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German Pages 330 [170] Year 2007
Harald Salfellner
Franz Kafka und Prag
Vitalis 1
Franz Kafka im Alter von etwa dreißig Jahren.
INHALT Vorwort .......................................................................... 7 I.
Biographischer Überblick ...................................... 11
II. Franz Kafkas Prag .................................................. 19 III. Die Anfänge der Familie Kafka in Prag .................. 45
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Blick auf Kleinseitner Dächer und den Hradschin.
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © Vitalis, 2007 • Sechste, neubearbeitete Ausgabe • Hergestellt in der Europäischen Union• ISBN 978-3-89919-077-9 www.vitalis-verlag.com • Alle Rechte vorbehalten
N. Kafkas Prager Itinerarium ...................................... 51 1 Der Altstädter Ring ........ .................................... 51 2 Das Geburtshaus ................................................ 62 3 Das Sixthaus in der Zeltnergasse ........................ 65 4 Das Haus „Zur Minute" am Altstädter Ring ............................................ 67 5 Die Deutsche Knabenvolksschule am Fleischmarkt ................................................ 69 6 Das k. u. k. Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichtssprache am Altstädter Ring .............. 74 7 Das Haus „Zu den Drei Königen" in der Zeltnergasse .............................................. 83 8 Die Karlsbrücke .................................................. 89 9 Die Prager Universität ........................................ 95 10 Das Clementinum ............ ................................ 102 11 Die „Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag" .................... 104 12 Das Cafe Louvre in der ehern. Ferdinandstraße .................................... 109 13 Der Salon der Berta Fanta am Altstädter Ring ... ... .......... ..... ..... .. ...... ... ..... 111 14 Das Landeszivilgericht am Obstmarkt .............. 114 15 Das Haus „Zum Schiff' in der ehern. Niklasstraße ................................ 116 16 Die Assicurazioni Generali am Wenzelsplatz .................... ..... .. .......... ......... 127 17 Das Haus der früheren Deutschen Handelsakademie ......................... ... ................ 131 18 Die Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt für das Königreich Böhmen ............................. 133 19 Das Cafe Arco in der Hibernergasse ... ... .......... 138
20 Die Prager Asbestwerke Hermann & Co. ........ 141 21 Die Zivilschwimmschule am Kleinseitner Moldauufer ....................... ..... 146 22 Das Neue Deutsche Theater ............................ 150 23 Das Deutsche Haus am Graben ...................... 154 24 Die Redaktion des Prager Tagblatts .................. 158 25 Das Cafe Savoy am ehern. Ziegenplatz ............ 161 26 Die Altneusynagoge .......................................... 164 27 Das Jüdische Rathaus ...................................... 166 28 Das Hotel „Erzherzog Stephan" am Wenzelsplatz .............................................. 170 29 Die elterliche Wohnung Max Brods in der Schalengasse .. .. .. .. .... .... .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 172 30 Die Wohnung des Schriftstellers Oskar Baum in der Minesgasse ....... ....... .. ...... ....... .. .... .... ..... 176 31 Das Oppelthaus am Altstädter Ring ................ 179 32 Die Wohnung in der Bflekgasse ........................ 181 33 Das Haus „Zum Goldenen Hecht" in der Langen Gasse ... .. .... .. .... .... .. .. .... ... .. .... ... . 188 34 Das Häuschen im Goldenen Gäßchen .. .. .. .. .. .. 192 35 Das Palais Schönborn auf der Kleinseite .......... 199 36 Milena Jesenslcis väterliche Wohnung in der ehern. Obstgasse .................................... 206 37 Der Neue Jüdische Friedhof ............................ 209 38 Das Franz-Kafka-Denkmal .............................. 214 V.
Als Spaziergänger durch Prag .............................. 217
VI. Prag und Böhmen in Kafkas Werken .................. 233 VII. Kafkas liebes Böhmen ........................................ 247 Anmerkungen ............................................................ 285 Deutsch-tschechische Konkordanz der wichtigsten im Text erwähnten Orte .................... 297 Orteregister ................................................................ 303 Namenregister .. .. .. .. .. ...... ...... .. .. ............ .............. .. ........ 314 Literaturhinweise ........................................................ 323 Bildquellenverzeichnis ................................................ 328
VORWORT Als man Franz Kafka, begleitet von einem kleinen Kreis seiner Angehörigen und Freunde, zu Grabe trug, nahm man in seiner Vaterstadt Prag auch in Kreisen, denen er kein Unbekannter gewesen war, nicht im entferntesten zur Kenntnis, daß hier ein Großer der Literatur dieses Jahrhunderts verstorben war. Auch eine Gedenkstunde in der „Kleinen Bühne", zu der sich Freunde und Kollegen eingefunden hatten, trug nicht dazu bei, künftige Größe ahnen zu lassen. Die tschechischen Zeitgenossen erfuhren durch Milena Jesenska von seinem Tod in wenigen Zeilen. Worin besteht nun das Phänomen, zu dem das Werk des Pragers Franz Kafka geworden ist? Waren es die Lebensumstände, die für so viele Talente dieser Stadt und dieses Landes charakteristisch waren? War es sein Schicksal, das er mit vielen teilte, die aus Prag, Brünn, Reichenberg oder auch aus Mährisch Ostrau kamen und zunächst im heimatlichen Umkreis keine nennenswerte Wertschätzung ihres Ingeniums gefunden hatten? Die ihre Erfolge jenseits der Grenze einbringen mußten und daher auch lange Zeit nicht als Prager angesehen wurden? In Wien, in Zürich oder in Berlin stufte man sie als Österreicher ein. Was bedeutete damals schon der Kleist-Preis, den Kafka erhalten hatte, in der Tafelrunde der literarischen Prager Szene? Hier war die Herkunft aus einem traditionellen Clan meist ausschlaggebend. Das Werk selbst lief Gefuhr, in den Kaffeehäusern, in der „Concordia", im ,,Arco", bei dem Theaterpublikum und den Besuchern der Konzerte als Heimatliteratur eingestuft zu werden. Es hätte wohl allzu lange gedauert, bis Franz Kafka in seiner Größe erkannt worden wäre, wenn nicht sein Freund Max Brod sein Werk bewahrt und auf dessen literarische Bedeutung aufmerksam gemacht hätte. Ebenso unbestritten ist die Tatsache, daß Kafkas Schriften nach
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sagten die Zeitgenossen, dieser Tag sei ein Vorbote des Prager Frühlings des Jahres 1968 gewesen. Die Zeitzeugen dieser Jahre nimmt es nicht wunder, daß ein junger Intellektueller aus Graz in Prag, der Vaterstadt Kafkas, heimisch wurde - als Autor und als Verleger. Der ehemalige Mediziner Harald Salfellner ist seiner Herkunft nach Österreicher. Er unterliegt daher nicht jener zeitweiligen Distanz zu Franz Kafka, die so oft deutsche Literaturhistoriker hilflos werden ließ. Sagte doch eintnal Max Brod von sich, er und Kafka seien eigentlich Prager Österreicher gewesen. Harald Salfellner hat als Autor und Verleger die literarische Szene in der böhmischen Hauptstadt bezogen. Er hat die tschechische Sprache erlernt und gebraucht sie. Sein Buch über Franz Kafka und Prag ist kein neuer Baedeker, kein Dehio, kein Vademecum der neuen Fremdenindustrie. Es ist ein eigenwilliger Weg mit Franz Kafka zu den Stationen seines in Prag verbrachten Lebens. Harald Salfellner bringt jenen Fundus mit, der vielen Interpreten fehlen mußte. Es ist der Weg zur tschechischen Sprache, der Umgangssprache jener Welt, in der Franz Kafka lebte, der verstanden werden muß. Salfellners Arbeit als Verleger in dieser Stadt schließt bewußt an jene Art literarischer Produktion an, die seit der Zeit Rudolfs II. hier gängig war und die sich nicht in erster Linie an ausländische Besucher richtete. In den Bibliotheken tschechischer Wissenschaftler aller Disziplinen steht ein nicht unerheblicher Teil von Literatur in deutscher Sprache. Auch heute. Hier liegt die heimliche Symbiose dieser Stadt. Für sie stehen die Meister der Begegnung der Sprachen - Pavel Eisner, Otakar Fischer, Otto Pick, 0. F. Babler. Und hier beginnt das Buch von Harald Salfellner, das unabdingbar zum Verständnis von Franz Kafka fuhrt. Es lehrt uns, Prag zu sehen, wie Franz Kafka es gesehen hat. Hugo Rokyta, Prag 1998
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BIOGRAPHISCHER ÜBERBLICK
1883 3. JULI: Franz Kafka wird als erstes Kind des Kaufmanns Hermann Kafka und seiner Frau Julie, geb. Löwy, in Prag geboren. Zwei weitere Söhne des Ehepaars Kafka sterben schon im Kleinkindalter, drei Schwestern werden in kurzen Abständen geboren: Gabriele (Elli), Valeri (Valli) und Ottilie (Ottla).
