Flugschriften gegen die Reformation: 1525-1530, Band 1 9783050056326, 9783050033129


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German Pages 677 [680] Year 2000

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Flugschriften gegen die Reformation: 1525-1530, Band 1
 9783050056326, 9783050033129

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Flugschriften gegen die Reformation (1525-1530) 1

Flugschriften gegen die Reformation (1525-1530) Band 1

Herausgegeben und bearbeitet von Adolf Laube unter Mitarbeit von Ulman Weiß

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Gefördert durch das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Flugschriften gegen die Reformation / hrsg. und bearb. von Adolf Laube unter Mitarb. von Ulman Weiß. — Berlin : Akad. Verl. (1525-1530) Bd. 1 . - (2000) ISBN 3-05-003312-6

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2000

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form — durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren — reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Satz: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Druck: WB-Druck, Rieden am Forggensee Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany

Inhaltsverzeichnis

Band 1 Vorwort

1

Verzeichnis der Literatur

5

Einleitung

1. 2.

3. 4. 5. 6. 7. 8.

9. 10. 11.

12.

13.

Hieronymus Emser: Ein Missive oder Sendbrief an Nikolaus Hausmann Kaspar Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln, die durch einen neuen Beschwörer der alten Schlange gerechtfertigt werden Kaspar Schatzgeyer: Abwaschung des Unflats, so ihm Andreas Oslander in sein Antlitz gespien hat Petrus Sylvius: Eine Erklärung der evangelischen Kirche. . Hieronymus Emser: Der Bock tritt frei auf diesen Plan . . Kilian Leib: Vom Ende und der Frucht der Aufruhre und Empörungen des Pöbels und gemeinen Volks wider die Obrigkeit Petrus Sylvius: Ein Missive an die christliche Versammlung und sonderlich an die Obrigkeit deutscher Nation Johann Fabri: Summarium. Unterricht, aus welchen christlichen Ursachen er bisher der lutherischen Lehre nicht anhängig gewesen Petrus Sylvius: Ein erschrecklicher Gesang der luziferischen und der lutherischen Kirche Johannes Mensing: Von dem Testament Christi dem hochlöblichen Adel im Land zu Sachsen Johann Fabri: Ein Sendbrief an Ulrich Zwingli, Meister zu Zürich, wegen der zukünftigen Disputation zu Baden im Aargau Johann Fabri: Eine freundliche Schrift an Ulrich Zwingli, darin angezeigt wird, wie dieser auf die angesetzte Disputation ohne genügsame Ursache nicht kommen will Johann Fabri: Christliche Beweisung über sechs Artikel des unchristlichen Ulrich Zwingli

17

65

76 108 113 136 142 149

168 216 225

235

247 265

VI 14.

15.

16.

17.

18.

19. 20.

21.

22.

23. 24. 25.

26.

27. 28.

29.

30.

Inhaltsverzeichnis

Thomas Murner: Ein wahrhaftiges Verantworten der hochgelehrten Doctores, die zu Baden auf der Disputation gewesen sind Melchior Vattlin: Wie im Anfang der heiligen Kirche die Christgläubigen das Sakrament des Altars empfangen haben Georg Neudorffer: Widerrede auf die ungegründete Verantwortung Ambrosius Blarers Johannes Mensing: Replica auf das wütige Schandbüchlein Eberhard Weidensees und Hans Fritzhans' die Messe belangend Heinrich VIE.: Des Königs zu England Antwort auf einen Sendbrief Martin Luthers Hieronymus Emser: Bekenntnis, daß er den Titel auf Luthers Sendbrief an den König zu England gemacht hat. . . Thomas Murner: Die Disputation vor den 12 Orten einer löblichen Eidgenossenschaft von wegen der Einigkeit im christlichen Glauben zu Baden im Aargau Kaspar Schatzgeyer: Wider Herrn Hansen von Schwarzenbergs Büchlein von der Kirchendiener und geistlichen Personen Ehe Petrus Sylvius: Eine klare Beweisung, wie Luther würde sein eine Ursache des steten Einzugs der Türken, des unchristlichen Irrtums, Zwietracht, Aufruhr und Empörung des gemeinen Volkes Johannes Cochläus/Petrus Sylvius: Antwort zu Luthers Buch Wider die stürmenden Bauern Paul Bachmann: Ein Sermon des Abts zu Altzelle in Aufnehmung der Reliquien St. Bennos König Ferdinand: Mandat wider die lutherischen, karlstadtischen, zwinglischen, oekolampadischen und ihrer Anhänger Lehren Karl V.: Mandat gegen die Disputation von Bern. Sendbrief der Eidgenossenschaft an Bern Johannes Cochläus: Auf Martin Luthers Schandbüchlein an die Christen von Halle Herzog Georg von Sachsen (Hrsg. A. Alveldt): Wider Luthers Tröstung an die Christen zu Halle über Georgen ihres Predigers Tod John Fisher: Fünf Vorreden auf fünf Bücher wider Oekolampad vom wahren Leib und Blut Christi im Sakrament des Altars Johannes Mensing: Gründlicher Unterricht, was ein frommer Christ von der heiligen Kirche, von der Väter Lehre und von der Heiligen Schrift halten soll

284

310 335

360 371 398

404

416

429 454 464

484 494 503

530

550

566

Inhaltsverzeichnis

Schriften zu den Packschen Händeln (vgl. auch Nr. 42 und 44) 31.1 Brief Philipps von Hessen an Herzog Georg von Sachsen; Kopie des angeblichen Bündnisses; Antwort Herzog Georgs: Zu vermerken, mit welch betrüglicher Unwahrheit die Kinder dieser boshaftigen Welt Aufruhr zu erwecken versuchen . . 31.2 Philipp von Hessen: Entschuldigung auf die Artikel, so seinen fürstlichen Gnaden aufgelegt sind 31.3 König Ferdinand: Antwort an die Gesandten des Kurfürsten von Sachsen 31.4 Joachim von Brandenburg: Schriften der erdichteten Bündnisse halber 31.5 Albrecht von Mainz: Entschuldigung auf das erdichtete Bündnis 31.6 Konrad von Thüngen: Entschuldigung auf die Werbung des vermeintlichen Bündnisses halber 31.7 König Ferdinand: Verantwortung des vermeintlichen Bündnisses halber 31.8 Wilhelm IV. und Ludwig X. von Bayern: Entschuldigung eines erdichteten Bündnisses 31.9 Matthäus von Salzburg: Entschuldigung auf erdichtete Bündnisse 31.10 Magdeburger Verantwortung

ΥΠ

31.

610 623 627 632 637 643 654 658 665 667

Band 2 32. 33. 34. 35.

36. 37. 38. 39. 40.

41.

Johann Fabri: Etliche Sermone wider die gottlosen Wiedertäufer Gregor Breitkopf: Daß die Wiedertaufe irrig sei Johannes Cochläus: An die Herren Schultheiß und Rat zu Bern wider ihre vermeinte Reformation Thomas Murner: Appellation und Berufung der hochgelehrten Herren und Doktoren Eck, Fabri und Murner wider die vermeinte Disputation von Bern Johannes Mensing: Bescheid, ob der Glaube allein ohne alle guten Werke genug sei zur Seligkeit Joachim von der Heyde: Ein Sendbrief an Käthe von Bora, Luthers vermeintliches Eheweib Neue Zeitung von Leipzig Petrus Sylvius: Bekenntnis, aus: Von den letzten fünf Büchern Thomas Murner: Hier wird angezeigt das unchristliche Ausrufen und Fürnehmen einer löblichen Herrschaft von Bern, eine Disputation zu halten Johannes Buchstab: Daß die biblischen Schriften eine geistliche Auslegung haben müssen

671 701 717

744 758 797 805 812

818 861

V ΠΙ

Inhaltsverzeichnis

42.

Herzog Georg von Sachsen: Welcher Gestalt wir von Martin Luther des gedichteten Bündnisses halber angegeben . . Johannes Cochläus: Verteidigung des bischöflichen Mandats zu Meißen Herzog Georg von Sachsen: Ein kurzer Bericht auf neue rasende Lügen Martin Luthers Johannes Cochläus: Wie verkehrlich Martin Luther den 7. Psalm verdeutscht und mißbraucht Johannes Koß: Zwei Sermone von der Rechtfertigung des Sünders Johannes Cochläus: Sieben Köpfe Martin Luthers vom hochwürdigen Sakrament des Altars Johannes Cochläus: Sieben Köpfe Martin Luthers von acht hohen Sachen des christlichen Glaubens Johannes Cochläus: Sieben Köpfe Martin Luthers von sieben Sachen des christlichen Glaubens Johannes Cochläus: Eine Vermahnung an alle frommen standhaften Christen und die Obrigkeit, wie man sich vor verführerischen Lehren hüten soll Augustinus Marius: Eingelegte Schrift wider Carlin N. Wiedertäufer, im Jahr 1527 an den Rat zu Basel überantwortet Johannes Cochläus: Erklärung der strittigen Artikel der Konvokation zu Marburg Johannes Cochläus: Ernstliche Disputation vom heiligen Sakrament des Altars Johannes Cochläus: Auf den deutschen Auszug übers Dekret Wolfgang Redorffer: Des verdächtigen Auszugs päpstlicher Rechte Hans von Oberwalt: Wie die Untertanen ihrer Obrigkeit in Haltung der Zeremonien sollen gehorsam sein. Und von guten Werken Konrad Wimpina, Johannes Mensing, Wolfgang Redorffer, Rupert Elgersma: Gegen das Bekenntnis Martin Luthers, auf dem Reichstag zu Augsburg in 17 Artikel verfaßt . . . Paul Bachmann: Antwort auf Luthers Sendbrief gen Augsburg Johannes Cochläus: Ergebnisse des Augsburger Reichstages; Ermahnung zu Frieden und Einigkeit an Gregor Brück

43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50.

51. 52. 53. 54. 55. 56.

57.

58. 59.

887 899 935 946 971 989 1022 1051

1076 1092 1122 1139 1189 1217

1225

1237 1248 1259

Verzeichnis der Personennamen

1303

Verzeichnis der Ortsnamen

1314

Verzeichnis der Bibelstellen

1318

Vorwort

Die vorliegenden beiden Bände sind der siebente und achte einer an der Akademie der Wissenschaften der DDR begonnenen und seit 1994 am Institut für Historische Theologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg fortgeführten Flugschriftenausgabe zu den Auseinandersetzungen der frühen Reformationszeit. 1 Sie schließen unmittelbar an den vorangegangenen Band „Flugschriften gegen die Reformation (1518—1524)" an, dessen Vorwort das Notwendige über Anliegen und Geschichte der Ausgabe mitteilt. Darauf sei ausdrücklich verwiesen. Auch die folgende Auswahl altgläubiger Flugschriften 2 ließ sich davon leiten, möglichst viele Autoren mit mindestens einer Schrift und alle wesentlichen Themen zu dokumentieren. Schwerpunkte sind die Auseinandersetzung um den Bauernkrieg 1525 mit der Schuldzuweisung an Martin Luther, der Kampf gegen reformatorische Neuerungen in verschiedenen Städten und Gebieten, die altgläubig dominierte Disputation von Baden im Aargau 1526 und die reformatorisch dominierte von Bern 1528, die Packschen Händel von 1528, der Marburger Einigungsversuch zwischen Zwinglischen und Lutherischen im Sakramentenstreit 1529 und der Augsburger Reichstag von 1530. Berührt werden die Auseinandersetzungen um die Taufer sowie der Versuch von lutherischer Seite, das 1520 von Luther verbrannte kanonische Recht nunmehr zur Unterstützung Luthers einzusetzen. Im Mittelpunkt der Polemik steht weiterhin Martin Luther als schlimmster 1 Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518—1524), 2 Bde., hrsg. v. A. Laube (Projektleiter), S. Looß, A. Schneider, Erläuterungen zur Druckgeschichte v. H. Claus, Berlin 1983, auch Vaduz 1983; Flugschriften der Bauernkriegszeit, hrsg. v. A. Laube u. H. W. Seiffert, bearb. v. Ch. Laufer u.a., Berlin 1975, 2. Aufl. 1978, auch Köln/Wien 1978; Flugschriften vom Bauernkrieg zum Tauferreich (1526—1535), 2 Bde., hrsg. v. A. Laube in Zusammenarbeit mit A. Schneider u. U. Weiß, Erläuterungen zur Druckgeschichte v. H. Claus, Berlin 1992; Flugschriften gegen die Reformation (1518—1524), hrsg. u. bearb. v. A. Laube unter Mitarbeit v. U. Weiß, Berlin 1997. 2 Unter Flugschriften der Reformationszeit wird hier im weiteren Sinne jede Art durch den Druck verbreiteter Publizistik verstanden, die rasch in den durch Luther ausgelösten Streit eingriff, sich an breite Bevölkerungskreise wandte, also deutschsprachig ist, und das Ziel verfolgte, den Leser bzw. Hörer in dieser oder jener Richtung zu beeinflussen.

2

Vorwort

aller Ketzer; vereinzelt wird Huldrych Zwingli als noch schlimmer eingestuft. Generell wird aber die Differenzierung und Spaltung der Reformationsbewegung dazu benutzt, Luther als Vater aller verschiedenen Strömungen und Sekten auszuweisen, die Radikalen von Müntzer bis zu den Täufern als dessen Ausgeburten darzustellen. Zunehmend und gipfelnd in den Siebenkopfschriften des Cochläus werden nicht nur die Differenzierungen und Widersprüche zwischen den verschiedenen Strömungen der Reformation registriert, sondern vor allem die Widersprüche in Luthers eigenen Äußerungen. Das begann bereits mit den drei Bauernkriegsschriften Luthers und erhielt weiteren Auftrieb durch den „Unterricht der Visitatoren", der als Eingeständnis des Scheiterns der Reformation und als weitgehender Rückzug in die alte Ordnung gewertet wird. In der theologischen Auseinandersetzung bleiben alle bereits im Vorwort zum vorangegangenen Band angeführten strittigen Fragen aktuell. Schwerpunkte bilden die Zurückweisung von Luthers Rechtfertigungslehre, der Kampf um den Opfercharakter der Messe und der Nachweis, daß die Autorität der Kirche der Heiligen Schrift übergeordnet ist. Die Einordnung der ausgewählten Stücke in den Gesamtzusammenhang der Polemik der Jahre 1525—1530 wird in der Einleitung gegeben, in der versucht wird, möglichst viele der deutschsprachigen altgläubigen Streitschriften jener Jahre zu erfassen und kurz inhaltlich zu erschließen. Ergänzend sind die Erläuterungen zu den einzelnen Schriften zu konsultieren. Überlange Schriften mußten z.T. gekürzt werden. Dabei wurden vor allem diejenigen Passagen aufgenommen, die für die Erforschung der historischen Prozesse, für eine Sozialgeschichte der Reformation von Interesse sind. Es wurde jedoch sorgsam darauf geachtet, daß alle theologischen Streitfragen in extenso erfaßt werden. Zu gekürzten Stellen werden Inhaltsangaben gebracht. Die Ordnung der Schriften erfolgt in der Regel chronologisch nach dem Erscheinen, weil erst der Druck die öffentliche Wirksamkeit ermöglichte. Wenn Schriften gegenüber der Entstehungszeit oder dem Entstehungsanlaß verspätet gedruckt wurden, mußten sie deshalb auch bei thematischer Zusammengehörigkeit — etwa zu den Disputationen von Baden und von Bern — auseinandergerissen werden. Hier versucht die Einleitung den inhaltlichen Zusammenhang deutlich zu machen. Differenzen zwischen der Zeit der Entstehung und des Druckes werden in den Entstehungsgeschichten ausgewiesen. Bei Mehrfachdrucken — die in der Regel nicht so häufig sind, wie bei den Reformationsschriften — wurde grundsätzlich der Erstdruck zugrunde gelegt, wo dieser zu ermitteln war. Abweichungen werden ebenfalls in den Entstehungsgeschichten begründet. Angaben zur Druckgeschichte wurden nach Möglichkeit in die Entstehungsgeschichten eingearbeitet. Dabei leistete bei problematischen Stücken Helmut Claus, Gotha, konsultative Hilfe, wofür ihm herzlich gedankt sei. Die bewährten Editionsprinzipien und die Gestaltung der vorangegangenen Bände, die unter maßgeblicher Mitwirkung von Hans Werner Seiffert (f) erarbeitet wurden, wurden auch hier übernommen. Festgehalten wurde insbesondere an dem Prinzip, die Edition so zu gestalten, daß sie

Vorwort

3

für wissenschaftliche Zwecke brauchbar, aber auch für Studienzwecke geeignet ist. Die Wiedergabe der Texte erfolgt originalgetreu nach kritischer Durchsicht. Textänderungen werden nur dort vorgenommen, wo sie eindeutig Fehler berichtigen, zuweilen als solche auch in Errata-Verzeichnissen der Originale ausgewiesen sind. Bibelstellen werden in eckiger Klammer ergänzt, wo nötig korrigiert. Textaussparungen werden durch [...], editorische Hinzufügungen durch [ ] gekennzeichnet. Wenn der Autor einer aufgenommenen Schrift selbst Zitate anderer Autoren verkürzt, ohne die Auslassungen zu kennzeichnen (z.B. Cochläus bei Lutherzitaten in den Siebenkopfschriften), werden diese ebenfalls durch [...] kenntlich gemacht. Um eine möglichst einheitliche Textgestaltung zu erreichen und das Verständnis der Texte zu erleichtern, war eine vorsichtige orthographische Normalisierung erforderlich: Großschreibung erfolgt (auch abweichend von der Vorlage) 1. bei Satzbeginn (auch bei Zitat- und Redebeginn mitten im Satz, wenn die Vorlage das durch Großschreibung markiert), 2. bei Volks-, Länder-, Orts-, Gewässer·, Personennamen (auch „Gott" wird als Eigenname sowie „Sankt" und „Doktor" als zum Namen gehörig aufgefaßt) sowie Monats- und Festnamen. Adjektivische Ableitungen von diesen Namen werden klein geschrieben. Abweichend von der Praxis früherer Bände wurde in Dialogen die Bezeichnung der Sprecher der Vorlage gemäß beibehalten und auch darauf verzichtet, mit jedem Sprecher einen neuen Absatz zu beginnen, wenn im Original der Text fortlaufend gesetzt ist. Die Sprecherbezeichnung wird aber in jedem Fall vom Text durch Doppelpunkt abgehoben, ebenso direkte Zitate. Anführungszeichen werden nicht gesetzt. Der Lautstand der Texte bleibt original erhalten. Beseitigt ist lediglich der Wechsel von u : ν und von i : j, soweit er nur Schreib- bzw. Druckgewohnheiten ausdrückt, für die Wiedergabe des Lautstandes aber ohne Bedeutung ist. In Zweifelsfällen bleibt der Originaltext unangetastet. Worttrennungen und -Verbindungen werden nur dann nach heutiger Regelung vorgenommen, wenn das originale Textverständnis erschwert ist; so wird die Zusammenschreibung des Infinitivs mit seiner Präposition „zu" aufgehoben. Die Interpunktion ist vorsichtig modernisiert, wo die alte oder fehlende Interpunktion das Verständnis erschwert. Insbesondere sind alle dem Verständnis des syntaktischen Zusammenhangs hinderlichen Einschnitte im Originaltext beseitigt, fehlende ergänzt. Ein moderner Gebrauch von Ausrufungs- oder Fragezeichen erfolgt jedoch nur im Ausnahmefall. Zum besseren Verständnis des Textes werden Worterläuterungen als Fußnoten beigegeben. Sie sind durch Buchstabenexponenten hinter dem zu erläuternden Wort oder Sinnzusammenhang kenntlich gemacht und haben lediglich Hinweischarakter, sind also nicht nach sprachwissenschaftlichen Grundsätzen dargeboten, zumal ein Teil von ihnen bisher lexikalisch noch nicht erfaßt ist. Durch Ziffernexponenten kenntlich gemachte Sacherläuterungen werden am Schluß jedes Stückes geboten. Sie konzentrieren sich

4

Vorwort

vornehmlich auf die Identifizierung von Namen, den Nachweis von direkten oder indirekten Zitaten, die Erläuterung von im Text erwähnten Ereignissen oder Sachzusammenhängen. Wo dafür Spezialliteratur herangezogen wurde, wird sie nachgewiesen; ein Nachweis der allgemein zugänglichen lexikalischen oder Handbuchliteratur erfolgt in der Regel nicht. Patristische, althistorische oder ähnliche Ausgaben werden so zitiert, daß sie auch für Nichtspezialisten erfaßbar sind. Im Hinblick auf eine eigene wissenschaftliche Kommentierung oder Interpretation der Texte wurde jedoch große Zurückhaltung geübt. Bei Verweisungen auf andere Schriften unserer Ausgabe wird in der Regel die jeweilige Nummer des Inhaltsverzeichnisses genannt. Jedem Stück werden Angaben über die zugrunde gelegten Texte (mit bibliographischen Nachweisen) sowie die jeweilige Entstehungsgeschichte angehängt. Wo vorhanden, wird auf die wichtigsten Editionen hingewiesen und Literatur genannt, die den betreffenden Text behandelt oder in den historischen Zusammenhang stellt. Dabei werden — wo eine Auswahl nötig war — vor allem Standardwerke sowie neue Spezialliteratur zitiert, deren Apparat einen Zugang zur älteren Literatur ermöglicht. Die Auflösung der dabei verwendeten Siglen oder Kurztitel erfolgt in der Literaturliste. Allgemeine Hilfsmittel wie Lexika etc. werden in der Regel nicht nachgewiesen. Im Anhang beschließen Register der Personen-, der Ortsnamen sowie der Bibelstellen die Ausgabe. Für bibliographische Vorarbeiten, Konzept, Textauswahl, Vorwort, Einleitung, Bearbeitung der Mehrzahl der Stücke und Gesamtdurchsicht zeichnet der Herausgeber verantwortlich; die Bearbeitung der Stücke Nr. 21, 6, 11-14, 16, 20f., 25f., 32f„ 35, 40, 51, 56f. lag bei Ulman Weiß. Die schwierigen Schreibarbeiten, die Zusammenstellung der Literaturliste sowie die Erarbeitung der Register besorgte auf bewährte Weise wiederum Brigitte Baumgart, wofür ihr herzlich gedankt sei. Finanzielle Unterstützung leistete dabei die Stiftung Leucorea Wittenberg. Freundliche Auskünfte anhand des in Arbeit befindlichen Lutherregisters erteilte der Direktor des Instituts für Spätmittelalter und Reformation der Universität Tübingen Ulrich Köpf. Dank gebührt auch den Bibliotheken, die die abgedruckten Stücke sowie andere Exemplare bzw. Varianten zum Lesartenvergleich zur Verfügung gestellt haben: der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz; der Bibliothek der Evangelischen Kirche der Union, Berlin; der Bayerischen Staatsbibliothek München; der Universitätsbibliothek München; der Universitätsbibliothek Münster; der Universitätsbibliothek Tübingen; der Herzog August Bibliothek Wölfenbüttel. Eine wertvolle Hilfe für Textvergleiche war die Microfiche-Ausgabe von Hans-Joachim Köhler. Besonderer Dank gebührt dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Förderung des Projekts.

Verzeichnis der Literatur

Adam, Lehrbuch ADB Altaner/Stuiber

ARG Backus, Disputations Bäumer, Cochläus Bäumer, Fisher Bäumer, Wimpina Bagchi Barge, Karlstadt Basler Aktensammlung

Bautz, Kirchenlexikon Becker, Herzog Georg Benzing/Claus

Bergsten, Hubmaier

Adam, Α.: Lehrbuch der Dogmengeschichte, 2 Bde, Berlin 1973 Allgemeine Deutsche Biographie, 1875—1912 Altaner, B. und A. Stuiber: Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter, 8. Aufl. Freiburg/ Basel/Wien 1978 Archiv für Reformationsgeschichte Backus, I.: The Disputations of Baden, 1526 and Berne, 1528: Neutralizing the Early Church, Princeton 1993 (Studies in Reformed Theology and History. 1,1) Bäumer, R.: Johannes Cochläus (1479-1552). Leben und Werk im Dienst der katholischen Reform, hrsg. von E. Iserloh, Münster 1980 Bäumer, R.: John Fisher (1469-1535), in: Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 2, Münster 1985, S. 4 9 - 6 5 Bäumer, R.: Konrad Wimpina (1460—1531), in: Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 5, hrsg. von E. Iserloh, Münster 1988, S. 7 - 1 7 Bagchi, D.N.: Luthers Earliest Opponents. Catholic Controversalists, 1518—1525, Minneapolis 1991 Barge, Η.: Andreas Bodenstein von Karlstadt, 2 Bde, Leipzig 1905 Dürr, E. und P. Roth (Hrsg.): Aktensammlung zur Geschichte der Basler Reformation in den Jahren 1519 bis Anfang 1534, Bd. 1 - 6 , Basel 1929-1950 Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, bearb. u. hrsg. v. F.W. Bautz, Hamm 1975 ff. Becker, H.: Herzog Georg von Sachsen als kirchlicher und theologischer Schriftsteller, in: ARG 24, 1927, S. 161-269 Benzing, J. und H. Claus: Lutherbibliographie. Verzeichnis der gedruckten Schriften Martin Luthers bis zu dessen Tod, 2 Bde, 2. Aufl. Baden-Baden 1989, 1994 Bergsten, T.: Balthasar Hubmaier. Seine Stellung zu Reformation und Taufertum 1521 — 1528, Kas-

6

Berner Aktensammlung

Bibellexikon Bibl. d. Kirchenväter

Birkner Marius

Bosl, Bayerische Biographie Bradshaw, Fisher Bräuer, Dichtungen Brecht, Luther

CCath

CCath 3

CCath 9

CCath 14

CCath 22 CCath 27

Verzeichnis der Literatur sei 1961 (Acta Universitatis Upsaliensis, Studia Historico-Ecclesiastica Upsaliensia. 3) Aktensammlung zur Geschichte der Berner Reformation 1521-1532, hrsg. von R. Steck und G. Tobler, Bd. 1 - 2 , Bern 1923 Bibel-Lexikon, hrsg. v. H. Haag, 4. Aufl. Leipzig 1981 Bibliothek der Kirchenväter. Eine Auswahl patristischer Werke in deutscher Übersetzung, Reihe I, hrsg. v. O. Bardenhewer/Th. Schermann/K. Weyman, Kempten-München 1911 ff.; Reihe Π, hrsg. v. O. Bardenhewer/J. Zellinger, München 1932ff. Birkner, J.: Augustinus Marius, Weihbischof von Freising, Basel und Würzburg (1485-1543). Ein Lebensbild, Münster 1930 (Reformationsgeschichtl. Studien u. Texte. 54) Bosl's Bayerische Biographie: Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten, hrsg. v. K. Bosl, Regensburg 1983ff. Reform and the Reformation: the career of Bishop John Fisher, hrsg. v. B. Bradshaw, Cambridge 1989 Bräuer, S.: Die zeitgenössischen Dichtungen über Thomas Müntzer und den Thüringer Bauernaufstand, ungedr. theol. Diss., Leipzig 1973 Brecht, M.: Martin Luther. Bd. 1: Sein Weg zur Reformation 1483-1521, Stuttgart 1981; Bd. 2: Ordnung und Abgrenzung der Reformation 1521-1532, Stuttgart 1986

Corpus Catholicorum. Werke katholischer Schriftsteller im Zeitalter der Glaubensspaltung, begründet v. J. Greving, Münster 1919ff. Johannes Cochlaeus, Adversus cucullatum Minotaurum Wittenbergensem. De sacramentorum gratia iterum (1523), hrsg. v. J. Schweizer, Münster 1920 Johannes Fisher, Sacri sacerdotii defensio contra Lutherum (1525), hrsg. v. H.K. Schmeinck, Münster 1925 Johannes Eck, Vier deutsche Schriften gegen Martin Luther, den Bürgermeister und Rat von Konstanz, Ambrosius Blarer und Konrad Sam, hrsg. v. K. Meisen/F. Zoepfl, Münster 1929 Thomas Murner im Schweizer Glaubenskampf, hrsg. v. W. Pfeiffer-Belli, Münster 1939 Ambrosius Catharinus Politus O. Pr., Apologia pro veritate catholice et apostolice fidei ac doctrinae adversus impia ac valde pestifera Martini Lutheri dogmata (1520), hrsg. v. J. Schweizer, Münster 1956

Verzeichnis der Literatur CCath 28 CCath 33

CCath 34

CCath 37

CCath 42 CCath 43 Claus Claus, Bauernkrieg Claus, Dyon

Claus, Untersuchungen

CChSL CorpIurCan CorpIurCiv CR Crofts

CSEL

DBA DBI Delius, Luther

7

Hieronymus Emser. Schriften zur Verteidigung der Messe, hrsg. v. Th. Freudenberger, Münster 1959 Die Confutatio der Confessio Augustana vom 3. August 1530, 2. verb. Aufl. bearb. v. H. Immenkötter, Münster 1981 Johannes Eck, Enchiridion locorum communium adversus Lutherum et alios hostes ecclesiae (1525-1543), hrsg. v. P. Fraenkel, Münster 1979 Kaspar Schatzgeyer: Schriften zur Verteidigung der Messe, hrsg. u. eingel. v. P. Fabisch u. E. Iserloh, Münster 1984 Dokumente zur Causa Lutheri (1517—1521), T. 2, Münster 1991 Heinrich Vm., Assertio Septem sacramentorum, hrsg. v. P. Fraenkel, Münster 1992 Claus, H.: Das Leipziger Druckschaffen der Jahre 1519-1539. Kurztitelverzeichnis, Gotha 1987. Claus, H.: Der deutsche Bauernkrieg im Druckschaffen der Jahre 1524—1526. Verzeichnis d. Flugschriften u. Dichtungen, Gotha 1975 Claus, H.: New Light on the Presses of Adam Dyon and Kaspar Libisch in Breslau (1518-1540), in: The German Book 1450-1750. Studies presented to David L. Paisey, ed. by J.L. Flood/W.A. Kelly, London 1995 Claus, Η.: Untersuchungen zur Geschichte des Leipziger Buchdrucks von Luthers Thesenanschlag bis zur Einführung der Reformation im Herzogtum Sachsen (1517—1539), ungedr. phil. Diss., Berlin 1973 Corpus Christianorum seu nova Patrum collectio, Series Latina, Turnhout, Paris 1953ff. Corpus Iuris Canonici, hrsg. v. E. Friedberg, 2 Bde, Leipzig 1879-1881 Corpus Iuris Civilis, hrsg. v. P. Krüger, 2 Bde, 4. Aufl., Berlin 1888 Corpus Reformatorum, Bd. Iff., 1834 ff. Crofts, R.A.: Printing, Reform, and the Catholic Reformation in Germany (1521 — 1545), in: Sixteenth Cent. Journ. 16, 1985, S. 3 6 9 - 3 8 1 Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, Bd. I f f , Wien 1866ff.

Deutsches Biographisches Archiv, hrsg. v. B. Fabian, München [u.a.] Deutscher Biographischer Index, bearb. v. H.-A. Koch [u.a.], Bd. 1 - 4 , München [u.a.] 1986 Delius, H.-U. (Hrsg.): Martin Luther. Studienausg. in Zusammenarbeit mit H. Junghans, R. Pietz, J. Rogge u. G. Wartenberg, Bd. Iff., Berlin 1979ff.

8 Delius, Gegner Luthers Denzinger-Schönmetzer

Deutsch, Leib

Dülfer

DWB

Eckel, Fremdwortschatz

Edwards

Egli, Reformationsgeschichte Eidgenössische Abschiede Etymologisches Wörterbuch

Feller, Geschichte Fellmann Denck ΙΠ Fink-Lang, Leib Franz/Kirn

Freudenberger

Friedberg, Lehrbuch

Verzeichnis der Literatur Delius, W.: Gegner Luthers in der Mark Brandenburg, in: Jb. f. Berlin-Brandenbg. Kirchengesch. 47, 1972, S. 3 3 - 5 4 Enchiridion symbolorum, definitionum et declarationum de rebus, fidei et morum, hrsg. v. H. Denzinger u. A. Schönmetzer, 36. Aufl. Freiburg/Br. 1976 Deutsch, J.: Kilian Leib. Prior von Rebdorf. Ein Lebensbild aus dem Zeitalter der Reformation, Münster 1909 (Reformationsgeschichtl. Studien u. Texte. 1 5 - 1 6 ) Dülfer, K.: Die Packschen Händel, Marburg 1958 (Veröff. d. Histor. Komm, für Hessen u. Waldeck 24, 3) Grimm, J. u. W. Grimm: Deutsches Wörterbuch, 1. Aufl. Bd. 1 - 1 6 , Leipzig 1854-1960 Eckel, F.: Der FremdWortschatz Thomas Murners. Ein Beitrag z. Wörtgeschichte d. frühen 16. Jahrhunderts. Mit einer vollst. Murner-Bibliogr., Göppingen 1978 (Göppinger Arbeiten z. Germanistik. 210) Edwards, M.U.: Catholic Controversial Literature, 1518-1555: Some Statistics, in: ARG, 79, 1988, S. 189-205 Egli, E.: Schweizerische Reformationsgeschichte, Bd. 1, hrsg. v. G. Finsler, Zürich 1910 Eidgenössische Abschiede aus dem Zeitraum von 1521-1528, hrsg. v. J. Strickler, Brugg 1873 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, erarb. von einem Autorenkollektiv . . . unter Leitung von W. Pfeifer, Bd. 1 - 3 , Berlin 1989 Feller, R.: Geschichte Berns, Bd. 1—2, Bern 1946, 1953 Denck, H.: Schriften. T. 3: Exegetische Schriften, Gedichte und Briefe, hrsg. von W. Fellmann, Gütersloh 1960 (Quellen z. Geschichte d. Täufer. 6, 3) Fink-Lang, M.: Kilian Leib (1471-1553), in: Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 5, hrsg. v. E. Iserloh, Münster 1988, S. 8 8 - 9 6 Franz, G. und P. Kirn (Hrsg.): Thomas Müntzer, Schriften und Briefe. Kritische Gesamtausgabe, Gütersloh 1968 (Quellen u. Forschungen z. Reformationsgesch. 33) Freudenberger, Th.: Hieronymus Dungersheim von Ochsenfurt am Main: 1465—1540. Theologieprofessor in Leipzig, Leben und Schriften, Münster 1988 Friedberg, E.: Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, 6. Aufl. Leipzig 1909. Neudruck 1965

Verzeichnis der Literatur

9

Friedensburg, Convent

Friedensburg, W.: Der Regensburger Convent, in: Historische Aufsätze. Dem Andenken an Georg Waitz, Hannover 1886, S. 502-539

Gäbler, Zwingli GCS

Gäbler, U.: Huldrych Zwingli. Eine Einführung in sein Leben und sein Werk, Berlin 1985 Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte, Leipzig bzw. Berlin 1899ff. Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen, hrsg. von F. Geß, Bd. 2, Leipzig/Berlin 1917 Giesecke, M.: Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, Frankfurt/Main 1991 Goertz, HJ.: Die Täufer. Geschichte und Deutung, Berlin 1988 Grotefend, H.: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Bd. 1—2, Hannover 1891. Neudruck Aalen 1984

Geß, Akten Giesecke, Buchdruck

Goertz, Täufer Grotefend, Zeitrechnung

Handbuch der Dogmengeschichte Handbuch der Kirchengeschichte Handbuch der Schweizer Geschichte Helbling, Fabri

Helbling, Johann Fabri Helvetia Sacra Hennecke/Schneemelcher

Hist.-biogr. Lexikon

Hortleder

2

Reformation 1

Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte, hrsg. v. C. Andresen, Bd. 1 - 3 , Göttingen 1988 Jedin, H. (Hrsg.): Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. Iff., Freiburg/Basel/Wien 1968ff. Handbuch der Schweizer Geschichte, hrsg. v. H. Helbling [u.a.], 2 Bde, Zürich 1972, 1974 Helbling, L.: Doktor Johann Fabri. Generalvikar von Konstanz und Bischof von Wien 1478—1541. Beiträge zu seiner Lebensgeschichte, Münster 1941 (Reformationsgeschichtl. Studien u. Texte. 67-68) Helbling, L.: Dr. Johann Fabri und die schweizerische Reformation. Beilage zum Jahresbericht der Stiftsschule Einsiedeln, Einsiedeln 1933 Helvetia Sacra, hrsg. v. Kuratorium der Helvetia Sacra, Basel/Frankfurt (M.) 1993 Hennecke, E./Schneemelcher, W.: Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, Bd. 1, 6. Aufl. Tübingen 1990; Bd. 2, 5. Aufl. Tübingen 1989 Türler, H. und M. Godet (Hrsg.): Historisch-biografisches Lexikon der Schweiz, Bd. 1—6, Neuenburg 1921-1934 Hortleder, F.: Der Römischen Keyser- vnd Königlichen Maiesteten Auch deß Heiligen Römischen Reichs . . . Handlungen vnd Außschreiben . . . Von den Vrsachen deß Teutschen Kriegs Kaiser Carls deß V. ..., 2. Aufl. Gotha 1645

10 Iserloh, Eck Iserloh, Kampf Iserloh, Schatzgeyer

Verzeichnis der Literatur Iserloh, E.: Johannes Eck (1486—1543). Scholastiker, Humanist, Kontroverstheologe, Münster 1981 Iserloh, E.: Der Kampf um die Messe in den ersten Jahren der Auseinandersetzung mit Luther, Münster 1952 (Kathol. Leben und Kämpfen. 10) Iserloh, E.: Kaspar Schatzgeyer (1463—1527), in: Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 1, hrsg. von E. Iserloh, Münster 1984, S. 5 6 - 6 3

Jaffe, Regesta Jungmann, Missarum sollemnia

Jaffe, Ph.: Regesta Pontificum Romanorum, 2. Aufl., Leipzig 1885, Neudruck Graz 1956 Jungmann, J.A.: Missarum sollemnia. Eine genetisehe Erklärung der römischen Messe, 2 Bde, 5. verb. Aufl. Wien/Freiburg/Basel 1962

Kautzsch, Apokryphen

Die Apokryphen und Pseudoepigraphen des Alten Testaments, übers, u. hrsg. v. E. Kautzsch, Bd. 1—2, Tübingen 1900. Neudruck 1992 Kawerau, G.: Hieronymus Emser. Ein Lebensbild aus der Reformationsgeschichte, Halle 1898 Klaiber, W.: Katholische Kontroverstheologen und Reformer des 16. Jahrhunderts. Ein Werkverzeichnis, Münster 1978 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 116) Köhler, H.-J.: Bibliographie der Flugschriften des 16. Jahrhunderts, Bd. 1, Tübingen 1991; Bd. 2, Tübingen 1992; Bd. 3, Tübingen 1996 Köhler, H.-J. (Hrsg.): Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit, Stuttgart 1981 Köhler, H.-J. (Hrsg.): Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts (1501 — 1530). Microfiche-Ausgabe, Inter Documentation Comp. AG, Zug 1978ff. Köhler, W.: Huldrych Zwingli, durchges. u. neuhrsg. von E. Koch, Leipzig 1983 Köhler, W.: Zwingli und Luther. Ihr Streit über das Abendmahl nach seinen politischen und religiösen Beziehungen, Bd. 1, Leipzig 1924; Bd. 2, hrsg. von E. Kohlmeyer und H. Bornkamm, Gütersloh 1953 (Quellen u. Forschungen z. Reformationsgesch. 6.7) Kühn, J.: Geschichte des Speyerer Reichstages von 1529, Leipzig 1929 Kurze, D.: Johannes Lichtenberger (gest. 1503). Eine Studie zur Geschichte der Prophetie und Astrologie. Lübeck/Hamburg 1960 (Historische Studien 379)

Kawerau, Emser Klaiber

Köhler

Köhler, Flugschriften Köhler, Microfiches Köhler, Zwingli Köhler, Zwingli und Luther

Kühn, Geschichte Kurze, Lichtenberger

Laube, Cochläus/Dietenberger

Laube, Α.: Das Gespann Cochläus/Dietenberger im Kampf gegen Luther, in: ARG, 87, 1996, S. 119-135

Verzeichnis der Literatur Laube/Looß/Schneider

Laube/Schneider/Weiß

Laube/Seiffert Laube/Weiß 1

LCI

LexdMA Liebs, Rechtsregeln Locher, Disputation

Locher, Reformation LThK

Mansi, Collectio Mau, Stellung

MB Meißner, Rechtsprechung Mentz, Packsche Händel Migne PG Migne PL ML

2'

11

Laube, Α., S. Looß, A. Schneider (Hrsg.): Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518-1524), 2 Bde, Berlin 1983 Laube, Α., Α. Schneider, U. Weiß (Hrsg.): Flugschriften vom Bauernkrieg zum Tauferreich (1526-1535), 2 Bde, Berlin 1992 Laube, A. und H.W. Seiffert (Hrsg.): Flugschriften der Bauernkriegszeit, 2. Aufl. Berlin 1978 Laube, A. (Hrsg.) unter Mitarbeit v. U. Weiß: Flugschriften gegen die Reformation (1518—1524), Berlin 1997 Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 1—8, hrsg. v. E. Kirschbaum (ab Bd. 5 von W. Braunfels), in Zusammenarb. mit ..., Rom [u.a.] 1968-1976 Lexikon des Mittelalters, Bd. 1—10, München/Zürich 1980-1999 Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, Zusammengest., übers, u. erl. v. D. Liebs, 5. verb. Aufl. München 1991 Locher, G.W.: Die Berner Disputation 1528, in: Vierhundertfünfzig Jahre Berner Reformation. Beiträge zur Geschichte der Bemer Reformation und zu Niklas Manuel. Archiv des historischen Vereins des Kantons Bern 64/65, 1980/81, S.138-155 Locher, G.W.: Die Zwinglische Reformation im Rahmen der europäischen Kirchengeschichte, Göttingen/Zürich 1979 Lexikon für Theologie und Kirche, hrsg. v. J. Höfer u. K. Rahner, 2. Aufl. Freiburg/Br. 1957-1965

Sacrorum Conciliorum nova et amplissima Collectio, hrsg. v. G.D. Mansi, 53 Bde, Paris 1903-1927 Mau, R.: Luthers Stellung zu den Türken, in: Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546. Festgabe zu seinem 500. Geburtstag, hrsg. v. H. Junghans, Berlin 1983, S. 647-662 Melanchthons Briefwechsel, hrsg. v. H. Scheible, Stuttgart/Bad Cannstatt 1977ff. Meißner, E.: Die Rechtsprechung über die Wiedertäufer und die antitäuferische Publizistik, phil. Diss. Göttingen 1922 Mentz, G.: Zur Geschichte der Packschen Händel, in: ARG 1, 1904, S. 172ff. Migne, J.P. (Hrsg.): Patrologia Graeco-Latina, Bd. 1-161, Paris 1857-1896 Migne, J.P. (Hrsg.): Patrologia Latina, Bd. 1-221, Paris 1844-1889 Hege, C. (Hrsg.): Mennonitisches Lexikon, Bd. 1 —4, Kassel 1913-1967

12 Moeller, Disputationen

Moeller, Zwick Muralt, Disputation

Verzeichnis der Literatur Moeller, B.: Zwingiis Disputationen. Studien zu den Anfängen der Kirchenbildung und des Synodalwesens im Protestantismus, in: ZRG, 87, 1970, S. 275-324; 91, 1974, S. 213-364 Moeller, B.: Johannes Zwick und die Reformation in Konstanz, Gütersloh 1961 (Quellen u. Forschungen z. Reformationsgesch. 28) Muralt, L.v.: Die Badener Disputation 1526, Leipzig 1926 (Quellen und Akten z. Schweizerischen Reformationsgesch. 3)

NDB

Neue Deutsche Biographie, Bd. Iff., Berlin 1953ff.

Oslander, Gesamtausgabe

Andreas Oslander d.Ä. Gesamtausgabe, hrsg. von G. Müller, Bd. 1-10, Gütersloh 1975-1997

Panzer DA

Panzer, G.W.: Annalen der ältern deutschen Litteratur, 2 Bde (nebst) Zusätze, Nürnberg (später Leipzig) 1788-1805, Nachdruck Hildesheim 1961 Paulus, N.: Die deutschen Dominikaner im Kampfe gegen Luther (1518-1563), Freiburg/Br. 1903 (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes. 4) Paulus, N.: Kaspar Schatzgeyer, Freiburg/Br. 1898

Paulus, Dominikaner

Paulus, Schatzgeyer Pauly, Realenzyklopädie

Pfeilschifter, Acta Pftaür, Mensing

QGT

QGTS

Quervain, Geschichte

Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaften. Neue Bearbeitung beg. v. G. Wissowa, Reihe 1, Stuttgart 1894-1963, Reihe 2, Stuttgart 1914ff. Acta Reformationis Catholicae, hrsg. v. G. Pfeilschifter, Bd. 1, Regensburg 1959 Pfnür, V.: Johannes Mensing (gest. 1547), in: Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 3, hrsg. von E. Iserloh, Münster 1986, S. 4 8 - 6 4

Quellen zur Geschichte der Täufer. 8/Π: Elsaß, m. Benutzung d. v. J. Adam hinterlassenen Materialsammlung, bearb. v. M. Krebs u. H.G. Rott, Gütersloh 1960; 11/1: Österreich, m. Benutzung d. v. P. Didic gesammelten Texte, bearb. v. G. Mecenseffy, Gütersloh 1964 Quellen zur Geschichte der Taufer in der Schweiz, Bd. 1: Muralt, L. v. und W. Schmid (Hrsg.): Zürich, Zürich 1951 Quervain, Th. de: Geschichte der bernischen Kirchenreformation, in: Gedenkschrift zur Vierhundertjahrfeier der Bernischen Kirchenreformation, Bd. 1, Bern 1928

Verzeichnis der Literatur RE

RGG Rischar, Eck RTA JR

Samuel-Scheyder Scheel, Schwarzenberg Schmidt, Reichsstädte Schottenloher, Landshuter Buchdrucker Schottenloher, Pack Schottenloher, Schobser Schraepler, Behandlung Schwarz, Packsche Händel Seebaß, Hut Sehling, Kirchenordnungen Seidemann, Schriften Seidemann, Sylvius Smolinsky, Alveldt und Emser

13

Hauck, A. (Hrsg.): Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, begründet von JJ. Herzog, Bd. 1 - 2 4 , 3. Aufl. Leipzig 1896-1913 Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl. Tübingen 1927-1932 Rischar, K.: Joh. Eck auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, Münster 1968 (Reformationsgeschichtl. Studien u. Texte. 97) Deutsche Reichstagsakten, hrsg. v. der Hist. Komm, bei der Bayer. Akad. d Wiss., Jüngere Reihe, Bd. Iff., 1893ff. Samuel-Scheyder, M.: Johannes Cochläus, humaniste et adversaire de Luther, Nancy 1993 Scheel, W.: Johann Freiherr zu Schwarzenberg, Berlin 1905 Schmidt, H.R.: Reichsstädte, Reich und Reformation. Korporative Religionspolitik 1521-1529/30, Stuttgart 1986 (Veröff. d. Inst. f. Europ. Gesch. Mainz. 122) Schottenloher, K.: Die Landshuter Buchdrucker des 16. Jahrhunderts. Mit einem Anh.: Die Apianusdruckerei in Ingolstadt, Mainz 1930 Schottenloher, K.: Die Druckschriften der Pack'schen Händel, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen, 25, 1908, S. 206-220,255-259 Schottenloher, K.: Der Münchner Buchdrucker Hans Schobser 1500-1530, München 1925. Neudruck 1967 Schraepler, H.W.: Die rechtliche Behandlung der laufer in der deutschen Schweiz, Südwestdeutschland und Hessen. 1525-1618, Tübingen 1957 Schwarz, H.: Landgraf Philipp von Hessen und die Pack'schen Händel, Leipzig 1884 (Historische Studien, H. 13) Seebaß, G.: Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie des Hans Hut (1527), ungedr. theol. Habil-Schr., Erlangen/Nürnberg 1972 Sehling, E.: Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bd. Iff., Leipzig 1902ff„ ab Bd. XI/1 Tübingen Seidemann, J.K.: Die Schriften des Petrus Sylvius, in: Archiv für Litteraturgeschichte, Bd. 5, 1876, S. 6 - 3 2 , 287-310 Seidemann, J.K.: M. Petrus Sylvius, ein Dominicaner der Reformationszeit, in: Archiv für Litteraturgeschichte, Bd. 4, 1875, S. 117-153 Smolinsky, H.: Augustin von Alveldt und Hieronymus Emser. Eine Untersuchung zur Kontroverstheologie der frühen Reformationszeit im Herzogtum Sachsen, Münster 1983 (Reformationsgeschichtliche Studie und Texte 122)

14 Spahn, Cochläus Staehelin, Briefe u. Akten Staehelin, Lebenswerk Staehelin, Oekolampad

Steinmetz, Müntzerbild

Verzeichnis der Literatur Spahn, M.: Johannes Cochläus. Ein Lebensbild aus der Zeit der Kirchenspaltung, Berlin 1898, Nachdruck Nieuwkoop 1964 Staehelin, E.: Briefe und Akten zum Leben Oekolampads, 2 Bde, Leipzig 1927, 1934 (Quellen u. Forschungen z. Reformationsgesch. 10. 19) Staehelin, E.: Das theologische Lebenswerk Johannes Oekolampads, Leipzig 1939 (Quellen u. Forschungen z. Reformationsgesch. 21) Staehelin, E.: Oekolampad-Bibliographie. Verzeichnis der im 16. Jahrhundert erschienenen Oekolampaddrucke, in: Basier Zs. für Gesch. und Altertumskunde 17, 1918, S. 1-119. Auch als Sonderabdruck Steinmetz, M.: Das Müntzerbild von Martin Luther bis Friedrich Engels, Berlin 1971

TRE

Krause, G. u. G. Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. Iff., Berlin 1977ff.

VD 16

Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts. Hrsg. v. d. Bayer. Staatsbibliothek in München in Verb, mit der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Abt. 1, Bd. 1-24, Stuttgart 1983-1995.

WA

D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausg. Schriften, Bd. Iff., Weimar 1883ff.; fotomechanischer Nachdr. ebenda u. Graz, 1961 ff. Ders., Briefwechsel, Bd. 1-18, 1930-1985. Ders., Die deutsche Bibel, Bd. 1-12, 1906-1961. Proverbia sententiaeque latinitatis medii aevi ac recentioris aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit in alphabetischer Anordnung, gesammelt u. hrsg. v. H. Walther, 9 Bde (Bd. 7 - 9 hrsg. v. P.S. Schmidt), Göttingen 1963-1986 Wander, K.F.W. (Hrsg.): Deutsches SprichwörterLexikon, 5 Bde, Leipzig 1867-1880 Weller, E.: Repertorium typographicum. Im Anschluß an Hains Repertorium und Panzers deutsche Annalen, mit 2 Suppl.-Bänden, Nördlingen 1864-1885, Nachdr. Hildesheim 1961 (Panzers Annalen. 3) Werner, E.: Jan Hus. Welt und Umwelt eines Prager Frühreformators, Weimar 1991 (Forschungen zur Mittelalterlichen Geschichte, Bd. 34)

WA Br WA DB Waither, Proverbia

Wander Weller

Werner, Hus

Verzeichnis der Literatur Wetzer/Welte, Kirchenlexikon

Wolgast, Wittenberger Theologie

Zeman, Anabaptists

ZRG

15

Wetzer, H J . und B. Welte: Kirchenlexikon oder Encyklopädie der Katholischen Kirche und ihrer Hülfswissenschaften, 13 Bde., 2. Aufl. Freiburg/Br. 1882-1903 Wolgast, E.: Die Wittenberger Theologie und die Politik der evangelischen Stände. Studien zu Luthers Gutachten in politischen Fragen, Gütersloh 1977 (Quellen u. Forschungen z. Reformationsgesch. 47) Huldreich Zwingli, Sämtliche Werke, hrsg. von E. Egli (u.a.), Bd. Iff., Zürich 1905ff Zeman, J.K.: The Anabaptists and the Czech Brethren in Moravia 1526—1628. A Study of Origins and Contacts, The Hague/Paris 1969 (Studies in European History. 20) Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte

Einleitung

In der deutschsprachigen Polemik gegen Luther und die Lutherischen1 trat 1525 zunächst der Franziskanerprovinzial Kaspar Schatzgeyer (vgl. Laube/Weiß 1, S. 43f. u. Nr. 34) besonders in Erscheinung, der in diesem Jahr gleich fünf deutsche Schriften herausbrachte sowie drei lateinische Übersetzungen2 von Schriften, die 1524 deutsch erschienen waren. In seiner „Fürhaltung von 30 Artikeln, die durch einen neuen Beschwörer der alten Schlange gerechtfertigt werden" (Nr. 2)3 wendet er sich gegen den fränkischen Adligen Johann von Schwarzenberg-Hohenlandsberg, der in einer konsequent lutherischen Beschwörung" seinen in bayrischem Hofdienst stehenden Sohn Christoph von der Unrechtmäßigkeit des alten Glaubens zu überzeugen versucht hatte. In Übereinstimmung mit Christoph von Schwarzenberg, der dem Vater nicht selbst antworten wollte, stellte Schatzgeyer 30 strittige Artikel zusammen, in denen er Grundsätze der alten Glaubenslehren verteidigt. Neben einer breiten Skala weiterer Punkte (Beichte, Opfermesse, Ehe, Sakramente, Gelübde, Heilige) steht im Mittelpunkt die Zurückweisung des lutherischen Schriftprinzips. Die Autorität der Heiligen Schrift wird der Autorität der Papstkirche untergeordnet. Damit wird ein Thema angesprochen, das auch bei anderen Autoren immer wieder anklingt. Ein weiterer Adressat Schatzgeyerscher Polemik war der reformatorische Nürnberger Prediger Andreas Oslander. Im September 1524 waren in Nürnberg die beiden Pröpste Georg Peßler und Hektor Pömer wegen reformatorischer Neuerungen in der Reichsstadt vom Bischof gemaßregelt und 1 Zur vorangegangenen Polemik der Jahre 1518—1524 vgl. die Einleitung zu Laube/ Weiß 1, S. 2 1 - 5 0 . 2 Vgl. Köhler 4049, 4051, 4056 (mit bibliographischen und Editionsnachweisen). 3 Die in den vorliegenden und den vorangegangenen Bänden unserer Ausgabe enthaltenen Schriften werden mit ihrer Nummer im jeweiligen Inhaltsverzeichnis vermerkt. Nachweise zu den Druckvorlagen (bei Mehrfachdrucken auch zu den druckgeschichtlichen Prioritäten) und zum historischen Kontext finden sich in den Entstehungsgeschichten und Sacherläuterungen zu den einzelnen Stücken. In unserer Ausgabe nicht enthaltene Schriften werden im folgenden nach dem benutzten Druck (bei Mehrfachdrucken ohne Beachtung der druckgeschichtlichen Prioritäten bzw. der Parallel- oder Nachdrucke) oder nach vorliegenden Editionen verzeichnet.

18

Einleitung

ihrer Ämter enthoben worden. Im Oktober erschien unter ihrer beider Namen bei Hieronymus Höltzel eine Verteidigungsschrift, namentlich über die Umgestaltung der Messe. 4 Sie erregte Aufsehen. Als erster trat ihr Schatzgeyer Anfang Januar 1525 mit einer zunächst weitgehend unpolemischen Abhandlung „Von dem heiligsten Opfer der Messe" 5 entgegen. Unmittelbar danach folgte — unter dem Datum vom 24. Januar — „Vom Fegfeuer oder vollkommener Reinigung der Auserwählten" 6 , eine gleichfalls auf zugespitzte Polemik verzichtende Widerlegung lutherischer Auffassungen zum Thema. Eine dritte Schrift „Vom hochwürdigsten Sakrament des zarten Fronleichnams Christi" 7 kam am 10. März 1525 aus der Presse, nunmehr mit direkter Polemik gegen die Nürnberger Veröffentlichung, die Schatzgeyer als satanisch qualifizierte und für deren eigentlichen Verfasser er Oslander hielt. Oslander antwortete mit „Wider Caspar Schatzgeyers unchristliches Schreiben" 8 , worauf nun Schatzgeyer seinerseits mit der „Abwaschung des Unflats" (Nr. 3) reagierte. Hier werden die Verteidigung des Opfercharakters der Messe mit Polemik gegen die Lutherischen im allgemeinen und gegen Oslander im besonderen verbunden sowie Mißstände in der eigenen Kirche eingeräumt. Auch in Sachsen wurde angesichts der Bedeutung Nürnbergs im Reich das Erscheinen der Verteidigungsschrift zu den Nürnberger Neuerungen kritisch reflektiert. Hieronymus Emser, Hofkaplan Herzog Georgs von Sachsen (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 8, 9, 12, 19, 22), schrieb „Wider der zweier Propst zu Nürnberg falschen Grund und Ursachen, warum sie die heilige Messe und andere christliche Stücke und Zeremonien geändert und zum Teil gar abgetan haben". 9 Freilich sind Peßler und Pömer für ihn nur Aushängeschilder. Der eigentlich Schuldige ist Luther. Zentrales Anliegen Emsers ist der Nachweis des Opfercharakters der Messe. Johannes Dietenberger (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 23—25) verfaßte in Frankfurt (Main) gleich ein ganzes Buch gegen die Rechtfertigungsschrift der Nürnberger Pröpste, das nach Angaben eines Ungenannten viele Grundfragen des Glaubens behandelte: die Messe, ihren Opfercharakter, den Empfang des Altarsakraments, Vigilien, Seelmessen, Fegfeuer u.a. Wegen des zu großen Umfangs ließ der Anonymus Ende Februar 1526 zunächst das letzte Kapitel zur Verteidigung des Salve Regina und einiger Kirchenbräuche drucken. 10 Deren Abschaffung in Nürnberg wird als ketzerisch und zerstörerisch gebrandmarkt.

4 5 6 7 8 9 10

Oslander, Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 175 ff. Ediert in CCath 37. Ebd. Ebd. Oslander, Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 480ff. Ediert in CCath 28. Johannes Dietenberger, Grundt vnnd vrsach: II auß der heilige schlifft/ wie vnbillich II vnd vnredlich/ das heylig lobsangk II Marie Salue regina/ Geweicht saltz II vnd wasser/ Metten vnd Complet/ in ettlichen II Stetten wirt vnderlassen/ verspott II vnd abgestellt. II [ . . . ] , [Köln: Peter Quentel] 1526 (VD 16 D 1484; Köhler 741); anderer Druck: V D 16 D 1483.

Einleitung

19

Das Salve Regina gegen die Nürnberger Pröpste zu retten, war auch das Anliegen Georg Hauers, Hochschullehrer in Ingolstadt. Bereits 1523 hatte er drei Predigten zum Thema veröffentlicht (vgl. Laube/Weiß 1, S. 39f.). Nun brachte er 1526 zwei Predigten von 1524 zum Druck, die sich polemisch mit den reformatorischen Veränderungen bei der Messe und den Messzeremonien, der Marien- und Heiligenverehrung und weiteren Fragen befassen, und hängte ihnen als dritten Teil der Schrift eine Auseinandersetzung mit den Argumenten der „gewesenen" Nürnberger Pröpste zur Abschaffung des Salve Regina und eine Begründung für dessen Rechtmäßigkeit und Nützlichkeit an.11 Der Zurückweisung städtischer reformatorischer Neuerungen und insbesondere der Verteidigung der römischen Messe galt auch Emsers Missive an Nikolaus Hausmann in Zwickau vom März 1525 (Nr. 1). Dieser hatte in einem Brief an Herzog Georg von Sachsen die neue Zwickauer Kirchenordnung verteidigt und sich beschwert, daß ihn der Herzog einen Ketzer genannt habe. Im Auftrag des Herzogs bezeichnete Emser die Neuerungen in Zwickau als Ausfluß lutherischer Ketzerei und verlangte ihre Zurücknahme. Die Verteidigung Luthers durch Hausmann zeuge von dessen Blindheit, seien doch nicht nur Autoritäten wie Erasmus, sondern auch viele ehemalige Weggefahrten Luthers von diesem abgefallen und schämten sich seines Namens. Gegen reformatorische Neuerungen in Hessen wandte sich der Marburger Guardian des Barfüßerordens Nikolaus Ferber in einem Sendbrief an Philipp von Hessen.12 Der Fürst solle sich nicht durch die falschen Lehrer und Vorläufer des Antichrists von seiner Zusicherung abhalten lassen, am alten christlichen Brauch und Gottesdienst festhalten zu wollen. Er möge sich ein Beispiel an anderen europäischen Herrschern nehmen, die die Lutherischen als Ketzer verfolgen. Vor jeder Neuerung müsse ein allgemeines Konzil abgewartet werden. Der Brief wurde von lutherischer Seite mit einer Antwort des Landgrafen und einem Kommentar aus dessen Kanzlei gedruckt. Ein weiterer Polemiker trat — wohl von Emser gefördet — 1525 mit Petrus Sylvius in die Öffentlichkeit. Der 1524 und 1525 zweimal durch lutherische Bürger und aufständische Bauern aus seinen Wirkungsorten vertriebene altgläubige Prediger bzw. Pfarrer hatte bereits nach der Leipziger Disputation von 1519 gegen Luther zu schreiben begonnen und insgesamt 25 Schriften fertiggestellt, hatte aber keine davon veröffentlichen können. Erst 1525 öffnete ihm Hieronymus Emser seine Druckerei in Dresden, 11 Georg Hauer, Annder zwue predig II Vom Salue regina dem Euangelio II vnd heyligen gschrifft gemeß. II Ain verantwurtung/ gemelts Salue betreffendt/ II Wider die gewesen pr6bst zu Nurmberg. II [...], Landshut: Johann Weißenburger 1526 (VD 16 Η 773; Köhler 1510). 12 Nikolaus Ferber, Eyn Sendt=llbrieff durch einen Gardian barllfusser ordenns zu Marpurg/ mit name II Nicolaus Ferber/ An den Christlichen II Fürsten Philippen von Gottes gnadn II Landgrauen zu Hessen &c. [...], [Augsburg: Heinrich Steiner] 1525 (VD 16 F 748; Köhler 1141); anderer Druck: V D 16 F 749.

