dogmatischen Ausgangspunkte ist also in beiden Urteilen das Bemühen unverkennbar, dem
BGHZ 22, 5 4 , 6 1 . OLG Düsseldorf NJW 1971, 436, 4 3 7 ; OLG Braunschweig FamRZ 1979, 928, 929. 1 9 5 8 Ein Brunolohnurteil lautet auf einen bestimmten Bruttobetrag, von dem das Vollstreckungsorgan vor Befriedigung des Gläubigers die gesetzlichen Abzüge zu errechnen und abzuführen hat. 1 9 5 9 BGH WM 1966, 758, 759; BAG NJW 1964, 1338. 1 9 6 0 So BGH VersR 1989, 54, 5 6 ; OLG Köln NJW-RR 1988, 30; OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1978, 1107, 1110. 1 9 6 1 OLG Hamburg VersR 1979, 833 f. 1 9 6 2 Hierfür genügte dem Gericht, daß beide Parteien mit einer deutschen Rechtsvorschrift, nämlich § 244 BGB, argumentiert hätten; zur Problematik siehe weiter BGHZ 53, 189, 193; BGH W M 1955, 1588, 1589; BGH IPRax 1982, 13, 14; Grothe IPRax 1994, 346, 348. 1 9 6 3 OLG Hamburg VersR 1979, 833, 834. 1 9 6 4 OLG Hamburg aaO. Die Entscheidung ist bisweilen mißverstanden worden, weil sie dem Beklagten ausdrücklich die Ersetzungsbefugnis des S 244 zugestanden hat. Aber daraus folgt nicht, das Gericht habe seine Entscheidung gleichsam aufgeteilt, die Forderungswährung aus § 249 BGB und den Umrechnungszeitpunkt aus § 2 4 4 BGB entnommen (so Alberts Währungsschwankungen, 43; ders NJW 1989, 609, 611). Da US-Dollar zugesprochen wurden, die Währung des Schadens also, gab es von vornherein nichts umzurechnen. Anders wäre es gewesen, wenn ungeachtet des Fremdwährungsschadens zur Zahlung in deutscher Währung verurteilt worden wäre. 1956 1957
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Prinzip der restitutio in integrum zu entsprechen und jede Form von Überkompensation zu vermeiden. Zum Abschluß ein dritter Schiffskollisionsfall, diesmal allerdings entschieden vom englischen House of Lords im Jahre 1978. 1,65 Ein griechisches Schiff namens „Eleftherotria" war 1974 mit einem anderen griechischen Schiff, der „Despina R", in den Gewässern vor Shanghai zusammengestoßen. Der Kläger ließ in Shanghai provisorische Reparaturen an der „Eleftherotria" durchführen, und zwar gegen Zahlung in chinesischer Währung. Ein ebenfalls in Shanghai erstelltes Sachverständigengutachten wurde in US-Dollar bezahlt. Die „Eleftherotria" fuhr dann zunächst nach Yokohama weiter, wo dem Kläger für weitere Reparaturarbeiten Aufwendungen in Yen erwuchsen. Die endgültige Reparatur wurde in Los Angeles gegen Zahlung von US-Dollar durchgeführt. Schließlich entstanden dem Kläger im Zusammenhang mit dem Schadensfall noch Kosten in London, die mit Pfund Sterling bestritten wurden. Sämtliche in chinesischer, japanischer und englischer Währung benötigten Beträge hatte sich der Kläger durch „Umtausch" von US-Dollar beschafft. Alle Zahlungen erfolgten von einem Konto in New York aus. Nachdem die „sterling judgment rule" in der Miliangos-Entscheidung1966 aufgegeben worden war, stand einer Verurteilung in Auslandswährung nichts im Wege. In Betracht kamen allerdings unterschiedliche Fremdwährungen. In erster Instanz wurde Ersatz in jenen Währungen zugesprochen, die der Geschädigte jeweils zur Bezahlung der Reparaturarbeiten verwendet hatte. Das House of Lords rückte dagegen - wie im gleichen Jahr das OLG Hamburg - den Gedanken der restitutio in integrum in den Vordergrund und verurteilte zur Zahlung in US-Dollar, weil der Kläger üblicherweise seine Geschäfte in dieser Währung führe und der Verlust daher für ihn in US-Dollar spürbar und meßbar geworden sei.1'67 bb)
Ausgleichsprinzip
Ausweislich der §§ 249 ff. BGB bezweckt das deutsche Schadensersatzrecht, den Geschädigten in die gleiche Lage zu versetzen, in der er sich befinden würde, wenn das zum Ersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre.1968 Geschuldet ist in erster Linie Naturalrestitution oder Geldersatz (§ 249 BGB). Nur soweit die Wiederherstellung nicht möglich oder unzureichend ist, richtet sich der Anspruch des Geschädigten auf Entschädigung wegen der eingetretenen Vermögensminderung (§ 251 Abs. 1 BGB). Ob nun aber das Integritätsinteresse oder das Wertinteresse in Rede steht, Leitprinzip ist stets der Ausgleich für erlittene Nachteile. 19 " Weder soll der Schuldner bestraft werden1970 noch der Gläubiger überkompensatorische Vorteile erzielen.1971 An diesem Ausgleichsprinzip hat sich auch 1965
Owners of the mv Eleftherotria v. Owners of the mv Despina R. (The Despina R), (1979) A.C. 685, gemeinsam entschieden mit Services Europe Atlantique (SEAS) v. Stockholms Rederiaktiebolag SVEA (The Folias); zur letztgenannten Entscheidung noch unten b)aa). 1966 Miliangos v. George Frank (Textiles) Ltd. (197*) A.C. 443; zu diesem Urteil bereits S 283 ff, ferner S 679 ff.
1967 ( 1 9 7 9 ) j An 1968
E
421, 427.
Lorenz SchuldR I, 424, 480; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 128; Hermann Lange Schadensersatz2, 9. 1969 Grunsky in MünchKomm-BGB3, Vor S 249 Rn 3; Remien ZEuP 1995, 122, 126. 1970 Larenz SchuldR I, 423; Hermann Lange Schadensersatz 2 ,12. 1971 Grunsky in MünchKomm-BGB3, Vor § 249 Rn 6 a; Hermann Lange Schadensersatz2, 9; dort auch überblicksmäßig zu Ausnahmen vom sog. „Bereicherungsverbot".
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die Bestimmung der Schadensersatzwährung zu orientieren,1972 nicht erst die Berechnung der Schadensersatzsumme. Abweichend verfahren diejenigen, die sich entweder nicht von der Vorstellung freimachen wollen, Geldwertschulden seien währungsrechtlich neutral und könnten deshalb stets in deutscher Währung ausgeurteilt werden, oder die der Auffassung anhängen, gesetzlich begründete Geldschulden müßten nach deutschem Recht grundsätzlich in DM entstehen. Für sie wird aus der Währungsfrage eine Wechselkursfrage1973 - ein Konzept, das mit dogmatischen und praktischen Unzulänglichkeiten gleichermaßen behaftet ist.1974 Akzeptiert man dagegen den hier eingenommenen Ausgangspunkt, dann richtet sich die Währung des Schadensersatzes als Konsequenz des Restitutionsgedankens nach der Währung des Schadens.1975 Auf den ersten Blick scheint auch die unter dem Vorsitz von Lando arbeitende Commission on European Contract Law1976 diese Einschätzung zu teilen. In Art. 4.509 ihrer Principles heißt es: „Damages are to be measured by the currency which most appropriately reflects the aggrieved party's loss."1977 Im deutschen Schrifttum hatte zuvor bereits Alberts unter dem Eindruck der englischen Rechtsprechung in der Zeit nach Miliangos vertreten, eine Schadensersatzforderung sei in der Währung zu berechnen, in der sich der Schaden am treffendsten ausdrücken lasse.1978 Indes sind beide Formulierungen, so richtig ihre Fixierung auf die Währung des Schadens auch ist, doch zumindest mißverständlich. Auch das OLG Köln im Falle des Schiffszusammenstoßes auf dem Rhein1979 und sogar der BGH mit seinem Verständnis der Neutralitätsthese1980 könnten sich mit dieser Lesart anfreunden, ohne daß sie ihre Rechtsprechung ändern müßten. Gemessen oder (besser gesagt) berechnet haben sie den Ersatzanspruch ja ebenfalls in der Währung des Schadens. Mit der Berechnung allein ist es aber nicht getan, entscheidende Bedeutung kommt der Währung zu, die der Schadensersatzgläubiger von seinem Schuldner verlangen und prozessual auch durchsetzen kann. Gemeint ist die Schuldwährung des Schadensersatzanspruchs. Die Lando-Gruppe geht demgegenüber in ihrem Vorschlag, ebenso wie offenbar Alberts, von dem englischen Rechtsbegriff des money of account aus,1981 der, wie sich auch hier zeigt, manche Problematik nicht erklären hilft, sondern zu verschleiern droht. Entsprechendes wäre 1972
So insbes. v. Hoffmann FS Firsching, 125; K. Schmidt in Staudinger", § 2 4 4 Rn 28; Rutz Schuldwährung, 24; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 264; Hans Stoll in v. Caemmerer/Schlechtriem, CISG, Art 74 Rn 30; wohl auch Magnus RabelsZ 53 (1989) 116, 135. 1973 Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 260 ff. 1974 S 298 ff. 1975 Rutz Schuldwährung, 24; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 263; Alberts Währungsschwankungen, 137; ders NJW 1989, 609, 612; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2054. Einige Autoren differenzieren danach, wofür Ersatz verlangt wird, und nehmen als Schuldwährung nur dann die Währung des Schadens an, wenn die Verpflichtung auf Naturalrestitution geht, wobei zT nur auf §§ 249 S 1, 252 BGB abgestellt wird, zT darüber hinaus auch auf § 249 S 2 BGB; siehe Canaris in GroßkommentarHGB 3 , § 361 Anm 5; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Baumbach/Hopt HGB, § 361 Rn 2; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 92 ff. 1976 Zu Zielen, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Lando-Gruppe etwa Lando RabelsZ 56 (1992) 261, 265 ff; Remien ZVglRWiss 87 (1988) 105, 117 ff; siehe auch Rittner DB 1996, 25 ff. 1,77 Lando/Beale Principles I, 218. 1978 Alberts NJW 1989, 609, 612. 1979 OLG Köln NJW 1971, 2128 f. 1980 BGHZ 14, 212, 217; BGH WM 1977, 478, 479; BGH VersR 1989, 54, 56; BGH NJW 1991, 634, 637. 1981 Lando/Beale Principles I, Art 4.509 comment A (2), 218 und Art 2.111 comment A, 90.
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zu Art. 7.4.12. der Unidroit Principles of International Commercial Contracts1982 anzumerken, wo es heißt: „Damages are to be assessed either in the currency in which the monetary obligation was expressed or in the currency, in which the harm was suffered, whichever is more appropiate". Größere Klarheit verschafft die offizielle Kommentierung, in der es im Zusammenhang mit der Währung einer zur Schadensbeseitigung getätigten Aufwendung heißt: „In such a case it should be entitled to claim damages in that currency, even if it is not the currency of the contract." 1983 Der Ausgleichsgedanke hat nicht nur zur Folge, daß es für die Währung des Schadensersatzes auf die Währung des Schadens ankommt. Er rückt zugleich für die Bestimmung der Schadenswährung die Perspektive des Geschädigten bzw., besser noch, dessen Vermögenslage in den Mittelpunkt der Betrachtung. Alle Vorschläge, Schadensersatz in der Währung des Forums, der lex causae oder des Schuldnerwohnsitzes bzw. -Vermögens zu gewähren, sind mit §§ 249 ff. BGB unvereinbar. Insbesondere können Gedanken des Schuldnerschutzes keine dominierende Rolle spielen.1984 Das Prinzip der Nachteilsausgleichung bewirkt, daß im Schadensersatzrecht - anders als im Bereicherungsrecht - die Entwicklung der Vermögenslage des Schuldners grundsätzlich unerheblich ist.1985 Bedenken, dem Schuldner neben dem Binnenwertrisiko auch noch das Außenwertrisiko der Schuldwährung aufzuerlegen, bestehen gleichfalls nicht. Daß der Geschädigte „zufällig" aus dem Ausland stammt oder „zufällig" ein in ausländischer Währung zu bewertender Vermögensposten betroffen wurde, mindert die Ersatzpflicht ebensowenig, wie dies bei besonderen Anfälligkeiten des Geschädigten1986 der Fall ist.1987 Weder der Umstand, daß die Gläubigerwährung von der des Schuldners abweicht, noch ihre für den Schuldner ungünstige Kursentwicklung vermögen also die Schadenszurechnung zu beeinflussen.1988 Währungsmäßigen Belangen des Schuldners1989 wird ggf. im Rahmen des § 244 BGB, und zwar nur dort, Rechnung getragen.1990 Soweit auf die Gläubigerwährung abgestellt wird, ist häufig die am Wohn- bzw. Geschäftssitz des Gläubigers umlaufende Währung gemeint.1991 Es sei die Währung der Zentrale des Vermögensträgers - so heißt es etwa bei v. Hoffmann - , die als Wertmesser seines Vermögens fungiere, unabhängig davon, wo sich einzelne Vermögensgegenstände befänden.1992 Im Regelfall führt diese Lesart sicherlich zu befriedigenden Resultaten. Zu beachten ist freilich, daß für unterschiedliche Vermögensteile auch unterschiedliche Währungen 1982 Näher zum Römischen Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (Unidroit), seinen Zielen und der Arbeitsweise seiner Arbeitsgruppen Boneil RabelsZ 56 (1992) 274 ff. 1983 Unidroit Principles, 212. 1984 Vgl Hermann Lange Schadensersatz2, 9. 1985 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 132. 1986 Dazu Hermann Lange Schadensersatz2,129 ff. 1987 Hernien RabelsZ 53 (1989) 245, 266. 1988 Nussbaum Das Geld, 247; in der englischen Rechtsprechung wird die Währung des Schadensersatzes stets noch unter dem Gesichtspunkt der „foreseeability" geprüft; siehe The Despina R (1979) 1 All. E.R. 421, 427; The Folias (1979) 1 All. E.R. 421, 430; zu Recht sind jedoch die Anforderungen für die Erfüllung dieses Merkmals gering. 1989 Der durch §§ 251 Abs 2, 254 BGB vermittelte Schuldnerschutz berührt die Frage der Schuldwährung nicht. 1990 Siehe bereits S. 298 ff; ferner S. 497 ff und 514 ff. 1991 Rutz Schuldwährung, 26, 50 ff; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 132; Birk Schadensersatz, 124. 1992 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 132.
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maßgeblich sein können. Die konkrete wirtschaftliche Situation des Gläubigers entscheidet, in welcher Währung sich für ihn ein etwaiger Schaden jeweils ausdrückt. Unterhält der Geschädigte etwa eine Zweigniederlassung, eine Betriebsstätte oder ein Konto im Ausland und betrifft der Schaden diese Vermögensteile, so lautet auch der Schaden auf die betreffende Auslandswährung. 1 " 3 Entsprechendes gilt, wenn der Geschädigte ein Fremdwährungskonto im Inland führt, über das Auslandsgeschäfte abgewickelt werden. 1 " 4 In all diesen Konstellationen widerspräche es dem Ausgleichsprinzip, dem Gläubiger Schadensersatz in der Währung seines Wohn- oder Geschäftssitzes zuzusprechen. Bezeichnenderweise zog es das House of Lords in „The Despina R." zu keiner Zeit in Betracht, dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung griechischer Drachmen zu gewähren, obwohl sich sein Hauptgeschäftssitz in Piräus befand. Als Gläubigerwährung bezeichnete Lord Wilberforce statt dessen „the currency in which the loss was effectively felt or borne by the plaintiff, having regard to the currency in which he generally operates or with which he has the closest connection". 19 ' 5 Ein ähnlich flexibler Ansatz ist auch im deutschen Recht geboten, wenngleich der engste Kontakt zwischen Schadensersatzgläubiger und Währung nach dem oben Gesagten grundsätzlich nur durch das Gläubigervermögen bzw. den Vermögensteil vermittelt wird, auf den sich der Schaden bezieht.1'9® cc)
Einzelne
Schadenstypen
(1)
Aufwendungen
Die Schadensersatzwährung festzulegen kann Probleme bereiten, wenn der Geschädigte den Schaden beseitigen läßt und ihm hierfür Geldaufwendungen (Heilungs- oder Reparaturkosten) erwachsen (§ 249 S. 2 BGB) oder wenn die Vermögenseinbuße des Geschädigten von vornherein in einer Geldaufwendung bestanden hat (§ 249 S. 1 BGB).1997 Die Ersatzverpflichtung lautet dann im Einklang mit den oben aufgestellten Grundsätzen an sich auf die Währung, in der die Aufwendung erfolgt ist.1998 Doch bedarf diese Aussage einer weiteren Präzisierung, falls der Geschädigte die Geldbeträge, mit denen er die betreffenden Ausgaben bestritten hat, sich erst gegen Hingabe von Geld einer anderen Währung beschaffen mußte. Die englische Entscheidung „The Despina R."1999 verdeutlicht, worum es geht, und sie zeigt zugleich in vorbildlicher Weise die gebotene Lösung auf. Dem Restitutionsgedanken folgend, hat der Schuldner die hypothetische, schadensfreie Vermögenslage herzustellen. Dies wiederum bedeutet, daß der Gläubiger Ersatz in der Währung verlangen kann, die er dem betroffenen Teilvermögen entnommen hat, um den zur Zahlung
1993
Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 267; zust Steenken Fremdwährungsschulden, 49. v. Hoffmann FS Firsching, 125, 136. 19,5 (1979) 1 All. E.R. 4 2 1 , 4 2 6 . 1996 Vgl Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 269; Vischer Probleme des Währungsrechtes, 425, 427. 1997 Etwa RG JW 1925, 1477 f: Ein Reeder hatte aufgrund einer unrichtigen Zollerklärung des Befrachters eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 Gulden zahlen müssen; siehe weiter S 514 f. 1,98 Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2055; Rutz Schuldwährung, 25; insofern auch Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 5; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Baumbach/Hopt HGB, § 361 Rn 2. 1999 S 317. 1994
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an Dritte benötigten (Fremdwährungs-)Betrag zu erhalten.2000 Schadenswährung ist also bei Geldaufwendungen die Währung des freiwilligen Vermögensopfers, d.h. wirtschaftlich betrachtet die Heimwährung des Gläubigers. Die hiergegen eingewechselte Fremdwährung hat lediglich den Charakter einer Abwicklungswährung.2001 Im Ergebnis spiegeln sich hier die Grundsätze wider, die bereits für die Währung vertragsergänzender Aufwendungsersatzverpflichtungen entwickelt worden sind. Mit der Aufwendung entsteht für den Ersatzverpflichteten eine Geldsummenschuld, keine Geldwertschuld.2002 Auch insofern gilt für den Schadensersatz nichts anderes als für den vertragsergänzenden Aufwendungsersatz.2003 Der Gläubiger kann folglich den seinem Vermögen entnommenen Betrag ersetzt verlangen. Das Kaufkraftverlustrisiko trägt er, sofern nicht ein besonderer Verzugsschaden geltend gemacht wird (§§ 286, 288 BGB). Auf Basis der h.M. wäre dagegen zur Zahlung in DM zu verurteilen, gleichgültig ob der Gläubiger aus seinem Vermögen DM oder Auslandswährung aufgewendet hat. Über die Höhe des geschuldeten DM-Betrages kann man dann geteilter Meinung sein, wobei im Falle von Fremdwährungsaufwendungen die Kosten für den Umtausch der zugesprochenen DM dergestalt in die Schadensberechnung einzubeziehen wären, als der jeweilige (höhere) Briefkurs der ausländischen Referenzwährung maßgeblich ist und die voraussichtlichen Wechselgebühren ebenfalls als Schadensposten Berücksichtigung finden. Im folgenden nur ein knapper Blick auf die denkbaren Modelle, deren Konsequenzen die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung noch unterstreichen. Wer wie Arend eine Geldsummenschuld annimmt, muß den DM-Betrag zuerkennen, der im Aufwendungszeitpunkt dem aufgewendeten Fremdwährungsbetrag entsprochen hat.2004 Doch bedeutete dies, den Gläubiger von vornherein mit dem Risiko von Außenwertänderungen zu belasten. Nur bei fixen Wechselkursen wäre gewährleistet, daß der Gläubiger genau die DM-Summe erhält, mit der er sich anschließend den damals aufgewendeten Heimwährungsbetrag beschaffen könnte. Dies verdeutlicht, daß das Prinzip der Geldsummenschuld nur so lange überzeugt, wie es vom Grundsatz der Gläubigerwährung flankiert ist. Umgekehrt wird aber die Suche nach der sachgerechten Währung vielfach erst durch das geldsummenschuldrechtliche Prinzip erzwungen. Geht man beim schadensersatzrechtlichen Aufwendungsersatz von einer Geldwertschuld aus, sind zwei Varianten denkbar. Zunächst könnte dem Gläubiger der DM-Betrag zugesprochen werden, der im Beurteilungszeitpunkt dem mit der Aufwendung erwirtschafteten Wert entspricht.2005 Warum freilich dem ausländischen Gläubiger, der eine summenmäßig bestimmte Anzahl Geldeinheiten seiner Heimwährung aufgewendet hat, ohne weiteres das Inflationsrisiko abgenommen werden sollte, ist schwerlich einsich2000 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 134 f; Rutz Schuldwährung, 25; K. Schmidt in Staudinger11, § 244 Rn 28; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 269; ersatzfähig sind auch die durch die Umrechnung entstandenen Zusatzkosten; siehe v. Hoffmann aaO. 2001 Rutz Schuldwährung, 25. Vgl auch Hans Stoll in v. Caemmerer/Schlechtriem, CISG, Art 74 Rn 30, der dem Gläubiger ein Wahlrecht einräumen will: Grundsätzlich sei Ersatz in der Währung geschuldet, die der Gläubiger an Dritte gezahlt hat. Ihm bleibe jedoch der Nachweis unbenommen, daß die Erstattung dieses Betrages den Schaden nicht vollständig ausgleicht, etwa weil der Gläubiger die verauslagten Devisen zu einem Kurs anschaffen mußte, den er wegen Kursverfalls beim späteren Umtausch des als Ersatz bezahlten Betrages in Inlandswährung nicht mehr erhalten kann. 2002 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu S 244 Rn D 55. 2003 S 309 f. 2004 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 110. 2005 So etwa RGZ 120, 76, 80 f zu §§ 670, 812 ff BGB.
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tig. Der Gläubiger erhielte mehr, als wenn der aufgewendete Geldbetrag in seinem Vermögen verblieben wäre. Die zweite Möglichkeit besteht darin, statt des wirtschaftlichen Wertes die aufgewendete Geldsumme selbst in den Rang einer Wertkonstante zu erheben. Die Qualität dieser Lösung hängt davon ab, wie weit sie sich wirtschaftlich mit Hilfe des zugrunde gelegten Umrechnungszeitpunktes dem hier vertretenen Modell annähert, dem Gläubiger also das Fremdwährungsrisiko abnimmt und ihm gleichzeitig das Heimwährungsrisiko beläßt. Gleichwohl werden die theoretischen Grundlagen der Neutralitätsthese überstrapaziert.2006 Denn die Verpflichtung zum Ersatz von Aufwendungen ist auch nach dieser Auffassung von ihrer Entstehung an durch eine Geldsumme fixiert und damit keine geborene, sondern eine gekorene Geldwertschuld. Schon wo die betragsmäßige Festlegung nicht bereits im Zeitpunkt der Schuldentstehung erfolgt, läßt sich kaum von währungsmäßiger Neutralität sprechen. Steht aber sogar eine Summe fest, beruht die Unbestimmtheit der Währung statt auf dem Wesen der Schuld auf dem Willen des Rechtsanwenders, der die Summe zum Wert erklärt. (2)
Entgangener Gewinn
Gleichsam spiegelverkehrt findet sich die Problematik des Aufwendungsersatzes beim Gewinnentgang (§ 252 BGB) wieder. Die Kernfrage lautet hier, ob Ersatz stets in der Währung geschuldet ist, in welcher der Gewinn erzielt worden wäre (die Währung des entgangenen oder ungünstiger abgeschlossenen Geschäfts also)2007, oder ob dann, wenn der Geschädigte den Gewinn in eine andere Währung „eingewechselt" hätte, ein Anspruch auf diese Währung besteht.2008 Bei der gebotenen Heranziehung des Prinzips der Totalrestitution kann die Antwort nur im Sinne der letztgenannten Alternative ausfallen. Der Schadensersatz soll den Gläubiger in die Situation versetzen, in der er sich befände, wenn ihm durch das schädigende Ereignis der Gewinn nicht entgangen wäre. Folglich muß bei der Schadensbemessung nach Währung und Summe (Umrechnungszeitpunkt) berücksichtigt werden, wie der Gläubiger den Gewinn verwendet hätte. Zu beachten ist dabei die Beweisregelung des § 252 S. 2 BGB.2009 Wer dem Gläubiger, der ein günstiges Fremdwährungsgeschäft verpaßt hat, den betreffenden Gewinn auch dann in der Geschäftswährung zusprechen will, wenn der entgangene Fremdwährungsbetrag dem Gläubiger von seiner Bank vereinbarungsgemäß in DM gutgeschrieben worden wäre (vgl. Nr 13 Sparkassen-AGB), auferlegt allzuleicht das Risiko einer Änderung des Außenwertes der Geschäftswährung dem Gläubiger. Ein Risiko, das dieser ohne die schädigende Handlung vom Zeitpunkt des Zahlungseingangs an nicht mehr zu tragen gehabt hätte. So wie es beim Ersatz von Aufwendungen darauf ankommt, welche Währung der Gläubiger seinem Vermögen entnommen hat, ist mithin beim Ersatz entgangenen Gewinns entscheidend, in welcher Währung 2006 Krit. auch Areni Zahlungsverbindlichkeiten, 110 f, der allerdings verkennt, daß die h. M. keinen wirtschaftlichen Wert, sondern eine Fremdwährungssumme als Rechnungsfaktor verwendet. Vom Zeitpunkt der Aufwendung an bildet diese den ersatzfähigen Schaden. K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 28; Mater-Reimer NJW 1985, 2049, 2055; grundsätzlich auch Hans Stoll in v. Caemmerer/Schlechtriem, CISG, Art 74 Rn 30. 2008 Dafür Rutz Schuldwährung, 46 f; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 135; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 270; ebenso Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 100, der in §§ 249 S 1, 252 BGB eine Ausnahme von dem Grundsatz erblickt, daß Schadensersatzforderungen nach deutschem Recht stets in DM entstehen; unklar Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 5. 2009 Zu dieser Bestimmung noch S 637 ff.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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der Gläubiger sein Vermögen letztlich vergrößert hätte.2010 Hier wie dort leitet sich die Schadenseratzwährung aus dem betroffenen Vermögensteil des Gläubigers ab. (3)
Sonstiges
Der Gedanke des Nachteilsausgleichs bildet auch im übrigen den Maßstab zur Bestimmung der Schadensersatzwährung. Beispiele: Wurden Geldzeichen gestohlen, richtet sich der Ersatzanspruch selbst dann auf die Währung der weggenommenen Banknoten und Münzen, wenn die Schuld (wie zumeist) keine Sachschuld, sondern Zahlungsverbindlichkeit ist.2011 Der merkantile Minderwert eines Gutes (§ 251 Abs. 1 BGB) muß konsequenterweise in der Währung ersetzt werden, in der es gehandelt wird;2012 typischerweise ist dies die Währung des Belegenheitsstaates.2013 Schmerzensgeld schließlich wird in der Währung des Vermögens geschuldet, aus dem der Gläubiger allgemein seinen Lebensunterhalt bestreitet. Wenn auch dem Schmerzensgeld neben der Ausgleichsfunktion eine Genugtuungsfunktion zukommt, berechtigt dies nicht, auf die Währung des Schädigers abzustellen. Das Schwergewicht der Genugtuung liegt auf der Person des Geschädigten, dem geholfen werden soll, sein beeinträchtigtes Selbstgefühl wiederherzustellen.2014 Das ist bei punitive damages, wie wir sie aus dem US-amerikanischen Recht kennen, anders.2015 Strafcharakter besitzt die Zahlungsverbindlichkeit nach § 847 BGB aber unstreitig nicht.2016
b) aa)
Besonderheiten bei
Vertragsverhältnissen
Parteiwille
Nicht selten begegnet im Schrifttum die These, Schadensersatzansprüche aus Vertrag unterlägen nach dem regelmäßigen Parteiwillen der Vertragswährung.2017 Die deutsche Rechtsprechung hat diese Einschätzung allerdings nie geteilt; sie verficht auch im Bereich vertraglicher Sekundärpflichten ihr skizziertes Neutralitätsdogma.2018 Höchstrichterlich diskutiert wurde die Frage vom House of Lords in der parallel zu „The Despina R." ergangenen Entscheidung „The Folias" im Jahre 1979: 201 ' Ein französisches Unternehmen hatte ein Schiff namens „Folias" von der schwedischen Eignerin gegen Zahlung von US-Dollar gechartert, um eine Ladung Zwiebeln von Spanien nach Brasilien zu transportieren. Infolge eines Defektes an der Kühlanlage des Schiffs verdarben die Zwiebeln und der französische Charterer mußte den brasilianischen Empfängern Schadensersatz in Cruzeiros, der 2010
Prägnant Rutz Schuldwährung, 46. Zur Problematik Arend Zahlungsverbindlichkeit, 97 ff; ferner Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5. 2012 Hernien RabelsZ53 (1989) 245, 272. 2013 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 136. 2014 Hermann Lange Schadensersatz2, 436. 2015 Dazu etwa Coester-Waltjen Punitive damages, 15, 17 ff. 201í B G H Z 18, 149, 155; BGH ZIP 1992, 1256, 1267. 20,7 K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 29; mit Einschränkungen auch Bamberger Valutaschuld, 24 f. 2018 Beispielsweise BGH WM 1977, 478, 479. 2019 Services Europe Atlantique Sud (SEAS) ν. Stockholms Rederiaktiebolag SVEA (The Folias), (1979) 1 All. E.R. 421. 2011
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
damaligen brasilianischen Landeswährung, leisten. Die benötigten 400.000 Cruzeiros erwarb er gegen Einwechslung französischer Francs. Nachdem der Wert der brasilianischen Währung gesunken war, erhob der Charterer gegen die Schiffseignerin Schadensersatzklage auf Zahlung in französischen Francs, hilfsweise in US-Dollar. Der Kursverfall des Cruzeiro gegenüber dem Franc war ausgeprägter als gegenüber dem Dollar. Die Beklagte hingegen wollte nur den betreffenden Cruzeiro-Betrag ersetzen. Das House of Lords erkannte auf Francs, und zwar unter Heranziehung der bereits in „The Despina R." getroffenen Erwägungen.2020 Zur Frage, ob nicht die Vertragswährung auch die Schadensersatzwährung sei, bemerkte Lord Wilberforce, es bedürfe hierzu einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung.2021 Wenn sich aus dem Wortlaut des Vertrages ergebe, daß die Parteien sämtliche Zahlungsverbindlichkeiten, die aufgrund des Vertrages entstehen („all transactions arising under the contract"), in einer bestimmten Währung abwikkeln wollen, sei es angemessen, auch Schadensersatz in dieser Währung zuzusprechen. Allein der Umstand jedoch, daß die Parteien den US-Dollar als Schuldwährung für die primären Zahlungspflichten aus dem Chartervertrag („in respect of hire and other contractual payments") festgeschrieben haben, lasse keinen zwingenden oder auch nur plausiblen Schluß darauf zu, Schadensersatzverbindlichkeiten sollten ebenfalls auf US-Dollar lauten.2022 Im Jahre 1988 entschied allerdings Richter Gatehouse im Fall „T/A Jones Transport", 2023 die Parteien hätten als Schadensersatzwährung die Vertragswährung gewollt, weil sie nicht nur den Preis, sondern auch andere Geldschulden wie Transport- und Lagerkosten in Pfund Sterling ausgedrückt haben. Die Vorsicht, mit der die englische Rechtsprechung der Annahme gegenübertritt, die Vertragswährung sei zugleich Schadensersatzwährung, ist begründet und verdient auch im deutschen Recht beherzigt zu werden. Natürlich können die Parteien eine Vereinbarung darüber treffen, daß sekundäre Zahlungspflichten in derselben Währung entstehen sollen wie primäre Zahlungspflichten. Wo es aber an einer ausdrücklichen Abrede dieses Inhalts fehlt, dürfte die Bestimmung der Schadensersatzwährung weit seltener eine Frage der (normativen) Auslegung sein als vielmehr eine solche der vertragsergänzenden Lückenfüllung. Drei dogmatische Ansatzpunkte für die Ableitung der Schadensersatzwährung aus der Vertragswährung sind folglich denkbar. Zunächst die normative Vertragsauslegung. Für sie ist nur Raum, wenn etwaige Schadensersatzpflichten im Vertrag irgendwie Anklang gefunden haben oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Verteilung des Währungsrisikos über die Festlegung primärer Geldschulden (insbesondere des Preises für die vertragliche Hauptleistung) hinaus bedacht worden ist. Ansonsten wird man nicht umhin kommen, eine Lösung im objektiven Recht zu suchen, sei es durch Auslegung der jeweiligen zum Schadensersatz verpflichtenden Dispositivnorm (z.B. §§ 325, 326 BGB oder der ungeschriebenen Regeln über die p W ) , sei es im Wege ergänzender Vertragsauslegung.2024 Für alle drei Fälle kommt es darauf an, inwieweit die Identität von Vertragswährung und Schadensersatzwährung den Parteiinteressen entspricht, wobei die einfache wie auch die 2020 Siehe später auch Société Française Bunge S.A. v. Belcan N.V. (The Federal Huron), (1985) 3 All. E.R. 378 (Q.B. Com. Ct.). 2021 The Folias aaO 421, 429. 2022 The Folias aaO 421, 429. 2023 Metaalhandel J. A. Magnus B.V. v. Ardfields Transport Ltd. and Eastfell Ltd. (T/A Jones Transport), (1988) 1 Lloyds Rep. 197, 205 (Q.B. Com. Ct.). 2024 Zum Rangverhältnis S 237 ff und 303 ff.
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ergänzende Vertragsauslegung eine individualisierende, die Auslegung der Dispositivnormen hingegen eine generalisierende Betrachtung zum Inhalt hat.2025 Auszugehen ist in diesem Zusammenhang zunächst davon, daß die Währung, in der sich der Schaden im Vermögen des jeweiligen Ersatzgläubigers niederschlägt, grundsätzlich davon unberührt bleibt, daß die Parteien in vertraglicher Verbindung zueinander stehen.2026 Das durch die Vertragsverletzung betroffene Vermögen der geschädigten Partei kann in der Währung ausgedrückt sein, auf die der Preis- oder Vergütungsanspruch lautet, zwingend ist dies jedoch keineswegs. Die Diskrepanz zwischen Vertragswährung und Schadenswährung wird besonders offenkundig beim gegenseitig verpflichtenden Vertrag, bei dem die Vertragswährung nur für eine Partei die Heimwährung bildet. Lautet etwa der Kaufpreis auf die Währung des in Lieferverzug geratenen Verkäufers, schlagen sich die nach § 326 BGB ersatzfähigen Mehraufwendungen des Käufers für einen Deckungskauf2027 oder für seinerseits an Abkäufer zu leistende Schadensersatzzahlungen regelmäßig in einer anderen Währung als der Vertragswährung nieder.2028 Gleiches gilt für entgangenen Gewinn.2029 Die Schadensersatzwährung nicht aus der Schadenswährung zu entwickeln, ließe sich allenfalls mit der Überlegung rechtfertigen, daß das Prinzip der restitutio in integrum als Konsequenz der parteiautonomen Bestimmung der Vertragswährung einer anderen Risikoverteilung weichen müsse. Dafür jedoch ist im Regelfall kein Grund ersichtlich.20'0 Die Vertragswährung hängt häufig von der wirtschaftlichen Stärke der Parteien ab. Der Verkäufer ist an einer „harten", der Käufer an einer „weichen" Währung interessiert, sofern es sich nicht um ein spot-Geschäft handelt. Tritt der Schadensersatzfall ein, hängt die Interessenlage davon ab, wer von den Vertragsparteien Ersatzgläubiger und wer Ersatzschuldner ist. Der Verkäufer etwa, der bei den Verhandlungen eine „harte" Währung durchgesetzt hat, wird Schadensersatz natürlich in einer „weichen" Währung schulden wollen, um von der jeweiligen Kursentwicklung zu profitieren. Nun ließe sich die Problematik zwar durch Umrechnung auf den Zahlungszeitpunkt entschärfen. Wie bereits beim Heimwährungs-
2025 Die Auslegung vertragsergänzender Schadensersatznormen geht auch in der Währungsfrage nicht an den Parteiinteressen vorbei. Weil jene Dispositivnormen eine Regelung bezwecken, die verständige und redlich denkende Vertragspartner typischerweise getroffen hätten, wäre es durchaus vorstellbar, daß die Währung des Schadensersatzes nicht durch Verweisung auf die allgemeinen Regeln der SS 249 ff BGB entschieden wird. 2026 Vgl die Beispiele bei Steenken Fremdwährungsschulden, 52. 2027 Zu Besonderheiten der Währungsbestimmung, wenn der Schaden aufgrund eines ungünstigeren Deckungsgeschäfts entstanden ist, Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 284 ff 2028 Dabei ist vorausgesetzt, daß der Käufer sich etwa erforderliche Fremdwährungseinheiten durch Einwechslung von Heimwährung beschafft, ein Verlust also in Heimwährung spürbar ist. 2029 Vgl Bamberger Valutaschuld, 24 f; ferner Société Française Bunge S.A. v. Belcan N.V. (The Federal Huron), (1985) 3 All. E.R. 378 (Q.B. Com. Ct.): Eine französische Gesellschaft hatte mit dem belgischen Schiff „Federal Huron" Sojabohnen von Toledo/Ohio nach Bordeaux transportieren lassen. Nachdem ein Teil der Ladung auf dem Seeweg verdorben war, klagte die französische Gesellschaft gegen die Schiffseignerin auf Schadensersatz in US-Dollar. Der Verkauf der Sojabohnen sollte zwar in französischer Währung erfolgen, doch pflegte die Klägerin, die auch im übrigen ihre Geschäfte in der amerikanischen Währung abwickelte, Francs-Zahlungen sofort in US-Dollar einzuwechseln. Richter Bingham verurteilte daher zum Schadensersatz in US-Dollar. 2 0 Siehe zur Analyse der beiderseitigen Parteiinteressen auch Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 279 f.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
streben wäre dann aber auch beim Vertragswährungsstreben zu fragen, warum es überhaupt einer Umrechnung der Schadenswährung bedürfen soll. Die Vertragswährung, so läßt sich festhalten, bildet nur ausnahmsweise zugleich die Schadensersatzwährung, dann nämlich, wenn besondere Anhaltspunkte im Vertrag eine dahingehende Interpretation oder ergänzende Auslegung gebieten. Den vertragsergänzenden Dispositivnormen des objektiven Rechts, die Schadensersatzpflichten bei Vertragsstörungen begründen, wohnt ein derartiger Regelungsgehalt nicht inne.
bb) § 361 HGB Damit steht freilich noch nicht fest, daß die oben entwickelten Grundsätze über den außervertraglichen Schadensersatz zum Zuge kommen müssen. Einige Autoren wollen statt dessen die Währung sekundärer Zahlungspflichten unter Heranziehung des § 3 6 1 H G B ermitteln, 2 0 3 1 indem sie der handelsrechtlichen Auslegungsregel insofern den Charakter einer ergänzenden Dispositivbestimmung zumessen. 2032 Deren Anwendungsbereich hinge von der bereits diskutierten Frage ab, ob § 3 6 1 H G B auf Handelsgeschäfte i.S.d. § 3 4 3 H G B beschränkt bleiben oder auch (analog) darüber hinaus zur Währungsbestimmung herangezogen werden sollte. 2 0 3 3 Gegenüber einer Anbindung der Schadensersatzwährung an die Vertragswährung besäße diese Lösung immerhin den Vorzug größerer Differenziertheit. Denn es käme jeweils auf den Erfüllungsort der konkreten Ersatzverpflichtung an, und das soll erklärtermaßen wegen §§ 2 6 9 , 2 7 0 Abs. 4 B G B grundsätzlich der (Wohn-)Sitz des Schuldners bzw. der Ort seiner gewerblichen Niederlassung sein. 2 0 3 4 Um Schuldnerschutz geht es also, vor allem um den Schutz des inländischen Schuldners. Zumindest diskussionswürdig ist allerdings, ob der Erfüllungsort für vertragliche Schadensersatzansprüche nicht aufgrund der „Natur des Schuldverhältnisses" (§ 2 6 9 Abs. 1 BGB) an einem anderen Ort lokalisiert werden sollte als am Schuldnerwohnsitz. 2035 In Betracht kommen der Erfüllungsort der verletzten Vertragspflicht, 2 0 3 6 der (Wohn-)Sitz des Gläubigers oder der Ort, an dem die Rechtsgüter- oder Vermögenseinbuße (ggf. die Aufwendung, der Gewinnentgang etc.) sich für den Gläubiger auswirkt. 2 0 3 7 Ganz abgesehen davon gilt es zu bedenken, daß die im deutschen Recht bei Geldschulden vorgenommene Trennung zwischen Erfüllungs- bzw. Leistungsort und Erfolgs- oder Zahlungsort schon einer Ausdehnung des § 3 6 1 H G B auf vertraglich vereinbarte Zahlungspflichten jenseits
2 0 3 1 Zur dogmatischen Einordnung äußert sich von den Befürwortern der ausdehnenden Interpretation des § 361 HGB soweit ersichtlich nur Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 4 f. 2032 Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 4 f; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; jeweils mit Einschränkungen für den Fall, daß „der Schaden von vornherein in ausländischer Währung entsteht" oder „unmittelbar auf eine fremde Währung gerichtet ist", womit Fälle der §§ 249 S 1 und 2, 252 BGB gemeint sind; ähnlich Baumbach/Hopt HGB, § 261 Rn 2; ferner K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. 2 0 3 3 S 251 f. 2034 Canaris und Hefermehl aaO; der Erfüllungsort der primären Leistungspflicht spielte also grundsätzlich keine Rolle, wenngleich die Vereinbarung des Erfüllungsortes der primären Leistungspflicht vielfach auch auf entsprechende sekundäre Leistungspflichten zu erstrecken sein wird (Canaris aaO). 2 0 3 5 Siehe dazu noch S 4 9 7 f. 2 0 3 6 Siehe BGH NJW 1981, 1158 (Schadensersatz nach dem EKG); RG L Z 1907, Sp. 342 Nr 7; RG L Z 1920, Sp. 757 (jeweils zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung). 2 0 3 7 Vgl v. Hoffmann FS Firsching, 125, 133.
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des handelsgeschäftlichen Bereichs Grenzen setzt. 2038 Gerade weil der Regelungsgehalt der §§ 269, 2 7 0 BGB rechtspolitisch betrachtet fragwürdig ist, 2039 sollten diese Normen nicht ohne Grund über § 361 HGB auch noch den Ansatzpunkt für die Bestimmung der Währung vertragsergänzender Primär- oder Sekundärpflichten bilden. Anderenfalls wären auch Wertungswidersprüche zu § 2 4 4 BGB vorgezeichnet, immer vorausgesetzt, man dehnt die Ersetzungsbefugnis des Schuldners auf gesetzliche Valutaschulden aus. Denn § 244 BGB ordnet den Schutz des inländischen Schuldners nicht bereits auf der Ebene der Schuldwährung, sondern erst auf derjenigen der Zahlungswährung an. Wer sich also um die Belange des inländischen Schadensersatzschuldners sorgt und den Erfüllungsort von Schadensersatzverpflichtungen nach SS 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB bestimmt, kann dem ggf. im Rahmen des S 2 4 4 BGB Rechnung tragen und muß nicht unter Abkehr vom Gedanken des Schadensausgleichs die Währung des Ersatzschuldners zur Schuldwährung erklären. Unabhängig von der Frage, inwieweit die S S 269, 270 BGB bei vertraglichen Schadensersatzverpflichtungen wirklich zum Zuge kommen, sprechen gegen eine Währungsbestimmung durch S 3 6 1 HGB noch weitere Überlegungen. Das Ausgleichsprinzip beherrscht auch das Recht des vertraglichen Schadensersatzes, mag das positive oder das negative Interesse geschuldet sein, Naturalrestitution i.S.d. S 249 S. 1 BGB, Wertersatz (§ 249 S. 2 BGB) oder Geldentschädigung (§ 251 Abs. 1 BGB). Sofern die Schadenswährung nicht mit der am Erfüllungsort umlaufenden Währung identisch ist, stellen sich bei Heranziehung des § 3 6 1 HGB die bereits zum außervertraglichen Schadensersatz diskutierten Umrechnungsprobleme. 2040 Sie lassen sich nur dann zufriedenstellend bewältigen, wenn der Kurs im Zahlungszeitpunkt zugrunde gelegt wird. Warum dann aber nicht von vornherein Ersatz in der Schadenswährung zugesprochen wird, bleibt unbeantwortet. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, daß die Befürworter der Erfüllungsort-These ihr Konzept nicht konsequent verfechten, sondern Ausnahmen zu Gunsten der Schadenswährung etwa bei S 249 S. 1 und S 2 5 2 BGB zulassen.2041 Soweit die Parteien keine abweichende Risikoverteilung vereinbart haben, sollte deshalb die Währungsbestimmung bei vertraglichen und außervertraglichen Schadensersatzverpflichtungen den gleichen Regeln folgen, damit nicht die bloße Existenz einer (wirksamen) Sonderverbindung (handelsgeschäftlicher Art) zwischen den Parteien zu Resultatsverschiebungen führt. 2042
4.
Unterhalt
a)
Kollisionsrechtliche Ausgangslage
Die Frage nach der Währung, in der Unterhaltsverbindlichkeiten entstehen, war für Rechtsprechung und Schrifttum im Deutschland der ersten Jahre nach der Währungsreform 1948 eng mit kollisionsrechtlichen, aber auch mit öffentlichrechtlichen Erwägungen verwoben. Diskutiert wurden vor allem Fälle interzonaler Art, wobei sich teilweise Argumentationsfiguren wiederfinden, die bereits aus der Behandlung von Umstellungsproblemen im 2038
S 2 5 1 f.
20,9
Nussbaum Das Geld, 74 f.
2040
S 3 1 7 ff.
2041
Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 5; Hefermehl in Schlegelberger, § 361 Rn 5.
2042
IErg ebenso Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 2 8 1 f; Steenken
Fremdwährungsschulden, 51 f.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Zuge von Währungsgebietsspaltungen2043 bekannt sind. So hieß es etwa, geschuldet sei die Währung des Staates, dessen Recht das Unterhaltsstatut stellt.2044 Nach anderer Ansicht sollte die Unterhaltswährung durch Anknüpfung eines vom Unterhaltsstatut unabhängigen Währungsstatuts entschieden werden. 2045 Den Anknüpfungspunkt hierfür bilde der Erfüllungsort, der vor dem sachrechtlichen Hintergrund der §§ 269, 270 Abs. 4 BGB mit dem Wohnsitz des Unterhaltsschuldners identifiziert wurde. Beide kollisionsrechtliche Ansätze sind schnell auf Kritik gestoßen. Ihnen wurde vor allem entgegengehalten, Währungsrecht sei öffentliches Recht; dieses folge anderen Grundsätzen als denen des Interzonalen und Internationalen Privatrechts.2046 Der skizzierte Diskussionsstand könnte heute weitgehend als überwunden gelten, wenn nicht in der Judikatur immer wieder Ansätze einer Hinwendung zu kollisionsrechtlich selbständiger, d.h. vom Unterhaltsstatut losgelöster Anknüpfung der über die Unterhaltswährung entscheidenden Regeln (insbesondere an die lex fori) durchscheinen würden. 2047 Nach der hier vertretenen Ansicht ist es Aufgabe des Schuldstatuts festzulegen, auf welche Währung eine nach seinen Normen entstehende Geldschuld lautet. Für Unterhaltsverbindlichkeiten gilt grundsätzlich nichts Abweichendes. Öffentliches Recht spielt dabei keine Rolle. Zwar hat der deutsche Richter, dem die Entscheidung über eine Geldschuld mit Auslandsbezug obliegt, gegebenenfalls auch Vorschriften des öffentlichen Rechts, genauer: ihre zivilrechtlichen Reflexwirkungen, zu beachten. Im Hinblick auf öffentliches Recht des Forums versteht sich dies von selbst. Was ausländisches öffentliches Recht2048 anbelangt, so hängen Art und Umfang seiner Beachtung davon ab, ob es sich um lex causae-zugehörige oder lex causae-fremde Eingriffsnormen handelt und ob zwischen Erlaßstaat und Schuldverhältnis eine hinreichend enge Verbindung besteht oder nicht.2049 Inhaltlich geht es vor allem um die Beachtlichkeit von Valutaschuldverboten und, was im Unterhaltsrecht die Hauptrolle spielt, um Transferverbote. Gefragt wird bei alledem jedoch lediglich nach der (ausnahmsweisen) Einwirkung hoheitlicher Verbotsnormen auf den zunächst nach privatrechtlichen Grundsätzen zu ermittelnden Inhalt eines Geldschuldverhältnisses. Offen zutage tritt diese Struktur, wo es an Eingriffsnormen gänzlich fehlt oder sie aus tatbestandli-
2043
S 210 ff und 224 ff. Etwa OLG Braunschweig JR 1950, 667; LG Berlin JR 1950 667; LG Dortmund MDR 1950, 552; LG Braunschweig MDR 1951, 238, 239; 1953, 367; LG Lüneburg MDR 1951, 303; LG Hamburg MDR 1952, 301, 302; Marquordt MDR 1951, 390, 392. 204s LG Göttingen MDR 1949, 757; LG Bielefeld MDR 1952, 108, 109; LG Kassel MDR 1953, 237; LG Bochum NJW 1949, 426 f; LG Bayreuth NJW 1950, 953, 954; Benkard BB 1948, 365, 368. 2046 LG Düsseldorf MDR 1952, 298, 299; LG Düsseldorf DAVorm 1974, Sp. 629 f; LG Oldenburg NJW 1953, 1183; Beitzke NJW 1950, 928 f; Seydel NJW 1958, 736, 737; W. Weber in Staudinger11, Vorbem zu §§ 244, 245 Rn 730; Hahnenfeld NJW 1955, 528; siehe ferner LG Hannover DAVorm 1974, Sp. 481. 2047 Beispielsweise KG FamRZ 1988, 296: Währung einer Morgengabe nach iranischem Recht bei gewöhnlichem Aufenthalt der Gläubigerin in Deutschland; KG FamRZ 1994, 759, 763; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1987, 623; AG München DAVorm 1980, Sp. 147, 149: jeweils Unterhalt nach ausländischem Recht für ein im Ausland lebendes Kind; ferner BGH FamRZ 1992, 1060, 1062 f: Unterhaltsstatut wurde offengelassen, gleichwohl nach deutschem Recht ein Wahlrecht zwischen Schuldnerund Gläubigerwährung gewährt. 2048 Gemeint ist die Summe ausländischer Rechtsregeln, die nach deutschem Verständnis als öffentlichrechtlich zu qualifizieren wären. 2049 Eingehend S 115 ff. 2044
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chen oder rechtsanwendungsrechtlichen Gründen keine Bedeutung erlangen. 2 0 5 0 Mit dem schillernden und häufig mißverständlich gebrauchten Begriff des „Internationalen öffentlichen Rechts" hat die Suche nach der Währung von Unterhaltsverpflichtungen also nichts zu tun. Auf kollisionsrechtlicher Ebene läßt sich die Problematik freilich ebensowenig bewältigen. Die Idee, das Währungsstatut getrennt vom Schuldstatut anzuknüpfen, ist bereits unter unterschiedlichen Aspekten untersucht und verworfen worden. Erst die Währung konstituiert den Gegenstand der Geldschuld. Die Währung kann daher nicht von einer anderen Rechtsordnung festgelegt werden als derjenigen, die über Existenz und Inhalt der Zahlungsverbindlichkeit im übrigen befindet. 2 0 5 1 Nun besteht die Konsequenz keineswegs darin, stets die Währung des Staates als geschuldet anzusehen, dessen Recht das Unterhaltsstatut stellt. Dem als Schuld- bzw. hier als Unterhaltsstatut berufenen Sachrecht ist vielmehr zu entnehmen, nach welchen Kriterien sich die Unterhaltswährung bestimmt. Das deutsche Kollisionsrecht determiniert diese Entscheidung nicht, 2 0 5 2 und zwar nicht einmal dann, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Verweisung auf das Währungsstatut als eine kollisionsrechtliche begreift. 2053 Der Anknüpfungspunkt würde in jedem Fall durch das Sachrecht der lex causae festgelegt. 2054 Durch Art. 18 E G B G B , mit dem das Haager Unterhaltsübereinkommen von 1 9 7 3 vollinhaltlich in das E G B G B eingestellt worden ist, 2 0 5 5 hat das deutsche Unterhaltskollisionsrecht viel von seiner vormaligen Zersplitterung verloren. Bis zur IPR-Novelle 1 9 8 6 bildete der familienrechtliche Unterhalt keinen selbständigen Anknüpfungsgegenstand, sondern wurde von der jeweils einschlägigen allgemeinen familienrechtlichen Kollisionsnorm mitumfaßt. 2 0 5 6 Der Unterhaltsanspruch folgte m.a.W. „dem Recht, dem das Rechtsverhältnis unterliegt, aus dem er fließt", 2 0 5 7 also der Ehegattenunterhalt dem Ehewirkungsstatut, der Geschiedenenunterhalt dem Scheidungsfolgenstatut, der Unterhalt des ehelichen Kindes dem Eltern-Kind-Statut. Auf den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes gegenüber seinem Vater schließlich gelangte das von Art. 2 1 E G B G B aF berufene Recht zur Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 26 f. Zutr daher iErg LG Hannover DAVorm 1974, Sp. 4 8 1 ; siehe ferner Martiny in MünchKommBGB2, Nach Art 34 Anh. I Rn 10; Gamillscheg in Staudinger10"1, Vorbem vor An 13 Rn 403, 4 0 5 ; v.Bar/Mankowski in Staudinger13, Anh. I zu Art 18 EGBGB Rn 324. 2 0 5 2 Die Wirkungsweise des Kollisionsrechts erschöpft sich auch hier in der Anknüpfung des Unterhaltsstatuts. Welche Wertungen das solchermaßen berufene Sachrecht trifft, ist seine Sache und vom deutschen Richter grundsätzlich (ggf vorbehaltlich Art 6 EGBGB) zu akzeptieren. 2 0 5 3 S 101 ff. 2 0 5 4 Nicht ganz eindeutig insofern Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 27. 2 0 5 5 Meinungsverschiedenheiten bestehen darüber, welche Bedeutung Art 18 EGBGB neben dem Abkommen überhaupt besitzt. In jedem Fall dürfte es aber zulässig sein, das Abkommen nach dem Text des Art 18 EGBGB zu zitieren, sofern man nur die staatsvertragliche Herkunft der Vorschrift bei ihrer Auslegung berücksichtigt. Siehe dazu BGH FamRZ 1991, 925; Kropholler IPR 3 4 5 ; Siehr in MünchKomm-BGB 2 , Art 18 EGBGB Rn 1; Chr. v. Bar IPR II, Rn 279. 2 0 5 6 Inhalt und Umfang des deliktsrechtlichen Unterhalts jedoch bemessen sich auch heute noch nach dem jeweiligen Deliktsstatut; siehe zB BGH NJW 1976, 1588, 1589; Chr. v. Bar IPR II, Rn 713, 7 1 8 ; Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 , Art 38 EGBGB Rn 2 8 9 ; Komplizierter ist die Rechtslage bei Vorschriften nach Art des § 844 Abs 2 BGB. Die Anwendbarkeit der Norm setzt deutsches Recht als Deliktsstatut voraus; über die Frage jedoch, ob der Getötete einem Dritten gegenüber unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, entscheidet das nach Art 18 EGBGB berufene Recht. 2050
2051
2057
Kegel IPR, 670.
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Anwendung.2058 Nicht zuletzt diese Zersplitterung war es, die wegen ihrer unterschiedlichen Anknüpfungen die Abkehr vom skizzierten Prinzip des Gleichlaufs zwischen Unterhaltsstatut und Unterhaltswährung begünstigte und die Entwicklung der These vorantrieb, die Bestimmung der Unterhaltswährung erfolge durch eine gesonderte Kollisionsnorm.2059 Nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 EGBGB entscheidet heute grundsätzlich das am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten2060 geltende Recht darüber, ob, in welchem Ausmaß und von wem Unterhalt verlangt werden kann. Gewährt das solchermaßen ermittelte Recht keinen Unterhalt, ist das gemeinsame Heimatrecht von Berechtigtem und Verpflichtetem heranzuziehen (Art. 18 Abs. 1 S. 2 EGBGB); versagt auch dieses Recht den Unterhalt, findet deutsches Recht Anwendung (Art. 18 Abs. 2 EGBGB). Abweichungen gelten vor allem für den Geschiedenenunterhalt und den Trennungsunterhalt (Art. 18 Abs. 4 EGBGB), aber auch für den Unterhalt zwischen Verwandten in der Seitenlinie und zwischen Verschwägerten (Art. 18 Abs. 3 EGBGB). In jedem Falle2061 ist Art. 18 Abs. 5 EGBGB zufolge deutsches Recht Unterhaltsstatut, wenn Berechtigter und Verpflichteter gleichermaßen deutsche Staatsangehörige sind und der Verpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. 2062 Wann immer aufgrund der genannten Kollisionsnormen deutsches Recht über Existenz und Inhalt eines familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs entscheidet, befindet es zugleich auch über die Währung, auf die der Anspruch lautet.
b)
Unterhaltszweck und Unterhaltswährung
aa) Grundsatz Das gegenwärtige Meinungsbild im deutschen Unterhaltsrecht ist stark von der bereits diskutierten These geprägt, Geldwertschulden seien währungsmäßig neutral. Weil eine Geldzahlung geschuldet werde, deren Umfang erst anhand von Wertfaktoren wie Lebensstellung, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit zu berechnen sei, laute sie nicht von vornherein auf eine bestimmte Währung. Während aber beispielsweise Hirschberg jede Währung als potentielle Unterhaltswährung in Betracht zieht, „die zu den Umständen des einzelnen Falles eine vernünftige Beziehung aufweist",2063 konzentrieren sich Rechtsprechung und herrschende Lehre darauf, dem Unterhaltsgläubiger die Wahl zwischen der Währung seines gewöhnlichen Aufenthalts und der deutschen Währung (meist als der Schuldner-
2 0 5 8 Für den Kindesunterhalt ging allerdings das Haager Unterhaltsabk von 1956 (BGBl II, 1012, in Kraft seit 1.1.1962, BGBl II, 16) vor. 2 0 5 9 Dazu etwa Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 25. 2 0 6 0 Auch wenn das Gesetz zur Umschreibung des Anknüpfungspunktes den Begriff „Unterhaltsberechtigter" gebraucht, ist natürlich die Frage, ob jemand berechtigt ist, Unterhalt zu verlangen, eine Angelegenheit des verwiesenen Rechts. „Berechtigter" ist demzufolge der Anspruchssteller, „Verpflichteter" meint den Anspruchsgegner; Chr. v. Bar IPR II, Rn 284; Kropholler IPR, 345. 2 0 6 1 Auch gegenüber Abs 4 genießt Abs 5 des Art 18 EGBGB Vorrang; OLG Hamm FamRZ 1994, 573, 575. 2 0 6 2 Zum Anknüpfungssystem im Einzelnen, insbes. zu der in den Absätzen 1-4 vorgenommenen Differenzierung nach famiiienrechtlichen Beziehungen, Chr. v. Bar IPR II, Rn 281 ff. 2063 Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 36; vielleicht auch Siehr in MünchKomm-BGB 2 , Art 18 EGBGB Anh. I Rn 2 3 6 f.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Währung) zuzubilligen. 2064 In neuerer Zeit bemüht sich der B G H darum, auch diese Grenzen noch etwas enger zu ziehen. 2 0 6 5 Das Wahlrecht unterliege Einschränkungen - so heißt es - , wenn der Unterhaltspflichtige ein besonderes Interesse daran habe, den Unterhaltsbedarf durch Leistungen in der am Aufenthaltsort des Berechtigten geltenden Währung zu befriedigen (z.B. weil er dort über Vermögen verfüge, das er für den Unterhalt einsetzen wolle). Andererseits könnten diesem Anliegen des Verpflichteten auf Seiten des Berechtigten besondere Gründe entgegenstehen, die die Entrichtung des Unterhalts in der Währung seines gewöhnlichen Aufenthalts unzumutbar werden ließen. Was der B G H hierbei dogmatisch im Sinn hat, ist nicht eindeutig. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1 9 9 0 spricht das Gericht unter Hinweis auf § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB 2 0 6 6 davon, der Unterhaltspflichtige könne aus Gründen der gegenseitigen Rücksichtspflicht verlangen, daß er die Geldrente in der betreffenden Fremdwährung entrichten dürfe. 2 0 6 7 Gemeint sein mag damit eine von § 2 4 4 B G B abweichende gesetzliche Ersetzungsbefugnis des Schuldners für den Fall, daß der Gläubiger die Schuldnerwährung wählt, wobei über die Existenz der Ersetzungsbefugnis möglicherweise bereits im Erkenntnisverfahren zu entscheiden wäre. 2 0 6 8 Die argumentative Orientierung an § 1 6 1 2 Abs. 1 S. 2 B G B findet sich in einem Urteil von 1 9 9 2 nicht mehr wieder, 2 0 6 9 was den Schluß nahelegen könnte, es gehe tatsächlich auf der Ebene der Schuldwährung um eine Art Billigkeitskontrolle des ausgeübten Wahlrechts (vgl. § 3 1 5 BGB). 2 0 7 0 Uneinheitlich entscheiden freilich auch diejenigen, die der Neutralitätsdoktrin ablehnend gegenüberstehen. Für manche sind, vorbehaltlich devisenrechtlich bedingter Abweichungen, stets Geldeinheiten der deutschen Währung geschuldet. 2071 Nicht etwa wegen eines automatischen Gleichlaufs zwischen Unterhaltsstatut und Unterhaltswährung, sondern weil das deutsche (!) Recht, jedenfalls wenn es gleichzeitig lex causae und lex fori ist, auch bei Unterhaltspflichten den Grundsatz verfolge, gesetzlich begründete Geldschulden lauteten auf deutsche Währung („Inlandswährung"). Andere orientieren sich statt dessen am Zweck der Unterhaltspflicht, den Bedarf des Berechtigten zu befriedigen, und erklären ähnlich wie beim Schadensersatz die Gläubigerwährung für maßgeblich. Ihnen zufolge ist Unterhaltswährung die Währung des Staates, in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt des Berechtigten befindet, soweit sich nicht aus der Einwirkung ausländischen Devisenrechts
2 0 6 4 BGH FamRZ 1990, 992, 993; 1992, 1060, 1063; KG FamRZ 1994, 759, 763; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1987, 623 (unentschieden); LG Berlin FamRZ 1970, 100, 101; Firsching in Staudinger 10 ' 11 , Vor Art 12 EGBGB Rn 396; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Rn 11; W. Köhler Hdb des Unterhaltsrechts, Rn 1036; Gamillscheg in Staudinger10'11, Vorbem vor Art 13 EGBGB Rn 4 0 7 ; Chr. v. Bar/Mankowski in Staudinger13, Anh. I zu Art 18 EGBGB Rn 3 2 6 ; Hahnenfeld NJW 1955, 528, 530; vgl auch OLG Düsseldorf DAVorm 1980, Sp. 762, 766. 2 0 6 5 BGH FamRZ 1990, 992, 993 f; FamRZ 1992, 1060, 1063. 2 0 6 6 Zur umstrittenen Einordnung der Gestattung andersartiger Unterhaltsgewährung nach § 1612 Abs 1 2 BGB siehe Kappe/Engler in Staudinger13, § 1612 Rn 13 ff. 2 0 6 7 BGH FamRZ 1990, 992, 993. 2 0 6 8 Dagegen hält OLG Frankfurt/M. FamRZ 1987, 623 eine Klärung der Frage, ob der Schuldner auch in Gläubigerwährung zahlen kann, noch im Zwangsvollstreckungsverfahren für zulässig. 2 0 6 9 BGH FamRZ 1992, 1060, 1063. 2 0 7 0 Zur parallelen Situation bei vertraglich vereinbarten Wahlschulden S 2 5 9 ff. 2 0 7 1 Etwa Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 134 ff.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
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etwas anderes ergibt. 2072 Auch diese Betrachtungsweise ist von kollisionsrechtlichen Determinanten unbeeinflußt. Zwar wird nach dem oben Gesagten das Recht des Aufenthaltsstaates meist das Unterhaltsstatut stellen, so daß dann in Anwendung deutschen Unterhaltsrechts zur Zahlung von DM zu verurteilen wäre. Aber dieses Resultat beruhte lediglich darauf, daß deutsches Kollisionsrecht und deutsches Sachrecht jeweils auf ihrer Ebene und mit ihren Mitteln das soziale Anliegen verfolgen, die rechtliche Position des Unterhaltsberechtigten zu stärken. (1)
Lebensverhältnisse am Aufenthaltsort
Die Suche nach der Schuldwährung bei familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtungen hat, ganz im Sinne der letztgenannten Auffassung, beim Regelungszweck der schuldbegründenden Vorschriften ( S S 1610 ff., 1361, 1569 ff., 1615 a ff. BGB) anzusetzen. Danach soll eine bestimmte Lebenshaltung des Berechtigten gedeckt werden (vgl. etwa S 1610 Abs. 2 BGB). 2073 Der Bedarf bemißt sich anhand der Verhältnisse, die am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Berechtigten herrschen, 2074 wobei die dort umlaufende Währung als Wertmaßstab fungiert. 2075 Unzulässig wäre es, den maßgeblichen Warenkorb anhand der Preise im Schuldner- oder im Forumstaat zu bewerten, 2076 da Kaufkraftparität und Wechselkurs nicht übereinstimmen müssen. 2077 Auch Währungsparitäten, die von freien Wechselkursen
2 0 7 2 O L G Hamm DAVorm 1983, Sp. 971, 9 7 4 (anwendbar war im konkreten Fall jedoch portugiesisches Recht); O L G Düsseldorf DAVorm 1980, Sp. 762, 7 6 6 ; LG Hannover DAVorm 1974, Sp. 4 8 1 f; LG Düsseldorf M D R 1952, 2 9 8 , 299, 3 0 0 ; LG Bochum N J W 1951, 2 3 9 ; LG Bochum
MDR 1952, 169; 1952, 622; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 370, 636; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 34; Steenken Zahlungsverbindlichkeiten, 58; Seydel NJW 1958, 736, 737; Hahnenfeld NJW 1 9 5 5 , 5 2 8 , 5 2 9 ; Marquordt in Erman 7 , Vor A n 13 EGBGB Rn 12; Vischer Probleme des Währungsrechtes, 4 2 5 , 4 2 6 f (zum schweizerischen Recht). Vgl auch LG Lüneburg M D R 1951, 746, 7 4 7 ; LG Oldenburg N J W 1953, 1183; Raape IPR, 5 5 1 (allesamt mit anderem Ausgangspunkt: kollisionsrechtliche Bestimmung des Währungstatuts). 2073 2074
Im Einzelnen W. Köhler Hdb des Unterhaltsrechts, Rn 3 7 ff; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 601 ff. B G H FamRZ 1987, 682, 683 f; 1992, 1060, 1063; O L G Schleswig IPRax 1984, 2 1 0 , 2 1 1 ;
OLG Celle FamRZ 1981, 200, 201; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 634; Kegel IPR, 869 f; Hirschberg
Unterhaltsverbindlichkeiten, 56. 2075
Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 135; Hirscbberg
Unterhalts Verbindlichkeiten, 56; Siehr in
MünchKomm-BGB 2 , Art 18 EGBGB Anh. I, Rn 2 3 6 . 2 0 7 6 Berechnungsbeispiele (Prozentualer Tabellenunterhalt einerseits, Verbrauchergeldparität andererseits) bei AG Hamburg-Altona FamRZ 1992, 82, 85. 2 0 7 7 Dazu etwa O L G Hamburg FamRZ 1990, 7 9 4 f; KG FamRZ 1994, 759, 7 6 1 f; Gutdeutsch/Zieroth FamRZ 1993, 1152 ff; W. Weber in Staudinger 11 , Vorbem zu §§ 2 4 4 , 2 4 5 Rn 7 6 4 ff;
Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 56; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 636; K. Schmidt in Stau-
dinger 13 , § 2 4 4 Rn 3 4 ; Chr. v. Bar IPR II, Rn 299. Langfristig gilt allerdings für Volkswirtschaften mit verbundenen Märkten, daß der Wechselkurs durch die Entwicklung der realen Kaufkraft in den betreffenden Staaten bestimmt wird; siehe oben § 4 III. Eine nur auf den ersten Blick skurrile Untersuchung stellt der britische „Economist" seit 1986 in mittlerweile 7 9 Ländern alljährlich an: Verglichen werden die Preise des vom Fast-Food-Hersteller McDonald's weltweit identisch angebotenen „Big M a c " mit den jeweiligen Wechselkursen der einzelnen Landeswährungen. In dem Ergebnis spiegelt sich (größeren Warenkorbvergleichen stark angenähert) wider, in welchem Umfang die einbezogenen Währungen von den Märkten über- oder unterbewertet werden; Einzelheiten siehe Handelsblatt vom 1 9 . 4 . 1 9 9 5 , 37.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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abweichen (würden), sind zu beachten,2078 sofern der Gläubiger nur so seinen Bedarf im Aufenthaltsstaat befriedigen kann.2079 Aus der Sachnorm des Art. 18 Abs. 7 EGBGB folgt nichts Gegenteiliges.2080 Da der Berechtigte seine Bedarfsgüter und -leistungen aber nicht nur in der Aufenthaltswährung bewertet, sondern in ihr auch seine entsprechenden Ausgaben bestreitet, ist es nur folgerichtig, die Aufenthaltswährung als Schuldwährung statt als bloße Berechnungswährung einzustufen. Alle Überlegungen, Klage und Urteil in einer anderen Währung (namentlich in DM) zu gestatten oder sogar vorzuschreiben, leiden an den gleichen Defiziten, die bereits im Zusammenhang mit der Währung von Schadensersatzansprüchen behandelt worden sind. Ein dogmatisches Fundament fehlt jenen Thesen hier wie dort. Weder sind Unterhaltsverbindlichkeiten währungsrechtlich neutral noch gelangt in ihnen ein Grundsatz des deutschen Geldschuldrechts zum Ausdruck, wonach gesetzliche Zahlungsverbindlichkeiten auf inländische Währung lauten müßten. Schließlich fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, daß Unterhaltszahlungen alternativ in Gläubigerwährung und Forumwährung geschuldet wären.2081 Gesetzlich begründete Wahlschulden (z.B. SS 280 Abs. 2, 557 Abs. 1 S. 1 BGB) haben Ausnahmecharakter, grundsätzlich ist der Gegenstand der Schuld bereits von ihrer Entstehung an bestimmt. Für die Annahme eines Gläubigerwahlrechts ist im übrigen, soweit nicht das Leistungsstörungsrecht Besonderheiten gebietet, jedes Bedürfnis zu verneinen. Gewiß kann - unter der Voraussetzung freier Konvertibilität - der Unterhaltszweck auch durch Zahlung in einer anderen Währung als derjenigen des Gläubigers erfüllt werden. Nur ließe sich auf diese Weise entgegen der gesetzlichen Konzeption jede Währungsfrage in eine Umrechnungsfrage verwandeln und die geschuldete abstrakte Vermögensmacht von ihrer währungsmäßigen Verkörperung gänzlich abkoppeln. Der Zweck der Verbindlichkeit bildet bei gesetzlichen Geldschulden den entscheidenden Faktor zur Bestimmung der Schuldwährung, die Existenz eines solchen Gesetzeszwecks macht die Bestimmung nicht etwa entbehrlich. Auch die neuere BGH-Rechtsprechung scheint nun vorsichtig in diese Richtung zu tendieren, wenn sie im Falle von Unterhaltsklagen in einer anderen als der am Aufenthaltsort des Klägers umlaufenden Währung in eine besondere Interessenabwägung eintritt und dadurch zu erkennen gibt, daß sie die Aufenthaltswährung als die „natürliche" Unterhaltswährung begreift. (2)
Prozessuales
Für die Praxis, die Klage und Urteil auf Zahlung von DM auch dann zuläßt, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Anspruchsstellers im Ausland liegt, ergeben sich besondere Probleme aus dem Umstand, daß der einmal entstandene familienrechtliche Unterhaltsanspruch wiederkehrende Leistungen i.S.d. S 258 ZPO zum Gegenstand hat.2082 Ergeht ein 2078 BGH FamRZ 1987, 682, 684; Siehr in MünchKomm-BGB2, Art 18 EGBGB Anh. I, Rn 238; Steenken Fremdwährungsschulden, 58 f. 2079 Vgl Kegel IPR, 870 f. 2080 Unklar W. Köhler Hdb des Unterhaltsrechts, Rn 1042. 2081 Insofern zutr Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 133. 2082 IErg spielt es keine Rolle, ob man annimmt, die Unterhaltspflicht bilde im Gegensatz zu sonstigen Rentenschulden eine sich ständig erneuernde Verbindlichkeit (zB BGHZ 82, 246, 250), oder davon ausgeht, daß lediglich die Fälligkeit der einzelnen Leistungen vom Zeitablauf abhängig ist (etwa Lüke in MünchKomm-ZPO, § 258 Rn 7); zum Ganzen Schumann in Stein/Jonas20, § 258 Rn 2.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
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beziffertes DM-Urteil auf künftige zeitabschnittsweise Zahlung, können Wechselkursschwankungen, die nach dem für die Bezifferung maßgebenden Zeitpunkt (letzte mündliche Verhandlung) 2 0 8 3 eintreten, spürbare Wertverzerrungen über den gesamten vom Urteilstenor erfaßten Unterhaltszeitraum hinweg zur Folge haben. 2 0 8 4 Noch weniger als beim Urteil auf einmalige Zahlung ist gewährleistet, daß die tenorierte DM-Summe im Zeitpunkt der jeweiligen Leistung den Gläubiger in die Lage versetzt, sich genau den vom Gericht als Rechnungsfaktor zugrunde gelegten Betrag in Gläubigerwährung zu beschaffen. Ebensowenig läßt sich mit Sicherheit voraussehen, ob die monatliche DM-Summe auf Dauer den Wert in Gläubigerwährung verkörpert, auf den der Gläubiger aufgrund des Unterhaltszwecks einen Anspruch hat. Die genannten Aspekte sind zu unterscheiden. Der erste bezieht sich auf die Wertkonstanz zweier Beträge in verschiedenen Währungen, der zweite rückt den Lebensbedarf des Berechtigten in den Mittelpunkt. Die Differenzierung wird bedeutsam, wenn Berechnungssumme und Schuld- bzw. Urteilssumme wertgleich bleiben, wegen des Kaufkraftrückgangs der Gläubigerwährung jedoch die benötigte Summe steigt. Ferner dann, wenn der Wechselkurs schwankt, der Bedarf aber dennoch gedeckt wird. Da eine Verurteilung zu künftigen Unterhaltszahlungen nach § 2 5 8 Z P O voraussetzt, daß jene Umstände, die für die Höhe der Leistungen wesentlich sind, mit ausreichender Sicherheit feststehen, 2 0 8 5 mag man im Einzelfall bei konkret zu befürchtenden Wechselkursturbulenzen 2086 sogar im Zweifel darüber sein, ob der ausländische Unterhaltsgläubiger überhaupt ein beziffertes DM-Urteil auf künftige Unterhaltszahlungen erstreiten kann. So wird betont, der Beklagte solle nicht durch die materielle Rechtskraft eines auf unsicherer Grundlage gefällten Urteils für die Zukunft gebunden werden können. 2 0 8 7 Ihn auf die Abänderungsklage nach § 3 2 3 Z P O zu verweisen, sei unzulässig; 2088 der Unterhaltsberechtigte habe statt dessen Feststellungsklage (§ 2 5 6 ZPO) zu erheben. 2 0 8 9 Andererseits ließe sich argumentieren, es gehe lediglich darum, Erkenntnismöglichkeiten fachkundiger Personen auszuschöpfen, im übrigen bestehe die Aufgabe der Gerichte weniger darin, Prognosen über die allgemeine ökonomische Entwicklung in Deutschland oder im Aufenthaltsstaat oder gar über das Marktverhalten an den Devisenbörsen anzustellen, als vielmehr einzuschätzen, wie die individuelle wirtschaftliche Situation der Parteien künftig verlaufen wird. 2 0 9 0 Ob nun die Entwicklung der Wechselkurse Teil der nach § 2 5 8 Z P O anzustellenden Prognoseentscheidung 2091 ist oder nicht 2 0 9 2 (und ggf. auf welcher Grundlage sie zu 2 0 8 3 KG FamRZ 1994, 759, 7 6 3 ; aA OLG Hamm FamRZ 1989, 1333 f; OLG Hamburg FamRZ 1990, 7 9 4 f: Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage. Gegen diese letztgenannte Auffassung bestehen die bereits im Zusammenhang mit Schadensersatzurteilen geltend gemachten Bedenken; siehe S 315 ff. 2 0 8 4 Siehe auch Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2055. 2085 Schumann in Stein/Jonas 20 , § 258 Rn 6; Lüke in MünchKomm-ZPO, § 258 Rn 10. 2 0 8 6 Einer konstanten Differenzinflationsrate kann durch Dynamisierung Rechnung getragen werden; vgl Lüke in MünchKomm-ZPO, § 258 Rn 17. 2 0 8 7 Etwa Lüke in MünchKomm-ZPO, § 258 Rn 11 f. 2 0 8 8 RGZ 145, 196, 198 f; Schumann in Stein/Jonas20, § 258 Rn 6; H. Roth ZZP 98 (1985) 287, 300. 10WLüke in MünchKomm-ZPO, § 258 Rn 10.
2090
Lüke aaO Rn 11.
Zum Beweismaß bei Prognoseentscheidungen Prutting in MünchKomm-ZPO, § 2 8 6 Rn 45. Bejaht man die Frage, wird die Prognose wohl meist zu dem Resultat führen, die jetzigen Verhältnisse beständen auch in Zukunft fort; siehe RGZ 145, 196; Hoppenz FamRZ 1987, 1097, 1099. 2091
2092
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erfolgen hat), der Erlaß bezifferter DM-Urteile zu Gunsten ausländischer Unterhaltsgläubiger provoziert angesichts möglicher Außenwertschwankungen (ob vorhersehbar oder unvorhersehbar) 2 0 9 3 das Bedürfnis zu verstärkten Rückgriffen auf § 3 2 3 Z P O 2 0 ' 4 oder auf Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung. Das vereinfachte Abänderungsverfahren nach Art der §§ 1 6 1 2 a BGB, 6 4 1 1 ff. ZPO, so es überhaupt zur Verfügung steht, ist unzureichend. 2 0 9 5 Nun ließe sich angesichts der gegenwärtigen DM-Stärke gegenüber den meisten Auslandswährungen freilich auch gegenteilig argumentieren: Ist die Inflationsrate im Gläubigerstaat dauerhaft höher als in Deutschland, besäße das DM-Urteil in gewisser Weise Wertsicherungscharakter. Der Gläubiger hätte das hohe Entwertungsrisiko seiner Heimwährung gegen das geringe der deutschen Währung eingetauscht und auf diese Weise das Bedürfnis nach Abänderung reduziert. 2096 Doch dürfen aus einer stark vergröberten wirtschaftsvergleichenden Momentaufnahme keine verallgemeinerungsfähigen Rückschlüsse auf die Bestimmung der Unterhaltswährung gezogen werden, zumal Wechselkursschwankungen durchaus nicht immer Spiegelbild der jeweiligen Differenzinflationsrate sein müssen, sondern auch andere Ursachen haben können (Zinsen, Zahlungsbilanz, allgemeine Wirtschaftspolitik, Spekulationseinflüsse). Gegenüber der Verurteilung in Gläubigerwährung wäre beim bezifferten DM-Urteil in jedem Fall ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor (nämlich die Wechselkursentwicklung) gegeben, der eine Abänderung zu Gunsten des Gläubigers oder des Schuldners erforderlich machen könnte. 2 0 9 7 Ausschalten ließe sich dieser Faktor, wenn das Gericht zur laufenden Zahlung derjenigen DM-Summe verurteilte, die am Zahlungstag dem als Berechnungsfaktor herangezogenen Fremdwährungsbetrag entspricht. 2 0 9 8 Wie bei einer Verurteilung in Gläubigerwährung machten es dann, was Geldwertfragen anbetrifft, allein Kaufkraftverluste der Gläubigerwährung erforderlich, den Weg zur Abänderungsklage (wegen Bedarfsänderung) zu beschreiten - und zwar für den
2 0 9 3 Bedeutsam ist allein, ob das Gericht die spätere Entwicklung in seiner Entscheidung tatsächlich berücksichtigt hat oder nicht; Gottwald in MünchKomm-ZPO, § 323 Rn 53, 60 f; Leipold in Stein/Jonas20, § 323 Rn 19. 2 0 9 4 Aus OLG Hamm FamRZ 1994, 763, 764 folgt nichts Gegenteiliges. Dort ging es um Wechselkursverluste der Aufenthaltswährung. Zum Währungsverfall als Abänderungsgrund siehe bereits RGZ 114, 188, 192; RG J W 1926, 52 Nr 3; BGH FamRZ 1983, 806, 808; 1992, 1060, 1062, 1063. 2 0 9 5 Die aufgrund § 1612 a Abs 2 BGB erlassenen Anpassungsverordnungen für Unterhaltsrenten zu Gunsten Minderjähriger berücksichtigen nur Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland. Zur Frage, ob und inwieweit die materiellen und prozessualen Bestimmungen über den Regelunterhalt (§ 1615 f BGB iVm § 1 RegelunterhaltsVO, §§ 642 ff ZPO) auch zu Gunsten nichtehelicher Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland herangezogen werden können, siehe zB Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 635; vgl ferner Chr. v. Bar IPR II, Rn 299 und Eichenhofer in Staudinger13, § 1615 a Rn 54. 1 0 9 6 BGH FamRZ 1 9 9 2 , 1 0 6 0 , 1 0 6 2 ; ferner Sieht in MünchKomm-BGB2, Art 18 EGBGB Anh. I Rn 237. 2 0 9 7 Bezugspunkt ist dabei der Bedarf des Berechtigten. Orientiert man sich an der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten, könnten die Abänderungsrisiken dagegen bei einem Fremdwährungsurteil vergrößert sein. Aber dies ist nur scheinbar der Fall. Die Wechselkursentwicklung, die zu einer Mehrbelastung des Schuldners führt, macht sich in gleicher Weise bemerkbar, wenn zur Zahlung in deutscher Währung verurteilt wird. Abänderungskläger ist dann allerdings nicht der Schuldner, sondern der Gläubiger. Vgl auch Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 56 f. 2 0 9 8 So ausdrücklich Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 136 ff.
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Gläubiger. 2099 Das unbezifferte Heimwährungsurteil entspräche wirtschaftlich dem bezifferten Fremdwährungsurteil. Auch unter praktischen Gesichtspunkten*100 jedoch erscheint diese Lösung als überflüssiger Umweg. Statt zu einem wechselnden DM-Betrag zu verurteilen, den der Gläubiger bei Erhalt in seine Heimwährung einwechseln müßte, 2101 ist es geboten, von vornherein ein beziffertes Fremdwährungsurteil zu erlassen.
bb) Sonderfälle Unter zwei Gesichtspunkten könnten abweichende Regeln über die Bestimmung der Unterhaltswährung geboten sein. Zum einen bei extrem inflationären Verhältnissen im Gläubigerstaat. Zum anderen wenn der Unterhaltsgläubiger nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts verpflichtet ist, den Unterhaltsanspruch statt in seiner Heimwährung in einer konvertiblen Fremdwährung geltend zu machen. Die Problematik dieser Fallgruppen, die wegen des Sachzusammenhangs nicht erst im sechsten Teil dieser Untersuchung (Leistungsstörungen) behandelt werden soll, ist unterschiedlich gelagert, auch wenn die h.M. sie über Zweckmäßigkeitsaspekte zu verklammern sucht. 2102 (1)
Galoppierende Inflation im Gläubigerstaat
In einer Entscheidung aus dem Jahre 1 9 8 7 vertrat das LG Rottweil die Auffassung, bei stark inflationären Verhältnissen im Land des Unterhaltsgläubigers könne das Prinzip, wonach der Unterhaltsanspruch auf Gläubigerwährung laute, keine Geltung beanspruchen. Der Gläubiger habe statt dessen ausnahmsweise die Wahl, Leistung auch in der am Aufenthaltsort des Schuldners umlaufenden Währung zu verlangen. 2103 Hielte man an der Gläubigerwährung fest, so das Argument des LG, müßte der Gläubiger in kürzesten Zeitspannen immer wieder erneute Abänderungsklagen erheben, 2104 was aus prozeßökonomi2 0 9 9 Konstellationen dieser Art behandeln etwa BGH FamRZ 1992, 1060, 1062 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1347, 1348; LG Rottweil DAVorm 1988, Sp. 195 ff. 2 1 0 0 Vgl Kappe/Engler in Staudinger 13 , § 1612 a Rn 5. 2 1 0 1 Für die Berechnung des auszuurteilenden DM-Betrages wäre der (höhere) Briefkurs der Gläubigerwährung zugrunde zu legen (siehe auch KG FamRZ 1994, 759, 763; LG Düsseldorf FamRZ 1974, Sp. 629, 631), Die Bankspesen erhöhten zudem den Unterhaltsbedarf, vgl Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 372. 2 1 0 2 Etwa LG Rottweil DAVorm 1988, Sp. 195, 197 f; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I, Rn 11. 2 1 0 3 LG Rottweil DAVorm 1988, Sp. 195, 197 f; der Gläubiger hatte mit Erfolg beantragt, einen auf Zahlung von jugoslawischen Dinar lautenden deutschen Unterhaltstitel abzuändern und den Schuldner zur Zahlung eines DM-Betrages zu verurteilen. Zur Frage eines Verstoßes gegen die Bindung an unveränderte Entscheidungsgrundlagen des früheren Urteils siehe Spangenberg DAVorm 1984, Sp. 7 9 7 ff. 2 1 0 4 Außenwertverluste der Aufenthaltswährung (sei sie zugleich Urteilswährung oder nur Berechnungswährung) gegenüber der Forumwährung oder einer anderen Währung führen allein noch nicht dazu, daß eine vom Unterhaltsberechtigten erhobene Abänderungsklage begründet ist. Da der Unterhaltsberechtigte eine nominelle Erhöhung seines Bedarfs geltend machen muß, hat er vielmehr einen (gleichzeitigen) Binnenwertverfall darzulegen; OLG Hamm FamRZ 1994, 763, 764; ferner BGH FamRZ 1992, 1060, 1062. Das heißt jedoch nicht, daß Wechselkursschwankungen als solche für § 323 ZPO unerheblich wären. Insbes. wenn das Urteil nicht auf die Währung des Unterhaltsberechtigten lautet, kann die Kursveränderung dazu führen, daß zuviel oder zuwenig Kaufkraft an den Gläubiger fließt; siehe auch S 767 ff.
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sehen Gründen, vor allem aber auch wegen der daraus für die Parteien resultierenden Nachteile (auf Gläubigerseite § 323 Abs. 3 ZPO), zu vermeiden sei.2105 Praktisch brauchbar ist der vom LG Rottweil beschrittene Weg gewiß. In dogmatischer Hinsicht jedoch bedarf er der Präzisierung. Dem Unterhaltszweck gemäß bestimmt sich die Unterhaltswährung nach der Währung des Unterhaltsbedarfs. Devisenrechtliche Hindernisse sollen einstweilen unberücksichtigt bleiben.2106 Solange der Unterhaltsbedarf in der am gewöhnlichen Aufenthalt des Gläubigers geltenden Landeswährung entsteht, also bemessen und befriedigt werden kann, hat die Kaufkraftfrage keine qualitative, sondern einzig eine quantitative Dimension. Die Dynamisierung des Schuldumfangs wird zum Problem, nicht der Schuldgegenstand. Anders ist es, wenn infolge des extremen Inflationstempos die Wertmaßfunktion des Geldes geht verloren, Quantität somit in Qualität umschlägt.2107 Rechnen und zahlen die Wirtschaftssubjekte im Gläubigerstaat statt mit Einheiten ihrer Landeswährung weitgehend nur noch mit Sachwerten oder mit Fremdwährungen,2108 dann ist die Gläubigerwährung bereits zur Bedarfsbemessung, in jedem Fall aber zur Bedarfsdeckung untauglich. Aus dem Unterhaltszweck folgt in einem derartigen Falle, daß zumindest alternativ (Wahlrecht des Gläubigers) Einheiten der am Aufenthaltsort des Schuldners umlaufenden Währung geschuldet sind. Die Schuldwährung, nicht die Forumwährung bildet (alternativ) den Gegenstand der Unterhaltsverpflichtung, weil sich in ersterer ohnehin die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten berechnet,2109 wohingegen die Forumwährung keinerlei inneren Bezug zum Schuldverhäitnis aufweist.2110 Gilt es lediglich, die Konsequenzen aus einem schnellen und stetigen Kaufkraftverlust der Gläubigerwährung zu ziehen, ohne daß mit der Inflationsgeschwindigkeit ein Funktionsverlust des Geldes einhergeht, ist die Lösung nicht in einer Veränderung der Schuldwährung zu suchen.2111 Erfolgen muß statt dessen eine wirksamere Anpassung des monatlichen Unterhalts an die fortschreitende Entwertung der Gläubigerwährung, als es mit wiederholten Abänderungsklagen möglich wäre. Dies kann in der Weise geschehen, daß der Unterhaltsschuldner zur monatlichen Zahlung desjenigen Betrages in Gläubigerwährung verurteilt wird, der am Zahlungstag einer fixen, den Bedarf wertmäßig widerspiegelnden Summe in Schuldnerwährung entspricht. Der umgekehrte Weg (unbezifferte DM-Schuld, die an den jeweiligen Wert eines Betrages in Gläubigerwährung gekoppelt ist) war unter (aa) verworfen worden, weil es im Regelfall keinen Anlaß gibt, von der Währung des 2105
So später auch BGH FamRZ 1992, 1060, 1062 f. Entscheidungen wie OLG Düsseldorf DAVorm 1991, Sp. 198 ff tragen zur Lösung der hier aufgeworfenen Problematik nicht bei. Wo das Devisenrecht Zahlungen in Aufenthaltswährung untersagt, erübrigt sich eine Korrektur aufgrund des Inflationstempos. Anwendbar war im konkreten Fall zudem polnisches Recht. 2107 Siehe dazu K. Schmidt in Staudinger", Vorbem zu § 244 Rn D 18. 2108 So hatte etwa die Inflationsrate des restjugoslawischen Dinars im Dezember 1993 die 200.000%-Marke erreicht und damit das Maß der Geldentwertung in Deutschland 1923 (November: 32.400%) und in Griechenland 1944 (November: 86.000%) weit übertroffen. Gerechnet wurde statt dessen in „Punkt", wobei ein Punkt einer DM entsprach. Die Preise offen in einer anderen Währung als der Landeswährung anzugeben, war verboten. 2109 Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 56 f; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 370. 2110 In den Fällen des Art 18 Abs 5 EGBGB fallen jedoch Forumwährung und Schuldnerwährung zusammen; zu dieser Bestimmung Chr. v. Bar IPR II, Rn 282 f. 2111 Vgl AG Hamburg-Altona FamRZ 1992, 82, 85. 2106
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Gläubigers als Schuldwährung abzuweichen. Nicht anders liegt es im Ausgangspunkt auch hier. Wo eine praktikable Möglichkeit existiert, dem Unterhaltsgläubiger nach Währung und Betrag dasjenige zuzusprechen, was er am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts zur monatlichen Bedarfsdeckung benötigt, da sollte diese Möglichkeit ergriffen werden. Zwei Einwände gegenüber diesem Vorschlag sind denkbar.2112 Der erste gründet sich darauf, daß der Unterhalt, wenn Zahlung geschuldet ist, durch Entrichtung einer Geldrente zu erfolgen hat (§ 1612 Abs. 1 BGB),2113 Renten aber nur Leistungen in gleichmäßiger Höhe zum Gegenstand haben können. Dem Erfordernis der Gleichmäßigkeit ist allerdings nicht nur bei nominaler Gleichheit der Einzelleistungen entsprochen, sondern auch dann, wenn sich die Höhe der Leistungen stets nach dem gleichen Maßstab richtet, sofern dieser Maßstab in einer allgemeinen, objektiv genau bestimmbaren Größe besteht.2114 Was bei Leibrenten anerkannt ist,2115 läßt sich auch auf Unterhaltsrenten übertragen, zumal wenn man mit der h.M. annimmt, daß die Unterhaltspflicht in jedem Zeitpunkt, in dem ihre Voraussetzungen vorliegen, neu entsteht,2116 was die Anforderungen an die Gleichmäßigkeit der Geldrente weiter senken dürfte. 2117 Die Voraussetzungen des S 258 ZPO sind ebenfalls erfüllt, fällt doch die vom Richter anzustellende Prognose über jene Umstände, die für die Höhe der Leistungen wesentlich sind, umso leichter, je stabiler die zugrunde gelegte Berechnungswährung ist. Einer Klage auf künftige Entrichtung wiederkehrender Unterhaltsleistungen steht also auch prozessual nichts im Wege. Der zweite denkbare Einwand setzt bei § 244 BGB an. Sofern der inländische Schuldner auch in DM zahlen kann, mag man die Umrechnung in Gläubigerwährung für überflüssig halten. Selbst wenn aber die Norm zu Gunsten des inländischen Unterhaltsschuldners Anwendung finden sollte (Erfüllungsort?, gesetzliche Effektivklausel?),2118 handelte es sich doch nur um eine Befugnis des Schuldners, keinesfalls um ein Recht des ausländischen Gläubigers. Betroffen wäre die Zahlungs-, nicht die Schuldwährung. (2)
Einwirkungen ausländischen Devisenrechts
Ein Problem allgemeiner Art, das in der Vergangenheit jedoch gerade in Unterhaltsfällen virulent geworden ist, stellt sich, wenn das Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts dem Gläubiger untersagt, Beträge der eigenen Währung einzuführen oder entgegenzunehmen.2119 So war es lange Zeit für das Recht der früheren Ostblockstaaten kennzeichnend, 2112
Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Urteilstenors siehe S 668 ff. Einzelheiten zum Grundsatz und seinen Ausnahmen bei Kappe/Engler in Staudinger13, § 1612 Rn 4 ff; ferner Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 336 ff. 2114 Amanti in Staudinger13, Vorbem zu S S 759-761 Rn 7. 2115 BFH BB 1967, 238; LG Marburg BB 1959, 207 f; Grieger BB 1967, 238; vgl auch BGH WM 1980, 593, 594 aE: „... das Erfordernis gleichmäßiger Leistungen bedeutet nicht, daß die Höhe der wiederkehrenden Leistungen während der gesamten Laufzeit der Leibrente unverändert bleiben muß". 2116 BGHZ 82, 250, 256; 85, 16, 25; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 15. 2117 Vgl Kappe/Engler in Staudinger13, Vorbem zu SS 1601 ff Rn 65. 2118 Vgl auch OLG Dusseldorf! DAVorm 1980, Sp. 762, 766 f: Ein währungsverschiedenes Wahlrecht des Unterhaltsschuldners zählt jedenfalls nicht zum deutschen ordre public. 2119 Siehe etwa BGH FamRZ 1987, 370, 371: Nach dem Devisenrecht der ehemaligen CSSR durfte der im Ausland lebende Unterhaltsschuldner seine Verpflichtungen auch nicht in der Weise erfüllen, daß ein beauftragter und in der CSSR lebender Dritter aus seinem dortigen Vermögen für den Unterhalt aufkam. Zum Recht der ehemaligen CSSR siehe auch das Schreiben der Deutschen Bundesbank v. 2113
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
339
daß Unterhaltszahlungen ausländischer Schuldner an Inlandsgläubiger nur in konvertibler Auslandswährung erbracht werden durften, und zwar über Devisenbanken des Gläubigerstaates. Die Gläubiger selbst erhielten daraufhin Beträge ihrer Aufenthaltswährung ausbezahlt, freilich nur auf Basis eines offiziell festgelegten (ungünstigen) Wechselkurses. (a)
Rechtsanwendungsrecht
Zunächst ist damit die Frage nach der rechtsanwendungsrechtlichen Behandlung derartiger Regelungen in einem etwaigen Erkenntnisverfahren vor deutschen Gerichten 2 1 2 0 aufgeworfen. Sie beantwortet sich heute wie damals nach autonomem deutschen Devisenkollisionsrecht, weil Art. VIII Abschnitt 2 (b) des IWF-Abkommens nur rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten erfaßt („exchange contracts"). 2 1 2 1 Wer, wie hier vorgeschlagen, auch jenseits des Abkommens von Bretton Woods eine Sonderanknüpfung ausländischer Devisenkontrollbestimmungen anhand des Kriteriums der Zahlungsbilanzauswirkung befürwortet, gelangt selbst dann zur Anwendbarkeit bzw. normativen Beachtlichkeit ausländischer Zahlungstransferrestriktionen (genauer: ihrer privatrechtlichen Reflexwirkungen), wenn deutsches Recht Schuldstatut ist. 2 1 2 2 Entsprechendes gilt, wenn man auf die den Leistungsvorgang vermittelnde Wertbewegung abhebt. 2 1 2 3 Die privatrechtlichen Folgen derartiger Beschränkungen freilich sind auch nach der Lehre von der Sonderanknüpfung dem Sachrecht der lex causae zu entnehmen. 2 1 2 4 Art. 6 E G B G B hindert die normative Beachtlichkeit des Transferverbotes nicht, 2 1 2 5 und zwar nach h.M. schon deshalb nicht, weil das deutsche Recht selbst keinen Wert auf eine bestimmte Unterhaltswährung legt (Neutralitätsthese). 2126 Im Ergebnis jedenfalls betont der B G H zu Recht steht, wenn es nicht in untragbarem Widerspruch zu den unserem Unterhaltsrecht zugrunde liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen, daß der Schuldner den Lebensbedarf des Berechtigten auch unter den devisenrechtlichen Restriktionen sicherzustellen hat, die am Aufenthaltsort des Berechtigten gelten. 2 1 2 7 Etwas anderes könnte nach einer Entscheidung des B G H aus dem Jahre 1 9 9 0 in Betracht kommen, sofern der für Unterhaltszahlungen angeordnete Wech9.8.1984, DAVorm 1986, Sp. 761. Zu Unterhaltszahlungen in die ehemalige DDR OLG Celle FamRZ 1981, 200, 2 0 2 ; Gamillscheg in Staudinger10'11, Vorbem vor Art 13 EGBGB Rn 397 f, 4 0 9 ff; Martiny in MiinchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. II Rn 56 ff; zur Entwicklung in Polen Bytomski/Bytomski FamRZ 1991, 783; Kostecki RIW 1990, 291 ff. 2 1 2 0 Zur Beachtlichkeit ausländischen Devisenrechts in der Zwangsvollstreckung aus inländischen und ausländischen Zahlungstiteln siehe noch S 763 ff. 2121 Ebke Internationales Devisenrecht, 313. 2 1 2 2 Die Position des BGH ist unklar. 1986 deutete der IV b. Zivilsenat für das Unterhaltsrecht eine Abkehr von der Schuldstatutstheorie an; BGH FamRZ 1987, 370, 371 f; dazu H.J. Hahn Währungsrecht, 392 f. Dagegen heißt es in einem Beschluß des XII. Zivilsenats aus dem Jahre 1990, in dem es ebenfalls um Transferrestriktionen durch das Recht der ehemaligen CSSR ging, derartige Devisenbestimmungen gelangten im Inland nicht zur Anwendung; gleichwohl hätten sie Auswirkungen auf das Unterhaltsverhältnis; FamRZ 1990, 992, 994. 2 1 2 3 Zur Kollisionsnorm des IWF-Abk und den im übrigen diskutierten Kriterien der Anknüpfung schuldstatutsfremden Eingriffsrechts oben § 6 II. 2 1 2 4 S 128. 2 1 2 5 BGH FamRZ 1987, 370, 3 7 2 ; OLG Celle FamRZ 1981, 200, 202; LG Frankenthal DAVorm 1977, Sp. 62, 64 f; unklar Bachmann Fremdwährungsschulden, 193. 2 1 2 6 BGH FamRZ 1990, 992, 994. 2 1 2 7 BGH FamRZ 1987, 370, 372.
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selkurs grob unverhältnismäßig ist und zu einer ungerechtfertigten Mehrbelastung des Schuldners führt, verglichen mit Zahlungen, die er gegenüber einem inländischen Unterhaltsgläubiger zu erbringen hätte.2128 Allerdings ging es in dieser Entscheidung um die Anerkennung und Vollstreckbarkeit eines ausländischen Unterhaltstitels, nicht um die von Art. 6 EGBGB aufgezeigten Grenzen einer Verweisung auf fremdes Eingriffsrecht im Rahmen eines Erkenntnisverfahrens vor deutschen Gerichten. Der erkennende deutsche Richter hätte auch im Falle eines grob verzerrten Wechselkurses das Verbot, Unterhaltszahlungen in Inlandswährung entgegenzunehmen, als solches nicht zu beanstanden.2129 Die Kursregelung selbst ist nur unter der Voraussetzung Gegenstand kollisionsrechtlicher Überlegungen, daß sie nach ihrem eigenen Anwendungswillen unmittelbar in privatrechtliche Schuldverhältnisse eingreift, und zwar unabhängig von der lex causae. Ist dies der Fall, muß anhand der allgemeinen kollisionsrechtlichen Regeln über ihre Anwendbarkeit entschieden werden, wobei die Sonderanknüpfungslehren besonderen Wert auf die inhaltliche Überprüfung der Umrechnungsnorm legen werden. Ansonsten stellt sich die Festlegung des Umrechnungskurses als sachrechtliche Frage dar, bei der die Existenz bestimmter Konvertierungsregeln des Gläubigerstaates als Datum zu beachten ist.2130 Natürlich bleibt aber selbst bei Qualifizierung einer offiziellen Kursregelung als anwendbare (!) Eingriffsnorm die Bestimmung des Schuldumfangs stets Sache des Schuldstatuts, das mit seinen Wertungen und Mitteln auf die Existenz einer solchen (den Vorschriften der lex causae gleichgestellten) Norm reagiert. Praktisch die gleichen Ergebnisse2131 erzielen die Vertreter der Auffassung, ausländische Eingriffsnormen seien vom deutschen Richter nur dann normativ zu beachten, wenn sie der schuldrechtlich maßgebenden Rechtsordnung angehören. Unter deutschem Recht als Unterhaltsstatut wären die hier in Rede stehenden Transferhindernisse stets auf sachrechtlicher Ebene als Datum zu berücksichtigen, „weil eine Leistung, durch deren Annahme der Berechtigte gegen für ihn gültige Gesetze verstoßen würde, nicht geeignet ist, den Unterhaltsbedarf an seinem Aufenthaltsort zu befriedigen".2132 Will das deutsche Recht dem
2128 BGH FamRZ 1990, 992, 994; vgl auch Siehr in MünchKomm-BGB2, Art 18 EGBGB Anh. I Rn 238; ferner Böse Anleihen, 133 ff. 2129 So wohl Siehr aaO, der ferner darauf hinweist, daß ein einschlägiger Fall bislang nicht bekannt geworden ist. 2130 Weil im Regelfall das Interesse des Unterhaltsgläubigers an angemessener Befriedigung seiner Bedürfnisse (namentlich wegen der ihn treffenden Zwangslage; dazu weiter im Text) höher zu bewerten ist als das wirtschaftliche Interesse des Schuldners an wertadäquater Umrechnung, hat der Schuldner insgesamt das Risiko zu tragen, daß durch Einfuhrverbote und Wechselkursregelungen die Erfüllung seiner Verbindlichkeit erschwert wird; BGH FamRZ 1987, 682, 684; 1990, 992, 994; Siehr in MünchKomm-BGB2, Art 18 EGBGB Anh. I Rn 238. Diese Risikoverteilung hat allerdings Grenzen, für deren Bestimmung der im Inland zu zahlende Unterhalt (BGH FamRZ 1990, 992, 994) sowie das Maß der Wechselkursverzerrung (Siehr aaO) eine Rolle spielen können. Praktisch geworden sind derartige Grenzziehungen bislang nicht. 2131 Siehe BGH FamRZ 1987, 370, 371 f; Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 42 ff, 47 ff; Gamillscheg in Staudinger10'11, Vorbem vor Art 13 EGBGB Rn 400 f; Chr. v. Bar/Mankowski in Staudinger 13, Anh. I zu Art 18 EGBGB Rn 328; allgemein Bachmann Fremdwährungsschulden, 204. 2132 BGH FamRZ 1990, 992, 994.
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Unterhaltsgläubiger kein illegales Handeln ansinnen, muß es seiner Zwangslage Rechnung tragen.2133 (b)
Sachrecht
(aa) Zweckentsprechende Änderung der Schuldwährung Zu fragen bleibt, wie das deutsche Unterhaltsrecht auf ein zu beachtendes ausländisches Transferverbot reagiert. Abhängig vom jeweiligen kollisionsrechtlichen Standpunkt ist von einem rechtlichen oder einem tatsächlichen Hindernis auszugehen, das den Schuldner dauerhaft außerstande setzt, dem Gläubiger den monatlichen Unterhalt in der nach §S 1610 ff., 1361, 1569 ff., 1615 a ff. BGB grundsätzlich geschuldeten Währung des Unterhaltsbedarfs zu verschaffen. Da (anders als bei vertraglichen Geldschulden)2134 eine Leistungsbefreiung des Schuldners nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Unterhaltspflicht von vornherein ausscheidet,2135 kommt nur eine Lösung in Betracht, die sich an der effektiven Deckung des Unterhaltsbedarfs orientiert.2136 Dogmatisch anzusetzen ist bei der zweckentsprechenden Auslegung jener Rechtssätze, die die Unterhaltspflicht begründen; teilweise wird auch S 242 zum Ausgangspunkt genommen. 2137 Die Gemeinsamkeit der im Einzelnen diskutierten Modelle2138 besteht darin, daß der deutsche Richter in die Lage versetzt werden soll, den Unterhaltsschuldner mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland auf Antrag zur Zahlung in deutscher Währung zu verurteilen. Im übrigen aber herrscht wenig Übereinstimmung. Manche befürworten eine Wahlschuld des Gläubigers,2139 andere betrachten die DM als Schuldwährung und gewähren dem Schuldner die Befugnis, sich statt dessen (soweit devisenrechtlich zulässig) in Gläubigerwährung bzw. Forumwährung zu befreien.2140 Eine dritte Lösung wird heute von K. Schmidt verfochten.2141 Für ihn tritt ungeachtet des Transferhindernisses keine Veränderung der Schuldwährung ein, da der Unterhaltsberechtigte im Ergebnis ja Einhei2133
BGH aaO; ferner BGH FamRZ 1987, 682, 684; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 12; Siebr in MünchKomm-BGB2, An 18 EGBGB Anh. I Rn 238. Die Zwangslage des Gläubigers wirkt sich also rechtlich in unterschiedlicher Weise aus. Für die Befürworter der Schuldstatutstheorie bildet sie den Grund für die Berücksichtigung des Transferverbotes als Datum. Auf Grundlage der Sonderanknüpfungslehre verhindert sie einen ordre public-Verstoß. 2134 Dazu noch S 602 ff. 2135 Siehe aber RGZ 165, 219, 221 f: Leistungsbefreiung nach § 242 BGB, wenn die allein mögliche Unterhaltszahlung auf ein Sperrkonto den Unterhaltszweck nicht zu erfüllen vermag. 2136 Nach der hier verworfenen Neutralitätsthese wird die währungsmäßig zunächst unbestimmte Unterhaltsschuld durch die Einwirkung des ausländischen Devisenrechts konkretisiert; zumindest reduziert sich das Wahlrecht des Gläubigers auf devisenrechtlich zulässige Währungen; siehe zB BGH FamRZ 1990, 992, 994; Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 53. 2137 Etwa OLG Braunschweig MDR 1949, 624, 626; LG Hagen MDR 1955, 230; Beitzke JR 1952, 419, 422. 2138 Eine eingehende Übersicht über sämtliche für deutsch-deutsche (also interzonale) Unterhaltsfälle vorgeschlagenen Lösungen findet sich bei W. Weber in Staudinger11, Vorbem zu §§ 244, 245 Rn 737 ff. 2 ' L G Düsseldorf DAVorm 1974, Sp. 629 ff; vgl auch OLG Düsseldorf DAVorm 1980, Sp. 762, 766 aE. 2140 OLG Frankfurt/M. FamRZ 1987, 623; LG Göttingen NJW 1950, 602, 603 f; LG Frankenthal MDR 1954, 614, 615; LG München II NJW 1952, 1179, 7780; LG Oldenburg NJW 1953, 1183. 2141 K. Schmidt in Staudinger12, § 244 Rn 35 (in der 13. Auflage nur noch verkürzt dargestellt); vielleicht auch AG Butzbach IPRspr 1979 Nr 140 (476, 477).
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
ten seiner Aufenthaltswährung erhalten soll. Aus devisenrechtlichen Gründen fielen jedoch Schuld- und Zahlungswährung auseinander, mit der Folge daß auf Antrag des Gläubigers eine Verurteilung in Zahlungswährung erfolgen könne. Ferner anerkennt auch K. Schmidt in diesem Fall zu Gunsten des Schuldners eine Ersetzungsbefugnis zur (devisenrechtlich erlaubten) Zahlung in Gläubigerwährung. Durchaus ähnlich wurde in den 50er Jahren verschiedentlich argumentiert, die Ersetzungsbefugnis des § 244 BGB verwandele sich unter dem Einfluß des ausländischen Devisenrechts in eine Ersetzungspflicht.2142 Geboten ist zunächst, materielles Recht und Prozeßrecht deutlich voneinander zu scheiden. Solange der Schuldner in der Lage ist, dem Gläubiger den Unterhalt ohne Verstoß gegen das Devisenrecht seines Aufenthaltsstaates in der Währung dieses Staates zukommen zu lassen, insbesondere von einem im Gläubigerstaat belegenen Konto aus, hat es damit materiellrechtlich sein Bewenden. Ein Recht, statt dessen in Schuldnerwährung zu zahlen, kann sich nur aus § 244 BGB ergeben.2143 Ein Gläubigerwahlrecht besteht nicht.2144 Dies folgt unmittelbar aus der Erwägung, daß Unterhaltsverpflichtungen ohne Hinzutreten besonderer Umstände von ihrer Entstehung an (allein) auf die Währung des Staates lauten, in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt des Gläubigers befindet. Als „Ausnahme von der Ausnahme" hat jedoch der Schuldner (insoweit abweichend von der Rechtslage bei § 275 BGB) darzulegen und zu beweisen, daß ungeachtet bestehender ausländischer Transferrestriktionen in Einheiten der Gläubigerwährung gezahlt werden kann.2145 Existiert für den Schuldner keine Möglichkeit, seine Unterhaltspflicht durch direkte Zahlung in Gläubigerwährung legal zu erfüllen, verändert der Unterhaltszweck die Unterhaltswährung.2146 Geschuldet wird für den betroffenen Unterhaltszeitraum die Aufenthaltswährung des Schuldners. Nur sofern auch der Transfer dieser Währung zu Konflikten mit dem Devisenrecht des Gläubigerstaates (evtl. auch dem des Schuldnerstaates) führt, ist auf die Gerichtswährung zurückzugreifen. Der Schuldnerwährung gebührt grundsätzlich der Vorrang, da sie ohnehin als Berechnungswährung (für die Leistungsfähigkeit des Schuldners) eine Funktion innerhalb des Schuldverhältnisses erfüllt und auch davon abgesehen schuldnäher ist als die Gerichtswährung.2147 Schon deshalb ist die Überlegung wenig ergiebig, bei Transferverboten des Gläubigerstaates verwandele sich die Ersetzungsbefugnis des § 244 BGB in eine Ersetzungspflicht. Dieser Bestimmung geht es - jedenfalls in unmittelbarer Anwendung - (auch) um die Bevorzugung der deutschen Währung, nicht schlechthin der Schuldnerwährung, sofern sie überhaupt dem in Deutschland wohnhaften
2 1 4 2 LG Würzburg MDR 1951, 490, 4 9 1 ; LG Düsseldorf MDR 1954, 358 f; Beitzke NJW 1950, 928, 9 2 9 f; ders JR 1952, 419, 422. 2 1 4 3 Vorausgesetzt, die Unterhaltsschuld ist in Deutschland zahlbar; zum Zahlungsort iSd § 244 BGB noch S 4 6 7 ff. 2 1 4 4 LG Düsseldorf MDR 1952, 298, 300. 2145 K. Schmidt in Staudinger12, § 244 Rn 35. 2 1 4 6 Vgl BGH FamRZ 1987, 370, 371 f; 1987, 682, 684; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1978, 934, 9 3 5 ; W. Weber in Staudinger11, Vorbem zu SS 244, 245 Rn 747; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 12; Gamillscheg in Staudigerl 1, Vorbem Vor An 13 EGBGB Rn 4 0 9 f. 2 1 4 7 Deutsche Gerichte sind in den hier interessierenden Fällen (Unterhaltsklage eines im Ausland wohnhaften Gläubigers) regelmäßig nach §§ 12, 13 ZPO international zuständig, so daß Schuldnerwährung und Forumwährung zusammenfallen. Auf die materiellrechtliche Unterscheidung kann es jedoch ankommen, wenn die Zuständigkeit auf § 23 ZPO beruht; vgl dazu auch Grothe RabelsZ 58 (1994) 686, 708 ff; ferner wenn ein ausländisches Gericht nach deutschem Sachrecht entscheidet.