1888 AUGUST BIS MAI 1989: Die Familie Kafka wohnt im Sixthaus in der Zeltnergasse.
1889 JUNI BIS SEPTEMBER 1896: Eine Wohnung im Haus „Zur Minute" wird für mehrere Jahre das Zuhause der Kafkas. SEPTEMBER BIS SOMMER 1893: Besuch der Deutschen Knabenschule am Fleischmarkt.
1893 SEPTEMBER BIS JULI 1901: Besuch des k. u. k. Staatsgymnasiums mit deutscher Unterrichtssprache im Palais Kinsky auf dem Altstädter Ring.
1896 13. JUNI: Bar-Mizwah (Konfirmation). SEPTEMBER BIS JUNI 1907: Die Familie Kafka wohnt im Haus „Zu den Drei Königen".
1901 MAI/ JULI: Schriftliche und mündliche Abiturprüfungen am deutschen Staatsgymnasium. 1. OKTOBER: Beginn des Studiums an der deutschen KarlFerdinands-Universität zu Prag (zunächst zwei Wochen Chemie, dann Vorlesungen in Jura, Kunstgeschichte,
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Philosophie und Germanistik, ab dem Wintersemester 1902/03 dann schließlich endgültig Rechtswissenschaften). OKTOBER BIS JULI 1904: Kafka wird als ordentliches Mitglied der „Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag" geführt, einem nationalliberalen Dachverband deutscher Studierender in Prag.
1902 23. OK.TOBER: Erste Begegnung mit Max Brod; Beginn der lebenslangen Freundschaft.
1904 SOMMER I HERBST: Beginn der Niederschrift der Erzählung Beschreibung eines Kampfes, die im Sommer 1907 abgeschlossen wird. Von Mai 1910 bis Ende desselben Jahres entsteht eine zweite Fassung.
1906 18. JUNI: Promotion zum Doktor der Rechte an der KarlFerdinands-Universität. VERMUTLICH AB HERBST: Die erste Fassung von Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande entsteht. Im Sommer 1909 schreibt Kafka zwei neue Versionen der Novelle. OKTOBER: Beginn des einjährigen Gerichtsjahrs, zunächst am Landeszivilgericht am Obstmarkt, nach einem halben Jahr am Strafgericht am Karlsplatz.
1907 JUNI BIS NOVEMBER 1913: Die Familie Kafka wohnt im Haus „Zum Schiff" mit Blick auf die Moldau. AUGUST: Während eines Ferienaufenthalts bei seinem Onkel in Triesch lernt Kafka die mährische Studentin Hedwig Weiler kennen. 1. OKTOBER: Kafka wird als Aushilfskraft in der privaten Versicherungsanstalt ,,Assicurazioni Generali" am Wenzelsplatz eingestellt.
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1908 FEBRUAR BIS MAI: Kafka besucht einen Abiturientenkurs für Arbeiter-Versicherung an der Deutschen Handelsakademie. MÄRZ: Erste Veröffentlichung von acht Prosatexten in der Zeitschrift Hyperion. 30. JULI: Kafka wird bei der halbstaatlichen ,,ArbeiterUnfall-Versicherungsanstalt für das Königreich Böhmen in Prag" als Aushilfsbeamter aufgenommen. Im Laufe der Jahre steigt er bis zum Obersekretär auf. VERMUTLICH JAHRESENDE BIS ANFANG 1909: Durch die Vermittlung Max Brods macht Kafka Bekanntschaft mit Franz , Werfel.
1909 SEPTEMBER: Gemeinsam mit den Brüdern Max und Otto Brod verbringt Kafka einen Urlaub am Gardasee. Am 11. September besuchen sie eine Flugschau in Brescia. Kafka schreibt daraufhin den Essay Die Aeroplane in Brescia, der am 29. September in der Tageszeitung Bohemia abgedruckt wird.
1910 8. BIS 17. OKTOBER: Reise mit Max und Otto Brod nach Paris.
1911 26. AUGUST BIS 13. SEPTEMBER: Reise mit Max Brod in die Schweiz, nach Norditalien und Paris. AB OK.TOBER: Kafka besucht Vorstellungen einer ostjüdischen Theatergruppe aus Lemberg und schließt Freundschaft mit dem Schauspieler Jizchak Löwy.
1911/12 WINTER: Die erste Fassung des Amerika-Romans Der Verschollene entsteht. Im Herbst und Winter 1912 arbeitet Kafka an einer zweiten Fassung, die er jedoch im
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Januar 1913 unterbricht und nur im Oktober 1914 noch einmal aufnimmt, bevor er sie schließlich endgültig zur Seite legt.
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NOVEMBER: Die Familie Kafka bezieht eine Wohnung im Oppelthaus am Altstädter Ring.
1914 1912 1. JANUAR: Offizieller Gründungstag der „Prager Asbestwerke Hermann & Co.", an denen Kafka mit einer Einlage seines Vaters beteiligt ist. 18. FEBRUAR: Kafka veranstaltet für seinen FreundJizchak Löwy einen Rezitationsabend im Jüdischen Rathaus. 29. JUNI: Begegnung mit den Verlegern Ernst Rowohlt und Kurt Wolff in Leipzig. Bis zum 7. Juli verbringt Kafka einige Tage mit Max Brod in Weimar und fährt anschließend für 20 Tage in das Naturheilsanatorium ,,Junghorn" bei Stapelburg im Harz. 13. AUGUST: Kafka lernt in der elterlichen Wohnung Max Brods die Berliner Handelsangestellte Felice Bauer kennen; am 20. September schreibt er ihr einen ersten Brief. 22./23. SEPTEMBER: Kafka bringt in einer einzigen Nacht Das Urteil zu Papier. Die Erzählung erscheint im Mai 1913 in Max Brods Jahrbuch Arkadia, im Oktober I November 1916 dann selbständig als Bd. 34 in Kurt Wolffs Verlagsreihe Der Jüngste Tag. 17. NOVEMBER BIS 6. DEZEMBER: Die Verwandlungentsteht. Die Erzählung wird im Oktober 1915 in der Zeitschrift Die Weißen Blätter, im Dezember desselben Jahres als Bd. 22/23 in Kurt Wolffs Der Jüngste Tag veröffentlicht. DEZEMBER: Der Sammelband Betrachtung, Kafkas erstes Buch, wird im Leipziger Rowohlt-Verlag veröffentlicht.
1. JUNI: Offizielle Verlobung mit Felice Bauer in Berlin; nach Zweifeln Kafkas wird das Verlöbnis am 12. Juli 1914 im Hotel ,,Askanischer Hof' wieder gelöst. AUGUST: Beginn der Arbeit an Der Prozeß Im Januar 1915 stellt Kafka die Arbeiten an dem noch unvollendeten Roman ein. OKTOBER: Während einer produktiven Schreibphase entsteht u. a. die Erzählung In der Strafkolonie. Sie erscheint im Oktober 1919 bei Kurt Wolff, Leipzig.
1915 FEBRUAR: Zum ersten Mal nimmt sich Kafka ein eigenes Zimmer: Für einige Wochen wohnt er als Untermieter in der Bilekgasse 10. MÄRZ BIS FEBRUAR 191 7: Kafka bewohnt ein Zimmer im Haus „Zum Goldenen Hecht". OKTOBER: Der Fontane-Preisträger Carl Sternheim gibt sein Preisgeld als Zeichen der Anerkennung an Kafka weiter.
1916 14. APRIL: Robert Musil besucht Kafka in Prag. NOVEMBER: Kafka nutzt das von seiner Schwester Ottla gemietete Häuschen in der Alchimistengasse auf dem Hradschin zum Schreiben; unter anderem entstehen hier Erzählungen, die im April I Mai 1920 in dem Sammelband Ein Landarzt bei Kurt Wolff erscheinen.
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1913 7. APRIL: Kafka sucht Entspannung bei nachmittäglicher Arbeit in einer Gärtnerei in der Prager Vorstadt Nusle. MAI: Der Heizer erscheint als Bd. 3 in Kurt Wolffs Bücherei Der jüngste Tag.
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1917 MÄRZ BIS AUGUST: Kafka mietet eine Zweizimmerwoh-
nung im Schönborn-Palais auf der Kleinseite. FRÜHJAHR: Kafka beginnt umfangreiche Hebräischstudien. In den folgenden Jahren widmet er sich immer
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wieder dem Erlernen dieser Sprache, etwa während seines Aufenthalts in Zürau (1917/18), und nimmt ab dem Winter 1922/23 sogar Unterricht. ANFANG JULI: Zweite Verlobung mit Felice Bauer in Prag. Die Verlobung wird am 25. Dezember wieder gelöst. 12./13. AUGUST: Kafka erleidet einen nächtlichen Blutsturz; am 3. September diagnostiziert ein konsultierter Arzt einen „Lungenspitzenkatarrh". SEPTEMBER BIS APRIL 1918: Kafka folgt einem ärztlichen Rat und zieht für einige Monate zu seiner Schwester Ottla ins nordböhmische Dorf Zürau.