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in der nunmehr die ersten drei Sylviusschriften erschienen. Es handelte sich jeweils um einzelne der seit Jahren fertigen, durchnumerierten und mit Querverweisen versehenen Traktate, allerdings überarbeitet und mit aktuellen Bezügen. Der erste „Eine Erklärung des einzigen wahren apostolischen christlichen Glaubens" 13 verließ am 16. Mai 1525 die Emserpresse und war noch weitgehend unpolemisch und darauf bedacht, die zwölf Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses im Sinne der römischen Kirche auszulegen. Als zweite erschien die „Erklärung der evangelischen Kirche" (Nr. 4). In ihr wird, verbunden mit scharfer Polemik gegen die Lutherischen, die Bezeichnung der Kirche als evangelisch abgelehnt. Einerseits müsse nicht jeder Christ alles halten, was in den vier Evangelien stehe, andererseits müsse er darüber hinaus viel mehr glauben und halten, da Christus mehr gelehrt habe als den Inhalt der Evangelien. Außerdem hätten die Evangelisten Christus nicht selbst erlebt, und es seien auch weitere Evangelien überliefert; d.h. die Evangelien hätten ihre Autorität allein aus der Approbation durch die römische Kirche. Die Evangelien bedürften zudem der Auslegung, und auch dazu sei allein die römische Kirche befähigt. Auch bei Sylvius steht die Kirche über der Schrift. Das bekräftigt er noch in seiner als vierte, diesmal bei Nickel Schmidt in Leipzig erschienenen Schrift „Ein sonderlich nützlicher Traktat von der einzigen wahrhaftigen allgemeinen apostolischen heiligen christlichen Kirche". 14 Die dritte Sylviusschrift brachte die Emserpresse am 11. August 1525 heraus. Sie stammte nicht aus dem Konvolut der früher geschriebenen 25 Schriften, sondern war als „Missive an die christliche Versammlung und sonderlich an die Obrigkeit deutscher Nation, zu weigern den Untergang ihrer Herrschaft und die jämmerliche Verderbnis der Christenheit" (Nr. 7) dazu bestimmt, seine bisherigen 25 Schriften gegen Luther vorzustellen und um Unterstützung für deren Druck zu werben. Die drei Grundübel von Luthers Lehre sieht Sylvius 1. in der Rechtfertigungslehre vom allein seligmachenden Glauben, 2. im lutherischen Schriftprinzip, wonach allein dem Wort der Heiligen Schrift zu glauben sei, und 3. in der Verachtung der römischen Kirche und der Verwerfung aller weltlichen Gesetze und Gebote. Alle drei Übel bündeln sich in dem Hauptübel, der Ablehnung des Papstes als oberstem Hirten und Fels der christlichen Kirche. Die Folgen 13 Petrus Sylvius, Eyne verklerunge II des eynigen waren Apostolischen Christlillchen gloubens vnd lere zu erkennen vnd tzu II uermeyde allen vertumlichen irthum/ tzwylltracht/ kettzerey/ vnd vngloben der werlt/ II [...], Dresden: Emserpresse 1525 (VD 16 Ρ 1303; Köhler 4366). 14 Petrus Sylvius, Ein sunderlich nutzlllicher Tractat vö der eynigen warhafftigen: gemeyne Apollstolischer heyligen Christlichen Kirche/ vnd von yhrer zucht II lere/ warheyt/ ordenungen/ krafft/ glaubwirdigkeyt/ vnd II heyligkeyt/ so yhr durch Got Christum vnnd den heyligen II geyst/ sunderlich vnd eyniglich ist tzu geeygent Eym yden II tzu bewaren seyne seele/ vn vornemlich der Cristlicher Obirgllkeyt tzu erkennen vnd tzu entwenden/ allen vertumlichen II yrthum/ vnd anligend ferligkeyt vnnd tzu erhalten II das Christliche Testament vnd gerechtigkeyt/ II [...], [Leipzig: Nickel Schmidt] 1525 (VD 16 Ρ 1301; Köhler 4274).

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liegen für Sylvius auf der Hand: Ungehorsam und Aufruhr des Volkes, und zwar nicht nur gegen die kirchliche, sondern zwangsläufig auch gegen die weltliche Obrigkeit. Durch den Bauernkrieg sieht er sich darin voll bestätigt. Das ist auch der Grundtenor der altgläubigen Äußerungen zum Hauptereignis des Jahres 1525, zur gemeinhin als Bauernkrieg bezeichneten Erhebung von großen Teilen des Volkes in Stadt und Land gegen die alte Ordnung. Wie Luther in seiner „Ermahnung zum Frieden" (Laube/Seiffert, Nr. Π 5) wendet sich auch Johannes Tuberinus (eigentl. Beuschel; „kaiserlicher Majestät Kaplan"; ebd. Π 8)15 direkt an die Aufständischen und kommentiert im einzelnen die Zwölf Artikel der Bauernschaft. Für ihn ist die alte Ordnung — mit vielen Bibelstellen belegt — schriftgemäß. Die Auflehnung gegen sie im allgemeinen und die Forderungen der Aufständischen im besonderen sind hingegen unchristlich und durch keine Schriftsteile gedeckt. Sie sind allein Ausfluß der lutherischen Verfälschung des christlichen Glaubens, der Zerstörung der Grundfesten der christlichen Ordnung und der Verachtung der Obrigkeit. Auch der Augustinerabt Kilian Leib sah in seiner Schrift „Vom Ende und der Frucht der Aufruhre und Empörungen des Pöbels und gemeinen Volks wider die Obrigkeit" (Nr. 6) im Bauernkrieg eine Frucht von Luthers Lehre und Wirken. Sein Anliegen ist die Warnung der Aufständischen: Alle Aufruhre und Empörungen gegen die Obrigkeit sind in der Geschichte immer im Blut erstickt worden. Die blutige Niederschlagung auch des Bauernkrieges nutzten die altgläubigen Gegner zur Abrechnung mit Luther. Hieronymus Emser, der schon frühzeitig vor aufrührerischen Konsequenzen aus Luthers Lehren gewarnt hatte, gibt Luther nun in seinem Reimgedicht „Der Bock tritt frei auf diesen Plan" (Nr. 5) die volle Schuld am Aufruhr. Die Hinrichtung Thomas Müntzers wird mit der Hoffnung verbunden, daß nunmehr auch Luther, Zwingli, Strauß und Karlstadt den gleichen Lohn empfangen mögen. Luther hatte sich schon vor der Niederschlagung des Bauernkrieges gegen den Aufruhrvorwurf gewehrt, u.a. in seiner im April 1525 erschienenen Schrift „Vom Greuel der Stillmesse"16. Diese nahm Emser nun zum Anlaß, um nachzuweisen, „Wie Luther in seinen Büchern zum Aufruhr getrieben hat" (Laube/Seiffert, Nr. IV 1). In fünf „Beweisungen" stellt er zahlreiche Zitate aus Lutherschriften zusammen, die belegen sollen, daß Luther die geistliche und weltliche Ständeordnung zerstört, die Untertanen zur Verachtung der Obrigkeit gereizt, den geistlichen Stand und die weltlichen Obrigkeiten geschmäht und auch direkt zum Aufruhr gehetzt habe. Unter dem unmittelbaren Erlebnis des Thüringer Aufstandes Anfang Mai 1525 und der Erkenntnis von der Unwirksamkeit seiner „Ermahnung 15 Diese und einige der folgenden Schriften zur Bauemkriegsproblematik gehören in den Zusammenhang der altgläubigen Kontroversliteratur des Jahres 1525, wurden aber bereits in einem früheren Band unserer Ausgabe ediert. Sie sind im folgenden mit heranzuziehen. 16 WA 17, S. 8ff.

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zum Frieden" war Luther noch einen Schritt weiter gegangen. Nun wehrte er sich nicht mehr nur gegen den Aufruhrvorwurf, sondern forderte in dem Pamphlet „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" (Laube/Seiffert, Nr. ΠΙ 6) die blutige Niederschlagung der Aufständischen. Seine Härte rief auch bei vielen seiner Anhänger Bestürzung und Verständnislosigkeit hervor. Luther sah sich in eine Verteidigungsposition gedrängt und reagierte mit dem rechtfertigenden „Sendbrief vom harten Büchlein wider die Bauern" (ebd. Nr. IV 3). Das provozierte Johannes Cochläus (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 16, 26—28) zu seiner „Antwort auf Luthers Schrift ,Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern'. Ein kurzer Begriff vom Aufruhr der Bauern" (Laube/Seiffert, Nr. IV 2). Anliegen der kommentierten Zitatensammlung aus Lutherschriften ist die Aufdeckung von Widersprüchen zwischen Luthers Bauernkriegsschriften und seinen früheren Äußerungen einerseits sowie innerhalb der drei Bauernkriegsschriften andererseits. Luther erscheint als der eigentliche Verursacher und Inspirator des Bauernkrieges und als der Schuldige an dessen Opfern, die in der altgläubigen Polemik gemeinhin mit über 100000 Toten beziffert werden. Müntzer wird allenfalls eine auf Thüringen beschränkte Nebenrolle als Ausgeburt Luthers zugebilligt. Ein von Johannes Eck (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 5) entlehnter Bericht vermittelt Einzelheiten über den Verlauf des Bauernkrieges. Das gleiche Anliegen wie Cochläus verfolgt auch der Mainzer Franziskanerguardian Johannes Findling (Fundling) in seiner „Anzeigung zweier falscher Zungen Luthers" (Laube/Seiffert, Nr. IV 5). Er konzentriert sich auf Zitate aus den drei Bauernkriegsschriften Luthers, stellt ihnen frühere Äußerungen des Reformators gegenüber und bezichtigt Luther der bewußten Doppelzüngigkeit: mit der einen Zunge habe er das Volk zum Aufstand gereizt, mit der anderen habe er es verdammt. In diesem Sinne blieb auch in der Folgezeit der Bauernkrieg eine doppelte Last auf dem Schuldkonto Luthers. Ohne genaueres Datum und ohne eigene Vorrede veröffentlichte Hieronymus Emser 1525 eine Abhandlung John Fishers, des Bischofs von Rochester, „Was die christlichen Alten von der Beicht haben gehalten". 17 Gegen Luthers ketzerische Ablehnung der Ohrenbeichte wird eine breite Zusammenstellung von Aussagen der Kirchenväter gegeben, die nachweisen soll, daß die heimliche Ohrenbeichte notwendig und nützlich sei, auch wenn sie in der Bibel nicht beschrieben ist. Letztlich sei nicht der Schrift allein, sondern immer der Kirche zu folgen. Der bereits erwähnte Johannes Tuberinus (Beuschel) brachte 1525 vier seiner Predigten zum Druck, in denen er sich mit dem Problem des Ketzertums auseinandersetzt.18 Luther sei der Meister aller Ketzer in der 17 John Fisher, Was die II Christeli=lllichen [!] Alte/ von der beycht II haben gehalten. II [...], Dresden: [Emserpresse] 1525 (VD 16 F 1225; Köhler 1169). 18 Johannes Tuberinus (Beuschel), Vier predig Tuberini II Keiserlicher Maiestat capellon II cum priuilegio zu beke=llrung der Lutissen. II [Speyer: Johann Eckhart 1525] (VD 16 Β 2380).

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Nachfolge von Wiclif und Hus, der nur darauf abziele, das Volk aufrührig zu machen. Eigenschaften der Ketzer seien Ungehorsam gegenüber den alten Lehrern, Abweichung vom christlichen Gehorsam und von der Kirche, Überheblichkeit gegenüber deren Lehren und Geboten sowie teuflische Falschheit und Betrug. Im Juni 1525 hatte Luther geheiratet. Bereits 1523 hatte er in einem Kommentar zu 1. Kor. 7 den Ehestand der Geistlichen gegen das Zölibat verteidigt; 1525 war davon eine lateinische Übersetzung Lonicers erschienen.19 Der Leipziger Theologieprofessor und Prediger Hieronymus Dungersheim (vgl. Laube/Weiß 1, S. 40) sah darin einen Versuch, Luthers sakrilegische Ehe zu beschönigen, und schrieb wohl noch 1525 eine umfangreiche „Erzeigung der Falschheit des unchristlichen lutherischen Comments über das siebente Kapitel der ersten Epistel zu den Korinthern", die allerdings nur in einer Sammelschrift von 1530 gedruckt vorliegt.20 Wahrscheinlich im Herbst 1525 verfaßte der altgläubige Theologe, Doktor beider Rechte und Humanist Johann Fabri aus Leutkirch im Allgäu (vgl. Laube/Schneider/Weiß, Bd. 2, Nr. V 7) mit seinem umfangreichen „Summarium" (Nr. 8) eine Art Glaubensbekenntnis, das allerdings erst im August 1526 veröffentlicht wurde. Fabri hatte 1522 in einem lateinischen Buch, das 1523 und 1524 in überarbeiteten Fassungen neu herausgekommen war, Luther anhand der Kirchenväter und der gelehrten Tradition der Kirche zu widerlegen versucht, hatte damit aber nur beißenden Hohn der Wittenberger hervorgerufen. Dem Vorwurf, er unterdrücke das Evangelium, begegnet er im „Summarium" mit einer ebenso exzessiven Verwendung der Bibel, insbesondere des Neuen Testaments, als Waffe gegen Luther, wie er es zuvor mit den Kirchenvätern getan hatte. In 40 Kapiteln legt er alle Grundfragen des Glaubens dar, versucht Luther der falschen Auslegung, ja der bewußten Fälschung der Schrift zu überführen und die Rechtmäßigkeit der römisch-kirchlichen Auslegung zu erweisen, verbunden mit Anklagen gegen das sozialethische Verhalten Luthers und der Lutherischen. Auch Fabri macht Luther für den Bauernkrieg und dessen Opfer verantwortlich, klagt ihn der Untreue gegenüber seinen eigenen Anhängern und dem an ihn glaubenden Volk an und sieht in der sich abzeichnenden Spaltung des lutherischen Lagers ein Indiz für die Subjektivität und Falschheit der lutherischen Lehren. Fabris Polemik ist nicht vordergründig, sondern bekenntnishaft und Ausdruck innerer Betroffenheit. Die Niederschlagung des Bauernkrieges nahm der Magdeburger Dominikanerprior Johannes Mensing zum Anlaß für eine Verteidigung der 19 WA 12, S. 88ff. 20 Hieronymus Dungersheim, Erzeigung der falscheit des vnchristlllichen Lutherischen coments vber II das sibende Capitel d' ersten Epistel II zu de Chorinthern/ so weyt es bedrifft die geist=llliche. [...], überliefert nur in einem Sammeldruck: Etliche buchlin D. Hieronimi Düllgerßheym von Ochsenfarth wider den Luther II der titel balde hernoch folgen. II Leipzig: Valentin Schumann 1530/1531 (VD 16 D 2952; Köhler 777).

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alten Messe gegen Luthers „De abroganda missa privata" 21 . Seine erste durch den Druck bekannt gewordene Schrift „Von dem Testament Christi" (Nr. 10) widmete er Anfang 1526 dem sächsischen Adel und allen Christgläubigen deutscher Nation, die sich nicht durch Luther in Spaltung und Verderbnis locken ließen. Es tröstet ihn, daß gerade in Sachsen, der Wiege des schädlichsten Verderbers der Christenheit, ein großer Teil der Herren, aber auch des Volkes, dem alten Glauben treu geblieben ist. Deshalb sei der mörderische Aufruhr in Sachsen auch nicht so schlimm gewesen wie in anderen Teilen des Reiches. Schuld am Aufruhr sei Luther, der dem Volk ein neues Evangelium ums Maul geschmiert habe, das dieses zu heidnischem Leben, Ungehorsam und Unglauben verführe. Eine wesentliche Rolle spiele dabei Luthers Zerstörung der Sakramente, insbesondere des Altarsakraments. Ausführlich beschäftigt sich Mensing mit Luthers Testamentsbegriff und sieht im Altarsakrament keine Verheißung im Sinne Luthers, sondern ein Opfer. Darüber handelt er in seinem nächsten Buch, das im April 1526 erschien und im Juli einen Nachdruck erfuhr.22 Den Opfercharakter der Messe sieht er vor allem im Alten Testament begründet, während Luther für seine Auffassung keinerlei Grund in der Schrift habe. Neben Luthers „De abroganda missa" bezog er auch dessen „Wider die himmlischen Propheten" 23 in die Auseinandersetzung ein, um auf die ernsten Widersprüche im Lager der Reformation und auf Widersprüche Luthers selbst hinzuweisen. Insbesondere griff er die Magdeburger Lutheraner Eberhard Weidensee und Johannes Fritzhans an, die zuvor ihrerseits Mensing und andere Magdeburger Altgläubige der Lästerung von Gottes Wort bezichtigt hatten. Auch auf Mensings Messeschriften reagierten sie sofort polemisch, worauf Mensing noch 1526 mit der „Replica auf das wütige Schandbüchlein Eberhard Weidensees und Hans Fritzhans' die Messe belangend" (Nr. 17) antwortete. Er sieht in den Kontrahenten apostatische Apostel Luthers, die den Gläubigen das Gedächtnis Christi aus den Herzen reißen und durch das Bild Luthers und seiner ausgelaufenen Nonne ersetzen wollen. Neben einer ganzen Palette von Anklagen steht auch hier im Mittelpunkt die Auseinandersetzung um den Charakter der Messe. Dem gleichen Thema widmete Johannes Dietenberger seine bereits im September 1524 geschriebene, aber erst 1526 gedruckte Schrift „Wider das unchristliche Buch Martin Luthers vom Mißbrauch der Messe". 24 Er be-

21 WA 8, S. 398ff. 22 Johannes Mensing, Von dem Opffer II Christi in der Messe: Al=lllen Christglaubigen/ Teut=llscher Nation not tzuwissen II Denen zu Magdeburgk in II sonderheyt/ tzu gut geschrieben vnd außgangen. Be=llweret mit Gotlicher schriffllte. [...], [Leipzig: Nickel Schmidt] 19. April 1526 (VD 16 Μ 4659; Köhler 3349); Nachdruck ebd. 23. Juli 1526 (VD 16 Μ 4660; Köhler 3350). 23 WA 18, S. 37ff. 24 Johannes Dietenberger, Wider das vnchrillstlich buch Mart. Luth. von II dem mißbrauch der II Mess. II, [Tübingen: Ulrich Morhart] 1526 (VD 16 D 1506; Köhler 744).

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handelt breit Kraft, Nutzen und Opfercharakter der Messe, bezieht aber auch viele weitere strittige Punkte wie Amt und Weihe der Priester, Gelübde, Rechtmäßigkeit der Kirchenordnungen, Gewalt des Papstes, Verdienstlichkeit guter Werke u.a. ein. Insgesamt listet er 104 Irrtümer bzw. Lügen Luthers auf. Am 3. März 1526 wurde in Köln der Karlstadtanhänger und Inspirator der 46 Frankfurter Artikel (vgl. Laube/Seiffert, Nr. I 7) Gerhard Westerburg wegen einer Schrift über das Fegfeuer vom päpstlichen Ketzermeister verhört und am 9. März wegen Leugnung des Fegfeuers als Ketzer verurteilt. Aus Furcht, die Schrift könne trotzdem unter dem Volk Verwirrung stiften und auch in den Landen des Herzogs von Geldern Verbreitung finden, wandte sich Johannes Cochläus noch im März mit einer eigenen Schrift „Von christgläubigen Seelen im Fegfeuer" 25 an den Herzog mit der Aufforderung, Westerburgs Schrift zu verbieten. Unter Bezugnahme auch auf die einschlägigen Äußerungen der beiden Nürnberger Pröpste, die er durch Emser und Dietenberger für ausreichend widerlegt sieht, setzt er sich vor allem mit Westerburg auseinander, seinem früheren Mitschüler in Bonn. Der auch von Cochläus immer wieder vertretene Grundsatz, daß alle Gebote und Lehren der Kirche gültig und zu befolgen sind, selbst wenn sie nicht in der Bibel stehen, würde auch für das Fegfeuer gelten, gäbe es nicht zahlreiche Stellen sowohl im Alten wie im Neuen Testament, auf die sich die Kirche stützen könne. Fünf weitere seiner 25 Schriften brachte Petrus Sylvius 1526 in Leipzig heraus. Gleich zu Neujahr erschienen „Von der Einigkeit der lutherischen und der luziferischen Kirche" 26 sowie der „Erschreckliche Gesang der luziferischen und der lutherischen Kirche" (Nr. 9). Seine Ausgangsthesen sind: Die römische Kirche ist die einzig wahre und von Gott anerkannte Kirche. Die lutherische ist ebenfalls eine Kirche, doch sie stammt vom Teufel. Die römische Kirche hat in 1500 Jahren rund 300 Ketzereien überlebt; das Luthertum ist aber nicht eine Ketzerei wie andere, sondern eine von Luzifer inspirierte Gegenkirche. Dem Beleg für die letztere Aussage dient die erste Schrift. In 21 Punkten werden Parallelen zwischen Anliegen und Tun Luzifers und Luthers aufgezeigt. Der Gesang bezieht sich darauf und soll einem von der lutherischen Jugend gesungenen Spottlied auf die alte Kirche mit gleicher Münze heimzahlen. Abschließend wird in einer kurzen Neujahrspredigt den Zuhörern die Ordnung und Hierarchie

25 Johannes Cochläus, Vö Christglaubige II Seelen im fegfewr/ wie yhn hilff vnnd II trost vonn lebendigen in Christlicher II kirchen geschehen soll. II [ . . . ] , Köln: [Hero Fuchs] 27. März 1526 (VD 16 C 4415; Köhler 583); ein Nachdruck erschien noch 1526 bei Peter Quentel in Köln (VD 16 C 4414; Köhler 584). 26 Petrus Sylvius, Von der eynigkeit II der Luttrischen vnd Lutziferischen kirche vnd/ II von yhrer gleychformiger arth vnd eygenschafft II ßo sie allenthalben eintrechtiglich mit eynander tragen II Tractat genant der Luttrischer Spigell Durch bellwerte heylige schlifft erklert/ vnd ergrundet II vnd tzu getrawer wamunge der Christen=llheit auß ermanungen Gottis ynnig=lllichen beschriben. II [ . . . ] , [Leipzig: Nickel Schmidt] 1526 (VD 16 Ρ 1309; Köhler 4379). 3

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der römischen Kirche eingeschärft, verbunden mit einem absoluten Gehorsamsgebot als Gegenmittel gegen Luthers zum Ungehorsam anstachelnde Freiheitslehren. Daran anschließend handelt Sylvius in seiner folgenden Schrift „Von Glauben, Lehre und geistlicher Übung der lutherischen Kirche". 27 Hier konzentriert er sich auf Widersprüche in Luthers Lehren, insbesondere zum Verhältnis von Glauben und Werken. Luthers Rechtfertigungslehre wird als nicht schriftgemäß abgelehnt; sie diene vor allem der Verführung der Bauern und des ungelehrten Volkes zu unzüchtigem Leben und zu Ungehorsam gegenüber der Obrigkeit. Dem „Schutz des heiligen Evangeliums" gegen Luthers Verfälschungen widmet er den nächsten Traktat, von dem zwei Druckvarianten vorliegen und der 1529 in überarbeiteter Fassung noch einmal gedruckt wurde.28 Schließlich erschien 1526 noch Sylvius' „Unterrichtung, in welcher Gestalt die Laien den Leichnam (Leib) Christi empfangen sollen". 29 Sie sieht in der Zulassung des Laienkelchs eine falsche Auslegung des Evangeliums und einen schlimmen Brach der kirchlichen Ordnung. Der Empfang des Altarsakraments in beiderlei Gestalt sei nirgends geboten und galt nur für die 12 Apostel zur Einsetzung des priesterlichen Amtes. Zwar habe ihn die frühe Kirche unterschiedlich gehandhabt, doch da diese später eine Ordnung über den Empfang des Sakraments in einer Gestalt erlassen habe, sei ihr zu glauben und zu gehorchen. Der Empfang des Altarsakraments sei eine so wichtige gemeinschaftsbildende Vereinigung der wahren Glieder der Kirche mit Christus, daß Änderungen keinesfalls hingenommen werden könnten. Folgerichtig handelt deshalb der letzte Artikel vom geistlichen Bann, dem Ausschluß aus der Gemeinschaft der Christgläubigen als Mittel zur Bekämpfung von Ungehorsam und zur Aufrechterhaltung der wahren christlichen Ordnung. Vier umfangreiche Schriften steuerte 1526 wiederum Kaspar Schatzgeyer bei. Den Brief eines Nürnberger Bürgers, der sich auf die oben angeführte Polemik Schatzgeyers gegen Oslander bezieht und selbst trotz angeblicher Neutralität lutherische Positionen über die Rechtfertigung, das 27 Petrus Sylvius, Vom glaube Lere vnd II geistlicher vbunge der Luttrischen Kyrche/ Mit II vnterrichtunge vnd erklerung des ewigen worts gottes II vnd seyner ewigen warheyt vnd gerechtigkeit Eym II yden tzur seligkeyt nothafftig tzu wissen. II [...], [Leipzig: Nickel Schmidt] 1526 (VD 16 Ρ 1305; Köhler 4377). 28 Petrus Sylvius, Schutz des heilige II Euangelions vnd des ewigen worts Gottis II Eym yden ßo do bey will stehen vnd die Euange=lllische Christliche warheyt erkennen vnd erhal=llten nützlich vnd gantz nothafftigk tzu II wissen. II [...], [Leipzig: Nickel Schmidt] 1526 (VD 16 Ρ 1299; Köhler 4372f.); die Ausgabe von 1529: VD 16 Ρ 1300; Köhler 4375. 29 Petrus Sylvius, Ein warhaftige grüt=llliche vnterrichtüg in wilcher gestalt II die Ieyen de leichnä Christi können II vfi solle vor got nutzlich vn seliglich II entfahe. Vn was mä christlich sal II halte von d' deutzsche messe vn was II vö d' lateynische Vn wy sy ein testallmet vn ein sacrifitiü wirt genät Ite II vö d' bindüg vn entbindüg d' sunde. II [...], Leipzig: Valentin Schumann 1526 (VD 16 Ρ 1311; Köhler 4380).

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Altarsakrament und andere Streitfragen vertritt, beantwortete er mit einer „Gütlichen und freundlichen Unterrichtung". 30 Er betont die Notwendigkeit einer verbindlichen Auslegung der Schrift durch die alten Kirchenlehrer und die Kirche und lehnt jede subjektive Auslegung durch die neuen ketzerischen Lehrer und erst recht durch die gemeinen Laien ab. Gehorsam gegenüber der Kirche ist die wahre Freiheit; die Freiheitspredigt Luthers führte zum Aufruhr. In 24 Punkten stellt Schatzgeyer Grundauffassungen der römischen Kirche zur Gültigkeit der kirchlichen Satzungen, zu Messe und Altarsakrament, zu den Klostergelübden, zum Verhältnis von Glauben und Werken, über das Verhältnis von Schrift und kirchlicher Tradition, zur Problematik von Bibelübersetzungen und andere zusammen, die der Laie beherzigen soll, um sich gegen die falschen Lehren zu wappnen. Die Fürsten von Bayern handeln richtig, wenn sie die irrigen Lehren verbieten und verfolgen. In einer „Wahrhaftigen Erklärung, wie sich Satanas erzeigt," 31 stellt Schatzgeyer zu den Themen Evangelium, Kirche, Papsttum und Konzilien zahlreiche Fragen zusammen, die er jeweils mit den Wahrheiten der Kirche und den Irrtümern des Satans beantwortet. Die Schrift ist relativ unpolemisch, doch sind in den Irrtümern des Satans immer die reformatorischen Auffassungen wiedergegeben. Der gleichen Methode bedient er sich in einer Fortsetzung „Fünf Titel von den drei gottförmigen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe". 3 2 Die Titel beziehen sich auf die Gerechtigkeit des Glaubens, die Gerechtigkeit der Werke, die Hoffnung und Zuversicht zu Gott, das Liebesgebot und die Verdienstlichkeit der Werke. Schließlich nimmt Schatzgeyer in der „Verwerfung eines irrigen Artikels, daß die Seele Christi nach Abscheiden vom Leib in Absteigung zur Hölle höllische Pein gelitten hat" 3 3 zu der entsprechenden Auffassung ei30 Ediert in CCath 37. 31 Kaspar Schatzgeyer, Ainn warhafftige II Erklerüg wie sich Sathanas II Inn disen hernach geschriben vieren II materyenn vergwentet vnnd er=llzaygt vnnder der gestalt eynes II Enngels des Liechts. II Von dem Euanngelio. II Von der Christlichen Kirchen. II Von Sanct Peters Fürstenthumb. II Von gemeyn Concilien. II [...], [Augsburg: Heinrich Steiner] 1526 (VD 16 S 2323; Köhler 4066). 32 Kaspar Schatzgeyer, Fünff Thittel von den drey=llen Gotsförmigen tugende/ Glaub/ II Hoffnung/ vnd Lyeb/ Verteütscht vß II dem büchlyn vonn Entdeckunng II deß Sathans d' sich in Christlllicher leer ertzaigt inn ge=llstalt eins güten Enllgels/ wie er soll II erkent werllden &c. II Der erst Thittel von der gerechtigkait des Glaubens. II Der ander von gerechtigkait vnserer werck. II Der drytt von der Hoffnung vnd züuersicht ζύ Gott. II Der vyerdt vonn der Lieb. II Der funfft vonn verdyenstlichen werckenn. II [ . . . ] , [Augsburg: Heinrich Steiner] 1526 (VD 16 S 2324; Köhler 4052). 33 Kaspar Schatzgeyer, Verwerffung eines irllrigen artickels das die seel Christi II nach abschaidt vom leib in abstei=llgung zu den hellen hab darinn II geliden hellische pein. II Mit erklerung der warheyt warumb Christus zü II der hellenn gestigenn sey. II [...], Landshut: Johann Weißenburger 1526 (VD 16 S 2343; Köhler 4057). 3'

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nes sächsischen Pfarrers Stellung, der in einer gedruckten Predigt das Erlösungswerk Christi dessen Höllenpein zugeschrieben hatte. Höllenpein sei eine Folge von Übertretungen. Christus habe aber durch sein Blutvergießen und Sterben am Kreuz alle Übertretungen getilgt und sei dadurch auch der Höllenpein entgangen. Die Gefangensetzung und Maßregelung des Pfarrers sei dessen luziferischem Hochmut zuzuschreiben. Ein wesentliches Ereignis des Jahres 1526 war die Disputation von Baden im Aargau. Bereits im Zusammenhang mit dem Regensburger Konvent der altgläubigen Stände von 1524 (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 32f.) war der Gedanke an eine Disputation der altgläubigen 12 Orte der Eidgenossenschaft mit den Schweizer Reformatoren aufgekommen. Bei den Vorbereitungen spielte Johann Fabri eine wesentliche Rolle, der den maßgeblichen Züricher Reformator Huldrych Zwingli nicht nur persönlich kannte, sondern auch im Auftrag des Konstanzer Bischofs an der ersten Züricher Disputation vom Januar 1523 teilgenommen hatte. Er hatte sich damals in Unkenntnis der beabsichtigten Disputation von Zwingli überrumpelt gefühlt, als dieser ihm seine noch druckfrischen Disputationsthesen so kurzfristig übergeben ließ, daß nicht einmal Zeit zum Studium geblieben war. Nun erbot sich Fabri im Februar 1526 gegenüber der Tagsatzung der 12 Orte der Eidgenossenschaft, sechs Artikel gegen Zwingli verteidigen zu wollen. Am 16. April sandte er einen in sarkastisch-giftigem Ton gehaltenen Sendbrief an Zwingli, in dem er diesem die sechs Artikel als Disputationsangebot für die auf den 16. Mai angesetzte Disputation unterbreitete (Nr. 11): 1. Viele Schriften des Zürichers seien in sich widersprüchlich; 2. viele Schriften seiner Anhänger widersprächen seinen Lehren und seien auch untereinander uneins; 3. Zwingli habe die Lehren alter verurteilter Ketzer so verschärft, daß diese ihn ihrerseits heute als Ketzer ansehen würden; 4. die in über 1000 Jahren bewährten Lehren der römischen Kirche seien grundsätzlich richtig; 5. Zwingli wisse nichts über die Kirche und das Apostolische Glaubensbekenntnis; 6. Zwingiis Lehren würden durch das Alte und Neue Testament widerlegt. Fabri erbot sich dafür zu sorgen, daß die reformatorischen Neuerungen in Zürich wieder abgeschafft würden. Noch bevor Zwingli von dem Sendbrief Fabris Kenntnis erhalten hatte, sandte er am 21. April eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Disputation an die Eidgenossen, verbunden mit einer Entschuldigung, aus Sicherheitsgründen nicht teilnehmen zu können, falls der Disputationsort nicht nach Zürich, Bern oder St. Gallen verlegt würde. Fabri antwortete sofort mit einer „freundlichen Schrift", daß Zwingli „auf die angesetzte Disputation ohne genügsame Ursache nicht kommen will" (Nr. 12). Er sieht in der Absage eine schändliche Flucht des Zürichers, der sich wie Goliath und Samson gebrüstet habe und nun vor zwei kleinen Pygmäen wie Eck und Fabri kneife. Satz für Satz nimmt Fabri Zwingiis Entschuldigung auseinander und wertet sie als Feigheit. Auch Thomas Mumer (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 6f.), seit Ende 1525 in Luzern lebend, wandte sich am 1. Mai in einem Brief an die Eidgenossenschaft „wider die lästerliche Flucht und das verzweifelte Abschreiben Ulrich

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Zwingiis". 34 Er verweist auf Züricher Publikationen, in denen altgläubige Doktoren an Leib und Leben bedroht werden, nachdem sie bereits ihrer Güter beraubt wurden, und wertet umsomehr die Sicherheitsbedenken Zwingiis als schmähliche Flucht und Schändung der Eidgenossen, deren Geleitszusicherung mißtraut werde. Die von Zwingli gestellten sieben Vorbedingungen für das Stattfinden einer Disputation werden mit wenigen Ausnahmen abgelehnt; die Disputation soll auch ohne Zwingli in Baden durchgeführt werden. Fabri und Murner wurden im folgenden nach Johannes Eck auch die Hauptmatadoren der Badener Disputation. Nach der Ablehnung Zwingiis, über die von Fabri aufgestellten sechs Artikel zu disputieren und an der Badener Disputation teilzunehmen, arbeitete Fabri in einem umfangreichen Buch eine „Christiiche Beweisung über sechs Artikel des unchristlichen Ulrich Zwingli" (Nr. 13) aus, deren handschriftliche Fassung er in Baden überreichte und im September auch im Druck vorlegte. In der Vorrede erhob er zunächst schwerste Vorwürfe gegen Luther, der die Kirche gespalten und die deutsche Nation ins Unglück gestürzt, die Bauern gegen ihre Herren gehetzt und später — als ihre Niederlage abzusehen war — Ablaß für jeden erteilt habe, der einen Bauern töte. Luther habe indessen mit seiner ausgelaufenen Nonne Hochzeit gefeiert. Zwingli wird — als ein Geselle Luthers — mit dessen Schuld mitbeladen und im Hinblick auf den Sakramentenstreit, die Züricher Neuerungen sowie als Urheber täuferischer und gleichmacherischer Sekten noch über Luther erhoben. Der eigentliche Text bringt eine breite Darlegung der sechs Artikel und ging zum Teil mit in die 1528 von Murner herausgegebene lateinische Ausgabe der Disputationsakten ein. Fabri verfaßte am 29. Juni 1526 auch eine „Neue Zeitung und heimliche Offenbarung etlicher Sachen, so sich auf dem Tag zu Baden im Aargau zugetragen haben" und brachte sie im Druck heraus. 35 In einem Schreiben an Bürgermeister und Rat von Freiburg/Br. verweist er auf die Blutschuld Luthers an den über 100 000 Erschlagenen des Bauernkrieges und auf dessen Bestreben, durch Emissäre seine teuflischen Lügen im ganzen Reich zu verbreiten. Als Beispiel schildert er, daß noch während der Badener Disputation in einem Wirtshaus ein Bote festgesetzt wurde, der durch Lästerung der Jungfrau Maria aufgefallen war. Dem Landvogt von Baden überstellt, wurden bei ihm lutherische Schmähschriften und lateini34 Thomas Mumer, Ein brieff den Strengen eren II not feste Fursuhtigen Ersamen II wysen der xij 6rter einer löbliche eydtgnoschaffit gesäd=llten botten. [ . . . ] wider die lesterlllich flucht/ vnd dz verzwifflet abschreibe Virich Zwinllglins/ worum er vff der disputation zu Baden von den II xij orteren ersetzet nit wil erschinen/ so er doch frey ge=llleit hat dar vnd dannen zu reiten II [...], [Luzem: Murnerpresse 1526] (VD 16 Μ 7027; Köhler 3397). 35 Johann Fabri, Neüwe zeitung vn II heimliche wüderbarliche offenba=llrung etlicher sachen vnd handlungen/ so sich vff dem II tag der zu Baden in Ergow vor den Sandtbot=llten der Zwolff örter der loblichen Eydgnos=llschafft/ vff den Sechßundtzweintzigste tag II des Brachmonats. Im jar Tausent II Fünffhundert vnd XXVI. gehalten II worde/ zugetrage vn begebe hat. II [...], [Freiburg Br.: Johann Wörlin 1526 (VD 16 F 216; Köhler 1111); ein weiterer Druck erschien [Würzburg: Balthasar Müller] 1526 (VD 16 F 215; Köhler 1112).

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sehe Briefe Wolfgang Capitos aus Straßburg und anderer Reformatoren gefunden. Auf Beschluß der Ratssendeboten der Eidgenossenschaft wurden die Briefe geöffnet und übersetzt. Fabri druckt sie im folgenden ab. Die Freiburger mögen daraus ersehen, welche Schlange sie in Gestalt Capitos einmal unter sich gehabt hatten. Auf der Badener Disputation war Murner mit 40 Ehrloserklärungen Zwingiis und mit Thesen gegen dessen Abendmahlsauffassung hervorgetreten. Sie brachte er unmittelbar nach der Disputation in eine deutsche Druckfassung, ergänzt durch Auseinandersetzungen mit einer gegen die Badener Disputanten gerichteten Schrift Zwingiis und mit Vorwürfen des Züricher Rates wegen seines Briefes an die Eidgenossenschaft. Das ganze druckte er als „Ein wahrhaftiges Verantworten der hochgelehrten Doctores, die zu Baden auf der Disputation gewesen sind" (Nr. 14), zunächst wahrscheinlich im Juli 1526 in seiner eigenen Druckerei in Luzern, danach auch bei Johannes Weißenburger in Landshut. Zwingli hält er 28 Punkte vor, in denen dieser falsche oder verleumderische Angaben über die Disputation, das ihm zugesagte Geleit und über die Badener Disputanten gemacht habe, und versucht sie mit scharfer Polemik zu widerlegen. Dem Züricher Rat antwortet er, daß er nie gegen Zürich, sondern nur gegen Zwingli geschrieben habe, erhebt aber gleichwohl Vorwürfe gegen reformatorische Maßnahmen des Züricher Rates. Zwingli hält er in 40 Punkten Ehrlosigkeit vor, wobei auch Luther manchen Hieb abbekommt. Auch die 40 Ehrloserklärungen wurden 1528 in die lateinische Ausgabe der Disputationsakten aufgenommen. Zuvor wurde aber bereits an einer deutschen Aktenausgabe gearbeitet. Mit ihrem Druck betraute die Eidgenossenschaft die Presse Thomas Murners in Luzern. Er brachte „Die Disputation vor den 12 Orten einer löblichen Eidgenossenschaft von wegen der Einigkeit im christlichen Glauben zu Baden im Aargau" (Nr. 20) allerdings erst im Mai 1527 heraus. Zur selben Zeit — unter dem Datum des 17. Mai 1527 — sah sich Murner als Nachspiel der Disputation zu einem Entschuldigungsbrief an die Obrigkeiten und Untertanen der Herrschaft Luzern gedrängt.36 Er hatte nach der Badener Disputation einen Lutherischen Kirchendieb- und Ketzerkalender herausgegeben, der vor allem in der Landbevölkerung so verstanden worden war, als wolle er einen Krieg gegen die Andersgläubigen provozieren. Murner bezieht sich nochmals auf das Anliegen der Badener Disputation, die im Auftrag der Obrigkeiten der 12 Örter der Eidgenossenschaft stattgefunden habe und bei der es ausschließlich darum gegangen sei, die von Zwingli Verführten auf die rechte Bahn zurückzuholen. Auch die Zwinglischen hätten anonyme Schriften und Kalender gemacht, um die Badener Disputation zu verleumden und das Volk gegen Murner aufzuhetzen. Sein Kalender habe hingegen nur dazu dienen sollen, Einigkeit im Glauben und Frieden herzustellen. 36 Thomas Murner, An die Fürsuchtigen ersame vuyllsenn vnd frommen standthafftigen II christen des alten woren vnd vngezwiffleten glaubens II der gemeinen Christenheit alle vnderthon vnd verwandten der lobliche herschafft von Lutzern ein entschulgig=llung Doctor Murners II [ . . . ] , [Luzern: Murnerpresse 1527] (VD 16 Μ 7021; Köhler 3395).

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Im Umfeld der Badener Disputation dürfte auch die Schrift des Konstanzer Weihbischofs Melchior Vattlin/Fattlin erschienen sein „Wie im Anfang der heiligen Kirche die Christgläubigen das Sakrament des Altars empfangen haben" (Nr. 15). Da sie sich vor allem gegen Luthers „Babylonica" richtet, ohne die Badener Kontrahenten zu erwähnen, ist eine frühere Entstehung mögüch, doch wurde sie erst 1526 gedruckt, als der Autor im Hintergrund der Disputation agierte und auch das Urteil formulierte, das den Disputationsakten beigegeben wurde. Anliegen der Schrift ist die Rechtfertigung des Opfercharakters der Messe und der römischen Abendmahlszeremonien. Besonders aufschlußreich ist jedoch auch hier die Begründung für die Unterordnung der Heiligen Schrift unter die Autorität der römischen Kirche. Gegen Vattlins Schrift erschien noch 1526 eine .Antwort der Prediger des Evangeliums Christi zu Konstanz". 37 Auf dem Weg zur Badener Disputation waren Johannes Eck, Johann Fabri, Melchior Vattlin und eine Reihe weiterer altgläubiger Theologen auch durch Konstanz gekommen, wo reformatorische Kräfte bereits Fuß gefaßt hatten. Auf Ersuchen des Rates kam es am 13. Mai 1526 zu einer Beratung zwischen ihnen und Ratsvertretern über den Glaubenszwiespalt in der Stadt. Die Theologen boten an, nach der Badener auch in Konstanz eine Disputation zu veranstalten. Auf der Rückreise von Baden kam es darüber am 10. Juni zu einer weiteren Beratung mit Ratsvertretern. Dabei forderten die Altgläubigen, daß sich der Rat dem Ergebnis der beabsichtigten Disputation zu fügen habe. Der Rat akzeptierte zwar eine Belehrung über evtl. falsche Auslegung des Evangeliums, lehnte aber eine Entscheidungsgewalt der Theologen über die praktische Kirchenpolitik des Rates grundsätzlich ab. Im übrigen verwies er darauf, die Beschlüsse des kommenden Reichstages in Speyer abwarten zu wollen. Dessen Abschied legte die Entscheidung letztlich in die Hände der einzelnen Reichsstände. Daraufhin gab der Konstanzer Rat eine „Verantwortung" heraus38, in der er sich auf die Seite der Reformation stellte. Inzwischen hatte auch der Konstanzer Reformator Ambrosius Blarer in einer Schrift die Forderung der Altgläubigen nach dem Richteramt über die Vorgänge in Konstanz entschieden zurückgewiesen.39 Das alles bewog Johannes Eck zu seiner „Ablehnung der Verantwortung Bürgermeisters und Rats der Stadt Konstanz, sie und ihre lutherischen Prädikanten betreffend". 40 Er sprach dem Rat die Kompetenz ab, Prediger ohne Zustimmung des Bischofs zu berufen, die das lutherische und zwinglische Gift predigen und deshalb an den Opfern

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Vgl. VD 16 A 3005; Köhler 2070. Vgl. VD 16 Κ 2 0 2 5 - 2 0 2 7 ; Köhler 2 0 6 6 - 2 0 6 8 . Vgl. VD 16 Β 5683; Köhler 292. Johannes Eck, Ableinung der ver=llantwurtung Burgermeisters vnnd II Rats der Stat Costentz sy vnd II jrr Luttherisch predicanten betreffend/ durch II Doctor Ecken &c. II Acta zwischen ainem Ratt Costentz vnnd II den gelertenn &c. II Anntwort vff das ketzer büchlein bruders II Ambrosi Blaurers &c. II Ingoldstat. II, Ingolstadt: [Peter und Georg Apianus 1526] (VD 16 Ε 247; Köhler 820); ediert in CCath 14.

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des Bauernkrieges und an dem ganzen Zwiespalt mitschuldig sind. Dem Rat wird vorgeworfen zu dulden, daß in Konstanz die Schafe den Hirten die Regeln gäben, wie man weiden solle. Die beigelegten Akten schildern die Beratungen vom 13. Mai und 10. Juni. In der Antwort an Blarer wirft Eck dem Kontrahenten Hochmut und Ketzertum vor und verweist sowohl auf Bibelstellen wie auf Beispiele in der Geschichte für die Zulässigkeit und Notwendigkeit des Richteramtes im Glaubensstreit. Auch der Rottweiler Dominikanerabt Georg Neudorffer nahm die Konstanzer „Verantwortung" zum Anlaß für „Fragstücke" an Bürgermeister und Rat der Stadt.41 Dabei stellte auch er die Autorität der Schrift gegen deren Hochschätzung durch die Reformatoren in Frage. Wenn die Konstanzer behaupten, der christliche Glaube sei in der Schrift begründet, so müsse man fragen, ob die Schrift Christen mache. Gäbe es keine Christen ohne die Schrift? Woher wissen die Konstanzer, daß die Schrift recht und vollkommen sei? Sie wollen das Wort Gottes als alleinigen Richter, doch sie verstehen darunter nur die Schrift. Warum hat dann aber Gott seine Geschöpfe nicht zur Schrift, sondern zu den Priestern gewiesen? In der Schrift ist bei weitem nicht alles ausgedrückt, was man glauben soll; entscheidend sind die Vorgaben der Kirche. Ist etwa das, was die Konstanzer Prädikanten predigen und was offensichtlich fehlerhaft und nicht schriftgemäß ist, das Wort Gottes? Auch andere Fragen gruppieren sich letztüch um dieses Problem. Da Neudorffer durchblicken ließ, daß hinter der „Verantwortung" Ambrosius Blarer stecke und einige Fragen an ihn direkt richtete, reagierte dieser am 7. September 1526 mit einer „Antwort auf Georg Neudorffers fünf ihm vorgehaltene Fragstücke". 42 Noch 1526 ließ daraufhin Neudorffer seine „Widerrede" (Nr. 16) drucken, in der er sich polemisch mit Blarers Kirchenbegriff, seinem Umgang mit der Schrift, der Gültigkeit der Klostergelübde und weiteren Fragen auseinandersetzt. Um die Jahreswende 1526/1527 fand die bereits 1522 ausgebrochene Kontroverse zwischen König Heinrich VEI. von England und Martin Luther (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 13 u. 20) ihre Fortsetzung. Von verschiedenen Seiten dazu gedrängt, hatte sich Luther zunächst 1525 brieflich beim König für seine rüde Polemik gegen diesen entschuldigt. Heinrich ließ sich mit der Antwort Zeit, nutzte sie aber schließlich Ende 1526 zu einer öffentlichen Bloßstellung Luthers, indem er dessen Brief veröffentlichte, aber seinerseits nichts von seiner scharfen Kritik an Luther zurücknahm. Luther solle sich nicht nur wegen seiner Schrift gegen Heinrich VEI. schämen, sondern wegen aller seiner Schriften und Werke. Neben scharfen persönlichen Anwürfen wird Luthers Rechtfertigungslehre als übelster Kern aller 41 Georg Neudorffer, Fragstuck Georgen II Newdorffers/ gezoge auß der entllschuldigung Bürgermeisters vn II Rats der stat Costentz/ von we=llgen jrer predicanten/ als ob sie II ausserhalb der warheit versagt II wurden/ sy hetten nach be=llwilligung der geleiten II in ein disputation/ II den spieß am II hag abllgezo=ll gen. II, Tübingen: [Ulrich Morhart d.Ä. 1526] (VD 16 Ν 564; Köhler 3447). 42 Vgl. VD 16 Β 5679; Köhler 291.

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Ketzerei herausgestellt, seine Freiheitslehre als Ursache des Bauernkrieges. Die Anfang Dezember 1526 in London und bald darauf auch in Dresden gedruckte lateinische Schrift wurde von Hieronymus Emser Anfang Januar 1527 ins Deutsche übersetzt und rasch gedruckt (Nr. 18). Lateinische und deutsche Nachdrucke bezeugen die erhebliche Resonanz. Da aus dem Titel der Emserschen Ausgaben herausgelesen werden konnte, Luther sei zum Widerruf bereit, sah dieser sich zu einer Stellungnahme gedrängt. Im Februar 1527 veröffentlichte er eine scharfe Erwiderung „Auf des Königs zu England Lästerschrift Titel Martin Luthers Antwort" 43 , in der er u.a. die mißverständliche Formulierung des Titels attackierte. Das veranlaßte Emser zu seinem „Bekenntnis, daß er den Titel auf Luthers Sendbrief an den König zu England gemacht hat" (Nr. 19), verbunden mit der üblichen Polemik gegen Luther. Mit einem „Unterricht und Gegenantwort über die zornige und Lästerschrift Martin Luthers von wegen des Widerrufs, des sich Luther gegen den durchlauchtigsten König von England erboten hat" 44 reagierte auch Johann Fabri auf Luthers Antwort an Heinrich VIII. Die Schrift war laut Vorrede am 2. Mai 1527 fertig, wurde allerdings erst 1528 gedruckt. Fabri war kurz zuvor im Auftrag König Ferdinands beim englischen König zu Besuch gewesen und hatte nach seiner Rückkehr Luthers Sendbrief vorgefunden. In diesem sah er einen Beweis, daß Luther nun vollends unsinnig geworden sei. Das lutherische Lager sei zersplittert; jeder kämpfe gegen jeden. Luther stehe vor einem Scherbenhaufen und schreie gegen die bösen Geister. Satz für Satz kommentiert er Luthers Brief mit scharfer Polemik gegen diesen und mit viel Material über die Reformationsbewegung. Im Januar 1527 meldeten sich auch wieder Nikolaus Ferber und Kaspar Schatzgeyer zu Wort. Der Franziskanerguardian wandte sich in einem als „kurz" bezeichneten umfangreichen „Bericht von den drei Gelübden der Geistlichen"45 an die Brüder und Schwestern seines Ordens in Hessen, um ihnen in der gegenwärtigen Trübsal und Verfolgung Trost und Hoffnung zu spenden. Er erinnert an die Märtyrer der Kirchengeschichte, verweist auf den Schutz des Kaisers und der Könige der umliegenden Länder und ruft seine Franziskaner auf, sich nicht durch Luther und dessen Anhänger verführen zu lassen. Er handelt breit von den Gelübden des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit und verbindet das mit scharfer Polemik gegen die lutherischen Ketzer im allgemeinen und gegen den

43 WA 23, S. 17ff. 44 Johann Fabri, Underricht vnd ge=llgeantwurt Doctor II Johann Fabri vber II die zornige vnd lestergschrifft Martini Lu=llthers/ von wegen widerruffs des sich II Luthtr gegen dem Durchleu=lltigisten Künig von En=llgelland erbotten II hatt. II Wien: Hieronymus Vietor 1528 (VD 16 L 3906). 45 Nikolaus Ferber, Eyn kurtzer berycht II von den dreien gelo=llbten der geystlichen/ Nemlich von Euangeli=llscher gehorsamheyt/ armut/ vnd reyni=llgkeit [ . . . ] tzü trost vnd step=llckeyt aller fro men II geistlichen. II [ . . . ] , Köln: Peter Quentel 1527 (VD 16 F 741; Köhler 1139).

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ehemaligen französischen Franziskaner Lambert von Avignon, der in Homburg das lutherische Gift verbreite, im besonderen. Schatzgeyer führte mit „Wider Herrn Hansen von Schwarzenbergs Büchlein von der Kirchendiener und geistlichen Personen Ehe" (Nr. 21) die Fehde von 1525 fort. Seine damalige „Fürhaltung von 30 Artikeln" hatte Schwarzenberg mit einer „Kuttenschlang"46 beantwortet, in der er seinen Sohn Christoph und Schatzgeyer irriger Teufelslehren bezichtigte. Gegen die Bitte Christoph von Schwarzenbergs, auf eine Entgegnung zu verzichten, greift Schatzgeyer neben allgemeiner Polemik gegen den Kontrahenten vor allem dessen Thesen auf, daß der Ehestand allen Ständen frei sei, daß alle Speisen zu allen Zeiten erlaubt seien, daß auch alle Priester und Klosterleute die Ehe eingehen dürften und daß die römische Kirche im allgemeinen und Schatzgeyer im besonderen Teufelslehren verträten. In sieben Artikeln sucht Schatzgeyer das zu widerlegen und die Rechtmäßigkeit und Schriftgemäßheit der Keuschheits- und Fastengebote der Kirche sowie deren Recht, Übertretungen zu strafen, nachzuweisen. Die Fastengebote verteidigte auch Hieronymus Dungersheim in Leipzig in einem Dialog vom April 1527.47 Als Kontrahenten treten ein Ketzer und ein Christ auf. Der Ketzer polemisiert gegen den Freitag als Fastentag; der Christ nennt den Ketzer eine epikuräische Bauchsau, Vollwanst, verfressenen Seelenmörder, Aufrührer und verteidigt den Freitag als Tag des Leids und Mitleids, an dem gefastet werden müsse. In Magdeburg wurde die Fehde Johannes Mensings mit Johannes Fritzhans weitergeführt. Auf die „Replica" Mensings hatte Fritzhans mit der Schrift „Was die Messe sei" 48 geantwortet. Darauf brachte Mensing am 4. Mai 1527 die „Verlegung des unchristlichen Büchleins mit dem Titel Was die Messe sei" heraus.49 Sie bietet keine zusammenhängende Abhandlung zum Thema, sondern nur Splitter unter Bezugnahme auf Äußerungen von Fritzhans. Dieser wird in die Nähe von Zwingiis Sakramentenauffassung gesetzt, dann aber wieder als getreuer Gefolgsmann Luthers bezeichnet. Neben der Messe werden auch viele andere Punkte wie das Priestertum aller Gläubigen, Glaube und Werke, Keuscheit und Ehe usw. angesprochen. Fritzhans konterte sofort „Wider den übergeistlichen Thomisten zu Dessau" 50 , worauf Mensing — inzwischen Hofprediger der Fürstin Margarete von Anhalt in Dessau — am 4. Oktober die „Läuterung des unsaube-

46 Vgl. V D 16 S 4718; Köhler 4150. 47 Hieronymus Dungersheim, Verlegung II yn weyse eynes Dia=lllogi/ des auffruri=llsche ketzerisch=llen buhleins vö fleysch=llessen II am II freytag. II, [Leipzig: Valentin Schumann 1527] (VD 16 D 2966; Köhler 780). 48 Vgl. V D 16 F 3040; Köhler 1208. 49 Johannes Mensing, Vorlegunge: II Des vnchristlichen buchlyns mit II dem tittel/ Was die Messe sey/ II aussgangen vnter dem namen II Hans Fritzhäses/ vormeinllten burgers zu Mag=lldeburg &c. [...], [Leipzig: Jakob Thanner] 1527 (VD 16 Μ 4664). 50 Vgl. V D 16 F 3043; Köhler 1209.

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ren, unwahrhaftigen, unchristlichen Spottbüchleins" herausbrachte.51 Wiederum erfolgt die Auseinandersetzung zitatweise mit vielen Wiederholungen zu vorangegangenen Schriften. Im Mittelpunkt stehen erneut die Messe und das Altarsakrament, doch kommen auch das Liebesgebot, die Gewalt des Papstes und der Kirche, die Stellung der weltlichen Obrigkeit u.a. zur Sprache. Die Verwendung des Kirchenbegriffs für die Lutherischen wird abgelehnt; sie sollen sich lutherische Kirche nennen. Der allgemeine Kirchenbegriff steht der römischen als der allein katholischen, d.h. allgemeinen Kirche zu. Im Mai 1527 veröffentlichte in Köln Johann Heller von Korbach eine „Antwort auf ein unwahrhaftiges Schmachbüchlein".52 Im Februar hatte in Düsseldorf im Beisein des sächsischen Herzogs Johann Friedrich, Sohn des Kurfürsten Johann, und seinem Gefolge mit dem Kölner Franziskanerobservanten eine Disputation über 10 strittige Artikel stattgefunden, über die die lutherisch-sächsische Seite einen Bericht veröffentlicht hatte53, in dem Korbach keine gute Figur machte. Dem Bericht zufolge trat er zunächst heftig scheltend gegen die Lutherischen auf, um am Ende von deren Argumenten so beeindruckt gewesen zu sein, daß er den Ketzervorwurf gegen sie zurückzog. Um jeden Zweifel an seiner Glaubenstreue auszuräumen, wirft er dem ungenannten Autor des Berichts Unkenntnis der Materie und bewußte Verfälschung seiner Ausführungen auf der Disputation vor. Er bekundet seine Überzeugung, daß die römische Kirche bis zum jüngsten Tag bestehen werde. Im Juni 1527 brachte auch Petrus Sylvius wieder eine seiner Schriften zum Druck, die „Klare Beweisung, wie Luther würde sein eine Ursache des steten Einzugs der Türken, des unchristlichen Irrtums, Zwietracht, Aufruhr und Empörung des gemeinen Volkes" (Nr. 22). Sie war in weiten Teilen bereits 1522 geschrieben worden, die Sylvius jetzt bewußt wiederholte, um zu beweisen, daß er schon vor Jahren Luther als Ursache nicht nur der Verderbnis und Zerstörung Ungarns durch die Türken, sondern auch der Empörung des gemeinen Volkes gegen die Obrigkeit, als Zerstörer des wahren Glaubens und der Einigkeit der Kirche benannt hat. Alle 51 Johannes Mensing, Leuterüge/ des II vnsaubern vnwarhafftige/ II vnchristlichenn spottbuch=llleyns/ des titel/ widder den II vbergeystlichenn Thomisten zu Dhessau &c. II Hans Frytzhanses/ etwan Parfusser M0=llnichs/ vnd seyner mythelffer. II [...], [Leipzig: Valentin Schumann] 1527 (VD 16 Μ 4651; Köhler 3347); Nachdruck von 1528: VD 16 Μ 4652. 52 Johann Heller von Korbach, ANtwoit broder II Johan Hallers von Corbach obserlluant vff eyn vnwarhafftich smeychbuechlen yn der letllsten Francfurder messe wydder en ys vsszganghen II [...], Köln: Peter Quentel 1527 (VD 16 Η 1704). 53 Handlung vnd disputation So zwi=llschen des Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten II vnnd herrn herrn Johans Friderich hertzogen zu II Sachsen &c. predicanten Fridrich Mecum/ vn II eynem Obseruanten Monich/ genant Jo=llhan Korbach von Coin/ zu Düsseldorff/ II dinstags des XIX. tags des monats Fe=llbruarij [ . . . ] II gesche=llhen vnd ergangen. II M.D.xxvij. II [Köln: Hero Fuchs] 1527 (VD 16 Η 508); drei weitere Drucke aus Erfurt, Magdeburg und Wittenberg: VD 16 Η 507, 509f.

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seine damaligen Voraussagen sieht er durch die Ereignisse bestätigt, und er prognostiziert wegen der Schwächung des Reiches durch Luthers Spaltung ein weiteres Vordringen der Türken. Die Obrigkeiten fragt er, warum sie angesichts der Konsequenzen aus Luthers Lehren nicht härter gegen diese durchgreifen. Luther versuche sich jetzt mit seinen Schriften gegen die aufrührigen Bauern und gegen die Schwarmgeister reinzuwaschen. Er habe aber sowohl den Bauern wie den Schwärmern den Weg bereitet und sei selbst einer von ihnen. König Ferdinand möge endlich das Wormser Edikt mit aller Strenge durchsetzen, die alte Ordnung schützen und das Volk wieder in Zucht und Ordnung bringen. Letzteres versuchte König Ferdinand mit seinem Ofener Mandat vom 22. August 1527 insbesondere gegen die Anhänger Zwingiis, Oekolampads und Karlstadts, das neben lateinischen auch in deutschen Drucken verbreitet wurde (Nr. 25), freilich mit wenig Erfolg. Um die Kenntnis von Luthers Schuld am Bauernkrieg möglichst weit zu verbreiten, veranstaltete Sylvius im August 1527 eine Neuausgabe von Cochläus' Antwort auf Luthers „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" (Nr. 23). Ihr gab er eine eigene Schlußrede bei, in der er auch auf Emsers entsprechende Schrift sowie auf eigene Traktate hinwies, die alle Luthers Schuld am Aufruhr und an dessen Opfern belegen sollen. Wenige Tage nach dieser Schrift trat Sylvius erneut als Herausgeber in Erscheinung, diesmal mit einem Sermon Paul Bachmanns (zu ihm vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 14, 36f.) „in Aufnehmung der Reliquien St. Bennos" (Nr. 24). Bachmann hatte bereits 1524 die Heiligsprechung und feierliche Erhebung der Gebeine Bischof Bennos von Meißen zu scharfer Polemik gegen Luthers Kritik genutzt (Laube/Weiß 1, Nr. 36), nun beschäftigt er sich aus diesem Anlaß mit Fragen der Schriftauslegung. Aus einem Text aus Luk. 5 folgert er, daß die Schrift ohne die Auslegung der Kirchenlehrer nicht verständlich ist. Luthers Verwerfung der Kirchenlehrer und Reduzierung der Schrift auf den bloßen Text eröffne subjektiven Auslegungen und Verfälschungen den Weg. Das zeige sich an Luthers Übersetzung und Fälschung des Neuen Testaments. Schließlich verficht er die altkirchliche Heiligenverehrung gegen Luthers Angriffe. Sylvius bekräftigt in seinem Nachwort, daß der Kirche mehr zu glauben sei als den Ketzern. Schließlich veröffentlichte Sylvius Anfang Dezember 1527 noch eine eigene Abhandlung, warum die Jungfrau Maria als Mutter Christi auch Mutter Gottes genannt werde, und daß die römische Kirche volle Glaubwürdigkeit genieße und ihr zu folgen sei.54

54 Petrus Sylvius, Eyn kurtze vnnd doch II gnugliche vntterrichtunge/ Ob die iunckfraw II Maria/ die mutter Christi/ kan ader soll II auch genät werden eyn mutter Gottes. II Item Was/ vnd wie glaubwirdig/ die christliche Kyrche II sey/ vnd viel andern puncten/ gar nutzlich vnd II notlich Eym yden tzu wissen [...], Leipzig: Nickel Schmidt 1527 (VD 16 Ρ 1295; Köhler 4370).