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Unterhaltsschuldner zugute kommt. 2148 Im übrigen läßt sich § 244 BGB weder entnehmen, unter welchen Voraussetzungen Auslandswährung oder Inlandswährung geschuldet wird, noch paßt in den hier behandelten Fällen die Rechtsfolgekonstruktion der Norm, nämlich die mögliche Divergenz von Schuld- und Zahlungswährung. Deshalb kann auch dem dogmatischen Verständnis K. Schmidt's nicht gefolgt werden. Ausländisches Devisenrecht tritt in den hier interessierenden Konstellationen mit zwei Forderungen an den Unterhaltsschuldner heran: Leistung in gläubigerfremder Währung und Leistung auf ein Sperr- bzw. Transferkonto. Wäre nur ersteres angeordnet und mit einem surrender requirement gegenüber dem Unterhaltsgläubiger gekoppelt, könnte kaum an einer Umwandlung der Schuldwährung gezweifelt werden. Denn sobald die Zahlung dem Gläubiger gutgeschrieben wäre, würde die Unterhaltsschuld für den fraglichen Zeitabschnitt. erlöschen. Die den Gläubiger treffende Ablieferung gegen Ausgabe von Einheiten seiner Heimwährung, Gutscheine o.Ä. berührte den Inhalt der Leistung im Verhältnis Unterhaltsschuldner-Unterhaltsgläubiger nicht. Im Kern nicht anders verhält es sich aber, wenn Zahlung auf ein Sperr- bzw. Transferkonto vorgeschrieben ist. Der Unterhaltsschuldner erfüllt mit der Kontogutschrift in DM. Auf welche Weise und in welcher Währung der Gläubigerstaat dieses Geld dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stellt, spielt für die Bestimmung des Schuldgegenstandes keine Rolle. Es ändert sich also nicht nur wie dies bei K. Schmidt durchklingt - der Weg, dem Gläubiger Einheiten seiner Heimwährung zu verschaffen. Eine Währung, die der Gläubiger einklagen kann, derer sich der Schuldner also auf Verlangen entäußern muß, ist Schuldwährung. Durch Leistung einer anderen Währung - auf welchem Wege auch immer - vermag der Schuldner den Unterhaltsbedarf seines Gläubigers nicht zu decken. Umgekehrt erfüllt er den Unterhaltszweck durch Zahlung in Schuldnerwährung, obwohl er diese Währung dem Gläubiger nicht unmittelbar zur freien Verfügung stellen darf, sondern gewissermaßen an einen empfangszuständigen Dritten zu leisten ist. 2149 Was vordergründig den Anschein einer Modifikation des Leistungsweges erwecken mag, erweist sich so bei näherem Zusehen als Beeinflussung des Leistungsgegenstandes selbst. 2150 Die Situation ist also auch nicht vergleichbar mit der eines Beauftragten, der seinem Geschäftsherrn oder einem Dritten Einheiten einer bestimmten Währung schuldet, sich dieses Geld aber erst gegen Hingabe von Einheiten einer anderen Währung beschaffen muß. Was bei einem Anspruch des Unterhaltsgläubigers auf die Aufenthaltswährung des Schuldners divergiert, das sind nach alledem nicht Schuld- und Zahlungswährung, sondern Schuld- und Berechnungswährung.
2148 Was nicht der Fall wäre, wenn Unterhaltsschulden am Wohnsitz des Gläubigers zu erfüllen wären, das Wahlrecht des § 244 BGB sich auf die Währung des Zahlungserfolgsortes bezöge oder eine gesetzliche Effektivklausel bestände; siehe S 467 ff, 496 ff und 513 ff. 2149 Vgl auch OLG Nürnberg NJW 1958, 1735, 1736: Erfüllung setzt nicht voraus, daß der Gläubiger den geschuldeten Betrag zur freien Verfügung erhält. 2150 Vgl auch Kägi Einfluß des Devisenrechts, 134: „Es kann deshalb mit Überzeugung angenommen werden, daß das Devisenrecht die Leistung, und nicht nur eine Leistungsart, verbietet. Jeder Versuch, diese Erkenntnis zu bestreiten, kann sich nur gründen auf juristische Akrobatik oder auf falschen Nationalstolz;...".
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(bb) Prozessuale Erfassung Existierenden Devisentransferrestriktionen im Urteil Rechnung zu tragen bereitet auf der soeben dargestellten Grundlage kein Problem. Schwieriger ist schon die verfahrensrechtliche Erfassung von Änderungen der materiellen Rechtslage, die sich aus devisenrechtlichen Einwirkungen nach Urteilserlaß ergeben können. Hingewiesen sei nur auf die Sperrung oder Freigabe eines Kontos im Gläubigerstaat oder allgemein auf das Verbot oder seine Rücknahme, Währungseinheiten des Gläubigerstaates zu transferieren. Dabei lassen sich potentielle Änderungen bereits im Unterhaltsurteil berücksichtigen, sofern der Richter im Rahmen der von ihm anzustellenden Prognose konkrete Anhaltspunkte hierfür erblickt. Liegt der Fall so, daß im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch in Gläubigerwährung gezahlt werden kann, dann kommt in Betracht, ähnlich wie bei einer Verbindung der Erfüllungs- mit der Interessenklage2151 zu verurteilen, d.h. zur Zahlung von Gläubigerwährung, ggf. mit der Ersetzungsbefugnis des § 244 BGB, hilfsweise (nämlich bei Unmöglichkeit) in Schuldnerwährung, 2152 und zwar unter Bezifferung der Unterhaltssumme in beiden Währungen. In der umgekehrten Konstellation ist der prozessuale Weg weniger eindeutig: Gläubigerwährung wird (noch) nicht geschuldet, und Erfüllung in Schuldnerwährung droht nicht unmöglich zu werden. Hirschberg schlägt vor, im Urteil zum Ausdruck zu bringen, daß der Schuldner den Unterhalt in Gläubigerwährung 2153 zahlen darf, wobei jedoch keine Ersetzungsbefugnis i.S.d. materiellen Rechts gemeint sein soll, sondern ein rein prozessuales Mittel, um mögliche Änderungen der materiellen Rechtslage im Urteil vorwegzunehmen. 2154 Erwogen werden könnte auch, zur Zahlung in Schuldnerwährung, hilfsweise in Gläubigerwährung zu verurteilen (gegebenenfalls wiederum mit der Ersetzungsbefugnis des S 244 BGB), wobei letzteres von der Bedingung abhängig wäre, daß der Schuldner die Möglichkeit zur Erfüllung in Gläubigerwährung erhält. Doch ergeben sich Bedenken vollstreckungsrechtlicher Art, wenn der Gläubiger trotz Änderung des Leistungsgegenstandes Befriedigung in Schuldnerwährung wünscht. Den Bedingungseintritt feststellen könnte das Vollstreckungsorgan nur durch den primären Versuch, dem Gläubiger dessen Heimwährung zu verschaffen 2155 (was das Regel-Ausnahme-Verhältnis beider
2151
Dazu Furtner Das Urteil im Zivilprozeß, 242 ff; Bunte JuS 1967, 206, 209. Etwa LG Düsseldorf MDR 1952, 298 ff: Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von monatlich 70 D M (Ost), zu zahlen aus einem etwaigen auf DM (Ost) lautenden bereitgestellten Guthaben des Beklagten oder aus ebensolchen Forderungen; für den Fall, daß eine solche Zahlung nicht möglich sei, Verurteilung zur Zahlung von monatlich 40 DM (West), wobei die Zahlung und Vollstreckung nur insoweit zulässig sei, als die geschuldeten Beträge auf ein Sperrkonto der Klägerin bei einem Geldinstitut im Westen eingezahlt werden. In diesem Sinne ferner LG Düsseldorf MDR 1952, 556 f; 1954, 358; LG Ravensburg ROW 1959, 171; auch LG Bochum MDR 1952, 662 f; W. Weber in Staudinger11, Vorbem zu §§ 244, 245 Rn 753. 2,53 Genauer: aus Vermögen, das im Gläubigerstaat belegen ist und auf die dort umlaufende Währung lautet. 2154 Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 62 f; ebenso Kegel in Soergel11, Vor Art 7 EGBGB Rn 948 (jeweils für beide Konstellationen): Der östliche Unterhaltsberechtigte dürfe Zahlung aus Ostmitteln verlangen, der westliche Unterhaltverpflichtete solche Zahlung leisten, anderenfalls sei auf ein Sperrkonto zu zahlen. 2155 Die verbreitete Behauptung, im Vollstreckungsverfahren nivellierte sich der Unterschied zwischen Valutaschuld und Heimwährungsverbindlichkeit, ist in dieser Allgemeinheit unzutr.; Einzelheiten unten § 18. Für den Fall, daß das Urteil zudem einen bestimmten, vom Schuldner einzuhaltenden 2152
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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Währungen revidierte), oder durch einen Nachweis des Schuldners über die Umwandlung der Schuld. Letzteres aber fällt typischerweise in den Gegenstandsbereich derjenigen Rechtsbehelfe, mit denen der Schuldner nachträgliche Änderungen des titulierten Anspruchs (SS 3 2 3 , 7 6 7 , 2 5 6 ZPO) oder Fehler im Hinblick auf die Art und Weise der Vollstreckung (SS 7 6 6 , 7 9 3 ZPO) geltend machen muß. Damit ist zugleich die Frage aufgeworfen, wie verfahren werden soll, wenn das nachträgliche devisenrechtliche Ereignis, das zur materiellrechtlichen Veränderung der Unterhaltswährung geführt hat, im Urteil nicht berücksichtigt wurde. Die Problematik besitzt allgemeine Bedeutung, zwingt sie doch dazu, die Aufgabenverteilung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren im deutschen Zivilverfahrensrecht zu analysieren. Dieser Sachzusammenhang mag es rechtfertigen, nähere Erörterungen erst unter S 15 V. im Rahmen des Vollstreckungsrechts der Valutaschulden anzustellen.
5.
Ungerechtfertigte Bereicherung
a)
Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB
Eine Zahlungsverbindlichkeit nach S 8 1 8 Abs. 2 B G B wird begründet, sofern der Bereicherte etwas Ungegenständliches erlangt hat, das er wegen der Beschaffenheit des Erlangten von vornherein nicht herausgeben kann, etwa eine Nutzung, eine Dienst- oder Arbeitsleistung. S 8 1 8 Abs. 2 B G B bildet den Entstehungsgrund einer Geldschuld ferner dann, wenn das Erlangte zwar gegenständlicher Art ist (Sachen, Rechte, Buchpositionen etc.), dem Schuldner die Herausgabe jedoch unmöglich geworden ist. 2 1 5 6 Bei den meisten Autoren klingt in derartigen Fällen die Annahme durch, Wertersatz werde in deutscher Währung geschuldet; 2 1 5 7 nach a.A. ist im Einzelfall nach der Währung zu suchen, in welcher der primäre Bereicherungsgegenstand am gerechtesten bewertet wird. 2 1 5 8 Wieder andere sehen bei der Währungsbestimmung eine Parallele zur Rechtslage beim Schadensersatz. 2 1 5 9 Das Reichsgericht schließlich hat in einer Entscheidung, in der es um Wertersatz wegen rechtsgrundloser Befreiung von einer Verbindlichkeit ging, über S 3 6 1 H G B die Währung des Schuldnerwohnsitzes für maßgeblich erklärt. 2 1 6 0
Zahlungsweg vorschreibt (Zahlung aus einem bestimmten Guthaben; Zahlung auf ein bestimmtes Sperrkonto), versteht sich dies von selbst. 2 1 5 6 Voraussetzung ist ferner, daß der Bereicherte kein herausgabefähiges Surrogat erhalten hat, denn § 818 Abs 1 BGB ist vorangig; Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 2 7 ; W. Lorenz in Staudinger 13 , § 818 Rn 21; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 563. 2 1 5 7 Etwa Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 165; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 5 6 4 ; Lieb in MünchKomm-BGB1, § 818 Rn 28; ganz deutlich Ungewitter JW 1923, 141: „Ist der Empfänger zur Herausgabe der konkreten Sache außerstande, so tritt an Stelle des Herausgabeanspruchs der Anspruch auf Wertersatz in Geld, das heißt, da in Deutschland die Markwährung gilt, der Anspruch auf Wertersatz in Reichsmark"; ebenso W. Lorenz in Staudinger12, § 818 Rn 25 (aufgegeben in der 13. Aufl.); Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 124. 2158 Steenken Fremdwährungsschulden, 56. 2159 K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 30. 2 1 6 0 RGZ 120, 76, 81; zust Klausing JW 1928, 1204, 1205; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 3 6 1 Anm 6; Hefermehl in Schlegelberger, § 361 Rn 5.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
346
aa)
Geldwertschuld
oder
Geldsummenschuld?
Als erste Annäherang an die Problemlösung ist ein Blick auf die Einordnung der Verbindlichkeit aus § 818 Abs. 2 BGB als Geldsummenschuld oder Geldwertschuld geboten. Die lebhafte Diskussion über den Bewertungsstichtag2161 hat damit zunächst insoweit zu tun, als bis zum maßgeblichen Zeitpunkt unstreitig auch Geldwertveränderungen berücksichtigt werden. Zutreffend erscheint es insofern, zwischen primären und sekundären Wertersatzschulden zu differenzieren.2162 Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich (§818 Abs. 2 Alt. 1 BGB), kommt es für die Bewertung auf den Zeitpunkt an, in dem der Schuldner den Kondiktionsgegenstand erlangt hat. Resultiert der Wertersatzanspruch dagegen erst aus einer später eintretenden Unmöglichkeit, das Erlangte herauszugeben (§ 818 Abs. 2 Alt. 2 BGB), entscheidet der Zeitpunkt der Unmöglichkeit.2163 Später eintretende Wertveränderungen (etwa bis zur letzten mündlichen Verhandlung)2164 zu berücksichtigen verbietet sich, weil anderenfalls der Wert des Erlangten mit den (dynamischen) Auswirkungen des Erwerbs auf das Vermögen des Erwerbers identifiziert würde.2165 Außerdem ist § 818 Abs. 3 BGB unter den Voraussetzungen der verschärften Haftung unanwendbar,2166 so daß in derartigen Fällen der einzige Korrekturposten entfiele.2167 Das heißt nun allerdings noch nicht, daß die Wertersatzverpflichtung aus § 818 Abs. 2 BGB Geldsummenschuld sein müßte. Geschuldet werden könnte vielmehr der auf den Bewertungsstichtag hin ermittelte wirtschaftliche Wert des Erlangten,2168 was zur Folge hätte, daß anschließende Geldwertschwankungen zu Änderungen des Schuldbetrages führten, obwohl die Wertdeterminanten selbst unverändert blieben.2169 Dagegen spricht jedoch die Abschöpfungsfunktion, die § 818 Abs. 2 BGB als bloßem „Hilfsanspruch"2170 ebenso innewohnt wie § 812 BGB und die ihn von den klassischen Geldwertschulden wie den zuvor behandelten Schadensersatz- und Unterhaltsverbindlichkeiten wesensmäßig unterscheidet. Dem Bereicherungsgläubiger soll jenseits der §§ 818 Abs. 4, 819 BGB kein unveränderlicher Vermögensstatus zuerkannt werden. § 818 Abs. 2 BGB will lediglich 2161
Dazu etwa v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 350 ff; Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 818 Rn
42 ff. 2162
Lieb aaO Rn 43 f; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 570 f; dagegen befürwortet K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 52 eine Differenzierung zwischen Leistungskondiktion (bei entgeltlichen Austauschverträgen Geldsummenschuld), und Eingriffskondiktion (Geldwertschuld). 2163 Ebenso v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 351 f. 2164 Dafür Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 178; noch weitergehender W. Mayer Valutaschuld, 31 ff: Wert zur Zeit der Zahlung. 65 Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 570 f. 2166 RGZ 93, 227, 230; 99, 161, 168; 170, 65, 68; BGHZ 57, 137, 150; W. Lorenz in Staudinger13, § 818 Rn 52; Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 150 f; Esser SchuldR II, 384, 386. 2167 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 52. 2168 So etwa RGZ 108, 337, 339 f; 120, 76, 80 f; Rabel JW 1924, 1591; siehe ferner Pulvermüller Rechtsnatur, 72 ff, der sämtliche Zahlungsverbindlichkeiten aus §§ 812 ff, 951 BGB als Geldwertschulden begreift. 2169 RGZ 108, 337, 339 aE: „Nur die spätere Sachwertänderung muß hier außer Betracht bleiben, wogegen einer Änderung des Geldwertes Rechnung zu tragen ist"; diese Differenzierung verkennt W. Mayer Valutaschuld, 31 f. 2 0 Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 818 Rn 44.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbesdmmung durch das Schuldstatut
347
gewährleisten, daß eine beim Empfänger vorhandene Bereicherung zurückgegeben wird, die ihm verbliebe, wenn die gegenständliche Rückgewähr des Erlangten ausscheiden würde. 2 1 7 1 An die Stelle des Erlangten tritt deshalb ein bestimmter Geldbetrag, der seiner H ö h e nach nur noch nach Maßgabe des § 8 1 8 Abs. 3 B G B korrigierbar ist. 2 1 7 2 Etwas anderes k o m m t allein in Betracht, wenn das Geld als Folge einer galoppierenden Inflation seine Eigenschaft als Wertmesser eingebüßt hat. 2 1 7 3
bb) Währung (1)
Leitgedanke
Aus dem Gesagten ergibt sich zunächst, daß von währungsmäßiger Neutralität der W e r t e r satzverpflichtung nach § 8 1 8 Abs. 2 B G B schon im Ansatz keine Rede sein kann. Eine weitere Konsequenz besteht darin, die Währungsbestimmung nicht wie beim Schadensersatz an der wirtschaftlichen Situation des Gläubigers, 2 1 7 4 sondern grundsätzlich an derjenigen des Schuldners zu orientieren. Für Autoren, die eine Subjektivierung des Wertbegriffs befürworten und den Bereicherungsschuldner nur zum Ersatz des Wertes verpflichtet halten, den das Erlangte für ihn konkret-individuell hat, 2 1 7 5 dürfte sich dies von selbst verstehen. Aber auch wenn man in § 8 1 8 Abs. 2 B G B mit der h . M . dem objektiven W e r t begriff anhängt, 2 1 7 6 bleibt das Resultat unverändert. Zunächst liegt es nahe, dem Gläubiger, der nach dem Konzept der Geldsummenschuld bereits das Kaufkraftrisiko der Schuldwährung trägt, die Geldwertrisiken und -chancen typischerweise schlechthin aufzuerlegen bzw. zu gewähren. 2 1 7 7 Darüber hinaus kann die gesetzliche Fixierung auf das durch den Schuldner Erlangte statt auf die v o m Gläubiger erlittene Einbuße auch auf Basis des objektiven Wertbegriffs nicht ohne Einfluß auf die Währungsbestimmung bleiben. Der Verkehrswert W. Lorenz in Staudinger 13 , S 818 Rn 21. BGHZ 5, 197, 200; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 354, der zugleich darauf hinweist, daß besondere Härten für den Gläubiger aufgrund des kurzen Zeitraums bis zum Eintritt der verschärften Haftung meist nicht entstehen. 2173 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 349, 353. 2 1 7 4 So aber wohl K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 30. 2175 Koppensteiner NJW 1971, 1769 ff; Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 169 ff; H.P. Westermann in Erman', § 818 Rn 17; Hafke FS Larenz, 867, 883 f; für eine Differenzierung zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion Reeb Grundprobleme des Bereicherungsrechts, 98. 2 1 7 6 BGHZ 5, 197, 2 0 1 ; 10, 171, 180; 37, 258, 264; 55, 128, 135; W. Lorenz in Staudinger 13 , § 818 Rn 26; Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 818 Rn 35; Larenz FS v. Caemmerer, 209, 218 ff. 2 1 7 7 Die Gläubigerwährung als Schuldwährung eines Anspruchs aus § 818 Abs 2 BGB zugrunde zu legen, bedeutete für die Verteilung der Risiken und Chancen von Außenwertschwankungen folgendes: Steigt der Kurs der Gläubigerwährung, erleidet der Bereicherungsschuldner Verluste, die er jedoch über § 818 Abs 3 BGB absetzen kann, es sei denn, die Voraussetzungen der verschärften Haftung wären erfüllt. Fällt die Gläubigerwährung, erzielt der Schuldner einen Gewinn, der auch unter den Voraussetzungen des Verzuges nicht immer abschöpfbar sein wird. Über § 818 Abs 1 BGB („Nutzungen") dürfte dieser aus dem Außenwertrückgang der Schuldwährung resultierende Vorteil des Schuldners ebenfalls nicht erfaßt werden können. Und zwar schon deshalb nicht, weil keine Nutzung des Erlangten selbst (Sache, Dienstleistung etc.) in Rede steht, sondern die wertbeständige Anlage des Schuldbetrages, der nach § 818 Abs 2 BGB an die Stelle des Erlangten tritt. Außerdem würde auf diese Weise das Prinzip der Geldsummenschuld verfälscht und in der Sache eine Geldwertschuld propagiert. Zur Frage des Inflationsschutzes durch § 818 Abs 1 BGB, wenn das Erlangte in Geld besteht, siehe v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 348 ff; Heinrich Stoll J W 1927, 1810, 1812. 2171
2172
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
348
einer Sache, Dienst- oder Werkleistung wird im allgemeinen anhand der Marktverhältnisse und damit zugleich der Währung des Staates festzustellen sein, in dem der Teil des Schuldnervermögens belegen ist, in welchem sich der Wertzuwachs niedergeschlagen hat. 2 1 7 8 Anhaltspunkte dafür, S 818 Abs. 2 B G B wolle unabhängig von den Verhältnissen des Schuldners stets der deutschen Währung zum Durchbruch verhelfen, sind nicht ersichtlich. 2 1 7 9 Im Ausgangspunkt findet damit das für die schadensersatzrechtliche Wert- und Währungsermittlung nach § 2 5 1 Abs. 1 B G B verfochtene Ausgleichsprinzip sein Gegenstück in Gestalt des bereicherungsrechtlichen Abschöpfungsgedankens. Wertersatz für eine rechtsgrundlos erlangte Sache etwa, die der Schuldner verbraucht hat, muß damit (soweit nicht § 8 1 8 Abs. 3 B G B eingreift) regelmäßig in der Währung des Schuldner(wohn)sitzes geleistet werden. Ist diese Währung für den Bereicherungsgläubiger fremd, gewinnt er bei einem Kursanstieg gegenüber der Heimwährung und verliert entsprechend bei einem Kursrückgang. V o m Zeitpunkt des Eintritts der verschärften Haftung an geht das Risiko auf den Schuldner über. Allerdings nicht weil die Privilegierung des § 8 1 8 Abs. 3 B G B entfällt (die Norm ist insoweit von vornherein nicht einschlägig), sondern weil Kursverluste als Vermögensschäden ersatzfähig sind. (2)
Besonderheiten für einzelne Kondiktionsformen?
Formuliert ist damit zunächst nur ein Leitprinzip, dem in bestimmten Konstellationen gesetzliche Wertungen abweichender Art vorgehen könnten und das deshalb noch auf seine allgemeine Tauglichkeit hin zu untersuchen ist. Kurz beleuchtet werden sollen unter diesem Aspekt im folgenden die Rückgriffskondiktion infolge Drittzahlung, die Eingriffskondiktion sowie die Rückabwicklung entgeltlicher Austauschverträge. (a)
Rückgriffskondiktion
Bei der sog. Rückgriffskondiktion infolge Drittzahlung besteht das Erlangte in der nach § 2 6 7 Abs. 1 B G B eingetretenen Befreiung von einer Verbindlichkeit. 2 1 8 0 In derartigen Fällen läßt sich durchaus erwägen, diejenige Währung als Schuldwährung nach § 8 1 8 Abs. 2 B G B anzusehen, in der die erloschene Verbindlichkeit des jetzigen Bereicherungsschuldners ausgedrückt war. Im Vordergrund stände der Gedanke, daß der Bereicherungsschuldner die an seinen ehemaligen Gläubiger geleistete Währung auch selbst hätte aufbringen müssen. 2 1 8 1 Wertungsmäßig mag man diese Situation nicht anders einordnen, als wenn der Bereicherungsgläubiger sine causa an seinen jetzigen Schuldner statt an den Dritten gezahlt hätte. Andererseits wäre der Schuldner, wenn die nunmehr getilgte Verbindlichkeit auf eine für ihn fremde Währung lautete, zur Aufwendung und „Umwechslung" von Einheiten 2 1 7 8 In diese Richtung bereits Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 165: „Währung, in der das Vermögen des Empfängers angelegt ist", wobei sich Karl Neumeyer allerdings nur auf Geld als erlangtes Etwas bezieht. 2179 Karl Neumeyer aaO mit der wenig überzeugenden Einschränkung, es komme eine Bemessung in der Währung der lex causae erst dann in Betracht, wenn die Bereicherung durch einen anderen Vorgang als die Empfangnahme von Geld erfolgt und an die Stelle des nicht mehr vorhandenen Gegenstandes, dessen Wert zu ersetzen sei. 2 1 8 0 Zu Einzelheiten siehe Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 812 Rn 101 ff. 2 1 8 1 Siehe OLG Düsseldorf BB 1958, 322: Besteht die Bereicherung darin, daß Aufwendungen in fremder Währung erspart worden sind, richtet sich der Ersatzanspruch ebenfalls auf Fremdwährung.
$ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
349
seiner Heimwährung gezwungen gewesen, hätte er selbst seinen damaligen Gläubiger befriedigt. Oder er würde unter den Voraussetzungen des § 244 BGB von der Möglichkeit zur Zahlung in Heimwährung Gebrauch gemacht haben. Schon dies spricht dafür, den Wert der Schuldbefreiung subjektiv wie objektiv in der Währung des Bereicherungsschuldners zu bestimmen, und zwar umgerechnet auf den Zeitpunkt der Schuldbefreiung. Die eingangs skizzierte These führte darüber hinaus in der Sache nicht zum Wertersatz, sondern zum Forderungsübergang ähnlich § 774 BGB, was gerade im Falle einer aufgedrängten Schuldbefreiung kaum gerechtfertigt werden könnte.2182 Lautet die getilgte Schuld für beide Parteien des Bereicherungsschuldverhältnisses auf eine Fremdwährung, ist schließlich nicht einzusehen, warum die Außenwertentwicklung dieser Währung den Maßstab für die Risikoverteilung auch innerhalb des Geldschuldverhältnisses aus § 818 Abs. 2 BGB bilden sollte. Ist damit die Rückgriffskondiktion wegen Drittzahlung in der Währung des Bereicherungsschuldners ausgedrückt, so unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen bei § 670 BGB. 2183 Dort war der Geschäftsherr zur Zahlung in der Währung verpflichtet, die der Geschäftsführer seinem Vermögen entnommen hatte, um (ggf. nach Umtausch in die benötigte Währung) die Verbindlichkeit des Geschäftsherrn zu tilgen.2184 Die fremdnützige Tätigkeit sollte sich im Vermögen des Geschäftsherrn - vom Binnenwertrisiko abgesehen möglichst wertneutral auswirken. Dieser Gläubigerschutzgedanke findet im Bereicherungsrecht keine Entsprechung, sondern wird vom Primat der Wertabschöpfung verdrängt. Weist § 670 BGB das Fremdwährungsrisiko also dem Schuldner zu, trägt es hier der Gläubiger. Im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag findet die vorgeschlagene Differenzierung ihre Rechtfertigung in den unterschiedlichen Aufwendungsersatzregeln bei berechtigter GoA (S 683 S. 1 i.V.m. § 670 BGB) und unberechtigter GoA (§ 684 S. 1 BGB i.V.m. Bereicherungsrecht).2185 (b)
Eingriffskondiktion
Ist Kondiktionsgrund der Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts, liegt es nahe, den Rechtsgüterschutz und damit die Deliktsrechtsnähe zum Orientierungspunkt für die Bestimmung der Schuldwährung zu erheben.2186 Entsprechend den Ausführungen unter II.3. lautete dann der Wertersatzanspruch aus § 818 Abs. 2 BGB auf die Währung des Gläubigers. Dennoch gilt auch für die Wertersatzfrage bei der Eingriffskondiktion, was Esser für alle Nichtleistungskondiktionen in die Worte gefaßt hat: „Wir haben es mit Be-
2 1 8 2 Vor allem wenn man auch hier die Auffassung vertritt, die in der Befreiung von einer Verbindlichkeit bestehende Bereicherung könne sich von Natur aus nicht mindern; siehe RGZ 120, 76, 79. 2 1 8 3 Für eine Gleichbehandlung (unter Heranziehung v«,n § 361 HGB) im Rahmen vertraglicher Leistungsbeziehungen iErg RGZ 120, 76, 80 f; zust Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; K.
Schmidt in Staudinger", § 244 Rn 17.
S 3 1 0 ff. Zur Kontroverse über die Bedeutung des § 6 8 4 1 BGB und das Verhältnis zwischen unberechtigter GoA und Bereicherungsrecht siehe BGHZ 70, 389, 3 9 6 f; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 7 1 2 ff; Seiler in MünchKomm-BGB 3 , § 684 Rn 4. 2 1 8 6 Siehe Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 120, allerdings bezogen auf Herausgabeansprüche nach § 8 1 2 Abs 1 BGB; vgl ferner Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 ,1 vor Art 38 EGBGB Rn 2 4 zum Gleichlauf zwischen Deliktskollisionsrecht und dem IPR der Eingriffskondiktion. 2184 2185
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
350
reicherungs- und nicht £«freicherungsrecht zu tun." 2 1 8 7 Die Eingriffskondiktion begründet im Gegensatz zum Deliktsrecht gerade keine Ausgleichshaftung dergestalt, daß eine Vermögensminderung kompensiert werden soll. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob der vom Schuldner erlangte Vermögensvorteil überhaupt einen Nachteil beim Inhaber des Eingriffsobjektes bewirkt hat. 2 1 8 8 Das Merkmal „auf Kosten eines anderen" bedeutet lediglich, daß das Erlangte dem Bereicherten objektiv nicht gebührt, sondern unter Einbruch in eine fremde, geschützte Rechtssphäre erzielt wurde. 2 1 8 9 Ist das Erlangte bei Leistungs- und Eingriffskondiktion einheitlich zu bestimmen, 2 1 9 0 und gibt es auch weder Anlaß zu einer Differenzierung im Wertbegriff 2 1 9 1 noch hinsichtlich des Zeitpunktes der Wertermittlung, 2 1 9 2 läßt sich für die Währung des Wertersatzes nach § 8 1 8 Abs. 2 B G B schwerlich ein Unterschied zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion begründen. (c)
Rückabwicklung entgeltlicher Austauschverträge
Ist ein entgeltlicher Austauschvertrag unwirksam und nach Bereicherungsregeln rückabzuwickeln, könnte die Währung der Wertersatzverpflichtung aus § 8 1 8 Abs. 2 B G B der Vertragswährung folgen. 2 1 9 3 Dafür ließe sich ins Feld führen, daß die Risikoordnung des fehlgeschlagenen gegenseitigen Vertrages nach einhelliger Auffassung für die Zwecke des Bereicherungsausgleichs faktische Bestandskraft genießt, mag man auch über den grundsätzlichen Weg der Berücksichtigung des Synallagmas wie über manche Einzellösungen streiten. 2 1 9 4 Zudem erleichterte es rechtstechnisch gesehen sowohl die Durchführung der Saldotheorie als auch die der Zweikondiktionenlehre, wenn sich Preis und Wertersatz problemlos ver- bzw. aufrechenbar gegenüberstehen. Dennoch sind Bedenken nicht von der Hand zu weisen. Der Umstand, daß die Währung des späteren Bereicherungsgläubigers oder eine Drittwährung vereinbart worden ist, ändert nichts daran, daß der Vermögenszuwachs auf Schuldnerseite sich in dessen Währung niedergeschlagen hat. Abermals ist eine spiegelbildliche Parallele zur Währungsfrage bei Schadensersatzverbindlichkeiten unverkennbar. 2 1 9 5 Daneben bliebe unbegründet, warum der Bereicherungsschuldner als Konsequenz der synallagmatischen Verknüpfung von vornherein mit dem Außenwertrisiko der für ihn fremden Vertragswährung belastet werden sollte, obwohl die Frage der Verteilung von Unmöglichkeits- und Verschlechterungsrisiken doch ausgesprochen differenziert betrachtet wird. Schließlich bildet die Geldgegenleistung auch von ihrer Höhe her unstreitig nicht den Maßstab des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB. Subjektiver Wert bzw. Verkehrswert einerseits und Vertragswert andererseits müssen durchaus nicht übereinstimmen. Warum dann aber die Vertragswährung als Wertersatzgegenstand herangezogen werden sollte, bliebe unklar. Sachgerechter erscheint es demgegenüber, auch hier der
2187
2188
2189 2190 2191 2192 2193 2194 2195
Esser SchuldR 11,363. Vgl W. Lorenz in Staudinger13, § 812 Rn 24.
Esser aaO.
Lieb in MünchKomm-BGB3, § 812 Rn 291. Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 35. Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 5 6 9 ff. So wohl K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. Eingehender Überblick bei Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 5 9 5 ff. S 3 2 3 ff.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
351
Verpflichtung aus § 818 Abs. 2 BGB die Währung des Schuldners zugrunde zu legen2196 und erst im Rahmen der Saldierung bzw. S 818 Abs. 3 BGB2197 der Risikoordnung des unwirksamen Vertrages Rechnung zu tragen. Etwa dergestalt, daß (entsprechend einem Vorschlag Nussbaums)2m Veranlassungs- oder Verschuldensgesichtspunkte über die Risikoverteilung (mit-) entscheiden und ggf. Währungsverluste der einen Seite den Anspruch der anderen summenmäßig reduzieren.2199
b)
Rückabwicklung
von
Geldzahlungen
Seit den 20er Jahren dieses Jahrhunderts ist immer wieder darüber gestritten worden, in welcher Währung sich die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung rechtsgrundlos erlangter Geldbeträge vollzieht. Wer den Streit näher beleuchtet, gewinnt schnell den Eindruck eines verwickelten Geflechts von Einzelproblemen. Im Kern kreist die Auseinandersetzung um die Frage, inwieweit der Bereicherungsschuldner zur Herausgabe nach § 812 BGB oder zum Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB verpflichtet ist. Gängigem Verständnis zufolge sind damit ganz unterschiedliche Wertungen verknüpft, an denen sich die Bestimmung der Schuldwährung zu orientieren hat. Die „Richtungsentscheidung" zwischen § 812 BGB und § 818 BGB wiederum hängt eng zusammen mit dem Verhältnis des Bereicherungsrechts zum allgemeinen Geldschuldrecht wie auch zur Differenzierung zwischen Geldsummenschulden und Geldwertschulden. Auslöser der Diskussion - dies sei vorab noch bemerkt - waren Fälle, in denen der Bereicherungsschuldner die ihm konkret zugeflossenen Valuten nicht mehr herausgeben konnte, insbesondere weil er sie in Einheiten seiner Heimwährung „umgetauscht" oder sonst ausgegeben hatte. aa) Zur Herausgabeverpflichtung (1)
als Geldschuld
Problemeinführung
Der Kondiktionsanspruch aus § 812 BGB ist nach heute ganz überwiegender Auffassung nicht auf Auskehrung der im Schuldnervermögen aktuell vorhandenen Bereicherung gerichtet,2200 sondern auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten selbst.2201 Vom erlangten 2196 Mit § 361 HGB (dessen Heranziehung allgemein befürwortet wird von K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Canaris in Großkommentar3 HGB , § 361 Anm 6) gelangte man zwar zu identischen Ergebnissen, aber nur, wenn die Vermögensmehrung auf Schuldnerseite wirklich in der Währung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung (§ 269 Abs 1, 2 BGB) und nicht in der eines anderen Teilvermögens eingetreten ist, und auch dann aufgrund einer gänzlich anderen Wertung als hier zugrunde gelegt, nämlich derjenigen des § 270 Abs 1, 4 BGB. 2197 Zur Problematik der „Gleichartigkeit" währungsverschiedender Forderungen für die Zwecke der Aufrechnung siehe unten § 13 I. 2198 Das Geld, 252; dazu noch unten Fn 2230. 2199 Vgl Nussbaum Das Geld, 253 f. 2200 So etwa noch Flume FS Niedermeyer, 103, 148 ff; ders NJW 1970, 1161, 1162 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 347. 2201 W. Lorenz in Staudinger13, § 8 1 2 Rn 65; Lieb in MünchKomm-BGB3, § 8 1 2 Rn 284 f; v. Caemmerer FS Rabel 353, 368; Canaris JZ 1971, 560, 561; ders in Großkommentar-HGB, § 361 Anm 6; Gursky JR 1972, 279 ff; Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 110.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
352
Etwas hängt es folglich ab, ob § 812 BGB den Bereicherungsschuldner zu einer Geldzahlung verpflichtet, d.h. zur Verschaffung abstrakter Vermögensmacht, oder ob die Übereignung bestimmter Geldzeichen, die Abtretung einer Forderung oder etwa die Begründung einer Buchposition den primärem Schuldinhalt bildet. Nur im ersten Fall kann § 812 BGB eine Fremdwährungsverbindlichkeit im hier verstandenen Sinne begründen, ja läßt sich die Währungsfrage bei Geld als primären Bereicherungsgegenstand überhaupt erst sinnvoll stellen. Besteht keine Geldschuld, gilt zweierlei: Erstens ist über die Währung der zu übereignenden Geldzeichen, der abzutretenden Geldforderung oder der zu begründenden Buchposition durch die Vergegenständlichung von Erlangtem und Herauszugebendem bereits entschieden. Zweitens richtet sich die Bereicherungsschuld statt nach § 812 BGB nach § 818 Abs. 2 BGB, sobald das gegenständlich erlangte Geld, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr herausgegeben werden kann. § 818 Abs. 1 BGB (Surrogat) wäre selbst dann nicht einschlägig, wenn der Bereicherungsschuldner die empfangenen Geldzeichen oder Buchgeldpositionen in solche einer anderen Währung „umgetauscht" hätte. Die Bestimmung erfaßt richtiger Ansicht nach im Gegensatz zu § 281 Abs. 1 BGB allein das commodum ex re. 2202 Gegen die Einbeziehung auch des commodum ex negotiatione spricht bereits der Wortlaut des § 818 Abs. 1 BGB. Der rechtsgeschäftliche Gegenwert infolge Veräußerung des Erlangten wird aufgrund Vertrages, nicht „aufgrund des erlangten Rechtes" erworben. 2203 (2)
Grundsatz
Die wohl überwiegende Meinung verficht den Standpunkt, Geldschulden könnten niemals aufgrund § 812 BGB, sondern nur im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB entstehen, zum einen also dann, wenn konsumierte Dienstleistungen oder Gebrauchsvorteile auszugleichen sind, zum anderen in den Fällen, in denen die Herausgabe des Erlangten infolge nachträglicher Unmöglichkeit ausscheidet. 2204 Hat der Bereicherungsschuldner Geld erlangt (sei es Bargeld, sei es Buchgeld), handelt es sich Wilhelm und Medicus zufolge um einen gegenständlichen Erwerb, der dem Gläubiger - solange die Herausgabe möglich ist - nach § 812 BGB einen gegenständlichen Anspruch auf Übereignung, Abtretung etc. verschafft, jedoch keinen Geldanspruch begründet. 2205 Ähnlich formulieren Reuter/Martinek unter Hinweis auf die bereicherungsrechtliche Behandlung sine causa empfangenen Auslandsgeldes, die Pflicht zur Rückgewähr des Erlangten sei vor der Schwelle des § 818 Abs. 2 BGB definiti2202
RGZ 86, 343, 347; 101, 389, 391; BGHZ 24, 106, 110 f; 75, 203, 206; 112, 288, 294 f; BGH NJW 1983, 868, 870; W. Lorenz in Staudinger13, § 818 Rn 17, 27; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 550 ff; v. Caemmerer in FS Rabel, 353, 356, 377. 2203 Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 550. 2204 Bei RG JW 1927, 980; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung 564; W. Lorenz in Staudinger13, § 818 Rn 25; Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 28; Canaris in GroßkommentarHGB 3 , § 361 Anm 6; Petrich JW 1922, 1150, 1151 ist nur die Rede von rechtsgrundlos erlangten ausländischen Zahlungsmitteln, deren Herausgabe unmöglich geworden ist. Andererseits wird nicht behauptet, die Rechtslage sei bei Empfangnahme deutschen Geldes eine andere. Auf Geld schlechthin beziehen sich Wilhelm AcP 183 (1983) 1, 10; Ungewitter JW 1923, 141; Rabel JW 1924, 1591; Presser DJZ 1925, Sp. 1032; Scheffler in RGRK-BGB11, Vor § 812 Rn 17; Seiler in Erman5, § 818 Rn 5; Boeck LZ 1923, Sp. 630, 634 f. 2205 Wilhelm AcP 183 (1983) 1, 10 ff; Medicus JuS 1983, 897, 902; ebenso bereits Boeck LZ 1923, Sp. 630, 634 f.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
353
onsgemäß Speziesschuld, gleichgültig ob sie sich auf eine vertretbare oder eine unvertretbare Sache beziehe. 2206 Koppensteiner/Kramer schließlich halten die Stückschuld-These zwar vom Wortlaut her für nicht zwingend, leiten sie jedoch daraus ab, „daß die Bereicherungsschuld nicht Beschaffungsschuld, sondern Pflicht zur Beseitigung dem Gläubiger gegenüber rechtswidrigen Habens, Pflicht zur Korrektur eines Zustandes ist". 2207 Die entscheidende Frage, auf die die vorstehenden Argumentationen keine befriedigende Antwort geben, lautet allerdings, ob nicht auch bei Ansprüchen nach § 812 BGB die allgemeine Differenzierung zwischen Geld im gegenständlichen und Geld im abstraktfunktionalen Sinne 2208 Platz greifen muß. 2209 Der Umstand, daß der Gesetzgeber für die Geldkondiktion keine Sonderbestimmung geschaffen hat, spricht angesichts seiner auch sonst zu beobachtenden Zurückhaltung bei der Regelung von Geldschuldfragen eher für statt gegen die genannte Unterscheidung. Mit zwingenden Anforderungen an die Beschaffenheit des Erlangten läßt sich die h.M. ebenfalls nicht rechtfertigen. Gewiß wird zutreffenderweise betont, das erlangte Etwas selbst sei herauszugeben, doch dient dies nur dazu, die Notwendigkeit der konkreten Bestimmung des Erlangten im Gegensatz zur abstrakten Differenzrechnung hervorzuheben. 2210 Das Erlangte kann sehr wohl nichtgegenständlicher Natur sein, z.B. eine Nutzungsmöglichkeit. Wenn als Primärobjekt der Leistungskondiktion (möglicherweise auch der Nichtleistungskondiktion) alles in Betracht kommt, was dem Parteiwillen zufolge Gegenstand des Austausches sein kann, 2211 und Meinungsverschiedenheiten lediglich darüber bestehen, ob das erlangte Etwas einen Vermögenswert haben muß, um kondizierbar zu sein, 2212 sollte der Anerkennung abstrakter Vermögensmacht als erlangtem Etwas nichts im Wege stehen. Die Verpflichtung aus S 812 BGB per se als Stückschuld zu qualifizieren erweist sich damit als petitio principii, bei der die Besonderheiten des Geldes im abstrakt-funktionalen Sinne außer Acht gelassen werden. Hat der Bereicherungsschuldner abstrakte Vermögensmacht in Gestalt einer Summe Geldes erlangt, muß er diese Summe herausgeben. 2213 Sie ist das konkret Erlangte; die dem Schuldnervermögen
2206
Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 564. Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 153 f, die sich in ihrer Stellungnahme zwar auf vertretbare Sachen, nicht jedoch ausdrücklich auf Geld als primären Bereicherungsgegenstand beziehen. Eindeutig insofern W. Lorenz in Staudinger", § 818 Rn 25: „Da die Bereicherungsschuld keine Beschaffungsschuld ist, kann also nicht die Rückgewähr einer gleichen Menge gleichartiger Sachen verlangt werden. Nach diesem Grundsatz ist auch zu verfahren, wenn eine indebiteLeistung in ausländischer Währung erfolgt ist"; ebenso schon Petricb JW 1922, 1150, 1151. 2208 S 24 ff und 40 ff. 2209 Die Frage nach der Geldschuldqualität von Herausgabeverpflichtungen aus ungerechtfertigter Bereicherung wird häufig im Zusammenhang mit § 270 BGB erörtert. Richtigerweise geht es allerdings nur darum, ob das Risikokonzept dieser Norm wirklich für Geldschulden jedweder Art paßt oder nicht. Und hier kann man vor dem Hintergrund des § 818 Abs 3 BGB tatsächlich geteilter Meinung sein. Siehe zum Ganzen Selb in Staudinger13, § 270 Rn 3; Gemhuber Erfüllung, 42 mit Fn 91; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn C 22. 2210 Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 812 Rn 288. 2211 W. Lorenz in Staudinger13, § 812 Rn 65; Lieb in MünchKomm-BGB3, § 812 Rn 291; Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 116. 2212 Dazu Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 528 ff; Lieb in MünchKomm-BGB3, § 812 Rn 287. BGH NJW 1952, 417 etwa verneinte die Kondizierbarkeit einer Ehrenerklärung. 2213 Zutr RWG JW 1922, 1150; 1923, 141; Heinrich Sto//JW 1927, 1810, 1812; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 347 f. 2207
354
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
zugeflossenen Träger abstrakter Vermögensmacht (Geldzeichen, Buchpositionen) spielen für die Riickabwicklung des Erwerbsvorgangs keine Rolle. 2 2 1 4 Der Einwand, die Bereicherungsschuld sei keine Beschaffungsschuld, greift zu kurz. Solange der Schuldner über Einheiten jener Währung verfügt, in der er die ihm zugeflossene abstrakte Vermögensmacht herauszugeben hat, stellt sich die Beschaffungsfrage nicht. Und bei einem rein binnenwirtschaftlichen Sachverhalt kann sie sich jenseits des § 818 Abs. 3 B G B auch nicht stellen: Der Wertersatzanspruch aus § 818 Abs. 2 BGB, der nach der Stückschuld-These den Herausgabeanspruch aus § 8 1 2 B G B substituiert, würde die dem Schuldner zugeflossene Geldsumme ohnehin als Geldsummenschuld perpetuieren, 2 2 1 5 weil die erlangten, aber nicht mehr herausgabefähigen Geldgegenstände nicht anders bewertet werden könnten 2 2 1 6 als mit ihrem Nominalbetrag. 2 2 1 7 Vor diesem Hintergrund erscheint es methodenehrlicher, schon den Primäranspruch aus § 8 1 2 B G B als „echten" Geldanspruch einzuordnen, dem der Gedanke einer befreienden Unmöglichkeit von vornherein fremd ist und der den Bereicherungsschuldner in der Tat zur Geldbeschaffung zwingt. Zustimmung verdient insofern jene Entscheidung aus dem 8 3 . Band, in welcher der B G H dem nach §§ 8 1 8 Abs. 4 , 8 1 9 B G B verschärft haftenden Bereicherungsschuldner auferlegt hat, für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen. 2218 Nur handelt es sich dabei entgegen der Annahme des B G H nicht darum, die Reichweite der Verweisung auf die „allgemeinen Vorschriften" (hier die sinngemäße Anwendung des § 2 7 9 BGB) festzulegen. Allein maßgeblich ist in dieser Hinsicht lediglich, daß die §§ 818 Abs. 4 , 8 1 9 B G B es (auch) dem Geldschuldner versagen, sich auf den Wegfall der Bereicherung ( § 8 1 8 Abs. 3 BGB) zu berufen, und zwar unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der verschärften Haftung vorliegen. Gewiß ist die vorstehende Argumentation nur begrenzt tragfähig, wenn die nach § 8 1 2 B G B geschuldete Währung nicht mit derjenigen übereinstimmt, auf welche die Wertersatzverpflichtung nach § 8 1 8 Abs. 2 B G B lauten würde 2 2 1 ' (nach der hier vertretenen Auffassung die Währung des Schuldnervermögens also). Aber selbst in einer solchen Konstellation führt kein Weg hin zu der Annahme, die Herausgabeverpflichtung nach § 8 1 2 B G B sei zwingend eine Stückschuld. Welchen Staates Währung auch immer herauszugeben ist, die
Heinrich Stoll JW 1 9 2 7 , 1 8 1 0 , 1812. Die Zahlungsverpflichtung gemäß § 812 BGB begründet nach heute ganz hM eine Geldsummenschuld; BGHZ 101, 296, 3 0 6 f; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 3 4 7 f; Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn D 50. § 818 Abs 1 BGB erlaubt keine gegenteiligen Schlüsse; aA noch RGZ 108, 120, 121; Neukirch JW 1923, 902. Die nominelle Vermehrung des Geldes infolge einer Geldentwertung unterfällt nicht dem Begriff der Nutzungen; siehe v. Maydell aaO 348; Heinrich Stoll JW 1927, 1810, 1812. Wer die Anlage des Geldes für eine Nutzung hält (Problem: lucrum ex negotiatione), dürfte nach § 818 Abs 1 BGB jedenfalls nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen zusprechen; Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 818 Rn 11. Um etwas hiervon Verschiedenes handelt es sich bei der rechtsgrundlosen Überlassung von Kapitalnutzungen (die Nutzung selbst ist das Erlangte); in solchen Fällen ist die übliche Vergütung nach § 818 Abs 2 BGB geschuldet; Lieb aaO. Das Prinzip der Geldsummenschuld in § 812 BGB wird hierdurch nicht tangiert. 2 2 1 6 Zum Bewertungsstichtag bei § 818 Abs 2 BGB, siehe S 346 f. 2217 v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 348 f. 2 2 1 8 BGHZ 83, 293, 298 ff. 2 2 1 9 So der Standpunkt v. Maydells, Geldschuld und Geldwert, 2 4 9 Fn 1. 2214
2215
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
355
Voraussetzungen für die Entstehung einer Zahlungsverbindlichkeit sind identisch.2220 Der Konflikt zwischen dem Gedanken, der Geldschuldner habe für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen, und der bloßen Abschöpfungs- oder auch Korrekturfunktion des § 812 BGB bedarf - wie bei der ähnlich gelagerten Problematik im Rahmen vertragsergänzender Herausgabepflichten (etwa § 667 BGB) 2221 - einer Lösung allein auf der Rechtsfolgeseite der Geldschuld.2222 Nicht jede Zahlungsverbindlichkeit nämlich verlangt unbesehen nach Anwendung sämtlicher Geldschuldregeln.2223 Es bleibt das Bedenken, ob sich im Rahmen des § 812 BGB überhaupt zwischen Sachen bzw. Forderungen einerseits und Geld andererseits unterscheiden läßt. Doch liegt gerade dann, wenn man mit § 812 BGB nicht den Vermögenszuwachs beim Schuldner abschöpfen, sondern den konkreten Bereicherungsvorgang rückabwickeln will, das sachlich gebotene Differenzierungskriterium auf der Hand: Rechtsgrundlose Zahlungen begründen Geldschulden,2224 sine causa erfolgte Zahlungsmittelübereignungen, Forderungsabtretungen usw. ohne Zahlungscharakter hingegen sind bereicherungsrechtlich als Sachschulden, Pflichten zur Rechtsverschaffung etc. zu behandeln. Bei der hier im Vordergrund stehenden Leistungskondiktion hängt also der Rechtscharakter der Bereicherungsschuld vom Inhalt der (vermeintlichen) Verbindlichkeit ab, zu deren Erfüllung die Leistung erfolgt ist. 2225 Daß auch der unwirksame Vertrag kein rechtliches nullum sein muß, sondern sich namentlich auf den Inhalt von Bereicherungsansprüchen auswirken kann, ist allgemein anerkannt. 2226 Vor allem die Saldotheorie bietet hinreichendes Anschauungsmaterial dafür, wie sehr den Wertungen eines unwirksamen Vertrages für die Rückabwicklung der bereits erbrachten Leistungen faktische Bestandskraft zukommt.2227 (3)
Schuldwährung
Handelt es sich nach dem Gesagten im konkreten Fall um eine Geldschuld, bleibt die Frage nach ihrer währungsmäßigen Ausprägung zu beantworten. Geht man davon aus, § 812 Abs. 1 S. 1 BGB schütze nicht nur ein allgemeines Vermögensinteresse des Gläubigers, sondern sein Interesse daran, gerade denjenigen Gegenstand seines Vermögens zurückzuerhalten, der sich infolge des bereichernden Vorgangs im Vermögen des Schuldners befindet, spricht alles dafür, an dieser Maxime auch die Bestimmung der Schuldwährung auszu2 2 2 0 Insbes. bildet § 812 BGB keinen Anwendungsfall der bereits verworfenen These, ausländisches Geld werde im Inland per se zur „Ware", dh im hier interessierenden Zusammenhang zur Sache bzw zur Forderung; so aber Petrich J W 1922, 1150, 1151. Zum Ganzen siehe S 27 ff. 2 2 2 1 S 3 0 5 ff. 2 2 2 2 Dazu sogleich unter bb). 2 2 2 3 Siehe nur BGHZ 28, 123, 128; K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 2 4 4 Rn C 3.
2224
So wohl auch BGHZ 83, 293, 300 f; Heinrich Stoll JW 1927, 1810, 1812; v. Maydell Geld-
schuld und Geldwert, 3 4 7 f; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 2 4 4 Rn C 3. 2 2 2 5 Hier befürworteter Ansatzpunkt ist das Erlangte. Ein anderer Weg besteht darin, allein die Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs dem Rechtscharakter der rechtsgrundlosen Leistung anzupassen; hierfür, anscheinend, v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 3 4 7 f. Aufgrund einer unwirksamen Geldschuld könnte dann eine Guthabenforderung gegen eine Bank „erlangt" worden sein, der Bereicherungsanspruch aber dennoch eine Geldforderung zum Inhalt haben. Bewerkstelligen ließe sich dies jedoch nur auf Basis jener Lehre, wonach sich der Kondiktionsanspruch von vornherein allein auf die Bereicherung als Differenz zweier Vermögenslagen richtet. 2226 Pawlowski Rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen, 39 ff; 161 passim. 2227
Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 98.
356
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
richten. Es gilt der Grundsatz währungsmäßiger Stoffgleichheit zwischen erlangtem und herauszugebendem Geld. 2 2 2 8 Überlegungen, die Währung des Schuldnerwohnsitzes über § 3 6 1 H G B heranzuziehen 2 2 2 9 oder Verschuldensgesichtspunkte entscheiden zu lassen, 2 2 3 0 sind damit ebenso unvereinbar 2 2 3 1 wie eine Ableitung der Bestimmungskriterien aus § 8 1 8 Abs. 2 B G B . 2 2 3 2 Z u d e m drohten Konflikte mit der den §§ 8 1 2 ff. BGB zugrunde liegenden Risikoverteilung. Das deutsche Bereicherungsrecht konstituiert eine Ausgleichsordnung, deren Funktion statt im Ersatz von Schäden darin besteht, Gegenstände oder W e r t e abzuschöpfen, die sich zu Unrecht im Vermögen des Schuldners befinden. 2 2 3 3 Geldschulden nach § 8 1 2 BGB bilden Geldsummenschulden, 2 2 3 4 bei denen sowohl das Risiko von W e r t verlusten als auch die Chance von Wertsteigerungen dem Gläubiger zufallen. N u r unter den Voraussetzungen der verschärften Haftung nach §§ 8 1 8 Abs. 4 , 8 1 9 B G B verändert sich die Situation, und der Schuldner hat nach §§ 2 9 1 , 2 8 8 Abs. 2 B G B 2 2 3 5 oder §§ 2 9 2 Abs. 1, 9 8 9 B G B ggf. auch einen Entwertungsschaden zu ersetzen. Müßte der Bereicherungsschuldner in einer anderen Währung zahlen als in der, die er erlangt hat, könnte er (trotz Beibehaltung des Prinzips der Geldsummenschuld) je nach Kursentwicklung mehr aufwenden müssen, als es seiner noch vorhandenen Bereicherung entspricht, und zwar ohne daß die §§ 8 1 8 Abs. 4, 8 1 9 BGB erfüllt w ä r e n . 2 2 3 6 Unter der Prämisse, daß es sich bei den fraglichen Währungen u m die jeweiligen Heimwährungen der Parteien handelt, hätte der Bereicherungsgläubiger statt des Binnenwertrisikos seiner Heimwährung das Außenwertrisiko der Schuldwährung und der Bereicherungsschuldner überhaupt erst ein Risiko, nämlich das Außenwertrisiko der erlangten Gläubigerwährung, zu tragen. Korrigieren ließe sich der damit einhergehende Wertungswiderspruch auf zweierlei Weise: Entweder die 2 2 2 8 Ebenso iErg BGHZ 101, 296, 306 f; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 164 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 119 f, 125; Steenken Fremdwährungsschulden, 53, 55. 2229 Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 6; jeweils unter Hinweis auf R G Z 120, 76, 81 f, wo die Bereicherung in der Befreiung von Verbindlichkeiten bestand und deshalb von vornherein § 818 Abs 2 BGB einschlägig war. 2 2 3 0 So will Nussbaum Das Geld, 2 5 2 f bei der Leistungskondiktion die Währung davon abhängig machen, ob eine rechtsgeschäftliche Grundlage für die Verteilung von Außenwertrisiken besteht. Ansonsten soll die Bestimmung der Währung zu Lasten der Partei erfolgen, welche die versehentliche Leistung und daher die Wertverschiebung durch eigene Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. Nur wenn kein Verschulden vorliege oder es auf beiden Seiten gleich groß sei, habe der Bereicherte Einheiten der erlangten Währung herauszugeben. 2 2 3 1 Gegen die Bestimmung der Schuldwährung anhand von Verschuldenskriterien auch Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 120 f. 2 2 3 2 Das Phänomen einer funktionalen Synchronisation zwischen Herausgabewährung und Ersatzwährung, wie es etwa zwischen § 667 BGB und § 280 BGB zu beobachten ist (S 305 ff), findet sich im Bereicherungsrecht nicht wieder. 2233 Esser SchuldR II, 330 f; Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 812 Rn 1; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 351, 354. 2 2 3 4 Nachweise oben Fn 2215. 2 2 3 5 Die Verzugsvoraussetzungen müssen im Einzelnen vorliegen; indes wird die Mahnung durch die Klageerhebung ersetzt (§ 284 Abs 1 S 2 BGB), und diese wiederum durch § 819 BGB. Zum Eintritt der Verzugsfolgen auf Grundlage der §§ 818 Abs 4, 819 BGB siehe W. Lorenz in Staudinger 13 , § 818 Rn 51; § 819 Rn 16. 2 2 3 6 Im Falle der verschärften Haftung, die den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs 3 BGB) ausschließt, müßte zudem der Schuldner das Risiko von Kursverlusten unabhängig davon tragen, ob auf Gläubigerseite die Voraussetzungen eines Verzugsschadens erfüllt sind.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
357
Umrechnung erfolgt erst (wie in § 244 Abs. 2 BGB) auf den Zahlungszeitpunkt bezogen, oder Verluste der erlangten Währung gegenüber der Schuldwährung werden bereicherungsmindernd in Ansatz gebracht. In beiden Fällen jedoch fehlte es an einer Rechtfertigung dafür, überhaupt eine andere Währung als die erlangte in den Rang der Schuldwährung zu erheben, 2 2 3 7 zumal den Parteien möglicherweise sogar zusätzliche Kosten für die Umwechslung der jeweils erhaltenen Beträge in ihre Heimwährung entstehen. 2 2 3 8
bb) (1)
Konsequenzen „Vorratsgeldschuld" und Unmöglichkeit nach § 818 Abs. 2 BGB
N a c h den zuvor angestellten Überlegungen kann festgehalten werden, daß der Bereicherungsschuldner, an den ohne Rechtsgrund eine bestimmte Summe Geldes gezahlt worden ist, durch § 812 BGB zur Rückzahlung der erlangten Summe in der erlangten Währung verpflichtet wird. Da es auf die in das Schuldnervermögen geflossene Summe statt auf die einzelnen Träger abstrakter Vermögensmacht ankommt und die Herausgabe dieser Summe (vorbehaltlich eines Bereicherungswegfalls nach § 818 Abs. 3 BGB) für den Schuldner nicht unmöglich werden kann, ist für die Annahme einer Wertersatzverpflichtung nach § 8 1 8 Abs. 2 BGB auch dann kein Raum, wenn die konkreten Geldzeichen oder Buchgeldpositionen verbraucht worden sind. Dieser Befund ist zugeschnitten auf den reinen Binnensachverhalt; hat der Schuldner eine Summe Geldes nicht seiner Heimwährung, sondern einer Fremdwährung erlangt, gelten Besonderheiten. Unhaltbar ist zwar die von der h.M. favorisierte These, wonach der in Deutschland ansässige Schuldner, der das konkret erlangte Auslandsgeld in D M „umgetauscht" oder sonst ausgegeben hat, gemäß S 818 Abs. 2 BGB Wertersatz in deutscher Währung (richtiger: in seiner Heimwährung bzw. der Währung seines Vermögens) leisten muß. 2 2 3 ' Ebensowenig kann jedoch der Gegenposition beigepflichtet werden, die es dem Bereicherungsschuldner unter Hinweis auf das Prinzip von der Unzerstörbarkeit der Geldschuld bzw. den Gedanken des Einstehenmüssens analog § 279 BGB verwehrt, sich darauf zu berufen, er verfüge nicht mehr über Einheiten der
2237
Als Beispiel mag die sine causa erbrachte Geldzahlung eines Amerikaners an einen Deutschen in Höhe von 500 US-Dollar dienen, wobei von einem Umrechnungskurs von 1 Dollar = 2 DM im Zeitpunkt des rechtsgrundlosen Erwerbs ausgegangen werden soll. Fällt der Dollar bis zum Rückzahlungszeitpunkt um 10% auf 1,80 DM, müßte der Deutsche (§§ 818 Abs 4, 819 BGB seien ausgeklammert) an sich 1000 DM zahlen, obwohl sein Vermögen nur noch in Höhe von umgerechnet 900 DM vermehrt ist. Erfolgte eine der skizzierten Korrekturen, ermäßigte sich die Schuld auf 900 DM, für die der Amerikaner seinerseits die damals geleisteten 500 Dollar eingewechselt erhielte. Mit deren Kaufkraftrisiko bliebe er belastet. 2238 Bei der Rückabwicklung von Verträgen, die die wechselseitige Hingabe von Geld unterschiedlicher Währungen zum Gegenstand haben, kann vor dem Hintergrund der synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung im Einzelfall auch die Verteilung des Währungsrisikos verschoben werden, sei es nach Maßgabe der Saldotheorie, sei es auf dem Boden der Zweikondiktionenlehre. Zu einer Veränderung der Schuldwährung kommt es dabei jedoch nicht. Geboten ist vielmehr im Einzelfall eine summenmäßige Korrektur; siehe Nussbaum Das Geld, 253 f; ferner S 350 f. 2239 So aber RG JW 1927, 980; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 564; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 165; Ungewitter JW 1923, 141; Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 28; Petrich JW 1922, 1150, 1151; Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 6.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
erlangten Währung. 2240 Der erstgenannten Auffassung ist bereits widersprochen worden. Die zweite trägt der bloßen Abschöpfungs- bzw. Korrekturfunktion des § 812 BGB nicht genügend Rechnung. Lautet die nach § 812 BGB entstehende Zahlungsverpflichtung auf eine Währung, zu deren Beschaffung der Schuldner nicht ohnehin gemäß § 818 Abs. 2 BGB gehalten ist, dann liegt strukturell eine Situation vor, wie sie auch unter dem Stichwort „beschränkte Gattungsschuld" bekannt ist. Die Verpflichtung nach § 812 BGB kann zwar Geldschuld sein, mag inländisches oder ausländisches Geld den Schuldgegenstand bilden. Dessen ungeachtet bleibt sie jedoch stets Herausgabeschuld und erfährt - im Grundsatz nicht anders, als es bei vertragsergänzenden Zahlungspflichten aus § 667 BGB der Fall ist2241 - rechtsfolgebezogene Einschränkungen. Zu diesen Einschränkungen zählt auch die währungsmäßige Begrenzung der allgemeinen finanziellen Einstandspflicht. So wie die Gefahrtragungsregel des § 270 Abs. 1 BGB bei Geldschulden nach § 667 BGB2242 und wegen § 818 Abs. 3 BGB auch bei Geldschulden gemäß § 812 BGB2243 unanwendbar ist, so wird es dem Bereicherungsschuldner nicht angesonnen, sich mit Geld einer für ihn fremden Währung einzudekken, um seine Verpflichtung zu erfüllen. Vielmehr besteht ein Herausgabeanspruch nach S 812 BGB, gerichtet auf Zahlung der erlangten Summe in der erlangten Fremdwährung, nur so lange, wie der Schuldner in seinem Vermögen über entsprechende Geldeinheiten verfügt. Ist dies nicht mehr der Fall, wird Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB geschuldet, und der erlangten Valutasumme kommt lediglich noch die Bedeutung eines Rechnungsfaktors zu. Ausgehend von der Prämisse, dem Schuldner sei ein nur der Summe und Währung nach konkretisierter, ansonsten aber abstrakter Vermögenswert zugeflossen, liegt der hier vertretenen Einschätzung die Überlegung zugrunde, daß derjenige, der aus vorhandenen Valutabeständen zahlen kann, einer internen Beschaffungspflicht ausgesetzt ist.2244 Man könnte insofern von einer „Vorratsgeldschuld" sprechen. Der in Deutschland wohnhafte Schuldner, der sine causa eine Summe ausländischen Bargeldes erhalten und in DM „umgetauscht" hat, ist danach gemäß § 812 BGB zur Herausgabe des erlangten Fremdwährungsbetrages verpflichtet, sofern er noch über anderweitige Barbestände in dieser Währung oder etwa ein Fremdwährungskonto verfügt. Entsprechendes gilt, wenn auf das in DM geführte Sparkassenkonto des Bereicherungsschuldners ein Valutabetrag überwiesen worden ist, den das Kreditinstitut nach Nr 13 S. 1 Sparkassen-AGB in deutscher Währung gutgeschrieben hat.2245 Der Schuldner, der ein Fremdwährungskonto bei einer anderen Bank unterhält, ist also nach § 812 BGB einer Valutaforderung ausgesetzt. Anders liegt es im Falle der verschärften Haftung. Unter den Voraussetzungen der §§818 Abs. 4, 819 BGB führt das Prinzip von der Unzerstörbarkeit der Geldschuld (ob auf § 279 BGB basie2240
RWG 1922, 1150 f; 1923, 141; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 125; Steenken Fremdwährungsschulden, 55. In BGHZ 101, 296 ff stellte sich die Problematik nicht. Zwar hatte die Bereicherungsschuldnerin 16.000 US-Dollar erlangt, indes handelte es sich um eine US-amerikanische Gesellschaft, die sich ohnehin nicht auf einen Dollarmangel hätte berufen können. 2241 Dazu S 305 ff. 2242 BGHZ 28, 123, 128. 2243 Oben Fn 2209. 2244 Wie hier vielleicht auch Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 6: „Besteht die Bereicherung freilich in einer Summe ausländischen Geldes und befindet sich dieses noch in der Verfügungsmacht des Schuldners, so hat dieser das ausländische Geld zurückzuzahlen, da er gemäß § 812 BGB auf Herausgabe des „Erlangten" haftet. 2245 Zur Einordnung von Nr 13 S 1 Sparkassen-AGB siehe S 266 f.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
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rend oder nicht) dazu, daß die Währung der Herausgabeschuld grundsätzlich 224 ' unbegrenzt geleistet werden muß, auf die Währung des Wertersatzes also auch dann nicht auszuweichen ist, wenn der Schuldner aktuell aber über keine Einheiten der Primärwährung mehr verfügt. Zur Währungsperpetuierung können §§ 818 Abs. 4, 819 BGB natürlich nur führen, wenn der Schuldner bei Eintritt der verschärften Haftung noch über Fremdwährungsbestände verfügt. Anderenfalls ließen sich ausschließlich Valutaprozesse führen; § 8 1 8 Abs. 2 gelangte nie zum Zuge. (2)
Entreicherung bei Kursverlusten?
Nun ist freilich zu erwägen, ob dem Bereicherungsschuldner, der ausländisches Geld empfangen und in seine Heimwährung umgewechselt hat, nicht gegenüber dem Valutaanspruch seines Gläubigers der Einwand des § 818 Abs. 3 BGB zugestanden werden sollte, wenn und soweit die Schuldnerwährung gegenüber der erlangten Fremdwährung im Wert gesunken ist. 2247 Als (teilweiser) Wegfall des Erlangten scheiden Kursverluste nach der hier vertretenen Konzeption aus. Solange der Schuldner über Einheiten der fraglichen Fremdwährung verfügt, ist die Herausgabe des Erlangten möglich. Anschließend wird Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB in der Heimwährung des Verpflichteten geschuldet, und Wechselkursprobleme der genannten Art stellen sich nicht. 2248 Was bleibt, ist der Einwand des bereicherungsrechtlichen Valutaschuldners, im Zusammenhang mit dem rechtsgrundlosen Fremdwährungserwerb seien seinem Vermögen bereicherungsmindernde Nachteile entstanden, die im Ergebnis zu Lasten des Gläubigers gehen müßten (Wegfall der Bereicherung).1249 Der Umfang der Herausgabeverpflichtung ermittelte sich in diesem Falle anhand des Wechselkurses der erlangten (und herauszugebenden) Fremdwährung zur Schuldnerwährung im Zeitpunkt des Erwerbs. 2250 Die Antworten auf die Frage, welche Nachteile bereicherungsmindernd zu berücksichtigen sind, divergieren allerdings. Richtigerweise ist
2246 Auch der Gedanke, der Schuldner habe für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen, findet seine Grenze an besonderen Befreiungstatbeständen. Dies gilt selbst dann, wenn es sich nicht um eine „Vorratsgeldschuld" handelt. Den Hauptfall bilden devisenrechtliche Leistungshindernisse; dazu noch eingehend S 602 ff. 2247 Dazu auch Steenken Fremdwährungsschulden, 55 f, der von der These ausgeht, bei sine causa erfolgten Fremdwährungszahlungen müsse stets nach § 812 BGB die empfangene Valutasumme herausgegeben werden, und auf dieser Grundlage dafür plädiert, bei Einwechslung der zugeflossenen Währung in die Heimwährung des Schuldners sei immer nach § 818 Abs 3 BGB zu verfahren. Vgl ferner RWG JW 1922, 1050, 1051; dort hatte das Reichswirtschaftsgericht auf Valutazahlung nach § 8 1 2 BGB erkannt und den auf § 818 Abs 3 BGB gestützten Einwand zurückgewiesen, der empfangene Betrag in portugiesischer Währung sei nicht mehr vorhanden, der deutsche Schuldner daher nur noch in deutscher Währung bereichert; dagegen Petrich JW 1922, 1150, 1151. 2248 Hat der Schuldner den erlangten Valutabetrag nicht in seine Heimwährung, sondern in eine Drittwährung eingewechselt und verfügt er auch über keine Einheiten der erlangten Währung mehr, lautet die Frage allerdings, inwieweit trotz Wegfalls des Erlangten und Kursverlusten der eingewechselten Währung gegenüber der Heimwährung des Schuldners sich im Schuldnervermögen noch ein Überschuß befindet, der dem Wert des Erlangten (§818 Abs 2 BGB; eine Surrogatsherausgabe nach § 8 1 8 Abs 1 BGB scheidet aus) ganz oder teilweise entpricht. 2249 Zur Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen beiden Formen der Entreicherung siehe Lieb in MiinchKomm-BGB3, § 818 Rn 53 ff, 70 ff; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, 591 ff, 616 ff. 2250 Vgl Petrich JW 1922, 1150, 1151.
360
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
zwischen einseitigen und synallagmatisch verknüpften Leistungen zu unterscheiden. Insbesondere Flume hat herausgearbeitet, daß es im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB eine Rolle spielen muß, ob sich der fragliche Vermögensnachteil als Ergebnis einer Entscheidung des Schuldners darstellt, „die er in eigener Sache unter dem Gesichtspunkt seines Interesses" getroffen hat, ohne daß die causa des Erwerbs für die Entscheidung von Belang war.2251 In derartigen Fällen darf das Risiko nicht allgemein dem Kondiktionsgläubiger aufgebürdet werden, zumal der Schuldner etwaige Vorteile seiner Disposition anerkanntermaßen behält. Nicht weit entfernt von dieser Sichtweise liegt der Standpunkt, abzugsfähig seien nur diejenigen Nachteile, die gerade darauf beruhten, daß der Schuldner auf die Beständigkeit seines Erwerbs vertraut habe.2252 Mit beiden Einschätzungen korrespondiert schließlich die im Vordringen befindliche Erwägung, daß der Bereicherungsausgleich auch ein Instrument zur Korrektur irregulärer Vermögenszuordnungen bilde und daher nicht unter alleiniger Würdigung der Schuldnerinteressen erfolgen könne.2253 Für die Rückabwicklung einseitiger Valutazahlungen kommt es sonach darauf an, ob der Geldumtausch (der sich in der Folgezeit als nachteilig erweist), um mit F/«me2254 zu sprechen, dem Vermögenszugang oder der Person des Empfängers zuzurechnen ist. Wechselt der Bereicherungsschuldner den empfangenen Fremdwährungsbetrag unmittelbar nach Erhalt in Einheiten seiner Heimwährung um oder läßt er ihn etwa nach Nr 13 S. 1 Sparkassen-AGB in DM gutschreiben, weil er keine Erhöhung seiner Valutabestände wünscht, wird man den für § 818 Abs. 3 BGB erforderlichen Konnex zwischen Vermögensminderung und der causa des Erwerbs noch am ehesten bejahen können. Allein weil ihm der herausverlangte Valutabetrag zugeflossen ist und der Schuldner davon ausgeht, ihn behalten zu dürfen, erfolgt die Umwechslung. Von einer durch die causa des Erwerbs unbeeinflußten Vermögensentscheidung kann keine Rede sein. Anders liegt es, wenn der Bereicherungsschuldner den empfangenen Valutabetrag zunächst unangetastet läßt, jedoch später aus spekulativen Gründen einen Teil seiner Fremdwährungsbestände in Einheiten seiner Heimwährung umwechselt und der sine causa erlangte Betrag - so überhaupt noch identifizierbar - dazuzählt. In dieser Konstellation hat der Bereicherungsschuldner die Minderung seines Vermögens als Folge der Wechselkursentwicklung seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben. Es bedeutete ein „venire contra factum proprium", wollte der Schuldner dieses eigene Verhalten nicht gegen sich gelten lassen, sondern den Mißerfolg seiner Disposition (teilweise) über § 818 Abs. 3 BGB auf den Gläubiger abwälzen.2255 Ebenso verhält es sich im Ergebnis, wenn die erlangte Valutazahlung mit einer Leistung des Schuldners synallagmatisch verknüpft ist. Mit Abschluß des gegenseitigen Vertrages trifft der Schuldner „die vermögensmäßige Entscheidung, daß er statt des Vermögenswertes seiner Gegenleistung die ihm zu erbringende Leistung haben will".2256 Dies rechtfertigt es sogar, dem Schuldner das Risiko eines zufälligen Untergangs des Erlangten zuzuweisen, ihm also wegen der faktischen Bestandskraft, die der vermögensmäßigen Entscheidung zukommt, zu versagen, sich auf § 819 Abs. 3 BGB zu berufen - mit der Folge einer bereicherungsunabhängigen Wertersatzpflicht. Umso eher wird man das Risiko sonstiger ver2251 2252 2253 2254 2255 2256
Flume FS Niedermeyer, 103, 152, 154 f. Etwa Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 128 ff. Dazu Lieb in MünchKomm-BGB 3 , § 818 Rn 50 ff. FS Niedermeyer, 103, 152. Flume FS Niedermeyer, 103, 155. Flume FS Niedermeyer, 103, 165; zust etwa Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 96.
§ 8: Entstehung - Die Währungsbestimmung durch das Schuldstatut
361
mögensmindernder Nachteile, die im Zusammenhang mit dem rechtsgrundlosen Erwerb entstanden sind, namentlich das Risiko ungünstiger Vermögensdispositionen, dem Bereicherungsschuldner auferlegen müssen. Darauf, ob der konkret eingetretene Nachteil auf einer (weiteren!) freien Vermögensentscheidung des Schuldners beruht oder nicht, kommt es nicht an. Rechtsfolge ist allerdings keine Wertersatzpflicht, sondern die ungeschmälerte Herausgabe des Erlangten, hier folglich die Zahlung des empfangenen Valutabetrages. Gegen die Heranziehung des § 818 Abs. 3 BGB könnte in den hier behandelten Fällen noch eingewandt werden, daß sich durch den Kursverlust der Schuldnerwährung nach Umtausch der rechtsgrundlos erlangen Valuta die Vermögenslage des Schuldners nicht zwangsläufig (in gleichem Maße) verschlechtern muß, nämlich insoweit nicht, als der Kursverlust statt Ergebnis einer Differenzinflationsrate zu sein etwa auf bloßen Spekulationseinflüssen beruht. Indes bedarf es keines Binnenwertverlustes der Schuldnerwährung, um einen i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB relevanten Vermögensnachteil anzunehmen, eine Außenwerteinbuße ist ausreichend. Der Bereicherungsschuldner rechnet, bewertet und (ggf.) bilanziert in Einheiten seiner Heimwährung, auch Fremdwährungspositionen werden hiervon erfaßt. Das bedeutet, daß sich ohne die Umwechslung der nominelle Gesamtwert des Schuldnervermögens, gemessen in Heimwährung, erhöht hätte, die im Vertrauen auf die Beständigkeit des Valutaerwerbs erfolgte Umwechslung also einen Vermögensnachteil bewirkt. Ob man in diesem Zusammenhang von damnum emergens oder von lucrum cessans sprechen sollte, mag dahinstehen: 2257 Auch der entgangene Gewinn wirkt bereicherungsmindernd. 2258 Die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB wird bestätigt durch eine Kontrollüberlegung, die sich an der (hier im übrigen nicht geteilten) Vorstellung orientiert, der Bereicherungsschuldner sei verpflichtet, den in Heimwährungseinheiten umgewechselten Valutabetrag zu beschaffen. So betrachtet müßte der Schuldner nach Eintritt des Kursverlustes eine größere Anzahl Heimwährungseinheiten aufwenden, als er zuvor durch den Umtausch erzielt hat. 2259 Die Frage, wer von den Parteien des Bereicherungsschuldverhältnisses das Risiko von Außenwertverlusten der Schuldnerwährung zu tragen hat, dürfte kaum in unterschiedlicher Weise beantwortet werden können. 2260 (3)
Interessen und Wertungen im Zusammenhang mit § 244 BGB
Das vorgeschlagene Modell ist interessengerecht, insbesondere auch dann, wenn sich der (Wohn-)Sitz des Bereicherungsschuldners in Deutschland befindet und wegen §§ 269, 2 7 0 Abs. 4 BGB die Voraussetzungen des § 2 4 4 BGB insoweit erfüllt sind, als der Bereicherungsanspruch als Valutaanspruch auf § 812 BGB statt als DM-Anspruch auf § 818 Abs. 2 BGB gestützt ist. Hierbei soll einstweilen mit der wohl h.M. davon ausgegangen werden, daß bereicherungsrechtliche Fremdwährungsverbindlichkeiten stets nichteffektiver Natur sind. 2261 Wegen der Wechselkursentwicklung im Zeitraum zwischen Empfang und Herausgabe macht es einen Unterschied, ob der Bereicherungsschuldner von Anfang an oder ab einem bestimmten Unmöglichkeitszeitpunkt eine fixe Summe D M zu zahlen hat (nach § 8 1 8 Abs. 2 BGB) oder ob stets ein Fremdwährungsbetrag geschuldet ist (gemäß § 812 2257
Dazu noch S 6 4 4 ff.
2258
Koppensteiner/Kramer Ungerechtfertigte Bereicherung, 135.
2259
Eingehend Steenken
2260
Vgl auch PetrichJW 1922, 1150. 1151; Heinrich StollJW 1927, 1810, 1813.
Fremdwährungsschulden, 55 f.
2261
Näher dazu S 5 1 4 ff.
362
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
BGB), nach dessen Wechselkurs im Zeitpunkt der Zahlung sich der Schuldner in deutscher Währung befreien kann (§ 244 BGB).2262 Drei Leitlinien prägen den hier vertretenen Standpunkt: Erstens soll der Schuldner bis zum Eintritt der verschärften Haftung keinem Fremdwährungsrisiko ausgesetzt sein, dem er sich nicht ohnehin durch selbständige vermögensmäßige Entscheidung unterworfen hat. Zweitens sollen dem Schuldner keine mit einem Valutaanstieg verbundenen Vorteile verbleiben. Drittens schließlich wird bei rechtsgrundlosen Zahlungen jeder Anlaß geleugnet, den Bereicherungsgläubiger auf die deutsche, d.h. eine für ihn ggf. fremde Währung zu verweisen, solange das erlangte Maß an abstrakter Vermögensmacht nach Summe und Währung noch im Schuldnervermögen vorhanden ist. Gegen die letztgenannte Erwägung mag vom Blickwinkel der Stückschuld-Theorie argumentiert werden, eine fixe Summe deutscher Währung sei dem Bereicherungsgläubiger doch im Regelfall günstiger als die sine causa gezahlte Fremdwährung bzw. ein nach § 244 BGB an ihren Wert gekoppelter DM-Betrag. 2263 Doch wäre dieser Einwand nach tatbestandlicher Erfüllung der §§818 Abs. 4, 819 BGB gegenstandslos, da Binnen- wie auch Außenwertverluste als Verzugsschäden ersatzfähig sein können. 2264 Vor diesem Zeitpunkt führte er am Problem vorbei. Zum einen kann das bereicherungsrechtliche Modell der Verteilung von Geldwertrisiken nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Gläubigerwährung oder die Währung des Schuldners sich jeweils als stärker erweist. 2265 Zum anderen bilden Geldschulden aufgrund § 812 BGB und § 818 Abs. 2 BGB gleichermaßen Geldsummenschulden. Geldwertkorrekturen zu Gunsten des Gläubigers sind nur im Wege der Aufwertung möglich, praktisch also über § 242 BGB.2266 Diese Wertung drohte verzerrt zu werden, wollte man (mit Hilfe welcher Regelbildung auch immer) bei der bereicherungsrechtlichen Währungsbestimmung Wertsicherungsüberlegungen zum Primat erheben.
2262 Dies droht übersehen zu werden von Lieb in MünchKomm-BGB3, § 818 Rn 28; vgl auch W. Lorenz in Staudinger13, § 818 Rn 25; zu BGHZ 101, 296, 306 f siehe bereits oben b)aa)(3) und b)bb)(l). 2263 In der Zeit zwischen den Weltkriegen diente die Stückschuld-These (in Verbindung mit dem Verständnis des § 818 Abs 2 BGB als Geldsummenschuld), eher dem Schutz des deutschen Schuldners, der den fortwährenden Wertverlust der deutschen Währung an den Gläubiger weitergeben konnte, sobald die konkret empfangenen ausländischen Zahlungsmittel verbraucht waren; vgl RG JW 1927, 980; RWG JW 1922, 1150; Petrich JW 1922, 1150 f. 2264 Einzelheiten S 625 ff. 2265 Daß die deutsche Währung in den letzten Jahren gegenüber nahezu allen Fremdwährungen langfristig an Außenwert gewonnen hat, ist kein rechtlich brauchbares Argument. Allein die schwankende Entwicklung des US-Dollars gegenüber der DM belegt, daß sich (gerade kurz- und mittelfristig) die Kursrisiken auch abweichend realisieren mögen. Im übrigen muß die Regelbildung abstrakt erfolgen. Deutsches Recht kann Bereicherungsstatut sein, ohne daß auf Gläubiger- oder Schuldnerseite die deutsche Währung überhaupt in Betracht kommt. Auf Basis der hier vertretenen Auffassung ist Schuldwährung nach § 818 Abs 2 BGB ja gerade nicht automatisch die deutsche Währung. 2266 Zur Sonderproblematik von Valutaschulden, die die Verpflichtung zur Geldherausgabe zum Inhalt haben, siehe S 305 ff.
§ 9: Inhalt - Die H ö h e des Schuldbetrages
363
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
I.
Einführung
Ist deutsches Recht Schuldstatut (Vertragsstatut, Deliktsstatut, Unterhaltsstatut etc.) und die Valutaschuld danach Zahlungsverbindlichkeit, gelangen die allgemeinen Regeln des Geldschuldrechts zur Anwendung, unter ihnen auch die Differenzierung zwischen Geldsummenschulden und Geldwertschulden. Valutaschulden unterliegen im Grundsatz nicht anders als Heimwährungsverbindlichkeiten dem schuldrechtlichen Nominalwertprinzip: Die Leistungspflicht erschöpft sich darin, die qua Parteiabrede oder Gesetz fixierte Anzahl Währungseinheiten (ggf. in bestimmter Verkörperung) zu verschaffen. Welchen wirtschaftlichen Wert die fragliche Summe Geldes im Zeitpunkt der Erfüllung besitzt, ist unerheblich; keine der Parteien kann verlangen, die Leistung betragsmäßig der zwischenzeitlichen Wertentwicklung anzupassen. Auch Fremdwährungsverbindlichkeiten sind nur dann valorisiert, wenn der Schuldzweck dies vorsieht (z.B. Schadensersatz, Unterhalt) oder die Parteien rechtswirksam eine Wertsicherungsabrede treffen. Sofern die Parteien in Auslandswährung kontrahieren dürfen, § 3 S. 1 WährG also nicht entgegensteht, ist nach deutschem Recht eine Wertsicherung beliebiger Art gestattet. Das in § 3 S. 2 WährG enthaltene Verbot setzt D M als Schuldwährung voraus. Die (ausländische) lex monetae dagegen mag ein Wertsicherungsverbot aussprechen, doch sind dessen privatrechtliche Reflexwirkungen vom deutschen Richter nur unter den Voraussetzungen der Anwendbarkeit lex causae-fremden ausländischen Eingriffsrechts zu beachten. Liegt keine „natürliche" oder gewillkürte Valorisierung vor, stellt sich allerdings die Frage, ob und inwieweit das schuldrechtliche Nominalwertprinzip bei einem (Außen- oder Binnen-)Wertverfall der Fremdwährung ebenso wie bei Einbußen der deutschen Währung nach § 242 BGB im Wege der Aufwertung durchbrochen werden kann. Die Aufwertung ist primär Sache des Schuldstatuts und damit desdeutschen Rechts; nach der hier vertretenen Auffassung kommt allerdings nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips im Einzelfall eine materiellrechtliche Einbeziehung des Aufwertungsrechts der lex monetae in Betracht. Führt der materiellrechtliche Stichentscheid zum deutschen Aufwertungsrecht, kann dessen Anwendbarkeit allenfalls durch ein Aufwertungsverbot der lex monetae in Gestalt eines „Annahmezwangs zum Nennwert" ausgeschlossen werden. Freilich nur, wenn dieses Verbot international zwingenden Charakter besitzt, und auch dann lediglich in denselben engen Grenzen wie lex causae-fremde Wertsicherungsverbote. 2267 In den Mittelpunkt rückt damit das deutsche Sachrecht der Forderungs- bzw. Schuldaufwertung. Seine auf DM-Verbindlichkeiten zugeschnittenen Grundsätze lassen sich allerdings nicht unbesehen auf Valutaschulden übertragen. Erstens ist die Verteilung von Außenwertrisiken nicht notwendigerweise den gleichen Prinzipien unterworfen wie die Zuordnung von Kaufkraftrisiken. Zweitens und vor allem läßt sich aus der Identifizierung des Nominalwertprinzips als Grundsatz des deutschen objektiven Privatrechts 2268 nicht zwingend schließen, Heimwährungsschulden und Fremdwährungsverbindlichkeiten müßten im
2267 2268
S 174 ff und 2 0 2 ff. S 7 4 ff.
364
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Hinblick auf ihre Fähigkeit, sich Geldwertveränderungen nach § 242 BGB betragsmäßig anzupassen, gleichbehandelt werden.
II.
Wertungsgrundlagen des Nominalwertprinzips bei der Valutaschuld
1.
Fehlende Stabilitätsinteressen - Zum Standort des Problems
Ungeachtet seiner rein privatrechtlichen Verankerung hat es nie an Stimmen gefehlt, die den geldschuldrechtlichen Nominalismus weniger mit Erfordernissen der Rechtssicherheit gerechtfertigt haben als vielmehr mit Überlegungen stabilitätspolitischer Art. Bei Möschel ist gar die Rede von einem „Grundsatz öffentlichrechtlicher Wirtschaftsverfassung",2269 und auch G.H. Roth spricht davon, das schuldrechtliche Nominalwertprinzip werde durch das öffentliche Interesse an der Stabilität der Währung getragen.2270 Andere gehen weniger weit, betonen aber immerhin die gesamtwirtschaftlichen Implikationen jeder Aufwertungsrechtsprechung und plädieren für ein wirtschaftspolitisch ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Nominalwertprinzip und seiner Durchbrechung.2271 Erwähnung verdient schließlich auch in diesem Kontext die bereits angesprochene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des § 3 S. 2 WährG.2272 Dort argumentiert das BVerwG, der Nominalismus diene nicht nur der Stärkung der Staatsautorität und des Ansehens der Währung, sondern auch unmittelbar der Geldwertstabilität, die allgemein als ein vordringliches wirtschaftspolitisches Ziel und überragendes Gut angesehen werde. Das Nominalwertprinzip, so das Gericht weiter, bilde ein grundlegendes, unverzichtbares Prinzip unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung.2273 Je stärker man nun zur Legitimation des schuldrechtlichen Nominalismus stabilitätspolitische Überlegungen in den Vordergrund rückt, desto näher liegt die Annahme, bei Valutaschulden sei eine Anpassung an Geldwertveränderungen nach § 242 BGB unter leichteren Voraussetzungen möglich als bei Verbindlichkeiten in DM. 2274 Denn wenn der Nominalismus des deutschen Geldschuldrechts zumindest auch vom (deutschen) öffentlichen Interesse getragen wird und dieses öffentliche Interesse das Interesse an der Stabilität der deutschen Währung ist, können der Nominalismus bzw. eine seiner Geltungsgrundlagen billigkeitsrechtlichen Korrekturen des primären Schuldbetrages überall dort nicht bzw. weniger rigide entgegenstehen, wo der Inhalt des Geldschuldverhältnisses schon vom Typus her die Stabilität der DM unbeeinflußt läßt.2275 Zwei Konstellationen eines „abgeschwächten Nominalwertprinzips" ließen sich auf dieser Grundlage vorstellen. Zum einen Zahlungsverbindlichkeiten, die auf eine andere Währung als die des Schuldrechtsgesetzge-
Möschel Wirtschaftsrecht, 71. G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 106. 2271 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn 39, D 106; ähnlich Larenz SchuldR I, 180; A. Schwander Geldschuldlehre, 282 ff. 2 2 7 2 BVerwGE 41, 1 ff. 2 2 7 3 BVerwGE 41, 1, 5; zust Mann NJW 1 9 7 4 , 1 2 9 7 , 1298. 2 2 7 4 Daß auch Valutaschulden nicht schlechthin (außen- oder binnen-)wertbeständig sind, versteht sich von selbst; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 40. 2275 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 106. 2269 2270
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
365
bers lauten. 2 2 7 6 Z u m anderen Heimwährungsschulden, die den Wirtschaftskreislauf des W ä h r u n g s s t a a t e s nicht berühren. 2 2 7 7 Im wesentlichen w ü r d e n sich in diesem (sachrechtlichen) Z u s a m m e n h a n g diejenigen Argumentationsfiguren wiederfinden, die bereits bei der (kollisionsrechtlichen) Anknüpfung lex causae-fremder Restriktionen der W ä h r u n g s w a h l und der Geldwertsicherung zu beobachten waren. Als Konsequenz eines derartigen „abges c h w ä c h t e n Nominalwertprinzips" erwägt namentlich G.H.
Roth
bei Valutaschulden „eine
fallweise Anpassung an die härtere Parteienwährung, und dies wiederum in erster Linie dann, w e n n die härtere W ä h r u n g die H e i m w ä h r u n g des Gläubigers ist, es also d a r u m geht, seine Inflationsverluste aus der weitergehenden Geldentwertung des Auslands auf das M a ß der inländischen zurückzustutzen". 2 2 7 8 Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Auflösungsfestigkeit des schuldrechtlichen N o minalismus währungsspezifische Differenzierungen kennt oder, von einem anderen -
ne-
gativen - Blickwinkel aus betrachtet, wie es u m die Reichweite eines in § 2 4 2 B G B enthaltenen strikten Nennwertprinzips,
d.h. Aufwertungsverbotes bestellt ist. 2 2 7 9 Im
übrigen
hängt der Standort des Problems davon ab, wie m a n die einzelnen Voraussetzungen einer Anpassung des Schuldbetrages an Geldwertveränderungen nach § 2 4 2 B G B definiert. Traditionellerweise wird danach unterschieden, ob es sich u m Geldschulden handelt, die in einem vertraglichen Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, o d e r um sonstige Zahlungs-
2 2 7 6 So iErg bereits W. Mayer Valutaschuld, 52, der darauf abstellt, ob die Schuldwährung für die Parteien kraft Gesetzes maßgeblich ist (Heimwährungsschuld), oder nicht (Fremdwährungsverbindlichkeit); ähnlich Mügel D J Z 1932, Sp. 26, 30. Zu den verschiedenartigen Betrachtungen des Kriteriums der Fremdheit oben § 2 II.3. 2 2 7 7 G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 105 f hält den Nominalismus des Schuldstatuts allein dann für unbeschränkt tragfähig, wenn die Schuld nicht nur in der Währung des Schuldrechtsgesetzgebers, sondern zugleich auch in der des Forums ausgedrückt ist. Dem liegt offenbar die Überlegung zugrunde, die das Nominalwertprinzip tragenden öffentlichen Interessen könnten von einem ausländischen Richter nicht verwirklicht werden. Freilich soll auch das fremde Forum bei einem entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl seines IPR nur deutsches Privatrecht auslegen und anwenden, nicht etwa deutsches öffentliches Recht. Nicht einmal die privatrechtlichen Reflexwirkungen öffentlichrechtlicher Normen aber stehen hier in Rede. Das schuldrechtliche Nennwertprinzip ist lediglich dispositives Privatrecht. Welche Motive der Ausbildung geschriebener oder ungeschriebener Privatrechtsnormen zurgunde liegen, spielt für ihre Anwendbarkeit durch ein ausländisches Forum grundsätzlich keine Rolle, solange nicht das Ergebnis der konkreten Normanwendung dem ausländischen ordre public widerspricht. Der fremde Richter hat schließlich auch S 2 4 4 BGB anzuwenden, wenn deutsches Recht Schuldstatut ist und die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung erfüllt sind. 2 2 7 8 G.H. Roth BerDGesVölkR 2 0 (1979) 87, 107. 2 2 7 9 Vgl K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu S 244 Rn D 34, D 3 6 ; ferner Mann N J W 1974, 1297, 1 2 9 8 ; ein ausdrückliches Aufwertungsverbot enthielt Art II Nr 4 des sog. „Mark-gleich-MarkGesetzes" aus dem Jahre 1947 (amerik Zone: M R G Nr 5 1 vom 1.7.1947, Abl567; brit. Zone: M R V O Nr 92 vom 1.7.1947, VOB1 111; franz. Zone: M R V O vom 6 . 1 1 . 1 9 4 7 , Journal official, 1211): „Eine Verbindlichkeit, gesichert oder ungesichert, die auf Reichsmark, Rentenmark, irgendein anderes auf Mark lautendes gesetzliches Zahlungsmittel, auf Goldmark oder auf Mark lautet, deren Nennwert unter Benützung einer gleitenden Skala oder auf andere Weise durch Bezugnahme auf den Preis des Feingoldes (Goldklausel) oder den Preis anderer Edelmetalle, Waren, Wertpapiere oder ausländischer Zahlungsmittel (Wertbeständigkeitsklauseln) bestimmt ist, ist bei Fälligkeit, ungeachtet der Bestimmungen der §§ 157, 2 4 2 und 6 0 7 des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Bestimmungen irgendeines anderen deutschen Gesetzes, durch Zahlung - Mark für Mark - von Reichsmark oder Alliierten Militärmarknoten erfüllbar. ... Der Gläubiger ist in allen Fällen verpflichtet, Reichsmark und Alliierte Militärmarknoten zu ihrem Nennwert in Erfüllung der Verbindlichkeit anzunehmen."
366
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Verbindlichkeiten, seien es solche aus einseitigen oder unvollkommen zweiseitigen Schuldverträgen, seien es solche gesetzlicher Art. Das Reichsgericht, das ursprünglich nur die erstgenannte Konstellation erfassen wollte, 2280 und zwar unter dem Gesichtspunkt einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage, 2281 sah sich unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise 1922/23 schnell gezwungen, seine Aufwertungsrechtsprechung über den Bereich synallagmatischer Vertragspflichten hinaus auszudehnen und auf sämtliche vom Währungsverfall betroffenen Geldschulden (vertragliche 2282 wie gesetzliche) 2283 zu erstrekken. 2284 Das Prinzip der Äquivalenz gegenseitiger Vertragsleistungen freilich sollte eine Aufwertung unter leichteren Voraussetzungen rechtfertigen können (sog. Ausgleichsanspruch). Heute wird der Ableitung von Rechtsfolgen aus § 242 BGB zunehmend die Frage vorangestellt, ob und inwieweit eine individuelle (vertragliche) Risikoübernahme 2285 oder eine normative Risikozuweisung vorliegt. 2286 In den Rahmen der normativen Risikozuweisung fällt die Grundwertung des schuldrechtlichen Nominalwertprinzips, derzufolge mangels wirksamer gegenteiliger Abrede der Geldgläubiger das Binnenwertrisiko seiner Heimund das Außenwertrisiko einer Fremdwährung trägt. Die normative Risikozuweisung kennt jedoch Grenzen. Dazu zählen im vertragsrechtlichen Bereich die Unvorhersehbarkeit der eingetretenen Entwicklung 2287 und die Unzumutbarkeit der Belastung mit ihren Folgen. Beide Merkmale korrespondieren in der Weise miteinander, daß die Grenze des Zumutbaren umso höher liegt, je voraussehbarer die eingetretene Entwicklung war, 2288 und die Voraussehbarkeit umso weniger schadet, je unzumutbarer die Folgen sind. 2289 Die Unzumutbarkeit läßt sich in den hier interessierenden Fällen zum einen mit dem Gedanken wirtschaftlicher Inäquivalenz begründen, und zwar der Inäquivalenz gerade wegen Geldwertverlustes, 2290 zum anderen kann (soweit nicht bereits als Äquivalenzfaktor berücksich-
2280
Etwa RGZ 103, 177, 179; 103, 328, 331 ff; 106, 7, 9 ff. Zu anderen Einordnungen (clausula rebus sie stantibus; wirtschaftliche Unmöglichkeit; ungerechtfertigte Bereicherung) siehe eingehend A Werner in Staudinger', § 242 Anm V 1 b, c. 2282 Zu Zahlungsverbindlichkeiten aus einseitigen und unvollkommen zweiseitigen Schuldverhältnissen RGZ 107, 78, 91 ff; 145, 51, 55. 2283 Etwa RGZ 107, 148 f (GoA); 108, 120, 121 f (Ungerechtfertigte Bereicherung); 107, 180, 182 f (Rücktritt); 108, 279, 281 (Wandlung). 2284 Zur Entwicklung der Rechtsprechung des RG siehe Miigel Aufwertungsrecht, 157 ff; A. Werner in Staudinger', § 242 Anm V 1 b; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 99; Larenz Geschäftsgrundlage, 82 ff. 2285 Dazu v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 121 f; v. Westphalen Exportfinanzierung, 88; vgl ferner BGH WM 1968, 1248, 1249; 1976, 1034; krit. zu diesen Entscheidungen G.H. Roth in MünchKomm-BGB 3 , § 242 Rn 599. 2286 P. Ulmer AcP 174 (1974) 167, 182 ff. 2287 Nicht die Vorhersehbarkeit ist also Zurechnungsgrund, sondern die Unvorhersehbarkeit kann die durch andere Grundsätze eingetretene Risikoverteilung einschränken; Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 239; Mann NJW 1974, 1297, 1299; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 18; vgl ferner Flume BGB AT/2, 519; P. Ulmer AcP 174 (1974) 167, 185. 2288 Insbes. bei spekulativem Charakter des Geschäfts liegt die Unzumutbarkeitsschwelle sehr hoch; vgl Wieacker FS Wilburg, 229, 251. 2289 Teichmann in Soergel12, S 242 Rn 246; ganz ähnlich v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 18. 2290 Zur Abgrenzung von Fehlerwartungen auf der Warenseite siehe K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 105; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 123 f. 2281
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
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tigt) 2291 die Verfehlung des mit der Zahlungsverbindlichkeit verfolgten Zwecks eine Rolle spielen. 2292 Bedeutsam ist letzteres etwa bei Ruhegehältern, Unterhaltsvereinbarungen und anderen Leistungen mit Versorgungscharakter. 2293 Die Schwelle zur Unzumutbarkeit erhöht sich andererseits, 2294 soweit öffentliche Interessen eine derartige Verlagerung der „Opfergrenze" gebieten. Auswirken können sich unter diesem Gesichtspunkt wiederum die Wertungen, die den Nominalismus im deutschen Schuldrecht tragen. Extrahiert man aus § 242 BGB einen Aufwertungstatbestand, der die Merkmale Unvorhersehbarkeit und Unzumutbarkeit im dargestellten Sinne enthält, dann ließe sich - angelehnt an die verfassungsrechtliche Terminologie - von einer „Wechselwirkung" zwischen § 242 BGB und dem mit seiner Hilfe durchbrochenen Prinzip sprechen: Die einschränkende Norm ist ihrerseits im Lichte der Bedeutung des schuldrechtlichen Nominalismus zu interpretieren. 2295 Ähnlich verhält es sich im Ansatz bei gesetzlichen Zahlungsverbindlichkeiten. Je mehr die Funktion, die die Geldzahlung im Rahmen des konkreten Schuldverhältnisses erfüllt, durch den Wertverlust der Währung gefährdet wird, desto eher besteht Anlaß, mittels § 242 BGB den geldschuldrechtlichen Nominalismus zu durchbrechen. Bei Prüfung einer rechtlich beachtlichen Funktionsstörung ist freilich nicht nur zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber die Verbindlichkeit als Geldsummenschuld statt als Geldwertschuld ausgestaltet hat, sondern auch etwaigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen ist. Das Gesagte macht deutlich, daß sich die Aufwertung als Rechtsfolge besonderer Leistungsstörungstatbestände begreifen läßt, einerlei ob man annimmt, sie verändere den Schuldinhalt oder sie erhalte ihn. 2296 Wenn hier die Problematik gleichwohl aus dem Bereich der (übrigen) Leistungsstörungen 2297 ausgeklammert behandelt wird, dann deshalb, weil das Phänomen des Geldwertverlustes ausnahmsweise bereits auf der Tatbestandsseite 2298 relevant wird und ggf. unter Durchbrechung des Nominalwertprinzips dazu führen 2291
Vgl v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 15. In der Sache kaum anders unterscheidet v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 18 ff zwischen einer objektiven und einer subjektiven Komponente zur Annahme einer grundlegenden Änderung der Geschäftsgrundlage. 2293 Dazu etwa BGHZ 105, 243, 245 ff; BGH DB 1974, 759, 761 ff; G.H. Roth in MünchKommBGB1, § 242 Rn 575 ff; Emmerich Recht der Leistungsstörungen, 342 f. 2294 Eine weitere Rolle kann die Deckungsfähigkeit des Risikos spielen. 2295 So wohl auch der Ansatz von BAG NJW 1973, 959, 960 ff; Fögen Geld- und Währungsrecht, 141 f. 2296 Im Bereich vertraglicher Geldschulden votiert die hM für die erstgenannte Lesart; etwa Latenz SchuldR I, 321. Zu Gunsten der zweitgenannten haben sich ausgesprochen Flume BGB AT/2, 518 ff und Bettermann RdA 1975, 2, 8. Bei Bettermann heißt es dazu: „Aufwertung oder Abwertung einer vertraglichen Geldschuld nach dem Maßstab der Geldwertveränderung ist nicht Durchbrechung, sondern Bestätigung des Satzes pacta sunt servandaAber das schuldrechtliche Nennwertprinzip als dispositives Prinzip des objektiven Privatrechts bestimmt überall dort den Inhalt einer von den Parteien betragsmäßig umschriebenen Geldschuld, wo der (rechtswirksame) Parteiwille nichts anderes festlegt. Die Aufwertung verändert also den durch das Nennwertprinzip fixierten Inhalt des Vertragsverhältnisses, weil die Erbringung allein der vertraglich bedungenen Leistung ausnahmsweise nicht mit Treu und Glauben vereinbar ist. Es trifft jedoch zu - daher dürften die Ergebnisse beider Ansätze nicht divergieren - , daß die Vorstellung der Parteien bzw die für den anderen Teil erkennbare Vorstellung einer Partei von der bleibenden Wertäquivalenz der wechselseitigen Leistungen den Ausgangspunkt für die Unzumutbarkeitsprüfung bildet. 2297 Unten §§ 14 und 16. 2298 Nicht erst (wie beim Verzug) auf der Rechtsfolgeseite. 2292
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
kann, daß die bei Schuldentstehung summenmäßig fixierte Primärleistung zur Schuldtilgung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB nicht mehr ausreicht. 2299 Aufwertung erweist sich damit als korrigierende Festlegung der Primärleistung im Grenzbereich zwischen Geldsummen- und Geldwertschuld.
2.
Die reichsgerichtliche Rechtsprechung zur Pfund- und Dollarentwertung 1931/33 und ihr heutiger Stellenwert
Die Judikatur des Reichsgerichts zur Anpassung von Valutaschulden an veränderte Geldwertverhältnisse scheint dem Ansatz G.H. Roths auf den ersten Blick Recht zu geben. Hatte das RG in einer Entscheidung aus dem Jahre 1933 immerhin bereits bei einer 20 bis 30%igen Entwertung des britischen Pfundes Ausgleichsansprüche nach § 242 BGB für möglich erklärt, 2300 gewährte es zwei Jahre darauf gar bei einer US-Dollar-Entwertung von lediglich 13% einen Ausgleichsanspruch wegen tiefgreifender Störung der Geschäftsgrundlage. 2301 Bei der Anpassung von Heimwährungsverbindlichkeiten hat sich die deutsche Rechtsprechung dagegen seit jeher eine spürbare Zurückhaltung auferlegt und den Ausgleichsanspruch durchgängig als einen nur unter ganz besonderen Umständen zulässigen und mit großer Vorsicht anzuwendenden Ausnahmefall bezeichnet. 2302 Die Aufwertungsrechtsprechung im Anschluß an die Währungskrise zu Beginn der 20er Jahre wurde jedenfalls im Ansatz damit gerechtfertigt, daß die deutsche Währung im Gefolge der Hyperinflation ihren Charakter als Wertmesser eingebüßt hatte. 2303 Gleichwohl läßt sich bezweifeln, ob der genannten Rechtsprechung die Aussage entnommen werden kann, die Abhilfemechanismen des Billigkeitsrechts griffen bei Valutaschulden prinzipiell früher ein als bei Heimwährungsverbindlichkeiten. 2304 Zunächst unterschied das RG bei Geldschulden in ausländischer Währung ebenso strikt zwischen „Aufwertungsansprüchen" und „Ausgleichsansprüchen" 2305 wie bei Zahlungsverbindlichkeiten, die auf deutsche Währung lauteten. Im ersten Fall (Aufwertung) war grundsätzlich die wirtschaftliche Derogation der Schuldwährung Tatbestandsvoraussetzung, 2306 im zweiten Fall (Ausgleichung) bedurfte es („nur") einer derart starken Erschütterung des vertraglich vorausgesetzten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, daß ein starres Festhalten am Vertrag mit Treu und Glauben unvereinbar wäre. 2307 Die vom Reichsgericht entschiedenen Fremdwährungsfälle der Jahre 1933 bis 1940, die sich sämtlich auf den letztgenannten vertraglichen Bereich 2299
Etwa RG WarnR 1925 Nr 93 (117, 118); Wameyer DStZ 1932, 102, 103. RGZ 141, 212, 215 ff. 2301 RGZ 147, 286, 289 ff; siehe ferner RGZ 145, 51, 55 f; 163, 324, 333 f. 2302 Siehe nur den Überblick bei G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 242 Rn 593 ff; unzutr. die Einschätzung in BAGNJW 1973, 959, 960. 2303 Beispielsweise RGZ 113, 136, 138; aus dem Schrifttum etwa W. Mayer Valutaschuld, 50. Krit. zur Praxis des Reichsgerichts, dessen quantitative Maßstäbe stark variierten (Übersicht in RGZ 147, 2300
286, 290 f), Nussbaunt Aufwertungstheorie, 24 ff. 2304 So aber G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 106; vorsichtiger dagegen in MünchKommBGB3, § 242 Rn 597. 2305 Etwa RGZ 145, 51, 55; 147, 377, 380; 163, 324, 333 f; RG WarnR 1936 Nr 33 (65, 68). 2306 RGZ 120, 70, 75 f; 141, 212, 218 f; 145, 51, 55; 154, 187, 192; RG WarnR 1933 Nr 112 (226, 228); eingehend dazu W. Mayer Valutaschuld, 50 ff; Haussmann BankArch 33 (1933/34) 26, 27 ff. 2307 RGZ 141, 212, 217 ff; 147, 286, 289; 163, 324, 333 f.
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
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bezogen, wiesen überdies in doppelter Hinsicht Besonderheiten auf, kraft derer sich eine verallgemeinernde Differenzierung zwischen Heimwährungsschulden und Fremdwährungsverbindlichkeiten verbietet.
a)
Gescheiterte 'Wertsicherungen besonderer Art
So ging es jeweils um gescheiterte Wertsicherungen und die damit einhergehenden Außenwertverluste einer Fremdwährung. Die Parteien hatten das britische Pfund bzw. den US-Dollar statt ihrer Heimwährung 2 3 0 8 als Wertmesser der Schuld (Schuldwährung 2309 oder Berechnungswährung) 2 3 1 0 gewählt, weil sie auf die durch eine feste Golddeckung vermittelte Wertstabilität dieser Währungen vertrauten. 2 3 1 1 Nachdem Großbritannien im September 1931 und die USA im April 1933 die Goldeinlösungspflicht ihrer Notenbanken aufgehoben hatten (und die Außenwerte von Pfund und Dollar infolgedessen beträchtlich zurückgegangen waren), erwiesen sich die vereinbarten Klauseln zur Erfüllung der ihnen zugedachten Aufgabe, nämlich zur Koppelung des Schuldumfangs an den Goldwert, als ungeeignet. Scheitert aber die beabsichtigte Wertsicherung, weil sich der zulässigerweise gewählte Maßstab als zur Zweckerreichung untauglich herausstellt, kommt eine betragsmäßige Korrektur der Geldschuld unter erleichterten Voraussetzungen in Betracht, und zwar im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB). Die Parteien haben immerhin durch ihre (rückschauend als unzureichend erwiesene) Stabilisierungsabrede der gemeinsamen Vorstellung Ausdruck verliehen, das Risiko von Geldwertschwankungen in bestimmter Weise zu eliminieren. 2312 Ob der gewünschte Sicherungseffekt durch eine Roggenklausel, 2313 eine Goldklausel, eine sonstige Sach- oder Leistungswertklausel oder aber mittels einer Fremdwährungsabrede erzielt werden sollte, spielt keine Rolle. Entscheidend ist allein, daß im Regelungsplan der Parteien ein bestimmtes Sicherungsziel enthalten ist 2308 In RGZ 141, 212 ff; 145, 51 ff; 147, 286 ff; 155, 133 ff waren jeweils beide Parteien Deutsche; in RGZ 163, 324 ff ging es um den Abfindungsanspruch des aus einer tschechoslowakischen Gesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafters. 2309 RGZ 141, 212 ff; 145, 51 ff; 147, 286 ff; 155, 133 ff; RG WarnR 1936 Nr 33 (65 ff). 2310 RGZ 163, 324 ff; RG WarnR 1934 Nr 98 (212 ff). 2311 Vgl etwa die Formulierung in RGZ 141, 218 f: „...einer ausländischen Währung, die von den Vertragschließenden um ihrer vermeintlichen Unerschütterlichkeit willen freiwillig aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung zum Gegenstand des dem deutschen Recht unterstehenden Vertrages gemacht worden war"; zur Interessenlage ferner RGZ 155, 133, 135 f; RG WarnR 1934 Nr 98 (212, 213). 2312 Warneyer DStZ 1932, 102, 104; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 183; die in derartigen Fällen mögliche ergänzende Vertragsauslegung geht dem Rückgriff auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage vor; BGHZ 81, 135, 143; H. Köhler BGB AT, 186 f; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 29 ff; Emmerich Recht der Leistungsstörungen, 317 f; Larenz Geschäftsgrundlage, 159 f;
ders BGB AT, 545 f. 2313 Die Rechtsprechung zu den „Roggenklauseln" betraf einen Problemkreis, der dem hier behandelten sehr nahe steht. Abreden des Inhalts, der Gläubiger könne statt des festgesetzten Geldbetrages eine bestimmte Menge Roggen verlangen, waren nicht nach § 3 S 2 WährG genehmigungspflichtig (dazu Dürkes Wertsicherungsklauseln, 305 ff), erwiesen sich jedoch als ungeeignet zur Wertsicherung, nachdem der Roggenpreis als Folge der EG-Agrarmarktordnung durch staatliche Maßnahmen stabil gehalten wurde, an der allgemeinen Preisentwicklung also nicht mehr teilnahm; siehe BGHZ 81, 135 ff; OLG Celle WM 1969, 1026 ff; LG Lübeck NJW 1976, 427 f; H. Hartmann NJW 1976, 428 f.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
und gemessen an dieser Zielsetzung die vertragliche Regelung sich nachträglich als planwidrig unvollständig erweist. Im Falle einer solchermaßen festzustellenden Regelungslücke ist es unter Heranziehung des hypothetischen Parteiwillens geboten, die getroffene Regelung so zu vervollständigen, daß der Regelungsplan, wenn auch u.U. in modifizierter Weise, durchführbar bleibt. 2314 Besonderheiten für Valutaschulden lassen sich dabei nicht feststellen. Wenn die Parteien eine ausländische Währung als Schuldwährung bestimmen, so können sie damit spezielle Wertsicherungszwecke verfolgen, sie müssen es jedoch nicht. 2315 In den meisten Fällen, in denen die für den Gläubiger fremde Währung an Außenwert eingebüßt hat, wird eine ergänzende Vertragsauslegung ausgeschlossen sein. Es fehlt an einer Regelungslücke, 2316 weil die Parteien mit der Währungsbestimmung keinen weitergehenden gemeinsamen Plan verwirklichen wollten als den, daß der wirtschaftliche Wert der Geldschuld vom jeweiligen Wert der gewählten Valuta abhängen soll.2317 Entsprechendes gilt für Valutawertschulden. Der Wertsicherungszweck liegt hier zwar offen zutage. Doch erschöpft er sich meist ebenfalls darin, den Schuldwert an den Wert der Fremdwährung und ihr wirtschaftliches Schicksal zu koppeln. Dann aber geht es bei Geldwertschwankungen nicht mehr darum, die getroffene Regelung dem Regelungsplan anzupassen (§ 157 BGB), sondern um eine Korrektur des Regelungsplans selbst. 2318 Und dies wiederum setzt nach § 242 BGB voraus, daß ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist; unterhalb dieser Schwelle hat die Vertragstreue Vorrang. 2319 Realisieren sich Außenwertrisiken bei frei floatenden (Papiergeld-)Fremdwährungen, so fällt dies nach dem Gesagten regelmäßig bis zur Unzumutbarkeitsgrenze in den Verantwortungsbereich der davon betroffenen Partei 2320 - nicht anders als auch das Kaufkraftrisiko einer jeden Vertragswährung im genannten Umfang individuell übernommenes oder normativ zugewiesenes Gläubigerrisiko ist. 2321 Etwas anderes läßt sich ausnahmsweise erwägen (hier findet sich auch heute noch eine Parallele zu den angesprochenen Entscheidungen des Reichsgerichts), wenn die Parteien eine bestimmte Währung um ihrer Währungsgrundlage willen gewählt haben und diese Grundlage später wegfällt oder wesentlich geändert wird. In den Fällen des RG war Währungsgrundlage eine feste Goldparität, heute mögen die Vertragspartner von einer unveränderlichen Parität der Vertragswährung an eine andere Währung (des österreichischen Schilling - bis Anfang 1995 - oder des restjugoslawischen Dinars an die DM, des argentinischen Peso an den US-Dollar etc.) oder an einen bestimmten Währungskorb (des ungarischen Forint gegenüber ECU und US-Dollar) ausgegangen sein. Eine gemeinsame Parteivorstellung dieser Art dürfte allerdings in einer Zeit, in der marktmäßige Außenwertschwankungen und Paritätsänderungen nicht Ausnahme, sondern Regel sind, nur selten
2314 Larenz BGB AT, 538, 544 ff, dort auch zum Phänomen des „überschießenden Sinngehalts" der Vertragserklärungen; ders SchuldR I, 332; Dilcher in Staudinger12, §§ 133, 157 Rn 40 f. 23ls v. Westphalen Exportfinanzierung, 90. 2316 Ähnlich Haussmann BankArch 33 (1933/34) 26, 29 f, der die genannte Unterscheidung jedoch im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nutzbar machen will. 2317 Etwa OLG Danzig JW 1933, 1273, 1274. 2318 Larenz BGB AT, 545. 2319 Dilcher in Staudinger12, §§ 133, 157 Rn 40; H. Köhler BGB AT, 186. 2320 Flume BGB AT/2, 520 und dort Fn 66. 2321 G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 242 Rn 604; Larenz BGB AT, 545.