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1922 ENDE JANUAR: Beginn der Arbeit am letzten Roman Das Schloß Ende August stellt Kafka die Niederschrift ein. Das unvollendete Werk wird erst nach Kafkas Tod von Max Brod herausgegeben. 1. JULI: Da keine Hoffnung auf baldige Heilung besteht, erwirkt Kafka seine Pensionierung.
1923
BIS SEPTEMBER 1923: Kafka hat wieder bei seinen Eltern im Oppelthaus am Altstädter Ring Quartier bezogen; bei zahlreichen Kuraufenthalten sucht er Heilung von seinem Tuberkuloseleiden.
JUNI: Letzte Zusammenkunft mit Milena Jesenslci. JULI: Reise nach dem Ostseebad Müritz, wo Kafka Dora Diamant begegnet. Er geht mit dem jungen ostjüdischen Mädchen ein Liebesverhältnis ein. 24. SEPTEMBER: Kafka verläßt Prag und bezieht zusammen mit Dora Diamant eine Wohnung in Berlin. Aufgrund der wirtschaftlichen Krise und der Inflation sind sie auf die Unterstützung von Kafkas Familie angewiesen.
1919
1924
22. JANUAR: Erste Begegnung mit Julie Wohryzek bei einem Erholungsaufenthalt in Schelesen. Vermutlich im September kommt es zur Verlobung, die wenige Wochen später wieder gelöst wird. NOVEMBER: In Schelesen entsteht der über hundert Seiten lange Briefan den Vtiter.
17. MÄRZ: Nach einer rapiden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes kehrt Kafka nach Prag zurück und wohnt einige Wochen bei seinen Eltern im Oppelthaus. APRIL: Das Tuberkuloseleiden hat mittlerweile den Kehlkopf befallen; Kafka wiegt in Winterkleidung nur noch 49 kg. 19. APRIL: Nach einem Aufenthalt im Sanatorium Wienerwald in Niederösterreich bzw. einem Therapieversuch in der Laryngologischen Klinik von Prof. Dr. Markus Hajek in Wien findet Kafka Aufnahme im „Sanatorium Dr. Hoffmann" in Kierling bei Klosterneuburg. 3. JUNI: Kafka stirbt in Kierling, bis zum Ende gepflegt von seiner Geliebten Dora Diamant und seinem Freund, dem Mediziner Robert Klopstock. Die sterbliche Hülle wird mit der Eisenbahn nach Prag überführt. Zur Beisetzung auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Prag finden sich am 11. Juni neben Verwandten und Bekano.ten auch viele deutsche und tschechische Literaturfrel.Hl~ ein.
1918 APRIL
1920 BIS JUNI: Kafka weilt zur Kur in der südtirolischen Weinstadt Meran. UM DEN 8. APRIL: Beginn des Briefwechsels mit der in Wien lebenden Journalistin MilenaJesenslci. Aus der Korrespondenz mit der verheirateten Tschechin entwickelt sich bald ein Liebesverhältnis. OKTOBER: Niederschrift mehrerer bedeutender Texte, darunter auch Zur Frage der Gesetze. DEZEMBER BIS AUGUST 1921: Kuraufenthalt in Tatranske Matliare in der Hohen Tatra (Slowakei). APRIL
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Straßentypen aus dem alten Prag 3 4 5 6
Gerichtsdiener (1886) . Wachmann (1886). Würstelverkäufer Sauer beim Staatsbahnhof (um 1890). Leierkastenmann (um 1865).
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Wollen wir die Verhältnisse in Kafkas Prag nachvollziehen, so müssen wir uns zunächst einmal von der romantischen Vorstellung frei machen, es hätte sich um ein beschauliches Städtchen in der altösterreichischen Provinz gehandelt. Schon lange vor dem habsburgischen Machtantritt an der Moldau ging die kulturelle und politische Ausstrahlung Prags über die Landesgrenzen hinaus. Mehr als einmal war die böhmische Hauptstadt zentraler Schauplatz der europäischen Geschichte und geistiger Mittelpunkt des Kontinents gewesen. An der Schnittstelle wichtiger Handelswege kam der Stadt erhebliche strategische Bedeutung zu: Als Brücke nach O sten, was sie bis heute geblieben ist, genauso wie als politisches und kulturelles Bindeglied zwischen dem alten Österreich und der aufstrebenden preußischen Metropole Berlin. Nachdem Preußen und Österreicher ihre Rollen im künftigen Europa 1866 auf dem Schlachtfeld bei Königgrätz neu verteilt hatten, wurde das Ergebnis symbolträchtig im „Frieden zu Prag" festgeschrieben. Seit ihren Anfängen im 9. Jahrhundert war Prag die Hauptstadt des tschechischen Volkes. Von besonderer Bedeutung war Prag aber stets auch als Zentrum der wirtschaftlich wichtigen Gebiete Deutschböhmens 1 , die sich um den weitgehend slawischen Kern Innerböhmens legten. Die Hauptstadt verklammerte so ungleiche Landschaften wie das karge Riesengebirge und die nordböhmischen Industrielandschaften mit dem bäuerlichen Egerland und der poetischen Böhmerwaldlandschaft Adalbert Stifters. Trotz dieser topographischen Stellung und augenfälligen Brückenfunktion hatte Prag im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts die erste Stimme im politischen und diplomatischen Konzert Mitteleuropas dem kaiserlichen W ien überlassen müssen. Zu Kafkas Lebzeiten kamen die
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Dinge jedoch wieder in Bewegung: In nahezu allen Bereichen des städtischen Lebens vollzogen sich stürmische Entwicklungen, in den alten Stadtteilen wie in den neuen Vorstädten gärte es heftig. Die Bevölkerungszahl wuchs rapide an, die Stadt dehnte sich schnell über ihre historischen Grenzen aus. Seit der Befreiung von den bäuerlichen Grundlasten im Gefolge der Revolution von 1848 strömten junge Leute aus den Landgebieten nach Prag, eine wachsende Schar stämmiger Bauerndirnen und kräftiger Landburschen, die zwar ohne Mittel und Besitz, aber voller Hoffnungen und Zukunftsträume eintrafen. In der aufstrebenden lndustrie2 suchten sie Arbeit und Auskommen zu finden. Eine Wanderbewegung diesen Ausmaßes war ein neuartiges Phänomen: Sie war die Folge eines bis dato ungekannten Wirtschaftsaufschwungs, der sich in der Gründung zahlreicher Gewerbe-, Handelsund Industrieunternehmungen manifestierte. Maschinenbauindustrie, Zuckerfabriken, Bierbrauereien und Glashütten, Eisenwerke, Textilfabriken und Papiermühlen, Porzellanherstellung, Chemiewerke und Holzindustrie: Allerorten wuchsen auf zuvor grünen Wiesen rauchende Schlote, und stolz hieß man diesen Wandel Fortschritt.
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Blick auf die Industrievorstadt Smichov (vor 1909).
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In den Jahrzehnten vor Kafkas Geburt hatte sich die Einwohnerzahl noch relativ langsam entwickelt, war in den historischen Prager Bezirken von ca. 115.000 um 1846 auf etwa 162.000 anno 1880 angestiegen, die hier stationierten Soldaten miteingerechnet. 3 Um 1910 lebten dann in der Landeshauptstadt bereits mehr als 230.000 Prager,4 freilich auch jene mitgezählt, die nach der Jahrhundertwende mit den Bezirken Holesovice, Liben und Vysehrad ins Prager Stadtgebiet eingemeindet wurden. Mit der Vereinigung aller Bezirke und Vorstädte zu „Groß-Prag" im Jahr 1922 wuchs die Stadt zu einem ausgedehnten Moloch, in dem sich 1924, dem Todesjahr Kafkas, mehr als 700.000 Einwohner tummelten. Aus der böhmisch-österreichischen Landeshauptstadt war die moderne Kapitale eines aufstrebenden tschechischen Staates hervorgegangen. Mit Unbehagen stand das deutsche Patriziat in den besseren Vierteln dem immer weiter anwachsenden tschechischen Vorstadtproletariat gegenüber: Das Prager Deutschtum, einst das Rückgrat des tonangebenden Bürgertums und der städtischen Administration, wurde zahlenmäßig zunehmend marginalisiert und verlor spürbar an Einfluß und politischer Macht. Hatte es in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Prag noch eine deutsche Mehrheit gegeben, so waren die Mehrheitsverhältnisse in Kafkas Geburtsjahr dramatisch ins Gegenteil verkehrt: Anno 1880 standen ca. 32.000 Prager Deutsche etwa 126.000 Tschechen gegenüber. 5 Die Folgen lagen auf der Hand: Schon 1882 saß kein einziger deutscher Stadtrat mehr im Rathaus, 6 seit 1883 besaß auch der Landtag eine tschechische Mehrheit. Wo nur immer möglich, war allem Deutschen der Kampf angesagt und der tschechischen Sprache die Vorherrschaft eingeräumt worden. So wurden ab 1891 in Prag etwa die deutschen Straßenbezeichnungen beseitigt. In den Gassen und Plätzen mehrten sich die nationalen Symbole der Tschechen, ihre deutschen Pendants wurden nach Möglichkeit entfernt.