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Eine Erläuterung des Salve Regina, verbunden mit Polemik gegen die Gottlosen, die es abschaffen wollen, steuerte 1527 Augustin Alveldt (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 2f. u. S. 45) bei. 55 Ein neuer Polemiker trat 1527 mit dem Zofinger Schulmeister Johannes Buchstab auf. Nach eigenem Bekunden hatte er 1523 als Schulmeister in Bremgarten ein Buch gegen die Schweizer Reformation geschrieben, für das er keinen Drucker finden konnte. Deshalb teilte er das Buch in 10 Einzelschriften, von denen 1527 vier erschienen, und zwar jede mit zwei Auflagen. In der „Kurzen Unterrichtung, daß die Meß ein Opfer ist" 56 behandelt er 12 Anzeigungen aus der Heiligen Schrift, die den Opfercharakter der Messe belegen sollen, bekräftigt durch Aussagen der Kirchenväter und Beispiele aus der Geschichte. In „Daß nicht alle christgläubigen Menschen gleich Priester sind" 57 setzt er sich auf gleiche Weise (Schriftbelege, Kirchenväter, Geschichte) mit der lutherischen Lehre vom allgemeinen Priestertum auseinander. Das wird ergänzt durch eine Abhandlung über die Bekleidung der Priester und verschiedene Messzeremonien.58 Schließlich gibt er einen Abriß über die Geschichte des „Hochwürdigen Sakraments des Leibs und Bluts Christi"59 von den vorbedeutlichen Figuren des Alten Testaments über die Einsetzungsworte Christi und die Auslegung der Kirchenväter bis in die Gegenwart der römischen Kirche, die nicht 1500 Jahre lang geirrt haben könne. Das Ergebnis der Badener Disputation von 1526 konnte nicht verhindern, daß sich in der Schweiz neben Zürich auch andere Städte der Refor55 Augustin Alveldt, Eyn vorkle=llrunge aus heller warheit II ob das Salue regina mi=llsericordie eyn Christlicher II lobesang sey ader nicht. II [...], [Leipzig: Nikkei Schmidt] 1527; ediert in CCath 11. Eine lateinische Fassung erschien im selben Jahr sowie in einem Nachdruck 1530 (vgl. VD 16 A 2086f.; Köhler 93f.). 56 Johannes Buchstab, Ein kurtze vnderllrichtung vß dem alte vnd II nüwe testamet/ das die meß ein opffer ist II vnd vß kütschafft der aller eisten lerem/ II seit d' zeit har der appostlen/ ζύ allen II zeite für ein opffer geglaubt/ gehalllte vn beschriben ist worde. [...], [Straßburg: Johann Grüninger] 1527 (VD 16 Β 9052; Köhler 405); anderer Druck: VD 16 Β 9053. 57 Johannes Buchstab, Das nit alle Cristllglöbige menschen gleich priellster seyend/ Das nieman gezime dafi den prieste=llren zepredigen/ das ein vnderscheid zwischen II den Bischoffen/ priestren vn Diacö seye II Vnd dz mä die priester mit eer erbie=lltung sol halte. [...], [Straßburg: Johann Griininger] 1527 (VD 16 Β 9048, vgl. auch 9049; Köhler 402 f.). 58 Johannes Buchstab, Uon becleidung II der Priester liechter weiwasllser/ geweichte saltz vnd eschen/ meßfrüme (so mä II nempt opffre) gesang/ vnd bildnissen/ so in d' II Cristenlichen kilchen got ζύ lob νή ze eer gellbrucht werde. [...], [Straßburg: Johann Grüninger] 1527 (VD 16 Β 9055; Köhler 407); anderer Druck: VD 16 Β 9056. 59 Johannes Buchstab, Uon de Hochwirlldigen Sacramet des leibs vn II blüts Christi vnsers herre/ wie das in d' zeit d' apostle II vn seidhar/ bis vff vnser zeit geglaubt ist worde auch II wie/ das die aller eltisten vn heiligsten lerrer/ einheliglllich gehalte/ geglaubt/ vnd beschriben habe/ ein kurtze II vnd'richtung. [...], [Straßburg: Johann Grüninger] 1527 (VD 16 Β 9058; Köhler 409); anderer Druck: VD 16 Β 9059; Köhler 410.

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mation zuneigten. In Bern beschloß der Rat im November 1527, im Januar 1528 eine eigene Disputation abzuhalten, die den Weg zur Reformation öffnen sollte. Die altgläubigen Orte der Eidgenossenschaft lehnten das Vorhaben am 18. Dezember 1527 grundsätzlich ab. In ihrem Sinne erließ Kaiser Karl V. am 28. Dezember ein Mandat „Wider die ketzerische Disputation zu Bern", das zusammen mit dem ablehnenden „Sendbrief der Eidgenossenschaft an Bern" veröffentlicht wurde (Nr. 26). Der Kaiser betonte, daß eine einzelne Kommune, ja nicht einmal eine Nation das Recht habe, Entscheidungen in Glaubensfragen zu treffen. Das sei allein Sache eines allgemeinen Konzils aller Stände der Christenheit. Er verwies auf den geplanten Reichstag in Regensburg, der sich damit beschäftigen werde. Die Eidgenossen forderten von den Bernern, zu den von ihnen mitgetragenen Beschlüssen von Baden zu stehen, die Disputation zu unterlassen und beim alten Glauben zu bleiben. Die Disputation fand dennoch statt. Alle maßgeblichen altgläubigen Theologen waren dazu eingeladen worden, nahmen aber nicht teil. Johannes Eck wies noch im Dezember 1527 in drei Sendbriefen an die Eidgenossenschaft, an Zwingli in Zürich und an Konrad Rotenacker (Sam) in Ulm die Einladung entschieden zurück, verbunden mit heftigen Beschimpfungen der vorgesehenen Hauptdisputanten Berns Franz Kolb und Bertold Haller als meineidige Lügner und Erzketzer.60 „Wider den Gotteslästerer und Ketzer Konrad Sam, genannt Rotenacker" hatte Eck bereits zuvor eine Schrift veröffentlicht61, in der er diesen bezichtigte, aus Mangel an eigener Gelehrsamkeit das Gift Karlstadts, Zwingiis und Oekolampads zum Altarsakrament eingesogen und vergröbert weitergegeben zu haben. Da der Rat von Ulm nichts dagegen unternehme, bot Eck seinerseits eine Disputation an. Johannes Cochläus, seit Januar 1528 als Nachfolger Hieronymus Emsers Hofkaplan Herzog Georgs von Sachsen, hatte noch vor Beginn der Berner Disputation versucht, von Mainz aus auf den Rat von Bern Einfluß zu nehmen, um ihn vor einem Übertritt in das Lager Zwingiis zu warnen. Aus der Antwort des Rates vom 15. Januar und dem Berner Reformationsmandat mußte er die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen erkennen. Das bewog ihn um den 12. März zu seiner Schrift „An die Herren Schultheiß und Rat zu Bern wider ihre vermeinte Disputation" (Nr. 34). Er begründet seine Nichtteilnahme an der Disputation mit der Voreingenommenheit des Rates, dem es überhaupt nicht darum gegangen sei, sich christlich unterrichten, sondern die eigenen Thesen bestätigen zu lassen. In den Disputationsakten werde ohnehin nur stehen, was von Zwingli gebilligt sei. In 34 60 Johannes Eck, Eyn Sendbrieff an eyn II Fromme Eydgnoschafft/ betreffende die Ketllzerysche Disputation Frantz Kolben des außllgelauffenen Münchs/ vnd Berchtold Hallers II des verlognen predicanten zu Bern. II Eyn ander brieff an Virich Zwingli. II Der drit brieff an Chünrat Rotenackllker zü Vim. II [...], [Basel: Johann Faber] 1528 (VD 16 Ε 420; Köhler 855); mehrere Ausgaben: vgl. VD 16 Ε 273278, 421f. 61 Ediert in CCath 14.

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Punkten übt er Kritik an der Berner Reformation. Ein kurzer Auszug aus einem Erasmusbrief berichtet über Vorgänge in Bern. Auch Thomas Mumer fühlte sich bemüßigt, in Abstimmung mit Johannes Eck und Johann Fabri das Ausbleiben in Bern zu rechtfertigen. In der .Appellation und Berufung der hochgelehrten Herren und Doktoren Eck, Fabri und Mumer wider die vermeinte Disputation von Bern" (Nr. 35) stellt er mehrere Briefe zusammen, die die Kritik der Berner an der Badener Disputation zurückweisen, die Berner Disputationsthesen als ketzerisch brandmarken, die Berner an ihre Eide gegenüber der Eidgenossenschaft erinnern und neben inhaltlichen auch formale Gründe für die Nichtteilnahme geltend machen. Eine ausführliche Widerlegung der Berner Disputationsakten in Buchform legte Johannes Eck vor.62 Er veröffentlicht die zehn Schlußreden (Thesen) von Franz Kolb und Bertold Haller, dazu neun irrige Artikel, die erst während der Disputation bekannt geworden sind, danach Widersprüche der Disputanten untereinander. Es folgen eine Kritik am Ausschreiben des Rates und an der Unkenntnis der Disputanten sowie ein Bericht über Modalitäten und Verlauf der Disputation. Eck bietet im folgenden auf über 200 Druckseiten eine Widerlegung der zehn Schlußreden mit einem zusammenfassenden Verweis auf eine große Zahl namentlich genannter altgläubiger Autoren, die bisher den wahren christlichen Glauben verteidigt haben. Angehängt sind das Verbotsmandat Kaiser Karls V., eine Verwarnung des Bischofs von Konstanz und der Sendbrief der acht altgläubigen Orte der Eidgenossenschaft gegen die Berner Disputation. Auch das Schreiben wider den Gotteslästerer Konrad Sam ist enthalten. Den Sendbrief der acht Orte der Eidgenossenschaft vom 18. Dezember 1527 gegen die Berner Disputation, die Antwort der Berner mit einer Polemik Murners vom 27. Dezember sowie eine Protestation Murners vom 6. März 1528 gab dieser in seiner Luzerner Presse noch einmal 1529 heraus.63 Die Antwort der Berner druckt er satzweise mit eigenen scharf pole62 Johannes Eck, Verlegung der dispu=lltation zu Bern/ mit grund götlicher II geschrifft: durch Johann Eck II Doctor &c. An die Christen=llliche ordt der Eyd=llgnosschafft. II Ain tafel newer ketzerischen artickeln/ so durch die Disputan=llten da (ausserhalb der verdambten schlußreden) bekant II seind worden/ aim jeden firomen Chri=llsten zu meyden. II Kayserlicher Mayestat regiment verbot der disputation zu II Bern/ Auch des Bischoffs von Costentz vltterlich/ II vnd der Eydgenossen trewlich/ Verwarnung II an die von Bern/ wider die Disputation. II [...], [Augsburg: Alexander Weißenhorn] 1528 (VD 16 Ε 438; Köhler 862). 63 Ein send brieff der acht Christlichen II ort einer loblichen Eidtgnoschafft [ . . . ] an ein lobliche herschafft von Bern fle=llhelich/ vnd vff das höchst bittend vnd ermanendt/ bey II dem alten waren Christlichen glauben zu beliben/ II [ . . . ] II Ein spötliche vnd vnfründtliche antllwurt der loblichen herrschaft von Bern den obge=llnanten acht Christlichen örtern gethon/ vnd II durch den druck vß gespreitet. II Ein vßlegung vnd ercleren des selbillgen spöt liehen/ vnchristlichen vnd vngesaltzenen II brieffs der herschafft von Bern durch doctor II Thomas Mumer vßgelegt [ . . . ] , Luzern: [Mumerpresse] 1529 (VD 16 und Köhler kein Nachweis; benutztes Expl. SB PK Berlin: Cu 4732 R).

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mischen Kommentaren. In der Protestation begründet er den Druck. Obwohl er gerne Ruhe hätte und gäbe, hielten Zwingli und seine Anhänger nicht still. Sie hätten acht ihrer Bücher dem Luzerner Rat übergeben und sich beschwert, daß Murner das Ansehen der Eidgenossenschaft schädige. Deshalb hat er ohne Wissen des Luzerner Rates diese Schriften zusammengefaßt. Er sei selbst Manns genug zu entscheiden, was ihm gebühre oder nicht. Er erbiete sich ruhig zu sein, wenn sich auch die Gegenseite daran halte. Gegen Ende des Jahres 1528 nahm Thomas Mumer noch einmal zur Berner Disputation Stellung. In seiner Anzeigung über „das unchristliche Ausrufen und Fürnehmen einer löblichen Herrschaft von Bern, eine Disputation zu halten" (Nr. 40) setzt er sich mit scharfer Polemik mit dem Berner Ausschreiben und den zehn Schlußreden auseinander, wirft Bern ketzerische Abweichung vom Glauben, meineidige Spaltung der Eidgenossenschaft, Aufruhr gegen die Obrigkeit und gegen die überkommene gesellschaftliche Ordnung und ähnliche Verfehlungen vor. Schuld sei die Duldung der ketzerischen Prediger, die mit acht Listen das Volk vom wahren Glauben abführen. Unter diesen Umständen sei eine freie Disputation in Bern überhaupt nicht möglich, da die neuen Christen allein ihre eigene Meinung für richtig hielten. Schließlich nahm Murner Ende 1528 mit einer Verteidigung der Opfermesse auch inhaltlich zur fünften Schlußrede von Bern Stellung.64 Um die Zeit der Berner Disputation im Januar 1528 erschienen bzw. entstanden auch weitere Schriften über das Altarsakrament. Der Baseler Weihbischof und Münsterprediger Augustinus Marius veröffentlichte eine „Eingelegte Schrift auf Anmutung eines christlichen Rates der Stadt Basel, das Opfer der Meß belangend". 65 Ihm war vom Baseler Rat auferlegt worden, sich nicht öffentlich zu äußern, doch hatte er 1527 auf dessen Anforderung seine Auffassung zum Opfercharakter der Messe schriftlich dargelegt. Diese Stellungnahme war, wie er hier mitteilt, ohne sein Wissen entstellt gedruckt worden. Deshalb hatte er vom Rat die Genehmigung erhalten, das Original zu drucken. Die seit fünf Jahren geltenden Neuerungen in Basel, die Messe nicht mehr als Opfer und in deutsch zu halten, das Sakrament in beider Gestalt zu reichen und Brot und Wein nur noch als Zeichen zu sehen, müßten jedes christliche Herz entsetzen. Die Messe sei nach biblischer und kirchlicher Begründung von Gott selbst 64 Thomas Murner, Die gots heylige meß vö gott allein II erstifft/ ein Stadt vfi lebendige opffer/ für die lebendigen II vn die dodten/ die höchste frucht der Christenheit/ wider II die fünffte schlußred ζύ Bern disputiert in der Eidtgnollschafft [...], Luzern: [Mumerpresse] 1528 (VD 16 Μ 7037; Köhler 3407); ed. PfeifferBelli, Neudrucke, 1928. 65 Augustinus Marius, Eyngelegte schlifft auff II anmutung eynes Christenliche Rats/ der loblllichen statt Basel/ das opfer der Meß belanllgent/ Augustini Marij/ do selbs der II hohenn stifft Predicantenn. II Welche/ warum sie der recht Author/ an tag/ II durch disen truck/ komen hab lassen (die vor II on wißen seyn außgangen ist) wirt II dir leser/ anzeigen ein vor=llgende Epistel. II [...], Basel: Johann Faber 1528 (VD 16 Μ 1013; Köhler 3210).

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als Opfermesse eingesetzt und werde seit der Zeit der Apostel als solche gehalten. Marius verweist den Rat auf das Ergebnis der Badener Disputation von 1526 und mahnt dessen Beachtung an. Unterschriften mehrerer altgläubiger Amtsträger Basels bekräftigen die Stellungnahme. Oekolampad reagierte sofort mit einer scharfen Entgegnung. Darauf erwiderte Marius am 1. März mit einer „Wiederaufhebung der wahrhaftigen Gründe, daß die Meß ein Opfer sei". 66 Breit legt er dar, daß Oekolampad seit Beginn seiner, Marius' Tätigkeit 1525 in Basel bei den Obrigkeiten und auch in seiner Heimatstadt Ulm gegen ihn gehetzt und Lügen über ihn verbreitet habe. Die Sachauseinandersetzung wiederholt im wesentlichen die Argumente der vorangegangenen Schrift. In Rottweil, dem Wirkungsort Georg Neudorffers, hatte der Rat beschlossen, der lutherischen Lehre keinen Raum zu geben. Deshalb ließ er 1527 einige Bürger, die namentlich die Anrufung und Ehrung der Heiligen bestritten hatten, gefangensetzen. Dem Dominikanerabt gelang es auf Bitten des Rates, sie schließlich zu bekehren. Zur Mahnung aller Irrenden schrieb er im September 1527 einen Traktat „Von der Heiligen Ehrung" 67 , der am 7. Januar 1528 gedruckt wurde. Eine breite Zusammenstellung der Schriftstellen zum Für und Wider der Heiligenehrung nutzt er zur Begründung der Rechtmäßigkeit, Notwendigkeit und Verdienstlichkeit der Anrufung und Ehrung der Heiligen, insbesondere Marias, und des Salve Regina. In Sachsen sorgte derweil der Mord an dem lutherischen Prediger von Halle Georg Winkler für Aufsehen. Winkler war 1527 wegen der Austeilung des Altarsakraments in beiderlei Gestalt vom Mainzer Erzbischof zum Verhör nach Aschaffenburg gerufen worden. Obwohl angeblich vom Erzbischof nicht ungnädig entlassen, wurde er auf der Rückreise am 27. April 1527 ermordet. Wie auch andere Zeitgenossen verdächtigte Luther den Erzbischof der Urheberschaft. Im September veröffentlichte er dazu seine „Tröstung an die Christen zu Halle" 68 , in der er durchblicken ließ, daß das Domkapitel von Mainz hinter dem Mord stehe. Johannes Cochläus, zu dieser Zeit noch Pfründner in St. Victor bei Mainz (seit 1526), verteidigte seine Herren vehement. Noch 1527 schrieb er „Auf Martin Luthers Schandbüchlein an die Christen von Halle Antwort" (Nr. 27), die allerdings erst 1528 erschien. Im Mittelpunkt steht der Aufweis der Kontinuität 66 Augustinus Marius, Wyderauffhebbung II der warhafftigenn gründen/ so Augustinus II Marius Thümpredicant ζύ Basel/ zu beweillsen das die Meß eyn opfer sey/ eynem II Ersamen Radt doselbst vberllantwort hat. II Wider die falsche Widerlegung Joannis II Oecolampadij/ Predicanten ζύ sant Martin II do selbst wider jn außgangen. II [...], Basel: Johann Faber 1528 (VD 16 Μ 1017; Köhler 3211). 67 Georg Neudorffer, Uon der heiligen erung II vnnd anruffen/ sampt ertlicher ein=llred wider der heiligen bild/ Georgi=llus Newdorffer Prior Prediger or=lldens zu Rotweil/ im sibenvndzweinlltzigsten jar zugeschriben dem wolgellbornen herrn herrn Wilhelm Wern=llher Freyherr ζύ Zimmer/ herr ζύ II Wildenstein/ des Keyserlichen II hoffgerichts Statthalt=ller ζύ Rot=llweil [...], Tübingen: Ulrich Morhart 7. Januar 1528 (VD 16 Ν 565). 68 Vgl. WA 23, S. 390ff. 4

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von Luthers Aufhetzung des Volkes gegen die Obrigkeit, die nur während des Bauernkrieges zeitweise durch heuchelnde Liebedienerei vor den Fürsten unterbrochen worden war, nun aber gegen die unschuldigen Mainzer gelenkt werde. Auf die Substanz von Luthers Schrift, die Frage des Altarsakraments, geht Cochläus selbst kaum ein, doch übersetzte er dazu fünf Vorreden John Fishers zu dessen fünf Büchern gegen Johannes Oekolampad über die Wahrheit des Leibes und Bluts Christi im Abendmahl und gab sie im Januar 1528 heraus (Nr. 29). Auch Herzog Georg von Sachsen antwortete in einer von Augustin Alveldt im Januar 1528 herausgegebenen Schrift „Wider Luthers Tröstung an die Christen zu Halle über Georgen ihres Predigers Tod, so viel die Empfahung des hochwürdigen Sakraments belangt" (Nr. 28). Den Herzog erregte vor allem, daß Luther den Ermordeten wegen dessen Abendmahlspraxis in Schutz nahm und die Spendung des Abendmahls in beiderlei Gestalt verteidigte. Luther müsse die Reichung des Sakraments in einer Gestalt akzeptieren oder er leugne die Einheit des Leibes und Bluts Christi. Der Herzog deutet die Einsetzungsworte im Sinne der römischen Kirche und verbindet mit einem historischen Rückblick die Verteidigung der vom Konstanzer Konzil erlassenen Ordnung zur Reichung des Abendmahls sub una specie. Fünf weitere Schriften brachte 1528 auch wieder Petrus Sylvius heraus, zwei davon im Januar. Unter dem Titel „Die ersten vier Bücher" 69 bringt er die drei ersten seiner 25 älteren Traktate zum Druck (der vierte folgte später). Sie handeln — abweichend von der Reihenfolge im Titel — 1. von den Fundamenten der wahren christlichen Kirche im Gegensatz zu den falschen Gründen der lutherischen Rotten, 2. von der Ordnung der Apostel und ihrer Nachfolger und Statthalter, d.h. der Autorität der Kirche und des Papstes, und 3. von den entlarvenden und selbstzerstörerischen Argumenten Luthers gegen Silvester Prierias. Das schlimmste Übel sieht Sylvius darin, daß Luther schlichten Laien mehr Verständnis des Glaubens zubilligt als dem Papst und den Universitäten. Das lasse alle subjektiven Deutungen der Schrift zu und erwecke das gemeine Volk zum Aufruhr.

69 Petrus Sylvius, Die ersten vier buchller .M. petri Syluij. Aus welchen II Das erst ist von dem Primat vnd gmeinem regiment Pe=lltri vn seiner nachkomenden Statheldern/ vn das es durch II Christum seibist verordent ist/ mit viel vnwiddersprechli=llchen beweisungen krefftiglich bewert. II Das ander ist von der ordenung/ authoritet vnd glaubwirlldickeit der waren Christlichen kirche/ durch die gotliche/ II Euangelische vnd Apostolische schlifft vnd getzewgnis erllklert. II Das dritt ist von den vier gründen ßo Luther fur sich wi=llder Siluestrum gesatzt/ vnd wie er damit sich seibist vnnd II alle seine schrifft vernicht vnd im grund verstört. II Das Vierde ist von dem warhafftigen Euangelio vnd lehre II Christi/ vnd wie Luther das selbig also verkert das er dem II hern Christo öffentlich gerichts vnnd gestragks widder=llspricht/ Weichs eyn jetzlich meschlich hertz/ so es lißt/ mag II klerlich erkennen/ vnd dadurch das arg verwerffen/ vnd II das gut erwelen. II Auffs naw jar MDXXViij. II, Dresden: [Wolfgang Stockei] 1528 (VD 16 Ρ 1291; Köhler 4368).

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„Von den vier Evangelien, die lange Zeit unter der Bank gelegen haben" 70 handelt die zweite Schrift. Sylvius greift hier ein Wort Luthers und der Lutherischen auf, wonach der Wittenberger das Evangelium unter der Bank hervorgeholt habe, und sieht gleich vier solche Evangelien: das der böhmischen Pickarden, das der Moskoviter, das von Wiclif und das von Hus. Diese hätten seit dem Konstanzer Konzil unter der Bank gelegen, unter der sie Luther nun hervorgezogen und aus ihnen ein fünftes gemacht habe. Als nächste folgten im April 1528 „Die anderen acht hintersteiligen Bücher, die den ersten dreien nachfolgen". 71 Sie handeln 1. vom wahren Evangelium und der Lehre Christi und wie Luther sie widersinnig ausdeute, 2. von der Art und Eigenschaft der Ketzer und wie Luther diese Eigenschaften aufs Höchste verkörpere, 3. von der Eigenschaft des Antichrists und seines Vorläufers Luther, 4. von Luthers Schriften und Sermonen, besonders vom Testament der Messe, 5. von Luthers Priestertum aller Gläubigen, 6. nochmals von der Messe als Testament oder Opfer, von Glauben und Werken sowie von christlicher und von lutherischer Freiheit, 7. von Luthers Sendbrief an Papst Leo und 8. von den Widersprüchen Luthers und der Lutheraner untereinander. In einem aktuellen Kommentar widerholt Sylvius seine Einschätzung Luthers als des schlimmsten aller Ketzer und dankt Herzog Georg von Sachsen für die Niederschlagung der aufständischen, als lutherisch bezeichneten Bauern, weil nur dadurch das Weiterbestehen der Kirche und der alten Herrschaftsordnung gesichert worden sei. Anfang September 1528 erschien Sylvius' zusammenfassender Druck „Von den letzten fünf Büchern" (Nr. 39). Darin erklärt er den Unterschied 1. zwischen der wahren christlichen und der falschen boshaften Kirche

70 Petrus Sylvius, Von den vier Euange=lllion/ ßo eyn lange tzeyt vntter der II banck seyn gelegen. Das ist von den irrigen Artickeln/ der II vier vnchristlichen ketzereyen. Nemlich der Pickarden/ der II Muscouitem/ des Wigkleffs/ vnd des Huss. Auß welch=llen allen/ Lutther/ seyn funfft Euangelium/ wie mans hie II vor awgen wirt sehn/ tzusamen gelesen vnd tzuhauffen ge=llsetzt/ vnd viel deutzschen volckes do mit betriglich vnd II yemmerlich betört vnnd betobt hat/ [ . . . ] , Leipzig: [Nickel Schmidt] 1528 (VD 16 Ρ 1308; Köhler 4378). 71 Petrus Sylvius, Die andern acht hinderllstelligen bucher M. P. Siluij/ so II den ersten dreyen nachfolgen/ aus wilchen. II Das vierde handelt/ das warhafftig klar Euangelium/ II vnd lehre Christi/ vnd wie Luther dasselbig gantz verkeret/ II vnd vornichtet vnd dem Herrn Christo zu gleych als der Anlltichrist gestracks widerspricht. II Das funfft ist von aller art der Ketzer/ vnd wie Luther alllle die selbige auffs höchste yn yhme hat. II Das sechste erklert die eygenschafft des Antichrists/ dor=llaus zu erkennen das Luther gewißlich ist/ der vorgewarnter II vermischter Antichrist. II Das siedend/ das achte/ vnd das neunde erklert durch etlllich Lutherische schlifft/ wie Luther alßo vnchristlich fur=llnympt/ das auch der lauther Antichrist/ wirt nicht etwas II vnchristlichers k6nnen erdenkeu. II Das zehede vnd eylfft/ erklert seyne sunderliche vnsinnige II blintheyt/ wie die grosse Missiue volkomlicher II die titeln meldet. II [...], Leipzig: Nickel Schmidt Ostern 1528 (VD 16 Ρ 1292; Köhler 4364). 4'

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Luthers, 2. zwischen wahrer christlicher Predigt und den Lästerungen eines lutherischen Predigers in Weida, 3. wiederholt er den Gesang über die lutherische und die luziferische Kirche, 4. widerlegt er 13 Positionen Luthers aus der Zeit vor der Leipziger Disputation, mit denen er Luther gerne in Leipzig konfrontiert hätte (auch separat erschienen72), und 5. polemisiert er gegen Luthers Sermon vom ehelichen Stand. Abschließend begründet er nochmals das Anliegen seiner 25 älteren Bücher bzw. Traktate und vermischt biographische Angaben mit bekenntnishaften Aussagen. Ebenfalls Anfang September 1528 brachte Sylvius noch mit der „Erklärung der zwölf Artikel des einzigen wahren christlichen Glaubens" 73 eine überarbeitete, in der Substanz aber gleiche Ausgabe seiner „Erklärung" 74 von 1525 heraus. Im Vorfrühling des Jahres 1528 drohte der reformatorische Streit im Zusammenhang mit den sog. Packschen Händeln in einen Krieg auszumünden. Ende Januar hatte der Kanzleiverweser des altgläubigen Herzogs Georg von Sachsen, Otto von Pack, dem lutherischen Landgrafen Philipp von Hessen angedeutet, die altgläubigen Fürsten hätten in Breslau ein Kriegsbündnis gegen die lutherischen abgeschlossen. Im Februar legte Pack dem Landgrafen eine gefälschte Kopie des angeblichen Bündnisvertrages vor. Philipp ließ diese seinerseits kopieren und zeigte sie Kurfürst Johann von Sachsen. Beide schlossen einen förmlichen Bündnisvertrag mit dem Ziel eines Präventivschlags gegen das vermeintliche altgläubige Fürstenbündnis und begannen mit Kriegsvorbereitungen. Da dies nicht verborgen bleiben konnte, folgte auf beiden Seiten eine Phase reger Reisediplomatie zur Gewinnung von Bündnispartnern innerhalb und außerhalb des Reiches. Im April schaltete sich das Reichsregiment ein und forderte die Wahrung des Landfriedens. Obwohl Luther fest an das Bestehen des altgläubigen Bündnisses glaubte, lehnten er und die Wittenberger Theologen — vom sächsischen Kurfürsten zu Rate gezogen — einen Präventivkrieg grundsätzlich ab. Schließlich legte Philipp von Hessen am 17. Mai 1528 seinem Schwiegervater Georg von Sachsen den Grund seiner Rüstungen dar und übersandte ihm die angebliche Breslauer Bündnisurkunde. Parallel dazu machten der Kurfürst und der Landgraf auch dem Reichsregiment und König Ferdinand Anzeige von dem angeblichen Bündnis. Herzog Georg antwortete am 21. Mai auf den Brief Philipps und ließ diesen, die Kopie der angeblichen Bündnisurkunde und seine Antwort „Zu vermerken, mit was betrüglicher Unwahrheit die Kinder dieser boshaftigen Welt Aufruhr zu er-

72 Vgl. Köhler 4376. 73 Petrus Sylvius, Erklerung der II zwolff artickeln/ des eynigen wallren Christlichen glawbens/ vnd aller heylsamer Christlllicher lehre/ zu vermeyden/ allen vertumlichen irthum/ II Eym itzlichen menschen/ zu bewaren seyne ßele/ zuuorllan in dyßen zwitrechtigen getzeiten/ nutzlich vnd wol II nothafftig zu wissen/ Sich dornach zu richten vn II tzu halten/ itzt zum ander mall/ der Chrillstenheyt zu gutte gedruckt besich=lltiget vnd gebesserth. II [...], Leipzig: Valentin Schumann 1528 (VD 16 Ρ 1304; Köhler 4365). 74 Vgl. Anm. 13.

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wecken versuchen" sofort drucken (Nr. 31.1). Bisher sind 11 verschiedene Drucke bekannt, was von dem großen Interesse zeugt. Bereits am 22. Mai veröffentlichte Philipp von Hessen eine „Entschuldigung auf die Artikel, so seinen fürstlichen Gnaden aufgelegt sind" (Nr. 31.2), zu dieser Zeit noch immer von der Existenz des altgläubigen Bündnisses überzeugt und ohne die Kriegsvorbereitungen zu stoppen. Zwischenzeitlich hatte auch der sächsische Kurfürst durch eine Gesandtschaft nach Prag König Ferdinand informiert, worauf dieser am 24. Mai schriftlich antwortete (Nr. 31.3). Am 25. Mai gab Kurfürst Joachim I. von Brandenburg seine Antwortbriefe an Kurfürst Johann von Sachsen und an Landgraf Philipp von Hessen wegen deren Anschuldigungen zum Druck (Nr. 31.4). Am 27. Mai folgten die „Entschuldigungen" des Kurfürsten und Erzbischofs von Mainz, Albrecht von Brandenburg (Nr. 31.5), und am 28. Mai des Würzburger Bischofs Konrad von Thüngen (Nr. 31.6). Am 1. Juni äußerte sich noch einmal König Ferdinand mit einer öffentlichen „Verantwortung" (Nr. 31.7), und am 5. Juni ließen die Herzöge von Bayern Wilhelm IV. und Ludwig X. ihre Antworten an das Reichsregiment, an Philipp von Hessen und ein allgemeines Ausschreiben im Druck ausgehen (Nr. 31.8). Nachdem er bereits am 3. Juni in einem kurzen Brief an das Reichsregiment Stellung genommen hatte, antwortete schließlich am 8. Juni auch Erzbischof Matthäus Lang von Salzburg mit einer öffentlichen Erklärung auf die Anschuldigungen (Nr. 31.9). Die meisten dieser Drucke liegen in mehreren Ausgaben vor. In direktem Zusammenhang mit den Packschen Händeln steht auch eine undatierte „Verantwortung und wahrhaftige Entschuldigung" des Magdeburger Rates, in der die Aussage in der gefälschten Bündnisurkunde über die Zugehörigkeit Magdeburgs zum Erzstift Mainz zurückgewiesen wird (Nr. 31.10). Zu Nachspielen kam es auch noch in den folgenden Monaten. Obwohl Luther durch Kurfürst Johann über dessen Friedensverhandlungen mit Brandenburg und dem Herzogtum Sachsen sowie den Friedensschlüssen mit Würzburg, Bamberg und Mainz informiert worden war, äußerte er noch Mitte Juni in Briefen seinen Verdacht, daß das altgläubige Fürstenbündnis bestanden habe, und sah in der Entschuldigung Herzog Georgs geradezu eine Bestätigung dafür. Herzog Georg erfuhr davon Ende Oktober. Von ihm zur Rede gestellt, wich Luther einer klaren Antwort aus, obwohl inzwischen Otto von Pack verhaftet und als Fälscher entlarvt worden war. Nachdem sich Georg im November die Beweise für Luthers briefliche Äußerungen verschafft hatte, veröffentlichte er am 19. Dezember gegen Luthers Bosheit „Welcher Gestalt wir von Martin Luther des gedichteten Bündnisses halber angegeben" (Nr. 42). Dabei wies er auf einige offenkundige Fehler in der angeblichen Bündnisurkunde hin, die Luther hätte bemerken müssen. Daraus folgerte er, daß Luther wissentlich lüge, ja möglicherweise die Fälschung selbst veranlaßt habe. Luther erwiderte mit einer scharfen Polemik „Von heimlichen und gestohlenen Briefen" 75 , worauf der Herzog am 22. Januar 1529 mit dem „kurzen Bericht auf neue rasende 75 WA 30 Π, S. Iff.

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Lügen Luthers" (Nr. 44) antwortete. Luther sei wegen seiner Entlarvung vor Zorn rasend und unsinnig geworden. Er behaupte nach wie vor, daß er von dem Bündnis wisse, habe aber keinerlei Beweise. Er versuche nur, Zwiespalt zwischen dem Herzog und dem Kurfürsten zu säen und den gemeinen Mann zum Aufruhr zu reizen. Wenn der Herzog Luthers Feind wäre, wie dieser behaupte, hätte er die Mittel, Luther zu beseitigen. Er halte sich jedoch an den Speyrer Reichsabschied von 1526, und das möge Luther auch tun. Luther hatte seinen „heimlichen und gestohlenen Briefen" am Schluß ein Gebet angehängt, in dem er den 7. Psalm gegen Herzog Georg ausdeutete. Der Herzog war in seiner Replik darauf nicht eingegangen. Das besorgte sein Hofkaplan Johannes Cochläus, der bereits einen Tag nach den „neuen und rasenden Lügen" sein Pamphlet „Wie verkehrlich Martin Luther den 7. Psalm verdeutscht und mißbraucht" (Nr. 45) vorlegte. Darin bekräftigt er die Replik seines Herrn und gibt eine eigene Auslegung des 7. Psalms, in der er diesen als Gebet des Herzogs gegen Luther wendet. 1528 wurde auch in der altgläubigen Publizistik die Täuferfrage aufgegriffen. Zumeist galten die laufer wie alle Radikalen als Ausgeburten Luthers und wurden in der Polemik gegen diesen ausgespielt, ohne sie einer Beschäftigung als selbständige Größe zu würdigen. Eine Ausnahme bildete Johann Fabri, der sich intensiv mit dem Taufertum auseinandersetzte. Durch seine lange Bekanntschaft, ja Freundschaft mit Balthasar Hubmaier (vgl. Laube/Schneider/Weiß, Bd. 1, Nr. ΠΙ If.) aus gemeinsamer Studienzeit verfolgte er dessen Entwicklung zum „Patron und ersten Anfänger der Wiedertäufer". Nach dessen Festnahme im Sommer 1527 führte er mit dem Gefangenen ein langes Gespräch, und nachdem Hubmaier am 10. März 1528 hingerichtet worden war, veröffentlichte Fabri sofort seine „Ursach, warum Doktor Balthasar Hubmaier verbrannt wurde" (ebd. Bd. 2, Nr. V 7). Freilich schildert er darin mehr die Entwicklung und das Wirken Hubmaiers, als daß er sich substantiell mit den täuferischen Lehren auseinandersetzt. Das geschah dann im April 1528 vor den mährischen Landständen. In Mähren hatten viele Täufer, die aus anderen Ländern vertrieben worden waren, eine Heimstatt gefunden. Auf Drängen König Ferdinands beriet der mährische Landtag Maßnahmen gegen sie. Bei dieser Gelegenheit hielt Fabri fünf Predigten „Wider die gottlosen Wiedertäufer", die er unmittelbar danach drucken ließ (Nr. 32). Die erste gibt einen kurzen Abriß zur Taufpraxis in der Kirchengeschichte, eine kurze biblische Begründung für die Rechtmäßigkeit der Kindertaufe und setzt sich mit den apokalyptischen Erwartungen der laufer auseinander. Die zweite prüft die Rechtmäßigkeit der Kindertaufe anhand des Alten Testaments, die dritte anhand des Neuen Testaments, jeweils in Auseinandersetzung mit Argumenten der Täufer. Die vierte Predigt benennt weitere Ursachen für die Kindertaufe und widerlegt die Auffassung der Taufer, daß am Jüngsten Tag auch die Teufel selig würden. Die fünfte argumentiert vor allem mit den Kirchenvätern und beschäftigt sich mit der Obrigkeitsfeindlichkeit der Taufer. Den letzten Hieb erhält wiederum Luther als Ziehvater der Taufer.

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Fabri war es auch, der Augustinus Marius, zu dieser Zeit bereits in Freiburg, Anfang März 1529 dazu veranlaßte, seine bereits 1527 geschriebene Stellungnahme zur lauferfrage doch noch zu veröffentlichen. 1527 hatte sich ein in Basel inhaftierter laufer bereit erklärt, vor dem Rat eine Thesenreihe zur Tauffrage zu verteidigen. Der Rat hatte zugestimmt und die Thesen neben Johannes Oekolampad auch Marius zukommen lassen. Dieser hatte sich jedoch geweigert, in Gegenwart Oekolampads und anderer reformatorischer Geistlicher an der Disputation teilzunehmen und hatte seine Stellungnahme schriftlich eingereicht. Eine Veröffentlichung beabsichtigte er nicht. Erst als ihn Fabri dazu überredete, machte er sie im März 1529 für den Druck fertig. Aus unbekannten Gründen erschien sie allerdings erst 1530 (Nr. 51). Nach einer Schilderung der Vorgänge in Basel behandelt er in Form einer Disputation die Thesen des Täufers 1. von der Kindertaufe, 2. von der Obrigkeit, 3. vom Eidschwören und 4. von Menschenlehren. Er läßt durchblicken, daß er Oekolampad für schlimmer hält als den laufer, der der Kirche in manchen Fragen näher stehe als der Baseler Reformator. Ein Anhang schildert die Begegnung mit Fabri und nochmals die Vorgänge um die Baseler Tauferdisputation. „Daß die Wiedertaufe irrig sei" (Nr. 33) betonte 1528 auch der Leipziger Theologe Gregor Breitkopf. Diejenigen, die die Erwachsenentaufe begehren, begehen eine schwere Sünde gegen das Taufsakrament und kreuzigen Christus noch einmal. Alle biblischen Argumente der Taufer beruhen auf falscher und ketzerischer Auslegung der betreffenden Bibelstellen, besonders Mark. 16. Richtig und verbindlich ist allein die Taufordnung der vom heiligen Geist geleiteten und deshalb unfehlbaren allgemeinen christlichen Kirche. Eine „Kurze Schlußrede wider den Irrsal der neugerotteten Taufer" steuerte Ortolf Fuchsberger (in späteren Schriften „Licentiat des kaiserlichen Rechts") bei. 76 Auch er konzentriert sich auf die Auseinandersetzung mit den biblischen Bezugsstellen der Taufer und betont besonders die Rolle der Beschneidung im Alten Testament als Figur der neutestamentlichen Taufe. Im Streit zwischen den Magdeburger Dominikanern und den lutherischen Predigern um die Messe war Ende 1527 eine kurze Pause eingetreten. Johannes Mensing nutzte sie als Hofprediger und Erzieher der Fürstensöhne in Dessau zu einem „Gründlichen Unterricht, was ein frommer Christ von der heiligen Kirche, von der Väter Lehre und von der Heiligen Schrift halten soll" (Nr. 30): Im gegenwärtigen Zwiespalt kann die Wahrheit nur auf einer Seite sein. Sie liegt bei der Kirche, die das vertritt, was seit 1500 Jahren wahr ist. Die andere Seite ist untereinander zerstritten und will die Kirche vertilgen. Das beweisen die schrecklichen Artikel Hubmaiers, die aus Luthers Schule stammen. Rechtgläubige Christen sollen 76 Ortolf Fuchsberger, Kurtze schloßrede willder den jrsall der neügerottenn II Tauffer: darin der kinder II tauf bestettigt vn des=llhalb vnchristenlich ver=llneürt wird. II [...], Landshut: [Johann Weißenburger 1528] (VD 16 F 3271; Köhler 1221).

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den Lehren der Kirchenväter folgen. Ohne ihre Auslegung ist die Heilige Schrift nicht verständlich. Das beweist nicht zuletzt der heftige Streit unter den Lutherischen um Auslegungsfragen. Den Evangelien ist nur deshalb zu glauben, weil sie von der mit dem Heiligen Geist begabten Kirche angenommen wurden. Die Kirche ist nicht unsichtbar; ihre Ordnung ist Gottes Ordnung. Die Kirche hat den Geist der Wahrheit und kann nicht irren. Die Kirche ist mehr als die Schrift. Die Schrift ist um der Kirche willen, nicht die Kirche um der Schrift willen. Die Kirche verkörpert den Geist Christi, die Schrift ist nur die Schale. Es gibt nichts im Himmel und auf Erden, das über der Kirche steht außer Gott. Die Kirche ist die Versammlung aller Rechtgläubigen; wer sich von ihr absondert, ist des Todes. Sie wird von den Prälaten repräsentiert und regiert. Wer dagegen predigt, predigt Aufruhr. Wenn Luther die Kirche allein an die Schrift binde und jede kirchliche Ordnung außerhalb der Schrift ablehne, vergehe er sich gegen Gottes Ordnung. Wort und Ordnung der Kirche sind Wort und Ordnung Gottes und bedürfen nicht der Schrift. Die Kirche verkörpert den lebendigen Geist; die Kirchengemeinschaft bestünde auch weiter, wenn alle Bücher umkämen. Man soll die Schrift nicht verachten, doch man muß sich bewußt sein, daß die Kirche darüber steht. Außerhalb der Kirche gibt es keine Seligkeit. Die römische Kirche ist das einigende Band aller Christen. Kein Mißstand in Rom kann so groß sein, daß man sich von der Kirche absondert. Auch von Dessau aus verfolgte Mensing die Vorgänge in und um Magdeburg weiter. Als Nikolaus von Amsdorf (vgl. Laube/Schneider/Weiß, Bd. 1, Nr. I 19, 21, Bd. 2, Nr. IV 11), inzwischen führender reformatorischer Theologe Magdeburgs, am 8. März 1528 in Goslar über Luthers Rechtfertigungslehre predigte, nahm Mensing das zum Anlaß, die Goslarer und Braunschweiger vor dem lutherischen Gift zu warnen. In seinem „Bescheid, ob der Glaube allein ohne alle guten Werke genug sei zur Seligkeit" (Nr. 36) setzt er 12 Fundamente gegen Luthers Rechtfertigungslehre. Luther und Amsdorf verabsolutieren Aussagen des Paulus, ohne entgegenstehende Schriftstellen zu beachten. Petrus habe darauf hingewiesen, daß viele Sprüche des Paulus dunkel und schwer verständlich seien. Es gehe nicht um Werke schlechthin, sondern um gute, löbliche Werke. Ein Werk sei gut, wenn es Gottes Ehre diene, auch wenn es in der Schrift nicht geboten sei. Rechtfertigung vor Gott erreiche man nicht durch den Glauben allein, sondern dieser müsse durch gute Werke bestätigt werden. Allein deijenige Glaube rechtfertige, der durch die Liebe und durch gute Werke wirkt. Die Lutherischen im allgemeinen und Amsdorf im besonderen fälschen Paulus und lechzen nach dem Blut der Rechtgläubigen. Amsdorf reagierte sofort mit „Daß der Paulermönch zu Dessau, Johann Mensing, im Glauben und über den Werken ist unsinnig, toll und töricht worden". 77 Darauf erwiderte Mensing noch 1528 mit der „Errettung des christlichen Bescheids den Glauben und gute Werke belan-

77 Vgl. V D 16 A 2335; Köhler 117.

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gend". 78 Amsdorf habe nicht zur Sache, sondern nur mit Toben und Schmähen geantwortet. Wer mit Dreck ficht, wird besudelt, ob er gewinnt oder verliert. Satz für Satz zitiert er Amsdorfs Pamphlet und kommentiert ausführlich. In der Substanz ergibt sich jedoch nichts Neues. Auch in Magdeburg selbst ging 1528 die heftige Auseinandersetzung zwischen den Dompredigern und Amsdorf weiter. Mehreren Schriften Amsdorfs gegen die Domprediger79 antworteten diese mit einer Abhandlung „Von Glauben und guten Werken, was die vermögen zur Rechtfertigung" 80 , mit einer „Replica, dadurch verlegt wird und verantwortet das Laster- und Schmachbüchlein, auch das Erbieten der Disputation, so Amsdorf getan hat" 81 und einer ,Anzeigung und Ursachen, warum die angedrungene Disputation in Magdeburg nicht ihren Vorgang gehabt" 82 . In Leipzig versuchte man 1528, Martin Luther wegen seiner drei Jahre zurückliegenden Hochzeit mit Käthe von Bora zu diskreditieren. Ein Kreis um den einflußreichen Hieronymus Waither, den jungen Dekan der Artistenfakultät Johann Hasenberg und den jungen Poeten Joachim von der Heyde verfertigte im August einen lateinischen und deutschen „Sendbrief an Käthe von Bora, Luthers vermeintliches Eheweib" (Nr. 37), der mit einer ins Deutsche übersetzten angeblichen Epistel des Kirchenlehrers Ambrosius an eine schwangere Nonne durch Boten in Wittenberg übergeben wurde. Luther wird bezichtigt, seine Nonne aus dem Kloster gelockt und mit ihr in offener Unzucht gelebt zu haben; das könne auch durch die Ehe nicht abgewaschen werden, die ungültig und teuflisch sei. Beiden Eheleuten wird wegen des Bruchs der Klostergelübde neben weltlicher Strafe die ewige Strafe Gottes angedroht; Käthe von Bora werden gräßliche Höllenqualen ausgemalt. Der Leipziger Bote wurde in Wittenberg nicht von Luther empfangen, sondern durch dessen Personal abgefertigt. Auskunft darüber gibt die 78 Johannes Mensing, Errettunge II Des Christlichen Bescheydts: den II Glauben vnd gute wercke belang=llende/ von der lesterlichen vnd vnchristlichen schme=llhunge/ so Nicol Amßdorff vormeynter prediger/ II vnd warhafltiger vorfuerer zu Maglldeburgk/ dargegen ge=llschrieben. II [ . . . ] , [Leipzig: Jakob Thanner] 1528 (VD 16 Μ 4647; Köhler 3344). 79 Vgl. VD 16 A 2337, 2350f., 2328, 2395f.; Köhler 118, 120f., 116, 122f. 80 Vom Glaw=llben vnd guten wercken/ was II die vormogen zur rechtfertigung vn II seligkeyt/ Christliche vnderrichtung II der prediger der Ertzbischofflichenn II Kirche zu Magdeburgk/ was sie dorllvon gelert haben Darynne auch vor=lllegt wirt das schmachbuchleyn/ Weichs Niclas Amßdorff dollwider hat lassen auß=llgehen. II [...], [Leipzig: Nickel Schmidt] 1528 (VD 16 V 2345; Köhler 3175). 81 Replica der Thumprelldiger tzu Magdeburgk/ dadurch vorlegt wirt II vnd vorantwort/ das laster vnnd schmachbuchleyn/ II auch das erbieten zur disputation/ auff den kunff=lltigen reychßtag zu Regenspurgk mitt II sicherem geleyt so Amßdorff durch II das selbige gethan hat. II [...], [Leipzig: Nickel Schmidt] 1528 (VD 16 R 1159; Köhler 3174). 82 Antzeygung vnd vrsa=llchen/ warumb die gesunnen vnnd angedrungen II Disputation yn der Alten Stadt Magdeburgk II nicht yhren Vorgang gehabt/ Wollen wir prediger der II Ertzbischoffliche kirchen doselbst allen fromme II Christen durch disen vnsern vndericht II angetzeygt haben. II [Leipzig: Nickel Schmidt] 1528 (VD 16 A 3022; Köhler 3173).

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„Neue Zeitung von Leipzig" (Nr. 38), eine durch die Wittenberger verfaßte Ausgabe fingierter Briefe Altgläubiger. In ihnen wird die Übergabe der Leipziger Briefe in Wittenberg übel persifliert. Luthers Gesinde habe sich mit den Briefen den Hintern abgewischt und diese mit Kot beschmutzt an den Überbringer zurückgegeben. Die Leipziger Verfasser und Urheber wurden in einem Begleitbrief als vierzigfache Esel der Lächerlichkeit preisgegeben. Joachim von der Heyde antwortete mit einer „Bedingung" (Nr. 37), man könne von den Wittenbergern nichts anderes als stinkende Kunst lernen. Im übrigen werde man schon dafür sorgen, ihnen in Leipzig das Maul zu stopfen. Üble Tiraden ohne Substanz gegen Luther und alle beweibten Pfaffen und Mönche veröffentlichte 1528 auch der Kaplan an der Dresdener Schloßkirche Wolfgang Wulffer (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 11) in der Schrift „Tacianus der Erzketzer in Griechenland hat verboten ehelich zu werden, Luther der Erzketzer in Deutschland gebietet ehelich zu werden, beide wider St. Pauls Text 1. Kor. 7". 8 3 Nach den fünf Sermonen gegen die Täufer veröffentlichte Johann Fabri 1528 noch eine Reihe weiterer Predigten zu unterschiedlichen Themen, die z.T. bereits früher gehalten worden waren. So hatte er während des Reichstags von Speyer im dortigen Hohen Stift achtmal über die acht Seligkeiten gepredigt und faßte sie nun in einer Schrift zusammen.84 Sie handeln von der Demütigkeit, der Sanftmütigkeit, dem Trost für die Leidenden, der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit, vom reinen Herzen, der Friedsamkeit und der Verfolgung der Gerechten. Die Sermone tragen erbaulichen Charakter ohne Bezug zu aktuellen Ereignissen. Gleich 15 Predigten hielt Fabri um die Osterzeit 1528 in Prag über das Altarsakrament.85 Sie handeln 1. von der Notwendigkeit des Glaubens im allgemeinen und bei den Einsetzungsworten Christi im besonderen, an denen man nicht deuteln dürfe; 2. von den Ursachen der Abtrünnigkeit derer, die wie Karlstadt die Einsetzungsworte unterschiedlich auszudeuten versuchen; 3. vom Osterlamm des Alten Testaments als Figur des Opfertods Christi; 4. vom Himmelsbrot Manna und der Bedeutung der Worte: das Fleisch ist zu nichts nütze und das Wort ist Fleisch geworden; 5. von den biblischen Zeugnissen gegen die Sakramentsstürmer und insbesondere von der Gewißheit, daß Christus nach der Wandlung in der Messe unter den Gläubigen ist; 6. von der Spendung des Sakraments in einer Gestalt; 7. von der wahrhaftigen Anwesenheit Christi im Sakrament; 8. vom un83 Wolfgang Wulffer, Tacianus der ertzllketzer in Krichen=llland/ hat verpotten Ehelich II zu werden/ Luther der Ertzketzller in Dewtschen land/ gepewt II Ehelich zuwerden/ beydes wi=llder .S. Pauls Text .1. Corin. VIJ. II [...], Dresden: Wolfgang Stockei 1528 (VD 16 W 4582). 84 Johann Fabri, Etlich serllmon/ von den Acht II Seligkeiten: Geprediget in der II hohen Stifft/ zü Speyr/ II auf dem Reichstag/ II durch Doctor II Johann II Fabri. II Wien: Johann Singriener 1528 (VD 16 F 210; Köhler 1108). 85 Johann Fabri, Etliche Sermonn II von dem hochwir=lldigen Sacrament/ wares II leib νή plüt Christi/ gepre=lldiget zü Prag jn Behem II auff sandt Wentzelß=llberg/ durch Doctor II Johann Fabri II auf die Oster=llliche zeyt. II Anno 1528. II Wien: Johann Singriener 1. Juli 1528 (VD 16 F 208; Köhler 1109).

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gläubigen Thomas und dem Wesen des Glaubens; die Wahrheit des Glaubens liegt bei der Kirche und nicht bei den Abtrünnigen; 9. von der Rolle des Glaubens im Kampf gegen die Türken; 10. von der Notwendigkeit der Schriftauslegung durch die Kirche, nicht durch Abtrünnige und Schwärmer; 11. vom Segen des Brotes; 12. vom Opfer des Altars und der Meßliturgie; 13. von der sichtbaren Opferung des Leibs und Bluts Christi in der Messe gegen die Auffassung, im Sakrament seien nur Brot und Wein; 14. nochmals vom Opfercharakter der Messe und 15. nochmals vom Himmelsbrot Manna und von der Richtigkeit der kirchlichen Lehren. In Prag verfaßte Johann Fabri auch eine Abhandlung „Wie sich Johannes Hus', der Pickarden und Johann von Wesels Lehren mit Martin Luther vergleichen".86 Anliegen ist der Nachweis, daß Luther der schlimmste aller Ketzer ist. In 30 Punkten gehe Luther über Hus hinaus. Von den Pickarden als einer waldensischen Sekte stellt Fabri 29 Artikel zusammen, die von Luther an Ketzerei überboten würden. Bei Johann von Wesel findet er 31 Punkte, in denen dieser christlicher gelehrt habe als Luther. Zusammengefaßt sprächen die 90 Artikel so sehr gegen Luther, daß seine drei Vorläufer ihn heute als Erzketzer fliehen würden, ja alle Ketzer der vorangegangenen Geschichte würden Luther verdammen. Vier weitere Schriften brachte 1528 Johannes Buchstab heraus. Die erste, seine insgesamt fünfte, handelt „Von Fürbitte der Mutter Gottes, der lieben Heiligen und Engel Gottes". 87 Eine breite Zusammenstellung von Bibelstellen und Zeugnissen der Kirchenväter soll belegen, daß durch Anrufung und Fürbitte der Heiligen Gnade erwirkt werden kann. In „Vier Artikel, einem jeglichen christlichen Menschen not zu tun und zu halten" 88 , seiner sechsten Schrift, bringt er erneut durch Bibelstellen und Kirchenväterzitate Belege für die Notwendigkeit und Nützlichkeit des Fastens, des Gebets, der Beichte und der Buße. In seiner siebenten Schrift verteidigt Buchstab auf gleiche Weise das Fegfeuer und informiert am Schluß über sein ursprüngliches Buch von 1523 und die schließliche Aufteilung in 10 Einzelschriften.89 86 Johann Fabri, Wie sich Jo=llhannis Hußs/ der Pi=llckarder/ vnd Joannis II vö wessalia/ Leren vnd II buecher mit Martino Luther II vergleichen. II [ . . . ] , Leipzig: Valentin Schumann 1528 (VD 16 F 246; Köhler 1123). 87 Johannes Buchstab, Von fürbit der mutter goteß II Marie/ der lieben helgen/ vnd Englen II Gottes/ durch Joannem Büch=llstab von Winthertur yetzllund in der christliche II stat Freyburg in II yechlandt II wonende II [ . . . ] , [Straßburg: Johann Grüninger 1528?] (VD 16 Β 9060 mit Zuweisung: um 1526; Köhler 411 mit Zuweisung: [1527?]). 88 Johannes Buchstab, Uier artickel II (einem jetlichen Cristenliche II menschen not zethün vnd zehalten) vff II das kürtzest begriffe/ Nämlich/ Fast=llen/ Betten/ Beichte/ vn büß thün/ II [...], [Straßburg: Johann Prüß d.J. 1528] (VD 16 Β 9054; Köhler 406). 89 Johannes Buchstab, Uon dem fegfeür II mit sampt einem bescluß über II zehen vßgangnen buchlin Johann Büch=llstab vö Winthertur. Jetzt wonend in der II Christliche stat Fryburg in yechtland. II [ . . . ] , [Straßburg: Johann Prüß d.J.] 1528 (VD 16 Β 9057; Köhler 408).

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Als achte Schrift Buchstabs erschien 1528 „Daß die biblischen Schriften eine geistliche Auslegung haben müssen" (Nr. 41). Darin begründet auch er, daß die Schrift dunkle Stellen und widersprüchliche Aussagen enthalte, die der verbindlichen Auslegung durch die Kirchenlehrer und die Kirche bedürften. Vieles stehe auch nicht in der Bibel, was zu den grundlegenden Stücken des Glaubensbekenntnisses oder zu den Satzungen der Apostel gehöre. Die Schrift beziehe ihre Kraft aus der Bestätigung durch die Kirche. Die Lehren der Kirche seien letztlich verbindlich und als Gottes Wort anzunehmen. Mit den Abtrünnigen wolle Gott nichts zu schaffen haben. Eine neunte Schrift Buchstabs, geschrieben im April 1528, erschien dann noch 1529 mit einer „Eigentlichen und gründlichen Kundschaft, daß Ulrich Zwingli ein falscher Prophet sei". 90 Adressiert an die Eidgenossenschaft, polemisiert Buchstab gegen Auftreten und Praktiken der Zwinglischen auf der Berner Disputation vom Januar 1528, an der er selbst eifrig teilgenommen hatte. Alle Schriftstellen über falsche Propheten deutet er auf Zwingli als den Vorläufer des Antichrists. Zwingli gebe wie alle Abtrünnigen vor, Gottes Wort zu predigen, und doch predigten alle gegeneinander teuflische Lehren. Obwohl Luther als Erzketzer überführt sei (dazu folgt eine Aufzählung der altgläubigen Polemiker gegen Luther) und das Blutbad von 1525 verursacht habe, sei Zwingiis Lehre schlimmer als die Luthers. Eine spezielle Auseinandersetzung mit Oekolampad führt zum selben Ergebnis: Zwingli ist schlimmer. Eine zehnte Schrift Buchstabs ist nicht mehr bekannt. In Konstanz waren gegen Ende des Jahres 1528 die Spannungen zwischen der Stadt und dem Domkapitel so ernst geworden, daß Bischof und Domkapitel ihr altes Stift verlassen und nach Überlingen umziehen mußten. Um Gerüchten entgegenzuwirken, will Bischof Hugo von Hohenlandenberg (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 31) in einer „wahrhaften und grundfesten Verantwortung etwelcher Schmachschriften von Bürgermeister und Rat der Stadt Konstanz" 91 die wahren Ursachen des Umzugs klarstellen. Die Konstanzer hätten durch ihr unverschämtes Schmachbuch92 dem Bischof und dem Domkapitel eine Mitschuld für ihren Abfall vom Reich gegeben, in90 Johannes Buchstab, Eygentliche vnd II Gründtliche kuntschafft II auß Götlicher Biblischer geschrifft/ daß II M. Virich zwinglein/ eyn falscher II Prophet/ vn verfurer des Chri=llstenlichen volcks ist/ durch II Johan büchstab/ der II loblichen Christ=lllichen Statt II Friburgk II in Vechtlandt Schul=llmeyster. II [...], [Hagenau: Wilhelm Seltz] 1529 (VD 16 Β 9050, vgl. auch 9051; Köhler 404). 91 Hugo von Hohenlandenberg, Des Hochwirdige Fürllsten vnd herren herrn Hugen Bischo=lluen zu Costanntz/ warhafft vnnd grundtueste II Verantwurttung etw6lcher Schmachsch=llrifftenn/ damit sein Fürstliche Gnadenn II vnd deren Erwürdig Thumcapittel II von Burgermayster vnnd Rath II der Stat Costantz hochliche II beschwert/ vnnd yhrer F. II würden/ eren/ vnd gut=llte leümdens mit vn=llwarhafftem ge=lldicht angezo=llgen vfi verllletzt sey=llen. II M.D.XXVin. II [o. O.] (VD 16 Κ 2020); ein Nachdruck [Augsburg: Silvan Otmar] 1528: VD 16 Κ 2021; Köhler 1648. 92 Vgl. V D 16 Κ 2023; Köhler 2065.

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dem sie behaupten, diese hätten Kaiser Karl V. veranlaßt, der Stadt ihre Freiheiten zu nehmen und dem Domstift zu übertragen. Der Bischof druckt Briefe Karls V. und Auszüge aus der Goldenen Bulle Karls IV., die belegen sollen, daß sich Konstanz grundlos vom Reich losgesagt hat. Die städtischen Obrigkeiten wollten nur den gemeinen Mann gegen das Stift aufhetzen. Weitere Streitigkeiten betreffen wechselseitige Ansprüche auf Obrigkeitsrechte, die nach Darstellung des Bischofs von Seiten des Kapitels stets nach geltendem Recht, auf der Grundlage des Speyrer Reichsabschieds und ohne Beeinträchtigung der städtischen Freiheiten wahrgenommen wurden. Der Bischof bietet die rechtliche Austragung des Streits an unter der Voraussetzung, daß dem Stift seine von der Stadt entzogenen Rechte und Güter restituiert werden. Im albertinischen Sachsen hatte der Bischof von Meißen am 26. Februar 1528 in einem Mandat die Einhaltung der Beicht- und Abendmahlsvorschriften gefordert und die Lästerung der Sakramente verurteilt. Luther reagierte darauf im Oktober 1528 mit einem „Bericht an einen guten Freund" 93 , in dem er besonders die Reichung des Abendmahls in beiderlei Gestalt begründete und den Bischof wie andere Fürsten beschuldigte, sie wollten Bündnisse gegen die Lutherischen schließen und Aufruhr im Reich erwecken. Darauf antworteten Johannes Cochläus 1529 mit einer lateinischen94 und zwei deutschen Schriften, Johannes Mensing 1529 und Hieronymus Dungersheim 1530 mit je einer deutschen Schrift. In der „Verteidigung des bischöflichen Mandats zu Meißen gegen Luthers Scheltworte" (Nr. 43) vom 9. Januar 1529 verbindet Cochläus die Verteidigung des Altarsakraments in einer Gestalt mit einer breitangelegten Polemik gegen Luthers Lehren und Wirken. Dieser handle nur aus Neid, weil es ihm nicht gelungen sei, die Kirche zu vernichten. Obwohl er Sikkingens Krieg gegen Trier unterstützt und die Bauern zum Aufstand gereizt habe, stehe die Kirche immer noch auf festem Grund. Das ergänzte Cochläus bereits einen Tag später mit „25 Ursachen, unter einer Gestalt das Sakrament den Laien zu reichen". 95 Mensing antwortete mit „Von Konkomitantien und ob Jesus Christus im Sakrament vollkommen sei". 96 Unter Konkomitantien versteht er den festen Glauben an die Wahrheit der Worte Christi. Dieser müsse auch für die Einsetzungsworte des Abendmahls gelten, die beweisen, daß Christus leibhaftig, lebendig und vollkommen im Sakrament des Brotes anwesend

93 WA 26, S. 555 ff. 94 Vgl. VD 16 C 4318; Köhler 566. 95 Johannes Cochläus, XXV. Vrsachen/ vnllter Eyner gstalt das II Sacrament den ley=llen zu reichen. II [...], Leipzig: Valentin Schumann 1529 (VD 16 C 4316; Köhler 567); eine niederdeutsche Ausgabe: VD 16 C 4317. 96 Johannes Mensing, Von der Con=llcomitantien: vnnd ob II Hiesus Christus vnßer herre ym Sa=llcramet seyns waren heylige leibs II vn bluts volkomen sey: Widder II Merten Luthers gotzlesterl=llche schmehungen/ yn eine bellricht widder des Bischoffs II von Meissen Mandat II geschriben. II [...], [Frankfurt/Oder: Johann Hanau 1529] (VD 16 Μ 4663; Köhler 3352).