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anzutreffen sein. Für eine richterliche Festlegung der „idealen Wertsicherungsklausel" fehlt jeder Raum. 2 3 2 2
b)
Unvorhersehbare hoheitliche Währungseingriffe
Ein weiterer Gesichtspunkt, der die niedrige Zugriffsschwelle in den vom Reichsgericht entschiedenen Fremdwährungsfällen erklärt und zugleich deren Sondercharakter unterstreicht, hängt ebenfalls eng mit den Ursachen der damaligen Kursstürze von Pfund und Dollar zusammen, ist jedoch von der reinen Wertsicherungsproblematik zu trennen. 2323 Tatsächlich war es für das Reichsgericht zumindest mitentscheidend, 2324 daß das vertraglich vorausgesetzte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung durch einen unvorhergesehenen und unvorhersehbaren Akt des Währungsgesetzgebers statt durch die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse verändert worden ist. 2325 In R G Z 147, 2 8 6 , 2 9 0 wird das Reichsgericht noch deutlicher, wenn es als wesentlich ansieht, „daß die Loslösung des amerikanischen Dollars von seinem Goldwert nicht, wie seinerzeit der Verfall der deutschen Währung aus der Not der Zeiten und der Wirtschaftslage hervorgegangen, sondern im Wege der Gesetzgebung ohne Zwangslage und zur Erreichung bestimmter Zwecke verfügt worden ist, ,..". 2 3 2 6 Das Schrifttum der 30er Jahre nahm teilweise sogar an, der erleichterte Aufwertungsanspruch bzw. (in der damaligen Terminologie) „Ausgleichsanspruch" in den Fällen der Pfund- und Dollarentwertung rechtfertige sich ohne weiteres bereits daraus, daß der fremde Währungsgesetzgeber trotz Beibehaltung des technischen Nennwertprinzips die Grundlagen seiner Währung erheblich verändert habe. 2327 Ein solches Vorgehen entspreche wirtschaftlich einer Währungsänderung und legitimiere daher den deutschen Richter unter deutschem Recht als Schuldstatut zu einer wertentsprechenden Umwertung der Valutaschuld, ohne daß die Geldentwertung einen beträchtlichen Umfang angenommen haben müsse. 2328 2322
K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 183.
Insoweit zutr W. Mayer Valutaschuld, 71 f Fn 2 8 ; siehe auch die Bewertung von Mann NJW 1974, 1297, 1 2 9 9 ; ferner Unge in FS Giesecke, 21, 38 und dort Fn 85. 2 3 2 4 Wertsicherungsüberlegungen bildeten für das RG zwar ein ausschlaggebendes Moment, der Weg der ergänzenden Vertragsauslegung wurde jedoch nicht eingeschlagen, was im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage den Rückgriff auf zusätzliche Erwägungen erklären mag. RGZ 141, 212, 2 1 7 : „... ist nach den Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer Fortdauer der zur Zeit des Vertragsschlusses vorhandenen Eigenschaft des englischen Pfundes als goldsicherer Goldkernwährung im vorliegenden Fall weder stillschweigend noch ausdrücklich zum Inhalt des Kaufvertrages erhoben, sondern nur zur Vertragsgrundlage im Sinne der Ausgleichsrechtsprechung gemacht worden". 2 3 2 5 RGZ 147, 212, 2 1 8 f 2 3 2 6 Siehe ferner RGZ 141, 212, 2 1 8 ; 163, 324, 334. 2323
2327
W. Mayer Valutaschuld, 68 ff; Mügel DJZ 1932, Sp. 26, 30; ders DJZ 1933, Sp, 743, 746; ders
J W 1934, 513, 5 1 6 ff; vgl auch Warneyer DStZ 1932, 102, 104. 2328 Mügel DJZ 1933, Sp. 743, 7 4 6 etwa befürwortet für das deutsche Recht eine Bestimmung folgenden Inhalts: „Im Falle einer wesentlichen Veränderung der Grundlagen der Währung, in denen eine Geldschuld begründet worden ist, gebührt dem Gläubiger der Wert, den die Geldschuld zur Zeit ihrer Begründung hatte. Die Grundsätze, nach denen dieser Wert zu bestimmen ist, hat das Gesetz aufzustellen; geschieht dies nicht, so erfolgt die Bestimmung nach richterlichem Ermessen".
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Auf Basis der hier aufgestellten Prämissen kann dieser Meinung freilich nicht gefolgt werden. Eine Währungsänderung setzt die Durchbrechung des geldwerttheoretischen Nennwertprinzips voraus und wird dann über das Währungsstatut angeknüpft. 2329 In den vom RG behandelten Fällen war demgegenüber zu entscheiden, wie das deutsche Recht auf eine als Datum zu akzeptierende 2330 Außenwertverschlechterung der vereinbarten Währung reagiert. Eine freie Umwertung verbietet sich dabei schon deshalb, weil eine klare Abgrenzung zwischen reinen Marktursachen und den vielfältigen Formen staatlicher Einflußnahmen auf den Geldwert - von der unmittelbaren Paritätsänderung über (sonstige) Interventionen an den Devisenmärkten bis hin zu mittelbaren Einwirkungen wirtschaftspolitischer Art (Zinspolitik, Außenhandelspolitik etc.) - kaum so überzeugend zu bewerkstelligen sein dürfte, daß es sich rechtfertigen ließe, hieran unterschiedliche aufwertungsrechtliche Folgen zu knüpfen. 2331 Was bleibt, ist jedoch die Überlegung, daß es im Rahmen des Abwägungskriteriums Unzumutbarkeit und mehr noch in dem der Vorhersehbarkeit durchaus eine Rolle spielen kann, wodurch der konkrete Kurseinbruch verursacht wurde. Mit einschneidenden Änderungen der Währungsgrundlage seitens des Währungsgesetzgebers muß regelmäßig weniger gerechnet werden als mit „reinen" Marktschwankungen. Freilich ist auch diese Aussage von relativem Wert; es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Plötzliche Spekulationswellen an den Devisenmärkten können das vorhersehbare Maß an Außenwertschwankungen ebenso übersteigen wie sich Paritätsänderungen wegen ihrer bislang zu beobachtenden Regelmäßigkeit oder wegen Verschiebung der wirtschaftlichen Rahmendaten als ohne weiteres vorhersehbar darstellen mögen. Der Gesichtspunkt der Unvorhersehbarkeit, nicht die Qualifikation der Ursache als staatliche, rechtfertigt die vergleichsweise niedrige Zugriffsschwelle in den vom RG entschiedenen Fremdwährungsfällen. 2332
2329 S 205 ff. In gewisser Weise mit den RG-Fällen vergleichbar ist auf den ersten Blick die Situation eines vom Währungsgesetzgeber angeordneten differenzierten Umstellungsverhältnisses, bei dem der rekurrente Anschluß nicht eindeutig von gleichzeitig erfolgenden Auf- und Abwertungen unterschieden werden kann (siehe dazu S 212 ff)· Nimmt man an, die materiellrechtliche Verweisung beziehe sich dann auf sämtliche Umstellungsverhältnisse, stellt sich die Frage nach einer etwaigen Korrektur gemäß § 242 BGB. Dennoch ist die Rechtslage bei näherem Zusehen eine andere. Die angesprochene Gesamtverweisung hat lediglich Auffangcharakter. An sich sind Wertverschiebungen Sache des Schuldstatuts. Kann das wirkliche Anschlußverhältnis ermittelt werde, erschöpft sich darin (vorbehaltlich etwaiger Eingriffsnormen des Währungsstaates) die Verweisung auf die lex monetae. Deutsches Recht läßt den Schuldwert unberührt, und auf ausländisches Auf- oder Abwertungsrecht wird nicht verwiesen. 2330 S 197 ff. 2331 Vgl RGZ 141, 212, 217; aber auch G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 93 f, der erwägt, Nachteile aus einer Paritätsänderung der Partei zuzuweisen, die mit der betreffenden Währung am engsten verbunden war. Daß eine hoheitliche Währungsänderung nicht per se als Geschäftsgrundlagenstörung zu begreifen ist, wird auch in Art 3 S 1 der EU-Ratsverordnung Nr. 1103/97 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro (Abi L 162/1 v. 19.6.1997) klargestellt. Dort heißt es: „Die Einführung des Euro bewirkt weder eine Veränderung von Bestimmungen in Rechtsinstrumenten oder eine Schuldbefreiung noch rechtfertigt sie die Nichterfüllung rechtlicher Verpflichtungen, noch gibt sie einer Partei das Recht, ein Rechtsinstrument einseitig zu ändern oder zu beenden". Und Abs 1 S 3 der Begründung des weitgehend wortgleichen Kommissionsvorschlags - 96/0249 (CNS), KOM (96) 499endg. - lautet: „Da die WWU weder als unvorhersehbares Ereignis bezeichnet werden kann, noch eine schwerwiegende Veränderung der Umstände darstellt, rechtfertigt es die Einführung des
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Im Ergebnis lassen sich nach alledem aus der privatrechtlichen Bewältigung der Geldwertprobleme, die durch die Wechselkursverluste von Pfund und Dollar in den 30er Jahren ausgelöst wurden, keine Schlüsse zu Gunsten einer generell geringeren Anpassungsschwelle bei Valutaschulden im Vergleich zu Heimwährungsverbindlichkeiten ziehen weder was Außen- noch was Binnenwerteinbußen anbelangt.
3.
I n t e r e s s e n i d e n t i t ä t bei D M - u n d V a l u t a s c h u l d e n
Z u r Stützung der These, stabilitätspolitische Interessen rechtfertigten währungsverschiedene Anpassungskriterien im Rahmen des S 242 BGB, mag man heute insbesondere § 3 S. 2 W ä h r G in Feld führen. Gerade die Existenz dieser Vorschrift aber kann in ambivalentem Sinne gewertet werde. Einerseits ließe sich der Umstand, daß Valutaschulden im Gegensatz zu DM-Verbindlichkeiten beliebig valorisiert werden dürfen, dahingehend interpretieren, der solchermaßen dokumentierte Wertungsunterschied müsse auch im Rahmen der bei Geldwertveränderungen zulässigen Aufwertung nach § 242 BGB seine Entsprechung finden. 2333 Wobei man dann noch darüber streiten mag, inwieweit die N o r m neben Binnenauch Außenwertverluste der deutschen Währung aufwertunggsresistent ausgestaltet. Andererseits spricht wohl mehr für die Annahme, daß es erst S 3 S. 2 W ä h r G selbst ist, in dem sich das besondere öffentliche Interesse an der Stabilität der D M niederschlägt, 2334 wohingegen das schuldrechtliche Nennwertprinzip, dessen Wertungen den Aufwertungstatbestand mitprägen, Ausdruck anderer Interessen ist, nämlich des Interesses an weitgehender Rechtsklarheit und Rechtssicherheit - auf Seiten der Parteien des konkreten Schuldverhältnisses 2335 wie auch auf Seiten des gesamten Geld- und Wirtschaftsverkehrs. 2 3 3 6 Soweit es sich dabei zugleich um Interessen der Allgemeinheit handelt (Funktionsfähigkeit einer ordnungsgemäßen Wertrechnung mit Geld) 2337 , legen sie gerade keine Differenzierung zwischen Heimwährungs- und Fremdwährungsverbindlichkeiten nahe. Gewährleistet werden soll die betragsmäßig verläßliche Abwicklung aller unter deutschem Recht wirksam begründeten Geldsummenschulden ohne Rücksicht auf die Währung, auf die sie lauten. Dort, w o der deutsche Gesetzgeber öffentlichen Interessen an der Steuerung des betragsmäßigen Umfangs von Geldschulden speziell in deutscher Währung zum Durchbruch verhelfen wollte, hat er stets zu besonderen Normierungen des strikten Nominalismus gegriffen. Neben § 3 S. 2 W ä h r G sei etwa auf das im „Mark-gleich-Mark-Gesetz" von 1947
Euro nicht, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage („principle of frustration" bzw „theorie de l'imprévision") oder Rechtsinstitute mit ähnlicher Wirkung zu berufen". Sollte es im Anschluß an die Einführung des Euro zu Geldwertverwerfungen größeren Ausmaßes kommen, verhindert Art 3 der künftigen Verordnung die Heranziehung des § 242 BGB jedoch nicht; siehe Schneider DB 1996, 2477, 2480. 2,33 Zur Heranziehung des § 3 S 2 WährG als Wertungsgrundlage im Rahmen des § 242 BGB BGH NJW 1976, 142 f; vgl zuvor bereits BGH LM Nr 34, 39, 49 (Bb) zu § 242 BGB; BGH WM 1969, 64, 65; 1974, 427, 428. 2334 f. Maydell Geldschuld und Geldwert, 68, 157; den in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 21; wohl auch Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 252. 2335 Simitis Inflationsbewältigung, 49, 60. 2336 Vgl Reichert-Facilides JZ 1969, 617, 620; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 31, aber auch Rn D 39; ferner S 73 ff. 2337 Etil Inflation, 28; K. Schmidt in Staudinger11, Vorbem zu § 244 Rn D 40.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
enthaltene Aufwertungsverbot 2338 sowie auf das differenzierte Umstellungsverhältnis bei Schaffung der Einheit Deutschlands hingewiesen, bei dem es sich in Wahrheit um ein aus sozialpolitischen Gründen erfolgtes differenziertes Aufwertungsverhältnis handelte. 233 ' Auch der BGH hat mittlerweile den seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Ansatz fallengelassen, die Grenzen des schuldrechtlichen Nominalismus seien (auch) unter Rückgriff auf § 3 S. 2 WährG zu bestimmen. Heute stützt er sich nurmehr auf die Kriterien der individuellen Risikoübernahme und der normativen Risikozuweisung mit ihren Beschränkungen durch die Vorhersehbarkeit der eingetretenen Entwicklung und die Zumutbarkeit ihrer Folgen für die belastete Partei. 2340 In BGHZ 86, 167, 169 etwa heißt es, es falle unter das normale Risiko bestimmter langfristiger Verträge (in casu ging es um einen Erbbaurechtsvertrag), daß sich die Verhältnisse, die den Wert der vereinbarten Leistungen beeinflussen, während der Vertragsdauer zu Gunsten des einen oder anderen Vertragspartners ändern. Der BGH weiter: „Eine Äquivalenzstörung kann in solchen Fällen ein Anpassungsverlangen nur dann rechtfertigen, wenn das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung (oder jedenfalls das ursprünglich zugrunde gelegte Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) so stark gestört ist, daß die Grenze des übernommenen Risikos überschritten wird und die benachteiligte Vertragspartei in der getroffenen Vereinbarung ihr Interesse nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen kann". Selbst wenn man an der Auffassung festhielte, dem schuldrechtlichen Nominalismus des deutschen Privatrechts liege (auch) das öffentliche Interesse an der Stabilität der deutschen Währung zugrunde, wäre es keineswegs zwingend anzunehmen, Valutaschulden seien bei Binnen- und Außenwertveränderungen durchgängig unter erleichterten Voraussetzungen nach § 242 BGB aufwertungs- bzw. „ausgleichs"fähig. Nicht nur daß möglicherweise auch dann allein schon der Rechtssicherheitsgedanke die Gleichbehandlung zwischen DM- und Valutaschulden verlangen könnte. 2341 Vertragliche Zahlungsverbindlichkeiten, denen ein gewisses Zeitmoment innewohnt, zählen überdies zu den Schuldverhältnissen, die für jene Partei, für die die Währung fremd ist (und das kann sowohl eine ausländische als auch die deutsche Währung sein), erkennbar durch eine besondere Risikostruktur gekennzeichnet sind, abhängig im Einzelfall u.a. davon, ob und inwieweit der Wechselkurs der Schuldbzw. Berechnungswährung frei floatet oder hoheitlich fixiert ist. Die auftretenden Kursrisiken können insbesondere im kaufmännischen Verkehr von der betroffenen Partei kalkulatorisch erfaßt oder durch Sicherungen kompensiert werden. Schutzvorkehrungen, so hebt Simitis mit Recht hervor, sind genauso eine höchstpersönliche Angelegenheit der Parteien wie die Umschreibung der eigentlichen vertraglichen Verpflichtungen. 2342 Anlaß zu einer der Geldentwertung Rechnung tragenden Anpassung gibt es im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nur jenseits des Bereichs der nach Lage der Dinge bei Vertragsschluß voraussehbaren und deckungsfähigen Valutarisiken. Trotz aller Bereitschaft, die quantitative Zugriffsschwelle von stabilitätspolitischen Interessen abhängig zu machen, würde daher die erleichterte Anpassung des Schuldbetrages bei Außenwertverlu2338
Siehe Fn 2279. S 214 f, 218 f mit Fn 1317. 2340 BGHZ 77, 194, 198 f; 86, 167, 169 f; 90, 227, 228; 91, 32, 34 f; 96, 371, 373 ff; 97, 171, 174 ff; siehe ferner OLG Hamburg OLGZ 1990, 65, 66 ff. 2341 Auf den Aspekt der Rechtssicherheit hat der BGH auch schon früher neben stabilitätspolitischen Überlegungen hingewiesen; BGH NJW 1976, 142. 2339
2342
Simitis Inflationsbewältigung, 49, 59; vgl auch Heinrich Lange FS Giesecke, 21, 38.
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
375
sten einer fremden Schuld- bzw. Berechnungswährung gegenüber der Heimwährung des Gläubigers häufig daran scheitern, daß sich in dem geringeren M a ß des eingetretenen Außenwertrückgangs nur das vertraglich übernommene bzw. normativ zugewiesene Risiko realisierte. 2343 Im Falle gesetzlicher Fremdwährungsverbindlichkeiten, die auf eine feste Geldsumme lauten, erweist sich die Situation als ähnlich. Nur ist es hier von vornherein die gesetzliche Wertung, die eine bestimmte Zuordnung „normaler Geldwertrisiken" statuiert, indem die Schuld als Nennbetrags- statt als Geldwertschuld ausgestaltet ist. Ein Umstand, der nach Auffassung mancher das Bedürfnis nach betragsmäßiger Anpassung ohnehin von vornherein erheblich einschränkt. 2344 Damit würden für eine grundsätzlich erleichterte Aufwertung praktisch nur jene Fälle verbleiben, in denen die im Wert gesunkene ausländische Währung für den Gläubiger nicht fremd ist, insbesondere dann also, wenn sein Wirtschaftsmittelpunkt im Währungsstaat liegt und es darum geht, welche Binnenwertrisiken er zu tragen hat. Doch müssen die Befürworter einer schematisch niedrigeren Aufwertungsschwelle bei Valutaschulden damit rechnen, daß die Gerichte des Währungsstaates ein derartiges Verständnis des § 2 4 2 B G B als unvereinbar mit ihrem ordre public betrachten, 2345 dann nämlich, wenn auch der Valutaschuldner im Währungsstaat ansässig ist und deshalb eine Weitergabe der nominellen Mehrbelastung an den dortigen Wirtschafts- und Geldkreislauf droht. Gefährdet wäre infolgedessen der internationale Entscheidungseinklang, aber auch die Vollstreckbarkeit deutscher Urteile im Schuldnerstaat. Im Ergebnis spricht somit alles dafür, die Anpassung von Valutaschulden an Geldwertveränderungen anhand der gleichen Regeln vorzunehmen wie die Anpassung von D M Verbindlichkeiten, auf eine prinzipielle Differenzierung nach Maßgabe währungspolitischer Stabilitätsinteressen mithin zu verzichten.
III. Z u r Differenzierung zwischen Ausgleich und Aufwertung 1.
A u s g l e i c h s a n s p r ü c h e bei Austauschverträgen
a)
Voraussetzungen - Kein allgemeingültiger objektiver Schwellenwert
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß das Reichsgericht in seiner Rechtsprechung zur Anpassung von Fremdwährungsverbindlichkeiten an Geldwertveränderungen zwischen Aufwertungs- und Ausgleichsansprüchen unterschieden hat. Diese Terminologie soll den Ausgleich als eine besondere, wenngleich unter den Bedingungen der schleichenden Inflation für die Praxis im Vordergrund stehende Fallgruppe der Individualaufwertung nach § 2 4 2 B G B hervorheben. Auch der Ausgleichsanspruch zielt auf Aufwertung einer Geldschuld, d.h. auf die geldentwertungsbedingte unkonsensuale Erhöhung der primären Lei-
2 3 4 3 Dies wird eingeräumt von G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 107; ebenso Flume BGB AT/2, 520 und dort Fn 66. 2344 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 102, D 143. 2 3 4 5 Ebenso bereits G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 107.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
stungspflicht, nicht auf Schadensersatz i.S.d. §§ 2 4 9 ff. BGB. 2 3 4 6 Allerdings erweist die Aufwertung sich hierbei als Rechtsfolge einer von § 2 4 2 B G B erfaßten grundlegenden Störung des Äquivalenzverhältnisses bei gegenseitigen Verträgen. Oder um die Formulierung des Reichsgerichts aus einer Fremdwährungsentscheidung zu gebrauchen: „Der auf § 2 4 2 B G B gestützte Ausgleichsanspruch ist in der Rechtsprechung bei gegenseitigen Verträgen dann gewährt worden, wenn sich infolge einer wesentlichen Veränderung der Geschäftsgrundlage bei noch nicht beiderseits abgewickelten Verträgen das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung so erheblich verschoben hat, daß es als mit Treu und Glauben nicht vereinbar erscheint, wenn der Zahlungspflichtige den Berechtigten mit einer Gegenleistung abfinden könnte, die dessen Leistung in keiner Weise entspricht." 2 3 4 7 Angesichts der gebotenen Einzelfallabwägung, bei der Kriterien wie Zumutbarkeit, Voraussehbarkeit und Schuldzweck eine Rolle spielen, versprechen alle Versuche, einen allgemeingültigen prozentualen Schwellenwert der Geldentwertung als objektive Erheblichkeitskomponente zu fixieren, von vornherein nur einen sehr begrenzten Ertrag. Zur Verdeutlichung sei neben den Fremdwährungsfällen des R G auf folgende Beispiele verwiesen. Die im März 1 9 6 1 erfolgte Aufwertung der D M gegenüber dem US-Dollar 2 3 4 8 um 4 , 7 6 % genügte dem B G H nicht, um dollarwertgekoppelte DM-Verbindlichkeiten zwischen Deutschen 2 3 4 9 nach den Regeln über die Änderung der Geschäftsgrundlage aufzuwerten. 2350 Aber selbst bei einer solchen - verhältnismäßig geringen - Außenwertänderung kann dem B G H zufolge eine grundlegende Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung „unter besonderen Umständen" in Betracht kommen. Nur genügt es hierfür nicht, wenn der Gläubiger ohne genauere Substantiierung lediglich vorträgt, er habe scharf kalkuliert und werde ohne Ausgleich einen außerordentlich fühlbaren Verlust erleiden. 2351 Die konkrete Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Gläubigers dagegen ist ein Umstand, der bei einem großen Vertragsvolumen trotz mäßiger prozentualer Geldwerteinbußen einen Ausgleich nahelegen kann. 2 3 5 2 In den Erbbauzinsfällen demgegenüber hält der B G H nunmehr dafür, der Gläubiger (Grundstückseigentümer) trage das Risiko bis zu einem Geldwertschwund von 6 0 % . 2 3 5 3 Ins Gewicht fällt bei dieser Konstellation besonders, daß es sich um Verträge mit einer Laufzeit von mehreren Jahrzehnten handelt und ein gewisses M a ß an Geldentwertung vorhersehbar ist, also zum normalen Risiko derartiger
2 3 4 6 Untechnisch zu verstehen ist deshalb die Formulierung, es gehe um den Ausgleich der durch die Geldentwertung entstandenen Schäden; vgl etwa OLG Danzig JW 1933, 1273, 1274; Warneyer DStZ 1932, 102. 2 3 4 7 RGZ 163, 324, 333 f, stRspr. 2 3 4 8 Geändert wurde die Goldparität der DM, was nach dem seinerzeit geltenden Fixkurssystem von Bretton Woods zu einer automatischen Änderung des DM-Außenwertes gegenüber den Währungen der übrigen Mitgliedstaaten einschließlich der USA führte; zum Wechselkurssystem von Bretton Woods siehe H.J. Hahn Währungsrecht, 174 ff und S 82 ff. 2 3 4 9 Im Gegensatz zu den auf S 368 ff behandelten Fällen wurde die Fremdwährung hier nicht zu Wertsicherungszwecken vereinbart. 2 3 5 0 BGH WM 1965, 843, 845. 2 3 5 1 BGH WM 1965, 843, 845 f. 2 3 5 2 BGH aaO; vgl ferner RGZ 98, 18, 21; 99, 258, 259 f; 100, 134, 136 f; K. Schmidt in Staudinger 13 , Vorbem zu § 244 Rn D 108; Emmerich Recht der Leistungsstörungen, 320 f. 2 3 5 3 BGHZ 90, 227, 2 2 9 ; 91, 32, 34 f; 97, 171, 175.
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
377
Verträge zählt. 2 3 5 4 Ebensowenig verallgemeinern läßt sich die Rechtsprechung zur Anpassung von Ruhegeldbezügen. 2355 Bevor im Jahre 1 9 7 4 § 16 BetrAVG geschaffen und damit alle Arbeitgeber verpflichtet wurden, im Turnus von drei Jahren laufende Ruhegeldleistungen auf ihre Anpassungsbedürftigkeit hin zu überprüfen, hatte das Bundesarbeitsgericht ein Ausgleichsverlangen bei einer Geldentwertung von 4 0 % dem Grunde nach für berechtigt erklärt. 2 3 5 6 Späteren Urteilen des B G H genügte ein Geldwertschwund von 3 3 % . 2 3 5 7 Der Versorgungscharakter der vom Schuldner versprochenen Geldleistung ist es jedoch, der für diese Entscheidungen leitend war und eine schematische Übertragung auf andere Verträge mit langer Laufzeit ausschließt. 2358 Von manchen nun wird die Ansicht vertreten, man werde, jedenfalls sofern besondere Umstände fehlen, bei einem üblichen Austauschvertrag die Störung des Aquivalenzverhältnisses dann ernstlich erwägen müssen, wenn die Geldleistung um mehr als 5 0 % entwertet sei. 2 3 5 9 Auch eine derartige, durch den Vorbehalt „besonderer Umstände" stark relativierte Quantifizierung dürfte jedoch die Entscheidung im Einzelfall nicht leichter machen als die Arbeit mit der Generalklausel von Treu und Glauben. Entscheidend ist bei jeder Quantifizierung überdies, wie die Geldwertentwicklung in der (unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelten) Heimwährung des Gläubigers zum Ausdruck kommt, was wiederum nur ein Anzeichen dafür bildet, ob und wie stark von einer Belastung des Gläubiger wirklich gesprochen werden kann. 2 3 6 0 Ist die Schuldwährung für den Gläubiger fremd, darf nicht etwa deren Außenwertverlust zum allgemeinen Maßstab erhoben werden. Noch weniger ist es zulässig, auf die Differenzinflationsrate zwischen Schuld- und Gläubigerwährung zurückzugreifen. Letzteres folgt bereits daraus, daß Außenwertverluste der Schuldwährung zwar Spiegelbild der Differenzinflationsrate sein können, es aber nicht sein müssen. Die Belastung des Geldgläubigers kann ohnehin auch bei konstanter Außenwertentwicklung unzumutbar werden, dann nämlich, wenn die gemeinsame Basisinflationsrate beider Währungen ein bestimmtes Niveau erreicht. 2 3 6 1 Häufig wird es auch erst im Zusammenwirken von Binnenwertverlusten der Gläubigerwährung und Außenwerteinbußen der Schuldwährung zu einer unerträglichen Äquivalenzstörung 2 3 5 4 Der Umfang der Aufwertung soll sich am Mittelwert aus der Entwicklung der Lebenshaltungskosten und dem Index der Arbeitnehmereinkommen seit Vertragsschluß orientieren; krit. G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 242 Rn 567 a. 2 3 5 5 Zum Gegenseitigkeitsverhältnis in derartigen Fällen Bettermann RdA 1975, 2, 8; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 166. 2 3 5 6 BAG NJW 1973, 959, 960 ff. 2 3 5 7 BGH WM 1977, 53 f; BGH GmbHR 1981, 241, 242. 2358 Horn Geldwertveränderungen, 16 erachtet derartige prozentuale Festlegungen als fallbedingte Zufälligkeiten. 2359 v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 19; Erti Inflation, 241; Wieacker FS Wilburg, 229, 2 5 1 ; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 145; dagegen spricht sich Kegel Verh. 40. DJT I, 135, 199 ff, 202 für die Erforderlichkeit einer Wertveränderung von mindestens 2 5 % aus. 2360 Q e r a d e i, e ¡ Verbindlichkeiten in einer für den Gläubiger fremden Währung muß natürlich geprüft werden, inwieweit Außenwertverluste die Gläubigerinteressen wirklich tangieren. In diesem Zusammenhang spielt es eine Rolle, wie die Fremdwährungssumme (für den Schuldner erkennbar) verwendet werden sollte, zum Umtausch in Heimwährung (Stichwort: Wertsicherung) oder etwa zur Tilgung währungsgleicher Valutaschulden; vgl auch RGZ 141, 212, 219 f sowie sogleich im Text auf S 3 7 9 ff. Die §§ 2 4 9 ff BGB sind freilich unanwendbar, weshalb die auf S 642 ff der Untersuchung erörterten Grundsätze nur mit starken Einschränkungen herangezogen werden können. 2 3 6 1 Vgl auch W. Braun Geldwertsicherung, 61.
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
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kommen. Heimwährungs- und Fremdwährungsrisiken sind es dann, die sich gemeinsam realisieren. Sie gleichwohl zu unterscheiden ist schon deshalb geboten, weil es im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung ganz unterschiedlich eingeschätzt werden kann, ob die jeweilige Entwicklung voraussehbar war, wer inwieweit das jeweilige Risiko übernommen hat, etc. Zu einer derart ausdifferenzierten Prüfung gelangt freilich nur, wer sich vorab Klarheit darüber verschafft, welche Geldentwertungskräfte im konkreten Fall in welchem Umfang das wirtschaftliche Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung stören.
b) aa)
Rechtsfolgen Instrumentarium
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor, bestimmen sich die kraft Gesetzes eintretenden 2362 Rechtsfolgen danach, wie weit ein Festhalten am ursprünglichen Vertragsinhalt den Parteien äußerstenfalls noch zumutbar ist.2363 Zumutbarkeitserwägungen finden sich folglich - wenn auch mit unterschiedlichem Inhalt sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite des § 242 BGB. Mit einer Formulierung von Chiotellis läßt es sich treffend auch so umschreiben: „... der Rechtsanwender muß das für die eine Partei Unzumutbare wieder zumutbar für die beiden Parteien machen." 2364 Art und Ausmaß der rechtlichen Reaktion auf die geänderte Lage können dabei, abstrakt betrachtet, „von 0-100%, d.h. vom unveränderten Festhalten am Vertrag bis zur Vertragsaufhebung reichen".2365 Im konkreten Fall gelangt jedoch von allen potentiellen Reaktionen nur diejenige zum Zuge, die unter Wahrung der Zumutbarkeit den geringstmöglichen Eingriff in die eingegangenen Verpflichtungen darstellt.2366 Gerade bei Äquivalenzstörungen infolge Geldwertverfalls hat die Aufrechterhaltung des Vertrages unter Anpassung der primären Geldleistungspflicht an die geänderten Verhältnisse Vorrang.2367 Eine Vertragsauflösung ipso iure kommt in Anwendung des genannten Verhält-
2362 Nach zutr Auffassung ist es § 242 BGB selbst, der die Rechte und Pflichten der Parteien begrenzt, erweitert oder umgestaltet, mit der Folge daß der Richter lediglich ausspricht, welche Veränderung die bestehenden Rechtsbeziehungen durch die Störung der Geschäftsgrundlage erfahren haben. Einer Gestaltung durch die Parteien bzw im Streitfall durch den Richter bedarf es deshalb nur insoweit, als es die ipso iure eingetretene Rechtfolge ihrerseits verlangt. Besteht die Rechtsfolge in einer Herauf- oder Herabsetzung des Leistungsumfangs oder im Erlöschen vertraglicher Pflichten, bedarf es keiner besonderen darauf gerichteten Parteierklärungen. Anders, wenn § 242 BGB einer Partei etwa ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht zuerkennt. Zum Ganzen siehe BGH W M 1972, 216, 217 f; G.H. Roth in MünchKomm-BGB 3 , § 242 Rn 551; Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 262. Auf dem Boden der hier vertretenen Auffassung bewegt sich auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur sog. „rückwirkenden Aufwertung"; siehe etwa RGZ 109, 111, 112; 114, 399, 403 f; 115, 201, 205. 2363 G.H. Roth in MünchKomm-BGB 3 , $ 242 Rn 544 f; P. Ulmer AcP 174 (1974) 167, 184; Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 263; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 36 ff; 55 ff. 2364 Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 56. 2365 P. Ulmer AcP 174 (1974) 167, 184 f. 2366 G.H. Roth in MünchKomm-BGB 3 , § 242 Rn 544. 2367 Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 266 f; Larenz SchuldR I, 330; G.H. Roth in MünchKomm3 BGB , § 242 Rn 544, 547; v. Westphalen Exportfinanzierung, 89.
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
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nismäßigkeitsprinzips nur als ultima ratio 2368 in Betracht. 2369 Erwägenswert kann es dagegen in manchen Konstellationen sein, dem Geldschuldner als Alternative zur Aufwertung seiner Schuld das Recht zur Vertragsauflösung (Rücktritt, Kündigung) zu gewähren. 2370 In neuerer Zeit wird vermehrt darüber diskutiert, ob die genannten Rechtsfolgen davon abhängig gemacht werden sollten, daß vorherige Neuverhandlungen der Parteien ergebnislos verlaufen sind. 2371 Als alleinige Rechtsfolge eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage dies ist der Kritik 2372 zuzugeben - muß die Neuverhandlungspflicht ausscheiden, da auf diese Weise lediglich die Änderungsbedürftigkeit des Vertrages festgestellt würde, Art und Umfang der Änderung aber unentschieden blieben. 2373 § 242 BGB ordnet die Veränderung der bestehenden Vertragsbeziehungen selbständig an. Die bloße „Vorschaltfunktion" 2 3 7 4 von Neuverhandlungspflichten bleibt von diesem Einwand jedoch im Grundsatz unberührt. 2 3 7 5 Entscheidend ist, daß der Richter, wenn die Verhandlungen ergebnislos verlaufen, selbst über die Rechtsfolgen der Äquivalenzstörung entscheidet, genauer: die nach § 242 BGB eingetretenen Änderungen ausspricht. 2376 bb)
Umfang der
(1)
Lösungsansätze
Betragserhöhung
Weil die Aufwertung als nominelle Erhöhung der primären Zahlungsverbindlichkeit zu begreifen ist und die §§ 249 ff. BGB unanwendbar bleiben, bereitet die Aufwertungswährung keine Schwierigkeiten; auch dann nicht, wenn die Geschäftsgrundlage als Folge von Außenwertverlusten der Schuldwährung gestört wurde. Schuldwährung und Aufwertungswährung sind identisch; die Währung des Schadens zu ermitteln wäre verfehlt. Probleme stellen sich mitunter allerdings bei der Bemessung des Umfangs der Aufwertung. Insbesondere fragt sich, ob das M a ß der seit Vertragsschluß eingetretenen Geldentwertung, das im Verein mit anderen Kriterien das Tatbestandsmerkmal Unzumutbarkeit begründet hat,
2368 Einzig mögliche Rechtsfolge ist die Aufwertung, wenn die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende vertragliche Zahlungspflicht Versorgungscharakter hat, zB bei betrieblichen Ruhegehältern; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 169; v. May dell Geldschuld und Geldwert, 206. 2369 Generell zum Verhältnis von Vertragsanpassung und Vertragsauflösung als Rechtsfolgen von Geschäftsgrundlagenstörungen BGHZ47, 48, 51 f; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 91 f. 2370 G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 242 Rn 547, 592. 2371 Nelle Neuverhandlungspflichten, 23 ff, 173 passim; Eidenmüller ZIP 1995, 1063, 1067 ff; zuvor bereits Horn AcP 181 (1981) 256, 275 ff. 2372 Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 262; G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 242 Rn 552.
2373 2374
Teichmann aaO. Eidenmüller ZIP 1995, 1063, 1068.
2375 Im Arbeitsrecht sind Neuverhandlungspflichten als Rechtfolge des § 242 BGB schon seit längerem anerkannt: Ist bei Ruhegehaltsvereinbarungen die Geschäftsgrundlage wegen Geldwertverlustes weggefallen, haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber (soweit nicht § 16 BetrÄVG als vorrangige Spezialnorm eingreift) zunächst über das Maß der Aufwertung zu verhandeln. Wird keine Einigung erzielt, hat der Arbeitgeber das Ruhegehalt von sich aus nach billigem Ermessen zu erhöhen. Unterläßt er dies oder entspricht die Erhöhung nicht der Billigkeit, hat das Gericht die Anpassung vorzunehmen. Siehe BAG NJW 1977, 828 ff; Chiotellis Rechtfolgenbestimmung, 169. 2376 Heinrichs in Palandt, § 2 4 2 Rn 150; G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 2 4 2 Rn 552. Eine Neuverhandlungspflicht kann nur akzeptiert werden, wenn sie rein prozeßorienriert ist, es also insbes. keine einklagbaren Zustimmungspflichten gibt.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
zugleich den Regelumfang der Aufwertung bildet. Zu Gunsten dieser Betrachtungsweise argumentiert Teichmann - den Blick auf vertragliche Dauerschuldverhältnisse gerichtet es bestehe kein Grund, den Schuldner, der möglicherweise schon geraume Zeit von der kontinuierlich ansteigenden Geldentwertung profitiert habe, auch noch nach Erreichen der Unzumutbarkeitsgrenze (für den Gläubiger) Vorteile zu gewähren, die bei Abschluß des Vertrages nicht vorgesehen waren. 2377 Der BGH geht in den Erbbauzinsfällen2378 sogar noch einen Schritt weiter. Den Wegfall der Geschäftsgrundlage begründet er mit einem bestimmten prozentualen Anstieg der Lebenshaltungskosten, dagegen soll sich die Aufwertung am Maßstab des § 9 a ErbbauVO orientieren, was zu einem Mittelwert zwischen den Indizes der Lebenshaltungskosten und der (in der Vergangenheit bislang stets höheren) Arbeitnehmereinkommen führt. Konsequenz dieser uneinheitlichen Wertung ist, daß der Geldgläubiger (Grundstückseigentümer) nach Überschreiten der tatbestandlichen Zumutbarkeitsschwelle weit mehr erhält als es der Fall wäre, wenn die Höhe seiner laufenden Forderungen nur an die zwischenzeitliche Geldentwertung angepaßt würde. Zu Recht hat diese Praxis des BGH Kritik erfahren.2379 Geht es nur um die Anpassung wegen Geldwertverlustes und nicht zusätzlich um die Verwirklichung weiterer Ziele,2380 markiert das Ausmaß der Geldentwertung2381 das Höchstmaß der Aufwertung.2382 Ihr Mindestmaß bestimmt sich anhand der Differenz zwischen tatsächlich eingetretener Geldentwertung und der quantitativen Grenze zur Unzumutbarkeit. Geboten ist in jedem Einzelfall eine flexible Abwägung mit dem Ziel eines optimalen Interessenausgleichs, wobei insbesondere auch das individuelle Vertragsrisiko einer jeden Partei zu berücksichtigen ist.2383 Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dient, wie K. Schmidt betont, nicht dazu, fehlende Wertsicherungen zu ersetzen.2384 Das Reichsgericht hat u.a. den Charakter des betreffenden Rechtsgeschäfts, die Vermögenslage der Parteien sowie die ihnen noch verbleibenden Vorteile aus dem Kontrakt in Rechnung gestellt.2385 In RGZ 141, 212, 219 f. etwa wurde es als wesentlich angesehen, ob dem Verkäufer infolge des Kursverfalls der ausländischen Kaufpreiswährung bei Wareneinkaufsgeschäften Vorteile zugute gekommen sind2386 und
2377
Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 267. Oben Fn 2353. 2379 Etwa Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 267. 2380 RGZ 110, 371, 378 f behandelt die Frage, wie aufzuwerten ist, wenn der Wegfall der Geschäftsgrundlage sowohl auf dem Verfall des Geldwertes als auch auf der Entwicklung der Warenpreise beruht (beiderseits unerfüllte Großhandelsgeschäfte); dazu auch RGZ 111, 60, 62; W. Weber in Staudinger11, § 242 Rn F 46; Miigel Aufwertungsrecht, 185 ff. 2381 Ist die Vertragswährung (Schuld- bzw Berechnungswährung) für den Gläubiger fremd, setzt sich für ihn das Ausmaß der Entwertung zusammen aus dem Kursverlust der Vertragswährung gegenüber seiner Heimwährung und dem Geldwertschwund der Heimwährung selbst. Nur wenn der Außenwertverlust der fremden Vertragswährung (allein) das Resultat einer gestiegenen Differenzinflationsrate bildet, entspricht die Entwertung dem Binnenwertverlust der Vertragswährung. 2382 RGZ 109, 146, 148; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 128. Damit korrespondiert bei reinen Inlandsfällen der Entwertungsgewinn des Schuldners. Anders kann es sich jedoch in Konstellationen darstellen, in denen die Vertragswährung für eine der Parteien fremd ist. 2383 RGZ 141, 212, 219; Larenz SchuldR I, 330; Κ Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu S 244 Rn D 128; W. Weber in Staudinger11, § 242 Rn F 44; Haussmann BankArch 33 (1933/34) 26, 29 f. 2384 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu S 244 Rn D 128. 2385 Siehe dazu die Rechtsprechungsübersicht bei W. Weber in Staudinger11, § 242 Rn F 44. 2386 Ein Gesichtspunkt, der auch schon auf der Tatbestandsseite berücksichtigt werden kann. 2378
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
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ob der Käufer, wenn er seinerseits die Warenausfuhr betreibt, bei derartigen Transaktionen Fremdwährungsverluste erlitten hat. 2387 (2)
Differenzierung nach Entwertungsursachen und -erscheinungen
Ist die im Kurs gesunkene Vertragswährung eine ausländische, kann es weiter von Bedeutung sein, ob der Außenwertverlust das Ergebnis einer entsprechenden Differenzinflationsrate darstellt, was nach den obigen Darlegungen durchaus nicht selbstverständlich ist. Eine Diskrepanz zwischen Außenwert- und Binnenwertentwicklung spielt zwar keine Rolle, wenn es sich für beide Vertragsparteien um eine Auslandswährung handelt. Und falls die (nur) im Wechselkurs gefallene Vertragswährung die Heimwährung des Gläubigers bildet, fehlt es mangels unzumutbarer Äquivalenzstörung bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage. 2388 Schwierig gestaltet sich die erforderliche Rechtsfolgenbestimmung jedoch in den Fällen, in denen die von Außenwertverlusten betroffene Vertragswährung für den Gläubiger fremd ist, während sie für den Schuldner die Heimwährung darstellt: Dem (am Maßstab seiner Heimwährung gemessenen) Nachteil des Gläubigers steht kein oder jedenfalls kein entsprechender Vorteil des Schuldners gegenüber. Würde die Außenwerteinbuße im Wege der Aufwertung ausgeglichen, kehrten sich die Verhältnisse um. Der Schuldner erlitte Verluste, weil er nicht nur nominell, sondern auch wirtschaftlich mehr leisten müßte als vertraglich vereinbart. Sofern in einer Konstellation dieser Art ein Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen ist, dürfte eine Aufwertung allenfalls in Ausnahmefällen über das Maß des dem Schuldner zugeflossenen Vorteils hinausgehen können, 2389 wobei ihm dann (außer bei Verträgen mit Versorgungscharakter) alternativ das Recht zur Vertragsauflösung zugestanden werden sollte. Ansonsten würde als Folge der zur Aquivalenz(wieder)herstellung ergriffenen Maßnahmen ein neues Ungleichgewicht entstehen können. 2390 Die Überlegung, das Währungsrisiko dem Schuldner aufzuerlegen, weil er mit der gesunkenen Auslandswährung als seiner Heimwährung am engsten verbunden ist,2391 vermag dagegen schon deshalb nicht zu überzeugen, weil dies dazu führte, ohne Anhalt in der Parteiabrede die Gefahr von Außenwert-
2387
Ebenso RGZ 155, 133, 138; OLG Danzig JW 1933, 1273, 1274; W. Mayer Valutaschuld, 73. S 375 ff. 2189 W. Mayer Valutaschuld, 73 sah einen derartigen Ausnahmefall dann als gegeben an, wenn es sich beim Gegenstand des Geschäfts um Werte handelte, die im Gläubigerstaat belegen waren. 2390 In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß die Aufwertung wegen Geldwertverlustes zwischen den Weltkriegen von manchen, namentlich von Enneccerus, mit bereicherungsrechtlichen Erwägungen gerechtfertigt wurde; siehe dazu Mügel Aufwertungsrecht, 157, 195. Jene Lehre ist heute zwar überholt, sie enthält aber immerhin den auch im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht zu vernachlässigenden Gedanken, daß als Reaktion auf Geldwerteinbußen der Vertragswährung dem Schuldner im allgemeinen kein größeres Opfer auferlegt werden darf als die Preisgabe des Entwertungsvorteils. Hinter dem Grundsatz, das Höchstmaß der Aufwertung werde vom Umfang der Geldentwertung bestimmt, verbirgt sich letztlich nichts anderes. Daß das skizzierte Prinzip Ausnahmen kennen kann, zeigt zwar schon die in ihren Rechtsfolgen umstrittene Judikatur zur Erhöhung von Erbbauzinsen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Dennoch dürfte es nur selten als verhältnismäßige Vertragskorrektur nach § 242 BGB anzusehen sein, wenn in Fremdwährungsfällen die Opfergrenze des Schuldners mit der Erwägung ausgedehnt wird, der Entwertungsgrad für den Gläubiger übersteige den Schuldnervorteil. 2391 Vgl G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 94. 2388
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
Veränderungen auf die Partei zu verlagern, für die die Vertragswährung gerade nicht fremd ist und die deshalb auch keinen Anlaß zu entsprechenden Sicherungsmaßnahmen hatte. Ebensowenig kann dem Vorschlag G.H. Roths zugestimmt werden, wonach bei spekulationsbedingten Wechselkursverzerrungen die Risikoverteilung am „mittleren Inflationsrisiko des internationalen Währungsdurchschnitts" zu orientieren sei.2392 Wenn auf dieser Grundlage auch Drittwährungen und ihre Entwicklung in die Rechtsfolgenbestimmung einbezogen würden, fehlte schon der Bezug zur wirtschaftlichen Situation der Parteien. Sollte es hingegen darum gehen, die durchschnittliche Inflationsdifferenz zwischen Gläubiger· und Vertragswährung zu ermitteln und auszugleichen, müßte zumindest Raum gelassen werden für eine je nach Fallgestaltung flexible Verteilung der nicht inflationsbedingten Außenwerteinbußen sowie für den Ausgleich einer möglicherweise hohen Basisinflationsrate.2193 Falls schließlich als Regelfall der Ausgleich des vom Durchschnittswert abweichenden Außenwertverlustes der Vertragswährung gewollt wäre, vermißte man abermals eine Rechtfertigung dafür, warum der Schuldner, der zu Sicherungsmaßnahmen keinen Grund hatte, sogar eine - nach der vertraglichen Risikoverteilung ausgeschlossene - wirtschaftliche Einbuße soll erleiden können. Entsprechendes hätte für jede Quotelung zu gelten, soweit sie im Ergebnis den Binnenwertverlust der Schuldnerwährung übersteigt. Die skizzierten Probleme entfallen, wenn und soweit die Kurseinbußen der für den Schuldner fremden Vertragswährung Resultat einer entsprechenden Differenzinflationsrate sind.2394 Sie entstehen, wie bereits erwähnt, auch dann nicht, wenn die betreffende Währung für beide Teile zugleich inländisch oder ausländisch ist; letzteres gilt uneingeschränkt allerdings nur, sofern die Vertragsparteien die gleiche Heimwährung besitzen, also beispielsweise ein Yen-Kontrakt zwischen zwei in Deutschland ansässigen Unternehmen in Rede steht. In derartigen Konstellationen entspricht jeweils der Nachteil des Gläubigers dem Vorteil des Schuldners.2395 Die von G.H. Roth postulierte fallweise Anpassung an die härtere Gläubigerwährung2396 ist nur eine (teilweise) Umschreibung, keine Lösung des Problems. Natürlich hätten die Parteien durch Verwendung der stärkeren (= weniger inflationsbelasteten) Währung das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dauerhafter stabilisieren können.2397 Aber was bei Vertragsschluß als sichere Lösung erscheint, kann sich zum Zeitpunkt der Erfüllung gänzlich anders darstellen. Zudem mögen für die Wahl der Vertragswährung letztlich keine Wertsicherungsaspekte ausschlaggebend gewesen sein, sondern andere Gründe im Vordergrund gestanden haben (z.B. Branchenüblichkeit, wirtschaftliche Stärke des Schuldners). In jedem Fall läßt sich allein aus dem Umstand, daß die Gläubigerwährung sich als stabiler erweist, noch kein taugliches Ausgleichskriterium entwickeln, schon gar nicht ist eine pauschale Abwälzung des Außenwertrisikos der Vertragswährung auf den Schuldner geboten. Es geht dabei nicht allein um den Schutz des Schuldners, sondern zugleich um Offenheit gegenüber den Gläubigerbelangen. Die Differenzinflationsrate hat möglicherweise erst im Zusammenwirken mit einer 2392
G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 94. Der unzumutbare Nachteil des Gläubigers kann, muß aber nicht auf einer bloßen Außenwertveränderung beruhen, was ggf dazu zwingt, zweierlei Geldwertrisiken auszugleichen. 2394 Es spielt dabei keine Rolle, ob der Kursverlust sich unmittelbar am Markt vollzieht oder ob eine Paritätsänderung den Wertverfall zum Ausdruck bringt. 2395 Vgl RGZ 147, 286, 289; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 40. 2396 G.H. Roth BerDGesVölkR 20 (1979) 87, 94, 107. 2397 Dazu Zehetner Geldwertklauseln, 16. 2393
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
383
hohen Basisinflationsrate zu einer für den Gläubiger unzumutbaren Äquivalenzstörung geführt. In einer derartigen Konstellation wird die Anpassung an die „härtere" Gläubigerwährung und damit die Eliminierung des Außenwertrisikos nicht selten unzureichend sein. Wie bei DM-Kontrakten zwischen Währungsinländern2398 dürfte sich in der Praxis - vorbehaltlich aller fallspezifischen Besonderheiten - eine hälftige Aufteilung des verwirklichten Geldwertrisikos als die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende Lösung anbieten. Anderes gilt bei Dauerschuldverhältnissen, seien es solche mit oder ohne Versorgungscharakter.2399 Bei ihnen liegt eine Risikoteilung bereits darin, daß der Gläubiger bis zum Erreichen der Unzumutbarkeitsgrenze Verluste hat hinnehmen müssen und auch für die Zukunft keine Dynamisierung erfolgt.2400
cc)
„Rückwirkung" bei bereits abgewickelten
(1)
Problemeinordnung
Vertragsverhältnissen
Zweifel können bei Beantwortung der Frage auftauchen, ob eine Aufwertung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nur insoweit in Betracht kommt, als das betreffende Vertragsverhältnis im Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung noch nicht bzw. (bei Dauerschuldverhältnissen) noch nicht vollständig abgewickelt worden ist. Hat der Geldgläubiger seine (Teil-)Leistung erbracht und hierfür den vereinbarten Nennbetrag vorbehaltlos entgegengenommen, könnte eine Aufwertung ex tunc unter verschiedenen Gesichtspunkten zu verneinen sein: fehlende Unzumutbarkeit der Äquivalenzstörung, Verzicht, Verwirkung. Der BGH hat die Anpassung des Vertrages als Rechtsfolge eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich allein mit Wirkung für die Zukunft zugelassen;2401 freilich war in den entschiedenen Fällen nicht die Geldentwertung Ursache des Anpassungsbegehrens. Richtigerweise wird zu differenzieren sein. Soweit die Geldschuld durch Zahlung erloschen ist, scheidet eine Forderungsaufwertung bereits begrifflich aus. Die spätere Entwertung des als Erfüllung angenommenen Geldes (§§ 362, 363 BGB) ist genuines Gläubigerrisiko und mit § 242 BGB nicht korrigierbar.2402 Demgegenüber tritt die Aufwertung noch bestehender Forderungen bzw. Forderungsteile wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kraft Gesetzes ein, sobald die entsprechenden Tatbestandsmerkmale vorliegen, namentlich das Kriterium der Unzumutbarkeit erfüllt2403 ist. Für die Frage des Umfangs der Erfüllung
2398 Siehe K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 128; G.H. Roth in MünchKommBGB3, § 242 Rn 547, 592. 2399 Vgl aber BAG NJW 1977, 2370 ff: Hälftelungsprinzip bei der Aufwertung betrieblicher Ruhegelder. 2400 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 128. 2401 BGHZ 58, 355, 363; BGH NJW 1983, 2143, 2144; eine Ausnahme wurde in BGH NJW 1953, 1585 anerkannt, weil „beide Teile den Vertrag als Mittel zur gegenseitigen Sicherung ihres Fortkommens in der Zukunft gedacht und den Vertrag auf dieser Grundlage geschlossen" hatten. 2402 RGZ 1 0 7 , 1 2 4 , 1 2 9 ; 1 0 7 , 1 4 0 , 1 4 2 ; 1 0 8 , 1 5 6 , 1 5 7 ; v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 132 ff. 2403 Und nicht wieder entfallen ist - ein Aspekt, der eine Rolle spielen kann, wenn der Außenwertverlust, der die Geschäftsgrundlagenstörung bewirkt hat, durch nachfolgende Kurssteigerungen wieder ausgeglichen wird. Es handelt sich dabei um eine Parallelwertung zum schadensrechtlichen Prinzip der Vorteilsausgleichung, freilich im Rahmen des § 242 BGB.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
ist mithin entscheidend, ob im Zeitpunkt der (Teil-)Zahlung die Opfergrenze für den Gläubiger schon überschritten war.2404 War sie es, hatte sich der betragsmäßige Umfang der Schuld bereits erhöht, und die Zahlung konnte nur einen entsprechend geringeren Teil der Verbindlichkeit zum Erlöschen bringen. Das Problem der Aufwertung ex tunc besteht daher bei Licht besehen nur darin, festzustellen, ob die Geldforderung nach Annahme der Zahlung noch existierte und bejahendenfalls in welcher Höhe. 2405 Die Unzumutbarkeit für den Geldgläubiger nun entfällt nicht dadurch, daß er seinerzeit selbst geleistet und ohne Protest die vereinbarte Summe entgegengenommen hat. 2406 Dieses Verhalten mag auf Unkenntnis der Rechtslage zurückzuführen sein und erlaubt daher keine Aussage über die belastende Wirkung der Äquivalenzstörung.2407 Auch für eine entsprechende Unterscheidung zwischen der Aufwertung unter den Bedingungen der schleichenden und der Hyperinflation fehlt es an jeder Legitimation.2408 (2)
Rückwirkungsausschlüsse
In Fällen, in denen der Gläubiger trotz Vorliegens der Aufwertungsvoraussetzungen eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat, könnte die an sich weiter bestehende (vgl. § 363 BGB)2409 Restforderung allerdings durch stillschweigenden Erlaß oder als Folge vertrauensbegründenden Verhaltens, insbesondere Verwirkung, erloschen2410 sein. Obzwar sie in der Praxis ineinander überzugehen scheinen, weil bei beiden der Gedanke des Verzichts auf seiten des Gläubigers eine Rolle spielt,2411 sind die genannten Rechtsfiguren doch dogmatisch strikt voneinander zu trennen.2412 Erlaß ist rechtsgeschäftliche Verlust, und es bedarf eines entsprechenden (verfügenden) Vertrages zwischen Gläubiger und Schuldner.2413 Vertrauensbegründendens Verhalten, namentlich Verwirkung, führt dagegen zu einem nichtrechtsgeschäftlichen Rechtsverlust (venire contra factum proprium). Anknüpfungspunkt ist ein bestimmtes Gläubigerverhalten, das beim Schuldner die begründete Erwartung auslöst, der Gläubiger werde sein Recht nicht mehr
2404
v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 134. Mügel Aufwertungsrecht, 633, 652 f; unklar v. Westpbalen Exportfinanzierung, 90. 2406 Anders möglicherweise OLG Danzig JW 1933, 1273, 1274: „Der Sturz des englischen Pfundes trat mit der Aufhebung der Goldeinlösungspflicht am 21. Sept. 1931 ein. Trotz dessen lieferte die Kl. das verkaufte Holz am 25. Sept., ohne vorher mit der Bekl. die Frage einer Aufw. oder sonstigen Umgestaltung des Vertrages zu erörtern. Daraus ist zu schließen, daß sie selbst die Grundlagen des Vertrages damals noch nicht als erschüttert angesehen hat". 2407 Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 264. 2408 So aber K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu $ 244 Rn D 129. 2409 RGZ 114, 399, 403: „Denn nach § 363 BGB kommt es nicht darauf an, ob der Gläubiger befriedigt zu sein glaubt, sondern ob er es wirklich ist". 2410 Zum Erlöschen der Schuld als Rechtsfolge eines venire contra factum proprium Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 324, 3 4 3 ; } . Schmidt in Staudinger13, § 242 Rn 672 ff. 24 " Siehe auch Wieling AcP 176 (1976) 334, 336; ders AcP 187 (1987) 95, 100. Ihm zufolge geht es beim venire contra factum proprium darum, daß der Rechtsinhaber auf sein Recht einseitig konkludent verzichtet hat und diesen Verzicht später nicht mehr gegen sich gelten lassen will. 2412 Zur Abgrenzung zwischen Erlaß und Verwirkung etwa Gernhuber Erfüllung, 369; Teichmann in Soergel 12 , § 242 Rn 333. 2413 RGZ 110, 409, 418; Zeiss in Soergel12, § 397 Rn 1; v. Feldmann in MünchKomm-BGB 3 , § 397 Rn 1, 5; Gernhuber Erfüllung, 370, 378 ff. 2405
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
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ausüben. 2 4 1 4 Die Unterscheidung mag im konkreten Fall zweifelhaft werden, wenn als Grundlage eines Erlaßvertrages nur konkludente Erklärungen oder „beredtes Schweigen" in Betracht kommt und von § 151 S. 1 B G B großzügiger Gebrauch gemacht wird, 2 4 1 5 andererseits etwa die Verwirkung ebenfalls mit einem aus den Umständen zu erschließenden Verzichtswillen des Gläubigers begründet werden soll. 2 4 1 6 Vorrang genießt freilich in jedem Fall die Prüfung eines rechtsgeschäftlichen Verzichts. 2417 (a)
Stillschweigender Erlaßvertrag
Zur Begründung eines stillschweigend abgeschlossenen Erlaßvertrages bedarf es besonderer Anhaltspunkte im Parteiverhalten, 2418 vor allem der Verzichtswille des Gläubigers muß von einem objektivierten Empfängerhorizont aus unzweideutig erkennbar sein. 2 4 1 9 In aller Regel ist hierfür erforderlich, daß ein triftiger Grund für den Verzicht besteht; 2 4 2 0 Unklarheiten gehen zu Lasten des Schuldners. 2421 Soll nicht dem Gläubiger-, sondern dem Schuldnerverhalten ein stillschweigendes Angebot zum Abschluß eines Erlaßvertrages entnommen werden, sind auch hieran hohe Anforderungen zu stellen. 2 4 2 2 Bisweilen wird erwogen, daß unter den Bedingungen der schleichenden Inflation die Zahlung und ihre vorbehaltlose Entgegennahme oder jedenfalls der vorbehaltlose gegenseitige Leistungsaustausch konkludente Willenserklärungen enthalten, die einen Erlaßvertrag über das verbleibende Forderungsrecht des Geldgläubigers zum Gegenstand haben. 2 4 2 3 Den Hintergrund bildet offenbar die Überlegung, seit der Aufwertungsrechtsprechung in den 20er Jahren sei das Rechtsinstitut der Schuldaufwertung im deutschen Recht bekannt, von einem Gläubiger, der sich mit dem empfangenen Nennbetrag nicht zufriedengeben wolle, müsse deshalb ein Protest erwartet werden. Nun läßt sich von einem erklärten Willen zum Erlaß grundsätzlich 2424 nur unter der Mindestvoraussetzung sprechen, daß ein verständiger Beobachter den Eindruck gewinnt, der Erklärende halte die Existenz einer (weiteren) Forderung zumindest für möglich. 2 4 2 5 Gerade bei einem nur mäßigen, wenn auch lang anhaltenden Entwertungsniveau erscheint es jedoch bedenklich, aus der Existenz der Individualauf2 4 1 4 Etwa Teichmann in Soergel 12 , § 242 Rn 312 ff, 332 ff; G.H. Roth in MünchKomm-BGB 3 , § 242 Rn 329 ff, 360 ff. 2 4 1 5 Dazu Zeiss in Soergel 12 , § 3 9 7 Rn 4 ; Gemhuber Erfüllung, 379. 2 4 1 6 So zB RGZ 116, 314, 316 f; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 120. 2417 G.H. Roth in MünchKomm-BGB 3 , § 242 Rn 327. 2 4 1 8 RGZ 1 0 9 , 1 1 1 , 1 1 2 f; v. Feldmann in MünchKomm-BGB3, § 397 Rn 2; Gemhuber Erfüllung, 380. 2 4 1 9 BGH FamRZ 1981, 763; OLG Nürnberg MDR 1983, 666. 2 4 2 0 BGH FamRZ 1981, 763; OLG Nürnberg MDR 1983, 666; v. Feldmann in MünchKommBGB 3 , § 3 9 7 Rn 2; Gemhuber Erfüllung, 380. 2421 Zeiss in Soergel 12 , § 3 9 7 Rn 3. 2 4 2 2 RGZ 109, 111, 112 f. 2 4 2 1 Siehe K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 119 f, der jedoch nicht recht deutlich macht, inwieweit Erlaß, venire contra factum proprium oder Verwirkung gemeint ist. 2 4 2 4 Zu Ausnahmen RGZ 84, 400, 405; Gemhuber Erfüllung, 3 8 2 ; v. Feldmann in MünchKommBGB3, § 3 9 7 Rn 2. 2 4 2 5 RGZ 109, 111, 112 f; 110, 65, 78; 135, 261, 265; 148, 257, 264; BGH NJW 1984, 1346, 1347; KG OLGZ 1974, 263, 266. Damit korrespondiert die Erwägung, daß es mitunter am Erklärungsbewußtsein und damit u.U. am subjektiven Tatbestand einer wirksamen Willenserklärung fehlen wird, falls der Gläubigers mit der Existenz der Schuld, um deren Erlaß es geht, nicht einmal rechnet; siehe Gemhuber Erfüllung, 380; Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 333.
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3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
wertung als Rechtsinstitut ohne weiteres den Schluß zu ziehen, die Parteien hielten sie auch in ihrem Vertragsverhältnis für möglich. Angesichts der stark einzelfallbetonten Rechtsprechung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bedarf es häufig erst eines entsprechenden Rechtsrates. Insbesondere wenn die Vertragswährung für die Parteien oder auch nur für den Geldgläubiger eine ausländische ist,2426 wird man dem Gesamtverhalten des Gläubigers bei verständiger Würdigung oft nur die Bedeutung beimessen können, er rechne nicht mit einer weitergehenden Befriedigung,2427 da das Schicksal seiner Forderung nach dem zur Anwendung gelangenden Recht ohnehin an das der fremden Währung gekettet sei. Kein Verzichtswille kommt dann zum Ausdruck, sondern allenfalls die resignative Einschätzung, der ursprünglich vorgestellte Forderungswert könne nicht realisiert werden.2428 Selbst wenn im Einzelfall angenommen werden könnte, die Parteien hielten eine Durchbrechung des Nominalwertprinzips und damit einen erweiterten Forderungsumfang für möglich, kann dem vertragsabwickelnden Verhalten des Gläubigers (Entsprechendes gilt regelmäßig für dasjenige des Schuldners) ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein Wille entnommen werden, der auf das Erlöschen dieser Forderung gerichtet wäre. Die bloße Annahme als Erfüllung hat gemäß § 363 BGB grundsätzlich nur eine Verschiebung der Beweislast zur Folge, jedoch keine weitergehenden (materiellen) Konsequenzen. Zu erwarten ist hierbei ein Vorbehalt des Gläubigers, der die Zahlung des vereinbarten Betrages nicht ausreichen lassen will, nach der Verkehrsauffassung ebensowenig wie dann, wenn er seine Gegenleistung erbringt. Auch zu einer Differenzierung zwischen kaufmännischem und sonstigem Rechtsverkehr besteht kein Anlaß. (b)
Venire contra factum proprium und Verwirkung
Scheidet ein Erlaßvertrag aus, könnte sich die spätere Geltendmachung des Differenzbetrages zwischen vereinbarter (und gezahlter) Summe sowie qua Aufwertung tatsächlich geschuldeter Summe allerdings als venire contra factum proprium darstellen. Der Forderungsrest bestände in einem solchen Falle nur scheinbar, in Wirklichkeit wäre er erloschen.2429 Auf das angesprochene vertragsabwickelnde Verhalten des Gläubigers allein kann dabei nicht zurückgegriffen werden. Zwar muß das zum Rechtsverlust erforderliche vertrauensbildende Vorverhalten nicht unbedingt rechtsgeschäftlicher Natur sein.2430 Wenn sich jedoch im Gläubigerverhalten kein Verzichtswille zeigt, der zur Annahme eines Erlaßvertrages i.S.d. § 397 BGB berechtigt,2431 dürfte auch schwerlich ein schützenswertes Schuldnervertrauen begründbar sein. Näher liegt in der Praxis schon die Annahme einer Verwirkung. Der Gläubiger verwirkt sein (hier durch die ex lege eingetretene Aufwertung erweitertes) Forderungsrecht, wenn er durch längere zurechenbare Untätigkeit den 2426 Eine Vielzahl zusätzlicher Momente kann hierbei eine Rolle spielen, insbes. etwaige Rechtswahlund Gerichtsstandsvereinbarungen. Sind neben der Währung auch Schuldstatut und Forum für den Gläubiger fremd, dürfte die Annahme eines Aufwertungsbewußtseins besonders selten zutreffen. 2427 Vgl RG LZ 1910, Sp. 936, 937 f: „Äußerungen wie 'ich schreibe den Posten in den Schornstein' oder 'ich mache einen Strich durch die Forderung* sind keine bestimmten Verzichtserklärungen". 2428 Siehe auch Gernhuber Erfüllung, 380. 2429 Nachweise in Fn 2410. 2430 Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 317. 2431 Die (seltenen) Fälle, in denen eine Annahme durch den Schuldner nicht in Betracht kommt oder eine wirksame Verzichtserklärung mangels Erklärungsbewußtseins oder infolge wirksamer Anfechtung seitens des Gläubigers fehlt, sollen unberücksichtigt bleiben.
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Schuldner zu der berechtigten Überzeugung veranlaßt hat, er werde sein Recht nicht mehr ausüben, und der Schuldner sich darauf eingerichtet hat, daß mehr seine Inanspruchnahme dauerhaft unterbleibt. 2432 Die Verwirkung als „illoyal verspätete Geltendmachung" 2433 setzt gängigem Verständnis zufolge ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraus, wobei der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen vertrauensbildenden Umstände sind. 2434 Nimmt der Geldgläubiger die ihm angebotene Nennbetragswährung vorbehaltlos entgegen, erbringt er womöglich - ebenfalls ohne Protest zu erheben - auch noch die von ihm geschuldete Gegenleistung, so kann darin durchaus ein Umstandsmoment im dargelegten Sinne erblickt werden, auch wenn das fragliche Verhalten für sich genommen noch nicht zum Forderungsuntergang führt. J e weiter die Zahlung des ursprünglich vereinbarten Betrages zurückliegt, desto eher hat der Geldgläubiger Anlaß, das sich ausbildende Vertrauen des Schuldners zu zerstören und deutlich zu machen, daß er auf einer weiteren Zahlung besteht. Liegen der Forderungsaufwertung Außenwertverluste der Schuldwährung zugrunde, kann sich der Zeitraum ggf. allerdings über das bei Binnenwertverlusten der Gläubigerwährung hinausgehende Maß verlängern, und zwar deshalb, weil dem Gläubiger ein Abwarten darauf zuzubilligen ist, daß sich der Kurs wieder erholt. Nicht erforderlich ist, daß der Geldgläubiger es für möglich hält, seine Forderung sei in Wirklichkeit höher als vereinbart. 2435 Es reicht vielmehr aus, wenn die Entstehung des Vertrauens seiner Risikosphäre entstammt. 2436 Kennt das anwendbare Recht die Aufwertung, dann obliegt es dem Gläubiger, sich darum zu kümmern, ob deren Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind. 2437 Nachdem seit der Vertragsabwicklung ein gewisser Zeitraum verstrichen ist, darf sich der Schuldner bei gebotener objektiver Würdigung darauf einrichten, sämtliche aus dem Geschäft resultierenden Hauptleistungspflichten seien erloschen, eine etwaige, nach Treu und Glauben im Wege der Aufwertung entstandene Rest- bzw. Zusatzforderung werde nicht mehr geltend gemacht. Ob der Schuldner sich wirklich darauf eingerichtet hat, ist Tatfrage 2438 und wird vor allem bei Vermögensdispositionen zu bejahen sein. Eine Rolle kann etwa spielen, daß der Schuldner seinerseits Geldentwertungsverluste durch Folgegeschäfte (z.B. Weiterverkäufe) erlitten 2439 oder es auch nur unterlassen hat, Rücklagen für eine zusätzliche Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu bilden. 2440
2432
BGHZ 25, 4 7 , 5 2 ; 26, 52, 6 5 ; 67, 56, 68; BGH NJW 1980, 880; BGH W M 1982, 101, 102;
Latenz SchuldR I, 134, 271. 2433
BGHZ 2 5 , 47, 52.
2434
G.H. Roth in MünchKomm-BGB3, § 242 Rn 365.
2 4 3 5 BGHZ 15, 47, 52: „Die Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da insoweit die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Bewertung, nicht aber der subjektive Willensentschluß des Berechtigten entscheidend ist. In dieser Hinsicht kommt der rechtliche Unterschied zwischen der Verwirkung und einem stillschweigenden Verzicht zum Ausdruck".
2436
Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 319, 337.
Bevor die reichsgerichtliche Rechtsprechung die Individualaufwertung anerkannte, konnte folglich eine Verwirkung im allgemeinen nicht angenommen werden. 2 4 3 8 Siehe etwa RGZ 114, 3 9 9 , 4 0 4 ; 116, 313, 317. 2437
2439
Teichmann in Soergel12, § 242 Rn 321, 341.
Im Vertrauen darauf, er werde nicht weiter an seinen Gläubiger leisten müssen, mag der Schuldner die Konditionen für seine Anschlußgeschäfte festgelegt oder aber davon abgesehen haben, eigene Aufwertungsansprüche gegen Abkäufer geltend zu machen. 2440
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2. a)
A u f w e r t u n g s a n s p r ü c h e im engeren Sinne Voraussetzungen
Eine Individualaufwertung nach § 242 BGB kann unbestrittenermaßen auch dann in Betracht kommen, wenn es sich bei der fraglichen Zahlungsverpflichtung nicht um eine vertragliche Geldschuld synallagmatischer Art handelt. Voraussetzung der Aufwertung soll in derartigen Fällen allerdings regelmäßig eine solch katastrophale Werteinbuße der Schuldbzw. Berechnungswährung sein, daß von einem faktischen Funktionsverlust des Geldes gesprochen werden muß. 2441 Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser tatbestandlichen Differenzierung zwischen Ausgleichsansprüchen und (sonstigen) Aufwertungsansprüchen rühren zunächst daher, daß es Rechtsprechung und Schrifttum nie gelungen ist, den für die Aufwertung i.e.S. verlangten Geldentwertungsgrad einigermaßen plausibel zu konturieren. 2442 Viel wichtiger aber ist die Frage, ob wirklich allein die Existenz eines vertraglich vorausgesetzten Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung es rechtfertigt, das schuldrechtliche Nennwertprinzip unter flexibler Abwägung der Gläubigerbelange zu durchbrechen, wohingegen bei allen übrigen Geldschulden undifferenziert die hohe Hürde eines Funktionsverlustes des Geldes maßgeblich sein soll. Problematisch bleibt diese Einschätzung jedenfalls bei rechtsgeschäftlich begründeten Zahlungspflichten nichtsynallagmatischer Natur, insbesondere innerhalb unvollkommen zweiseitiger Verträge wie dem zinslosen Darlehen. 2443 Zwar wird betont, das besondere und von der Interessenlage bei Austauschverträgen abweichende Element liege darin, daß die Geldleistung nicht an dem Gegenwert einer Sache oder Dienstleistung gemessen werden könne. 2444 Wo aber der Äquivalenzgedanke den Ausschlag gibt, muß die wirtschaftliche Äquivalenzbeziehung entscheidend sein. Und deren Bezugspunkte wiederum werden von Funktion und Zwecksetzung des jeweiligen Schuldverhältnisses bestimmt. 2445 Ein solches wirtschaftliches Äquivalenzverhältnis, das im Rahmen des S 242 BGB Bedeutung verdient, kann beim Darlehen nicht geleugnet werden, nämlich die vom Darlehensgeber vorausgesetzte Gleichwertigkeit zwischen empfangenem und rückzuerstattendem Betrag. 2446 Die zeitweise, nicht die endgültige Überlassung von Kapital kennzeichnet das Wesen des Gelddarlehens, auch wenn der Gesetzgeber das Entwertungsrisiko durch Statuierung einer Geldsummenschuld 2447 dem Darlehensgeber zugewiesen hat. Es kann somit ohne weiteres davon gesprochen werden, daß für den Darlehensgeber die eigene Leistung 2441 Selbstverständlich rechtfertigt die Derogation der Währung auch einen Ausgleichsanspruch, sofern dessen Tatbestandsmerkmale im übrigen erfüllt sind. K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 107 betont zu Recht, daß im Falle der Hyperinflation die Aufwertung die Regel und ihre Versagung die Ausnahme bildet. Gegenläufige Faktoren wie Risikoübernahme, Vorhersehbarkeit oder ein anderweitiger Verlustausgleich auf Gläubigerseite (vgl RGZ 155, 133, 138) dürften die Unzumutbarkeit, den vereinbarten (nahezu wertlosen) Betrag als Erfüllung gelten zu lassen, in der Tat nur selten ausschließen. 2442 Vgl Nussbaum Aufwertungstheorie, 24 ff. 2443 Zur Rechtsnatur des unentgeltlichen Darlehens Hopt/Miilbert in Staudinger12, § 607 Rn 17. 2444 f. May dell Geldschuld und Geldwert, 213 f; die Zubilligung eines Ausgleichsanspruchs bei einem verzinslichen Fremdwährungsdarlehen wurde abgelehnt von RGZ 145, 51, 56. 2445 Vgl nur BGHZ 105, 243, 245 f; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 175 f. 2446 RGZ 107, 78, 91; Bettermann RdA 1975, 2, 8; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244
Rn D 100, D 103, D 141; Boeck LZ 1923, Sp. 630, 634. 2447
AM Bettermann RdA 1975, 2, 7.
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
389
das zweckbezogene Äquivalent für die Leistung des Darlehensnehmers und für seine gesamten Beziehungen zum Darlehensnehmer darstellt.2448 Der Einwand, die Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Rückzahlung des Darlehens sei eine selbständige, isolierte Zahlungsverpflichtung, die nicht in irgendein Wertverhältnis zu der zeitlich vorangegangenen Darlehenshingabe gebracht werden könne, 2449 bleibt daher bloße Behauptung. 2450 Des Wertvergleichs gerade mit einer Sach- oder Dienstleistung bedarf es ohnehin nicht. Quantitativer Auslöser einer Aufwertung ist in den hier interessierenden Fällen ausschließlich der Geldwertverlust. 2451 Und dieser Verlust läßt sich losgelöst von einer vertragsimmanenten Relation zu einem Sachwert o.Ä. feststellen. Wann nun die Störung des beschriebenen Äquivalenzverhältnisses dazu führt, daß die Unzumutbarkeitsschwelle für den Darlehensnehmer überschritten wird, läßt sich ebensowenig einheitlich feststellen wie bei Äquivalenzstörungen im Rahmen gegenseitiger Verträge. Den Funktionsverlust der Vertragswährung zu verlangen, läßt sich jedoch nicht rechtfertigen. 2452 Anerkennt man, daß Funktion und Zwecksetzung des konkreten Schuldverhältnisses eine entscheidende Rolle spielen, wenn es gilt, jenes Maß an Geldentwertung zu bestimmen, das dem Geldsummengläubiger noch zugemutet werden kann, bevor Treu und Glauben über § 2 4 2 BGB eine Vertragskorrektur erzwingen, 2453 dann liegt es nahe, noch einen Schritt weiter zu gehen und auch bei einseitigen Verträgen Äquivalenzüberlegungen in gewissem Umfang Raum zu geben. Gemeint ist hier „die Gleichwertigkeit des Versprochenen mit dem Geleisteten, von Verpflichtung und Erfüllung". 2454 In der Rechtsprechung hat dieser Gedanke immerhin bereits bei der Anpassung von außergerichtlichen Vergleichen 2455 über Unterhaltsschadensrenten (§ 844 Abs. 2 BGB) 2456 Anklang gefunden. 2457 Zuletzt in
2448
Cbiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 176. v. Maydell Geldschuld und Geldwert, 214. Beim verzinslichen Darlehen ist der Stellenwert des Äquivalenzgedankens noch offenkundiger, denn Kapitalüberlassung und Verzinsung stehen im Synallagma (Hopt/Mülbert in Staudinger12, § 607 Rn 18), wenngleich dieses Gegenseitigkeitsverhältnis nicht den alleinigen Maßstab für eine Aufwertung bilden kann; K.Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 141. 2 Auch bei gegenseitigen Verträgen muß ein Ausgleichsanspruch wegen Geldwertverlustes nicht unbedingt scheitern, wenn der Marktpreis für die vertragliche Gegenleistung aus Gründen, die auf der Warenseite liegen, nominell konstant geblieben ist; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 105. 2452 Der vom Reichsgericht im 105. Band (RGZ 105, 406 ff) mit den Irrtumsregeln gelöste Rubelfall gehört nicht in diesen Zusammenhang, auch wenn man weder dem RG zustimmt noch im Wege der Auslegung meint helfen zu können (siehe S 292 f). Insbes. Larenz Geschäftsgrundlage, 24 ff nimmt an, der beiderseitige Irrtum von Darlehensgeber und Darlehensnehmer über das Außenwertverhältnis von Rubel und Mark sei als Wegfall der subjektiven Geschäftsgrundlage zu behandeln. Aber es ging um das aktuelle Kursverhältnis, und darin liegt der entscheidende Unterschied zur hier behandelten Aufwertungsproblematik. Nominalismusfragen stellten sich im Reichsgerichtsfall nicht. 2453 v. Maydell Geld und Währung, 31, 37; Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 145 f, 176. 2454 Bettermann RdA 1975, 2, 8; in diese Richtung auch K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 100, D 103. 2455 Entgegen einer früher vertretenen Auffassung ist der Vergleich nicht stets gegenseitiger Vertrag, sondern nur dann, wenn er gegenseitige Verpflichtungen festlegt; Pecher in MünchKomm-BGB3, § 779 Rn 36; Thomas in Palandt, § 779 Rn 1. 2456 Sofern hierbei statt einer Geldsummen- eine Geldwertschuld (wirksam) begründet bzw erhalten worden ist, bedarf es natürlich keiner Anpassung; RGZ 110, 100, 101; K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 66, D 79, D 134. 2449
2450
390
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
einer Entscheidung aus dem Jahre 1 9 8 8 . Der B G H betonte, derartigen Verträgen wohne die sog. clausula rebus sie stantibus inne, mit der Folge daß bei einer wesentlichen Veränderung der bei Abschluß des Vertrages bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse nach §§ 157, 2 4 2 B G B eine Anpassung der Leistungen an die Veränderungen stattfinde, wenn dies erforderlich sei, um den von den Parteien mit dem Vertrag verfolgten Zweck zu erreichen. 2 4 5 8 Vorbehaltlich aller Umstände des Einzelfalles sei ein Geldwertschwund von 3 6 % in zehn Jahren durchaus geeignet, eine Aufwertung zu rechtfertigen. 2 4 5 9 Auch wenn wegen des Versorgungszwecks derartiger Zahlungsverpflichtungen eine Sonderkonstellation vorliegen mag, 2 4 6 0 bestätigt die skizzierte Judikatur doch die Einschätzung, daß die aufwertungsrechtliche Differenzierung zwischen unvollständig abgewickelten gegenseitigen Verträgen und vertraglichen Geldschulden, die nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, 2 4 6 1 zu unflexibel ist, um den im Rahmen des § 2 4 2 B G B abzuwägenden Interessen gerecht zu werden. Bei gesetzlich begründeten Geldsummenschulden ließe sich ebenfalls darüber diskutieren, ob die Zuerkennung eines Aufwertungsanspruchs stets vom Funktionsverlust der Schuldwährung abhängig gemacht werden sollte. Insbesondere bei Rückgewährschuldverhältnissen nach SS 3 4 6 , 4 6 7 B G B oder S 8 1 2 B G B könnte sich eine differenzierte Herangehensweise anbieten (Stichwort: faktisches Synallagma). 2462 Gleiches gilt etwa in der von R G Z 1 0 7 , 148 f. entschiedenen Konstellation: Ein auftragloser Geschäftsführer, der für seinen Geschäftsherrn diverse Möbel und Wirtschaftsgegenstände erworben hatte, berief sich gegenüber dem Herausgabeverlangen nach S 6 8 1 S. 2 i.V.m. S 6 6 7 B G B darauf, sein Aufwendungsersatzanspruch gemäß S 683 S. 1 i.V.m. § 6 7 0 B G B müsse aufgewertet werden, weil die Währung, die er zum damaligen Ankauf der Gegenstände aufgewendet habe, im Wert gesunken sei. Die Frage kann im Rahmen einer Arbeit speziell über Valutaschulden nur kurz angedacht werden. Einerseits gilt für nicht rechtsgeschäftlich begründete Zahlungsverbindlichkeiten primär die gesetzliche Risikoordnung, namentlich die Klassifizierung als Geldsummen- oder Geldwertschuld. Andererseits verhält sich dies bei vertraglichen Geldschulden im Grunde ebenso; es entscheidet in erster Linie die normative Risikoverteilung in Gestalt des Nominalwertprinzips. Im „zweiten Zugriff" allerdings muß jeweils geprüft werden, ob die festgestellte Risikoverteilung abschließend ist oder ob und inwieweit sie in bestimmten Fällen unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten Raum läßt für eine auf § 2 4 2 B G B gestützte ausnahmsweise Durchbrechung des schuldrechtlichen Nominalismus. Damit verbindet sich das Gebot, von der verbreiteten Vorstellung abzurücken, mit Einordnung einer Zahlungsverbindlichkeit als Geldsummenschuld sei bereits darüber entschieden, 2 4 5 7 BGHZ 105, 243, 245 ff; BGH VersR 1962, 805, 806; 1966, 3 7 ; 1968, 450, 4 5 1 ; BGH NJW 1986, 2 0 5 4 f. 2 4 5 8 BGHZ 105, 243, 245. 2 4 5 9 BGHZ 105, 243, 248. Dem BGH zufolge muß jedoch berücksichtigt werden, daß Veränderungen der allgemeinen Wirtschafts- und Währungsverhältnisse im Rahmen der bestehenden Erfahrungswerte bei Vergleichsabschluß einzukalkulieren seien. Außerdem erschöpfe sich der Zweck des Vergleichs nicht in der Versorgung des Gläubigers, sondern strebe auch eine dauerhafte und abschließende Schadensregulierung an. 2 4 6 0 Dazu Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 165 ff; v. May dell Geldschuld und Geldwert, 2 9 4 ff. 2 4 6 1 Bei Unterhaltsvergleichen erblickt allerdings Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 168 eine Gegenleistung des Unterhaltsberechtigten darin, daß dieser sich damit einverstanden erklärt, den zu zahlenden Betrag als Äquivalent für die Deckung seines Bedarfs anzunehmen. 2462 K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 98, D 102.
§ 9: Inhalt - Die Höhe des Schuldbetrages
391
daß Geldwertveränderungen für den nominellen Schuldumfang grundsätzlich keine Bedeutung haben. 2463 Nicht etwa, daß die prinzipielle Differenzierung zwischen summenmäßig feststehenden und summenmäßig konkretisierungsbedürftigen Geldschulden aufzulösen wäre. Doch sind die teils heftigen Auseinandersetzungen über die Einordnung etwa von Herausgabe- und Aufwendungsersatzverpflichtungen als Geldsummen- oder Geldwertschulden 2464 Anlaß genug, darüber nachzudenken, ob den im Rahmen der gesetzlichen Wertung berechtigten Interessen an einer gewissen Äquivalenz zwischen Geschuldetem und Geleistetem nicht bereits vor Eintritt von Verzug oder verschärfter Haftung (§§ 818 Abs. 4, 819 BGB) Rechnung getragen werden sollte. § 242 BGB böte hinreichend Raum für eine Art Kompromißlösung, die zwar keine Dynamisierung anstrebt, wohl aber bemüht ist, Schwellenwerte zu finden (abhängig von der Situation des Gläubigers und von der typischen Interessenlage, die der schuldbegründenden Norm zugrunde liegt), die weit vor dem Funktionsverlust der Schuldwährung angesiedelt sind und bei deren Erreichen die Schuldsumme ex lege neu festgesetzt wird. Die Zahlungsverbindlichkeit bliebe also Geldsummenschuld, das Risiko einer Entwertung der Schuldwährung lastete jedoch nicht unbegrenzt auf den Schultern des Gläubigers.
b)
Rechtsfolgen
Sind im Einzelfall die Voraussetzungen für eine Aufwertung erfüllt, hängt es von den Besonderheiten des jeweiligen Schuldverhältnisses ab, inwieweit sich die Schuldsumme nach § 242 BGB erhöht. Letztlich bestimmen auch jenseits des Bereichs gegenseitiger Vertragspflichten Zumutbarkeitserwägungen die konkrete Rechtsfolge.2465 Natürlich scheidet bei nichtvertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten die Auflösung des Schuldverhältnisses als ultima ratio aus,2466 so daß nicht gefragt werden kann, wie weit ein Festhalten am Schuldverhältnis äußerstenfalls noch zumutbar ist. Den Orientierungsmaßstab der Zumutbarkeitsprüfung bildet hier der Schuldzweck. Häufig ist zur Bestimmung des Aufwertungsumfangs auf den Gedanken zurückgegriffen worden, der Schuldner solle sich durch den Verfall der Schuld- bzw. Berechnungswährung nicht ungerechtfertigt auf Kosten des Gläubigers bereichern dürfen, 2467 im übrigen jedoch wird durchgängig betont, allgemeingültige Regeln bestimmten Inhalts ließen sich nicht aufstellen. Speziell bei der Aufwertung von Rückzahlungsansprüchen aus § 607 Abs. 1 BGB2468 haben sich die Gerichte in der Vergangenheit etwa daran orientiert, ob der Darlehensnehmer in der Lage war, den empfangenen Betrag wertbeständig anzulegen (namentlich weil er im Ausland lebte und die Rückzahlungsverpflichtung für ihn auf eine fremde Währung lautete)2469, ob ein mit dem Darlehen 2463
Vgl bereits v. May dell Geldschuld und Geldwert, 106. S 305 ff und 345 ff. 1465 Boeck LZ 1923, Sp. 630 , 634 ff, will bei Darlehen nach Erreichen der tatbestandlichen Zumutbarkeitsschwelle dem Darlehensgeber das Recht zum Rücktritt und über § 327 BGB analog dann Wertersatz gemäß § 818 Abs 2 BGB gewähren. 2466 Allgemein zur Auflösungsproblematik bei nichtgegenseitigen Verträgen siehe BGH WM 1973, 752, 753 (Bürgschaft); BGH FamRZ 1973, 252, 253 (zinsloses Darlehen); Chiotellis Rechtsfolgenbestimmung, 178. 2467 Siehe nur OLG Hamburg HansGZ 1926, 28; Mügel Aufwertungsrecht, 195. 2468 Zu den einzelnen Schuldverhältnissen siehe im übrigen A Werner in Staudinger9, § 242 Anm V 2 b. 2469 RGZ 113, 42, 43 f. 2464
392
3. Teil: Entstehung und Inhalt von Fremdwährungsverbindlichkeiten
in Zusammenhang stehendes Geschäft verlustreich war2470 und ob der Darlehensnehmer im Gegensatz zu früher seinem Gläubiger als notleidend gegenübersteht.2471 Das Aufwertungsgesetz vom 16.7.1925 2472 sah für Darlehen, die Vermögensanlagen darstellten, einen Aufwertungssatz von höchstens 25% des ursprünglichen Goldmarktbetrages vor (§63 AufwG).
2470
OLG Hamburg HansGZ 1926, 28. Einzelheiten bei Mügel Aufwertungsrecht, 302 Fn 1; beim verzinslichen Darlehen spielt auch der Zinsertrag eine Rolle, siehe dazu K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 141. 2472 RGBl I, 117; mit DurchführungsVO vom 29.11.1925, RGBl I, 39. 2471
VIERTER
TEIL
Sicherungen Zahlungsverbindlichkeiten in fremder Währung können mit unterschiedlichen Risiken behaftet sein 2473 und daher auch unterschiedliche Sicherungsbedürfnisse auslösen. Zu nennen ist zunächst die Absicherung gegen Geldwertverlustrisiken. Das Binnenwert(=Inflations)risiko ist Gläubigerrisiko, das Außenwert(=Wechselkurs)risiko trifft diejenige Partei, für die sich die Schuldwährung 2474 wirtschaftlich betrachtet als fremd darstellt. Struktur, Wirkungsweise und Zulässigkeit zahlreicher Kurssicherungsabreden, angefangen bei der Auswahl der adäquaten Schuldwährung(en) - Stichwort Währungsoption - bis hin zur Verwendung von Rechnungseinheits- und Valutawertklauseln zur Determinierung des Schuldumfangs, sind bereits in anderen Zusammenhängen erörtert worden. 2 4 7 5 Eine Partei, der es im Verhandlungswege nicht gelungen ist, ein Fremdwährungsrisiko auszuschalten, 2476 wird vor allem die Möglichkeit erwägen, es durch Abschluß entsprechender Gegengeschäfte mit Dritten zu kompensieren. 2477 Die risikobelastete Partei S 89 ff. Haben die Parteien eine von der Schuldwährung abweichende Berechnungswährung vereinbart, bildet diese den Maßstab für die Verteilung der Geldwertrisiken. 2 4 7 5 Siehe S 5 ff, 164 ff, 253 ff; im übrigen eingehend Zehetner Geldwertklauseln, 9 passim; W. Braun Geldwertsicherung, 60 ff; v. Westphalett Exportfinanzierung, 97 ff. Mit Hilfe der genannten Kursklauseln läßt sich das Inflationsrisiko vermindern (nämlich auf eine oder mehrere stabile Währungen verlagern), nicht jedoch ausschalten. Hierfür ist eine zusätzliche Wertsicherungsabrede erforderlich. Das Außenwertrisiko erschöpft sich freilich nicht im Risiko einer (verglichen mit der Heimwährung der betroffenen Partei) erhöhten Inflationsrate. Soweit die Vergleichswährungen frei floaten, spielen insbes. auch Spekulationseinflüsse eine bedeutende Rolle. In seiner Gesamtheit kann das Fremdwährungsrisiko daher im Gegensatz zum Binnenwertrisiko nur relativiert und zwischen den Parteien aufgeteilt werden. Lediglich wenn sich die Parteien für die etwa gemeinsame Heimwährung als Schuldwährung entscheiden oder zwischen Schuldwährung und Heimwährung der Parteien feste Paritäten bestehen, fallen keine Wechselkursrisiken an (sieht man in der letztgenannten Konstellation einmal vom Paritätsänderungsrisiko ab). 2 4 7 6 Die Verluste der Daimler-Benz-Tochter DASA in Höhe von 1,6 Mrd. DM im ersten Halbjahr 1995 beispielsweise rührten den Unternehmensangaben zufolge zu einem erheblichen Teil aus Wechselkursschwankungen des Dollars gegenüber der DM. Die DASA konkurriert in einer Branche, in der die meisten Produkte in US-Währung fakturiert werden. Zum Ganzen siehe etwa Focus 49/1995, 314 ff. 2 4 7 7 Um Wechselkursrisiken auszuschalten, kann sich der Fremdwährungsgläubiger theoretisch auch anderer Mittel bedienen. Denkbar wären die Diskontierung von Valutawechseln, der Abschluß von Forfaitierungs- oder Factoringgeschäften sowie die Inanspruchnahme der (in Deutschland über die Hermes Kreditversicherungs AG und die Treuarbeit AG abgewickelten) staatlichen Wechselkursversicherung für Exportgeschäfte. Die praktiche Bedeutung der drei erstgenannten Instrumente liegt jedoch weit weniger auf dem Gebiet der Außenwertsicherung als vielmehr darin, dem Valutagläubiger möglichst schnell Liquidität zu verschaffen. Daneben tritt beim „echten" Factoring und der Forfaitie2473
2474
394
4. Teil: Sicherungen
kann insbesondere die geschuldeten bzw. geforderten und erst künftig fällig werdenden Fremdwährungsbeträge per Termin kaufen bzw. verkaufen oder sie kann sich eine Option auf ein derartiges Kauf- oder Verkaufsgeschäft einräumen lassen. Wegen des spekulativen Gehalts, der Termin- und Optionsgeschäften bei isolierter Betrachtung innewohnt oder jedenfalls innewohnen kann, sind sie nach deutschem Recht nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Hiervon wird in § 10 die Rede sein. Unabhängig von der Währung, auf die die Schuld lautet, hat der Gläubiger das Risiko der Insolvenz seines Schuldners zu tragen. Daneben drohen möglicherweise Moratorien, Zahlungs-, Konvertierungs- oder Transferverbote, die einen im Ausland ansässigen Geldschuldner vorübergehend oder dauerhaft außerstande setzen, die Zahlungsverbindlichkeit entweder schlechthin oder jedenfalls in der geschuldeten Währung zu erfüllen (sog. KTZM-Risiken). Insbesondere wenn der Geldgläubiger vorleisten oder dem Schuldner (sonst) Kredit gewähren soll, hängt es vom zulässigen Inhalt etwaiger Personal- und Realsicherheiten ab, inwieweit die genannten Gläubigerrisiken2478 von den Parteien des Valutaschuldverhältnisses beherrscht werden können. Das deutsche Kreditsicherungsrecht differenziert grundsätzlich nicht nach der Währung, die den Gegenstand der zu sichernden Forderung bildet oder die Forderungshöhe bestimmt. 2479 Probleme bereitet allerdings die Bestellung von Grundpfandrechten für Fremdwährungsforderungen. Hierzu wird in S 11 Stellung genommen werden. Fragen der bürgschaftsrechtlichen Akzessorietät finden später im Zusammenhang mit einzelnen Rechten des Schuldners (§ 12) und Leistungsstörungen (§ 14) Erwähnung.
rung die Sicherung gegen Bonitäts-, ggf auch gegen sonstige Zahlungsrisiken. Die Kurssicherung (soweit man hiervon bei Veränderung der Gläubigerposition überhaupt sprechen kann) ist regelmäßig nur ein Nebeneffekt dieser (kostspieligen) Finanzierungs- und Bonitätssicherungsfunktionen. Beim (seltenen) Factoring grenzüberschreitender Forderungen spielt zudem das Bündel der vom Factor zu erbringenden Dienstleistungen eine große Rolle. Siehe im Einzelnen Scharrer/Gehrmann/Wetter Währungsrisiko, 371 ff, 377 ff, 383 ff; v. Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, 92 ff; zu Factoring und Forfaitierung auch v. Westphalen Exportfinanzierung, 472 ff, 482 ff. Die staatlichen Wechselkursgarantien und -Bürgschaften dagegen dienen eindeutig dem Zweck, Außenwertverluste abzudecken. Gleichwohl sind auch sie in der Praxis von untergeordneter Relevanz. 1994 und 1995 etwa wurden keinerlei Deckungen abgeschlossen, 1993 immerhin noch in einem Umfang von 90,3 Mio DM; Jahresberichte der Hermes Kreditversicherungs AG 1994, 19, 1995, 19. Die Ursachen hierfür liegen auf der Hand: Gedeckt werden grds. nur Forderungen aus Exportgeschäften in US-Dollar, Pfund Sterling und Schweizer Franken. In Betracht kommen zudem lediglich Ausfuhrgeschäfte mit Vertragspartnern außerhalb der EU und einer Risikolaufzeit von mindestens zwei Jahren, wobei die Versicherung das Wechselkursrisiko erst nach Ablauf dieser Zweijahresfrist übernimmt. Während dieser Vorlaufzeit muß der Exporteur das Wechselkursrisiko entweder tragen oder für eine anderweitige Absicherung sorgen; zum Ganzen etwa Stolzenburg Die staatliche Exportkreditversicherung, 24, 74, 93 ff; SchallehnlStolzenburg Garantien und Bürgschaften der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der deutschen Ausfuhr, Kap. IX; Scharrer/Gehrmann/Wetter Währungsrisiko, 386 ff. 2478 Zur Unterscheidung zwischen Fabrikationsrisiken und Ausfuhrrisiken siehe v. Westphalen Exportfinanzierung, 403 ff. 2479 Siehe etwa K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 51 ff; Arend Zahlungsverbindichkeiten, 141 ff.
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
395
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
I.
Grundtypen des Hedging
Im weitesten Sinne umfaßt der Begriff „Hedging" jede Maßnahme „zur Absicherung offener, einem Preisrisiko ausgesetzter Kapitalpositionen, indem eine Gegenposition mit spiegelbildlichem Risikoprofil aufgebaut wird". 2480 Besteht das Parteirisiko in einem Wechselkursrisiko, bieten sich - stark vereinfacht ausgedrückt2481 - vor allem drei Sicherungsvarianten an. In der ersten2482 nimmt der Valutagläubiger, der einen Außenwertverlust seiner künftig fällig werdenden Forderung befürchtet, ein Fremdwährungsdarlehen auf und „tauscht" den Darlehensbetrag sofort am Kassamarkt gegen Einheiten seiner Heimwährung um. Entsprechend sichert sich der Valutaschuldner gegen einen künftigen Anstieg der Vertragswährung, indem er frühzeitig den gewünschten Fremdwährungsbetrag am Kassamarkt erwirbt und bis zum Fälligkeitstermin als Festgeld anlegt. Ganz im Vordergrund jedoch 2483 stehen heute die im folgenden zu behandelnden beiden Varianten der Kurssicherung, erstens der Kauf bzw. Verkauf von Fremdwährungsbeträgen per Termin (sog. „Devisenfestgeschäfte") 2484 , zweitens die Vereinbarung einer Option auf einen Devisenkauf bzw. -verkauf. Wird der Begriff „Hedging" im Zusammenhang mit derartigen Devisenfest- und optionsgeschäften gebraucht, dann um auf den auch rechtlich relevanten Unterschied zwischen wirtschaftlich gerechtfertigten Sicherungsgeschäften und bloßen Spekulations- bzw. Differenzgeschäften hinzuweisen.2485
2480
Schroth
Das kleine Lexikon des Außenwirtschaftsverkehrs, 229, Stichwort „Hedging"; ferner
Fiscber-Erlach Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 19; T.F. Müller Hedgegeschäfte, 5; Zahn Handlexikon, 194; v. Arnim Die Warenterminanlage, Bd 2, 182. 2481
Eingehende Darstellung bei Ochynski Wechselkursmanagement, 103 ff.
2482
Zu Einzelheiten Scharrer/GebrmannfWetter
Währungsrisiko, 345 ff; Lipfert Devisenhandel mit
Devisenoptionshandel, 5 0 ; Fischer-Erlach Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 18 f. 2 4 8 1 Empirische Untersuchungen und Vorteilhaftigkeitsvergleiche finden sich bei Scharrer/GebrmannfWetter Währungsrisiko, 3 0 4 ff, 3 5 6 ff; siehe ferner Lipfert Devisenhandel mit Devisenoprionshandel, 2 0 f, 51 f. 2 4 8 4 Und zwar in Form des sog. „Outright-Geschäftes". Der einzige Unterschied zwischen OutrightGeschäft und Kassa-Geschäft besteht darin, daß bei ersterem die Erfüllung der beiderseitigen Verpflichtungen zeitlich hinausgeschoben ist. Abgeschlossen wird ein einfacher Rechtskauf, der der Bank eine Risikoposition verschafft, solange sie kein Gegengeschäft vorgenommen hat. Die zweite Gruppe von Festgeschäften bilden die Swap-Geschäfte. Siehe etwa v. Bemstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, 176 f; Fischer-Erlach Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 5 9 ff; Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 19; Hinz Optimierungsansätze für das Devisenmanagement, 84 ff. 2 4 8 5 Siehe nur BGHZ 105, 263, 266 ff; Horn ZIP 1990, 2, 10; Hellwiglde Lousanoff FS Stiefel, 309, 317 ff; Habersack in MünchKomm-BGB3, § 764 Rn 18.
4. Teil: Sicherungen
396
1.
Devisenfestgeschäfte
Devisentermingeschäfte mit Hedge-Charakter werden traditionellerweise zur einzelgeschäftsbezogenen Kurssicherung abgeschlossen. 2486 Der deutsche Exporteur, der seinem schwedischen Vertragspartner ein Zahlungsziel von 6 Monaten für den Eingang der Kaufpreissumme von 1 Mio. US-Dollar eingeräumt hat, verkauft einen entsprechenden DollarBetrag (nicht etwa seine Forderung!) zum derzeitigen (Termin-)Kurs gegen D M an eine Bank oder ein anderes Unternehmen, wobei die Erfüllung der beiderseitigen Vertragspflichten erst in 6 Monaten erfolgen soll. Der schwedische Käufer schließt ebenfalls ein Devisentermingeschäft ab und kauft die geschuldeten 1 Mio. US-Dollar gegen Skr zum aktuellen Dollar-Terminkurs; auch hier wird die gegenseitige Erfüllung (Verschaffung der Dollar-Buchposition und Zahlung in schwedischer Währung) für ein halbes Jahr hinausgeschoben. Beide Vertragspartner des Export-/Importgeschäfts haben auf diese Weise das Risiko von Außenwertänderungen der US-Währung ausgeschaltet. Sinkt der Dollar-Kurs, wird der deutsche Exporteur (wenn er nicht sogar effektiv US-Währung liefert) sein auf Termin getätigtes Verkaufsgeschäft durch einen gegenläufigen Kassa-Kauf glattstellen. Der durch diese Sicherungsoperation insgesamt erzielte Gewinn gleicht den (Außenwert-) Verlust der Forderung gegen den schwedischen Importeur aus. Steigt der Dollarkurs, führt das Gegengeschäft zwar zu einem Verlust, dorch wird dieser Verlust durch den Gewinn aus der Exportforderung kompensiert. Entsprechend umgekehrt wird der schwedische Importeur verfahren. Beide Handelspartner müssen die externe Sicherungsoperation indes nicht mittels zweier gegenläufiger Geschäfte durchführen, sie können mit ihren jeweiligen Banken etc. statt dessen auch vereinbaren, daß von vornherein nur die im fraglichen Zeitraum entstehende Gewinn- oder Verlustmarge für die betreffende Dollarsumme zu zahlen ist. Insbesondere Großunternehmen bevorzugen an Stelle der einzelgeschäftsbezogenen mitunter die pauschale Kurssicherung. Hierbei werden unabhängig von der Fälligkeit einzelner Fremdwährungsforderungen oder -Verbindlichkeiten runde Beträge zu geraden Laufzeiten (z.B. drei, sechs, zwölf Monate) oder glatten Terminen (z.B. 3 0 . 6 . ; 3 1 . 1 2 . ) gekauft oder verkauft, was insgesamt zu einer dauerhaften Absicherung aller oder nur eines Teils der abgeschlossenen Valutakontrakte führt. Als Grund für dieses Vorgehen wird zum einen darauf hingewiesen, daß die Banken - die ihrerseits am Devisenterminmarkt grundsätzlich nur runde Beträge zu geraden Laufzeiten handeln können 2 4 8 7 - die pauschale Sicherung günstiger anbieten. Zum anderen stelle es sich oftmals als zu aufwendig dar, laufend die einzelnen Fremdwährungspositionen mit ihren unterschiedlichen Fälligkeiten zu ermitteln, nur um eine einzelgeschäftsbezogene Kurssicherung vornehmen zu können. 2 4 8 8 Etwaige Kosten der Terminsicherung beurteilen sich klassischem Verständnis zufolge nach dem Swapsatz zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sicherungsvertrages (Kauf, Ver-
Hopt FS Werner, 339, 345. Im Interbankenhandel werden ganz überwiegend Swap-Geschäfte abgeschlossen, also Kassageschäfte zugleich mit gegenläufigen Termingeschäften verknüpft (siehe im Einzelnen bereits S 64 ff); Fischer-Erlach Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 60 ff; Lipfert Devisenhandel mit Devisenoptionshandel, 19, 39. Eine Bank, die mit ihrem Kunden ein Outright-Devisentermingeschäft abgeschlossen hat, stellt dieses in der Praxis durch eine Kombination von Kassageschäft und Swapgeschäft wieder „glatt"; Lipfert aaO 3 9 ff. 2 4 8 8 Dazu Hopt FS Werner, 339, 346 ff. 2486
2487
§ 1 0 : Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
397
kauf), d.h. der Differenz zwischen Termin- und Kassakurs der gehandelten Fremdwährung. 2489 Kosten entstehen hiernach, wenn und soweit der Exporteur den erwarteten Fremdwährungsbetrag per Termin mit einem Deport (Abschlag) gegenüber dem Kassakurs verkauft bzw. der Importeur umgekehrt die zukünftig benötigten Devisen mit einem Report (Aufschlag) kauft.
2.
Devisenoptionsgeschäfte
Die Devisenoption gewährt dem Begünstigten die Befugnis,2490 einen bestimmten Devisenbetrag zu einem im voraus vereinbarten Preis (strike price) bis zum bzw. am Verfalltag2491 der Option zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option). 2492 Zu unterscheiden ist zwischen unverbrieften und verbrieften Devisenoptionen sowie zwischen Primär- und Sekundärgeschäften, also der Begründung des Optionsrechts und einer etwaigen Übertragung.
a)
Unverbriefte Devisenoptionen
aa) Primärgeschäfte Die unverbriefte Devisenoption entsteht durch Vertrag zwischen dem Begünstigten und einem Stillhalter (dem Vertragspartner des betreffenden Devisenkaufs bzw. -Verkaufs), der als Gegenleistung für die Einräumung der Option eine Optionsprämie erhält. 2493 Je nach Kursentwicklung kann der Optionsbegünstigte die Option ausüben oder sie verfallen las2 4 8 9 Dem liegt die Überlegung zugrunde, der gegenwärtige Kassakurs werde auf dem Terminmarkt „versichert", der Swapsatz bilde eine Art „Versicherungsprämie". Unumstritten ist diese Kostenbetrachtung nicht. Teilweise wird statt dessen angenommen, es sei der gegenwärtige Terminkurs mit dem noch unbekannten Kassakurs im Fälligkeitszeitpunkt der zu sichernden Valutaschuld zu vergleichen. Wieder andere betrachten die Differenz zwischen Kundenbrief- und Kundengeldkurs der Banken für die jeweilige Termindevise als Terminsicherungskosten. Zur Diskussion der genannten Ansätze siehe Scharrer/Gehrmann/Wetter Währungsrisiko, 3 2 9 ff; allgemein zu Kurssicherungskosten auch T.F.
Müller Hedgegeschäfte, 62 f.
2 4 9 0 Mit der unter dem Stichwort „Währungsoption" behandelten Form von Wahlschuld hat die Devisenoption nichts zu tun. Soweit deshalb das hier vorgestellte Optionsrecht als Wahlrecht bezeichnet wird (vgl B G H W M 1 9 8 0 , 768, 7 6 9 ; O L G Karlsruhe W M 1984, 2 1 , 2 2 zur entsprechenden Gestaltung bei Waren- und Aktienoptionen), geht es stets nur um das „Ob" des Hauptvertrages und nicht um eine von mehreren gleichzeitig geschuldete Leistung. 2 4 , 1 Kann die Option an einem beliebigen Tag ihrer Laufzeit ausgeübt werden, spricht man von einer amerikanischen Option, ist dies nur am Ende der Laufzeit möglich, von einer europäischen Opti-
on; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 208; T.F. Müller Hedge-Geschäfte, 63 Fn 114; Häuser/R. Welter
in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 7 7 ; Fischer-Erlacb Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 9 1 ; Hinz Optimierungsansätze für das Devisenmanagement, 90. 2 4 9 2 Etwa Fischer-Erlach Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 9 0 ; Dortschy/Jung/Köller Auslandsgeschäfte - Banktechnik und Finanzierung, 4 1 6 f; Lipfert Devisenhandel und Devisenoptionshandel, 2 0 ; Vosshenrich Die Bank 1986, 4 5 1 f; v. Bemstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft,
187; André Verbindlichkeit, 33; Zahn Handlexikon, 320. 2493
Zur Frage des Synallagmas etwa v. Arnim AG 1983, 2 9 , 4 0 ; Kumpel
ZIP 1987, 151; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 208.
W M 1985, 73;
Hammen
4 . Teil: Sicherungen
398
sen. Sein Verlustrisiko beschränkt sich auf die Optionsprämie, seine Gewinnchance besteht darin, daß der Kurs der gehandelten Devise bei einer Call-Option höher und bei einer Verkaufsoption niedriger liegt als der strike price zuzüglich bzw. abzüglich der Optionsprämie und etwaiger Nebenkosten. 2494 Devisenoptionsgeschäfte bieten somit ebenso wie Devisentermingeschäfte eine Absicherung gegen Wechselkursrisiken. Im Unterschied zum Termingeschäft jedoch ist die Option mit einer Gewinnchance zu höheren Kosten verbunden. 2495 Schon seit längerer Zeit herrscht Streit über die Rechtsnatur derartiger Optionsgeschäfte. Im Kern dreht sich die Auseinandersetzung um die Frage, ob Optionsvertrag und Hauptvertrag selbständige Rechtsgeschäfte bilden, die nur durch die Ausübung des unverbrieften Optionsrechts miteinander verbunden sind, oder ob ein in zwei Phasen abzuwikkelndes, rechtlich aber einheitliches Geschäft vorliegt. 2496 Zu Gunsten der ersten Betrachtungsweise hat in der Rechtsprechung das OLG Köln votiert, 2497 zu Gunsten der zweiten der BGH. 2 4 9 8 (1)
Monistische oder dualistische Struktur?
Das vom BGH vertretene monistische Verständnis des Optionsgeschäftes2499 mag sich auf die Annahme gründen, zwischen Optionsbegünstigtem und Stillhalter werde von vornherein bereits der Hauptvertrag abgeschlossen, dessen Rechtswirksamkeit nur noch vom Eintritt einer Wollensbedingung, nämlich der fristgerechten Ausübung des Optionsrechts, abhängt. 2500 Die Rechtsfigur der aufschiebenden Wollensbedingung allerdings ist stark 2494 2495
Hammen ZIP 1987, 151; Habersack in MünchKomm-BGB3, § 764 Rn 30. Dortschy/Jung/Köller Auslandsgeschäfte - Banktechnik und Finanzierung, 418; Vosshenrich Die
Bank 1986, 4 5 1 , 4 5 3 ff; die Devisenoption erweist sich zudem dann als vorteilhafter als ein Devisendirektgeschäft, wenn etwa bei einem Ausschreibungsverfahren im Exportbereich zunächst nur ein Angebot in fremder Währung abgegeben, das Außenwertrisiko aber gleichwohl bereits abgesichert werden soll. Das Risiko des Offerenten beschränkt sich beim Optionsgeschäft auf die Prämie, wohingegen es beim Scheitern des intendierten Exportvertrages möglicherweise nur mit Verlusten gelingt, ein Devisendirektgeschäft glattzustellen; siehe dazu Vosshenrich aaO 4 5 5 f; zu weiteren Vorteilen des Optionsgeschäfts gegenüber dem Direktgeschäft T.F. Müller Hedgegeschäfte, 65 f. Geführt wurde und wird die Diskussion über das Wesen des börsenmäßigen Aktienoptionsgeschäftes. Die einzelnen Argumentationsfiguren betreffen jedoch zum großen Teil das Optionsgeschäft im allgemeinen. Zu unterscheiden von der hier aufgeworfenen Problematik ist die Frage, inwieweit Optionsgeschäfte Börsentermingeschäfte sind, auch wenn sich der Streit über das monistische oder dualistische Verständnis des Optionsgeschäfts im Rahmen der Auslegung des § 53 BörsG entzündet hat. 2 4 9 7 O L G Köln W M 1983, 1072 ff. 2 4 9 8 B G H Z 9 2 , 3 1 7 , 3 2 0 ff. 2 4 9 9 Denkbar wäre bei erstem Zusehen auch eine „Festofferte" des Stillhalters, dh ein längerfristiges bindendes Vertragsangebot; vgl Kramer in MünchKomm-BGB 3 , Vor § 145 Rn 4 3 . Doch kommt das Devisenoptionsgeschäft ersichtlich durch einen vertraglichen Konsens über strike price, Verfalldatum, Optionsausübungsmodalitäten und Optionsprämie zustande. Der Inhalt des Hauptvertrages wird somit nicht einseitig fixiert, sondern bildet das Ergebnis des Willens beider Parteien; Georgiades FS Larenz, 4 0 9 , 4 1 5 ; Häuser D B 1985, 1169, 1170; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 19; Maser Termin- und Differenzeinwand, 121 ff. 2500
So jedenfalls B G H Z 4 7 , 387, 3 9 1 ; ferner O L G Bamberg W M 1989, 745, 7 4 7 ; zur Rspr des
BGH auch Larenz 10/1988, 7.