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8 Ein tschechisches Straßenschild auf dem Kleinseitner Ring überdeckt die ehemals zweisprachige Beschriftung und verdeutlicht den nunmehr slawischen Charakter der Stadt (um 1912).
9 Massenversammlung des tschechischen nationalen Turnerbundes Soko! auf dem Altstädter Ring (1912). 18.000 Turner statteten der ,,slawischen" Gastgeberstadt Prag ihren Dank ab.
In zähem Ringen gelang den Tschechen die „Rückeroberung" ihrer Stadt, Aufschrift für Aufschrift, Denkmal für Denkmal. Althergebrachte Straßennamen wurden in nationalpolitischem Sinne geändert, die alte Spornergasse auf der Kleinseite etwa, wo der tschechische Dichter Jan Neruda geboren worden war, sollte nun Nerudova heißen. Das war nicht nur eine Verneigung vor dem großen Dichter, dahinter steckte auch ein gerüttelt Maß an nationalpolitischem Kalkül. Die Deutschen mußten diese konsequente Nadelstichtaktik wohl oder übel hinnehmen, nachdem sie ihre politische Macht in den städtischen Vertretungskörpern eingebüßt hatten. Ihr Einfluß im Wiener Reichsrat endete vor den Prager Stadtgrenzen. Die etwa 30.000 bis 35.000 Deutschen,7 die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem im Stadtzentrum lebten und etwa 7 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, bildeten freilich immer noch eine selbstbewußte und stolze Oberschicht, ein überwiegend wohlhabendes, nicht selten
reiches Stadtbürgertum, das sich in prächtigen Villen und herrschaftlichen Wohnungen seiner materiellen und gesellschaftlichen Besitzstände erfreute: Das waren Grubenbesitzer, Bankdirektoren und Handelsherren, Landtagsabgeordnete, Fabrikanten und Universitätsrektoren, Kammerprocuratoren, Oberinspektoren und k. k. Hofratswitwen. Dieser vornehmen Auslese standen zwei großartige Theater, eine Universität, eine Technische Hochschule, ein Konzertgebäude, ein halbes Dutzend Gymnasien, einige leistungsstarke Verlage, etwa zweihundert im „Deutschen Haus" beheimatete Vereine8 und mehrere überregional bedeutende Tageszeitungen zur Verfügung, darunter die Bohemia und das Deutsche Abendblatt, das Montagsblatt aus Böhmen und das regierungsamtliche Prager Abendblatt, die Union, eine tschechische Zeitung in deutscher Sprache und allen voran das berühmte Prager Tagblatt, das zeitweise wochentags in zwei Ausgaben erschien. Das alles waren Relikte einer einst unangefochtenen kulturellen Dominanz, nun trotzig
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10 Damen der Prager Gesellschaft vergnügen sich im Beisein von k. u. k. Offizieren beim Pferderennen in Kuchelbad (um 1909).
11 Erster-Mai-Manifestation der Prager Sozialdemokraten auf dem Wenzelsplatz (1906) .
hochgehalten wie eine bedrohte Flagge in einem Meer tschechischer Wimpel. Das „deutsche Prag", unfähig den Anachronismus seiner Traumwelt zu erkennen, gab sich einer von großer Vergangenheit gedüngten Spätblüte hin. Auch das slawische Prag träumte, aber bei ihm war es ein leidenschaftlicher Zukunftstraum, mehr Wirklichkeit als Illusion. Keine Berührungsängste, zumindest nicht in kultureller oder geschäftlicher Hinsicht, hatte das liberale Deutschtum gegenüber Juden, zumal den wohlhabenden und assimilierten unter ihnen. Der aus München stammende Moralphilosoph Friedrich Jodl hat diese Haltung 1885 auf den Punkt gebracht: ,,Nur zwei Dinge sind obligat: Kein Liebäugeln mit dem Slaventum und keine Feindseligkeit gegen das Judentum. Beides sind Existenzbedingungen der hiesigen deutschen Gesellschaft." Freilich war auch die jüdische Gemeinschaft in Prag alles andere als homogen, und so tummelten sich in der Altstadt neben den weitgehend assimilierten Westjuden auch orthodoxe Zuzügler aus dem galizischen Schtetl, ultrareligiöse Chassidim aus dem Osten und immer mehr auch
nationaljüdische Zionisten, deren Herz für ein jüdisches Palästina pochte. Zu den Juden deutscher Orientierung kamen noch die tschechischen Glaubensbrüder, deren Zahl in Prag beständig wuchs. Um 1900 machten sie bereits mehr als die Hälfte der Prager Judenheit aus. 9 Von der im Alltag verwendeten Umgangssprache konnte man jedoch nicht unmittelbar auf die Volkszugehörigkeit schließen: Da gab es Juden wie den Bänkelsänger und Dichterherrn Oskar Wiener, die sich mit Herz und Verstand der deutschen Sache verschrieben hatten, und zugleich auch jüdischnationale Schriftsteller wie Max Brod, die sich zwar dem „Deutschtum kulturverwandt", aber keineswegs dem deutschen Volk angehörig fühlten. 10 So lebte die Mehrzahl der Deutschen weniger in einem Ghetto, wie es oft formuliert wird, als vielmehr in einem elitären Elfenbeinturm mit nur geringer sozialer Bodenhaftung. Da stand die zwar kleiner werdende, aber grimmig Position haltende deutsche Oberschicht einer immer weiter anwachsenden slawischen Übermacht gegenüber. Der böhmisch-österreichische Erzähler Johannes U rzidil hat den Hintergrund umschrieben, vor dem wir
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uns den Prager deutschen Schriftsteller Franz Kafka vorstellen können und mit ihm nicht wenige seiner Dichterkollegen: ,,Die Prager deutschen Dichter und Schriftsteller hatten gleichzeitig Zugang zu mindestens vier ethnischen Quellen: dem Deutschtum selbstverständlich, dem sie kulturell und sprachlich angehörten; dem Tschechentum, das sie überall als Lebenselement umgab; dem Judentum, auch wenn sie selbst nicht Juden waren, da es einengeschichtlichen, allenthalben fühlbaren Hauptfaktor der Stadt bildete; und dem Österreichertum, darin sie alle geboren und erzogen waren und das sie schicksalhaft mitbestimmte, sie mochten es nun bejahen oder auch dieses oder jenes daran auszusetzen haben." 11 Und rund um diese scheinbar so fest gefügte bürgerliche Existenz der guten Prager deutschen Gesellschaft wandelte sich das Stadtleben in atemberaubendem Tempo. Der Lärm der Baumaschinen und Spitzhacken dröhnte in die Stille der Salons, und wo sich gestern noch ein altersmüdes Gemäuer duckte, konnte morgen schon ein Zinshaus nach neuester Manier in den Himmel wachsen. Die Epoche der Gründerzeit und die Folgen der ungebremsten Industrialisierung zeigten sich immer deutlicher auch im Stadtbild. Hunderte Häuser mit einer oft bis ins Mittelalter zurückreichenden Baugeschichte mußten jetzt neuen Bauvorhaben weichen. Technische Neuerungen und Modernisierungswahn veränderten manche Gassenzüge bis zur Unkenntlichkeit. Im November 1885 nahm im Stadtviertel Podoli ein neues Wasserwerk seinen regulären Betrieb auf, nun konnten die Prager Haushalte mit Trinkwasser versorgt und mit englischen Toiletten ausgestattet werden. Die vertrauten Brunnen in den Prager Gassen, aus Stein modelliert oder aus Holz gezimmert, verschwanden nach und nach aus dem Stadtbild. Architekten schrieben sich mit prächtigen Prunkbauten, die uns bis heute Respekt abverlangen, in das Buch der Stadtgeschichte: Auf dem Vysehrad wurde die St. Peter und Paul-Kathedrale in neugotischer Manier umgebaut
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(1885-1887), am oberen Ende des Wenzelsplatzes führte man den imposanten N eurenaissancebau des Nationalmuseums auf (1885-1890), nur wenige hundert Meter weiter errichteten die Wiener Theaterarchitekten Fellner und Helmer das Gebäude des Neuen Deutschen Theaters (1886-1887). Im Jahr 1888 kaufte die Gemeinde die Schanzen zwischen den Stadtvierteln Prager Neustadt und Königliche Weinberge auf. Die alten Mauern wurden niedergerissen, die parzellierten Grundstücke verbaut, die bisher getrennten Stadtviertel konnten zusammenwachsen. Auf den Liurenziberg führte ab 1891 eine Standseilbahn, und die Ausflügler konnten jetzt bequem zu dem Aussichtsturm hinauffahren, der sich dort neuerdings ins Gesamtbild der vielen hundert Prager Türme fügte. Und von der Spitze aus sah man den Wandel der Stadt, sah neue Brücken und Paläste, neue Museen und Denkmäler, hier ein neues Repräsentationshaus, dort ein modernes Rathaus - wohin Kafka auch blickte, überall wucherte Neues aus dem geschichtsträchtigen Prager Boden.