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ist. Das belegen nicht nur die Worte der Schrift, sondern auch Zeugnisse der Kirchenväter. Luthers Schrift wird ausführlich zitiert und in diesem Sinne kommentiert. Wenn Luther jetzt versuche, sich durch seine Schriften gegen Karlstadt, Oekolampad und Zwingli weißzuwaschen, so wolle er nur von der Tatsache ablenken, daß er ihr Führer war. Schließlich antwortete Dungersheim mit einer erst 1530 in einem Sammeldruck veröffentlichten „Wahren Widerlegung des falschen Büchleins Martin Luthers von beider Gestalt des hochwürdigen Sakraments".97 Dungersheim hatte an der Visitation des Meißner Bistums teilgenommen und dabei nach seinen Worten die Vermessenheit und ketzerische Falschheit der lutherischen Kritik am Bischof vermerkt. Deshalb nimmt er sich Satz für Satz Luthers Schrift vor und versieht sie mit ausführlichen und umfangreichen Kommentaren und Widerlegungen. Mit der Visitation im Kurfürstentum Sachsen hatte Luther seinen Gegnern neuen Anlaß zu Polemik gegeben. Im März 1528 war der „Unterricht der Visitatoren"98 erschienen, durch den die Reformation sichtbar in ihr ordnendes Stadium eintrat. Für die Altgläubigen war er das Eingeständnis des Scheiterns der Reformation, ja eine Umkehr zu Strukturen der alten Kirche. Als erster reagierte Johann Fabri. Bereits im Juli 1528 formulierte er in Prag eine „Christliche Unterrichtung über etliche Punkte der Visitation im Kurfürstentum Sachsen" 99 , die im September 1528 in Dresden mit einem Nachwort von Johannes Cochläus veröffentlicht wurde. In 63 Kapiteln nimmt er Punkt für Punkt zu den Forderungen an die Visitatoren und zu den geplanten Maßnahmen Stellung und arbeitet heraus, wo Luther von bisherigen Lehren abrückt. Am Schluß mahnt er Luther, nun auch vollends umzukehren. Wenn er gegen die Täufer argumentiere, daß die Kindertaufe seit über 1000 Jahren praktiziert werde und die Kirche nicht solange irren könne, dann gelte das auch für die anderen Glaubenslehren und Ordnungen der Kirche, die Luther verwerfe. Cochläus empfiehlt in seinem Nachwort Fabris Schrift als gründliche Zusammenfassung der strittigen Glaubenslehren und weist besonders auf Luthers Rückzieher hin, die jedoch nicht dessen ewige Verdammnis verhindern könnten. Ende 1528 nahm Cochläus den „Unterricht der Visitatoren" zum Anlaß, systematisch Luthers Entwicklungsweg und Widersprüche in Gestalt von sieben Köpfen anhand von Zitaten aus einer großen Zahl von dessen Schriften und Predigten der letzten 10 Jahre nachzuzeichnen. Die sieben

97 Hieronymus Dungersheim, Wore Widerlegung D. Hieronimi II Dungersheym vö Ochsenfart Des II falschen buchleins Martini Lu=llthers von beyder gestald des Hochwir=lldigsten Sacraments. II Leipzig: Valentin Schumann 1530 (dritte Schrift in Etliche buchlin, wie Anm. 20). 98 WA 26, S. 175 ff. 99 Johann Fabri, Christenliche vnder:llrichtung Doctor Johann Fabri/ vber II ertliche Puncten der Visitation/ ßo im Churfurstenthumb Sachs=llsen gehalten/ vnd durch Luther beschriben/ Welche antzunehmen II vnd zuuerwerffen seyend. II [...], Dresden: Wolfgang Stockei 1528 (VD 16 F 196; Köhler 1104); Nachdruck Köln: Peter Quentel 1529 (VD 16 F 197; Köhler 1105).

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Köpfe — evtl. in Anlehnung an Offb. 12 f. — bedeuten sieben Entwicklungsstufen Luthers: Der 1. und 2., Doktor und Martinus, sind noch recht bescheiden und relativ nahe bei der Kirche; der 3., Luther, gibt sich 1520 offen als Feind der Kirche zu erkennen; der 4., der Ecclesiast, hetzt vor allem in seinen Predigten von 1522 das Volk auf; der 5., der Schwärmer von 1523/1524, ist grob und unbeständig und provoziert selbst radikale Auffassungen, für die er andere schilt; der 6., Barrabas von 1525, ist zum offenen Mordbrenner geworden; der 7., der Visitator von 1528, gebärdet sich als neuer Offizial und will eine neue Ordnung in Anlehnung an die alte aufrichten. Das ganze faßte Cochläus in einem lateinischen „Septiceps Lutherus" 100 zusammen, zu dem er parallel drei deutsche Einzelschriften erarbeitete. In ihnen läßt er die sieben Köpfe als Gesprächspartner miteinander streiten und gibt zu jedem Punkt eigene zusammenfassende Kommentare. Die erste der deutschen Siebenkopfschriften vom Dezember 1528 behandelt die „Sieben Köpfe Martin Luthers vom hochwürdigen Sakrament des Altars" (Nr. 47), über das es derzeitig den größten Streit gebe. Cochläus widmet sie Luthers Landesvater, Kurfürst Johann von Sachsen. In sechs Kapiteln stellt er jeweils Lutherzitate zum Altarsakrament allgemein, zu dessen Verehrung, zum Anbeten, zum Empfang, von beider Gestalt sowie zur Messe zusammen und kommentiert sie in dem Sinn, daß Luther von einer Meinung zur anderen gaukle, um das Volk zu verwirren. Er zerstöre jede Andacht gegenüber dem Sakrament, sei darüber aber selbst erschrocken und polemisiere gegen die Schwärmer, die er hervorgebracht habe. Er verleugne die Anwesenheit Christi im Sakrament und letztlich die Gottheit Christi. Insofern sei er schlimmer als Thomas Müntzer. In vielen Punkten, insbesondere auch im Hinblick auf die Messe, seien Luthers Äußerungen so widersprüchlich, daß er sich mit seinem eigenen Ausspruch strafe: Der Teufel ist der Uneinigkeit Vater. Die zweite der deutschen Siebenkopfschriften vom April 1529 handelt „von acht hohen Sachen des christlichen Glaubens" (Nr. 48): 1. Von christlicher Lehre, vor allem von der Rechtfertigung durch den Glauben; 2. von der Verkündung des Evangeliums, das die Lutherischen nicht recht lehren und nicht nach ihm leben; 3. von den 10 Geboten, deren Luther spottet; 4. von der Furcht Gottes, die Luther dem Volk zuvor ausgetrieben habe und nun durch die Visitatoren wieder einklage; 5. von guten Werken, die Luther vernichtet habe; 6. vom Gebet zu Gott, demgegenüber Luther völlig wankelmütig sei; 7. von Feiertagen, die von Luther willkürlich ein- oder abgesetzt würden, und 8. vom Verdienst der Heiligen, durch deren Lästerung Luther nichts anderes erreicht habe als Frevel und Unzucht der Jugend. Aus Luther spreche eine ganze Legion böser Geister; seine widersprüchlichen Lehren hätten die vielen Sekten und den Aufruhr hervorgebracht. Die dritte der deutschen Siebenkopfschriften vom Mai 1529 handelt „von sieben Sachen des christlichen Glaubens" (Nr. 49): 1. von den Prie-

100 Vgl. VD 16 C 4386; Köhler 574.

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stern, die Luther samt dem Papsttum bekämpft habe, nun aber bekennen müsse, daß unter dem Papsttum viel Gutes wie auch das rechte Predigtamt gewesen sei; 2. vom Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, die Luther beseitigt und dadurch den Aufruhr verursacht und dessen Opfer verschuldet habe; 3. von kaiserlichen Rechten, gegen die sich Luther vergangen habe; 4. von den sieben Sakramenten, 5. von der Gnade der Sakramente, 6. vom Sakrament der Taufe und 7. von der Kindertaufe, über die alle Luther so widersprüchlich und aufrührerisch geschrieben habe, daß dadurch der ganze Aufruhr, Zwiespalt und das Sektenwesen entstanden sei. Immer beruhen Cochläus' Kommentare auf einer breiten Zusammenstellung tatsächlich oder vermeintlich widersprüchlicher Zitate Luthers. Gegen die Sakramentenlehre Kaspar Schwenckfelds (vgl. Laube/ Schneider/Weiß, Bd. 1, Nr. I 14, Bd. 2, Nr. ΙΠ 26) polemisierte Anfang des Jahres 1529 Johann Fabri in einer „Christlichen Ablehnung des erschrecklichen Irrsais, so Kaspar Schwenckfelder in Schlesien wider die Wahrheit des hochwürdigen Sakraments des Leibs und Bluts Christi aufzurichten unterstanden hat". 101 Neben Karlstadt, Zwingli, Oekolampad und anderen ist mit Schwenckfeld ein neuer Sakramentenschänder aufgestanden, der die klaren und eindeutigen Einsetzungsworte Christi willkürlich und falsch auslegt. In seiner bis ins Einzelne gehenden Widerlegung stützt sich Fabri auf Schriftbelege, Aussagen der Kirchenväter und auf die seit der Apostelzeit geltende Praxis der Kirche und sieht in Schwenckfeld einen aus Ruhmsucht sich über Gott erhebenden Lügner. Der durch Herzog Georg von Sachsen geförderte Leipziger Prediger Johannes Koß veröffentlichte zwei Leipziger Predigten vom Februar 1529 „Von Rechtfertigung des Sünders" (Nr. 46). Die erste handelt von Glauben, Liebe und guten Werken als Grundlagen für die Rechtfertigung vor Gott; die zweite setzt sich mit Luthers Rechtfertigungslehre auseinander. Cochläus, der die Reformationsvorgänge im Reich und darüber hinaus sorgfaltig verfolgte und seine zahlreichen Schriften vor allem an solche Adressaten richtete, wo er altgläubige Kräfte in ihrer Auseinandersetzung mit den reformatorischen zu unterstützen hoffte, nahm im Mai 1529 ein Mandat des Herzogs Karl von Geldern gegen die lutherische Ketzerei zum Anlaß, um den Kölner Dominikanern in ihrem Kampf gegen den lutherischen Grafen Wilhelm von Isenburg beizustehen. In seiner „Vermahnung an alle frommen standhaften Christen und die Obrigkeit, wie man sich vor verführerischen Lehren hüten soll" (Nr. 50) verbindet er eine Apologie auf die alleinseligmachende Kirche mit der Ausarbeitung eines Katalogs von Kriterien, anhand derer der ketzerische Charakter von Büchern erkannt werden könne. Einige davon träfen auf Schriften des Grafen von Isenburg 101 Johann Fabri, Doctor Jo=llhann Fabri. II Christenliche ableynung II des erschrSckenlichen yrrsal/ so II Caspar schweckfelder in der Schle=llsy wyd' die warheyt des hochllwirdigenn Sacraments II leibs vn blüts Chri=llsti/ auffzürich=llten understä=lldenn hat. II M.D.xxix. II Mainz: Johann Schöffer 1529 (VD 16 F 192; Köhler 1100); ein Wiener Druck Johann Singrieners vom 18. Februar 1529 (VD 16 F 193f.; Köhler 1101).

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zu, der die Anrufung der Heiligen und die Verdienstlichkeit guter Werke ablehne. Cochläus fordert die Obrigkeiten auf, wie Karl von Geldern die Ausbreitung solcher Schriften zu verhindern, da sie durch deren Tolerierung nur ihre eigene Herrschaft gefährdeten. Die meisten Unruhen und Mißstände gäbe es gerade in lutherischen Gebieten. Mit dem Grafen Wilhelm von Isenburg setzt sich Cochläus auch in seiner „Wahrhaftigen christlichen Strafung eines Büchleins, dem Herrn von Isenburg zugeschrieben" 102 auseinander. Er zitiert 42 Artikel Isenburgs zu unterschiedlichen Themen (Glauben und Werke, freier Wille, Evangelium und Kirche), die letztlich alle darauf hinausliefen, das lutherische Gift zu verbreiten und insbesondere die Autorität und Lehrhoheit der Kirche zu untergraben. Zu jedem Artikel folgt eine „Strafung" durch Cochläus. Da sich der Sakramentenstreit zu einer immer stärkeren Belastung für das reformatorische Lager auswuchs, drängte Landgraf Philipp von Hessen Luther, Zwingli und ihre jeweiligen Anhänger zu einer Verständigung. Schließlich trafen sich Anfang Oktober 1529 die Exponenten der unterschiedlichen reformatorischen Abendmahlslehren in Marburg. Im Ergebnis wurden die Marburger Artikel (vgl. Laube/Schneider/Weiß, Bd. 1, Nr. I 16) verabschiedet und bereits am 5. Oktober gedruckt. Johannes Cochläus, der die Widersprüche im reformatorischen Lager immer als Argument gegen Luther benutzt hatte, griff diesen Einigungsversuch seiner Gegner sofort in einer „Erklärung der strittigen Artikel der Konvokation zu Marburg" (Nr. 52) auf, die im November 1529 fertiggestellt wurde, aber erst Anfang 1530 im Druck erschien. Er sieht in der Marburger Einigung eine Vertuschung der tatsächlichen Gegensätze und einen Betrug an den Gläubigen. Einige Punkte enthielten allgemeine Grundsätze des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, die nie bestritten worden seien, in anderen (Rechtfertigungslehre, Taufverständnis, Obrigkeitslehre) sei die Einigung auf lutherischer Basis, d.h. teuflisch, erfolgt, die aber zwischen den Parteien nie ernsthaft streitig gewesen sei. Die tatsächlichen Gegensätze in der Frage der Messe und des Abendmahls würden hingegen umgangen und existierten weiter. Die Adressierung der Schrift an einen theologischen Berater des altgläubigen Kurfürsten Joachim von Brandenburg sowie der vorangestellte Brief Paul Bachmanns an Herzog Georg von Sachsen deuten darauf hin, daß es bei der „Erklärung" auch um politische Interessen ging. Gerade nach den Packschen Händeln, der inzwischen erfolgten Speyrer Protestation von 1529 und den anhaltenden Gerüchten über ein evangelisches Bündnis gegen die altgläubigen Reichsstände mußte diesen an einer Stellungnahme zu dem Marburger Einigungsversuch gelegen gewesen sein. Unmittelbar nach der „Erklärung" machte sich Cochläus um die Jahreswende 1529/1530 an die „Emstliche Disputation vom heiligen Sakrament des Altars" (Nr. 53), in der er die Hauptstreitpunkte zwischen den verschiedenen Fraktionen des reformatorischen Lagers aufgriff und deutlich 102 Johannes Cochläus, Eyn warhafftige. II Christeliche stroffung. eynes II Buchlins, dem hochgebornen vnd geyst=lllichen Hern Dutsch Ordens, von II Isenburg, zu geschriben. II [...], [Köln: Peter Quentel] 1529 (Köhler 585). 5

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zu machen versuchte, daß deren Meinungsverschiedenheiten weiterbestünden und alle Varianten ketzerische Abirrungen darstellten. Der Hauptgegner ist freilich auch hier Luther. Im Stil der Siebenkopfschriften werden Zitate Luthers gegen die „Schwärmer" zu drei Disputationen vom Leib und Blut Christi im Sakrament, vom Opfer der Messe und von der Gestalt des Sakraments (mit einem ganzen Kapitel aus den Siebenkopfschriften) zusammengestellt, in denen Luther als Vater aller Abirrungen und schlimmer als die Schwärmer erscheint. Ende 1529 verfaßte Johannes Dietenberger 30 „Fragstücke an alle Christgläubigen", gerichtet an die Bürger Frankfurts am Main. 103 Als gebürtiger Frankfurter sieht er mit großer Sorge, wie die falsche Lehre der Pseudoevangelisten auch in Frankfurt wie ein Krebs um sich fresse. Seine 30 Fragen versteht er als ein Summarium allen Mißglaubens und will ihnen die richtigen Antworten entgegensetzen. Sie beziehen sich auf Wesen und Gewalt der Kirche, des Papstes und der Konzilien, auf die Auslegungsnotwendigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit der Schrift, auf Sakramente, Buße, Beichte und Ablaß, auf Gesetz und Evangelium, Glauben und Werke, Kindertaufe und Abendmahl, Messe und Opferung, Fegfeuer, Ehestand, freien Willen, Heiligenverehrung, Gebet, Bilder, Fasten, Zeremonien und Ordnung der Kirche, auf christlichen Bann und Obrigkeitsgehorsam, d.h. auf den ganzen Katalog der strittigen Fragen. Zu jeder Frage gibt er zunächst die Auffassungen der alten Ketzer, dann die der neuen wieder, zeigt auf diese Weise deren Kontinuität und gibt dann jeweils eine christliche, d.h. altgläubige Antwort. Bewußt verzichtet er in der Argumentation auf Zeugnisse der Kirchenväter, weil diese nicht angenommen würden, und stützt sich fast ausschließlich auf biblische Belege. In Frankfurt seien reißende Wölfe am Werk. Er habe das Seine getan; es liege jetzt an den Christen Frankfurts, die Stadt vor den Ketzern zu retten. Anfang 1530 brachte der einflußreiche Nürnberger Ratsschreiber und Lutheranhänger Lazarus Spengler (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, Nr. I 8, II 1, Bd. 2, Nr. ΠΙ 21) anonym die Artikelsammlung „Ein kurzer Auszug aus den päpstlichen Rechten der Decret und Decretalen" 104 heraus, die großes Aufsehen erregte, weil Luther 1520 die päpstlichen Rechtsbücher öffentlich verbrannt hatte und diese nun zur Befestigung seiner Lehren herangezogen wurden. Da Spengler seinen „Auszug" auch als Entgegnung auf Cochläus' Auslegung des 7. Psalms (Nr. 45) verstanden wissen wollte, fühlte sich dieser besonders angesprochen und konterte mit einer Antwort „Auf den deutschen Auszug übers Dekret" (Nr. 54), die im April 1530 erschien. Cochläus sieht im „Auszug" einen besonders listigen Versuch, den geistlichen Stand anhand des Kirchenrechts zu diskreditieren und zugleich mit verdecktem Gift auch gegen die altgläubigen weltlichen Obrigkeiten zu hetzen. Die ausgezogenen Artikel aus dem kanonischen Recht 103 Johannes Dietenberger, Fragstuck an alle II Christglaubigen [...] An die Lobliche Stadt Franckfurtt II an dem Meyn. M.D.XXIX. II Köln: [Peter Quentel] 1530 (VD 16 D 1482; Köhler 740). 104 Vgl. VD 16 S 8233-8249; Köhler 4227-4230.

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seien meist verkürzt, sinnentstellt oder gefälscht und berücksichtigten nicht die zahlreichen Texte, die ihnen entgegenstünden. Auch der Propst des Nicolaistifts Stendal und Berater des Kurfürsten Joachim von Brandenburg Wolfgang Redorffer (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 17 u. 40) nahm sich — wohl im Auftrag seines Herrn — des Themas an und veröffentlichte eine „Kurze Erklärung des verdächtigen Auszugs päpstlicher Rechte" (Nr. 55). Er bemängelt wie Cochläus die parteiische Auswahl und Auslegung der Texte, die eine unverschämte Hetze gegen die Kirche und den geistlichen Stand darstellten. Mängel, Mißbräuche und Unordnung am römischen Hof und im geistlichen Stand seien durchaus verbesserungsbedürftig, doch gelte das für alle Stände und weltlichen Höfe, nicht zuletzt für die lutherischen, wie ihre eigenen Visitationen ausweisen. Dem Autor sei es wohl nur darum gegangen, den gemeinen Mann gegen die Kirche und die Obrigkeiten aufzuhetzen. Der ansonsten unbekannte Hans von Oberwalt (Pseudonym?) griff in seinem Traktat „Wie die Untertanen ihrer Obrigkeit in Haltung der Zeremonien sollen gehorsam sein" (Nr. 56) die Gehorsamsfrage auf. Die Lutherischen hätten die ganze Nation in Zwiespalt und Aufruhr gefuhrt und die Untertanen zu Ungehorsam veranlaßt. Viele versuchten, ihre Obrigkeiten zu neuen Ordnungen zu zwingen, wie man das Sakrament reichen und die Zeremonien halten solle. Sein Anliegen ist nachzuweisen, daß die Untertanen dazu kein Recht haben. Die Ordnungen der Kirche in bezug auf das Sakrament des Altars und die Messe sind geltendes Recht und zu halten. Änderungen in Zeremonien und Gebräuchen stünden allein den Obrigkeiten zu. Auch in bezug auf die guten Werke und die Kindertaufe würden obrigkeitliche Ordnungen verletzt. Neben den falschen lutherischen Lehren sei aber auch die Nachlässigkeit der Bischöfe an dem Zwiespalt schuld. Was ficht uns an, ob Priester Ehefrauen haben sollen oder nicht, ob man am Freitag Fleisch essen solle oder nicht, ob man im Kloster bleiben oder es verlassen solle? Darauf steht der Glaube nicht. Papisten und Martinische verhalten sich beide falsch. Entscheidend ist die von der Obrigkeit festgelegte Ordnung. Sie ist zu halten. Im Frühjahr 1530 rüsteten sich alle Parteien für den Augsburger Reichstag, an dem Kaiser Karl V. selbst teilnehmen und den religiösen Zwiespalt im Reich beilegen wollte. Gerade zu dieser Zeit erschien ein „Bekenntnis Martin Luthers für den Reichstag". 105 Dabei handelte es sich um die bis dahin noch nicht publizierten Schwabacher Artikel, die auch als Grundlage für die Marburger Artikel gedient hatten. In der Öffentlichkeit wurde jedoch das „Bekenntnis" Luthers als solches gewertet und entsprechend aufmerksam aufgenommen bzw. kommentiert. Einen Kommentar lieferten die als Berater des Kurfürsten Joachim von Brandenburg nach Augsburg gereisten Theologen Konrad Wimpina, Johannes Mensing, Wolfgang Redorffer und Rupert Elgersma in einer Stellungnahme „Gegen das Bekenntnis Martin Luthers, auf dem Reichstag zu Augsburg in 17 Artikel verfaßt" (Nr. 57). Unter Hinweis darauf, daß Lu105 Vgl. WA 30 m , S. 172ff. 5*

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ther zahlreiche seiner ketzerischen Lehren unerwähnt gelassen habe, wird ähnlich wie bereits in den altgläubigen Kommentaren zu den Marburger Artikeln Luther zugestimmt, insoweit er Grundauffassungen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses vertritt. Seine Rechtfertigungslehre wird abgelehnt. Neben den von Luther akzeptierten Sakramenten Taufe und Abendmahl wird auch die Anerkennung der anderen fünf gefordert; zu den beiden akzeptierten Sakramenten werden lutherische Irrtümer kritisiert. Scharfe Ablehnung erfahren die Artikel zur Kirche und zur kirchlichen Gewalt, zu Priesterehe, Klostergelübden, Fasten und insbesondere zur Messe. Mit kurzen eigenen Randglossen druckte auch Hieronymus Dungersheim Luthers „Bekenntnis des Glaubens" 106 und ließ ihm eine „Tadelung des Bekenntnisses oder untüchtigen lutherischen Testaments" 107 folgen. Er sieht in diesem eine Zusammenfassung von Luthers Ketzereien, die das Anliegen verfolgen, den gemeinen Mann zu betrügen und die heilige Kirche zu verwüsten. Insofern findet er auch in den ersten Artikeln, die in den anderen Kommentaren als feststehende Glaubensartikel akzeptiert worden waren, arianische Irrtümer. Seine Polemik ist breit angelegt und bezieht die ganze Skala strittiger Auffassungen (auch im „Bekenntnis" nicht erwähnte) mit ein. Schließlich ließ Dungersheim noch „Etliche Sprüche" folgen, „aus denen Luther vom eigenen Bekenntnis verdammt wird". 108 Darin trägt er 12 Aussagen Luthers (nicht nur aus dem „Bekenntnis", sondern z.T. aus frühen Schriften) zusammen, die auf ihn selbst zurückfallen und ihn verurteilen. Der Kaiser hatte den Augsburger Reichstag für April 1530 einberufen. Luther, der sich Anfang April mit dem sächsischen Kurfürsten Johann und dessen Gefolge mit auf den Weg gemacht hatte, war am 23. April auf der Veste Coburg zurückgeblieben, da er als gebannter Ketzer und Geächteter des Reiches nicht vor dem Kaiser erscheinen durfte. Er hielt den Kontakt mit den Wittenbergern in Augsburg über Boten. Der Beginn des Reichstages verzögerte sich, da der Kaiser erst am 15. Juni in Augsburg eintraf. Die Wartezeit nutzte Luther u.a. für die Ausarbeitung einer umfangreichen „Vermahnung" an die in Augsburg versammelten Geistlichen109, die dort noch vor Eröffnung des Reichstages verkauft, bald aber verboten wurde. Als er im Juni über die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Religionsparteien informiert wurde, schrieb er einen offenen Brief an den als friedliebend geltenden Kardinal, Erzbischof und Kurfür-

106 Hieronymus Dungersheim, Bekentnis des glaubens Doct. II Mart. Luthers, mit kurtze glos=llsen D. Hieronimi Dungerßheym. &c. II Leipzig: Valentin Schumann 1530 (vierte Schrift in Etliche buchlin, wie Anm. 20). 107 Hieronymus Dungersheim, Dadelung des obgesatzten be=llkentnus/ oder vntuchtigen Lutherischen Testamts II Durch D. Hieronimü vö Ochsenfart gescheen. II Leipzig: Valentin Schumann 1530 (fünfte Schrift in Etliche buchlin; auch als Einzeldruck, VD 16 D 2961; Köhler 779). 108 Hieronymus Dungersheim, Etliche Spruche/ aus den der Lu=llther von eygenem bekentnus II verdümet wirth. II (neunte Schrift in Etliche buchlin). 109 WA 30 Π, S. 237ff.

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sten Albrecht von Mainz 110 , der Ende Juli in Augsburg im Druck vorlag. Beide Schriften nahm Paul Bachmann zum Anlaß für eine .Antwort auf Luthers Sendbrief gen Augsburg" (Nr. 58), die Anfang September Cochläus in Augsburg vorlag und von diesem mit einer eigenen Vorrede dort zum Druck gegeben wurde. Luther tue alles, um den Reichstag zum Scheitern zu bringen, damit sein Unkraut nicht endgültig ausgerottet werde. Er versuche das einmal durch Flehen und Bitten, dann wieder durch Drohen und Schelten. Er gebe seine Lehre als christlich aus, obwohl sie längst ausreichend widerlegt und als ketzerisch verurteilt ist. Er wolle die Welt erschrecken, indem er behaupte, Müntzers Geist lebe noch; dann wieder bitte er, jeden bei seinem Glauben zu lassen und niemanden zu einem bestimmten Glauben zu zwingen. Wer den Glauben so verletze wie Luther, müsse gezwungen werden. Während der Wartezeit auf der Coburg hatte Luther Ende Juni auch einen „Widerruf vom Fegfeuer" 1 1 1 verfaßt. Er hatte das Thema zuvor zwar oft angesprochen, aber nie in extenso behandelt. Es war aber insofern von Bedeutung, als es eine Grundlage der von Luther bekämpften Seelmessen bildete. Die altgläubige Polemik reagierte sofort. Als die Schrift auf dem Augsburger Reichstag bekannt wurde, baten die dort versammelten altgläubigen Theologen Johannes Eck, trotz seiner zeitraubenden Arbeit auf dem Reichstag eine Entgegnung zu verfassen. Dieser kam der Bitte nach und schrieb eine „Christliche Erhaltung der Stelle der Schrift für das Fegfeuer wider Luthers Lasterbüchlein" 112 mit einer Vorrede an den Kardinal und Erzbischof von Mainz. Anhand direkter und indirekter Zitate machte er zunächst deutlich, daß Luther die Existenz des Fegfeuers immer akzeptiert habe. Insofern sei seine jetzige Leugnung tatsächlich ein Widerruf und führe Luther direkt an die Seite des von ihm als Ketzer bekämpften Zwingli. Im folgenden setzt sich Eck ausführlich Kapitel für Kapitel mit Luthers Text auseinander, wobei es ihm vor allem darum geht, die von Luther als Belege für die Existenz des Fegfeuers angezweifelten Bibelstellen im Sinne der römischen Kirche zu deuten. Schärfste Polemik gegen Luther endet mit dem Bedauern, daß man diesen nicht hingerichtet habe. Auch Paul Bachmann wandte sich mit scharfer Polemik gegen „Luthers Widerruf vom Fegefeuer, mit Farbe ausgestrichen". 113 Luther habe fünf der sieben Sakramente negiert, von den übrigen beiden hätten seine Schüler Zwingli das eine und die Wiedertäufer das andere beseitigt, d.h. Luther habe alle Sakramente vernichtet. Nun mache er sich daran, auch noch das Fegfeuer auszulöschen und damit die armen Seelen ihrer Erquik110 Ebd. S. 39Iff. 111 Ebd. S. 360ff. 112 Johannes Eck, Christenliche erhaltung II der stell der geschrifft/ für das Fegllfeür/ wider Luthers la=llsterbuchlin. II [...], [Augsburg: Alexander Weißenhom] 1530 (VD 16 Ε 303 mit Zuweisung [Heinrich Steiner]; Köhler 828). 113 Paul Bachmann, Luthers widerruef II vom Fegefewer II mit färbe außllgestrichen II durch II den Abbt zur al=llden Zcellen. II Dresden: Wolfgang Stockei 1530 (VD 16 Β 18; Köhler 206).

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kung und Erlösung zu berauben. Wie Eck setzt sich auch Bachmann bis ins Einzelne mit Luthers Text, den von ihm gedeuteten Bibelstellen und für die Vigilien genutzten Psalmen auseinander. Luther fälsche die Bibel, verkleinere die Autorität der Kirchenlehrer und widerspreche eigenen früheren Aussagen. Luther reiche der eine Bauernkrieg noch nicht, er wolle einen neuen entfachen. Luthers Ketzerei führe Deutschland durch betrügerische Auslegung und Diebstahl der Schrift ins Verderben. Schließlich äußerte sich gleichsinnig auch Hieronymus Dungersheim in einer allerdings erst 1531 gedruckten Schrift „Von Wahrheit des Fegfeuers wider den Luther". 114 Nachdem es auf dem Reichstag zeitweise so ausgesehen hatte, als könne ein Kompromiß im Glaubensstreit gefunden werden, war im September das Scheitern abzusehen. Der Augsburger „Confessio" (ursprünglich „Apologie") der Lutherischen hatten die Altgläubigen eine „Confutatio" entgegengesetzt. Noch vor Abschluß des Reichstages und dem endgültigen Reichsabschied verließen die lutherischen Reichsstände Augsburg. Die Gerüchte über einen möglichen Krieg zwischen den Religionsparteien hielten an. Schon im Vorfeld des Reichstages hatte der sächsische Kurfürst Johann bei Luther einen Ratschlag in Auftrag gegeben, ob man um des Evangeliums willen einen Krieg gegen den Kaiser führen dürfe. Luther hatte den Ratschlag am 6. März erteilt und die Frage verneint.115 Jetzt schien dennoch ein Krieg nicht mehr ausgeschlossen. Der Kaiser hatte den Lutherischen eine Frist bis zum 15. April 1531 gesetzt, innerhalb derer sie sich entscheiden sollten, ob sie in den Schoß der Kirche zurückkehren wollten; andernfalls wurde die Exekution des Wormser Edikts angedroht. Johannes Cochläus versuchte, auf die Entscheidung der Lutherischen Einfluß zu nehmen. Da die Akten des Reichstages, z.T wegen vereinbarter Vertraulichkeit, auf sich warten ließen, beeilte er sich, Kurzfassungen des ersten Entwurfs und des endgültigen Reichsabschiedes, der Confutatio und einiger weiterer Stücke in einer Sammelschrift (Nr. 59) bekannt zu machen. Erstmals veröffentlichte er darin auch den noch ungedruckten Ratschlag Luthers vom 6. März und knüpft daran eine auf den 12. Dezember 1530 datierte „Vermahnung zu Frieden und Einigkeit" an den kursächsischen Kanzler Gregor Brück, der in Augsburg als Hauptsprecher der Lutherischen aufgetreten war. Die Schrift wird im Januar 1531 erschienen sein, um noch vor Ende der vom Kaiser gesetzten Frist wirken zu können. Cochläus weist Brück darauf hin, daß Luthers Abraten von einem Krieg gegen den Kaiser nur den zeitlichen und leiblichen Frieden betreffe, nicht aber den Frieden der Seele. Dieser sei jedoch durch Luthers Abspaltung weiterhin in ernster Gefahr. Deshalb sei der Kaiser in vollem Recht, wenn er die Anerkennung der abgespaltenen Sekten verweigere. Auf Luthers Seite stünden nur 5 Fürsten und 6 Städte gegen die ganze Christenheit. Wenn 114 Hieronymus Dungersheim, Von worheit des fegfeurs/ wyder II den Luther/ D. Hieronimus von Ochsenfart. II Leipzig: Valentin Schumann 1531 (zehnte Schrift in Etliche buchlin). 115 WA Br 5, S. 249 ff.

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Luther jetzt verlange, jeden bei seinem Glauben zu lassen, bedeute das die Aufrechterhaltung von Spaltung und Zwietracht. Luthers Verdacht, der Kaiser könne einen Krieg gegen die Abtrünnigen beginnen, wird von Cochläus als schlimmste Verleumdung des Kaisers zurückgewiesen. Der Kaiser sei fromm und tugendhaft, was auch durch einen Brief Philipp Melanchthons (in die Sammelschrift aufgenommen) bestätigt werde. Wenn Luther wirklich glaube, der Kaiser unterdrücke das Evangelium, so sei sein Rat an den Kurfürsten falsch; gegen jede Obrigkeit, die ihre Untertanen von Gott abführen und gegen das Evangelium in Ketzerei fallen lassen wolle, gelte nicht nur ein Widerstandsrecht, sondern sogar eine Widerstandspflicht, auch gegen einen solchen Kaiser. Kaiser Karl V. ist aber keine solche Obrigkeit. Er schütze im Gegenteil das Evangelium gegen dessen Verfolger Luther. Luthers Lehre sei keinesfalls das Evangelium, sondern eine ketzerische Tyrannei gegen das Evangelium. Luther möge sich ein Beispiel an Kaiser Heinrichs IV. Gang nach Canossa nehmen und in den Schoß der Kirche zurückkehren.

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Die gnad Christi, unszers lieben herrn, zuvoran. Wirdiger besonder über herr unnd bruder, mir hat der durchlaucht und hochgeborn fürst, hertzog Georg tzu Sachsszen 1 etc., mein gnediger herr, ein missive, szo ir nawlich an seyn fürstlich gnad geschriben 2 , uberhendigt mit bevelh, dasselbige tzu besichtigen und was ich mangels ader irthumbs darinnen befunde, euch der warheit mit bruderlicher unnd gutiger anweysung zu underrichten, der gnedigen tzuvorsicht, so ir änderst underricht werdet ir euch auch anderst in die sach schicken und von ewerm irthumb abstehen. Wiewol ich euch nu vormaln yn vertedigung der heyligen messze (unser alten kuntschafft 3 nach 3 auch bruderlich verwarnet 4 und, nach dem dasselbige bey euch unangesehen, bey mir beschlosszenn, mich ewer (nach dem rath Pauli [wohl Tit. 3, 10]) hinfurt tzu mussigen b . Noch dann 0 die weyl ich vermarckt, das obgenanter befelh meynes gnedigen herrn aus gnediger hoffnung ewer besserung geschehen und daz sein f[ürstlich] gfnaden] euch, als der under ym gebom und getzogen 5 , nith gern yn disem yrsal verderben lasszen wolt, hab ich gemelten befelh nit wissen tzu wegern und wil euch hiemit zum andern 0 male getrewlich und bruderlich verwarnet haben, das ir (ob euch mein person tzu gering wer) doch obgenanten ewrs angebornen, naturlichen erbherren und lanfursten gnedige wolmeynung bey euch selbs behertzigen und von ewerm irthumb abstehen wolt, ehe dann das gericht Gots und der schnelle todt euch ubereyle, wie biszher manicher ubereilt und in seinem irthumb gestorben ist. Goth woll euch yn der tzeyt der gnaden ewer ougen eroffen unnd erleuchten. Amen. Anfencklich, als ir euch beclaget, wie euch hohe tzu gemüth gegangen und schmertzlich bekommen, das ir aus gloubwirdiger underricht verstanden habt, wie sein fürstlich gnad grossze ungenad gegen euch geschopfft, von wegen der Ordnung, die zu Czwickaw wider den brauch romischer kirchen auffgericht 6 , und das ir der luterischen lehr so genah anhengig etc., verwundert mich von euch nit ein wenig, dann dieweyl sein fjurstlich] gfnaden] tzu vorhin nit aus geringen Ursachen oder unbedechtlich, sonder mit rath, wissen und volge seyner gnaden landtschafft beschlossen unnd darüber ein schrifftlich verwamung öffentlich auszgehen lassen, das sein gnad der lutherischen ketzerey mit leib und guth widderstehen und seyner f[ürstlich] g[naden] underthanen und verwandten nit gestaten w6ll der selbigen antzuhangen 7 , hettet yr seiner fürstlichen hochwird ungnad, wo euch die so erschrecklich oder so gar schmertzlich bekommen, wol können vorhätten unnd euch der lutherischen sect bey tzeyt eussern und entschlagen. Dartzu euch billich bewegt haben solt, das nit alleyn sein fürstlich gnade, sonder ouch beyde hewpter der Christenheit Luthers lehr und an-

a) Bekanntschaft

b) euch künftig zu meiden

c) Dennoch

d) zweiten

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hang, der bapst beym ban unnd der keyszer bey der acht, verbotten8, welcher beyder verboth ir wider der heyligen aposteln befelh und lehr ftevenlich veracht und nun ein lange tzeit ym ban also verharret. Darumb ir euch gar nichtzit bekommen und kein gewissen darüber nemet, dan euch der teuffei, yhn des gewalt ir seyt (so lang ir ym ban ligt), die ougen zusperret und ein solchen treffenlichen schaden ewer seien nit sehen last. Wo ir aber vermeindt, das wyr all blindt und ir und Luther alleyne sehend und seyn wort daz wort Gots sey, dem ir mher schuldig zu gehorchen dann den menschen [vgl. Apg. 5, 29], warumb bekommert und betrübt ir euch dann szo sehr umb menschlich ungenad, so ir doch ewer sach bey Got so gar gewisz seyt, yhr moget ye nit tzweyen herren dinen [vgl. Matth. 6, 24], wo hertzog Georig dem wort Gots entgegen und das evangelion vervolgt, so ist es ye leichter, yn ungenad zu fallen der menschen, dann yn die gewaltigen hand Gots. Was ists dann nu, das ir euch so schmertzlich bekommert umb seyner fürstlichen wird ungnad? Ich rath, mein über herr und bruder, das euch tzu letzt ewer aigen gewissen drucken und lehren, das ir ubel und nerrisch gehandelt habt. Ubel, das ir nit alleyn der romischen, sonder der gantzen christlichen kirchen eintrechtig ubung unnd Ordnung frevenlich zerbrochen und abgethan. Nerrisch, das ir ewerm naturlichen erbherren und landsfursten (darumb, das er ein mensch ist) nith volgen wollen und doch Luthern gevolget habt, der ouch nichtzit dann ein mensch und weder geyst noch engel ist. Ihm fall aber, das er gleych ein engel wer, noch solt ir der christlichen kirchen mher glouben dann yhm unnd euch von der selben lehr und satzungen, szo unszere veter von den aposteln und die apostel von Christo empfangen haben, nith wenden noch abfueren lasszen, wye euch Paulus lehrt Gala. 1 [6-9], Nu wol an, wann ir alleyn erkennen könnet, das ir ubel und unweyszlich gehandelt, indem das ir ewern vertrawen und glouben mher gestelt habt auff ein abtrinnigen trewlosen und meynenden6 monch, dann auff ewern hochloblichen unnd untadelhafftigen naturlichen herren unnd landsfursten ader ouch auff die gantze christliche samlung, so verhoff ich, ewer sol noch wol rath werden, dann der anfang des heyles ist erkentnis des irthumbs. Wil euch derhalben die andern gebrechen ewers missives ouch antzeygen, nit aus arger meynung, sonder tzu weytter erkentnis ewers irthumbs. Furter fahet ir an, euch obgemelter ewer zwickischen Ordnung halben tzu entschuldigen, und sprecht, wie die mit dapfferm rath ewer liben bruder, prediger und dem gantzen collegio der erlichen pristerschafft angefangen etc. Lieber, schemet ir euch aber nith, ewerm landsfursten so unbestendig ding fuertzutragenn, dieweyl doch seynen fürstlichen gnaden und uns allen unvorborgen, daz vil prister zu Zwickaw derhalben davon getzogen und

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auff den hewtigen tag irer tzins und lehen entberen, dartzu die parfusser bruder grosse vorvolgung, kommer und hungren erdulden müssen, darumb das sie in gemelte ewer Ordnung nit willigen noch dartzu rathen ader helffen haben wollen.9 Wie sprecht ir dann, das es mit ir aller rat angefangen? Ir claget ouch, wie der gestifften lehen und messen, so wider das testament Christi vertzogenf, tzu vill sein, und dringt darauff, das die selben geendert unnd die tzins armen lewten gegeben wurden. Nu ist noch nit erweyst, das die gestifften messen dem testament Christi entgegen sein, unnd were meins bedunckens vil besser, ir hettet ewre tzins und einkommen, so etwan von frommen leuthen ewer pfar zu Zwickaw tzu ehrlicher underhaltung eins pfarrers und der seinen geeiget8 worden, selbs behalten und euch deren tzu eheren und notturfft ewers standes gebraucht, dann das ir sie wider der stiffter letzten willen der pfar entfrombdet und man euch nu von der armen lewth almuszen enthalten11 musz. Dann wer thut den armen mher schadens oder dem testament Christi ein grosser iniurien1, der do von seynen tzinsen tzeret und lebet, die ym ouch von wegen seins dinsts bey dem altar unnd wort Gots von rechts wegen gepurn, I. Cor. IX [13] oder der, der do seyne tzins hinwurfft und den armen iren gestifften betthel aus den tzenen reyst, wie man sagt, daz es itz tzu Zwickaw mit dem reichen almusen zugehe.10 Es ist ouch ein nullitet' und vergeben ding gewest, das ir ewern bischoff tzur Numburg11 tzuvor ersucht und umb solche nawikeitk angesunnen habt. Dann es yhn keines bischoffs macht steht, die ding, so von den heyligen concilien und gemeyner Christenheit eintrechticklich verordenth sein, tzu stören ader brechen, sonder seint sie schuldig, vhest darüber zu halten und die handtzuhaben. Noch vil weniger hat euch als eim schlechten1 pfarrer, der keyn sondern gewalt noch jurisdiction1" hat (wie der" von Got noch der werlt), gepurt, yn abwesen ewers bischoffs ichtzit0 nawes wider die alt christlich ubung und Ordnung aufftzurichten, sonder solt ir mit vleis verhut haben, das ewere befolhne schaff nit also schentlich aus der alten trifft p auff frombde anger und weyd gefurt worden weren. Das ir aber sprecht, wie der sprach Ezechielis, durch welchen den ungetrewen und faulen hirten gedraweth wirt [Hes. 34, 2—10], ewer hertz wie ein donnerschlag beruret und getroffen hab, wurde der donder noch vil grosser tzu euch eingeschlagen unnd euch erschreckt haben, wo ir doneben ouch bedacht hettet, das yn der schlifft nit allein denen gedrawet wirt, die sich selbst weyden und ir schaff schinden unnd schaben, wie ir den landtbischoffen die schuld gebeth, sonder ouch den yenen, so die schaff weyden, aber doch mit anbruchiger und gifftiger weyde, daz ist mit verkerter und ketzerischer lere, und so sie ein diep, daz ist yendert ein newen ketzer,

f) entgegenstehen g) übereignet h) unterhalten i) Beleidigung j) Nichtigkeit, Ungültigkeit k) Neuerung 1) schlichten, einfachen m) Gerichtsbarkeit, Herrschaftsrecht n) wohl gemeint: weder o) irgendetwas p) Herde, Weide

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sehen, fallen sie von der gemeynen samlung ab und volgen dem nach, wie David sagt: Si videbas furem currebas cum eo et cetera [Vg.: Ps. 49, 18]. Mein gnediger herr und mennicklich wissen wol, daz bisher viel verseumnus und lassikeit bey den prelaten gewest ist. Sie mercken und greiffen ouch, daz der ketzer frevel und falsche lehr dem volck nit weniger, sonder vil mher schadens thut, dann der prelaten unfleis. Wer kan aber disen ader jhenen theyl so bald weyszen ader emendirn q , so sie doch beyder seyt ungestrafft sein wollen. Got wirt sie aber ungetzweyfelt seiner zeit wol wissen zu finden und zu straffen, die prelaten umb iren unfleis und predigen und die ketzer umb ir falsch predigen. Das die bischoff (als ir sagt) grosse schlossz, lustige lager, weltlichen gewalt und pracht haben sie nith gestolen noch geraubet, sonder sint ynen von keysern, konigen unnd gotsforchtigen fursten mildicklich gegeben worden, ungetzweyfelt aus gotlicher eingebung, domit die kirch, die im anfang sehr gedemütiget und gedruckt worden, darnach widerumb ergetzt unnd erhöhet wurde. Miszbrauchen aber die bischoff irer gaben nit zu der ehr Gots und labung der armen, sonder zu irem eigen wollust und gebrenge, darumb müssen sie Got antwort geben, und mögen keyser und fursten, deren vorfarn die bisthum gestifft, ein einsehen haben, daz der misszbrauch abgestelt und der stiffter letzter will gehalten werd. Es ist aber weder yhn ewer noch in meiner macht, sie so bait zu richten und vordamen, dan es steht geschriben: Obedite prepositis vestris etiam discolus [vgl. Vg.: Hebr. 13, 17; 1. Petr. 2, 18]. Daz ir sie aber beschuldigt, wie sie dem bapst biszher allein angehangen umb schütz und Privilegien willen, das sie der weltlichen oberkeit nit underworffen sein müsten, so doch Christus dem keyser den tzol gegeben etc., thut ir dem bapst und inen gewalt, dan sie der bapst nit schützt vor dem, das sie dem keyser umb die weltlichen gutter, szo sie von seiner majestat und dem reich zu lehen haben, tzu dynen ader tzu geben pfluchtig seyn, sonder wirt yn den bepstlichen rechten clar auszgedruckt, das sie das tzu thun schuldig sint, distinctione VIII. canone: quo iure cum similibus.12 So haben die bischoff dem bapst angehangen und yn fur ein stadhalter Christi unnd obersten prister erkanth, ehe dann sie ichtzit vom keyser empfangen haben, wie man das mit Cipriano 13 unnd den andern alten bischoffen bestendiglich erweysen kan. Volgend verlasset ir die bischoff und kommet wider auff Luthern, den ir entschuldigen wolt und sprecht, wie ir zu disem furnhemen kommen seyt, ehe ir mit Luthern ye bekant, legt die schuld auff Esticampianum 14 und Roterodamum 15 , die euch erstlich ursach dartzu gegeben haben sollen. Nu ist es nit weniger, das nit allein Esticampianus und Roterodamus, sonder vil ander mher, die eins hohem und nidern Vorstandes gewest, Luthers sach im anfang, do er alleyn die miszbrauch angriffen, gebillicht und ym zugefallen. Do er sich aber understunde, Wickleffs 16 unnd Husszen 17 lehr zu vortedigen, die heiigen sacrament zu verwerffen und ander stuck unnsers

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glawbens als ein offenbarer ketzer antzutasten, hat im das weder Esticampianus noch Roterodamus gebillicht noch in dem angehangen, wie er gethan und noch thut, euch und ewern schaffen tzu grosszer Verderbnis und schaden. Ja, es entschuldiget sich Erasmus schier in all sein büchem, das er mit Luthem nichtzit hab und sein lehr nicht gefalle, wie er den ouch des freyen willens und ander Sachen halb öffentlich wider in geschriben und ym zu entpotten hat.18 Er besorge, das seinr lehr nicht aus Got, sonder von dem bösen geist eingegeben sey. Dester ein grosser torheit und blintheit ist es von euch, das yr alleyn Luthers lehr so gantz anhengig und sprechen dorfft, wie er gewiszlich aus Gots gnaden erleucht, das rechte wort Gots und evangelion orst herfiir gebracht, dem bapst die drey mauern 19 umbgeschossen und die Thiber auszgebrant hab etc. Ach, ich armer blinder man, wie solt der von Got erleucht seyn, der yn der warheit yn yhm s selbst verblent und verstockt aus seym eygen gewissen (wie Paulus sagt [vgl. Rom. 1, 18ff.; 2, 5]) gericht unnd vordammet ist? Oder wie solte der orst das lauter wort Gots und evangelion predigen, der mit dem evangelion und wort Gots übereinkommet' wie Christus und Belial [2. Kor. 6, 15]? Dann Gots evangelion ist warhafftig und bestendig, Luthers lugenhafftig unnd wetterwendisch. Gots evangelion macht aus sundern busser und fromme leuthe, Luthers macht aus bussern und frommen leuthen dieb und schelck, dann schier alle galgen und reder" mit seynen discipelnv erfult worden. Gots ist rein unnd keusch, Luthers kan der unkeuscheyt so wenig geratenw als essens und trinckens, schlaffens und Wachens. Gots ist messig, Luthers fressig, Gots ist demuttig, Luthers hochtrabend, Gots senffmütig, Luthers bochend, Gots fridlich, Luthers tzenckisch. Gots versamelt, Luthers tzerstrawth, Gots leret ja, ja, neyn, neyn und zu halten, was man gelobet und zusagt, Luthers lernt itzt neyn, itzt ja unnd trew und ehr, gelubd und eid zu brechen und weder Goth noch den menschen globen tzu halten. Gots leret, das wir eynander nicht richten sollen, Luther richtet alle weit, ouch die gedancken der menschen, wie sein schwur von seinem guten frund Carolstat20 auszweyset. Dis alles ist so gar offenbar am tag als die klare sonne, nochx seyt ir so gar über ym verstockt, daz ir aus seynem wort daz wort Gots machen, und ine allen christlichen lerern (deren doch vil itzo im himel sint) fuertzihen wolt. Euch verblendet, das Luther allenthalben fuergibt, wie Christus alleyn der weg sey, nit der bapst, nit die concilien, nit Thomas noch Scotus21, wie man bisher gesagt hab, einer er sey de via Scotiy, der ander Alberti22 etc. Damit vermeint ir, Luther hab es sehr wol getroffen. Was hilffts aber, daz Luther mit dem maul leret, Christus sey der weg, unnd yhm doch mit der that nicht nachvolgt. Dann wann man ansieht die alten canones der bepst unnd concilien, dartzu der obgenanten veter lehr

r) d.h. Luthers s) in sich t) übereinstimmt bzw. Richtstätten v) Schülern w) entbehren Weg, nach Art des Duns Scotus

u) Räder als Folterinstrumente x) dennoch y) auf dem

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und leben, sint sie dem weg Christi vil neher und enlicher dann das so Luther bisher aus Wickleffs und Hussen buchern gelert und geschriben hat. Ja, es haben die lieben veter getzeucknis von der gantzen Christenheit, das sie bey iren lebtagen der lehr und dem leben Christi getrewlich nachgevolget, im ihr gelubd und eyd vhest gehalten und yn seyner bekentnis bis an yr end verharret haben, szo Luther dem teuffei gevolget, sein gelubd und eyd gebrochen23 unnd viel frommer leuth von dem weg Christi abgewendt und mit im vorfurt hat. Das aber die gelarten bisher gesagt, einer sey de via Scoti, der ander de via Alberti etc., damit haben sie den weg Christi nicht vorleuckent und weder Thomas, Scotus noch deren irgent einer yn den Sachen, so den glouben belangen, ein andern weg gelert dan den weg der gantzen christlichen kirchen. Das sie aber yn andern kunstenz einer ein ander opinion3 gehabt, dann der ander, einer disem, der ander jhenen angehangen, ist dem globen unvorletzlich gewest und alwegen mit protestationb und bedingung geschehen, das sie all ir lehr der christlichen kirchen tzu urteln underworffen haben. Das wil aber Luther nit eingehn, sonder steht auff seim kopff wie ein bock auff sein hornern und wil nit alleyn von keynem menschen auff erden, sonder ouch von keynem engel im himel gericht sein.24 Noch wolt ir mein gnedigen hern überreden, wie er0 allein den scholasticis25 entgegen und mit den alten als Cipriano, Hieronymo etc. 26 wol übereinkomme unnd ir schrifft nit tadele, dan an den orten, do sie ane Gots wort aus eigener vernunfft geschriben haben. Lieber, habt ir ouch gelesen sein buchlein von dem falschgenanten geistlichen stand27, darin er die heyigen lerer, jung und alt, all tzumal papisten nennet und sagt, wie all ir lehr falsch getzeugnis, und mit der schrifft wie spitzbuben mit dem wurffei umbgegangen sein. Ey, wie feyn eheret Luther die heiigen veter und wie trifft er mit in uberein? Doch hab ich im das yn meynem buchlein von dem falschen ecclesiasten28 meynes verhoffens tewtsch gnug verantwurt und die heyligen veter entschuldiget. Das ir aber sprecht, es sey noch keiner kommen, der Luthern uberwunden, ist ewer blintheit schult, dann wo ir die yhenen, so wyder yhn geschriben, so vleissig gelesen und so mit gleichen ougen angesehen hettet als Luthers bucher, wurdet ir vil ein ander urteil feilen und bekennen müssen, das Luther, abgleichd nyemant wyder yhn geschriben het, an vil orthen wider sich selbs gefochten unnd sich selber uberwunden hat. Entlich wollet ir ouch meinem g[nädigen] h[errn] uberreden, daz sein f[ürstlich] gfnaden] orst von Luthern lernen sal, wie man ein reformacion machen sal, gleich als sein fpirstlich] g[naden] Luthers reformacion vor nie gesehen ader nit wüste, was der man ym schilt fürte. Mich verwundert von euch, das ir sein f[ürstlich] g[naden] mit solchen schwencken bekommern mögt, szo ir doch wol wist, wye Luther mit

z) Wissenschaften, Gebieten Luther d) selbst wenn

a) Meinung

b) Verwahrung, Vorbehalt

c) d.h.

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sein gnaden steht, und nit allein sein fftirstlich] g[naden], sonder ouch das gantze Meyszner Land geschmeht und geschent hat 29 , das ir, wo ir seinen fürstlichen genaden ader ewerm vater Vaterland ehr und guts gonnete, euch diszer worth wol enthalden und euch Luthers eussem 6 mochtet, dieweil ir doch seht, das im nit allein Budeus 30 , Erasmus 31 und ander hochgelerten, sonder ouch seine eidbruder Carlstat 32 , Egranus 33 , Thomas Montzer 34 und ander abgefallen, die im anfang wol so gut lutherisch waren, als ir ymmer sein mögt. Ja, es Schemen sich ouch die zwen probst zu Nurmberg seines namens und nennen yn nit ein mal yn irem buchlein, wiewol sie sunst seiner lehr vleissig anhangen. 35 Das alles hab ich euch, über herr und bruder, bruderlicher und guter meynung au ff ewer missive antwurten und euch mein gemüth nit bergen wollen, und ist noch mein rath, ir wollet weder ewerm eignen kopff noch Luthers so vil vertrawen, daz ir ewem angeborn naturlichen landsfursten (der es warlich getrewlich meint) umb seinerf willen ubergebet, sonder euch aus disem irthumb auszwindeth und wickelt, wie und szo ehe ir ymmer könnet und moget. Bin ich ungetzweyfelt, die ungnad, darumb ir euch itzo so schmertzlich bekommert, werde bald yn gnad veranderth werden. Dann es schreybet Plutarchus in libro de viris illustribus 36 , das der grossen herm und fursten eygenschafft sey, daz gleich wie sie gegen den ubertrettenden mit schneller ungenadt bewegt, alszo werden sie ouch bald wider versonet, szo sie der selben emendacion 8 und besserung gloubwirdig verstendigt werden. So wil ich (so fern es euch anders zu danck ist) meins Vermögens ouch getrewlich dartzu helffen, dann wiewol ich vil guter frund über diser sach verloren, ist mir doch umb keynen nye leyder gewest und noch, dann umb euch. Darumb daz ich weisz, daz ir nicht aus boszheit, sonder aus einfeldikeit und unwissen in dis spil verfurt seyt, dann ir nit bedacht, daz solich mord und blutvergissen aus diser sach werden solt, wie wir itzt leyder vor ougen sehen. 37 Ob euch aber weder meyn bit noch ewers vilgenanten herren und landsfursten gnedige wolmeynung bewegen wurde, so wollet doch bedencken ewer arme sele, die von der gemeynen christlichen samlung abgeschnitten, nichttzit anders tzu warten hat, dann die ewigen verdamnis. Dann wer yn der archen, daz ist yn der christlichen versamlung unnd einikeit, nit begriffen, den erseuffen die catarackten h und Wasserflut der ewigen hellen, darfuer uns Got gnedicklich behüte und ewer hertz von der finstemis dis grausamen irthumbs erleuchten woll, dem ich euch ouch hiemit hertzlich befelhen thu. Datum in die Gregorii [12. März] Anno XXV. Hieronymus Emszer Decretorum Licenciatus.

e) entäußern, entledigen Stromschnellen

f) d.h. Luthers

g) Besserung, Berichtigung

h)

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein Missi=llue oder Sendbriue Hiellromymi Emszer/ an Nillcolaum Hauszmann/ II pfarrern tzu Zwickaw. II M.D.XXV. [Dresden: Emserpresse.] 4° 7 Bl. Sign.: A 4 B 3 - Panzer 2924. VD 16 Ε 1125. - SB PK Berlin: Cu 2188 R. Zur Entstehung: Die Entstehungsgeschichte geht aus dem Text hervor. Danach hat der Zwickauer Pfarrer Nikolaus Hausmann (1478/1479—1538), ein enger Freund Luthers, sich schriftlich bei Herzog Georg von Sachsen wegen dessen Angriffen gegen seine Person und Ablehnung reformatorischer Neuerungen in Zwickau beschwert und diese Neuerungen verteidigt. Da Hausmann von diesen Angriffen nicht vor Mitte Dezember 1524 erfahren haben wird (vgl. unten Anm. 6), dürfte sein Brief danach entstanden sein. Der Herzog gab das Schreiben Hieronymus Emser (zu ihm vgl. Laube/Weiß 1, Nrn. 8, 9, 12, 19 u. 22) zur Beantwortung. Dieser unterzog sich der Aufgabe, obwohl er ältere Beziehungen zu Hausmann wegen dessen unnachgiebigem Bekenntnis zu Luther abgebrochen hatte. Sein „Missive" ist mit dem 12. März 1525 datiert und nur in diesem einen Druck bekannt. Literatur:

Kawerau, Emser, S. 80f.