SchuldR II/l, 158; Hammen
ZIP 1987, 151 f; Canaris
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§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
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umstritten, weil sie auf jegliche Verknüpfung mit objektiven Geschehnissen verzichtet.2501 So fragt sich, inwieweit eine vertragliche Bindung, die erst bei Abgabe einer dahingehenden Erklärung des Begünstigten wirksam werden soll, die von § 158 BGB vorausgesetzte, in ihrer Wirksamkeit nur noch vom Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses abhängige Bedingung im Rechtssinne darstellen kann. Wer sich bei „Vertragsschluß" nur unter der Voraussetzung verpflichtet, daß er den Vertrag künftig will, gibt gegenwärtig noch keinerlei Geltungserklärung ab, sondern bekundet lediglich seine Absicht, diese Erklärung vielleicht abzugeben.2502 Überdies bliebe die Anwendbarkeit der §§ 160 ff. BGB auf Wollensbedingungen problematisch.2503 Die Konstruktion des Optionsrechts als Wollensbedingung ist jedenfalls nicht widerspruchsfrei und dürfte die von den Parteien verwirklichte Gestaltung eher verdecken als erklären, zumal es an den wirtschaftlichen Realitäten (an die die steuerrechtliche Einschätzung ohne weiteres anknüpft)2504 vorbeigeht, die Einräumung des Optionsrechts gegen Zahlung der Optionsprämie nur als Bestandteil des Hauptvertrages zu charakterisieren. Gerade wenn die Option wegen der Kursentwicklung nicht ausgeübt wird, sondern ungenutzt verfällt, tritt die rechtliche Selbständigkeit des Optionsvertrages offen zutage. Beim Aktienoptionsgeschäft kann zu Gunsten des dualistischen Modells weiter ins Feld geführt werden, daß die Bedeutung der Option sich nicht in der Befugnis des Begünstigten erschöpft, den Aktienkaufvertrag nach Belieben wirksam werden zu lassen. Vielmehr soll die Aktienoption (und zwar auch die nichtverbriefte) nach dem typischen Parteiwillen ihrerseits Gegenstand des Handelsverkehrs auf dem sekundären Optionsmarkt sein können2505 - einem Markt, an dem die Wertentwicklung der Optionen nicht notwendigerweise der Entwicklung der betreffenden Aktien folgen muß. 2506 Diese Argumentation auf das Dew'sewoptionsgeschäft zu übertragen gelingt lediglich mit Einschränkungen, da nichtverbriefte Devisenoptionen hauptsächlich als OTC („over the
2 5 0 1 Krit. erwa Larenz/M. Wolf BGB AT, 947 f; Manfred Wolf in Soergel 12 , Vor § 158 Rn 2 8 ; H.P. Westermann in MünchKomm-BGB 3 , § 158 Rn 21. § 495 Abs 1 S 2 BGB, den die hM als Beleg für die Zulässigkeit aufschiebender Wollensbedingungen bei gegenseitigen Verträgen heranzieht (Enneccerus/Nipperdey BGB AT/2, 1190; Ditcher in Staudinger12, Vorbem zu §§ 158 ff Rn 15 ff; aus der Rspr siehe etwa RGZ 104, 98, 100; BGH WM 1962, 1399, 1401), ließe sich als gesetzliche Ausnahme einer „zulässigen" Wollensbedingung einordnen; zum Ganzen v. Einem, Die Rechtsnatur der Option, 82 ff; Henrich Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 2 3 4 ff; ferner Bork in Staudinger 13 , Vorbem zu §§ 158 ff Rn 14ff. 2502 Larenz/M. Wolf BGB AT, 948; dort auch zur Abgrenzung der Wollensbedingung zur Potestativbedingung. 2 5 0 3 Dazu Georgiades FS Larenz 409, 418; v. Arnim AG 1983, 29, 39; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 210. 2 5 0 4 Siehe BFHE 143, 38, 42, wo der Bundesfinanzhof in Zusammenhang mit § 22 Nr 3 EStG zwischen Optionsvertrag und Hauptvertrag differenziert hat. Zur steuerrechtlichen Problematik ferner Hammen ZIP 1987, 151, 153 f; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 216 ff (auch zu den Voraussetzungen der zum 1.1.1991 abgeschafften Börsenumsatzssteuerpflicht). 2 5 0 5 Etwa Kumpel WM 1985, 73 f; Hammen ZIP 1987, 151, 152; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 209, die zudem auf Ani III der Sonderbedingungen für Optionsgeschäfte im Börsenterminhandel und Ani II der Besonderen Bedingungen für Optionsgeschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen verweisen. Dort ist vom Kauf von Optionen statt vom Wertpapierkauf die Rede; außerdem steht bei der Gegenleistung des Optionskäufers die Optionsprämie im Vordergrund, nicht der Preis der Wertpapiere. Entsprechendes gilt für die von den Banken gebrauchten Formulare für den Optionskauf (Hammen aaO). 2506 Hammen aaO.
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counter") 2 5 0 7 -Optionen begründet werden. 2 5 0 8 Wegen ihrer stark individuellen Ausgestaltung konnte sich ein Sekundärmarkt in OTC-Devisenoptionen nicht bilden. 2 5 0 9 Dessen ungeachtet soll die Übertragung von Devisenoptionen aber zumindest möglich bleiben 2 5 1 0 (bei Standardwerten gilt dies ohnehin), so daß der tatsächlichen Ausgestaltung des Devisenoptionsgeschäfts am ehesten die Annahme zweier rechtlich getrennter Verträge mit selbständigem Leistungsaustausch entspricht. (2)
Vertragstypus
Was dabei konstruktiv geschieht, wird freilich nicht eindeutig beurteilt. Manche betrachten den Optionsvertrag als einen sog. „Angebotsvertrag", der sich zusammensetzt aus einem Kaufvertragsangebot, über dessen Inhalt die Parteien zuvor Einvernehmen erzielt haben, ferner der Erklärung des Antragenden, sich während der zuvor vereinbarten Frist (§ 148 BGB) an sein Angebot gebunden zu halten (§ 145 BGB), sowie der Vereinbarung einer Optionsprämie (früher als „Bindungsgeld" bezeichnet) und sonstiger Optionsausübungsmodalitäten. 2 5 1 1 Übt der Begünstigte das Optionsrecht aus, erklärt er dieser Lesart zufolge die Annahme des Kaufvertragsangebots. Das Optionsrecht erwiese sich als die aus der Bindung des Antragenden erwachsende Befugnis, durch Annahme des Angebots den Kaufvertrag zustande zu bringen. 2 5 1 2 Dagegen spricht freilich schon, daß die Interessenlage bei Antragstellung und Einräumung eines Optionsrechts durchaus verschieden ist. 2513 Gewährt der Antragende dem anderen Teil eine längere Annahmefrist, liegt auf seiner Seite meist das überwiegende Interesse am Vertragsschluß. Demgegenüber ist bei Begründung eines Devisenoptionsrechts vor allem der Begünstigte daran interessiert, daß er den Hauptvertrag bei einer ihm günstigen Kursentwicklung zustande bringen kann; für diese Möglichkeit zahlt der Begünstigte die Optionsprämie. Der Stillhalter hofft auf eine gegenläufige Kursentwicklung. Weil sein Gewinn sich reduziert oder gar vollständig entfällt, wenn der Begünstigte die Option tatsächlich ausübt, hat der Stillhalter, anders als typischerweise der Antragende, kein Interesse am „Zustandekommen" des Vertrages. 2 5 1 4 Die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum versteht den Optionsvertrag zu Recht als einen selbständigen Vertrag vorbereitender Natur, in dem die Parteien den Inhalt des Hauptvertrages endgültig festlegen, dem Optionsbegünstigten jedoch darüber hinaus ein
2 5 0 7 Gemeint ist der außerbörsliche Freiverkehr per Telefon und Telefax; Vosshenrich Die Bank 1986, 451, 452; Häuser ZBB 1992, 249, 250; Häuser/R. Weiter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 145. 2 5 0 8 Vgl Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1114; Häuser ZBB 1992, 249, 250; Schäfer in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 17 Rn 13. 2509 Häuser ZBB 1992, 249, 25; zu Standardwerten siehe zB Vosshenrich Die Bank, 1986, 451, 452. 2 5 1 0 Die Banken räumen ihren Kunden üblicherweise ein Rückverkaufsrecht ein, dh der Kunde kann die Option während ihrer Laufzeit an das Kreditinstitut zu dem dann geltenden Preis zurückverkaufen; Zahn Handlexikon, 322. 2 5 1 1 Etwa Henrich Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 241 ff; Coing in Staudinger11, Vorbem zu § 145 Rn 21 b; W. Lorenz FS Dölle α) 103, 116; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 209, 210 Fn 70; Rössner/Weber BB 1979, 1049, 1050 f. 2 5 1 2 Zum Konstrukt einer „Festofferte" bereits oben Fn 2499. 2513 Georgiades FS Larenz 409, 412 f; v. Arnim AG 1983, 29, 40; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 23 f. 2 5 1 4 Ähnlich v. Arnim AG 1983, 29, 40; gegen ihn Hammen ZIP 1987, 151, 152.
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entgeltliches Gestaltungsrecht 2 5 1 5 einräumen, von dessen Ausübung es abhängen soll, ob der Hauptvertrag in Kraft tritt. 2 5 1 6 Die Möglichkeit, ein zweiseitiges Schuldverhältnis abredegemäß durch einseitige Gestaltungserklärung in Kraft zu setzen, folgt bereits aus dem Charakter des Vertrages als Mittel privatautonomer Rechtsgestaltung, ergibt sich aber auch aus den gesetzlichen „Vorbildern" der §§ 4 9 7 Abs. 1, 5 0 5 Abs. 2 BGB. Das Konsensprinzip bleibt gewahrt, weil die Parteien bereits im Optionsvertrag die hauptvertragliche Regelung treffen. Damit gründet sich das Hauptvertragsverhältnis sowohl auf die Optionsrechtsausübung als auch auf den Optionsvertrag. Beide Akte gemeinsam bilden die Tatbestandsmerkmale des Hauptvertrages. 2517 Weiter wird darüber diskutiert, ob der rechtlich selbständige Optionsvertrag im Falle der Entgeltlichkeit als Kauf, 2 5 1 8 kaufähnlicher Vertrag 2 5 1 ' oder Vertrag sui generis 2 5 2 0 zu qualifizieren ist. Die Anhänger der Theorie von Angebotsvertrag werden am ehesten zur letztgenannten Variante tendieren; für diejenigen, die im Optionsrecht ein Gestaltungsrecht erblicken, kommt (abhängig vom Grad der Eigenständigkeit, den sie dem Optionsrecht zuerkennen) auch die Einordnung bei § 4 3 3 B G B oder § 4 5 5 B G B in Betracht. Der Umstand, daß das Optionsrecht vor Vertragsschluß noch nicht existiert, ließe dieses Verständnis unberührt. 2 5 2 1
bb) Sekundärgeschäfte Der Übertragung einer laufenden unverbrieften Devisenoption liegt ohne weiteres ein rechtlich selbständiges Geschäft zugrunde, schon weil Stillhalter, Optionsveräußerer und Optionserwerber personenverschieden sind. 2 5 2 2 Der Vertrag zwischen Optionsveräußerer und Optionserwerber ist rechtslogisch verschieden vom Optionsbegründungsgeschäft zwischen Stillhalter und Optionsveräußerer, aber auch von dem bei Optionsausübung zustandekommenden bzw. wirksam werdenden Hauptvertrag zwischen Stillhalter und Optionserwerber. Abermals stellt sich jedoch die Frage nach dem Geschäftstyp. 2523 Wer im Ergebnis annimmt, es werde nicht nur die isolierte Übertragung des Optionsrechts ge-
2 5 1 5 Entgegen einer verschiedentlich vertretenen Aufassung begründet die Bindung des Antragenden noch keine subjektivrechtliche Gestaltungsmacht des Empfängers; Bötticber FS Dölle (I) 41, 52 f; Georgiades FS Larenz, 409, 420 f. Wer ein Vertragsangebot annimmt, macht lediglich von einer Möglichkeit Gebrauch, die jedem Rechtssubjekt in gleicher Weise zusteht wie die Abgabe eines Vertragsangebots; Georgiades aaO. 2516 Georgiades FS Larenz, 409, 421 ff; Larenz SchuldR 11/1, 158; Hammen ZIP 1987, 151, 152 ff; v. Arnim AG 1983, 29, 40; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 25 ff; Maser Termin- und Differenzeinwand, 129 f; Häuser DB 1985, 1169,1170; unentschieden Kumpel WM 1985, 73. 2517 Georgiades FS Larenz, 409, 423. 2 5 1 8 Etwa OLG Köln WM 1983, 1072, 1073; Schönle Bank- und Börsenrecht, 469; Huber in Soergel12, Vor § 433 Rn 80. 2519 Pecher in MünchKomm-BGB2, § 764 Rn 21. 2520 Hammen ZIP 1987, 151, 155; Ebenmth/Einsele ZIP 1988, 205, 210. 2 5 2 1 Oben § 2 II.4.a. Zur Parallelsituation beim Devisenkauf; aA Hammen ZIP 1987, 151, 155; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 210. 2 5 2 2 Vgl Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 5, 7; unklar OLG Bamberg WM 1989, 745, 748 f. 2 5 2 3 Jedenfalls bei Übertragung von (unverbrieften) Aktienoptionen ist als causa überwiegend von Kaufverträgen die Rede; siehe etwa BGHZ 117, 135, 138; Hammen ZIP 1987, 151, 155; Kumpel WM 1985, 73 f; André Verbindlichkeit, 127.
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schuldet, 2524 sondern zusätzlich der (Haupt-)Vertragsübergang unter Zustimmung des Stillhalters, 2525 sieht sich im Falle formularmäßiger Zustimmung vor dem Hintergrund des § 11 Nr 13 AGBG erneut mit der Einordnung des Optionsbegründungsgeschäfts konfrontiert. 2526
b)
Devisenoptionsscheine
Beim Geschäft mit Devisenoptionsscheinen ist die vertragsrechtliche Situation derjenigen bei unverbrieften Optionen ähnlich, und zwar ohne daß es darauf ankäme, ob die Optionsscheine Annexrechte zu festverzinslichen Wertpapieren (Optionsanleihen) 2527 bilden oder ob sie (wie zumeist) unabhängig von einer anderen Emission herausgegeben werden (sog. naked warrants). 2528 Stillhalter, Optionsscheinveräußerer und Optionsscheinerwerber (ggf. zusätzlich der Emittent, falls die Emission nicht durch den Stillhalter erfolgt) sind personenverschieden. Die wertpapierrechtliche Verbriefung des Optionsrechts im Optionsschein (Inhaberschuldverschreibung i.S.d. § 793 BGB) 2529 macht die mehrgliedrige Vertragskonstruktion noch transparenter. Der Optionsschein hat einen eigenen Marktwert und ist selbständig handelbar; 2530 das Optionsrecht läßt sich auf diese Weise nach §§ 929 ff. BGB übertragen (das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier).2531 Damit wird der Emittent gegenüber jedem berechtigten Inhaber des Optionsscheins zur Partei eines Devisenkaufs bzw. -Verkaufs, abhängig lediglich von der Ausübung des Optionsrechts. Emissions(=primär)geschäft, Sekundärgeschäft und Hauptgeschäft (über Devisen) sind rechtlich selbständig. 2532
2524
So BGHZ 117, 135, 138: Erfüllung durch Übertragung des verkauften Optionsrechts auf den Käufer nach §§ 413, 398 BGB; vgl auch André Verbindlichkeit, 50, 127. 2525 Zur Vertragsübernahme als Verfügungsgeschäft etwa Larenz SchuldR I, 618; Nörr/Scheyhing Sukzessionen, 253. 2526 Dazu Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 210. 2527 Schwark WM 1988, 921, 922 und dort Fn 10; ders BörsG, Einl §§ 50-70 Rn 17; Horn ZIP 1990, 2, 13; G.H. Roth in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 11 Rn 30; Drygala ZHR 159 (1995) 686, 688; André Verbindlichkeit, 32; Zahn Handlexikon, 335 f. 2528 Zu dieser Optionsgestaltung etwa Andreas Fuchs AG 1995, 433 ff; Drygala ZHR 159 (1995) 686, 689; Zahn Handlexikon, 335 ff; K. Steiner WM 1990, 1776 ff; Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 4; Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 18 ff, dort auch zu Devisenoptionen in Gestalt sog. „capped warrants", bei denen Kauf- und Verkaufsoptionsscheine kombiniert werden; zu sog. „covered warrants" siehe Klein Die Bank 1990, 283 ff; André Verbindlichkeit, 27 ff. 2529 BGHZ 114, 177, 180; OLG Bamberg WM 1989, 745, 748; Schwark WM 1988, 921, 922; Schumann Optionsanleihen, 15 ff; Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1057. 2530 Gehandelt wird mit Devisenoptionen sowohl im organisierten Markt als auch im Telefonverkehr, vgl Zahn Handlexikon, 336 f. 2531 OLG Bamberg WM 1989, 745, 748. Die Übertragung kann statt dessen auch durch bloße Abtretung gemäß §§ 398, 413 BGB erfolgen; das Recht am Papier folgt in diesem Falle dem Recht aus dem Papier (§ 952 BGB); siehe etwa Marburger in Staudinger13, § 793 Rn 20; André Verbindlichkeit, 50. 1532 BGHZ 114, 177, 180 f; OLG Bamberg WM 1989, 745, 748 (Geschäfte über abgetrennte Aktienoptionsscheine); LG Karlsruhe WM 1990, 497, 499; vgl auch LG Hildesheim WM 1996, 1576 ff (Geschäfte über Devisenoptionsscheine); aus dem Schrifttum, das sich ganz überwiegend mit Aktienoptionsscheinen befaßt hat, siehe insbes. Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 5, 7 f.
§ 1 0 : Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
II.
403
Die Verbindlichkeit von Devisentermin- und Devisenoptionsgeschäften
Problematisch war und ist die rechtliche Verbindlichkeit von Devisentermin- und Devisenoptionsgeschäften. Schranken errichtet das deutsche Recht namentlich durch S S 5 0 ff. BörsG und S S 7 6 4 , 7 6 2 BGB, mit denen insbesondere unerfahrene Privatleute vor den mit spekulativen Geschäftstätigkeiten verbundenen Verlustrisiken geschützt werden sollen. Auch durch die Börsengesetz-Novelle 1 9 8 9 2 5 3 3 hat jedoch das Verhältnis von börsenrechtlichem Termineinwand und bürgerlichrechtlichem Differenzeinwand keine Klärung erfahren. Streit herrscht ferner über die tatbestandliche Reichweite beider Rechtsinstitute. Um die Zusammenhänge transparenter zu machen, soll zunächst ein Blick auf den Differenzeinwand nach SS 7 6 4 , 7 6 2 BGB geworfen werden, bevor eine Stellungnahme zum Termineinwand nach altem und nach neuem Börsenrecht erfolgt.
1.
Differenzeinwand, § 7 6 4 i.V.m. § 7 6 2 B G B
S 7 6 2 BGB versagt bestimmten aleatorischen Verträgen, nämlich Spiel- und Wettvereinbarungen, die Verbindlichkeit (S. 1), erkennt sie aber als Rechtsgrund für Erfüllungsleistungen an (S. 2). Nach zutreffender Auffassung handelt es sich um „unvollkommene Verbindlichkeiten" (Naturalobligationen), denen das Gesetz die Rechtswirksamkeit bis auf einen geringen Rest versagt. 2534 Insbesondere ihre gerichtliche Durchsetzbarkeit ist ausgeschlossen. S 7 6 4 BGB erstreckt diese Wertung auf das sog. Differenzgeschäft, d.h. auf eine bestimmte Art spekulativer Geschäftstätigkeit, die aus den Schwankungen des Marktes ihren Gewinn zu ziehen sucht. 2 5 3 5 Wenn im Zusammenhang mit der mangelnden Verbindlichkeit derartiger Geschäfte von „Differenzeinwand" 25 " gesprochen wird, heißt dies freilich nicht, daß die begünstigte Partei einen solchen Einwand explizit erheben müßte - weder gegenüber dem anderen Vertragsteil noch im Prozeß. Es handelt sich um eine rechtshindernde Einwendung im materiellrechtlichen Sinne, die das Gericht von Amts wegen beachtet. 2 5 3 7
a)
Eingliedrige und zweigliedrige Differenzgeschäfte
Dem Verdikt zurückgesetzter Rechtswirksamkeit unterwirft S 7 6 4 BGB, sofern man sich streng am Wortlaut der Vorschrift orientiert, nur das „eingliedrige" bzw. „reine" Differenzgeschäft, 2538 mitunter auch „Kurswette" genannt. 2539 Dazu zählt Satz 1 der BestimBGBl, 1412. N. Engel in Staudinger13, Vorbem zu §§ 762-764 Rn 3; Seibert in RGRK-BGB, § 762 Rn 1, 6. 2 5 3 5 Vgl RGZ 117, 267, 269; BGHZ 58, 1, 2; Habersack in MünchKomm-BGB3, § 764 Rn 1. 2 5 3 6 So die einhellige Terminologie; vgl auch § 58 Abs 1 S 1 BörsG: „... ein Einwand aus den §§ 762 und 764 des Bürgerlichen Gesetzbuches...". 2 5 3 7 Etwa BGH NJW 1981, 1897; Nussbaum BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 15, 31; N. Engel in Staudinger13, § 762 Rn 14, § 764 Rn 25; die Darlegungs- und Beweislast trifft allerdings die Partei, für die sich die Unverbindlichkeit des Geschäfts als günstig erweist. 2538 Göppert ZHR 99 (1934) 259, 261; N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 3 ff; Häuser/R. Weiter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 170. 2539 Franke DB 1975, 1541, 1543. 2533 2534
404
4. Teil: Sicherungen
mung Verträge, die auf Lieferung von Waren oder Wertpapieren lauten und in der Absicht geschlossen werden, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem Börsen- oder Marktpreis der Lieferungszeit von dem verlierenden Teil an den gewinnenden Teil gezahlt werden soll. Derartige Gestaltungen sind in der Rechtswirklichkeit selten anzutreffen, 2540 und es hätte auch nicht § 764 S. 1 BGB zu ihrer Erfassung bedurft. Das „offene" Differenzgeschäft, bei dem die Parteien ausdrücklich festlegen, daß nicht geliefert werden soll, unterfiele bereits § 762 BGB; 2541 für das „verdeckte" Differenzgeschäft, das durch die nicht ausgesprochene Differenzabsicht beider Parteien charakterisiert wird, würde über § 117 Abs. 2 BGB Entsprechendes gelten. 2542 Eigenständige Relevanz besäße bei reinen Differenzgeschäften lediglich Satz 2 des § 764 BGB, wonach der Vertrag auch dann als Spiel anzusehen ist, wenn nur die Absicht des einen Teils auf die Zahlung der Differenz gerichtet ist und der andere Teil diese Absicht kennt oder kennen muß. Vielfach wird auch diese Variante des eingliedrigen Differenzgeschäfts mit dem Adjektiv „verdeckt" versehen. Devisentermin- und Devisenoptionsgeschäfte im dargestellten Sinne würden bei wortgetreuem Verständnis des § 764 BGB von vornherein dem Differenzeinwand entzogen sein. Nicht etwa weil Devisen (genauer: Buchgeid in Fremdwährung) keine „Waren" i.S. dieser Bestimmung darstellten, 2543 sondern weil es nicht um den Abschluß einzelner Verträge geht, bei denen die Parteien (oder zumindest eine von ihnen) die tatsächliche Lieferung ausschließen und lediglich auf die Kursentwicklung am Devisenmarkt bis zum Lieferungszeitpunkt spekulieren. 2544 Die Rechtsprechung hat § 764 BGB allerdings schon seit jeher über seinen Wortlaut hinaus auf zweigliedrige Differenzgeschäfte 2545 angewandt. 2546 Beim typischen zweigliedri2540
Konnte lange Zeit behauptet werden, derartige Geschäfte spielten im praktischen Leben nicht die geringste Rolle (siehe etwa Mugdart Materialien II, 361 f; Nussbaum Die Börsengeschäfte, 632; Pecher in MünchKomm-BGB2, § 764 Rn 2), läßt sich diese krasse Einschätzung heute nicht mehr aufrecht erhalten. Diskutiert wird im Zusammenhang mit eingliedrigen Differenzgeschäften namentlich über Fest- und Optionsgeschäfte auf der Basis von Aktienindizes, bei denen die tatsächliche Lieferung des dem Geschäft zugrunde liegenden Gegenstandes (sieht man von einem etwaigen Optionsschein ab) schon aus tatsächlichen Gründen ausscheidet und deshalb von vornherein nur Differenzzahlungen gewollt sind; LG Stuttgart ZIP 1996, 1339, 1340; Rümpel WM 1987, 1321, 1323; ders WM 1989, 81, 84; ders WM 1990, 449, 450; ders Bank- und Kapitalmarktrecht, 1049 f; Schwark BörsG2, § 58 Rn 4; N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 3 f; Arendts MDR 1997, 117, 118; Drygala EWiR $ 53 BörsG 3/96, 701 f; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 172; Jaskulla ZBB 1997, 171, 174 f, 176. Entsprechendes gilt, wenn AGB oder Handelsusancen die effektive Lieferung der gehandelten Ware ausschließen; Kumpel aaO; Häuser ZBB 1992, 249, 259. 2541 RGZ 147, 112, 114 f; Nussbaum Die Börsengeschäfte, 633; Franke DB 1975, 1541, 1543; Kumpel WM 1987, 1321, 1322 f; ders WM-Sonderbeilage 6/1982, 8; der Anwendungsbereich des § 762 BGB wäre dabei in gleicher Weise einzuschränken wie der des § 765 BGB. 2542 N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 5; Seiler in Erman', § 764 Rn 2. 2543 Daß Devisen als Waren iSd § 764 BGB anzusehen sind, ist allgemein anerkannt; zB BGHZ 105, 263, 266 f; BGH WM 1979, 1381, 1382 f; Hopt FS Werner, 339; Franke DB 1975, 1541, 1543 ff. 2544 In Betracht gezogen werden könnte im Einzelfall allenfalls der Spieleinwand des § 762 BGB; Schwark BörsG2, § 58 Rn 3. Dessen Voraussetzungen sind jedoch enger, schon weil eine dem S 764 S 2 BGB entsprechende Bestimmung fehlt; vgl aber Nussbaum Die Börsengeschäfte, 633 ff. 2545 Die Terminologie ist stark uneinheitlich. Bisweilen wird auch das hier sog. eingliedrige Differenzgeschäft als offenes Differenzgeschäft und das im folgenden zu behandelnde sog. zweigliedrige Differenzgeschäft als verdecktes Differenzgeschäft bezeichnet; so beispielsweise Kumpel WM 1987, 1321, 1322; ders WM 1990, 449, 450; ders Bank- und Kapitalmarktrecht, 1045 f; Häuser ZBB 1992, 249, 253. Die betreffenden Konstellationen werden jedoch schon begrifflich transparenter, wenn das
§ 1 0 : Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
405
gen Differenzgeschäft schließen die Parteien ein die Spekulation eröffnendes Termingeschäft, dessen Erfüllung dadurch vermieden werden soll, daß in einem als günstig erscheinenden späteren Zeitpunkt ein gleichartiges Gegengeschäft auf denselben Termin getätigt und nur die Preisdifferenz zwischen diesen beiden Geschäften ausgeglichen wird. 2 5 4 7 Die betreffende Differenz resultiert also nicht aus einem Vergleich zwischen dem vereinbartem Preis und dem Markt- bzw. Börsenpreis im Erfüllungszeitpunkt; maßgebend ist vielmehr der Unterschiedsbetrag zwischen dem Preis des Eröffnungsgeschäfts und dem des Gegengeschäftes. 2 5 4 8 Begründet werden durch beide Geschäfte echte Leistungspflichten, 2 5 4 ' denen die Parteien jedoch - soweit die Pflichten sich als gleichartig gegenüberstehen - nicht durch Erfüllung nachkommen, sondern durch Aufrechnung 2550 bzw. Skontration und Liquidation. 2 5 5 1 Zweigliedrige Differenzgeschäfte können, wie auch die dem Wortlaut des § 7 6 4 B G B entsprechenden eingliedrigen Differenzgeschäfte, in offener und in verdeckter Form auftreten. Möglich ist, das Gegengeschäft ebenfalls als Termingeschäft abzuschließen, es kann aber auch ein Kassageschäft getätigt werden. 2 5 5 2 Erfolgt die Abwicklung der Geschäfte unter Einschaltung eines Clearings, müssen nicht einmal die Vertragspartner beider Geschäfte identisch sein; das Gegengeschäft kann in solchen Fällen mit einem beliebigen Dritten abgeschlossen werden. 2 5 5 3
b)
Abgrenzung zum Umsatzgeschäft und zum umsatzbezogenen Geschäft
Kennzeichnend für jedes Differenzgeschäft, sei es des eingliedrigen oder des zweigliedrigen, ist der (von zumindest einer Partei) beabsichtigte Ausschluß tatsächlicher Lieferung des Vertragsgegenstandes. 2554 § 7 6 4 B G B will nur solche Geschäfte sanktionieren, die keine Begriffspaar „offen" - „verdeckt" allein für die Frage nach der äußeren Erkennbarkeit der Differenzabsicht reserviert bleibt. Franke DB 1975, 1541, 1543 spricht vom hier sog. zweigliedrigen Differenzgeschäft als dem „effektiven" Differenzgeschäft. Diese Wortwahl erscheint bereits deshalb als wenig glücklich, weil es Kennzeichen jedes Differenzgeschäfts ist, daß ein tatsächlicher („effektiver") Güterumsatz ausbleiben soll. 2 5 4 6 Etwa RGZ 79, 234, 238; 117, 267, 268 f; 146, 190, 192; BGHZ 58, 1, 2; BGH NJW 1980, 390, 391. Zur dogmatischen Begründung für diese Ausdehnung N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 8. 2 5 4 7 So besonders anschaulich Kämpel WM 1987, 1321, 1322; ders WM 1989, 81, 82; Häuser ZBB 1992, 249, 253; Häuser/R. Weiter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 174; siehe ferner N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 7; Scbwark BörsG2, § 58 Rn 5; Franke DB 1975, 1541, 1544; Pecher in MünchKomm-BGB2, § 764 Rn 4. 2548 Nussbaum Die Börsengeschäfte, 632 f; ders BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 23; Schwark WM 1988, 921, 923. 2 5 4 9 RGZ 147, 112,114. 2550Franke DB 1975, 1541, 1544; Kumpel WM 1987, 1321, 1323; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 105 f. 2 5 5 1 Siehe dazu K. Wach Terminhandel, Rn 38; Michahelles Die Funktionsweise und die Rechtsnatur der Skontration, 5 passim. 1552 Kumpel WM 1987, 1321, 1322; Schwark BörsG2, § 58 Rn 5; Häuser ZBB 1992, 249, 253 f; ders DB 1985, 1169, 1171. 2 5 5 3 Den Hintergrund bildet der Umstand, daß jeder Kontrakt mit der Clearing-Stelle zustande kommt, sobald sich die Parteien einig geworden sind. Siehe auch K. Wach Terminhandel, Rn 38, 42, 46; Kumpel WM 1989, 81, 84 Fn 24; vgl ferner schon Nussbaum BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 25. 2 5 5 4 Vgl BGHZ 103, 84, 90; 114, 177, 182; N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 16; Drygala EWiR § 53 BörsG 3/96, 701, 702.
406
4. Teil: Sicherungen
Beziehung zum Güteramsatz des Wirtschaftslebens aufweisen. 2555 Soll dagegen eine effektive Lieferung stattfinden, scheidet die Annahme eines Differenzgeschäfts aus. Angesichts dessen ist es „gleichgültig, ob der Zweck des Geschäfts der dauernde oder der vorübergehende Besitz des Kaufgegenstandes ist, ob dieser zur festen Anlage bestimmt ist oder ob er nur behufs Erzielung eines Gewinnes durch Weiterveräußerung vorübergehend, also zum Zwecke der Spekulation erworben wird".2556 Nicht die bloße Spekulationsabsicht macht also aus einem Termingeschäft ein Differenzgeschäft; vielmehr bedarf es des Willens, die Spekulation auf eine ganz bestimmte Weise durchzuführen, nämlich unter Verwendung der dargestellten kaufmännischen Abwicklungstechniken.2557 Dies hat etwa zur Folge, daß der Valutaschuldner, der bei einer Bank eine Devisenposition bzw. ein Fremdwährungsguthaben2558 per Termin kauft, um mit dem erworbenen Betrag seine künftig fällig werdende Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten zu erfüllen, dem Differenzeinwand richtigerweise schon deshalb nicht unterliegt, weil beabsichtigt ist, effektiv zu liefern.2559 Wie lange der gekaufte Valutabetrag im Vermögen des Käufers verbleiben soll, ist unerheblich.2560 Bei Optionsgeschäften liegen die Dinge komplizierter, schon weil sich die Frage aufdrängt, ob Optionsvertrag und Hauptvertrag (Devisenkauf bzw. -verkauf) ungeachtet ihrer vertragsrechtlichen Selbständigkeit für die Zwecke des § 764 BGB als Einheit betrachtet werden müssen.2561 Bejahte man dies mit der h.M., könnte nicht schon die Einräumung des Optionsrechts als effektive Lieferung qualifiziert werden. Statt dessen käme es darauf an, ob das Optionsgeschäft in der Absicht geschlossen wird, nur die Differenz zwischen strike price und dem Preis eines Gegengeschäfts im Zeitpunkt der Optionsausübung zu erzielen.2562
2555
R G Z 117, 267, 269. R G Z 147, 112, 114; ferner Kumpel W M 1987, 1321,1323 f; ders WuB I G 5.-3.89. 2557 Göppert Z H R 99 (1934) 259, 265; Habersack in MünchKomm-BGB 3 , § 764 Rn 1; Schwark W M 1988, 921, 923. 2558 Kümpel W M 1987, 1321, 1326 problematisiert die Frage, ob von tatsächlicher Lieferung der gekauften Devisen gesprochen werden kann, wenn eine Bank ihrem Kunden eine Fremdwährungsgutschrift auf dem bei ihr unterhaltenen Konto erteilt. Zweifel treten Rümpel zufolge deshalb auf, weil Fremdwährungsguthaben bei Inlandsbanken keine Devisen sind (zur Begrifflichkeit siehe S 12 ff und 51 ff); zur Problemlösung will er auf § 364 Abs 1 BGB zurückgreifen. Schon der Ausgangspunkt der Diskussion bedarf indes der Präzisierung. Devisen unterscheiden sich von Fremdwährungsguthaben nur durch die Belegenheit des Kontos, auf dem sich das Buchgeld befindet. Relevant ist daher in erster Linie die Parteiabrede über den O n , an dem die Gutschrift erfolgen soll. Der Inhalt der Abrede ist ggf im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Begriff „Devisen" Verwendung findet. Oftmals wird beim Devisenkauf ein Fremdwährungsguthaben im Inland gemeint sein. W o jedoch wirklich Devisen geschuldet und Fremdwährungsbuchgeld verschafft wird, geht es bei Licht besehen nicht um die Konsequenzen einer aliud-Lieferung, sondern um die Folgen einer Abweichung vom vereinbarten Leistungserfolgsort. Die Argumentation, durch das Terminengagement bei der Bank werde gerade eine offene Position geschlossen, würde also nicht verfangen; der Rückgriff auf die Vorstellung, die Vertragspartner von Eröffnungs- und Glattstellungsgeschäft müßten identisch sein, ist entbehrlich. 2560 Kumpel W M 1987, 1321, 1323 f. 2561 Dagegen etwa Kumpel W M 1987, 1321, 1324. 2562 Häuser ZBB 1992, 249, 253; wohl auch v. Arnim AG 1983, 29, 47 ff; Habersack in MünchKomm-BGB 3 , § 764 Rn 30; Schwark BörsG 2 , $ 58 Rn 8 f; den W M 1988, 921, 923 (auch zu Sekundärgeschäften mit unverbrieften Optionen). 2556
S 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
407
Anders mag man wiederum bei Optionsscheingeschäften auf dem Sekundärmarkt entscheiden.25" Selbst wenn aber ein Fest- oder ein Optionsgeschäft in der erkennbaren Absicht auch nur einer Partei geschlossen wird, es statt zur effektiven Lieferung der gehandelten Devisen nur zur Differenzzahlung kommen zu lassen, ist nicht notwendigerweise der Tatbestand des § 764 BGB erfüllt. Nach heute ganz einhelliger Ansicht erstreckt sich der Differenzeinwand schlechthin nicht auf wirtschaftlich berechtigte Geschäfte. Wegen der Gleichstellung der Differenzgeschäfte mit Spiel und Wette, könnten - so die zutreffende Begründung - von § 764 BGB nur solche Geschäfte erfaßt sein, die „in Widerspruch zum Lebensu n d Wirtschaftsernst stehen". 2564 Namentlich wenn das fragliche Geschäft eine Beziehung zu anderen, auf tatsächliche Lieferung gerichteten Verträgen im Betrieb des Einzelnen aufweist und zum Zweck der Sicherung gegen Verluste aufgrund unvorhersehbarer Schwankungen der Marktlage abgeschlossen wird, greift § 764 BGB nicht ein. 2565 Der beabsichtigte Differenzgewinn dient lediglich der Kompensation ansonsten drohender Einbußen im normalen Geschäftsbetrieb statt zur spekulativen Gewinnerzielung. H a t etwa ein Exporteur seine offene Fremdwährungsforderung gegen einen erwarteten Kursverlust der Schuldwährung durch ein zweigliedriges „Differenz"-Geschäft abgesichert, steht § 764 BGB der Rechtswirksamkeit dieser Hedge-Operation nicht entgegen. Entsprechendes gilt für den Importeur und Valutaschuldner, der bereits ein auf tatsächliche Lieferung zielendes Devisentermingeschäft abgeschlossen hat, das er nunmehr gegen einen Verfall der gekauften Fremdwährung sichert, 2566 indem er ein zweigliedriges gegenläufiges Geschäft abschließt. Damit konzentriert sich in der Praxis die Aufmerksamkeit auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen denn die in § 764 BGB verlangte Absicht (zumindest des einen Vertragspartners) angenommen werden kann, ein wirtschaftlich unberechtigtes Differenzgeschäft 2563 Problematisiert wird in aller Regel bereits die Frage, ob ein Kassa- oder ein Termingeschäft vorliegt. Bejaht man ein Kassageschäft, stellt sich die Frage der effektiven Lieferung im Rahmen des § 762 BGB. Geschäfte mit abgetrennten, dh aus einer Optionsanleihe stammenden Optionsscheinen, werden von der Rechtsprechung als Kassageschäfte gewertet, die eine effektive Lieferung (der Optionsscheine) zum Gegenstand haben; BGHZ 114, 177, 182; BGH MDR 1996, 1139, 1140. Bei selbständigen Optionsscheinen wurde zunächst ebenso entschieden; OLG Schleswig WM 1993, 503, 504; OLG Frankfurt/M. WM 1993, 684, 685; LG Marburg WM 1993, 640. Im Jahre 1994 nahm der BGH demgegenüber an, es lägen Börsentermingeschäfte vor; BGH WM 1994, 834, 837; 1994, 2231, 2232. Zu sog. Differenzoptionsscheinen auf Index-, Zins- oder Devisenbasis siehe auch Schwark BörsG2, § 5 8 Rn9. 2564 Franke DB 1975, 1542, 1544. Vgl auch Nussbaum Die Börsengeschäfte, 630: „Das Differenzgeschäft ... ist ein materieller Begriff, es ist das Spiel im Gegensatz zu dem wirtschaftlich berechtigten Geschäft"; zust etwa BGHZ 105, 263, 267. 2565 RGZ 107, 22, 24 f; 117, 267, 269; 146, 190, 193; BGHZ 58, 1, 5; 105, 263, 266 f; Pecher in MünchKomm-BGB2, § 764 Rn 19; v. Arnim AG 1983, 29, 43 f; Hopf FS Werner, 339, 341; Franke DB 1975, 1541, 1544; Schwark BörsG2, § 58 Rn 6, N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 18; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 46 f; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 180 ff. 2566 G e g e n einen Anstieg der Fremdwährung schützt ihn bereits das Devisentermingeschäft. Ein Kursverlust des Auslandsgeldes indes führt dann zu Wettbewerbsnachteilen, da für die per Termin gekaufte Valuta ex post betrachtet zuviel gezahlt worden ist. Weitere Beispiele aus dem Warenterminhandel bei Nussbaum Die Börsengeschäfte, 634 f; Göppert ZHR 99 (1934) 259, 272 ff; siehe ferner die Darstellung in RGZ 107, 22, 24 f.
4. Teil: Sicherungen
408
durchzuführen. 2 5 6 7 Die reichsgerichtliche Rechtsprechung hat vor allem zum Wertpapierund Warentermingeschäft einen detaillierten Indizienkatalog entwickelt, 2568 anhand dessen zugleich der in § 764 S. 2 BGB enthaltene Fahrlässigkeitstatbestand präzisiert werden sollte. Die Unkenntnis von der beim anderen Teil bestehenden Differenzabsicht beruhte danach grundsätzlich auf Fahrlässigkeit, sofern die betreffenden Indizien vorlagen. 2569 Für das Reichsgericht kam es insbesondere darauf an, ob das Grundgeschäft, das eine etwaige Spekulationsmöglichkeit eröffnete, zum Berufskreis des Vertragschließenden in Beziehung stand. 2570 Weiter sollten u.a. relevant sein können: ein auffälliges Mißverhältnis zwischen dem Vermögen des Vertragschließenden und dem Umfang seines Terminengagements; 2571 häufige Käufe und Verkäufe ohne effektive Erfüllung; 2572 bloße Verbuchung der entstandenen Differenz statt der vollen Vertragspreise, aus denen sich die Differenz ergab; 2573 regelmäßige Prolongationen; 2574 Geringfügigkeit der gegebenen Deckung. 2575 Was für den Wertpapier- und Warenterminhandel auch heute noch überzeugend sein mag, läßt sich jedoch - wie insbesondere Hopt herausgearbeitet hat 2576 - nur mit Einschränkungen auf den Bereich der Devisengeschäfte übertragen. Zwar besteht bei Devisenfest- und Devisenoptionsgeschäften, die sich zwischen Unternehmen und Banken abspielen und zur Geschäftssphäre des auftraggebenden Unternehmens zählen (Import/Export), die tatsächliche Vermutung, daß es sich um effektive Lieferungs- oder wirtschaftlich berechtigte Sicherungs- bzw. Deckungsgeschäfte handelt. 2577 Von den übrigen erwähnten Indizien besitzt jedoch bei Unternehmen mit objektiv bestehendem Kurssicherungsbedarf nur die Relation zwischen den Vermögensverhältnissen des Unternehmens und der Größenordnung seines Termin- bzw. Optionsengagements praktische Bedeutung. 2578 Dies gilt namentlich dann, wenn das Unternehmen sich der Technik pauschaler Kurssicherung bedient. Insbesondere häufige Prolongationen und rasch aufeinanderfolgende Fremdwährungskäufe und -Verkäufe sind angesichts der Liquiditäts- und Sicherungsbedürfnisse international tätiger Unternehmen durchaus nicht ungewöhnlich. Für den danach primär anzustellenden Größenordnungsvergleich kommt es darauf an, die jeweils laufenden Fremdwährungskäufe und -Verkäufe einander gegenüberzustellen und zu saldieren. Das solchermaßen ermittelte Volumen der Termin- und Optionsgeschäfte muß in einem vernünftigen
2567
Die bloße Inaussichtnahme, das Geschäft vielleicht durch Differenzzahlung zu erledigen, genügt den Anforderungen des § 764 BGB nicht; Nussbaum BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 24. 2568 Beginnend bereits mit RGZ 34, 82 ff; eingehend auch Nussbaum BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 26 ff. 2569
N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 17.
2570
RGZ 34, 82, 86; 34, 264, 268; 107, 22, 26; 117, 267, 269; 146, 190, 193. RGZ 34, 82, 86; 34, 264, 268; RG WarnR 1914 Nr 157 (214 f). 2572 RGZ 79, 381, 387; RG WarnR 1929 Nr 82 (142, 143). 2573 RGZ 79, 234, 236; RG JW 1898, 294 Nr 50; vgl ferner RG J W 1897, 453 Nr 19: Bemerkungen in der Parteikorrespondenz, aus denen hervorgeht, daß die Parteien sich nur als Gläubiger und Schuldner von Differenzen betrachten. 2574 RGZ 34, 264, 268; RG JW 1900, 297 Nr 14. 2575 RGZ 34, 264, 268. 2571
2576 2577
Hopt FS Werner, 339, 343 ff. Hopt FS Werner, 339, 343; wohl auch N. Engel in Staudinger", § 764 Rn 18; Franke DB 1975,
1541, 1544. 2578
Hopt aaO 339, 343, 348, 353 ff.
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
409
Verhältnis zu den Unternehmensdaten des Auftraggebers stehen. 2 5 7 9 Ist dies der Fall, ändert die Mitnahme von Kursgewinnen an dem Gesamtbild wirtschaftlich berechtigter Geschäfte nichts. Im Einzelfall können die genannten Indizien allerdings entkräftet werden, etwa durch Parteierklärungen, aus denen sich die Absicht zur bloßen Spekulation ergibt. 2 5 8 0
2.
W i r k s a m k e i t s v o r a u s s e t z u n g e n bei B ö r s e n t e r m i n g e s c h ä f t e n
Die Rechtsverbindlichkeit von Börsentermingeschäften hat in den §§ 5 0 ff. BörsG eine gesonderte Regelung erfahren. Dem Gesetzgeber ging es darum, eine objektive, personell abgegrenzte „Börsenrechtssphäre" zu schaffen und damit einen Freiraum zur Verfügung zu stellen, innerhalb dessen es keine Rolle spielen soll, ob die Parteien wirtschaftlich berechtigte oder spekulative Geschäfte abschließen. 2581 § 5 3 BörsG erklärt zu diesem Zweck Börsentermingeschäfte schlechthin für verbindlich, sofern nur beide Vertragsteile börsentermingeschäftsfähig (etwa als Vollkaufleute i.S. des bis Juni 1 9 9 8 geltenden Rechts bzw. danach als Kaufleute) sind. Und § 5 8 BörsG legt fest, daß gegen Ansprüche aus Börsentermingeschäften von demjenigen, für den das Geschäft nach S 53 BörsG verbindlich ist, der Spiel- oder Differenzeinwand nach §§ 7 6 4 , 7 6 2 B G B nicht erhoben werden kann. Fehlt es dagegen auf Seiten auch nur einer Partei des Börsentermingeschäfts an der erforderlichen Börsentermingeschäftsfähigkeit, ist ein zu spekulativen Zwecken abgeschlossenes Geschäft stets unverbindlich; ob diese Rechtsfolge auch Börsentermingeschäfte umfaßt, die zu Hedging-Zwecken abschlossen worden sind, wird uneinheitlich beantwortet.
a)
Das Börsentermingeschäft als Tatbestandsvoraussetzung der §§ 52 ff. BörsG
§ 4 8 des Börsengesetzes von 18 9 6 2 5 8 2 definierte Börsentermingeschäfte noch als „Kaufoder sonstige Anschaffungsgeschäfte auf eine fest bestimmte Lieferungszeit oder mit einer fest bestimmten Lieferungsfrist, wenn sie nach Geschäftsbedingungen geschlossen werden, die von dem Börsenvorstand für den Terminhandel festgesetzt sind, und wenn für die an der betreffenden Börse geschlossenen Geschäfte solcher Art eine amtliche Feststellung von Terminpreisen ... erfolgt". Bereits in der Börsengesetz-Novelle 1 9 0 8 2 5 8 3 jedoch wurde diese Legaldefinition, die sich in der Praxis schnell als untauglich erwies, 2 5 8 4 ersatzlos fallen gelassen und die Begriffsbestimmung fortan Rechtsprechung und Wissenschaft überant-
2579
Hopf aaO 339, 353.
Nussbaum BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 29; N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 16. Begründung zum Gesetzentwurf betr. die Änderung des Börsengesetzes vom 22.11.1907, Verhandlungen des Reichstages 1907/1908 Nr 4 8 3 (2597, 2609); RGZ 140, 132, 135; BGHZ 105, 263, 2580
2581
268; Nussbaum BörsG, § 53 Anm I; Hellwig/de Lousanoff FS Stiefel, 309, 331; Schwark BörsG2, § 53 Rn 1; Häuser/R. Welter Börsentermingeschäfte, § 16 Rn 30; Häuser in Soergel", § 764 Rn 11; ders ZBB 1992, 249, 263; Hopt BB 1984, 417, 419; Kumpel WuB I G 5.-3.89. 2582 2583 2584
RGBl I, 157, 169. RGBl I, 215. Zu den einzelnen Etappen dieser Entwicklung Nussbaum
BörsG, Vorbem 4. Abschn. Abs 4 6 ;
Häuser/R. Welter Börsentermingeschäfte, § 16 Rn 52 ff; Kumpel WM-Sonderbeilage 6/1982, 5.
4. Teil: Sicherungen
410
wortet. 2585 In der jüngsten Novelle aus dem Jahre 19892586 hat der Gesetzgeber sich ebenfalls einer Definition des Börsentermingeschäfts enthalten, zugleich aber („ein Stück ungewöhnlicher und auf den ersten Blick befremdlicher Gesetzgebungstechnik")2587 die ausdehnende Anwendung des nicht definierten Begriffs vorgeschrieben. So sieht nunmehr § 50 Abs. 1 S. 1 BörsG vor, daß Börsentermingeschäfte, soweit sie an der Börse abgeschlossen werden (Börsenterminhandel), der Zulassung durch den Börsenvorstand nach näherer Bestimmung der Börsenordnung bedürften. Und § 50 Abs. 1 S. 2 BörsG fährt fort: „Zu den Börsentermingeschäften gehören auch Geschäfte, die wirtschaftlich gleichen Zwecken dienen, auch wenn sie nicht auf Erfüllung ausgerichtet sind."2588 Zur Begründung für diese Neufassung des § 50 BörsG wird hervorgehoben, der Begriff des Börsentermingeschäfts solle zwar in Anlehnung an die bisherige inhaltliche Ausfüllung durch Literatur und Rechtsprechung erweitert und der neueren Entwicklung angepaßt werden. Weil es jedoch darum gehe, einen wirtschaftlich komplexen Tatbestand zu erfassen, der in Gestalt neuer Geschäftsformen ständigen Wandlungen unterworfen sei, empfehle es sich, wie in der Vergangenheit von einer abschließenden gesetzlichen Begriffsbestimmung Abstand zu nehmen.2589 Konsequenzen, allerdings nur systematischer Art, hat die Neufassung des § 50 BörsG auch für Termingeschäfte in Devisen gebracht. Vor der Novelle waren die Vorschriften über den Börsenterminhandel nach §§ 50 ff. BörsG für Geschäfte in bestimmten Handelsgegenständen (Waren und Wertpapiere) reserviert, und es bedurfte einer speziellen Anordnung in § 96 Abs. 1 BörsG, um die Regeln des IV. Abschnitts des BörsG auch auf Geschäfte in ausländischen Zahlungsmitteln zur Anwendung zu bringen.2590 § 50 BörsG n.F. verzichtet nunmehr auf eine Beschränkung der Handelsgegenstände, Termingeschäfte in Devisen werden damit unter den weiteren Voraussetzungen für Börsentermingeschäfte unmittelbar erfaßt. Die Gleichstellungsverweisung in § 96 Abs. 1 BörsG auf den IV. Abschnitts konnte dementsprechend gestrichen werden. aa)
Begriffsmerkmale
und
Risikotypik
Einigkeit besteht seit langem darüber, daß Börsentermingeschäfte keiner Anbindung an ein Börsengeschehen bedürfen. 2591 Weder muß das fragliche Termingeschäft durch Vermittlung einer Börse abgeschlossen sein (dies folgt heute unmittelbar aus § 50 Abs. 1 S. 1 BörsG)2592,2593 noch ist erforderlich, daß börsenmäßige Usancen oder Preise zugrunde 2585
Begründung zum Gesetzentwurf betr. die Änderung des Börsengesetzes vom 22.11.1907; Verhandlungen des Reichstages 1907/1908 Nr 483 (2597, 2606); siehe dazu Kumpel WM-Sonderbeilage 6/1982, 5; Imo Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Bd I, 200. 2S86 BGB1, 1412. 2587 Horn ZIP 1990, 2, 9. 2588 Die Gesetzgebungsmaterialien nennen in diesem Zusammenhang ausdrücklich Indexoptionen, Futures-Geschäfte und short-sales; BT-Drucks 11/4177, 18; siehe ferner BGH WM 1994, 834, 837; Häuser ZBB 1992, 249, 258. 2589 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks 11/4177, 18. 2590 Siehe bereits S 56 ff. 2591 Eingehend dazu Kumpel WM-Sonderbeilage 1/1991, 8 Anm II; Franke DB 1975, 1541 Fn 4; ferner Hopt BB 1984, 417, 420; Häuser ZBB 1992, 249, 258. 2592 Die Formulierung in § 50 Abs 1 S 1 BörsG zielt namentlich auf die Einbeziehung von Devisentermingeschäften; Begr. RegE, BT-Drucks 11/4177, 18.
§ 1 0 : Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
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gelegt werden. 2594 Nach traditionellem, wenngleich durch die facettenreichen Derivatinstrumente der jüngsten Zeit 2595 fragwürdig gewordenem 2596 Verständnis unterfallen dem Begriff des Börsentermingeschäfts alle Verträge über Wertpapiere, vertretbare Sachen oder Devisen nach gleichartigen Bedingungen, die von beiden Seiten erst zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt zu erfüllen sind und die einen Bezug zu einem Terminmarkt haben, der es ermöglicht, jederzeit ein Gegengeschäft abzuschließen. 2597 Ob es sich um einen klassifikatorischen (und teleologisch auszulegenden) Rechtsbegriff handelt oder um eine typusmäßige Umschreibung mit festen Merkmalen im Kernbereich und variablen Merkmalen in den Randzonen, 2598 ist für die Rechtsanwendung wohl eher zweitrangig. 2599 Einigkeit herrscht jedenfalls darüber, daß (ob eigenständiges Merkmal 2600 oder nicht, 2601 sei dahingestellt) 2602 die besondere Risikostruktur des Börsentermingeschäfts durch den sog. „Leverage(Hebelwirkungs)effekt" gekennzeichnet wird. Gemeint ist die durch Börsentermingeschäfte eröffnete Möglichkeit, mit Hilfe eines geringfügigen Einsatzes oder gar gänzlich ohne ihn an den Kursbewegungen hochwertiger Vertragsgegenstände (namentlich Devisen) teilzunehmen. 2603 Bereits geringe prozentuale Veränderungen im Kurs der gehandelten Basiswerte können damit - absolut betrachtet zu hohen Gewinnen oder Verlusten führen. Auf den Leverage-Effekt hat auch der BGH zur Abgrenzung zwischen Kassa- und Börsentermingeschäft abgehoben. 2604 In BGHZ 103, 84, 88 heißt es (bezogen auf Festgeschäfte) weiter: „Bei der Terminspekulation sollen Gewinne im Grundsatz ohne Einsatz eigenen Vermögens und ohne Inanspruchnahme eines förmlichen Bankkredits allein durch ein Gegengeschäft erzielt werden, das die erwartete oder zumindest erhoffte Entwicklung des Marktpreises ermöglichen soll. Der Kunde ver-
2593 Nicht auf den Ort des Vertragsabschlusses bezieht sich der Wortbestandteil „Börse" beim Börsentermingeschäft, sondern auf das typische Risiko, wie es mit den ursprünglich nur an der Börse getätigten Termingeschäften verbunden ist; Kumpel WM-Sonderbeilage 1/1991, 8 Anm II. 2594 Franke aaO; Imo Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Bd I, 202. 2595 Zu Digital-, Gap-, Plain Vanilla- und anderen Derivattypen der zweiten und dritten Generation Rodt/Schäfer Die Bank 1996, 602 ff; vgl auch Kumpel WM 1997, 49, 51. 2596 Siehe nur Kiimpel WM 1997, 49 ff, der fordert, den Begriff „Börsentermingeschäft" durch den Begriff „Derivatgeschäft" im Sinne der bevorstehenden Novelle des Wertpapierhandels- und des Kreditwesengesetzes zu ersetzen; ferner Jaskulla ZBB 1997, 171 ff. 2597 BGHZ 92, 317, 320; 114, 177, 179; BGH WM 1988, 289, 290; OLG Bamberg WM 1989, 746, 747; LG Karlsruhe WM 1989, 497, 499; Habersack in MünchKomm-BGB 3 , § 764 Rn 24; Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1023; Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 2 ff; Horn ZIP 1990, 2, 9; Ebenroth/Einsele ZIP 1988, 205, 208; N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 32. 2598 Dafür etwa Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 5 f; ferner Göppert BankArch 12 (1912/13) 271, 272 f; Rössner/Lachmaier BB 1986, 1377, 1384; Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1023; Härtung Wertpapieroptionsgeschäft, 186 ff; Kiimpel WM-Sonderbeilage 1/1991, 3 f; ders Bank- und Kapitalmarktrecht, 1041; Jaskulla ZBB 1997, 171, 173 ff. 2599 Häuser ZBB 1992, 249, 259; HäuserlR. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 67; gegen eine typisierende Betrachtung Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 9. 2600 Etwa HäuserlR. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 91. 2601 BGHZ 103, 84, 87 f; Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 9 ff. 2602 Vgl auch Jaskulla ZBB 1997, 171, 176 f. 2603 Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 8; Häuser ZBB 1992, 249, 260; Horn ZIP 1990, 2, 10, 12; Härtung Wertpapieroptionsgeschäft, 188; K. Wach Terminhandel, Rn 642; Kiimpel WMSonderbeilage 1/1991, 4 ,6; ders WM 1977, 49, 53; Jaskulla ZBB 1997, 171, 173, 176 f. 2604 BGHZ 103, 84, 86 f.
4. Teil: Sicherungen
412
läßt sich hier für die Erfüllung seiner eingegangenen Verbindlichkeiten allein auf eine günstige, jedoch ungewisse Entwicklung des Marktpreises. In dieser beabsichtigten Glattstellung des die Terminspekulation eröffnenden Geschäfts durch ein gewinnbringendes Gegengeschäft liegt die besondere Gefährlichkeit der Börsentermingeschäfte. Die Erwartung, das Terminengagement durch ein gewinnbringendes Glattstellungsgeschäft auflösen zu können, erweckt bei geschäftlich Unerfahrenen den oft trügerischen Anschein eines leichten Gewinns. Bei gegenläufiger Entwicklung des Marktpreises droht den Kunden jedoch ein schwer voraussehbarer Schaden aus dem Abschluß des Glattstellungeschäfts zu einem dann verlustbringenden Marktpreis".
bb) Insbesondere: Hinausgeschobene Fälligkeit und Risikotypik bei Devisenoptionsgeschäften Bereiten hinausgeschobene Fälligkeit und Risikotypik bei Festgeschäften in Devisen kaum Probleme, hat es dagegen über die Abgrenzung zwischen Kassa- und Börsentermingeschäften beim Optionshandel in den letzten Jahren heftige Diskussionen gegeben. Insbesondere die Frage, welche Anforderungen §§ 5 0 , 5 3 BörsG an die geschäftsspezifische Verlustgefahr genau stellen, rückte dabei in den Vordergrund. Zu unterscheiden ist abermals zwischen Primärgeschäften und Sekundärgeschäften sowie verbrieften und unverbrieften Optionen. (1)
Primärgeschäfte
Überprüft man zunächst die Ersteinräumung (Begründung) einer Devisenoption, so ist mit der h.M. davon auszugehen, daß Optionsvertrag und Hauptvertrag (Devisenkauf bzw. verkauf) ungeachtet ihrer vertragsrechtlichen Selbständigkeit für die Zwecke des BörsG als einheitliches Zeitgeschäft anzusehen sind. 2 6 0 5 Die nach § 5 0 Abs. 1 BörsG n.F. gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise gibt den Ausschlag. 2606 Da der Optionsbegünstigte bereits bei Begründung der Option seinen Einsatz für die etwaige Wirksamkeit eines hinausgeschobenen Hauptvertrages mit ein und demselben Vertragspartner leistet und auf diese Weise Kursschwankungen über Gewinn und Verlust entscheiden läßt, ist eine isolierte Einordnung des Optionsvertrages als Kassageschäft nicht zu rechtfertigen. 2 6 0 7 Ob die Devi-
2 6 0 5 Darüber herrscht unter den Vertretern des dualistischen Modells beinahe Einmütigkeit; siehe etwa EbenrothlEinsele ZIP 1988, 205, 2 0 8 ; Hammen ZIP 1987, 151, 154 f; v. Arnim AG 1983, 67, 70; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 63 ff. 2 0 6 Vor Inkrafttreten der Börsengesetz-Novelle 1989 wurde mitunter zusätzlich auf die Börsentermingeschäftszulassungsverordnung v.10.3.1982 (BGBl, 320; zuletzt geändert durch VO vom 10.3.1988, BGBl, 302) abgehoben; etwa BGHZ 92, 317, 3 2 2 ; Hammen ZIP 1987, 151, 154; dagegen Schwark BörsG 2 , Einl §§ 50-70 Rn 14. In § 1 der VO heißt es: „Börsentermingeschäfte in der Form der Einräumung des Rechts, Lieferung oder Abnahme von Wertpapieren zu verlangen (Optionsgeschäfte), ...". Die Verordnung besitzt heute jedoch keine Bedeutung mehr; Schwark BörsG2, § 63 Rn 2. 2 6 0 7 Vereinzelt geblieben ist die These Kumpels WM-Sonderbeilage 6/1982, 16 f; ders WM 1985, 73 ff, derzufolge Primärgeschäfte in Optionen zwar Börsentermingeschäfte darstellten, für die Anwendbarkeit der §§ 53 ff BörsG aber zwischen Optionsvertrag und Hauptvertrag zu unterscheiden sei. Der Optionsvertrag weise keine Termineigenschaft auf und bilde daher ein Kassageschäft, der Terminbzw Differenzeinwand verhindere lediglich die Verbindlichkeit des ansonsten bei Optionsausübung
S 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
413
senoption unverbrieft oder verbrieft begründet wird, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.2608 Gegen die Einordnung des Optionsvertrages als Termin- statt als Kassageschäft könnte allenfalls ins Feld geführt werden, daß sich das Risiko des Optionsbegünstigten auf den Verlust der Optionsprämie beschränkt, wohingegen beide Parteien des Festgeschäfts, des „klassischen" Börsentermingeschäfts, unüberschaubare Verlustrisiken eingehen. Um diesen Einwand zu entkräften, stehen jedoch gleich zwei Argumentationsfiguren zur Verfügung, die in der Rechtsprechung des BGH anscheinend parallel Verwendung finden. Die erste der beiden Thesen nimmt den Leverage-Effekt zum Ausgangspunkt und erblickt die ratio der §§ 50 ff. BörsG darin, nichttermingeschäftsfähige Personen vor der Verlockung zu schützen, mit geringem Einsatz auf einen hohen Gewinn zu spekulieren. Daraus wird weiter gefolgert, daß es für die Qualifikation als Börsentermingeschäft von vornherein keine Rolle spielt, inwieweit unübersehbare Risiken bestehen oder nur der totale Verlust einer begrenzten Einlage droht. 2609 Die Befürworter der zweiten These argumentieren typischerweise, das bloße Einsatzverlustrisiko existiere auch bei Kassageschäften; Schutz aber werde dort nur unter den Voraussetzungen und in den Grenzen des Spieleinwandes gemäß § 762 BGB gewährt.2610 Die Hoffnung, mit geringem Einsatz hohen Gewinn zu machen, sei ein Wesensmerkmal des Spiels, und doch genüge das darin liegende Element der Verlockung nicht, um dem betreffenden Geschäft die Verbindlichkeit zu nehmen. 2611 Ein Börsentermingeschäft solle statt dessen nur in Betracht kommen, wenn sich eine bei Vertragsschluß nicht feststehende und regelmäßig unüberschaubare Verpflichtung ergeben könne. Wenn auch Vertreter dieser Lesart zu dem Ergebnis gelangen, Primärgeschäfte in Optionen seien bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen als Börsentermingeschäfte anzusehen, dann deshalb, weil sie es ausreichen lassen, daß das Risiko eines nicht voraussehbaren Verlustes auf der Seite des Stillhalters besteht.2612 Es gebe keinen Grund, Optionsgeschäfte, die bei einheitlicher Betrachtung die o.g. Begriffsmerkmale des Börsentermingeschäfts erfüllen, aus dem Schutzbereich des BörsG herauszunehmen. Unerheblich sei der Einwand, die Banken als Stillhalter bräuchten nicht geschützt zu werden. Zum einen könnten auch Privatpersonen die Position des Stillhalters einnehmen, 2613 zum anderen differenziere das Gesetz aus rechtspolitischen Gründen nicht nach der jeweiligen Schutzbedürftigkeit der Vertragsparteien2614
zustandekommenden Hauptvertrages. Gegen diese Auffassung spricht bereits, daß sie dem nichtbörsentermingeschäftsfähigen Optionsbegünstigten zumindest einen Teil des ihm mit § 53 BörsG gewährten Schutzes nimmt. Der Optionsnehmer müßte die Optionsprämie zahlen, der Stillhalter könnte jedoch bei einer für ihn ungünstigen (und für den Optionsnehmer vorteilhaften) Kursentwicklung auf die Unverbindlichkeit des Hauptgeschäfts verweisen. Krit. daher zu Recht Eberiroth/Einsele ZIP 1988, 205, 208 f; Hammen ZIP 1987, 151, 154 f. 2i08 Eingehend André Verbindlichkeit, 92 ff, 118. 2609 BGHZ 92, 317, 322, 323; 117, 135, 139; Horn ZIP 1990, 2, 12; K. Wach Terminhandel, Rn 642; Härtung Wertpapieroptionsgeschäft, 188 ff. 2610 Besonders eindringlich Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 11 f; ferner Kumpel WMSonderbeilage 1/1991, 5 unter Hinweis auf § 54 BörsG aF. 2611 Canaris aaO. 2612 BGHZ 92, 317, 321 f; Häuser ZBB 1992, 249, 260 f; Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 9, 12; Kumpel WM-Sonderbeilage 1/1991, 6; wohl auch Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 8, demzufolge die Hebelwirkung auf seiten eines Beteiligten ausreicht. 2613 Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 8. 2614 BGHZ 92, 317, 322; Häuser ZBB 1992, 249, 261.
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414
(2)
Sekundärgeschäfte
Nachdem seit Mitte der 80er Jahre weitgehende Einigkeit darüber herrscht, daß Primärgeschäfte mit Optionen, die sonstigen Begriffsmerkmale vorausgesetzt, einheitlich als Börsentermingeschäfte zu qualifizieren sind, 2615 konzentrierte sich die Auseinandersetzung in den Folgejahren auf die Einordnung von Sekundärgeschäften. Sieht man von spezifisch aktienrechtlichen Erwägungen ab, die in der hauptsächlich über Aktienoptionen geführten Diskussion 2616 eine Rolle spielen, 2617 finden sich im wesentlichen zwei Argumente, mit denen die Auffassung begründet wird, Optionsübertragungen seien Kassageschäfte und damit dem Termineinwand des § 53 BörsG nicht unterworfen. 2618 Vor dem Hintergrund, daß Optionsverkäufer und Stillhalter nicht personengleich sind ist dies erstens die Überlegung, daß nur der Vertrag über das Optionsgeschäft selbst in den Blick genommen werden dürfe. Zweitens fehle es an der für ein Zeitgeschäft i.S.d. §§ 5 0 ff. BörsG typischen Risikostruktur, da der Optionskäufer lediglich Gefahr laufe, seinen begrenzten und alsbald zu erbringenden Einsatz zu verlieren. Unangreifbar ist freilich keines dieser Argumente. Die vertragsrechtliche Konstruktion muß mit der für die Zwecke des BörsG gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zwangsläufig harmonieren. Erst recht würde durch die fehlende Identität von Optionsveräußerer und Stillhalter nicht die analoge Anwendung des § 60 BörsG auf Verträge ausgeschlossen, die darauf gerichtet sind, bestehende Rechte aus bereits abgeschlossenen Börsentermingeschäften zu übertragen. Und ein unübersehbares Risiko wird möglicherweise auch durch Abschluß eines Sekundärgeschäfts über Optionen begründet. Zwar nicht für den Optionskäufer. Seine Situation entspricht derjenigen des Optionsbegünstigten beim Primärgeschäft, so daß insofern lediglich zu fragen wäre, ob bereits das Risiko, den Kaufpreis (Optionsprämie) ganz oder teilweise zu verlieren, zur Annahme eines Termingeschäfts ausreicht. Als unüberschaubar kann sich ggf. jedoch das Risiko des Optionsverkäufers darstellen. Ist das Primärgeschäft (der Vertrag über die Optionsbegründung) nach §§ 5 0 BörsG, 7 6 4 , 7 6 2 BGB unverbindlich, 2619 schuldet der Optionsbegünstigte dem Stillhalter keine Optionsprämie, erwirbt seinerseits aber auch kein Optionsrecht, das er nach §§ 4 1 3 , 398 BGB übertragen könnte. Wollte man gleichwohl das Sekundärgeschäft als (stets verbindliches) Kassageschäft ansehen, hätte der Optionsverkäufer und vermeintliche Optionsinhaber infolge der in §§ 4 3 7 Abs. 1, 4 4 0 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB statuierten Garantiehaftung Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. Der Schadensersatzanspruch des Optionskäufers erstreckte sich über § 2 5 2 BGB auch auf
2615
Etwas anderes gilt nur für die Emission von Schuldverschreibungen mit abtrennbaren Options-
scheinen; BGHZ 114, 177, 181 f; Schwark WM 1988, 921, 927; Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1025 f; André Verbindlichkeit, 110.
2 6 1 6 Siehe in diesem Zusammenhang Nr 5 Abs 1 der Sonderbedingungen für Optionsgeschäfte über Aktien und festverzinsliche Wertpapiere (Fassung 1986), denen zufolge die Bank stets als Eigenhändler auftritt. Das Eigengeschäft gleicht dem Kommissionsgeschäft mit Selbsteintritt der Bank nach Vollzug des Selbsteintritts; allerdings finden die Vorschriften der §§ 4 0 0 ff HGB über die Kaufpreisbestimmung keine Anwendung. Einzelheiten bei Härtung Wertpapieroptionsgeschäfte, 135 ff; Kiimpel W M 1989, 81, 82 f; ders WM-Sonderbeilage 1/1991, 14 f Anm XI; ferner André Verbindlichkeit, 9 2 f, der mit Recht darauf hinweist, daß die Bank ihre Verpflichtung sowohl durch ein Primär- als auch durch ein Sekundärgeschäft erfüllen kann. 2 6 1 7 Siehe etwa BGHZ 114, 177, 181 f; Schwark BörsG 2 , Einl §§ 5 0 - 7 0 Rn 23. 2 6 1 8 Grundlegend Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 7 ff. 2 6 1 9 Mangels Termingeschäftsfähigkeit des „Erwerbers" aus dem Primärgeschäft.
§10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
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einen etwaigen Gewinn, den er aus der Ausübung der Option gezogen hätte. Wirtschaftlich trüge der Optionsverkäufer das unbegrenzte Risiko des Stillhalters. Aus den genannten Erwägungen heraus hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1992 Verträge über die Weiterveräußerung laufender unverbriefter Aktienoptionen als Börsentermingeschäfte im Sinne der §§ 5 0 ff. BörsG qualifiziert. 2620 Aus der Nähe betrachtet handelt es sich dabei allerdings eher um ein Argument für die analoge Anwendung des § 53 oder des § 60 BörsG. 2621 Zur weitergehenden Bestimmung des Begriffs „Börsentermingeschäft" gibt der skizzierte Gedanke wenig her, 2622 schließlich kommt in all jenen Fällen, in denen das Primärgeschäft verbindlich ist, ein Schadensersatzanspruch aus §§ 4 3 7 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. 2623 Börsentermingeschäft wird der Weiterverkauf einer Option allenfalls, wenn man eine wirtschaftlich einheitliche Betrachtung befürwortet und das infolge des Leverage-Effekts entstehende „Einsatzverlustrisiko" zum entscheidenden Orientierungskriterium erhebt. Gerade die wirtschaftlich einheitliche Betrachtung ist von der Rechtsprechung bei Sekundärgeschäften mit Optionsscheinen lange Zeit beinahe durchgängig 2624 abgelehnt worden, und zwar nicht nur im Hinblick auf abgetrennte Aktienoptionsscheine aus Wandelschuldverschreibungen, 2625 sondern auch in Fällen, in denen es um Verträge über Devisenoptionsscheine, 2626 selbständige Aktienoptionsscheine 2627 sowie über AktienindexOptionsscheine 2628 ging. Ebensowenig wurde eine Analogie zu §§ 53, 60 BörsG befürwortet. Beides ist für verbriefte Optionen i.S.d. § 221 AktG folgerichtig, 262 ' sofern man bereits
2620 BGHZ 117, 135, 138 f (bestätigt in BGH WM 1994, 834, 837); ebenso bereits OLG Düsseldorf WM 1987, 681, 682; Häuser/R. Welter Börsentermingeschäfte, § 16 Rn 128; Tilp DB 1989, 2365, 2367. Die Unverbindlichkeit des Sekundärgeschäfts kann konsequenterweise auch nicht durch Übertragung der Option oder Zahlung der Optionsprämie nach § 57 BörsG geheilt werden. Wirksamkeit erlangt das Sekundärgeschäft erst mit effektiver Lieferung der den Gegenstand des Hauptgeschäfts bildenden Aktien, Devisen etc. oder mit Bezahlung des Kaufpreises; BGHZ 117, 135, 140. 2621 Eine Analogie zu § 60 BörsG befürworten bei Sekundärgeschäften in unterschiedlichem Maße etwa Schwark WuB I G 5.-13.89; André Verbindlichkeit, 129 ff; Häuser WuB I G 5-6.92. Gangbar ist dieser Weg jedoch ohne innere Widersprüche nur, wenn man nicht schon die Qualifikation als Börsentermingeschäft (auch) mit dem Argument verneint hat, es fehle an einem unüberschaubaren Verpflichtungsrisiko; LG Karlsruhe WM 1990, 497, 500; Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 13 f. 2 Daß die Argumentation des BGH nur einen Ausschnitt aus der wirklichen Problematik abdeckt, verdeutlicht der Fall, daß der Käufer den Mangel der Option kennt, ein Schadensersatzanspruch also wegen § 439 Abs 1 BGB ausscheidet; siehe Häuser WuB I G 5.-6.92. 23 Sei es, daß der Optionskäufer nicht termingeschäftsfähig ist, sei es, daß der Optionsverkäufer beim Primärgeschäft termingeschäftsfähig war, es aber beim Sekundärgeschäft nicht mehr ist, etwa weil die Voraussetzungen des § 53 Abs 2 BörsG fehlen. 2624 Anders wohl nur LG Würzburg WM 1988, 1409, 1411. 2625 BGHZ 114, 177, 179 ff; BGH WM 1994, 834, 837; OLG Bamberg WM 1989, 745, 747 f; OLG Stuttgart WM 1990, 627, 628 f; OLG Frankfurt/M. WM 1990, 1452; OLG Hamburg WM 1991, 581; LG Frankfurt/M. WM 1989, 750, 751; 1989, 909, 910 f; LG Stuttgart WM 1989, 990, 992; 1989, 993, 994; LG München I WM 1989, 1505, 1506; aus dem Schrifttum etwa Canaris WMSonderbeilage 10/1988, 6 ff; Schwark WuB I G 5.-8.91; ders BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 23 ff. 2626 LG Karlsruhe WM 1990, 497, 499 f. 2627 OLG Schleswig WM 1993, 503, 504. 2628 OLG Frankfurt/M. WM 1993, 684, 686; LG Marburg WM 1993, 640. 2629 Obwohl § 221 AktG nicht einschlägig ist, wertete zunächst das OLG Karlsruhe WM 1995, 1994 f auch Geschäfte in abgetrennten Optionsscheinen aus der Optionsanleihe einer ausländischen
416
4. Teil: Sicherungen
deren Erstbegebung als Kapitalbeschaffungsmaßnahme aus dem Anwendungsbereich der S S 5 0 ff. BörsG herausnimmt. Bei den übrigen verbrieften Optionen, insbesondere Devisenoptionsscheinen, erweist sich die Einordnung von Sekundärgeschäften als problematischer und zwingt erneut zur Auseinandersetzung mit den skizzierten allgemeinen Überlegungen. Die Verbriefung des Optionsrechts und die daraus resultierende Übertragbarkeit nach SS 929 ff. BGB rechtfertigen keine Abweichung von den Grundsätzen, die für entsprechende Sekundärgeschäfte mit unverbrieften Optionen gelten.2630 Da das Primärgeschäft Börsentermingeschäft ist, kann das Sekundärgeschäft praktisch nur dann als Kassageschäft qualifiziert werden, wenn man aus der Personenverschiedenheit von Stillhalter und Optionsverkäufer folgert, es dürfe lediglich das Vertragsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer in den Blick genommen werden.2631 Gegen die dann naheliegende Analogie zu S 5 3 BörsG oder S 6 0 BörsG hilft allein die These, es fehle beim Sekundärgeschäft an der auch für eine Analogie erforderlichen Gefährdungsstruktur, wenn keine der Parteien ein unübersehbares „Zukunftsverpflichtungsrisiko" trifft. 2632 Nun hat der BGH in seiner Entscheidung aus dem 117. Band zum Sekundärgeschäft in unverbrieften Aktienoptionen ausdrücklich auch darauf hingewiesen, daß nichttermingeschäftsfähige Optionskäufer vor dem Risiko zu schützen sind, den gezahlten Optionspreis ganz oder teilweise zu verlieren.2633 Dieser Schutz aber läßt sich nur auf zwei Wegen erreichen, durch Qualifizierung auch des Sekundärgeschäfts als einheitliches Börsentermingeschäft oder durch Analogie zu § s 5 3 , 6 0 BörsG. In der Sache sind beide Wege gangbar, der Wortlaut des Urteils spricht eher für die erstgenannte Variante. Eine Entscheidung des BGH vom März 1994 unterstreicht diese Einschätzung. Bei Geschäften mit Aktienindex-Optionsscheinen, so heißt es dort, könne es durchaus auf die Börsentermingeschäftsfähigkeit der Parteien ankommen.2634 Ein Beschluß vom Oktober 1994, in dem es um die Aufklärungspflichten bei Devisenoptionsscheingeschäften ging, hat dann endgültig Klarheit geschaffen.2635 Der 11. Zivilsenat argumentierte, selbständige Optionsscheine dienten ähnlich wie unverbriefte Optionen wirtschaftlich in der Regel vor allem der Kursspekulation sowie der Kurssicherung. Optionsscheingeschäfte seien deshalb zumindest dann, wenn sich der gehandelte selbständige Optionsschein im wesentlichen nur durch die wertpapierrechtliche Verbriefung von einer entsprechenden unverbrieften börsenmäßigen Option unterscheide, 2636 Börsentermingeschäfte. Die Verbriefung, die vor allem die Fungibilität erleichtere, ändere an der Schutzbedürftigkeit des nicht börsentermingeschäftsfähigen Publikums nichts. Und weiter: „Für das termingeschäftsspezifische Risiko einer Option ist deren Verbriefung weder aus der Sicht des Optionserwerbers noch aus der des Stillhalters von nennenswerter Aktiengesellschaft als Kassa- und nicht als Börsentermingeschäft. Ebenso später das Revisionsurteil des BGH MDR 1996, 1139, 1140; siehe ferner LG Hannover WM 1996, 1575, 1576. 2630 BGHZ 114, 177, 180; Horn ZIP 1990, 2, 11; André Verbindlichkeit, 134. Besonderen Wert auf die Verbriefung haben dagegen gelegt OLG Bamberg WM 1989, 745, 748; LG Karlsruhe WM 1990, 497, 499; beide Entscheidungen suchen auf diese Weise den Kassa-Charakter des Optionsscheingeschäfts zu unterstreichen. Auch Schwark BörsG2, Einl S S 50-70 Rn 23 hebt die Verbriefung besonders hervor, er erblickt darin freilich eher ein Argument zu Gunsten des monistischen Verständnisses. 2631 LG Karlsruhe WM 1990, 497, 499; Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 7. 2632 LG Karlsruhe WM 1990, 497, 500; Canaris WM-Sonderbeilage 10/1988, 13 f. 2633 BGHZ 117, 135, 139; aA möglicherweise OLG Karlsruhe WM 1995, 1994, 1995. 2634 BGH WM 1994, 834, 847. 2635 BGH WM 1994, 2231 ff. 2636 Zur praktischen Bedeutungslosigkeit dieser Einschränkung Arenáis MDR 1997, 117, 118.
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
417
Bedeutung. Wollte man Geschäfte mit selbständigen Optionsscheinen im Gegensatz zu solchen mit unverbrieften börsenmäßigen Optionen gleichwohl nicht dem Termineinwand unterwerfen, könnte der Schutzzweck des § 53 BörsG bei Optionsgeschäften leicht unterlaufen werden." 2637 Sekundärgeschäfte mit Devisenoptionen (seien sie unverbrieft: oder verbrieft) unter Beteiligung (zumindest) einer nichttermingeschäftsfähigen Partei sind damit noch nicht zwangsläufig dem Termineinwand des § 53 BörsG unterworfen. Doch bedarf es, um dieses Ergebnis zu vermeiden, einer anderen Begründung als lediglich des Hinweises auf das vertragsrechtliche Dreipersonenverhältnis sowie auf die Gefährdungsstruktur, die ein Börsentermingeschäft (bzw. ein Geschäft i.S.d. § 60 BörsG) kennzeichnet. cc)
Standardisierung
(1)
Festgeschäfte
und Möglichkeit zum Abschluß gegenläufiger
Geschäfte
Festgeschäfte in Devisen sind zwar unproblematisch „klassische" Zeitgeschäfte, es unterliegt jedoch Zweifeln, ob sie stets auch die übrigen Voraussetzungen eines Börsentermingeschäfts erfüllen. Ein offizieller Devisenterminhandel existiert an deutschen Börsen bislang nicht.2638 Die zumindest grundsätzlich notwendige Beziehung zu einem Terminmarkt, der es ermöglicht, jederzeit ein die Grundverpflichtung eliminierendes Gegengeschäft abzuschließen, ist für den inländischen Devisenterminhandel dennoch anzunehmen, jedenfalls soweit es Standardkontrakte anbelangt. Devisentermingeschäfte werden überwiegend im sog. Telefonverkehr außerhalb des amtlichen Verkehrs an den Devisenbörsen abgewickelt. Der deutsche Devisenterminhandel steht dabei mit den internationalen Handelsplätzen und Terminmärkten derart in Verbindung, daß es möglich ist, ein eingegangenes Terminengagement jederzeit durch ein glattstellendes Gegengeschäft zu lösen.2639 Auf diese Weise besteht der erforderliche Terminmarktbezug sowohl für Interbankengeschäfte als auch für Außengeschäfte zwischen Bank und Kunde, bei denen die Bank gemäß Nr 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Börsentermingeschäfte (Fassung Januar 1990)2640 grundsätzlich als Eigenhändler auftritt, 2641 die sie aber auch als Kommissionär durch Selbsteintritt ausüben
2637 BGH W M 1994, 2231, 2232; bestätigt in BGH WM 1996, 2026; siehe zuletzt OLG Düsseldorf W M 1997, 562, 563. 2638 Die Devisenbörsen in Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, München und Berlin sind Devisenkassabötsen. 2639 BGH NJW 1980, 390, 391; bestätigt in BGHZ 104, 205, 206; 105, 263, 266; BGH W M 1992, 1974; Hopf BB 1984, 417, 420; Häuser ZBB 1992, 249, 255, 258; Häuser/R. Weiter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 515; Bundschuh W M 1986, 725, 726; Schwark BörsG 2 , Einl §§ 50-70 Rn 4, 31. 2640 Die Sonderbedingungen erstrecken sich auf Börsentermingeschäfte, die ohne Beziehung zu einem börsenmäßigen Terminmarkt außerbörslich getätigt werden; Kümpel WM-Sonderbeilage 1/1991, 8. Vgl im übrigen Nr 35 Banken-AGB: „Soweit zulässig führt die Bank Aufträge zum Kauf oder Verkauf von Devisen und Sorten als Kommissionär durch Selbsteintritt aus, ohne daß es einer ausdrücklichen Anzeige gemäß § 405 des Handelsgesetzbuches bedarf; anderenfalls tritt die Bank als Eigenhändler auf...". 2641 Einzelheiten zu Nr 1 Abs 3 der Sonderbedingungen bei Kumpel WM-Sonderbeilage 1/1991, 14 f AnmXI.
418
4 . Teil: Sicherungen
kann. 2642 Problematisch bleiben nicht standardisierte Kontrakte. Insbesondere Imo will Devisentermingeschäfte, bei denen Vertragshöhe und Laufzeit individuell vereinbart werden, nicht als Börsentermingeschäfte qualifizieren.2643 Dagegen hat der BGH dem von ihm selbst aufgestellten Tatbestandsmerkmal „gleichartige Bedingungen" bislang für Devisentermingeschäfte keine eigenständige Bedeutung beigemessen, sieht man von einem nicht weiter erläuterten Hinweis auf die „üblichen Devisentermingeschäfte" ab. 2644 Konsequent ist dies zumindest insofern, als die Merkmale „Standardisierung" und „Beziehung zu einem Terminmarkt" klassischerweise einen Funktionszusammenhang aufweisen. Die Standardisierung ist regelmäßig Voraussetzung dafür, daß ein Grundgeschäft durch ein Gegengeschäft glattgestellt werden kann. 2645 Sieht man daher bereits eine ausreichende Verbindung zu einem Terminmarkt als gegeben an, 2646 spielt die Standardisierung keine Rolle mehr. Mag man diese Argumentation noch als vordergründig abtun, liegt die Qualifizierung sämtlicher Devisentermingeschäfte als Börsentermingeschäfte doch im unmißverständlichen Sinne des Gesetzgebers. Die in § 50 Abs. 1 S. 2 BörsG normierte wirtschaftliche Betrachtungsweise dient gerade auch der Klarstellung, daß die außerbörslichen Devisentermingeschäfte in den Kreis der Börsentermingeschäfte einbezogen2647 sind.2648
2 6 4 2 Derartige Außengeschäfte sollen selbst Börsentermingeschäfte sein, zur Anwendung der §§ 5 2 ff BörsG bedürfte es daher nicht des Rückgriffs auf § 60 BörsG; Schwark BörsG 2 , § 60 Rn 2. Anders ist es nach wohl h M bei einfachen Kommissionsgeschäften; siehe etwa Schwark aaO; K. Wach Terminhandel, Rn 6 1 0 ; aA Nussbaum BörsG, § 60 Änm . II. Teilnehmer an einem Terminmarkt ist bei Außengeschäften allein die Bank; der Kunde spekuliert ggf in der äußeren Form eines Differenzgeschäfts durch Abschluß zweier gegenläufiger Kontrakte mit der Bank (vgl die Sachverhalte von B G H Z 104, 2 0 5 ff; B G H N J W 1980, 3 9 0 ff). 2643 Imo Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Bd II, 4 8 f Fn 5 9 9 . 2 6 4 4 B G H N J W 1980, 3 9 0 , 3 9 1 . 2645Häuser ZBB 1992, 249, 2 6 1 ; Imo Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Bd I, 2 0 1 , 2 0 3 ;
K. Wach Terminhandel, Rn 639.
2 6 4 6 Vgl auch Nr 8 der Sonderbedingungen für Börsentermingeschäfte (Fassung Januar 1990): „Der Kunde kann bei Futures-Kontrakten, die durch Lieferung zu erfüllen sind, die Lieferung oder die Abnahme der Basiswerte verlangen, sofern er die Kontrakte nicht durch ein Gegengeschäft glattgestellt hat. Die Weisung, daß die Bank die effektive Lieferung herbeiführen soll, muß bei der Bank spätestens bis zu dem von der Bank dem Kunden bekanntgegebenen Zeitpunkt vorliegen. Sofern die Bank keine rechtzeitige Weisung erhält oder der Kunde die für die Lieferung erforderlichen Wertpapiere bzw Mittel bis zu diesem Zeitpunkt nicht angeschafft hat, wird sie sich bemühen, den FutureKontrakt unverzüglich auf Rechnung des Kunden glattzustellen, um eine Abwicklung durch effektive Lieferung zu vermeiden". 2 6 4 7 Bereits die Börsengesetz-Novelle 1920 (RGBl I, 1217) normierte in § 96 Abs 3 BörsG eine Verordnungsermächtigung, derzufolge bestimmt werden konnte, daß „die Vorschriften des § 5 8 auch auf Börsentermingeschäfte in ... ausländischen Zahlungsmitteln ... Anwendung finden". Als Folge der Änderung des § 5 0 BörsG durch die Novelle 1 9 8 9 ist S 96 Abs 3 BörsG gestrichen und die darauf beruhende Verordnung vom 17.3.1929 (RGBl I, 20) obsolet geworden. 2 6 4 8 Begr. RegE., BT-Drucks 11/4177, 18; den Fall fehlender Standardisierung von Devisenterminkontrakten erfassen mit § 5 0 Abs 1 S 2 BörsG auch Häuser ZBB 1992, 249, 2 6 2 ; Schwark BörsG 2 , Einl SS 5 0 - 7 0 Rn 31.
S 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften (2)
Optionen
(a)
Primärgeschäfte
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Bei Devisenoptionsgeschäften ist es dagegen fraglich, ob eine Beziehung zu einem Terminmarkt besteht, der jederzeit ein glattstellendes Gegengeschäft ermöglicht. Die heute h.M. verlangt in diesem Zusammenhang nicht mehr, das Gegengeschäft müsse völlig gleichartig sein, 2 6 4 9 sie läßt es vielmehr genügen, daß die grundgeschäftliche Verpflichtung durch irgendein gegenläufiges Geschäft eliminiert werden kann. 2 6 5 0 Die Veräußerung der unverbrieften oder verbrieften Option ist dennoch keine taugliche Glattstellungsvariante. 2 6 5 1 Es gehört zum Wesen der termingeschäftsspezifischen Differenzbildung, daß der Spekulant das Grund- und das Glattstellungsgeschäft über den Gesamtkontrakt in seiner Person verwirklicht. 2 6 5 2 Das Optionsrecht dagegen bleibt trotz der Weiterveräußerung bestehen, was sich ändert, ist lediglich die Rechtszuständigkeit. 2653 Damit ergibt sich keine andere Situation als bei der schlichten Kassaspekulation durch Erwerb und späteren gewinnbringenden Verkauf von Devisen. 2 6 5 4 Als Glattstellungsgeschäft denkbar 2 6 5 5 wäre der Erwerb einer nach Laufzeit und Abschlußhöhe deckungsgleichen Option gegenläufiger Art (bei einer Call-Option also eine Put-Option wie auch umgekehrt). 2 6 5 6 Eine weitere Möglichkeit besteht bei der „europäischen" Option darin, die Devisen bei erwartungsgemäßem Kursverlauf vor Ausübung der Option per Termin (Optionsstichtag) zu verkaufen. 2657 Schließlich kommt bei der „amerikanischen" Option in Betracht, die Option auszuüben und gleichzeitig ein gegenläufiges Kassageschäft abzuschließen. Der Inhaber einer CallOption etwa könnte die Devisen am Stichtag bzw. während der Optionslaufzeit zum optierten Preis kaufen und zum Tageskurs wieder verkaufen. Die h.M. hat auf diese letztgenannte (herkömmliche) Methode der Gewinnerzielung in der Weise reagiert, daß sie das Merkmal der Beziehung zu einem Te/wiwmarkt nach Geschäftsarten differenziert betrachtet und speziell bei Optionen nicht verlangt, die Glattstellung müsse ebenfalls durch ein Termingeschäft erfolgen. 2 6 5 8 Soweit unverbriefte Devisenoptionen bisweilen gleichwohl nicht als Börsentermingeschäfte qualifiziert werden, so deshalb, weil sie als OTC-Optionen der erforderlichen
So noch BGH NJW 1980, 390, 391. Etwa BGHZ 92, 317, 319 ff; André Verbindlichkeit, 96; K. Wach Terminhandel, Rn 640. 2 6 5 1 OLG Bamberg WM 1989, 745, 748 f; LG Stuttgart WM 1989, 984, 987 f; LG Frankfurt/M. WM 1989, 750, 752; 1989, 909, 910; Schwark WM 1988, 921, 923; Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1024; Kumpel WuB I G 5.-7.89; André Verbindlichkeit, 96 f. 2652 Schwark WM 1988, 921, 923. 2653 Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1024. 2654 Kumpel WuB I G 5.-7.89. 2 6 5 5 Die schlichte Nichtausübung der Option scheidet als Glattstellungsgeschäft natürlich ebenfalls aus; siehe dazu Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1024. 2 6 5 6 Hierzu insbes. André Verbindlichkeit, 97 f, 119; ferner Schwark WM 1988, 921, 923 f; Kumpel WuB I G 5.-7.89; Häuser ZBB 1992, 249, 262. 2657 Pohle, WuB I G 5.-4.90. 2 6 5 8 Die Weiterveräußerung des der Option zugrunde liegenden Handelsgegenstandes am Kassamarkt halten für ausreichend Schwark WM 1988, 921, 924; ders BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 5; Horn ZIP 1990, 2, 10; Jäger Aktienoptionen und Optionsscheine, 75; Tilp DB 1989, 2365, 2366; Kumpel WM 1990, 449, 450 Fn 15; ders WM-Sonderbeilage 6/1982, 6; ders WM 1997, 49, 50. 2649
2650
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4. Teil: Sicherungen
Standardisierung entbehrten. 2659 Als Konsequenz dieser Einschätzung richtete sich ihre Rechtsverbindlichkeit ausschließlich nach §§ 764, 762 BGB; der mit §§ 50 ff. BörsG geschaffenen, personell abgegrenzten Börsenrechtssphäre wären sie entzogen. Das Standardisierungs-Argument ist allerdings angesichts der von § 50 Abs. 1 S. 2 BörsG vorgegebenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise wenig überzeugend2660 - namentlich dann, wenn man für das Festgeschäft in Devisen nicht nach der Standardisierung fragt und die traditionelle Definition des Börsentermingeschäfts bei Optionsgeschäften ohnehin stark auflockert. Ursprünglich wurde mit dem Erfordernis der Standardisierung die Vorstellung verknüpft, daß erst auf diese Weise ein Glattstellungsgeschäft zum Zwecke der Gewinnerzielung bzw. der Risikobegrenzung ermöglicht werde.2661 Bei Optionsgeschäften dagegen ist die Risikobegrenzung vertragsimmanent, und die Gewinnrealisierung erfolgt typischerweise durch Abschluß eines Kassageschäfts. Mit § 50 Abs. 1 S. 2 BörsG wollte der Gesetzgeber gerade auch solche modernen Zeitgeschäftsformen erfassen, die trotz des mit ihnen verbundenen Leverage-Effekts dem traditionellen Typus des Festgeschäfts strukturell nicht entsprechen. Die fehlende Standardisierung hat lediglich zur Folge, daß ein nennenswerter Sekundärmarkt nicht entstehen kann. Doch bildet die Existenz eines Sekundärmarkts keine Voraussetzung für die Qualifizierung einer Geschäftsform als Börsentermingeschäft,2662 ja das Sekundärgeschäft in Optionen ist gerade nicht glattstellungstauglich. Nach dem Gesagten muß es genügen, wenn die jederzeitige Möglichkeit besteht, eine gegenläufige Option abzuschließen oder das Engagement mittels eines Kassageschäfts oder eines Termingeschäfts zu beenden. Es bleibt das Bedenken, daß potentielle Gegengeschäfte sich mit dem Grundgeschäft möglicherweise nicht synchronisieren lassen. Unverbriefte Devisenoptionen in Gestalt von OTC-Optionen bleiben von dieser Überlegung allerdings unberührt. Bei ihnen ist die taggenaue Glattstellung durch ein Kassageschäft mit der stillhaltenden Bank unproblematisch möglich.2663 Als komplexer erweist sich die Situation für Devisenoptionsscheine, die mittlerweile in zunehmend unterschiedlichen Ausgestaltungen emittiert werden,2664 so daß an dieser Stelle eine knappe Problemskizze genügen mag. Im Schrifttum wird vor allem darauf hingewiesen, nach den gängigen Optionsbedingungen deutscher Emittenten sei der Stillhalter lediglich zur „unverzüglichen" Leistung (je nach Optionstyp Lieferung oder Zahlung) verpflichtet, die Erfüllung also nicht an eine hinreichend verläßliche Frist gebunden. Der Inhaber des Optionsscheins laufe daher - so die sich anschließende Argumentation Gefahr, das Gegengeschäft nicht rechtzeitig mit der Leistung aus dem Grundgeschäft erfüllen zu können (Folge: Schadensersatz wegen Verzuges, Einsatz eigenen Vermögens oder Inanspruchnahme eines Bankkredits) oder mit dem Gegengeschäft bis zur Erfüllung des
2659
Etwa Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 16. So zutr Häuser ZBB 1992, 249, 262 ff; Kumpel WM 1997, 49, 51. 2661 Häuser ZBB 1992, 249, 262; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 152. 2662 Häuser ZBB 1992, 249, 262. 2663 Vertragspartner ist für beide Geschäfte die Bank (Nr 35 Banken-AGB). Die Situation entspricht im Grundsatz derjenigen bei Geschäften in börsenmäßig gehandelten unverbrieften Wertpapieroptionen; siehe Schwark WM 1988, 921, 925 f. 2664 Dazu etwa Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 19, 20, 25. 2660
S 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
421
Grundgeschäfts abwarten zu müssen. 2665 Zwar hat der BGH das Erfordernis, Börsentermingeschäfte müßten Fixgeschäfte i.S.d. §§ 361 BGB, 376 HGB sein, bereits im Jahre 1984 aufgegeben. 2666 Doch ändert dies nichts daran, daß sich das Börsentermingeschäft durch die für das unerfahrene Publikum verlockende Möglichkeit auszeichnet, allein mit Hilfe bestimmter Abwicklungstechniken (ohne effektiven Erwerb und ohne Vermögenseinsatz) quasi automatisch aus dem Risiko zu kommen und Differenzgewinne zu realisieren. Die Kassaspekulation wird von §§ 50 ff. BörsG nicht erfaßt, mag sie im Einzelfall auch besonders risikoträchtig sein. Konsequenterweise kann es grundsätzlich ebensowenig genügen, daß der Optionsinhaber sein verbrieftes Gestaltungsrecht ausübt und erst nach Abwicklung des Grundgeschäfts weiterspekuliert. 2667 Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den beiden korrespondierenden Geschäften ist unverzichtbar. Soweit daher für den Kauf bzw. Verkauf der optierten Devisen die in den Optionsbedingungen im Einzelnen geregelten Lieferungsversprechen gelten, handelt es sich augenscheinlich um eine Frage ihrer konkreten Ausgestaltung. Das Erfordernis zeiteinheitlicher Abwicklung wäre dagegen erfüllt, sofern der Optionsscheininhaber deckungsgleiche gegenläufige Optionsscheine auf dem Kassamarkt erwerben kann, so daß es nach gleichzeitiger Ausübung von Kaufoptionund Verkaufsoption möglich ist, Lieferung und Abnahme auf den gleichen Erfüllungszeitpunkt zu stellen und es unmittelbar zur Realisierung eines Differenzgewinnes oder Verlustes kommen zu lassen.2668 Das (eng damit verbundene) nächste Problem lautete dann, ob weiter zu verlangen ist, daß beide Geschäfte wirklich mit ein und demselben Vertragspartner bzw. unter Einschaltung eines Clearing-Systems abgeschlossen werden müssen. 2669 Kein Börsentermingeschäft liegt jedenfalls bei sog. capped-warrants auf Devisen vor, wenn Call- und Put-Optionen dergestalt gekoppelt werden, daß der Inhaber am Ende der Laufzeit einen festen Differenzbetrag erhält. 2670 (b)
Sekundärgeschäfte
Was nach dem Gesagten für die Begründung (die Ersteinräumung) einer Devisenoption gilt, wirkt sich auch auf anschließende Übertragungen des Rechts aus. Unterschiedlich sind lediglich die Begründungsansätze. Wer den Standpunkt vertritt, die (Weiter-)Veräußerung der Devisenoption sei wegen der Personenverschiedenheit von Veräußerer und Stillhalter kein Zeit-, sondern ein Kassageschäft, wird den Weg über die analoge Anwendung des § 60 BörsG beschreiten. Dies setzte voraus, daß das Primärgeschäk Börsentermingeschäft ist, also auch der Terminmarktbezug für das als Einheit zu betrachtende Rechtsverhältnis zwischen Stillhalter und Optionsveräußerer vorliegt. Ob (auch) das Sekundärgeschäh die soeben erörterten Anforderungen erfüllt, spielte keine Rolle. Nur für die weiteren Voraus2665 Speziell für Devisenoptionsscheine LG Karlsruhe WM 1990, 497, 499; André Verbindlichkeit, 119; Pohle, WuB I G 5.-4.90; zu Wertpapieroptionsscheinen OLG Bamberg WM 1989, 745, 749; Schwark WM 1988, 921, 923 ff; Kumpel WuB I G 5.-7.89. 2666 B G H Z 9 2 , 317, 321. 2667 Vgl Schwark BörsG2, Einl S§ 50-70 Rn 25, der die Gefahr betont, daß bei Abweichungen von den wesentlichen Merkmalen des Termingeschäfts allzuleicht die Grenze zur Beliebigkeit überschritten zu werden droht. 2668 Kämpel WuB I G 5.-7.89. 2669 Vgl Schwark WM 1988, 921, 926; Kumpel aaO. 2670 Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 20; vgl auch Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 624.
4. Teil: Sicherungen
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Setzungen der §§ 52 ff. BörsG, insbesondere das Erfordernis beiderseitiger Termingeschäftsfähigkeit, wäre die Vertragsbeziehung zwischen Optionsveräußerer und Optionserwerber in den Blick zu nehmen.2671 Wer statt dessen das Sekundärgeschäft wie schon das Primärgeschäft für die Zwecke der SS 50 ff. BörsG als einheitliches Zeitgeschäft qualifiziert, sieht sich bei der Prüfung des Sekundärgeschäfts autonom mit der Frage konfrontiert, ob die sonstigen Merkmale eines Börsentermingeschäfts vorliegen. Die Antwort könnte freilich nicht abweichend ausfallen.2672 Das Erfordernis der Standardisierung wäre auch hier vor dem Hintergrund des S 50 Abs. 1 S. 2 BörsG in seiner Bedeutung zu relativieren. Und der Bezug zu einem Terminmarkt, der eine jederzeitige Glattstellung durch Abschluß eines Gegengeschäfts erlaubt, hinge abermals von den für unverbriefte und verbriefte Devisenoptionen verschiedenartigen Synchronisationsmöglichkeiten ab. (c)
Eingliedrige Differenzgeschäfte als Börsentermingeschäfte
Die bisherigen Überlegungen zur Glattstellungsmöglichkeit beruhten auf der Vorstellung, daß das Eröffnungsgeschäft (Festgeschäft oder Option) rechtlich auf den Bezug des Basiswertes (Devisen, Aktien, Waren) zielt, wirtschaftlich aber kein Bezug erfolgen, sondern der Lieferungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt werden soll. Ist der Bezug von vornherein ausgeschlossen, weil es sich um einen Index- oder Basketwert handelt, liegt strukturell vielmehr ein eingliedriges Differenzgeschäft vor, stellt sich die Frage, inwieweit am Erfordernis der Glattstellungsmöglichkeit überhaupt noch festgehalten werden darf. Das LG Stuttgart hat unlängst entschieden, der Kauf von Basket-Optionsscheinen, deren Basiswert vom Emittenten individuell zusammengestellt ist, sei nach S S 762, 764 BGB statt nach § S 52 ff. BörsG zu beurteilen, weil keine Verbindung zu einem Terminmarkt bestehe, der es dem Anleger ermöglicht, sich durch Eingehung eines Gegengeschäfts glattzustellen.2673 Beigepflichtet werden kann dem nicht. Die traditionelle Definition des Börsentermingeschäfts orientiert sich am Typus des zweigliedrigen Differenzgeschäfts, weil Geschäfte in eingliedriger Form lange Zeit keine praktische Relevanz besaßen.2674 Daß sich die Situation auch aus Sicht des Gesetzgebers geändert hat, belegt abermals S 50 Abs. 1 S. 2 BörsG: „Zu den Börsentermingeschäften gehören auch Geschäfte, die wirtschaftlich gleichen Zwecken dienen, auch wenn sie nicht auf Erfüllung ausgerichtet sind". Dort, wo für die Terminspekulation ein Glattstellungsgeschäft entbehrlich ist, weil ausschließlich die Preis- bzw. Kursdifferenz zwischen zwei Terminen vergütet werden soll, ist deshalb für die Merkmale „Glattstellungsmöglichkeit" und „Standardisierung" kein Raum.2675
2671 Vgl Scbwark BörsG2, § 60 Rn 2; Bundschuh WM 1986, 725, 730; Nussbaum BörsG, § 60 Anm III; Horn ZIP 1990, 2, 12; mißverständlich BGH NJW 1980, 1957, 1958; OLG Karlsruhe WM 1984, 21, 22. 2672 Den Wertungszusammenhang zwischen Primär- und Sekundärgeschäft betont Horn ZIP 1990, 2, 12. 2673 LG Stuttgart ZIP 1996,1339, 1340. 2674 Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1049. 2675 Schwintowski ZIP 1988, 1021, 1015; Häuser ZBB 1992, 249, 260; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 106; Drygala EWiR § 53 BörsG 3/96, 701, 702; Jaskulla ZBB 1997, 171, 174 f; Kumpel WM 1997, 49, 50 f.
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
b)
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Das Verhältnis zwischen Termin- und Differenzeinwand
aa) Börsenrechtlich wirksame Geschäfte Ist ein Devisenfest- oder ein Devisenoptionsgeschäft als Börsentermingeschäft zu qualifizieren, spielt es für seine Rechtsverbindlichkeit eine (mit-)entscheidende Rolle, ob beide Vertragspartner termingeschäftsfähig sind, § 53 BörsG. Sind sie es,2676 wird das Geschäft aus Sicht des Börsengesetzes als wirksam betrachtet, § 52 BörsG. Der sog. Termineinwand (eine Umschreibung dafür, daß es an den Voraussetzungen der §§ 53 ff. BörsG fehlt) kann nicht erhoben werden. 2677 Sofern das Börsentermingeschäft zugleich die Tatbestandsmerkmale des § 764 BGB erfüllt (Differenzabsicht, keine kaufmännische Rechtfertigung), stellt sich die Frage, inwieweit der bürgerlichrechtliche Differenzeinwand eingreifen kann, obwohl der Termineinwand ausgeschlossen ist. Mit der BörsG-Novelie 1989 hat sich die Rechtslage verändert; 2678 für Devisengeschäfte beschränkt sich die Änderung allerdings auf gesetzessystematische Modifikationen. Nach altem Recht folgte aus dem Ausschluß des Termineinwands nur insoweit die Unanwendbarkeit der §§ 764, 762 BGB, als es sich um Geschäfte in Waren oder Wertpapieren handelte, die durch den Börsenvorstand zum Terminhandel an einer deutschen Börse zugelassen worden sind (sog. offizielle Börsentermingeschäfte), § 58 S. 1 BörsG. Geschäfte in Devisen hingegen zählten (und zählen immer noch) zur Gruppe der zwar erlaubten, 2679 jedoch inoffiziellen Börsentermingeschäfte. Sie wurden infolgedessen von § 58 S. 1 BörsG nicht erfaßt. 2680 Die Konsequenz, daß der Differenzeinwand damit auch gegenüber Devisentermin- und Devisenoptionsgeschäften zwischen termingeschäftsfähigen Parteien zum Zuge gelangen konnte, vermied der Gesetzgeber, indem er in § 96 Abs. 3 BörsG eine Verordnungsermächtigung schuf. Ihr zufolge konnte bestimmt werden, daß § 58 BörsG u.a. auch auf Börsentermingeschäfte in ausländischen Zahlungsmitteln, die zum (amtlichen) Börsenterminhandel nicht zugelassen sind, Anwendung findet. Von dieser Ermächtigung ist durch Verordnung des Reichswirtschaftsministers vom 7. März 1925 2681 Gebrauch gemacht worden. 2682 Die inoffiziellen Börsentermingeschäfte in Devisen einschließlich der Devisenoptionen 2683 waren seither 2684
2676
Dazu sogleich unter c). Wie der Differenzeinwand ist auch der Termineinwand von Amts wegen zu beachten; Schwark BörsG2, § 53 Rn 26; Baumbach/Hopt HGB, § 53 BörsG Rn 14; Hopt BB 1984, 417, 418 f. 2678 Unzutr Seeberg ZIP 1992, 600; mißverständlich auch Schäfer ZIP 1989, 1103, 1106. 2679 Als erlaubt gelten sämtliche Termingeschäfte, die nicht gesetzlich (§ 65 BörsG: Getreideerzeugnisse) oder aufgrund eines Gesetzes, nämlich durch eine nach § 63 BörsG ergangene Rechtsverordnung, verboten sind. 2680 Dadurch, daß § 96 Abs 1 BörsG aF Geschäfte in ausländischen Zahlungsmitteln für die Vorschriften des IV. Abschn. den Geschäften in Waren und Wertpapieren gleichstellte (siehe S 410), war mithin die Anwendbarkeit des § 58 BörsG noch nicht gewährleistet. 2681 RGBl I, 20. 2682 § 1 S 1 der Verordnung lautet: „Die Vorschriften des § 58 des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Mai 1908 (RGBl I, 215) finden auf Börsentermingeschäfte in Wechseln und ausländischen Zahlungsmitteln, die zum Börsenterminhandel nicht zugelassen sind, Anwendung". S 96 Abs 3 BörsG ermächtigte weiter dazu, die Anwendung des § 58 einzuschränken oder zu befristen; dies jedoch ist zu keiner Zeit erfolgt. 2683 Zum Anwendungsbereich der VO siehe Kumpel WM 1987, 1321, 1327 ff. 2684 Zur Weitergeltung der Verordnung gemäß Art 123 GG bis 1989 siehe BGH NJW 1980, 390, 391; ferner Schwark BörsG1, § 96 Rn 7. 2677
4. Teil: Sicherungen
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im Hinblick auf den Differenzeinwand den offiziellen Börsentermingeschäften gleichgestellt. 2685 In der seit 1989 gültigen Fassung des § 58 BörsG verzichtete der Gesetzgeber dann gänzlich auf eine unterschiedliche Behandlung von offiziellen und inoffiziellen Börsentermingeschäften; zugleich hob er § 96 Abs. 3 BörsG auf. Von großer Relevanz war die Novellierung vor allem für Waren- und Wertpapiertermingeschäfte an Auslandsbörsen, 2686 bei denen es sich aus dem Blickwinkel des deutschen Börsengesetzes um inoffizielle (und erlaubte) Geschäfte handelt, für die nie eine dem § 96 Abs. 3 BörsG entsprechende Ausnahmeregelung existierte. 2687 Heute gilt für sämtliche erlaubten Börsentermingeschäfte eine Art Gleichlaufprinzip: Sind beide Vertragsteile termingeschäftsfähig und ist deshalb der Termineinwand ausgeschlossen, kann zugleich der Differenzeinwand der Verbindlichkeit des Geschäfts nicht im Wege stehen.
bb) Geschäfte, die dem Termineinwand (1)
unterliegen
Problemeinführung
Auch unter Geltung des neuen Rechts verbleibt die Frage, wie sich das Konkurrenzverhältnis zu den §§ 764, 762 BGB in Fällen darstellt, in denen das Börsentermingeschäft mangels Termingeschäftsfähigkeit (zumindest) einer Partei dem Termineinwand unterliegt, also nicht „nach Maßgabe der §§ 53 bis 56 wirksam" ist (§ 52 BörsG). Der Stellenwert der Problematik wird deutlich, ruft man sich in Erinnerung, daß dem Differenzeinwand anerkanntermaßen nur solche Geschäfte ausgesetzt sind, die keinen wirtschaftlich berechtigten Zweck verfolgen, wohingegen Kursicherungs(=Hedge)geschäfte bürgerlichrechtlich als voll wirksam angesehen werden. Wer deshalb die Rechtsverbindlichkeit von Börsentermingeschäften ausschließlich oder vorrangig am Maßstab der §§ 52 ff. BörsG mißt, unterwirft auch wirtschaftlich berechtigte Geschäfte dem Verdikt der Unverbindlichkeit, sofern nicht beide Parteien termingeschäftsfähig sind. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, können drei Wege beschritten werden. Erstens ließe sich der Kreis der termingeschäftsfähigen Personen weit ziehen. Hiervon hat der Gesetzgeber in der BörsG-Novelle 1989 Gebrauch gemacht (Termingeschäftsfähigkeit kraft Information), nachdem zuvor im wesentlichen nur Vollkaufleute als termingeschäftsfähig angesehen wurden. Das aufgeworfene Konkurrenzproblem wird dadurch freilich nur in seiner praktischen Bedeutung relativiert, dogmatisch bleibt es unverändert bestehen. Zweitens könnte dem oben erörterten Begriff des Börsentermingeschäfts das Merkmal Spekulationsabsicht hinzugefügt werden. Ein dahingehender Vorschlag von Kümpeluit hat allerdings keine Gefolgschaft gefunden. Drittens schließlich kommt eine Lösung allein auf Konkurrenzebene in Betracht, und zwar dergestalt, daß die Rechtsfolge des Termineinwands nicht in der automatischen Unverbindlichkeit des Geschäfts besteht, sondern in der Anwendbarkeit der §§ 764, 762 BGB. 2689
2685 2686 2687
2688
BGHZ 104, 205, 211; BGH NJW 1980, 390, 391; BGH WM 1992, 1974. Vgl Schwark BörsG2, EinI J$ 50-70 Rn 62 f; Kumpel WM 1989, 1485, 1494 f. Zur kollisionsrechtlichen Problematik siehe S 433 ff.
Kumpel WM-Sonderbeilage 6/1982, 11 ff; ders WuB I G 5.-3.89; ders WM 1986, 661, 662;
ebenso Hey ZIP 1989, 824 ff. 2689
So Hellwig/de LousanoffFS Stiefel, 309, 328 ff.