12 Anläßlich der Böhmischen Jubiläumsausstellung des Jahres 1891 wurde auf dem Laurenziberg ein eiserner Aussichtsturm, die 60 Meter hohe Petflnwarte, errichtet.
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Auch in der Altstadt wurde gebaut und verändert. Besonders hart traf die Fortschrittseuphorie das alte Judenviertel, das sich hinter dem Altstädter Ring ausdehnte. Die vornehmen jüdischen Familien, die in Handel, Industrie und Verwaltung Wohlstand erlangt hatten, wohnten dort nicht mehr, seit sie das Ghetto verlassen durften. Aber die Gestrauchelten und Gefallenen, die Mittellosen und Armen 12 mußten dort ausharren, zwischen Dirnen, Gaunern und lichtscheuem Gesindel. Verrauchte Kaschemmen, verrufene Hurenhäuser, verlauste Absteigen: Wer es einrichten konnte, mied das zwielichtige Viertel, in dem sich durchschnittlich mehr als 1800 Menschen pro Quadratkilometer drängten - fast dreimal soviel wie in den angrenzenden Altstadtbezirken. Irgendwo in der Vorstadt hätte es wohl niemanden gekümmert, aber inmitten der Altstadt, in bester Lage - kurz: Die alte Judenstadt stand auf wertvollem Bauland, und wer hätte da schon widersprechen wollen, als man von einer grundlegenden ,,Assanierung" zu sprechen begann, die den unzumutbaren hygienischen Bedingungen, den Brutstätten
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13 Ein vertrautes Motiv aus der alten Judenstadt: der Laden des Altwarenhändlers Mojzis Reach (um 1898).
Blick in die zum Abbruch bestimmten Gassen des Prager Ghet(um 1898).
für Krankheiten, ja Epidemien und Seuchen den Garaus machen und das übervölkerte Armenquartier in ein sauberes Wohnviertel verwandeln wollte, mit modernen Zinspalästen und eleganten J ugendstilhäusern. In einem ersten Gesetzesantrag wurde daher bereits 1885 die Assanierung der schäbigen Judenstadt gefordert.
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Bei der Revitalisierung, wie man es wohl heute nennen würde, die ab 1897 nach unzähligen Sitzungen und Beschlüssen in Angriff genommen wurde, fiel der Spitzhacke ein großer Teil der historischen Bausubstanz zum Opfer. Sang- und klanglos verschwand die tausendjährige Judenstadt, nur eine Handvoll Synagogen und Sehenswürdigkeiten blieb der Nachwelt erhalten, freilich ohne die Atmosphäre der alten Judenstadt noch vermitteln zu können. Gustav Janouch überlieferte einen Ausspruch Kafkas: ,,In uns leben noch immer die dunklen Winkel, geheimnisvollen Gänge, blinden Fenster, schmutzigen Höfe, lärmenden Kneipen und verschlossenen Gasthäuser. Wir gehen durch die breiten Straßen der neuerbauten Stadt. Doch unsere Schritte und Blicke sind unsicher. Innerlich zittern wir noch so wie in den alten Gassen des Elends. Unser Herz weiß noch nichts von der durchgeführten Assanation. Die ungesunde alte Judenstadt in uns ist viel wirklicher als die hygienische neue Stadt um uns.
16 Blick von der Karpfengasse in Richtung Altstädter Ring (um 1914). Rechts ein Seitenflügel des neuen Rathauses, am linken Bildrand der Neubau anstelle des Kafka-Geburtshauses. Die freie Parzelle entstand im Zuge der Assanierung, sie wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg bebaut.
15 Wahrend die Reste des „Prager Pompeji" auf ihre Demolierung warten, hängen die letzten Bewohner zwischen den Ruinen noch ihre Wasche zum Trocknen hinaus (um 1907).
Wachend gehen wir durch einen Traum: selbst nur ein Spuk vergangener Zeiten." 13 Bis 1917 zog sich die Assanierung der Judenstadt hin, dann war ein modernes Großstadtviertel entstanden, das mit der Armseligkeit des Ghettos nichts mehr gemein hatte. Viele wohlhabende Juden fanden nun den Weg zurück in das Viertel, aus dem ihre Vorfahren einst abgewandert waren. Prag befand sich in einem beständigen Um- und Aufbau, und vor dem Hintergrund der gesamtösterreichischen Kulturblüte des ausgehenden 19. Jahrhunderts schillerte auch das Kulturleben der Stadt in den buntesten Farben. In Musik und bildender Kunst, in Plastik und Architektur - allerorten warf man überkommene Traditionen über Bord, überschritt Grenzen, betrat Neuland. Ganze Stadtviertel wurden in der Manier des Historismus, der Sezession oder später auch des Kubismus umgestaltet, ehe schließlich eine neue Sachlichkeit das Gegenteil postulierte und jedes Ornament leidenschaftlich ablehnte.
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Auch die zeitgenössische Literatur entwickelte sich stürmisch. Draußen in den ländlich-industriellen Randgebieten der Deutschböhmen bevorzugte die Leserschaft zwar noch das breitgefächerte Schrifttum einer bodenständigen Heimatkunst, die literarischen Kreise der Hauptstadt aber, insbesondere die Dichter selbst, hatten ein feines Ohr für neue Stilrichtungen. Nicht mehr von naturalistischer Wirklichkeit war da die Rede, sondern von Symbolisten und Neuromantikern, von Impressionisten und Expressionisten - die Modeme brach sich in wechselnden Spielarten die Bahn, die Atmosphäre einer weltoffenen Großstadt leistete ihr gehörig Vorschub. So unüberschaubar wie das Konglomerat politischer und ästhetischer Richtungen, so vielfältig firmierten auch die deutschen Schriftsteller, die sich unter dem Hradschin tummelten: der Rechtsanwalt Friedrich Adler etwa oder der jüdische Arzt Hugo Salus, der fürs Deutsche glühende Bänkelsänger Oskar Wiener, der kosmopolitische Dichter Rainer Maria Rilke, der rasende Reporter Egon Erwin Kisch, der ungekrönte König der Prager Boheme Paul Leppin und allen voran die Autoren des Prager Kreises, die in den Prager Kaffeehäusern ihre Heimstätte gefunden hatten: Franz Werfel, Max Brod, Felix Weltsch, Oskar Baum, Ludwig Winder und - Franz Kafka. Mit dieser kulturellen Hochblüte konnte die Stadt neben Metropolen wie Paris, Berlin und Wien bestehen, und durch ihre Eigenschaft als exotische Zweivölkerstadt nahm sie eine bemerkenswerte Sonderstellung ein. Die Prager Schriftsteller blickten über ihre engen Verhältnisse hinaus und knüpften Kontakte zu den literarischen Zentren jenseits der Landesgrenzen, korrespondierten mit Autoren im Ausland, luden ihre Kollegen zu Lesungen und Aufenthalten an die Moldau und fanden sich eifrig zu Vorträgen und Dichterlesungen ein. Manche von ihnen richteten die Blicke nicht nur in die Feme, sondern auch über die Stammesgrenzen hinüber zu ihren tschechischen Nachbarn, begannen sich für die Geschichte
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des tschechischen Volkes zu interessieren, die ja gewissermaßen auch die ihre war, fingen an, die Werke tschechischer Dichter zu lesen und nach Möglichkeit auch zu übersetzen, und staunten über die Kulturleistungen des so fremden Volkes, das mit ihnen Tur an Ttir lebte. Aber das galt nur für die geistige Elite, für die literarische Vorhut. In die Salons der Prager Deutschen fanden die Werke tschechischer Autoren noch keinen Eingang, genauso wie es nur ausnahmsweise geschah, daß sich die großbürgerlichen Wohnstuben tschechischen Besuchern auftaten. Der allgegenwärtige Wandel und der zivilisatorische Fortschritt beschränkten sich freilich nicht auf ästhetische Fragen, Kunst und Kultur, sie betrafen alle Bereiche des täglichen Lebens. Handel, Industrie und Technik erlebten einen ungeheuren Aufschwung. Die Telephonie setzte sich rasch durch (ab 1889 konnte man Ferngespräche bereits nach Wien führen), Elektrizitätswerke ermöglichten den Betrieb neuartiger Apparaturen, die
17 Auf dem Dach der St. Jakobs-Schule in der Prager Altstadt wird eine Telefonzentrale eingerichtet (1906) .
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18 Eine Autodroschke in Prag-Weinberge zieht die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich (um 1907).
