Fünfundzwanzig Jahre deutscher Kolonialpolitik: Vortrag gehalten in der Fest-Versammlung der Abteilung München der Deutschen Kolonial-Gesellschaft am 24. April 1909 9783486737998, 9783486737981


178 37 2MB

German Pages 34 [36] Year 1909

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
I
II
III
Recommend Papers

Fünfundzwanzig Jahre deutscher Kolonialpolitik: Vortrag gehalten in der Fest-Versammlung der Abteilung München der Deutschen Kolonial-Gesellschaft am 24. April 1909
 9783486737998, 9783486737981

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

fünfundzwanzig fahre

deutscher Aolonialpolitik Vortrag gehalten in der

Fest-Versammlung der Abteilung München der Deutschen Aolonial-Gesellschaft am 24.April (909 von

Dr. Karl Freiherr v. Stengel Professor des Staatsrechts an der Universität in München

München und Berlin Druck und Verlag von R. Mldenbourg 1909

Am 24. April (884 telegraphierte der Reichskanzler

Fürst Bismarck an- den deutschen Konsul in Kapstadt: „Nach Mitteilungen des Herrn tüderitz zweifeln

die

englischen

Kolonialbehörden,

ob seine Er­

werbungen nördlich vom Mranjefluß auf deutschen Schutz Anspruch

haben.

Sie wollen amtlich er­

klären, daß er und seine Niederlassungen unter

dem Schutze des Reiches stehen." Mit diesem Telegramme war der erste Schritt auf

dem Gebiete praktischer und aktiver Kolonialpolitik seitens

des Deutschen Reiches getan. Nachdem inzwischen 25 Jahre

verflossen sind, geziemt es sich wohl, auf die Entwicklung

der deutschen Kolomalpolitik während dieses Zeitraumes

einen Rückblick zu werfen und zu prüfen, was Deutsch­ land auf diesem ihm neuen Gebiete politischer und wirt­

schaftlicher Betätigung geleistet und erreicht hat. Ehe aber auf diese Punkte eingegangen wird, mögen,

wenn auch nur ganz kurz, zwei Fragen beantwortet wer­ den, nämlich: warum Deutschland erst so spät dazu ge­

kommen ist, Kolonien zu erwerben, und ob es für Deutsch­ land Ende des (9- Jahrhunderts überhaupt geboten oder angezeigt war, in die Reihe der Kolonialmächte einzu­

treten.

Das heilige Römische Reich Deutscher Nation war im

Mittelalter die ausschlaggebende Macht in Europa, Deutsch­ land bildete nicht bloß geographisch, sondern auch polittsch und wirtschaftlich den Mittelpunkt dieses Weltteils, und so lange die Hansa blühte, deren Flotten die nördlichen Meere

beherrschten und deren Häupter England und den skan­ dinavischen Staaten Gesetze diktterten, besaß auch Deutsch­

land den ihm gebührenden Anteil an dem Welthandel der damaligen Zeit und nahm für denselben, namentlich so­

weit er sich in der Nordsee und Ostsee bewegte,

eine

geradezu beherrschende Stellung ein. Gegen Ende des Mittelalters war aber das Deutsch«

Reich

in

seiner

Machtstellung

immer

mehr

gesunken.

Gleichzeittg waren der Einfluß und die Bedeutung des ehe­ mals so stolzen Hansabundes aus verschiedenen hier nicht

näher zu erörternden Gründen, hauptsächlich aber deshalb in bedenklicher Weise zurückgegangen, weil di« Hansa in

dem einer kräftigen Zentralgewalt entbehrenden Reiche den Rückhalt nicht fand und finden konnte, dessen jede ziel­ bewußte und weitausschauende

Handels- und Kolonial«

Politik bedarf.