B) Sacherläuterungen 1 Herzog Georg (1500—1539, geb. 1471), Landesherr des albertinischen Sachsens, seit der Leipziger Disputation von 1519 entschiedener Gegner Luthers. Emser, seit 1511 Hofkaplan in Dresden und schon zuvor Sekretär des Herzogs, war einer seiner theologischen Berater. 2 Der Brief Hausmanns ist nicht nachweisbar. Sein Inhalt erschließt sich aus diesem und den folgenden indirekten Zitaten. 3 Über frühere Beziehungen Emsers zu Hausmann gibt es keine Nachricht. Bereits in seiner Missae Christianorum (vgl. folgende Anm.) hatte er Hausmann als „alten Freund" begrüßt, mit dem er durch mündlichen und schriftlichen Gedankenaustausch verbunden gewesen sei und deshalb nicht glauben könne, daß dieser so von Luther betört sei, daß er von ihm eine neue Meßformel erbeten habe. 4 Emser bezieht sich auf seine Missae Christianorum contra Lutheranam missandi formulam assertio, ed. Th. Freudenberger, CCath 28, S. 1—37, die er am 29. Februar 1524 Hausmann gewidmet hatte. Sie war eine Antwort auf die von Hausmann erbetene und gleichfalls diesem gewidmete Formula Missae Martin Luthers, WA 12, S. (197) 205-220. In ihr hatte Emser Hausmann aufgefordert, bei der alten Messe zu bleiben oder zumindest seine Argumente zu deren Verteidigung ernsthaft zu bedenken (CCath 28, S. lf.). 5 Hausmann stammte aus Freiberg und hatte in Leipzig studiert, beide im albertinischen Herrschaftsbereich gelegen, während Zwickau emestinisch war. 6 Am 11. Dezember 1524 berichtete ein Freiberger Lutheranhänger über das heftige Auftreten Herzog Georgs in Freiberg gegen Lutheraner, wobei der Herzog u.a. den Freiberger Bürgermeister Georg Hausmann, einen Bruder des Zwickauer Pfarrers, beschimpft haben soll „und hat den magister [Nikolaus Hausmann] eyn ketzerischen schalgk geheissen und der magister rieht alle keezerey an czu Czwickau" (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 763, S. 776). Mit der neuen Ordnung ist die Gottesdienstordnung gemeint, die nach Erhalt von Luthers Formula Missae eingeführt worden war. Am Palmsonntag 1524 war in Zwickau erstmals die deutsche Messe gehalten und das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht worden. Weitere Neuerungen folg-

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ten schrittweise (zu Hausmann und zur Reformation in Zwickau vgl. Bautz, Kirchenlexikon, Bd. 2, Sp. 607—610; A.-R. Fröhlich, Die Einführung der Reformation in Zwickau, in: Mitt. d. Altertumsvereins für Zwickau, 12, 1919). Herzog Georg hatte bereits am 10. Februar 1522 im Herzogtum Sachsen zur Durchsetzung des Wormser Edikts die lutherische Lehre verboten und Lutheranhänger mit Strafen bedroht (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 299). Am 7. November 1522 verbot er darüber hinaus Luthers Übersetzung des Neuen Testaments (ebd. Nr. 400). Emser hatte auch dazu die theologische Begründung geliefert (vgl. Laube/ Weiß 1, Nr. 22). Gemeint sind die Bannung Luthers durch Papst Leo X. (Bannandrohungsbulle vom 15. Juni 1520, Bannbulle vom 3. Januar 1521) und das Wormser Edikt Kaiser Karls V. vom Mai 1521 (alle in CCath 42 Π). Am 16. März 1522 hatte ein Sturm auf das Zisterzienserkloster durch Anhänger der „Zwickauer Propheten" stattgefunden. Luther und Hausmann war es danach gelungen, die Lage zu beruhigen. Die Mönche widersetzten sich jedoch weiterhin allen Neuerungen; Verhandlungen zwischen dem Kloster und der Stadt einschließlich der Stadtgeistlichen blieben ohne Erfolg. Am 11. Februar 1525, also einen Monat vor dieser Schrift, Schloß der Rat das Kloster. Das bezieht sich wohl auf mit dem Rat abgestimmte Pläne Hausmanns von 1523, in Anlehnung an Luthers Leisniger Kastenordnung (vgl. Laube/Looß/ Schneider, Bd. 2, S. 1051ff.) einen gemeinen Kasten aufzurichten. Dabei war beabsichtigt, das 1473 begründete und auf dem kirchlichen Stiftungswesen beruhende „Reiche Almosen" für Hausarme mit einzubeziehen und daraus auch die Geistlichen zu besolden. Dem Bistum Naumburg-Zeitz stand Philipp Pfalzgraf bei Rhein (1480—1551) vor, der zugleich Bischof von Freising war. Vgl. Decreti prima pars, dist. 8, c. 1, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 12f. Thascius Cäcilius Cyprianus (um 200—258), seit 248 Bischof von Karthago und einer der bedeutendsten Kirchenväter vor Augustin, erkannte den römischen Bischof zwar als Nachfolger Petri und ersten Vertreter der Kirche an, sah ihn aber den anderen Bischöfen nicht über-, sondern nebengeordnet. Von den römischen Kaisem wurde er verfolgt und unter Valerian zunächst verbannt und dann enthauptet. Aesticampianus, eigentl. Johann Rhagius (um 1457—1520), hatte sich als Rhetorik-Professor in Leipzig für den Humanismus engagiert und war deshalb 1511 dort relegiert worden. Nach mehreren Zwischenstationen lehrte er seit 1518 in Wittenberg die antiken Autoren, las aber auch über Hieronymus und edierte Augustin. Hausmann könnte ihn in Freiberg kennengelemt haben, wo er 1515 eine Lateinschule eröffnet hatte. Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466/1469—1536), bedeutendster Vertreter des Humanismus, galt wegen seiner Kritik des alten Kirchenwesens vielen Zeitgenossen als Vorgänger und — bis zum offenen Bruch 1524 — als Förderer Luthers. Die in der älteren biographischen Literatur auf Grund eines Lutherbriefes vermutete persönliche Bekanntschaft Hausmanns mit Erasmus beruht auf einem Irrtum (vgl. WA Br 3, S. 158). John Wiclif (um 1325—1384), Professor und Reformprediger in Oxford; schon zu Lebzeiten wurden einige seiner Lehren als häretisch verurteilt; eine grundsätzliche Verdammung erfolgte durch das Konstanzer Konzil 1415 (vgl. DenzingerSchönmetzer, Nr. 1121-1139; 1151-1195). Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), Reformator Böhmens, wurde am 6. Juli 1415 vom Konstanzer Konzil als Ketzer verurteilt und verbrannt (vgl. ebd. Nr. 1201-1230). Reformation 1

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18 Erasmus (vgl. Anm. 15) hatte schon seit 1521, zunächst noch zurückhaltend, seine Distanz zu Luthers Lehren betont. Nach Luthers Polemik gegen Heinrich VIII. von England (vgl. Laube/Weiß 1, S. 495f.) äußerte er sie immer deutlicher, bis es 1524 im Streit um den freien Willen zum offenen Bruch kam (vgl. H. Holeczek, Die Haltung des Erasmus zu Luther nach dem Scheitern seiner Vermittlungspolitik 1520/21, in: ARG 64, 1973, S. 85-112; Brecht, Luther, Bd. 2, S. 210-234). 19 Anspielung auf Luthers Adelsschrift, Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 633ff.; WA 6, S. 406ff.; Delius, Luther, Bd. 2, S. 98ff. 20 Karlstadt, eigentl. Andreas Bodenstein aus Karlstadt (1486-1541), seit 1505 Theologe an der Universität Wittenberg, bestritt 1519 an der Seite Luthers die Leipziger Disputation; während Luthers Wartburgaufenthalt Führer der Wittenberger Bewegung; danach wegen theologischer und taktischer Differenzen von Luther aus Wittenberg verdrängt und bekämpft. Mit dem „Schwur" könnte das Zusammentreffen vom 22. August 1524 im „Schwarzen Bären" in Jena gemeint sein (WA 15, S. (323) 334—341), wo Luthers symbolische Überreichung eines Guldens an Karlstadt als Kriegserklärung interpretiert wurde, sowie die folgende Ausweisung des „Mordpropheten" Karlstadt aus Kursachsen; vgl. auch Luthers Brief an die Straßburger, WA 15, S. (380) 391-397, und Wider die himmlischen Propheten, WA 18, S. (37) 62-214. 21 Die Scholastiker des Mittelalters Thomas von Aquino (1215—1274) und Johannes Duns Scotus (1256—1308). Zu dem Zitat vgl. auch die „Hauptartikel", Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 173f. 22 Albertus Magnus (1193—1280); maßgeblich für die Aristotelesrezeption in der scholastischen Theologie. 23 Gemeint sind Luthers Klostergelübde. Luther, Angehöriger des Augustinerordens, hatte innerlich schon seit 1520 mit dem Klosterwesen gebrochen, seit 1521 die Ungültigkeit der Klostergelübde theologisch begründet. Er lebte aber noch im Wittenberger Augustinerkloster und trug auch noch bis Oktober 1524 die Kutte. 24 Anspielung auf eine Formulierung Luthers in Wider den falsch genannten geistlichen Stand, wie unten Anm. 27, das Zitat in WA 10 II, S. 107. 25 Luther stellte die scholastischen Theologen des Mittelalters als „neue Lehrer" den alten Kirchenlehrern gegenüber und lehnte sie ab. Neben den in Anm. 21 und 22 Genannten werden vor allem Petrus Lombardus (um 1095—1160), Johannes Fidanza Bonaventura (1221 — 1274) und Wilhelm von Ockham (um 1290-1347) zitiert. 26 Zu Cyprian vgl. Anm. 13; Hieronymus Stridonensis (um 347—419/420); zu den alten lateinischen Kirchenlehrern zählen außerdem vor allem Ambrosius (337—397), Aurelius Augustinus (354—430) und Gregor I., der Große (um 540-604). 27 Luthers Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe, WA 10 Π, S. (93) 105-158, vom Juli 1522. 28 Emsers Wider den falsch genannten Ecclesiasten und wahrhaftigen Erzketzer Martin Luther von Anfang 1523, Laube/Weiß 1, S. 456-483. 29 Gemeint ist wohl die scharfe Kontroverse um die Heiligsprechung und Erhebung Bennos von Meißen, ebd. S. 753f. Vgl. aber auch die Spannungen im Zusammenhang mit Luthers Missive an Hartmut von Cronberg und seiner Antwort an Heinrich Vm. von England, ebd. S. 495f. und Anm. 24 auf S. 497. 30 Budaeus, eigentl. Guillaume Budö (1468—1540), einer der bedeutendsten frühen Humanisten Frankreichs, trat fur eine freie, von scholastischen Fesseln befreite Wissenschaft ein, betonte die Notwendigkeit einer Kirchenreform, vollzog aber nicht den Bruch mit der römischen Kirche.

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31 Vgl. Anm. 18. 32 Vgl. Anm. 20. 33 Johannes Sylvius Egranus, eigentl. Johannes Wildenauer (fl535), Vorgänger Hausmanns als Prediger in Zwickau, war in der Bannandrohungsbulle als Parteigänger Luthers genannt worden, stimmte aber als Anhänger des Erasmus in zentralen Fragen nicht mit Luther überein und wurde auf dessen Betreiben in Zwickau entlassen. 34 Thomas Müntzer (um 1489—1525), einer der frühesten Anhänger Luthers, von diesem noch im Mai 1520 als Prediger nach Zwickau empfohlen, entwickelte zunehmend radikale, spiritualistisch-apokalyptische Auffassungen und geriet in scharfen Konflikt mit Luther. 35 Gemeint ist die unter den Namen Hektor Pömer und Georg Peßler ausgegangene Schrift „Grund und Ursach aus der hl. Schrift, wie und warum . . . die Mißbräuche bei der heiligen Messe . . . abgestellt . . . " , die tatsächlich von Andreas Oslander (1498-1552) stammte (vgl. die Ausgaben in VD 16 Ο 1015-1024). Ihr widmete Emser ebenfalls in den ersten Monaten 1525 eine eigene Widerlegung (CCath 28, S. 112-147). 36 Plutarch (um 40—um 120), griechischer Geschichtsschreiber; gemeint sind wohl seine griechisch-römischen Parallelbiographien; vgl. Pauly, Realenzyklopädie XXI, 1, Sp. 897ff. Deutsche Ausgabe: Große Griechen und Römer, 6 Bde., Zürich/Stuttgart 1954-1965. 37 Anspielung auf den Bauernkrieg, der zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Schrift im Südwesten des Reiches bereits begonnen hatte und gerade dabei war, sich nach Rückkehr Müntzers (Februar 1525) auch auf Thüringen auszubreiten.

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Kaspar Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln, die durch einen neuen Beschwörer der alten Schlange gerechtfertigt werden Inventarium oder register der leer, so inn disem nachvolgenden püechlin begriffen sind durch dreyssig artigkel. Erst: Von innhalltung gottlicher gschrifft Ander: Von der christlichen kirchen Dritt: Von dem bapstumb Vierdt: Vomm gewallt zü pinden und auf zülösen Fünfft: Von außlegung der heyligen gschrifft Sechßt: Von bestättung der gschrift Sybend: Vom glauben und seiner gnügsamigkait Acht: Von der hebe Neündt: Von den gepotten Gottes Zehendt: Von der peycht AylfPt: Von unnsers lieben herren testament Zwelfft: Vom opffer der mess Dreytzehend: Von prauchung diss sacraments des alltars Viertzehend: Von nyessung in bayderlay gestallt Fünffzehend: Von syben sacramenten inn der gemayn" Sechzehend: Vom sacrament der puess Sybenzehend: Vom sacrament der ee Achtzehend: Von verpotten gesyptenb Neünzehend: Vom sacrament der Ordnung der geweychtenc Zwaintzigist: Vom sacrament der firmung Ainundzwaintzigist: Vom sacrament der heyligen olung Zwayundzwaintzigist: Vom glübd der keüschait Dreyundzwaintzigist: Vom klosterstandt Vierundzwaintzigist: Von unntterschayd der speysen Fünffundzwaintzigist: Von anrueffung der lieben heyligen Sechßundzwaintzigist: Von opfern, so zu eer den heyligen geschehen Sybenundzwaintzigist: Von wunderzaichen der lieben heyligen Achtundzwaintzigist: Von der lieben heyligen pildnussen Nefinundzwaintzigist: Von gewonheyt und alltem herkommen Dreyssigist: Verweiffung ettlicher anntwort auff fiirgehallten frag, gegeben vom gemelltem schlanngen beschwärer.

a) im allgemeinen

b) Verwandtschaftsgraden

c) Ordinierten

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Die vorrede des schreibers, dem unbenanntem beschwärer der allten schlangen.1

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Gnad und frid von Gott dem vater durch Jhesum Christum [Rom. 1, 7] und erleüchtung zu rechtem verstandt der heyligen schrifft durch den heiligen geyst, wünnsch ich dir zuvor, der du pist ain ungenannter doctor unnd Schreiber dises neuen püechleins, inn nächst verschinen tagen durch den druck in teütsch ausgegangen2, welches du (wie darinn angezaygt) deinem sun3, auch anndern deinen freündten gemacht und zugeschickt hast. So dasselbig zwischen dir und gemellten freunden belibend wäre, mochts villeicht gedullt werden. Dweyl du es aber aller weit durch den druck gemain gemacht hast, miiß es pillich in die evangelisch schüel gefuert werden und an dem liecht besichtigt, was es für grundt in christlicher warheyt hab, in welcher verhorung und kuntschafft ich mit dir ain bruederlich und evangelisch gespräch haben wil. Darumb auch mit dir nit hofische, sonnder evangelisch, christlich und bruederlich reden wil. Weliches mein gespräch (wo du anders auch evangelisch pist, wie du dich dann hören lässt) du in evangelischer lieb zu güt annemen wollest. Wiewol ich in Überlesung deines püechlins maynung und vil anfechtung und gedunckenf gehabt, dich nit mit linden wortten, sonder mit ernnstlichen, auch dich dermassen zü bezalen (wie du dein mitcristen, die du bäbstisch nennst, auff das hitzigist anrennst und auf daz höchst schenntest), nemlich so du das on allen gnügsamen grundt der heyligen schrifft thüst. Hab mich doch aines villeycht pessers bedacht, glympflichen mit dir ze handln. Besonderlich, so du in dem anfanng und endt deines püechlins dich hören läßt, du seyest berayt und gütwillig, ain gute getrewe unndterrichtung aus der geschrifft von ainem yeglichem anzünemmen. Wiewol du deinem erpieten8 nach gar ungemäss geschriben hast. So du dich hören läßt in aller deiner schrifft, als zaygst du an die hell, lautter, klar und unwidersprechlich schrifft, durch welichs man wol versteen müeß, das du in deinem gedunckhen verfestigt pist. Unnd wenn ander leüt deinen verstandt hetten, wie er dir einleücht, so hettest du alle spil gewunnen. Ich will dich doch nit enndtlichh darauß urtailen als verherrt und verstockt in deinem fümemen, darumb mich auch unndtersteen, dir den widerpart1 anzüzaygen, in hoffnung, du werdest dich weysen lassen. Wo aber daz ye nit sein wolt, verhoff ich andern damit ersprießlich ze sein, die nit so tief in der p f u schen* der irrung versuncken seind. Ich mag unnd wil dir aber nit verhallten* in bruederlicher lieb, was myßfallen (ich in der gemain ze reden) in deinem schreiben hab. Zum ersten, das du dich hast machen lassen ainen sumpff und schwendtgrüben1 aller neüer irrsal. Wann1" du gantz auf der lüterischen lautten schlechst, du hast kein neüe saytten auffgezogen, wiewol du die

d) geblieben e) hier: schmeichelnd (DWB 10, 1686) f) Meinung g) Anerbieten h) endgültig i) Gegenteil j) Pfütze, Lache k) verschweigen 1) gemeint: Ort der Verschwendung (DWB 15, 2521) m) denn

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

lüterischen saytten hertter gespant hast, inn dem daz du all dein ding so häfftigklichen anzeuchst und scharpffe Stichwort gibst, nit gemäss dem evangelio. Zum anndern. Das du kein ding auff ainen pessern verstanndt aines andern setzst, sonnder pist aller deiner ding gantz gwiß, als künns und mogs nit anders sein, wie dann dein hauff allenthalben thut, unnd wellich annders maynen oder versteen, die irren. Darinn du zu versteen gibst, das du dein tag nit vil gestudirt hast, dann wer sich nit weyt umbsicht, feilt paid ain urtail. Und darumb, so du nit mangerlay geschrifft, sonnder lüterische puecher hast gelesen, vermainst du, es muess also sein und künd nit falen", darumb du dann all annder, so deiner maynung nit sein, urtailst als irrendt. Hettestu beschaidenlich geschriben, so wären dir dein manigfeltig irrsal nit groß ζύ verargen gewesen. So du dich nit mit vil studirn, sonder mit weltlichen henndln und ämbtern bekümert hast, darumb ist dir dein vermessenhait deßt ermer zu verargen. Du pist in ainen thurnier geritten, zu dem du kain gnügsame risstung hast, ja noch nit waißt, was zu der risstung gehört. Darumb nit auß der weiß wär°, ob man dich mit kolben vomm gaul schlieg und auf die schrancken setzet. Zum dritten. Das du vermainst, du habst ζύ allem deinem geduncken die gantz, hell, klar, lautter, unwidersprechlich, gottlich geschrift, das ich dein in lesung deines puechlins offt hab muessen lachen, wie weyt aber du noch von dem rechten verstanndt der schlifft seyest, wird ich dir, ob Got wil, anzaygen. Und ist mit euch lüterischen ain wunderlicher handl, das mans greyffen mocht, das ir eüch selbs ζύ spot macht. Ist die schrifft in allen eüren opinion und maynungen als lauter, klar, hell, offennlich amm tag (wie ir es fürgebtp), wie kompts dann, das sy in sovil hundert verschinen jaren nit ist verstanden worden, auch durch heylig menner und lerer.4 Ir maynet villeicht, es seyen vor eüch nur stock und peüm, oder villeicht holtzpock und waldesel (und nit menschen) gewesen. Zum vierdten. Das du vil pawest auf dein vernü[n]fft und weltweißhait, die bey Got ain torheyt ist [vgl. 1. Kor. 1, 20]. Wer feilt yetz mer auff die neü irrig leer, dann die weltweysen, welich die heyligen schrifft nach dem liecht irer vernü[n]fft wollen messen, wann sy in q gantz wol einleücht, durch welichs ir die gotlich und menschlich weißheit züsamen rinMath. 11 [25] ckelnr w6lt. Aber unnser herr sagt annders da er spricht: Vatter, du hast die haymlikeyt verporgen vor den weltweysen und sy geoffennbart den klai1. Corint. 1 [20] nen. Auch der heilig Paulus zaygt an, das Got verplendt die weißheit der weit, darzu auch das liecht der vernü[n]fft gezogen wirdt, wo man imm verstandt gottlicher schrifft darauff pawen wil. Zum fünfften. Das du die schrifft allenthalben kriimpsts auf dein maynung und doch dabey vermainst, es sey der recht verstanndt und mög nit annders außgelegt werden, als ich dir in nachvolgenden artigkeln erzaygen wird.

n) falsch sein o) d.h. nicht unangemessen nen r) verbinden, verschlingen s) verbiegst

p) angebt, darlegt

q) ih-

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Zum sechßten. Das du alle die verdammest, welich die schlifft anders dann du außlegen, als hettest du und dein hauff allein den heyligen geyst, in dem ir großlich wider das evangeli und bruederliche lieb handelt. Ich wolt geren wissen, was ir doch für ain evangeli hetten, so ir so frech und frey seyt, alle weit zu verdammen, die aus eür seckt nit seien, auch auf daz höchst lestert, schendt und schmacht, und nit mit klainen Sünden, sonnder nür mit den grossten lasstern alls seinn gotzlesstrung, abgotterey, wissennliche felschung der heyligen schrifft, bestreyttung der warheyt und strebung wider den heyligen geyst, und dergleychen mer. Ich gsweyg der lasster, antreffendt das leben und die werck. Ich wolt geren wissen, ob ir den Lucifer in der hellen, und sein rott, kündt oder mocht hoher schellten und schendten. Ich wolt auch gern noch ain mal ain puchlin sehen oder lesen, daz von eürem hauffen ware außgangen und nit solicher schmachheyt und schendtung vol war. Gleych als stee aller eüer syg darauff, das ain yetzlieher leser sol gedenncken, die leüt seinn der warheit g[e]wiß, als frey fart ir herein. Du hast in deinem puechlein vergessen deines ersamen allters, deines fiirgeenden' ansehens, das du (vor jaren) hast gehabt, deynes guten leymundts 5 , aber es ist dir geschehen als den Galatern, die der heylig Pau- Gal. 3 lus strafft, dass sy von der warheyt in irrsal durch falsch propheten sich hetten fueren lassen. Ich hab ain mitleyden mit dir, dweyl ich dich vor vil jaren wol erkannt hab, aber ich acht wol, du werdst mein mitleyden verlachen, ich het mich merer beschaidenheyt bey dir versehen. Züm sybennden. Das du vil pawest auf vil allegation", die du auß den lutherischen puechln züsamen geraspelt, oder villeycht auß der teütschen concordation gezogen hast. 6 Vermainst dardurch dein maynung deßter krefftiger zu verfesten, so sy sich doch manigmal nyendert v züsamen reymen. Vermainst du nit, wenn ein ding ainmal inn der heyligen schrifft steet, es sey als gnüg unnd krefftig (wo mans recht versteet) als wenn es Math. 5 [18] hundertmal darinn steet, so unnser herr spricht: Es wirt kain pünctlein ver- Luc. 16 [17] geen von der schrifft. Es ist nur zu einem schein den ainfelltigen, damit sy vermainen, es mog nit annders sein. Züm achten. Das du vil unwarheyt legst und zeuchst auff die, wellich du helltst als dein und deines hauffens Widersacher, die du auch bäbstisch nennest. Es ist villeycht bey eüch Luterischen oder in eurem evangelio eer abschneydung khain sündt, in den henndln, die nit amm tag ligen, ja die nit war seinn, sonder erlogen und erdicht. Wolt eüch villeicht schon machen, das ettlich erfunden werden in solichen dingen sträflich in irer leer und leben. Damit du aber nit mainst, ich zeyhe dich des unpillich, wil ich dir es in vil nachvolgenden artigkln anzaygen. Züm neündten. Das du so hässigklich anregst in allen artigkln die bapisten. Da wolt ich geren von dir hören, wer die papisten seinn. Ich wil dir aber anzaygen, wie ich dich in dem wort verstee. Du helltst den babst für den rechten anticrist (wie du dann von deinem mayster hast gelernt 7 ), auß welchem volget, das alle die papistisch seien, wellich undter der ge-

t) früheren

u) Zitate

v) überhaupt nicht

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horsam des babsts und der romischen kirchen seinn, das ist, die gantz occidentalisch kirch, gar wenig außgenommen, und vil in der orientalischen kirchen. Der annder hauff in orient ist amm maysten ungläubig. Also machstu und dein hauff ain neüwe kirch, die nit bäbstisch ist, welche wir haissenn scismaticam, ein abgetrennte rotw, davon wird ich hernach weytter schreiben. Darumb so ich beschirm die romisch und bäbstisch kirchen, soltst du mich versteen, redent von der gemainen kirchen, in welicher wir und unnser elltern über tausent jar Got gedienet haben on alle irrang in cristlichem glauben, und rechtem verstandt der heyligen schrifft, nemlich antreffendt die nottürfftigen ding, gehörig zu der seelen hayl. In yetzgemellter beschirmung romischer kirchen wil ich nit aller unnd yetzlicher menschen irrung in leer oder leben verfechten, wil mich auch nit bekümern mit dem leben, thüen und lassen der leiit in den stendten, sy seyen layen, priester oder klosterleüt, sonnder allain, was die schrifft antrifft, die ein ewige unwandlperliche warheyt in ir hellt. Man glaub sy oder nit, man verpring sy inn wercken oder nit. Zü dem zehenden. Das du vermainst, es sol nichts angenommen werden, es sey dann klar, lauter unnd offennlich außgedruckt inn der schrifft. Doch wil ich das setzen für den ersten artigkel, so der grundt daran amm höchsten gelegen ist, und so du vermainst, zü verwerffen alle christliche Satzung, die nicht offennlich in der schrifft ist begriffen, wil ich mich auf dieselben auch nit gründten, dann als vil ich anzaygen mag, dass sy genügsamen grundt in der schrifft haben. Ich wil auch kaines schrifft verfechten, auch nit kayserliche, geystliche oder anndere Satzung rechtfertigen, sonnder alle auff ein ort setzen" und in irem werdt steen lassen. Doch in deinem obgemellten, ungepürlichem schreiben, wil ich dir nit gantz die schuld geben, so du mer maister darob hast gehabt, wie du anzaygst. Hasts auch nit undter deinem namen lassen außgeen, daran du dann weyßlich gethan hast, wann du deynem namen und stammeny klaine eer damit hettest eingelegt. Damit du aber nit deinen sun verdenckst, er hab mich angericht zü schreiben, thüe ich dir kundt, das ich aus im nichts gehandlt, hab es auch nicht mit seiner ersüchunng angefanngenn, ja im auch nit gezaygt, damit zwischen dein und sein kain neue ursach Unwillens erwuechs, wiewol ich in anfengklich gefragt hab, ob er darwider schreiben woll (alls er dann dartzü vaßt gnügsamz war), hat er geanntwort, es woll nit fueg a haben, wann er dich in kindtlicher ersamkait vor äugen hat, wiewol inn Sachen, die sei antreffendt, wir all gleych seinn und ainen aynigenb vatter imm himel haben. Math. 23 [9] Wiewol du aber dein püechel allain auf neun artigkel hast gesetzt, hastu doch sovil materi darein geflochten, das ich dreissig darauß machen wil zü leüterer0 und merer erklärung der materi, von den du melldung

w) Rotte x) d.h. auf sich beruhen lassen (DWB 13, 1351f.) y) Familienstamm, Geschlecht z) hier: sehr verständig, befähigt a) Wohlanständigkeit b) einzigen c) klarerer

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thüst. Ich wil doch auff das kürtzest beschayd und undterricht darüber geben, nemlich so ich alle materi amm maysten in anndern meinen schrifften reylich und gnugsamlich hab außgestrichen, besonnderlich in dem puechlin, genannt: Die offennlich erzaigung dess sathans, der sich in ainen engel 5 des liechts vergwenndet.8

Der erst artigkel. Von innhalltungd der heyligen schrifft.

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Dein erster irrsal und ain grundt viler andern irrsaln ist, das du unnd dein sect wollet alle ding durch klare, helle, lautere, offennliche und unwidersprechliche schrifft bewärt haben, und sonnßt nit annemen. Das kan ye nit anders verstanden werden, dann das alle ding, die zu glauben, hoffen, lieben und würcken sind, sollen in der schrifft bey dem püechstab verfasst sein, bewär du mir auß der schrifft, das das not sey. So du nun vermainst, nichts anzünemen, dann daz in gemellter weiß in der schrifft begriffen ist, wird ich von dir auch nichts annemen, du erzaygst mirs dann gnugsamlich auß der schrifft. Item, sag mir, was haißt du unwidersprechlich bewärt? Ists das, wider wellichs kain einred mag geschehen? Wie vil sind der selben warheyt in der schrift, die so gantz, hell und klar seinn, das man kainen eintrag kan oder mag machen (die man dann haißt prima principia, die unwidersprechlichen gemaynen warheyt). Was seinn sölich begerung der bewärung, die ir von uns erfordert, annders dann fluchtweg, damit ir allmal sprechen mögt, waz wir fürgeben und bewarn, es sey nit hell, lauter, klar und unwidersprechlich bewärt. Ich wil dir aber anzaygen, das sollich bewärung in erzaygung und erfindung der warheyt nit not ist. Erstlich wirdest du mir veijehen6, was in der krafft der schrift beschlossen ist und grundtlich daraus gezogen mag werden, das dasselbig in der heyligen schrift ist. Du woltest dann sprechen, daz das hertz des menschen nit zu ainem menschlichem leyb gehöret, darumb das mans von aussen nit sieht, daz dann schimpflich war zu hören, nemlich so der herr spricht: Mein wort, die ich red, sind der gayst und das leben. Das erzaygt unnser seligmacher an, da er wider die Saduceier disputieret von der urstendtf der todten [Matth. 22, 23—33], in welcher disputation aus der schrift: Ich pin der Got Abraham, Isaac und Jacob, er beschloß, das die todten würden wider in leib und seel erkückt8 werden, das allain wash aus der kraft der schrift, und nit aus dem lauttern püechstab, der von der urstendt nichtz sagt. So aber Gott nit ist ain got der todten, sonnder der lebendigen [Matth. 22, 32], volgt darauß, das die seel Abrahams, Isaac und Jacob lebeten. Auß wellichem weytter volgt, dweyl, so die seelen nit ewigklieh werden sein on die leib, das die leib zu seiner zeyt auch erkückt wer-

d) Inhalt e) bestätigen, zustimmen weckt h) war

f) Auferstehung

g) vom Tod er-

Der erst irrsal

Johan. 6 [63] Exo. 3 [2. Mose 3, 6]

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den. Die bewarung ist ye gewesen aus der kraft der schrift, und nit aus dem klaren hellen text. Deßgleychen warff der herr auch den phariseern den spruch Davids für: Der herr hat gesprochen zu meinem herren [Matth. 22, 44], und bewäret darauß, daz Christus mer und grosser dann David ist, Psal. 109 so er in haißt seinen herren, so doch nit der gemain prauch ist, das der [= 110, 1] vatter seinen sun seinen herren haiss. Zum andern. Ist auch zügehörig der schrift alles das, so fürdert unnd dient zu volkummner halltung unnd volpringung der schrift. Wann das endt beschleußt in im nit allain die ding, on welliche das endt nit mag Überkummen1 werden, sonnder auch alles, das zü seinem überkummen merckliche fürdrung thüet unnd haylsamlich hillfft, das endt zü erobern. So alle ding, die zü ainem endt geordnet werden, von gemelltem endt ir gütheyt oder poßheyt empfahen, und mag der gut kainen abpruch machen, ob gleych die selben mittel züm endt nit clarlich seinn inn der schlifft begriffen. Voigt darauß, das alles, was zü der eer Gottes und erfüllung seines willens, zü der lieb des nechsten unnd zü aygner absterbung und sein selbs reformierung dient, güt ist, und scheinbarlich inn der gschrift begriffen. Voigt züm andern, das die gemellten ding nit seinn neben der schlifft, zü der rechten oder lingken seytten [5. Mose 5, 32], ein annders j dann die schrifft, auch kain züsatz, sonnder inn der schlifft und undter der schlifft. Darumb, so die schrifft verpewtk, man sol nichts hinzu setzen, nichts annders lernen1, nit weychen zü der rechten oder lingken seytten unnd dergleychen wort praucht [5. Mose 5, 22.32; Jos. 1, 7; Spr. 4, 27; 30, 6 u.ö.], mögen von den gemellten außlegungen unnd Satzungen nit verstannden oder darauf gezogen werden, sonder allain auf die leer und Satzung, wellich wider die schrifft oder der schrifft nit gemäss seinn.

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Der ander artickel. Von der kirchen Der erst verstandt Dein ander irrsal ist, das du vier verstandt dess worts kirchen anzaygt 30 Der ander hast 9 , als gnügsamlich außgelegt. (Das ist) das mans in ainem verstandt Der dritt nympt für ain versamblung, in wellicher all menschen poß sind, für das Der vierdt gepeü der kirchnn. Für aine, in wellicher güt und poß vermischt seinn mögen in Sonderheit, als Numeri amm zwainzigisten [4. Mose, 20]. In welcher weiß ein concilium, auch ain yedes bistumb und pfarr ain kirch 35 Der ander irrsal genennt mag werden. Unnd für die samblung aller außerw6lten, die genennt werden die heylig christlich kirch. Und hast den verstandt da hinden lassen, der amm allermaysten wider dich ist unnd doch imm evangelio begriffen. Der ist, das bey der gemainen christlichen kirchen verstannden werden all christen, die durch den tauff sind eingangen. In wellichem ver- 40 standt all christen (sy Seyen güt oder ρόβ) glider der gemainen christlichen

i) erlangt

j) etwas anderes

k) verbietet

1) lehren

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kirchen sind und genennt werden, und ain leyb Christi dess haubts [Eph. 1, 22; 4, 15; 5, 23; Kol. 1, 18]. Und in welicher weiß auch Christus in seinem leib vil glider hat, die endtlich abgeschnitten werden, und doch hye auch praucht zü nutz und nottürfft der anndern glider unnd des gantzen leibs [1. Kor. 6, 15; 12, 1 2 - 3 1 ; Eph. 4, 1 - 1 6 ] . Darumb sy nit in dem rechten außerwolten leyb Christi seinn allain, als der myst inn den dermen, der dem leib kain nütz ist, sonnder arbeyten für den nutz des leybs und offt meer, dann die rechten lebendigen glider. Alls zü den zeytten Pauli ertlich predigten Christum den rechten zwelfpoten" 1 zü neyd, wellichs doch der heylig Paulus annam, solich auch seinn vil prediger und seelsorger, die den anndern nütz seien und in11 selb verderblich. Diser verstandt ist begriffen in vil beyspilen unnsers herren, nemlich da er das reych der hymel zügleycht 0 zehen junckfrawen, auß welchen fünff waren klüg und fünff toret. Item ainem netz, in welichem gefanngen werden gut unnd poß fisch. Item ainem künig, der seinem sun het hochzeyt gemacht etc., auß welcher ainer ward außgeworffen. Item von dem verstanndt spricht der herr: Vil sind berufft aber wenig außerwolt [Matth. 22, 14]. Voigt aus dem, so du alle ding, gesprochen imm evangeli von der gemainen christlichen kirchen, allain auf die samlung der außerwolten wild ziehen, das du weyt felest p . Item du thüest uns zü kurtz, so du uns aufflegst, das wir die gemainen concilia hallten für die gemain cristlich kirch, sy hallten sich selb nit darfiir, sonnder schreiben sich, bedeüttendt oder stathalltendt die gemain kirchen. Noch vil mynnder hayssen wir die babst und bischof die gemainen kirchen, sonder regirer derselben, aber das du vil herfür zeuchst sprüch auß der schlifft, darinn die kirch der außerw6lten wirt angezaigt, irrt unns nit, dann wir auch glauben, dass an vil ortten der schrift die kirchen dermassen wirt verstannden, aber nit überal. Nemlich so sy redt von allen christglaubigen, die durch die thür seinn einganngen, da sy durch die tauff seinn eingeleybt worden dem geistlichem leyb Christi, sy verharren darynn oder nit [1. Kor. 12, 13]. Weytter irrstu, so du aus zwayen artigkeln des glaubens nur ainen machst, so du sprichst, daz der artigkel: gemainschaft der heiligen, kain undterschaid hab von dem: ich glaub die heylig cristlich kirch 10 , so er für sich selb ainen grossen verstandt und innhallt uns gibt zü versteen. Darumb auch pillich ain besonnder artigkel ist. Fragstu was? Anntwort ich, das er innhellt gemainschaf[t] aller verdienst Christi in würckungen r unnd leydungen, aller gab unnd würckung des heyligen gaysts in allen seinen glidern, auch aller sacrament als heyliger zaychen, von Got uns gegeben zü unserm hayl. Fürpas s dringstu in deiner schrift seer auf verklainung der gemainen concilien 11 , die von gemainer christenheyt als aufrichtig unnd gerecht sind angenommen. Sag ich darzü, wo du ain gemain concili, imm heiligen gayst versamelt (das aufrichtigklich nach dem exempel des ersten concili

m) Aposteln n) sich o) vergleicht wirkung s) ferner, weiter

p) irrst

q) Bezichtigung

r) Ein-

Philip. 1 [15-18] Math. 25 [1-13] Math. 13 [47-52] Math. 22 [1-14]

Die erst unwarhafftig zeyhungq

Der dritt irreal

Act. 15 [Apg. 15, 1-29]

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

Der vierdt irrsal Mat. 7 [7. 8], 18 [20] Mar. 11 [24] Luc. 11 [10] Jo. 13, 15, 16 [13]

zu Hierusalem hanndelt), wild achten und urtailen als nit unzweyflich der warheyt in den dingen, die not seinn zu der seel hayl, so irrest du großlich wider die verhaissung Christi und das evangelion. So uns Christus an vil ortten verhaissen hat, was wir versamblt in seinem namen pitten, das sollten wir enndtlich glauben, wir werden erh6rt. Hat auch uns verhaissen den heyligen gayst, der uns alle ding lernen werd [Joh. 14, 26], Sprichst du aber: Wer wirt mir sagen, obs concilion imm heyligen geyst versamelt sey oder nit? Auch ob es aufrichtigklich hanndelt oder nit? Anntwort ich: So, urtailnn ain ding auf die poß seyten (wo man nit Math. 7 [1] gnügsame und gwise kundtschafft hat) ist wider das evangelion: Ir sollt nit urtailen. Ist auch wider bruederliche lieb. Voigt, das ain yetzlicher christenmensch schuldig ist, zu hallten von ainem christlichen concilion, das es auffrichtigklich gehanndelt und beschlossen hab und seine urtail recht seinn. Wo ainer gwißlich und gründtlich nit annders waiß. Wo aber ain zweyfel wäre, oder man aus ainem geduncken ain warheyt wolt machen wider ain concilion und sein hanndel, sol man sich auff den sicherern tail legen. Das ist, daz man demüetigklich gehorsam sey der oberkait nach der Ordnung Gottes. Wer aber fräflich eynem solichen gwallt (on gemellten Roma. 13 [1. 2] gwissen gründtlichen verstandt) widerstreyt, der widersteet der gottlichen Ordnung und überkommbt im die verdamnung.

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Der dritt artickel vomm bapstumb

Die annder unwarhafftig zeyhung

1. Corinth. 3 [11]

Wider das babstumb nympstu dir zu streitten grosse mue 12 , dweil es dich seer irrt. Damit aber wir aneinander versteen, solt du wissen, das wir bey dem babstumb versteen den gwallt, wellichen Christus Petro hat gegeben [Matth. 16, 18f.]. Disen gwallt willd du nit grosser oder meer sein lassen, dann aines yetzlichen anndern bischofs, in wellichem deinem process du uns aber großlich unrecht thüest, das du unns zeychst1, wir pawen die christlich kirchen fürgentlich11 auff Petrum und auf all bäbst 13 , des wir in kainen weg gesteen, wann auch khain heyliger doctor oder lerer der maynung gewesen ist, auch die, welich bey dem felß Petrum verstannden haben [Matth. 16, 18]. Wann sy wol gewisst haben und wir auch wol wissen den claren text Paiil: Es kan nyemandt ainen anndern grundt legen dann den, der gelegt ist von Got dem vatter, der ist Christus Hiesus. Sy aber und wir haben verstanden und versteen bey dem grundt, Petro zügeaygent, einen gwallt und grundt auff den rechten aynigen grundt Christum Hiesum verfesstigt. Das du aber die vorgemellt irrung wider clare geschrifft unns zeychst und auflegst, erscheint in allen deinen bewärungen, so du nit meer bewärst, dann das Christus der recht fürgentlich grundt sey, das nyemanndt vernaint. Darumb dein bewärung inn lufft geet, und wider uns nichts thüet. Uber das, so setzen wir nit die person zu aynicherlay grundt der kirchen,

t) bezichtigst

u) vornehmlich, hauptsächlich

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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sonnder das ambt, von Christo bevolhen, zu leren und zu regiren, als von allen zwelfpoten geschriben steet imm püech der heymlichen offennbarung: Die maur der hymlischen stat Hierusalem hat zwelf grundtfesst und in in zwelff namen der zwelf poten und des lambs. Sichstu, das nit widereinander seinn, das das lamb der füirgentlich grundt sey, und doch ettlich meer grundt auf den fiirgentlichen grundt gepaut und gesetzt, welich in krafft dess fiirgentlichen grundts das annder gepeii auf hallten. Voigt darauß, das du vergebenlich anzeuchst, das vil bäbst verdamt seinn, und Christus hat den Simon ainen sathan genennt, welchen er vor v (von bekanntnuß wegen der warheyt) hat Petrum gehaissen [Matth. 16, 23.18], und irrst in dem, das du nit kanst die person von dem ambt und gwallt taylen. Voigt auch daraus, das du irrig helltst, die zway mögen nit beyeinann[der]steen, das Christus der kirchen grundtfesst sey und Petrus, so doch wir sy in auffhalltung des gepeüs der kirchen nit gleych setzen. Weytter irrst du, so du schreibst, das die schlüssel, Petro verhayssen, sind allen anndern jungem unnd cristlichen gemainden zugleych bevolhen von Christo 14 , auß welichem volgt, daz Petrus oder Simon allain ain figur 15 ist gewesen, bedeüttendt die christlich kirchen. Wann nach deiner maynung hat er im nichts mer befolhen dann ainem yetzlichem anndern. Auß wellichem weytter volgt, das die ganntz hystori nit ein geschieht, sonnder ein parabl oder gleychnuß ist, so ist auch ain parabel, das Christus kummen ist in die gegent Cesaree Philippi, das Christus hat gefragt sein junger etc. [Matth. 16, 13] wider offennlichen text. Ja es werden all hystori der heyligen schlifft dardurch geschwecht, wann ich wil von ainer yetzlichen hystori sprechen, es sey kain geschieht, sonnder ain parabel oder beyspil. Das aber Petrus in dem fall nit allein ain figur der kirchen sey, zaygen all umbstenndt an. Zum ersten, das auff die frag Christi (wass sy von im hielten) anntwort Simon, du pist Christus, ain sun des lebendigen Gotes [Matth. 16, 16]. Das ist geredt von Simons wesenlicher person, so sein aygner nam da steet. Zum anndern, so der herr zu seiner person redt, salig pistu, Simon, ein sun Jona [Matth. 16, 17], in wellichen wortten er seinen namen und zunamen ausspricht. Zu dem dritten, aus der offennbarung, die seinem geyst von Got dem vatter ist geschehen, welche wir an dem ort von den anndern zwelffpoten nit lesen. Zum vierdten, das der herr zu seiner person hat geredt alle nachvolgende wort der verhaissung. Amm ersten: Salig pistu, Simon, ein sun Jona, und ich sag dir, du pist Petrus und dir wird ich geben die schlüssel des reychs der hymmel, unnd alles, das du wirdst pinden und auflosen etc. [Matth. 16, 17—19]. Welliche red alle zü seiner person ist geschehen, das man nach der warheyt der hystori müeß veijehen. Wiewol er nachvolgents und darbey auch ain figur oder bedeüttung der christenlichen kirchen ist gewesen. Auß wellichen allen volgt, das die gemellten verhayssungen Christi in mererm und hoherm verstanndt und weiß seiner person zügehörig seinn, denn allen anndem.

v) zuvor

Apoca. 21 [Offb. 21, 14]

Der fünfft irrsal

Der sechßt irrsal

Der sybend irrsal

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Johan. 21 [15-17] Der acht irreal Der neündt irrsal

Johan. 16 [= Matth. 16, 19]

Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

Und so im Christus meer verhaissen hat zu geben dann den anndern, ist ungezweyffelt, hat ims gehallten und verlihen. Ist auch gleüblich, die heyligen evangelisten haben dasselbig ort angezaygt [Matth. 8, 27-30; Luk. 9, 18-21], In wellicher volfuerung diser verhayssung zaygst du an zway ort in dem evangelio, daz ist Math, amm XVm. [18] und Johan. amm XX. [23], und vermainst, man mog khain annders anzaygen. Unnd die weyl an gemellten zwayen orttern nichts steet, Sant Peter allain zugehörig, beschleüstu, es sey im nichts weytter dann ainem anndern zwelffpotten bevolhen. Du wild auch das wort unnsers herren: Way den meine schaff, nichts besonnders zugehörig lassen Sant Peter sein für w ainen anndern.16 Darumb feilst du da in zwen irreal. Der erst ist, das du den yetzgemellten sprach nit wild lassenn besonnder zü Sant Peter gesprochen sein, wider klaren und hellen text. Der annder, daz du unrecht die schlifft da außlegst wider den grundt und die kraft deß texts. Deinen ersten irrsal zaygt der klar text an, das der herr redt zü der person Petri, unnd nit zü Petro als ein figur aller zwelffpotten oder hyrten. Darumb er in nit da haißt Petrum, sonder Simon. Johannis nennt in bey seinem beschneyd namen und seines vatters nam, der sein zünam was, und spricht zu seiner person: Du, Simon Johannis, wayden meine schaf [Joh. 21, 15], und so er khain schaf in besonnder anzaygt volgt, das er von allen seinen schaffen (wie er in Johannis amm zehenden) redt, das zaigen auch an die nachvolgenden wort, so der herr weytter spricht: Da du jünger warst, gürtestu dich etc. [Joh. 21, 18]. Auß welchem volgt, das nach der warheyt der hystori der gwallt und bevelch unsers herren Simoni geschehen, trifft allain sein person an, und hat in dem andern ort gelaist, daz er im Math, amm XVI [19]. hat verhaissen: Dir wird ich geben die schlüssel des hymmels. Das wirt auch krefftigklich bewärt durch die zway wordt, die der herr in der frag von der liebung hinzü setzet: (plus hys) meer dann die, zaygent auf die andern aposteln. Weliche zwai wort prechen dir und deinem häuffen all argument, die ir wider Sant Peters stathalltung macht. Es war dann sach, das Christus Sant Peter einen merern gwallt het wollen geben dann den andern, so het er nit von im erfordert ain grossere lieb. Es hillfft eüch auch nit, das etlich aus eüch schreiben, so er drey mal unsers herren hat verlaugnet [Matth. 26, 69—75], sol er dreymal bekennen die lieb gegen im, so ander zwelffpotten auch abgefallen sind, wiewol nit von aussen so gröblich als Petrus. Es het sich unser herr lassen genuegen für Peters person, das er in aus hertzen lieb het. Het nit von im begert grossere lieb über ander all. So er im aber mer bevelhen wolt, dann den andern allen, wolt er von im auch grossere lieb haben über annder all. Auß welchen klar ist, das du in außlegung gemellts texts irrst. Als dann in vil andern außlegungen, da du vermainst, du habest für dich den clarn text. Ja, wenn all annder menschen deinen syn und verstandt in der schrift hetten, so hettest du gewunnen und recht.

w) vor

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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Auch irrest du in dem verstandt des worts pascex, daz du allein auff das predigen des wort Gottes wild ziehen17, so es doch in imy beschleüsst alles das, das den schaffen Christi gut, nütz und not ist, welcher vil erzelt Ezechiel, als krancke schaf gesundt machen, die schwachhen stercken, die zerprochen pindten, die verworffen widerpringen, die irrenden suchen, treyben auf gute wayd, wider heymfuem zü dem stall, den stal bewarn etc. Weytter irrst du, das du sprichst, auff Sant Peters liebhabung hab im Christus seine schäfle zü wayden bevolhen. Aus welichen volgt, so der hyrt oder prelat nit hat die lieb Gottes, sonnder villeycht ist ain tyrann oder unnützer hyrt (alls ir abgeschayden2 dem babst zulegt), so ist er kain hyrt. Wo das war war, so hett Christus seinen bevelch und gwallt auf ainen sand gepawt wider sein aigne leer. Es würd auch nyemandt wissen, wer ein hyrt war oder nit, so nyemandt von dem anndem wissen kan, ob er sey inn der genad und lieb Gottes oder nit. Das du aber dein maynung von gleychhait Petri gegen den andern zwelfpoten wild durch das verfesstigen, dass sich Petrus einen mitpriester hat genennt18, 1. Pe. 5 [1], auch unndter andern aposteln sich nichts meer hat angenommen, unnd dergeleychen, darauß schliessen, der babst sey nicht über die anndern bischof, tregt dir nichts für. Wann all apostel haben für ir person gleychen unnd vollen gwallt von Christo empfangen, so er sy in alle weit schicket [Matth. 28, 16—20], und darumb all commissari Christi gewesen. Wellichen gewallt sy nit empfangen haben in der weyt und fäll für ir nachkommen. Petrus aber (als ob angezaygt schlifft außweyßt) hat den gewallt Christi (ordinarie) als ordenlich für sich und sein nachkommen entpfangen. Des auch urkündt ist, das khaines anndern zwelffpotten stuel in zwelffpotischem gwallt ist pliben, dann allain Petri. Auch ist Sant Peters stuel nye undtergangen, wiewol er vil und manigfelltigklich ist angefochten worden. Nemlich durch die ketzer.

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Der zehend irreal

Ezech. 34 [16]

Der aylfft irreal

Math. 7 [26]

Der vierdt artickel. Von gwallt zu pinden und entpinden.

Bey disem artickel legst du unns auf unrechtich, das wir furgeben, das Die dritt babst und sein bevelchhaber macht haben, ires gefallene den hymmel auf unwarhafftig unnd zusperren.19 Auch dermassen die seelen pinden und entpinden. zeyhung 35 Wir hallten unnd sprechen, das der babst als ain nachkummner Sant Peters (sytzend auf seinem stüel unnd habendt den gewallt, wellichen Sant Peter von Christo sonnderlich hat entpfanngen) macht hab, den hymmel auf und züzüschliessen aus dem wort Cristi: Und ich wird dir geben die schlüssel des hymmels [Matth. 16, 19]. Aber nit seynes gefallene (wie du 40 uns auflegst), sonnder nach rechter ordenlicher weiß, wellich der heyligen schrifft nit ungemass ist.

x) weide

y) sich

z) Abgefallene

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Die vierdt unwarhafftig zeyhung Der zwelfift irrsal

Ex coniunctione copulativa ,et' faciunt ,id est'

Der ΧΙΠ. irrsal

Math. 28 [20]

Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

In gleycherweiß sprechen wir, das die diener der kirchen gwallt haben, zu pinden und entpinden (nit ires gfallens), sonder nach ordenlicher weiß, nit ungemäss der schrifft, und wo annders gehanndelt wirt, das es nit geschech aus dem gwallt, von Christo verlihen, sonnder auß mißprauch des gegebnen gwallts. Du zeyhest uns auch, das wir sprechen, man sol allen beschlüssen und Satzungen der bäbst und bischoffen gehorchen, obs auch wider das gepot Gottes sind. Ich wolt gern wissen, wer das sprechen wolt, der annders praüchung3 der vernü[n]fft hat und ein crist sein wil. Du irrst auch in außlegung der wort Christi: Unnd ich wird dir geben die schlüssel des reychs der hymmel. Und alles, daz du pinden wirdst auf dem erdtrich, wirt gepunden, auch in den hymmeln, und alles, daz du wirdst auflosen auff dem erdtrich, wirt auch aufgelost in den hymmeln [Matth. 16, 19]. Welliche wort alle du züsamen zeuchst auf ainen verstand^ als sey die gebung der schlüssel des reychs der hymmel nichts annders dann pinden und entpinden, und ains leg das annder auß. 20 So der herr darliehen und undterschiedlichen die zwen gwallt von einander tailt 0 zwayer Und ein ,et' (das ist einn ,und') darzwischen setzt zu urkündt gwalt. Aber du und dein hauff legt die schrifft aus, wie es eüch auf eüer gattungd und maynung dient. Darumb macht ir aus dem ,et' ein ,id est' (das ist) aus dem ,und' ein sovil, ursach ist, das du nit hast künnen finden, wo Christus der herr merern gwallt hab Petro geben dann den anndern. Weytter sprichst du, das die dienner der kirchen (vom obristen bis zum untristen) kainen gwallt oder bevelch haben über die seelen und darumb Christus kaines stathallters auff erden bedürff. Wes aber die regirung des eüsserlichen menschen belangt, haben wir kayser, künig etc., vermainst das zü bewären durch daz wort Christi: Nembt war, ich pin bey eüch alle tag untze zü dem endt der weit. Ist die schrifft also zü versteen, warumb hat Christus dann gwallt geben, zü pinden und entpinden, so er selb in aller solicher mass bey uns ist, seinn nit die diener der kirchen (zü den er gesprochen hat Johan. amm XX. [23]: Welchen ir die sünd nachlaßt, den sind sy nachgelassen, welchen irs behallt, sind behallten) in disem gwalt stathallter Christi. Item, ich frag dich, was versteest du bey dem pinden und entpinden? Triffts die seel an, oder den leyb und das zeytlich güet? Auß deinen wortten muessen sy allain den eüssern menschen antreffen, der durch die künig und fürsten regirt wirt. Es hietf unnser herr nit dürffen zeytlichs pinden in sein geystlichs evangeli dürffen setzen. So aber der herr darzü setzt: Es sey gepunden und entpunden in den hymmeln [Matth. 16, 19], so muess von notwegen die seel antreffen, und in sollichen fällen, zü wellichen sich diser gwallt verstreckht, werden die dienner der kirchen stathallter Christi sein.

a) Gebrauch d) Ordnung

b) Aus dem Bindewort ,et' machen sie ,id est' e) bis f) hätte

c) Beweis

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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Der füinfft artickel. Von außlegung der heyligen gschrifft

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Bey disem artickel thüst du unns aber gwalltigklich unrecht, wann du sprichst zum ersten, das wir sprechen: Was Christus auch sein apostel aus seinem bevelch und eingebung des verhaissen offennlichen gesandten heyligen gaysts geleert und geschriben haben, das sollichs ain todter unnd irrender püechstab. Was aber die babstlichen in iren concilien on allen grundt gottlicher schrifft, unnd dartzu dem selbigen an vil ortten ganntz widerwertig gesetzt und gepotten haben, sol alles geyst und leben sein. Das sind deine wort.21 Ich wolt gern wissen, mit was gwissen du und dein hauff solich und dergleychen oben angezaygt und nachvolgents gesetzt, nit allain unwarheyt, sonnder auch uncristenliche, lästerliche, verkerische, ketzerische leer, uns auflegt, wider das evangeli und wider bruederliche lieb. Du wirdst villeicht sprechen (als du dich offt last hören) du hasts von disem oder dem gehört, oder villeicht in dem oder disem puechel gelesen. Das wild du trechten8 auff all annder. Wenn das gillt, so wil ich sprechen von deinem hauffen, dass sy die grossten ketzer seinn, die in tausent jaren inn der christlichen kirchen sind gewesen. Als vil irreal unnd ketzerey kompt yetz auff die pan, die man auch in gedruckten püecheln umbtregt. Ich hab dir amm anfang gesagt, das ich nit wil aines yeden torheit oder irrung verfechten, sonnder die gemain kirchen, die unndter dem regiment Sant Peters stüel (den wir haissen den römischen stüel) Gott dem herren von Sant Peters zeytten her gedienet und noch seligklichen lebt, von dem ir euch abgeschayden habt. Auch legst du uns auff, als sollten wir sagen, das rechte geprauchung und vergleychung des wort Gottes, zu endtlicher Vertilgung unnd umbstossung aller ketzerey und irrung, allain nit gnügsam, sonnder derhalb urtail auß mennschlicher vernunfft von notten seinn.22 Auß wellichem volget, das wir meer paweten auff die vernunfft, dann auff das wort Gottes. Lieber freünd, wir haben auch gelesen das evangeli, da der herr spricht zu dem vatter: Du hast die heymlikeyt verporgen vor den weysen und klugen, und hast sy geoffenbaret den klainen. Wir m6chten villeicht pillicher das eüch zeyhen, dann ir unß in der neüen leer. Weytter zeychst du unns, das wir fürgeben, alle gotliche schrift allain nach dem geystlichem synn und nit nach dem püchstaben und schrifftlichem synn zu versteen sey, und wir imm schein desselben durch unnser geystlose aygenfündige11 (sein deine wort) außlegung das ewig Gottes wort zü undterdrucken, zu verplenden und zu verfinstern unttersteen. In wellichen wortten du uns zeychst und urtailst als gotzlestrer, wissenlich verkerer der heiligen schrift, verdrucker* der warheyt, verplender der menschen etc.23 Wie kündt uns der Lucifer hoher schendten und schellten. Wir müessens geschehen lassen, es hellts villeicht euer orden innen. Du beschleußt bey der materi, das allain das wort Gottes, so man dieselben götlichen text recht gegeneinannder hellt, on alle menschliche

g) ziehen 8

Reformation 1

h) erfinderische, selbst erdachte

i) Unterdrücker

Die fiinfft unwarhafftig zeyhung

Die sechßt unwarhafftig zeyhung Math. 11 [25]

Die VII. unwarhafftig zeyhung

90

Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

gloß1, zu vertillgung unnd Überwindung aller ketzerey gnügsam, und der lebendigmachendt geyst, nit ein bäbstische teüfelische außlegung, sonnder der geyst der heiligen evangelia ist. Ich halt dir den casumk für. Wir zwen kriegen in ainer materi der heyligen schrifft, in wellicher auf ja und nain aus heyliger schrifft mügen sprüch gezogen werden, als sein mag, die macht deß freyen willens und das augenscheinlich (als dann solicher materi vil sind in der schrifft, und der heylig geyst aus seiner ewigen weißheyt vil warheyt also verporgen hat), du nympst sprüch auff ja lauttend an und sprichst, sy seyen clar, hell und lautter unnd unwidersprechlich (als du dann offt thüest). So nim ich die sprüch aus der schrifft für mich, die auf nain lautten (und daz mit guter gwissen), und sprich auch, sy seyen clar, hell, lautter und unwidersprechlich. Nun ist es nit müglich, daz wir baid recht haben, wann ja unnd nain in einiger materi mügen mit allen umbstennden nit miteinander war sein. Nun frag ich dich, wie sol der krieg entschieden werden. Anntwortst du: Man sol die text züsamen ziehen unnd miteinander vergleychen. Sprich ich weytter, so ich vermain, ich hab den rechten verstandt der schrifft, nach Got und guter gwissen, und die sprüch, die von dir zu widerpart meiner sprüch herfiir sind pracht worden, wil ich außlegen auf meinen verstandt. Du aber vermainst, auch ainen rechten verstandt ze haben und wild mein sprüch auf dein maynung ziehen. Wer wirt unns nun entschaiden, die schrifft kan uns weytter nit entschaiden. Da sichstu, das man noch tarff1 ains außlegers der schrifft. Wer wirt der sein? On allen zweyfel der heylig geyst, der dann auch ain offennbarer der schrift ist. Wie werden wir seinen verstandt empfahen. Nemlich durch die gemain der gotforchtigen und christglaubigen, versamblt imm heyligen geyst zu nutz und not gemainer cristlichen kirchen. Da kummen her die concili, ordenlich imm heyligen geyst versamblt. Den auch der heylig geyst beystendig ist inn Sachen, gemaine kirchen antreffendt, ob sy gleych nit all gut seinn, als dann clar ist in Cayphas weyssagung, von wellichem du sprichst, dass sein ratschlag der evangelist nit von deßwegen, das Cayphas desselben jars oberster bischof was, sonnder darumb, daz er inn dem selben seinem ratschlag die nützbarkait des todts Christi anzayget [Joh. 11, 49—51], das ein weyssagung nennet, daz doch wider clarn, hellen text ist, der in latein also lauttet (Sed cum esset pontifex anni illius prophetavit [Vg.: Joh. 11, 51]). Das ist, er redts nit von im selb, sonnder der, so er was der bischof dess jars, hat er geweyssagt etc. Das der evangelist clar darinn anzaygt, das der heylig geyst durch in weyssagendt, hat darinnen das oberst priesterthumb geert. Du sprichst aber: Es ligt nit an der menig™ der person (als dann in ainem concili züsamen kummen). Anntwort ich: Es macht ein so grosse samblung ein grosse glaubwirdigkait, so ain beschluß nit von dreyen, viern oder achten, sonnder von sovil hundert personen wirt beschlossen, von den man sich nicht vermessen kan oder mag, das sy all poß seinn und kainer ainen ernnst der warheyt und gerechtigkait hab.

j) erklärende Anmerkung

k) Fall

1) bedarf

m) Menge, Zahl

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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Voigt darauß, das du irrest, so du sprichst, das khain anndere außle- Der ΧΠΠ. irrsal gung not sey in der schlifft, dann die da geschieht durch dye schlifft, welliche die christen ζύ frid und rüe pringt und der zweyflung vergwist".

Der sechst artickel. Von bestättung der heyligen gschrifft

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In diser materi müessen wir aber gwallt von dir leyden, das du uns zeychst. Zürn ersten, als sollen wir sagen, das die geschrifft ir glaubwirdikait allain von den menschlichen concilien hab. 24 Sy hat ain glaubwirdikait von der kirchen, aber nit allain, als hemach wirt erklärt. Darumb hiettest du dein Schmähung und vergleychung zu den zwen allten (die wider Susannam zeügknuß haben geben) 25 wol bey dir behallten. Du pist auch in der lüterischen schüel (darinn man lerent schendten und schmähen) paid gelert und doctor worden. Zum anndern sprichst du: Wir geben der bäbstischen kirchen alle urtail gottlicher schlifft. 26 Wir geben der kirchen ein urtail der schrifft, wie oben angezaygt unnd nachvolgents, aber nit alle urtail, auch nit daz fürgentlich° urtail, wann dasselbig lassen wir Got. Das du aber herfür zeuchst das wort unsers haylmachers Jo. amm fünfften [34]: Ich nymm nit zeügknuss von den menschen, dienet dir nit wider unns, so er geredt hatt von der fürgendtlichen zeügknuß, die er het von dem vatter, so es nit vemaint werden kan, daz er hat angenommen die zeücknuß Johannis, der ain mensch was. Zum dritten sprichst du: Ir wolt daz evangelisch gotlich wort on euer concilische zeückniß nit glaubwirdig sein lassen, so doch kain mensch den anndern mag sicher machen des evangeli, und auch nit zu gottlicher erkanntniß ziehen. 27 Auß wellichem du zeuchst, das wir das heylig evangeli obgemelter mass nit allain menschlichen Satzungen uncristenlich vergleychen, sonnder auch darüber erheben. 28 Das du aber versteest dein unpilliche zeyhung, so vernymm, was wir hallten vomm evangeli und von der kirchen, auch von den concilien die bedeütten die kirchen. Wir sprechen zürn ersten das, das evangeli hat sein innerliche warheyt von der ewigen warheyt, die in ir selb gantz gwiß und unfelig p ist. Zum anndern, die warheyt, inn evangelien geschriben, ist der kirchen nit gwiß unnd genüeg bekannt gewesen on äussere zeückniß durch die menschen. Wann sovil evangeli und püecher seinn geschriben von Christo, hat man nit gewesst, welliche unntter in die recht grundtlich unfelig warheyt in inq hallten und wellich nit, darumb not ist gewesen, anzaygung zu geben durch mennschen (als dann ain concili ist). Zum dritten. Solich urkundt von den waren schrifften des evangeli geben hat nit mögen durch mennschliche vernu[n]fft geschehen, die sich daher nit streckt, sonnder durch erleüchtung des heyligen geysts. Darumb

n) gewiß macht

o) hauptsächlich

p) fehlerfrei, unfehlbar

q) sich

Die acht unwarhafftig zeyhung

Die neündt unwarfftig zeyhung

Johan. 1 Die zehend unwarhafftig zeyhung

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Math. 18 [20]

Die aylfft unwarhafftig zeyhung

Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

alles, das wir den concilien zuschreiben, antreffendt das hayl der seel unnd die heylig schrifft, schreiben wir nit menschen, sonnder dem heyligen geyst zu, der durch soliche samblung uns seinen gottlichen willen zu versteen gibt und gegeben hat. Zürn vierdten. So ein verwerrung in dem verstandt der heyligen schrifft ist (als dann yetzund allenthalben), sprechen wir, das not sey, ein concili (soliche irrung hinzülegen und die warheyt zu erklären) versammelnn. Nit das wir dem concili so vil erkanntniss züschreiben als menschen, sonnder dem heyligen geyst, der durch sy würckt. Und wolt Got, das morgen ains wurd, wann ich acht, es werd gegenwirtige irrung on ein gemain concili nit hingelegt. Spricht aber ainer, ich sorg, es mocht erger werden und ain parthey überhandt nemen, anntwort ich: Geben wir doch dem concili die eer nit, sonnder dem heyligen geyst, der noch lebt und als wol unns mag erleüchten als vor tausent jaren. Hat er durch Caypham die warheyt geredt [Joh. 11, 49—51], er wirt die kirchen noch nit lassen, der[en] aygner geyst er ist. Sprichst du aber, es ist on not, ein so grosse samblung zu machen, so unnser lieber herr verhaissen hat, wo zwen oder drey beyeinannder seinn, woll er in mittel ir sein.29 Anntwort ich, ob gleich zwen oder drey erleücht von Got würden in erkanntniß der rechten evangelischen warheyt, so haben sy doch den glauben und ansehen nit bey den menschen. Ist auch nit so klar die evangelisch verhaissung in Sachen, die gantz kirchen antreffendt, auff zwo, drey oder wenig person, als auff gemaine versamblung der christen an stat der ganntzen kirchen. Voigt aus den obgemellten, das du unrecht uns thüst, so du setzst, das wir sprechen, es sol dem evangeli glaubt werden allain von wegen der concili, damit die concili die gottliche schrifft yedes mals ires gefallene auch auszülegen macht haben sollten, damit sy ye für und für bis an das e n ( jt der weit gern herren und maister über das ewig seligmachendt wort Gottes sein, und das selbig zu yeder zeyt zü irem uncristlichem urtail und genyeß ziehen, verkernn unnd felschen mochten, wie sy dann bißher an gar vil ortten gethan haben.30 Das sind deine wort und fräflichs urtail über unns, die bey dir seinn, nit allain der verloren hauffen, sonnder auch aller weit verfüerer. Der dich bey dem pret mit gleycher müntz bezalet31, thät dir nit unrecht.