Moldau wurde schiffbar gemacht, und die „Elektrische" sowie erste Motorwagen kündeten seit den 1890er Jahren von einer nicht mehr fernen Verkehrsrevolution. Seit 1891 rumpelte eine erste elektrische Straßenbahn durch die Stadt, betrieben von einem provisorischen Kraftwerk. Diese „Tramway" fuhr von der BelvedereHöhe (Letna) zur Jubiläumsausstellung im Baumgarten hinaus, später wurde die Trasse bis zum Statthalterschlößchen verlängert, ehe sie 1900 aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt werden mußte. Anno 1894 wurde Prag mittels eines kleinen Elektroaggregates erstmals elektrisch beleuchtet. Im darauffolgenden Jahr, 1895, wurde dann das erste reguläre E-Werk innerhalb der böhmischen Länder in Betrieb genommen, das städtische Elektrizitätswerk in Prag-Zizkov, und 1899 nahm schließlich das „Zentrale Prager Elektrizitätswerk" in Holesovice seinen Betrieb auf, das mehrere führende Industrieunternehmen gemeinschaftlich eingerichtet hatten. Technischer Fortschritt hieß das Zauberwort, und in immer kürzeren Abständen wurden neue Errungenschaften
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bekannt und in den Intelligenzblättern vorgestellt: Anno 1906 kurvten bereits 69 behördlich gemeldete Benzinkutschen durch die Stadt, die ersten Fluggeräte, von tollkühnen Männern in lichte Höhen pilotiert, erschienen am Horizont, und in dunklen Vorführräumen ermöglichten die belebten Bilder der jungen Kinematographie einen Blick hinaus in die weite Welt. Seit 1907 gab es in Prag ein erstes ständiges Kino, den Biographen Ponrepo im Haus „Zum Blauen Hecht" in der Altstadt, Karlsgasse Nr. 20. Zu Beginn des Weltkriegs hatten sich bereits 39 Kinos etabliert, und die Prager konnten aus einem immer breiteren Angebot von Filmen auswählen. Da sah man zwar noch nicht viel mehr als relativ einfach auf Celluloid gebannte Theateraufführungen oder herkömmliche Variete-Programme, und auch dies nur in Schwarzweiß und mit ein wenig Musikbegleitung, aber das tat der Begeisterung keinen Abbruch: Ergriffen verfolgten Kafka und seine Freunde die laufenden Bilder in den ,,Lichtspieltheatern".
19 Jungfernfahrt der elektrischen Straßenbahnlinie des Unternehmers Frantisek Kiizik von Prag-Karlin nach Vysocany (1896) .
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20 Der Prager Flugpionier Eugen Cihak mit seinem Aeroplan auf einem Flugfeld in Prag-Kuchelbad (1911).
Und wie die Stadt aufblühte durch die Segnungen des Fortschritts! Alles schien besser und größer zu werden, eleganter und reicher. Freilich, man durfte nicht hinter die Kulissen schauen, nicht hinaus in die Arbeiterbezirke, wo sich ein explosives Gemisch aus Elend und Verbitterung zusammenbraute, eine anschwellende Massenbewegung, die nur mühsam mit Gesetzen und Verordnungen eingedämmt werden konnte. Hinter den dicken Brokatvorhängen schüttelte man den Kopf über die neuen Schlagworte, die da lauteten: Arbeiterbewegung, allgemeines Wahlrecht, Sozialismus, Gewerkschaft, Streikrecht, Arbeitszeitverkürzung - wohin das alles noch fuhren sollte! Vereinzelten Auseinandersetzungen im Kleinen folgten bald Streiks und Massendemonstrationen im Großen. Waren es heute die Arbeiter in den Großbäckereien, die um Verringerung ihrer Arbeitszeit auf die Straße gingen, so forderten schon morgen die Waschereiarbeiter Erhöhungen ihrer Löhne, und kaum war der Streik der Smichover Weber gebrochen, berichtete das Tagblatt bereits von den Demonstrationen für das allgemeine
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Wahlrecht 14 auf dem Wenzelsplatz. Die sozialen Spannungen trugen unverkennbar auch einen nationalen Charakter - hie die erdrückende Mehrheit der fortschrittlichen Tschechen, da die Reaktion, die Deutschen, die Monarchie, die Juden! Während auf der linken Straßenseite Sokoln 15 in slawischen Farben paradierten, bummelten rechts trotzig und kühn die „bursaci", wie die deutschgesonnenen Burschenschafter etwa der „Germania" verächtlich genannt wurden. Und dazwischen, fast hilflos, berittene k. u. k. Polizei mit Knüppel und Federbusch. So wurden in Prag mit großer Verbissenheit die in ferner Vergangenheit wurzelnden nationalen Konflikte zwischen Tschechen und Deutschen ausgetragen, das Zusammenleben gestaltete sich immer schwieriger, den Bemühungen der wenigen Besonnenen stand eine Majorität gegenüber, die von Ausgleich nichts wissen wollte. Noch vor der Jahrhundertwende hatte sich diese deutsch-tschechische Rivalität zu einem richtiggehenden Stellungskrieg ausgewachsen, in dem die seltenen Worte der Mäßigung und Vernunft auf beiden Seiten vom Geschrei militanter Radikaler übertönt wurden. Die ersten Anfänge des tschechischen Nationalbewußtseins zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten sich noch auf die Arbeiten tschechischer Gelehrter gestützt, die ihre Werke in deutscher Sprache verfaßten und die auch mit deutscher Kultur auf vertrautem Fuß standen - man denke nur an den Sprach- und Literaturwissenschaftler Josef Dobrovsky oder an den nationalkonservativen Historiker Frantisek Palacky. Wie anders sah die Situation wenige Jahrzehnte später aus! Radikale nationale Kräfte steuerten auf beiden Seiten einen unversöhnlichen Konfrontationskurs, der Zusammenstoß konnte nicht ausbleiben. Die Reaktionen auf die Sprachenverordnungen des vormaligen Statthalters in Galizien, Kazimierz Graf Badeni, der 1895 von Kaiser Franz Joseph mit der Bildung einer „Regierung der starken Hand" beauftragt worden war, zeigten, daß längst jede Gesprächsbasis zwischen
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38 21 Ministerpräsident Graf Kazimierz Badeni (1846-1909).
den beiden böhmischen Volksgruppen verloren gegangen war: Badeni wollte neue Steuergesetze durchbringen und zudem ausstehende Etatverhandlungen mit der ungarischen Reichshälfte führen. Er suchte deshalb durch verschiedene Konzessionen den erforderlichen Burgfrieden mit den Tschechen zu schließen und beendete knapp einen Monat nach Amtsantritt einen bereits seit zwei Jahren über Prag verhängten Ausnahmezustand. Mit einer Wahlrechtsreform 16 , die er im Juni 1896 durch den Reichsrat brachte, hoffte er, die in fortdauernder Obstruktion verharrenden „Jungtschechen" zu bändigen, deren Fraktion zur bedeutendsten politischen Kraft der Tschechen herangewachsen war. Badeni mußte bald erkennen, daß nur ein Entgegenkommen im Bereich der tschechischen Sprachforderungen zum Erfolg führen konnte. So erließ er am 5. April 1897 Sprachenverordnungen für das Kronland Böhmen (drei Wochen später auch für Mähren), die heftigste Reaktionen, ja eine Staatskrise auslösten. Den Badenischen Verordnungen zufolge, erlassen ohne Konsultation mit den Repräsentanten der böhmischen Deutschen, sollten im behördlichen Verkehr der Böhmischen Kronländer die Sprachen Tschechisch und Deutsch gleichgestellt werden. Dies hätte einen deutschen Beamten
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in einer deutschböhmischen Stadt wie etwa Reichenberg oder Karlsbad gezwungen, Tschechisch zu lernen, sofern er eine Karriere im Staatsdienst anstrebte. In den deutschen Gebieten der böhmischen Kronländer schlug dieser Vorstoß ein wie eine Bombe, zumal man sich lange schon durch den hohen Anteil tschechischer Beamter in der öffentlichen Verwaltung provoziert fühlte. Aus Wien hatte man sich Unterstützung im Volkstumskarnpf erwartet nun wähnte man sich durch den polnischen Grafen ve;raten, schlimmer: gedemütigt. Die Wogen gingen hoch das Maß war voll. Daß auch die Tschechen in ihren ange~tarnmten Siedlungsgebieten seit Jahrhunderten eine
22 Der österreichische Kaiser und (ungekrönte) böhmische ~öni_g Franz Joseph I. (1830-1916) zu seinem sechzigjährigen ThronJuh1läum (1908).