Als daher durch die Entdeckung von Amerika der Unternehmungslust

und dem

Handelsverkehr der euro­

päischen Völker ein neuer Weltteil mit durchweg niedrig­

stehender Urbevölkerung erschlossen wurde und die Auf­ findung des Seewegs nach Indien durch die Portugiesen

Länder mit hochkultivierten Völkern in innigere und leb­ haftere Berührung mit Europa brachte, konnte sich Deutschland

an dem Wettbewerb,

der unter den seefahrenden

Nationen Europas auf dem Gebiete der Kolonialpolittk

5 und des Welthandels sich geltend machte, nicht beteiligen. Jede Hoffnung, auf diesem Gebiete irgend welchen Ginfluß zu gewinnen, mußte aber schwinden, nachdem Deutschland

durch die Greuel und Verwüstungen des Dreißigjährigen

Krieges für mehr als zwei Jahrhunderte zur politischen und wirtschaftlichen Ohnmacht verdammt war. Gs ist klar, daß die für Deutschland bestehende Un­ möglichkeit,

überseeische Kolonien zu erwerben und sich

kräftig am überseeischen handel zu beteiligen,

den un­

günstigsten Ginfluß auf deffen wirtschaftliche Entwicklung

gehabt hat und daß Deutschland immer mehr in wirtschaft­

liche Abhängigkeit von den Kolonialmächten, namentlich Gngland und Holland, geriet, wie auch die polillsche Macht­

stellung des deutschen Volkes durch seinen Ausschluß von

der Kolonialpolitik und vom Welthandel in sehr erheb­ lichem Maße beeinträchtigt wurde. Der trostlose politische und wirtschaftliche Zustand, in dem sich Deutschland damals befand, ist nicht erst in der

Gegenwart von einsichtigen Männern erkannt worden, wie auch schon vor Jahrhunderten die Notwendigkeit über­ seeischer Besitzungen für Deuffchland eingesehen worden ist. Gs beweisen dies namentlich verschiedene in dieser Rich­ tung gemachte Versuche, wie die Erwerbung von Venezuela

durch die Fugger, die Kolonisationsversuche Kaiser Karls VI.

in Indien, die vom Prinz Gugen eifrig geförderte OstendOstindische Gesellschaft usw.

Selbst in Bayern verfolgte

man eine Zeit lang Pläne, überseeische Besitzungen zu

erwerben.

Vor allem kommt aber in Betracht der be­

kannte vom Großen Kurfürsten gemachte Versuch, in West­ afrika an der Küste von Guinea eine Kolonialbefitzung zu

6

erwerben, ein Versuch, der aber mißlang und mißlingen

mußt«, weil Brandenburg-Preußen für sich allein nicht die Arast hatte, Kolonialpolitik zu treiben, irgendwelche Unterstützung ihm aber weder vom Reich noch auch von den früher so seegewattigen Hansastädten zuteil wurde und

werden konnte.

Wie sehr der späteren Zeit jeder Sinn und jedes Verständnis für Uolonialpolittk fehlte, beweist die Tatsache, daß lange Zeit die Erinnerung an die kolonialen Unter­ nehmungen des Großen Kurfürsten aus dem Gedächtnisse des Deutschen Volkes vollständig verschwunden war.

Die

Erinnerung wurde erst wieder aufgefrischt, als man in

den 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Deutschen Reiche ernstlich daran dachte, Kolonien zu erwerben.

Wiederauffrischung veranlaßte das

Diese

deutsche Kriegsschiff

Sophie, im Februar s88H an der Küste von Guinea in

der Nähe des unter dem Großen Kurfürsten daselbst er­ richteten Forts Großstiedrichsburg, anzulegen. Es wurden

bei dieser Gelegenheit unter den noch wohlerhaltenen Resten des Forts sechs alte Geschützrohre mit den brandenburgischen Wappen vorgefunden, von denen sich jetzt eines im Zeug­ haus« zu Berlin befindet.

Solange das schwache und hin­

fällige alte Deutsche Reich bestand, war in der Tat eine akttv« deutsche Uolonialpolittk aus allgemeinen polittschen

Gründen unmöglich. Nicht besser stand es zu Zeiten des deutschen Bundes;

auch in dieser Zeit war weder für die schwache Zentral­

gewalt noch für die einzelnen deutschen Staaten die Mög­ lichkeit gegeben, koloniale Unternehmungen mit Erfolg in

Angriff zu nehmen.