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
(2)
425
Das Hedging-Urteil des BGH
Nach überwiegender Auffassung haben die SS 52 ff. BörsG nicht allein eine positive, sondern auch eine negative Funktion. Wenn § 52 BörsG ein Börsentermingeschäft, das nicht gegen ein Verbot verstößt, nur nach Maßgabe der SS 53 bis 56 BörsG für wirksam erklärt, so wird dem entnommen, daß die Verbindlichkeit erlaubter Börsentermingeschäfte schlechthin von den Wertungen der S S 764, 762 BGB unabhängig sein müsse.2690 Die positive Funktion bestehe darin, daß zwischen termingeschäftsfähigen Parteien Börsentermingeschäfte zu jedem beliebigen Zweck geschlossen werden könnten. Die negative Funktion zeige sich, wenn die Anforderungen an die Termingeschäftsfähigkeit nicht erfüllt seien: Das Geschäft bleibe unverbindlich, gleichgültig welchem Zweck die Vereinbarung diene. Seit einer Entscheidung aus dem Jahre 1988 (mithin noch zum alten Recht ergangen) zählt auch der BGH zu den Befürwortern dieser Lesart.2691 Ein im Industrieanlagen-Export tätiger Kaufmann, der nicht in das Handelsregister eingetragen und daher auch nicht termingeschäftsfähig war, hatte mit einer USamerikanischen Gesellschaft die Lieferung einer rechnergesteuerten Polyesterspinnmaschine zum Preis von rund 440.000 US-Dollar vereinbart.2692 Um seine in mehreren Raten fällige Fremdwährungsforderung gegen Kursschwankungen der amerikanischen Währung zu sichern, schloß der Exporteur mit einer Bank entsprechende Devisentermingeschäfte ab, d.h. er verkaufte - korrespondierend zu dem Volumen und den Fälligkeiten seiner eigenen Fremdwährungsforderung - Dollarguthaben gegen Zahlung von DM zu fest vereinbarten Wechselkursen. Auf Drängen der Bank, die den durch ihren Prokuristen abgeschlossenen Kontrakt mißbilligte und rückgängig machen wollte, kam es kurze Zeit später zu gegenläufigen Devisentermingeschäften; der Exporteur kaufte US-Währung gegen Zahlung von DM, wobei ein etwas niedrigerer Dollarkurs vereinbart wurde als beim Erstgeschäft. Nachdem das Girokonto des Exporteurs, auf dem u.a. die DM-Beträge aus den genannten Geschäften verbucht waren, mit einem Schuldsaldo abschloß, verlangte die Bank Zahlung dieses Saldos. Der Exporteur wandte ein, nur die zuerst abgeschlossenen Devisentermingeschäfte seien verbindlich gewesen, die gegenläufigen Geschäfte, die ihn zur Zahlung von DM verpflichteten, dagegen nicht. Der BGH errechnete einen Saldo zu Gunsten der klägerischen Bank, wobei er davon ausging, sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen Devisentermingeschäfte seien gemäß SS 52, 53 BörsG unverbindlich gewesen. Das Börsentermingeschäft, so die Argumentation, sei eine Geschäftsform, die wirtschaftlich berechtigten und unberechtigten Zwecken dienen könne, zu deren rechtlicher Verbindlichkeit in jedem Fall aber die Voraussetzungen des S 53 BörsG erfüllt sein müßten.2693 Der BGH räumte ein, daß diese 2690 Typisch ist die Formulierung, der Differenzeinwand könne zwar neben dem Termineinwand eingreifen, besitze dann aber praktisch keine eigenständige Bedeutung; siehe etwa N. Engel in Staudinger13, § 764 Rn 36; Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 52, § 58 Rn 1; Bundschuh WM 1986, 725, 728 f; Pecher in MünchKomm-BGB2, § 764 Rn 7, 10. 2691 BGHZ 105, 263 ff. 2692 Unzutr die Sachverhaltsdarstellung bei Hey ZIP 1989, 824. 2693 BGHZ 105, 263, 267; zust auch für die Rechtslage seit der Novelle 1989 etwa André Verbindlichkeit, 76; Horn ZIP 1990, 2, 10; Schwark BörsG2, Einl §§ 50-70 Rn 6; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 188; vgl auch BGH WM 1992, 682, 684 (Devisentermingeschäfte zu Spekulationszwecken): „Das Gesetz geht... davon aus, daß Börsentermingeschäfte grundsätzlich unwirksam sind, wenn und soweit nicht eine der Vorschriften der §§ 53-56 BörsG eingreift".
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Sichtweise für Hedge-Geschäfte im Einzelfall unbefriedigend sein mag, meinte aber, der Zweck des Börsengesetzes, mit der Termingeschäftsfähigkeit eine „Börsenrechtssphäre" zu schaffen, die dem Börsenterminhandel volle Freiheit einräumt, erlaube keine andere Lösung.2694 Weiterhin berief sich der BGH auf die Regelung in § 57 BörsG, wonach ein nicht verbotenes Börsentermingeschäft als von Anfang an verbindlich gilt, wenn der eine Teil bei oder nach Eintritt der Fälligkeit sich dem anderen Teil gegenüber mit der Bewirkung der vereinbarten Leistung einverstanden erklärt und der andere Teil diese Leistung an ihn bewirkt hat. Diese Bestimmung, so heißt es, wäre überflüssig, falls Börsentermingeschäfte, die einen wirtschaftlich berechtigten Zweck verfolgen, ohnehin Wirksamkeit besäßen.2695 Auch § 55 BörsG führt dem BGH zufolge in casu nicht zu einem anderen Ergebnis. Diese Parallelnorm zu § 762 Abs. 1 S. 2 BGB (kein Recht zur Rückforderung des Geleisteten) sei eng auszulegen, sie greife erst ein, wenn das Schuldverhältnis endgültig und unbedingt gelöst ist und keine weitere persönliche Verbindlichkeit des Schuldners zurückläßt. Die Habenbuchungen auf dem DM-Girokonto bildeten abstrakte Schuldanerkenntnisse, also Ersatzerfüllungen mit dem Charakter von Naturalobligationen (§ 59 BörsG), bei den Belastungsbuchungen handele es sich um bloße Realakte mit rein deklaratorischer Wirkung. In beiden Fällen liege deshalb keine Leistung i.S.d. § 55 BörsG vor.2696 (3)
Stellungnahme
Überzeugungskraft besitzt die skizzierte Argumentation zu §§ 52, 53 BörsG letztlich nicht. Das gesetzgeberische Ziel, zu Gunsten eines bestimmten Personenkreises eine „Börsenrechtssphäre" zu schaffen, innerhalb derer „sich der Terminhandel in voller Vertragsfreiheit und ohne Einmischung des Rechts entsprechend den Marktgesetzen entfalten" kann, 2697 rechtfertigt allein die positive Funktion der §§ 52 ff. BörsG. Für den namentlich durch §§ 53, 58 BörsG privilegierten Personenkreis soll es zulässig sein, Börsentermingeschäfte auch ohne wirtschaftlich „vernünftigen" Hintergrund in bloßer Spekulationsabsicht abzuschließen. Ableiten läßt sich daraus nur, daß jenseits der personell abgegrenzten Börsenrechtssphäre keine volle Freiheit zum beliebigen Abschluß von Börsentermingeschäften besteht. Dagegen wird die Folgerung, verbindliche Börsentermingeschäfte könnten schlechthin nur zwischen termingeschäftsfähigen Personen abgeschlossen werden, vom Gesetzeszweck nicht getragen. Beläßt man Nichttermingeschäftsfähigen die Möglichkeit zum Abschluß von Kurssicherungsgeschäften, bleibt die durch §§ 52 ff. BörsG geschaffene spezielle Börsenrechtssphäre unberührt. Damit korrespondiert die Erwägung, daß jene besondere Gefährlichkeit der Börsentermingeschäfte, vor der Nichttermingeschäftsfähige im Gegensatz zu Termingeschäftsfähigen geschützt werden sollen, Kurssicherungsvereinbarungen- und anderen wirtschaftlich berechtigten Geschäften gerade nicht innewohnt. 2698 Der Nichttermingeschäftsfähige hat im Gegenteil sogar ein legitimes Interesse daran, vor der Unverbindlichkeit solcher Geschäfte geschützt zu werden, da sonst die aus einem ande-
2694
BGHZ 105, 263, 268. BGHZ105, 263, 268. 2696 BGHZ 105, 263, 269 f. 2697 Hopf BB 1984, 417, 419. 2698 Kumpel WuB I G 5.-3.89, unter 3. 2695
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ren Kontrakt resultierende Risikoposition offen bliebe, 2699 insbesondere Wechselkursveränderungen den wirtschaftlichen Erfolg eines Umsatzgeschäfts zunichte zu machen drohten. 2 7 0 0 Entgegen der Einschätzung des BGH behält § 5 7 BörsG auch auf Basis der hier vertretenen Auffassung eigenständige Bedeutung. Die Bestimmung soll der Gesetzesbegründung zufolge dem Umstand Rechnung tragen, daß Börsentermingeschäfte vereinzelt zu Anlagezwecken oder zur tatsächlichen Verwendung des Handelsgegenstandes geschlossen werden und derartige, wirtschaftlich dem Kassa-Handel nahestehende Geschäfte schutzwürdig sind. 2701 Für den mit § 5 7 BörsG intendierten Schutz besteht aber selbst dann ein Bedürfnis, wenn wirtschaftlich berechtigte Börsentermingeschäfte unter Beteiligung Nichttermingeschäftsfähiger schon ex ante betrachtet vollverbindlich sind. 2702 Denn der Zweck, der mit Abschluß eines Börsentermingeschäfts verfolgt wird, ist für den Vertragspartner oftmals nicht oder nur mit Mühe erkennbar. § 5 7 BörsG nun erfüllt zunächst die Funktion, in einer bestimmten Konstellation alle etwaigen Zweifel an der Verbindlichkeit des Börsentermingeschäfts endgültig zu beseitigen. 2703 Außerdem kann man geteilter Meinung darüber sein, ob sich (mißbilligte) Spekulation und effektive Lieferung überhaupt notwendigerweise ausschließen. 2704 In jedem Fall soll der Vertragspartner, der effektiv geleistet hat, unabhängig von der dem Geschäft (ursprünglich) zugrunde liegenden Zwecksetzung seine Gegenforderung geltend machen können. 2705 Schließlich ist zu bedenken, daß die Problematik verbindlicher Kurssicherungsgeschäfte weit über den Anwendungsbereich des § 5 7 BörsG hinausgeht. Die Norm greift in erster Linie bei einverständlich effektiver Lieferung 2706 des kontrahierten Handelsgegenstandes ein 2707 und erfaßt damit lediglich einen Ausschnitt aus dem Kreis wirtschaftlich sinnvoller Börsentermingeschäfte. Berechtigten Sicherungszwecken kann ein Börsentermingeschäft vor allem dann dienen, wenn es in der äußeren Form eines ein- oder zweigliedriegen Differenzgeschäfts abgewickelt werden soll, es mithin zur Leistungsbewirkung i.S.d. § 5 7 BörsG nicht kommt. § 5 7 BörsG läßt sich daher ohnehin keine generalisierende Aussage über die Unverbindlichkeit berechtigter Kurssicherungsgeschäfte unter Beteiligung Nichttermingeschäftsfähiger entnehmen. 2708
2 6 9 9 Krit. zu B G H Z 105, 2 6 3 ff auch Baumbach/Hopt HGB, Überblick vor § 50 BörsG Rn 1 aE: „wirtschaftlich unbefriedigend" sowie Hey ZIP 189, 824, 825: „grotesk". 2700 Hellwig/de LousanoffFS Stiefel, 309. 327. 2 7 0 1 Begründung des Gesetzesentwurfs betr. die Änderung des Börsengesetzes vom 2 2 . 1 1 . 1 9 0 7 , Reichsaktenstück Nr 4 8 3 (2599, 2 6 1 2 ) ; ferner BGHZ 92, 317, 3 2 4 ; 105, 263, 2 6 8 ; 107, 192, 195. 2 7 0 2 Zutr Kumpel WuB I G 5.-3.89, unter 2 b); Hey ZIP 1989, 824, 826. 2703 Kumpel WuB I G 5.-3.89, unter 2 b): Man wende nicht ein, diese dem § 5 7 BörsG verbleibende Funktion sei angesichts der Ausweitung der Termingeschäftsfähigkeit in § 53 Abs 2 BörsG nF nur noch von geringer Bedeutung. Eine solche Argumentation träfe § 5 7 BörsG schlechthin und nicht nur das hier befürwortete Verständnis der Norm. 2 7 0 4 Dagegen Hey ZIP 1989, 824, 8 2 6 ; zu Einzelheiten siehe bereits S 4 0 9 ff. 2 7 0 5 Das effektiv Geleistete kann schon wegen § 5 5 BörsG nicht zurückgefordert werden. Die Bedeutung des § 5 7 BörsG konzentriert sich also auf die Verpflichtung zur Gegenleistung. 2 7 0 6 Die Einverständniserklärung des empfangenden Teils kann insbes. auch konkludent dadurch erfolgen, daß die Leistung widerspruchslos angenommen wird; Scbwark BörsG 2 , § 5 7 Rn 10. 27 Die in einer Differenzzahlung bestehende Erfüllungsleistung unterfällt nicht § 5 7 BörsG, sondern allein § 55 BörsG. Dagegen bezieht sich § 5 7 auch auf die Zahlung der die Gegenleistung bildenden Geldsumme; zum Ganzen Schwark BörsG 2 , § 5 7 Rn 1. 2708 Schwark EWiR § 5 0 BörsG 1/89, 255, 2 5 6 .
4. Teil: Sicherungen
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Dogmatisch umsetzen lassen sich die vorgenannten Überlegungen sicherlich in Gestalt einer „Subjektivierung" des Begriffs der Börsentermingeschäfte. Ein Bedürfnis, diesen Weg zu beschreiten, wäre allerdings zu verneinen, wenn Termin- und Differenzeinwand derart ineinandergreifende Regelungen darstellten, daß die Verbindlichkeit eines Börsentermingeschäfts, das nicht die Voraussetzungen der §§ 53 ff. BörsG erfüllt, nach S S 7 6 4 , 7 6 2 B G B zu beurteilen wäre. Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der S S 5 2 ff. BörsG haben eine solche Interpretation schon immer nahegelegt. 2709 Sie wird durch die mit der BörsG-Novelle 1 9 8 9 vorgenommenen Änderungen noch unterstrichen. Ausgehend davon, daß jedes Börsentermingeschäft, sofern die erforderliche Absicht wirtschaftsfremder Spekulation vorliegt, als Differenzgeschäft zu qualifizieren ist, 2710 besteht die Funktion der §§ 5 3 ff. BörsG darin, Kriterien festzulegen, bei deren Erfüllung der Differenzeinwand ausgeschlossen ist. 2 7 1 1 Deshalb spricht § 5 2 BörsG davon, Börsentermingeschäfte seien „nach Maßgabe der S S 53 bis 5 6 wirksam". Die weitere Verwendung des Wortes „nur" erzwingt im Lichte der oben erörterten positiven Zwecksetzung dieser Vorschriften keine abweichende Beurteilung, sondern ist lediglich als Hinweis auf den Kreis der besonderen Wirksamkeitsgründe des BörsG zu verstehen. 2 7 1 2 Die auf den Differenzeinwand bezogene Rechtsfolge wird von § 5 8 S. 1 BörsG sogar noch einmal ausdrücklich erwähnt. Liegen dagegen die besonderen Wirksamkeitsgründe der §§ 5 3 ff. BörsG nicht vor, verbleibt es bei den S S 7 6 4 , 7 6 2 BGB, und es ist anhand der allgemeinen zum Differenzeinwand entwickelten Grundsätze über die Verbindlichkeit des betreffenden Börsentermingeschäfts zu entscheiden. 2 7 1 3 Die etwaige Unverbindlichkeit eines Börsentermingeschäfts wird mithin nicht von § 5 2 BörsG ausgesprochen, sondern ist allein Sache der SS 7 6 4 , 7 6 2 B G B („... wird eine Verbindlichkeit nicht begründet"). Die dargestellte Verknüpfung beider Regelungskomplexe entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers bei Einführung des BörsG und des B G B . Gegenüber dem Vorschlag, dem BörsG bei der Regelung der Differenzgeschäfte den Vorrang einzuräumen, setzte sich in der Reichstagskommission eine Mehrheit zu Gunsten des S 7 6 4 B G B mit der Erwägung durch, die Unklagbarkeit derartiger Geschäfte stelle einen Grundsatz des bürgerlichen Rechts und nicht nur der Börsenordnung dar. 2 7 1 4 Mit der Neufassung des S 58 S. 1 BörsG durch die Novelle 1 9 8 9 treten die Zusammenhänge zwischen S S -52 ff. BörsG und S S 7 6 4 , 7 6 2 B G B besonders offen zutage. Konstellationen, in denen die Voraussetzungen des S 5 3 BörsG vorliegen, das Börsentermingeschäft aber gleichwohl dem Differenzeinwand unterfällt, sind seither nicht mehr denkbar. Die Verzahnung zwischen börsenrechtlichen Wirksamkeitsgründen und bürgerlichrechtlicher Sanktion ist mithin noch enger und sichtbarer geworden, als sie es zuvor schon war. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang ferner auf das durch die Novelle verwirklichte liberale Schutzkonzept der S S 5 0 ff. BörsG, das Ausdruck zweier korrespondierender Leitgedanken ist: die Privatautonomie nur aus besonders schwerwiegenden Gründen einzuschränken und die Wirtschaftsordnung von unnötigen
Überzeugend Hellwig/de Lousanoff FS Stiefel, 309, 328 ff. $ 5 0 Abs 1 S 2 BörsG nF stellt klar, daß diese Parallele sich auch auf eingliedrige Geschäfte bezieht; vgl BGH W M 1994, 834, 837. Die umgekehrte Schlußfolgerung ist im übrigen unzulässig. Nicht jedes Differenzgeschäft ist zugleich Börsentermingeschäft. 2709
2710
2711 2712
2713 2714
Hellwig/de Lousanoff FS Stiefel, 309, 331 ff.
AM aber BGH W M 1992, 682, 684.
Hellwig/de Lousanoff YS Stiefel, 309, 331, 333.
Zur Entstehungsgeschichte siehe Häuser in Soergel11, S 7 6 4 Rn 1.
S 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
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Regulierungen freizuhalten.2715 Aus dem hier vertretenen Verständnis folgt, daß Termineinwand und Differenzeinwand aufeinander aufbauen. Mit dem Begriff Termineinwand wird kein besonderer Unwirksamkeitsgrund für Börsentermingeschäfte umschrieben, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die eigenständigen börsenrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht vorliegen.2716 Positiv gewendet bildet der Termineinwand mithin ein Tatbestandsmerkmal für den Differenzeinwand gegenüber Börsentermingeschäften. Für die Praxis ergibt sich die weitere Konsequenz, daß bei eindeutigen HedgingGeschäften nicht mehr in die mitunter schwierige Prüfung eingetreten werden muß, ob im konkreten Fall ein Börsentermingeschäft vorliegt und ob die Parteien nach § 53 BörsG termingeschäftsfähig sind. Dient ein Devisengeschäft Kurssicherungszwecken, ist zumindest für den Vertragspartner nichts Gegenteiliges erkennbar (§ 764 S. 2 BGB), kommt dem Kontrakt volle Rechtsverbindlichkeit zu.
c)
Zur Neuregelung der Termingeschäftsfähigkeit
in § S3 BörsG
Für die h.M., die weder den Begriff des Börsentermingeschäfts um das Merkmal Spekulationsabsicht erweitert noch von dem hier befürworteten Konkurrenzverhältnis zwischen Termineinwand und Differenzeinwand ausgeht, beurteilt sich die Verbindlichkeit von Hedge-Geschäften in Devisen nach den gleichen Kriterien wie die Verbindlichkeit von Spekulationsgeschäften. Entscheidend ist danach jeweils, ob beide Vertragspartner i.S.d. § 53 BörsG termingeschäftsfähig sind.2717 Vor der BörsG-Novelle 1989 war der Kreis termingeschäftsfähiger Personen im wesentlichen auf eingetragene Vollkaufleute beschränkt, S 53 BörsG aF. Hinzu kamen Personen, die aus bestimmten Gründen mit Börsentermingeschäften vertraut und damit nicht schutzwürdig waren (§ 53 Abs. 2 Nr 1 BörsG aF ) sowie Personen, die zur Zeit des Geschäftsabschlusses weder ihren Wohnsitz bzw. Sitz noch eine gewerbliche Niederlassung in Deutschland hatten (§ 53 Abs. 2 Nr 2 BörsG aF )2718. Die Neufassung des § 53 BörsG greift in Abs. 1 die genannten personalen Kriterien mit leichten Modifikationen wieder auf,2719 statuiert aber in Abs. 2 zusätzlich eine Termingeschäftsfähigkeit kraft Information, durch die das bisherige „Sicherheitenmodell" i.S.d. § 54 BörsG aF abgelöst wurde.2720 Nach dem neuen „Informationsmodell" ist es 2715
Horn ZIP 1990, 2, 6 f. Hellwig/de Lousanoff FS Stiefel, 309, 333 f wollen dagegen mit dem Begriff Termineinwand den Sonderfall des Differenzeinwands bei Börsentermingeschäften erfassen. 2717 Zum Ausschluß des Termineinwands bei Verstoß gegen Treu und Glauben OLG Köln ZIP 1996, 1740 f. 2718 Zur Vereinbarkeit der Bestimmung mit EG-Recht BGH WM 1992, 1974; Schäfer WuB I G 5.-2.93. 2719 Gestrichen wurde die Ausländerklausel des $ 53 Abs 2 Nr 2 BörsG aF. Ausländische und deutsche Investoren unterliegen nunmehr grds dem gleichen Schutz. Zu diesem Zweck statuiert § 53 Abs 1 S 1 Nr 3 BörsG eine besondere Termingeschäftsfähigkeit kraft hypothetischer Registerpflicht. Termingeschäftsfähig sind danach auch jene Kaufleute, die deshalb nicht in ein (deutsches) Handels- oder Gewerberegister eingetragen werden, weil sich ihr Sitz oder ihre Hauptniederlassung außerhalb Deutschlands befindet. Siehe dazu auch Schwark BörsG2, § 53 Rn 7; Kumpel WM 1989, 1485, 1486; Assmann FS Heinsius, 1, 14; ferner Horn ZIP 1990, 2, 15, der die Kaufmannsqualität des Ausländers für die Zwecke des § 53 BörsG offenbar primär nach ausländischem Recht entscheiden will. 2720 Der durch die Novelle 1989 gestrichene § 54 BörsG aF ermöglichte iVm § 96 Abs 1 BörsG aF nichttermingeschäftsfähigen Personen den Abschluß von Devisentermingeschäften mit begrenztem 2716
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4. Teil: Sicherungen
zur Verbindlichkeit des Börsentermingeschäfts ausreichend, wenn nur einer der Vertragspartner die Kriterien des Abs. 1 erfüllt, vorausgesetzt er untersteht einer gesetzlichen Banken- oder Börsenaufsicht und er hat den anderen Teil vor Geschäftsabschluß schriftlich und den weiteren Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG entsprechend über die dem Geschäft innewohnenden Risiken informiert. 2 7 2 1 Die vom anderen Teil zu unterschreibende Unterrichtungsschrift muß u.a. auch darauf hinweisen, daß sich das Verlustrisiko erhöht, wenn die Verpflichtung aus Börsentermingeschäften oder die hieraus zu beanspruchende Gegenleistung auf ausländische Währung oder eine Rechnungseinheit lautet (§ 53 Abs. 2 S. 1, 4 . Spiegelstrich BörsG). Eine freilich unklar formulierte Regelung über den Zeitpunkt der Information ist ebenfalls Gesetz geworden. Gemäß § 5 3 Abs. 2 S. 3 BörsG darf die Unterrichtung nicht länger als drei Jahre zurückliegen; nach der ersten Unterrichtung ist sie jedoch nach Ablauf eines Jahres zu wiederholen. Die neu geschaffene Termingeschäftsfähigkeit kraft Information 2 7 2 2 hat eine Vielzahl von Zweifelsfragen aufgeworfen, die u.a. Inhalt und Ausgestaltung der Unterrichtungsschrift, den Umfang der Termingeschäftsfähigkeit, ihre zeitliche Geltung sowie ihre Begründung unter Einschaltung von Vermittlern, Vertretern und sonstigen Dritten betreffen. 2 7 2 3 An dieser Stelle sollen lediglich zwei Probleme etwas näher betrachtet werden, und zwar die Wirkung der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information gegenüber dritten Vertragsparteien und die Wirksamkeit der Unterrichtung durch ausländische Kreditinstitute.
aa) Relativität der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information Wie der B G H in einer Entscheidung aus dem Jahre 1994 klargestellt hat, kann die wirksame Unterrichtung gemäß § 53 Abs. 2 BörsG nicht durch einen Dritten erfolgen, der selbst keiner gesetzlichen Bank- oder Börsenaufsicht untersteht, mag er sich auch des schriftlichen Materials eines der Bank- oder Börsenaufsicht unterstehenden Kaufmanns bedienen. 2 7 2 4 Unklar bleibt jedoch, ob und inwieweit darüber hinausgehend die Unterrichtung Risiko, nämlich im Umfang einer zu Gunsten des termingeschäftsfähigen Partners bestellten Sicherheit. Für den Sicherungsnehmer war das Devisentermingeschäft in vollem Umfang verbindlich; für den Sicherungsgeber zwar nicht, doch konnte er seine Sicherheitsleistung nicht unter Hinweis auf die Unverbindlichkeit des Geschäfts zurückverlangen. Zur Anwendung des § 54 BörsG aF auf Devisentermingeschäfte etwa BGH WM 1992, 682, 684 f; LG Frankfurt/M. W M 1992, 867, 869 f; Häuser WuB I G 5.-7.92, unter I. Nach neuem Recht können Sicherheitsleistungen, die von Nichttermingeschäftsfähigen erbracht worden sind, im Falle der Unverbindlichkeit des Geschäfts nach Bereicherungsrecht zurückverlangt werden; Schwark BörsG2, Anm zu § 54 aF. 1 Allgemein zum Schutzkonzept und zu seinem wirtschaftspolitischen Hintergrund Horn ZIP 1990, 2, 6 f; Koller BB 1990, 2202, 2 2 0 4 f; Kumpel WM 1989, 1485, 1486 f. 2 7 2 2 Nebenvertragliche Beratungs-, Aufklärungs- und Warnpflichten bleiben durch § 53 BörsG nF unberührt; BGH WM 1996, 1260, 1262; BGH ZIP 1997, 782, 783 f; Horn ZIP 1990, 2, 16; K. Wach AG 1992, 384, 394 f; Häuser/R. Weiter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 2 5 0 ff; speziell zu den Aufklärungspflichten bei Devisentermingeschäften BGH WM 1992, 682, 684; LG Frankfurt/M. WM 1992, 867, 868 f; Häuser WuB I G 5.-7.92, unter II.; K. Wach WuB I G 5.-4.92, unter II. 2 7 2 3 Näher Schäfer ZIP 1989, 1103, 1104 f; Horn ZIP 1990, 2, 8, 16; K. Wach AG 1992, 384, 3 9 2 ff; Koller BB 1990, 2202, 2 2 0 6 ff; Kümpel WM 1989, 1485, 1487 ff; Häuser ZBB 1992, 249, 2 6 5 f; Assmann FS Heinsius, 1, 16 f. Zur Einschaltung von Vertretern zuletzt BGH DB 1996, 1820 f; OLG Zweibrücken W M 1 9 9 5 , 1 2 7 2 , 1275; vgl auch OLG Düsseldorf W M 1 9 9 6 , 1 4 8 9 , 1493 f. 2 7 2 4 BGH WM 1994, 834, 838.
§ 1 0 : Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
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immer vom jeweiligen Vertragspartner vorgenommen werden muß oder ob diesem auch die von einem anderen Kaufmann durchgeführte Unterrichtung des Nichttermingeschäftsfähigen zugute kommt, sofern nur dieser andere Kaufmann ebenfalls 2725 der Bank- oder Börsenaufsicht untersteht. Für die inter omnes-Wirkung der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information ließe sich ins Feld führen, das einmal in bestimmter Weise vermittelte Beurteilungsvermögen des Anlegers bleibe unabhängig davon bestehen, mit welchen Kreditinstituten der Anleger später Börsentermingeschäfte abschließt. Zu einer verantwortlichen, risikobewußten Eigenentscheidung bedürfe es deshalb in den zeitlichen Grenzen des § 53 Abs. 2 S. 3 BörsG keiner wiederholten Unterrichtung. 2726 Das Informationsmodell beruht jedoch nicht auf dem Gedanken, dem Anleger durch die formale Risikoaufklärung einen Status zu verleihen, der demjenigen des eingetragenen Kaufmanns vergleichbar ist. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Sätze 1 und 4 des § 53 Abs. 2 BörsG 2727 ergibt, soll durch die Information lediglich ein rechtliches Hindernis für die Verbindlichkeit des Rechtsgeschäfts mit demjenigen beseitigt werden, der informiert hat. 2728 Für diese Betrachtungsweise spricht ferner, daß die Informationsschrift auch den Sinn verfolgt, den Absender der Information als Adressaten von Rückfragen und Beratungspflichten in den Vordergrund zu rücken. 2729 Schließlich ist auf das Wirksamkeitserfordernis der Unterzeichnung durch den Anleger 2730 sowie auf die Fristenbestimmung in § 53 Abs. 2 S. 3 BörsG hinzuweisen. Beide Regelungen dokumentieren ebenfalls, daß der Gesetzgeber bei Schaffung des Informationsmodells ein Zweipersonenverhältnis vor Augen hatte. 2731 Die durch § 53 Abs. 2 BörsG begründete Termingeschäftsfähigkeit ist folglich von relativer Art, sie wirkt nur inter partes, nämlich im Verhältnis zwischen dem Informanten und dem informierten Anleger. 2732 Dies schließt es freilich nicht aus, daß der qualifizierte (d.h. einer
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Schon aus dem Wonlaut des § 53 Abs 2 S 1 BörsG ergibt sich, daß kein verbindliches Börsentermingeschäft zustande kommt, wenn nur der Unterrichtende, nicht hingegen der Vertragspartner des Anlegers einer gesetzlichen Bank- oder Börsenaufsicht untersteht; unklar insofern Seeberg ZIP 1992, 600, 602. 2726 Zu Gunsten einer durch § 53 Abs 2 BörsG begründeten absoluten Termingeschäftsfähigkeit sprechen sich aus OLG Köln WM 1997, 160, 162; Schäfer ZIP 1989, 1103, 1104 f; Seeberg ZIP 1992, 600, 602 f; Batereau/M. Unge WM 1997, 904, 905 ff; letztlich unentschieden Kämpel WM 1989, 1485, 1490; ders Bank- und Kapitalmarktrecht, 1067 f. 2727 § 53 Abs 2 S 1 BörsG: „... ist das Geschäft verbindlich, wenn der Kaufmann einer gesetzlichen Banken- oder Börsenaufsicht untersteht und den anderen Teil vor Geschäftsabschluß schriftlich darüber informiert, daß ..."; § 53 Abs 2 S 4 BörsG: „Ist streitig, ob oder zu welchem Zeitpunkt der Kaufmann den anderen Teil unterrichtet hat, so trifft den Kaufmann die Beweislast". 2728 Häuser ZBB 1992, 249, 266; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 246; K. Wach AG 1992, 384, 396. 2729 Assmann FS Heinsius, 1, 28. 2730 Samtleben NJW 1990, 2670, 2671 spricht deshalb davon, die Termingeschäftsfähigkeit kraft Information erweise sich in der Praxis als „Termingeschäftsfähigkeit kraft Unterschrift". 2731 K. Wach AG 1992, 384, 396; Schwark BörsG2, § 53 Rn 20. 2732 Aus der Rechtsprechung bislang nur OLG Zweibrücken WM 1995, 1272, 1275; in seiner Revisionsentscheidung hat der BGH WM 1996, 1260 ff zu dieser Problematik nicht Stellung genommen. Auf die bei bloßer Drittinformation bisweilen drohenden Beweisschwierigkeiten weisen hin Horn ZIP 1990, 2, 8; Kumpel WM 1989, 1485, 1490; Assmann FS Heinsius, 1, 28.
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4. Teil: Sicherungen
gesetzlichen Bank- oder Börsenaufsicht unterliegende) Kaufmann sich zur Übermittlung der Informationsschrift eines Boten bedient. 2733
bb) Unterrichtung durch ausländische Kaufleute Börsentermingeschäfte in Devisen können mit inländischen oder ausländischen Kaufleuten, insbesondere Kreditinstituten oder Brokern, geschlossen werden. Sofern die Wirksamkeit eines Auslandsgeschäfts nach deutschem Recht zu beurteilen ist 2734 und der Anleger nicht (auch) 2735 zu dem von § 53 Abs. 1 BörsG erfaßten Personenkreis zählt, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ausländische Kaufleute ebenso wie inländische in der Lage sind, die Termingeschäftsfähigkeit ihrer Vertragspartner durch Information gemäß § 53 Abs. 2 BörsG zu begründen. Eine wirksame Unterrichtung kann nur durch einen Kaufmann erfolgen, den das Gesetz deshalb als informationsqualifiziert ansieht, weil er einer gesetzlichen Bank- oder Börsenaufsicht untersteht. Um eine Aufsicht durch deutsche Behörden muß es sich dabei nicht handeln. 2736 Weder legt dies der Gesetzeswortlaut nahe, noch entspräche es der Intention des Gesetzgebers, zur Harmonisierung der internationalen Finanzmärkte beizutragen und den deutschen Markt wettbewerbsfähig zu machen. 2737 Dementsprechend ist auch im Gesetzgebungsverfahren die Rede davon gewesen, das Informationsmodell könne durchaus von Kaufleuten praktiziert werden, die einer ausländischen Bank- oder Börsenaufsicht unterstehen. 2738 Problematisch sind allein die Anforderungen, die an das ausländische Aufsichtsrecht zu stellen sind. Kaufleute, die EUausländischem Aufsichtsrecht unterliegen, werden allemal von der Sachnorm 2739 des § 53
2733
K. Wach AG 1992, 384, 396; Häuser/R. Welter in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 16 Rn 247; Dannhoff DWiR 1992, 273, 276; Sckwark BörsG 2 , § 53 Rn 21. Aus der Rechtsprechung siehe auch OLG Hamm ZIP 1996, 1864, 1865 f: Postalische Übermittlung der Informationsschrift genügt. Ferner BGH W M 1995, 658, 659; OLG Köln WM 1996, 1495, 1496: Daß Termingeschäftsfähigkeit kraft Information stets nur durch unmittelbaren Kontakt der Bank mit dem Anleger persönlich herbeigeführt werden kann, ist § 53 Abs 2 S 1 BörsG nicht zu entnehmen. 2734 In der Praxis wird es oftmals § 61 BörsG (dazu sogleich S 433 ff) sein, aus dem sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt. Zwingend ist dies jedoch nicht, auch bei Börsentermingeschäften mit ausländischen Kaufleuten kann deutsches Recht Vertragsstatut sein. Mangels Rechtswahl bestimmt sich das anwendbare Recht nach Art 28 EGBGB. Auf Börseninnengeschäfte findet das Recht des Börsenortes Anwendung (Art 28 Abs 2, 5 EGBGB), Börsenaußengeschäfte unterliegen den allgemeinen Regeln, die für den betreffenden Vertragstyp (Kauf-, Kommissionsvertrag) gelten; siehe Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 29 EGBGB Rn 250; W.H. Roht IPRax 1987, 147, 149; Schwark BörsG 2 , § 61 Rn 9 ff; Brändl Internationales Börsenprivatrecht, 59 ff, 79 ff; Starp Die Börsentermingeschäfte an Auslandsbörsen, 66 f, 215. 2735 Ausländische Kreditinstitute und Broker sind gemäß § 53 Abs 1 S 1 Nr 3 BörsG als Kaufleute zu qualifizieren. 2736 Horn ZIP 1990, 2, 8, 16; Seeberg ZIP 1992, 600, 601 f; Schwark BörsG 2 , § 53 Rn 19 f, § 61 Rn 14; Κ Wach AG 1992, 384, 391; Kumpel W M 1989, 1485, 1487; ders Bank- und Kapitalmarktrecht, 1065; Samtleben NJW 1990, 2670, 2671, Dannhoff DWiR 1992, 273, 276. 2737 Begründung zum Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 11.7.1989, BT-Drucks 11/4177,19. 2738 Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks 11/4177, 21. 2739 S 53 Abs 2 BörsG besitzt keinen kollisionsrechtlichen Gehalt (mißverständlich Samtleben NJW 1990, 2670, 2671). Die Bestimmung regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen deutsches Recht maßgeblich ist; ihre Anwendbarkeit setzt selbst die Geltung deutschen Rechts voraus. Eine rein sach-
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
433
Abs. 2 BörsG erfaßt. 2740 Soweit es um Kaufleute geht, die einer drittstaatlichen Bank- oder Börsenaufsicht unterstehen, muß dagegen geprüft werden, ob die ausländische Regelung der deutschen funktional gleichwertig ist2741 - eine Aufgabe, die im Einzelfall zwar schwierig sein mag, aber kaum unlösbar sein dürfte. 2742 Sofern im Einzelfall der ausländische Kaufmann hinreichend informationsqualifiziert ist, muß die Informationsschrift, die er seinem Vertragspartner überreicht, selbstverständlich allen inhaltlichen Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügen. Eine alternative Verweisung auf die etwaigen Informationsregeln im Heimatrecht des Unterrichtenden erfolgt nicht.
d)
Termin- und Differenzeinwand bei ausländischem Vertragsstatut
Bis zur BörsG-Novelle 1989 bestimmte § 61 BörsG, daß die Vorschriften der §§ 52 bis 60 BörsG auch dann Anwendung finden, wenn das Geschäft im Ausland geschlossen oder zu erfüllen ist. Nach ständiger Rechtsprechung handelte es sich um eine der internationalprivatrechtlichen Parteiautonomie entzogene einseitige Kollisionsnorm, die zu einer vom Vertragsstatut unabhängigen Durchsetzung des deutschen Börsenrechts führte, 2743 jedenfalls sofern ein Vertragspartner seinen Wohnsitz/Sitz in Deutschland hatte. 2744 Bei Inlandsgeschäften wurden die §§ 52 ff. BörsG teilweise über Art. 34 EGBGB zur Anwendung gebracht, 2745 was es nahegelegt hätte, insgesamt von einer Sonderanknüpfung der §§ 52 ff. BörsG als Eingriffsnormen zu sprechen. 2746 Zu den gleichen Ergebnissen gelangten Kegel2747 und Martin Wolff,2™ indem sie § 61 BörsG aF als spezielle Vorbehaltsklausel 2749 qualifizierten. 2750 Flankierend zu dieser nie unumstrittenen 2751 Annahme eines Sonderkolli-
rechtliche Frage ist es hingegen, ob der Tatbestand des § 53 Abs 2 BörsG sich auch auf bestimmte Sachverhalte mit Auslandsberührung erstreckt. 2740 Seeberg ZIP 1992, 600, 602; Assmann FS Heinsius, 1, 27; vgl ferner Rümpel WM 1989, 1485. 2741 Samtleben NJW 1990, 2670, 2671; Schwark BörsG2, S 53 Rn 19; Κ Wach AG 1992, 384, 391; aA Assmann FS Heinsius, 1, 27, demzufolge sich eine Äquivalenzprüfung wegen des Wortlauts von § 53 Abs 2 S 1 BörsG in allen Fällen verbietet. 2742 Auf die Gleichwertigkeit etwa der Börsenaufsicht durch die US-amerikanische Securities Exchange Commission und die Commodity Futures Trading Commission sowie der Aufsicht nach dem englischen Financial Services Act weist Schwark BörsG2, § 53 Rn 19 hin. Von unübersehbaren Rechtsunsicherheiten spricht dagegen Seeberg ZIP 1992, 600, 602; vgl auch BGH NJW 1981, 1897, 1898, wo es um die Frage ging, ob § 58 BörsG aF auf ausländische Börsentermingeschäfte entsprechend anwendbar ist, sofern an der ausländischen Börse Zulassungsbestimmungen gelten, die den von § 50 BörsG aF vorgeschriebenen gleichwertig sind. 2743 Etwa BGH NJW 1975, 1600,1601; 1979, 488; 1984, 2037; 1987, 3193, 3194. 2744 Zu diesem umstrittenen Erfordernis des Inlandsbezuges Samtleben RabelsZ 45 (1981) 218, 229 Fn 70; Henssler ZHR 153 (1989) 611, 637 f; Starp Die Börsentermingeschäfte an Auslandsbörsen, 191. 2745 W.H. Roht IPRax 1987, 147, 150; Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 28 EGBGB Rn 256. 2746 Samtleben RabelsZ 45 (1981) 218, 229; Henssler ZHR 153 (1989) 611, 638. 2747 IPR6, 91 f, 336, 437. 2748 IPR, 144. 2749 Allgemein hierzu Kropholler IPR, 237 f. 2750 Dagegen Sonnenberger in MünchKomm-BGB2, Art 6 EGBGB Rn 23 mit der Begründung, spezielle Vorbehaltsklauseln könnten nur Vorschriften sein, die tatbestandlich die (an sich gegebene) Anwendbarkeit ausländischen Rechts voraussetzen (etwa Art 13 Abs 2, 17 Abs 3, 18 Abs 7, 23 S 2, 38 EGBGB); § 61 BörsG aF dagegen verweise von vornherein auf deutsches Sachrecht.
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sionsrechts für die börsengesetzlichen Regeln über den Terminhandel setzte die h.M. auch §§ 7 6 4 , 7 6 2 BGB gegenüber ausländischem Recht als Vertragsstatut durch, 2752 teils unter Hinweis auf den (negativen) ordre public, 2753 teils im W e g e einer Sonderanknüpfung des Differenzeinwands. 2 7 5 4 Z u §§ 7 6 4 , 7 6 2 BGB vollzog der BGH jedoch 1 9 9 1 teilweise eine W e n d e , indem er in einer noch zum alten Recht ergangenen, aber stark unter dem Eindruck der N o v e l l e stehenden Entscheidung den Differenzeinwand im Bereich des § 5 8 BörsG aF nicht mehr länger zum ordre public rechnete. 2 7 5 5 In seiner heute geltenden Fassung präsentiert sich § 61 BörsG erheblich liberaler 2756 und präziser als zuvor. Aus einem Börsentermingeschäft können nunmehr ohne Rücksicht auf das darauf anzuwendende Recht keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht werden, als nach deutschem Recht begründet sind. Dies gilt jedoch nur, w e n n das Geschäft für den Anspruchsgegner nicht nach § 5 3 BörsG verbindlich ist und zudem ein doppelter Inlandsbezug vorliegt: Der gewöhnliche Aufenthalt des Anspruchsgegners zur Zeit des Geschäftsabschlusses und der Ort, an dem er die für den Abschluß des Geschäfts erforderliche Willenserklärung abgegeben hat, müssen in Deutschland liegen. Durch diese als Sonderanknüpfungsregel oder (heute richtiger) als spezielle Vorbehaltsklausel verstandene Bestimmung, 2 7 5 7 die mit dem in Art. 3 4 EGBGB formulierten Prinzip in jedem Fall in Einklang steht, 2 7 5 8 sind manche der zum alten Recht bestehenden Kontroversen ausgeräumt
2751 Siehe nur Mann FS v. Caemmerer, 737, 740 ff, demzufolge § 61 BörsG lediglich klargestellt haben soll, daß bei Anwendung deutschen Rechts die §§ 52 ff BörsG auch für Auslandsgeschäfte gelten. Dagegen Samtleben RabelsZ 45 (1981) 218,230. 2752 Auf Basis der hier verfochtenen These, wonach die Rechtsfolge des Termineinwands in der Anwendung der §§ 764, 762 BGB besteht, folgte aus § 61 iVm § 58 BörsG aF zugleich die zwingende Geltung der bürgerlichrechtlichen Regeln über den Differenzeinwand für Börsentermingeschäfte. Zum Verhältnis von § 61 und § 58 BörsG aF nach der hM etwa OLG Köln IPRspr 1979 Nr 12 a (56, 58); OLG München W M 1982, 80, 81. 2753 BGH NJW 1979, 488, 489; 1987, 3193, 3194; OLG Frankfurt/M. RIW 1986, 902 f; Henssler Z H R 153 (1989) 611, 639; Häuser in Soergel11, § 764 Rn 27; N. Engel in Staudinger 13 , § 764 Rn 38. 2754 Wengler J Z 1979, 175, 176; in diese Richtung auch BGH NJW 1981, 1898, 1899; gegen eine Sonderanknüpfung der §§ 764, 762 BGB Sonnenberger in MünchKomm-BGB 2 , Einl IPR Rn 46; Samtleben RabelsZ 45 (1981) 218, 231 f. 2755 BGH W M 1991, 576, 577: Angesichts der grundlegenden Wandlung der Ansichten über die Schutzbedürftigkeit des Börsentermingeschäftsfähigen, wie sie inzwischen auch in § 58 BörsG nF Niederschlag gefunden haben, gehört der Differenzeinwand gegenüber verbindlichen Börsentermingeschäften zwischen börsentermingeschäftsfähigen Partnern nach heutigem Verständnis nicht mehr zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts. 2756 So die Intention des Gesetzgebers; Begr. RegE., BT-Drucks 11/4177, 21. 2757 Zur kollisionsrechtlichen Einordnung der Neufassung vgl etwa Henssler ZHR 153 (1989) 611, 638; Schwark BörsG 2 , § 61 Rn 1; Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 EGBGB Rn 259 e; Dannhoff DWiR 1992, 273, 277 Fn 61; Horn ZIP 1990, 2, 15. 58 Auf welchem rechtstechnischen Weg einer zwingenden Bestimmung Eingriffscharakter verliehen wird, ob mittels Ausbildung einer ungeschriebenen, allein auf sie zugeschnittenen Kollisionsnorm oder durch eine spezielle gesetzliche Bestimmung, ist nach Art 7 Abs 2 EuSchVÜ bzw Art 34 EGBGB unerheblich; vgl Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 Rn 259 e, Art 34 Rn 91 f; Sonnenberger in MünchKomm-BGB 2 , Einl IPR Rn 41. Bei Einordnung von § 61 BörsG als Spezialfall des ordre public stellt sich die Frage ohnehin nicht.
§ 10: Risikokompensation durch Abschluß von Devisengeschäften
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worden. 2 7 5 9 Diskutiert wird dagegen noch über den Stellenwert der S S 7 6 4 , 7 6 2 B G B im Falle ausländischen Rechts als Vertragsstatut. Der Streit betrifft im wesentlichen allerdings nur noch Geschäfte, die nicht als Börsentermingeschäfte zu qualifizieren sind. Für die h.M. folgt dies daraus, daß die Synchronisation zwischen Termineinwand und Differenzeinwand den SS 7 6 4 , 7 6 2 B G B bei Börsentermingeschäften keine praktische Bedeutung mehr beläßt. 2 7 6 0 Nach der hier vertretenen Auffassung ist es S 6 1 BörsG, der für Börsentermingeschäfte eine eindeutige Regel darüber enthält, unter welchen Voraussetzungen der Differenzeinwand auch Ansprüchen unter ausländischem Recht als Vertragsstatut entgegensteht. Der Mindestschutzstandard, von dem § 61 BörsG spricht, ist derjenige, den die S S 7 6 4 , 7 6 2 B G B für solche Geschäfte enthalten, die nicht nach S 53 BörsG verbindlich sind. Geht es um Spiel- und Differenzgeschäfte jenseits des Bereichs der Börsentermingeschäfte, gibt es keinen Grund, das bisherige Schutzniveau zu senken und eine Anwendung des Art. 6 E G B G B abzulehnen. 2 7 6 1 S 6 1 BörsG steht nicht entgegen, da es sich um eine Spezialregelung allein für Börsentermingeschäfte handelt. Ebensowenig gibt die neuere B G H Rechtsprechung zum ordre public-Gehalt der S S 7 6 4 , 7 6 2 B G B etwas für die Lösung der aufgeworfenen Problematik her. Zwar war dort davon die Rede, der Differenzeinwand gehöre nicht mehr zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts. Doch bezog sich diese Aussage des B G H allein auf Börsentermingeschäfte zwischen termingeschäftsfähigen Partnern. Im Bereich der Börsentermingeschäfte selbst könnte allenfalls noch gefragt werden, ob die §§ 7 6 4 , 7 6 2 B G B über Art. 6 E G B G B dann Auffangwirkung entfalten, wenn es an den Voraussetzungen des S 6 1 Nr 2 oder 3 BörsG (Inlandsaufenthalt, inländische Abschlußerklärung) fehlt. Dagegen spricht jedoch neben der hier angenommenen Funktion des S 6 1 BörsG schon der unmißverständlich Wille des Gesetzgebers: 2 7 6 2 „Der möglicherweise weitergehende Schutz des deutschen Rechts ist für alle anderen Personen nicht erforderlich." 2 7 6 3 Im übrigen läßt sich erstens bezweifeln, ob und inwieweit der Differenzeinwand bei Börsentermingeschäften überhaupt noch ordre public-fähig ist, 2764 und zweitens ob in den fraglichen Fällen die für Art. 6 E G B G B erforderliche Inlandsbeziehung besteht. 2 7 6 5
2 7 5 9 Die Einschätzung, der Unterschied zwischen der früheren und der jetzigen Bedeutung des § 61 BörsG sei gering (Samtleben NJW 1990, 2670, 2671; Härtung ZIP 1991, 1185, 1186), hängt deshalb maßgeblich von der zum alten Recht vertretenen Auffassung ab. 27 Scbwark BörsG2, § 61 Rn 3; Henssler ZHR 153 (1989) 611, 639; Dannhoff DWiR 1992, 273, 277; Härtung ZIP 1991, 1185, 1187. 2 7 6 1 Zutr Henssler ZHR 153 (1989) 611, 639; Schwark BörsG2, § 61 Rn 3; aA Dannhoff DWiR 1992, 273, 277 Fn 66; wohl auch Seeberg ZIP 1992, 600, 603. 2 7 6 2 Siehe auch Dannhoff DWiR 1992, 273, 277 f. 2 7 6 3 Begr. RegE, BT-Drucks 11/4177, 21 zu Nr 27. 2 7 6 4 BGH WM 1991, 576, 577. 2 7 6 5 Dazu allgemein Martiny in MünchKomm-BGB2, Art 6 EGBGB Rn 72 ff.
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§ 1 1 : Grundpfandrechte und Fremdwährung Soweit deutsches Recht maßgeblich ist, können Kreditsicherheiten für Valutaforderungen grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen und mit dem gleichen Inhalt bestellt werden wie für Ansprüche in deutscher Währung. Dieser Befund jedenfalls gilt für Personalsicherheiten und Mobiliarsicherheiten.2766 Bei Bürgschaften, Garantien wie auch bei der Begründung von Sicherungseigentum2767 muß die zu sichernde Forderung nicht einmal auf Zahlung gerichtet sein.2768 Und Pfandrechte an beweglichen Sachen können für jede Forderung bestellt werden, die Geldforderung ist oder in eine Geldforderung übergehen kann (vgl. § 1228 Abs. 2 S. 2 BGB). Fremdwährungsspezifische Einzelfragen, etwa die Anwendbarkeit des § 244 BGB oder das Schicksal der Bürgenschuld bei einer für den Hauptschuldner beachtlichen Devisensperre, werden im jeweiligen Sachzusammenhang (Ersetzungsbefugnis, Leistungsstörungen) behandelt.2769 Weniger eindeutig läßt sich die Frage beantworten, ob und in welcher Weise es möglich ist, Fremdwährungsforderungen durch Grundpfandrechte zu sichern. Deutschem Recht obliegt die Entscheidung hierüber nur, wenn es das Liegenschaftsstatut stellt, was wiederum voraussetzt, daß das im konkreten Fall zu belastende Grundstück in Deutschland belegen ist.2770 Auf sachrechtlicher Ebene bedarf es in doppelter Hinsicht der Differenzierung. Zum einen anhand der Währung, in der die aus dem haftenden Grundstück zu erbringende Geldleistung ausgedrückt werden soll. Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden zur Sicherung von Valutaforderungen können als Fremdwährungsgrundpfandrechte, aber auch als DM-Grundpfandrechte erwogen werden. Zum anderen zwischen materiellem Sachenrecht und formellem Grundbuchrecht. Da die Entstehung eines Grundpfandrechts nach § 873 BGB neben der Einigung zwischen dem Berechtigten und dem anderen Teil über den Eintritt der Rechtsänderung auch die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch verlangt, ist nicht allein zu prüfen, ob die durch §§ 873, 1113 ff., 1190, 1191 ff. BGB begrenzte Vertragsfreiheit (Typenzwang) es zuläßt, Grundpfandrechte zur Sicherung von Valutaforderungen zu begründen. Vielmehr muß bejahendenfalls weiter untersucht werden, inwieweit die deutschen Grundbuchämter nach dem für sie geltenden Verfahrensrecht einer entsprechenden Eintragungsbewilligung nachkommen. Der in diesem Zusammenhang entscheidende § 28 S. 2 GBO hat durch das im Dezember 1992 in Kraft getretene Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz2771 eine wesentliche Änderung erfahren.
2766
Κ Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 52 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 141, 144 f. Zur kollisionsrechtlichen Behandlung von Bürgschaften und Garantien Martiny in MünchKomm-BGB 2 , Art 28 EGBGB Rn 220 ff; zum IPR der Fahrnissicherung Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 38 EGBGB Anh. I Rn 82 ff. 2768 Für die Bürgschaft siehe etwa RGZ 140, 216, 219; RG SeuffA 87 Nr 185 (360); BGH W M 1969, 826, 827; Habersack in MünchKomm-BGB 3 , § 765 Rn 65; für die Begründung von Sicherungseigentum Quack in MünchKomm-BGB 3 , Anh. §§ 929-936 Rn 37. " 6 ¡ > S 509 ff unf 615 ff. 2770 Zur Anknüpfung und Reichweite des Liegenschaftsstatuts etwa BGHZ 1, 109, 113; Kreuzer in MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 38 EGBGB Anh. I Rn 34 ff, 45 ff; Scherübl in Staudinger 11 ; Einl zu SS 1113 ff Rn 232 ff; ferner Kropholler IPR, 477 ff; Kegel IPR, 570 ff. 2771 BGBl I, 2182 ff. 2767
$ 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
I.
437
Fremdwährungsgrundpfandrechte
Bei der grundpfandrechtlichen Sicherung einer Fremdwährungsforderung steht die Überlegung im Mittelpunkt, den Umfang der Haftung des zu belastenden Grundstücks in derjenigen Währung festzulegen, auf die auch die Forderung lautet bzw. nach der sich ihre Höhe bestimmt.2772 Soll eine summenmäßig fixierte Fremdwährungsforderung gesichert werden, liegt dem Gläubiger daran, sich eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld in der Weise bestellen zu lassen, daß aus dem Grundstück (einmalig oder wiederkehrend) die der Forderung entsprechende Valutasumme erbracht werden muß.2773 Auch wenn die Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück (Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung)2774 möglicherweise nur zu einer Befriedigung in deutscher Währung führt, 2775 besteht doch ein erhebliches Interesse des Valutagläubigers an einem zu seinen Gunsten bestellten Grundpfandrecht in fremder Währung. Nur wenn Forderungssumme und Haftungssumme währungsmäßig übereinstimmten, hätte der Gläubiger automatisch die Gewähr, auch bei einem Außenwertanstieg der Forderungswährung gesichert zu sein.2776 Würde das belastete Grundstück demgegenüber für eine bestimmte DM-Summe haften, träfe den Valutagläubiger im Verhältnis zum Eigentümer grundsätzlich das Risiko einer Außenwertänderung zwischen der fremden Schuld- bzw. Berechnungswährung und der deutschen Währung als der „Sicherungswährung", nämlich in dem Maße, in dem der Forderungswert den Wert der Haftungssumme überstiege.2777 Ein Gleichlauf zwischen Forderungswährung und Sicherungswährung gewährleistete aber nicht nur die forderungswertadäquate Befriedigung des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung. Daneben orientierten sich auch die Ablösungsrechte gemäß § 1142 Abs. 1 BGB (Eigentümer) und § 1150 BGB (Dritte), bei deren Ausübung Forderung und Grundpfandrecht übergehen (§§ 1143, 268 Abs. 3 S. 1 i.V.m. §§412, 401, 1153 BGB), unproblematisch am Forderungswert. Eine Diskrepanz zum Außenwert der Haftungssumme2778 wäre ausgeschlossen, gleichgültig ob man eine Ablösungsbefugnis nur in der fremden Forderungswährung oder auch in DM (Umrechnung dann analog § 244 Abs. 2 BGB) gewährte.
2772
Für den Fall einer von der Schuldwährung abweichenden Berechnungswährung. Soll eine summenmäßig noch nicht feststehende Valutaforderung gesichert werden, kommt eine Fremdwährungs-Höchstbetragshypothek, § 1190 BGB, in Betracht. 2774 In § 866 ZPO ist zwar als weitere Möglichkeit der Immobiliarzwangsvollstreckung die Eintragung einer Sicherungshypothek vorgesehen. Diese Vollstreckungsart jedoch scheidet praktisch aus, da es gerade um die Befriedigung des Gläubigers aus dem belasteten Grundstück geht; siehe auch Wolf Steiner in Staudinger13, § 1147 Rn 34. 2775 Siehe einstweilen Hoeniger JW 1919, 4 7 2 , 4 7 4 ; Nussbaum JW 1919, 475; S 724 und 758 ff. 2776 Hoeniger JW 1919, 472, 473. 2777 Bei der Hypothek treten noch besondere wechselkursbedingte Akzessorietätsprobleme hinzu; Einzelheiten S 459 ff. 2778 Anderenfalls stellte sich die Frage, ob der vom Schuldner personenverschiedene Eigentümer (oder im Falle des § 1150 BGB der ablösungsberechtigte Dritte) den Übergang der Hypothek bereits dadurch bewirkt, daß er den Gläubiger in Höhe der bestimmten DM-Haftungssumme befriedigt, obwohl der Wert der Valutaforderung - gemessen in deutscher Währung - im Zahlungszeitpunkt die Haftungssumme übersteigt. Ähnlich gelagerte Probleme können auch bei der Höchstbetragshypothek auftreten; siehe etwa Scherübl in Staudinger12, § 1190 Rn 36. 2773
4. Teil: Sicherungen
438
1.
Materielles Recht
Gemäß §§ 1113, 1191, 1199 BGB weisen Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld insofern einen übereinstimmenden Inhalt auf, als jeweils aus dem belasteten Grundstück eine bestimmte Geldsumme zu zahlen ist, bei der Hypothek wegen einer dem Begünstigten zustehenden Forderung, bei Grund- und Rentenschuld ohne eine solche Verknüpfung dinglicher Art. Gemeinsamkeiten bestehen auch in Fragen der Publizität. So ordnet § 1115 Abs. 1 BGB in Abweichung von der allgemeinen Regel des S 874 BGB an, daß bei Eintragung der Hypothek neben dem Gläubiger u.a. der Geldbetrag der Forderung im Grundbuch angegeben werden muß, eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung also nicht ausreicht. Auf Grund- und Rentenschulden ist S 1115 Abs. 1 BGB anerkanntermaßen entsprechend anwendbar; das für die Forderungssumme Vorgeschriebene gilt dort nur für den Haftungsbetrag. 2779 Da es keinen Grund zu der Annahme gibt, die genannten Vorschriften des Immobiliarsachenrechts verständen schon begrifflich unter „Geld" allein Einheiten der deutschen Währung, 2780 ließe sich die materiellrechtliche Unzulässigkeit von Grundpfandrechten in fremder Währung heute 2781 noch am ehesten mit der These recht2779
Statt aller Bassenge in Palandt, § 1115 Rn 21. So aber wohl heute noch J. F. Baur/Stürner Sachenrecht, 378 f, freilich ohne Begründung; aus dem älteren Schrifttum etwa Strecker in Planck4, § 1115 Erl. 3 b.: „Hypotheken in ausländischer Währung sind nach dem BGB nicht unzulässig, wenn nicht deren Tilgung in Auslandswährung ausdrücklich bedungen ist, sie vielmehr gemäß § 244 in Reichswährung getilgt werden können; denn in diesem Falle handelt es sich um Geldforderungen, und dadurch wird ... den Vorschriften der §§ 1113, 1115 BGB genügt". Hierbei mag Strecker eine Fehlinterpretation von RGZ 106, 74, 77 unterlaufen sein. Das RG hatte dort erklärt, unechte Valutaforderungen seien nach Maßgabe der §§ 803 ff ZPO (Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen) zu vollstrecken, ohne daß sich das Gericht zu echten Fremdwährungsforderungen geäußert hätte. Die Frage der Ersetzungsbefugnis des Schuldners aber berührt den Charakter einer Forderung als Geldforderung in keiner Weise. Einzelheiten zum Vollstreckungsrecht unten § 18. Zur These, ausländisches Geld sei im Inland Ware, bereits S 27 ff. Im übrigen mag bei dem auf die deutsche Währung verengten Geldbegriff der bereits verschiedentlich behandelte (insbes. S 294 ff)) Gedanke Pate gestanden haben, gesetzliche Zahlungspflichten würden regelmäßig in der Währung des Staates begründet, der die Zahlungspflicht ausgesprochen habe. Zwar geht es hier nicht um gesetzliche Geldschuldverhältnisse, wohl aber um einen durch Gesetz geschaffenen sachenrechtlichen Typenzwang. Offenbar in diesem Sinne formulierte Merfeld Gruchot 39 (1895) 574, 588, 594, das Gesetz sehe nur die selbst geschaffene Währung als unveränderliche Größe an und gehe deshalb davon aus, daß auch der Betrag, für den das Grundstück haften soll, auf die gesetzliche Währung lautet. 2781 § 1 der Verordnung über die Eintragung von Hypotheken in ausländischer Währung vom 13.2.1920 (RGBl I, 1231) hatte noch bestimmt: „Wird für eine Forderung, die in ausländischer Währung zu zahlen ist, eine Hypothek in das Grundbuch eingetragen, so kann mit Einwilligung der Landeszentralbehörde der Geldbetrag der Forderung und etwaiger Nebenleistungen oder der Höchstbetrag, bis zu dem das Grundstück haften soll, in ausländischer Währung angegeben werden. Mit Einwilligung der Landeszentralbehörde kann auch die Währung einer eingetragenen Hypothek in eine ausländische umgewandelt oder eine Grundschuld in ausländischer Währung eingetragen werden; ... Die Einwilligung der Landeszentralbehörde ist im Grundbuch zu vermerken". Dem Reichsgericht zufolge besaß die zit. Bestimmung nicht nur formellrechtliche Bedeutung (Durchbrechung des § 28 S 2 GBO), sondern schuf mit dem Erfordernis der behördlichen Einwilligung zugleich ein materiellrechtliches Entstehungserfordernis für Fremdwährungsgrundpfandrechte (RGZ 157, 120, 123 ff; aA noch KG JFG 14, 365, 371). Nachdem der Anwendungsbereich der Verordnung bereits durch Gesetz vom 12.3.1931 (RGBl I, 293) stark eingeschränkt worden war, wurde die Verordnung schließlich im Jahre 1963 ganz aufgehoben (Art IV des Gesetzes vom 8.5.1963, BGBl, 293); sie gilt heute nur noch für 2780
§ 11: Grandpfandrechte und Fremdwährung
439
fertigen, derartige Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden verstießen gegen den in SS 1 1 1 3 , 1191, 1 1 9 9 BGB verankerten sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Tatsächlich werden Grundpfandrechte in fremder Währung von Teilen des Schrifttums zur Kategorie der sog. „wertbeständigen" Grundpfandrechte gezählt, 2 7 8 2 d.h. solchen H y p o theken, Grund- und Rentenschulden gleichgestellt, deren Zulässigkeit nach geltendem Recht 2 7 8 3 am Bestimmtheitsgrundsatz scheitert, weil die aus dem Grundstück zu erbringende Geldleistung ihrer H ö h e nach von dem Preis einer Waren- oder Edelmetallmenge oder dem Gegenwert einer Fremdwährungssumme abhängen soll. 2784 Eine 1 9 2 2 ergangene Entscheidung des LG Dortmund bringt diese Sichtweise besonders klar zum Ausdruck. Dort heißt es, bei der Fremdwährungshypothek sei die H ö h e der aus dem Grundstück zu zahlenden Geldsumme genauso wenig begrenzt wie bei Eintragung einer Goldwertklausel. Der Umfang der Belastung gehe nicht jederzeit aus dem Grundbuch hervor, sondern sei je
Grundpfandrechte, die vor der Aufhebung in Fremdwährung eingetragen worden sind; siehe Demharter GBO, § 28 Rn 22. Für die gegenwärtige Rechtslage lassen sich aus der Verordnung, ihrem Erlaß und ihrer späteren Aufhebung keine Anhaltspunkte entnehmen. Insbes. kann daraus nicht die Vorstellung des Gesetzgebers abgeleitet werden, Fremdwährungsgrundpfandrechte seien nur im Falle besonderer Normierung materiellrechtlich zulässig. Bereits unter Geltung der Verordnung wurde vom RG vertreten, die ohne behördliche Einwilligung erfolgte Eintragung eines Fremdwährungsgrundpfandrechts sei zwar unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften (auch materiellrechtlicher Art) vorgenommen, nicht aber ihrem Inhalt nach unzulässig; daher keine Amtslöschung (§ 53 Abs 1 S 2 GBO), sondern Amtswiderspruch (§ 53 Abs 1 S 1 GBO); RGZ 157, 120, 124 gegen LG Dortmund J W 1923, 193 f. Die Verordnung läßt sich in materieller Hinsicht durchaus auch als Einschränkung der §§ 1113, 1191, 1199 BGB begreifen statt als Erweiterung dieser Bestimmungen. Entscheidend bleibt jedenfalls heute der autonome Gehalt der bürgerlichrechtlichen Regeln über den Inhalt von Grundpfandrechten. 2782 /. F. Baur/Stürner Sachenrecht, 378 f; Scherübl in Staudinger 12 , Einl zu § 1113 Rn 76, § 1115 Rn 18; Merfeld Gruchot 39 (1895) 574, 586 ff; möglicherweise auch Räfle in Erman®, § 1113 Rn 4; Nussbaum Hypothekenwesen, 29. 2783 Zur Entwicklung seit Ende des 1. Weltkrieges eingehend Scherübl in Staudinger 11 , Einl zu §§ 1113 ff Rn 187 ff. Hingewiesen sei an dieser Stelle auf das Gesetz über wertbeständige Hypotheken vom 23.6.1923 (RGBl I, 407) und die Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16.11.1940 (RGBl I, 1521), die eine Erweiterung des numerus clausus der Sachenrechte bewirkten. Teilweise wird angenommen, die genannten Regelungen besäßen nach wie vor Gültigkeit, die Bestellung wertbeständiger Grundpfandrechte auf der Basis der dort zugelassenen Wertmesser (Feingold, Roggen, Weizen) sei lediglich von einer Genehmigung nach ξ 3 S 2 WährG abhängig; so etwa Eickmann in MünchKomm-BGB 3 , § 1113 Rn 42. Demgegenüber weisen jedoch Demharter GBO, § 28 Rn 27 und Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 53 zutr darauf hin, daß die o.g. vorkonstitutionellen Normen spätestens am 31.12.1968 gemäß § 3 S 2 des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts vom 10.7.1958 (BGBl, 437) iVm § 3 S 1 des Gesetzes über den Abschluß der Sammlung des Bundesrechts vom 28.12.1968 (BGBl, 1451) außer Kraft getreten sind. 2784 Siehe auch die Definition der wertbeständigen Rechte in § 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes vom 20.12.1993 (BGBl, 2192, geändert durch das SachRÄndG vom 21.9.1994, BGBl, 2457). Abschn. 1 des GBBerG ordnet für das Gebiet der neuen Bundesländer an, daß aus wertbeständigen Grundpfandrechten nur noch Zahlung eines bestimmten, umzurechnenden DM-Betrages verlangt werden kann. Soweit sich der Haftungsumfang bislang nach dem Gegenwert einer bestimmten Geldsumme in ausländischer Währung richtete, gilt nunmehr der Devisenankaufskurs vom 25.12.1993; siehe § 3 GBBerG (unberührt bleiben die besonderen Vorschriften über die schweizerischen Goldhypotheken; dazu Begr. RegE, BT-Drucks 12/5553, 92 zu § 3).
440
4. Teil: Sicherungen
nach Fälligkeit oder Zahlungstermin verschieden und könne nur durch Umrechnung zum Kurse dieses Tages festgestellt werden. 2785
a)
Nominalistisches Bestimmtheitsgebot
Der den §§ 1113, 1191, 1199 BGB innewohnende sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz verfolgt (neben § 1115 BGB) das Ziel, den Umfang der Grundstückshaftung transparent zu machen, 2786 und zwar durch das Erfordernis, stets eine unveränderliche Anzahl von Geldeinheiten festzulegen, die das Quantum der aus dem Grundstück als Hauptleistung zu erbringenden abstrakten Vermögensmacht definiert. 2787 Bezugspunkt ist also (auch bei der Hypothek) die dingliche Forderung, nicht (unbedingt in gleicher Weise) der zu sichernde schuldrechtliche Anspruch 2788 (dessen Bestimmtheit je nach Pfandrechtstyp allerdings ebenfalls Probleme aufwerfen kann). 2789 Damit wird zunächst nichts anderes statuiert als ein striktes Nominalwertprinzip: Unzulässig sind Belastungen eines Grundstücks, deren Höhe - ausgedrückt in Geldeinheiten - vom jeweiligen Wert einer besonderen Bemessungsgrundlage abhängt. Bedenken gegen die materiellrechtliche Zulässigkeit von Valutagrundpfandrechten könnten allein daran gemessen nicht erhoben werden. Eine fixe Summe Fremdwährungseinheiten wahrt das haftungsrechtliche Nominalwertprinzip ebenso wie ein feststehender DM-Betrag. Weil die Haftungswährung im Recht der Immobiliarsicherheiten die Funktion ausübt, die der Schuldwährung im Obligationenrecht zukommt, nämlich den Gegenstand der Verpflichtung festzulegen, ließe sich auch nicht argumentieren, der Umfang der Haftung in deutscher Währung werde unter Durchbrechung des nominalistischen Prinzips vom jeweiligen Kurs einer Auslandswährung abhängig gemacht. Wer in wertsicherungsrechtlichen Kategorien denkt, müßte bei § 3 S. 1 WährG ansetzen, nicht bei Satz 2 der Norm. Dies wird bei der Verkehrs- und Sicherungshypothek in fremder Währung besonders deutlich, wo die nominelle Konstanz des Schuldbetrages mit der nominellen Konstanz des Haftungsbetrages korrespondiert. Außenwertschwankungen der fremden Schuld- und Haftungswährung im Verhältnis zur DM berühren weder den Forderungs2 7 8 5 LG Dortmund J W 1923, 193. Um eine Hypothek in Auslandswährung ging es in RGZ 157, 120 ff. Die Frage der Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgrundsatz konnte jedoch unentschieden bleiben (123 f). 2 7 8 6 BayObLGZ 1921, 2 1 3 ; Hoeniger J W 1919, 4 7 2 , 4 7 3 ; U. Reuter Grundbuch, 1 4 1 ; Nussbaum Hypothekenwesen, 29. 2 Im Hinblick auf die Hypothek heißt es hierzu in den Motiven {fAugdan Materialien III, 3 5 5 unter IV 1): „Die Forderung muß nach dem Entw. eine bestimmte Geldforderung sein. Dies entspricht sachlich den Gesetzen, welche die Hypothek von der Eintragung abhängig machen. Denn alle diese Gesetze verlangen, daß die Hypothek mit Angabe einer bestimmten Summe eingetragen werde. Sie befolgen somit das Spezialitätsprinzip auch in Beziehung auf das Maß der hypothekarischen Belastung, indem sie davon ausgehen, daß die Bucheinrichtung für das Hypothekenrecht ihren Zweck nur erfüllen kann, wenn das Buch nicht bloß über die Zahl der auf einem Grundstücke haftenden Hypotheken, sondern auch über den Betrag jeder einzelnen Hypothek möglichst genau Auskunft gibt. Vermöge dieses Prinzipes dürfen Forderungen, welche nicht auf Zahlung von Geld gerichtet sind, überhaupt nicht und Geldforderungen nicht in unbestimmter Höhe eingetragen werden". 2 7 8 8 Wenngleich der Gesetzgeber bei der Hypothek davon ausging, daß sich aus der Bestimmtheit der Forderungssumme zugleich die Bestimmtheit der Haftungssumme ergibt; vgl Mugdan Materialien III, 3 5 5 ; U. Reuter Grundschuld, 142 f. 2789 Wolfsteiner in Staudinger 13 , Einl zu §§ 1113 ff Rn 37, § 1113 Rn 18.
S 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
441
noch den Haftungsinhalt; eine zu Gunsten des Schuldners, des Grundstückseigentümers (§ 1 1 4 2 BGB) oder eines Dritten (§ 1 1 5 0 BGB) bestehende Ersetzungsbefugnis ändert daran nichts. 2 7 9 0 Würde sich deshalb der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz der SS 1 1 1 3 , 1 1 9 1 , 1 1 9 9 B G B in einem strikten Nennwertprinzip erschöpfen, stände der Zulässigkeit von Fremdwährungsgrundpfandrechten aus bürgerlichrechtlicher Sicht nichts entgegen.
b)
Währungsbezogenes Bestimmtheitsgebot
Der Transparenzgedanke, an dem sich das grundpfandrechtliche Bestimmtheitsgebot orientiert, könnte allerdings noch eine weitere, eine währungsbezogene Dimension beinhalten. Die vom Gesetz geforderte Klarheit über den Haftungsumfang, so mag man argumentieren, werde nicht bereits durch nennbetragsmäßige Fixierung der aus dem Grundstück zu erbringenden Geldleistung geschaffen, vielmehr bedürften vor allem potentielle nachrangige Gläubiger sowie Grundstückserwerber der Gewißheit auch über das Quantum an abstrakter Vermögensmacht, das die zur Bezifferung verwendete Währungseinheit verkörpert. Diese Gewißheit aber, so die mögliche Schlußfolgerung, biete allein die Grundeinheit derjenigen Währung, die am Belegenheitsort des zu belastenden Grundstücks offiziell umläuft. Der Gesetzgeber des BGB, dem die Problematik der Fremdwährungsgrundpfandrechte nicht unbekannt war, hat dahingehende Überlegungen tatsächlich angestellt, jedoch bewußt nicht die materiellrechtliche Konsequenz gezogen, durch eine entsprechende Formulierung in SS 1 1 1 3 , 1 1 9 1 , 1 1 9 9 BGB oder etwa in § 1 1 1 5 B G B die deutsche Währung als zwingende Haftungswährung festzuschreiben. Dahinter stand die Überlegung, daß die Nichtigkeit von eingetragenen Fremdwährungsgrundpfandrechten im Einzelfall zu einer großen Hätte für die Beteiligten führen könnte - eine Härte, die durch die letztlich gewählte Problemlösung auf der Ebene des formellen Grundbuchrechts vermieden wurde. 2 7 9 1 Auch heute schätzt der Gesengeber Grundpfandrechte in fremder Währung als materiellrechtlich zulässig ein, wie sich bereits aus dem Umstand ergibt, daß die Novellierung des S 2 8 S. 2 G B O durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz kein bürgerlichrechtliches Pendant gefunden hat. Dem entspricht es, daß Schiffshypotheken und Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen schon seit langem unproblematisch auch in fremder Währung begründet werden können. 2 7 9 2 Diejenigen, die dessen ungeachtet (jedenfalls im Ansatz, d.h. heute wohl vorbehaltlich der Ausstrahlungswirkung des neugefaßten § 28 S. 2 GBO) an der These festhalten, nur Grundpfandrechte in deutscher Währung gewährleisteten die von S S 1 1 1 3 , 1 1 9 1 , 1 1 9 9 B G B verlangte Klarheit über den Umfang der dinglichen Haftung, überspannen zudem die Schutzfunktion des grundpfandrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes. Auch das M a ß an abstrakter Vermögensmacht, das eine Einheit der deutschen Währung repräsentiert, ist Schwankungen unterworfen; Gleiches gilt (und zwar unabhängig hiervon) für die Entwicklung der Grundstückspreise. In wirtschaftlicher Hinsicht läßt sich daher mit Hilfe des Bestimmtheitsgrundsatzes und der Angabe von Forderungs- bzw. Haftungssumme im Vgl Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 182 f. Mugdan Materialien III, 358 unter b); zur Entstehungsgeschichte der S S 1113, 1115 BGB ferner U. Reuter Grundbuch, 142 f. 2 7 9 2 Siehe K. Schmidt in Staudinger13, S 244 Rn 55; U. Reuter Grundbuch, 144 f. 2790 2791
4. Teil: Sicherungen
442
Grandbuch ohnehin nur eine ungefähre Analyse über die verbleibende Eignung des Grundstücks als Kreditsicherungsobjekt anstellen.2793 Finanzielle Dispositionen, bei denen ein Grundstück als Haftungsgrundlage eine Rolle spielt, erfordern stets eine zusätzliche ökonomische Bewertung der Grundstücks- und Haftungssituation. In diese zusätzliche Analyse auch den Außenwert der Haftungswährung einzubeziehen, bereitet keine Probleme; es genügt ein Blick in die Wirtschaftspresse oder ein Anruf bei einem Kreditinstitut. Schwerer wiegt schon das Bedenken, daß die Wertentwicklung einer Valuta-Hypothek anders verlaufen kann als die Wertentwicklung nachrangiger Grundpfandrechte in deutscher oder einer dritten Währung (Abweichendes gilt nur im Rahmen fester Paritäten). Lauten sämtliche auf einem Grundstück lastenden Grundpfandrechte auf DM, trifft sie der fortlaufende Binnenwertverlust der deutschen Währung in gleichem Maße. Das Valutagrundpfandrecht hingegen verkleinert oder vergrößert die haftende Wertparzelle gegenüber den nachrangigen Rechten, je nachdem, ob der Außenwert der fremden Haftungswährung im Verhältnis zur DM steigt oder fällt. Die hieraus resultierenden Risiken und Chancen sind allerdings für spätere (= nachrangige) Grundpfandgläubiger ohne weiteres erkennbar. Es besteht kein Grund zu der Annahme, derartige Gläubiger seien nicht in der Lage, eine eigenverantwortliche Kreditentscheidung zu treffen, bei der sie das verbleibende Sicherungspotential des Grundstücks wie auch ihre eigenen Sicherungsbedürfnisse zutreffend einschätzen.2794 Entsprechendes gilt für mögliche Grundstückserwerber. Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, daß der in §§ 1113, 1191, 1199 BGB verankerte Bestimmtheitsgrundsatz lediglich nominalistische, nicht jedoch währungsbezogene Anforderungen stellt. Nach materiellem Recht sind Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden in ausländischer Währung (vorbehaltlich S3 S. 1 WährG) ebenso zulässig wie Grundpfandrechte, die auf Einheiten der deutschen Währung lauten.2795
2.
Grundbuchrecht
a)
Der Grundsatz des § 28 S. 2. 1. Hs: Angabe einzutragender in DM
aa)
Geldbeträge
Regelungsinhalt
Die Bestellung von Fremdwährungsgrundpfandrechten scheiterte bislang stets an den verfahrensrechtlichen Anforderungen der Grundbuchordnung. Nach § 28 S. 1 GBO ist in der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, im Eintragungsantrag das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. § 28 S. 2 GBO fuhr bis zur Novelle 1993 fort: „Einzutragende Geldbeträge sind in Reichswährung anzugeben", was gemäß § 2 WährG seit dem
2793
U. Reuter Grundbuch, 141. So bereits Hoeniger JW 1919, 472, 473 f. 2795 IErg ebenso (teils mit unterschiedlicher, teils ohne Begründung) Eickmann in MünchKommBGB3, § 1113 Rn 44; Demharter GBO, § 28 Rn 20; Hoeniger JW 1919, 472, 473 f; U. Reuter Grundbuch, 141 ff; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 54; Bassenge in Palandt, Vorbem v. § 1113 Rn 7; Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 20. 2794
S 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
443
21.6.1948 bedeutete: in der Rechnungseinheit Deutsche Mark. 27 ' 6 Durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde der veränderten Situation auch sprachlich Rechnung getragen und der Begriff „Reichswährung" durch die Worte „inländische Währung" ersetzt. Geblieben ist die Zwecksetzung der Vorschrift. § 28 S. 2 GBO dient nicht etwa dem Schutz der deutschen Währung, 2797 sondern der Klarheit, Sicherheit und Leichtigkeit des Grundbuchverkehrs. 2798 Nachrangigen Gläubigern und potentiellen Grundstückserwerbern soll der Umfang der Belastung deutlich vor Augen geführt werden. 2799 Die beiden Sätze des § 28 GBO, der als verfahrensrechtliches Gegenstück zum materiellrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz angesehen wird,2800 weisen - auch wenn dies die Gesetzesformulierung nahelegt - keinen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang auf.2801 DM-Beträge sind deshalb nicht nur in der Bewilligung bzw. im Antrag zu nennen, § 28 S. 2 GBO gilt vielmehr auch (und in erster Linie) für die Eintragung2802 und gewährleistet so, daß die in den Eintragungsunterlagen und im Grundbuch angegebenen Geldbeträge übereinstimmen.2803 Unerheblich ist demzufolge ferner, ob der Geldbetrag überhaupt in den Eintragungsvermerk aufgenommen oder nur durch die Bezugnahme auf die Bewilligung Grundbuchinhalt wird (vgl. § 874 BGB).2804 Letzteres kann ggf.2805 vor dem Hintergrund des § 1115 Abs. 1 BGB (Grundbucheintragung der Forderungssumme) relevant werden, und zwar weil § 28 S. 1 GBO lediglich den Betrag der Belastung des Grundstücks, nicht auch denjenigen der zu sichernden Forderung betrifft. 2806 Das Gebot, einzutragende Geldbeträge stets in deutscher Währung anzugeben, ist eine Ordnungsvorschrift, über die sich das Grundbuchamt vorbehaltlich der sogleich unter b) darzustellenden Ausnahme nicht hinwegsetzen darf,2807 mag auch der Eigentümer selbst keine Bedenken gegen eine Belastung seines Grundstücks mit einem Fremdwährungsgrundpfandrecht haben.2808 Der Umstand, daß Hypotheken, Grund- und Rentenschulden nach bürgerlichem Recht zulässig sind, erlaubt keine gegenteiligen Schlüsse. Die Verfahrensregeln der GBO sind nicht Diener des materiellen Rechts,2809 die hier zu beobachtende Diskrepanz entspricht ganz im Gegenteil der erklärten 2796
Statt aller KG NJW 1954, 1686; LG Hamburg DNotZ 1950, 433, 434; LG Bonn NJW 1955,
556. 2797
Insofern verbleibt es bei dem mittelbaren Schutz durch § 3 S 1 WährG. OLG Köln RIW 1977, 291, 292; Nussbaum Hypothekenwesen, 85. 2799 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 184·, Bachmann Fremdwährungsschulden, 124 f. 2800 Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 6; daß es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, ist speziell für § 28 S 2 GBO nie bezweifelt worden; siehe etwa RGZ 157, 120, 125; BGH RPfleger 1986, 210; KG NJW 1954, 1686; KG RPfleger 1993, 16; Strecker in Planck4, § 1115 Anm 3; Eickmann in MünchKomm-BGB', § 1113 Rn 44; Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 21; Bachmann Fremdwährungsschulden, 125; Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu §§ 1113 ff Rn 32. 2801 Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 1; U. Reuter Grundbuch, 155. 2802 RGZ 106, 74, 79; BGH NJW 1955, 342; KG NJW 1954, 1686; KG RPfleger 1993, 16; Demharter GBO, § 28 Rn 1, 18; Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 5. 2803 Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 1; U. Reuter Grundbuch, 155. 2804 Erti in Kutze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 18. 2805 Zur Sicherung von Valutaforderungen durch DM-Grundpfandrechte siehe unten II. 2806 RGZ 106, 74, 79; LG Osnabrück RPfleger 1968, 122; Amheim GBO, § 28 Rn 12; U. Reuter Grundbuch, 156; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 184. 2807 KG NJW 1954, 1686; KG RPfleger 1993, 16. 2808 U. Reuter Grundbuch, 156. 2809 KG RPfleger 1993, 16 f; U. Reuter Grundbuch, 157. 2798
4. Teil: Sicherungen
444
Absicht des historischen Gesetzgebers, der Valutagrundpfandrechte ausschließlich mit den Mitteln des formellen Rechts verhindern wollte. 2810
bb)
Europarechtsverträglichkeit
Kontroversen hat die Frage nach der Europarechtsverträglichkeit des § 28 S. 2 GBO ausgelöst - eine Problematik, die auch nach dem Eintritt in die dritte Stufe der Europäischen Währungsunion ihre Aktualität behalten wird, und zwar im Hinblick auf die Währungen jener EU-Mitgliedstaaten, die (noch) nicht zum Teilnehmerkreis zählen; darüber hinaus möglicherweise insofern, als es die Verwendung drittstaatlicher Währungen anbelangt. In einem Beschluß aus dem Jahre 1977 verneinte das OLG Köln einen Verstoß gegen Art. 106 des EWGV (Freiheit des Zahlungsverkehrs) mit der Erwägung, die von § 28 S. 2 GBO ausgehenden Beschränkungen träfen nicht nur ausländische Gläubiger einer in Auslandswährung bezeichneten Geldforderung, sondern auch deutsche Gläubiger derartiger Forderungen, so daß kein Fall einer Diskriminierung ausländischer Gläubiger vorliege.2811 Diesen Standpunkt teilte das BVerfG, das die gegen den Beschluß des OLG Köln eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annahm. In seiner Begründung des Nichtannahmebeschlusses wies der Vorprüfungsausschuß darauf hin, daß § 28 S. 2 GBO unzweifelhaft auch mit Art. 7, 30 und 59 EWGV vereinbar sei. 2812 Demgegenüber sind in neuerer Zeit Stimmen laut geworden, die zumindest einen Verstoß gegen Art. 106 EWGV annehmen 2813 und teilweise auch von der Unvereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 7 EWGV ausgehen. 2814 (1)
Art. 6 EGV
Eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit kann nicht ohne weiteres mit der vom OLG Köln gegebenen Begründung verneint werden, einerlei ob man Art. 6 Abs. 1 EGV (der durch das Maastricht-Abkommen, mit dem der EGV den EWGV ersetzt hat, ohne inhaltliche Änderung an die Stelle des Art. 7 Abs. 1 EWGV getreten ist) zum Maßstab nimmt oder insofern die Sonderregeln über den Kapital- und Zahlungsverkehr für anwendbar hält. Neben der unmittelbaren Diskriminierung nämlich ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch die mittelbare Diskriminierung verboten. 2815 Fraglich ist allerdings, wann von mittelbarer Diskriminierung gesprochen werden kann. Verlangt man, das fragliche Kriterium müsse sich unter faktischer Beibehaltung des Regelungserfolges gegen das Merkmal der Staatsangehörigkeit austauschen lassen,2816 ist eine mittelbare Diskriminierung durch Art. 28 S. 2 GBO jedenfalls dann zu verneinen, wenn quantitative Aspekte der Währungsverwendung außer Betracht gelassen werden. Wegen der weitgefaßten AllgemeiMugdan Materialien III, 358 unter b).
2110
2811 2812
2813 2814
OLG Köln RIW 1977, 291, 292. BVerfG RIW 1977, 778.
U. Reuter Grundbuch, 162 ff; Bachmann Fremdwährungsschulden, 127 f. U. Reuter aaO 164 ff.
2 8 1 5 EuGH Rs 152/73 - Sotgiu ./. Deutsche Bundespost - Slg 1974, 153, 164; Rs 61/77 - Kommission ./. Irland - Slg 1978, 417, 4 5 1 ; Rs 237/78 - CRAM ./. Toia - Slg 1979, 2645, 2 6 5 3 ; Rs 2 2 / 8 0 Boussac ./. Gerstenmeier - Slg 1980, 3 4 2 7 , 3 4 3 6 . 2 8 1 6 Zu diesem Kriterium für die Annahme einer mittelbaren Diskriminierung siehe etwa v. Bogdandy in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 6 EGV Rn 12, 15 ff.
S 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
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nen Genehmigung zu § 3 S. 1 WährG erlaubt der grundbuchrechtliche Primat der DM nicht einmal die Feststellung, aus der Gruppe der Gläubiger von Valutaforderungen seien praktisch nur Dewsewausländer (Gebietsfremde i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr 3, 4 AWG) daran gehindert, Grundpfandrechte in ausländischer Forderungswährung zu begründen. Wer individualisierend fragt, ob ein Inländer an Stelle eines Ausländers in ähnlicher Weise belastet wird oder nicht, muß somit konstatieren, daß Ausländer auch keiner mittelbaren Diskriminierung unterworfen sind. Zweifel treten hingegen auf, falls das Verbot des Art. 6 Abs. 1 EGV bereits dann zum Zuge gelangte, wenn Ausländer von einer belastenden Vorschrift typischerweise häufiger betroffen sind als Inländer. Weil ausländische Gläubiger rein zahlenmäßig eher Valutaforderungen gegenüber Inländern begründen als Inländer untereinander, sind Ausländer natürlich auch von Art. 28 S. 2 GBO häufiger betroffen als Inländer. Eine mittelbare Diskriminierung ließe sich also unter Zwischenschaltung der jeweils verwendeten Währung durchaus formulieren. Ganz ähnliche Überlegungen hat der EuGH bereits 1980 im Verfahren Boussac ./. Gerstenmeier angestellt,2817 als § 688 Abs. 1 ZPO auf den europarechtlichen Prüfstand gestellt wurde. § 688 Abs. 1 ZPO zufolge kann ein Mahnbescheid nur wegen eines Anspruchs erlassen werden, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in inländischer Währung zum Gegenstand hat.2818 Der EuGH verneinte letztlich einen Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot, weil den Vertragsparteien die Wahl der Schuldwährung freisteht2819 und Gläubigern aus den übrigen Mitgliedstaaten unabhängig von der Schuldwährung jedenfalls unbenommen bleibt, ihren Anspruch im Wege des normalen Klageverfahrens durchzusetzen.2820 An dieser Entscheidung gemessen, die bei Prüfung einer mittelbaren Diskriminierung gerade auch die praktischen Auswirkungen der angegriffenen Regelung berücksichtigt,2821 kann von einem Verstoß des S 28 S. 2 GBO gegen Art. 6 EGV keine Rede sein. Im vertragsrechtlichen Bereich haben die Parteien, die eine grundpfandrechtliche Sicherung ins Auge fassen, die Möglichkeit, in DM zu kontrahieren. Im übrigen sind sie bei zutreffender Auslegung der §§ 1113 ff., 1190, 1191 BGB rechtlich in der Lage, Valutaforderungen durch Grundpfandrechte in deutscher Währung zu sichern. Und im vollstreckungsrechtlichen Bereich verbleiben neben der Zwangshypothek in DM als Alternativen noch Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung (§ 866 ZPO).2822 (2)
Art. 73 b EGV
§ 28 S. 2 GBO bewirkt allenfalls eine unterschiedslos anwendbare Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit oder der Zahlungsverkehrsfreiheit. Sedes materiae sind seit dem
2817 Rs 22/80 Slg 1980, 3427, 3436; siehe insbes. die Schlußanträge des Generalanwalts Mayras, aaO 3438, 3444. 2818 Die Frage ist allerdings, ob nicht eine teleologische Reduktion der Norm geboten ist, und zwar dergestalt, daß Fremdwährungsforderungen speziell zur Geltendmachung im Mahnverfahren in DM umgerechnet werden dürfen; siehe dazu S 684 ff. 2 § 3 S 1 WährG reglementiert nur Geldschulden zwischen Währungsinländern; siehe oben S 272 ff. 2820 EuGH aaO 3437; ferner Generalanwalt Mayras aaO 3445 f. 2821 Generalanwalt Mayras aaO 3445. 2822 Zum Vollstreckungsrecht zutr Bachmann Fremdwährungsschulden, 127.
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4. Teil: Sicherungen
1 . 1 . 1 9 9 4 die Art. 73 b bis 7 3 g EGV, 2 8 2 3 denen zufolge grundsätzlich alle Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten sind. Zu der Frage, inwieweit sich das Verbot auf Bestimmungen erstreckt, die bereits die Begründung von Valutaschulden reglementieren, ist bereits Stellung genommen worden. 2 8 2 4 In den Anwendungsbereich des unmittelbar geltenden 2 8 2 5 Art. 73 b E G V fallen jedoch auch Maßnahmen der Sicherung von Fremdwährungsverbindlichkeiten. So nannte bereits die dritte der zur Durchführung von Art. 6 7 E G V ergangenen Kapitalverkehrsrichtlinien ausdrücklich auch „Bürgschaften, andere Garantien und Pfandrechte sowie die mit ihnen zusammenhängenden Transferzahlungen, soweit sie in Verbindung stehen mit Krediten zur Finanzierung von Handelsgeschäften oder Dienstleistungen". 2 8 2 6 Entscheidend für die Auslegung des Begriffs „Kapitalverkehr" in Art. 6 7 Abs. 1 E G V ist heute die aus dem Jahre 1 9 8 8 datierende vierte Kapitalverkehrsrichtlinie 2827 mit ihrer eingehenden, wenn auch nicht abschließenden Nomenklatur von Kapitalbewegungen, ausgedrückt in Landeswährung oder in Fremdwährungen. 2 8 2 8 Als eine von 13 Positionen finden sich im Anhang I unter Ziffer I X abermals „Bürgschaften, andere Garantien und Pfandrechte" aufgelistet, und zwar A. von Gebietsfremden an Gebietsansässige und B. von Gebietsansässigen an Gebietsfremde. Die ausdrückliche Verknüpfung mit bestimmten Krediten ist entfallen, was zu Unklarheiten darüber geführt hat, ob damit sämtliche Sicherungen als Kapitalverkehr zu behandeln sind 2 8 2 9 oder ob zumindest noch Personal- und Realsicherheiten im Zusammenhang mit Geschäften des Zahlungsverkehrs (z.B. Kreditkäufen) 2830 selbst als Zahlungsverkehr i.S.d. Art. 73 b Abs. 2 E G V gelten. 2 8 3 1 Die konkrete Zuordnung hat jedoch stark an Bedeutung verloren, weil seit dem Eintritt in die zweite Stufe der E W W U beide Grundfreiheiten weitgehend gleich geregelt sind, insbesondere für den Zahlungsverkehr nicht mehr verlangt wird, daß ein unmittelbarer Konnex mit dem Waren- oder Dienstleistungsverkehr besteht. 2 8 3 2 Da es angesichts des Schutzzwecks von Art. 7 3 b E G V keinen Grund zu der Annahme gibt, Pfandrechte speziell an Grundstücken seien von den erfaßten Sicherungen ausgenommen, 2 8 3 3 spricht heute einiges dafür, in S 2 8 S. 2 G B O jedenfalls insoweit eine von
2 8 2 3 Bis zum 31.12.1993 galten noch die Art 67 bis 73 EGV für den Kapitalverkehr und An 73 h EGV (der durch das Maastricht-Abk bereits Art 106 EWGV ersetzt hatte) über den Zahlungsverkehr. 2 8 2 4 S 283 ff. 2 8 2 5 Etwa Geiger EG-Vertrag, An 73 b Rn 1; Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 73 b Rn 25. 2 8 2 6 Ani I Liste A der Richtlinie 85/566/EWG vom 17.11.1986 (Abi Nr L 332/22). 2 8 2 7 Richtlinie 88/361/EWG vom 24.6.1988 (Abi Nr L 178/5). 2 8 2 8 Zur fortdauernden Maßgeblichkeit der in der 4. KapVerkRichtlinie enthaltenden Nomenklatur siehe R.H. Weber in Lenz, EG-Vertrag, Art 73 b Rn 4 ; Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 73 a EGV Rn 4. 2 8 2 9 So wohl R.H. Weber in Lenz, EG-Vertrag, Art 73 b Rn 7. 2 8 3 0 Zur Einordnung des Kreditkaufs Börner EuR 1966, 97, 112; Ress in Grabitz/Hilf, EU-Komm, Art 106 EWGV Rn 28. 2 8 3 1 Etwa U. Reuter Grundbuch, 163; Börner FS Ophiils, 19, 24 f. 2832 R.H. Weber in Lenz, EG-Vertrag, Απ 73 b Rn 7. 2 8 3 3 Hingewiesen sei auf zweierlei: Zum einen erfaßt Ziff II der Nomenklatur für den Kapitalverkehr Immobilieninvestitionen, soweit sie nicht bereits als Direktinvestitionen iSd Ziff I zu qualifizieren sind. Zum anderen heißt es in den Begriffsbestimmungen zur Nomenklatur, die Kategorie „Darlehen und Finanzkredite" umfasse auch Hypothekendarlehen. Siehe ferner die Vorschläge für eine Richtlinie des Rates über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des
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Art. 73 b EGV erfaßte Beschränkung zu erblicken, als es um die grundpfandrechtliche Sicherung von Fremdwährungsgeschäften des grenzüberschreitenden Kapital- oder Zahlungsverkehrs geht. 2834 Ob das Valutagrundpfandrecht vom Fremdwährungsschuldner selbst oder von einem dritten Eigentümer bestellt werden soll, kann wegen des gegenüber Art. 73 h EGV erheblich weiter gefaßten Wortlauts von Art. 73 b EGV ebensowenig eine Rolle spielen wie die Frage, ob die betreffende Fremdwährung die Heimwährung des Gläubigers darstellt. 2835 Zu prüfen bleibt eine etwaige Rechtfertigung des § 28 S. 2 GBO aufgrund Art. 73 d Abs. 1 lit. b) EGV. Danach berührt das von Art. 73 b EGV ausgesprochene Beschränkungsverbot u.a. nicht das Recht der Mitgliedstaaten, „Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind". Ob allerdings die Sicherheit und Leichtigkeit des Grundbuchverkehrs überhaupt als ordre public-fähiges Rechtsgut in Betracht kommt und im Falle der Zulassung von Fremdwährungsgrundpfandrechten gefährdet wäre, ist mit Recht bezweifelt worden. 2836 Nicht nur daß das deutsche Recht in der Vergangenheit Ausnahmen von § 28 S. 2 GBO zugelassen hat. Auch die §§ 168 c, 174 e ZVG über die Zwangsversteigerung von Schiffen und Luftfahrzeugen, die mit Hypotheken bzw. Registerpfandrechten in ausländischer Währung belastet sind, verdeutlichen, daß die mit Valutapfandrechten aller Art verbundenen Probleme im Regelfall auch ohne Verbotsnorm gelöst werden können. Und schließlich: Wo an der materiellrechtlichen Bestimmtheit keine Zweifel bestehen, wird das Verfahrensrecht kaum eine unüberwindliche Schranke bilden können.
b)
Die Ausnahme: Verordnungsermächtigung nach § 28 S. 2 Hs. 2 GBO
Durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993 hat der Gesetzgeber auf Einwände gegen die Recht- und Zweckmäßigkeit des § 28 S. 2 GBO in seiner bisherigen Form reagiert. Zwar ist die Ordnungsvorschrift, wonach einzutragende Geldbeträge in deutscher Währung anzugeben sind, nicht gestrichen worden, 2837 doch liegen nunmehr alle Voraussetzungen dafür vor, daß ihr nur noch die Bedeutung eines Grundsatzes zukommt. Rechtstechnisch bewerkstelligt wurde dies mittels einer Verordnungsermächtigung, die in einem neu geschaffenen zweiten Halbsatz des § 28 S. 2 GBO enthalten ist. Durch Rechtsverordnung des Bundesjustizministeriums im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium kann danach die Angabe in einer einheitlichen europäischen Währung, in der Wäh-
Hypothekarkredits; KOM (84) 7 3 0 endg., ABL. 1985 C 42/4 vom 14.2.1985; KOM (87) 2 5 5 endg., Abi 1 9 8 7 C 161/4 vom 19.6.1987. 2 8 3 4 Unerheblich ist, daß § 28 S 2 GBO internationale und binnenstaatliche Vorgänge gleichermaßen betrifft; siehe bereits S 2 8 3 ff. 2 8 3 5 Art 73 h EGV Nr 1 und zuvor Art 106 Abs 1 EWGV lauteten: „Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, in der Währung des Mitgliedstaates, in dem der Gläubiger oder der Begünstigte ansässig ist, die Zahlungen zu genehmigen, die sich auf den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beziehen, ...". U. Reuter Grundbuch, 163 erblickt daher in § 28 S 2 GBO nur insoweit einen Verstoß gegen die abgeleitete Liberalisierungspflicht gemäß Art 106 Abs 1 S 1 EWGV, als es um Fremdwährungsgrundpfandrechte geht, die von Seiten des persönlichen Zahlungsschuldners begründet werden. 2 8 3 6 Vgl U. Reuter Grundbuch, 166, der die Frage im Zusammenhang mit dem allgemeinen Diskriminierungsverbot behandelt. 2 8 3 7 Eine Änderung hat insofern nur der Wortlaut erfahren; aus „Reichswährung" wurde „inländische Währung".
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4. Teil: Sicherungen
rung eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR oder einer anderen Währung, gegen die währungspolitische Bedenken nicht zu erheben sind, zugelassen und, wenn gegen die Fortdauer dieser Zulassung währungspolitische Bedenken bestehen, wieder eingeschränkt werden. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es, die mit der Neuregelung verbundenen Möglichkeiten könnten sich für international tätige Grundpfandgläubiger als zweckmäßig erweisen, außerdem wolle man dafür Sorge tragen, daß die einheitliche Europawährung nach ihrer Einführung im Rahmen der dritten Stufe der EWWU2838 auch als Währung inländischer Grundpfandrechte zulässig sei.2835 In letztgenannter Hinsicht besitzt die Verordnungsermächtigung zunächst für den Fall (vorübergehende) Bedeutung, daß Deutschland nicht von Anfang an zu den Mitgliedstaaten der Währungsunion zählen sollte - ein Szenario, das ungeachtet allen vergangenen Streites um die Erfüllung der Konvergenzkriterien aus gegenwärtiger Sicht, d.h. seit der Brüsseler Entscheidung der EU-Staatsund Regierungschefs vom 3.5.1998 über die Teilnehmer an der EWWU,2840 lediglich noch theoretische Bedeutung besitzt. Sobald (auch) die DM als eigenständige Währung durch den Euro ersetzt sein wird, bildet der Euro selbst die „inländische Währung" i.S.d. S 28 S. 2 Hs. 2 GBO. Dessen ungeachtet bleibt auch nach dem Übergang Deutschlands zum Euro 2841 noch in gewissem Umfang Raum für ministeriales Rechtssetzungsermessen („kann"). Ab 1.1.1999 ist die eigenständige europäische Währung für einen Übergangszeitraum von drei Jahren auch in die nationalen Währungseinheiten gemäß unwiderruflich festgelegten Kursen (Art. 109 1 Abs. 4 EGV) unterteilt;2842 Bezugnahmen in Rechtsvorschriften und sonstigen Rechtsinstrumenten dürfen in dieser Übergangsphase sowohl auf Euro als auch auf die früheren nationalen, alsdann zu bloßen Audrucksformen des Euro gewordenen Währungen lauten.2843 § 28 S. 2 Hs. 2 GBO beläßt dem Verordnungsgeber angesichts dessen die Möglichkeit festzulegen, daß ein Geldbetrag im deutschen Grundbuch bis 31.12.2001 entweder in Euro oder in der Euro-Untereinheit DM angegeben werden darf. Der Bundesregierung erschien es im übrigen denkbar - und hier schließt sich der Kreis zu den europarechtlichen Überlegungen unter a) - , daß durch sekundäres Gemeinschaftsrecht eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten begründet wird, Grundpfand-
2838 Auf die ECU in ihrer gegenwärtigen Funktion als Rechnungseinheit ohne Währungscharakter bezieht sich die Verordnungsermächtigung ausweislich ihres Wortlauts und der Entwurfsbegründung nicht. 2839 Begr. RegE, BT-Drucks 12/5553, 65 zu Nr 14. 2840 Entscheidung des Rates v. 3. Mai 1998 gemäß Art 109; Abs 4 EGV (98/317/EG), Abi L 139/30 v. 11.5.1998. 2841 Zur Diskussion über mögliche Übergangsszenarien Zeitler WM 1995, 1609, 1614 ff; siehe jetzt die Verordnung (EG) Nr 974/98 des Rates v. 3.Mai 1998 über die Einführung des Euro (Abi L 139/1 v. 11.5.1998) sowie die Verordnung (EG) Nr 1103/97 des Rates v. 17. Juni 1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro (Abi L 162/1 v. 19.6.1997); zu den entsprechenden Kommissionsvorschlägen eingehend Scbefold WM-Sonderbeilage 4/1996. 2842 Art 5 und 6 Abs 1 der Verordnung Nr 974/98 über die Einführung des Euro. 2843 Art 6 Abs 2 der Verordnung Nr 974/98 über die Einführung des Euro sowie Nr (11) der hierfür maßgeblichen Erwägungsgründe. Siehe ferner Art 8 Abs 1 der VO: „Handlungen, die aufgrund von Rechtsinstrumenten erfolgen, die die Verwendung einer nationalen Währungseinheit vorschreiben oder auf diese lauten, werden in dieser nationalen Währungseinheit ausgeführt. Handlungen, die aufgrund von Rechtsinstrumenten erfolgen, die die Verwendung der Euro-Einheit vorschreiben oder auf sie lauten, werden in der Euro-Einheit ausgeführt".
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449
rechte in ausländischer Währung zuzulassen. Mit der Verordnungsermächtigung in § 28 S. 2 Hs. 2 GBO sollte hierauf schnell reagiert werden können; eine Zulassung solcher Währungen sei jedoch, wie die Begründung hervorhebt, auch vorher schon möglich. 2844 Tätig geworden sind die ermächtigten Bundesministerien erst Ende 1997. 2 8 4 5 Bis dahin stand unverändert die Problematik im Raum, ob und inwieweit bereits das primäre Gemeinschaftsrecht die Zulassung von Fremdwährungsgrundpfandrechten erzwingt. Seit dem 15. November 1997 nun können Geldbeträge von Grundpfandrechten auch in der Währung eines der EU-Mitgliedstaaten, der Schweiz und der USA angegeben werden. 2846 Ab 1. Januar 1999 gilt Entsprechendes für den Euro. 2847 Im Übergangszeitraum bis Ende 2 0 0 1 schließlich stehen die ehemaligen mitgliedstaatlichen Währungen neben dem Euro zur Wahl. 2848 In der Verordnungsbegründung2849 wird zunächst auf mögliche Probleme hingewiesen, die Fremdwährungsgrundpfandrechte wegen ihres gemessen in Inlandswährung schwankenden Wertes aufwerfen können - speziell für Kreditinstitute aus bankenaufsichtsrechtlichen Gründen, 2850 generell für Inhaber nachrangiger Grundpfandrechte in Inlandswährung wegen möglicherweise unsicherer Befriedigungschancen. 2851 Alsdann findet sich die Klarstellung, daß die Neuregelung ohne Rücksicht auf den Entstehungsgrund des Pfandrechts Platz greift und außer der Eintragung neuer Pfandrechte auch die Umstellung bestehender Pfandrechte ermöglicht wird. 2852 Was EU-fremde Währungen anbelangt, so hält sich die Begründung allerdings merklich bedeckt. Es ist lediglich davon die Rede, daß gegen die Währungen der Schweiz und der USA mit Sicherheit keine währungspolitischen Bedenken zu erheben seien. Mit diesen Ländern habe Deutschland überdies außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums den intensivsten Handelskontakt. 2853
3.
Fehlerhafte Eintragungen und ihre Rechtsfolgen
a)
Ausgangslage
Soweit das von § 28 S. 2 Hs. 1 GBO ausgesprochene Eintragungsverbot für Valutagrundpfandrechte zur Anwendung gelangt (weil sich die Bestimmung letztlich doch als gemeinschaftsrechtskonform erweist oder ein nicht von Art. 73 b EGV erfaßter Binnensachverhalt vorliegt und zudem keine aufgrund S 28 S. 2 Hs. 2 GBO ergangene Verordnung die Zulassung der betroffenen Fremdwährung gebietet), stellt sich die Frage nach den Konsequen-
Begr. RegE, BT-Drucks 1 2 / 5 5 5 3 , 65 zu Nr 14. Verordnung über Grundpfandrechte in ausländischer Währung und in Euro v. 3 0 . 1 0 . 1 9 9 7 , BGBl I, 2 6 8 3 2 8 4 6 § 1 Nr 2-4 iVm S 4 S 1 der VO. 2 8 4 7 § 1 Nr 1 iVm § 4 S 2 der VO. 2 8 4 8 § 2 der VO. 2 8 4 9 Die Begründung, die nur im Rahmen der Anhörung der Bundesländer verwandt und nicht amtlich veröffentlicht wurde, findet sich abgedruckt in ZflR 1997, 7 6 5 ff. 2 8 5 0 § 11 Abs 2 HypBG (ggf einschränkend iVm S 20 Abs 2 Nr 1 KWG) verlangt, daß die hypothekarische Beleihung durch Kreditinstitute die ersten drei fünftel des Grundstückswertes nicht übersteigt. 2 8 5 1 Begr. BMJ, ZflR 1997, 7 6 5 f. 2 8 5 2 Begr. BMJ, ZflR 1997, 766. 2 8 5 3 Begr. BMJ, ZflR 1997, 766. 2844
2845
4. Teil: Sicherungen
450
zen, die eine verbotswidrige Eintragung von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden in ausländischer Währung nach sich zieht. Da § 2 8 S. 2 Hs. 1 G B O keinerlei materiellrechtlichen Charakter besitzt, es sich vielmehr um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, 2 8 5 4 scheidet ein Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 8 9 4 B G B von vornherein aus. Gleiches gilt für ein Vorgehen nach § 2 2 GBO. Mit dem materiellen Recht stehen Valutagrundpfandrechte ja - wie erörtert - in Einklang, eine Diskrepanz zwischen Buchlage und materieller Rechtslage existiert nicht. Ebensowenig kommen Amtslöschung oder Amtswiderspruch (§ 5 3 GBO) in Betracht. Eine Löschung von Amts wegen setzte voraus, daß die Eintragung solcher Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, aufgrund derer eine bestimmte Fremdwährungssumme aus dem belasteten Grundstück gezahlt werden soll, sich ihrem Inhalt nach als unzulässig erweist. Nicht jede Eintragung jedoch, die hätte unterbleiben sollen, ist „inhaltlich unrichtig" i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 2 G B O ; 2 8 5 5 die Entscheidung richtet sich vielmehr auch hier nach materiellem Recht. 2 8 5 6 Über die inhaltliche Zulässigkeit von Valutagrundpfandrechten konnte unter Geltung der Verordnung vom 1 3 . 2 . 1 9 2 0 2 8 5 7 diskutiert werden, sofern die dort für die Entstehung derartiger Rechte geforderte behördliche Genehmigung fehlte. 2 8 5 8 Heute dagegen besäße eine Amtslöschung von Fremdwährungsgrundpfandrechten keinerlei Grundlage. 2 8 5 ' Zur Eintragung eines Amtswiderspruchs genügt nach § 53 Abs. 1 G B O zwar, daß das Grundbuchamt eine Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat, wobei die Art der verletzten Bestimmung (materiell oder formell, zwingende Norm oder Ordnungsvorschrift) keine Rolle spielt. 2 8 6 0 Doch muß als Konsequenz der so erfolgten Eintragung das Grundbuch unrichtig geworden sein, was sich wiederum nach den gleichen Kriterien bemißt wie bei § 8 9 4 BGB. 2 8 6 1 In dem Maße, in welchem § 28 S. 2 Hs. 1 G B O vom Grundbuchrichter Beachtung verlangt, stellt sich die Rechtslage auch heute noch so dar wie vom Gesetzgeber bei Einführung von B G B und G B O vor einhundert Jahren beabsichtigt: 2 8 6 2 Die Eintragung von Valutagrundpfandrechten ist unzulässig, gleichwohl eingetragene Rechte sind wirksam.
b)
Rücknahme einer Fremdwährungszulassung
Sonderprobleme können entstehen, wenn zunächst eine nach § 2 8 S. 2 Hs. 2 G B O ergangene Verordnung die Angabe einzutragender Geldbeträge in bestimmten Fremdwährungen
Oben Fn 2800. KG NJW 1954, 1686; Gursky in Staudinger13, § 892 Rn 15 ff. 2 8 5 6 RGZ 157, 120, 124. 2 8 5 7 RGBl 1,1231; siehe dazu bereits oben Fn 2781. 2 8 5 8 RGZ 157, 120, 122 ff. 2 8 5 9 Vgl KG NJW 1954, 1686; LG Hamburg DNotZ 1950, 433, 434; O. Weber DNotZ 1955, 453 ff zur (nicht parallel zu lösenden) Problematik der Reichsmark-Grundpfandrechte nach der Währungsreform 1948. 2860 Eickmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 53 Rn 5; Demharter GBO, § 53 Rn 21. 2861 Eickmann aaO Rn 8; Demharter aaO Rn 25; ebenso iErg KG NJW 1954, 1686; U. Reuter Grundbuch, 160. 2U1Mugdan Materialien III, 358; ferner RGZ 157, 120, 126; Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 61. 2854
2855
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451
für zulässig erklärt, die Zulassung jedoch später wieder zurückgenommen wird. 2863 Wurde in der Zwischenzeit ein verordnungsgemäßes Valutagrundpfandrecht eingetragen, soll Demharter zufolge mit der Rücknahme der Zulassung die Unrichtigkeit des Grundbuchs einhergehen. Auch dürften Valutagrundpfandrechte, die im fraglichen Zeitraum zu Unrecht gelöscht worden sind, später nicht im Wege der Grundbuchberichtigung wieder in der nunmehr unzulässigen Fremdwährung eingetragen werden. 2864 Pate gestanden haben mag bei dieser Einschätzung die Situation, wie sie sich nach der Währungsreform 1948 im Hinblick auf Grundpfandrechte in Reichswährung darstellte. In einem Beschluß aus dem Jahre 1955 hatte der BGH die vom OLG Hamburg 2 8 " und vom OLG Schleswig 28 " verfochtene These abgelehnt, infolge der Währungsreform habe sich statt des Grundpfandrechts selbst nur die Ausdrucksform des in ihm verkörperten wirtschaftlichen Wertes geändert. Nach Auffassung des BGH war das Grundbuch unrichtig geworden, weil es entgegen der materiellen Rechtslage den Anschein erweckte, als sei aus dem Grundstück eine Reichsmarksumme zu zahlen. 2867 Inwieweit diese Einschätzung Zustimmung verdient und welche Konsequenzen sie ggf. nach sich zieht, soll unerörtert bleiben. 2868 Werden aufgrund von § 28 S. 2 Hs. 2 GBO Fremdwährungsbeträge im Grundbuch zugelassen und später wieder (durch Rücknahme der Zulassung) untersagt, sind die skizzierten Argumentationen ersichtlich nicht übertragbar. Nach der Währungsreform ging es darum, den materiellrechtlichen Besonderheiten des rekurrenten Anschlusses und der Umstellungsgesetzgebung Rechnung zu tragen. In den hier interessierenden Fremdwährungsfällen dagegen bleibt das materielle Recht unverändert, es sei denn, der ausländische Währungsgesetzgeber verfährt ähnlich wie seinerzeit der deutsche und ersetzt die im (deutschen) Grundbuch eingetragene Währung im Wege des rekurrenten Anschlusses durch eine Nachfolgewährung. So wenig ein Verstoß gegen § 28 S. 2 Hs. 1 GBO das Grundbuch unrichtig macht, so wenig folgt dies allein daraus, daß der Verordnungsgeber seine Zulassung nach § 28 S. 2 Hs. 2 GBO wieder zurücknimmt. Der zweite Halbsatz des § 28 S. 2 GBO teilt die Rechtsnatur des ersten Halbsatzes, es handelt sich jeweils lediglich um eine Ordnungsvorschrift. Auch Parallelen zur Verordnung vom 13.2.1920 verbieten sich. Dort bedurfte das einzelne Valutagrundpfandrecht der behördlichen Genehmigung und der Eintragung dieser Genehmigung im Grundbuch. 286 ' Ist ein auf fremde Währung lautendes Grundpfandrecht zu Unrecht gelöscht worden, so hat seine Wiedereintragung in der betreffenden Auslandswährung zu erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob eine solche Eintragung in einer aufgrund § 28 S. 2 Hs. 2 GBO ergangener Verordnung (noch) vorgesehen ist. § 28 S. 2 GBO gilt nur für die Neueintragung, nicht für die Wiederherstellung einer früheren Eintragung. Es gibt keinen Grund, warum diese für den ersten Halbsatz der Bestimmung seit langem anerkannte Lesart2870 sich nicht
2863
Immer vorausgesetzt, daß die Zulassungsentscheidung vor dem Hintergrund des Art 73 b EGV nicht lediglich deklaratorische Bedeutung besitzt. 2864 2865
Demharter GBO, § 28 Rn 18.