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Der sybendt artickel. Von dem glauben und seiner gnugsamikeit In der materi von dem glauben verwickelst du die gründt der schrifft mit unweysen wortten, wann du machst unntterschaid, da kaine ist, und da undterschaid ist, wild du kaine sein lassen, das wil ich dir erklären. Erst- 40 lieh tailst du den glauben in ainen unseligmachenden und in ainen seligmachenden glauben, also das der erst nit der ander sey.32 Frag ich dich, durch was bewärung wildtu war machen, dass zwen seinn. Das hat khainen fäl Gal. 5 [6] auß der schrifft, das nit ain yetzlicher glaub selig macht, sonnder der, wel-

Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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licher würckt durch die lieb und das hertz in Gott erhebt mit Zuversicht und vertrawen durch die hoffnung, allso das er gesprochen wirt ain hoffender, vertrawender und liebhabender glaub. Du bewärst mir aber nicht dardurch, das ir auß aygner art und natur zwen seinn, wann so man redt von dem glauben nach seiner aygnen art, natur und würckung, die auß solcher natur außgeet, in dem, das er ain unntterschiedliche gab ist von Got, von andern gaben, so müeß man die hoffnung und lieb darvon auf ain ort setzen, so du nit vemainen kanst, das drey untterschiedlich gab sind. Du wollest dann offennlichen dem heyligen Paulo widersprechen, der mit 1. Corin. 13 [13] clarn, hellen wortten spricht: Nun bleyben glauben, hoffnung unnd lieb die drey. Merck das wort, die drey. Auß welchem clar ist, das drey gab seinn und aine nit die annder ist. Voigt weytter darauß, dass sy drey unntterschiedlich würckung haben, unnd das ain yetzliche ir art für sich selbs hat. Aus wellichen aber volgt, so man von ainer redt, mag man dye anndern auf ain ort setzen. Weytter volgt, das die werck ainerr, auß in dreyen, den andern nach aygner natur nit zügeh6ren. Also das erkennen die warheyt der schlifft dem glauben und nit der hoffnung oder lieb zugehört. Item das vertrawen und Zuversicht zu Gott aus aygner art der hoffnung unnd nit dem glauben oder lieb zugehört. Deßgleychen die liebung Gottes unnd eingeeung in Got, auch veraynigung mit im, aygenntlich der lieb zugehört aus aygner natur, unnd nit dem glauben und hoffnung. Das bekennen wir aber bey diser untterschaid, daz, in Ordnung zu der ewigen seligkait, aine nit selig macht an r die anndern zwo. Darumb auch die schrifft, so sy aine aus den dreyen preyst als seligmachendt, so schleüßt sy die anndern zwo darein. Wir reden aber yetz nit von der Ordnung, die sy haben gegen der seligkait, wir reden von irer aygnen natur und art, die ain yetzliche in ir selb hat, wie dann Paulus unntterschiedlich sy drey gab nennt. Da solt du bewaren, das der seligmachendt glaub (daz ist, der mitgesellen, hoffnung unnd lieb hat) ein annderr sey von dem, der die mitgesellnn nit hat, von wellichem Jaco. 2 [17] Jacobus redt, und in todt haißt. Auch Paulus in haißt einn gedichten, so er sich durch die werck nit erzaygt [Gal. 5, 6]. Und das müest du thüen aus seiner aygnen art, wesen und natur. Nun hat er sein wesen von Gott (wann du müest bekennen, das auch ain todter glaub ein gab Gotes ist, so er in im s beschleüßt ein übernatürliche erkanntniß, die man nit von angesicht zu angesicht siecht). Also haben sy ainen ursprung. Sy haben auch ain krafft inn der seel, darinn sy seyen (das ist, die verstenndtlich krafft), welicher krafft der glaub ein ubernatürlichs liecht ist. So haben sy ainen aygnen und aynigen gegenwurff (daz ist die ewig warheyt), wie dann auch die verstentlieh krafft. Wann durch ainen todten glauben bekennt ainer all artickel des glaubens und der heyligen schrifft. Voigt aus allen obgemellten, das der lebendig glaub und todt glaub nit zwen glauben sind, nach aygner art und natur zu reden. Dann so er hat sein mitverwandte gsellschafft, die hoffnung und lieb, so lebt er und hat

r) ohne

s) sich

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1. Corint. 13 [2] Math. 17 [20]

Math. 7 [22.23]

Der XV. irreal

Der XVI. irrsal

Der XVII. irrsal Hebre. 11 [1]

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vertrawen und Zuversicht zu Got, geet auch ein in Got und würckt gute werck und macht selig. So er aber die nit hat, so ist er todt, bleybt dannocht der allt glaub gegen allen artickeln der schrifft, daz sein aygne natur ist. Er wirt auch durch ain todtsündt (sein natur nit antreffendt) nit zerstört (als ist eepruch, todtschlag), sonnder allain durch ketzerey, die seiner art und natur wider ist, so lescht in Got auch nit aus, dann' es fall der mensch in ketzerey. Wann, was er geben hat dem menschen, das läßt er im, er hanndl dann glat darwider. In bayden verstandten des glaubens redt die heylig schrifft darvon. Den lebenndigen (dem die lieb das leben gibt) prey st sy, den todten verwürfft sy, so in auch die teüfel und poß menschen haben mügen, verwürfft in (sprich ich) nit nach seiner aygnen art, dann er ain rechte erkanntnuß von Got gibt. Verwürfft in aber, daz er nit ein mag geen in Got durch vertrawen und lieben. Wann die zwo gspilen" hat er nit (die seien hoffnung und lieb). Darumb der heilig Paulus preysendt die lieb, setzt er: Ob ich allen glauben hiet, allso das ich auch die perg umbsetzet, hab ich die lieb nit, so pin ich nichts. In wellichem wort er nit von ainem unmöglichen ding geredt, so der herr spricht: Werdt ir haben den glauben als ain senffk6rnlin, so werdt ir sprechen dem perg, gee weck, und er wirt geen. Wann so zu wunderzaichen thüen not war ain lebendiger glaub, so mocht kain todtsünder wunderzaichen thüen, das ist wider das evangeli, so der herr spricht: Vil werden zu mir sprechen amm jüngsten tag. Herr, wir haben in deinem namen wunderzaichen than. Zu den ich sprechen wirt: Ich kenn eüch nit. Es würd auch ein yetzlicher, der wunderzaichen thüet, wissen, das er in der gnad Gottes war. Voigt zum ersten auß ob angezaygten gründten, das du irrst in dem, das du zwen glauben machst. Wellicher ainer nit der ander ist, on alle not unnd on alle grundtliche bewärung der heyligen schrifft. Zum anndern irrst du, so du das w6rtlin ,in' ich glaub in Got, dem glauben gibst 33 , demnach als er ain untterschiedlich gab von der lieb ist, wann der glaub geet auß aigner natur nit in Got, als das pesst gut im anhangent, sonnder allain als in die ewig warheit. Er geet aber in Got durch die lieb, darumb daz wortlin ,in' nit dem glauben, sonder der lieb zugehört. Auß wellichem volgt, so der herr spricht, das ist daz werck Gottes, das ir glaubt in den, wellichen er gesandt hat [Joh. 5, 24]. In wellichen wortten er das werck dess glaubens und der lieb zusamm gefasst hat als ain gantz volkommens werck. Zum dritten irrst du in dem verstandt der beschreibung des glaubens, von dem heyligen Paulo verzaychnet, so du sprichst: Der gelaub sey ain gwisse Zuversicht deß, das zu hoffen ist34, wann du nit vindest in Paulo, das er den glauben in seiner beschreibung ein Zuversicht haißt, wann die Zuversicht gehört der hoffnung zu, und nit dem glauben, und der glaub hat die Zuversicht oder vertrawen von seiner schwester, der hoffnung. Es steet in Paulo ,substantia' und nit ,expectacio', daz ist ein wesen oder grundt-

t) es sei denn

u) Mitgesellen, -genossen

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fest der ding, die zu hoffen sein, und nit Zuversicht.35 Lieber günner unnd freündt, du pist ain guter theologus, alles, das du in lüterischen puchlin findst, das glaubst du und miüeß war sein, als wäre es das hell, lautter evangelion. Zum vierdten irrst du, das du nit versteen kanst in der schrifft zwayerlay gerechtigkait, aine deß glaubens, welliche ist die anfengklich, die annder der guten werck, welliche ist die vollendet. Durch den glauben wirt die gerechtigkait überkummen, aber sy müß nachvolgents an die werck gelegt werden. Liß das XVIII. capitel Ezechielis, so wirst du finden die beschreibung deß gerechten menschens den wercken nach. Darumb nit not thüet, vil dort unnd dahin ziehen die leer Jacobi in seiner epistel. Er redt von der gerechtigkait der werck, so redt der heylig Paulus gemainlich von der gerechtigkait des glaubens. Wellich bayd zusamen gesetzt, machen in ainem vogtpernY menschen ain volkummne gerechtigkait. Zum fünfften irrst du, das du die lieb ain frucht des glaubens wild machen36, so sy für sich selb ain gab ist von Got, untterschiedent vomm glauben unnd hoffnunng, in latein genennt Charitas, auch edler dann der glaub, als hernach wirt volgen. Zum sechßten irrstu, das du die seligmachung allain dem glauben gibst. Dann (wie Paulus anzaygt, oben gemellt) so der glaub, die lieb und hoffnung drey undterschiedlich gab Gottes seinn, volgt darauß, so man irer ainer daz wortlin (allain) zusetzt, so schleust man die anndern zway aus. Darumb so du sprichst, das allain der glaub selig mach 37 (wie es dann der gemain man verstett), so schleüsst du aus hoffnung, lieb und werck, das dann verkerlich und verfüerisch ist. Sprichst du aber: Es ist mein mainung nit, das ichs woll ausschliessen, sonder einschliessen. Anntwort ich: Ich kan mich nach deiner maynung nit richten. Du mochst maynen, wenn du von ainem ochssen redst, du wollest von ainem pferdt reden. Ich liß dein schrifft wie sy leytw, darnach urtail ich dein leer war oder falsch. Zum sybenden irrst du in der materi, das du sprichst, das der gelaub macht selig, on allen verdienst annderer werck, wo bleyben dann all sprüch der heyligen schrift, die gantz clar, hell lautten, daz wir durch verpringung des willen Gottes und halltung seiner gepot kummen zu dem ewigen leben.

35

Der acht artickel. Von der lieb

So du nit grundtlich versteest, was der glaub ist, also versteest du auch nit, was die lieb ist.38 Wann du kain undterschaid machen kanst untter der lieb und undter der liebung, so die lieb bedeüt die gab Gottes 40 (welliche die oberst gab ist), die liebung aber ist ein werckh der lieb, die lieb entspreüst nit auß dem glauben, ist auch nit sein frucht, sonnder ain

v) mündigen

w) lautet

Der XVm. irrsal

Der XIX. irrsal

Der XX. irrsal

Der XXI. irrsal Math. 19 [28.29]

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Der ΧΧΠ. irrsal

Math. 22 [34.40] Col. 3 [14]

Der ΧΧΙΠ. irrsal Der ΧΧΠΠ. irrsal 1. Corint. 13

Die zwelfft unwarhafftig zeihung Johan. 15 [5]

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gab Gottes für sich selb. Die liebung aber entspreüst aus der lieb als ir aygens werck. Entspreüst auch aus dem glauben als aus ainem liecht, durch wellichs die lieb gericht wirt, wie wir alle werck thüen in dem liecht der sunnen, oder ains anndern leüchtenden dings. Als dann auch in syttenlichen tugennden, wellich alle ire werck richten nach der klügheyt. Und wie die klügheyt ist in syttlichen* tugenden und in iren wercken, also ist der glaub in gottlichen wercken unnd allen wercken aller gab und genad Gottes. In der materi irrst du, das du nit recht versteest und außlegst den heyligen Paulum39, da er spricht: Nun bleiben glaub, hoffnung und lieb und undter den ist die lieb die grosser [1. Kor. 13, 13], das legst du auß auff die langwerikait, darumb dass sy ewigklich bleybt, so daz clar wider den text ist. Wann Paulus nit spricht, die lieb ist langweriger, sonnder grosser, das lautt auff die groß der volkommenheyt, und mithellt anndern ortten der schlifft. Wann unnser hay Imacher anzaygt, das alles gsetz und die propheten (das seien die verhaissung Gottes) hanngen nit an dem glauben, sonnder an der lieb. Auch Paulus über alle ding vermant zu haben die lieb, welche ist ain pandt der volkommenheyt. Die langwerikait macht kain ding volkommer in seiner aygen art, wann es nit das wesen, sonder die zeyt antrifft. Also irrst du auch, das du nit vermainst, müglich sein, mit dem glauben die perg zu bewegen ana die lieb, wie dann oben ist angezaygt.40 Weytter irrst du, so du für ain unmüglich ding helltst, daz ein mensch red mit englischer zungen und Paulus das gesetzt hab als ein unmüglich ding, da er redt von der lieb und dem glauben, unnd du setzst das für ein ursach, dass sy kain zungen haben.41 So wir nun an vil örttern der geschlifft haben, das nit allain die engel mit den menschen haben geredt [Luk. 1, 26—38 u.ö.], sonnder auch ain engel mit dem andern engel (als in Daniele unnd Zacharia [Sam. 2, 7—9]), ja auch Got mit den menschen geredt, als mit Mose [2. Mose 3, 4—4, 17 u.ö.], auch mit dem sathan als imm Job [Hiob 1, 6—12; 2, 1—7]. Ist es darumb unmüglich, das sy kain zungen haben, so müessen solich sprüch nit war sein, oder es müeß das nit war sein, das sy nit zungen haben. Du vermainst villeicht, darumb sy nit leyplich zungen haben, sy haben gar kein zungen. Wie hat der reych man geredt in der hell mit Abraham, und Abraham mit im [Luk. 16, 19—31]. Waz aber die zungen der engel seinn, laß ich faren, so es nit daher dient. Du legst uns in der materi aber ein unwarheyt zu, das wir babstischen (wie du unns nennst) wider die gottlich schrifft unnsern willen frey machen, zu überkummeny den lebendigen glauben, das wir nit bekennen. Wir sprechen aber, das mit ainer fürkummenz genad Gottes der wil (so er ir stat gibt) mag sich ettwas beraytten zu empfahung merer gnad. Das nympt der gottlichen gnad nichts, sonnder gibt Got die eer, das wir an in nichts mögen thüen, unnd doch Got dabey wil haben, das wir mitwürcken mit der gnad, daz haissen die heyligen lerer die fürkommendt gnad unnd die mitwürckendt gnad und nachvolgendt gnad42, als der prophet in psalmen.

x) anstandigen

y) erhalten, erlangen

z) zuvorkommenden

a) ohne

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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Der neündt artickel. Von gepotten und freyem willen 43 Bey diser materi, antreffendt unnsere werck und leben unnd die gottlich fursehung unnd ewige Ordnung, feilst du ein urtail, deß du nit unpil5 lieh wärst müessig gestannden und sprichst allso: Alle ding (wie die Got von ewigkait enndtlich zu geschehen verordent) nit künnen oder mügen verwanndelt werden, und doch ye also gewißlich ist, oder aber Got mueßt von ewikait nit allmächtig gewesen sein, und alle ding gewißt haben. 4 4 10 Voigt zürn ersten aus dieser leer, das alle ding, die in aller wellt geschehen, geschehen von not, und ist nit mtiglich, das ettwas geschech züfelliklich, contingenter b , also dass mocht annders geschehen, und alle zufellikait sey nur ain ausser schein unnd im grundt und warheyt ein unwandlperlikait. Zum andern, das die schrift anzaygendt den willen Gottes, ist vergeb15 lieh gegeben, wann alles, das wir thuen, thuen wir von not und mögen nit annders thüen. Zum dritten, das der frey will als wenig zum posen frey ist, als zu dem guten, wann er wirt bewegt nach dem, als Gott beschlossen hat, und mag nit annders. 20 Zum vierdten, das Got wirt die recht würcklich ursach der sündnn sein, wellichs wider all heylig lerer ist, und der schrifft ungemäss. Zum flinfften, das alle straff und vermanung vergebens und umbsonnßt seinn, auch alle gepot und Satzung. Du wirdst villeicht anntworten: Wenn man die unnttern ding in iren 25 würckungen gegen Got rechnet, so wircken sy von not, wie es Got von ewigkait hat verordent. So man sy aber gegen einander und zu den unttern bewegungen rechnet, so seyen sy wandlper und mögen geschehen unnd nit geschehen. Das ist aber ein untüchtige flucht und außred, die auch in der schrift kainen grundt hat. Dann (wie oben angezaygt) was Got beschlossen 30 hat, das kan in kainem verstandt wandelperlich geschehen imm grundt und warheyt, dann allain in ainem äussern schein. In disem handl betreügt dich dein fürpildung 0 , die du darinn hast. Du Der XXV. irrsal pildst dir für, als hab Got von ewigkait schon beschlossen, wie alle dinng sollten geschehen, wellichen beschluß nun von not die creatur nachkompt. 35 Und wild nit gedencken, wie Got von ewigkait hat geordent, unnd was er hat verordent, das noch künfftig ist, das verordent er noch, und wirts morgen als frey verordnen auff ja und nain, als von ewigkait. Wann in der ewikait ist kein zeyt, das ettwas verschinen war oder künfftig. Wenn du dir nun fürpildst, es werd Got morgen beschliessen, ob er dich woll selig ma40 chen, dir gnad geben, dir mitwürcken etc. oder nit, so magst du wol ermessen, das es heint d ist (contingens et non necessarium e ), das ist frey, das geschehen mag oder nit, und nit von not wirt geschehen. Nit mynnder auf alle stund ist der will Gottes frey. Und auff künfftig als wol als auf ver-

b) zufällig

c) Vorstellung

d) heute

e) zufällig und nicht notwendig

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

ganngen. So dann die obrist ursach aller ding frey allezeyt (on verschinen De contingencia endtlichen beschluß) würckt, volgt, das in unnttern dingen auch soliche in rebusf würckung der creatur und des menschen ist, die anders geschehen mag. Sprichst du aber, wie kan die gwiß, ewig, gottlich, unfelig wissenheyt besteen mit der wandelperlikait des freyen willens. Anntwort ich: Wiewol 5 die doctores vil subtil8 anntwort darauff geben und erclärung, so künnen sy doch nit ersettigen die menschlich verstentnuß. Ursach ist, dass sy zu swach ist, die heymlikait Gotes erforschen, darumb ich auch acht, daz die geschicklikait deß freyen willens und sein art und natur, auch die wunderperlich würckung und einfluss darein, der gottlichen genad und innerlich 10 Johan. 6 [44] züg, so der vatter in zeücht, seyen der grossten haymlikait aine inn der heyligen schlifft, die wir nit ergründten mögen.

Der XXX. titl. Von verwerffung ettlicher anntwort Der XXX. titl innhellt verwerffung etlicher anntwort auf fiirgehallten frag gethan.46 Du wendtst etlich frag für oder widerstreyttung wider dich und deinen hauffen, die woltest du gern ablaynenh und die selbigen furkummen, wann du den praten wol geschmeckt hast47, so sy yetz allenthalben stincken, 20 dann sy seind angeprenndt. Und ist die erst anzaygung der falschheyt und irrung der neüen leer. Dass sich wenig leüt daran pessern, das dann war und klar ist, als der sunnen schein. Dann man offennlich siecht, das kain ausser gotzdienst bey 25 den lüterischen bleibt, der doch ain urkundt geben sol von dem innern gotzdienst, so bißher der ausser gotzdienst gehallten, wol gemäss ist der gottlichen schrifft gewesen. Es erscheint die forcht Gottes außgelescht. Man acht der gepot Gottes nit, die zu hallten, so lüterische leer fürgibt, sy seyen nit müglich zu hallten. Auch nit darumb gegeben, das man es hallt, 30 sonnder allain die sündt zu erkennen. Man veracht die heyligisten junckfrawen Mariam und die heyligen in iren fürpittungen. Es kommen darauß unzelich vil ergernuß der klainen und unvolkommen, auch Verspottung der ainfelltigen, fräfliche urtail und Verdammung der unschuldigen, wider das evangeli und wider pruederliche lieb, Verachtung aller cristlicher straff, ver- 35 wuestung aller guter, cristlicher Ordnung, und müetwillige freyhait von dem joch Christi zu allem dem, das erlüssten1 mag undter dem manntel evangelischer freyhait, und dergleychen vil, die hell amm tag ligen.

f) von der Zufälligkeit der Dinge machen

g) scharfsinnige

h) ablehnen

i) Lust

Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

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Soliche alle wild du veranntwortten unnd sprichst: Der weg ist enng zu dem ewigen leben Math. VII [14]. Und von unnserm herren ist geschriben Luc. 2 [34], das er gesetzt ist zu ainem fal unnd auffersteeung. Darumb aber ist die verkündung, annemung und glaubung deß hellen wort 5 Gotes von viler ergernuß oder unpesserlichs lebens wegen mit nichte zu undterlassen.48 Das sind deine wort, in wellichen du all dein und deins hauffens irrung untter dem schein deß evangeli und worts Gottes wild verkauften, als aller lüterischen geschray ist nur evangeli, evangeli. Wie mocht ir aber die leüt basJ betriegen, dann untter solicher gestallt des evangeli. Ir 10 werdt nemlich selbs nit bekennen, das irs nit recht versteet, sonnder alles auf euer irrige maynung ziecht, wie irs auch bey dem har herzu pringt. Es dient dir aber dein allegacion gar nit, so aus unnsers herren leer an ir selb kain ergernuß volgt, sonnder allein zu seligkait auß ungeschicklikait der mennschen. Aber euer verstandt, den ir in der schlifft habt, geet 15 durch sich selb auf alle obgemelte ergernuß und sträflikait. Ir macht darzu den weg zu dem leben so weyt, das er nit weytter mag außgespannen werden.

Die ander anzaygung ist. Das Luther unnd all sein discipel oder jünger nit allain hitzigklich, 20 sonnder auch spottlich, schmähendt, schendtent, lesterndt, mit höchsten lästern, fräflich urtailendt, on alle cristliche zucht, on alle eersamkeyt, frecher dann die hyppentrager49 schreiben. Mit wellichen alle ire puechel vol gesprengt sein, als seyen sy die sterckisten argument, zu bewären die evangelisch warheyt. Solichs alles wild du entschulldigen und sprichst: Wider 25 abtgotterey und gotzlestrung sein die heyligen propheten und Christus schärft gewesen, wann aus überfluß des hertzens redt der mundt [Matth. 12, 34],50 Wenn suesse wort hetten geholffen, so waren die papisten langst bekert worden. Ich h6r wol, du woltst gern Christum und sein propheten auch in eüer stinckents müeß procken. Wo findst du dergleychen in Chri30 stus und der propheten leer. Halts gegen einannder unnd besichtigs recht bey dem liecht. Du wirdst auch nymmermer von uns war machen, das wir abtgotterer unnd gotzlestrer seinn, in unnserr gemainen leer von gemainer cristenüchen kirchen, biß her gehallten, wiewol du und dein hyppentrager Oziander51 und dein sect sich hart habt gemüet, das zu bewären. 35 Es ist auch ain nichtikayt, daz du sprichst: Wenn suesse wort hetten gehollffen, so wären die papisten langst bekert worden.52 Zayg an in allen lüterischen und seiner jünger schrifften die suessen wort, die urkündt geben aines süssen liebhabendens pruderlichen hertzens. Du wirdst villeicht sprechen, wir schreiben auch spitzige schärfte wort. Anntwort ich: Ir treybt 40 uns dartzü, das wir uns mit der schneyd muessen wernn, wie Paulus sprach zu den Corinthern: Ich pin unweiß worden, ir habt mich zwungen. 2. Corin. 12 [11]

j) mehr

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

Ich acht wol darfür, wirdst du ditz mein püechel lesen, es werd dir in das haubt riechen. Gedennck aber, wie ainer zu marckt kommet, darnach findt er kauffmanschafft 53 , wer spilen wil, der müeß auffsetzen54. Hettest du dein scharffs, hitzigs, unbeschaydens, uncristlichs, irrigs schreiben undterwegen lassen, so war ich auch zü frid gewesen, das du dann wol het- 5 test mögen thun, on beschwarung deiner gwissen, nemlich so du nichts setzst, dann das der Lüther hat vor* außlassen geen. Du hast aber villeycht dein weißheit auch ann tag wollen legen. Dabey magst du und ein yetzlicher, der dein und mein püechel list, wol sehen unnd ermessen, das ich dir nit gemessen hab mit dem mass, damit du unns hast gemessen [Matth. 7, 2], 10 wiewol ich offt und dick1 lusst dartzü het gehabt und mir reylich zugeflossen wir. Ich hab aber dannocht nit mögen sprechen: Junck herr, du hast recht. Ich hab dir ye die warheyt unnd dein irrung muessen anzaygen, damit du nit vermainst, du hettest das spil gewungen.

Die dritt anzaygung ist.

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Die groß auffrüer und emporung der undterthan und gemainen pofls wider alle obrikait, die sich stiffiten auff evangelische freyhait, falsch verstanden, und dahin von falschen predigern pracht seinn, dass sy hallten und glauben, sy seyen bißher verfuert worden. Man hab das evangeli in vil hundert jaren nit gepredigt nach dem rechten verstanndt. Es ist aber nit ain wunder, das der gemain man die neu leer gern annympt, so man darinn sagt unnd leert, das man gern hört, das ist, frey sein, kain cristliche Ordnung hallten, kain kirchliche straff fürchten, allain auff den glauben pawen, die guten werckh gleychßnerisch"1 seinn, yederman priester sein, kainen babst oder bischof haben oder undterworffen sein, kain glübd hallten, kain zeyt hallten für die ander, kains eüsserlichs gottlichs ambt achten, kain abprechung thün von allen speysen, dann es verlusstn ainem wol, nymmer peychten den priestern die sündt, zü den gepotten Gottes zu hallten nit verpunden sein, nymmer opffern, und dergleychen vil. Dise alle und dergleychen zü pflantzen in die hertzen der menschen (in wellichen zü disen letzten zeyten die lieb ist erkalltendt [Matth. 24, 12]) thün nit wunnderzaichen not. Jederman ist willig dartzü, nemlich so mans verkaufft undter der gstallt deß evangeli und dess worts Gottes. Dise auffrür wild du mit disen wortten auff den widerpart ziehen und sprichst: Die großt auffrüer kompt, das die bäbstischen warhafftig evangelisch prediger veqagen, und die irrung des volcks vil lieber, weder0 evangelisch warheyt gedullden wollen.55 Das ist ain maysterstuck, das du deiner rott auffrüer kanst auf die bäbstischen legen, so klar ist unnd die that anweyst, das man schier allenthalben frey lüterisch predigt, und wellich deß schlags nit sein wollen, die wil man weder wissen noch hören. Es ist klar, daz der gemain pofel durch die falschen propheten, die kommen in

k) zuvor

1) häufig, oft

m) heuchlerisch

n) gefällt

o) als

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dem klaid der schaf [Matth. 7, 15] (das ist das evangeli und wort Gottes), daz gemain volck haben angezündt. Hat nit der Lüther langst geschriben, man sol die henndt waschen in dem plüt der romanisten. 56 Ich mocht gedenncken auß solichen schrifften, das deinem hauffen und sect yetz das 5 hertz lacht, so soliche auffrüer ist erstannden, wann es ein ansehen hat, es sey darauff angefangen unnd gestifft.

Die vierdt anzaygung, auß Verfolgung der glaubigen. Wir haben auß dem evangeli, das unser seligmacher hat verkündt alio len seinen nachvolgern, das sy werden durchächtung p leyden, so er spricht: Haben sy mich durchächt, so werden sy eüch auch durchächten. Es ist der jünger nit über den mayster [Joh. 15, 20] und dergleychen vil. Wir lesen aber nit darinn, das die evanngelischen sollten die anndern durchächten, besiech bey dem liecht, wer yetzo durchächtung erweck, über wen sy gee. 15 Ir zündt das feüer an, besecht unnd secht eüch wol für, dass nit an eüch außgee, das nit die untrew iren herren treff. Die evangelisch warheyt ist anfengklich mit übernatürlichen wunderzaychen bestätt. So ir nun allen vergangnen verstanndt, von vil hundert jaren her, wollt verwerffen und ainen neuen fürlegen, ist es pillich, das ir eürn verstandt mit übernatürlichen 20 zaychen bevesstigt unnd q ist es nit not. Dann unser verstandt ist durch Got mit sovil wunderzaichen durch sovil heylig menschen bestätt, das unns in kainen weg zympt, daran zu zweyfeln. Aber ir wolt anstat der wunderzaychen das plütig schwert prauchen, wie ye und ye ketzerey mit dem schwert amm maysten ist gehandthabt worden. 25 Bey diser anzaygung sprichst du also: Ir babstischen tobent, allain menschen gsetz, wider den püechstaben und geyst des hellen, lauttern wort Gottes zu handthaben. 57 Anntwort ich, daz du uns unrecht thust manigfelltig darinn. Zum ersten, das wir allain mennschen gsetz toben. Wir sprechen und 30 hallten, das daz gottlich gsetz sey pindtlich zu hallten, in dem grad und verstandt, in wellichem uns Got gepietlich und verpietlich hat aufgelegt. Und damit das deßter bas gehalten werd, haben wir andere gsetz, vom heyligen geyst heyligen mennern eingesprochen (welliche du menschliche gsetz haißt), die uns förderlich und mercklich hillflich seinn, der tauff gnug 35 zu thün und das gsetz Gottes zu hallten, zu welichem sy geordnet werden. Zum andern, das du sprichst: Sy streben wider den püechstaben und geyst des hellen, lauttern wort Gottes. Ja, wie du die schlifft und wort Gotes versteest und außlegst. Es müeß alles dein geduncken in der schlifft das hell, lautter, heyüg wort Gottes sein. Wann du pist nicht also erfaren 40 darinnen, das du kündest oder möchtest nur aynen anndern verstanndt gedennckhenn dann den, wellichen du findest in deinen lüterischen püecheln.

p) Verfolgung

q) doch (DWB 24, 415)

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

Das ist dein und deines hauffens graste kranckheyt unnd ursach eurer verfuerung, das ir nit weytter kündt gedenckhen, denn auff ainen synn, der müeß der recht sein, und welliche ainen anndern gedenckhen, die irren. Du hast nit den geyst Pauli, der sprach: Unnd ob ir ainen andern verstandt Philip. 3 [15] habt, so hat eüch den Got geoffenbart oder wirt in offenbaren. Damit wil ich nit alle geschribne recht rechtfertigen, wie ich dann imm anfanng hab bezeügt, noch auch mißpreüch enntschulldigen, sonnder die gemainen cristlich Ordnung, die in gemeinem prauch seien der gemainen kirchen, dass sy nit pur lautter menschlich gsetz seinn. Und das sy nit seinn wider das hell lautter wort Gottes, sind auch gemäss dem gottlichen gsetz. Auß wellichem volgt, das du unwarhafftiklich uns zeychst (da du schreibst wider die gut maynung der, wellich wider den Luther schreiben). Zürn ersten, so du sprichst: Wider offenliche warheyt undtersteet ir eüch, menschliche gsetz unnd Ordnung, gütlichen gepotten und leeren widerwertig, zu erheben und fürzusetzen.58 Zum anndern, so du sprichst: Die bäbstischen bekennen selbs, das in bäbstischen unnd genanntem geystlichem stanndt überauß vilfelltige offennliche und grosse verdamliche laster, ergernuß und verfuerung sind.59 Gaspar Anntwort. Wir bekennen, das nicht allain in geystlichem und priesterlichem standt, sonnder in allen stenndten vilfelltige unnd grosse laster erfunden werden, auß wellichen vil ergernuß ersteen, und ich wolt gern wissen, ob du deinen stanndt darvon entschütten1 woltest und entschulldigen. Wir bekennen aber nit, das in der gemainen kirchen, unndter Sannt Peters stüel und gehorsam lebent (den du haißt den bäbstischen stuel), verdemliche irrung und verfuerung sey. Du wirdsts auch mit deiner sect nit war machen. Du sprichst auch, du habst noch kainen gesehen, der wider den Lüter unnd seinen hauffen hab geschriben, er sey aintweders ein kirchendiener oder klosterman gewesen. Unnd setzst dartzü, das deß reichs stendt seinn nye der warheyt recht bericht. Und man habs nye darzü lassen kummen, daz man sy gegeneinander het gehört.60 Gaspar Anntwort. Ich hör wol, so wir kirchendiener unnd klosterleüt nit in dein hornl plasen, sein wir dir all verdacht, und urtailst unß als wissennlich poßwicht, die auß verstocktem hertzen wissennüch der bekannten offenlichen cristenlichen und evangelischen warheyt widerstreben und das gemain volck wissennlich verfueren, und in irrsal behallten, unnd die warheyt nit wSllen an den tag lassen kummen. Mit ainem solichen fräflichem urtail hab ich noch nye, weder den Lüter noch dich, noch deinen hauffen geurtailt. Ich hab allweg mit dem endtlichen urtail undterm perg gehallten.61 Nit von zweyfel wegen, ob ir villeycht recht mocht haben, wann ich an dem nit zweyffel, das ir irrt, sonnder ob ir wissenlichen oder unwissentlichen wider die warheyt streytt. Auch, ob ir in eürer irrung verhertt seyt oder nit.

r) lossprechen, befreien

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Die weyl du uns aber solicher verkerter wissennlicher widerstrebung der warheyt zeychst, wil ich mich in gegenwürtiger schlifft purgiren s , wie ichs an meinem letzten endt unnd jüngsten gericht sol veranntwortten. Das mir in meiner gwissen nit wissen ist, daz ich ainen püechstab ye wider bekannte cristliche warheyt hab geschriben, und verhoff zu Got, er laß mich in solliche sündt (die in den heyligen geyst ist) nymmermer fallen. Mit was gwissen du und dein hauff wider uns schreibt, bevilch ich Got. Ein yetzlicher wirt sein pürd tragen, wie Paulus spricht. Du wirdst mich Gal. 6 [5] mit deynem fräflichem urtail nit verdammen. Die weyl du aber und dein hauff uns also schendtst unnd holhehipst', und ich die gwissen hab vor Got, auch ich dir, dem Oziander und anndem meer deines hauffens und sect dartzü gefall, daz ir eüer torheyt an mich legt, und eüer kunst an mir wolt bewärn, so gfallt ir mir all wol dartzü. Darumb rüsst eüch nur redlich, ich wil eüch zu wercken und schaffen gnüg geben. Ich wil nit auffhoren, unnd eüch auß dem veld der schrifft nit weychen, die weil ich ain ader mag regen. Wie ir mir zü marckt kompt, werdt ir war bey mir finden. 62 Das du aber sprichst, deß reychs stenndt seinn nye der warheyt recht bericht 63 , ist mir treülich laid, wolt Got, der anschlag, auf Martini gen Speyr zü kummen, war für sich gegangen. 64 Wir wollen daz liecht nit fliehen. 65 Das wir aber nit vor dem gemainen mann, der schrifft unverstenndig, ain disputacion annemen, kan unns nyemandt verargen, so kainer ain guter richter ist inn hendln, dye er grundtlich nit versteet. Aber den beschayd gib ich und sprich: Wenn wir von bayden seytten (so wir vermainen, wir gehören zü ainer kirchen) die rechten warn prflederliche lieb hieten, und pur lautier die eer Gottes suchten, und die evangelisch unnd cristlich warheyt, auch in unns grundtlich demuetig waren, und nit den rüem triumph suchten, sonnder in rechter cristenlicher aynikait die warheyt von Got begerten, so kämen wir in sollicher lieb zusammen. Es war im leyb oder geyst, und mit rechter andacht petten wir Got umb den rechten verstandt der schrifft. Und wo ain parthey mocht versteen, die annder in aynicherlay punct hiet ainen pessern verstanndt, dass sy ir wich, deßgleychen herwider die annder. Da würd der heylig geyst gegenwärtig mit seinem liecht sein, und uns den rechten waren verstandt offenbaren. Da würd aufhören alle schendtung, Schmähung, verdamnung, fräfliche urtail, Verfolgung, aufrüer und alles übel. Das sey auff diss mal gnüg. Die ewig warheyt behallt den syg.

Gedruckt und volenndet durch Hannssen Schobsser inn der fürstlichen 40 statt München, amm tag des heyligen Johannsen vor der lateinischen portten [6. Mai], Imm MD und XXV. jar.

s) hier: rechtfertigen

t) schmähst (DWB 10, 1719)

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Schatzgeyer: Fürhaltung von 30 Artikeln

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Fürhalltung XXX. ar=lltigkl / so jn gegenwärtiger verwerllrung auf die pan gepracht / vfi dur=llch ainen neüwen beschw6rer der II allten schlänge gerechtfertigt wer=llden / gründtlich erclärt / durch Ga=llsparn Schatzger barfusser Ordens [ΤΗ, TE] München: Hans Schobser 1525. 4° 58 Bl. Sign.: A - N 4 o ¥ . Paulus, Schatzgeyer 19. Schottenloher, Schobser 47, 85. VD 16 S 2329. Köhler 4053. - EKU Berlin: 1183. Zur Entstehung: Mit der „Fürhaltung", einer seiner „besten und volksthümlichsten Schriften" (Paulus, Schatzgeyer, S. 95), reagierte Schatzgeyer (zu ihm vgl. auch Laube/Weiß 1, S. 715ff., bes. 727) auf einen umfangreichen Traktat des fränkischen Adligen Johann von Schwarzenberg-Hohenlandsberg (1463/1465—1528). Dieser, wegen seiner reformatorischen Gesinnung aus dem Dienst des Bamberger Bischofs geschieden, hatte seine Tochter Barbara (fl525), die Priorin des Bamberger Klosters zum heiligen Grabe, zu sich genommen und sein Verhalten in einem 1524 gedruckten und beachtliche Publizität bekommenden „Sendbrief" rechtfertigt (VD 16 S 4732-4736; Köhler 4151-4153). Später verfaßte er die gleichfalls mehrfach nachgedruckte „Beschwörung der alten teuflischen Schlange mit dem göttlichen Wort" (VD 16 S 4709-4715; Köhler 4147-4149). In dieser polemisch gehaltenen Schrift behandelte Schwarzenberg zahlreiche Streitpunkte unter konsequenter Zugrundelegung des reformatorischen Schriftprinzips. Damit wollte er hauptsächlich auf seinen im bayerischen Hofdienst stehenden Sohn Christoph einwirken, der ein auch literarisch hervortretender Verfechter des alten Glaubens war und als solcher eng mit Schatzgeyer zusammenwirkte (vgl. Anm. 3). Für beide, Schatzgeyer und Christoph von Schwarzenberg, war eine Entgegnung auf die Beschwörung" offenbar unverzichtbar. Nach Schatzgeyers eigenem Bekunden war er mit Schwarzenberg junior übereingekommen, daß er, Schatzgeyer, die Kontroverse fuhren sollte, zumal er in der „Beschwörung" persönlich angegriffen worden war. Das geschah unverzüglich nach Erscheinen der ins Jahr 1525 datierten Beschwörung". Schatzgeyer ließ sein Werk, wie fast alle seine Schriften, bei Hans Schobser (f 1530) in München drucken. Bereits am 6. Mai 1525 lag die „Fürhaltung" vor. Obgleich Schatzgeyer in seiner Erwiderung Johann von Schwarzenberg direkt ansprach, ging es ihm, wie 1526 auch mit „Eine gütliche und feundliche Antwort" (CCath 37, S. 599), besonders um die Einflußnahme auf den lesekundigen Laien. Ihm sollten angesichts der weithin Anklang findenden reformatorischen Auffassungen die altgläubigen Positionen dargelegt werden. Eine größere Wirkung ist dem Traktat nicht zuteil geworden. Allerdings griff Schwarzenberg noch einmal zur Feder und ließ 1526 eine Entgegnung erscheinen (VD 16 S 4717—4718; Köhler 4150), die Schatzgeyer zu einer weiteren deutschsprachigen Schrift anregte (VD 16 S 2355; Köhler 4067). - Wir drucken die Vorrede sowie Schatzgeyers Ausführungen zu den von ihm aufgestellten Artikeln 1 bis 9 und 30. Literatur: ADB, Bd. 33, S. 305f.; Paulus, Schatzgeyer, S. 9 1 - 1 0 3 ; Schottenloher, Schobser, S. 8; Scheel, Schwarzenberg, S. 330-334, 367-371; CCath 37, S. 591-594.

B) Sacherläuterungen 1 Vgl. Offb. 12, 9.14.15; 20, 2: Schlange als Verkörperung des Teufels. Schatzgeyer bezieht sich auf den Titel der anonym erschienenen Abhandlung Johann von Schwarzenbergs (vgl. oben Zur Entstehung und Anm. 3).

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2 Beschwerung der alten Teüfelllischen Schlangen mit dem I! G6tlichen wort. [Nürnberg: Hans Hergot] 1525 (VD 16 S 4710; Köhler 4147; Scheel, Schwarzenberg, S. 369f., 332—334). Die von Johann von Schwarzenberg verfaßte, aber anonym erschienene Schrift (die Autorisierung unterblieb nach eigenem Bekunden mit Rücksicht auf den Sohn, dessen „vnchristliche jrrung anndern [nicht] offenlich" werden sollte - Beschwerung B2a) erlebte „New Corrigiert/ vnd besser Registeriert" noch im selben Jahr und später mehrere Ausgaben, darunter eine niederdeutsche (VD 16 S 4709, 4711-4715). 3 Christoph von Schwarzenberg (1488—1538), nach Studium in Tübingen 1512 bayerischer Rat, 1519 Hofrichter, seither auch Landhofmeister am Münchner Hof (Bosl, Bayerische Biographie, S. 710). Seine gegen evangelische Neigungen der Tochter gerichtete Schrift „Väterliche Unterweisung", die er dem eigenen Vater zusandte (Beschwerung, Bl. A3a), war für diesen der Anlaß, die „Beschwörung" zu verfassen (Paulus, Schatzgeyer, S. 92f.; Scheel, Schwarzenberg, S. 332). Die Vorrede wendet sich ohne Namensnennung an den Sohn (Beschwerung, Bl. A3a—B2a), dem auch neben verschiedenen Verwandten das Buch zugeschickt wurde (ebd. Bl. B2a). Die auch Johann von Schwarzenberg nicht verborgen gebliebenen engen Beziehungen Schatzgeyers zu seinem Sohn lassen ihn in der „Beschwörung" von Schatzgeyer als „deynem gesellen" reden ( Bl. B3b). 4 Die reformatorische Auffassung von der claritas scripturae wurde von altgläubiger Seite abgelehnt (vgl. Handbuch der Dogmengeschichte, Bd. 2, S. 37). 5 Der zunächst in Würzburger Diensten stehende Johann von Schwarzenberg war seit 1501 am Hof des Bamberger Bischofs, wo er das Amt des Hofmeisters und zugleich den Vorsitz des Hofgerichts innehatte. Unter seiner Leitung wurde die Bamberger Halsgerichtsordnung (1507) ausgearbeitet (Scheel, Schwarzenberg, 5. 2 2 - 3 4 , 169-277). 6 Wohl Anspielung auf die im Mai 1524 erschienene „Concordantz des Neuen Testaments zu deutsch" (VD 16 S 3995). 7 Gemeint ist Luther, der seit 1520 feststellte, daß der Papst der Antichrist sei (WA 6, S. 328-348; allgemein TRE, Bd. 3, S. 2 8 - 3 2 ) . 8 Die Schrift erschien unter dem Titel: Ainn warhafftige II Erklerüg wie sich Sathanas II Jnn disen hernach geschriben vieren II materyenn vergwenet vnnd er=llzaygt vnnder der gestalt eynes II Enngels des Liechts. II ... Augsburg: Heinrich Steiner 1526 (VD 16 S 2323; Köhler 4066; vgl. im einzelnen zu den Entstehungs- und sachlichen Zusammenhängen CCath 37, S. 443 f.). 9 Vgl. Beschwerung (wie Anm. 2), Bl. B4a—Cla. 10 Vgl. ebd. Bl. C l a f.; zur Sache Denzinger-Schönmetzer, Nr. 150; Handbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1, S. 209f. 11 Vgl. Beschwerung, Bl. D l a - D 2 a . 12 Vgl. ebd. Bl. D 2 a - E l b , E2a-N3a. 13 Ebd. Bl. Jlb, Klaf. 14 Vgl. ebd. Bl. Flb, Jlb, K2af. 15 Ebd. Bl. J2a—Kla. 16 Vgl. ebd. Bl. Jla. 17 Vgl. ebd. Bl. Jlb. 18 Vgl. ebd.: mitgenossen. 19 Vgl. ebd. Bl. E3a. 20 Vgl. ebd. Bl. F l a - F 2 a . 21 Vgl. ebd. Bl. K4a-L2a, M 3 b - N l a . 22 Vgl. ebd. Bl. L2a-M3b. 23 Vgl. ebd. Bl. L l b f . 24 Vgl. ebd. Bl. M3b.

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Vgl. StD Π, 2 9 - 4 1 (Kautzsch, Apokryphen, Bd. 1, S. 186 f.). Vgl. Beschwerung, Bl. M 3 b - N l a . Ebd. Bl. M3b. Vgl. ebd. Bl. M 4 a - N 2 a . Vgl. ebd. Bl. M2a. Ebd. Bl. M4a. Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 781, Nr. 33 (,pret' meint das Brettspiel). Vgl. Beschwerung, Bl. Ola. Vgl. ebd. Ebd. 0 2 a . Est autem fides sperandum substantia rerum (Vg.: Hebr. 11, 1). Schatzgeyer wendet sich gegen die von Schwarzenberg zitierte Übersetzung durch Luther (WA DB 7, S. 370): Es ist aber der glawbe eyn gewisse zuuorsicht des, das zu hoffen ist. Vgl. Beschwerung, Bl. P 2 a - P 3 a . Vgl. ebd. Bl. P3a. Vgl. ebd. Bl. P 3 b - Q l a . Vgl. ebd. Bl. Q3af. Vgl. oben S. 93 f. Vgl. Beschwerung, Bl. Q2bf. Gratia praeveniens, gratia cooperans, gratia subsequens; zu diesen Aspekten der Gnadenlehre Augustins und ihrer weiteren Ausprägung vgl. Handbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1, besonders S. 461, 475, 492f. Vgl. Beschwerung, Bl. Q 4 a - R 2 a . Ebd. Bl. Q4b. Zur Thematik der folgenden Artikel 1 0 - 2 9 (Bl. D 4 a - N 4 b ) vgl. das Inhaltsverzeichnis zu Beginn der Schrift. Vgl. Beschwerung, Bl. m4b—p3a mit Ausführungen zu „etlicher gemayner eynred der Bepstischen/ wider das wort Gottes/ vnd desselben lerer"; sie betreffen 1. die Umkehrung aller Ordnung in der Kirche durch die neue Lehre (m4b), 2. das Warten mit den Veränderungen bis zu einem Konzil (nla—n2a), 3. den Verweis auf die lange Tradition (n2a—n3a), 4. den Hinweis auf die Verdammnis der Eltern, wenn die reformatorische Lehre wahr wäre (n3af.), 5. die ausbleibende Besserung durch die neue Lehre (n3bf.), 6. den polemischen Charakter der reformatorischen Schriften (n4af.), 7. den drohenden Aufruhr als Frucht der evangelischen Lehre (n4bf.), 8. die Verfolgung der reformatorischen Gesinnungsgenossen (ola—plb), 9. das Abweichen der Päpste von Gott (plbf.) und 10. die Gravamina der Reichsstände gegen Rom (p2a—p3a). Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 448, Nr. 41. Vgl. Beschwerung, Bl. n3b f. Die oft grobe und auch beleidigend wirkende Schlagfertigkeit der Hippen (Oblatenkuchen) verkaufenden Jungen war im 16. Jh. sprichwörtlich (DWB 10, 1553f.). Vgl. Beschwerung, Bl. n4a. Andreas Oslander ( 1 4 9 8 - 1 5 5 2 ) , seit 1520 in Nürnberg, seit 1522 Prediger an St. Lorenz und einer der Träger der Reformation in der Stadt; zu Schwarzenbergs „Sendbrief" steuerte er eine Vorrede bei (Osiander-Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 286—298). Schwarzenberg setzte sich 1522 nachdrücklich für Oslander ein, mit dem er seither freundschaftlich verbunden war (im einzelnen Scheel, Schwarzenberg, S. 103—205), was Schatzgeyer anscheinend nicht verborgen geblieben war. An einer — von uns nicht edierten — Stelle der „Fürhaltung" (E2a) wird Oslander von Schatzgeyer verdächtigt, als Examinator und Korrektor an der

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Schrift mitgewirkt zu haben (zu Oslanders möglicher Mitwirkung an der zweiten Ausgabe von Schwarzenbergs „Kuttenschlang" vgl. Paulus, Schatzgeyer, S. 100, und zur publizistischen Polemik in der Meßfirage ebd. S. 80—91, CCath 37, S. 441—444). Vgl. auch unten S. 111 Zur Entstehung. Vgl. Beschwerung, Bl. n4a. Bei Wander nicht nachgewiesen. Vgl. ebd. Bd. 4, S. 707, Nr. 62. Vgl. Beschwerung, Bl. n4bf. Vgl. Martin Luther, Epitoma responsionis ad Martinum Lutherum (per Fratrem Silvestrum de Prierio), in: WA 6, S. 347. Vgl. Beschwerung, Bl. ola. Ebd. Bl. pla. Ebd. Bl. plbf. Ebd. Bl. plaf. Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 316, Nr. 111. Bei Wander nicht nachgewiesen. Vgl. Beschwerung, Bl. plb. Der Abschied des Nürnberger Reichstages von 1524 erklärte sich für eine auf den 11. November desselben Jahres nach Speyer einzuberufende Nationalversammlung. Sie wurde vom päpstlichen Legaten abgelehnt (Schmidt, Reichsstädte, S. 135f.). Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 116, Nr. 156.

Kaspar Schatzgeyer: Abwaschung des Unflats, so ihm Andreas Oslander in sein Antlitz gespien hat Die vorrede.

Die erst frucht luterischer leer

Π. Thimo. ΠΙ [5]

Die ander

Die drit

Dem christenlichen leser wünscht Gaspar Schatzger gnad, frid und barmhertzikeit von Gott dem vater und von seinem ainigen sun Jesu Christo, unserm heim [vgl. Rom. 1, 7 u.ö.], in ainigkait des heyligen geysts. Es hat mich etwan lange zeyt seer betrüebet unnd ubel verdrossen, das dem sathan so vil gewalts, wider Gottes wort zu üben, sol verhengt a und gestattet werden, darumb das ichs darfur hab gehalten, es werd Got dar durch aufs höchst verunert, die armen unverstendigen verfurt und die rechten prediger der heyligen geschrifft mit schmehung und Verfolgung unntreglich beschwert. 1 Wann das hat mich auch seer verdrossen, das der sathan durch lutherische irrung so vil seel zu der hellen fürt, unnd das in so gueter gestalt deß rechten, waren, lautern, hellen ewangeli (wie dann er und sein anhenger sich deß in allen iren geschrifften beruemen). Aber ich sihe yetz dabey, das mich erfreut (Gott sey lob) unnd mueß das wort Augustini erkennen war sein, das Got so güet und almechtig ist, das er nit lesst ubel geschehen, er woll dann pessers darauß ziehen. 2 Dann ich sihe vil guter frucht, die auß luterischer irrsal entspringen, nit durch sich selb, sunder zufelligklich b auß gotlicher gnad. Und ist die erst, das des Luthers und seines gschwürms 0 unweißhait recht lautter und hell an tag ist kummen. Wann zum ersten ließ er außgen andechtige puechln, die gantz ein gestalt heten christenlicher leer und christenlichens gemuets 3 , mit welichen er den christen die hertz stal und einnam, damit im in andern allen nachfolgenten puechlen glauben wiird gegeben, wann sy heten ein gestalt der gütikait, wie Paulus spricht, wiewol nit die krafft. Aber nun, so er und sein junger mit irn anhengern vermainen, alle ding umbzüsturtzen, die alt, gemein christlich kirch zu grünt abprechen und ein gantze newe pauen, auch alles verwerffen, das vor tausent jarn ist güet, loblich und Got wolgefellig gewesen, ist ir unweißhait offenbar worden, und wirt von tag zu tag mer auß iren verderblichen fruchten offenbar. Die ander frucht, daz vil warhait yetz heller und volkommlicher erkannt sind worden dann vor. Wan es ist die aigenschafft der warheit, ye mer man sie in erforschung übt, ye derer sie glantzt. Die drit, das sy vil hinlessigd und schlefferig in lesung und studierung der heyligen gschrifft hat erweckt und munter gemacht, die yetz sich fleissigklich geben zu lesung und erforschung der heyligen geschrifft, lassen andere unnütze lernung e fallen.

a) zugelassen, erlaubt e) Lehre

b) zuteil werdend

c) Anhängerschaft

d) nachlässig

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Die vierd, das auch die prediger des worts Gottis sich merer fleissen muessen, zu predigen die heylig geschrifft nach rechtem verstandt, den sy wissen zu verantworten und zu beschirmen. Die funfft, das dy recht bestendigen christen durch die falsch irrig new leer bewert werden, wie Paulus spricht: Es ist nott, daz ketzerey seien, damit das die bestendigen offenbar werden. Wer het aber mögen glauben, das so grosse unbestendigkeit in uns war gewesen, wenn nit die irrig leer auffkummen wer. Ich het vermaint, wo der Turck in unnser Teutschlandt wer kummen, er het uns nit so weit von dem rechten glauben und verstandi der heyligen geschrifft mögen treiben, wir wem ee gestorben. Es sein aber funff beweglich ursach, die zu annemung der irrigen leer haben die hertz leicht gemacht. Die erst ist weltweißhait, die auch in der heyligen gschrift alle ding wil ergrunden, und ytz die götlich weyßhait zu der weltlichen ziehen und aine darauß machen. Wer hangt yetz mer der verfuerischen leer an, dann die weltweisen und gestrayfften 8 layen? Fragst du ainen, warumb hängst du an der newen leer? So antwort er, darumb das sy mir einleucht, sy sey gerecht. Fragst du in weyter, wie erkenst du es? So spricht er, mein Vern u n f t gibt mirs. Sie ist auch gleichmessig der geschrifft, wann sy wirt alle mit der gschrift bewert. Frag in weiter, wie lang hast in der gschrift gelernt? Wie waistu, das diser verstandt (darauff sy gezogen wirt) der recht verstandt des heiligen geists ist? Hayß dir das probiren, so er wider gemainen verstandt der gemainen kirchen ist. Er wirt dich villeicht zu dem Luther oder seinem junger Oslander schicken, die kunnen die rechten weyßhait, wie sy dann in iren gschrifften dise an tag legen. Es hat unser hailmacher dise bewegüch ursach hingenomen, da er gesprochen hat: Ich bekenn dir vater, herr hymels unnd der erden, wann du hast die recht war weißheit verborgen vor den weisen unnd clugen, und hast sy geoffenbart den kleinen. Die ander ist, das die leer fürgibt, das man gern thuet unnd einen lust darzu hat, als ich in einem andern puchlein, nechst*1 außgegangen, hab angzaigt pei dem endt in dem dreissigsten titel 4 , als kein christliche Ordnung halten, zu kaynem kirchlichem gesatz verpunden sein, nit vastten, nit peichten, sich hüten vor guten wercken, wan sie sein gleißneriß1, allain glauben und der gleichen vil. Darumb spricht Paulus: Es wirt die zeit kummen, daß sy die heylsamen leer nit leyden werden, aber sie werden in suchen und erwelen maister, ornkratzer, zu den sie sprechen: Redt uns, das wir gern hören, secht unß die irrschal. Die dritt. Der groß unlust, den der lay wider dy kirchendiener unnd closterleüt tregt, der ains tails auß irem streflichen leben entspringt, wiewol das kain gnügsame1 ursach ist, entporung zu machen, so der herr spricht: Auf dem stuel Mosi sein gesessen die geschrifft gelerten und phariseier, was sy euch sagen das thut, aber nach iren wercken solt ir nit thuen.

f) Verständnis i) heuchlerisch

g) schlauen, listigen (DWB 5, 4252) j) ausreichende

h) gerade erst, zuletzt

Die vierdt

Die funfft I. Corin. XI [19]

Die erste ursach leichfertigs glaubens

Matth. XI [25]

Die ander

Π. Thimo. ΓΠΊ [3] Esa. XXX [10] Die drit Matth. XXIII [2.3]

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Schatzgeyer: Abwaschung des Unflats

Die vierdt

Die vierdt. Manigfeltig beschwerung des gemainen volcks, aus welicher kumpt, das sy gern hören und annemen leer, dye innk sagt von fireyhait, wie man yetz thüt, in hoffnung, es werd ein verenderung dardurch kummen und die gewaltigen gestürtzt, wye man sich yetz unterstet. Die funfft Die funfft und furnemlichst sein die falschen propheten und verkerten lerer und prediger, wellich die irrig leer auffplasen, mit der gschrifft plüemen1, ir ein färb anstreichen und einen herlichen titel geben, als sey es das lauter evangeli unnd clar wortt Gottis, von wellichs wegen wir leib und gut darstrecken111 sollen, daz zu beschirmen. Sy kunnen auch außpuntig11 wol sehenden, schmehen, lestern, holehippen0 alle die, wellich darwider schreiben, predigen und leeren, wann das ist dy erst letzenp in der luterischen schuel. Auß disen ainer ist Oslander, wie das clerlich sein leer unnd gschrifft außweisen, dem nit gnüeg ist, daz er fur und fur auff der cantzel schendt und schmecht die kirchendiener und closterleut. Er hats auch in schlifft angefangen und sich unterstanden, sein maisterstück an mir zu machen, vermaint villeicht, an mir ein eer zu eqagen, nemlich bei seinem hauffen, die sich des rumen und sprechen: Ist aber Oslander nit ein gelert man, hat er nit den Schatzger wol außgangen, er hat im nemlich über die gamillen zwagenq. Ja, lieben freundt, ich bekenns auch, er hat mich mit schmehung und schendtung seer wol außgangen, und ob er auch zehen jar ein freyhait wer gewesen, und mit einem loterholtzr herumb wer geloffen, wenn daz einen gelerten man macht, so haben wir uberauß gelert leüt allenthalben gnüeg, und nemlich in lutherischer schüel. Ich hab yn nit unpillich in einem andern püechlein einen hyppentrager genendt.5 Luther hat die holenhyppen pachens, und sein junger tragens in hyppenfesseren, und rueffens auß auff der cantzel, und in geschrifften. Das aber das war sey, laß ich mich an ire predig und püechlein, die sie lassen außgeen, das wil ich von disem Oslander in nachfolgentem püechlein warmachen. Er hat mich bewüeßt' mit seinem unflat. Ich müß mich von not wegen wider auswaschen mit dem lebentigen wasser der heyligen geschrifft, und im seinen unflat wider auf sein haubt schüten, im damit zwahen on gamillen". Ich vermain doch, ich wol hübschlich thüen, damit ich im daz har nit verprenn mit der heissen laug und nit zu hart kratz. Yedoch ob er sich rümpffen wurd, so hab er gedult, unnd gedenck, er hab das spil angefanngen. Wie einer zu marckt kumbt, also findt er gwerbleut.6 Das sey nun gnüeg zu der vorred.

k) ihnen 1) schmücken m) hingeben, aufopfern n) ausgezeichnet, vortrefflich o) lästern, schmähen p) Lektion q) übertragen: zum Schwitzen gebracht, d.h. geärgert (DWB 32, 93 lf.) r) Holz des Gauklers, das er beim Spruchsprechen in der Hand hält (DWB 12, 1213) s) Waffeln, Oblaten gebakken t) beschmutzt u) etwas schonend den Kopf waschen, d.h. maßvoll vergelten (DWB 32, 931)

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Abwaschüg des vnllflats so Andreas Oslander: dem II Gaspar Schatzger in sein ant=lllitz gespibe hat: Begreift II jn ir zwo materi. II Die erst von vnsers lieben herrn Testament. II Die ander von dem opffer der mess. [TH] Durch gemelten Gaspar Schatzllger barfusser ordens gereynigt vnnd II saüber getrücknet. 1525. II Landshut: Johann Weißenburger 1525. 4° 38 Bl. Sign.: A - H 4 J 2 K 4 . - Schottenloher, Landshuter Buchdrucker 42 Nr. 125. VD 16 S 2320. Köhler 4045. - EKU Berlin: 985. Zur Entstehung: Die ,Abwaschung" gehört in den Zusammenhang der Auseinandersetzung Kaspar Schatzgeyers mit dem Nürnberger Prediger Andreas Oslander (1498-1552; vgl. auch oben S. 106, Anm. 51). Im Oktober 1524 war in Nürnberg die von den beiden Pröpsten Georg Peßler (f 1536) und Hektor Pömer (1495—1541) autorisierte Schrift „Grund und Ursach" erschienen (Oslander, Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 175—254), mit der reformatorische Veränderungen in der Reichsstadt, namentlich die Umgestaltung der Messe, gerechtfertigt werden sollten. Als gerade ernannter Inquisitor für Bayern, aber auch durch seine biographischen Verbindungen nach Nürnberg fühlte sich Schatzgeyer zu eindeutiger Stellungnahme aufgerufen. Dies geschah zunächst mit der Schrift „Von dem heiligsten Opfer der Messe", die gleich Anfang des Jahres 1525 in Augsburg erschien (so CCath 37, S. 124), danach mit der auf den 24. Januar 1525 datierten Schrift „Von dem Fegfeuer", in der Schatzgeyer, ohne einen Namen zu nennen, sich mit Oslander, den er überhaupt für den eigentlichen Verfasser der „Grund und Ursach" hielt (ebd. S. 575), auseinandersetzte. Als umfassende und wohl auch endgültig gedachte Entgegnung gab er im März 1525 die Abhandlung „Vom hochwürdigsten Sakrament" heraus, die schon im Titel auf die „Grund und Ursach" Bezug nahm. Vorher, oder wenigstens gleichzeitig (zur Datierung ebd. und Oslander, Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 476), hatte Oslander schon seine Entgegnung auf Schatzgeyers „Von dem heiligsten Opfer der Messe" in Druck gegeben: „Wider Caspar Schatzgeyer, . . . , unchristlichs schreyben, damit er, dass die Mess eyn opffer sey, zu beweysen vermaint" (ebd. S. 480—500). Hierauf nun reagierte Schatzgeyer im Verlauf des Jahres 1525 mit seiner .Abwaschung des Unflats". Da er sich auf die im Mai bei Hans Schobser in München verlegte „Fürhaltung" (vgl. oben S. 76—107) als „newlich . . . außgangen" bezog (vgl. CCath 37, S. 534), könnte die .Abwaschung" erst im Zeitraum ab Juni erschienen sein (vgl. aber R. Stupperich, in: Oslander, Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 477: „Ende März oder Anfang April 1525"). Unklar ist, warum Schatzgeyer die Schrift bei Johann Weißenburger in seiner Heimatstadt Landshut in Auftrag gab, wo von ihm nur noch 1526 die „Verwerfung" herauskam (Schottenloher, Landshuter Buchdrucker, S. 47, Nr. 144). — Wir drukken die Vorrede. Ausgabe:

CCath 37, S. 5 3 1 - 5 9 0 (mit Kommentar).

Literatur:

Paulus, Schatzgeyer, S. 8 0 - 9 1 ; CCath 37, S. 524-529.

B) Sacherläuterungen 1 Zur bis ins Wörtliche gehenden Anlehnung an Oslanders „Wider Caspar Schatzgeyer" vgl. Oslander, Gesamtausgabe, Bd. 1, S. 480. 2 Augustinus, Enchiridion de fide, spe et caritate, ΠΙ, 11, Migne PL 46, Sp. 236.

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Schatzgeyer: Abwaschung des Unflats

3 Zu denken wäre u.a. an Ein Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens Christi (1519), WA 2, S. 136-142, Ein Sermon von der Bereitung zum Sterben (1519), ebd. S. 685-697, Ein Sermon vom Sakrament der Buße (1519), ebd. S. 713-723. 4 Gemeint ist die „Fürhaltung" (vgl. oben S. 98—100). 5 Vgl. ebd. S. 99 mit Anm. 49 und 51. 6 Vgl. ebd. S. 100 mit Anm. 53.