Allerdings zeigten handel und Schiff-

7 fahrt in Deutschland namentlich infolge der Gründung der Zollvereins einen erfreulichen Aufschwung, und die ehe­ maligen Hansastädte Hamburg, Bremen und Lübeck ge­

wannen wieder einen erheblichen Anteil am Welthandel; aber von einer zielbewußten Welthandelspolitik, oder gar

von einer Kolonialpolitik konnte schon um deswillen keine Rede sein, weil Deutschland keine Kriegsflotte besaß.

In­

folgedessen mußte sich der überseeische deutsche handel viel­ fach unter den Schutz fremder flaggen begeben und war infolgedessen

abhängig von

Englands und Frankreichs.

der Gunst

oder Nachsicht

Diese wurden ihm aber nur

so lange zugewendet, als er noch schwach war.

Sobald

er aber so erstarkt war, um als Konkurrent austreten zu können, verfehlten die Engländer und Franzosen nicht, ihm

in ihren Kolonien Schwierigkeiten zu bereiten.

Erst mit der Zusammenfassung der politischen und

wirtschaftlichen Kräfte des deutschen Volkes in dem neu­ erstandenen Deutschen Reiche

trat ein erfteulicher Um­

schwung in diesen Dingen ein.

In dem politisch geeinten

deutschen Volke zeigte sich daher mit einer gewissen elemen­

taren Gewalt das Verlangen nach dem Erwerb« über­

seeischer Kolonien, wenn auch das Verständnis für die wirkliche Bedeutung der Kolonialpolitik sich zunächst nur

in engeren Kreisen lebhaft geltend machte, weshalb auch schon bald nach Gründung des Reichs von Hamburger und

Bremer Kaufherren auf die Notwendigkeit deutscher Kolo­

nien hingewiesen wurde. Es handelte sich dabei nicht um phantastische Ideen

sog. Kolonialschwärmer, vielmehr war die Bedeutung des Weges einer aktivey Kolonialpolitik für das deutsche Volk

8 «ine politische, fojiale und wirtschaftliche Notwendigkeit. Einmal gab durch die Beteiligung an der Aolonialpolitik

das Deutsche Reich 511 erkennen, daß es nicht bloß in die Reihe der Großmächte, sondern auch der Weltmächte ein­

getreten sei und den Willen habe, in allen bedeutsamen, die ganze Welt angehenden fragen, ein gewichtiges Wort

mitzusprechen.

Wit Recht hat Treitschke vor etwa einem Wenschenalter in seiner „Politik" (Bb. II. S. g2 f.) darauf hinge­ wiesen, daß die ganze Entwicklung unserer Staatengesellschaft

darauf ausgehe,

die Staaten zweiten Ranges zurückzu­

drängen: „Und da eröffnen sich,

wenn

wir die nicht­

europäische Welt mit in Betracht ziehen, unendlich ernste

Ausfichten auch für uns.

Bei der Verteilung dieser nicht­

europäischen Welt unter die europäischen Wächte ist Deutsch­ land immer zu kurz gekommen, und es handelt fich doch um unser Dasein als Großstaat bei der Frage, ob wir

auch jenseits der Weere eine Wacht werden können." Was hier Treitschke vor etwa dreißig fahren aus*

gesprochen hat, ist nicht bloß "heute noch richtig, sondern hat gegenwärtig um so größere Bedeutung, als die von Treitschke

hervorgehobene

Entwicklung

in

einer Weise

zugenommen hat, daß in der seitdem entstandenen Welt* Politik nicht einmal alle europäischen Großmächte eine

ausschlaggebende Rolle spielen können. Während des größten Teiles des sy. Jahrhunderts

stand Europa im Wittelpunkte der sog. hohen Politik.