OLG Hamburg RPfleger 1950, Sp. 420. OLG Schleswig NJW 1949, 594 f; DNotZ 1950, 134, 135. 2867 BGH NJW 1955, 342. 2868 Siehe statt dessen O. Weber DNotZ 1955, 453 ff. 2869 Oben Fn 2781. 2870 Etwa BGH NJW 1955, 342; OLG Schleswig NJW 1949, 594, 595; LG Bonn NJW 1955, 556; LG Berlin JR 1956, 19; O. Weber DNotZ 1955, 453, 463. Die Gegenmeinung bezieht sich auf Eintra2866
4. Teil: Sicherungen
452
auch auf die neu geschaffene Verordnungsermächtigung im zweiten Halbsatz erstrecken sollte. Würde das zu Unrecht gelöschte Recht in deutscher Währung wieder eingetragen, wäre das Grundbuch unrichtig, weil sich die Parteien über ein DM-Grundpfandrecht nicht geeinigt haben. Es zeigt sich somit erneut, daß Fremdwährungseintragungen anders zu behandeln sind als Eintragungen in einer nicht mehr geltenden Währung.
c)
Fehlende Genehmigung nach § 3 S. 1 WährG
Ein Verstoß gegen § 2 8 S. 2 G B O bleibt wie geschildert ohne Folgen. Komplexer wird die Rechtslage, wenn das Valutagrundpfandrecht eingetragen worden ist, es jedoch für die zu sichernde Fremdwährungsforderung oder den dinglichen Zahlungsanspruch an der nach § 3 S. 1 WährG erforderlichen Genehmigung der Deutschen Bundesbank fehlt. 2 8 7 1 Vorauszuschicken ist ein knapper Blick auf die Frage, ob denn das Grundbuchamt vor Eintragung des Valutagrundpfandrechts überhaupt prüft, ob eine währungsgesetzliche Genehmigung vorliegt.
aa) Prüfung im Grundbuchverfahren Für die Bestellung von Grundpfandrechten gilt gemäß § 19 G B O das formelle Konsensprinzip, d.h. die Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Eine allgemeine Rechtsfürsorge des Grundbuchamtes für die materielle Richtigkeit der im Grundbuch ausgewiesenen Rechtsverhältnisse kennt die G B O nicht. 2 8 7 2 Nach der Konzeption des Gesetzes ist es vielmehr grundsätzlich Sache der Beteiligten, sich gegen etwaige Unrichtigkeiten des Grundbuchs zu schützen und eine Berichtigung bzw. die Eintragung eines Widerspruchs zu betreiben. 2 8 7 3 Andererseits heißt es, das Grundbuchamt habe darüber zu wachen, daß das Grundbuch seinen Zweck erfüllen kann; es dürfe insbesondere nicht bewußt daran mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen. 2 8 7 4 Weil bloße Zweifel nicht genügen, läßt sich daraus jedoch kaum die Pflicht herleiten, die beantragte Eintragung einer Valutahypothek zum Anlaß zu nehmen, anhand § 3 S. 1 WährG die Wirksamkeit der zu sichernden Forderung zu überprüfen. Der Ansatzpunkt für eine Prüfungspflicht des Grundbuchamtes wäre ein anderer, nämlich die Vorstellung, Grundpfandrechte hätten selbst Zahlungsansprüche (und zwar dingliche) zum Inhalt, 2 8 7 5 es handele sich nicht um bloße Verwertungsrechte. 2 8 7 6 Selbst wenn deshalb dem obligatorischen Anspruch offensichtlich Wirksamkeit zukommt, müßte auf Basis dieser Prämisse doch stets
gungen in einer nicht mehr geltenden Währung; zB Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 19; Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 55. Ihr ist insoweit zuzustimmen, als die Wiedereintragung das Grundbuch nicht unrichtig machen darf. 2 8 7 1 Vgl Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 62: Ein Verstoß gegen § 28 S 2 GBO ist mit einer Nichtbeachtung des § 3 WährG nicht identisch. 2 8 7 2 OLG Karlsruhe RPfleger 1994, 248; Demharter GBO, Anh. zu § 13 Rn 29. 2873 Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, Einl Rn C 66; Gursky in Staudinger13, § 873 Rn 225, 227. 2 8 7 4 BGHZ 35, 135, 139 f; BayObLG RPfleger 1992, 341; OLG Karlsruhe RPfleger 1994, 248. 2 8 7 5 So insbes. Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu §§ 1113 ff Rn 25 ff, 30. 2 8 7 6 So aber die hM: RGZ 193, 234, 236; Räfte in Erman', Vor § 1113 Rn 4; Bassenge in Palandt, Vorbem vor § 1113 Rn 1; Schopp FS Söllner, 477, 493 ff, 502 ff.
S 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
453
gefragt werden, ob § 3 S. 1 WährG nicht der Begründung des Grundpfandrechts entgegensteht. 2877 Träfe dies in casu zu, fehlte es dem Eigentümer als dem von der Grundbucheintragung „Betroffenen" 2878 an der erforderlichen Bewilligungsbefugnis, weil das von § 3 S. 1 WährG statuierte Genehmigungserfordernis 287 ' als absolute Verfügungs-, genauer: Belastungsbeschränkung zu charakterisieren wäre. 2880 Derartige Verfügungsbeschränkungen hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu beachten, 2881 und zwar unabhängig davon, ob man die Eintragungsbewilligung als rein verfahrensrechtliche Erklärung begreift 2882 oder aber in ihr zugleich eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung erblickt. 2883 Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob die Verfügungsbeschränkung zur Nichtigkeit (bei Versagung der Genehmigung) oder zur schwebenden Unwirksamkeit (vor Entscheidung über die Genehmigung) der betreffenden Verfügung führt. 2884 Das Grundbuchamt hätte also bei einem Antrag auf Eintragung eines Fremdwährungsgrundpfandrechts nach dieser Lesart stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 3 S. 1 WährG für die Hypothek, Grund- oder Rentenschuld selbst erfüllt sind und gegebenenfalls eine Genehmigung oder (bei Zweifeln) ein Negativattest 2885 zu verlangen. 2886 Trägt nun das Grundbuchamt ein, obwohl es an einer währungsrechtlichen Genehmigung fehlt, können die weiteren Rechtsfolgen abermals davon abhängen, ob sich § 3 S. 1 WährG allein auf den schuldrechtlichen Anspruch auswirkt, wie K. Schmidt meint, 2887 oder auch die Wirksamkeit der dinglichen Einigung hindert.
2877 Gestritten werden kann dann weiter darüber, wann der Eigentümer des belasteten Grundstücks als „Währungslinländer" iSd § 4 Nr 5 AWG anzusehen ist, wenn er selbst im Inland wohnt oder wenn sich hier der Lageort des Grundstücks befindet; für die zweite Alternative Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu § 1113 ff Rn 31. 2878 Vgl Haegele/Schöner/Stöber Grundbuchrecht, Rn 100. 2879 In der Praxis stand bislang ganz die Genehmigungspflicht für wertgesicherte DM-Reallasten im Vordergrund; vgl etwa Därkes Wertsicherungsklauseln, 312 ff; Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 57. Den Hintergrund bildet der Umstand, daß § 1105 BGB keine Bestimmtheit der Leistung, sondern bloße Bestimmbarkeit verlangt. 2880 Dafür Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 19 Rn 82, § 28 Rn 22, 29; ders in Staudinger12, § 873 Rn 191 ff, 215; Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 57, 62 (jeweils zu § 3 WährG allgemein). 2881 BGHZ 35, 135, 139; BayObLG RPfleger 1983, 17, 18; 1987, 110, 111; Erti in Kuntze/ Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 19 Rn 102; ders in Staudinger12, § 873 Rn 196; Gursky in Staudin13 ger , Vorbem zu §§ 873 ff Rn 53; Demharter GBO, § 19 Rn 59, 116. 2882 OLG Düsseldorf RPfleger 1981, 177 f; OLG Hamm RPfleger 1989, 148, 149; BayObLG RPfleger 1993, 189, 190; Demharter GBO, § 19 Rn 13; Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 19 Rn 17, 73; Lichtenberger in Meikel, GBO, S 19 Rn 36 ff; Gursky in Staudinger13, § 885 Rn 3, § 899 Rn 31. 2883 RGZ 54, 378, 384; 141, 377; BayObLGZ 1974, 30, 34; offengelassen in BGHZ 84, 202, 206 f. 2884 Zwar soll der Rechtsprechung des BGH zufolge die Möglichkeit einer nur vorübergehenden Unrichtigkeit des Grundbuchs kein Hinderungsgrund für die Eintragung sein; BGH RPfleger 1986, 9, 10. Was jedoch für den Fall einer noch nachholbaren Einigung zutrifft, soll nicht gelten, wenn mangels behördlicher Genehmigung die Bewilligungsbefugnis fehlt; Sieveking in Meikel, GBO, Anh. zu § 19 Rn 10; Demharter GBO, § 19 Rn 117. 2885 S 274 ff. 1>u Ertl in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 22; Demharter GBO, § 19 Rn 117. 2887 Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 54 mit der Einschränkung „regelmäßig".
4. Teil: Sicherungen
454
bb)
Unwirksamkeit der zu sichernden Valutaforderung
(1)
Fremdwährungshypotheken
Die zu sichernde Valutaforderung erweist sich als schwebend unwirksam, sofern sie genehmigungsbedürftig ist, jedoch die Genehmigung noch nicht beantragt oder über die beantragte Genehmigung noch nicht entschieden 2888 wurde. 2 8 8 9 Liegen in einem derartigen Fall bereits alle übrigen Voraussetzungen für die rechtswirksame Begründung einer Fremdhypothek vor (Einigung und Eintragung, ggf. Briefübergabe, §§ 8 7 3 , 1 1 1 6 , 1 1 1 7 BGB), entsteht gemäß §§ 1163 Abs. 1, 1 1 7 7 Abs. 1 BGB 2 8 9 0 eine vorläufige Eigentümergrundschuld. 2891 Vorläufig deshalb, weil die Forderung noch entstehen kann und die Grundschuld des Eigentümers sich bei einer positiven Behördenentscheidung, ohne daß es weiterer Rechtshandlungen bedürfte, kraft Gesetzes in eine Hypothek des Gläubigers verwandelt. 2 8 9 2 Ob man deshalb auch hier die Rechtsinhaberschaft des Eigentümers als auflösend bedingt und diejenige des Gläubigers als aufschiebend bedingt charakterisieren sollte, 2 8 9 3 mag dahinstehen. 2 8 9 4 Anders als bei einer zu sichernden DM-Forderung aus § 6 0 7 B G B , deren Entstehung nur noch davon abhängt, daß der Gläubiger die Darlehenssumme auszahlt, 2895 dürfte der Gläubiger einer genehmigungspflichtigen Fremdwährungsforderung durch die Hypothekenbestellung jedenfalls nicht ohne weiteres ein Anwartschaftsrecht erlangen, über das er durch Abtretung der künftigen Forderung in der Form des § 1 1 5 4 B G B verfügen könnte. 2 8 9 6 Diese Einschätzung fußt auf zwei Prämissen. Erstens daß ein Anwartschaftsrecht überhaupt entstehen kann, wenn es an einem gesetzlichen Wirksamkeitserfordernis für die Forderung fehlt. 2 8 9 7 Zweitens daß nicht bereits eine gegenüber einseitigen Erklärungen des anderen Teils (Eigentümer) gesicherte Rechtsposition 2 8 9 8 ausreicht, 2 8 9 9 sondern 2 8 8 8 Der Genehmigungsantrag kann von einer oder von beiden Vertragsparteien gestellt werden; über ihn entscheidet die örtlich zuständige Landeszentralbank; Därkes Wertsicherungsklauseln, 541. 2 8 8 9 Der Einzelgenehmigung stellt die hM die sog. „Allgemeine Genehmigung" der DBB gleich; zum Problem S 274 ff. 2 8 9 0 Dies gilt auch, wenn eine Briefhypothek beabsichtigt ist. § 1163 Abs 2 BGB schließt die Konstellation des § 1163 Abs 1 S 1 BGB nicht aus; Wolfsteiner in Staudinger13, § 1163 Rn 65. 2 8 9 1 So speziell für hypothekarisch zu sichernde Fremdwährungsforderungen K. Schmidt in Staudinger 13 , § 2 4 4 Rn 54. 2 8 9 2 Statt aller RG J W 1937, 615. 2 8 9 3 Zur Situation bei noch fehlender Darlehensauszahlung RGZ 153, 167, 169; Konzen in Soergel12, § 1163 Rn 7. 2 8 9 4 Hängt die Wirksamkeit der Valutaforderung gemäß § 3 S 1 WährG von einer behördlichen Genehmigung ab, handelt es sich um eine sog. Rechtsbedingung, auf die §§ 158 ff BGB keine Anwendung finden; vgl Manfred Wolf in Soergel12, Vor § 158 Rn 54; Larenz/M. Wolf BGB AT, 948 f; H.P. Westermann in MünchKomm-BGB 3 , § 158 Rn 54; Haegeler/'SchönerlStöber, Grundbuchrecht, Rn 3808. Eine derartige Rechtsbedingung liegt auch der Umwandlung einer Eigentümergrundschuld in eine Fremdhypothek zugrunde. 2 8 9 5 Daß vor Darlehensauszahlung ein Anwartschaftsrecht des Hypothekars entsteht, entspricht der hM; siehe etwa Medicus Bürgerliches Recht, Rn 460, 4 7 0 ff; Wolfsteiner in Staudinger13, § 1163 Rn 3 1 ; / . F. Baur/Stürner Sachenrecht, 474. 2 8 9 6 Zur Verfügung über die vorläufige Eigentümergrundschuld / . F. Baur/Stürner Sachenrecht, 474. 2 8 9 7 Vgl BGHZ 37, 122, 124 zum „schwebenden Anwartschaftsrecht". 2 8 9 8 Siehe Medicus Bürgerliches Recht, Rn 470 f. 2 8 9 9 So aber die Formulierung in BGHZ 37, 319, 3 2 1 ; 45, 186, 188 f; 49, 197, 202.
S i l : Grundpfandrechte und Fremdwährung
455
weiter zu verlangen ist, der Erwerb des Vollrechts dürfe allenfalls noch vom Erwerber selbst abhängen, eine anderweitige Beeinträchtigung seiner Rechtsposition müsse nach dem normalen Verlauf der Dinge ausgeschlossen sein.2'00 Auf dieser Grundlage kann wegen des Prinzips der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ein Anwartschaftsrecht des Hypothekars vor Genehmigung der zu sichernden Valutaforderung regelmäßig nur angenommen werden, wenn es sich um eine Forderung handelt, mit deren Genehmigung nach Maßgabe der von der Bundesbank veröffentlichten Genehmigungsgrundsätze zu rechnen ist. Gesteht man auch den sog. „Allgemeinen Genehmigungen" der DBB nur Informationscharakter zu, gilt hierfür Entsprechendes. Solange die behördliche Genehmigung noch nicht verweigert und die Valutaschuldabrede damit endgültig (und zwar ex tunc) unwirksam geworden ist, steht dem Eigentümer kein Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB zu. Die Parteien eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts nämlich unterliegen schon während der Dauer des Schwebezustandes nach § 242 BGB gewissen Bindungen.2901 So besteht für sie namentlich eine Treuepflicht, die sich auf die Herbeiführung der behördlichen Genehmigung richtet und die ihnen alles untersagt, was die Genehmigungserteilung gefährden könnte.2902 Wer aber gehalten ist, ein Genehmigungsverfahren, das auf Herbeiführung der im Grundbuch eingetragenen Rechtslage zielt, einzuleiten bzw. seinen Ausgang abzuwarten, würde mit einer zwischenzeitlich erhobenen Grundbuchberichtigungsklage gegen Treu und Glauben verstoßen.2903 Ist die eingetragene Fremdhypothek nach §§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 BGB noch Eigentümergrundschuld, gilt im Grunde nichts anderes als bei einer obligatorischen Verpflichtung des Klägers, die dem vorhandenen Buchbestand entsprechende Rechtsstellung herbeizuführen. 2904 Dem Valutagläubiger stände der dolo agit-Einwand zur Seite.2905 Bis zur Versagung der Genehmigung scheidet gemäß § 1179 a Abs. 2 S. 1 BGB auch ein Löschungsanspruch nachrangiger Gläubiger aus. Ebensowenig kommt schließlich die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO in Betracht. Zwar ist das Grundbuch unrichtig, es fehlt jedoch an einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt. Versagt die Bundesbank die Genehmigung der zu sichernden Valutaforderung, wird aus der zunächst vorläufigen eine endgültige Eigentümergrundschuld. Nur wenn ausnahmsweise die (ergänzende) Vertragsauslegung ergibt, daß statt der (unwirksamen) Valutaforderung eine (wirksame) DM-Forderung begründet werden soll,2906 könnte eine Fremdhypothek mit dem Inhalt entstehen, wegen jener DM-Forderung eine bestimmte DM-Summe aus dem Grundstück zu zahlen. Wie bei der Frage, ob die für eine Vertragsforderung bestellte Hypothek im Falle der Vertragsnichtigkeit etwaige Rückgewähr- und Bereicherungsan2900
Vgl BGHZ 49, 197, 202. Gursky in Staudinger13, § 894 Rn 110. 2902 Gursky aaO; Ditcher in Staudinger12, Einl zu §§ 104-185 Rn 74. 2903 Gursky aaO; vgl auch RG JW 1928, 2615 f; Max Wolff JW 1926, 950 ff. 2904 Zu dieser Konstellation allgemein RGZ 77, 106, 109; Eickmann in MünchKomm-BGB 3 , § 1163 Rn 16; Strecker in Planck4, § 1163 Anm 3 a; Wacke in MünchKomm-BGB3, § 894 Rn 30. 2905 Erwogen werden könnte bei „schwebend unrichtigen" Grundbucheintragungen der erörterten Art allenfalls, einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eintragen zu lassen (§ 899 BGB); vgl Gursky in Staudinger13, § 894 Rn 110; Max Wolff JW 1926, 950 ff. Verhindert würde auf diese Weise, daß der eingetragene Gläubiger unter dem Schutz des guten Glaubens über das ihm noch nicht zustehende Vollrecht verfügt. 2906 S 280 f. 2901
4. Teil: Sicherungen
456
spräche sichert,2907 wird man jedoch im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz im Immobiliarsachenrecht verlangen müssen, daß ein dahingehender Auswechslungswille der Parteien in der dinglichen Einigung und/oder der Bewilligung zum Ausdruck kommt. Im übrigen ist von der Ablehnung des Genehmigungsantrags an ein Grundbuchberichtigungsanspruch des Eigentümers ebenso gegeben wie ein Löschungsanspruch nachrangiger Gläubiger.2908 Das Gleiche gilt, falls die Genehmigung nach S 3 S. 1 WährG bereits vor der dinglichen Einigung oder der Eintragung verweigert worden ist, möglicherweise auch, wenn die Parteien von vornherein nicht beabsichtigt haben, die Genehmigung einzuholen, weil sie die zu sichernde Forderung nicht für genehmigungsfähig hielten. Letzteres würde voraussetzen, daß bei entsprechender Parteiabsicht Nichtigkeit statt schwebender Unwirksamkeit anzunehmen ist.2909 (2)
Grund- und Rentenschulden in fremder Währung
§1163 Abs. 1 BGB enthält typisch-forderungsbezogene Regelungen, zählt also nicht zu jenen Vorschriften über die Hypothek, die gemäß § 1192 BGB auf Grund- und Rentenschulden entsprechende Anwendung finden. 2910 Die Rechtsinhaberschaft des Gläubigers besteht unabhängig davon, ob die zu sichernde Valutaforderung genehmigt wurde. Ist die Genehmigung verweigert und die Forderung damit endgültig unwirksam geworden, kann der Eigentümer die Grundschuld nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 oder S. 2 Alt. 1 BGB kondizieren, sofern die Nichtigkeit sich auch auf den Sicherungsvertrag erstreckt.2911 Falls nur die Forderung, nicht jedoch der Sicherungsvertrag unwirksam ist, mag sich die Pflicht zur Rückgewähr ggf. aus dem Sicherungsvertrag ergeben;2912 ansonsten gelangt § 812 Abs. 1 Hs. 2 BGB zum Zuge: Der mit dem dinglichen Geschäft bezweckte Erfolg, die Sicherung der Valutaforderung, ist nicht mehr erreichbar.2913 Inhalt des Bereicherungsanspruchs kann die Rückübertragung (SS 1192, 1154 BGB), der Verzicht (SS 1192, 1157, 1169, 1168 BGB) oder die Aufhebung der Grundschuld (SS 1192, 1183, 875 BGB) sein.2914 Es besteht ein Wahlschuldverhältnis mit Wahlrecht des Gläubigers.2915
2907 Dazu etwa Eickmann in MünchKomm-BGB3, § 1113 Rn 73; Wolfsteiner in Staudinger13, § 1113 Rn 25, § 1163 Rn 8; Konzen inSoergel 12 , § 1163 Rn 6; J. F. Baur/Stümer Sachenrecht, 385. 2908 Eickmann in MünchKomm-BGB2, S 1163 Rn 19. 2909 Siehe einerseits LG Regensburg BB 1975, 345, 346 und andererseits K. Schmidt in Staudinger13, Vorbem zu § 244 Rn D 327; zur Frage, ob die für eine Scheinforderung (§ 117 BGB) bestellte Hypothek als Eigentümergrundschuld entsteht, BGHZ 36, 84 ff. 2910 Statt aller Eickmann in MünchKomm-BGB3, S 1163 Rn 73; Konzen in Soergel12, S S 1191, 1192 Rn 11;/. F. Baur/Stümer Sachenrecht, 455. 2911 Siehe nur BGH RPfleger 1985, 103, 104; Buchholz ZIΡ 1987, 891, 892. 2912 BGH NJW-RR 1987, 76, 77; 1990, 588, 589; Buchholz ZIP 1987, 891, 897 ff. 2913 Hansjörg Weber AcP 169 (1969) 236, 243 f; Lieb in MünchKomm-BGB2, S 812 Rn 179 (differenzierend aber in der 3. Aufl.: condictio ob rem nur, wenn die Sicherheit vor Abschluß des Sicherungsvertrages bestellt wurde); Eickmann in MünchKomm-BGB3, § 1191 Rn 16; Konzen in Soergel12, S S 1191, 1192 Rn 13; Jauernig in Jauernig, BGB7, S 1191 Anm 4. 2914 Neben dem „schuldrechtlichen Berichtigungsanspruch" aus Vertrag oder ungerechtfertigter Bereicherung kommt § 894 BGB nicht in Betracht, solange das Verfügungsgeschäft wirksam ist; vgl Wacke in MünchKomm-BGB3, § 894 Rn 35. 2915 Wolfsteiner in Staudinger13, Vorbem zu §§ 1191 ff Rn 85; Buchbolz ZIP 1987, 891, 892.
J 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
457
cc) Absolute Verfügungsbeschränkung Richtigerweise wird man bei dem unter bb) entwickelten Befund jedoch nicht stehenbleiben dürfen, sondern bei sämtlichen Grundpfandrechten zugleich die dingliche Belastung selbst an § 3 S. 1 WährG messen müssen. Schon der Wortlaut der §§ 1 1 1 3 Abs. 1, 1 1 9 1 Abs. 1, 1 1 9 9 Abs. 1 B G B legt die Annahme nahe, daß Hypotheken, Grund- und Rentenschulden Zahlungsverbindlichkeiten zum Inhalt haben. Zwar sind diese Geldschulden darauf beschränkt, daß der Schuldner aus dem Grundstück zahlen muß, und sie präsentieren sich wegen ihrer dinglichen Verknüpfung wirtschaftlich als Ausschnitt aus dem Eigentum. 2 9 1 6 Dennoch handelt es sich um mehr als bloße Verwertungsrechte, was vor allem bei der Grundschuld offenkundig ist, bei der die Vorstellung einer Haftung ohne Schuld überaus befremdlich anmutet. 2 9 1 7 So bliebe offen, wofür sich der Grundschuldgläubiger aus dem Grundstück befriedigen dürfte oder wie der Eigentümer dem Grundschuldgläubiger am Zahlungsort (§ 1 1 9 4 BGB) Geld zahlen sollte, wenn dieser gar keinen Anspruch auf Zahlung besäße. Der Sicherungscharakter der Hypothek steht der Vorstellung einer Zahlungspflicht des Eigentümers ebenfalls nicht entgegen; dies verdeutlicht schon die parallele Situation bei der Bürgschaft. 2 9 1 8 Qualifiziert man S 3 S. 1 WährG angesichts dessen als absolut wirkende dingliche Belastungsbeschränkung, ist vor Bescheidung des Genehmigungsantrags die Einigung nach § 8 7 3 B G B als schwebend unwirksam zu betrachten. Es handelt sich um ein noch unvollendetes dingliches Rechtsgeschäft, das sich erst mit Eintritt des außerhalb seiner selbst liegenden Wirksamkeitserfordernisses rückwirkend vollendet. 2 9 1 9 Da § 1163 B G B tatbestandlich voraussetzt, daß lediglich die Forderung, für welche die Hypothek bestellt wurde, nicht zur Entstehung gelangt ist, könnte eine Eigentümergrundschuld an sich nur angenommen werden, wenn im übrigen die Hypothek durch Einigung und Eintragung rechtswirksam begründet worden ist. 2 9 2 0 Allerdings läßt es die h.M. für §§ 1 1 6 3 Abs. 1, 1 1 7 7 Abs. 1 B G B genügen, wenn der Eintragungsantrag des Eigentümers eine wirksame Willenserklärung enthält. 2 9 2 1 Vor Erteilung der währungsrechtlichen Genehmigung nach § 3 S. 1 WährG dürfte jedoch auch hiervon keine Rede sein. Nur auf Basis der in jüngster Zeit entwickelten These, daß allgemein mit jeder Eintragung eines Grundpfandrechts ein solches auch entsteht (die Eintragung also nur dessen Inhalt beeinflußt), 2 9 2 2 läßt sich eine Valutaeigentümergrundschuld annehmen. Genehmigungspflichtig ist sie nicht; schließlich begründet sie keine aktuelle Forderung. 2 9 2 3 Erfolgt im Stadium der schwebenden Unwirksamkeit eine Eintragung (gleich welche Art von Grundpfandrecht), hat dies unter Zugrundelegung der h.M. folgende Konsequenzen: Obwohl das Grundbuch unrichtig ist, steht einem Berichtigungsanspruch nach § 8 9 4 B G B bis zum Ablehnungsbescheid der Bundesbank abermals die Treuepflicht des Eigentümers entgegen. Erwägen läßt sich allein die Eintragung eines Amtswiderspruchs durch das Grundbuchamt gemäß § 5 3 Abs. 1 S. 1
2916
2917 2,18 2919
2920 2921
2922
2923
Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu §§ 1113 ff Rn 27.
Wolfsteiner aaO. Wolfsteiner aaO.
Erti in Staudinger12, § 873 Rn 75, 55.
Konzen in Soergel12, § 1163 Rn 5.
Zum Streitstand Scherübl in Staudinger12, § 1196 Rn 11. Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu §§ 1113 ff Rn 59 f.
Wolfsteiner aaO Rn 31.
4. Teil: Sicherungen
458
GBO.2924 Immerhin ist das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig geworden, die das Grundbuchamt unter Verletzung der ihm obliegenden Prüfungspflichten aus § 19 GBO vorgenommen hat.2925 Weil § 3 S. 1 WährG eine absolute (nicht eintragungsfähige) Belastungsbeschränkung enthält2926 und bei derartigen Verfügungsverboten ein Gutglaubensschutz nicht in Betracht kommt, 2927 könnte eingewandt werden, die Eintragung eines Amtswiderspruchs sei unzulässig, weil ein gutgläubiger Erwerb des im Grundbuch ausgewiesenen Valutagrundpfandrechts durch einen Dritten ohnehin nicht erfolgen könne. Hat aber ein (schwebend) unwirksames Verfügungsgeschäft gleichwohl zu einer Eintragung des Erwerbers geführt, bildet diese Eintragung selbstverständlich eine geeignete Rechtsscheinbasis für den gutgläubigen Erwerb eines Dritten nach §§ 892, 1138 BGB.2928 Eine ganz andere Frage ist es, ob dieses Erwerbsgeschäft seinerseits mit S 3 S. 1 WährG kollidiert. Dies kann, muß aber nicht so sein.2929 Unterliegt mithin die Eintragung des Fremdwährungsgrundpfandrechts dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs, bestehen gegen die Zulässigkeit eines Amtswiderspruchs im Ergebnis keine Bedenken, sofern die nach § 3 S. 1 WährG erforderliche Genehmigung der Bundesbank noch aussteht bzw. versagt worden ist.
II.
DM-Grundpfandrechte für Valutaforderungen
Erweist sich die Bestellung von Grundpfandrechten mit dem Inhalt, eine bestimmte Fremdwährungssumme aus dem belasteten Grundstück zu zahlen, wegen § 28 S. 2 GBO derzeit noch als überaus problematisch, liegt für die Praxis die Überlegung nahe, Valutaforderungen durch Hypotheken, Grund- und Rentenschulden in deutscher Währung dinglich zu sichern. Schuldwährung (ggf. auch Berechnungswährung) und Sicherungswährung fallen in derartigen Gestaltungen auseinander, die Schuldwährung vermag allenfalls bei der Hypothek den Umfang der Grundstücksbelastung zu beeinflussen.2930 Dagegen läßt die Vereinbarung der DM als Sicherungswährung regelmäßig keine Rückschlüsse auf die Währung der persönlichen Schuld zu. Nur ausnahmsweise ist die Folgerung gestattet, die Sicherungswährung sei für das gesamte Rechtsverhältnis einschließlich der schuldrechtlichen Beziehungen maßgeblich.2931 Mindestvoraussetzung für diese Auslegung muß nach deutschem Recht als Vertragsstatut die freie Wahl der Sicherungswährung gemäß dem am Lageort des belasteten Grundstücks geltenden Recht sein. Gegenwärtig sperrt daher bereits 2924 Hierfür Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 21; Lichtenberger in Meikel, GBO, § 28 Rn 62. 2925 S 452 ff. 2926 Zur Eintragungsfähigkeit Erti in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, Einl Rn 53 ff. 2927 Gursky in Staudinger13, § 892 Rn 216. 2928 RGZ 69, 263, 268; 88, 83, 89; 128, 276, 279; Gursky in Staudinger13, § 892 Rn 53. Bei Hypotheken muß § 1138 BGB herangezogen werden, wenn § 3 S 1 WährG auch die Forderung betrifft, da die schwebend unwirksame Valutaforderung vom Dritten nicht gutgläubig erworben werden kann. 2929 Etwa weil der Dritterwerber Devisenausländer ist und § 3 S 1 WährG deshalb gemäß § 49 Abs 1 AWG keine Anwendung findet; vgl auch Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu § 1113 ff Rn 31. 2930 K. Schmidt in Staudinger", § 244 Rn 54; Michaelis ZAkDR 1942, 278, 279. 2931 RGZ 168, 240, 244 ff; Nussbaum Das Geld, 233 f; differenzierend Michaelis ZAkDR 1942, 278, 279 f; vgl auch U. Reuter Grundbuch, 180.
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die Existenz des § 28 S. 2 GBO eine dahingehende Vertragsinterpretation (§§ 157, 2 4 2 BGB). Ebensowenig kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, die Sicherungswährung sei wahlweise geschuldet 2932 oder hindere die Annahme einer Effektivklausel für den Ausschluß des § 244 BGB. § 28 S. 2 GBO steht DM-Grundpfandrechten zur Sicherung von Valutaforderungen nicht entgegen, auch nicht bei Hypotheken. Zwar verlangt § 1115 Abs. 1 BGB die Angabe des Forderungsbetrages im Grundbuch, aber § 28 S. 2 GBO betrifft lediglich den Betrag der Grundstücksbelastung, nicht auch denjenigen der zu sichernden Forderung. 2933 Die Hauptschwierigkeit bei der Begründung von DM-Grundpfandrechten für Forderungen in Auslandswährung resultieren vielmehr aus den potentiellen Wechselkursschwankungen zwischen Schuldwährung und Sicherungswährung. 2934 Ein Außenwertverlust der Schuldwährung kann zu einer „Ubersicherung", ein Außenwertverlust der Sicherungswährung zu einer „Entsicherung" der Forderung führen. 2935 Im einzelnen ergeben sich jedoch große Unterschiede, je nachdem, welcher Typ Grundpfandrecht in Erwägung gezogen wird.
1.
Hypotheken
a)
Bestimmtheit
In einem Beschluß aus dem Jahre 1922 hat das Reichsgericht die Eintragung einer „normalen" Sicherungshypothek in deutscher Währung für materiellrechtlich unzulässig gehalten, sofern die zu sichernde Forderung auf ausländische Währung lautet und - dies schien dem RG wichtig 2936 - dem Schuldner gemäß § 244 BGB die Befugnis zukommt, statt in fremder in deutscher Währung zu zahlen. 2937 Zur Begründung heißt es, bei Eintragung der Hypothek stehe wegen möglicher Kursschwankungen der Betrag der Forderung in deutscher Währung noch nicht mit annähernder Sicherheit fest, die Forderung lasse es daher an der notwendigen Bestimmtheit vermissen. Freilich ist damit die Problematik (die vor allem
Vgl RG WarnR 1 9 2 3 / 2 4 Nr 2 2f). Siehe RGZ 106, 74, 79: das Gesetz erfordere „in § 28 GBO nur, daß die Höhe der dinglichen Belastung, wie in der Eintragungsbewilligung oder dem Eintragungsantrage, im Grundbuch (...) in Reichswährung angegeben wird". Zu weiteren Nachweisen siehe oben Fn 2 8 0 6 . 2 9 3 4 Soweit feste Paritäten bestehen, stellt sich die Problematik naturgemäß nicht. Wegen Art 73 b EGV und wahrscheinlich auch als Folge der aufgrund § 28 S 2 Hs 2 GBO ergangenen (und erweiterten) Verordnung dürfte es in diesen Fällen (!) künftig jedoch in der Praxis ohnehin meist an einem Interesse daran fehlen, Valutaforderungen durch Grundpfandrechte gerade in deutscher Währung zu sichern. 2932 2933
2935
U. Reuter Grundbuch, 178.
Den mutmaßlichen Hintergrund bildet die seinerzeit noch in der Entwicklung befindliche Diskussion über den Geldschuldcharakter und die Vollstreckbarkeit von Fremdwährungsverbindlichkeiten. Ab RGZ 101, 3 1 2 ff war zunächst nur anerkannt, daß die einfache Valutaschuld Geldschuld war. Daraus zog dann RGZ 106, 74 ff die vollstreckungsrechtlichen Konsequenzen und wandte $$ 803 ff ZPO an. 2 9 3 7 RGZ 106, 74, 79; ebenso LG Osnabrück RPfleger 1968, 122; LG Traunstein RPfleger 1988, 4 9 9 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 103; auf § 2 4 4 BGB wird auch abgestellt von Eickmann in MünchKomm-ZPO, $ 8 6 7 Rn 22, 42. 2936
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im Rahmen der §§ 866, 867 ZPO diskutiert wird,2938 dogmatisch aber zugleich den Bereich rechtsgeschäftlich bestellter Hypotheken betrifft)2939 nur höchst unvollkommen umschrieben. So wie die Bestimmtheit der Haftungssumme ( S S 1113, 1191, 1199 BGB) lediglich davon abhängt, ob ein Nominalbetrag fixiert worden ist,2940 kann es auch für die Forderung nicht darauf ankommen, ob ihr Wert in deutscher Währung von vornherein feststeht oder steten Wechselkursveränderungen unterliegt. Alleiniger Inhalt einer Valutasummenforderung ist die Verschaffung eines zahlenmäßig feststehenden Betrages an Währungseinheiten der ausländischen Schuldwährung. Selbst die etwaige Existenz einer Ersetzungsbefugnis nach § 244 BGB ändert am Inhalt der Forderung nichts. Die Höhe des ersatzweise aufzubringenden DM-Betrages variiert zwar, dies jedoch, weil der tatsächliche Zahlungstag und/oder die bis dahin eintretende Wechselkursentwicklung unbestimmt sind, nicht etwa die Valutaforderung selbst.2941 Soll eine Fremdwährungssummenforderung durch eine DM-Hypothek nach §§ 1113 ff. BGB gesichert werden, ist das Bestimmtheitserfordernis daher sowohl für die Forderung wie auch im Hinblick auf die Grundstückshaftung erfüllt.
b)
Akzessorietät
Allerdings hat die Leistung, die der persönliche Schuldner erbringen muß, einen anderen Inhalt als die Leistung, die aus dem Grundstück zu erbringen ist. Allein das aliudVerhältnis zwischen ausländischer und inländischer Währung führt jedoch nicht dazu, daß Hypotheken in forderungsfremder Währung materiellrechtlich unzulässig wären. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die SS 1113 ff. BGB einen Gleichlauf von Forderungsund Sicherungswährung verlangen und auf diese Weise auch bei festen Paritäten die Sicherung von Fremdwährungsforderungen durch DM-Hypotheken unmöglich machen. Im Grundbuch müßten allerdings sowohl der Forderungsbetrag in Fremdwährung (nach S 28 S. 2 GBO unproblematisch) als auch die Haftsumme in DM (ggf. in Analogie zu § 1190 Abs. 1 S. 2 BGB) angegeben werden.2942 Das Problem ist primär ein solches der (fehlenden) Wertakzessorietät zwischen persönlicher Forderung und dinglicher Haftung.2943 Es stellt sich völlig unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen des S 244 BGB vorliegen oder nicht. Das Sicherungsbedürfnis des Valutagläubigers verlangte bei floatenden Wechselkursen, daß sich die Haftsumme nach dem Außenwert der Schuldwährung richtet. Weil aber die Haftsumme in deutscher Währung fixiert wäre, würde ein Kursanstieg der Schuldwährung zu einer teilweisen Untersicherung führen. 2944 Auch auf andere Weise mag eine Untersicherung eintreten: Fiele der 2938 Zu spezifischen Problemen der Zwangshypothek für titulierte Fremdwährungsforderungen siehe S 758 ff. 2939 Siehe nur Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 143 f; 17. Reuter Grundbuch, 179 ff. 2940 S 438 ff. 2941 U. Reuter Grundbuch, 214, 215. 2942 Vgl Arnheim GBO, § 28 Rn 12, 14; 17. Reuter Grundbuch, 179; ferner Wolfsteiner in Staudinger 13 , § 1190 Rn 24. 2943 Vgl 17. Reuter Grundbuch, 180; ferner LG Traunstein RPfleger 1988,499. 2944 Um eine Untersicherung dieser Art zu vermeiden, könnte erwogen werden, eine zweite, dann durch das Erreichen eines bestimmten Wechselkurses bedingte, Hypothek zu bestellen. Dal? eine bedingte Hypothek für eine unbedingte (!) Forderung bestellt werden kann, unterliegt keinen Zwei-
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Kurs der Fremdwährung im Verhältnis zur DM, könnte ein Fall des § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegen und in Höhe der Wertdifferenz eine Eigentümergrundschuld entstehen. 2945 Als weitere Konsequenz würde sich im Falle eines späteren Kursanstiegs die verbleibende Fremdhypothek nicht wieder automatisch erweitern. 294 ' Es sind die genannten Akzessorietätsdurchbrechungen, die für einen Teil des Schrifttums entscheidend dagegen sprechen, Verkehrs- und Sicherungshypotheken in deutscher Währung für zulässig zu erklären, sofern die zu sichernde Forderung auf eine (nicht unwiderruflich paritätsgebundene) Auslandswährung lautet. 2947 Gegen die unmittelbare Anwendbarkeit des § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB spricht allerdings, daß nach dem Wortlaut der Bestimmung eine Eigentümergrundschuld nur entsteht, wenn und soweit die der Hypothek zugrunde liegende Forderung erlischt. Bei einer Valutasummenforderung kann jedoch von Erlöschen nur in dem Maße gesprochen werden, wie sich der Nennwert nach Betrag und Währung reduziert. Obwohl nach einem Außenwertrückgang der fremden Schuldwährung eine geringere Anzahl Einheiten der deutschen Währung aufgewendet werden muß, um den zur Tilgung benötigten Fremdwährungsbetrag zu erwerben oder die Ersetzungsbefugnis nach § 244 BGB auszuüben, bleibt doch der Forderungsumfang so lange nominell konstant, als entsprechende Zahlungen seitens des mit dem Eigentümer identischen persönlichen Schuldners 2948 ausstehen oder die Voraussetzungen eines Erlasses, Bedingungseintritts, Rücktritts etc. erfüllt sind. § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB stellt keinen autonomen Erlöschensbegriff für die Forderung auf, daher gibt das schuldrechtliche Nennwertprinzip den Ausschlag, nicht die Außenwertentwicklung zwischen Schuld- und Sicherungswährung. Im Hinblick auf den Forderungsumfang gilt damit das Gleiche wie in jenen Konstellationen, in denen die Forderung nicht erlischt, sondern samt der Hypothek auf den Zahlenden übergeht, etwa den vom Eigentümer personenverschiedenen Schuldner, dem ein Ersatzanspruch gegen den Eigentümer zusteht (§ 1164 BGB), den Bürgen (§§ 774, 4 1 2 , 4 0 1 BGB) oder den ablösungsberechtigten Dritten (§§ 1150, 268 Abs. 3 BGB). In allen Fällen ist der Umfang des Forderungsübergangs selbstverständlich nach Maßgabe des Nominalwertprinzips zu bestimmen. Damit verbleibt allein die Frage, ob sich ungeachtet des eindeutigen Wortlauts von § 1163
fein; siehe nur Eickmann in MünchKomm-BGB 3 , S 1113 Rn 53. Schwieriger zu beantworten ist bereits die Frage nach der rangwahrenden Wirkung. Das Haupthindernis resultiert indes aus dem Prinzip, daß grundsätzlich für ein und dieselbe Forderung nur eine Hypothek aus demselben Grundstück bestellt werden kann; etwa RGZ 131, 16, 20 f; 132, 136, 137. Zwei Ausnahmen freilich sind anerkannt. Zum einen ist es zulässig, mehrere Hypotheken für eine Forderung mit der Maßgabe zu bestellen, daß jede Hypothek nur für einen Teil der Forderung haftet, zum anderen ist eine sog. Ausfallhypothek begründbar, die unter der Bedingung zum Zuge gelangt, daß die primäre Hypothek in der Zwangsvollstreckung (teilweise) nicht zur Befriedigung des Gläubigers führt; Scherübl in Staudinger12, § 1113 Rn 5 2 f. 2 9 4 5 So U. Reuter Grundbuch, 180; Überlegungen dieser Art werden auch bereits in KG JFG 1, 4 7 0 , 4 7 6 angestellt. 2 9 4 6 Diskutiert werden könnte allenfalls eine Analogie zu S 1180 Abs 1 BGB; doch wären auch dann noch Einigung und Eintragung erforderlich. Im übrigen lehnt es die hM auch sonst ab, S 1180 Abs 1 BGB entsprechend anzuwenden, wenn infolge Erlöschens der Forderung eine Eigentümergrundschuld entstanden ist. Erforderlich sei vielmehr die Abtretung der Grundschuld an den eingetragenen Gläubiger und die Umwandlung in eine Hypothek nach S 1198 BGB; siehe BGH N J W 1968, 1 6 7 4 ; Konzen in Soergel 12 , § 1 1 8 0 Rn 2. 2947 2948
U. Reuter Grundbuch, 180, 208.
Um nur den Hauptanwendungsfall des S 1163 Abs 1 S 2 BGB zu nennen.
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Abs. 1 S. 2 B G B eine Fremdhypothek auch dann in eine Eigentümergrundschuld verwandeln kann, wenn die zu sichernde Forderung nominell in vollem Umfang bestehen bleibt. Eine derartige Analogie, um die es damit ginge, scheiterte jedoch bereits am sachenrechtlichen Gebot zuverlässiger Zuordnung dinglicher Positionen. 2 9 4 9 Da das Institut des Eigentümergrundpfandrechts heute ohnehin rechtspolitisch umstritten ist, 2 9 5 0 besteht kein Anlaß, seinen Anwendungsbereich durch Analogien noch auszudehnen. Führt nach dem Gesagten ein Außenwertrückgang der fremden Schuldwährung nicht zur Entstehung einer Eigentümergrundschuld, kann von Untersicherung der Valutaforderung nur dann die Rede sein, wenn der Kurs der Schuldwährung gegenüber der D M steigt. Eine vergleichbare Konstellation ist dem deutschen Recht aber bereits in Gestalt des § 1 1 9 0 B G B geläufig.
c)
Höchstbetragscharakter
Daß es ungeachtet der skizzierten Probleme dogmatischer Art möglich sein muß, Valutaforderungen durch DM-Grundpfandrechte zu sichern, und zwar auch durch Hypotheken, wird tatsächlich kaum bestritten, wenngleich praktische Notwendigkeiten in allererster Linie aus dem Vollstreckungsrecht herrühren (§ 8 6 6 ZPO). Im rechtsgeschäftlichen Bereich bietet sich - mag man den vorangehenden Ausführungen folgen oder nicht - zunächst eine Anlehnung an die sog. „verdeckte Höchstbetragshypothek" an. Die verdeckte Höchstbetragshypothek ist dadurch gekennzeichnet, daß die Parteien bei einer für eine fixe Forderungssumme bestellten gewöhnlichen Verkehrshypothek im Verhältnis zueinander vereinbaren, das Grundpfandrecht solle nur den Anspruch aus dem Schlußguthaben sichern, das sich am Ende der gegenseitigen Geschäftsbeziehung ergibt. Die bis dahin entstandenen Forderungen werden nur buchmäßig verrechnet und nicht laufend durch Aufrechnung getilgt. 2951 § 1 1 6 3 Abs. 1 S. 2 B G B ist damit auf den Zeitpunkt hinausgeschoben, in dem das Schlußguthaben feststeht. Die Rechtsprechung läßt derartige Gestaltungen seit langem zu, 2 9 5 2 von Teilen des Schrifttums hingegen werden sie abgelehnt. 2 9 5 3 Wer nun verdeckte Höchstbetragshypotheken in ihrer klassischen Form für unzulässig hält, etwa weil sie zu einer Umgehung des § 1163 Abs. 1 S. 2 B G B oder zu einer systemwidrigen Benachteiligung des Schuldners/Eigentümers führten, wird leicht auch die Zulässigkeit von DM-Verkehrs- oder Sicherungshypotheken für (nicht unwiderruflich paritätsgebundene) Valutaforderungen ablehnen, sei es, daß er in gleicher Weise argumentiert, sei es, daß er entgegen der soeben vertretenen Auffassung § 1163 Abs. 1 S. 2 B G B bei einem Kursrückgang der Schuldwährung analog heranzieht und über diesen „Umweg" ebenfalls zur Zulässigkeitsfrage gelangt. Die Rechtsprechung jedenfalls ist ihrerseits konsequent verfahren. Unter Hinweis auf die Judikatur zur verdeckten Höchstbetragshypothek heißt es in einer
Dazu Quack in MiinchKomm-BGB3, Einl Sachenrecht Rn 13. Siehe etwa Scherübl in Staudinger", § 1163 Rn 5 ff. 2951 Scherübl in Staudinger12, § 1190 Rn 14; Wolf.Steiner in Staudinger13, § 1113 Rn 19. 2 9 5 2 Seit RGZ 60, 243, 247 stRspr; siehe etwa RG JW 1911, 653, 654; RG WarnR 1917 Nr 19 (28 f); BayObLGZ 1951, 594, 597; 1952, 284, 286; 1954, 196, 202 f; LG Düsseldorf MittBayNot 1977, 23 f; aus dem Schrifttum u.a. Scherübl aaO; Schuster in RGRK-BGB, § 1190 Rn 12; Strecker in Planck4, § 1113 Anm 5 f. 2 9 5 3 Etwa Eickmann/Pinger in Westermann, Sachenrecht II, 309; Konzen in Soergel12, § 1190 Rn 4; Wolff/Raiser Sachenrecht, 639; Bourier FS Oberneck, 87, 89 ff. 2949
2950
§ 1 1 : Grundpfandrechte und Fremdwährung
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Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1 9 3 6 , 2 9 5 4 es laufe dem Wesen der Verkehrshypothek nicht zuwider, wenn die Parteien eine Vereinbarung des Inhalts treffen, daß ungeachtet der Eintragung einer Goldmarksumme „im inneren Verhältnis der Parteien immer nur eine Pfundforderung geltend gemacht und die Hypothek nur insoweit in Anspruch genommen werden könne, als der Wert der persönlichen Pfundforderung jeweils betragen werde". 2 9 5 5 Jenseits der verdeckten Höchstbetragshypothek liegen die Dinge komplizierter. In der bereits erwähnten Entscheidung, in der es bei Fremdwährungssummenforderungen die nach SS 1 1 1 3 , 1 1 1 5 B G B erforderliche Bestimmtheit verneinte, sprach sich das Reichsgericht dafür aus, „der zahlenmäßigen Bezeichnung der dinglichen Belastung in Reichswährung den Höchstbetrag der Forderung so, wie er sich zur Zeit der dinglichen Sicherung der Forderung durch Umrechnung ermitteln läßt, zugrunde zu legen, d.h. in Höhe dieses Betrages eine Höchstbetragshypothek einzutragen und diesen Höchstbetrag der dinglichen Belastung in Reichswährung anzugeben". 2 9 5 6 Der Weg über S 1 1 9 0 B G B war insofern folgerichtig, als die Höchstbetragshypothek gerade zur Sicherung solcher Forderungen geschaffen wurde, deren Betrag nicht von vornherein bestimmt ist. 2 9 5 7 Dementsprechend wird die Eintragung einer Höchstbetragshypothek für eine nach dem Inhalt der Eintragungsbewilligung festbestimmte Forderung als unzulässig angesehen. Eine Forderung, die für die Zwecke der SS 1 1 1 3 , 1 1 1 5 B G B als bestimmt anzusehen ist, kann nun nicht im Rahmen des S 1 1 9 0 B G B als unbestimmt behandelt werden. Vom hier vertretenen Standpunkt ausgehend, wonach Fremdwährungssummenforderungen die zur Bestellung einer DM-Verkehrshypothek erforderliche Bestimmtheit aufweisen, ist für eine echte Höchstbetragshypothek mithin kein Raum. 2 9 5 8 Als unbestimmt erweist sich (mangels fester Parität) allein das künftige Wertverhältnis von Forderungsbetrag und Haftungssumme. Infolge der Divergenz zwischen Schuld- und Sicherungswährung gehört ein gewisser Haftungsspielraum bereits zum Wesen der für eine Valutaforderung bestellten DM-Hypothek, er wird anders als bei S 1 1 9 0 B G B nicht erst durch besondere Parteivereinbarung geschaffen. 2959 Die hier behandelte Hypothek weist m.a.W. einen geborenen, keinen gekorenen Höchstbetragscharakter auf. Aus diesem Grund bedarf es auch keiner besonderen Forderungsfeststellung, wie sie für S 1 1 9 0 B G B kennzeichnend ist. Da Hypotheken für aufschiebend und auflösend bedingte Forderungen zulässig sind (S 1113 Abs. 2 BGB), desgleichen aufschiebend und auflösend bedingte Hypotheken, 2 9 6 0 und da die Grenze zwischen Bedingung und Bestimmtheit fließend verläuft, 2961 tolerieren die S S H 1 3 ff-, 1 1 8 4 f. B G B richtigerweise auch Haftungsmaßstäbe, die dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen, RGZ 152, 213 ff. RGZ 152, 213, 219. 2 9 5 6 RGZ 106, 74, 79; ebenso BGH NJW 1991, 2022 f; OLG Köln RIW 1977, 291 f; LG Osnabrück RPfleger 1968, 122 (alle Entscheidungen betreffen die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken). 2957 Konzen in Soergel12, § 1190 Rn 1; J. F. Baur/Stürner Sachenrecht, 4 3 4 ; Eickmann in MünchKomm-BGB 3 , § 1190 Rn 1, 4; Wolfsteiner in Staudinger13, S 1190 Rn 2. 2 9 5 8 Insofern zutr U. Reuter Grundbuch, 182, der seine Einschätzung auf Seite 183 jedoch wieder anzweifelt. 2 9 5 9 Zur Berechnung des Haftungsbetrages siehe die Ausführungen zur Zwangshypothek auf S 760 ff. 2 9 6 0 Dazu Wolfsteiner in Staudinger13, Einl zu §§ 1113 ff Rn 6 7 ff. 2961 Wolfsteiner in MünchKomm-ZPO, § 726 Rn 8 ff; ders in Staudinger13, Einl zu §§ 1113 ff Rn 38, § 1190 Rn 24. 2954
2955
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sofern nur ein Höchstbetrag festgelegt wird, der unter-, nicht jedoch überschritten werden d a r f . 2 9 " Diesen Kriterien genügt die DM-Hypothek für eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldsummenforderung ohne weiteres. Die hier befürwortete Betrachtungsweise hat Konsequenzen. So ist es anders als im Falle des § 1 1 9 0 B G B möglich, in Höhe des Forderungsbetrages eine Vereinbarung über die sofortige Vollstreckbarkeit zu treffen (§ 8 0 0 Z P O ) . 2 9 " Auch haftet das Grundstück für Zinsen der Valutaforderung 2 9 6 4 unabhängig davon, ob der Belastungsbetrag in D M überschritten wird, wohingegen bei der Höchstbetragshypothek Zinsen aller Art in den Höchstbetrag eingerechnet werden (§ 1190 Abs. 2 BGB) und eine gesonderte Eintragung unzulässig ist. 2 9 6 5 So weit, wie es auf den ersten Blick scheint, liegt die hier vertretene Auffassung von der h . M . gleichwohl nicht entfernt. Ungeachtet des dogmatischen Ansatzes bei § 1 1 9 0 B G B wird das gesetzliche Modell der Höchstbetragshypothek wegen seiner Nachteile für den Gläubiger als interessenwidrig gewertet 2 9 6 6 und in vielerlei Hinsicht nach Korrekturen gesucht^ 967 - Korrekturen, die sich erübrigen, wenn von vornherein die §§ 1 1 1 3 ff., 1 1 8 4 f. B G B den Anknüpfungspunkt bilden. In der Sache geht es eher um das richtige Verhältnis von Regel und Ausnahme, wobei der Weg über §§ 1113 ff., 1 1 8 4 f. B G B methodenehrlicher erscheint. Fernliegend ist es jedenfalls, aus der Erkenntnis, daß § 1 1 9 0 B G B mangels Unbestimmtheit der Forderung unmittelbar keine Anwendung findet, zu Gunsten einer analogen Anwendung dieser Regel zu votieren. 2 9 6 8 Natürlich mag man angesichts der bisherigen Überlegungen die Frage aufwerfen, ob überhaupt ein Bedürfnis anzuerkennen ist, Valutaforderungen gerade durch Hypotheken in deutscher Währung absichern zu können. Im rechtsgeschäftlichen Bereich ließen sich vor dem Hintergrund des § 1 1 9 1 B G B tatsächlich Zweifel anmelden. Im Licht des § 8 6 6 ZPO, der nur die Zwangshypothek, nicht die Zwangsgrundschuld vorsieht, erscheinen die Dinge indes anders. Dogmatische Bedenken - das allein ist entscheidend - existieren jedenfalls nicht, weder gegen die verdeckte Höchstbetragshypothek noch gegen die offene Konstruktion einer gewöhnlichen DM-Hypothek zur Sicherung einer Valutaforderung. Einer künstlichen Zweispurigkeit der hypothekarischen Sicherung (§§ 1 1 1 3 ff. B G B hier, § 8 6 6
Wolf Steiner in Staudinger13, aaO. Zur Errichtung einer vollstreckbaren Urkunde nach § 794 Abs 1 Nr 5 ZPO wegen einer Valutaschuld KG JFG 1, 470, 4 7 5 gegen Nussbaum JW 1920, 16 Fn 15. 2 9 6 4 Für gesetzliche Zinsen ex lege (§ 1118 BGB), für höhere vertragliche Zinsen im Falle entsprechender Einigung und Eintragung. 2 9 6 5 Siehe etwa Eickmann in MünchKomm-BGB 3 , § 1190 Rn 8. 2 9 6 6 Tatsächlich spielt die echte rechtsgeschäftlich begründete Höchstbetragshypothek deshalb in der Rechtswirklichkeit praktisch keine Rolle mehr; vgl nur Eickmann in MünchKomm-BGB3, § 1190 Rn 2. 2 9 6 7 Siehe auch § 18 III. Ein Ausweichmodell bietet die bereits erörterte verdeckte Höchstbetragshypothek. Zur Wahrung berechtigter Gläubigerbelange RGZ 60, 243, 2 4 7 ; OLG Düsseldorf MittBayNot 1977, 23, 24. 2 9 6 8 Siehe insbes. Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 185; die Möglichkeit, Valutaforderungen (hypothekarisch nur) durch DM-Höchstbetragshypotheken zu sichern, bejahen im Schrifttum auch Scherübl in Staudinger12, § 1115 Rn 18; Räfle in Erman', § 1113 Rn 4; Erti in Kuntze/ErtV Herrmann/Eickmann, GBO, § 28 Rn 20; Michaelis ZAkDR 1942, 278, 279 f; aus der vollstreckungsrechtlichen Literatur etwa Eickmann in MünchKomm-ZPO, § 867 Rn 22, 4 2 ; Münzberg in Stein/Jonas20, Vor § 704 Rn 158, 162, § 867 Rn 4 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 103; Zellerl Stöber ZVG, Einl Rn 67.5; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , S 244 Rn 53. 2962
2963
§ 11: Grundpfandrechte und Fremdwährung
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ZPO dort) das Wert zu reden, 296 ' besteht vom Blickwinkel des rechtsgeschäftlichen Bereichs aus kein Anlaß. Diese Feststellungen gelten uneingeschränkt: Auch soweit die Fremdwährungssperre des § 28 S. 2 Hs. 2 GBO nicht mehr greift, bleibt die Eintragung von DM-Hypotheken i.S.d. §§ 1113 ff., 1184 f. BGB für Valutaforderungen materiellrechtlich weiterhin zulässig.2970 Zu beachten ist heute freilich noch das auch für Grundpfandrechte selbst geltende Genehmigungserfordernis nach § 3 S. 2 WährG, das zur Anwendung gelangt, wenn der Umfang des aus dem Grundstück zu erbringenden DMBetrages vom jeweiligen Kurs einer Fremdwährung abhängt. Freilich ist die Norm wegen § 49 AWG restriktiv zu handhaben, was zu gleichen Aufgreifkriterien wie bei § 3 S. 1 WährG führt. Außerdem: Von Wertsicherungscharakter kann im Bereich obligatorischer Verbindlichkeiten dann nicht gesprochen werden, wenn ein fixer Kurs - namentlich der des Vertragsschlusses - den zu zahlenden DM-Betrag bestimmt. Entsprechendes gilt, wenn die im Grundbuch eingetragene Haftungs(höchst)summe in deutscher Währung jenen Kurs der Forderungswährung widerspiegelt, der zur Zeit der dinglichen Belastung galt. Eine dynamische Nominalbetragserhöhung ist auch hier ausgeschlossen.
2.
Grundschulden
Die skizzierten Probleme hypothekarischer Sicherung müssen jenseits des Bereichs der Immobiliarzwangsvollstreckung (§§ 866, 867 ZPO: Zwangshypothek) nicht gelöst, sondern können vermieden werden, wenn der Eigentümer zu Gunsten des Valutagläubigers eine auf deutsche Währung lautende Sicherungsgrundschuld bestellt.2971 Die Grundschuld kennt den Grundsatz der Akzessorietät nicht, demzufolge findet auch § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB keine Anwendung. Der Bestand der Fremdgrundschuld als Gläubigerrecht bleibt vom Erlöschen der gesicherten Forderung unabhängig.2972 Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob die Forderung bereits von Anfang an betragsmäßig bestimmt ist oder ihre Höhe Schwankungen unterliegt (wie etwa beim Kontokorrentkredit). 2973 Den zuvor diskutierten Einwänden gegen die Sicherbarkeit von Valutaforderungen durch gewöhnliche Hypotheken in deutscher Währung fehlt somit bei Grundschulden jede Basis. Die Parteien können die von ihnen erwartete Wechselkursentwicklung bei der Bemessung des einzutragenden Haftungsbetrages berücksichtigen. Sie können aber auch im Sicherungsvertrag festlegen, daß dem Gläubiger bei Eintritt einer bestimmten Wechselkursentwicklung ein Anspruch auf Erhöhung der Grundschuldsumme zusteht und diesen Anspruch qua Vormerkung sichern.2974 Gedacht werden könnte schließlich ähnlich wie bei der Hypothek daran, ein zweites (dann bedingtes) Grundpfandrecht für die Valutaforderung zu bestellen. Zu beachten ist allerdings - wie bei der Hypothek - die Wertsicherungssperre des S 3 S. 2 WährG.
2969
So wohl U. Reuter Grundbuch, 218. Siehe ferner Bachmann Fremdwährungsschulden, 125. 2971 Vgl auch Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 143; U. Reuter Grundbuch, 184. 2972 Statt aller "Wolfsteiner in Staudinger13, § 1192 Rn 16. 2973 Vgl etwa Eickmann in MünchKomm-BGB3, § 1191 Rn 37; Konzen in Soergel12, §§ 1191, 1192 Rn 10. 2974 U. Reuter Grundbuch, 184. 2970
FÜNFTER
TEIL
Erlöschen Gemäß § 3 6 2 Abs. 1 B G B erlischt das Schuldverhältnis durch Erfüllung, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Bei Zahlungsverbindlichkeiten bedeutet dies Verschaffung abstrakter Vermögensmacht in Gestalt von Geldeinheiten in bestimmter Währung, und zwar einer Währung, die nach Vereinbarung oder kraft Gesetzes den alleinigen oder wahlweisen Gegenstand der Schuld bildet. In welcher Verkörperung und auf welche Weise die geschuldeten Währungseinheiten in das Gläubigervermögen überführt werden müssen, damit die Leistung als „bewirkt" anzusehen ist, hängt vom Inhalt des jeweiligen Geldschuldverhältnisses ab. 2 9 7 5 Erfolgt die Zahlung mit Geldeinheiten einer Währung, die nicht geschuldet wird, kann das Schuldverhältnis zwar ebenfalls erlöschen, jedoch nicht nach § 3 6 2 Abs. 1 BGB, sondern nur unter den Voraussetzungen des S 3 6 4 Abs. 1 B G B als Leistung an Erfüllungs Statt. Diese Überlegungen beruhen auf zwei Prämissen. Erstens daß abstrakte Vermögensmacht ohne währungsmäßige Ausprägung undenkbar ist, die Währung daher bereits den Schuldgegenstand konstituiert und keine bloße Schuldoder Zahlungsmodalität darstellt. Zweitens daß es sich nicht um Erfüllung handelt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung bei Empfangnahme als schuldtilgend akzeptiert oder - was nachfolgend im Vordergrund steht - der Schuldner kraft einseitiger Befugnis eine Ersatzleistung erbringt. 2976 Das Recht des Schuldners, sich nach seiner Wahl in einer von mehreren Währungen von seiner Verbindlichkeit zu befreien, kann die Schuldwährung oder die Zahlungswährung betreffen. Es kommt als Gegenstand vertraglicher Abrede in Betracht, 2 9 7 7 es kann aber ebenso auf gesetzlicher Anordnung beruhen. Derartige Regeln enthält das deutsche Privatrecht in §§ 2 4 4 B G B , 6 6 1 H G B sowie Art. 4 1 W G , 3 6 ScheckG. Ganz im Vordergrund steht konstruktiv wie praktisch § 2 4 4 BGB. Regelungszweck, dogmatische Einordnung, Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen dieser Norm werden sogleich unter § 12 erörtert. Die Frage nach Art und Funktion unterschiedlicher Tilgungswährungen, die dem Valutaschuldner in casu zur Verfügung stehen, ist jedoch nicht auf Zahlungen und damit auf die Erlöschensgründe der §§ 3 6 2 , 3 6 4 B G B
S 40 ff. So zur Leistung aufgrund einer Ersetzungsbefugnis BGHZ 46, 338, 340; 89, 126, 128; Heinrichs in MünchKomm-BGB3, § 364 Rn 2; ders in Palandt, § 364 Rn 1; Olzen in Staudinger13, § 364 Rn 17 f; R. Weber in RGRK-BGB, § 364 Rn 1 f; aA etwa Manfred Wolf in Soergel12, § 362 Rn 16; Zeiss in Soergel12, § 364 Rn 1; Gernhuber Erfüllung, 96 f, 187: Mit der Ersatzleistung erfülle der Schuldner eine zuvor oder zugleich durch einseitigen Akt geänderte Schuld. 2 9 7 7 S 253 ff. 2975 2976
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
467
beschränkt, sondern kann sich gleichermaßen bei zahlungsfremden Erfüllungssurrogaten stellen. Dies gilt namentlich für die Aufrechnung, 2 ' 78 von der in § 13 die Rede sein wird.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
I.
Normzweck und sachrechtlich-räumliche Anwendungsvoraussetzungen
Sofern eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Inland zu zahlen ist, kann nach § 244 Abs. 1 BGB die Zahlung in deutscher Währung erfolgen, es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen wäre. Die erforderliche Umrechnung bemißt sich § 244 Abs. 2 BGB zufolge nach dem Kurswert, der zur Zeit der Zahlung am Zahlungsort gilt. Der Normzweck des § 244 BGB, dessen Absätze beide nur unter der Voraussetzung deutschen Rechts als Schuldstatut zur Anwendung gelangen,2979 ließe sich vergleichsweise problemlos bestimmen, wenn die Vorschrift allein binnenstaatlich abzuwickelnde Valutaschulden in den Blick nähme, wenn also ähnlich wie bei §§ 3 S. 1 WährG, 49 Abs. 1 AWG verlangt würde, daß die deutsche Währung sowohl für den Gläubiger als auch für den Schuldner die Heimwährung bildet.2980 Da § 244 BGB eine derartige (sachrechtliche) Beschränkung nicht kennt, die Befugnis des Schuldners, deutsche statt ausländische Währungseinheiten leisten zu dürfen, vielmehr auch bei grenz- oder besser: währungsgebietsüberschreitenden Zahlungsverbindlichkeiten zur Geltung kommt, hängt die ratio dieser Tilgungsregel unmittelbar damit zusammen, wann i.S.d. § 244 Abs. 1 BGB von einem inländischen Zahlungsort 2 ' 81 gesprochen werden kann. Diese Frage wiederum ist eng verknüpft mit der in § 270 BGB getroffenen Wertentscheidung über die Trennung von Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort. Ganz ähnliche Differenzierungen führt ein Vergleich mit ausländischen Rechten zutage. Wo der Erfüllungsort von Geldschulden grundsätzlich am Wohnsitz des Gläubigers lokalisiert wird,2982 verfolgt eine
2978 Bei der Hinterlegung (§§ 372 ff BGB) wird § 244 BGB analog anzuwenden sein; vgl RGZ 108, 337 f. Zur Hinterlegung von Geldeinheiten der ausländischen Schuldwährung siehe Steenken Fremdwährungsschulden, 76 f. 2979 S 130 ff. 2980 völlige Deckungsgleichheit bestände nicht, weil die §§ 3 S 1 WährG, 49 Abs 1 AWG zwischen Devisenialändem und Dmsenausländern differenzieren. 2981 Nicht um eine sachrechtliche Anwendungsvoraussetzung des § 244 BGB, sondern um die Rechtsfolge der Norm, nämlich den Umrechnungskurs, geht es bei Bestimmung des Zahlungsortes iSd § 244 Abs 2 BGB. Dieser Zahlungsort muß mit dem in Abs 1 gemeinten nicht notwendigerweise übereinstimmen; siehe dazu S 519 ff. 2982 Das Bringschuldkonzept findet sich u.a. in folgenden Rechtsordnungen: England, siehe etwa Mann Legal Aspect, 81 f; Steenken Fremdwährungsschulden, 145 ff; Reinhuber Grundbegriffe, 96 ff; Schweiz: Art 84 OR, dazu R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 347, 353; Griechenland: Art 321 ZGB, Einzelheiten bei Georgiadoú in Georgiades/Stathopoulos, ZGB II, Art 320-322 Rn 19 ff; Asterios Georgiades Enochiko Dikaio, Geniko meros, Bd II, 38; Dänemark, drgaard in Andersen u.a., Dansk Privatret, 152; Schweden: § 48 Köplagen, siehe dazu Hellner/Ramberg Speciell avalsrätt I,
5. Teil: Erlöschen
468
Tilgungsbestimmung nach Art des § 244 BGB (zumindest partiell) andere Zwecke als dort, w o die Geldschuld eine Holschuld oder eine Schickschuld bildet. 2983 In der ersten Variante darf ersatzweise Gläubigerwährung geleistet werden, in den beiden übrigen Konstellationen bezieht sich das Wahlrecht auf die Währung des Schuldners. Aufgrund der genannten Verflechtungen ist es geboten, Normzweck und Zahlungsort i.S.d. § 244 Abs. 1 BGB einer Gesamtschau zu unterwerfen.
1.
Bestandsaufnahme
§ 2 4 4 BGB erfüllt nach überwiegendem Verständnis eine doppelte Privilegierungsfunktion: 2984 Zum einen ziele die Vorschrift darauf ab, inländischen Schuldnern die Tilgung zu erleichtern, indem ihnen die Möglichkeit eingeräumt werde, Einheiten ihrer Heimwährung zu leisten - einer Währung, bei der im Gegensatz zu fremden Währungen naturgemäß keine besonderen Beschaffungsprobleme und - kosten auftreten könnten. Zum anderen solle im Inland der Umlauf deutschen Geldes gefördert und die Nachfrage nach ausländischem Geld vermindert werden, was nicht zuletzt der Endastung der deutschen Zahlungsbilanz diene. Mit dieser dualen Betrachtungsweise geht typischerweise die Ansicht einher, die Geldschuld sei „im Inland zu zahlen", wenn sich ihr Erfüllungs- bzw. Leistungsort (zu bestimmen grundsätzlich nach §§ 269, 270 Abs. 4 BGB) 2985 in Deutschland befindet. 2986 Zwin-
Köprätt, 104 f; Norwegen: Lov om kjeb, Nr 2 vom 24.5.1907, § 9; Niederlande: Art 6: 116 Abs 1 BW; Italien: Art 1182 Abs 2 CC; Portugal: An 774 CC, dazu Pires de Lima/Antunes Varela Codigo civil anotado II, Art 774 Anm 1. 2983 Das Holschuldkonzept kennen u.a. Brasilien: Art 950 ZGB; Spanien: Art 1171 C. civ., dazu Díez-Picazo/Gullón Sistema II, 169; Belgien: Art 1247 C. civ.; Frankreich: Art 1247 C. civ.; siehe ferner die rechtsvergleichenden Übersichten bei v. Caemmerer FS Mann, 3, 4; Rennpferdt Harmonisierung, 119 f; Schack Erfüllungsort, 164 ff. 2984 Siehe die Nachweise auf S 133 und dort Fn 810, 811, 812. 2985 Für diejenigen, die § 244 BGB international zwingenden Charakter beimessen, stellt sich die Frage, welchen Staates Recht den Erfüllungsort iS dieser Norm bestimmt. Weil die meisten Rechtsordnungen den Erfüllungsort von Geldschulden abweichend von §§ 270, 269 BGB beim Geldgläubiger lokalisieren, würde eine Anknüpfung an die lex causae in vielen grenzüberschreitenden Fällen mit dem im Text umrissenen Schuldner- und Währungsschutzgedanken des § 244 BGB kollidieren. Die Norm gelangte zwar zur Anwendung, gestattete dem Schuldner gleichwohl nicht, Einheiten seiner Heimwährung zu zahlen. Konsequent wäre es, bei Einordnung des § 244 BGB als einseitige Kollisionsnorm das Merkmal der Zahlbarkeit im Inland nach der lex fori zu bestimmen; so wohl Kegel IPR, 877; aA K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 76. Vgl auch OLG Koblenz RIW 1993, 934, 936: Vereinbart war französisches Recht; § 244 BGB wurde vom OLG als international zwingend eingestuft, eine Ersetzungsbefugnis aber verneint, weil die Bestimmung des Erfüllungsortes nach Art 58 CISG erfolgte und die Niederlassung des Geldgläubigers (Verkäufers) sich im Ausland befand. 2986 Etwa RGZ 96, 262, 264; 96, 270, 272; 106, 99, 100; RG JW 1922, 1324; BGH IPRspr 1956/57 Nr 81 (258, 269); BGH IPRax 1994, 366; OLG Frankfurt/M. OLGZ 1967, 13, 17, 18 f; OLG Koblenz RIW 1993, 934, 936; LG Mannheim NJW 1960, 823; Melchior IPR, 289; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 46; O. Werner in Erman', § 244 Rn 13, 15; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 76; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 50; Birk RIW 1973, 425, 437; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050; Weitnauer WM 1960, 1286, 1292 ff; W. Mayer Valutaschuld, 87; Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214; Henn RIW 1957, 153, 155; Steenken Fremdwährungsschulden, 63; wohl
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
469
gend ist dieser Zusammenhang freilich nicht, die Orientierung an der Heimwährung des Schuldners läßt sich auch auf andere Weise rechtstechnisch umsetzen. So hielt namentlich Nussbaum § 244 BGB für (sachrechtlich) unanwendbar, sofern sich der Zahlungserfolgsort 2 9 8 7 im Ausland befindet. Anderenfalls liege ein Eingriff in den ausländischen Zahlungsverkehr vor, zu dem der deutsche Gesetzgeber nicht befugt sei und den er daher verständlicherweise nicht gewollt haben könne. 2 ' 8 ® Den (scheinbaren) Widerspruch zur skizzierten (von ihm geteilten) Normzwecklehre löste Nussbaum mit Hilfe der These, im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr gelte die Regel des § 270 Abs. 1 BGB nicht, der Schuldner habe den Zahlungserfolg vielmehr grundsätzlich in seinem Heimatstaat zu bewirken. 2 9 8 ' N o c h anders entschied Karl Neumeyer dem sich heute insbesondere Schack angeschlossen hat. Ihnen zufolge läßt sich die doppelte Privilegierungsfunktion des § 244 BGB nur realisieren, wenn die Vorschrift bei allen tatsächlichen (!) Zahlungen in Deutschland zur Anwendung gelangt (ohne daß es eine Rolle spielte, w o sich von Rechts wegen der Ort der Zahlungshandlung und derjenige des Zahlungserfolges befinden), wobei im Falle einer Zahlung unter Abwesenden der Ort entscheiden soll, von dem aus die Zahlung tatsächlich in einer den Gläubiger zur Annahme verpflichtenden Weise „abgesandt" wird. 2 " 0 Ein von der h.M. abweichendes Normzweckverständnis verbindet sich demgegenüber durchgängig mit der Annahme, Zahlungsort i.S.d. § 244 Abs. 1 BGB sei der Ort, an dem der Schuldner den Zahlungserfolg zu bewirken habe. 2 ' 9 1 Sofern man gleichzeitig dafürhält, § 270 Abs. 1 BGB finde auch auf währungsgebietsüberschreitende Zahlungsvorgänge Anwendung, setzte die Befugnis zur Tilgung in deutscher Währung dann im Zweifel voraus, daß sich Wohnsitz bzw. gewerbliche Niederlassung des Gläubigers in Deutschland befinden; der Schuldnerwohnsitz wäre ohne Belang. Besonders eindringlich ist diese Lesart zuletzt von v. Hoffmann verfochten worden. Währungsprivilegierende Zwecke verfolgt S 244 BGB seiner Ansicht nach nicht, und die angestrebte Zahlungserleichterung für den Schuldner bestehe einzig darin, daß dieser etwa vorhandene Finanzmittel in Gläubigerwährung nutzen könne statt sie oder Einheiten der Schuldnerwährung in die geschuldete Drittwährung umwechseln zu müssen. 2992
auch Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 47, 50; Alberts Währungsschwankungen, 53 f; Meder WM 1996, 2085, 2086 f. 2987 Gemeint ist der Ort, an dem der Zahlungserfolg nach Maßgabe des hierauf anwendbaren Rechts eintreten soll; Nussbaum Das Geld, 73, 215 f. 2988 Nussbaum Das Geld, 215 ff. 2989 Nussbaum Das Geld, 73, 216. 2990 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 320 f; Schack Erfüllungsort, Rn 34; Koenige in Staub12"3, HGB, $ 361 Anm 8; wohl auch Käng Zahlung und Zahlungsort, 105, der allerdings ausdrücklich nur die kollisionsrechtliche Problematik behandelt. 2991 v. Caemmerer FS Mann, 3, 17 f; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 138 ff; vielleicht auch U. Reuter Grundbuch, 44; vereinzelt geblieben Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214, wonach es genügen soll, daß entweder der Handlungs- oder der Erfolgsort im Inland liegt. 2992 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 139 f; vgl auch U. Reuter Grundbuch, 44; aus der Rechtsprechung vielleicht OLG Hamburg NJW 1954, 233, 234.
5. Teil: Erlöschen
470
2.
Ratio legis
a)
Zahlungserleichterung
für den Valutaschuldner
§ 244 BGB bezweckt zumindest auch, insoweit ist bereits der Normtext unmißverständlich, dem Schuldner die Tilgung seiner in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschuld zu erleichtern. Über die Art dieser Erleichterung trifft das Gesetz jedoch keine eindeutige Aussage, insbesondere ist der hiermit in engem Zusammenhang stehende Begriff des Zahlungsortes i.S.d. § 244 Abs. 1 BGB - selbst wenn nur Parteiinteressen berücksichtigt werden - mehrdeutig, v. Hoffmann stützt seine These, der Schuldner solle in Einheiten der Gläubigerwährung leisten dürfen, auf zwei Argumente. Erstens müsse § 270 Abs. 1 BGB, demzufolge der Schuldner den Zahlungserfolg am Wohnsitz des Gläubigers schuldet, für die Zwecke des § 244 Abs. 1 BGB den Vorrang haben vor der auf historischen Zufälligkeiten beruhenden Bestimmung des Erfüllungsortes in §§ 269, 270 Abs. 4 BGB.2993 Zweitens bestehe kein Grund, den Gläubiger mit den Kosten der Umwechslung und dem Kursrisiko im Zeitraum zwischen Zahlung und Umwechslung zu belasten.2994 aa)
Über die Verknüpfung mit § 270 BGB
Das Argument, die ratio des § 244 BGB stehe in unmittelbarer Verbindung mit den in S 270 BGB getroffenen Wertentscheidungen, macht es erforderlich, sich zunächst Klarheit über den Sinngehalt der Bestimmungen des deutschen Rechts über den Zahlungs- und den Erfüllungsort von Geldschulden zu verschaffen. Nach den meisten Auslandsrechten ist die Geldschuld (dispositive) Bringschuld.2995 Auch das (bislang noch nicht in Kraft getretene) Europäische Abkommen über den Ort der Zahlung von Geldschulden aus dem Jahre 1972 charakterisiert die Geldschuld, sofern es an einer anderslautenden Parteivereinbarung oder einem abweichenden Brauch fehlt, als Bringschuld.2996 Ganz ähnlich heißt es jetzt in Art. 2.106 Abs. 1 des Entwurfs der LandoKommission: „If the place of performance of a contractual obligation is not fixed by or determinable from the contract it shall be: (a) in the case of an obligation to pay money, the creditor's place of business at the time of conclusion of the contract; ,..." 2997 Erwähnt sei weiter das für Deutschland am 1.1.1991 in Kraft getretene2998 UN-Übereinkommen über internationale Warenkaufverträge (CISG).2999 Gemäß Art. 57 Abs. 1 lit. a CISG hat der Käufer, wenn nichts Besonderes vereinbart ist, den Kaufpreis „am Ort der Niederlassung des Verkäufers" zu zahlen.3000 Die §§ 269, 270 BGB enthalten dagegen heute einhel2993
v. Hoffmann FS Firsching, 125, 138 im Anschluß ar. v. Caemnterer FS Mann, 3, 17 f.
υ. Hoffmann FS Firsching, 125, 139; krit. bereits Nussbaum Das Geld, 217. Siehe oben Fn 2 9 8 2 . 2 9 9 6 Art 1, 2 des Abk vom 1 6 . 5 . 1 9 7 2 ; zum Konventionstext nebst Erläuterungen siehe Council of Europe, Explanatory Report (in deutscher Übersetzung abgedr. bei Rennpferdt Harmonisierung, 2 2 9 ff); zu Entstehungsgeschichte und inhaltlichen Grundsätzen Rennpferdt aaO 117 ff; Klingsporn W M 1972, 1262 ff. 2997 Lando/Beale Principles I, 78; nahezu gleichlautend präsentiert sich Art 6.1.6. Abs 1 lit. a der Unidroit Principles, 12 If. 2 9 9 8 BGBl 1990 II, 1477. 2 9 9 9 BGBl 1 9 8 9 II, 5 8 6 ff. 3 0 0 0 Zu Einzelheiten siehe Huber Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr, 3 3 , 4 8 ff. 2994
2995
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
471
ligem Verständnis zufolge eine eigentümliche Kombination aus Schickschuld und Bringschuld. 3001 Der Schuldner hat das Geld vom Leistungsort an den Wohnsitz bzw. die gewerbliche Niederlassung des Gläubigers zu übermitteln. Wie bei der Schickschuld trägt der Gläubiger dabei vom Zeitpunkt der Leistungshandlung an das Verzögerungsrisiko. Wie bei der Bringschuld ist der Schuldner mit dem Verlustrisiko und den Kosten der Übermittlung belastet. Die Ausgestaltung der Geldschuld in § 270 BGB wird - dies ist v. Hoffmann zuzugestehen - verbreitet auf eine Art „rechtspolitisches Versehen" 3002 zurückgeführt, dessen Ursache in der unbedachten Übernahme des Art. 325 ADHGB in das BGB zu sehen sei. 1003 Die „Nürnberger Kommission" zur Beratung des ADHGB hatte sich ursprünglich in ihrer Mehrheit dafür ausgesprochen, den Wohnsitz des Gläubigers als Erfüllungsort von Geldschulden festzuschreiben. 3004 Andererseits war man bestrebt, die internationalprivatrechtliche Anknüpfung an den vertraglichen Erfüllungsort nicht zu Lasten des Geldschuldners Platz greifen zu lassen und vor allem Einflüsse auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) zu vermeiden; auch bei vertraglichen Zahlungsverbindlichkeiten sollte es beim Prinzip des „actor sequitor forum rei" verbleiben. Namentlich weil die einzelstaatlichen Prozeßordnungen vom Gesetzgeber des ADHGB nicht beeinflußt werden konnten, beschloß die Kommission schließlich die bekannte Trennung zwischen Zahlungsort und Leistungs- oder Erfüllungsort, d.h. sie erklärte in § 325 Abs. 1 ADHGB die Handelsniederlassung bzw. den Wohnsitz des Gläubigers zum O n , an dem der Zahlungserfolg geschuldet wird, und statuierte in § 325 Abs. 2 ADHGB: "Durch diese Bestimmung wird jedoch der gesetzliche Erfüllungsort des Schuldners (§ 324) in Betreff des Gerichtsstandes oder in sonstiger Beziehung nicht geändert". Bei Schaffung des BGB hätte es einer derartigen Rücksichtnahme auf prozessrechtliche Folgewirkungen nicht bedurft, der Reichsgesetzgeber besaß auch die Kompetenz zur Änderung der ZPO. Tatsächlich war die Geldschuld in § 230 Abs. 2 des ersten Entwurfs zum BGB bewußt 3005 wieder als Bringschuld ausgestaltet werden. 3006 Bei den Beratungen zum zweiten Entwurf setzten sich die Kritiker im Anschluß an die Beratungen der Vorkommission des Reichsjustizamtes 3007 gleichwohl mit dem Argument durch, es sei bedenklich, über die Vorschrift des ADHGB hinauszugehen, insbesondere den Wohnsitz des Gläubigers auch über den Gerichtsstand entscheiden zu lassen. 3008 Dies führte dazu, daß § 226 des zweiten Entwurfs die Bringpflicht auf eine Übermittlungspflicht reduzierte und zugleich die Vorschriften über den Leistungsort für unberührt erklärte. Wie unlängst Rennpferdt überzeugend nachgewiesen hat, kann dabei von einer bloßen Unbedachtheit des Gesetzgebers keine Rede sein. 3009 § 270 Abs. 4 BGB 3001
Dem deutschen Modell entspricht lediglich § 906 öst. ABGB. Fikentscher Schuldrecht, 174 Fn 1. 3003 Nussbaum Das Geld, 72 ff; ders Money in the Law, 146; v. Caemmerer FS Mann, 3, 6 ff; Klingsporn WM 1972, 1262, 1266. Zur Entstehungsgeschichte des Art 325 ADHGB v. Caemmerer aaO 6 f; Rennpferdt Harmonisierung, 206 f. 3005 Mugdan Materialien II, 19 aE. 3006 ç 230 Abs 2 S 1 des ersten Entwurfs lautete: „Besteht die Leistung in einer Geldzahlung, so hat der Schuldner an dem Orte zu zahlen, an welchem der Gläubiger zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte". 3007 Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 188. 3008 Mugdan Materialien II, 525. 3009 Rennpferdt Harmonisierung, 200 ff. 3002
472
5. Teil: Erlöschen
bezog sich seit jeher auf mehr als nur den Gerichtsstand;3010 schon der Vorläuferregelung des Art. 325 Abs. 2 ADHGB sprach das Reichsgericht im Jahre 1880 unmißverständlich materiellrechtliche Funktionen zu.3011 Unter anderem sollten sich im Zweifel Handelsbräuche, Feiertagsregelungen sowie der Hinterlegungsort nach dem Wohnsitz des Schuldners bestimmen.3012 Was der Gesetzgeber für Geldschulden als typische Distanzverbindlichkeiten in durchaus sinnvoller Weise geregelt hat, das ist die Aufteilung von prozeß-, kollisions-, aber auch materiellrechtlichen Konsequenzen auf einen in Handlungs- und Erfüllungsort aufgespaltenen Leistungsort.3013 Über die Gefahr- und Kostentragung (§ 270 Abs. 1 BGB) hinaus sollte dabei der Geldschuldner nicht belastet werden.3014 Was diese Wertentscheidung anbelangt, so bestand auf Seiten des Gesetzgebers Klarheit. In den Beratungen der Vorkommission des Reichsjustizamtes, die der zweiten Kommission vorausgegangen waren, hatte Struckmann eine dem heutigen § 270 Abs. 1, Abs. 4 BGB weitgehend entsprechende Bestimmung beantragt.3015 Die Vorkommission stimmte dem insofern zu, als sie es abweichend von der ersten Kommission für nicht gerechtfertigt hielt, bei Geldschulden den Wohnsitz des Gläubigers als Leistungsort zu bestimmen. Die Vorschrift sei in Übereinstimmung mit dem HGB darauf zu beschränken, daß der Schuldner Gefahr und Kosten der „Übermachung" zu tragen habe. Angesichts dieser Wertentscheidung sah die Vorkommission einen besonderen Zusatz des Inhalts, der Leistungsort werde nicht berührt, sogar als entbehrlich an.3016 In der zweiten Kommission setzte sich dann jedoch Struckmann mit seiner nur als klarstellend verstandenen Formulierung über den unveränderten Leistungsort durch.3017 Daß gleichwohl auch unter Herrschaft des BGB zum Teil noch von der Geldschuld als einer Bringschuld gesprochen wurde, beruht auf der Vorstellung, „an sich" folge aus dem gesetzlichen Kosten- und Gefahrtragungsmodell auch die Lokalisierung des Erfüllungsortes am Wohnsitz des Gläubigers.3018 Eine Parallele, die heutigem Erkenntnisstand zufolge nicht mehr vertretbar ist. Anlaß zur Kritik gab und gibt nicht die Trennung zwischen Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort, sondern allenfalls die heute vertraute Belastung des Gläubigers mit dem Risiko von Zahlungsverzögerungen. Eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers liegt dem jedoch nicht zugrunde. Die Aufteilung der Gefahrtragung nach Verlust- und Verzögerungsgefahr beruht auf der Kommentierung Staubs zu § 325 HGB 301 ' und dem Versuch, die verbleibende materiellSchuck Erfüllungsort, Rn 32 f. RGZ 1, 438, 446: „Der Abs 2 des Art 325 HGB enthält auch nicht bloß eine besondere Bestimmung über den Gerichtsstand, sondern eine materielle Bestimmung über den Erfüllungsort bezüglich der Verpflichtungen des Geldschuldners, deren Bedeutung auch nicht auf den Gerichtsstand beschränkt, sondern ausdrücklich auch auf sonstige Beziehungen, unter welchen namentlich das örtliche Recht begriffen ist, ausgedehnt wird". Und weiter heißt es: „... daß die Aufgabe der Geldsendung zur Post am Orte der Handelsniederlassung des Käufers als der Akt der Erfüllung seiner Verpflichtung ... aufzufassen ist". 3012 Rennpferdt Harmonisierung, 209. 3013 Rennpferdt Harmonisierung, 211, Schack Erfüllungsort, Rn 3 3 ; vgl auch W. Mayer Valutaschuld, 85. 3014 Schack Erfüllungsort, Rn 32. 3015 Jakobs/Schubert Beratung SchR 1 , 1 8 7 f. 3016 Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 188. 3017 JakobslSchubert Beratung SchR I, 189. 3 0 1 8 Siehe dazu Siber in Planck4, § 270 Anm 1. 3019 Staub ADHGB, Art 325 Rn 1, 7. 3010
3011
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach S 244 BGB
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rechtliche Bedeutung des Erfüllungsortes bei Geldschulden zu präzisieren.3020 Nach Inkrafttreten des BGB entwickelte das RG die schuldnerfreundliche Auslegung Staubs unter Zustimmung maßgeblicher Teile des Schrifttums weiter. Damit brach sich eine Entwicklung Bahn, angesichts derer selbst die Gegner des differenzierten Gefahrtragungsmodells heute eine derart gefestigte Rechtsprechung konzedieren, daß Rechtsänderungen nur noch de lege ferenda diskutiert werden könnten.3021 Für die hier aufgeworfene Frage nach dem Normzweck des S 244 BGB und der damit zusammenhängenden Bestimmung des inländischen Zahlungsortes ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: Wer die gegenwärtige Rechtslage als sachlich verfehlt einschätzt und dies auf eine versehentliche Trennung von Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort zurückführt, wird bemüht sein, die materiellrechtliche Bedeutung des § 270 Abs. 4 in anderen Normzusammenhängen zu reduzieren, d.h. so zu verfahren, als sei die Geldschuld Bringschuld. In diesem Sinne wägt v. Hoffmann die Verzögerungsgefahr auf Seiten des Gläubigers gegen die Verlustgefahr sowie die Kostentragungspflicht auf Schuldnerseite ab, legt dabei der Verlustgefahr entscheidendes Gewicht bei und gelangt schließlich zu dem Ergebnis, daß der Wohnsitz des Gläubigers der Zahlungsort i.S.d. § 244 BGB sein müsse.3022 Wer dagegen, wie hier befürwortet, die Gefahrtragungsproblematik von der grundsätzlichen Aufspaltung zwischen Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort trennt, kann bei § 244 Abs. 1 BGB konsequenterweise argumentieren, der Zahlungsort ermittle sich anhand der SS 269, 270 Abs. 4 BGB. Das Gesetz erkläre nur für die Kosten- und Gefahrtragung den Ort des Zahlungserfolges für maßgeblich, bestimme im übrigen aber den Zahlungshandlungsort als materiellrechtliches Anknüpfungsmerkmal für die Rechte und Pflichten des Geldschuldners und somit auch als sachrechtlich-räumlichen Bezugspunkt für § 244 Abs. 1 BGB. Dieser Weg ist nicht nur systemkongruent, er kann sich auch darauf stützen, daß während der Beratungen über den späteren § 244 BGB Einmütigkeit darüber herrschte, mit der Formulierung „im Inlande zu zahlen" jene Valutaschulden zu erfassen, deren Leistungs- bzw. Erfüllungsort i.S.d. § 270 Abs. 4 BGB innerhalb Deutschlands liegt. Hierfür sprechen vor allem die eingehenden Beratungen der 1. Kommission über den v. Kübeischen Teilentwurf Nr 25 zum Obligationenrecht. Dessen §§1 und 3 stellten durchgängig auf den Erfüllungsort von Geldschulden ab. In Abs. 1 S. 1 des § 3 hieß es insbesondere: „Ist die geschuldete Geldsumme in Münze der am Erfüllungsorte geltenden Landeswährung ausgedrückt, so entscheidet für den Werth der Schuld der Nennwerth der Münze". Und Abs. 2 fuhr fort: „Ist die geschuldete Summe in einer anderen als der in Abs. 1 bezeichneten Münze ausgedrückt, so entscheidet für den Werth der Schuld der Kurswerth dieser Münze am Erfüllungsort zur Zeit der Leistung". Aus Abs. 2 entwickelte sich S 215 des ersten Entwurfs, in dem der sachrechtlich-räumliche Bezugspunkt bereits mit der Formulierung „im Inland zahlbare Geldschuld" umschrieben wurde. Inhaltlich war jedoch
3020 Von Bedeutung waren auch die oben Fn 3011 zit. Formulierungen des RG aus dem Jahre 1880; zu den Wurzeln der Entwicklung eingehend v. Caemmerer FS Mann, 9 f. 3021 v. Caemmerer FS Mann, 3, 11; siehe ferner BGH NJW 1969, 875, 876; Selb in Staudinger13, § 270 Rn 11; Huber Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr, 33, 35; Heinrichs in Palandt, ξ 270 Rn 6; Gemhuber Erfüllung, 46 ff. Heute konzentriert sich die Diskussion darauf, die Leistungshandlung des Schuldners bei Banküberweisungen zu präzisieren. Umstritten ist dabei, inwieweit Fehler der in den Uberweisungsvorgang eingeschalteten Banken dem Schuldner nach $ 278 BGB zurechenbar sind. Zum Ganzen eingehend Huber Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr, 33, 36 ff. 3022 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 138.
5. Teil: Erlöschen
474
keine Abkehr von der Anknüpfung an den Erfüllungsort beabsichtigt. Die sprachliche Änderung erklärt sich vielmehr daraus, daß § 3 Abs. 1 des Teilentwurfs ersatzlos gestrichen wurde, was wiederum auf die Absicht der Kommissionsmehrheit zurückzuführen ist, das Obligationenrecht von Regeln des IPR freizuhalten.3023 So war man der Meinung, bei Geldschulden mit Erfüllungsort im Ausland müsse durch spezielle Kollisionsnormen über den Einfluß der dort geltenden Münzgesetze entschieden werden. Die Kommission wollte daher lediglich Bestimmungen für Geldschulden mit inländischem Erfüllungsort treffen, was sie schließlich in die Worte „im Inlande zahlbar" kleidete. bb) Immanente parteibezogene Wertungen des § 244 BGB Es mag das Unbehagen verbleiben, den von § 244 Abs. 1 BGB avisierten Schuldnerschutz läßt man die (heute in ihrer Bedeutung eher nachrangigen) Vorstellungen des historischen Gesetzgebers beiseite - hauptsächlich von den normimmanenten Wertungen des § 270 BGB abhängig zu machen, ohne den gespaltenen Leistungsort zum Anlaß für die Frage zu nehmen, an welchen der beiden nach § 270 BGB zur Verfügung stehenden Orte § 244 BGB seiner eigenen ratio zufolge anknüpft. Bei der letztgenannten Herangehensweise würde die Vorschrift aus dem soeben behandelten rechtstechnischen Kontext entbunden und selbständiger Ausgangspunkt der Suche nach dem Normzweck sein; § 244 BGB könnte je nach Resultat sogar als Beleg für die materielle Sinnhaftigkeit des § 270 Abs. 4 BGB verstanden werden. Wegen der Ambivalenz des Merkmals „Zahlbarkeit im Inland" scheint dieser Ansatz, läßt man den Gedanken eines etwaigen Währungsschutzes an dieser Stelle beiseite,3024 allerdings auf den ersten Blick wenig erfolgversprechend. Dies unterstreicht ein Blick in ausländische Privatrechtsordnungen,3025 in denen Tilgungsbefugnisse nach Art des § 244 BGB typischerweise schlicht mit dem Hinweis begründet werden, dem Schuldner solle die Zahlung auch in jener Währung ermöglicht werden, die er dort vorfindet, wo er zu leisten hat.3026 Zumindest aber wird eine Analyse der Parteibelange ergeben, ob dem unter aa) erarbeiteten Ergebnis immanente Wertungen des § 244 BGB entgegenstehen. 3023
Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 59, 60 f.
3024
Dazu sogleich S 478 ff. Auf den ersten Blick mag man annehmen, die Diskussion über den autonomen Sinngehalt des währungsverschiedenen Tilgungsrechts lasse sich nur auf Basis der besonderen deutschen Regelung des gespaltenen Leistungsortes führen; beim verbreiteten Bringschuldsystem etwa - so ließe sich argumentieren - müsse der Schuldner ja, will er obligationsgemäß leisten, am Erfolgsort auch handeln, so daß von vornherein nur die dort umlaufende Währung zahlungserleichternd wirke. Indes, der Gläubiger, der rechtzeitig das Geld erhält, ist grundsätzlich auch zur Annahme verpflichtet, gleichgültig wo der Schuldner gehandelt hat. Im deutschen Recht folgt dies aus § 242 BGB. Voraussetzung ist lediglich, daß dem Gläubiger durch die Abweichung keine Nachteile entstehen. Näher dazu unten II.3.b). Außerdem könnten die autonomen Wertungen der Schuldnerbefugnis in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Regel der Zahlungsmodalitäten überlagern oder jedenfalls abändern. 3025
3026 Typisch für die gängige Verknüpfung zwischen Erfüllungsort, Fremdwährungsbegriff und Ersatzwährung sind die Vereinheitlichungsentwürfe der Lwdo-Kommission und des Römischen Unidroit-Instituts. Beide Vorschläge votieren zu Gunsten der Geldschuld als Bringschuld. Alsdann heißt es in Article 2.111 des Lando-Entwurk: „(1) The parties may agree that payment shall be made only in a specified currency. (2) In the absence of such agreement, a sum of money expressed in a currency other than that of the place where payment is due may be paid in the currency of that place according to the rate of exchange prevailing there at the time when payment is due. (3)..." Zur Begründung wird schlicht ausgeführt, die Regel erweise sich für beide Parteien als praktisch; siehe Principles Part I, Art
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
(1)
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Schuldnerinteresse
Bereits im Mittelalter, als die meisten Städte kraft kaiserlichen Privilegs das Münzrecht ausübten und so auf kleinem Raum zahlreiche selbständige Münzgebiete entstanden, bildete sich die consuetudo generalis, daß der Geldschuldner auch in einer anderen als der obligationsmäßigen Münze zahlen durfte, wenn dies ohne Schaden für den Gläubiger möglich war.3027 Die Beliebigkeit des Leistungsgegenstandes, die in der Regel „uno pro alia" Ausdruck fand,3028 entfiel erst mit zunehmender Ausprägung staatlichen Währungsbewußtseins, 302 ' und es kam daraufhin nur noch diejenige Währung als Ersatzleistung in Betracht, die dort umlief, wo sich zumindest ein Teil des Leistungsvorgangs abspielte.3030 Offenbar ausgehend von der Vorstellung, daß die währungsmäßige Verkörperung des geleisteten Geldes (bzw. früher treffender: des geleisteten Edelmetalls) von eher zweitrangiger Bedeutung sei, basierten mithin Befugnisse zur Tilgung in schuldfremder Währung ihrem Ursprung nach auf dem Gedanken, dem Geldschuldner bei der Zahlung so weit entgegenzukommen, wie es ohne nennenswerte Verletzung von Gläubigerbelangen möglich war. 303 ' Als noch Münzgeld mit Pferdekutschen oder Schiffen transportiert werden mußte, beinhaltete dieses Entgegenkommen (jedenfalls auf Basis eines Bring- oder Schickschuldkonzepts) typischerweise ein Recht zur wahlweisen Zahlung in Gläubigerwährung.3032 „In früheren Zeiten war eine Regel dieses Inhalts eine praktische Notwendigkeit: der Kaufmann in Paris, der seinem venezianischen Geschäftsfreund aus Kaufvertrag oder Darlehen französische Währung schuldete, konnte nicht französische Münzen nach Venedig transportieren, von wo sie nur wieder nach Frankreich hätten zurückgeschafft werden müssen. Vielmehr durfte der Franzose in Venedig venezianisches Geld zahlen oder durch einen Bankier mittels eines Wechsels zahlen lassen."3033 Für die Interpretation des § 244 BGB gibt dieser, die Vorläuferregeln (!) kennzeichnende Wirkungszusammenhang allerdings nichts her; in jedem Fall wäre aus heutiger Sicht ein grundlegender Wandel der
2.111 comments C. und D. (115). Ähnlich lautet Art 5.1.9 der Unidroit Principles (127): „(1) If a monetary obligation is expressed in a currency other than that of the place for payment, it may be paid by the obligor in the currency of the place for payment unless (a) that currency is not freely convertible; or (b) the parties have agreed that payment should be made only in the currency in which the monetary obligation is expressed. (2)...". 3027 Siehe etwa Scaccia Tractatus de commerciis et cambio, Teil II, Glosse V, No. 102-104, summaria (348): „Solutio moneta debet fieri in specie, et forma promissa, et non in alia, quando, si fieret in alia, creditor damnum sentiret, secus si non sentiret damnum, et moneta esset eiusdem ligae, licet esse diversae formae, no. 102. Sed si esset diversae damnum, n. 103. Amplitadur primo haec conclusio, dum diximus creditorum debere recipere solutionem etiam in alia moneta, quando non sentit damnum, ut de consuetudine procedat etiam si solutio fiat in moneta diversae ligae, puta quia solvatur argentea, et debeatur aurea, n. 104". Ferner G. Hartmann Begriff des Geldes, 120; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 194 f; Ascarelli Riv. dir. com. 1923, 444, 445 f; Coing Europäisches Privatrecht I, 470, 472; Reinhuber Grundbegriffe, 94. 3028 Ascarelli La Moneta, 23. 3029 Die modernen Befugnisse zur Tilgung von Valutaschulden durch Geldeinheiten der Inlandswährung gehen zurück auf die wechselrechtliche Praxis im Italien des 16. Jahrhunderts; Nussbaum Das Geld, 209 f; Mann Legal Aspect, 314. 3030 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 194. 3031 Vgl Coing Europäisches Privatrecht I, 470, 472 f. 3032 Mann SchwJblntR 36 (1980) 93, 94; Reinhuber Grundbegriffe, 94 f. 3033 Mann aaO.
5. Teil: Erlöschen
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Normsituation zu konstatieren.3034 Bereits auf die Entstehungszeit des BGB bezogen wurde ein gegenteiliger Gedanke in den Vordergrund gerückt, nämlich daß der größte Teil der deutschen Auslandsforderungen auf Mark, einer damals noch stabilen Währung, gestellt war und innerdeutsche Fremdwährungsverbindlichkeiten eher selten vorkamen.3035 Lag aber der Schwerpunkt der Valutaschuldproblematik damals bei Verbindlichkeiten deutscher Schuldner gegenüber dem Ausland, ließ sich angesichts der einseitigen Normstruktur des § 244 BGB 3036 durchaus die These hören, die ratio der Norm ziele vernünftigerweise auf die Lösung derartiger Fälle.3037 Auch insofern mag man allerdings einen Wandel der Normsituation reklamieren. Wie immer die historische Situation zu beurteilen sein mag, in der modernen Welt des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wird die Feststellung kaum zu bestreiten sein, daß der ersatzweise Transfer von Einheiten der Schuldnerwährung in den Gläubigerstaat wirtschaftlich nicht von geringerer praktischer Relevanz wäre, als wenn es umgekehrt gälte, bei internationalen Fremdwährungsverbindlichkeiten dem Gläubiger ersatzweise Einheiten seiner Heimwährung zu verschaffen. Fragt man vor diesem Hintergrund danach, welchem Schuldner, dem inländischen oder dem ausländischen, mit der Befugnis, statt ausländisches deutsches Geld zu leisten, regelmäßig der größere Spielraum gewährt wird, dann scheint es wenig plausibel, § 244 BGB auf die Heimwährung des Gläubigers zu beziehen. Typischerweise könnte der Schuldner lediglich wählen, welche der beiden für ihn fremden Währungen er sich zum Zwecke der Zahlung beschafft, oder eine Wahl entfiele praktisch ganz, weil es seine Heimwährung ist, die die (aus Sicht des § 244 BGB ausländische) Schuldwährung darstellt. Vorhandene Mittel in DM, auf die ohne Konvertierung zurückgegriffen werden könnte, dürften ja im Normalfall nicht vorhanden sein. Argumentieren ließe sich auch, eine wirkliche Zahlungserleichterung für den Valutaschuldner sei Illusion, wenn es dem Gläubiger überlassen bleibe, sie durch bloßen Wohnsitzwechsel aufzuheben (§ 270 Abs. 3 BGB); die gebotene Perpetuierung des Schuldnerrechts werde nur durch Anknüpfung an den Schuldnerwohnsitz erreicht (§ 269 Abs. 1 BGB). Abermals wäre es dann jedoch eher dem deutschen Schickschuldmodell als den autonomen Wertungen des § 244 BGB überlassen, ratio und Anwendungsbereich der Norm zu bestimmen. Immerhin fügt sich die Gleichstellung von Zahlungsort i.S.d. § 244 Abs. 1 BGB und Erfüllungsort gemäß S 269 BGB weitaus problemloser in das Gesamtwertungsgefüge der dispositiven Erfüllungsmodalitäten ein als das Konzept v. Hoffmanns. (2)
Gläubigerbelange
Der historisch verankerte und heute namentlich von v. Hoffmann eingeforderte Schutz des Gläubigers vor etwaigen Nachteilen, die für ihn mit der Ausübung dieser Befugnis verbunden sind,3038 spricht weniger gegen das hier befürwortete Normzweckverständnis als vielmehr für eine sachgerechte Interpretation der Umrechnungsregel in § 244 Abs. 2 BGB. Der Gedanke, den Gläubigerschutz nicht auf qualitativer, sondern allein auf quantitativer Ebene zu verankern, kennzeichnete schon die historischen Wurzeln der währungsverschiede3 0 3 4 Zur entsprechenden Fragestellung im Hinblick auf einen etwaigen von § 244 BGB avisierten Währungsschutz sogleich unter b). 3035 W. Mayer Valutaschuld, 86. 3 0 3 6 Zur analogen Normanwendung bei ausländischem Zahlungsort siehe unten VII.2. 3037 W. Mayer aaO. 3038 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 139.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
477
nen Tilgungsbefugnis, namentlich was Zahlungen in Geld einer obligationsfremden Edelmetallegierung anging. 3039 Zahlte der Schuldner unter Geltung des gemeinen Rechts in einer anderen als der geschuldeten Münze, hing die Anzahl der zu leistenden Ersatzmünzen vom Wert der in obligatione befindlichen Münze ab, eine etwaige Wertverschlechterung der Ersatzmünze war mithin von vornherein ausgleichspflichtig. 3040 Damit korrespondiert bis heute die Umrechnung zum Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung. 3041 Nachteile können den (ausländischen) Gläubiger aber auch in Gestalt der Kosten für die Umwechslung des erhaltenen deutschen Geldes in seine Heimwährung treffen. Da die Umwechslungskosten üblicherweise in der Differenz zwischen den Devisen- bzw. Sortenanund -Verkaufskursen enthalten sind, läßt sich im Rahmen des § 244 BGB über die Verteilung dieser Kosten mitentscheiden; 3042 der Gläubiger wird schadlos gehalten, wenn der jeweilige Verkaufskurs der Banken am Zahlungserfolgsort maßgeblich ist.3043 Insoweit besteht im praktischen Ergebnis kein Unterschied zu den von der h.M. angenommenen gesetzlichen Valutawertschulden aus den Bereichen des Schadensersatz- und des Unterhaltsrechts (die Höhe der ausgeurteilten DM-Summe bestimmt sich nach dem jeweiligen Kurs einer bestimmten Auslandswährung). Dort werden die Umwechslungskosten nach näherer Maßgabe des Normzwecks bereits in die reale Wertberechnung mit einbezogen. 3044 Auf Seiten des Gläubigers verbleibt das sog. Repartierungsrisiko, d.h. die Gefahr, das vom Schuldner in Ausübung des S 244 BGB erhaltene deutsche Geld nicht oder nicht rechtzeitig, insbesondere vor einer nachteiligen Kursänderung, in die Schuldwährung umwechseln zu können. 3045 Erstens jedoch besitzt das Repartierungsrisiko, auch wenn man den Zahlungsort des § 244 Abs. 1 BGB mit dem Erfüllungsort gemäß §§ 270 Abs. 4, 269 BGB
3039
Scaccia Tractatus de commerciis et cambio, Teil II, Glosse V, No. 104: „ A m p l i a primo nunc istam conclusionem dum dicimus, posse fieri solutionem in alia moneta quando creditor ex ista alia solutione damnum non patitur, ut de consuetudine procedat, etiam si solution fierit in moneta argentea, et obligatio esset de moneta aurea, et sic etiam si solutio fierit in moneta diversae materiae sen diversae ligae, quia poterit fieri, si creditor damnum non patiatur. 'Paul, de Castr. n.d.l. Paulus sub nu I. ff. de solut.' et hanc esse unam maximam in iure nostro ut circa pecuniae numerationem sen solutionem attendi debeat consuetudo patrieae; et generalem esse consuetudinem totius mundi, ut una pecunia solvatur pro alia, si creditor ex acceptione alterius pecuniae non sentiat damnum, puta, est debitor centum aureorum Venetorium, vel ducatium, potest solvere pecuniam in argento, et e contra; si creditor aliquod damnum non patiatur, scribit...". 3040 Coing Europäisches Privatrecht I, 470, 472 ff; dort auch zur Unterscheidung zwischen bonitas intrinseca und bonitas extrínseca; siehe ferner Reinhuber Grundbegriffe, 94. 3041 Näheres auf S 526 ff. Wer wegen § 270 Abs 4 BGB den Kurs zur Zeit der Zahlungshandlung entscheiden läßt, auferlegt dem Gläubiger das Risiko einer Kursänderung im bisweilen nicht unerheblichen Zeitraum zwischen dem Zugang des Überweisungsauftrags bei der Bank des Schuldners und dem Eingang der Zahlung bei der Bank des Gläubigers. Dies freilich wäre kein Spezifikum des hier befürworteten Verständnisses von § 244 BGB. Der Gläubiger trüge das genannte Risiko gemäß § 270 Abs 4 BGB auch dann, wenn $ 244 BGB die Befugnis zur ersatzweisen Zahlung in Gläubigerwährung begründete. Man wende nicht ein, der Gläubiger habe in diesem Fall nur das Binnenwertrisiko seiner Heimwährung zu fürchten. Es geht stets um die Relation zur Schuldwährung! 3042 Siehe nur Alberts Währungsschwankungen, 50. 3043 Näher S 519 ff und 523 ff. 3044 S 314 ff und 327 ff. 3045 Allgemein zum Repartierungsrisiko bereits S 93 ff.
5. Teil: Erlöschen
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identifiziert, derzeit eher marginale Bedeutung.3046 Zweitens handelt es sich um ein Leistungsstörungsrisiko in der besonderen Form des Verwendungsrisikos, das anders als die zuvor diskutierten Belastungen des Valutagläubigers (Wechselkursveränderung vor Zahlung, Umwechslungskosten) Ausnahmecharakter trägt und deshalb nur dazu anhalten mag, tatbestandlich-teleologische Randkorrekturen an § 244 BGB vorzunehmen (die den Umrechnungszeitpunkt, den Umrechnungskurs oder auch die Umrechnungsbefugnis selbst betreffen), nicht aber, die grundlegende Zwecksetzung der Norm zu überdenken. Drittens schließlich könnten Repartierungsrisiken theoretisch auch auftreten, wenn § 244 BGB zur Ersatzzahlung in Gläubigerwährung berechtigte. Die Devisenbewirtschaftung im Deutschland der 20er Jahre mit ihrer quotierten Devisenzuteilung legt hierfür beredtes Zeugnis ab. Der Umstand, daß der ausländische Gläubiger als Ersatzwährung nicht eigenes, sondern fremdes Geld entgegennehmen muß, ist angesichts dessen nicht als Beeinträchtigung seiner Belange zu werten, die es angezeigt erscheinen ließe, § 244 BGB auf den Zahlungserfolgsort zu beziehen.
b)
Primat der deutschen Währung
Die zuvor angestellten Überlegungen hatten allein die Belange der Parteien des Valutaschuldverhältnisses zum Gegenstand, waren also genuin privatrechtlicher Natur. Zu fragen bleibt, ob und ggf. in welcher Weise § 244 BGB über den Schuldnerschutz hinaus bezweckt, den Umlauf deutschen Geldes im Inland zu fördern. Abhängig vom Ergebnis dieser Prüfung mag der sachrechtlich-räumliche Anwendungsbereich der Vorschrift ganz oder teilweise in anderem Licht erscheinen. Die Lehre v. Hoffmanns, derzufolge § 244 BGB jede währungspolitische Zwecksetzung fremd ist, stützt sich zunächst auf die Überlegung, daß öffentliche Interessen wirtschaftspolitischer Art nicht der Parteidisposition unterlägen, sondern mittels zwingender Vorschriften durchgesetzt würden. Der Primat der deutschen Währung werde deshalb von der doppelt dispositiven Regelung des § 244 BGB allenfalls bewirkt, nicht aber bezweckt.3047 3046
Am ehesten kann es noch in Fällen eine Rolle spielen, in denen beide Parteien im Inland ansässig sind und in einer Währung kontrahieren, in der kein regelmäßiger Devisen- bzw Sortenhandel stattfindet. Wenn die Abrede überhaupt vor § 3 S 1 WährG Bestand hat, dürfte doch bei Vereinbarung einer eher unüblichen Fremdwährung oft eine Effektivklausel anzunehmen sein, was zur Folge hat, daß aus dem Repartierungsrisiko des Gläubigers ein Beschaffungsrisiko des Schuldners wird. Letztlich mag auch dies dahinstehen; die Frage, ob § 244 BGB dem Schuldner ermöglichen will, in seiner Heimwährung oder in derjenigen des Gläubigers zu zahlen, stellt sich nur in personellwährungsgebietsüberschreitenden Konstellationen. Hier nun ist zunächst davon auszugehen, daß das Risiko einer Kursverschlechterung nach Erhalt der Ersatzwährung den Geldgläubiger insoweit unbestreitbar zu Recht trifft, als es in seiner Hand liegt, den Zeitraum zwischen Zahlung und Umwechslung zu bestimmen. Mit dem Normzweck des § 244 BGB hat dies nichts zu tun. Bestehen rechtliche oder tatsächliche Konvertierungshindernisse, ist die Situation natürlich eine andere, das Risiko verwirklicht sich unabhängig vom Gläubigerwillen erst aufgrund der gesetzlich angeordneten Möglichkeit, die Valutaschuld auch durch Leistung von Geldeinheiten der deutschen Währung zum Erlöschen zu bringen. Allerdings dürfte deutsches Geld, um das es bei § 244 BGB ja allein geht, als eine weltweit begehrte Devise heute nahezu überall in die jeweilige Landeswährung „umtauschbar" sein. Und wo Verzögerungen eintreten, wirkte sich der Zeitfaktor durchgängig eher zu Gunsten als zu Lasten des Geldgläubigers aus. 30 f . Hoffmann FS Firsching, 125, 140; ebenso Reinhuber Grundbegriffe, 89, 95 f.