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Auserwelten ynn Christo. Wiewol nach den tzwelff arrtickel des heyligen christlichen glawbens 1 folget ordentlich der tractat de Sancta Catholica et Apostolica Ecclesia 2 , das ist von der heyligen gemeyne apostolischen christlichen kyrche, dorynnen wirt erklert der grünt aller christlicher zucht, ordenunge und die unverrugkliche lere, warheit, eynnigkeyt und heiligkeit der eynigen waren apostolischen heyligen christlichen kyrche. Idoch sintem a i r itzt die lutherischen ecclesiastes 3 , die sich mit den pigkarden 4 sunderlich evangelisch nennen, also misszlich gebrauchen der heiligen vier evangelion, so sie dieselbigen so boszlich verkeren, vergifften und vernichten und also feischlich deuten, do hyn noch b Christus, noch die evangelistenn, noch der heylig geyst, noch keyn heylig mensch gedeutet noch zu deuten gedacht hat, das sie ouch do durch verachten und verwerffen, schmehn, sehenden und lestern alle gotliche dinste, ere, lobpreysunge unnd dancksagunge, alle christliche zucht und selige ubunge und alles, was zu gotlicher ehre, christlicher geistligkeit und zu menschlicher Seligkeit gelanget, und offte solche frembde ungehorte unchristliche und unmenschliche meynunge zu leren furtragen, do durch sye nicht alleyn die heyligen vier evangelion, sonder ouch dye gantze heylige schlifft des alten und nawen testaments gantz und gar verwerffen und zu nicht machen, wie mans durch dyszen und nachfolgenden tractat 5 wirt öffentlich uberweysen und klerlich zu erkennen geben, und doch durch ire teuffelische lugen, betrigligkeit, boszheit und erblendungen c thorn d sie sprechen, daz sie allein daz wort Gottis halten, verfechten und vertedingen. Derhalben ist noth, das dysze tratat zum ersten an tag komme, dodurch solche ire teuffelische, verfurische lugen und betrigligkeit unnd ire vertumliche 6 hellische tzwitracht, irthum, boszheit unnd erblendunge mag den eynfaltigen gotfurchtigen menschen entblosset und erkundet werden, zu vermeyden allen zwitrechtigen, teuffelischen irthum und vertumligkeit, zu erkennen und widder anzunehmen die eyntrechtige und unverruckte christliche warheit, zu erlangen die ewige Seligkeit. Und also der erste artickel dyszes tractats, gerechent zu den artickeln der vorigen bucher, wirt getzalt: Α Der neun und funfftzigester artickel 6 , inn welchen artickeln nachfolgentlich wirt verklert, das die ware rechtschaffene heilige christliche kirche kan mit nichte genant werden Evangelica Ecclesia f , wie die pickarden ire samlunge evangelisch nennen, welchs wirt alhie öffentlich und gnuglich bewerth g . Derhalben, auserwelten yn Christo, seyt nicht vergeslich noch seymigk in deme, so ewer seien Seligkeit belanget, sonder thut hyr auff*

a) zumal, da b) weder c) Verblendungen, Blindheit d) tun, wagen zu e) verdammenswerte, strafwürdige f) evangelische Kirche g) belegt, bewiesen h) öffnet

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Sylvius: Erklärung der evangelischen Kirche

ewern vorstand und merckt vleissigk darauff, so werdt yr klerlich erkennen den allergrösten irthum und die allerhefftigiste gifft und vervordamnis der pickardischen ketzer ym land zu Behmen und zu Mehren und deqheniger, szo noch irer thorheit und boszheit sich evangelisch nennen, und wollen nicht mehr noch weniger glawben, noch halden, noch thun, noch lassen, 5 dann alleyn, was die vier geschriben evangelion yhn sich halden. Daruber wollen ouch vorstehn und deuten die wort des heyligen evangelii eyn itzlicher, wie ym seibist wol gefeit, und nicht, wie sie Christus und die heyligenn apostel und die alten bewerten heyligen christlichen lerer7 eyntrechtiglichen vorstanden und auszgelegt haben unnd die gantze heylige 10 apostolische christliche kirche durch alle concilien sy approbirt1 und becrefftiget hat. Β In welcher verklerunge wil ich also procedirnJ, das ich zum ersten mit der evangelische und apostolische schlifft und lere will bewerenk, das keyn mensch, so er christen will seyn ader genant werden, mussz noch sali alles 15 halten, was er yn den vier geschribene evangelion findt geschriben. Czum andern, das eyn itzlich mensch, der do christen wil seyn, musz viel mehr thun und lassen, glawben und halden, dan die vier evangelion yn sich halden. Zum dritten, das man die wort der vier geschriben evangelion nicht alletzeit also schrifftlich, so rohe ader fleischlich sali deuten, als sie an ym1 20 seibist lauthen, sunst were es aller weit nicht muglich tzu erhalden. Zum Vierden, das die heyligen evangelion und die heylige schrifft nicht eyn itzlicher hat tzu deuthen noch auszulegen, wie er will. Ouch keyn christenmensch sali anders verstehn noch deuthen, dann alleyne wie sie die heyligen aposteln und ire stadhelder, das seyn die heyligen concilia, die heyli- 25 gen veter und die alten bewerten heiligen christlichen lerer und die gemeyne apostolische heylige christliche kyrche, so sie die selbigen schrifft und die vier geschriben evangelion angenommen, bekrefftiget und glaubwirdigk gemacht, gedeutet, verstanden, auszgelegt zu lesen und zu predigen geordenth hat. Zum funfften also beschlissen, das eyn itzlicher naturli- 30 eher synreych mensch durch seyne naturliche vernunfft dis alles sali approbiren und zu loszen1" benuget und gesettiget" werden. C Das erste zu beweysen, das keyn christen sal alles halden, was er ynn den vier evangelion findt geschriben, ist klar, dann so man solte alles halten, was man ym evangelio list, das Christus gehalden hat, so müsten alle 35 christen nicht den sontagk, sonder den sonabent feyem, wie der ewige Got durch Moysen geboten hat [vgl. 2. Mose 31, 13—17 u.ö.] und die aposteln mit den andern christen vor der sendunge des heyligenn geists gehalten haben [vgl. Matth. 12, 1 — 14 u.ö.]. Des gleichen der Ostertagk unnd Pfinstagk solten die christen nach der zeyt und weyse der Juden halden und 40 die judischen heiltagen, als Neomenie8, Schenophegie9 ader Tabemaculorum enceniorum10, das ist der kirchweyunge, und andere judische geistlig-

i) bestätigt, für wahr befunden j) vorgehen, zu Werke gehen k) beweisen 1) in sich m) wohl: aufmerksam zu hören (DWB 6, Sp. 1188) n) zufriedengestellt

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keit und observantien 0 , der beschneydunge und opfferunge yn den tempel, ablosunge p und besuchunge des tempels zu Jherusalem ynn verordenten heilgtagen, als Christus noch betzeugnis des heyligen evangelii seibist gethan hat. Weichs alles die heiligen aposteln und die heilige apostolische christliche kirche, nach der sendunge des heiligen geists, dis alles also veranderth hat, das so eyn christglobiger wolde dise observantia des gesettzens unnd der beschneydunge halden, so were er nicht eyn christen, sonder eyn Jude genant und Christus were ym nichts nutzlich, als betzeuget S. Paulus ad Gala. V [2—6] und VI [15]. Derhalben sal keyn christen alles halden, was er von Christo ym evangelio findet geschriben. Aus welchen ist ouch zu mercken die ordenunge und die macht der heiligen aposteln und der heyligen apostolischer christlichen kirchen yn andern christlichen geistligkeit zu beschicken und zu verandern noch dem, wie ynn q Got, Christus und der heylige geist befolen hat, wie de Symbolo Apostolico 11 und ym negst vorgehenden tractat 12 volkomlicher vorclert ist. Α Der sechtzigester artickel verclert das adder1, das ein itzlicher christen bey seyner seien Seligkeit mus mehr glauben, thun, lassen und halten, dann er ynn den vier evangelion list geschriben. Dann warumb, er mus ouch glauben die gemeyne apostolische heilige christliche kirche, wie es die apostel gelernet haben, welchs doch ym evangelio nyrgent dann alleyn zu gehorchen ausgedruckt ist. Derhalben musz er ouch glowben, das alle die lere und ordenunge der aposteln und der heiligen apostolischer christlichen kyrche heylig sey unnd allen christglobigen menschen solche lere und ordnunge zu halden verdinstlich und seliglich ist. Syntmal ynen solche ordnunge des nawen testaments und aller christlicher zucht durch Christum und durch Got den heiligen geyst zu ordiniren yn der christlichen kirche befolen ist, [Vg.:] Psal. XLIX [5]: Congregate illi etc. So dan Christus seyne kyrche nicht alleyn die tzeyt lang der aposteln, sonder bis tzum ende der weit hat wollen bleyben, so ist das gewis, das er solche ordenirung unnd regirung nicht alleyn den aposteln, sonder ouch iren nochkommenden stadheldem hat wollen befolen seyn unnd von itzlichen christen gehalden werden. Derhalben wer widder solche ordenunge der heiligen apostolischer christlichen kyrche strebt ader sie vorachtet, der glawbt nicht die heylige christliche kyrche und vorachtet nicht alleyn die heiligen aposteln, die den christlichen glouben der tzwolff stucken 13 und die christliche zucht ordinirt haben, sonder ouch vorachtet Christum und seynen hymlischen vater, Math. X und Luce X [16]: Qui vos spernit me spernit etc. Β Und das dis alszo sey, antzeigt unnd betzeugt unns manichfaltig das heilig evangelium und die apostolische schlifft und lere. Zum ersten betzeugt S. Joannes, daz nicht muglich ist gewest zu beschreyben alle geschichte unnd wundertzeichen, so Christus alleyn vor seynen jungern geübet hat, Joannis XX [30] und XXI [25], Viel unmuglicher ist gewest zu beschreiben alle seyne predigt und alle seyne tath, wort und lere, so er

o) Regeln p) Abholung (Jesu aus dem Tempel) fehler für: ander, d.h. zweite

q) ihnen

r) wohl Druck-

Luce Π [41—50] Actu. XV [Apg. 15, Iff.]

ad Gala. V [2-6] und VI [15]

Math. 18 [17]

[Vg.:] Psal. XLIX [5] Math. X [5 if.] χππ [12-17] und xvi Mat ui. [28, I9f.]

Math. X Luce X [16]

Joannis XX [30] und XXI [25]

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Joan. XX [31]

I. Cori. ΙΠ [12]

Joannis ΧΠΠ [16—18], XV [26] und XVI [7—15]

I. Co. XI [2] II. Tessa. Π [15] Π. Tessa. ΙΠ [4]

ad Gala. I [llf.]

Sylvius: Erklärung der evangelischen Kirche

durch die drey jarn allem judischen volck geredt, ertzeygt und gepredigt hat, als dann ouch anzeygt die heylige schrifft [Vg.:] Actu. XX [35], do S. Paulus vorbrengt, das Christus dise wort hette geredt: Beatius est dare quam recipere, welche doch ynn den vier geschriben evangelien nyrgent seyn begriffen. Er betzeugt ouch, das alleyn dis beschriben ist, do durch man kan erkennen, das Christus sey eyn son Gottis und seligmacher der welt, Joannis XX [31]. Aus welchem ist clar zu mercken, das die heyligen evangelisten haben wollen vornemlich beschreiben und vorkleren alleyn den grundt des glawbens, das ist den hern Christum, und nicht wye man uff den grundt bawen sali. Nemlich als S. Paulus sagt I. Chorin. ΠΙ [12]: Das golt der gotlichen lieben, das silber der gotlichen weyszheit und die eddeln gesteyn, das ist die gotliche dinste und ampte unnd allerley selige ubunge der christlichen gutten wercken unnd aller christlicher zucht, wie die selbige geschehen sal, welchs alles vornemlich den heyligen aposteln und der heiligen apostolischen christlichen kyrche ynn den heiligen concilien zu ordiniren von Gote zugleich befolen ist, wie es ym tractat de Sancta Catholica et Apostolica Ecclesia14 ist volkomlicher verklert. C Zum andern betzeugt Christus, daz er nicht hat alles gesagt noch geprediget den aposteln, dieweyls er bey ynn uff erden gewest ist, was yn noth ist gewest zu wissen, sonder er hat ynen die sendunge, eyngebunge und underweysunge des heyligen geists verheischen, do durch sie wurden erkennen alle warheit und weyszheyt und wie sie predigen, lernen und daz nawe testament ordiniren solden, wie das heylig evangelium klerlich antzeyget Joannis ΧΠΙ [in Marginalie richtig: ΧΠΠ] [16-18], XV [26] und XVI [7-15], D Zum dritten antzeigt uns die apostolische schrifft und lere S. Pauli, das die christen nicht alleyn musszen glauben und halden, was ym evangelio geschriben ist, sonder ouch, was die heiligen aposteln durch sich seibist schrifftlich oder muntlich geordent und geboten haben, nemlich zum ersten, do er spricht: Laudo autem vos fratres quod per omnia mei memores estis. Et sicut tradidi vobis precepta mea tenetis, [Vg.:] I. Chorin. XI [2], Deszgleichen [Vg.:] II. ad Tessalo. II [15], do er spricht: Itaque, fratres, state et tenete traditiones quas didicistis sive per sermonem sive per epistolam nostram. Dornach [Vg.:] Π. Tessalo. ΠΙ [4], do er spricht: Confidimus autem de vobis, fratres, quoniam quecunque precipimus facitis et facietis etc. Und bald darnach: Quod si quis non obedierit verbo nostro non commisceamini cum illo etc. [vgl. Vg.: 2. Thess. 3, 14]. In welchen worten er klerlich antzeyget, das er durch sich seibist manchfeltige gebot und traditiones oder ordenunge gemacht und gesagt, dye er aldo gebeut bey dem banne gehorsamlich zu bewaren und zu halden, so er doch seibist bekennet, das er seyn evangelium nicht von den aposteln noch aus den vier geschriben evangelion genommen, sonder von Christo gelernet hat, ad Galathas primo [Gal. 1, llf.]. Ε Er antzeygt ouch, das er etliche geboth und ordenunge nicht schrifftlich, sonder muntlich will beschicken, sprechend: Cetera cum venera dis-

s) während

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ponam, [Vg.:] I. Chorin. XI [34], Desgleychen schreybt S. Joannes sprechend: Plura habens vobis scribere, nolui per chartam et attramentum. Spero enim me futurum apud vos et os ad os loqui, [Vg.:] Π. Joannis I [12], unnd ΙΠ. Joannis I [13]: Multa habui tibi scribere etc. Doraus ist tzu mercken, das die heilige christliche kyrche viel christlicher zucht helt aus der ordenunge der aposteln, die nicht ym evangelio noch in der apostolischer schrifift wirt ausgedruckt, als seyn ouch die ΧΠ artickeln des glaubens, welche die heylige aposteln, ehe dann sie von eynander seyn geschieden, gemacht und zu hauff gesatzt haben 15 , als betzeugt S. Leo Papa und S. Ambrosius] und sonderlich S. Clemens, der do ist gewest eyn junger der aposteln unnd eyn nachkommender stadhelder Petri, welche artickeln doch nyrgent yn der schlifft der aposteln beschriben seyn. F Also ist es ouch mit den heyligen sacrament, von Christo ursprunglich ausgesatzt und der heyligen christliche kirche durch die aposteln und ire stadheldem befolen zu beschicken und ordiniren, eyntrechtiglichen zu gebrauchen, und viel ander ordenunge durch die heiligen aposteln gemacht, als seyn Canones Apostolorum, durch den heyligen babest dementem yns lateyn gewandelt und durch das sechst concilium bestetiget, ut in c. Apostolorum et in c. Placuit, distin. XVI. 16 Aus welchen ist klar zu erkennen, daz eyn rechtschaffner christen mus viel mehr thun, glauben und halden, dann die vier geschriben evangelion yhn sich halden, ouch mehr dann Christus auff erden geprediget und gelert hat, das doch nicht alles beschriben ist, szonder darüber mus er ouch halten die lere und ordenunge der aposteln und irer stadheldem, welchen solche ordenunge des nawen testaments, wie oben offte angetzeigt, von Gote befolen ist, von welcher ordenunge und auffrichtunge die heylige christliche kyrche ist apostolisch und nicht evangelisch genant. Α Der eyn und sechtzigister artickel verklert das dritte, das man die wort des heyligen evangelii noch' der pickardischen meynunge nicht szo schrifftlich, so rohe und fleischlich sali alltzeit deuthen, ouch nicht szo unbeschediglich sal auslegen, wie sie an yhn selbest lauthen, sonder man sal die meynunge Christi und des heiligen geists dorynne ersuchen und erkennen, sunst were es aller weit unmuglich tzu halden. Es queme ouch daraus der allergroster irthum, tzwitracht und so viel ketzerey, als viel menschlicher heupt auff erden wem, syntmal das heylig evangelium wirth ouch zuweiln angesehn noch den schrifftlichenn wortten widder eynander lautend, welchs ich itzt alhie mit wenigk antzeygunge will vorkleren, so ichs yn den ersten artickeln der vorgehn bucher volkomlicher hab vorklerth. Β Als nemlich, so man disze wort wolde schrifftlich deuthen, do Christus sagt Math. V [29f.] unnd XVDI [8f.]: Szo dich deyn auge, deyn hant ader deyn fuessz wurde ergern, szo schneyd es abe unnd wurffs von dir etc., one tzweyffel, szo musten wir alle blind, lahm und kroppel seyn, ehe dann wir mundigk wurden. Desgleychen, so man wolde dyse wort unbe-

t) nach

I. Cori. XI [34] Π. Joan. I [12] ΙΠ. Joan. I [13]

Math. V [29f.] und XVm [8 f.]

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scheydlich auslegen, so Christus spricht Luce ΧΠΠ [33]: Nisi quis abrenunctiaverit etc. Es sey dann, daz yemand wurde absagen allen guttern, die Luce ΧΠ [33] und er besitzt, so kan er nicht gesein meyn jungem, und [Vg.:] Luce ΧΠ [33] X V I I [im Text und XVni [22]: Vendite omnia que possidetis et date elecmosinam etc. richtig: X V m ] Vörkeuffet alles, was yr habt, und gebt almusz etc., so muste keyn christen [22] etwas eygens haben und musten alle betler, kleuszner und eynsidler werden, und also were es widder dis, so Christus sagt: Meyn joch ist sussze Math. XI [30] und meyn bürde ist leicht, Math. XI [30], C Item do Christus spricht: So dich yemand schlecht auff deyn wange, Math. V [39] szo reiche ym das ander, Math. V [39], so mans wolde so gerichts" hynaus ane allen underscheyd vorstehn, szo were Christus widder sich selbest, so Joan. X V m [10] er das selbest nicht hette gehalden yn dem backenschlage Malchi, Joannis XVm [10].17 Desgleichen, do er spricht: So dir yemand wil dein rock vor dem gericht abdingen, so gib yhm auch deyn mantel, und wer dich tzwinget, eyn meyle zu gehen, so gehe mit ym die andere zwu meyle, und ein itzlicher, der dich bit, dem gib, und wer etwas von dir leyen wil, dem vorsage es nicht etc. [Matth. 5, 40—42]. So man wolde solche und andere wort also unbeschedlich verstehn, das ers von nots wegen allezeyt und yn aller gestalt solde halden, were nymmer kein fride noch gerechtigkeit auff erden, wurde ouch nyemand etwas können behalden, sonder er müste es den andern, szo offte sie es begerten, one widderrede hyngeben, daraus dann nichts guts dann alle unordungen, unfuge, frevel, gewalt, jammer und noth enstunden. Item so man wolte dise wort Christi [Vg.:] Math. VI [6]: Tu autem Math. VI [6] D cum orans [oraveris] intra in cubiculum, noch der pickardischer thorheit und böszheit also deuthen, das man mitnichte solde ynn der kirchen bethen, und wolde do durch alle kyrchen und Gots hewser verachten, so were es widder dye wort Christi und seyns hymlischen vaters, do er Luce XIX [46] spricht: Domus mea domus orationis vocabitur, [Vg.:] Luce XIX [46], Mat. XXI [13] Math. XXI [13] und Esaie LVI [7]. Szo lauthen ouch die vorgehn worth Esaie LVI [7] Christi: Tu autem cum oraveris etc. widder dyse nachfolgend: Sic luceat Math. V [16] lux vestra coram hominibus, ut videant opera vestra bona, [Vg.:] Math. V [16]. Desgleychen so man wolde nach der pickardischen unsynnigkeit alle geistliche und weltliche prelatur und oberkeit vorachten und vortilgen und keyne tzynsen nachv gehorsam leysten, durch dyse wort, so Christus sagt Luce ΧΧΠ [25 f.] [Vg.:] Luce ΧΧΠ [25f.]: Reges gentium dominantur eorum, vos autem non Mat. ΧΧΙΠ [8 f.] sic etc. und durch dysze worth [Vg.:] Math. ΧΧΠΙ [8f.]: Vos autem nolite vocari rabi etc. Ir solt euch nicht rabi nennen lassen, denn eyner ist ewer meyster, Christus, aber yr seyt alle brudere und solt nyemand vater heyssen auff erden, denn eyner ist ewer vater, der ym hymmel ist etc., szo were Christus yn allen dyszen meynungen widder sich selbest, so er spricht: Ir Mat. ΧΧΠ [21] solt geben dem keyser, was des keysers ist, und Got, was Got ist, Math. Ro. ΧΙΠ [6f.] ΧΧΠ [21]. Es were ouch widder die lere S. Pauli ad Ro. ΧΙΠ [6f.] und ad Heb. ΧΠΙ Hebr. ΧΠΙ und widder alle christliche und apostolische schlifft und lere, Lu. ΧΠΠ [33]

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v) noch

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syntmal man nyemand müste eyn herr noch meyster noch eyn vater au ff erden heyssen, und also were Christus aberw widder sich selbst, so er lernet vater und mutter zu eren, Math. V [Marginalie richtig: XV] [4] etc. Math. XV [4] Ε Item so man wolde nach der pickardischen unsynnigkeit vorachten alle gotliche wundertzeichen, szo Christus und seyne jungem geubet haben, durch dysze worth, so Christus spricht: Generatio prava et adultera signum querit etc., [Vg.:] Math. ΧΠ [39], so were Christus aber widder Math. ΧΠ [39] sich selbest, do er spricht: Si opera non fecissem in eis que nemo alius fecit peccatum non haberent, [Vg.:] Joannis XV [24]. Und so er selbest Joan. XV [24] noch grosser wundertzeichen zu bekrefftunge des glaubens seynen jungem vorligenx hat, Joannis ΧΠΠ [12]. Desgleychen, szo man wolde nach der Joan. ΧΠΙ [Text: pickardischen boszheyt vorachtenn allerley fasten durch dise wort, das ΧΠΠ] Christus spricht Math. XV [11]: Was zum mundt eyngeht, das befleckt Mar. ul. nicht den menschen, szo durffte man ewiglich nicht fasten, sonder eyn tag N6· und alle tag durchs jar allerley speyse essen, und also were Christus aber Mat. XV [11] Math. VI [1-18], IX widder sich selbest, der do lernet, das man sali fasten, bethen unnd almus [i4f.]!xvn[2i] geben, Mathei VI [1 — 18], so were auch Adam und daz gantz menschlich Mar. ix [29] geschlechte unrechtlich von Gote verdammet des apffels wegen. F Item so man wolte dise wort Christi schrifftlich vorstehn, do er spricht: Es sey dann, daz ir werd essen daz fleisch des sons des menschen und werd trincken seyn bluth, szo werd ir nicht haben yn euch daz leben [Joh. 6, 53], so muste man seyn fleysch und bluth nicht alleyn unther der gestalt des brots und weyns aus dem kelch, wie die Behmen entpfahen18, sonder auch, wie die Juden und seyne jungem erstlich verstanden haben, mit hawt und harr ynn leiplicher gestalt essen und trincken, und also hette Christus dyse nachfolgend wort vorgebens geredt: Spiritus est qui vivificat, Joan. VI [64] caro non prodest quicquam. Verba que ego locutus sum vobis spiritus et vita sunt. Dorynne er zu vorstehn gibt, das er die vorgehn wort nicht schrifftlich noch fleyschlich noch sacramentisch, sonder gantz geystlich gemeynt unnd verstanden hat. Sondery von disem thun wil ich mit Gots hulffe eyn sonderlichen artickel beschreyben, unnd den behmischen sampt mit den luttherischen irthum hoffe ich zu Gote also gruntlich entrichten2 und entplossen, das yhn eyn itzlich christlich unnd evangelisch gemute sal klerlich erkennen und do von sicherlich abtreten.19 G Item so man dise wort nicht wolte mit bescheidner distinction, daz ist mit underscheid verstehn, do Christus spricht Math. VIII [22]: Lasz die toden ire toden begraben, und wulte nicht zweyerley toden verstehn, so wurde nye kein toder leichnam begraben, syntemal keyn toder kan den andern begraben etc. Also, ir awserwelten ynn Christo, seyn die heyligen evangelion unnd vornemlich das evangelium Joannis nicht alletzeit schrifftlich noch fleischlich, sonder offte gantz geystlich und mit grosser bescheidigkeit und underscheyde zu vorstehn und auszulegen. Derhalben hat Got gegeben der christlichen kyrche viel hochverstendige gnadereichen bewerten heyligen doctores, welcher lere und heyligkeit durch gotliche wunder-

w) abermals

x) verliehen

y) Aber

z) als unrichtig erweisen

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Mar. ul. [16, 15] Mat. ul. [28, 19f.]

[Vg.:] Hiere. XXXI [33]

Sylvius: Erklärung der evangelischen Kirche

tzeichen verklert und bewerth und durch die heilige christliche kyrche bestetiget und bekrefftiget ist, die aus götlicher gnade haben die heyligen evangelion und die götliche schlifft gruntlich, klerlich, eyntrechtiglich und warhafftiglich vorstanden, gedeutet und auszgelegt, tzu vermeyden alle tzwitracht und ketzerey yn dem christlichen glouben. Dieselbige sali eyn itzlicher warer christglobiger menschen demuttiglichen und inniglichen ersuchen und befragen, und nicht noch seynen mutwilligen eygen synne und fuernehmen, als die trotzigen, ketzerischen menschen allezeyt thun, die heilige schlifft schleyffen3 und schleppen1". Sunst szo eyn yeder solte nach seynem wolgefalle, wie die pickarden pflegen, die wort der heiligen vier evangelion deuthen, szo queme daraus so viel irthum und ketzerey, als viel menschlicher heupt auff erden weren. Α Der zwenundsechtzigister artickel verclert das vierde, daz ist gewest: Werne doch billich zustendig ist, die h. vier evangelia zu deuthen, do durch mögen die pickardischen kettzer und alle diejhenigen, so sich alleyn evangelisch nennen, yre unsynnige thorheit klerlich erkennen, so sie wollen nicht mehr noch weniger thun noch glouben, dann alleyn, was sie ym evangelio finden geschriben, und wollen dasselbig deuten, wie ein itzlicher gesynnet ist, und do durch vorachten alle menschliche, geistliche und weltliche schrifft, gesetze und ordenunge der gotlichen dinsten und ampten und alle christliche tzucht, zur gotlicher ere und dancksagunge und tzur menschlicher Seligkeit geordent. Dorbey ist zu mercken zum ersten, wer sein die gewest, von welchen die vier evangelia geschriben sein. Zum andern, was sie verursacht hat, die evangelion zu schreiben. Zum dritte, wer seyn die gewest, so die vier geschribenen evangelion anzunhemen, zu approbiren, zu bekrefftigen unnd durch die christliche kirche gloubwirdigk zu machen, ordentliche und volle macht gehabt haben. Β Weichs alles zu erkennen, ist zu wissen unnd ist öffentlich, das Christus die vier geschribene Evangelion hat selb selbest nicht geschriben, sonder er hat sie geprediget und mit der tath geubet. Er hat ouch das evangelium, das ist die gutte botschafft der erlosunge des menschlichen geschlechts, seynen jungern nyrgent befolen zu schreyben, sonder alleyn zu predigen, sprechend: Predicate evangelium omni creature, Marci ultimo [16, 15]. Und dasselbige zu lernen und underweysen alle voIcker und zu bewaren alles, was er geboten hat zu halden, Math. ulti. [28, 19f.] Das ist gewest, als die glosa 2 0 sagt, die heyligen sacrament, von Christo ursprungklich eyngesetzt, ouch alle sacramentalia, das ist die christliche geistligkeit zur seliger ubunge der christlichen kyrche. Daz ist gewest das evangelium und das nawe gesetze, welchs den aposteln befolen ist durch die sendunge des heiligenn geists zu predigen, zu lernen, zu ordiniren und tzu schreyben, nicht auffs tode papirblath, sonder yn die lebendigen hertzen der menschen, noch deme als Got langest zuvor verheisschen hat durch den propheten Hieremiam, sprechend: Post dies illos dicit Dominus dabo legem meam in visceribus eorum et in corde eorum scribam eam, et

a) wohl im Sinne: ihr Gewalt antun (DWB 9, Sp. 5 9 7 - 6 0 0 )

b) wie a)

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ero eis in Deum et ipsi erunt mihi in populum [Vg.: Jer. 31, 33]. Aus welchem ist zu erkennen, daz die geschriben evangelia haben nicht ernc ankunfft d äussern6 sonderlichen befeel Christi ader seyns hymlischen vaters, ouch nicht aus eym fuergenomen Vorsatz der aposteln, sonder aus eym sonderlich zufall noch geschickligkeitf der zeyt unnd boszheyt der ketzerey, so die selbige tzeyt erwachssen was, wie ichs itzt genugsam wil vorkleren. C Dann warumb. Matheus hat zum ersten den Juden yhn der judischen sprach geschriben widder die kettzer und irrigen christen, die do globten yn Christum und wolten dorbey ouch die judische weysze und geistligkeit halden, als betzeuget S. Hieronymus] in Prologo Evangelistarum.21 Marcus, der ouch Christum nye gesehn noch gehört hat, sonder alleyn aus underrichtunge Petri, szo viel er von ym hab hören predigen, yn welschen lande seyn evangelium mit kurtzen worten aus bethe etlicher brudern beschriben hat, welchs evangelium Petrus ansichtigk zum ersten hat bestetiget.22 Desgleichen Lucas, der geburth von Anthiochia, eyner aus den LXXII jungem unnd nachmals eyn nachfolger Pauli, das evangelium, welchs er ouch mehr aus nachsagen, dann aus zuhören, wie er selbst yn seynem prologo dem bischoff Theophilo schreybet [Luk. 1, 1—4], ym greckischen sprach beschriben hat, auff das er den grundt und warheyt des glaubens, so er vormals aus tzuhoren erkanth hat, ouch schrifftlich den andern zu erkennen gebe.23 Zuletzte, do die ketzerey Cherinti24 und Hebionis25 war erwachssen, die do predigeten, das Christus hette die gotheit so wol als die menscheit durch die zeytliche geburth zeytlich uberkommen®, do hat S. Joannes aus manchfeltigem ansuchen der christlichen bischoffen des landes Azia seyn evangelium widder die selbigen ketzer geschriben unnd verclerth, das Christus nach der gotheit ym anfang und yn ewigkeit ist gewest ynn Got und bey Got und ein warer Goth, durch welchen alle dingk geschaffen seyn.26 Und also ouch die evangelia der andern aposteln als Thome [vgl. Joh. 20, 24ff.], Mathie [vgl. Apg. 1, 23.26], Bartholomei [vgl. Matth. 10, 3; Mark. 3, 18] und andern menschen als Apollo [vgl. Apg. 18, 24—19, 1], Basilidis 27 , Nicodemi [vgl. Joh. 3, 1 - 2 1 ; 19, 39] seyn geschriben28 nach eyns itzlichen sonderlichen vorsatz und fuergenommen meynunge, vomemlich29 tzu verkleren den grund des christlichen glaubens, tzu vertilgen den manchfeltihen irthum und ketzerey, so yhn yren getzeyten bey dem christlhen glawben war erwachssen, als betzeugt S. Jeronymus in Prologis Evangelistarum30, wie wol dis ouch nicht on anreytzunge des heiligen geysts geschehn. Von welcher manchfaltiger ketzerey, so yn der tzeyt der aposteln erstanden ist, sagt die bewerte Historia Ecclesiastica, Ii. ΠΠ, ca. XXI.31 Sonder11 zu beschreyben die ordenunge des nawen testaments, das ist aller christlicher zucht und seliger ubunge zu gotlicher ere und lobpreysunge,

c) ihre gung 9

d) Herkunft, Anfang g) erhalten h) Aber

Reformation 1

e) aus einem

f) nach Schickung,

Fü-

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Sylvius: Erklärung der evangelischen Kirche

hat kein evangelist gedacht noch fuergenommen. Es ist yhn ouch nicht [Vg.:] Psal. XLIX befolen noch zustendigk gewest, dann alleyn der samlunge der aposteln [5] und iren stadheldern, als verkündiget ist durch David [Vg.:] Psal. XLIX Joan. ΧΠΠ [16f.] [5]: Congregate illi etc., unnd durch Christum vermittelst der underweysunund XVI [7-13] g e des heyligen geystes befolen Joannis ΧΠΠ [16f.] und XVI [7-13], D Das aber dise vier evangelia als Mathei, Marci, Luce und Joannis seyn durch die heyligen aposteln unnd durch ire stathelder yn den heyligen concilien angenommen und bekrefftiget worden und nicht der andern, antzeyget S. Hieronymus] dyse Ursache in Prologo Evangelistarum32: Das aus manchfaltiger und viel schreybunge der evangelien hat sich verursacht und angefangen manchfaltige tzwytracht, irthum und ketzerey ym christlichen glauben, derhalben haben die aposteln und die apostolische heylige christliche kyrche nuhr die obgenanten vier evangelisten und ire evangelien Ezechiel [5ff.] angenommen, nach antzeygunge der vier thiern Ezechielis I [Hes. 1, 5ff.] Apoca. 4 [6ff.] und Apoca. ΠΠ [Offb. 4, 6ff.] und nachdeme als sie die allerbequemste angesehn haben. So sie aber irgen andern evangelie als Mathie, Thome, Bartholomei, Nicodemi33 hetten angenommen, so wem die selbtigen evangelia itzt eben so wul globwirdigk yn der christlichen kirche als itzt die dasygen1 vier, die wir itzt haben, globwirdigk seyn. Dann warumb, die authoritas oder globwirdigkeit dyser vier evangelia kompt nicht von der person der vier evangelisten, sonder von der approbation und bekrefftigunge der heiligen apostel und irer stadhelder, welchen die krafft zu solcher ordenunge, wie offte verclert, von Gote, Christo und vom heyligen geist befolen und verligen ist. Derhalben spricht ouch wol S. Augustinus widder den ketzer Faustum: Ego evangelio non crederem etc. 34 Ich wolte dem evangelio nicht glouben, so mich die authoritas, das ist die achtbarkeit oder gloubwirdigkeit der christlichen kyrchen, nicht darzu bewegte. Α Zum drey und sechtzigiste artickeln. Ist daraus tzu beschlissen, das syntmall die vier geschribene evangelia und allerley geystliche schrifft haben die gloubwirdikeit odder ungloubwirdigkeit, die bestetigunge adder verwerffunge aus der ordenunge der heyligen aposteln und der heiligen veter und regirer der apostolischer, christlichen kyrche, als ouch betzeuget die bewerte historia Ecclesiastica Ii. VI, ca. XVII, des gleichen Ii. ΙΠ, ca. II und XIX 35 , so folget dis hiernach, das denselbigen aposteln und iren nachkommende statheldern, den heiligen vetern und regirer der christlichen kyrchen ist zustendig gewest zu ordiniren dieselbigen geschriben evangelia, wie sie yn der heiligen christlichen kyrche solten durchs jar gelesen, gesungen, geprediget, vorklert und verstanden werden, als dann alles geschehen ist. Es folget ouch, das man dieselbigen evangelia nicht anders deuthen sal, dann wie sie die heiligen aposteln und die heilige apostolische christliche kyrche, so sie die vier evangelia angenommen und bestetiget, gedeutet unnd verstanden hat, und wie sie die bewerten heyligen christliche lerer, so von der christlichen kyrche approbirt seyn, verclert und auszgelegt haben, sunst were es kegen Gote eyn feischer der christlichen warheit und aller

i) vorhandenen, gegenwärtigen

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apostolischer und christlicher ordenunge und meynunge, zugleych als derjhenige eyn feischer were, so er felschet die keyserliche ordenunge unnd meynunge yn keyserlichen mandat auszgegangen. Β Derhalben, auserwelten yn Christo, herrn und freunde, muget ir nun daraus erkennen den irthum aller ketzerey, so sich von der eynigkeit und eyntrechtiger ordenunge der heyligen apostolischer christlichen kyrche entfrembden, die daz heilig evangelium wollen handeln, verstehn und deuthen, eyn itzlicher nach seyner synligkeit, wie es ym gefeit, unnd nicht, wie sie die heyligen aposteln und ire nachkommende statheldern und regirer der hiligen apostolischen christlichen kyrche, so es angenommen und gloubwirdigk gemacht, vorstanden und gedeutet hat. Daraus dann manchfaltiger irthum, ketzerey, tzwitracht und ungloben von notswegen mus entspringen, als mans vor äugen sihet yn der wickleffischer 36 , hussischer 37 , muscowytischer 38 und pickardischer 39 secten, dorynne schier so manchfaltiger irthum, zwytracht, ketzerey und ungloben als manchfaltigk hewpt wirt erfunden, dovon yn nachfolgenden tractat 40 wirt gehandelt. Α Der vier und sechtzigister artickel handelt den irthum der andern secten. Also deuthen ouch die Turcken, Armenier, Saracener1 und itzt auch die Tathem k das evangelium und das alt und nawe testament so boszlich, daz sie ouch nicht halten Christum vor eyn Got, noch vor den son Gotis, noch vor den erloser der weit, sonder si halden yhn allein vor eynen heyligen propheten. Sye glouben ouch nicht, das er sey gecrewtziget, sonder das eyn ander, yhm ehnlich, ist gecrewtziget worden, und neben den evangelien haben sie so unchristlichen glouben von der fleischlichen wollust, die sie vormeynen ym zukunfftigen leben zu haben, widder das heilig evangelium Mathei ΧΧΠ [28—30] und widder die menschliche vernunfft, das auch iren irthum der turckische Avicenna 41 und andern naturlichen meyster durch die naturliche vernunfft erkennen und uberweysen. Β Also seyn wol drey hundert ketzerey und yrrigen secten durch bose deuthunge der heilige schrifft und der heyligen evangelien entsprungen, und als bald sie sein von dem fels und gruntfeste der eynigkeit und von dem gehorszam der verordenten hyrts und regirers der christlichen schaffen, des stadhelders Petri, und von der ordenunge der apostolischer heiligen christlichen kirche mutwilligk gewichen, yn manchfeltigen unchristlichen irtum und ungloben gefallen. Idoch schier allesampt durch die vorordenunge Christi und des vorordentens fels und hyrts vermittelst der andern prelaten und herschafft der heiligen christlichen kyrche vertilget und widder Zugängen1. C Also geschiet itzt ouch yn unsern gezeytten. Dieweyll der Luther den selbigen fels und hirt der heiligen christlichen kyrche, durch Christum verordent, nicht alleyn verachtet, szonder ouch schmeht und lestert, so ist ein solcher irthum, tzwitracht, solchs ungotlich, unchristlich, unmenschlich und unsynniges furnhemen yn seyner secten entsprungen, der gleichen keyne ketzerey von anfang des christlichen glaubens so unchristlich fuergenom-

j) d.h. Araber 9'

k) Tataren, Mongolen

1) zergangen, verschwunden

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men hat, so sie stets widder dye christliche und apostolische lere und Widder die gantze heilige schrifft, widder alle heiligen concilia und widder alle bewerten hiligen christlichen lerer, welcher leben, lere und heyligkeit durch gotliche wundertzeichen manchfaldiglich approbirt und verklert, ouch durch die heylige christliche kirche angenommen und bestetiget ist, daran nicht gesettiget, sonder ouch alle die christliche zucht, szo die heilige apostolische christliche kirche gelernet und Gote zu eren und lobpreysunge geordent und geubet hat, wil er yn grundt tzerstoren, und ye loblicher, verdinstlicher, heiliger und Gote beheglicher eyn ordenunge ist, yhe hefftiger und grymmiger wil er die selbigen vertilgen, wie es yn den funfftzigk artickeln der vorgehn bücher gnugszam verklert ist und, wil Goth, ym nachfolgend tractat42 alszo verkleren will, das man mit allen synnen woll vorstehen und greyffen mochte. Es ist ouch öffentlich, wer es vorstehn und mercken wil, das er nicht alleyn widder alle christliche warheit und gerechtickeit stets strebt, szonder mit ym und widder sich selbest irriger unnd tzwytrechtiger ist, dann alle die ketzerey, szo von anfang bisher widdereynander und widder den waren christlichen glovben erwachssen ist, wie irs entlich, wil Got, woll werdt erkennen ader erfinden, wolte Got, das nicht zu lange geharret weren. D Solcher irthum, zwitracht, ketzerey und unglobe kompt manchfeldiglieh aus den evangelion, so sie ein itzlicher noch seynem mutwillen verstehn und handeln will, und nicht, wie sie die heiligen aposteln, heiligen veter und heiligen christlichen lerer unnd die heilige apostolische christliche kyrehe, so sie dieselbigen evangelion angenommen und bestetiget, vorstanden, vorklerth unnd auszgelegt hat. O, wie gar eyn boszhafftige, lugenhafftige verdampt teuffelische lere ist das, so die lutherischen lernen"1, daz eyn itzlicher leye magk und sali das evangelium deuthen, wie er will, unnd glouben, halten, thun unnd lassen, was er will, unnd keyn concilium, keyn babst, keynen bewerthen heyligen christlichen lerer, keyne ordenunge der heiligen christlichen kyrehen ansehenn. Gebenn fuer, das die evangelia szo klar seyn, das sie keyner glosa adder auslegunge bedurffenn, szo sie doch offte die aller heymlichste vorborgenheit yn sich halten, domit sich dye aller gelertzte unnd heiligiste lerer gros bekommen unnd beflissen haben, das sie disselbigen warhafftiglich unnd eyntrechtigklich, one tzwitracht unnd nachteyll des glaubens haben mögen gedeuthenn unnd auslegenn, welchs sie allein durch den heiligen geyst, durch den lerer der warheit und eyntrechtikeit, volendet haben. O, was wollen die ketzerischen teuffelischen menschen durch solchs furgeben verschaffen, dann alleyn allerley zwitracht und so viel irthum, ketzerey und ungloben stifften unnd auffrichten, als manchfeldig hewpt und synn auff erden ist. Α Der funff und sechtzigister artickel ist von der entlichen beschlissunge widder die pickardischen unnd lutterischen evangelisten. Sonder das man entlich und grundtlich magk erkennen den verblenten irthum und boszheit derselbigen ketzer, die mit den vier geschriben evangelion, böslich gedeu-

m) lehren

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tet, widder die heylige apostolische christliche kyrche fechten, und wollen dieselbige do mit gantz verstoren und vertilgen, so will ich kurtzlich recapiteliren die vorige vorklerungen und mit derselbige die pickardischen und lutterischen evangelisten befragen. Β Zum ersten, syntemal die meynunge Christi nicht gewest ist, seynen jungern alles muntlich zu sagen ader zu vertzelen, wie sie das nawe testament ordiniren und dy christliche kirche auffrichten solten, sonder durch die sendunge des heiligen geists sie zu underweysen verheischen, Joannis ΧΠΠ [16-18], XV [26] und XVI [7-15], und ouch die meynunge oder vorsatz der vier evangelisten nye gewest ist, das sie wolten ader vermochten alles zu beschreyben, was Christus gesagt ader geubet hat, Joannis XX [30] und XXI [25], und noch vil weniger sich understanden, die ordenunge der christlichen zucht und geistligkeyt zu beschreiben. Warumb wollen dann die pickardischen und lutherischen evangelisten sich alleyn auff die vier geschriben evangelion gründen und keyne ordenunge der heiligen aposteln und der heiligen apostolischer christlichen kirche annemen, so doch die christliche kirche, das ist die waren christglobigen menschen, als ouch S. Paulus ad Ephe. Π [20] betzeugt, sein nehest nach Christum vornemlich gebawet auff den grund, das ist auff die predigunge und ordenunge der aposteln, und nicht auff die schlifft der vier evangelisten, dann alleyn so vil, als sie die ordenunge der aposteln und der apostolischen kyrche tzur weyter bekrefftunge etlicher artickeln des gloubens angenommen und bestetiget hat. C Czum andern, syntmal die widderspennigen, zwytrechtigen nation, als seyn die wickleffische, hussische, muscowitische, pickardische und itzt die lutrische secte 43 , annhemen und glouben den vier geschriben evangelion, die doch alleyn durch die ordenunge, annhemunge unnd bestetunge der apostolischen christlichen kirche krafft und globwirdigkeit haben, das sie yn denn christlichen kyrchen sollen gelesen, gesungen, geprediget und eyntrechtiglichen verklert, gedeutet und ausgelegt werden zu bekrefftunge des globens und der heiigen apostolischen christlichen kirche, so frag ich darauff, mit welcher billigkeit" kunnen dann die selbigen secte also gedeuthen die vier evangelion, das sie ouch do durch gedencken und wollen zustoren und umbkeren die rechtschaffene gemeyne apostolische heilige christliche kirch, welche dieselbigen vier evangelion hat erstlich und eygentlich wol gepruffet und aus gotlichem befeel ordentlich angenommen, becrefftiget und gloubwirdickeit gemacht, szo doch nyemand kan noch sali dem andern seyne schrifft und meynunge anders deuthen, dann wie er sie seibist verstanden und gemeynet hat, der sie vor sich tzu deuthen hat. Szo dann die ordenunge und die summa des nawen testaments, das ist des gantzen christlichen gloubens und aller christlicher zucht und geistligkeit, ouch die heilige schrifft des alten und nawen testaments zu ordiniren und tzu becrefftigen den heyligen aposteln und iren stadheldern fuernemlich befolen ist, desgleichen die vier evangelia, so aus tzufall ader aus geschicklikeit 0

n) mit welchem Recht

o) Schickung, Fügung

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Luce X [16]

Math. X [15] I. Reg. XV [1. Sam. 15, 22] Ecclesiastes ΠΠ [Pred. 4, 17]

Sylvius: Erklärung der evangelischen Kirche

Gotes wydder etzliche erwachssenep ketzerey geschriben, die macht gehabt haben anzunemen, tzu becrefftigen, gloubwirdigk zu machen, zu deuthen, zu vorkleren, zu ordiniren, wie sie yn der Christenheit solten geprediget und gehandelt werden, wie es oben unnd yhm tractat de Sancta Catholica et Apostolica Ecclesia44 volkomlich erklert ist, so gibt daz die vornunfft, das sie keyne andere nation noch kein mensch anders sali deuthen noch auslegen, dann wie sie diejhenigen, so sie zum ersten angenommen und becrefftiget, gedeutet und vorstanden haben, und wie sie die bewerte heyligen christlichen lerer und die gantze apostolische christliche kirche stets unverrucklich und eyntrechtiklich verstanden, gedutet und vorklert haben. D Aus welchem allem ist zu erkennen, das die ordenunge, erkentnus und beschlusz der heyligen aposteln und irer stadheldern yn den concilien ist der aller grasten authoritet und gloubwirdickeit yn der Christenheit, dovon nicht alleyn die schrifft der heyligen lerer, sonder ouch die vier geschriben evangelia und die gantze heylige schrifft des alten und nawen testaments und alle christliche tzucht unnd ordnunge des nawen testaments die krafft und gloubwirdigkeit entpfehetq, anr welche ordnunge kundte mit nichte der christlicher gloube noch die heyligen evangelia noch irgent christliche tzucht, lere oder geystlikeyt yn seyner wirde und eynigkeit erhalten werden, wie man es dens yhn allen abgesunderten secten vor äugen sihet. Derhalben ist clar, das eyn itzlicher mensche bey bewarunge seyner seele ist vorpflicht, alle Ordnung der aposteln und der apostolischer christlicher kirchen gehorsamlich zu halten, nicht weniger, als were sie durch den mundt Christi gesetzt, geordent und geboten, nach dem als ouch Christus selbst betzeuget, sprechend: Wer euch hört, der hört mich, und wer euch vorachtet, der vorachtet mich etc., Luce X [16], und, als die heylige schrifft betzeuget, der wirt den ungloubigen heyden, zauberer und abtgotterer von wegen seynes Ungehorsams vorgleicht, I. Reg. XV [1. Sam. 15, 23], und als Christus saget, wirt schwerer gerichte tragen denn Zodoma, Math. X [15] und Luce X [12], denn zugleych als der ungehorsam ist ein ursach aller zwitracht und vertumlikeit', also ist der gehorsam ein ursach aller eynigkeyt, vordinstlikeit und selikeit und Got beheglicher den alles opffer, I. Reg. XV [1. Sam. 15, 22] und Ecclesiastes ΠΠ [Pred. 4, 17], als ouch alle heiligen christliche lerer betzeugen. Ε Aus welchem ist ouch zu erkennen die unvorschampten calumnien, das ist falsche zusagunge, ja bosszhafftige teuffelische lugen der jhenigen, szo die ware christliche kirche beschuldigen, sprechende, das sy das heylig evangelium hette unther die banck gesteckt45, vorschwygen, nicht recht geprediget, noch recht vorstanden, welche beschuldigung ist nicht anders, denn als der bose geyst beschuldiget den heyligen geyst, sprechende, das er keyne warheyt noch guttikeit libte, sonder nur eyttel falscheyt und boszheyt ubete, also ist ouch dyse beschuldigung, und wenn ouch die christliche kirche keine andere auslegung bey den vier evanhelion hette gepredi-

p) aufgekommene, entstandene t) Verdammens-, Strafwürdigkeit

q) empfangt, erhält

r) ohne

s) denn

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get, dann alleyn die gemeynen postiln ader auslegunge Guillerini 46 , so Sölten doch die lutherischen evangelisten sich geschemet haben, die christliche kirchen von irgent falscher auslegunge ader vorschweygunge zu beschuldigen, so sie darynne kein falscheit haben uberweyset", werdens ouch warhafftigk nye können uberweysen. So ist es ouch öffentlich, das man den alten warhafftigen text der vier evangelion zu verordenter zeit yn der gantzen Christenheit stets hat gelesen, gesungen, geprediget und verkündiget, unnd v bewertem und warhafftigern text, dann die lutherischen yren gefelschten text mit irer schmelicher und lesterlicher glosz pflegen zu predigen, wie man es öffentlich höret und ouch der wirdiger hochgelerter herr Hieronymus Emszer, licenciat, yre felschung bey den ΧΠΤΓ hundert orthern clerlich uberweyset hat 47 . F Mit solcher unverschampten calumnien w beschuldigen die lutherischen stets die alten christlichen priesterschafft sampt mit allen heiligen bebsten und bischoffen und dye alte bewerte Christenheit, das ist die gantze apostolische christliche kirche, so sie dieselbige nennen und heyssen die abtrünnigen, meyneydigen, trewlosen, gotlosen, halsstorrigen, ketzerischen, antichristischen vorleuffer, die antichristen, vorfurer, vorleyther, seelmorder und das anthichristich reych etc. So doch dis alles yn yhn selbst eygentlich und, szo man es erkennen will, gantz öffentlich wirt erfunden, und dis keyns der alten und stetzs unvorruckten christenheyt, so sie von anfangk bis auff den heuttigen tagk den waren eynigen apostolischen christlichen glouben unnd lehr stets eyntrechticklich und unvorrucklich hat behalten, mit keyner vornunfft noch beweysung kan tzugemesszen werdenn, wie es yn andern tractat gnuglich und mechtiglich wirth erclert und bewerth. Sonder ehe dann ich das buchlin beschliesse, wil ich noch handeln und entdecken etzliche pickhardische und lutherische thorheyt, so sie sprechen, daz man dem worth Gottis nichts sali tzu noch absettzen, nichts predigen noch ordiniren, denn alleyn die wort der vier evangelien, ein iztlicher nach seynem synn deuthen und handeln, darauff füren sie die schrifft Deutero. Deutero. ΠΠ [2] [5. Mose] ΠΠ [2] und ΧΠ [13, 1], so Moses spricht: Ir solt nichts zu noch und ΧΠ [13, 1] absettzen zu dem wort, das ich euch sag. 48 Auserwelten in Christo, merckt alhie dy grosse grobbigkeit und blindheyt aller widerspennigen menschen, das sie gemeynigklich stets die schrifft wydder sich selbst warhafftigk furen, die sie fuertragen wydder die heylige christliche kirche feischlich zu deuthen. Denn zu gleicher weys als Moses von Gotes wegen vorbeuth dem judischen volck nichts zu noch abtzusettzen tzu den wortthen, die er selbst als ein Sberster prelat durch das gantz buch Deutero[nomium] zu dem judischen volck geredt und waz sie thun und lassen soln geordenth hat, also wirt ouch vorbotten dem gemeynen christlichen volck und den understen regirern, geystlichen und weltlichen, etwas tzu ader abtzusettzen wyder die wort oder ordenung Gottis unnd der oberster regirer, sonder dieselbige wort und ordenung gehorsamlich zu halten, welchs ist widder alle ungehorsamen unnd widderspennigen und kettzerische menschen, die yhn x selbst

u) nachgewiesen

v) und zwar

w) falschen Behauptung

x) sich

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Proverb. X X X [6] Π. Reg. VI [2. Sam. 6, 5] Π. Para. V [2. Chron. 5, 12f.] [Vg.:] Psal. L X X [14]

[Vg.:] Psal.

c x v m [130]

[Vg.:] Psal. XLIX [5] Matth. Χ [5 ff.] et ultimo [28, 19f.] Joan. ΧΙΠ, ΧΠΠ [16f.], XV [26], X V n [wohl 16, 7-15]

Sylvius: Erklärung der evangelischen Kirche

ein ordenung machen widder die ordenung der oberster regirer der gemeynen apostolischer christlicher kirchen. G Unnd ich setz es y , das Goth dise worth heth selbst geredt, so were es doch nicht seyn meynung, wie die lutherischen deuthen, sunst were Moses selbst widder das gesetz Gottis, so er das gantz buch Deutero[nomium] nach seynem eygen gutduncken zu den vorigen vier bücher des gotlichen gesettzes zugesetzt hat. So wer ouch Salomon wyder daz wort Gottis und widder sich selbst, so er die drey sein bucher, genant Proverbia [Spr.], Ecclesiasten [Pred.] und Cantica [Hohelied], tzu dem wort Gottes hat zugesetzt und doch selbst gesagt, daz man dem wort Gottes nicht etwas sali zusetzen, Proverb. X X X [6]. So het ouch David und Salomon strefflich und vertumlich gemehrt dye gotlichen dinste und lobpreysung mit manchfaltigen singen, jubilirn, psallirn z und allerley seytenspil, davon Π. Regum VI [2. Sam. 6, 5] unnd Π. Paralip. V [2. Chron. 5, 12f.] etc. Noch dem als er ouch von yhm selbest schreybet: Adijciam super omnem laudem tuam, [Vg.:] Psal L X X [14]. So wem ouch alle bücher der propheten uberflussigk und widder das wort Gottis, szo dartzu gesetzt sein et cetera. Was und wie man aber sal dem wort Gotes unnd der gantzen heyligen schrifft tzusettzen und nicht zusettzen, ist anderswo vorclert, als nemlich, man sal nicht tzusettzen, was wyder die gotliche ehr, warheit und gerechtickeyt strebt, als die ketzer stets pflegen. Die ursach antzeygeth Salomon, wie oben, sprechende: Uff das du nicht wurdest strefflich und lugenhafftigk erfunden [Spr. 30, 6]. Sonder was zu vorklerunge der heyligen schrifft, zu merunge gotlicher dinsten, ehre, lobpreysung, warheit und gerechtickeit und zu menschlicher andacht und seligkeyt gelanget, das sal man stets zusettzen und mehren. Als David von sich schreybet wie oben [Vg.:] Psal. L X X [14]: Adijciam etc. und [Vg.:] Psal. C X V f f l [130]: Declaratio sermonum tuorum illuminat etc. Η Noch vil weniger ist verbotten den heyligen aposteln und yren stadheldern, über" die vier geschriben evangelien zu ordiniren und zu mehren die gotlichen dinste und ampte und alle christliche zucht und geystlikeit des nawen testaments, sintmal yhn dasselbig alles sonderlich befolen ist, wie oben offte schrifftlich ist vorkler. Aus welchem alles ist klerlich zu erkennen, wie ungruntlich, boszhafftigklich, plindlich und feischlich beschuldigen die lutherischen geiste die heylige apostolische christliche kirche, gleychsam b sie dardurch die heyligen evangelia vorwust und vorstort, das sie die gotliche dinste und ampte mith singen, orgeln und psalliren etc. und andere christliche zucht und selige ubung zu gotlicher ehr und lobpreysung und zu menschlicher andacht und Seligkeit durch gotlichen befelh und eyngebung des heyligen geysts geordinirt und gemehrt hat, so doch das heylig evangelium dodurch nicht vorwust und vurstoret, sonder mehr erhalten, becrefftiget und volkommen gemacht wirt. J Derhalben frag ich hie die lutherischen geyste, dieweil noch yrer meynung bey dem wort der vier evangelien sali nichts zugelegt werden noch y) ich unterstelle

z) lobsingen

a) über . . . hinaus

b) als habe

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keyne ordenung der gotlichen dinste und christlicher zucht von den aposteln unnd iren stadheldern solt gescheen. Warumb machen sie denn ein ordenunge über die andern unnd wydereynander, ein itzlicher nach seynem mutwillen, zu hon und spot der alten apostolischen Ordnung, zu vernichtung aller gotlicher dinsten, ampten und lobpreysunge. Intzund vornichtet er die messz, schir0 helt er sie widder, intzund dewtzsch, schir aber anders, ytzund yhn messzgewandt, schir yhn weltüch kleyd, ytzund des morgens, schir des nachts, der eyn macht sie kurtz, der ander noch kurtzer, und yhn aller yrer ubung vorandern sie ire ordenung von tag zu tag zu schmacheyt der alten bewerten christlicher Ordnung. Wer hat yhn solche ordenung wyder die heylige apostolische christliche kirche und wyder Christum und wyder den heyligen geyst, der die christliche kirche regirt und underweyset, befolen, ytzt yhn den letzten getzeytten zu ordiniren. Sagen mir, warumb machen sie und settzen zum wort Gottes eyn buch über das andern, darynnen begriffen werden untzeliche nawe frembde lehr, die den heiligen evangelion so gantz entgegen seyn, das ouch offte durch ire einlitzige d lehr werden yhn grund vornichtet, vorwustet und vortilget die vier evangelia und die gantze heylige schlifft und alle gotliche und christliche warheyt und gerechtigkeit und werden vorhindert und vorstoret alle dye stege und wegen zur ewigen Seligkeit, wie ichs ym nachfolgen [den] tractat von der lutherischen kirchen 49 (ab Got wil) gnugsam wil uberweysen und an tagk geben. O, lutherischer geyst, wye gar ein irriger unnd boszhafftiger geyst bist du, so du alle die christliche tzucht, lehr, warheit und gerechtikeit verwirrest, vorwilckelst und vornichtest und alle menschliche art und guttikeyt, friden und eynigkeit, andacht und Seligkeit ym christlichem volck vorhynderst und vorwustest, des gleichen keyn geyst von anfangk bis yhn dyse letzte zeyt so böslich und gifftigklich nye geubet noch vormocht hat, wie ichs dann yn vil andern tractat durch vorkundigung vil heyliger menschen, so uns vor solcher gifft der letzten getzeyten gewarnt, gnugsam hab verklerth und uberweyset. Κ Sonder, auserwelten yn Christo, mercket alhie dyszen beschlus, so werdet yhr allen irthum können prüfen unnd wegern, das wiewol die heyligen vier evangelia sehr nutzlich seyn allen waren christglobigen menschen zu beweysung und becrefftigung des heyligen christlichen gloubens und zu underweysung und besserung des christlichen lebens, wenn sie also vorstanden und gedeutet werden, wie sie die heyligen aposteln und die bewerten heyligen christliche lerer sampt mit der apostolischer christlicher kirchen, so sie angenommen und bestetiget, vorstanden und vorklert haben, yedoch szo kan die warhafftige christliche kyrche mit yrer zucht und geistlikeyt nicht gentzlich gegründet werden uff die vier evangelion, sunst muste sie ouch halten alle judische zucht und geistlikeit, so Christus mit den Juden, wie die evangelien betzeugen, gehalten hat. Derhalben, sintmal die ordenung christlicher zucht und geistligkeit ist nicht daryn ordinirt noch die meynunge der evangelisten gewest, dis tzu ordinirn, sonder solche ordi-

c) bald, dann

d) wohl: einseitige, eigensinnige (DWB kein Nachweis)

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nation den heiligen aposteln und iren nachkommenden stadtvorweser bevolen, wie offte vorklerth, so kan sie ouch nicht genant werden die evangelische kirche, als wenigk sie genant wirt epistolische® ader apocaliptischef, vil weniger können sich die ungehorsamen, abgesunderten secten evangelisch nennen und vor die ware gemeyne apostolische christliche kirche geacht werden, do eyn itzlicher nach seyner synnlickeit die evangelia boszlich und unchristlich deutet und nicht wie sie die aposteln und die apostolische kirche vorstanden hat, sunst mochten alle die dreyhundert ketzerey, so von anfang des christlichen gloubens bis anher getzalt seyn, ouch die Tu[r]cken, Tattern und Saracener, samptlich fuer ein evangelische kirche geachtet werden, so sich dieselbigen alle sampt yhn etlicher massen uff die evangelien zugleych als uffs alt testament gründen. Syntemal sie aber wyder eynander tzwytrechtig unnd yhm christlichen glouben, tzucht, lehr und geystlickeyt irrigk befunden seyn, so können sie nicht vor die christliche kirche erkant werden, als antzeyget S. Paulus ad Ephe. ΠΠ [3—6]. L Derhalben wirt sie nechst nach Christum gegründet ob 8 die eintrechtige ordenunge der heylige aposteln, do von sie Apostolica genant wirt, welchen solche ordenung, wie offte vorklert, befolen ist. Denn warumb so ouch keyn evangelium noch kein buch des nawen testaments wer beschrieben, so hetten doch die aposteln und nachvolgentlich ire stathelder volkommen macht, das nawe testament allenthalben zu ordin[i]ren und zu beschicken ouch vil crefftiger unnd volkomlicher denn die vier evangelisten gehabt ader yn yhren evangelien beschrieben haben, als ym tractat de Sancta Catholica et Apostolica Ecclesia50 gnuglich vorklert und dis alles in conciliis apostolicis, orstlich Act. XV 51 und nochmals in Concilio Niceno 52 und yn andern concilion, geordent geschehen ist. Damit wil ich disen tractat Gote zu lobe und der Christenheit zu trewlicher underweysung beschlossen haben, zu wegernh alle zwytracht und den allergrosten irthum der pickardischer und lutherischer sect, die sich alleyn uff das blosz evangelium wollen gründen, nichts mehr thun, glouben noch halten, dann was sie darynn finden, und dieselbigen, ein itzlicher nach seyner synnlichkeit, wil deuthen, daraus solche grausam tzwytracht und irthum nothafftigk mus entspringen, und ouch zu erkennen die krafft und gloubwirdigkeit der h. christlichen kirchen und zu bleyben yhn der eynigkeit des gloubens und aller christlicher tzucht, lehre und ordenunge derselbigen heiligen und stets unverruckten apostolischer christlicher kirchen, und yhn yrem gehorsam bewarn seyn sele zum ewigen leben. Amen. So aber ymand, daran nicht gesettiget, etwas mangels het, der magk ym tractat de S. Catholica et Apostolica Ecclesia53 volkomlicher underricht werden. Sonder au ff das alle gutwillige gotforchtige menschen, so gotliche ehr, christliche warheit und yrer seien Seligkeit behertzigen, mochten weyther trost und bestendigkeit entpfahen, wil ich alhie kurtzlich eüiche tractat mit iren ynhalt antzeygen.

e) Ableitung von: Episteln ben, beseitigen

f) Ableitung von: Apokalypse

g) auf

h) behe-

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Der erste nach dem Symbolo Apostolico ist de Santa Catholica et Apostolica Ecclesia, do von alhie yhm anfangk berurt ist.54 Der ander ist der dasyge1 de Evangelica Ecclesia. Der dritte, nechst nachvolgenden, ist de Ecclesia Lutheriana55, do von ouch alhie articulo LXV bey dem buchstaben J berurt ist. Der Vierde ist de fide et religione Ecclesie Lutheriane56, dorynne ist tzeytlich1 erkant unnd verkündigt worden Anno domini etc. M.D.XXI, das aus seynem gloube und lehr, die er ym anfang fuergenommen hat, wurd entstehen die allergroste tzwytracht, irthum, boszheyt, vorstorunge der gotlichen dinste, uffrur und ungehorsam und emporung wydder geistliche und weltliche oberkeyt, rauberey, morderey, blutvergissung und alle teuffelische ubung, wie man es itzt vor äugen sihet57 unnd noch grosser vorhanden ist, so es durch gotliche guttigkeit und menschliche Vorsichtigkeit nicht wirt entwandk. Der funffte ist de communione, excommunicatione unnd peccatorum remissione58, verclert den bösen behmischen und lutherischen grundt, daraus sie den leyen yn tzweyerley gestalt den leychnam1 Christi reichen etc. Der sechste ist von den zweyen ersten lutherischen evangelion. Der siebend ist von den andern tzweyen lutherischen evangelion, das ist von den irrigen artickel der vier ketherischen secten, nemlich des Wickleffs, Joannes Hussz, der weyssen Reussen59 und der pickarharden, aus welchen allen irrigen artickel der selbigen vier secten, keynen ausgeschlossen, wiewol sie ouch wyder eynander seyn, hat Luther seyn vier evangelia und sein evangelische lehr zusammen gegossen.60 Die ander tractat wil ich der kürtz halben itzt ungemeldet lassen, woll Got, das doch dise tractat mit frommer leuthen hulffe zu licht qweme, so hoffet ich gantz und vortrawet es Gote, das, wer sie wurde lesen (so er änderst"1 aller seyner naturlicher vornunfft und menschlicher art durch die irrigen geysten noch nicht gantz unnd gar beraubt ist), der wurde sich vor der lutherischen lehr hyr nachmals vil mher schewen und dieselbigen hasszen, denn er sie vormals gelibt hette, und wurden wyderkeren yn die schos und gehorsam seyner geystlichen mutter, der heyligen apostolischer christlicher kirchen, welcher Christus die untherweysunge des heyligen geysts yn aller warheit und gerechtikeit an underlasz vorheyschen hat, und also an tzweyffel wurde er aus dem glyde des bösen geysts eyn glyd Christi und der heiligen christlichen kirche und ein kind der ewigen Seligkeit, zu welcher helff uns Got und fuerbet aller seyner liben heyligen. Amen.61

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Eyn vorklerüg der II Euangelischen kyrchen/ tzu erkennen den II grünt aller Christlicher warheit/ Dorynne II wirt vorstoret der bose grundt/ der Pi-

i) vorliegende haupt

j) frühzeitig

k) beigelegt, beendigt

1) Leib

m) über-

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ckarlldischen/ vnd aller zwitrechtige yrrigen vnd II ketzerischen Secten vnd vnglobige Nation II Eym itzlichen menschen zu bewarunge sey=llner seele gantz nutzlich vnd nothafftigk tzu II erkennen. II De Ecclesia Euangelica Tractatus II articulorum in ordine II quindecimus. [Dresden: Emserpresse] 1525. 4° 16 Bl. Sign.: A—D4. — VD 16 Ρ 1302. Seidemann, Schriften, 5. - SB PK Berlin: Cu 6418 R. Zur Entstehung: Die Lebensdaten des Petrus Sylvius (eigentlich Peter Penick) aus Forst bei Guben in der Niederlausitz sind unsicher. Er wird wohl vor 1475 geboren worden sein (1526 spricht er von seiner Jugend vor 40 Jahren), und 1537 verlieren sich mit der Einführung der Reformation in Rochlitz, wo er seit 1528 als altgläubiger Prediger wirkte, seine Spuren. 1491 war er an der Universität Leipzig immatrikuliert worden, 1501 wurde er Baccalaureus, 1508 Magister. Unmittelbar danach trat er dem Dominikanerorden bei, konnte aber aus Gesundheitsgründen der harten Ordensregel nicht genügen. 1513 begab er sich nach Rom und erlangte schließlich 1514 die Entbindung von der strengen Observanz. Er wirkte danach als Prediger bzw. Pfarrer, 1524 in Kronschwitz bei Weida, danach kurze Zeit in Weida selbst, von dort durch lutherische Bürger vertrieben in Lohma bei Schmölln, wo er 1525 ebenfalls — nach eigenen Angaben von „schwarzen lutherischen" Bauern — vertrieben wurde. Bis 1528 hielt er sich wohl ohne Amt und in großer Armut zunächst in Dresden, dann in Leipzig auf, bis er schließlich durch Vermittlung Herzog Georgs als Prediger nach Rochlitz ging; noch 1534 erscheint er in archivalischen Quellen als Kaplan zu Rochlitz. Nach eigenen Bekundungen begann er bereits vor der Leipziger Disputation von 1519 gegen Luther zu schreiben und hatte bis 1525 insgesamt 25 durchnumerierte und mit zahlreichen Querverweisen versehene Schriften fertiggestellt (vgl. unten S. 153—158), war aber wegen eigener Armut und Zurückhaltung der Drucker nicht in der Lage, auch nur eine dieser Schriften zu veröffentlichen. Hieronymus Emser (vgl. Laube/Weiß 1, Nr. 8, 9, 12, 19, 22) wird es gewesen sein, der ihm schließlich den Zugang zum Druck eröffnete, allerdings zunächst auf Sylvius' eigene Kosten (vgl. unten S. 814); jedenfalls sind die ersten drei Schriften 1525 in der Emserpresse in Dresden erschienen (vgl. Anm. 1 und unten S. 164). Die vorliegende, als einzige ohne genaues Druckdatum, ist — wie der Text eindeutig ausweist und entgegen der bei Seidemann, Paulus und Smolinsky angegebenen Reihenfolge — die zweite, muß also zwischen dem 16. Mai und dem 11. August (dem Druckdatum der Missive; vgl. unten S. 158 mit Anm. 71) 1525 erschienen sein. Die Entstehungszeit ist allerdings erheblich früher anzusetzen, da es sich um den 15. von 25 Traktaten handelt (vgl. Anm. 2; 1526 gibt er an, er habe die ersten 12 Traktate vor fünf und sechs Jahren geschrieben). Doch deutet die Aufzählung einiger seiner Schriften am Schluß sowie eine Anspielung auf den Bauernkrieg auf aktuelle Eingriffe hin. Literatur: Seidemann, Sylvius; Paulus, Dominikaner, S. 58; Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 351f.