Ausschlaggebend waren die politischen Ereigniffe in Europa und namentlich di« feindlichen, wie kriegerischen Bezie­ hungen der europäischen Großmächte zueinander.

Was

9 sich in anderen Weltteilen zu trug, fiel entweder gar nicht ins Gewicht oder stellte fich lediglich als Reflexwirkung

der politischen Verhältnisse in Europa dar, wie das viel­

fach bei Vorgängen auf kolonialem Gebiete der Fall war.

Selbst der große amerikanische Bürgerkrieg und dessen für die Nordstaaten fiegreicher Ausgang wurde in

nicht überall in seiner Tragweite erkannt.

Europa

Es wurde nicht

beachtet, daß die Aufrechthaltung der Integrität der Union in kurzer Zeit die Wirkung haben werde, daß die an Be­

völkerung und Reichtum fortwährend und rasch zunehmende große überseeische Republik nicht bloß die im Anfang des 19. Jahrhunderts verkündigte Wonroedoktrin immer ener­

gischer zur Geltung bringen, sondern auch bestrebt sein

werde, in der Weltpolitik eine maßgebende Rolle zu spielen und selbst den europäischen Staaten ihre Wacht fühlen zu lassen, wie wir dies in der jüngsten Zeit wiederholt er­

lebt haben. Wie in der Union ein neuer Faktor für die Weltpolittk entstanden ist, so ist dies auch mit Japan der Fall, das in unglaublich kurzer Zeit sich wenigstens bis zu einem

gewissen Grade mit den Errungenschaften der europäischen Zivilisation vertraut gemacht hat, auf Grund dieser Tat­ sache sich vdlle Gleichberechttgung in der völkerrechtlichen

Gemeinschaft 'errang und gestützt auf seinen Sieg Rußland eine maßgebende Stellung in

sprucht. und

Mstasien

über

bean­

Diese Tatsache ist um so bedeutsamer, als neben

hinter

Japan

als

zweite .mongolische Großmacht

das riesige chinesische Reich steht und vorauszusehen ist,

daß auch Thina

allmählich

aus seiner Lethargie

auf­

gerüttelt und die mongolische Welt fich in ihrer Gesamtheit

10 jnm aktiven

Widerstande gegen

die wirtschaftliche und

politische Herrschaft der weißen Rasse erheben werden wird.

Nag dieser Fall ftüher oder später eintreten, jedenfalls europäisch«» Staaten in

werden heut« schon die

ihren

politischen und wirtschaftlichen Interessen nicht bloß von

den Ereignissen in Europa,

sondern ebenso und selbst

noch in höherem Grade von dem berührt, was sich in Amerika, Vstafien und auch in Afrika abspielt, das seit

einem Nenschenalter

in

einem

ftüher nicht

gekannten

und geahnten Naße Gegenstand der Kolonialpolitik ge­

worden ist. Damit

ein Staat

an dieser Weltpölitik teilnehmen

kann, genügt es nicht, daß er eine europäische Großmacht

ist und ebensowenig, daß er überseeische Handelsbeziehungen hat; er muß imstande sein, durch eine starke Flotte seinen politischen und wirtschaftlichen Interessen überall in der

Welt gebührende Rücksicht zu verschaffen, er muß aber

vor allem

überseeische Kolonien

besitzen,

die ihm

mit

fremden Weltteilen als Stützpunkte für die Wahrung seiner

Nachtstellung und Intereffen und für seine Beteiligung an der Weltwirtschaft dienen können. Es ist ein unvergängliches Verdienst unseres Kaisers,

daß er in der Erkenntnis, daß sich Deutschland an der Weltpolitik und den Welthandel energisch beteiligen muß, so entschieden für eine Verstärkung der deutschen Flotte

eingetreten ist.