§ 1 2 : Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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Nun ist freilich zwischen der Zielsetzung einer Rechtsnorm und ihrer dogmatischen Ausgestaltung zu differenzieren. Gewiß können die Parteien die Befugnis zur Tilgung in deutscher Währung mittels Effektivklausel ausschließen, und selbst wenn sie nicht derart verfahren, steht es immer noch im Belieben des Schuldners, ob er in ausländischer oder in inländischer Währung zahlt. Als Konsequenz dieses sachrechtlichen Befundes waren die mit S 244 BGB etwa verknüpften öffentlichen Interessen als jedenfalls nicht stark genug eingeschätzt worden, um auf kollisionsrechtlicher Ebene eine vom Schuldstatut losgelöste Sonderanknüpfung zu legitimieren.3048 Der weitere Schluß aber, eine sachrechtlich dispositive Bestimmung könne niemals wirtschaftspolitische Interessen verwirklichen wollen, ist wenig überzeugungskräftig. Wirtschaftspolitische Interessen lassen sich durch Vorschriften von ganz unterschiedlicher Regelungsintensität umsetzen, von international zwingenden über sachrechtlich zwingende bis hin zu dispositiven Normen, die lediglich ein bestimmtes Regel-Ausnahme-Verhältnis statuieren. In diese letztgenannte Kategorie könnte § 244 BGB einzuordnen sein. Bei einem Blick auf die Entstehungsgeschichte fällt zunächst auf, daß § 3 Abs. 2 des v. Kübeischen Teilentwurfs Nr 25 zum Obligationenrecht, der den Beratungen der 1. Kommission zugrunde lag, noch als allseitige Regelung ausgestaltet war, d.h. ohne Rücksicht auf die Lage des Erfüllungsortes Anwendung beanspruchte. Ein währungspolitisches Zweckverständnis könnte nun der Umstand vermuten lassen, daß der aus der ersten Beratung hervorgegangene § 215 Abs. 1 S. 1 nur Anwendung finden sollte, wenn die Geldschuld im Inland zahlbar war. Indes wollte die Kommission - worauf bereits hingewiesen worden ist3049 - durch die veränderte Formulierung lediglich verhindern, daß das Obligationenrecht kollisionsrechtliche Fragen mitbehandelt.3050 Deshalb wurde § 3 Abs. 1 S. 1 gestrichen und Abs. 2 dieser Veränderung sprachlich angepaßt. In den Motiven zu § 215 ist nur noch von einem „für den Verkehr äußerst wichtigen Prinzip" die Rede;3051 im übrigen wurde die Zielsetzung der Vorschrift offenbar als bekannt und nicht weiter erörterungsbedürftig angesehen. Wenn auch die Gesetzgebungsmaterialien, entgegen manch anderslautenden Äußerungen,3052 zu Gunsten einer den Währungsschutz einbeziehenden ratio des S 244 BGB kaum etwas hergeben,3053 läßt doch die alsdann gebotene objektivteleologische Betrachtung der Tatbestandsvoraussetzung "Zahlbarkeit im Inland" und der dem Schuldner als Rechtsfolge eingeräumten Möglichkeit zur Zahlung allein in deutscher Währung hinreichend deutlich erkennen, daß es der Vorschrift jedenfalls heute auch darum geht, den Umlauf deutschen Geldes im Inland zu beeinflussen. Aussagekräftig ist zunächst, daß selbst aus völkerrechtlicher Sicht kaum etwas dagegen gesprochen hätte, zumindest bei inländischen Zahlungsvorgängen Geld einer beliebigen Währung für erfüllungstauglich zu erklären.3054 Das Argument, die Beschränkung auf Inlandswährung diene
3048
S 136 ff. S 134 f. m o Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 60 f. 3051 Mugdan Materialien II, 7. 3052 Melchior IPR, 285 ff; Kegel IPR, 877; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 2, 77. 3053 Siehe bereits S 136 ff. 3054 AM Birk RIW 1973, 425, 433: „... eine andere Währung stünde bei inländischem Zahlungsort dem Gesetzgeber nicht zur Disposition, als eben das an diesem Ort maßgebliche Zahlungsmittel"; zust R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 304. Die Festlegung dessen, was gesetzliche Zahlungsmittel einer bestimmten Währung sind, obliegt natürlich einzig dem Staat, um dessen Währung es sich 3049
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5. Teil: Erlöschen
nur dazu, Nachteile für den Gläubiger zu vermeiden,3055 bildet eine petitio principii, es setzt ein bestimmtes Verständnis vom Zahlungsort i.S.d. § 244 BGB voraus. Entscheidend sind daneben die Sachstrukturen des geregelten Normbereichs, derer sich der historische Gesetzgeber nicht immer in vollem Umfang bewußt gewesen sein muß, die sich vor allem im Laufe der Zeit wandeln und dann eine Änderung der bisherigen Zwecksetzung zur Folge haben können. 3056 Wie jede Norm steht auch § 244 BGB „als ein historisches Faktum im Wirkungszusammenhang seiner Zeit".3057 Was vor 100 Jahren als ratio einer bestimmten Regel des Geldschuldrechts angemessen gewesen sein mag, kann heute unbedeutender erscheinen, während mittlerweile andere Aspekte in den Vordergrund treten, die seinerzeit eher nebensächlich oder gar unbekannt waren. Zwei Gesichtspunkte sind es, die die Annahme eines Wandels der Normsituation rechtfertigen. Zum einen ist die Privilegierung des Schuldners, in einer anderen als der geschuldeten Währung zahlen zu dürfen (anders als zur Zeit der Schaffung des BGB) heute nur mit Mühe zu legitimieren, wenn nicht gleichzeitig währungspolitische Belange mitberührt werden.3058 Praktische Schwierigkeiten, Einheiten ausländischer Währungen in beliebigem Umfang zu beschaffen und zu transferieren, bestehen jedenfalls insoweit kaum noch,3059 als es die Haupthandelswährungen anbelangt. Die Techniken des bargeldlosen Zahlungsverkehrs lassen für einen berechtigten Schuldnerschutz nur wenig Raum.3060 Zum anderen waren die Zusammenhänge zwischen Währungsstabilität und Geldumlauf im Zeitalter edelmetallgebundener Währungen erst wenig bekannt. Mit dem daraus resultierenden Wandel der Normsituation geht ein Wandel im weiteren Gefüge der deutschen Rechtsordnung einher, der nicht ohne Auswirkung auf die ratio des § 244 BGB bleibt. Zum Schutz der deutschen Währung verficht das deutsche Recht heute ganz offen die Politik, den Geldumlauf im Inland dergestalt zu steuern, daß der Gebrauch deutschen Geldes bevorzugt und die Verwendung ausländischen Geldes reglementiert wird.3061 Gemeint ist § 3 S. 1 WährG, der bestimmte Valutaschuldvereinbarungen unter Genehmigungsvorbehalt stellt und mit § 244 BGB insoweit eine Rechtsfolgegemeinsamkeit aufweist, als jeweils die Verwendung von Auslandsgeld im inlandsbezogenen Zahlungsverkehr zurückgedrängt wird. Mangels erkennbar gegenläufigen Wortlauts oder Bedeutungszusammenhangs des § 244 BGB und angesichts der wenig präzisen Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers muß daher angenommen werden, die ratio des § 3 S. 1 WährG (als der sachadäquaten Reaktion auf den o.g. wirtschaft-
handelt. Dagegen ist ein jeder Gesetzgeber im Rahmen seines Schuldrechts (wie auch die Parteien auf Grundlage dieses Schuldrechts) in der Entscheidung darüber frei, mit welchen Surrogaten und damit auch mit welchen Staates gesetzlichen Zahlungsmitteln bzw Währungseinheiten eine Geldschuld getilgt werden kann. Währungs- oder devisenrechdiche Bestimmungen eines im konkreten Fall durch den Zahlungsvorgang betroffenen Staates mögen dem vielleicht entgegenstehen. Der Konflikt löst sich dann aber auf der Ebene des Rechtsanwendungsrechts. Zur völkergewohnheitsrechtlichen Pflicht, ausländische Währungssysteme zu schützen, Mann Legal Aspect, 479 ff. 3055 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 139. 3056 Larenz Methodenlehre, 332 ff, 350 ff. 3057 Larenz Methodenlehre, 350. 3058 In diese Richtung auch U. Reuter Grundbuch, 44. 3059 Im Falle devisenrechtlich verursachter Transferhindernisse würden die Regeln des Leistungsstörungsrechts zu sachgerechten Lösungen führen. 3060 Reinhuber Grundbegriffe, 94 f, 102, der dessen ungeachtet einen Wandel der Normsituation verneint (aaO 96 Fn 504). 3061 Zur Politik des Gesetzes als eigenständiges Auslegungskriterium siehe Steindorff FS Larenz, 217 ff.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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liehen Zusammenhang) teile sich im Kern auch § 244 BGB mit. Da Deutschland die Kriterien des Art. 109 j EGV erfüllt und ab 1.1.1999 an der dritten Stufe der Europäischen Währungsunion teilnehmen wird, mag sich (fortan) diese Wertung wieder relativieren, dann nämlich, wenn - so der gegenwärtige Stand der Dinge - auf EU-Ebene flankierende Schutzmaßnahmen für den Euro nach dem Muster des § 3 S. 1 WährG unterbleiben.3062 Einerseits fehlte es ab dem Stichtag des Währungswechsels an einer öffentlichrechtlichen Parallelnorm zu § 244 BGB. Andererseits ließe sich jedoch argumentieren, die deutschrechtliche Überzeugung vom Schutz der (auch) im Inland geltenden Währung werde nicht dadurch schlechthin obsolet, daß das Währungsverwaltungsrecht einem supranationalen Hoheitsträger überantwortet ist. Entfallen würde mithin nur der Währungsschutz durch § 3 WährG, das auch, wenngleich nicht nur unter dem Eindruck dieser Vorschrift entwikkelte Schutzkonzept des § 244 BGB bliebe unverändert. Der Wert dieser Erkenntnis darf, auch für das derzeit geltende Recht, allerdings nicht überschätzt werden. Weder wird § 244 BGB dadurch zu einer international zwingenden Regel, noch steht seine Anwendung unmittelbar unter dem Eindruck der Auslegung von § 3 S. 1 WährG. Und zweifeln mag man auch daran, ob die skizzierte währungspolitische ratio bei isolierter Betrachtung den Primat der deutschen Währung als Schuldnerwährung oder als Gläubigerwährung im Auge hat oder ob ihr in Anlehnung an die Einschränkung des S3 S. 1 WährG durch § 49 Abs. 1 AWG gar nur für reine Inlandsfälle Bedeutung zukommt. 3063 Zu Gunsten der ersten Variante votiert das überwiegende Schrifttum, vielleicht unter dem Eindruck der überwiegenden Auslegung des § 3 S. 1 WährG. Tatsächlich erscheint es nicht widerspruchsfrei, mit § 3 S. 1 WährG beim deutschen Schuldner und mit § 244 BGB beim deutschen Gläubiger anzusetzen. Da der Schuldner regelmäßig in seinem Heimatstaat verklagt wird, führt die h.L. zur Bevorzugung der DM als Forumwährung. Auch vom Standpunkt derjenigen Rechtsordnungen aus, die dem Schuldner nur ein Recht zur Tilgung in Gläubigerwährung einräumen, wird indes mitunter der Primat der heimischen Währung geltend gemacht.3064 Freilich steht dort - was währungsgebietsüberschreitende Konstellationen anbelangt - nicht die Beeinflussung der Inlandsnachfrage nach ausländischem Geld in Rede, sondern der Zufluß ausländischer Währungseinheiten in das Inland.3065 Auch dies läßt sich währungspolitisch rechtfertigen, mit den Aufgreifkriterien des § 3 S. 1 WährG steht es allerdings nicht in Einklang. Wenngleich daher das Ziel der von § 244 BGB intendierten Währungsprivilegierung von gewissen Randunschärfen ge3062 Siehe etwa Schefold WM-Sonderbeilage 4/1996, 7; Hafke WM 1997, 693, 695 ff; ferner S 286 ff. 3063 Vgl auch Reinhuber Grundbegriffe, 92, der zwar nicht § 244 BGB, wohl aber § 215 Abs 1 des ersten Entwurfs zum BGB („Die Zahlung einer im Inlande zahlbaren Geldschuld ist in Reichswährung auch dann zu bewirken, wenn die Schuld in ausländischer Währung ausgedrückt ist") die Funktion zuspricht, den Gebrauch der inländischen Währung zu verstärken und dadurch ihren Bestand zu schützen. Weiter heißt es, eine solche Bestimmung privilegiere weder Schuldner noch Gläubiger; je nach Sachlage könne dadurch der eine oder der andere im Einzelfall begünstigt werden. 3064 Für das englische Recht Mann Legal Aspect, 314; für das schweizerische Recht R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 347. 3065 Nicht frei von Widersprüchen ist es, wenn manche $ 244 BGB aus dem Gedanken ableiten, deutsches Geld als gesetzliches Zahlungsmittel könne im Inland jedem Gläubiger aufgedrängt werden, gleichwohl aber den Zahlungsort iSd § 244 Abs 1 BGB mit dem Erfüllungsort des § 270 Abs 4 BGB gleichsetzen; so K. Schmidt ZZP 98 (1985) 32, 38 einerseits und in Staudinger13, § 244 Rn 76 andererseits.
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kennzeichnet ist, sprechen doch die besseren Gründe dafür, eine Nachfragebeeinflussung vorzunehmen, die an den inländischen Schuldnerwohnsitz anknüpft.
c)
Fazit
Festzuhalten bleibt nach alledem, daß § 2 4 4 BGB eine doppelte Zielrichtung besitzt. Zum einen soll dem Geldschuldner ermöglicht werden, Zahlungsverbindlichkeiten in Einheiten seiner Heimwährung zu tilgen, auch wenn eine andere Währung den Schuldgegenstand bildet. Die vom historischen Gesetzgeber gewollte Anknüpfung des Zahlungsortes i.S.d. § 2 4 4 Abs. 1 BGB an den Erfüllungsort der §§ 2 7 0 Abs. 4, 2 6 9 BGB läuft den immanenten parteibezogenen Wertungen der Tilgungsbefugnis nicht zuwider, sondern wird ganz im Gegenteil von ihnen noch gestützt. Zum anderen dient § 2 4 4 BGB dem Zweck, den Umlauf deutschen Geldes zu fördern, wobei in Anlehnung an die Konzeption des § 3 S. 1 WährG der Gedanke der Nachfragesteuerung im Währungsinland dominiert. Gemeinsam ist beiden Privilegierungen die Orientierung an der Schuldnerwährung; Wertungsdiskrepanzen treten insoweit also nicht auf. Im Einklang stehen damit die Art. 41 Abs. 1 WG, 3 6 ScheckG, die auf dem Genfer Abkommen über das Einheitliche Wechselgesetz von 1 9 3 0 3 0 6 6 und über das Einheitliche Scheckgesetz von 193 1 3 0 6 7 beruhen. Beide Vorschriften gestatten die Zahlung der Wertpapiersumme auch in der am Zahlungsort umlaufenden Währung, wobei als Zahlungsort beim gezogenen Wechsel und beim Scheck im Zweifel der Wohnort des Bezogenen gilt, also der Wohnort desjenigen, der aus dem Wertpapier zahlen soll 3068 (Art. 2 Abs. 3 WG, 2 Abs. 2 ScheckG). 3 0 6 9 Dieser Umstand ist umso aussagekräftiger, als sich zumindest im Umgesetzt durch Gesetz vom 21.6.1933, RGBl 1933 I, 399 ff. Umgesetzt durch Gesetz vom 14.8.1933, RGBl 1933 I, 597 ff. 3 0 6 8 Art 1 Nr 3 WG, ScheckG. Natürlich ist der Bezogene beim Scheck nie (Art 4 ScheckG) und bei der Tratte nur im Falle der Annahme (Art 28 Abs 1 WG) selbst Schuldner aus dem Wertpapier. Die Parallele zu § 244 Abs 1 BGB besteht indes darin, daß im „Normalfall" der Zahlung durch den Bezogenen im Zweifel dessen Heimwährung und nicht diejenige des Wechsel- bzw Scheckinhabers ersatzweise gezahlt werden kann. Damit korrespondiert, daß mit „Schuldner" iSd Art 41 Abs 1 S 2 WG auch der Bezogene der Tratte gemeint ist, selbst wenn er nicht schuldet, da ja auch er für die Schuldner-Garanten zahlen soll; Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 427. 3 0 6 9 Zur Währung des Gläubigers aus dem Grundgeschäft (wertpapierrechtliches „Valutaverhältnis") gelangt man bei Art 41 Abs 1, 2, 3 WG bzw Art 36 Abs 1, 2 ScheckG ¡Erg, wenn der Geldschuldner des Grundgeschäfts einen in seiner Heimwährung oder einer dritten Währung denominierten Wechsel oder Scheck auf einen im Gläubigerstaat domizilierenden Bezogenen zieht. Diese Überlegung mag v. Hoffmann zu der Aussage veranlaßt haben, Art 2 Abs 3 WG und Art 2 Abs 2 ScheckG stellten auf den Gläubigerwohnsitz ab; siehe FS Firsching, 125, 139. Wenn auch die skizzierte Vorgehensweise in der Praxis häufig vorkommen mag, enthalten jene wertpapierrechtlichen Regeln doch gerade auch eine Lösung für Konstellationen, in denen die Beteiligten unterschiedlichen Währungsgebieten angehören (zum Kollisionsrecht S 247 ff). Das Konzept der Wechsel- und scheckrechtlichen Bestimmungen geht eindeutig nicht dahin, die Währung des Wertpapiergläubigers zu bevorzugen, selbst wenn und solange er mit dem Gläubiger aus dem Grundgeschäft identisch ist. Zur Frage, ob die Gestaltung als dispositive Holschuld bereits aus der Natur von Wechsel und Scheck folgt, v. Caemmerer FS Mann, 3 einerseits und Rennpferdt Harmonisierung, 96 ff andererseits. Rennpferd! erblickt den Grund für die dispositive Anordnung der Holschuld insbes. im Wechselrecht in der Erwägung, daß die Verpflichtungserklärungen des Schuldners im Zweifel eng auszulegen seien, weil der Schuldner sich regelmäßig nicht zu mehr verpflichten wolle als ursprünglich vereinbart (aaO 98). 3066 3067
§ 1 2 : Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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Wechselrechtsabkommen hauptsächlich deutschrechtliche Vorstellungen niedergeschlagen haben3070 und die Regel des Art. 2 Abs. 3 WG bereits in Art. 4 Ziff. 8 der Wechselordnung von 1869 3071 enthalten war. Beim Solawechsel, bei dem der Aussteller dem Annehmer gleichsteht (Art. 78 Abs. 1 WG), folgt dieselbe Wertung aus Art. 76 Abs. 3 WG. Danach gilt mangels einer besonderen Angabe der Ausstellungsort als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Ausstellers.
d)
Kontrollüberlegungen: Allgemeines Völkerrecht, Europarecht, IWF-Abkommen
Abschließend sei kurz auf die Frage eingegangen, ob der zuvor ermittelten ratio des § 244 BGB möglicherweise höherrangige Rechtsregeln oder völkervertragliche Verpflichtungen Deutschlands entgegenstehen. In diese Richtung hatte sich bereits Nussbaum im Jahre 1925 geäußert.3072 Sein auf allgemein-völkerrechtlichen Überlegungen beruhendes Argument, die Anwendbarkeit der Vorschrift bei ausländischem Zahlungsort stelle einen „sachwidrigen Eingriff in den ausländischen Zahlungsverkehr" dar, verdient jedoch keine Zustimmung. Abgesehen davon, daß § 244 BGB nicht den ausländischen, sondern den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zwischen Deutschland und ausländischen Staaten berührt, bleibt es doch dem Schuldrechtsgesetzgeber insoweit unbenommen, Regeln über die Tilgung von Geldschulden aufzustellen, einschließlich der wahlweisen Tilgung durch Leistung einer anderen als der geschuldeten Währung, zumal dann, wenn Regeln der genannten Art weder sachrechtlich noch kollisionsrechtlich zwingend ausgestaltet sind. Die Rechtslage unterscheidet sich im Grunde wenig von anderen Fällen, in denen das deutsche Recht parteidispositiv zu Gunsten der Währung des Erfüllungsortes votiert, wie etwa in § 361 HGB, ohne weiter nach Maßgabe des Zahlungserfolgsortes zu differenzieren.3073 Da § 244 BGB die Währungshoheit ausländischer Staaten offensichtlich unangetastet läßt, könnte es zu Konflikten mit Grundsätzen des allgemeinen Völkerrechts höchstens unter dem Aspekt der Diskriminierung ausländischer Gläubiger3074 kommen. Immerhin erhält der im Ausland ansässige Gläubiger anders als der inländische nach § 244 BGB keine Einheiten seiner Heimwährung gezahlt. Doch zum einen ist § 244 BGB durch Vereinbarung einer Effektivklausel wie auch durch die Wahl ausländischen Rechts abdingbar, zum anderen wird einer etwaigen Benachteiligung (vor allem auch im nichtvertraglichen Bereich) schon durch § 244 Abs. 2 BGB vorgebeugt. Schließlich könnte höchstens eine allseitige Ausgestaltung des § 244 BGB verlangt werden, derart nämlich, daß unabhängig von der nationalen Belegenheit des Erfüllungsortes ersatzweise in der dort umlaufenden Währung gezahlt werden darf. Heute ist es weniger das allgemeine Völkerrecht, das sich als Maßstab für die Auslegung des § 244 BGB aufdrängt, einschlägig sind vielmehr die unmittelbar anwendbaren Art. 6 und 73 b Abs. 2 EGV sowie die Liberalisierungsverpflichtung aus Art. VIII Abschnitt 2 (a) Baumbach/Hefermehl WG, Einl Rn 3. RGBl I, 3 7 9 ff. 3072 Nussbaum Das Geld, 215 f. 3 0 7 3 Zutr Melchior IPR, 289. 3 0 7 4 Allgemein zu den völkerrechtlichen Grenzen staatlicher Währungshoheit Mann Legal Aspect, 461 ff; speziell zum Verbot, ausländische Gläubiger zu schädigen, ebd 464, 467, 471 ff. 3070
3071
484
5. Teil: Erlöschen
des IWF-Abkommens von Bretton Woods. Eine (ernsthaft nur in Betracht zu ziehende) Ausländerdiskriminierung mittelbarer Art3075 ist bereits freilich aus den zuvor genannten Gründen ausgeschlossen.3076 Und für eine unzulässige Beschränkung des Zahlungsverkehrs im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der EU oder auch dritten Staaten spricht im Ergebnis ebenfalls nichts. § 244 BGB tangiert weder die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Zahlung mit Auslandsgeld noch die Wirksamkeit von Zahlungsverpflichtungen, die auf fremde Währungen lauten. Auch unter dem Gesichtspunkt des europarechtlichen Beschränkungsverbotes mag allerdings der Effekt des § 244 BGB bemängelt werden, daß der ausländische Gläubiger, dem ein Anspruch auf Zahlung in seiner Heimwährung zusteht, nicht immer Befriedigung in Heimwährung erhält. So man hierin überhaupt eine selbständig zu beurteilende Beschränkung erblicken wollte, wäre angesichts des dispositiven Charakters der Norm und der Umrechnungsregel des § 244 Abs. 2 BGB jedenfalls ein lediglich so geringes Maß an Beeinträchtigung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs festzustellen, daß das öffentliche Interesse am Schutz der deutschen Währung ohne weiteres zu einer Rechtfertigung nach Art. 73 d Abs. 1 lit. b) führte. Die vorstehenden Überlegungen stimmen in großem Umfang mit jenen Gedanken überein, die die englische Rechtsprechung in den 70er Jahren bewogen haben, ihre sog. sterling-judgment-rule3077 an Art. 106 EWGV zu messen und schließlich aufzugeben. So argumentierte Lord Denning in Schorsch Meier GmbH v. Hennin: 3078 „It seems to me that the purpose of article 106 - or one of its purposes - is to ensure that the creditor in one member state shall receive payment for his goods in his own currency - if it is the currency of the contract - without any impediment or reason of changes in the rate of exchange". Und weiter heißt es: „It is the duty of the debtor to pay his debt to the creditor in the currency of the contract according to its terms. If he delays and sterling depreciates, the creditor ought not to suffer loss as a result of the debtor's delay. The debtor ought to bear the burden of his own default. The English courts would be acting contrary to the spirit and intent of the Treaty if they made a German creditor accept payment in depreciated sterling. In order to comply with the Treaty, they should give judgment that the defendant do pay the stated sum in Deutschmarks or its sterling equivalent at the time of payment".3079 Bei § 244 BGB ist die Rechtslage im Vergleich zur sterling-judgment-rule ersichtlich schon deshalb weniger kritikwürdig, weil
3075
Siehe schon S 283 ff. Zu den EG-vertraglichen Anforderungen an eine währungsbezogene Gläubigerdiskriminierung vgl EuGH Rs 49/79 - Pool./. Rat - Slg 1980, 569 ff: Ein in Großbritannien ansässiger Rinderzüchter begehrte, gestützt auf Art 215 Abs 2 EWGV, Schadensersatz wegen einer ungünstigen Festsetzung des Umrechnungskurses der britischen Währung durch den Rat für die Zwecke der gemeinsamen Agrarpolitik, den sog. „grünen Kurs". Vgl ferner EuGH Rs 55/79 - Kommission ./. Irland - Slg 1980, 481 ff. In der Entscheidung ging es u.a. ebenfalls um den „grünen Kurs"; der EuGH führte aus: „Sind die irischen Behörden der Auffassung, daß die fraglichen Wechselkurse unbillig festgesetzt wurden, so können sie sich mit den angemessenen Mitteln um die Änderung dieser Situation bemühen. Eine bestimmte Währungssituation darf nicht durch steuerliche Diskriminierung bereinigt werden" (aaO 492). 3077 Zum materiellen Recht siehe S 315 ff, zum Prozeßrecht später S 679 ff. 3078 (1975) 1 Q.B., 416 ff (C.A.). 3079 Schorsch Meier GmbH v. Hennin aaO 416, 426. 3076
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 2 4 4 BGB
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Forderungsinhalt, 3080 Forderungswert und Dispositionsbefugnis der Parteien unangetastet bleiben. Für nationale Gesetze gilt die Regel, daß unter mehreren Möglichkeiten der Auslegung oder Anwendung diejenige vorzuziehen ist, die am ehesten im Einklang mit den völkervertraglichen Verpflichtungen Deutschlands steht, 3081 einerlei ob die fragliche nationale Rechtsnorm zeitlich vor oder nach dem geltenden völkerrechtlichen Vertrag erlassen worden ist. 3082 Zweifel an der oben erarbeiteten Zwecksetzung des § 244 BGB könnte unter diesem Gesichtspunkt Art. VIII Abschnitt 2 (a) 3083 des IWF-Abkommens i.d. Fassung von 1978 3 0 8 4 aufwerfen. Dieser Bestimmung zufolge darf kein Mitgliedstaat - vorbehaltlich der Art. VII Abschnitt 3 (b) 3085 und XIV Abschnitt 2m6 - ohne Zustimmung des Fonds Zahlungen und Übertragungen für laufende internationale Geschäfte Beschränkungen unterwerfen. Mit Hilfe der Vorschrift soll gewährleistet werden, daß die Erfüllung international geknüpfter Schuldverhältnisse nicht unangemessen erschwert, verzögert oder unmöglich gemacht wird. 3087 Art. VIII Abschnitt 2 (a) des IWF-Abkommens ist primär schuldnerbezogen ausgestaltet.3088 Die Mitgliedstaaten trifft namentlich die Verpflichtung, es inländischen Schuldnern zu gestatten, sich mit der Währung eines anderen Mitgliedstaates einzudecken, sofern sie diese zur Erfüllung entsprechender Fremdwährungsverbindlichkeiten gegenüber Ausländern benötigen. Doch nicht allein die Beschaffung von Fremdwährungseinheiten durch den Geldschuldner wird erfaßt, Art. VIII Abschnitt 2 (a) verbietet den Mitgliedstaaten auch, Inländer daran zu hindern, ihre Valutaschuld durch den grenzüberschreitenden Transfer von Fremdwährungseinheiten zu erfüllen. Zwar darf die Übermittlung von Bargeld beschränkt oder verboten werden, dies freilich nur, wenn Überweisungen in der betreffenden Fremdwährung statthaft bleiben. 308 ' Da Art. VIII Abschnitt 2 (a) allein
3 0 8 0 Auch bei inländischem Erfüllungsort kann der Gläubiger Zahlung in der (ursprünglichen) Schuldwährung verlangen, nach ganz hM muß er dies sogar; siehe S 5 4 9 ff. Entsprechend haben Klageantrag und Urteil zu lauten; dazu S 7 0 0 ff. 3081 Gloria in Ipsen, Völkerrecht, 1100. 3082 BVerfGE 74, 358, 3 7 0 . 3 0 8 3 Nicht zu verwechseln mit Abschn. 2 (b) des Art VIII. D o n ist eine einseitige Kollisionsnorm für die Anwendbarkeit forumfremder Devisenkontrollbestimmungen statuiert; siehe bereits oben § 6 II.l.c)bb). Zwischen beiden Regeln besteht jedoch ein enger Zusammenhang. Dies gilt teilweise für die Begriffe "Devisenkontrollbestimmungen" in Abschn. 2 (b) und "Beschränkungen von Zahlungen und Übertragungen für laufende internationale Geschäfte" iSd Abschn. 2 (a). Darüber hinaus kann Abschn. 2 (a) für die Frage relevant werden, ob die fragliche Devisenkontrollbestimmung durch das Abkommen autorisiert ist; siehe etwa Gold Fund Agreement III, 3 9 7 ; Seuß Devisenkontrollen, 96 ff. 3 0 8 4 BGBl II, 15 ff. 3 0 8 5 Diese Ausnahme betrifft den Fall einer derart starken Nachfrage nach der Währung eines IWFMitgliedstaates, daß die Fähigkeit des Fonds, diese Währung zur Verfügung zu stellen, ernsthaft gefährdet ist. Der Fonds erklärt daraufhin die betreffende Währung für knapp, was für jedes Mitglied als Ermächtigung gilt, nach Konsultation mit dem Fonds den freien Devisenverkehr in der knappen Währung zeitweilig zu beschränken. Die Beschränkungen dürfen jedoch nicht einschneidender sein, als es notwendig ist, um die Nachfrage nach der knappen Währung auf die bei dem betreffenden Mitglied vorhandenen oder ihm zufließenden Mittel zu beschränken. 3 Art XIV Abschn. 2 betrifft Übergangsregelungen für Devisenbeschränkungen, die zum Zeitpunkt des Beitritts des Mitglieds in Kraft treten. 3087 Ebke Internationales Devisenrecht, 56. 3 0 8 8 Vgl Gold Fund Agreement III, 399. 3089 Ebke Internationales Devisenrecht, 56 ff.
5. Teil: Erlöschen
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verhindern will, daß der Schuldnerstaat den internationalen Zahlungsverkehr beschränkt, 3090 und es für diese Beschränkung wie schon bei Abschnitt 2 (b) ausschlaggebend ist, 3091 ob die Verfügbarkeit oder die Verwendung von Devisen als solche direkt staatlich reglementiert wird, sind staatliche Vorschriften nach Art des § 244 BGB konsequenterweise als abkommenskonform einzustufen. Abgesehen von ihrer Abdingbarkeit beschränken sie nicht die Möglichkeit des Schuldners, seine Verbindlichkeit durch Zahlung von Einheiten der ausländischen Schuldwährung im Ausland zu erfüllen, sie erweitern seine Rechtsstellung vielmehr, indem sie ihm die Wahl lassen, entweder Einheiten der Schuldwährung oder solche der am Erfüllungsort umlaufenden Währung zu leisten. 3092
3.
Zahlbarkeit im Inland
Die These Nussbaums, § 244 Abs. 1 BGB verstehe unter Zahlungsort zwar den Ort des Zahlungserfolges, doch finde § 270 Abs. 1 auf währungsgebietsüberschreitende Zahlungen keine Anwendung, 3093 ist mit der hier vertretenen Normzwecklehre unvereinbar. Nur im Ergebnis gelangte Nussbaum bei § 244 BGB zur deutschen Währung als der Heimwährung des Schuldners. 3094 Konstruktiv beruhte dies freilich auf der Verknüpfung zweier abzulehnender Prämissen. Daß § 244 Abs. 1 BGB als sachrechtlich-räumlichen Anknüpfungspunkt den Ort der Zahlungshandlung und nicht den des Zahlungserfolges für maßgeblich erklärt, wurde soeben zu belegen versucht. Ebensowenig überzeugt es, die dispositive Regel des
3090
Ebke aaO 58. Der Leitgedanke für die Annahme einer Beschränkung bzw Kontrolle ist identisch; dagegen bezieht sich Abschn. 2 (b) nicht nur auf Maßnahmen des Schuldnerstaates. Deshalb können Regulierungen des Gläubigerstaates zwar nicht unter Abschn. 2 (a) fallen, wohl aber „Devisenkontrollbestimmungen" iS von Abschn. 2 (b) des Art VIII IWF-Abk sein; Gold Fund Agreement III, 399. Der Grund für die Begrenzung des Abschn. 2 (a) auf Restriktionen seitens des Schuldnerstaates liegt darin begründet, daß der Großteil der internationalen Zahlungsverpflichtungen aus Handelsgeschäften und anderen laufenden Transaktionen in einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Währungen ausgedrückt ist; Gold aaO 399. 3092 Die Situation ist eine andere, wenn der Erlaßstaat bei Geldschulden mit inländischem Zahlungshandlungs- oder -erfolgsort ausschließlich die Inlandswährung für tilgungstauglich erklärt („prescription of the exclusive currency")· Enthält das Recht des Gläubigerstaates eine solche Regel, ist Art VIII Abschn. 2 (a) schlechthin nicht tangiert; Ebke Internationales Devisenrecht, 58 f. Ist es der Schuldnerstaat, der entsprechend verfährt, soll es darauf ankommen, ob der gebietsfremde Gläubiger die ihm (im Schuldnerstaat) gezahlten Einheiten der Schuldnerwährung zumindest in eine entsprechende Anzahl Einheiten seiner Heimwährung umwechseln kann oder nicht; Gold Fund Agreement III, 397, 399 ff. Insofern bezieht sich das Verbot des Abschn. 2 (a) auch auf Maßnahmen des Schuldnerstaates gegenüber gebietsfremden Gläubigern. 3093 Nussbaum Das Geld, 73 f, 215 f. 3094 Obschon es auf den Zahlungserfolgsort ankäme, fände danach § 244 BGB doch regelmäßig nur zu Gunsten des inländischen Valutaschuldners Anwendung, sei es, daß auch der Gläubiger Inländer ist (§ 270 Abs 1 BGB), sei es, daß sich Sitz, Wohnsitz oder Niederlassung des Gläubigers im Ausland befinden. Letzteres deshalb, weil § 270 Abs 1 BGB diesen Fall nicht erfaßte und die transnationale Geldschuld dispositive Holschuld wäre. Dem ausländischen Valutaschuldner käme § 244 BGB ebenfalls nur zugute, wenn die Parteien eine Bringschuld vereinbarten. § 270 Abs 1 BGB gelangte erneut nicht zum Zuge. 3091
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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S 270 Abs. 1 BGB3095 allein binnenstaatlichen Geldschulden vorzubehalten. Anhaltspunkte in dieser Richtung liefern weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte der Norm. Gewiß mögen ausländische Gläubiger sich oftmals mit der Überweisung auf ein inländische Konto begnügen. Es ist dies im Einzelfall (!) die Frage nach einer vorrangigen, ausdrücklichen oder konkludenten Parteiabrede. Ansonsten aber greift § 270 Abs. 1 BGB unabhängig davon ein, in welchem Staat sich der Gläubigerwohnsitz befindet. 3096 Auch diejenigen Auslandsrechte, die für Geldschulden das Bringschuldsystem favorisieren, sehen typischerweise keine derartigen Einschränkungen vor. Gleiches gilt für die aktuellen Vereinheitlichungskonzepte der Lando-Kommission und des römischen Unidroit-Instituts. 3097 Soweit es Nussbaum darum ging, daß die Kosten nach Sphärengesichtspunkten aufgeteilt werden, der Schuldner die Kosten der Versendung und der Gläubiger jene der Empfangnahme des Geldes zu tragen hat, 3098 handelt es sich um eine nicht allein auf grenzüberschreitende Zahlungen bezogene Problematik, 3099 die zudem keine zwingenden Rückschlüsse auf die Bestimmung des Ortes erlaubt, an dem der Geldschuldner den Leistungserfolg herbeizuführen hat.
a)
Rechtlicher
oder tatsächlicher
Erfüllungsort?
Zu entscheiden bleibt, ob § 244 BGB unter deutschem Recht als Schuldstatut nur anzuwenden ist, wenn sich der rechtlich (durch Vertrag oder Gesetz) bestimmte Erfüllungsbzw. (in der Terminologie des Gesetzes) Leistungsort in Deutschland befindet, oder ob es in sachrechtlich-räumlicher Hinsicht genügt, daß der Schuldner die Zahlungshandlung tatsächlich im Inland vorgenommen hat. So weit, wie es bei erstem Zusehen scheint, liegen die beiden Positionen nicht auseinander. Denn selbstverständlich will § 244 BGB nicht obligationswidriges Verhalten des Valutaschuldners sanktionieren. Der Schuldner, auch der Geldschuldner, handelt grundsätzlich nur unter der Voraussetzung obligationsge-
3095 Die Vorschrift ist auch im Bereich vertraglich vereinbarter Geldschulden nicht nur Auslegungsregel, sondern auch Dispositivnorm; Gemhuber Erfüllung, 43; Manfred Wolf in Soergel12, § 270 Rn 1; Siber in Planck4, § 270 Anm 5; aA BGHZ 28, 123, 127 f; Keller in MünchKomm-BGB3, § 270 Rn 2. Häufig werden die von § 270 BGB geregelten Fragen von den Parteien nicht nur unklar behandelt, sondern überhaupt nicht bedacht. Die dann zu konstatierende Lücke schließt das Gesetz. Bei vertragsergänzend angeordneten Dispositivnormen und innerhalb gesetzlicher Schuldverhältnisse, die eine Geldzahlungspflicht statuieren, gelangt § 270 BGB ebenfalls zum Zuge. Vorrangig sind freilich die Wertungen der jeweils geldschuldbegründenden Norm. 3096 Und zwar auch in seiner Funktion als Auslegungsregel bei unklaren Parteierklärungen. Der Gedanke Nussbaums Das Geld, 74 f, Vereinbarungen über den "Zahlungsort" müßten bei Auslandsgeschäften zumindest unter juristischen Laien als einheitliche Bestimmung von Erfüllungs- und Erfolgsort verstanden werden, kann in dieser Allgemeinheit nicht überzeugen. Zutr nehmen RGZ 101, 141, 143; 103, 259, 261; OLG Dresden SeuffArch 63, 387, 388 an, es gehe nur um den Regelungsgehalt des § 270 Abs 1 BGB, der Erfüllungsort bleibe unberührt. 3097 Dazu Rennpferdt Harmonisierung, 133 ff, 142 ff.
3098 3099
Nussbaum Das Geld, 73.
Vgl BAG BB 1977, 443; OVG Bremen ZBR 1976, 90, 91: § 270 BGB erstrecke sich nicht auf die vom Gläubiger an sein Kreditinstitut zu zahlende Kontoführungsgebühr. Siehe ferner den Regelungsvorschlag von Rennpferdt Harmonisierung, 222: "Der Schuldner hat im Zweifel die Kosten der Versendung, der Gläubiger diejenigen der Empfangnahme der Zahlungsmittel zu tragen".
488
5. Teil: Erlöschen
maß, 3100 daß er rechtzeitig am Erfüllungsort seine Leistungshandlung erbringt.3101 Dieses obligationsbezogene Verständnis liegt auch § 244 BGB zugrunde. Hier genügt schon ein Blick auf den Gesetzeswortlaut, der von Valutaschulden spricht, die „im Inlande zu zahlen" sind, und nicht etwa - wie das schweizerische Recht in Art. 84 Abs. 2 OR - formuliert: „Ist in dem Vertrage eine Münzsorte bestimmt, die am Zahlungsorte keinen gesetzlichen Kurs hat, ...".3102 In der Sache geht es deshalb zunächst darum - und zwar von beiden Positionen aus - , diejenigen Fälle zu bestimmen, in denen es dem Gläubiger nach § 242 BGB obliegen würde, die geschuldete Valutaleistung anzunehmen, obwohl der Verpflichtete die Leistungshandlung nicht am Erfüllungsort vorgenommen hat. Hiervon ausgehend ist dann zu fragen, ob sich die erweiterte Annahmeobliegenheit auch auf Ersatzzahlungen in deutscher Währung bezieht.3103 Eine Annahmeobliegenheit ergibt sich selbstverständlich dann, wenn der Gläubiger Zahlung von einem anderen Ort als dem Erfüllungsort aus verlangt und der Schuldner diesem Begehren nachkommt. Oft wird hier jedoch schon von einer vertraglichen Abänderung des ursprünglichen Erfüllungsortes auszugehen sein,3104 was sich entsprechend auf § 244 BGB auswirkt. Ein Widerspruch des Gläubigers gegen die Vornahme der Leistungshandlung an einem anderen Ort als dem Erfüllungsort kann auch dann mit Treu und Glauben unvereinbar sein, wenn für den Gläubiger mit der Leistungsannahme kein meßbarer Nachteil verbunden ist.3105 Dies wird bei Zahlungsverbindlichkeiten angenommen, falls das geschuldete Geld rechtzeitig beim Gläubiger eintrifft. 3106 Was freilich für die geschuldete Leistung selbst gilt, muß für ein aliud, das währungsverschiedenes Geld ja darstellt, durchaus nicht automatisch ebenfalls zutreffen, zumal dann nicht, wenn sich der Schuldner die Befugnis zur Leistung an Erfüllungs Statt nur durch Abweichung vom obligationsgemäßen Erfüllungsort verschaffen kann.3107 Die einseitige Verlegung des Leistungsortes durch den Valutaschuldner würde schließlich in den hier interessierenden Fällen nicht nur eine Modalität der Leistung betreffen, sie wirkte sich zugleich auf die Leistungsidentität aus. Der Gläubiger erhielte weder Einheiten der von ihm beanspruchten Währung noch - womit er möglicherweise nach dem am ausländischen Erfüllungsort geltenden Eingriffsrecht oder in analoger Anwendung des § 244 BGB rech3100 Der Erfüllungsort liegt nicht allein im Interesse des Schuldners; Schack Erfüllungsort, 26. Bei Geldschulden ergibt sich dies schon aus dem Umstand, daß der Gläubiger die Verspätungsgefahr trägt. 3101 Keller in MünchKomm-BGB3, § 269 Rn 54, § 270 Rn 18; Manfred Wolf in Soergel12, S 269 Rn 2, 6; Schack Erfüllungsort, 26; Birk RIW 1973, 425, 437; W. Mayer Valutaschuld, 86 f. 3102 Auch die modernen Vereinheitlichungsentwürfe formulieren unterschiedlich. Der Vorschlag der Lando-Grappe entspricht insofern der deutschen Regelung; siehe Art 2.111 (2): „... a sum of money expressed in a currency other than that of the place where payment is due...". Im Vorschlag des römischen Unidroit-Instituts (Art 6.1.9) heißt es dagegen ähnlich wie im Schweizer Recht: „If a monetary obligation is expressed in a currency other than that of the place for payment, it may be paid by the obligor in the currency of the place for payment..." (127). 3103 Vgl RGZ 101, 312, 316; W. Mayer Valutaschuld, 87; Birk RIW 1973, 425, 437; Schack Erfüllungsort, 38; Henti RIW 1957, 153, 155; zur Frage, ob trotz Vorliegens einer Effektivklausel nach § 242 BGB eine Obliegenheit zur Annahme von Inlandsgeld besteht, RGZ 153, 384, 386 ff; BGH LM Nr 5 zu § 275 BGB. 3104 Allgemein zu nachträglichen Vereinbarungen Schack Erfüllungsort, 17 f. 3105 Schack Erfüllungsort, 27; vgl auch Gernhuber Erfüllung, 17 f. 3106 OLG Dresden, SächsA 1, 432 f; Schack Erfüllungsort, 27. 3107 Die Ausgangsposition würde sich verschieben, wenn und soweit § 244 BGB bei ausländischem Erfüllungsort ebenfalls ein Recht zur Tilgung von Valutaschulden in deutscher Währung begründete. Zu Analogieüberlegungen dieser Art siehe S 552 f.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
489
nen konnte - Einheiten einer dritten Währung, die sogar seine Heimwährung sein mag. Wäre für die Umrechnung nach § 2 4 4 Abs. 2 B G B der Erfüllungsort maßgeblich, 3108 müßte weiter bedacht werden, daß ein Recht zur ersatzweisen DM-Zahlung bei tatsächlichinländischem Ort der Zahlungshandlung leicht dazu führen könnte, daß der Schuldner von Kursdifferenzen zu Lasten seines Gläubigers profitiert. 3 1 0 9 Doch selbst wenn der Umrechnungskurs des Leistungserfolgsortes zugrunde gelegt wird, der Valutagläubiger also durch die Ersatzhandlung keinen quantitativen Nachteil erleiden kann, wird man § 2 4 4 B G B nicht das Recht zum beliebigen Zahlungswährungs-Shopping entnehmen dürfen, mag es auch nach Treu und Glauben gestattet sein, die Schuldwährung an unterschiedlichen Orten zu leisten. Der von § 2 4 4 B G B mitbezweckte Primat der inländischen Währung trägt nur scheinbar die Auslegung, jede nichteffektive Valutaschuld könne von Deutschland aus (auch) in D M getilgt werden. 3 1 1 0 Die Norm erstrebt bekanntlich keinen lückenlosen Währungsschutz, wie sich schon daran zeigt, daß sie national wie international abdingbar ist. Und sogar die „Vorbildregel" des § 3 S. 1 WährG knüpft allein an die rechtliche Situation bei Vertragsschluß an. Genehmigungsfrei entstandene Valutaschulden werden nicht dadurch nachträglich genehmigungspflichtig, daß die Parteien ihre (Wohn-)Sitze nach Deutschland verlegen. Ebensowenig hängt die Genehmigungspflicht (d.h. der Währungsschutz) davon ab, daß die Parteien beabsichtigen, den Kontrakt in Deutschland abzuwikkeln. Warum angesichts dessen die währungsprivilegierende Funktion des § 2 4 4 B G B dazu zwingen sollte, den tatsächlich-inländischen Leistungsort zum Anknüpfungspunkt zu erheben, bleibt unerklärlich.
b)
Loslösung von der Perpetuierungswirkung des § 269 BGB
Es bedarf vielmehr besonderer Umstände auf Seiten des (einfachen) Valutaschuldners, um diesem das Recht zu gewähren, trotz ausländischen Erfüllungsortes in Deutschland mit D M zu zahlen. Solche besonderen Umstände liegen oftmals vor, wenn sich jene Tatsachen ändern, die bei Entstehung des Geldschuldverhältnisses den Erfüllungsort i.S.d. § 2 6 9 B G B begründet haben. In Betracht kommen in erster Linie Fälle des grenzüberschreitenden (Wohn-)Sitzwechsels nach Deutschland. Mangels abweichender Bestimmung oder gegenteiliger Umstände hat nach §§ 2 7 0 Abs. 4 , 2 6 9 Abs. 1 und 2 B G B die Zahlungshandlung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. seine gewerbliche Niederlassung hatte. Obzwar danach der Erfüllungsort (vorbehaltlich späterer Parteiabrede) 3111 von Anfang an unveränderlich feststeht, 3 1 1 2 erstreckt sich doch die Perpetuierungswirkung regelmäßig nicht auf § 2 4 4 BGB. 3 1 1 3 Es wäre typischerweise weder mit der Teleologie des § 2 4 4 B G B noch mit Treu
3108
3109
So auch Schack Erfüllungsort, 38 f; weitere Nachweise auf S 519 ff.
Birk RIW 1973, 425, 437.
So aber Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 3 2 0 f; Schack Erfüllungsort, 38. RGZ 106, 210, 2 1 1 ; OLG Schleswig IPRax 1993, 95. 3 1 1 2 Zur Perpetuierungswirkung des § 269 BGB näher Schack Erfüllungsort, 53, 79. 3 1 1 3 So im interzonalen Zahlungsverkehr für die Zwecke der Zwangsvollstreckung aus sowjetzonalen Unterhaltstiteln LG Mannheim NJW 1960, 823 unter Hinweis u.a. auf OLG Hamburg NJW 1959, 5 3 6 ; LG Bremen RPfleger 1954, Sp. 254; LG Berlin NJW 1959, 1498. Zur Anwendung des S 2 4 4 BGB auf das Verhältnis zwischen DM und Mark der DDR (die ehemaÜge DDR war unabhängig 3110 3111
490
5. Teil: Erlöschen
und Glauben vereinbar, wenn der Valutagläubiger, dem es obliegt, Auslandsgeld auch vom neuen Schuldnerwohnsitz in Deutschland aus anzunehmen, geltend machen dürfte, er müsse keine Ersatzzahlung in D M akzeptieren. Entsprechend verhält es sich, wenn der Erbe im Gegensatz zum verstorbenen Valutaschuldner in Deutschland wohnt oder eine grenzüberschreitende privative Schuldübernahme 3 1 1 4 vorliegt. Gemeinsam ist all diesen Fällen, daß die deutsche Währung im Zeitpunkt der Zahlung die Heimwährung des Schuldners bildet. Die „schlicht-tatsächliche" Zahlung in Deutschland durch § 2 4 4 B G B zu privilegieren besteht dagegen kein Anlaß. Dem vorgeschlagenen Modell einer Emanzipation des § 2 4 4 Abs. 1 B G B vom perpetuierten Erfüllungsort des § 2 6 9 B G B mögen jedoch im Einzelfall Belange des Gläubigerschutzes entgegengehalten werden. 3 1 1 5 Tatsächlich könnte der Gläubiger, weil keine räumlichen Beziehungen zu Deutschland bestanden, darauf verzichtet haben, eine Effektivklausel zu vereinbaren. Solche Konstellationen allerdings sind selten. Effektivklauseln bedürfen keiner Ausdrücklichkeit, 3116 und jene Gesichtspunkte, aus denen sich für den Schuldner erkennbar ergibt, daß die Ersatzzahlung in D M für den Gläubiger inakzeptabel wäre, behalten natürlich ihre Bedeutung. Im übrigen geht es lediglich um das richtige Verhältnis von Regel und Ausnahme. So wie der Gläubiger grundsätzlich die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Verpflichtung zur Effektivzahlung nach § 2 4 4 Abs. 1 Hs. 2 B G B ergibt, darlegen und beweisen muß, so trifft ihn eine entsprechende Obliegenheit, wenn er geltend machen will, trotz Veränderung der Umstände des § 2 6 9 B G B sei die ersatzweise DM-Zahlung von Deutschland aus mit Treu und Glauben unvereinbar. Umgekehrt gibt es nach dem Gesagten keinen Grund, die währungsverschiedene Tilgungsbefugnis zu gewähren, wenn der Schuldner seinen ehemals deutschen Wohnsitz ins Ausland verlegt. Weder ist die deutsche Währung dann noch Schuldnerwährung, noch wird die Nachfrage nach deutschem Geld im Inland gefördert. Die Abkopplung des § 2 4 4 B G B vom Umwandelbarkeitsprinzip des § 2 6 9 B G B hat also nicht nur rechtserweiternde, sondern auch einschränkende Wirkungen. Unerheblich ist dagegen grundsätzlich die grenzüberschreitende Abtretung der Valutaforderung gegen einen in Deutschland wohnhaften Schuldner (anders bei sachrechtlicher Anknüpfung an den Zahlungserfolgsort; vgl. § 2 7 0 Abs. 3 BGB). Zweifelsfragen treten allerdings auf, wenn die Geldschuld als Bringschuld ausgestaltet war. Auszugehen ist davon, daß der Zessionar in die Stellung des Zedenten einrückt, der ursprüngliche Erfüllungsort also ebenfalls unverändert bleibt. 3 1 1 7 Da jedoch Treu und Glauben den Bringschuldner verpflichten können, statt am Wohnsitz des Zedenten an dem des Zessionars zu leisten, sofern dem Schuldner dadurch keine Mehrbelastung erwächst, 3 1 1 8 sind auch die Konsequenzen für § 2 4 4 B G B zu überdenken: Befindet sich der Wohnsitz des Zessionars, anders als der des Zedenten, außerhalb Deutschlands,
von ihrer staatsrechtlichen Qualität als Währungsausland zu betrachten) W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 4, 25, 50. 3 1 1 4 Auch sie führt zu keiner Änderung des bereits bestimmten Erfüllungsortes; OLG Schleswig NJW 1952, 1018, 1019; Keller in MünchKomm-BGB3, § 269 Rn 52. 3 1 1 s B e i § 4 1 5 BGB wegen der Genehmigung des Gläubigers allerdings in stark eingeschränktem Maße. 3 1 1 6 S 502 ff. 3 1 1 7 BGHZ 23, 53, 54; Gernbuber Erfüllung, 28; Selb in Staudinger13, § 2 6 9 Rn 14; Schuck Erfüllungsort, 69. 3118 Schack Erfüllungsort, 69; § 270 Abs 1 u. 3 BGB würden in jedem Fall analog gelten.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 2 4 4 BGB
491
muß dem Valutaschuldner die währungsverschiedene Tilgungsbefugnis belassen werden, weil die Abtretung seine Rechtsstellung nicht verschlechtern soll. War der Zedent im Ausland ansässig, lebt der Zessionar dagegen in Deutschland, wird § 244 BGB im Ergebnis ebenfalls zu bejahen sein. 3119 Der Grund ist einfach. Wenn der Bringschuldner gezwungen werden kann, in Deutschland zu zahlen, müssen ihm auch die Vorteile zugute kommen, die ein inländischer Erfüllungsort für ihn hätte. 3120
II.
Weitere Tatbestandsvoraussetzungen - Die „in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld"
1.
Allgemeine Abgrenzungen
Der Tatbestand des § 2 4 4 BGB verlangt in positiver Hinsicht, daß es sich bei der im Inland zu erfüllenden Schuld um eine Zahlungsverbindlichkeit handelt, 3121 deren Gegenstand Einheiten einer Währung sind, die in Deutschland nicht offiziell umläuft. Das bedeutet zweierlei. Zunächst werden solche Verbindlichkeiten nicht erfaßt, die die Verschaffung ausländischen Geldes zum Gegenstand haben, ohne Geldschulden zu sein. Der echte Geldsortenschuldner ist ebensowenig befugt, ersatzweise deutsches Geld zu leisten, wie derjenige, der zur Einräumung einer bestimmten Buchgeldposition verpflichtet ist. Dies folgt bereits daraus, daß sich nur mit abstrakter Vermögensmacht die Vorstellung währungsmäßiger Austauschbarkeit verbinden kann, während der Sachschuld und der sonstigen Verschaffungsschuld ohne Zahlungscharakter gleichsam eine Effektivklausel immanent ist. Überdies wird durch derartige Verbindlichkeiten das öffentliche Interesse am Primat der deutschen Währung nicht tangiert, was sich auch daran zeigt, daß § 3 S. 1 WährG lediglich Zahlungsverbindlichkeiten im hier verstandenen Sinne unter Genehmigungsvorbehalt stellt. 3122 Die Formulierung „in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld" besagt darüber hinaus, daß die Schuldwährung eine ausländische sein muß, eine etwa abweichende Berechnungswährung spielte keine Rolle. Die Vereinbarung „Für 5000.- DM US-Dollar" fiele also in den Anwendungsbereich des S 244 BGB, sofern nur der Erfüllungsort in Deutschland liegt und sich aus der Parteiabrede im übrigen keine Effektivklausel ergibt. Auch inso-
3 1 , 9 IErg richtig daher OLG Hamburg NJW 1954, 233, 2 3 4 : „Von dem Zeitpunkt der Abtretung an ist die Darlehensforderung nicht mehr in den Vereinigten Staaten, sondern in Deutschland zu erfüllen gewesen, da der Ast., der nunmehrige Gläubiger der Darlehensforderung, seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Ist die Darlehensforderung aber in Deutschland zu erfüllen gewesen, dann hat die Beteiligte zu 1, sofern keine Effektivklausel vorgelegen hat, ... gemäß § 2 4 4 Abs 1 BGB von dem Zeitpunkt der Abtretung an die Befugnis gehabt, die Darlehensforderung statt in Dollar auch in RM zu erfüllen,...". 3 1 2 0 Vgl Schock Erfüllungsort, 69: „Hat der Schuldner tatsächlich am Wohnsitz des Zessionars geleistet, so kann darin eine stillschweigende Vereinbarung zur Abänderung des Leistungsortes liegen". 3 1 2 1 Die Zahlungsmodalitäten - dies ergibt sich bereits aus den Ausführungen im Text unter 1.3. spielen für die Einordnung natürlich keine Rolle. § 2 4 4 Abs 1 BGB erfaßt mit Hol- und Bringschulden auch solche Zahlungsverbindlichkeiten, die nicht dem allgemeinen und (vertraglich wie gesetzlich) dispositiven Modell der Gefahr- und Kostentragung folgen. 3 Ì 2 2 S 2 7 0 ff.
5. Teil: Erlöschen
492
fern ist die Parallele zu § 3 S. 1 WährG augenfällig und systemkongruent. Beide Normen suchen die Nachfrage nach ausländischer Währung im Inland zu begrenzen, und nachgefragt wird Auslandsgeld bereits dann, wenn es den Gegenstand der Schuld bildet, mag sich auch der Schuldumfang nach Sachwerten oder einem Betrag in deutscher Währung richten. Da § 244 BGB dem Schuldner zugleich Beschaffungsprobleme abnehmen will, führt der Aspekt des Schuldnerschutzes zur gleichen Wertung. Umgekehrt greift § 244 BGB nicht ein, wenn Auslandsgeld nur die Berechnungswährung darstellt. Dies läßt sich abermals aus den genannten Überlegungen ableiten, außerdem wäre die Rechtsfolge des S 244 BGB sinnlos, sofern zwischen Schuldwährung und Zahlungswährung Identität bestände. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Im Rahmen des § 244 Abs. 2 BGB ist die Fremdwährung Berechnungswährung, doch handelt es sich dabei um eine Rechtsfolge für den Fall, daß der Schuldner von seiner Befugnis nach Abs. 1 Gebrauch macht.3123 Das sachliche Aufgreifkriterium auf Tatbestandsebene bleibt die Fremdheit der Schuldwährung.
2. a)
Gesetzliche Valutaschulden Ausgangspunkt
Seit Inkrafttreten des BGB herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Befugnis des Schuldners zur wahlweisen Zahlung deutschen Geldes allein bei rechtsgeschäftlich begründeten Fremdwährungsverbindlichkeiten zur Anwendung gelangt oder sich darüber hinaus auch auf gesetzliche Valutaschulden erstreckt. Die Problematik stellt sich natürlich nur, wenn und soweit kraft Gesetzes entstehende Zahlungsverbindlichkeiten überhaupt Einheiten einer anderen als der deutschen Währung zum Gegenstand haben können.3124 Wer etwa die These verficht, unter Geltung deutschen Rechts als Schuldstatut seien Valutaschulden nur auf rechtsgeschäftlichem Wege begründbar, für den ist damit zugleich der Gegenstandsbereich des § 244 Abs. 1 BGB vorgezeichnet.3125 Entsprechend verhält es sich in den 3123 Berechnungswährung im Rahmen des § 244 BGB muß allerdings nicht die Schuldwährung sein, und zwar dann nicht, wenn der Schuldbetrag vom Wert einer anderen Währung abhängen soll. In einer derartigen Konstellation ist die Berechnungswährung der Schuld (möglicherweise sogar die deutsche Währung) zugleich für die Berechnung der ersatzweise zu leistenden Einheiten in deutscher Währung maßgeblich. 3124 Hier liegt ein Quell häufiger Mißverständnisse; unklar etwa Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 29. 3125 Anders nur vom Boden der hier abgelehnten (S 133 ff) Auffassung aus, § 244 BGB setze sich auch gegenüber einem ausländischen Recht als Schuldstatut durch. Begründete das Auslandsrecht im nichtrechtsgeschäftlichen Bereich eine Fremdwährungsverbindlichkeit mit inländischem „Zahlungsort", wäre S 244 BGB möglicherweise einschlägig. Nach welchem Recht sich in derartigen Fällen der Zahlungsort bestimmen würde, ist umstritten. Manche halten die lex causae für maßgeblich; etwa Birk RIW 1973, 425, 437; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 76. Andere wollen deutsches Recht als lex fori entscheiden lassen; beispielsweise Raape IPR, 531 f; ferner Schock Erfüllungsort, 38 (jedoch nur, solange noch nicht tatsächlich gezahlt worden ist). Die letztgenannte Lesart erscheint zumindest dann überzeugend, wenn man den Zweck des S 244 BGB (auch) im Primat der deutschen Währung erblickt und die Art und Weise der Währungsförderung in $ 244 BGB selbst verankert sieht. Es mutet wenig folgerichtig an, mit Hilfe der Bestimmung die DM schützen zu wollen, die Wirkungsweise des § 244 BGB aber jeweils davon abhängg zu machen, ob im konkreten Fall die lex causae den Erfüllungsort beim Gläubiger oder beim Schuldner lokalisiert. Zu den verschiedenen Möglichkeiten einer allseitigen Anknüpfung von Konversionsbefugnissen an die lex loci solutionis siehe S 141 ff.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 2 4 4 BGB
Grenzen
der
Lehre
von
der währungsmäßigen
493
Neutralität
der
Geldwertschuld.
Die
F r e m d w ä h r u n g , in der ein Schaden, ein Unterhaltsbedürfnis, ggf. a u c h ein A u f w a n d ' 1 2 6 entstanden ist, bildet den Vertretern des Neutralitätsdogmas zufolge einen bloßen B e r e c h n u n g s f a k t o r , 3 1 2 7 anhand dessen sich jeweils die H ö h e der auszuurteilenden
DM-Summe
b e m i ß t . 3 1 2 8 N a c h der hier vertretenen Auffassung sind derartige Schranken für die Entstehung gesetzlicher Fremdwährungsverbindlichkeiten nicht a n z u e r k e n n e n . 3 1 2 9 Sowohl bei vertragsergänzenden Dispositivregeln als auch innerhalb vertragsunabhängiger Schuldverhältnisse entscheidet der jeweilige N o r m z w e c k über die abstrakt-generellen Kriterien, n a c h denen sich die Schuldwährung r i c h t e t . 3 1 3 0
b)
Normauslegung
aa) Wortlaut des Aufgreifkriteriums im ersten Halbsatz von Abs. 1 D u r c h den Umstand, d a ß im konkreten Fall eine gesetzliche Valutaschuld mit inländischem Erfüllungsort vorliegt, m u ß die Anwendbarkeit des § 2 4 4 B G B keineswegs präjudiziert w e r d e n . Die F r a g e n a c h der Schuldwährung ist nicht gleichbedeutend mit derjenigen nach der Übertragbarkeit der (grundsätzlichen) Konversionsbefugnis in den nichtrechtsgeschäftlichen Bereich. G e r a d e der Gesetzeswordaut wird sogar immer wieder als Beleg dafür herangezogen, d a ß gesetzliche Valutaschulden allein (!) durch Leistung v o n Einheiten der 3 1 2 6 Zur Frage, ob Aufwendungsersatzverpflichtungen Geldsummen- oder Geldwertschulden darstellen, siehe S 3 0 9 f. 3 1 2 7 Nicht zuletzt wegen dieser bewußten Abkehr von § 2 4 4 BGB bemessen deutsche Gerichte die zuerkannte DM-Summe typischerweise nach dem Wechselkurs zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung statt unbezifferte DM-Urteile mit der Maßgabe zu fällen, daß der zur Zeit der tatsächlichen Zahlung geltende Kurs entscheidet. Die Chance, § 2 4 4 Abs 2 BGB analog heranzuziehen und das Wechselkursrisiko in vollem Umfang dem Schuldner zu überantworten, bleibt in der Praxis nahezu vollständig ungenutzt (eine Ausnahme bildet O L G Köln N J W 1971, 2 1 2 8 , 2129). Besonders plakativ BGH W M 1977, 4 7 8 , 4 7 9 : „Da es sich bei einem Schadensersatzanspruch nicht um eine 'in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld' handelt (BGHZ 14, 2 1 2 , 217), kommt nicht § 2 4 4 Abs 2 BGB, sondern § 2 4 9 BGB zur Anwendung". Näher dazu S 2 9 8 ff. 3 1 2 8 Nur wenn (ausnahmsweise) ein Fremdwährungsurteil ergehen soll, was auch auf Basis der Neutralitätsthese denkbar ist, könnte § 2 4 4 BGB herangezogen werden. 3 1 2 9 Mißverständlich die verbreitet anzutreffende Aussage, die deutsche Rechtsprechung zementiere unzutreffenderweise einen Gegensatz zwischen § 2 4 9 BGB und § 2 4 4 BGB (etwa ¡C Schmidt in Staudinger 13 , § 2 4 4 Rn 2 5 ; Maier-Reimer N J W 1985, 2 0 4 9 , 2 0 5 4 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 61 f). Soweit die Rechtsprechung ihre Neutralitätsthese auf § 2 4 4 BGB stützt, ist dies sicher falsch. Freilich läßt sich jene Argumentation in jüngerer Zeit ohnehin kaum mehr beobachten. Auf Basis einer anders begründeten Neutralitätsthese aber ist für § 2 4 4 Abs 1 B G B konsequenterweise kein Raum. Man mag das Neutralitätsdogma teilen oder nicht, wo die Schuld letztlich auf deutsche Währung lautet, verliert die dem Schuldner durch § 2 4 4 Abs 1 BGB gewährte Tilgungsbefugnis jeden Sinn. Was der Rechtsprechung im Rahmen ihres Dogmas als fehlerhafte Gegensatzbildung vorgeworfen werden kann, das ist der bereits in Fn 3 1 0 2 7 bemängelte und aus § 2 4 9 BGB nicht zu rechtfertigende Verzicht auf eine Analogie zu S 2 4 4 Abs 2 BGB. Analogie deshalb, weil es nicht um das Verhältnis zwischen Schuld- und Zahlungswährung, sondern um dasjenige zwischen Berechnungswährung und Schuldwährung ginge. Zu konzedieren ist der Rechtsprechung allerdings, daß eine derartige Analogie natürlich die Berechtigung der Neutralitätsthese noch fragwürdiger erscheinen ließe. 3130 g 2 9 4 ff; dort auch zu der These, S 2 4 4 BGB lasse bereits die Absicht des Gesetzgebers erkennen, gesetzliche Geldschulden in ausländischen Währungseinheiten auszuschließen.
5. Teil: Erlöschen
494
Schuldwährung (und damit nach § 362 BGB) tilgbar seien. So heißt es etwa in RGZ 109, 61, 62, schon begrifflich könne die auf Zahlung einer Geldsumme gerichtete Leistungspflicht nur dann i.S.d. § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB in einer ausländischen Währung „ausgedrückt" sein, wenn der Inhalt eines Vertrages die Geldleistung in dieser Währung bezeichne. W. Mayer fügte ergänzend hinzu, eine gesetzliche Schuld finde, wenn sie nicht vertraglich bestätigt werde, überhaupt keinen Ausdruck. Entstehe eine gesetzliche Schuld in ausländischer Währung, handele es sich lediglich um eine Konsequenz des Tatbestandes. 3131 Letzteres ist natürlich richtig, im hier interessierenden Zusammenhang aber belanglos. Es geht ja gerade darum, ob § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB mit dem Adjektiv „ausgedrückt" eine bestimmte Technik der Währungsbestimmung (nämlich die rechtsgeschäftliche) umschreibt oder nicht. Der Wortlaut erscheint zumindest ambivalent, denn als währungsmäßiger Ausdruck einer Geldschuld kann durchaus allein die Kennzeichnung der Schuldwährung gemeint sein. 3132 So wie es sonst im Rahmen dieser Untersuchung geschieht, wäre danach auch i.S.d. § 244 Abs. 1 BGB eine Geldschuld in ausländischer Währung „ausgedrückt", wenn Rechnungseinheiten einer fremden Geldrechtsordnung den Gegenstand der Verbindlichkeit bildeten bzw. - um auf synonyme Formulierungen zurückzugreifen - wenn die Geldschuld auf ausländische Währung „lautete" oder in ihr „denominiert" wäre. bb)
Schlüsse aus dem Dispositivcharakter
der
Norm
Schwerer als rein begriffliche Überlegungen im Rahmen der Aufgreifkriterien des ersten Halbsatzes von § 244 Abs. 1 BGB wiegt schon ein insbesondere von v. Hoffmann herangezogenes Argument.3133 Ausschlaggebend ist für ihn, daß § 244 Abs. 1 Hs. 2 BGB den Parteien ausdrücklich gestattet, die besondere Tilgungsbefugnis des Schuldners vorab auszuschließen. Gesetzliche Dispositivnormen3134 aber verkörperten vertypten Parteiwillen und setzten deshalb logisch voraus, daß das Rechtsverhältnis durch Parteiwillen begründet worden ist. Konsequenterweise dürften auf Grundlage dieser Einschätzung nur Valutaschulden innerhalb gesetzlicher Schuldverhältnisse von § 244 BGB ausgeschlossen sein. 3135 Diejenigen kraft Gesetzes entstehenden Fremdwährungsverbindlichkeiten, die nur ein unvollständig geregeltes Vertragsverhältnis ergänzen (ihrerseits also vertypter Parteiwille sind), blieben unberührt, d.h. der Schuldner wäre befugt, sie statt mit Auslandsgeld mit DM zu tilgen. Selbst unter Berücksichtigung dieser Einschränkung (die sich bei bloßem
3131
W. Mayer Valutaschuld, 81. Birk RTW 1973, 425, 4 3 6 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 62. 3133 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 141; ähnlich W. Mayer Valutaschuld, 81; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 4 9 ; Birk RIW 1973, 425, 436. 3 1 3 4 Die Einordnung als Dispositivnorm wäre nicht zwingend. Manche Entscheidungen des Reichsgerichts legen die Annahme einer Auslegungsregel nahe; siehe etwa RGZ 107, 110, 111: „Der § 2 4 4 Abs 1 will mit dem Erfordernis der Ausdrücklichkeit die bei der bloßen Bestimmung der Schuld in ausländischer Valuta noch möglichen Zweifel über das Bestehen des Vertragswillens ausschließen, daß in ausländischer Währung gezahlt werden solle". Vgl ferner RGZ 111, 316, 3 1 7 ; 138, 52, 54. Zur Abgrenzung zwischen materialen Auslegungsregeln und Dispositivnormen bereits S 2 3 7 ff und 303 ff. 3135 v. Hoffmann aaO beschränkt sich in der Tat auf diesen Bereich. 3132
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
495
Rückgriff auf den Normtext noch nicht aufdrängt)313*, besitzt jedoch die skizzierte Auslegung des § 244 BGB keine Überzeugungskraft. Nicht jede Regel, die von den Parteien abbedungen werden kann, muß ihre Bedeutung darin erschöpfen, rechtsgeschäftliche Verhältnisse zu gestalten; zumal dann nicht, wenn sie - wie § 244 - im 1. Abschnitt des 2. Buches des BGB enthalten ist, systematisch also zu jenen Normen zählt, die grundsätzlich auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse gleichermaßen anzuwenden sind. Ebensowenig wie etwa von §§ 269, 270 BGB oder auch von §§ 284 ff. BGB, die zweifellos dispositiver Natur sind, behauptet werden kann, sie bezögen sich schlechterdings nur auf Zahlungsverbindlichkeiten innerhalb vertraglich bzw. rechtsgeschäftlich begründeter Schuldverhältnisse,3137 läßt sich aus der bloßen Abdingbarkeit des § 244 BGB eine entsprechende Folgerung herleiten. Die Möglichkeit, § 244 BGB auszuschließen, wird nun allerdings vom Gesetz in besonderer Weise hervorgehoben, und zwar durch die Wendung „es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist". Ob diese Formulierung den Schluß trägt, der Anwendungsbereich des § 244 BGB müsse enger sein als jener der beispielhaft genannten Dispositivnormen, ist allerdings mehr als zweifelhaft. Anlaß zur Skepsis gibt bereits ein Vergleich mit Art. 336 Abs. 2 ADHGB, der Vorläuferbestimmung des heutigen S 244 BGB. Dort hatte es noch geheißen: „Ist die im Vertrage bestimmte Münzsorte am Zahlungsorte nicht im Umlauf oder nur eine Rechnungswährung, so kann der Betrag nach dem Werthe zur Verfallzeit in der Landesmünze gezahlt werden, sofern nicht durch den Gebrauch des Wortes 'effektiv' oder eines ähnlichen Zusatzes die Zahlung in der im Vertrage benannten Münzsorte ausdrücklich bedungen ist."3138 Angesichts des gegenüber Art. 336 Abs. 2 ADHGB erweiterten Anwendungsbereichs von S 244 Abs. 1 BGB liegt nichts näher, als die Bedeutung der Ausschlußklausel des zweiten Halbsatzes auf Rechtsgeschäfte zu beschränken, § 244 Abs. 1 BGB also einen zweigeteilten Anwendungsbereich zuzuerkennen: Vertragliche Valutaschulden könnten effektiv ausgestaltet werden, gesetzliche Fremdwährungsverbindlichkeiten dagegen dürfte der Schuldner immer statt in fremder auch in deutscher Währung tilgen. Schon W. Mayer meinte zwar, durch den Verzicht auf das Wort „Vertrag" in § 244 Abs. 1 BGB sei nur eine für das bürgerliche Recht nicht mehr gerechtfertigte Beschränkung auf zweiseitige Rechtsgeschäfte entfallen.3139 Und Aretid betont heute wieder, daß in den Gesetzgebungsmaterialien von einer etwaigen Änderung des bisherigen Rechtszustandes nicht gesprochen worden sei.3140 Diese Argumentationen stehen jedoch insofern auf schwachen Füßen, als die Ausschlußklausel erst im Entwurf der 2. Kommission (wieder) enthalten war, wohingegen weder der v. Kübeische Teilentwurf Nr 25 noch der Entwurf der 1. Kommission oder der Entwurf der Vorkommission des Reichsjustizamtes die Formulierung des Art. 336 Abs. 2 ADHGB aufgegriffen hatte.3141 Die
3 1 3 6 Und deren Ergebnisse auch nicht immer ganz widerspruchsfrei sind: Den Aufwendungsersatzanspruch des rechtswirksam Beauftragten (§ 670 BGB) könnte der Geschäftsherr auch dann in DM tilgen, wenn die Forderung auf fremde Währung lautete, den entsprechenden Anspruch des auftraglosen Geschäftsführers gemäß § 683 S 1 BGB dagegen nicht. 3 1 3 7 Siehe etwa Siber in Planck4, § 2 7 0 Anm 5; Löwisch in Staudinger13, Vorbem zu §§ 284 ff Rn 21 ff; Thode in MiinchKomm-BGB3, § 284 Rn 3. 3 1 3 8 Hervorhebungen des Verf. 3139 W. Mayer Valutaschuld, 81. 3140 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 49. 3141 Jakobs/Schubert Beratung SchR I, 58 ff.
5. Teil: Erlöschen
496
später Gesetz gewordene Ausschlußklausel muß vor dem Hintergrund gesehen werden, daß noch der 1. Entwurf seinem Wortlaut nach eine Pflicht (!) zur Zahlung in deutscher Währung begründete. § 215 Abs. 1 des E I lautete: „Die Zahlung einer im Inlande zahlbaren Geldschuld ist in Reichswährung auch dann zu bewirken, wenn die Schuld in ausländischer Währung ausgedrückt ist". In der 2. Kommission nun herrschte Einigkeit darüber, daß die Vorschrift keine zwingende sein sollte. Die Kommissionsmehrheit war jedoch der Ansicht, es empfehle sich, den dispositiven Charakter der Vorschrift über die Formulierung „kann" hinaus noch durch einen besonderen Zusatz zu verdeutlichen.3142 Anhaltspunkte dafür, daß § 244 BGB ebenso wie Art. 336 Abs. 2 ADHGB allein im rechtsgeschäftlichen Bereich relevant werden sollte, können der Entstehungsgeschichte somit nicht entnommen werden. cc)
Doppelte
Privilegierungsfunktion
Diese Einschätzung wird durch die ratio des S 244 BGB untermauert. Zwar spielt der Primat der deutschen Währung im Bereich gesetzlicher Schuldverhältnisse eine eher untergeordnete Bedeutung.3143 Dennoch verbieten sich Wertungsparallelen zu § 3 S. 1 WährG, der zum Schutz der DM allein rechtsgeschäftlich begründete Fremdwährungsverbindlichkeiten erfaßt. Zum einen hat § 244 BGB im Gegensatz zu § 3 S. 1 WährG auch eine individualschützende Funktion und kann sich deshalb nicht wie das privatrechtsgestaltende Verwaltungsrecht auf Bereiche konzentrieren, in denen die gehäufte Begründung von Valutaschulden die Gefahr einer währungserschütternden Dynamik heraufzubeschwören droht. Zum anderen bezieht § 3 S. 1 WährG nicht einmal den Kreis vertragsergänzender Dispositivnormen mit ein,3144 wohingegen derartige Regeln doch sogar auf Basis der Lehre vom vertypten Parteiwillen in den Anwendungsbereich des § 244 BGB fallen. Es ist sonach der mit S 244 BGB intendierte Schuldnerschutz, der die durch Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik gestützte Auslegung bestätigt, wonach die Norm auch auf Fremdwährungsverbindlichkeiten innerhalb gesetzlicher Schuldverhältnisse heranzuziehen ist. Der von Birk und Arend befürworteten Analogie zu § 244 BGB3145 bedarf es nicht: In ausländischer Währung „ausgedrückt" sind nach dem Gesagten auch Schadensersatz-, Unterhalts·, Aufwendungsersatz- und andere Zahlungsverpflichtungen aufgrund von Schuldverhältnissen, die vom Parteiwillen unabhängig entstehen, sofern nur Einheiten einer fremden Währung den Gegenstand der Geldschuld bilden. Die Möglichkeit, das Wahlrecht des Valutaschuldners in bestimmter Weise ausschließen zu können, läßt die Frage nach einer Normanwendung ohne Ausschlußklausel unberührt.
c)
Konsequenzen
Nach der zuvor entwickelten Auffassung findet das in § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB statuierte Tilgungsrecht auf alle Arten von Valutaschulden Anwendung, unabhängig von ihrem Entstehungsgrund. Es handelt sich in Anlehnung an eine Formulierung von K. Schmidt um 3,42
Mugdati Materialien II, 508. AM offenbar Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 49. 3144 S 270 f. 3145 Birk RIW 1973, 425, 436; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 50. 3143
S 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
497
eine weit über das Vertragsrecht hinausreichende gesetzliche Regelanordnung für das Erlöschen von Geldschulden.3146 Damit ist allerdings noch keine Aussage darüber getroffen, ob Fremdwährungsverbindlichkeiten, die Gegenstand gesetzlicher Schuldverhältnisse oder vertragsergänzender Dispositivnormen sind, ausnahmslos den Charakter einfacher Valutaschulden tragen.3147 Soweit gegen eine derartige Ausdehnung der währungsverschiedenen Ersetzungsbefugnis Bedenken geltend gemacht werden,3148 geht es meist darum, bereits den Tatbestand des ersten Halbsatzes von § 244 Abs. 1 BGB einzuschränken. Bei deliktischen Schadensersatzansprüchen in fremder Währung etwa wird ein Widerspruch zum schadensersatzrechtlichen Prinzip der Totalreparation bemängelt. Der Gläubiger - so heißt es - erhalte nicht den vollen Ausgleich der Vermögensminderung; ihm würden vielmehr das Kursrisiko zwischen dem Zeitpunkt der Zahlung und dem der Umwandlung in die Schuldwährung sowie die Kosten dieser Umwandlung aufgebürdet. 314 ' Einwände dieser Art sind in der Sache ernstzunehmen. Sie rechtfertigen es jedoch nicht, die unter b) getroffene Entscheidung wieder in Frage zu stellen. aa)
Erfüllungsort im Staat der Schuldwährung
Zunächst lassen sich manche Wertungswidersprüche schon durch Herausbildung sachgerechter Regeln über die Bestimmung der Schuldwährung und den Erfüllungsort vermeiden. Besteht nämlich Identität zwischen Schuldwährung und der am Erfüllungsort umlaufenden Währung, findet S 244 Abs. 1 1. Hs BGB ohnehin keine Anwendung, sei es, weil die deutsche Währung bereits den Schuldgegenstand bildet, sei es, weil der Erfüllungsort statt im Inland im Ausland liegt. Derartige Konstellationen sind im allgemeinen bei Wertersatzverpflichtungen aus § 818 Abs. 2 BGB zu beobachten, da regelmäßig die Heimwährung des Bereicherungsschuldners Schuldwährung ist3150 und der (Wohn-)Sitz des Schuldners gemäß §§ 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB den Erfüllungsort bildet.3151 Auch bei den Herausgabeschulden aus §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB oder § 667 BGB, soweit sie auf Geldzahlung gerichtet sind, kann § 244 BGB natürlich von vornherein unanwendbar sein, doch besteht hierbei die genannte durchgängige Verknüpfung gerade nicht: Der zur Herausgabe Verpflichtete hat an seinem
3146 Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 2, der von einer Regelanordnung für das Verhältnis zwischen Schuld- und Zahlungswährung spricht. 3147 So aber Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 204; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 49 f; Steenken Fremdwährungsschulden, 62; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 29; vielleicht auch Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 262 f, 274; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2054 f; Alberts NJW 1989, 609, 613, die sich jeweils nur zu Schadensersatzverpflichtungen in ausländischer Währung äußern. Vgl ferner RGZ 96, 121, 123: „Wollte man hieraus den Schluß ziehen, daß der Anspruch auf die 21000 österreichischen Kronen eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Sinne von § 244 BGB betrifft, so würde an sich der Beklagte, der im Inlande wohnt und zahlungspflichtig ist, die Wahl haben, ob er in ausländischer oder Reichswährung zahlen will (...)". 3148 Krit. vor allem v. Hoffmann FS Firsching, 125,141; W. Mayer Valutaschuld, 81. 3149 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 141. 3150 S 345 ff. 3151 Zum Erfüllungsort für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung BGH MDR 1962, 399, 400; Keller in MünchKomm-BGB3, § 269 Rn 48, $ 270 Rn 6; Manfred Wolf in Soergel12, § 269 Rn 30, § 270 Rn 4.
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5. Teil: Erlöschen
(Wohn-)Sitz 3 1 5 2 Einheiten derjenigen Währung zu leisten, die er erlangt hat. 3 1 5 3 Im Bereich der Aufwendungsersatzverpflichtungen gilt Entsprechendes. Der Schuldner mag im Ausland wohnen oder der ersatzberechtige Gläubiger die fremdnützigen Aufwendungen in deutscher Währung getätigt haben. § 2 4 4 B G B bliebe dennoch anwendbar, wenn der Gläubiger für den inländischen Schuldner (§§ 2 6 9 , 2 7 0 BGB) ausländisches Geld aufgewendet hätte. Schwerer fällt die Entscheidung bei Schadensersatzverpflichtungen, die eine Geldzahlung zum Inhalt haben. Bisweilen wird auch dort der Erfüllungsort in Anwendung der SS 2 6 9 Abs. 1, 2 7 0 Abs. 4 B G B am Wohnsitz des Schuldners lokalisiert. 3154 Da sich die Währung des Schadensersatzes nach der Währung des geschädigten Gläubigervermögens richtet, 3 1 5 5 verbliebe wie bei Herausgabe- und Aufwendungsersatzschulden breiter Raum für das Problem einer etwaigen „gesetzlichen Effektivklausel". Anders verhielte es sich, wenn der Erfüllungsort der Gläubigersphäre zu entnehmen wäre, was voraussetzte, daß sich „aus der Natur des Schuldverhältnisses" eine dahingehende Abweichung von der geldschuldrechtlichen Grundregel ergibt. Tatsächlich ist die Anwendung des S 2 6 9 B G B zumindest bei Schadensersatzpflichten deliktischer Art fragwürdig, und zwar vor dem Hintergrund des schadensersatzrechtlichen Ausgleichsprinzips, an dem sich auch die Bestimmung der Schuldwährung orientiert. So wird mit Recht angenommen, daß die Herstellungspflicht nach § 2 4 9 S. 1 B G B am Aufenthaltsort der verletzten Person bzw. dem Lageort der beschädigten Sache zu erfüllen ist. 3 1 5 6 Damit korrespondiert die These, Ersatz für eine entzogene Sache sei an dem Ort zu leisten, wo die Sache ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand den Interessen des Gläubigers gedient hätte, also gegebenenfalls auch an dem Ort, an den der Geschädigte sie verbracht hätte. 3 1 5 7 Von diesen Grundsätzen beim Geldersatz nach S 2 4 9 S. 2 B G B oder der Entschädigung nach S 2 5 1 B G B abzuweichen besteht kein Anlaß. Die Regelung der SS 2 7 0 , 2 6 9 B G B mit ihrer Aufspaltung zwischen Verlust- und Verzögerungsgefahr paßt schlecht zu der Risikokonzeption der S S 2 4 9 ff. BGB, sie könnte sich möglicherweise sogar bei der Umrechnung nach S 2 4 4 Abs. 2 B G B zu Lasten des Gläubigers auswirken. 3158 Es spricht mithin einiges dafür, den Erfüllungsort bei Zahlungsverbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung dort zu lokalisieren, wo sich die Vermögenseinbuße für den Gläubiger auswirkt. Das kann der Belegenheitsort des betroffenen Teilvermögens sein, häufig also - wenn auch keinesfalls zwingend - der (Wohn-)Sitz des Gläubigers; für S 2 4 9 S. 2 B G B kommen indes auch andere Orte in
3 1 5 2 Soweit eine Herausgabepflicht als vertragliche Nebenpflicht zu charakterisieren ist, könnte ihr Erfüllungsort mit dem der Hauptpflicht identisch sein; vgl RGZ 55, 105, 111; 70, 198, 199; BGH MDR 1962, 399, 400; BGH WM 1976, 1230, 1232. Zu Recht differenzierend Manfred Wolf in Soergel12, § 269 Rn 11. 3 S 305 ff und 351 ff. 3 1 5 4 Etwa Manfred Wolf in Soergel12, § 269 Rn 31, 33; Canaris in Großkommentar-HGB3, § 361 Anm 4 f; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5. 3 1 5 5 S 314 ff. 3 1 5 6 f. Hoffmann FS Firsching, 125, 133; A. Werner in Staudinger10'11, § 269 Rn 15; Teichmann in Soergel12, § 269 Rn 33. 3 1 5 7 BGHZ 5, 138, 143; Siber in Planck4, § 249 Anm 8; Keller in MünchKomm-BGB3, § 269 Rn 26; Heinrichs in Palandt, § 269 Rn 11. 3 1 5 8 Vgl auch S 519 ff.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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Betracht, 3159 beispielsweise der Ort, an dem der Gläubiger Aufwendungen zur Schadensbeseitigung getroffen hat. 3160 Bei vertraglichen Schadensersatzverbindlichkeiten liegen die Dinge komplizierter, schon weil sich die Abweichung vom Konzept der §§ 270, 269 BGB auch auf den Gerichtsstand des § 29 ZPO auswirkt, aber auch wegen der Möglichkeit, daß der Erfüllungsort des Sekundäranspruchs dem Erfüllungsort des Primäranspruchs folgt. 3161 Im Bereich der Unterhaltsschulden schließlich drängen sich ähnliche Überlegungen auf wie beim deliktischen Schadensersatz. Die Natur des Schuldverhältnisses wird hier geprägt durch den Unterhaltszweck, die Befriedigung des Gläubigerbedarfs. Da der Unterhaltsberechtigte typischerweise zum Monatsbeginn zahlreichen Verpflichtungen (z.B. Mietzahlung) nachzukommen hat, kann es bei der üblichen Festsetzung der Unterhaltsrente zum Ersten eines Monats 3162 im voraus nicht auf den Zeitpunkt der Absendung (Einzahlung bei der Post, Überweisungsauftrag an die Schuldnerbank) ankommen, wie sich dies aus § 270 BGB ergäbe, sondern nur auf den Zeitpunkt, an dem das Geld auf dem Gläubigerkonto eingegangen ist. 3163 Der Gläubiger muß am Fälligkeitstag über das Geld verfügen können. Nachteilig für den Unterhaltsgläubiger wirkte sich die Bestimmung des Erfüllungsortes nach § 269 BGB aber nicht nur für den Verzugseintritt aus (vgl. auch § 1613 Abs. 1 BGB: Unterhalt für die Vergangenheit), sondern möglicherweise - wie im Falle des Schadensersatzes - auch bei der Umrechnung nach § 244 Abs. 2 BGB. Es läge daher nicht fern, in Abweichung von der Konzeption der §§ 269, 270 BGB eine Bringschuld anzunehmen, d.h. den Erfüllungsort am ständigen Aufenthalt des Gläubigers zu lokalisieren. 3164 Die h.M. jedoch hält dessen ungeachtet daran fest, auch bei Unterhaltsschulden den Erfüllungsort in Anwendung der §§ 269, 270 BGB zu bestimmen. 3165
bb) Wertungen der schuldbegründenden Norm Liegt keine der genannten Gestaltungen vor, handelt es sich also tatsächlich um eine kraft Gesetzes entstandene Valutaschuld mit inländischem Erfüllungsort, muß stets geprüft werden, ob dem Schuldner trotz § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB das Recht zur wahlweisen Tilgung in deutscher Währung nach dem Sinngehalt der konkreten schuldbegründenden
3159 Der Schuldner wird daher oft den Erfüllungsort nicht kennen und muß sich durch eine entsprechende Anfrage beim Gläubiger vergewissern. Dieser ist zur unverzüglichen Mitteilung verpflichtet; A. Weber in Staudinger10'11, § 269 Rn 15. 3160 v. Hoffmann FS Firsching, 125, 133; siehe ferner Siber in Planck4, § 249 Anm 8. 3161 Etwa RG WarnR 1920 Nr 188; BGH NJW 1981, 1158; ferner RG Recht 1905, Nr 683; RG LZ 1908, Sp. 159 Nr 15. 3162 BGHZ 103, 267, 269; OLG Frankfurt/M. FamRZ 1976, 705, 707; OLG Celle FamRZ 1979, 1058; OLG Hamburg DAVorm 1976, Sp. 404, 405; OLG Hamm FamRZ 1980, 916, 917; OLG Karlsruhe FamRZ 1981, 384, 385; W. Köhler in MünchKomm-BGB3, § 1612 Rn 43; Häberle in Soergel12, § 1612 Rn 19; nach aA wird der erste Monatsbetrag mit Entstehung der Unterhaltspflicht fällig und sind die weiteren Zahlungen jeweils am gleichen Kalendertag der Folgemonate zu leisten; etwa OLG Bamberg FamRZ 1980, 916; KG FamRZ 1984, 1131, 1134. 3163 So AG Überlingen FamRZ 1985, 1143 in Auslegung eines Unterhaltsvergleichs; Diederichsen in Palandt, § 1612 Rn 21; Kappe/Engler in Staudinger13, § 1612 Rn 107. 3164 Vgl OLG Oldenburg FamRZ 1988, 631, 632. 3165 BGH FamRZ 1989, 603, 604; OLG Köln FamRZ 1990, 1243, 1244; Göppinger Unterhaltsrecht, Rn 337; Häberle in Soergel12, § 1612 Rn 19; Richter in MünchKomm-BGB3, § 1585 Rn 2; auch die in Fn 31643 Genannten wollen nicht schlechthin vom Erfüllungsort des § 269 BGB abrücken.
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5. Teil: Erlöschen
Norm verwehrt wird, m.a.W. ob Zahlung in ausländischer Währung „kraft Gesetzes ausdrücklich bedungen" ist. Die Alternative zum tatbestandlichen Ausschluß des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB besteht bei gesetzlich begründeten Valutaschulden nicht in der ausnahmslosen Anwendung dieser Norm. Gesetzliche Zahlungsverbindlichkeiten in fremder Währung zählen weder schlechthin zur Kategorie der effektiven noch stets zu derjenigen der einfachen Valutaschulden. Konstruktiv läßt sich dieses Ergebnis natürlich auch mit einer je nach Schuldzweck gebotenen Analogie zu § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB erzielen.3166 Regelfall bliebe dann aber wohl die gesetzliche Valutaschuld als effektive Fremdwährungsverbindlichkeit. Auf Grundlage des hier befürworteten Standpunktes verhält es sich umgekehrt. Gesetzliche Geldschulden in ausländischer Währung, deren Erfüllungsort in Deutschland liegt, können auch in DM getilgt werden, sofern sich nicht ausnahmsweise aus dem konkreten Schuldzweck etwas anderes ergibt.3167 Eine Analogie speziell zur Ausschlußklausel des zweiten Halbsatzes von § 244 Abs. 1 BGB ist nicht erforderlich.3168 Ihre Bedeutung beschränkt sich auf den Bereich privatautonom geschaffener Valutaschulden. Die ausnahmsweise Begründung einer effektiven gesetzlichen Fremdwährungsverbindlichkeit folgt bereits aus dem Prinzip lex specialis derogat legi generali. Wann im Einzelnen die allgemeine Regelung des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB durch spezielle gesetzliche Wertungen verdrängt wird, ist Gegenstand der Erörterungen unter IV.2.
III. Rechtsnatur Uneinheitlich wird die Frage beantwortet, wie das dem Valutaschuldner durch § 244 BGB gewährte Recht dogmatisch einzuordnen ist. Drei Modelle stehen zur Diskussion. Bisweilen findet sich die Auffassung, § 244 BGB begründe ein Wahlschuldverhältnis.3169 Andere nehmen demgegenüber an, es handele sich um eine Ersetzungsbefugnis, die dem Schuldner erlaubt, statt der geschuldeten Leistung eine andere Leistung zu erbringen.3170 Manche Autoren 3171 schließlich wollen im Einklang mit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung3172
3166
Birk RIW 1973, 425, 436; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 49 f. So wohl Kegel IPR, 877; vorsichtig in diese Richtung auch K. Schmidt in Staudinger", § 244 Rn 39. 3168 Sie wäre aber ohne weiteres begründbar, da eine planwidrige Regelungslücke vorläge und der Gesetzgeber, wenn er an das Erfordernis eines Ausschlusses von § 244 Abs 1 Hs 1 BGB bei bestimmten gesetzlichen Valutaschulden gedacht hätte, wie in § 246 BGB formuliert haben würde: "... sofern nicht ein anderes bestimmt ist". 3169 OLG Köln JW 1920, 910, 911; Hirsch ZHR 85 (1921) 210, 219; Helfferich, Das Geld, 314. 3170 W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 52; Nussbaum Das Geld, 210 f; Birk RIW 1973, 425, 426; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 72 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 48; Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214. 3171 Siber in Planck4, § 244 Anm 1; Brodmann JW 1921, 441; W. Mayer Valutaschuld, 79; Bamberger Valutaschuld, 11 Fn 1 und 12; aus neuerer Zeit Gernhuber Das Schuldverhältnis, 660 (anders möglicherweise ders: Erfüllung, 201); Esser/E. Schmidt, SchuldR I, 233; O. Werner in Erman', § 244 Rn 17. 3172 RGZ 101, 312, 313; 108, 337, 338; ferner KGJFG 1, 470, 473. 3167
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 2 4 4 BGB
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eine bloße Regelung von Zahlungsmodalitäten festgeschrieben wissen, mitunter aber die Regeln der facultas alternativa entsprechend heranziehen.3173 Eine erste Eingrenzung ergibt sich bereits als Konsequenz aus der im Rahmen dieser Arbeit vertretenen These, wonach die Geldschuld nicht von ihrer währungsmäßigen Ausprägung abstrahiert werden kann, die Währung vielmehr den Schuldgegenstand konstituiert. Von Zahlungsmodalitäten läßt sich hiernach zwar sprechen, wenn der Schuldner sowohl Bargeld als auch Buchgeld leisten darf, 3174 nicht jedoch wenn ihm die Befugnis zusteht, zwischen Geldzahlungen in unterschiedlichen Währungen zu wählen. Zu entscheiden bleibt, ob S 2 4 4 BGB auf der Ebene der Schuldwährung ansetzt und die Wahl zwischen zwei gleichgeordneten Leistungsalternativen im Rahmen einer zunächst noch unbestimmten Schuld eröffnet oder ob die Norm eine Regelung über die Zahlungswährung enthält, d.h. bei Geldschulden, die von vornherein ausschließlich auf Verschaffung von Fremdwährung gerichtet sind, die Möglichkeit einräumt, diese bestimmte Leistung durch eine ebenso bestimmte andere zu ersetzen.
1.
W o r t l a u t und N o r m z w e c k
Die Abgrenzung zwischen Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis war bereits Gegenstand der Erörterung rechtsgeschäftlich begründeter Währungsalternativen.3175 Bezieht man die dort angestellten Überlegungen auf § 244 Abs. 1 BGB, so fällt zunächst ins Auge, daß der Normtext die Währung, in der die Geldschuld ausgedrückt ist, von derjenigen Währung unterscheidet, in der die Geldschuld gezahlt werden kann. Schon dies legt es nahe anzunehmen, in einem von § 2 4 4 BGB beeinflußten Schuldverhältnis komme der ausländischen
3173
Für letzteres insbes. RGZ 101, 312, 313; aA offenbar W. Mayer und Esser/E. Schmidt aaO für
die dann die Regeln der Wahlschuld naheliegen müßten (krit. namentlich Birk RTW 1973, 4 2 5 , 426). Vgl auch Berger Der Aufrechnungsvertrag, 2 6 1 : .Ähnlich den alternativen Zahlklauseln ('option de change') internationaler Anleihen, nur mit umgekehrten Vorzeichen, handelt es sich also um eine einheitliche Geldschuld mit Doppelwährungszahlklausel". Viele sind sich zwar darin einig, daß eine Wahlschuld ausscheidet, geben aber nicht zu erkennen, ob sie in § 2 4 4 BGB die Befugnis zur Verschaffung einer anderen als der geschuldeten Leistung oder die Regelung einer Zahlungsmodalität erblicken. Derart allgemein ist von Ersetzungsbefugnis die Rede bei B G H N J W 1 9 9 2 , 2 3 7 , 2 3 9 ; O L G Hamburg N J W 1954, 2 3 3 , 2 3 4 ; LG Braunschweig W M 1985, 3 9 4 , 3 9 5 ; Teichmann in Soergel 12 ,
§ 244 Rn 31; Schock Erfüllungsort, 37; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 47; Martiny in
MünchKomm-BGB 2 , Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 2 2 ; Larenz SchuldR I, 170; v. Hoffmann FS Firsching, 125, 1 3 7 ; Bachmann Fremdwährungsschulden, 8; Maier-Reimer N J W 1985, 2 0 4 9 , 2 0 5 0 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 60 f; gegen die Annahme einer Wahlschuld auch R G J W 1924, 1 5 3 7 f; B G H N J W 1958, 1390, 1391. 3 1 7 4 Um Zahlungsmodalitäten geht es auch Art 8 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates v. 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (Abi L 139/1 v. 11.5.1998), wenn es d o n für den Übergangszeitraum bis Ende 2 0 0 1 heißt: .Abweichend von Absatz 1 kann jeder Betrag, der auf die EuroEinheit oder die nationale Währungseinheit eines bestimmten teilnehmenden Mitgliedstaats lautet und innerhalb dieses Mitgliedstaats durch Gutschrift auf das Konto des Gläubigers zahlbar ist, vom Schuldner entweder in der Euro-Einheit oder in dieser nationalen Währungseinheit gezahlt werden". Die hier befürwortete Einordnung zieht die Konsequenz aus dem Umstand, daß ab Januar 1999 innerhalb der Teilnehmerstaaten der Euro die alleinige Währung bildet und die nationalen Währungseinheiten nurmehr als Untereinheiten des Euro fungieren. 3 1 7 5 S 2 6 0 ff.
5. Teil: Erlöschen
502
Währung eine ganz andere Funktion zu als der deutschen Währung. 3176 Der durch den Wortlaut vermittelte Eindruck, § 244 BGB begründe kein Gleichordnungs-, sondern ein Stufenverhältnis beider Währungen, wird unterstrichen durch die typische Zwecksetzung von Wahlschulden einerseits und Ersetzungsbefugnissen andererseits. Es kennzeichnet ein Wahlschuldverhältnis, daß im Zeitpunkt der Schuldbegründung vorerst nur alternativ formuliert werden kann, welche der verschiedenen Leistungen den Interessen des Schuldners im Zeitpunkt der Fälligkeit seiner Schuld entspricht.3177 Demgegenüber gewährt das Gesetz dem Schuldner eine Ersetzungsbefugnis, wenn eine Leistung zwar als grundsätzlich sachrichtig bewertet wird, es jedoch naheliegt, daß sich im Einzelfall diese Leistung weniger interessengerecht für den Schuldner erweisen kann als eine andere Leistung.3178 Ein derartiges Regel-Ausnahme-Verhältnis normiert § 244 BGB. In erster Linie soll der Schuldner auch bei inländischem Erfüllungsort Einheiten einer ausländischen Währung leisten, sofern die Parteien sich auf diese Währung als Schuldgegenstand verständigt haben oder das Gesetz eine entsprechende Bestimmung trifft. § 244 BGB berücksichtigt aber, daß u.U. Beschaffungsprobleme auftreten und es daher für den Schuldner eine Erleichterung darstellen kann, auf Einheiten derjenigen Währung auszuweichen, die ihm am Erfüllungsort beliebig zur Verfügung steht. Der Annahme eines Stufenverhältnisses "zu Lasten" der DM mag man heute den Primat der deutschen Währung entgegenhalten wollen. Daß jedoch aus diesem weiteren Normzweck des § 244 BGB keine Gleichrangigkeit hergeleitet werden kann, belegt neben der bereits angesprochenen Wortwahl des Gesetzes auch der Umstand, daß die Norm es zuläßt, Zahlungen in deutscher Währung ausdrücklich auszuschließen.
2.
Rechtsfolgeüberlegungen
Gegen die Konstruktion eines durch § 244 BGB begründeten Wahlschuldverhältnisses sprechen schließlich die Vorschriften der §§ 263, 264, 265 BGB über Ausübung und Veränderung des Wahlrechts sowie über die Folgen der Unmöglichkeit einer der Alternativleistungen. Sämtliche genannten Bestimmungen wären allenfalls mit Modifikationen auf das gesetzliche Tilgungsrecht des Valutaschuldners anwendbar. Gemäß § 263 BGB erfolgt die Wahl durch empfangsbedürftige Erklärung gegenüber dem anderen Teil, ist unwiderruflich und wirkt auf den Zeitpunkt der Schuldentstehung zurück. Diese Regeln bei § 244 BGB heranzuziehen müßten nicht nur diejenigen ablehnen, die wegen des Primats der deutschen Währung jede tatsächliche DM-Zahlung im Inland ausreichen lassen wollen. Schon die Gesetzesformulierung „Zahlung" macht deutlich, daß es nicht auf eine Erklärung des Schuldners ankommt, sondern auf das faktische Bewirken der einen oder anderen Leistung, wie es für die Ersetzungsbefugnis kennzeichnend ist. 317 ' Falls man überdies mit der wohl h.M. dem wahlberechtigen Schuldner, der eine der Alternativleistungen in Unkennt3176
Vgl W. Mayer Valutaschuld, 78; ferner Gernhuber Das Schuldverhältnis, 259, der zur Abgrenzung im rechtsgeschäftlichen Bereich ausführt: „die Verbindung der möglichen Leistungsinhalte durch ein 'oder' ist Indiz einer Wahlschuld, die Verbindung durch ein 'statt', 'anstelle von', 'beziehungsweise' dagegen Indiz einer Ersetzungsbefugnis". 3177 Gernhuber Das Schuldverhältnis, 259, 261. 3,78 Gernhuber Das Schuldverhältnis, 259, 659. 3179 Zur Ausübung des Rechts aus § 244 BGB siehe weiter S 543 ff.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
503
nis seines Wahlrechts erbracht hat, das Recht zur Rückforderung nach §§ 812 ff. BGB zugestehen will, 3180 wären praktische Schwierigkeiten unvermeidlich und wegen der großen Zahl der von § 244 BGB erfaßten Fälle rechtspolitisch nicht hinnehmbar. Soweit § 2 4 4 BGB Parteiinteressen dient, handelt es sich bei Abs. 1 - dem Tilgungsrecht als solchem - ausschließlich um Schuldner- nicht um Gläubigerbelange. Der Gläubigerschutz kommt erst im Rahmen der Umrechnungsregel des Abs. 2 zum Zuge. 3181 Damit ließe sich schon schwer vereinbaren, daß § 264 Abs. 1 BGB dem Gläubiger das Recht gewährt, die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder die andere Leistung zu richten, sofern der Schuldner sein Wahlrecht nicht vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung ausübt. 3182 N o c h weniger wäre es hinnehmbar, eine Verpflichtung (!) zur Zahlung in deutscher Währung anzunehmen, falls die alternative Valutaschuld infolge § 3 S. 1 W ä h r G ex tunc unwirksam ist oder die Leistung von Fremdwährungseinheiten aufgrund ausländischer Devisenregeln nachträglich (subjektiv oder objektiv) unmöglich wird. Der Primat der deutschen Währung gebietet abermals keine abweichende Wertung, da es u m die Frage geht, ob überhaupt (noch) eine Geldschuld existiert. Selbst S 3 S. 1 W ä h r G wandelt die in seinen Anwendungsbereich fallenden Valutaschulden nicht in Heimwährungsverbindlichkeiten um, die Rechtsfolge ergibt sich vielmehr (vorbehaltlich eines gegenteiligen Parteiwillens) aus S 134 BGB. 3183 S 244 BGB ist nach alledem als Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) zu charakterisieren. 3184 Geschuldet werden ausschließlich Fremdwährungseinheiten. Solange der Geldschuldner sein Recht zur ersatzweisen Zahlung von D M nicht ausgeübt hat, gelten einzig die Regeln über die Behandlung von Valutaschulden. Weder die Unwirksamkeit des Valutaschuldversprechens noch die Unmöglichkeit, dem Gläubiger Fremdwährungseinheiten verschaffen zu können, führen zu einer primären DM-Schuld.
IV. Ausschluß 1.
Effektivklauseln
Die Befugnis zur ersatzweisen Zahlung in Inlandswährung wird dem Valutaschuldner nicht ausnahmslos gewährt. § 244 Abs. 1 BGB selbst enthält im Anschluß an die Nennung der soeben unter § 12 I und II erörterten Tatbestandsvoraussetzungen die Formulierung „es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist". Anhand dieser Ausschlußklausel werden üblicherweise „einfache" und „effektive" Fremdwährungsverbindlichkeiten unterschieden. 3 1 8 5 Einfache Valutaschulden sind mit einer Ersetzungsbefug3,80
Siehe S 548 f. Anders möglicherweise auf dem Boden der These, S 244 BGB berechtige den Schuldner zur Zahlung in Gläubigerwährung. 3182 Vgl Nussbaum JW 1920, 910 gegen OLG Köln ebd. 3183 S 277 ff. 3,84 Siehe auch die Begründung des RegE zu § 107 InsO (jetzt § 95 Abs 1 InsO): „In dem Fall, daß sich die Forderung eines Insolvenzgläubigers auf einen DM-Betrag richtet, die Gegenforderung der Insolvenzmasse aber auf ausländische Währung lautet, ist die Ersetzungsbefugnis nach § 244 Abs 1 BGB zu beachten", BT-Drucks 12/2443, 141. Zu § 95 InsO näher § 19. 3185 S 8 ff; dort auch zu anderen Verwendungsweisen der Begriffe „einfach" und „effektiv" im Zusammenhang mit Valutaschulden. 3181
5. Teil: Erlöschen
504
nis versehen, effektive Valutaschulden nicht. Der erwähnte Ausschlußgrund bildet kein Spezifikum des deutschen Geldschuldrechts,3186 sondern findet sich ganz ähnlich in vielen Rechtsordnungen, die es dem Fremdwährungsschuldner gestatten, anstelle der Schuldwährung eine andere Währung zu leisten. Beispielsweise heißt es in Art. 84 Abs. 2 Schweiz. OR, der Schuldner dürfe auch in der Währung des Zahlungsortes leisten, „sofern nicht durch den Gebrauch des Wortes 'effektiv' oder eines ähnlichen Zusatzes die wortgetreue Erfüllung des Vertrages ausbedungen ist".3187 Einen nur darstellungstechnisch anderen Weg beschreitet der Vereinheitlichungsentwurf der Lando-Gruppe. In Article 2.111: (Currency of Payment) wird zunächst festgeschrieben: „(1) The parties may agree that payment shall be made only in a specified currency", um sodann die Ersetzungsbefugnis unter die Voraussetzung zu stellen: „(2) In the absence of such agreement...".
a)
Wertungsmodell
Der sachliche Gehalt der in § 244 Abs. 1 Hs. 2 BGB statuierten Einschränkung tritt im Normtext nur unvollkommen zutage. Irreführend ist namentlich die Wendung „ausdrücklich bedungen".3188 Um die Ersetzungsbefugnis des Valutaschuldners auszuschließen, genügt es nicht bereits, daß die Parteien eine ausländische Währung explizit zur Vertragswährung erklären, die Währungsbestimmung also ohne Rückgriff auf die zuvor unter § 8 I erörterten Auslegungskriterien auskommt. Diese Einschätzung folgt ohne weiteres aus dem Umstand, daß das Gesetz dem Schuldner gerade das Recht einräumt, eine in ausländischer Währung „ausgedrückte" Geldschuld durch Zahlung in deutscher Währung zu tilgen. Auch wenn der Begriff „ausgedrückt" als Tatbestandsvoraussetzung der Ersetzungsbefugnis keine Bestimmungstechnik, sondern eine Funktion der Währung innerhalb des Schuldverhältnisses umschreibt und gleichermaßen ausdrücklich wie stillschweigend vereinbarte, ja darüber hinaus sogar gesetzliche Fremdwährungsverbindlichkeiten einbezieht, wäre es doch mit den Regelungszielen des § 244 BGB unvereinbar, sollte die Befugnis zur ersatzweisen Tilgung in DM ausgerechnet die Masse der unter deutschem Recht begründeten Valutaschulden von vornherein unberührt lassen. Die ausdrückliche Bezeichnung der Vertragswährung durch die Parteien betrifft daher für sich genommen lediglich die Ebene der Schuldwährung und eröffnet die Anwendbarkeit des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB; 3189 die Beseitigung der Ersetzungsbefugnis richtet sich nach anderen Kriterien.3190 3 1 8 6 Einheitsrecht verkörpern die Art 41 Abs 3 WG, 36 Abs 3 ScheckG, die die Wechsel- und scheckrechtliche Ersetzungsbefugnis durch die wortgleiche Formulierung ausschließen: „Die Vorschriften der beiden ersten Absätze finden keine Anwendung, wenn der Aussteller die Zahlung in einer bestimmten Währung vorgeschrieben hat (Effektiwermerk)". 3 1 8 7 Weitere Beispiele bilden Art 558 Abs 1 port. C. civ. ; Art 291 griech. ZGB; Art 6:121 Abs 2 niederl. BW. 3 1 8 8 Vgl RGZ 107, 110, 111; Κ Schmidt in Staudinger", § 244 Rn 38. 3 1 8 9 RGZ 107, 110, 111; 111, 316, 3 1 7 ; RG JW 1926, 2838; 1928, 233, 234; BGHZ 101, 296, 302; OLG Hamburg HansRGZ 1935 B, Sp. 587, 588 f; O. Werner in Erman', § 244 Rn 14; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 38; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 45; Winden DB 1953, 548. 3 , 9 0 Zumindest mißverständlich Berger Der Aufrechnungsvertrag, 266 f: „Es muß also erkennbar sein, daß nach der Absicht der Parteien die gewählte Bezeichnung der Summe Geldes nicht nur, wie gemeinhin üblich, dazu dienen soll, die Höhe der (Wert-)Schuld, sondern auch die geschuldete Währungsart zu bestimmen".