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deutsche Amtssprache hinnehmen mußten, wollte man mit dem Verweis auf die Deutschkenntnisse der meisten Tschechen sowie die völlig anders gelagerten Umstände nicht gelten lassen. Die Protestaktionen und Massendemonstrationen, deren Heftigkeit alle Erwartungen übertrafen, erfaßten nicht nur die deutschen Städte des Landes wie Gablonz, Eger oder Teplitz, sondern auch das national orientierte Deutschtum in allen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern bis ins ferne alpenländische Graz. In den deutschböhmischen Gebieten wuchsen sich die Proteste zu Ausschreitungen gegen tschechische Minderheiten aus. Auch im Wiener Reichstag tobte der Streit erbittert und es kam zu Handgreiflichkeiten. Angesichts dieser gefährlichen Entwicklung verfügte Seine Apostolische Maj~stät am 28. November 1897 die Schließung des Parlamentes, Graf Badeni mußte seinen Abschied nehmen. Jetzt beruhigten sich die Gemüter auf deutscher Seite, aber noch im Dezember desselben Jahres entlud sich die Enttäuschung der Tschechen in wüsten deutschund insbesondere judenfeindlichen Ausschreitungen (,,Dezembersturm") in den Prager Gassen: Kaffeehäuser, Wohnhäuser, Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert, Schwerverletzte und sogar Tote lagen in den Gassen. Erst Armee-Einheiten mit scharfer Munition beendeten die anarchischen Zustände, das Kriegsrecht wurde verhängt. Was blieb, war unversöhnlicher Haß. Und die Prager Juden? Vom Umland wanderten zwar zunehmend auch tschechische Juden in die Stadt, die überwiegende Mehrheit der meist gut assimilierten, zu Wohlstand gekommenen urbanen Westjuden bekannte sich jedoch immer noch zu den Deutschen, nicht wenige taten sich als glühende Verfechter des Deutschtums hervor. Die Prager deutsche Kultur war, wie es in der zionistischen Selbstwehr hieß, ,,von einer geschlossenen jüdischen Intelligenzschicht" erfüllt und besaß eine jüdische Atmosphäre - diese Ansicht teilten jedoch nicht alle
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Prager Deutschen. Zwar fühlten die Juden mehrheitlich deutsch, dabei vergaßen sie aber keineswegs ihr eigenes jüdisches Wesen - im Gegenteil! Im privaten Kreis blieb man nach Möglichkeit unter seinesgleichen, man pflegte Freundschaften vorzüglich zu jüdischen Familien, und vor den Traualtar führte man lieber eine jüdische Braut. Diesem Konglomerat von Deutschen und Juden begegneten tschechische Nationalisten mit grimmiger Feindschaft: ,,Deutsche und Juden: das war damals für das tschechische Prag fast identisch, und beide, Deutsche und Juden, waren gleich verhaßt. Die Juden sprachen 17 Deutsch und waren österreichische Patrioten ... " Obwohl auch immer mehr tschechische Juden zuwanderten, band diese unversöhnliche Haltung die liberalen Prager Stadtjuden nur noch stärker an die Deutschen. Nicht wenige Israeliten suchten den ständigen Feindseligkeiten und Boykottaufrufen zu entgehen und wanderten aus: Allein in den Jahren zwischen 1900 und 1912 verringerte
23 Kaiser Franz Joseph 1. von Habsburg be~ucht anläßlic~ ei?es Pragaufenthalts anno 1901 di~ Straka-Akadem1e auf ~er Klemseite, eine Erziehungsanstalt für adelige Burschen (heute Regierungspalast).
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24 Train-Ausbildung auf dem Gelände der Prager Kadettenschule (um 1900).
25 Weltkrieg: Die Besatzung eines Panzerzuges passiert vor der Kamera (um 1916).
sich die böhmische Judenheit von 92.000 auf 85.000 18 • Auch Hermann Kafka, der bereits etablierte und beider Landessprachen mächtige Großkaufmann mußte in diesem Labyrinth nationaler Empfindlichkeiten mit Feingefühl bestehen. Es gelang ihm, sein Geschäft unbeschadet durch die Badenikrise zu manövrieren. Als Konzession an seine tschechische Kundschaft ging Hermann Kafka auf Briefpapier und Firmenschild zur tschechischen Namensvariante Herman über, am unverdächtig klingenden Nachnamen Kafka waren Korrekturen nicht erforderlich. Verzweifelt versuchten die Wiener Zentralbehörden, die Lage per Notverordnungen unter Kontrolle zu bringen, das in nationaler Hinsicht weitgehend indifferente Kaiserhaus stand wie gelähmt vor den Gräben, die sich zwischen seinen Völkern auftaten. Bis zuletzt versuchte die Dynastie Brücken zu schlagen, aber der Glanz der Vielvölkermonarchie war verblaßt vor der Strahlkraft einheitlicher Nationalstaaten. Während die Tschechen das müde alte Österreich als Völkerkerker geißelten und in dunkelsten Farben malten, flogen die Sympathien einer
wachsenden Zahl von Deutschböhmen dem jungen, starken Deutschen Reich zu: Besonders nach der Badenikrise sahen sie in ihm ein Gegenstück zum mürben Österreichischen Kaiserstaat. Bei den Tschechen war viel die Rede von Freiheit und Selbstbestimmung, von demokratischer Erneuerung, Umbau des Reiches und schließlich auch von der Erneuerung der tschechischen Staatlichkeit - gewiß große Worte und hehre Ziele. Dann der Weltkrieg: In den Materialschlachten und ~turmangriffen verröchelten die letzten Kräfte des alten Osterreich, und als es am Boden lag, bot sich die einmalige Gelegenheit - die Tschechen wußten die Gunst der Stunde zu nutzen. So begann am 28. Oktober 1918 eine neue Ära. Dem moribunden Österreich folgte die junge Tschechoslowakei. Schon der Name dieses neuen Staatsgebildes ließ keinen Zweifel daran, wer hier das Sagen haben würde. Millionen Tschechen jubelten, und die Stimmen der wenigen Prager, die nun beklommen in die Zukunft blickten, waren nicht zu vernehmen in dem allgemeinen Freudentaumel. Die Prager Deutschen etwa, die über
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III. DIE ANFÄNGE
26 Der erste tschechoslowakische Präsident Tomas Garrigue Masaryk (1850-1937) im Jahr 1931.
Nacht ihre Stellen verloren, wie Kafkas Vorgesetzte in der Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt, oder die Prager Juden, die bis zuletzt loyal auf der Seite ihres kaiserlichen Schutzherren gestanden hatten und nun die Feindseligkeiten tschechischer Nationalisten fürchteten. Und auch kaisertreue tschechische Familien, mochten sie zuletzt auch nur mehr eine kleine Minderheit ausgemacht haben, fanden sich über Nacht auf der falschen Seite. Anstelle des gebeugten Kaisers und seines glücklosen Nachfolgers trat der selbstbewußte Tomas G. Masaryk, ein Kaisersurrogat hoch zu Roß, mit Peitsche und Reitstiefeln. Von einem Tag auf den andern war aus Kafkas altem Prag die moderne Hauptstadt eines slawischen Staates geworden, eingetaucht in ein Meer blau-weiß-roter Fahnen.
DER FAMILIE KAFKA IN PRAG Als dem jüdischen Galanteriewarenhändler Hermann Kafka 19 ein Jahr nach seiner Heirat ein Söhnlein geboren wurde, muß die Freude groß gewesen sein - immerhin war es ein Stammhalter, der versprach, eines Tages in seine Fußstapfen zu treten. Zwar stand Hermann erst am Anfang seines Weges, die Weichen aber waren gestellt: Aus dem böhmischen Hinterland, dem tschechischen D0rfW0ssek20 in Südböhmen, wo er 1852 in einer ärmlichen Keusche als Sohn eines jüdischen Fleischers geboren worden war und seine Kindheit verbracht hatte, war er nach Prag gekommen, in die vielbesungene Stadt an der Moldau. In der Hauptstadt konnte es ein patenter Kerl wie er, der den Militärdienst schon hinter sich hatte und Arbeit nicht scheute, schon zu etwas bringen! Er hatte also ein Ladengeschäft für Kurzwaren und Modeartikel in guter Lage eröffnet, in einem Gebäude an der
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Die Judengasse in Hermann Kafkas Heimatort Wossek.