Sieht man aber ganz ab von der Weltmachtstellung Deutschlands, so war der Erwerb von Kolonien für das Deutsche Reich schon mit Rücksicht auf die Vorteile ge»

boten,

die sich

von jeher aus dem Besitz überseeischer

u Kolonien für das Mutterland ergeben haben und die sich für Deutschland aus dem Besitz von Kolonien ergeben und ergeben müssen. Überseeische Kolonien kommen vor allem für europäische Staaten als Auswanderungsgebiete für

die überschüssige Bevölkerung in Betracht, die sonst durch Auswanderung

in unter fremder

Staatsgewalt stehende

Gebiete dem Mutterlande verloren geht und unter Um­

ständen selbst die Kraft van Staaten stärkt, die dem Mutter­ lande Konkurrenz machen,

wie dies namentlich bei der

massenhaften deutschen Auswanderung nach Nordamerika Jn dieser Beziehung liegen nun allerdings

der Fall ist.

die Verhältnisse für Deutschland nicht so günstig wie sie vor 2 oder 3 Jahrhunderten für die damaligen Kolonial­

mächte lagen.

kämpfen

und

Mährend Deutschland in wüsten Glaubens­

Glaubenskriegen

feine Kräfte

erschöpfte,

haben Spanier und Portugiesen, Franzosen, Holländer und

Engländer die neuentdeckten Weltteile in der Hauptsache unter sich verteilt, namentlich

haben die Engländer die

in der gemäßigten Zone liegenden, zur Anlage von An-

siedelungs-

und Ackerbaukolonien geeigneten Gebiete in

Amerika und später in Australien sich angeeignet.

Als

daher Deutschland erst gegen den Schluß des 19- Jahr­

hunderts daranging, Kolonien zu erwerben, fand sich ver­

hältnismäßig nur nach wenig herrenloses tand vor, in

das der Strom der deutschen Auswanderung geleitet werden konnte. Immerhin sind

von den

deutschen

Schutzgebieten,

namentlich in Südwestafrika und auch in Gstafrika, fangreiche

dem Umfange

des

Deutschen Reiches

destens gleichkommende kandstrecken zur Anlegung 2*

um­ min­ von

12 Anfiedelungskolonien geeignet,

und sicherlich werden im

kaufe der Zeit hunderttausend« von deutschen Auswan­ derern in den deutschen Kolonien dauernde Unterkunft und

eine neue Heimat finden. (Es ist dies um so mehr anzunehmen, als fich immer

mehr herausstellt, daß die deutschen Schutzgebiete in bezug auf ihre Befiedelungsfähigkeit durch deutsche Auswanderer lange Zeit viel zu ungünstig beurteilt worden sind.

(Es

gilt dies nicht bloß von Südwestafrika, sondern auch von

Vstafrika, das man anfänglich als eine in den Tropen gelegene Plantagenkolonie betrachtet hat, in welcher das

Klima dem (Europäer die schwere Arbeit des tandbaues

nicht gestattet.

Ulan hat dabei übersehen, daß Vstafrika

ein terrassenförmig von den heißen Küstenstrichen bis zum ewigen Schnee fich erhebendes tand ist, in dem fich große

tandstrecken finden, die für europäische Ansiedelung ebenso geeignet find,

wie irgendein

Gebiet in

der gemäßigten

Zone. Wenn aber die deutschen Schutzgebiete auch nur in

beschränktem Ulaße als Auswanderungsziel für deutsche Auswanderer in

Betracht kommen

doch alle sonstigen Vorteile, die

würden,

so werden

aus Kolonien

für das

Ulutterland zu erwarten sind, auch für Deutschland aus dem Besitze seiner Kolonien sich ergeben und haben sich

zum Teile schon ergeben.

Namentlich werden die sich zu

Handels- und Plantagenkolonien eignenden Schutzgebiet«

Deutschland hinfichllich des Bezugs der sog. Kolonialwaren und verschiedener zu gewerblichen und industriellen Zwecken

benötigter Rohprodukte immer mehr von der «Einfuhr aus ftemden Kolonien unabhängig machen.