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
505
Sinn und Z w e c k des zweiten Halbsatzes von § 2 4 4 Abs. 1 B G B bestehen ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien darin, die Ersetzungsbefugnis unmißverständlich als dispositive Regelbestimmung zu charakterisieren, 3 1 9 1 so daß bei Unklarheiten eine einfache Fremdwährungsverbindlichkeit anzunehmen ist, die Darlegungs- und Beweislast somit bei jener Partei liegt, die sich auf den Ausschluß der Ersetzungsbefugnis beruft. 3 1 ' 2 Daraus ergibt sich zugleich die Bedeutung der Formulierung „ausdrücklich bedungen". Geht es dem Gesetz darum, in der skizzierten Weise ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zu statuieren, greift die Ausschlußklausel immer, aber auch nur dann ein, wenn der erklärte Parteiwille darauf gerichtet ist, daß die Zahlungsverbindlichkeit allein mit Einheiten der ausländischen Schuldwährung getilgt werden soll, die Leistung von Geld einer anderen W ä h r u n g mithin nach dem Inhalt der Vereinbarung ausscheidet. 3 1 9 3 Die Rechtsprechung hat häufig „eine in besonderem M a ß e unzweideutige Offenbarung" dieser
Willens-
richtung verlangt. 3 1 9 4 Damit freilich werden Unklarheiten heraufbeschworen. Der auf alleinige Tilgbarkeit in F r e m d w ä h r u n g gerichtete Parteiwille muß nicht expressis verbis zum Vorschein k o m m e n , erst recht nicht bedarf es der Verwendung von W o r t e n wie „ n u r " , „ausschließlich", „allein" oder etwa eines expliziten Verbotes von Zahlungen in anderen W ä h r u n g e n . Damit die Zahlung in ausländischer W ä h r u n g als „ausdrücklich bedungen" angesehen werden kann, genügt es dem N o r m z w e c k zufolge, daß der Parteiwille unzweideutig feststellbar ist, 3 1 9 5 d.h. an seiner Existenz keine Zweifel bestehen, 3 1 9 6 sei es aufgrund des (gegebenenfalls auslegungsbedürftigen) Vertragstextes, sei es „durch
Mugdan Materialien II, 508. Musielak Beweislast, 3 7 4 ; Rosenberg Beweislast, 296 bei Fn 4; Teichmann in Soergel 12 , § 244 Rn 29; K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 3 8 ; aA soweit ersichtlich nur Leonhard Die Beweislast, 312: Wer sich auf die Zahlung in D M berufe, müsse ihre Gültigkeit dartun, also auch, daß nichts anderes vereinbart ist. Leonhard verkennt jedoch, daß der mit den Worten „es sei denn, daß" eingeleitete Halbsatz des § 244 Abs 1 BGB kein negatives Tatbestandsmerkmal bildet, sondern den Parteien lediglich in besonderer Weise die Ermächtigung zu abweichenden Abreden verleiht. Die Anwendung auch eines derart ausgestalteten Rechtssatzes s e a t nicht die Feststellung voraus, daß die Parteien keine Abweichung gewollt haben. Wie jede Dispositivnorm ist auch § 24 Abs 1 Hs 1 BGB anzuwenden, sofern nicht positiv feststeht, daß Abweichendes vereinbart ist. Allgemein zur Beweislastregelung bei Zweifeln am Vertragsinhalt Rosenberg Beweislast, 2 9 4 ff; Musielak Beweislast, 330 ff, 343 ff. Nicht zu verwechseln mit der Darlegungs- und Beweislast für den Ausschluß der Ersetzungsbefugnis ist die Frage, welche Partei für die Vereinbarung einer bestimmten Schuldwährung darlegungs- und beweispflichtig ist; mißverständlich Strieder in Baumgärtel, Beweislast, § 244 Rn 1; f. May dell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 45. § 244 BGB spielt hierbei keine Rolle; vielmehr kommt es auch insoweit auf den Inhalt geschriebener wie ungeschriebener materialer Auslegungsregeln und Dispositivnormen an. Unrichtig daher OLG Koblenz NJW 1988, 3 0 9 9 ; Einzelheiten auf S 243 ff. 3 1 9 3 Heute praktisch einhellige Auffassung; siehe etwa R G Z 107, 110, 111; 111, 3 1 6 , 3 1 7 ; 138, 52, 54; RG J W 1926, 2838; 1928, 233, 234; BGHZ 102, 296, 302; BGH LM Nr 5 zu § 275 BGB; aus dem Schrifttum siehe nur Teichmann in Soergel 12 , § 244 Rn 30; W. Mayer Valutaschuld, 79 f; Meder W M 1996, 2 0 8 5 , 2087. 3 1 9 4 R G Z 107, 110, 111; 111, 316, 317; 138, 52, 54; BGH LM Nr 5 zu § 275 BGB. 3 1 9 5 Besonders eindringlich K. Schmidt in Staudinger 13 , § 244 Rn 38. 3 1 9 6 R G Z 107, 110, 111; Teichmann in Soergel 12 , § 244 Rn 30; vgl auch Meder W M 1996, 2085, 2087: Eine effektive Valutaschuld liege vor, wenn sich der Schuldner definitiv_verpflichtet habe, in Fremdwährung zu zahlen. 3191
il91
506
5. Teil: Erlöschen
Tatsachen von sich aufdrängender Schlüssigkeit".3197 Die Wendung „in besonderem Maße" in Kombination mit dem Erfordernis „unzweideutig" ist von der Rechtsprechung nie mit eigenständigem Sinn gefüllt worden, so daß wohl eher ein Pleonasmus denn eine inhaltliche Differenzierung vorliegt. Anders verhielte es sich, wenn der unzweideutig ermittelbare Parteiwille in eine spezielle Form, etwa eine nicht mehr auslegungsbedürftige Wortwahl, gekleidet werden müßte.3198 Gerade auf das Wesen der ausdrücklichen im Gegensatz zur stillschweigenden Willenserklärung kommt es jedoch bei § 244 Abs. 1 Hs. 2 BGB nicht an. 3199 Etwas anderes hätte auch dann zu gelten, wenn die Norm eine Art „summarische Auslegung" vorschriebe, wie Siber dies befürwortet hat. Für ihn sollte es nicht genügen, wenn der auf die Leistung von ausländischer Währung gerichtete Wille sich nur auf Grund minutiöser Abwägung der Umstände des konkreten Falls ergibt, der fragliche Wille müsse vielmehr durch ein Verhalten offenbart werden, das keiner weitschichtigen Auslegung bedürfe.3200 Abgesehen davon, daß auf diese Weise neue Abgrenzungsschwierigkeiten vorgezeichnet wären, geben weder Normtext oder Gesetzesmaterialien noch der Dispositivcharakter der Norm etwas für die Interpretation Sibers her.3201 Die Auslegung hat vielmehr wie auch sonst nach §§ 133, 157 BGB zu erfolgen.3202 Spricht sie unzweideutig für die alleinige Zahlbarkeit in fremder Währung, hat der Schuldner keine Ersetzungsbefugnis, verbleiben Zweifel, kann er auch in deutscher Währung zahlen. In der Sache enthält damit das deutsche Recht längst jene Regel, die im Vereinheitlichungsvorschlag der Lando-Gruppe einen weitaus präziseren Ausdruck gefunden hat. 3203
3 1 9 7 RGZ 107, 110, 111; siehe ferner BGH LM Nr 5 zu § 275 BGB; OLG Karlsruhe Recht 1921 Nr 1298; OLG Hamburg HansRGZ 1935 B, Sp. 587, 589; Siber in Planck", § 244 Anm 3; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 38. 3 . 9 8 Jenes Verständnis liegt möglicherweise Art 84 Abs 2 Schweiz. OR zugrunde. 3 . 9 9 RGZ 107, 110, 111. 3200 Siber in Planck4, § 244 Anm 3; zust jetzt Berger Der Aufrechnungsvertrag, 267. 3 2 0 1 So heißt es im Prot der 2. Kommission (Mugdan Materialien II, 508): „Zur Verdeutlichung des Gedankens, daß für die Annahme einer vom Inhalte des § 215 abweichenden Verabredung eine darauf gerichtete Willenserklärung erforderlich sei, wurde die Einschiebung des Wortes 'ausdrücklich' für zweckmäßig erachtet". 3202 K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 38. 3 2 0 3 Wenngleich der Vorschlag der Comission on European Contract Law durch Plazierung der effektiven Valutaschuld in Abs 1 und die der einfachen Valutaschuld in Abs II des Art 2.111 Irritationen über das Verhältnis von Regel und Ausnahme auslösen mag. Systematik und vielleicht auch der Wortlaut könnten eventuell dahin verstanden werden, daß Unklarheiten zu Lasten dessen gehen, der sich auf eine einfache Fremdwährungsverbindlichkeit beruft. Erst Comment D. zu Art 2.111 beseitigt sämtliche Zweifel: „The Principles adopt the widely accepted rule that the debtor has the option of effecting payment in the currency of the due place of payment rather than in the currency of payment. ... If the creditor wants to avoid this result, he must stipulate that payment be made only in the currency of the money of account (or in the agreed currency of payment)". Zur Bedeutung der Begriffe „money of account" und „money of payment" siehe S 5 ff.
§ 1 2 : Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
507
b) Einzelfälle Als Standardklausel zum Ausschluß der Ersetzungsbefugnis gilt seit langem der Gebrauch des Wortes „effektiv" im Zusammenhang mit der Nennung der Schuldwährung. 3 2 0 4 Der Schweizer Gesetzgeber hat die Wendung gar im Text des Art. 84 Abs. 2 O R als Beispiel aufgeführt, und im juristischen Sprachgebrauch Deutschlands findet sich die Bezeichnung „Effektivklausel" beinahe durchgängig als Oberbegriff für sämtliche Vereinbarungen, kraft derer die Ersetzungsbefugnis des § 2 4 4 B G B abbedungen wird. 3 2 0 5 Erforderlich ist die Wendung „effektiv" also nicht, um eine „Effektivklausel" anzunehmen. Die SparkassenAGB etwa bedienen sich in Nr. 14 S. 1 der Formulierung: „Kredite in ausländischer Währung sind in der Währung zurückzuzahlen, in der sie gegeben worden sind." 3 2 0 6 Keinesfalls aber kann die RückZahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers allein aufgrund der Vertragsnatur als eine (regelmäßig) effektive betrachtet werden. 3 2 0 7 Die Formulierung des § 6 0 7 Abs. 1 BGB, wonach das Empfangene in Sachen von gleicher Art zurückzuerstatten ist, bezieht sich nur auf die Schuldwährung. Bei Währungsoptionen zu Gunsten des Gläubigers in Gestalt von Wahlschulden oder Ersetzungsbefugnissen 3208 sind die von Anfang an alternativ bzw. später ersatzweise entstehenden Fremdwährungsverbindlichkeiten allerdings mangels gegenteiliger Anhaltspunkte als effektiv vereinbart zu betrachten. 3 2 0 9 Dies folgt aus der Überlegung, daß die Parteien mögliche Alternativstellungen bedacht haben und die vereinbarte Option, die durch eine Ersetzungsbefugnis des Schuldners ausgehöhlt werden würde, deshalb abschließenden Charakter besitzen soll. Eine Effektivklausel beinhaltet ferner die unechte Geldsortenschuld in fremder Währung, 3 2 1 0 und zwar im Zweifel auch bezogen auf den Fall der Umwandlung in eine regelmäßige Geldschuld nach § 2 4 5 BGB. Indem die Parteien verabreden, die Geldschuld sei in einer ganz bestimmten Sorte ausländischer Zahlungsmittel zu erfüllen, bringen sie regelmäßig zugleich ihren Willen zum Ausdruck, daß es ihnen nicht nur auf die Sorte, sondern auch auf die Währung ankommt, 3 2 1 1 daß also die etwaige Unmöglichkeit, diese bestimmte Sorte zu leisten, keinen
3 2 0 4 Aus der Rechtsprechung etwa RGZ 151, 35, 36; 153, 384, 3 8 5 ; RG J W 1926, 2838; BGH LM Nr 5 zu § 275 BGB; OLG Hamburg HansRGZ 1935 B, Sp. 587, 589. 3 2 0 5 Vgl RG J W 1926, 2838: Das Wort „ausdrücklich" soll in deutscher Sprache das Gleiche besagen wie „effektiv". Siehe ferner die Umschreibung der entsprechenden Ausschlußklausel in Art 41 Abs 3 WG, 36 Abs 3 ScheckG. 3 2 0 6 Zum Effektivcharakter der wortgleichen Formulierung in Nr 3 Abs 1 S 1 Banken-AGB aF BGH NJW 1980, 2 0 1 7 f; OLG Hamm WM 1991, 1371, 1372: „Sinn der in Nr 3 Abs 1 Satz 1 AGB enthaltenen Effektivklausel ist es, der Bank die Finanzierung des von ihr ausgegebenen Währungskredits zu ermöglichen. Die von dem Kunden erhaltenen Zahlungen in fremder Währung sollen ihr die Erfüllung ihrer eigenen Verbindlichkeit, die sie in der Regel zur Finanzierung des Fremdwährungskredits eingegangen ist, ermöglichen". Siehe ferner Kümpel WM-Sonderbeilage 1/1976, 17. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 18; Nussbaum Das Geld, 206. 3 2 0 8 Eingehend S 2 5 7 ff. 3209 Karl Neumeyer IntVerwR ΙΠ/2, 178; ferner Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 91 f. 3 2 1 0 Dazu bereits S 33. 3 2 1 1 Zwar ist damit die Ersetzungsbefugnis des Schuldners nach § 244 BGB ausgeschlossen, es bleibt jedoch die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, statt Geldzeichen der betreffenden Sorte schlechthin Geldeinheiten der Währung zu verlangen, der die Sorte angehört, obwohl die Voraussetzungen des § 2 4 5 BGB nicht erfüllt sind. Dahinter verbirgt sich die Überlegung, daß die Vereinbarung einer unechten Geldsortenschuld regelmäßig allein den Interessen des Gläubigers dient und es daher typischerweise dem Parteiwillen entspricht, daß der Gläubiger nicht auf Geldzeichen der bedungenen
508
5. Teil: Erlöschen
Einfluß auf die Verpflichtung haben soll, ausschließlich in Fremdwährungseinheiten zu zahlen. Effektiver Natur sind weiter die sog. Eurodevisenschulden,3212 d.h. Guthaben, die bei einer Bank außerhalb des Währungsstaates belegen, aber innerhalb des Währungsstaates durch Verrechnung zahlbar sind.3213 Ansonsten hängt die Feststellung, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist, stark von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab.3214 Die bloße Formulierung „zahlbar in" genügt entgegen verbreiteter Annahme3215 nicht, verbirgt sich dahinter doch bei unvoreingenommener Betrachtungsweise lediglich die Fixierung der Schuldwährung. Anders verhält es sich bei der Formulierung „in natura" oder „wirklich"3216 oder auch bei einer Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer, daß sich die Preise in US-Dollar rein netto Kasse nach Empfang der Ware verstehen und die fraglichen Beträge bei Fälligkeit in Dollar auf das Devisenkonto des Verkäufers zu überweisen sind.3217 Auch die Verabredung der „leihweisen" Überlassung von Auslandsgeld wurde vom Reichsgericht dahin interpretiert, daß ausschließlich Geld der überlassenen Währung zurückgezahlt werden dürfe.3218 Der Sinn des Ausdrucks „Leihe", so heißt es, bestehe überall darin, daß dasjenige, was hingegeben ist, in derselben Art zurückgegeben werden müsse - eine Begründung, die angesichts der Nähe derartiger Fälle zum Darlehen kritisch zu betrachten ist. Abweichend beurteilte das OLG Hamburg denn auch die Übergabe von Auslandsgeld „zur Aufbewahrung" mit der Befugnis zur Verwertung.3219 Hierin sei lediglich die Begründung eines unregelmäßigen Verwahrungsverhältnisses (§ 700 BGB) zu erblicken, was in casu sicherlich schon deshalb richtig war, weil die Parteien für die Rückgewähr zusätzlich einen Mindestkurs in deutscher Währung festgelegt hatten. Kein Indiz für den Willen, die Ersetzungsbefugnis des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB auszuschließen, bilden (auch dies bezeugt die vorerwähnte Entscheidung) Wertsicherungsabreden, einerlei ob eine Berechnungswährung oder ein anderer Faktor als Wertmaßstab fungieren soll.3220 Die Werterhaltungsabsicht der Parteien muß durchaus nicht mit einer besonderen Tilgungsabsicht einhergehen. Effektivklauseln wurden dagegen unter dem Eindruck starker Entwertung der deutschen Währung in der Vergangenheit ohne weiteres für die beiderseitigen Leistungen aus Valutalebensversicherungsverträgen angenommen. Dahinter verbarg sich primär die Erwägung, die Auszahlung der Versicherung in Fremdwährung solle die begünstigten Angehörigen der Versicherungsnehmer vor den Schwierig-
Sorte zu bestehen braucht, siehe dazu Κ Schmidt in Staudinger13, § 245 Rn 12, § 244 Rn 91; Nussbaum Das Geld, 82. 3212 Angelika Fuchs ZVglRWiss 95 (1996) 283, 300 ff; Martiny in MünchKomm-BGB2, Nach Art 34 EGBGB Anh. I Rn 24; v. Hoffmann in Soergel12, Art 34 EGBGB Rn 119, 131. 3213 Zum Geldschuldcharakter derartiger Verbindlichkeiten bereits S 51 ff. 3214 Zu einfach aber Meder WM 1996, 2085, 2086, der für die Verwendung von Kreditkarten im Ausland allgemein formuliert, es handele sich bei der gegenüber einem ausländischen Vertragsunternehmen begründeten Verbindlichkeit um eine effektive Fremdwährungsschuld. 3215 v. Maydell in MünchKomm-BGB3, S 244 Rn 45; K. Schmidt in Staudinger12, § 244 BGB Rn 38; O. Werner in Erman', § 244 Rn 14. Die als Beleg herangezogene Entscheidung RG JW 1926, 2838 trägt diese Einschätzung nicht. Das Reichsgericht hatte über die Formulierung zu befinden: „Zahlbar gegen Duplikatfrachtbrief in effektiven Devisen". 3216 Quassowski!Albrecht WG, Art 41 Rn 14; Staub/Stram WG, Art 41 Anm 10. 3217 RG Recht 1924 Nr 451. 3218 RGZ 153, 384, 385 f; RG JR 1925, RsprNr 761. 3219 OLG Hamburg HansGZ 1922 Β Nr 136 (254, 255). 3220 V g l N u s s b a u m D a s Geld, 206.
S 12: Die Tilgungsbefugnis nach S 244 BGB
509
keiten bewahren, ersatzweise ausgezahltes deutsches Geld wertbeständig zu erhalten.3221 Wenn derlei Wertungen bezogen auf die DM (im Rahmen einer Analogie zu § 244 BGB, die bei ausländischem Erfüllungsort zu Gunsten der dort umlaufenden Währung überlegenswert ist,3222 mögen die Dinge anders liegen) heute fremd erscheinen, so zeigt das Beispiel immerhin, wie sehr die Interpretation der einschlägigen Parteierklärungen von den allgemeinen Wirtschafts- und Währungsverhältnissen abhängen kann. Hingewiesen sei schließlich auf Besonderheiten im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen, bei denen ein Ausschluß der Ersetzungsbefugnis auch unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium (§ 242 BGB) in Erwägung zu ziehen ist. So entschied das OLG Hamburg: Hat eine Reederei mit einem ihrer Kunden dauernd in britischen Pfund abgerechnet und letzterer stets in Pfund gezahlt, so kann der Kunde nicht unter Berufung auf eine Konnossementsklausel einer bereits zur Entstehung gelangten Frachtforderung gegenüber einwenden, er sei zur Zahlung effektiver Pfund nicht verpflichtet und werde nur in deutscher Währung zahlen.3223
c)
Bürgschaftsrechtliche
aa) Abgeleitetes
Akzessorietät
und eigenes
Ersetzungsrecht
Unterschiedlich beurteilt wird die Anwendbarkeit des § 244 BGB auf Bürgschaftsverpflichtungen für Valutaschulden.3224 Vorbehaltlich abweichender Vertragsauslegung zu Gunsten des Bürgen votieren manche zu Gunsten eines Modells strikter Akzessorietät.3225 Gemäß § 767 BGB begründe die Bürgschaft im Zweifel eine effektive Fremdwährungsverbindlichkeit, falls die Hauptschuld effektive Fremdwährungsverbindlichkeit ist, dagegen eine einfache Valutaschuld mit Ersetzungsbefugnis des Bürgen, wenn und solange die Hauptverbindlichkeit selbst eine einfache Valutaschuld darstellt. Nach anderer Auffassung erstreckt sich die Abhängigkeit der Bürgenverpflichtung von der Hauptschuld nur auf Schuldinhalt und -umfang, etwaige Ersetzungsbefugnisse würden nicht erfaßt.3226 Bilde die Hauptschuld eine einfache Fremdwährungsverbindlichkeit, hänge die Anwendbarkeit des S 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB auf die Bürgenschuld allein davon ab, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im Verhältnis Gläubiger-Bürge erfüllt seien. Effektiven Charakter habe die Valutaschuld des Bürgen in diesem Falle nur, wenn unzweifelhaft Zahlung in DM ausgeschlossen worden sei. Sofern dagegen die Hauptschuld eine effektive Fremdwäh-
3221
OLG Hamburg HansGZ 1935 B, Sp. 587, 589. Näher dazu S 553 ff. 3223 OLG Hamburg HansGZ 1924 H, Sp. 229, 230. 3224 Eine Bürgschaft kann für jede Art vermögensrechtliche Verbindlichkeit übernommen werden, nicht nur für Geldschulden, sondern auch für Handlungen oder Sachleistungsansprüche; Habersack in MünchKomm-BGB 3 , § 765 Rn 65; Horn in Staudinger13, § 765 Rn 99. Fremdwährungsverbindlichkeiten lassen sich daher ohne Bedenken ebenso nach §§ 765 ff BGB sichern wie DM-Schulden; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 52. Die währungsmäßige Ausprägung der Bürgenschuld entspricht derjenigen der Hauptverbindlichkeit, ganz wie auch sonst der Bürge den Gläubiger möglichst so zu stellen hat, wie bei Erfüllung der Hauptschuld; Mugdan Materialien II, 1019. 3225 K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 52. i226 Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 141. 3222
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5. Teil: Erlöschen
rungsverbindlichkeit darstelle, kehre sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis um: Der Bürge müsse in ausländischer Währung zahlen, wenn nichts anderes vereinbart sei.3227 Beiden Thesen fehlt indes die Uberzeugungskraft. Gewiß betrifft die Existenz einer Ersetzungsbefugnis weder Bestand noch Leistungsgegenstand oder Leistungsumfang der Hauptschuld - jene Elemente, auf die sich der Akzessorietätsgrundsatz des § 767 BGB im Kern bezieht.3228 Dessen ungeachtet ist die Haftungssituation von Hauptschuldner und Bürgen zumindest in einem weiteren Sinne berührt. Es hängt von der nach §§ 133, 157 BGB erfolgenden Auslegung der Bürgschaftsverpflichtung ab, genauer: von Inhalt und Umfang der darin enthaltenen Bezugnahme auf das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner, welches Risiko der Bürge im Einzelnen übernommen hat, mithin auch, ob ihm die rechtsgeschäftlich oder gesetzlich besonders eingeräumten Ersetzungsbefugnisse des Hauptschuldners zur Verfügung stehen.3229 Im Zweifel wird ein solcher Gleichlauf anzunehmen sein,3230 da der Gläubiger dem Bürgen gegenüber grundsätzlich keine stärkere Rechtsposition innehaben soll als gegenüber dem Hauptschuldner. 3231 Namentlich zielt die Bürgenhaftung nur auf dasjenige, was der Gläubiger vom Hauptschuldner bei obligationsgemäßem Verhalten zu erwarten gehabt hätte.3232 Der Begriff „Erfüllung" in § 765 BGB ist vor diesem Hintergrund nicht (allein) im Sinne des § 362 BGB zu verstehen. Der Streit darüber, ob die Ausübung einer Ersetzungsbefugnis das Schuldverhältnis nach § 362 BGB oder nach § 364 BGB erlöschen läßt, bleibt bei der Bürgschaft ohne Auswirkungen. Als Folge der angestellten Überlegungen können Ersetzungsbefugnisse nicht nur aus eigenem, sondern auch aus abgeleitetem Recht herrühren. 3233 Damit korrespondiert, daß der Bürge neben den Verteidigungsmitteln aus seinem Verhältnis zum Gläubiger auch die Einreden des Hauptschuldners geltend machen kann (§ 768 BGB). Der Grund für die doppelte Heranziehung des § 244 BGB mag deshalb auch in einer Analogie zu § 768 BGB gesehen werden. Man halte diesem Befund nicht entgegen, die hier diskutierte Rechtslage entspreche derjenigen bei Gestaltungsrechten des Hauptschuldners, die der Bürge nicht selbst ausüben 3227
Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 141 mit Fn 2. RG WarnR 1922 Nr 97 (119); Horn in Staudinger13, § 767 Rn 1. Nur soweit der Hauptschuldner von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht und die Hauptschuld erlischt, käme dies über § 767 BGB dem Bürgen zugute. 3229 Zu gesonderten Tilgungsvereinbarungen etwa RGZ 136, 178, 184; Habersack in MünchKommBGB3, § 765 Rn 48, § 767 Rn 15; zu bürgenfreundlichen Auslegungsgrundsätzen Horn in Staudinger12, § 765 Rn 19. 3230 Zum Sonderfall der Aufrechnung vgl § 770 Abs 2 BGB; ferner sogleich im Text. 3231 Etwa Pecher in MünchKomm-BGB 2 , § 767 Rn 1; Rüßmann WM 1983, 1126, 1129. 3232 V g l 0 e g g i n p i a n c k 4 ; ξ 7 6 5 Anm g a> d. 3228
3233 Eine weitere Konsequenz besteht darin, daß eine nachträglich zwischen Hauptschuldner und Gläubiger vereinbarte Effektivklausel nicht zu Lasten des Bürgen wirkt, es sei denn, er hätte zugestimmt, § 767 Abs 1 S 3 BGB; zur Auslegung dieser Regel siehe BGH DB 1995, 1855, 1857 ff; 1996, 1032 f; 1996, 1871. Aus RG WarnR 1922 Nr 97 (119) folgt nichts Abweichendes. Zwar heißt es dort, Rechte, die der Hauptschuldner aufgrund des Schuldverhältnisses habe, könnten auch ohne Zustimmung des Bürgen geändert werden. Gemeint sind damit jedoch Veränderungen, die beim gegenseitigen Vertrag die Forderung (!) des Hauptschuldners betreffen; vgl auch Horn in Staudinger13, § 767 Rn 44. Und selbst dort räumt das RG ein, aus besonderen Gründen könne etwas anderes anzunehmen sein. Hier hingegen geht es um die Rechtsposition des Hauptschuldners hinsichtlich seiner, durch die Bürgschaft gesicherten Verbindlichkeit, wobei nach dem typischen Parteiwillen der Bürge die gleichen Befugnisse haben soll wie der Hauptschuldner.
S 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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kann und für die § 7 7 0 B G B unmittelbar oder analog ein Leistungsverweigerungsrecht begründet. Parallelen ließen sich insofern noch am ehesten zur Wahlschuld (§§ 2 6 2 ff. BGB) herstellen. Nur der wahlberechtigte Hauptschuldner, nicht der Bürge, kann durch Wahlerklärung (§ 2 6 3 BGB) die Hauptschuld konkretisieren - mit Wirkung dann auch gegen den Bürgen. 3 2 3 4 Wenn deshalb der Gläubiger den Bürgen auf eine der wahlweise geschuldeten Leistungen vor Ausübung des Wahlrechts verklagt, hat der Bürge die Einrede analog S 7 7 0 B G B . Wird der Bürge dagegen auf wahlweise Leistung in Anspruch genommen, steht es ihm frei, durch Leistung des einen oder des anderen Gegenstandes die Schuld zu tilgen, wobei er jedoch auf die Interessen des Hauptschuldners Rücksicht zu nehmen hat. 3 2 3 5 Die Situation der Bürgschaft für eine einfache Valutahauptschuld ist indes von vornherein eine substantiell andere. § 2 4 4 Abs. 1 B G B begründet kein Wahlschuldverhältnis, gewährt dem Schuldner weder ein „einbrechendes" noch ein „zugreifendes" oder „ausfüllendes" Gestaltungsrecht 3236 und erlaubt dem Gläubiger allein die Fremdwährungsklage. 3 2 3 7 Abweichend von den Fällen der Anfechtung oder der Aufrechnung, von denen § 7 7 0 B G B spricht, bedeutete es keinen unmittelbaren Eingriff in Bestand, Inhalt oder Umfang eines dem Bürgen fremden Schuldverhältnisses, wenn er - vom Valutagläubiger in Anspruch genommen - seine Verpflichtung durch Zahlung in D M statt in Fremdwährung tilgt. Zudem wäre ein Leistungsverweigerungsrecht analog S 7 7 0 B G B auch deshalb fehl am Platze, weil der Hauptschuldner seine Substitutionsbefugnis nur durch Zahlung ausüben kann, die Bürgschaft den Gläubiger aber gerade vor Zahlungsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit des Hauptschuldners schützen will.
bb) Konsequenzen Aus dem Gesagten folgt, daß der Fremdwährungsbürge sich kraft Akzessorietät durch Zahlung in deutscher Währung befreien kann, wenn dem Hauptschuldner die Ersetzungsbefugnis zusteht, 3 2 3 8 ohne daß es darauf ankommt, ob die Bürgschaftsverpflichtung selbst unter § 2 4 4 Abs. 1 B G B fällt. 3 2 3 9 Liegen umgekehrt die Voraussetzungen des Substitutions3234 Oegg in Planck4, § 770 Anm 7 ; Horn in Staudinger13, § 770 Rn 21; Enneccerus/Lehmann Recht der Schuldverhältnisse, 794. 3235 Oegg, Horn und Enneccerus/Lehmann jeweils aaO. 3 2 3 6 Zu Gestaltungsrechten allgemein Seckel FS Koch 205, 210 ff; Bötticher FS Dölle I, 41 ff; Söllner in MünchKomm-BGB 3 , § 3 0 5 Rn 29 ff. 3 2 3 7 S 500 ff. 3 2 3 8 Es verhält sich insofern wie bei den Ablösungsrechten gemäß §§ 268, 1142, 1150, 1223 Abs 2, 1224, 1249 BGB. Bei ihnen kann der Berechtigte, der ja nicht persönlich schuldet, (nur) unter der Voraussetzung in DM zahlen, daß der persönliche Schuldner ersetzungsbefugt ist (zur Ausübung von Ersetzungsbefugnissen, die dem persönlichen Schuldner zustehen, siehe etwa Wolfsteiner in Staudinger 13 , § 1142 Rn 11; zur Ablösungsmöglichkeit durch Hinterlegung Eickmann in MünchKomm-BGB 3 , § 1142 Rn 15). Das Argument, § 244 BGB müsse stets anwendbar sein, wenn der Zugriff des Gläubigers auf die dingliche Haftung des Ablösungsberechtigten nur zur Befriedigung in deutscher Währung führen würde (so Κ Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 56), verfängt nicht. Schließlich ist die potentielle Vollstreckungswährung auch sonst für die Bestimmung der Schuldwährung und die Interpretation des § 244 BGB irrelevant. 3 2 3 9 Der Erfüllungsort für die Bürgenschuld ist grundsätzlich unabhängig vom Erfüllungsort der Hauptschuld nach §§ 269, 270 Abs 4 BGB zu bestimmen; RGZ 73, 262, 263 f; 137, 1, 11; Mühl in Soergel11, § 765 Rn 11; Mormann in RGRK-BGB, § 765 Rn 9; Thomas in Palandt, § 765 Rn 5; Oegg in Planck4, § 765 Anm 15.
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5. Teil: Erlöschen
rechts für die Bürgschaftsverpflichtung vor, spielen weder der Erfüllungsort der Hauptschuld noch die zwischen Gläubiger und Hauptschuldner getroffenen Tilgungsabreden eine Rolle. § 244 BGB bildet in dieser Konstellation ja kein abgeleitetes, sondern ein eigenes Recht des Bürgen. Warum der Bürge dem doppelten Normzweck des § 244 BGB zum Trotz nur dann in DM sollte zahlen dürfen, wenn der Hauptschuldner dieses Recht besitzt, bleibt uneinsichtig. Ungeachtet dieser Ausgangslage ist ein näherer Blick auf den Bedeutungsgehalt etwaiger Effektivklauseln im Verhältnis Gläubiger-Bürge unumgänglich. Liegt eine effektive Fremdwährungshauptschuld vor, kann mit derartigen Abreden natürlich nur eine aus dem Bürgschaftsvertrag herrührende originäre Ersetzungsbefugnis des Bürgen abbedungen werden. Es gelten die skizzierten allgemeinen Auslegungsregeln. Bei Zweifeln ist auch hier kein Ausschluß der Ersetzungsbefugnis, sondern eine einfache Valutabürgschaft anzunehmen. Sofern in der Bürgschaftsvereinbarung der Effektivcharakter der Hauptschuld besonders hervorgehoben wird, kann dies freilich im Rahmen des § 244 Abs. 1 Hs. 2 BGB eine (mit-)entscheidende Rolle spielen. Im Falle einer einfachen Valutahauptschuld mag Gegenstand der zwischen Gläubiger und Bürgen bestehenden Effektivabrede ebenfalls allein die etwaige originäre Ersetzungsbefugnis des Bürgen sein. Den Gläubigerinteressen wäre damit allerdings oft nicht entsprochen, solange dem Bürgen das Recht zusteht, die Substitutionsbefugnis des Hauptschuldners auszuüben. Der vertragliche Ausschluß dieses derivativen Rechts ist problematisch, würde doch die Abhängigkeit der Bürgenverpflichtung von der Hauptschuld gelockert, die Haftungssituation des Bürgen gegenüber derjenigen des Hauptschuldners verschärft.3240 Indes ließe eine solche Abrede das Wesen des Akzessorietätsprinzips - vom BGH als „zwingender Grundsatz" bezeichnet3241 - unberührt. Bestand, Leistungsumfang und Leistungsgegenstand der Bürgenschuld blieben in vollem Umfang von der Hauptverbindlichkeit abhängig. Ebensowenig würde das abgeleitete Einrederecht des § 768 BGB tangiert. Und selbst das ist in Grenzen der Parteidisposition unterworfen. Beispielsweise hat die Rechtsprechung anerkannt, daß der Bürge von vornherein auf die Einreden der Verjährung und der Stundung, bezogen jeweils auf die Hauptschuld, verzichten kann, ohne daß der Grundcharakter der Bürgschaft dadurch aufgehoben würde.3242 Zulässig ist darüber hinaus ein rechtsgeschäftlicher Verzicht des Bürgen auf die Einreden des § 770 BGB.3243 Nichts anderes kann im Ergebnis für das Privileg des S 244 BGB gelten. Wollte man abweichend entscheiden, also den Ausschluß des Bürgenrechts, die Ersetzungsbefugnis des Hauptschuldners auszuüben, als Verstoß gegen das Akzessorietätsprinzip betrachten, wären derartige Abreden gleichwohl nicht schlechthin wirkungslos. Bestand hätten sie freilich nur, wenn entweder der ganze Vertrag sich als anderer Typ (Garantie, Schuldübernahme etc.) qualifizieren ließe oder wenn eine selbständige Abrede zusätzlich zum Bürgschaftsvertrag gewollt wäre.3244 3240
Haftungserleichterungen, etwa die Erweiterung der abgeleiteten Ersetzungsbefugnis auf mehrere Währungen, sind unproblematisch zulässig; vgl etwa Habersack in MünchKomm-BGB3, § 767 Rn 10; Horn in Staudinger13, § 767 Rn 43. 3241 BGH WM 1966, 122, 124; gemeint ist zwingend aber natürlich nur insofern, als es die Vereinbarkeit mit dem Charakter des Vertrages als Bürgschaft anbelangt. 3242 RGZ 153, 338, 245 f; siehe ferner Mormann in RGRK-BGB, § 768 Rn 6; Mühl in Soergel", § 768 Rn 10; Horn in Staudinger12, § 768 Rn 21; Coing NJW 1951, 384, 386. 3243 Horn in Staudinger13, § 768 Rn 32, S 770 Rn 16. 3244 Horn in Staudinger12, § 768 Rn 20 ff.
S 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 2 4 4 BGB
513
Wer der hier vertretenen Auffassung folgt und im Verhältnis (einfacher) Valutagläubiger-Bürge eine Effektivklausel mit doppelter Zielrichtung gestattet, wird daraus auch praktische Konsequenzen ziehen müssen. Im Zweifel, dabei bleibt es, besteht unter den Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB eine einfache Valutabürgschaft mit zweifachem Substitutonsrecht; soll jedoch „die Ersetzungsbefugnis" des Bürgen ausgeschlossen sein, gilt angesichts des für den Bürgen erkennbaren Gläubigerinteresses als weitere Auslegungsregel, daß beide Substitiutionsrechte, das originäre und das derivative, gemeint sind. Es ist dann Sache des Bürgen, darzulegen und zu beweisen, daß Abweichendes vereinbart wurde. Zu denken wäre an Fälle, in denen die Ersetzungsbefugnis des Hauptschuldners (etwa in analoger Anwendung des § 244 Abs. 1 BGB) eine andere und für den Gläubiger akzeptablere Währung zum Gegenstand hat als das Tilgungsrecht des Bürgen. Es bleibt darauf hinzuweisen, daß für den vertraglichen Ausschluß der dem Bürgen allein zustehenden derivativen Ersetzungsbefugnis (des Hauptschuldners) das gleiche Regel-AusnahmeVerhältnis gilt wie bei § 244 Abs. 1 BGB: Zweifel gehen zu Lasten des Gläubigers.
2.
a)
Gesetzliche Spezialregelungen
Wertungsgrundlagen
Bereits unter II 2 c) wurde herausgearbeitet, daß kraft Gesetzes entstandene Valutaschulden mit inländischem Erfüllungsort - gleichgültig ob sie auf einer vertragsergänzenden Dispositivnorm beruhen oder Gegenstand eines gesetzlichen Schuldverhältnisses sind nicht vom Anwendungsbereich des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB ausgenommen sind, sondern ebenso wie rechtsgeschäftlich (unmittelbar) bedungene Fremdwährungsverbindlichkeiten statt in ausländischer auch in deutscher Währung getilgt werden können. Zugleich ist die These verworfen worden, gesetzliche Valutaschulden besäßen niemals effektiven Charakter, da Zahlung in ausländischer Währung naturgemäß nicht „ausdrücklich bedungen" werde. Nach der hier vertretenen Auffassung entscheiden vielmehr die Wertungen der jeweils schuldbegründenden Norm darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen die allgemeine Regel des ersten Halbsatzes von § 244 BGB ausnahmsweise unanwendbar bleiben muß. Bei gesetzlichen Fremdwährungsverbindlichkeiten sind anhand des Normzwecks ganz ähnliche Überlegungen anzustellen wie bei rechtsgeschäftlich bedungenen Valutaschulden aufgrund von § 244 Abs. 1 Hs. 2 BGB. Die damit aufgeworfene Frage nach der Identifizierung jener Gesetzesbestimmungen, die die Begründung von Fremdwährungsverbindlichkeiten mit dem Ausschluß der Ersetzungsbefugnis des § 244 Abs. 1 Hs. 1 BGB verbinden, stellt sich freilich nur insoweit, als die am Erfüllungsort umlaufende Währung nicht mit der Schuldwährung identisch ist. In diesem Falle fände § 244 BGB ohnehin keine Anwendung, sei es, weil die deutsche Währung bereits den Schuldgegenstand bildet, sei es, weil der Erfüllungsort statt im Inland im Ausland liegt. Keinesfalls wäre es zulässig, allgemein zu argumentieren, die im Wege der Normauslegung ermittelte Schuldwährung dürfe ihre Relevanz nicht im zweiten Zugriff wieder einbüßen. Denn es geht ja gerade darum, ob sich die schuldbegründende Norm, wie dies nach dem in § 244 BGB zum Ausdruck gelangenden Konzept der Regelfall ist, in der Währungsbestimmung erschöpft oder ausnahmsweise darüberhinaus geht. 3245 Je nach Schuldtyp 3245
Diese Wertung unterschätzte W. Mayer Valutaschuld, 82 ff.
5. Teil: Erlöschen
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sind quantitative und qualitative Aspekte zu unterscheiden. Bei Geldwertschulden, namentlich bei Schadensersatz- und Unterhaltsverbindlichkeiten, spielt zunächst der Gesichtspunkt eine Rolle, ob der Umfang der Ersatzleistung in deutscher Währung wertmäßig hinter der geschuldeten Leistung in fremder Währung zurückzubleiben droht und dies dem Ausgleichsgedanken bzw. dem Unterhaltsziel widerspricht. Es geht m.a.W. um das Verhältnis zwischen Umwechslungsrisiken und Wertsicherungszweck. Je weiter § 244 BGB diese Risiken dem Gläubiger auferlegt, desto eher ist die Annahme gerechtfertigt, die §§ 249 ff. BGB sowie die §§ 1601 ff., 1361, 1569 ff. BGB schlössen die Ersetzungsbefugnis des Schuldners aus.3246 Stellt § 244 BGB dagegen den Schuldner durch entsprechende Regeln über Umrechnungszeit, Umrechnungskurs, Umwechslungsmöglichkeit und Umwechslungskosten von sämtlichen Risiken dieser Art frei oder trifft das bürgerliche Recht jenseits des § 244 BGB eine dahingehende Risikovorsorge,3247 können quantitative Aspekte die Annahme einer „gesetzlichen Effektivklausel" nicht rechtfertigen. In qualitativer Hinsicht fragt sich bei allen ex lege entstehenden Valutaschulden, welche Bedeutung die Schuldwährung im Rahmen des Normzwecks besitzt. Eine Differenzierung zwischen Geldwert- und Geldsummenschulden wäre insofern unergiebig, da der Gläubiger sich in beiden Fällen mit dem erhaltenen DM-Betrag Einheiten der Schuldwährung beschaffen kann. Speziell für Geldwertschulden gelangt hier der zutreffende Kern der Neutralitätsthese zum Vorschein. Fixiert ist zwar von Anfang an die Schuldwährung, Zahlung in deutscher Währung jedoch läßt sich grundsätzlich mit dem Schuldzweck qualitativ vereinbaren.
b)
Einzelfälle
Zu erwägen wäre jedoch zunächst, jene gesetzlichen Valutaschulden von der Anwendung des § 244 BGB auszunehmen, die auf naturale Herstellung eines bestimmten Zustandes gerichtet sind.3248 Hierzu zählen Zahlungsansprüche aus § 249 S. 1 BGB, soweit sie den Schutz des Integritäts- bzw. Erhaltungsinteresses betreffen. Geschützt sind Rechte und Rechtsgüter in ihrer konkreten Beschaffenheit,3249 auch der Bestand des Geldvermögens in seiner währungsmäßigen Zusammensetzung. Damit verträgt es sich nicht, die an der tatsächlichen Güterlage orientierte Schuldwährung durch eine andere Währung und damit durch ein aliud zu ersetzen. Der Dieb etwa hat Einheiten der gestohlenen Fremdwährung zu ersetzen, er kann dem Bestohlenen keine DM aufdrängen. 3250 Der in RG JW 1925, 3246
So auch im Kern die Argumentation von v. Hoffmann FS Firsching, 125, 141. Die Fixierung der Umrechnungszeit auf die Zahlungshandlung läßt sich etwa durch Veränderung des Erfüllungsortes ausgleichen. 3248 Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 166 f; siehe ferner v. Hoffmann FS Firsching, 125, 141; eine Abgrenzung anhand des restitutorischen Moments erwägt auch Birk RIW 1973, 425, 436. 3249 Siehe etwa Hermann Lange Schadensersatz2, 211 f; Mertens in Soergel12, § 249 Rn 4; Larenz SchuldR I, 467 f. 3250 Eingewandt werden könnte, es liege kein Fall des § 249 S 1 BGB, sondern ein solcher des § 251 Abs 1 BGB vor, wenn die entwendeten Geldzeichen ausgegeben worden oder nicht mehr individualisierbar sind. Naturalrestitution verlangt jedoch nicht Identität des herzustellenden mit dem früheren Zustand, sondern übereinstimmende Beschaffenheit; Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 166 und dort Fn 40; siehe ferner Larenz SchuldR I, 472. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zu § 985 BGB; die 3247
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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1477 f. entschiedene Fall gehört ebenfalls hierher. Die klägerische Dampfschifflinie hatte im Auftrag des Beklagten mehrere Ballons mit Flüssigkeit von Hamburg nach Rotterdam transportiert. Laut Konnossement sollte es sich um Salzsäure handeln. Als die Hafenbehörde in Rotterdam feststellte, daß die Ballons in Wirklichkeit Spiritus enthielten, belegte sie den Kapitän des Schiffes mit einer Zollstrafe von 5000 hfl., die die Klägerin aus einem vorhandenen Guldenguthaben beglich. Das RG argumentierte zu Recht, dem Prinzip der Naturalrestitution werde nur dann entsprochen, wenn die Beklagte den Schaden durch Zahlung von 5000 Hfl. ersetze.3251 Jenseits der Wahrung des bisherigen Bestandes erscheint es auf den ersten Blick schon weniger zwingend, dem Schuldner die Ersetzungsbefugnis nach § 244 BGB zu nehmen.3252 Es wundert daher nicht, wenn namentlich für den entgangenen Gewinn mitunter eine abweichende Einschätzung vertreten wird.3253 Indes, der Naturalrestitution des § 249 S. 1 BGB ist grundsätzlich auch sonst nicht bereits damit Genüge getan, daß die Schuldwährung entsprechend fixiert wird; Naturalrestitution verlangt vielmehr - soll ihr Charakter unverfälscht bleiben - regelmäßig Befriedigung des Gläubigers in der Währung, die sich ohne das schädigende Ereignis in seinem Vermögen befände. S 252 S. 1 BGB nun stellt lediglich klar, was sich aus § 249 S. 1 BGB ohnehin ergibt;3254 außerdem liegen damnum emergens und lucrum cessans bisweilen derart eng beieinander, daß die Einordnung schwerlich über Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit des § 244 BGB entscheiden darf. Es spielt deshalb keine Rolle, ob sich die zu ersetzende Fremdwährung vor der Schädigung bereits summenmäßig im Gläubigervermögen befunden hat oder wegen des schadensbegründenden Ereignisses gar nicht in das Gläubigervermögen gelangen konnte.3255 Denkbar wäre, danach zu differenzieren, ob der entgangene Gewinn unmittelbarer, weil einziger Schaden ist oder sich als mittelbarer Schaden im Gefolge eines Objektschadens darstellt. 32 " Dagegen spricht jedoch der Grund für die exponierte geldschuldrechtliche Stellung der §§ 249 S. 1, 252 S. 1 BGB: Die Währung prägt
Vindikation des Geldwertes wird beinahe durchgängig abgelehnt. Richtigerweise ist aber noch einen Schritt früher anzusetzen; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 97 ff. Ausgangspunkt muß die Überlegung sein, daß das Interesse des Bestohlenen auf beliebige Geldzeichen der betreffenden Währung gerichtet ist, so daß sich der Anspruch auf § 249 S 1 BGB als Zahlungsanspruch erweist. Unmöglichkeit der Herstellung scheidet daher wegen § 279 BGB aus. Anders läge es im Falle des Diebstahls von (umlauffähigen) Sammlermünzen. Der Anspruch aus § 249 S 1 BGB wäre in diesem Falle auf Geldsachen gerichtet, bloße Zahlung des gleichen Nennbetrages stellte sich nicht als Naturalrestitution dar. 3251 RG JW 1925, 1477, 1478; zust Karl Neumeyer IntVerwR, IntVerwR III/2, 166; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 98 f; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, § 361 Rn 5; Canaris in Großkommentar-HGB 3 , § 361 Anm 5. 3252 Schlechthin gegen den Ausschluß des § 244 BGB bei Schadensersatzverbindlichkeiten OLG Hamburg VersR 1979, 833, 834; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 39; Remien RabelsZ 53 (1989) 245, 262 f, 274; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2054 f; Alberts NJW 1989, 609, 613; Medicus in Staudinger12, S 249 Rn 208; Nussbaum das Geld, 245. 3253 Eine Differenzierung zwischen damnum emergens und lucrum cessans wird bereits auf der Ebene der Schuldwährung befürwortet von RG WarnR 1923/24, 183, 184; RG JW 1925, 1477 f; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 35; und vor allem von Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 166, der hieraus auch die im Text beschriebenen Konsequenzen für § 244 BGB zieht; vgl auch Bamberger Valutaschuld, 25; aA W. Mayer Valutaschuld, 82 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 100 f. 3254 Etwa Mertens in Soergel12, § 252 Rn 1; Grunsky in MünchKomm-BGB3, § 252 Rn 1; Medicus in Staudinger12, § 252 Rn 2. 3255 W. Mayer Valutaschuld, 82 f; Arend Zahlungsverbindlichkeiten, 100 f. 3256 Zur Differenzierung im Einzelnen Medicus Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, 7 passim.
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5. Teil: Erlöschen
bereits das verletzte Interesse selbst und dient nicht nur dazu, die vermögensmäßigen Auswirkungen einer Interesseneinbuße zu kennzeichnen. Insofern ist die Dichotomie zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden unerheblich. Dennoch muß Valutaschadensersatz nach §§ 2 4 9 S. 1, 2 5 2 B G B nicht ausnahmslos effektiv zu gewähren sein. Wenn etwa der Ersatz für Binnenwertverluste bei verzögerlicher Zahlung als Naturalrestitution begriffen würde und der Schuldner mit einer einfachen Fremdwährungsverbindlichkeit in Verzug geriete, teilte der Schadensersatzanspruch diesen Charakter. Anderenfalls erführe die Position des Gläubigers schädigungsbedingt eine Besserstellung. Ahnlich verhält es sich, wenn der Schaden darin besteht, daß der Geschädigte mit Verbindlichkeiten belastet worden ist, und der Schuldner für getilgte Verbindlichkeiten Ersatz leistet. Soweit hier § 2 4 9 S. 1 B G B herangezogen wird, 3 2 5 7 kommt es für den Effektivcharakter des Schadensersatzes auf das Wesen der schadensbegründenden Valutaverbindlichkeit an. Wird der Geschädigte effektiv belastet, kann sich der Schädiger nicht durch ersatzweise DM-Zahlung befreien. Aus dem Gesagten folgt, daß Geldersatzforderungen gemäß § 2 4 9 S. 2 B G B sowie Kompensationsansprüche (insbesondere aus § 2 5 1 Abs. 1 BGB), wenn sie auf fremde Währung lauten, typischerweise den Charakter einfacher Valutaforderungen besitzen. Der Schuldner ist ersetzungsbefugt, weil das beeinträchtigte Interesse (z.B. die Verletzung einer Person, die Beschädigung einer Sache) nicht selbst in einer bestimmten Währung seinen Ausdruck findet, die Befriedigung des Fremdwährungsgläubigers in D M daher die Zielsetzung der genannten Regeln nicht verfälschte. Ausnahmen können freilich auch hier anzuerkennen sein, 3 2 5 8 wobei sich abermals der Binnenwertverfall im Zahlungsverzug als Beispiel anbietet. Wird hier mit § 2 5 1 Abs. 1 B G B gearbeitet, 3 2 5 9 so ist in Fällen, in denen die primäre Valutaschuld Effektivcharakter besitzt, Ersatz (in derselben Währung) ebenfalls effektiv zu gewähren. Und auch wer Außenwerteinbußen im Verzug nach § 2 5 1 Abs. 1 B G B statt nach § 2 4 9 S. 1 oder § 2 5 2 B G B ersetzen will, 3 2 6 0 dürfte ausnahmsweise zu konstatieren haben, daß die durch hypothetische Einwechslung erlangte Fremdwährung effektiv zu leisten ist. Die Differenzierung zwischen §§ 2 4 9 S. 1, 2 5 2 B G B auf der einen und §§ 2 4 9 S. 2, 2 5 1 Abs. 1 B G B auf der anderen Seite im Rahmen des § 2 4 4 Abs. 1 S. 2 B G B gilt nach alledem nicht als zwingendes Prinzip - insbesondere nicht beim Verzugsschaden - , sie kennzeichnet aber immerhin verschiedenartige Regel-Ausnahme-Verhältnisse. Aufwendungsersatzansprüche könnten vor diesem Hintergrund wie Ansprüche auf Naturalrestitution zu behandeln sein, wenn das freiwillige Vermögensopfer in der fremdnützigen Hingabe ausländischer Währungseinheiten bestanden hat. Wie sich aus § 2 5 6 S. 1 B G B ergibt, dominiert beim Aufwendungsersatz jedoch nicht der Herstellungsgedanke. Geschuldet ist vielmehr primär Wertersatz. 3 2 6 1 Dies gilt auch, wenn die Aufwendung in
Hermann Lange Schadensersatz1, 141 mit Fn 8; Medicus in Staudinger12, § 2 4 9 Rn 208. Daß Naturalrestitution (§ 249 S 1 BGB) und Geldersatz (§ 249 S 2 BGB) sich iErg decken, wenn die Interesseneinbuße im Verlust von Geld oder Geldeinnahmen liegt und die Herstellung deshalb in einer Geldzahlung besteht, ist selbstverständlich; Medicus in Staudinger12, § 249 Rn 2 0 8 ; Mertens in Soergel12, § 249 Rn 4; Grunsky in MünchKomm-BGB3, § 2 4 9 Rn 3. Hier jedoch geht es um Konstellationen, die den Bereich des § 2 4 9 S 1 BGB verlassen, weil Geldzeichen nicht selbst Naturalrestitution wäre oder die Herstellung sich als unmöglich oder unzureichend erwiese. 3 2 5 9 S 626 ff. 3 2 6 0 S 644 ff. 3 2 6 1 BGHZ 4, 123, 126; Manfred Wolf in Soergel 12 , § 256 Rn 8; Keller in MünchKomm-BGB 3 , § 2 5 6 Rn 5; umstritten ist lediglich, ob Naturalleistung stets ausgeschlossen ist oder ob nach Maßgabe 3257
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§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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Geld bestanden hat, ohne daß das Gesetz wie bei sonstigen Aufwendungen hierüber eine explizite Aussage treffen müßte. Die Schuldwährung richtet sich nach der Währung des Vermögensopfers, Zahlung kann jedoch unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 4 4 B G B auch in deutscher Währung erfolgen. 3 2 ' 2 Ansprüchen auf Naturalrestitution am ehesten vergleichbar sind, was die Bedeutung der Währung anbelangt, nicht etwa Unterhaltsforderungen, sondern Herausgabeansprüche, die die Zahlung eines Geldbetrages zum Gegenstand haben, 3 2 6 3 seien es Ansprüche aus SS 6 6 7 BGB, 3 8 4 H G B , seien es solche aus § 8 1 2 B G B . Weil die genannten Normen darauf abzielen, dem Gläubiger statt eines allgemeinen Vermögenswertes genau dasjenige zu verschaffen, was sich infolge der fremdnützigen Tätigkeit oder des bereichernden Vorgangs im Vermögen des Schuldners befindet, würde zumindest grundsätzlich der Gesetzeszweck verfehlt, dürfte der Schuldner die erlangte Währung behalten und statt dessen D M leisten. 3264 Die Rede war bislang von „gesetzlichen Effektivklauseln", d.h. von speziellen Wertungen der schuldbegründenden Norm, kraft derer die allgemeine Ersetzungsbefugnis des § 2 4 4 B G B entfällt. Zu unterscheiden hiervon sind Überwirkungen vertraglicher Effektivklauseln auf gesetzliche Zahlungsverbindlichkeiten. 3265 Auszulegen ist in diesen Fällen nicht das Gesetz, sondern der Parteiwille. Vorab muß natürlich stets festgestellt werden, daß die Schuldwährung der gesetzlichen Zahlungsverpflichtung Gegenstand der Parteiabrede war. Ergibt sich diese Währung erst in Anwendung einer Dispositivregel, mag sie zwar mit der Vertragswährung identisch sein, ein Ausschluß des § 2 4 4 B G B kann dann jedoch nur auf Gesetz, nicht auf Vertrag beruhen. Ein Sonderproblem tritt auf, wenn der Parteiwille auch die Währung ergänzender, konkurrierender oder rückabwickelnder Geldschulden gesetzlicher Art festlegt, die Auslegung aber keine zweifelsfreie (darauf bezogene) Effektivklausel erkennen läßt. Sofern die vertraglich bestimmte mit der sonst positivgesetzlich fixierten Währung übereinstimmt, ist anhand der zuvor angestellten Überlegungen je nach Schuldtyp zu ermitteln, ob § 2 4 4 B G B Anwendung findet. Stimmen dagegen die Währungen nicht überein, setzen die Parteien also eine vom Gesetz abweichende Wertung in Kraft, erfaßt der Effektivcharakter der konkreten schuldbegründenden Gesetzesnorm nicht die parteiautonom festgelegte Währung. Vereinbaren die Parteien etwa, daß alle im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis entstehenden gegenseitigen Zahlungsverbindlichkeiten auf US-Dollar lauten sollen, würden Geldschulden nach § 2 4 9 S. 1 B G B auch dann gemäß § 2 4 4 B G B in D M getilgt werden können, wenn der Schaden wie in R G J W 1 9 2 5 , 1 4 7 7 f. im unmittelbaren Verlust niederländischer Gulden bestände. Dem liegt die Überle-
der jeweiligen Anspruchsgrundlage oder § 242 BGB dem Schuldner im Einzelfall ein Wahlrecht gewährt werden sollte. 3 2 6 2 Im Ergebnis ebenso RGZ 109, 85, 89; RG J W 1924, 1593; RG IPRspr 1933 Nr 74 (155, 156); Nussbaum Das Geld, 251; Baumbach/Hopt HGB, § 361 Rn 2. 3 2 6 3 Geht es nicht um Zahlung, sondern um die Herausgabe des konkret Erlangten, scheitert die Ersetzungsbefugnis des § 244 BGB schon daran, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des ersten Halbs von Abs 1 fehlen. Der Annahme einer Effektivklausel bedarf es nicht. 3 2 6 4 So iErg für Valutaschulden aus § 667 BGB LG Hamburg IPRax 1981, 174; im allgemeinen ferner Nussbaum Das Geld, 2 4 9 f, der aber Einschränkungen kraft Handelsbrauchs sowie Treu und Glauben betont; vielleicht auch v. Hoffmann IPRax 1981, 155, 156; aA K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 17. 3265 K. Schmidt in Staudinger13, § 2 4 4 Rn 39 will allein diese Form effektiver Valutaschulden auf gesetzlicher Grundlage anerkennen.
5. Teil: Erlöschen
518
gung zugrunde, daß der gesetzliche Ausschluß der Ersetzungsbefugnis untrennbar mit jenen Wertungen verknüpft ist, aus denen sich schon die gesetzliche Schuldwährung ableitet.
V.
Umrechnung in deutsche Währung
§ 2 4 4 Abs. 1 B G B gewährt dem Valutaschuldner das Recht, statt Fremdwährung deutsche Währung zu leisten und auf diese Weise das Geldschuldverhältnis nach § 3 6 4 Abs. 1 B G B erlöschen zu lassen. Die Anzahl der ersatzweise zahlbaren DM-Einheiten berechnet sich mangels Parteiabrede 3 2 6 6 nach Abs. 2 des § 2 4 4 BGB. Die Umrechnung, so heißt es dort, „erfolgt nach dem Kurswerte, der zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort maßgebend ist". Drei Kriterien bleiben aufgrund dieser Gesetzesformulierung zu präzisieren: zunächst der Ort, dessen Kursverhältnisse heranzuziehen sind, alsdann die Kursart und schließlich der genaue Zeitpunkt der Kursbestimmung. Die Auslegung muß sich in allen Fällen von der bereits mehrfach angesprochenen Überlegung leiten lassen, daß die doppelte Privilegierungsfunktion des § 2 4 4 Abs. 1 B G B eine rein qualitative Dimension besitzt, den Zahlungswert hingegen unangetastet läßt. § 2 4 4 B G B beruht insgesamt auf dem Gedanken der Gleichwertigkeit des DM-Betrages, durch dessen Leistung der Schuldner sich soll befreien können, mit der allein geschuldeten ausländischen Währungssumme. 3 2 6 7 Der Schuldner soll nicht etwa weniger abstrakte Vermögensmacht leisten dürfen als geschuldet, ihm wird lediglich erlaubt, eine andere währungsmäßige Verkörperung zu wählen. Der Gläubiger umgekehrt soll durch die Zahlung in D M keine vermögensmäßige Einbuße erleiden, was grundsätzlich erfordert, daß er in die Lage versetzt wird, sich mit dem erhaltenen deutschen Geld den geschuldeten Valutabetrag zu beschaffen. 3 2 6 8 Dominierte bei Abs. 1 des § 2 4 4 B G B neben dem Währungs- der Schuldnerschutz, so ist es im Rahmen des Abs. 2 der Gläubigerschutz, der die Auslegung prägt. Konfliktfrei ist das Verhältnis zwischen den Leitprinzipien der beiden Absätze damit allerdings nicht. Probleme treten insbesondere dann auf, wenn der Wertausgleich für den Valutagläubiger mit einem Mehraufwand für den Fremdwährungsschuldner einhergeht. J e stärker in derartigen Konstellationen die Interessen des Gläubigers geschützt werden, desto geringer ist der Anreiz für den Schuldner, von seinem Recht aus § 2 4 4 Abs. 1 B G B Gebrauch zu machen.
3 2 6 6 Vorrangig ist stets eine von den Parteien getroffene Kursvereinbarung; BGH W M 1985, 843, 844 f; BGH IPRax 1994, 3 6 6 f; LG Offenburg MDR 1953, 4 8 2 ; Birk RIW 1973, 425, 5 2 9 ; Nussbaum Das Geld, 2 2 3 ; Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214. Die Abrede kann explizit ein festes Wertverhältnis anordnen (vgl Art 41 Abs 2 S 2 WG, 36 Abs 2 S 2 ScheckG: „Der Aussteller kann jedoch im Wechsel/Scheck für die zu zahlende Summe einen Umrechnungskurs bestimmen"), sie kann sich aber auch nur auf den Umrechnungsort (siehe dazu Karl Neumeyer IntVerwR III/2, 218 f)> die Umrechnungszeit (RGZ 101, 312, 315; Henn RIW 1957, 153, 155) oder die Kursart beziehen. In derartigen Fällen kommt § 2 4 4 Abs 2 BGB eine Ergänzungsfunktion zu. Die Vereinbarung eines festen Wertverhältnisses begünstigt zumeist den Schuldner in einseitiger Weise, weil er die Ersetzungsbefugnis nur ausüben wird, wenn der vereinbarte Kurs für ihn günstiger ist als der Tageskurs. Da dies dem Gleichwertigkeitsgedanken des § 244 BGB zuwiderläuft, sprechen Unklarheiten gegen eine derartige Vereinbarung (vgl auch Nussbaum aaO). 3267 3268
RGZ 101, 312, 313, 315. RG aaO.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
1.
519
Ort der Kursermittlung
§ 244 Abs. 2 BGB erklärt den Kurswert am „Zahlungsort" für maßgebend. Eindeutig ist die Rechtslage nur, wenn Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort rechtlich wie tatsächlich identisch sind, also eine Bringschuld oder eine Holschuld vorliegt, und die Leistung auch faktisch an dem so bestimmten Ort erfolgt. Fallen dagegen, der in §§ 270, 269 BGB statuierten Regel entsprechend, Zahlungshandlungs- und Zahlungserfolgsort auseinander oder divergieren rechtlich vorgeschriebener und tatsächlicher Leistungsvorgang, muß entschieden werden, ob die Absätze 1 und 2 des § 244 BGB den gleichen sachrechtlich-räumlichen Anknüpfungspunkt verwenden oder ob Abs. 2 ein abweichendes Verständnis vom Begriff des "Zahlungsortes" zugrunde liegt.3269
a)
Zahlungshandlung
oder
Zahlungserfolg?
Auf den ersten Blick liegt es nahe, die Wertungen, die schon für den nach § 244 Abs. 1 BGB erforderlichen Inlandsbezug ausschlaggebend waren, auch im Rahmen des § 244 Abs. 2 BGB heranzuziehen. Wann immer einem Valutaschuldner in unmittelbarer Normanwendung die Ersetzungsbefugnis zugute käme, weil die Geldschuld „im Inlande zu zahlen" ist, berechnete sich die Höhe des ersatzweise zahlbaren DM-Betrages nach einem in Deutschland geltenden Kurs.3270 Nicht allein Gründe der inneren Normsymmetrie aber werden ins Feld geführt, um zu belegen, daß § 244 Abs. 2 BGB mit „Zahlungsort" den Ort der Zahlungshandlung und damit typischerweise den (Wohn-)Sitz des Schuldners meint.3271 So heißt es weiter, ausweislich §§ 270 Abs. 4, 269 BGB sei der Handlungsort bedeutsamer als der Ort, an dem der Leistungserfolg eintrete.3272 Außerdem müsse der Schuldner Klarheit darüber haben, mit welchem Betrag in inländischer Währung er am Tag und Ort der Leistungshandlung seine Schuld tilgen könne.3273 Schließlich sei es mit der von § 244 BGB gewollten Privilegierung des inländischen Schuldners kaum vereinbar, wenn dieser ge-
3269 Anders auf Basis der von LG Flensburg IzRspr 1960/61 Nr 105 (319, 320) vertretenen Auffassung, § 244 Abs 2 BGB setze für die Ersetzungsbefugnis des Schuldners voraus, daß ein von dem betreffenden währungsrechtlichen Inland und dem betreffenden währungsrechtlichen Ausland in gleicher Weise anerkannter Umrechnungskurs bestehe, der den wahren Wertverhältnissen entspreche und bei der Umrechnung zu gleichwertigen Beträgen führe. Die Argumentation ist in dieser Allgemeinheit abzulehnen, zum einen weil sie an den wirtschaftlichen Gegebenheiten im Bereich floatender Kurse vorbeigeht, zum anderen weil sie die Ersetzungsbefugnis des § 244 Abs 1 BGB in einer den Schuldnerinteressen und den Interessen am Umlauf der deutschen Währung widersprechenden Weise zu stark einschränkt. Verständlich wird der Beschluß des LG Flensburg aber, wenn man berücksichtigt, daß es um die Vollstreckung aus einem ostzonalen Unterhaltstitel in DM-Ost ging und das Gericht nach Gründen suchte, um die vorherrschende Umrechnung analog § 244 Abs 2 BGB zum westdeutschen Wechselstubenkurs zu Gunsten einer 1 : 1 Umrechnung zu verwerfen. 3270 Vgl auch Art 2.111 Abs 2 und 3 des Vereinheitlichungsvorschlags der Lando-Kommission, wo es sowohl für die Ersetzungsbefugnis als auch für den Umrechnungskurs auf den Ort ankommen soll, „where payment is due". 3271 Symmetrieüberlegungen werden auch von jenen angestellt, die in § 244 Abs 1 BGB ein Recht zur Zahlung in Gläubigerwährung erblicken; vgl v. Caemmerer FS Mann, 3, 17 f; nur nimmt dort die Argumentation ihren Ausgang beim Zahlungsort iSd § 244 Abs 2 BGB. 3272 O. Werner in Erman', § 244 Rn 16. 3273 Schack Erfüllungsort, 38 unter Hinweis auf RGZ 111, 316, 318.
520
5. Teil: Erlöschen
zwungen wäre, einen größeren Betrag in deutscher Währung aufzubringen, als am inländischen Zahlungshandlungsort nötig. 3 2 7 4 Die Überlegungen, die dazu geführt haben, unter Zahlungsort i.S.d. § 2 4 4 Abs. 1 B G B den Ort der Zahlungshandlung zu verstehen, lassen sich auf § 2 4 4 Abs. 2 B G B freilich nur bedingt übertragen. Dies folgt unmittelbar aus der eingangs skizzierten Wertausgleichsfunktion des Abs. 2. Das Ersetzungsrecht als solches privilegiert gleichermaßen den inländischen Schuldner und die deutsche Währung, die Umrechnungsregel dagegen will gewährleisten, daß der Gläubiger mit dem Ersatzbetrag ein zur sofortigen Beschaffung der ausländischen Schuldsumme hinreichendes Äquivalent in die Hand bekommt. Mit dieser (seit einem Beschluß der Vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts aus dem Jahre 1 9 2 1 3 2 7 5 weithin anerkannten) 3 2 7 6 Zielsetzung des § 2 4 4 Abs. 2 B G B wäre es nicht vereinbar, wenn der Gläubiger im Falle unterschiedlicher Wechselkurse an seinem (Wohn-)Sitz als dem regelmäßigen Zahlungserfolgsort (§ 2 7 0 Abs. 1 BGB) einen DM-Betrag erhielte, der dort bereits im Zeitpunkt des Zahlungseingangs nicht ausreichte, um sich den Schuldbetrag in Fremdwährung zu beschaffen. Ob der Zahlungshandlungsort im Gefüge des deutschen Privatrechts allgemein bedeutsamer ist als der Zahlungserfolgsort, tut nichts zur Sache. Der Streit über den Sinngehalt der in § 2 7 0 B G B vollzogenen Aufspaltung des Leistungsortes 3 2 7 7 ist für die Interpretation der Umrechnungsregel in S 2 4 4 Abs. 2 B G B ohne Aussagekraft. Denn anders als Abs. 1 verweist Abs. 2 des § 2 4 4 B G B nicht auf die im allgemeinen Schuldrecht sonst geltenden Regeln über die Lokalisierung des Zahlungsortes, sondern enthält eine autonome Wertung. Unsicherheiten über die Höhe der ersatzweisen D M Leistung hat der Valutaschuldner allein durch die Umrechnung zum Kurs des Zahlungserfolgsortes ohnehin nicht zu befürchten. Anders verhielte es sich, wenn ein der Zahlungshandlung nachfolgender Zahlungszeitpunkt für maßgeblich erklärt würde, etwa der des Zahlungserfolges oder des Umtausches in Einheiten der Schuldwährung. 3278 Auf bloße Informationsdefizite hinsichtlich der Wechselkurse, die an anderen Orten als dem der Zahlungshandlung herrschen, kann sich der Valutaschuldner nicht berufen. Bedenkenswerter ist schon der Einwand, es benachteilige den Fremdwährungsschuldner in einer § 2 4 4 Abs. 1 B G B widersprechenden Weise, wenn der nach den Wechselkursverhältnissen am Zahlungserfolgsort berechnete DM-Betrag jene Summe überstiege, die sich ergäbe, wenn die Verhältnisse am deutschen Zahlungshandlungsort maßgeblich wären. Natürlich würde der Schuldner in derartigen Fällen, abhängig vom Umfang des Kursunterschiedes, vielfach wenig geneigt sein, die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis auch wirklich auszuüben, zumal Beschaffungsprobleme bei vielen Fremdwährungen nicht auftreten. Von § 2 4 4 B G B profitierte dann weder der Schuldner noch die deutsche Währung. Indes wird die
3 2 7 4 O. Werner in Erman', § 244 Rn 16; Schock Erfüllungsort, 38 f; für die Maßgeblichkeit des Zahlungshandlungsortes ferner OGH Wien RabelsZ 9 (1935) 739 Nr 21; Siber in Planck4, § 244 Anm 2; siehe im übrigen jene Entscheidungen, die im Falle von Transferverboten des Gläubigerstaates den zu zahlenden bzw zu vollstreckenden DM-Betrag analog § 244 Abs 2 BGB anhand des Kurses am Zahlungshandlungsort in Deutschland berechnen wollen dazu S 763 ff. 3 2 7 5 RGZ 101, 3 1 2 ff. 3 2 7 6 Etwa Teichmann in Soergel 12 , § 244 Rn 32; v. Maydell in MünchKomm-BGB', § 244 Rn 48; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 85; W. Weber in Staudinger", § 244 Rn 72; Alff in RGRK-BGB, § 244 Rn 18. 3 2 7 7 Dazu S 4 7 0 ff. 3 2 7 8 Sogleich S 5 3 5 ff.
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
521
Wahlentscheidung des Schuldners von zahlreichen (veränderlichen) ökonomischen Faktoren beeinflußt, die nicht jeweils danach verlangen, die Umrechnungsmerkmale des § 244 Abs. 2 BGB anzupassen, wenn es im Einzelfall attraktiver erscheint, Fremdwährung statt DM zu leisten. Anderenfalls hätte es für den Gesetzgeber nahegelegen, die Umrechnung nach Maßgabe eines Günstigkeitsprinzips auszugestalten oder das Wahlrecht des Valutaschuldners über die Befugnis zur Zahlung in deutscher Währung hinaus auch auf bestimmte Umrechnungsfaktoren zu erstrecken. Beides wurde bzw. wird diskutiert,3279 ist mit dem geltenden deutschen Recht und seiner starren Umrechnungsformel in § 244 Abs. 2 BGB jedoch nicht vereinbar.3280 § 244 Abs. 2 BGB läßt zwar die Belange des Valutaschuldners nicht gänzlich außer Acht. Die Ersetzungsbefugnis soll, nicht zuletzt wegen ihrer währungsschützenden Funktion, auch dann praktische Bedeutung erlangen, wenn die Beschaffung der fremden Schuldwährung in Deutschland keine Schwierigkeiten bereitet. Diesem Interesse trägt das Gesetz aber bereits durch das Prinzip der Gleichwertigkeit zwischen Schuldbetrag und ersatzweise zahlbarer DM-Summe Rechnung. Wo Gleichwertigkeit nicht in absoluter Form existiert, weil Schuldner und Gläubiger in verschiedenen Währungsgebieten mit voneinander unabhängigen Kursfestsetzungen ansässig sind oder/und weil die Ankaufs- und Verkaufskurse einer Währung differieren, ergreift § 244 Abs. 2 BGB Partei zu Gunsten des Valutagläubigers. Der ihm zugemutete Nachteil beschränkt sich auf die Inkongruenz von Schuld- und Zahlungswährung: Der Valutagläubiger erhält nicht das, was er beanspruchen kann. Um zu verhindern, daß dem Gleichwertigkeitsgedanken zuwider der qualitative Nachteil mit einer quantitativen Einbuße einhergeht, muß der vom Schuldner ersatzweise zu zahlende DM-Betrag so bemessen sein, daß sich durch ihn der Gläubiger die geschuldete Leistung nach Betrag und Währung selbst verschaffen kann, und zwar dort, wo der Leistungserfolg eingetreten ist. § 244 BGB zieht für die Zwecke der Ersatzzahlung nicht etwa automatisch den Erfolgsort zum Handlungsort, sondern knüpft an die Modalitäten der geschuldeten Valutazahlung an. Dies darf auch bei der Umrechnung nach Abs. 2 nicht unbeachtet bleiben. Der Wechselkurs zwischen DM und fremder Schuldwährung mag für den Valutaschuldner am Zahlungserfolgsort (regelmäßig dem Gläubigerwohnsitz) günstiger oder ungünstiger ausfallen als am Zahlungshandlungsort (zumeist dem Schuldnerwohnsitz). Die daraus resultierenden Chancen und Risiken jedenfalls zählen ebenso zum Verantwortungsbereich des Valutaschuldners wie die Außenwertentwicklung der DM zur Schuldwährung vom Zeitpunkt der Schuldentstehung an. Es gibt keinen Grund, dem Schuldner die Chance eines vorteilhaften Vergleichskurses einzuräumen und das Risiko eines nachteiligen Vergleichskurses dem Gläubiger aufzuerlegen. Dies gilt umso mehr, als es der Schuldner ja in der Hand hat, statt der Ersatzleistung die geschuldete Leistung zu erbringen. § 244 BGB beinhaltet auch nicht etwa eine Schadensausgleichsregel. Deshalb spielt es keine Rolle, ob der Gläubiger den DM-Betrag überhaupt oder vielleicht an einem anderen Ort als dem Zahlungserfolgsort in Einheiten der Schuldwährung umwechseln will.3281 Entscheidend ist allein, daß er einen Anspruch auf Zahlung in fremder Währung hat und dieser Anspruch durch Zahlung in DM erlöschen soll. Die Situation ist eine andere, wenn das am (ausländischen) Zahlungserfolgsort geltende Devisenrecht Zahlungen in der fremden Schuldwährung untersagt, solche in deutscher 3279 3280 3281
Etwa Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214; Lando/Beale Principles I, Art 2.111, 89 f. RGZ 101, 312, 319. Zu Wechselkursverlusten als Verzugsschaden siehe S 625 ff.
5. Teil: Erlöschen
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Währung aber gestattet. Abhängig von Inhalt und Zweck des jeweiligen vertraglichen oder gesetzlichen Geldschuldverhältnisses kann zeitweilige oder dauernde Unmöglichkeit anzunehmen sein, nach § 2 4 2 B G B eine Verlagerung des Erfolgsortes stattfinden oder aber wie im Unterhaltsrecht - die Zahlungswährung zur Schuldwährung werden. 3 2 8 2 Ebenso läßt sich diskutieren, ob nicht die Existenz eines staatlich angeordneten Wechselkurses, der vom (hypothetischen) Marktkurs kraß abweicht, es ausnahmsweise rechtfertigt, den Kurs am (deutschen) Zahlungshandlungsort zugrunde zu legen, auch wenn damit eine Benachteiligung des ausländischen Valutagläubigers einhergeht. Sondersituationen der genannten Art lassen jedoch keine Zweifel an der Richtigkeit des zuvor entwickelten Grundsatzes aufkommen. Der nach § 2 4 4 Abs. 1 B G B ersatzweise zahlbare DM-Betrag ist gemäß § 2 4 4 Abs. 2 B G B nach den Kursverhältnissen am Zahlungserfolgsort zu bestimmen. 3 2 8 3
b)
Rechtlicher oder tatsächlicher Zahlungsort?
Wie schon beim inländischen Zahlungsort als Normanwendungsvoraussetzung fragt sich auch bei § 2 4 4 Abs. 2 BGB, ob es auf das rechtliche Sollen oder das faktische Verhalten des Valutaschuldners ankommt. Das Meinungsbild wird dabei durch die häufig unpräzise Formulierung verzerrt, Zahlungsort sei der Ort, an dem tatsächlich gezahlt werde. 3 2 8 4 Bisweilen scheint damit lediglich ausgedrückt zu werden, daß nicht der Erfüllungsort der Zahlungsverpflichtung entscheide, sondern ihr Erfolgsort. Andere wollen offenbar in der Tat auf den Ort abstellen, an dem der Schuldner bzw. sein Empfangsbevollmächtigter die Ersatzzahlung in D M faktisch erhält, ohne Rücksicht auf den durch Rechtsgeschäft oder Gesetz (§ 2 7 0 Abs. 1 BGB) festgelegten Zahlungserfolgsort. 3285 Im Rahmen des § 2 4 4 Abs. 1 B G B konnte (wenn auch letztlich ohne Erfolg) noch argumentiert werden, der Primat der deutschen Währung gebiete die Anwendbarkeit der Ersetzungsbefugnis auf sämtliche faktisch-inländische Zahlungshandlungen des Valutaschuldners. 3286 Bei der Umrechnungsregel des § 2 4 4 Abs. 2 B G B dagegen versagt der Gedanke des Währungsschutzes von vornherein. 3 2 8 7 Die Problematik konzentriert sich statt dessen auf folgendes: Dort, wo die Entgegennahme der Ersatzleistung bewirkt, daß die Valutaschuld erlischt bzw. die Annahmeverweigerung zum Verzug nach §§ 2 9 3 f. B G B führt, muß der Gläubiger sich die S 330 ff. Im Ergebnis ebenso RGZ 101, 312, 316; LG Hagen MDR 1955, 230, 2 3 1 ; Alff in RGRK-BGB, § 244 Rn 20; Teichmann in Soergel12, § 244 Rn 32; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 85; v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 4 8 ; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2 0 5 0 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 65. 3 2 8 4 Vgl v. Caemmerer FS Mann, 2, 17; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 32; Alff in RGRK-BGB, § 2 4 4 Rn 20. 3 2 8 5 Mitunter wird die Diskussion über den Zahlungsort auch mit derjenigen über den Zahlungszeitpunkt vermischt. Selbst wenn aber mit "Zeit der Zahlung" ein tatsächlicher Vorgang gemeint sein sollte, bedeutet dies doch noch nicht, daß S 244 Abs 2 BGB ein beliebiges Abweichen vom vertraglich oder gesetzlich fixierten Zahlungserfolgsort legitimierte. 3 2 8 i S 4 8 7 ff. 3287 p ü r e j n e xj m r e c hnung anhand des Kurses am vertraglich oder gesetzlich bestimmten Zahlungsort etwa OGH "Wien RabelsZ 9 (1935) 739 Nr 2 1 ; Siber in Planck4, § 244 Anm 2; O. Werner in Erman', § 244 Rn 16; sie alle votieren allerdings zu Gunsten des Erfüllungsortes, dh des Zahlungshandlungsortes; für den rechtlich bestimmten Zahlungserfolgsort v. Maydell in MünchKomm-BGB 3 , § 244 Rn 4 8 ; Steenken Fremdwährungsschulden, 66. 3282 3283
§ 12: Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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Schuldsumme in fremder Währung beschaffen können. Der an diesem (tilgungstauglichen) Ort herrschende Kurs entscheidet über die Höhe der Ersatzzahlung; kommen mehrere Orte in Betracht (option de place; alternative Zahlstellenklausel), kann der nach § 244 BGB zahlbare DM-Betrag entsprechend variieren. § 244 Abs. 2 BGB nun beeinflußt nicht die Fixierung jenes Ortes bzw. jener Orte, an denen der Valutaschuldner den Leistungserfolg oder zumindest den Annahmeverzug herbeiführen kann. Die Norm enthält insbesondere kein einseitiges Bestimmungsrecht bei Ersatzzahlungen in deutscher Währung, sondern knüpft als bloße Umrechnungsvorschrift an die nach anderen Regeln erfolgende räumliche Festlegung an. Maßgeblich ist grundsätzlich der Ort, an dem auch mit Einheiten der fremden Schuldwährung hätte geleistet werden dürfen. Damit entscheidet in erster Linie der vertraglich oder gesetzlich bestimmte Erfolgsort; wenn der Gläubiger keine Zahlungsstelle benennt, gelangt meist S 270 BGB zum Zuge. Würde es mit diesem Befund sein Bewenden haben, enthielte § 244 Abs. 2 BGB freilich eine systemwidrige Lücke, nämlich in den Fällen, in denen nach der besonderen Sachlage ein Widerspruch des Valutagläubigers gegen die Leistung an einem anderen Ort mit Treu und Glauben nicht vereinbar wäre, der Gläubiger sich vielmehr so behandeln lassen muß, als habe er der Abweichung zugestimmt.3288 Der Kurs am tatsächlichen Zahlungserfolgsort ist mithin immer, aber auch nur dann heranzuziehen, wenn dem Gläubiger dort trotz Abweichung vom vertraglichen oder gesetzlichen Zahlungserfolgsort die Annahme des Geldes obliegt. Dies wiederum kann - sieht man von Fällen einer ausdrücklichen Zahlungsaufforderung ab nur unter der Mindestvoraussetzung bejaht werden, daß für den Gläubiger mit der Leistungsannahme kein meßbarer Nachteil verbunden ist.3289 Der bloße Hinweis auf den Gleichwertigkeitsgedanken des § 244 Abs. 2 BGB genügt in diesem Zusammenhang nicht.3290 Der Gläubiger muß wissen, wo er mit dem Erhalt der Leistung rechnen kann, schon um rechtzeitig weitere Dispositionen zu treffen. Wäre er etwa gezwungen, den ersatzweise erhaltenen DM-Betrag an den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Zahlungserfolgsort weiterzuleiten, um ihn bestimmungsgemäß verwerten zu können, dürfte der Gläubiger vor dem Hintergrund etwaiger Transfer-, Konvertierungs- und Verzögerungsrisiken sowie den ihn treffenden Kosten die Annahme verweigern. Dies verdeutlicht, daß Annahmeobliegenheiten gemäß § 242 BGB sich danach unterscheiden können, was dem Gläubiger an einem obligationsfremden Ort angeboten wird, der geschuldete Valutabetrag oder die Ersatzsumme in deutscher Währung.
2.
Kursart
Mit dem Begriff „Kurswert" bezieht sich § 244 Abs. 2 BGB auf das Wertverhältnis, zu dem der Verkehr am Zahlungserfolgsort die ausländische Schuldwährung gegen DM "umtauscht". 3291 Gemeint ist in erster Linie der amtlich festgestellte Kurs; sofern ein sol-
3288
RGZ 101, 312, 316; Koenige in Staub12"3, HGB, § 361 Anm 8. Schuck Erfüllungsort, 27; Gernhuber Erfüllung, 18; Koenige in Staub12"3, HGB, § 361 Anm 8. 3290 Es ließe sich also nicht argumentieren, ein potentieller Nachteil für den Gläubiger werde durch die gläubigerfreundliche Umrechnungsregel des § 244 Abs 2 BGB von vornherein vermieden; vgl Koenige in Staub12"3, HGB, § 261 Anm 8. 3291 W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 68. 3289
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5. Teil: Erlöschen
cher fehlt, genügt ein legaler, auf gesetzmäßige Weise gebildeter Kurs.3292 Um zu bestimmen, welcher der am Zahlungserfolgsort maßgebenden Kurse der Währungsumrechnung im Einzelnen zugrunde zu legen ist, bedarf es abermals eines Blicks auf jenen Gedanken, der die Auslegung des § 244 Abs. 2 BGB beherrscht: die Gleichwertigkeit zwischen geschuldetem Fremdwährungsbetrag und ersatzweise zahlbarer DM-Summe. Weil der Valutagläubiger in die Lage versetzt werden soll, sich mit dem erhaltenen deutschen Geld die allein geschuldete Anzahl ausländischer Währungseinheiten zu beschaffen, kommt es in Deutschland auf den sog. „Briefkurs" an,3293 d.h. den Angebots- bzw. Verkaufskurs für die Schuldwährung. Im Heimatstaat der Schuldwährung dagegen entscheidet der sog. „Geldkurs", d.h. der Nachfrage- bzw. Ankaufskurs für DM, und in Drittstaaten bedarf es i.d.R. einer Kombination beider Kurse unter „Zwischenschaltung" der dortigen Heimwährung.3294 Läßt man die technische Bedeutung der Begriffe Briefkurs und Geldkurs beiseite, da sie typischerweise vom Blickwinkel der jeweiligen gesetzlichen Umlaufwährung aus definiert werden, bleibt festzuhalten, daß die Umrechnung stets auf Grundlage des Kurses erfolgt, zu dem Einheiten der Schuldwährung im Verkehr gegen Einheiten der deutschen Währung abgegeben werden. Kontroversen bestehen darüber, ob der Sorten- oder der Devisenkurs die Basis der Währungsumrechnung bildet. Zu Gunsten des Sortenkurses wird argumentiert, der Schuldner habe mit gesetzlichen Zahlungsmitteln der Schuldwährung zu zahlen und müsse daher, wenn er von seiner Befugnis nach § 244 BGB Gebrauch mache, die für den Erwerb dieser Geldzeichen erforderliche DM-Summe zahlen.3295 Außerdem beziehe sich der Devisenkurs lediglich auf Zahlungen, die im Ausland auszuführen seien.3296 Beides ist in dieser Allgemeinheit unrichtig. Nicht zu billigen wäre es aber auch, schlechthin auf den Devisenkurs abzustellen, weil dieser in der Praxis womöglich die größere Relevanz besitzt.3297 Wenn in der Vergangenheit mitunter heftig darüber gestritten wurde, ob der Sortenoder der Devisenkurs heranzuziehen ist, so hatte dies einen besonderen Hintergrund. Der Disput entzündete sich anhand von Fällen, in denen der Währungsstaat die Ein- und Ausfuhr eigener Zahlungsmittel verboten hatte und infolgedessen der Marktkurs für die außerhalb des Währungsstaates umlaufenden Münzen und Noten von der offiziellen Bewer3292
LG Braunschweig DAVorm 1956/57, 109; vgl auch bereits S 79 ff. BGH IPRax 1994, 366; OLG Karlsruhe OLGZ 1978, 338, 340 f; OLG Hamburg NJW 1996, 1902, 1904; Martin Wolff IPR3, 157; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 51; Heinrichs in Palandt, §§ 244, 245 Rn 15; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 84; Steenken Fremdwährungsschulden, 64; W. Mayer Valutaschuld, 88 Fn 54; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 278; aA Nussbaum Das Geld, 63: Mittelkurs. 3294 Zur rechtlichen Qualifikation des „Umtausches" zweier Fremdwährungen nach deutschem Recht siehe S 33 ff. 3295 Mann Legal Aspect, 442; Wyler SchwJZ 1940/41, 193, 194 f; R H . Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 359; W. Mayer Valutaschuld, 88 Fn 54. 3296 Birk RIW 1973, 425, 430; für die Heranziehung des Sortenkurses ferner Martin Wolff Das Geld, 641; W. Weber in Staudinger 1 § 244 Rn 68; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 51; den beiden letztgenannten Autoren zufolge ist auf den Devisenkurs abzustellen, wenn es an einem Kurs für Banknoten fehlt. Siehe auch K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 84; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 29: Grundsätzlich entscheide die amtliche Börsennotiz, fehle eine solche, sei auf den "Wechselstubenkurs" zurückzugreifen. 3297 So aber Nussbaum Das Geld, 61 f, 222; Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214; Joseph Braun SchwJZ 1942/43, 17, 18 f. 3293
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tung unbarer Zahlungen qua Sperrkonto bzw. Clearing erheblich abwich. 3298 Sofern es sich um reine Zahlungen außerhalb des Währungsstaates handelte, stießen die Auffassungen zwangsläufig aufeinander. Wer dabei die These vertrat, der Schuldner einer Fremdwährung mit Binnencharakter könne auch außerhalb des Währungsstaates mit Einheiten dieser Währung erfüllen, bewegte sich im Rahmen des § 244 Abs. 2 BGB bzw. den entsprechenden Regeln ausländischer Rechte, wer der Gegenmeinung anhing, mußte wie bei Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern im Währungsstaat eine Veränderung der Schuldwährung konstatieren und die Umrechnung auf dieser Ebene vornehmen. Auf den (höheren) Devisenkurs könne es nicht ankommen, so hieß es auf der einen Seite, weil der Valutaschuldner sich ja auch durch Verschaffung der geschuldeten und im Inland erhältlichen ausländischen Geldzeichen befreien könne. 3 2 " Die Gegenmeinung wandte ein, der inländische Gläubiger dürfe nicht schlechter gestellt werden als der Gläubiger im Währungsstaat, und für diesen komme allein ein Transfer zum Devisenkurs in Betracht. 3300 Probleme dieser Art können natürlich auch heute eine Rolle spielen; von ihnen wird noch unter V.4. die Rede sein. Indes betreffen sie eine Ausnahmekonstellation; die Wege zu ihrer Lösung ermöglichen nicht unbedingt die Herausbildung einer Regel für Fallgestaltungen, in denen devisenrechtliche Beschränkungen keine Rolle spielen. Für die Kursumrechnung nach § 244 Abs. 2 BGB ist es vielmehr grundsätzlich von Bedeutung, ob der Valutaschuldner nach dem Inhalt der konkreten Zahlungsverbindlichkeit mit Bargeld oder mit Buchgeld (d.h. durch Gutschrift auf einem Fremdwährungskonto) erfüllen muß oder ob ihm beide Möglichkeiten zur Verfügung stehen.3301 Im ersten Fall ist der Sortenkurs heranzuziehen. Sofern dieser Kurs - wie gegenwärtig in Deutschland nicht amtlich festgestellt wird, kommt es auf den jeweils günstigeren Abgabekurs einer Bank am Zahlungserfolgsort an. Der entsprechende Devisenkurs ist (sofern Transferbeschränkungen für Bargeld fehlen) unerheblich, da mitunter erhebliche Divergenzen zu den Sortenkursen bestehen; 3302 durchgängig sind in Deutschland heute für Devisen die Briefkurse niedriger und die Geldkurse höher als für Sorten. Hat der Valutaschuldner durch Gutschrift auf ein Fremdwährungskonto zu erfüllen, entscheidet der amtliche Devisen(kassa)kurs. Fehlt ein amtlicher Kurs, ist der (von Bank zu Bank verschiedene) Kurs im Devisenfreiverkehr maßgeblich. Zu diesem Kurs kann der Gläubiger sich das beanspruchte Valutaguthaben auch im Inland beschaffen. Obwohl Devisen als im Ausland zahlbare Fremdwährungsguthaben zu definieren sind, 3303 ändert dies doch an der hier aufgeworfe-
32,8 Siehe dazu Bodenheimer SchwJZ 1940/41, 360 ff; Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 77 ff; ferner Fögen Geld- und Währungsrecht, 127. 3299 Wyler SchwJZ 1940/41,193, 194 f; Mann Recht des Geldes, 356, 384 ff. 3300 Joseph Braun SchwJZ 1942/43, 17, 18 f; Nussbaum Money in the Law, 482, 486 f; zur Problematik eingehend Hirschberg Unterhaltsverbindlichkeiten, 72 ff, demzufolge die Entscheidung davon abhängt, ob Einheiten der Binnenwährung oder solche der Außenwährung geschuldet sind. Für diese Differenzierung auch Neumann RPfleger 1976, 370, 371. 3301 Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050; Teichmann in Soergel12, S 244 Rn 32; Steenken Fremdwährungsschulden, 64 f; Bachmann Fremdwährungsschulden, 11 f; Vorpeil RIW 1993, 529, 535; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 279. 3302 Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2050; Steenken Fremdwährungsschulden, 65; R.H. Weber in Berner Komm, Art 84 OR Rn 359; Vorpeil RIW 1993, 529, 535. 3303 S 51.
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nen Kursfrage nichts. 3 3 0 4 Hat schließlich der Schuldner die Wahl zwischen Bar- und Buchgeldzahlung, ist der für ihn günstigere der beiden Kurse zugrunde zu legen. Eine Bewertung anhand der Kaufkraftparität zwischen Schuldwährung und D M , des Verhältnisses beider Währungen zu einer Drittwährung, eines vom amtlichen Kurs abweichenden freien Kurses oder etwa des Sortenkurses anstelle des Devisenkurses, kann lediglich erwogen werden, wenn der nach den genannten Regeln entwickelte Kurs als Folge devisen- oder währungsrechtlicher Einflüsse verzerrt ist oder eine Kursbildung am Zahlungserfolgsort tatsächlich nicht stattfindet. 3305 Ganz ähnlich ist der B G H in einer Entscheidung aus dem Jahre 1 9 6 9 verfahren, als er erwog, den Umrechnungskurs der ghanaischen Währung mangels Kursbildung in Deutschland anhand der Umsatzsteuer-Umrechnungssätze des Bundesfinanzministeriums zu ermitteln. 3 3 0 6 Der Kläger hatte sich auf einen Herausgabeanspruch aus § 6 6 7 Alt. 1 B G B berufen, und zwar wegen eines dem Beklagten zur Auftragsausführung gewährten Betrages in ghanaischer Währung. An sich schuldete der Beklagte Zahlung in Einheiten der ihm zugeflossenen Fremdwährung, 3 3 0 7 es wäre allerdings zu fragen gewesen, ob § 2 4 4 B G B aufgrund einer "gesetzlichen Effektivklausel" ausgeschlossen war. 3 3 0 8 Weil jedoch für den Schuldner Beschaffungsschwierigkeiten und für den Gläubiger Verwertungsprobleme zu befürchten standen, erkannte der B G H nach § 2 4 2 B G B auf einen DM-Anspruch, dessen Höhe sich nach dem Wert der ghanaischen Währung richten sollte. 3 3 0 9 Die Berechnung betraf mithin die Schuld-, nicht die Zahlungswährung.
3.
Umrechnungszeitpunkt
a)
Das Prinzip
Bis zum Beschluß der Vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts vom 2 4 . 1 . 1 9 2 1 3 3 1 0 war in Rechtsprechung und Lehre heftig umstritten, ob § 2 4 4 Abs. 2 B G B mit der Formulierung "zur Zeit der Zahlung" die Umrechnung auf den Fälligkeitszeitpunkt oder den Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung terminiert. Die Befürworter der erstgenannten Auffassung 3311 stützten sich auf die Formulierung "ist eine Geldschuld zu zahlen" in § 2 4 4 Abs. 1 B G B sowie die Annahme, daß sich Abs. 2 der Norm auch mit dem Begriff "Zahlungsort" auf das 3 , 0 4 Siehe nur Vorpeil RIW 1993, 529, 535; zur Differenzierung zwischen dem Anspruch auf Guthaben und dem Anspruch aus Guthaben bereits S 53. Vgl auch Nr 13 Sparkassen-AGB: "Geldbeträge in ausländischer Währung darf die Sparkasse mangels ausdrücklicher gegenteiliger Weisung des Kunden in Deutscher Mark gutschreiben, sofern sie nicht für den Kunden ein Konto der betreffenden Währung führt. Die Abrechnung erfolgt zum amtlichen Geldkurs - bei Fehlen eines solchen zum Marktkurs - des Tages, an dem der Geldbetrag in ausländischer Währung zur Verfügung der Sparkasse steht und von dieser verwertet werden kann". 3305 Fögen Geld- und Währungsrecht, 127 f; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 84; Henn RIW 1957, 153, 156 f. 3 3 0 6 BGH WM 1969, 26, 27. 3 3 0 7 Siehe S 305 ff. 3 3 0 8 Da der Kläger Zahlung in DM beantragt hatte, wäre der BGH jedoch wegen § 308 ZPO nur bei Annahme eines stillschweigenden Hilfsantrags o.a. zu § 244 BGB gelangt. 3 3 0 9 BGH WM 1969, 26, 27. 3 3 1 0 RGZ 101, 3 1 2 ff. 3 3 1 1 Etwa RGZ 96, 121, 123; 96, 262, 264; OLG Hamburg Recht 1920 Nr 1151; KG OLGE 41, 98, 9 9 f; Koenige in Staub10, HGB, § 361 Anm 6.
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rechtliche Sollen, d.h. den Erfüllungsort, beziehe. Außerdem habe der Gesetzgeber die Umrechnung auf einen festen Boden stellen wollen, wohingegen bei Maßgeblichkeit der tatsächlichen Zahlung Streitigkeiten und Zweifel kaum zu vermeiden seien. Indes wurde bereits herausgearbeitet, daß der Zahlungsort weder als Normanwendungsvoraussetzung (Abs. 1) noch als Tatbestandskriterium der Umrechnungsregel (Abs. 2) in einer zwingenden Beziehung zum vertraglichen oder gesetzlichen Leistungshandlungs- oder Leistungserfolgsort steht, es vielmehr jeweils darauf ankommt, daß der Valutaschuldner, was die räumlichen Leistungsmodalitäten anbelangt, in annahmeverzugsbegründender Weise zahlt. Demzufolge läßt sich die Umrechnung auf den rechtlich angesonnenen Zahlungszeitpunkt zumindest nicht mit einer Parallelstruktur zu anderen Merkmalen des § 244 BGB rechtfertigen. Ebensowenig aber überzeugt das Argument, der Fälligkeitszeitpunkt biete größere Klarheit als der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung. Bei letzterem muß lediglich weiter entschieden werden, ob der Handlungs- oder der Erfolgszeitpunkt heranzuziehen ist. Ungleich stärkere Bedeutung als den vorherigen Überlegungen kommt dem Umstand zu, daß die historischen Vorbilder des § 244 BGB, nämlich Art. 336 ADHGB und Art. 37 ADWO, der Umrechnung ausdrücklich den Wert der Verfallzeit (= Fälligkeit) zugrunde gelegt haben. Ferner ist zu bedenken, daß v. Kübel in der Begründung zu seinem Teilentwurf des Obligationenrechts (der die Basis für die Beratungen des Geldrechts im BGB bildete) sich deutlich gegen die Übernahme dieser handels- und wechselrechtlichen Umrechnungsregel in das Bürgerliche Gesetzbuch ausgesprochen hat.3312 Obwohl die Materialien keine Diskussion über die Bedeutung des Begriffs „Zahlungszeit" erkennen lassen, hätte es für den Gesetzgeber doch nahegelegen, den Ausdruck „Verfallzeit" oder „Fälligkeit" zu wählen, falls er sich gegen v. Kübel und für die traditionelle Umrechnungsregel aussprechen wollte. Da das Gesetz statt dessen im Einklang mit dem Redaktorenentwurf, in dem von „Zeit der Leistung" die Rede war,3313 zu einer abweichenden Formulierung gegriffen hat, muß davon ausgegangen werden, daß die Worte „Zeit der Zahlung" im natürlichen Sinne, d.h. als Zeit der tatsächlichen Zahlung3314 zu verstehen sind. Unterstrichen wird diese Lesart durch eine Rückbesinnung auf die Grundprinzipien des § 244 BGB. Die Norm beruht auf dem Gedanken der Gleichwertigkeit zwischen Ersatzleistung in DM und geschuldeter Valutaleistung. Dem Gläubiger durch die Ersatzzahlung in deutscher Währung den gleichen Vermögenswert zu verschaffen, den er bei Zahlung in ausländischer Währung erhalten haben würde, läßt sich nur bewerkstelligen, wenn die Umrechnung auf den Zeitpunkt bezogen wird, an dem der Schuldner von seiner Ersetzungsbefugnis wirklich Gebrauch macht. Anderenfalls erleidet der Gläubiger einen Verlust, sofern der Kurs der Schuldwährung gegenüber der DM nach Fälligkeit steigt;3315 ein Verlust, der unter den Voraussetzungen
3 3 1 2 Wörtlich heißt es: „Der Kurs zur Verfallzeit (Wechselordnung Art 37, Handelsgesetzbuch Art 336 Abs 2, ...) kann nicht allgemein für entscheidend erklärt werden, weil, wie Windscheid ... mit Recht bemerkt, durch die Verfallzeit nicht bestimmt werden soll, wieviel der Gläubiger erhalten soll, sondern vielmehr wann er die Leistung zu beanspruchen hat"; v. Kübel in Schubert Vorentwürfe SchR 1, 795. 3313 v. Kübel in Schubert, Vorentwürfe SchR 1, 783. 3 3 1 4 Zur Problematik einer Ableitung des Zahlungszeitpunktes allein aus dem Normtext Nussbaum Das Geld, 211 f; zum Begriff Zahlungstag in Art 41 Abs 1 S 2 WG siehe Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 7 und dort Fn 1. 3 3 1 5 Er wäre mit dem erhaltenen (und zum Fälligkeitskurs berechneten) DM-Betrag nicht (mehr) in der Lage, sich die geschuldete Anzahl Fremdwährungseinheiten zu verschaffen.
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der §§ 284, 285 BGB zwar im Einzelfall (!) ganz oder teilweise als Verzugsschaden ersatzfähig sein kann, 3316 den S 244 BGB indes von vornherein nicht entstehen lassen will. 3317 Die Befriedigung des Gläubigers durch schuldäquivalente Zahlung in deutscher Währung ist in S 244 BGB gänzlich unabhängig von einem etwaigen (bereits bei Fälligkeit oder erst nach späterer Mahnung, in jedem Fall nur bei Verschulden eintretenden) Schuldnerverzug geregelt. Gegen die Umrechnung auf den Fälligkeitszeitpunkt spricht schließlich das regelmäßige Vorauszahlungsrecht des Schuldners nach S 271 Abs. 2 BGB. Soll nicht die Erwartung eines Kursgewinns bis zur Fälligkeit dem Gläubiger einen berechtigten Grund geben können, das Angebot vorzeitiger Zahlung zurückzuweisen, müßte auch die Gegenmeinung in diesem Fall auf den tatsächlichen Zahlungszeitpunkt abstellen. Aus den genannten Gründen geht die heute praktisch einhellige Auffassung dahin, § 244 Abs. 2 BGB fixiere die Umrechnung auf den Zeitpunkt, an dem der Valutaschuldner seine Ersetzungsbefugnis durch Zahlung von D M tatsächlich ausübt. 3318
3316
Einzelheiten S 642 ff. Auch wenn man den Fälligkeitszeitpunkt zur Umrechnung heranzieht, steht allein das (Außenwert-)Verhältnis zwischen Schuld- und Zahlungswährung in Rede. Nicht zu billigen ist die in RGZ 108, 337, 339 f und RGZ 110, 295, 296 f zu Art 37, 40 WO vertretene These, bei einem Kursrückgang der deutschen Zahlungswährung zwischen Verfalltag und Zahlung bzw Hinterlegung sei der Verfalltagswert der Wechselsumme anhand des Kursverhältnisses zu einer stabilen Drittwährung zu fixieren. Diese Einschätzung gilt unabhängig davon, ob nur die Zahlungswährung oder zugleich auch die Schuldwährung an Wert einbüßt (das Schrifttum behandelt die zit. Urteile regelmäßig im Zusammenhang mit der letztgenannten Konstellation; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 87; QuassowskHAlbrecht WG, Art 41 Rn 5; dies ScheckG, Art 36 Rn 6; Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 7 a. In beiden Entscheidungen rechnete das RG zunächst die auf holländische Gulden bzw schwedische Kronen lautenden Wechsel zum Wert am Verfalltag in US-Dollar um und bestimmte anhand der so gewonnenen Summe dann die Höhe des Ersatzbetrages in deutscher Währung zur Zeit der Zahlung bzw Hinterlegung. Um eine Aufwertung der Wechselforderung handele es sich dabei nicht, weil die allein geschuldete Fremdwährungssumme unangetastet bleibe und nur der Wert, den sie zur maßgebenden Verfallzeit gehabt habe, in Ermangelung eines der deutschen Währung zu entnehmenden Maßstabs anderweit ermittelt werde; RGZ 110, 295, 297. Dies ist sicher richtig, zeigt aber nur die Schwächen einer jeden Umrechnung vor dem Tilgungszeitpunkt. Wenn schon im Gläubigerinteresse contra legem entschieden werden mußte, wäre es überzeugender gewesen, angesichts des Zusammenbruchs der deutschen Währung auf den Zahlungs- bzw Hinterlegungszeitpunkt umzurechnen und bei parallelem Verfall der ausländischen Schuldwährung eine Erhöhung des Schuldbetrages nach Ausgleichs- bzw Aufwertungsgrundsätzen in Erwägung zu ziehen; krit. auch K. Schmidt, QuassowskUAlbrecht und Staub/Stranz jeweils aaO. 3318 RGZ 98, 160, 161 ff; 101, 312, 313 ff; 106, 74, 79; 111, 316, 319; 167, 60, 63; BGH NJW 1958, 1390, 1391; BGH IPRax 1994, 366; OLG Köln NJW 1971, 2128, 2129; OLG Köln NJW-RR 1992, 237, 239; OLG Karlsruhe OLGZ 1978, 338, 340; LG Stuttgart MDR 1951, 559, 560; Nussbaum Das Geld, 212 ff; W. Mayer Valutaschuld, 88; v. Maydell in MünchKomm-BGB3, § 244 Rn 48; Teichmann in Soergel", § 244 Rn 32; Heinrichs in Palandt, §§ 244, 245 Rn 15; O. Werner in Erman', § 244 Rn 16; Hefermehl in Schlegelberger, HGB, Anh. § 361 Rn 29; W. Weber in Staudinger11, § 244 Rn 73; K. Schmidt in Staudinger13, § 244 Rn 86; Alberts Währungsschwankungen, 57 ff; Steenken Fremdwährungsschulden, 64; Bachmann Fremdwährungsschulden, 11; Küng Zahlung und Zahlungsort, 102; Berger Der Aufrechnungsvertrag, 274. 3317
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b)
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Alternativen
Als völlig bedenkenfrei kann die skizzierte Sichtweise allerdings nach wie vor nicht gelten. Im Gegenteil hat sich unlängst die L^wdo-Kommission in ihren Principles of European Contract Law für ein abweichendes Modell ausgesprochen. In Art. 2.111 (Currency of Payment) statuiert Abs. 2 zunächst den Grundsatz, daß die Umrechnung der Schuldwährung in die am Erfüllungsort umlaufende Ersatzwährung „according to the rate of exchange prevailing there at the time when payment is due" erfolgen soll. Alsdann heißt es jedoch in Abs. 3: „If, in a case falling within the preceding paragraph, the debtor has not paid at the time when payment is due, the creditor may require payment in the currency of the place where payment is due according to the rate of exchange prevailing there either at the time when payment is due or at the time of actual payment."3319 Nahezu gleichlautend präsentieren sich die Absätze 3 und 4 des Art. 6.1.9. der Unidroit Principles of International Commercial Contracts.3320 Neu ist dieser Ansatz nicht. Bereits das Genfer Einheitliche Wechsel- und Scheckrecht gewährt dem Valutagläubiger (Wechsel- bzw. Scheckinhaber) bei verzögerter Zahlung das Recht zu wählen, ob die Wechselsumme nach dem Kurs des Verfall- bzw. Vorlegungstages oder nach dem Kurs des Zahlungstages in die am Zahlungsort geltende Währung umgerechnet werden soll;3321 Art. 41 Abs. 1 S. 2 WG, 36 Abs. 1 S. 2 ScheckG. 3322 Davor war es Reichel, der eine ganz ähnliche Auslegung für § 244 Abs. 2 BGB befürwortete. Statt eines Gläubigerwahlrechts schlug er allerdings eine Auflösung beider Berechnungsalternativen nach dem Günstigkeitsprinzip vor. Die Umrechnung sei auf denjenigen der beiden in Betracht kommenden Zeitpunkte zu beziehen, an dem der Kurs der ausländischen Schuldwährung höher notiere.3323 Aus dem jüngeren Schrifttum schließlich ist Honsell zu nennen, der im Bereich des § 244 Abs. 2 BGB für eine analoge Anwendung der Wechsel- und scheckrechtlichen Regelung eintritt.3324
Lando/Beale Principles I, 89 f. Unidroit Principles, 127 f . 3 3 2 1 Solange der Schuldner die Wechselzahlung nicht verzögert oder die Scheckzahlung nicht bei Vorlegung des Schecks erfolgt ist, berechnet sich die Höhe des Ersatzbetrages beim Wechsel nach dem Wert am Verfalltag, beim Scheck nach dem Wert des Vorlegungstages. Sinnvoll ist diese Regel insbes. dann, wenn der Gläubiger den Wechsel erst nach Fälligkeit zur Zahlung vorlegt und danach die Fremdwährung im Kurs steigt; ]acobi Wechsel- und Scheckrecht, 426. Die entsprechende (seltene) Konstellation im allgemeinen Geldschuldrecht wäre analog § 300 Abs 2 BGB oder in entsprechender Anwendung des § 304 BGB zu bewältigen, da der Gläubiger sich im Annahmeverzug befindet (§ 296 BGB). 3 3 2 2 Die Genfer Konferenz entschied sich in diesem Punkt gegen den Vorschlag der deutschen Delegation. Diese hatte sich für eine dem § 244 Abs 2 BGB entsprechende Lösung eingesetzt; siehe Quassowski/AIbrecht WG, Art 41 Rn 5. 3323 Reichel SchwJZ 1920/21, 213, 214; ders zit. nach Leo HansRZ 1920, Sp. 733, 734, unter Hinweis darauf, daß es sich um eine Ableitung aus Treu und Glauben handele; ders AcP 126 (1926) 313, 323 ff, dort sogar noch weitergehend: „der höchste Kurs der Zeit vom Fälligkeits- bis zum Zahlungstag". Gegen einen solchen Weg Quassowski/Albrecht WG, Art 41 Rn 5. Weitere Nachweise zum inund ausländischen Schrifttum zwischen den Weltkriegen bei Nussbaum Das Geld, 214. 3324 Honsell FS Lange, 509, 517. 33,9
3320
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ad)
De lege
lata
Der Grund dafür, sowohl den Fälligkeitstermin als auch den Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung in die Betrachtung einzubeziehen, liegt auf der Hand: Sinkt der Außenwert der fremden Schuldwährung im Zeitraum zwischen Fälligkeit und tatsächlicher Zahlung, geht dies auf Grundlage der h.M. zu Lasten des Valutagläubigers. Er erhält bei tatsächlicher Zahlung weniger als bei pünktlicher Zahlung. Dem Gläubiger aber, so ließe sich argumentieren, dürfe nach Fälligkeit durch einen Verfall der ausländischen Schuldwährung ebensowenig ein Nachteil entstehen wie durch einen Kursrückgang der deutschen Zahlungswährung. 3325 Letztlich gehe es darum, „daß, wer ein favorables Privileg ausübt, es keinesfalls zum Schaden des Gegners mißbrauchen darf". 3326 Nussbaum auf der anderen Seite hat eingewandt, dem Gläubiger werde ganz im Gegenteil eine kostenlose Spekulation zu Lasten des Schuldners eröffnet. 3327 Allerdings verfehlt die skizzierte Diskussion so lange den Kern des Problems, als der Gläubiger - wie bei § 244 BGB - auch nach Fälligkeit ausschließlich Fremdwährung fordern kann und es dem Schuldner freisteht, ob er den variabel zu berechnenden Betrag in Zahlungswährung oder die nominell unveränderte Valutasumme leistet. Unter diesen Voraussetzungen kann der Gläubiger Verluste als Folge eines Kursrückgangs der Schuldwährung gegenüber der Zahlungswährung oder auch einer dritten Währung grundsätzlich nur nach näherer Maßgabe der §§ 284 ff. BGB vom Schuldner ausgeglichen erhalten.3328 Da ansonsten (von privatautonomen Kurssicherungsmaßnahmen und einer etwaigen Schuldaufwertung abgesehen) der Schuldbetrag nominell konstant bleibt, ist es der Gläubiger allein, der sämtliche Chancen und Risiken einer Wertveränderung der Schuldwährung trägt. Obwohl damit das Bedenken Nussbaums entkräftet ist, besteht gleichwohl kein Anlaß, Außenwertverluste der Schuldwährung gegenüber der Zahlungswährung, wenn sie nach Fälligkeit eintreten, bei Berechnung des ersatzweise zahlbaren DM-Betrages in Ansatz zu bringen, d.h. den Außenwert der Schuldsumme im Verhältnis zur deutschen Währung vom Außenwert des Ersatzbetrages gegenüber der Schuldwährung abzukoppeln, oder noch anders ausgedrückt: der Ersatzleistung einen höheren Vermögenswert zuzubilligen als dem Schuldgegenstand. Ein solcher Vorschlag widerspricht zunächst dem Schuldnerinteresse. Natürlich zwingt niemand den Schuldner, von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch zu machen. Wenn er es aber tut, darf er - dies gebietet schon die doppelte Privilegierungsfunktion des § 244 BGB - nicht schlechter stehen als bei Zahlung in Einheiten der ausländischen Schuldwährung. Das Interesse des Gläubigers verlangt nichts Gegenteiliges, denn der erklärte Zweck der variablen Umrechnung, der Schutz des Valutagläubigers, wird ohnehin klar verfehlt.3329 Der Gläubiger kann die (höhere) Leistung in Einheiten der Ersatzwährung nicht erzwingen, und der Schuldner wird sich bei einem Verfall der Schuld3325 Lando/Beale Principles I, Art 2.111 comment E, 91 f; Quassowski/Albrecht WG, Art 41 Rn 5; Staub/Strani WG Art 41 Anm 4 f. 3326 Reichel AcP 126 (1926) 324, 326; ähnlich Baumbach/Hefermehl WG, Art 41 Rn 2; Quassowski/Albrecht WG, Art 41 Rn 5; Staub/Stranz WG, Art 41 Anm 4. 3327 Nussbaum Das Geld, 214; siehe auch RGZ 101, 312, 319: es sei zu fragen, ob nicht zu einseitig die Interessen des Gläubigers betont würden. 3328 Vgl etwa RG JW 1938, 946, 947; BGH MDR 1976, 661; OLG Frankfurt/M. MDR 1981, 1016; OLG München RIW 1979, 277; OLG München RIW 1988, 297, 299 f; OLG Hamburg OLGE 41, 100 f. 3329 Vgl Jacobi Wechsel- und Scheckrecht, 427.
§ 1 2 : Die Tilgungsbefugnis nach § 244 BGB
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Währung nach Fälligkeit dafür entscheiden, die fixe Anzahl Einheiten dieser Währung zu leisten, also von seiner (ihm ungünstigeren) Ersetzungsbefugnis keinen Gebrauch machen. Zu befürchten hat er dann nur eine etwaige Ersatzpflicht nach §§ 284 ff. BGB. Liegen deren Voraussetzungen vor und handelt es sich bei der Schadensersatzverbindlichkeit um eine im Inland zahlbare nichteffektive3330 Valutaschuld, hängt der Umfang des ersatzweise zahlbaren DM-Betrages abermals vom Außenwert der Schadensersatzwährung im Zahlungszeitpunkt ab. Die unterschiedliche Behandlung von Kursverlusten der Schuld- und der Zahlungswährung im Verhältnis zueinander erweist sich somit als durchaus gerechtfertigt. Der Verfall der Zahlungswährung wird bis zur Schuldtilgung kompensiert, weil sich aufgrund des Gleichwertigkeitsgedankens das Maß der dem Gläubiger zufließenden abstrakten Vermögensmacht allein nach dem Wert der Schuldwährung bestimmen soll. Bei ersatzweiser Zahlung in DM übernimmt deshalb die Schuldwährung die Funktion eines Berechnungsfaktors. Verfällt dagegen die Schuldwährung, greift dieses Prinzip der Schadensprävention nicht;3331 von einem genuinen Berechnungsfaktor in Gestalt der Zahlungswährung kann keine Rede sein. Man mag diese Wertung rechtspolitisch begrüßen oder nicht, sie entspricht jedenfalls dem geltenden deutschen Recht, das eine derartige Verknüpfung grundsätzlich nur im Bereich des Schadensersatzes wegen Schuldnerverzuges kennt. De lege lata sind die eingangs genannten Vorschläge somit abzulehnen. Erstens weil § 244 Abs. 2 BGB nur von einem einzigen Umrechnungszeitpunkt spricht.3332 Zweitens weil neben der Schuldwährung auch die Schuldsumme (jenseits der §§ 284 ff. BGB) unverändert bleibt. Und drittens weil statt des avisierten Gläubigerschutzes lediglich zu konstatieren wäre, daß der Schuldner bei Zahlung in der Ersatzwährung schlechter stände, als wenn er Einheiten der Schuldwährung leistete. bb) De lege ferenda Auch de lege ferenda ist den genannten Zusammenhängen Beachtung zu schenken. Wer mit der Law¿o-Kommission dem Valutagläubiger einen über §§ 284 ff. BGB hinausgehenden Schutz gegen Kurseinbußen der ausländischen Schuldwährung nach Eintritt der Fälligkeit gewähren will, muß sicherstellen, daß sich mit Ablauf des genannten Zeitpunktes die bisherige Struktur des Geldschuldverhältnisses ändert. Der Gläubiger darf nicht länger darauf beschränkt sein, (nur) Fremdwährungseinheiten verlangen zu können. Anderenfalls stände ihm das in Art. 2.111 § 3 des Kommissionsvorschlags statuierte Recht zur Wahl des Umrechnungszeitpunktes einzig dann zu, wenn der Schuldner statt in Fremdwährung in der Währung des Erfüllungs- bzw. Zahlungsortes leisten will. Dies aber überantwortete in letzter Konsequenz das Kursrisiko vor Verzugseintritt gerade nicht wie geplant dem säumigen Schuldner, sondern dem Gläubiger. Der Wortlaut des Art. 2.111 (3) der Principles of European Contracts erweist sich in dieser Hinsicht als ambivalent, die Begründung spricht eher dafür, daß eine bloße Umrechnungsregel für die Zahlungswährung gewollt ist.3333 Die bestenfalls als zurückhaltend einzuschätzende Position der La«