Die Anfange der Familie Kafoa in Prag
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Nordseite des Altstädter Rings. Im selben Haus befand sich ein Hotel mit dem klingenden Namen Goldhammer, in dem er später Hochzeit mit seiner Braut Julie halten sollte. Hermann Kafkas Eltern sprachen vermutlich deutsch 21 , aber früh muß der Bub wohl auch Tschechisch gelernt haben, was für einen Händler im gemischtsprachigen Böhmen ganz selbstverständlich und auch in Prag von großem Nutzen war. Von früher Jugend an mußte Hermann Kafka mithelfen und mitarbeiten, an schwere Arbeit war er somit gewöhnt. Trotzdem vergaß er nie die Härten seiner Jugend, als er bei Hitze und Kälte frühmorgens mit einem Wagelchen hinausmußte zu den weit verstreuten Kunden seines Vaters. Auch der Hunger war ein häufiger Gast in der kleinen strohgedeckten Kate. Seinen Kindern hat er diese schwere Zeit immer wieder vor Augen geführt, sehr zum Mißfallen seines Sohnes, wie uns ein Tagebucheintrag vom 26. Dezember 1911 wissen läßt: „Unangenehm ist es, zuzuhören, wenn der Vater mit unaufhörlichen Seitenhieben auf die glückliche Lage der Zeitgenossen und vor allem seiner Kinder von den Leiden erzählt, die er in seiner Jugend auszustehen hatte. Niemand leugnet es, daß er jahrelang infolge ungenügender
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Hermann Kafka (1852-1931).
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Winterkleidung offene Wunden an den Beinen hatte, daß er häufig gehungert hat, daß er schon mit 10 Jahren ein Wagelchen auch im Winter und sehr früh am Morgen durch die Dörfer schieben mußte - nur erlauben, was er nicht verstehen will, diese richtigen Tatsachen im Vergleich mit der weiteren richtigen Tatsache, daß ich das alles nicht erlitten habe, nicht den geringsten Schluß darauf, daß ich glücklicher gewesen bin als er, daß er sich wegen dieser Wunden an den Beinen überheben darf, daß er von allem Anfang an annimmt und behauptet, daß ich seine damaligen Leiden nicht würdigen kann und daß ich ihm schließlich gerade deshalb, weil ich nicht die gleichen Leiden hatte, grenzenlos dankbar sein muß. Wie gern würde ich zuhören, wenn er ununterbrochen von seiner Jugend und seinen Eltern erzählen würde, aber alles dies im Tone der Prahlerei und des Zankens anzuhören, ist quälend. Immer wieder schlägt er die Hände zusammen: ,Wer weiß das heute! Was wissen die Kinder! Das hat niemand gelitten! Versteht das heute ein Kind!' Heute wurde mit der Tante J ulie die uns besucht wieder ähnlich gesprochen. Sie hat auch das riesige Gesicht aller Verwandten von Vaters Seite. Die Augen sind um eine kleine störende Nuance falsch gebettet oder gefärbt. Sie wurde mit 10 Jahren als Köchin vermietet. Da mußte sie bei großer Kälte in einem nassen Röckchen um etwas laufen, die Haut an den Beinen sprang ihr, das Röcklein gefror und trocknete erst abends im Bett. "22 Da mochte es Kafkas Mutter Julie in der Jugend etwas leichter gehabt haben. Ihr Vater, ein vormaliger Brauereibesitzer aus Podiebrady, einem Städtchen am Oberlauf der Elbe, war zwar nicht gerade reich, aber die Familie hatte ihr Auskommen und litt keinen Mangel. Als J ulies Vater seinen Besitz mit Gewinn verkaufen konnte, zog er mit der ganzen Familie nach Prag. Die Tochter wuchs ins heiratsfähige Alter heran und wurde schließlich einem Schadehen überantwortet, also einem jüdischen Heiratsvermittler. Dieser dürfte Hermann Kafka aus dem Talon
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gezogen haben. Freilich - auch J ulie hatte in ihrer Jugend den Haushalt führen und für die jüngeren Kinder sorgen müssen, die ihre früh verstorbene Mutter zurückgelassen hatte. Da fiel es ihr nicht schwer, dem angetrauten Gatten zur Seite zu stehen und im Geschäft anzupacken. Auf den kleinen Franz, mit dem sie am 3. Juli 1883 niederkam, wird ein Kindermädchen oder eine Amme aufgepaßt haben, und auch zum Stillen hat Julie Kafka wahrscheinlich keine Zeit gehabt, denn die Eltern kämpften sich - mühsam, aber letztlich erfolgreich - durch die harten Anfangsjahre einer Handelsunternehmung. Von beschaulichem Familienidyll konnte da keine Rede sein, obwohl es an Hauspersonal nicht fehlte. Den Buben haben die Eltern wohl nur während der Mahlzeiten und in den Abendstunden gesehen, als sie schon zu müde waren zum Spielen, Vorlesen und Geschichtenerzählen. Nur zum „Francefus" 23 reichte es noch, einem einfachen Kartenspiel, zu dem sich das Ehepaar Kafka nach getaner Arbeit zusammensetzte.
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Der Wenzelsplatz (um 1890).
Franz Kafoa und Prag Julie Kafka, geb. Löwy (1856-1934).
Neben den Aufgaben im Geschäft hatten die Kafkas alle Hände voll damit zu tun, eine geeignete Wohnung für die größer werdende Familie zu finden. Im Mai 1885, der Bub war noch keine zwei Jahre alt, siedelten sie um in ein Quartier am Wenzelsplatz Nr. 56, ein junges katholisches Dienstmädchen namens Franziska Haas dürfte Frau Kafka dabei zur Hand gegangen sein. Noch im Dezember desselben Jahres sehen wir die Kafkas erneut ihre Habe zusammenpacken und in ein anderes Domizil bringen. Dort, in der Geistgasse 27, hausten sie wieder nur wenige Monate, im Sommer 1887 ging es weiter in die nächste Bleibe: Niklasstraße Nr. 6, im Jahr darauf erneut einige hundert Meter weiter nach der Zeltnergasse Nr. 2, ehe die Familie im Juni 1889 ihren Aufenthalt zwischen Altstädter Ring und Kleinem Ring nahm, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Altstädter Rathaus, und endlich für ein paar Jahre in einer etwas geräumigeren Wohnung zur Ruhe kam. Auch wenn die junge Familie bestimmt nicht über sehr viel Hausrat verfügte, den sie von einem Ort zum anderen schaffen mußte, eine Plackerei war das Siedeln
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allemal, verbunden mit Formalitäten, Sorgen und allerhand Wegen. Zu all dem war Franzens Mutter auch zweimal in gesegneten Umständen und schenkte, ganz nebenbei, zwei Söhnen das Leben. Ein kurzes Leben freilich: Der erste Bruder, Georg, geboren am 11. September 1885, starb am 15. Dezember 1886 an den damals noch gefürchteten Masern, und Heinrich, der zweite Bruder, geboren am 27. September 1887, starb noch im Säuglingsalter an einer Mittelohrentzündung. 24 Es bedurfte einer gewissen Robustheit, um über diese Schicksalsschläge hinwegzukommen und sich weiter zielstrebig dem Auf- und Ausbau der Galanteriewarenhandlung zu widmen. Dazu kam Ärger mit den Behörden nach einer anonymen Anzeige: Hermann Kafka hätte „am Sonntag vormittag, wenn der Andrang auf der Straße am größten sei" 25 , Ware auf eigens dazu vorbereiteten Brettern ausge-· legt. Für die Passanten bestünde wegen der Nägel in den Brettern Gefahr. Ein anderes Mal hieß es, Hermann Kafka kaufe Hehlerware ein. Der konnte zwar den Kopf aus der Schlinge ziehen, für die Familie dürften solche Angriffe dennoch zermürbend gewesen sein. Sorgen und Arbeit von früh bis spät: Für ihren Sohn Franz hatten die Eltern nicht viel Zeit in diesen Jahren, waren sie doch „immerfort im Geschäft", wie er später an seine Verlobte Felice Bauer schrieb. Er habe sich dafür mit ,,Ammen, alten Kindermädchen, bissigen Köchinnen, traurigen Gouvernanten "26 herumschlagen müssen.
IV. KAFKAS PRAGER ITINERARIUM
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Der Altstädter Ring27 Staromestske namesti Den wichtigsten Stätten und Stationen in Kafkas Prager Leben nähert man sich am besten vom alten „Ringplatz" aus, dem ,,Altstädter Ring" inmitten der Prager Altstadt: Die Stadtmitte ist zugleich Mittelpunkt der Lebenswelt Kafkas. Zu den Kafkastätten in unmittelbarer Nähe des Altstädter Rings gehören das Geburtshaus Kafkas, das Sixthaus, in dem die junge Familie Kafka mit dem kleinen Buben für einige Monate wohnte, das Wohnhaus während der Volksschulzeit „Zur Minute" sowie das Palais Kinsk:y mit dem Gymnasium Kafkas und zeitweise auch dem Geschäft des Vaters. Im Gebäude Altstädter Ring Nr. 20/548 hatte Julie Löwy mit ihrem Vater gewohnt, ehe sie Hermann Kafkas Frau wurde. Gleich nebenan, im Haus „Zum Lazarus", Altstädter Ring 19/549, führte ab 1897 Kafkas Großonkel Leopold ein Kaffeehaus. Am Altstädter Ring Nr. 16, direkt neben dem Sixthaus, hatte die Anwaltskanzlei von Dr. Richard Löwy
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