«Ebenso werden

13 die Schutzgebiete im taufe der Zeit Absatzgebiete für die deutsche Industrie werden und dem überschüssigen deutschen

Kapital Gelegenheit zu lohnender Verwendung geben. Von großer Bedeutung ist es ferner, daß der Besitz von Kolonien den geistigen, politischen und wirt­

schaftlichen

Gesichtskreis

und

die Initiative

der Bevölkerung des Mutterlandes erweitert, und mit Recht hat Deckert in seiner Schrift über die Ko­ lonialreiche ((888) darauf hingewiesen, daß die gesamte

Bildung und Kulturblüte Englands durch seinen Kolonial­ besitz eine mächtige Förderung erfahren hat.

Gerade für

das deutsche Volk, dessen Geschäftskreis unter den traurigen politischen Verhältnissen, die es jahrhundertelang bedrückten,

sich so sehr verengt hat, war es notwendig, daß es sich kolonialpolitischer Tätigkeit zuwendete, um wieder einen

freien klaren Blick für das zu bekommen, was sich außer­ halb seiner Grenzen zuträgt.

Wenn man berücksichtigt, wie viele kleinliche zur Be­ urteilung der einschlägigen Verhältnisse geradezu unfähige

Gegner lange Zeit die deutsche Kolonialpolitik gefunden

hat, so muß man, wenn von England ganz abgesehen wird, geradezu mit Beschämung auf Frankreich sehen, wo

die energische Kolonialpolitik, die dort seit zwei Wenschenaltern von der Regierung betrieben wird, in allen Kreisen

der Bevölkerung Unterstützung und Jntereffe gefunden hat und findet. Werden alle diese Verhältnisse zusammengenommen,

so kann es nicht zweifelhaft sein, daß es für das deutsche Volk eine unbedingte Notwendigkeit war, wenn es nicht

schließlich als „Nlichel ohne Land" dastehen wollte, noch

in elfter Stunde Kolonien zu erwerben. Daß sich Deutsch­ land bei Betretung des Weges einer aktiven Kolonial­

politik auf dem richtigen Wege befand, beweist namentlich die Tatsache, daß England sofort Schwierigkeiten machte, als die Reichsregierung daranging, überseeische Besitzungen

für das Reich zu erwerben.

II.

Der erste Schritt, den die Reichsregierung auf der Bahn einer aküven Kolonialpolittk versuchte, erfolgte durch

die sog. Samoavorlage, welche im Jahre s88O dem

Reichstag« gemacht wurde. Der Zweck derselben war aller­ dings zunächst nur der, deutsche Handels- und Plantagen Unternehmungen

auf Samoa

und

anderen Inseln der

Südsee durch eine der deutschen Seehandlungsgesellschast zu

gewährende Garantie zu unterstützen. Es lag aber nahe, daß das Reich auf diesem Wege zum Erwerb von Kolo­

nien geführt worden wäre. lage in diesem Sinne

Daher wurde auch die Vor­

von der presse sowohl wie im

Reichstage besprochen und bekämpft.

Im Reichstage 'war

leider so wenig Verständnis für die überseeischen Auf­

gaben Deutschlands, daß er den einseitigen und durchaus

verfehlten Ausführungen des die Vorlage bekämpfenden

Abgeordneten Bamberger,

der in Börsen- und Bank­

fragen sachverständig sein mochte, aber für koloniale An­

gelegenheiten nicht das geringste Verständnis besaß, folgte, und die Vorlage ablehnte. Nach Verwerfung der Samoavorlage verhielt sich Fürst

Bismarck mehrere Jahre hindurch gegenüber allen An-

15 regungen zu kolonialpolitischem Vorgehen durchaus

ab­

lehnend, von der Ansicht ausgehend, daß ohne Unterstüt­ zung des Reichstags das Deutsche Reich keine Kolonial»

Politik treiben

könne.

Mit dem

eingangs

erwähnten

Telegramm vom 24. April {884 trat jedoch eine ent­ scheidende Wendung ein,

da ein längeres Zögern auf

kolonialpolitischem Gebiete untunlich war.

Nachdem durch

das Telegramm die Niederlassungen der Firma F. A.