B) Sacherläuterungen 1 Gemeint ist Sylvius' Traktat „Eyne verklerunge II des eynigen waren Apostolischen Christlillchen gloubens vnd lere . . . " , gedruckt am 16. Mai 1525 [Dresden: Emserpresse], VD 16 Ρ 1303; Köhler 4366; Seidemann, Schriften, 2; zum Inhalt vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 347f. Es war die erste antilutherische Schrift des Sylvius, die im Druck erschien, allerdings noch weitgehend unpolemisch und darauf bedacht, die zwölf Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses im Sinne der römischen Kirche auszulegen.

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2 Gemeint ist die Reihenfolge seiner Traktate (vgl. unten S. 155), wonach der Glaubenstraktat der 13., der hier genannte der 14. (er erschien in deutscher Sprache unter dem Titel „Eyn sunderlich nutzlllicher Tractat vö der eynigen warhafftigen: gemeyne Apollstolischer heyligen Christlichen Kirche . . . " am 12. September 1525 bei Nickel Schmidt in Leipzig, VD 16 Ρ 1301; Köhler 4374; Claus Schm-30; Seidemann, Schriften, 4) und der hier vorliegende der 15. ist. 3 Anspielung auf Luthers Selbstbezeichnung in seiner Schrift Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe, WA 10 Π, S. 105; vgl. dazu auch Emsers Polemik in Laube/Weiß 1, S. 456—483. Sylvius gebraucht den Begriff auch im folgenden für Anhänger Luthers. 4 Als Pickarden (wohl abgeleitet von ,3egharden", einer Bezeichnung für verschiedenartige häretische Gruppen) wurde eine radikale Sekte innerhalb des taboritischen (linken) Rügeis der hussitischen Bewegung in Böhmen bezeichnet. Die Mitte des 15. Jh. in Böhmen entstandenen „Articuli de Picardis" beruhen auf waldensischen Glaubensartikeln. 5 Gemeint ist Sylvius' 16. Traktat (vgl. unten S. 156) von der lutherischen Kirche „Schutz des heilige II Euangelions vnd des ewigen worts Gottis II . . . II genant II Marti: Lutheri. ecclesia. . . . " , gedruckt bei Nickel Schmidt in Leipzig am 11. Mai 1526 (Claus Schm-40; Köhler 4373; Seidemann, Schriften, 8). 6 Sylvius' Traktate sind in Artikel gegliedert und durchgezählt. Der zuerst gedruckte 13. Traktat über den Glauben enthält die Artikel 51—54, der als folgender — nach dem vorliegenden — angekündigte 14. (vgl. Anm. 2) die Artikel 55-58. 7 Die alten Kirchenlehrer, insbesondere Ambrosius (339—397), Hieronymus (um 347-419/420), Augustin (354-430) und Gregor I. (um 540-604). 8 Neumond (vgl. Vg.: 2. Par. 2, 4 u.ö.). 9 Das Laubhüttenfest (vgl. Vg.: 1. Macc. 10, 21; Joh. 7, 2). 10 Das Tempelweihfest (vgl. Joh. 10, 22). 11 Gemeint ist hier Sylvius' Glaubenstraktat (vgl. Anm. 1). 12 Gemeint ist der (14.) Traktat von der heiligen apostolischen Kirche (vgl. Anm. 2). 13 Gemeint ist das sog. Apostolische Glaubensbekenntnis, das die Ende des 4. Jh. aufgekommene Legende auf die 12 Apostel zurückführte, das aber erst in einem stufenweisen Prozeß entstanden ist (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nm. 75 f., 125 f., 150; J.N.D.Kelly, Altchristliches Glaubensbekenntnis, Geschichte und Theologie, Göttingen 1972). 14 Vgl. Anm. 2. 15 Vgl. Anm. 13. Die im folgenden genannten Zeugen sind Papst Leo I. (440—461), Ambrosius (vgl. Anm. 7) und der legendäre Bischof Clemens (927-101?), angeblich dritter Nachfolger Petri in Rom. 16 Vgl. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 4 1 - 4 4 . 17 Zu diesem angeblichen Widerspruch vgl. Luthers Großen Wuchersermon, Laube/ Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1174; WA 6, S. 37. 18 Der Laienkelch als Zeichen der Darreichung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt wurde zum Symbol der hussitischen Bewegung im 15. Jh. Vom Konstanzer Konzil 1415, das die Kommunion allein unter der Gestalt des Brotes dogmatisch festgeschrieben hatte, wurde er als häretisch verdammt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1198-1200; dazu auch Luthers Babylonica, WA 6, S. 506f.). 19 Vgl. seine Schrift „Ein warhaftige grüt=llliche vnterrichtüg in wilcher gestalt II die leyen de leichnä Christi können II vn solle vor got nutzlich vn seliglich II entfahe... " Leipzig: Valentin Schumann 30. November 1526 (VD 16 Ρ 1311; Köhler 4380; Claus Schu-234; Seidemann, Schriften, 10). Zum Inhalt vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 352-354.

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20 Wohl gemeint die Glossa ordinaria; Nürnberger Ausgaben von 1493 und 1496, Baseler von 1498, 1502 und 1506. 21 Gemeint ist nicht das Vorwort des Hieronymus zu den Evangelien (Vulgata), sondern das zu seinem Kommentar des Matthäusevangeliums (vgl. Migne PL 26, Sp. 18). Der tatsächliche Vf. des wahrscheinlich zwischen 80 und 90 n. Chr. entstandenen Matthäusevangeliums ist unbekannt; er hat das ältere Markusevangelium als Quelle benutzt. 22 Vgl. Migne PL 26, Sp. 18. Markus war nach altkirchlicher — in der Forschung umstrittener — Überlieferung identisch mit dem Apg. 12, 12 erwähnten Johannes Markus und Dolmetscher des Petrus. Das Evangelium entstand wahrscheinlich vor 70 n. Chr. und ist das älteste der vier Evangelien. Die oben zitierte Stelle aus Mark. 16 ist ein späterer Zusatz aus dem 2. Jh. 23 Vgl. Migne PL 26, Sp. 18. Lukas, ein aus Antiochien stammender Arzt und Begleiter des Paulus (vgl. Kol. 4, 14), gilt nach der Überlieferung als Vf. des wohl zwischen 80 und 90 n. Chr. entstandenen Lukasevangeliums. 24 Anhänger des Kerinth, des ersten christlichen Gnostikers, der u.a. in Christus den vom Heiligen Geist erleuchteten Menschen Jesus sah. In der altkirchlichen Überlieferung gilt Kerinth als Hauptgegner des Paulus und Verursacher des Johannesevangeliums und der Johannesbriefe. 25 Ebioniter; Judenchristen vom Ende des 2. Jh. bis ca. 4./5. Jh., die sich am Alten Testament orientierten und Teile des Neuen Testaments verwarfen; betonten die Menschheit Christi. 26 Vgl. Migne PL 26, Sp. 18 f. Das Johannesevangelium als jüngstes der vier Evangelien wird nach der Überlieferung dem Sohn des Zebedäus (Matth. 4,21; 10,2; Mark. 1, 19 u.ö.) zugeschrieben. Die Verfasserschaft ist ungeklärt. Die Auseinandersetzung mit den Häresien steht im Mittelpunkt der Johannesbriefe, weniger des Evangeliums. 27 Gnostiker in Alexandrien zur Zeit Kaiser Hadrians (117—138 n. Chr.). 28 Gemeint sind die neutestamentlichen Apokryphen, d.h. nicht in den Kanon aufgenommene biblische Schriften. Ausgaben: E. Hennecke/W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, 4. Aufl., Tübingen 1971; W. Michaelis, Die Apokryphen Schriften zum Neuen Testament (Sammlung Dietrich), Bremen 1958; E. Weidinger, Die Apokryphen. Verborgene Bücher der Bibel, Augsburg 1995. 29 Hier soll — lt. „Correctura" am Schluß — eingefügt werden: die vier evangelisten. 30 Vgl. Anm. 21; Migne PL 26, Sp. 17f. 31 In den gängigen Kirchengeschichten von Eusebius, Rufin, Theodoret, Socrates, Sozomenos, Cassiodor-Epiphanius an den angegebenen Stellen (vgl. auch unten Text mit Anm. 35) nicht vorhanden. Über die Ebioniter und Kerinther vgl. bei Eusebius Buch 3, Kap. 27/28. 32 Wie Anm. 30. 33 Vgl. oben S. 121 mit Anm. 28. 34 Augustin, Contra epistulam quam vocant fundamenti, in: CSEL 25, S. 197; Migne PL 42, Sp. 176. 35 Vgl. Anm. 31; über echte und unechte biblische Bücher berichtet Eusebius in Buch 3, Kap. 25. 36 Anhänger John Wiclifs (um 1325—1384); seine als häretisch verurteilten Lehren bei Denzinger-Schönmetzer Nr. 1 1 2 1 - 1 1 3 9 , 1 1 5 1 - 1 1 9 5 . 37 Anhänger des Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415); seine als häretisch verurteilten Lehren bei Denzinger-Schönmetzer Nr. 1 2 0 1 - 1 2 3 0 , 1 2 4 7 - 1 2 7 9 . 38 Gemeint ist die russische orthodoxe Kirche, deren Metropolit seit 1328 in Moskau (vorher Kiew bzw. Wladimir) saß. Sylvius benutzt synonym auch den Begriff weißrussische Kirche.

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39 Vgl. Anm. 4. 40 Gemeint sind die in seiner Missive (vgl. unten S. 156) angezeigten Traktate 19 und 20, die am 19. Juni 1528 bei Nickel Schmidt in Leipzig erschienen: „Von den vier Euange=lllion/ ßo eyn lange tzeit vntter der II banck seyn gelegen. Das ist von den irrigen Artickeln/ der II vier vnchristlichen ketzereyen. Nemlich der Pickarden/ der II Muscouitern/ des Wigkleffs/ vnd des Huss . . . " (mit breiter Zusammenstellung von deren Artikeln; VD 16 Ρ 1308; Köhler 4378: Claus Schm57; Seidemann, Schriften, 17). Die Lutherischen werden als fünfte Sekte verstanden, die die Irrlehren der Vorgänger aufgreift und steigert. 41 Avicenna (980—1037), arabischer Philosoph und Mediziner. Zahlreiche seiner philosophischen Schriften wurden seit dem 15. Jh. in lateinischen Übersetzungen verbreitet und beeinflußten die Scholastik (Aristotelesrezeption). 42 Vgl. Anm. 2. 43 Vgl. Anm. 40. 44 Vgl. Anm. 2. 45 Seit Luthers entsprechender Aussage im Vorwort zur Deutschen Theologie von 1518, WA 1, S. 379, von ihm und seinen Anhängern immer wieder gebrauchte Formulierung. 46 Wohl gemeint die Guillermi Postillae (vgl. RE 15, S. 577). 47 Vgl. Laube/Weiß 1, S. 509ff. 48 Vgl. dazu Luthers Von Menschenlehre zu meiden (1522), WA 10 Π, S. 73. Das Argument wurde von seinen Anhängern sofort aufgegriffen und verbreitet. Vgl. z.B. die anonym erschienenen Hauptartikel Lazarus Spenglers sowie die gleichfalls anonyme Schrift Wie man die evangelische Lehre pflanzen möchte, Laube/ Looß/Schneider, Bd. 1, S. 174 bzw. 191. 49 Vgl. Anm. 5. 50 Vgl. Anm. 2. 51 Gemeint ist die Apostelversammlung in Jerusalem Apg. 15, 1—29. 52 Das Konzil von Nicäa 325. 53 Vgl. Anm. 2. 54 Vgl. Anm. 1 und 2. 55 Vgl. Anm. 5. 56 Der in Sylvius' Missive (vgl. unten S. 156) genannte 17. Traktat. Er wurde am 10. September 1526 bei Nickel Schmidt in Leipzig gedruckt: „Vom glaube Lere vnd II geistlicher vbunge der Luttrischen Kyrche/ . . . " (VD 16 Ρ 1305; Köhler 4377; Claus Schm-42; Seidemann, Schriften, 9). 57 Anspielung auf den Bauernkrieg. 58 Der in Sylvius' Missive (vgl. unten S. 156) genannte 18. Traktat; vgl. Anm. 19. 59 Vgl. Anm. 38. 60 Vgl. Anm. 40. 61 Es folgen Korrekturangaben, die in unserem Text berücksichtigt sind, sowie [Vg.:] Psalm 93, 12-15.

Hieronymus Emser: Der Bock tritt frei auf diesen Plan H6rt zu, ir Tewtschen, und schawt an Das ist Luther, der fromme man1. Ewer prophet und abgot, Umb des willen ir Gots gebot, Und aller seyner heiigen ehr, Dartzu der christlich kirchen lehr, Alt, selig ordination Verachtet habt und abgethon, Seyn wort fur Gotes wort gehalten, Communicirt yn tzwey gestalten2 Und wydder ewer eyd und pflicht Ewer oberkeit gar vernicht, Allen gehorsam abgeworffen In steten, merckten und yn dorffen Zusamen gloffen3 wie die schweyn Manch schon gebewd gerissen eyn. Cl6ster, kirchen und Gotes hewser, Mönch, pfaffen, nonnen und carthewszer3 Veqagt, beraubet und geplündert Und Gotes dinst und ehr verhindert. Der heiigen bild zu stuck gehawen, Die muter Gots und tzart junckfrawen Gots lesterlich und unbescheyden Vergleycht den alten badmeyden, Die fursten, die euch widderstannen, Gescholden und genent tyrannen, Dem adel ire schlos belegert, Ire tzins, rent und dinst gewegertb Und euch wyder sie auffgeborstet0 Als die nach ungluck hat gedorstet, Manch bürg verwust yn tewtschen landen die vor dem Turcken wol wer bstanden. Das ist das evangelion, Das ir von Lutern glernet hon, Der euch hat bracht yn dyse noth Itzt ewer darzu lacht und spot, Den kopff thut tzihen aus der schlingen4, So er den harnasch höret klingen Und will das auff den teuffei legend,

a) gelaufen b) verweigert ben, die Schuld geben

c) aufgelehnt, erhoben

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d) dem Teufel zuschrei-

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Das er doch selbs hat thon erregen. Het Luther nye keyn buch geschriben, Tewtschland wer wol zu frid beliben Und nit in solich noth gesetzet. Er hat ein har auffs ander ghetzet, Wie sichs am auszkern6 itzt erfindet, Nu, so er das fewr angetzyndet, Wascht er mit Pilato die hendt [Matth. 27, 24], Den mantel nach dem wind hin wendt Und wil euch itzt dem teuffei geben All, die der herschafft widderstreben, Die er doch vorhinf selbst verschmecht8, Schergen gnent hat und henckers knecht Und den keyser ein madensack, Dartzu er selbst nit leucken*1 magk, Das er tzur auffrur euch ermant Und libe Gotes kind genant. All, die dartzu thon leyb und gut Und ire hend waschen ym blut, Stifftkirchen, cl6ster gar zurbrechen Und monch und pffaffen zu tod stechen, Das hat er öffentlich geschriben5 Und vleyssig darzu angetriben Durch ketzerische monch und pfaffen, Falsch prediger und ander äffen, Die sich nennen ecclesiasten6, Und sunst durch mancherley fantasten Als etzlich schulmeister, statschreyber, Glockner, meszner und alte weyber, Durch die er euch so lang gepfiffen Bis das ir habt tzum schwert gegriffen Und gmeint, ir thut gar wol daran, Weyl sie euch das gelernet han. Man hat euch aber das maul gschmirt Mit falscher lehr und grob verfurt, Wie ir alleyn aus dem vermerckt, Das Luther itz die herschafft sterckt Widder euch armen underthan, Heyst stechen, würgen, wer do kan7, Und spricht, ir seyt yns keysers acht, Die er doch vorhin selbst veracht8. Und will euch nu auffs ergst auszmessen1 Ewrn eid, des er selbst ouch vergessen9,

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e) beim Auskehren ten 10

Reformation 1

f) zuvor

g) geschmäht

h) leugnen

i) vorhal-

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Den er seyn obern thon und Got Und damit ouch verdint den todt, Wie er das urteyl euch gestelt Und yhnJ seyn eygen gruben feit, Darumb ich bit umb Gotes ehr, Das ein itzlich fürst oder herr Dasselbig bey ym k woll gedencken Und so ir euch sust werdet lencken1 Sich ewr erbarmen und verschonen Und den andern dester bas lohnen, Die euch gefurt in dises spil, Denen ir dann ouch all zu vil Getrawet und geglewbet habt, Zur sach geeylt und eynher plapt. Daran ir doch nit vil gewonnen, Solts billich vor han bas m besonnen Und nit so leychtlich zugeplatzt, Wer euch die hawt nit so tzurkratzt. Den spot must ir tzum schaden tragen, Ich weys euch warlich nit zu clagen, Weyl ir zuvor verwarnet seyt Durch mich und ander fromme leuth, Die ir veracht habt als die stock Und uns genennet sew und bock. Wolan, ich meyn, ir werdt schir finden, Welcher teyl euch und ewern kinden Das best giert und geraten hab, Dann dis spil gehet also nit ab. Und ist noch kom recht angefangen, Es sint noch vil, die itzo brangen Mit Luthers lehr und evangeli, Die darnach singen werden Heli [vgl. Matth. 27, 46] 10 . Got last die sach nit ungestrafft Und gibt den fursten sig und crafft, Seyn und seyner heyligen ehr, Dartzu der kirchen alte lehr Czu schützen und darumb zu kempffen Und alle ketzerey zu dempffen, Die Luther aus der gans 11 gesogen, Den Montzer12 hat seyn geist betrogen, Der ist nun hin und auffgeflogen. Sie haben beyd gut ding gelogen, Thomas, der itzgenante geister, Und Luther, aller lügen meyster,

j) in

k) sich

1) einlenken, besinnen

m) rechterdings zuvor besser

Emser: Der Bock tritt frei auf diesen Plan

Das christlich volck schentlich verfurt, Derhalb ynn gleycher lohn geburt Mit Zwingel13, Straus14 und Carolstat15 Und wer mit yn geschwermet hat, Den soll man ynen nit vorhalten0, Sonder die sach Got lassen walten Und der herrschafft trewlich beyston, Damit ein reformation Verfast und irthum werd vermitten Im glouben und yn guten sitten, Dartzu ein yeder, der beschwerdt Seyns rechten undertruckt und gferht Durch list, gunst, gab oder finantzp Der advocaten alefantzq, Durch geistlich oder weltlich gwalt Wyder zu friden werd gestalt Und sich ein yeder lasz benügen An gleych und recht on all betriegen. Was gleych ist, das thut lang weren, Czu vil ist ungsund und bricht geren. Wir hon zu weyt hynüber ghawen, Beyde, die man und ouch die frawen, Geistlich und weltlich, arm und reich, Edel, unedel all zu gleych. Keyner seyn stand gehalten recht, Got sehr ertzornet und verschmecht, Ein gutten schilling woll verschult, Uns miszgebraucht seyner gedult. Darumb will er nit lenger schlaffen, Sonder ein mit dem andern straffen, Gros und kleyn, nyemant ausgenomen, Die tzeyt ist hie, die stund ist kommen. Drumb schickt euch nun gedultig dreyn, Es kan und mag nit änderst seyn. Wir müssen all zu gleych betzalen Und trincken aus des tzorns schalen, davon Joannes hat geschriben [Offb. 14, 10; 16, Iff.], Wir han die sach zu wild getriben. An pfaffen fing es orstlich an, Die hefen bleybt dem gmeynen man. Die werden nun so lang rumoren Bis das sie alle ding umbkoren Und einander selbs ouch verderben Zu schaden yn und yren erben.

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n) ihm (Luther) 10'

o) vorenthalten

p) Betrügereien

q) Winkelzüge

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Und also wirt es gehen auff erden, So lang, bis das wir frommer werden, Und allen miszbrauch ubergeben, Got helff uns, das wir das erleben.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Der bock trith frey II auff disen plan II Hat wyder Ehren nye gethan II Wie sehr sie yn gescholden han/ II Was aber Luther fuer ein man II Vnd wilch ein spil er gfangen an II Vnd nun den mantel wenden kan II Nach dem der wind thut eynher ghan II Findstu in disem buchlin stan. II [Holzschnitt: Emserwappen.] II M.D.XXV. II [Dresden: Emserpresse] 1525. 4° 4 Bl. Sign.: A 4 . - VD 16 Ε 1102. Köhler 893. Claus, Bauernkrieg, 237. - SB München: 4° P.o.germ. 233/4. Zur Entstehung: Hieronymus Emser (zu ihm vgl. Laube/Weiß 1, Nrn. 8, 9, 12, 19 u. 22) hat frühzeitig vor aufrührerischen Konsequenzen aus Luthers Lehren gewarnt. Nun nutzt er die Niederschlagung des Bauernkrieges zu einer weiteren Abrechnung mit dem Gegner, dem er die alleinige Schuld für den Aufruhr gibt. Seinen eigenen Namen nennt er nur im Wappen des Titelholzschnitts (ausschließlich im Erstdruck), ansonsten wählt er als Selbstbezeichnung sein Wappentier, den Bock, den Luther ursprünglich 1520 als Spottnamen für Emser in die Polemik eingeführt hatte. Das Gedicht wird bald nach der Hinrichtung Thomas Müntzers (27. Mai 1525) entstanden sein, auf die im Text angespielt und die mit der Hoffnung verbunden wird, auch Luther, Zwingli, Strauß und Karlstadt mögen den gleichen Lohn erhalten. Der Erstdruck stammt aus Emsers Hauspresse in Dresden; es folgten 1525 noch zwei Nachdrucke bei Philipp Ulhart d.Ä. in Augsburg (Claus, Bauernkrieg, 238 u. 239; VD 16 Ε 1100 u. 1101; Köhler 891 u. 892) und einer bei Johann Weißenburger in Landshut (Claus, Bauernkrieg, 240; VD 16 Ε 1103). Literatur: Kawerau, Einser, S. 51-54 (mit Textauszügen); Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 306f.; Bräuer, Dichtungen, S. 315-368.

B) Sacherläuterungen 1 Das „schawt an" bezieht sich auf einen Holzschnitt auf Bl. Alb, der Luther mit Mönchstonsur und Kutte, aber auch mit Schwert und Sporen zeigt; im Nacken sitzt ihm der Teufel. Der Holzschnitt ist nur im Druck der Emserpresse, nicht in den Nachdrucken enthalten. 2 D.h. das Abendmahl (nach hussitischer Weise) in beiderlei Gestalt - Brot und Wein - gereicht. 3 Vom heiligen Bruno von Köln 1084 gestifteter Mönchsorden (Regel aus dem 12. Jh.). 4 Anspielung auf Luthers Pamphlet Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, Laube/Seiffert, S. 328-332, 559; Delius, Luther, Bd. 3, S. 140-147. 5 Eine Zusammenschau der Stellen gibt Emser, Wie Luther in seinen Büchern zum Aufruhr getrieben hat, Laube/Seiffert, S. 356-375, 603-608. 6 Anspielung auf Luthers Selbstbezeichnung, Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe, WA 10 Π, S. 105; vgl. dazu auch Emsers Gegenschrift Laube/Weiß 1, S. 456-483.

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7 Vgl. Laube/Seiffert, S. 332. 8 Anspielung auf Luthers Mißachtung des Wormser Edikts Kaiser Karls V. von 1521. 9 Gemeint sind Luthers Klostergelübde. 10 Anspielung auf eine Stelle in Luthers Treuer Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung, WA 8, S. 684; Delius, Luther, Bd. 3, S. 23. 11 Gemeint ist der als Ketzer verurteilte böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371-1415), dessen Name in deutscher Übersetzung Gans lautet. 12 Thomas Müntzer (um 1489-1525); das folgende ist eine Anspielung auf die spiritualistischen Züge seiner Theologie („geist") sowie auf seine Hinrichtung am 27. Mai 1525. 13 Der Züricher Reformator Huldrych Zwingli (1484-1531). 14 Jakob Strauß (um 1480-nach 1527); vgl. seine Rechtfertigungsschriften, Laube/ Schneider/Weiß, Bd. 1, S. 359^04, bes. S. 376f. 15 Andreas Bodenstein von Karlstadt (1486-1541), mit dem sich Einser bereits 1522 auseinandergesetzt hatte (vgl. Laube/Weiß 1, S. 305-343); seine beiden Rechtfertigungsschriften WA 18, S. 438^45, sowie Laube/Schneider/Weiß, Bd. 1, S. 87-101.

Kilian Leib: Vom Ende und der Frucht der Aufruhre und Empörungen des Pöbels und gemeinen Volks wider die Obrigkeit Dem ersamen achtbarn Jorgen Durnhoffer, burger zu Eygstet und lichter zu Rebdorff1, winsch ich, bruder Kilian Leyb, vatter daselbs, frid und heyl. Lieber richter, als sich umb die heyligen österlichen zeit, auch davor, an etlichen enden emporung und auffrur eraigten und auffprachen, und wir bede, auch andere gute freundt, mit einander (als menschlich gewonheit ist) von den selben leuffen a redeten, saget ich undter anderm, ich glaubet nit, das solche emporung glücklichen bestandt haben, oder der selben ursacher und anfenger froliche endtschafft gewartten mochten. Dann in den heyligen, auch andern schrifften gelesen wird, das sich der gleichen auffrur gewonlich ubel geendet hetten, als mit Coreh, Datan und Abirom, die sich wider den heyligen Moisen setzten unnd wider seinen bruder Aharon, den Moises aus gotlichem bevelch zu oberstem priester geordnet het, welches gemelte hochfertigen, boßhafftigen Juden widersprachen und sagten, Moises und Aharon erhüben sich selbs über das volck des herren. Umb solche gedachter Coreh, Dathan und Abirom hochfart, trutz und auffrur, hat sie die erden lebendig verschlunden, und dritthalb hundert man, so ir helffer waren, hat das wilde fewr verprent, als an dem sechtzehenden capitel des puchs Numeri oder der zal geschriben ist [vgl. 4. Mose 16]. Absalom, der sun künig Davids, erwegtb ein auffrur wider seinen aigen vater künig David, und entzog seinem vater das volck und hencket es an sich, mit dem er den vater des lands veqaget, aber unlang darnach haben die erbern ritter, so bey kunig David bliben waren, das volck, so bey Absalom was0, ernstlich mit schlagen angriffen, deren auch zwaintzig tausent erschlagen und in dem wald verdorben sein, und als Absalom in dem schlagen rennet und aus Gottes wunderlichem verhengend mit seinem har an einer aichen behangen, und das thier, auff dem er saß, undter im entloffen, kam Joab, der Davids schwester sun und feldhaubtman was, und stach drey spiess in des ungehorsamen auffrurischen Absaloms hertze unnd nam in von der aichen unnd bevalche, in in dem wald in ein grosse gruben zu werffen, da trügen sie auch ein grossen hauffen stain auff in, von dem allem an dem XV. und XVm. capiteln des andern puchs der kunig geschriben steet [2. Sam. 15; 18]. Nit lang nach diser emporung, unterfieng sich ein schalck mit namen Seba, desf vater Bochri oder, als die Juden lesen, Bichri genant was, ein auffruer zu machen wider den kunig David unnd pracht an sich des volcks ein grosse menig8. Wider den selben Seba schicket David den ernstlichen man Abisai, seiner schwester sun, mit etlichem kriegsvolck, der belegert

a) Ereignissen, Vorgängen b) erweckte fahl f) dessen g) Menge

c) war

d) Fügung

e) be-

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sambt seinem brüder Joab gemelten Seba in der stat Abelah, in der gar ein weyse frau was, die beredet den hawbtman Joab und seinen bruder Abisai, das sie des volcks verschonten, und die frau verfuget mit irem rath, das der auffrurig Seba enthaubt und sein kopff über die mawr zu den haubtleuten 5 geworffen unnd die auffrur hingelegt unnd gestillet ward, als inn dem zwaintzigsten capitel des andern puechs der künig gelesen wird [2. Sam 20, 1-22],

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Nach dem machet Adonias, ein sun kunig Davids, auch ein emporung, und bevalch auszuruffen, er were künig im land, welchs seines vaters Davids will unnd bevelch nit was. Darumb in sein bruder, kunig Salomon, nach dem er kunig von seinem vater David geordnet ward, sambt dem haubtman Joab, der dem Adonia zu der auffrur geholffen het, erwürgen ließ, wie dann in dem dritten püch der kunig an dem ersten und andern capiteln geschriben steet [1. Kön. 1-2], Solche endtschafft nemen gewönlieh die, so der emporungen anfang, haubtleut und maister sein. Davon der grausam und mechtig fürst Phalaris2 gar dapfferlich in einer epistel oder sendbrieff zu einem, Egesippus genandt, geschriben hat. Die selben epistel (als mich bedunckt) hab ich euch vor Ostern lateinisch angezaigt. Habt ir mich der selbigen auch mitler zeit gepeten, gedachte epistel euch zu gefallen in teutschs getzung zu wendten11, das sich mancherlay geschefft und unmüts halb bißher vertzogen hat. Damit ir aber sie nun verteutscht destleichter vernemen möcht, wil ich euch vor1 mit kürtz berichten, wer und was wesens Phalaris gewesen sey, den man gewonlich den agrigentischen tyrannen nennt. Tyrannus ist erstlichJ nit ein böser nam gewesen, sonder der selbig nam hat einen gewaltigen herren bedeutet.3 Aber so mit der zeit etlich herren sich ires gewalts mißpraucht haben, sein die jhenigen tyrannen genant worden, die gegen iren unterthanen, nit nach pilligkait, sunder ungütlich, grausamlich und nach aigem nutz und gevallen gehandelt haben. Darumb hat der vilwissent Aristoteles in dem funfften puch, das er von stetischem bürgerlichem wesen geschriben hat, also gesagt: Der tyrann hat kain einsehen auff gemainen nutz, dann von seines aigen nutz wegen, und des tyrannen furnemen ist zu thün, was ime selbs gefellig. Aber des künigs fumemen ist zu thun, das erlich ist. Davon kumbt, das die tyrannen an gelt, die kunig an eren reicher sein. Inn dem selbigen funfften püch sagt Aristoteles vil meer, was der tyrannen aigenschafft unnd gewonhait sey, und ratht inen, das sie gotforchtig und messig seyen, und so ire stet getailt unnd parteiisch sein, sollen sie darob haltenk, damit kainer dem andern unrecht thü, und sollen die besten und die mechtigen an sich ziehen, damit ir regiment unnd herrschafft dest lenger bestendig und wirdig bleibe.4 Bemelter Phalaris ist in einer stat, Agrigentum genant5, so in dem land Sicilia und ferr hinter Rom in dem mer gelegen, ein herr oder fürst gewesen, und hat vil feind gehabt und vil widerstants. Und so er seiner feind einen oder mer erobert und niderwarff, handlet er gar mit hertter weyß und straffen

h) in die deutsche Sprache zu übersetzen achten

i) zuvor

j) anfangs

k) darauf

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gegen inen. Das erfur ein burger in der stat Athen, der Perilaus genant unnd von ärtzt1 zu giessen ein berumbter maister was.6 Der goss einen grossen erenm ochsen, der innen hol unnd an der seitten mit einer thur beschlossen ward. Darein thet man einen, den man peinigen wolt, und machet ein fewr darundter, und so der ochs erhitzet unnd der gepeinigt schreyen wurd, gab es ein über grawsams unnd gar jemerlichs geschray. Als nun Perilaus dem fursten Phalaris den ochsen zupracht, hat sich Phalaris verwundert des maisterlichen wercks, er hat sich auch verwundert, das der maister also boßhafftig gewesen ist, also ein grewliche marter wider die menschait zu erdencken, und hat darumb den maister genöttigt, sein werck unnd maisterschafft selbs am ersten zu versuechen. Der hat in dem ochsen verprennen, verderben unnd sterben müssen. Dann wiewol Phalaris wider sein feind ein grewlicher man was, gedacht er doch, die natur eraischet", das ein mensch den andern on ursach und unverschuldet nit solt belaidigen. Diser Phalaris ist, als Eusebius schreibt, bey funffhundert jarn vor Christi unnsers lieben herren gepurt in leben gewesen. Der selben zeit was ein man, Clisthenes genant, der ubernam sich seiner geschickligkait und ließ sich beduncken, er wer weiß unnd zu regieren wol geschickt, und drang sich in das regiment gemainer burgerschafft, und hieng das povel° an sich, und handelt der massen, das er der stat und lands vertriben ward. Den selben Clisthenes het der vilgedacht fürst Phalaris mit brieffen unnd schrifften7 dick und offt ermant und gewarnet, er solt sich nichts uberheben, und solt des regierns des volcks und povels ledig und mussig steen. Als er aber der wamung nit gevolget het und des lands vertriben unnd fluchtig was, haben sich sein freundt solches seines elends ser bekümmert. Undter den selben freundten ist einer gewesen, Egesippus genandt, dem selben Egesippen hat der fürst Phalaris die epistel geschriben, so ich euch teutsch zu machen versprochen hab, dere vermogp und innhalt auff dise mainung ist.

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Epistel.8 Egesippe, du und dein freuntschafft, so darumb bekümmert seit, das Clisthenes veijagt und in dem elend ist, verstet nun villeicht erst, das er im selbsq ubel hat gethan, so sein kain rath mer ist, er thu dann puß umb das, so er mißhandelt hat. Aber ich hette groß mitleyden und war mir ser laid fur in, da er in seinen grasten eytlen eeren was. Dann ich ime auch mit 35 meinen brieffen anzaigte, wie es sich umb inen enden wurd. Aber er het als grossen lust in den eeren und was als ubermutig, das er des glucks und unglucks aigenschafft nit gedencken mocht, und achtet mein schreiben fur einen tandt unnd gockelwerckr und vermainet, ich westets gar nit, was burgerschafft unnd der gemain regieren wer, oder achtet villeicht meer, ich 40

1) Erz selbst

m) ehernen n) erfordert, verlangt o) Volk r) leeres Geschwätz und Gaukelei s) wüßte

p) Kraft

q) sich

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mocht von wegen meines gewaltigen regiments nit leyden, das ein ander gemaine burgerschafft regiern solt, und hat sich also mer dann pillich gewesen auffgeplaet, biß er sich selbs hat umbgestossen, und hat nit mit seinem klainen schaden erkant, das Phalaris als ein fürst bürgerliche regiments nit unverstendig gewesen, sunder das er nit gewisst, was des p0vels art und gewonheit ist. Wann das ist des pövels aigenschafft, das es die, so im nach hossen', in ungluck und in jamer pringt, und in dem, so es anfecht", das end vil anders dann der anfang ist. Darumb wer mir vil lieber, das mich das unstet povel mit wispelnv verachtet, dann das es mich fast w eerlieh hielt. Das auch ein jetlicher, der nit gar ein narr ist, begern solt, wann des povels haß erlischt, eer* dann er prennet wurd, und so er gleich wurd prennen, thut er doch nit allemal grossen schaden. Aber des povels gunst unnd lob pringt nichts anders, dann aintweder, das ainer umb sein leben oder umb sein gut kumbt, oder in elend getriben und des lands verjagt müß sein. Bey Got, Egesippe, ich red mit dir gantz, wie ichs in dem hertzen habe. Alles povel ist frevel, unbesunnen, haylloß, inn alle züfell wandelbar, untrew, unsteet, kurtzumb verreterisch, falsch, allain mit dem schreyen gut, zu sehenden und zu loben schnell. Also das der, so undter dem povel herschen und dem selben gevallen wil, gleichsam eerlich in verderben und sterben kumbt, und etlich seien also unsinnig, das weder die, so weyb und kind lieb haben, noch die, so geltgirig sein, noch die, so zu kriegen oder fechten und ringen lust haben, also zu gedachten Sachen in lustigkeit entzündet sein, als die, so die unseligen eitlen eeren von dem volck und povel begern. Solcher menschen freundt sollen umb sie laid, unnd ire feind sollen freud haben (dann sie gnügsam an in gerochen werden), unnd ir, die Clisthenes oheim seit, solt in trösten, so er in disen menschlichen zufeilen ungedultig wurd sein, unnd solt ime rathen, das er sich nit meer in solche Sachen gebe, wann es ser ein grosse irrung ist. Ende der epistel.

Aus der epistel mocht ihr, lieber richter, abnemeny unnd aus vorertzelten geschichten versteen, was fur ende und Ion von empörungen kumbt. Ir mocht auch prüfen, das der fürst Phalaris (also zu reden) ein warer prophet unnd warsager inn diser epistel gewesen, wann ich euch vor Ostern aus diser epistel gesagt hab, das, so ietzo teglich den auffrurischen begegnet 35 unnd wider sie durch den loblichen pundt9 gehandlet wird. Also ist es auch ergangen den zwaien Juden, der einer Theodas, der ander Judas genant was, die zu Jerusalem oder in der selben gegendt vil Juden an sich henckten und wider die Romer zu auffrur erwegten in dem schein, als wolten sie die Juden von den Romern zinßfrey und ledig machen. Von 40 gedachten Theodas unnd Judas ist inn dem puch der zwelff poten ge30

t) nachlaufen u) anfangt v) abschätzigem, heimlichem Reden x) bevor y) erkennen, verstehen

w) sehr

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schichten am funfften capitel geschriben [Apg. 5, 36.37], Also ist es ergangen den zwaien Juden Johannan und Simon, die die Juden zu Jerusalem wider die Romer zu kriegen bewegten, darumb der Juden siben und neuntzig tausent gefangen, unnd vil mer dann hundert mal tausent von dem kaiser Titus sein erschlagen worden, von denen der vilgelert Jud Josephus in dem sibentzehenden capitel unnd an andern enden seines sibenundzwaintzigsten puchs geschriben hat, wann er auch selbs in dem selben krieg gewesen ist. 10 Des gleichen ist geschehen den hartneckigen Juden, die zu den Zeiten des Kaisers Adriani, ongeverlich hundert unnd zwaintzig jar nach Christi unsers erlosers gepurt, durch einen auffrürigen Juden, Barcozba genant, verfürt wurden, der inen saget, er wer Messias und wolt sie von dem gewalt der Romer erlosen, darumb der selbig Barcozba von des Kaisers Adrianus volck erwürgt wurd, und ein grausame zal Juden erschlagen, dann davon die Juden selbs inn der talmud, das ist in dem puch der ler, in der unterschaidz hanizaqin des püchs Githin also geschriben haben, das ich selbs gelesen habe. Adrianus Cesar härag be Alechsandria schel Mizraim schischim ribbo alschischim ribbo kifaliim ke iotze mitzraim. Espasianus Cesar härag bichrach Biter arbameos ribbo.11 Das ist auff tewtsch: Adrianus12, der kaiser, hat in der stat Alexandria inn Egiptenland ertodt sechtzig mal zehen tausent Juden, und aber sechtzig mal zehen tausent, das ist zway mal als vil ir aus dem land Egipten gangen warn. Espasianus13, der kaiser, hat vierhundert mal zehen tausent Juden in der stat Biter erwürgen lassen. Wiewol mir dise der Juden zal selbs lugerlich scheint, gibt es doch ein anzaigen, das ir über vil erwürgt sein worden, und das kumbt aus ungehorsam, aus welcher dann emporung, auffrur und unrath, auch schand und laster erwechst. Dann ob gleich die emporung aus gutem schein der gerechtigkait angefangen werden, so pleibt es doch bey kainer pilligkeit, wann der teuffei, der zu auffrur und emporungen hilfft und räth, nichts pillichs, sunder alles ubel unnd ungluck suecht. Darumb hat der berumbt historischreiber Tucydides in dem dritten püch gar recht gesagt: Alle laster sein durch die emporungen inn Kriechenlanden erwachsen unnd auffgestanden.14 Nun sehen wir, was guts die geschafft, so gelert haben, geistlich oberkait zu verachten, gleich als wurde es an dem selbigen ort erwinden3 unnd nit auch an die weltlich oberkait langen. Sie solten pillich bedacht haben, das ein schelligb zawmloß pferd als schier den herrn, als den diener schlecht0, und das ein wuetender hundt als paid einen schuster oder peckend als einen münch oder pfaffen peisst. Wol ist das als ein gescheider himlischer geist, der erstlich die armen paurn ungehorsam gelernet6 hat, unnd ietzo leret, das man sie erstechen und erwürgen sol15, ja also wird dem selben verdampten geist sein helle vol. Got wolle herren und pauren sein gnade mittailn, also das die herren pillichs von den armen begeren unnd inen schaffen und gepietten, das christlich, treglichf und leydlich ist, unnd das die armen solchs zu thuen und gedulden willig seien,

z) Kapitel a) sich enden, auflösen ker e) gelehrt f) erträglich

b) hier: wildes

c) ausschlägt

d) Bäk-

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wann in dem steet der heilig frid, als der wirdig Johannes Gerson, auch Plato in dem dritten puch seiner gesetz geschriben16, und der selig frid ist die fruche8 und das werck der gerechtigkait, als der heilig Isaias an dem zwayunddreissigisten capitel gesprochen hat [Jes. 23, 17]. Datum anno do5 mini funfftzehenhundert unnd funff und zwaintzig. An Sandt Ulrichs tag [4. Juli],

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Uon der endschafft νή II frucht der auflruer vnd empörungn II des gepouels vnnd gemainen II volcks wider die oberkeit. II [hebräischer Text] II Maese hatzdaca schälom. II Das werck der gerechtigkait ist der frid. II Isaie. 32. ca. II [Regensburg: Paul Kohl 1525.] 4° 6 Bl. Sign.: a V . - Claus, Bauernkrieg, 213. VD 16 L 1002. Köhler 2163. - SB München: 4° J. publ. G 1231 (35). Zur Entstehung: Der humanistisch orientierte Abt des Rebdorfer Augustinerchorherrenstiftes Kilian Leib (1471 — 1553) trat seit 1523 mit lateinischen und deutschen kontroverstheologischen Schriften hervor. Mit den deutschsprachigen, die allgemeiner gehalten waren, suchte er auf das Volk einzuwirken. Die einzige autorisierte, zu Leibs Lebzeiten gedruckte deutschsprachige Streitschrift hat den Bauernkrieg von 1524/1525 zum Gegenstand. In ihm sah Leib eine Frucht der Lehre und des Wirkens von Martin Luther. Bereits im April 1525, als der Rebdorfer Abt mit Gleichgesinnten das Zeitgeschehen besprach, faßte er den Plan zu einer Veröffentlichung, die gleichsam einen historischen Kommentar zum aktuellen Geschehen im Reich geben sollte. Mit Beispielen aus der Geschichte wollte Leib belegen, daß Aufruhr und Empörung gegen die Obrigkeit stets im Blut erstickt worden sind. Die Ausarbeitung des kleinen Werkes verzögerte sich jedoch durch „mancherlay geschefft". Erst am 4. Juli wurde das Manuskript, das sich noch Ende des 18. Jh. in der Klosterbibliothek befand, abgeschlossen. Vermutlich sorgte Leib selbst für die Drucklegung in der Regensburger Offizin Paul Kohls (vgl. aber die unzutreffende Zuschreibung in VD 16 L 1002), die sicher nicht viel später, allerdings ohne Impressum erfolgte. Literatur:

Deutsch, Leib, S. 5 2 - 5 4 , 144; Fink-Lang, Leib, S. 93.

B) Sacherläuterungen 1 Über den in Urkunden des Augustinerchorherrenstiftes Rebdorf verschiedentlich genannten Georg Durnhofer ist nichts weiter bekannt (vgl. Deutsch, Leib, S. 54, Anm. 5). 2 Phalaris von Akragas (565-549 v.Chr.), ein für seine Grausamkeit zeitig sprichwörtlich gewordener Tyrann (im einzelnen Pauly, Bd. 19/2, Sp. 1649-1652). 3 Vgl. in diesem Sinne die Belege in DWB 22, 1967f.; allgemein auch Pauly, Bd. 7A2, Sp. 1821-1842. 4 Vgl. Aristoteles, Politik V, 11-12 (Aristoteles, Philosophische Schriften, Bd. 4, Hamburg 1995, S. 204-214).

g) Frucht

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5 Akragas, gewöhnlich Agrigentum, Stadt an der Südküste Siziliens (Pauly, Bd. 1/1, Sp. 1187-1191; K1P Bd. 1, Sp. 220f.). 6 Perilaos, wahrscheinlich Einwohner von Akragas; zu ihm und zum ehernen Stier vgl. Pauly, Bd. 19/1, Sp. 797f.; Bd. 19/2, Sp. 1651; K1P Bd. 4, Sp. 634f. Als Vorlage dieser Schilderung diente Leib ep. Phalaridis 122 (Epistolographi Graeci, ed., tr. Rudolf Hercher, Paris 1873). (Freundlicher Hinweis von Dr. Vinko Hinz, Heidelberg.) 7 Vgl. Ep. Phalaridis 110 (Epistolographi Graeci, ebd. S. 439f.). 8 Vgl. Ep. Phalaridis 77 (ebd. S. 429f.). Es handelt sich aufgrund der zahlreichen Abweichungen um eine freie Übersetzung, die einer von Leib beabsichtigten Tendenzverstärkung dienen sollte, weshalb wohl auch die „olympischen Agone" wegfielen (Hinweis von Dr. Vinko Hinz, Heidelberg). Zu den zeitgenössischen lateinischen Epistolae Phalaridis-Ausgaben, die Leib vermutlich benutzte (vgl. oben S. 143 Z. 17f.: „die selben epistel . . . hab ich euch . . . lateinisch angezaigt"), vgl. VD 16 Ρ 2432—2433, ferner M. Sicherl, Aldus Manutius und seine griechischen Erstausgaben, in: Gymnasium 103, 1966, S. 419 Anm. 21 (Druckvorlagen griechischer Erstausgaben im Besitz Pirckheimers). (Freundlicher Hinweis von PD Dr. Edgar Pack, Köln.) 9 Das Heer des 1488 gegründeten Schwäbischen Bundes schlug in den fränkischen, schwäbischen und württembergischen Bauernkriegszentren die Aufstandsbewegung nieder. Nach den Kämpfen leitete der Bund die Strafaktionen in den betreffenden Gebieten (vgl. C. Greiner, Die Politik des Schwäbischen Bundes während des Bauernkrieges 1524/1525 bis zum Vertrag von Weingarten, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Schwaben 68, 1974, S. 7—94). 10 Vgl. Flavius Josephus, Geschichte des Judäischen Krieges, besonders V, 9, 3 (Leipzig 1990, S. 460). 11 Gemeint ist die Gemara Gittin des babylonischen Talmud, die im 5. Kapitel Berichte über die Erlebnisse des jüdischen Volkes zur Zeit der Kämpfe mit den Römern enthält, Talmud, Gittin V, 6 (Der babylonische Talmud. Übertr. L. Goldschmidt, Bd. 6, Berlin 1966, S. 369, 372); vgl. allgemein Jüdisches Lexikon, Bd. 2, Berlin, Frankfurt/Main 1927, Sp. 1159—1161. Zu Leibs gründlicher Kenntnis hebräischer Literaturtexte und rabbinischer Kommentatoren vgl. Deutsch, Leib, S. 26, 38, 42f., 179, bes. 42. 12 Aelius Hadrianus ( 1 1 7 - 1 3 8 ) , römischer Kaiser (Pauly, Bd. I, Sp. 493-520). 13 T. Flavius Vespasianus (69—79), römischer Kaiser (ebd. Bd. VI/2, Sp. 2623-2695). 14 Thukydides, Der Peloponnesische Krieg V, 82-83 (Essen o.J., S. 262-265). 15 Als „himlischer geist" wird Luther apostrophiert und direkt auf seine Schrift Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, Laube/Seiffert, S. 3 2 8 - 3 3 2 , 599; WA 18, S. 3 5 7 - 3 6 1 , angespielt. 16 Der Bezug auf Johannes Gerson ließ sich nicht ermitteln. Piaton, Gesetze ΙΠ, 10 (Piaton, Sämtliche Dialoge, Bd. 7, Hamburg 1993, S. 95; zur Hochschätzung Leibs gegenüber Piaton vgl. Deutsch, Leib, S. 28f., 64, 152).

Petrus Sylvius: Ein Missive an die christliche Versammlung und sonderlich an die Obrigkeit deutscher Nation Allen und itzlichen, so die christliche warheyt und gerechtigkeit bege5 ren tzu erkennen und durch den tzeytlichen und ewigen friden iren leyb und seel suchen zu bewaren, embiet ich, Petrus Silvius, ein christlicher priester, götlichen trost, hulff und genade. Andechtigen in Christo, lieben herrn und freunde, uff das wir allesampt eins und das ander mochten erkennen und entlich aus disem lutterischem irthum, tzwitracht, emporunge 1 10 unnd aus aller unseligkeit kemmen, hab ich ewer liebe eyn getrawe missive oder sendbriff zugeschriben, bit von Gots wegen, denselbigen yn gunst und gnade anzunhemen und unverdriszlich durchlesen. Lieben herrn und frunden, so ir eygentlich 3 pruffet die lutterische schlifft, so erkennet ir, daz er alle seyne nawe lere bawet uff dysze drey bosze und unchristliche falsche 15 gründe. Der erste grundt ist, so er leret, das alleyn der blossze glawbe seligk mache 2 , uff welchen grund leret er mit seynem anhangk zu bawen alle sunde und laster, die man kan erdencken, und verachtet und verwurffet alle christliche und verdinstliche wercke und selige ubunge, alles fasten, beten 20 unnd armen frembden leuthen umb Gottis willen almus reichen, sonder das eyn yder alleyn den seynen helffen sali 3 , welchs dann ouch die unvornunfftigen thyer aus eyngebung irer natur unther eynander pflegen. Derhalben ym anfang seyns schreybens 4 furgenommen zu verschaffen b , das yn kurtzer tzeyt sali keyn thorm noch glocke, keyne kirche noch mawer, keyn altar 25 noch messzbuch, keyn kaszel° noch kappen noch platten d , keyn singen noch klingen, keyn gotlich dinst noch arnpt, keyn götliche ehre, lobpreysunge noch dancksagungen etc. uff erden verbleiben. Und alszo wie die sawen und wilde wolffen on alle christliche zucht und ordenunge leben, als er sich dann dartzu allenthalben vleissigk gemuhet hat, idoch (Got lob) 30 nicht volendeth. Und also, uff das er durch irgen andere wege das christlich volck von dem heiligen gehorsam unnd von irer seien Seligkeit ins verdamnes mochte bringen, hat er mit seynem anhang eyn nawe frembde manchfaltige unbestendige ordenunge bey seyner ungewonlicher frevelicher deutzsche messze erdacht 5 wyder die alte bewerte ordenunge der heyligen 35 christlichen kirchen, so aus befehl und krafft Gottis und des heyligen geists ist verordent. Welche seyne unchristliche und frevelische ordenunge er nuhr darumb ertichtet hat, das er mit seynem anhangk will das alt christlich volck von der alte selige und heilige ordenunge mit gewalt und frevel abdringen und tzu irer nawe frembde ketzerischer ertichtunge und vertumlig40 keit e gebringen, wie wol er vormals von seynet wegen geleret, das man

a) gründlich b) zu schaffen, durchzusetzen d. h. geschorene Stelle am Kopf der Geistlichen

c) Meßgewand e) Strafwürdigkeit

d) Tonsur,

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Lutther ym selbst keyn ketzer noch Juden noch heyden sal von seynem glowben unnd geystwydderspricht. ligkeit dringen noch straffen6, gleychszamf dysze seyne frevelische ordeDie andere nunge alleyn gut were, Gote beheglich und dem menschen verdinstlich, so widdersprechunge e r Joch vormals offt geleret hat, das alle gutte werck seyn dem mensche suntlich und vertumlich, sonder alleyn der glawbe mache seligk. Unnd uff Lutterische daz er daz volck yn irthum verwickelt und verwirret lysse und seyn ir betrigligkeith thum ungestrafft mocht bleyben, hat er nye keyn bescheyd wolt geben, ap er den apostolischen christlichen glawben yn den tzwelff artickeln begriffen 7 adder sunst irgen andern glawben furnehme, welcher alleyn on alle gutte wercke alles gut unnd selig mache. Sonder® dyser seyner böszer grundt und irrige verwirrunge ist resolvirth und tzerstoret ym Tractat de Symbolo Apostolico8 und volkomlicher ynn andern tractat. Der ander seyn grund ist das blos evangelium, szo er mit den pickarden9 leret, das man nichts mehr sali thun, glawben noch halten, dann alleyn, was man ym evangelio findet geschriben10, und dieselbig1 sali eyn yder verstehen und deuthen, wie er will, und nicht wie sie die heiligen apostell und ire nachkommend stadheldern, die heyligen veter und die alten bewerten heyligen christliche lerer und die gantze apostolische heilig christliche kirche eyntrechtiglich und stets unverracklich verstanden, verklert und auszgelegt hat, und sali glawben, thun und üben, wie eyn itzlieher will, und keyn geistliche noch weltliche oberkeyt noch regiment noch ordenung ansehn, welcher böszer grund, daraus aller irthum und boszheit Die dritte itzt und alletzeit ist entsprungen, wirt ym tractat von der evangelische kirwyddersprechung che gnuglich entblosset und tzerstoret11. Idoch hat Lutther ym prologo seyns nawen testaments12 widder dis seyn furnehmen seibist geschriben unnd geleret, das yhm evangelio were keyne lere noch roth, keyn gesetz noch geboth, die man mit irgen ubunge thun, halten ader vorbringen solt. Do durch er daz heylig evangelium und die gantze heilige schrifft allentDie vierde halben gantz und gar yn grundt tzerstoret, vernichtet und verwüstet, wie es wyddersprechung ym tractat von der lutrischen kyrehe13 wirt gnuglich verclert und bewert. So hat er vormals yn seynem sermon von dem wucher gar widdersyns geleret, sprechend: Das alles, was ym evangelio ist geschriben, das ist keyn ratgebunge, sonder ist alles gebothen, welchs man mit der that bey vorlust seyner sele sal erfüllen unnd halten14, welcher meynung doch keyne warhafftig wirt erkanth, sonder werden alle falsch befunden. Der dritte seyn grundt ist die verachtunge der apostolischer ordenunge der heyligen christlichen kyrehen15, gleichsam' were sie eyn lautter menschlich gesetz und lere und also billich zu verachten und zu verwerffen, durch welchen bösen grund werden ouch verachtet und verworffen nicht alleyn die geystlichen, sonder ouch zu gleich und viel schwinderk die weltlichen gesetze und gepot, die yn der heyligen schrift nicht also klerlich seyn gegründet als die geistliche ordenunge, wie es de Apostolica Ecclesia16 und yn viel andern tractat gnuglich ist vercklert und nach folgentlich

f) als ob g) Aber k) noch eher, mehr

h) zurückgewiesen

i) d.h. die Evangelien

j) als

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wirt ouch vorkleynet und vernichtet nicht alleyn die geystliche, sonder ouch die weltliche prelatur1, ordenung und regiment und wirt verachtet der gehorsam des gemeynen volcks gegen aller oberkeyt zu leysten, sintemal er1" alles menschlich" achtet und verachtet, was durch menschen geordent wirt, wiewol es ursprungklich von Gote geordent ist, so er doch selbst ouch eyn mensch ist, ye doch durch sein frevelische nawe unchristliche lere und ordenunge wil vertilgen die stets unverruckte lere und ordenunge Christi unnd der heyügen apostolischen christlichen kirchen und ouch des heyügen geysts, der die christliche kirche nach vorheyschung Christi stets underweyset bis zum end der werlt, Joannis ΧΠΠ [16—18] und XVI [ 7 - 1 5 ] und Matthei XXVIÜ [19f.]. Daruber 0 hat er ouch öffentlich geschrieben und geleret, das eyn itzlicher christen von rechtswegen sali seyn und ist frey und seyn selbest eyn herre, furste, konig, bobist p und bischoff etc. 17 Syntmall q die christen wem alle zu gleych priestern und konigen, unnd ein yeder magk glawben, halten und thun, was er wil, und darff nyemand ansehen. Sali ym ouch nymand etwas widdersprechen, wie er dann tzum ersten yn seynem tractat von der christlichen fteyheit 18 und babilonischen gefengknis 19 angetzeygt und nachmals yn viel tractat, als von beyden gestalt des sacrament zu entpfahen 20 , item ym tractat wydder den falsch genant geystlichen stand 21 und sonderlich ym tractat von weltlicher oberkeyt 22 , klerlich ausgedruckt hat, darynne er die geistliche unnd weltliche herschafft gantz verkleynet und vernichtet, sprechend, das die fursten und hern seyn gemeynigklich dy grasten bufen s und narren, tzu welchen man sich nichts guts versehen sali, dann sie seyn Gots stockmeyster und hencker und buttel 23 , und das under den christen sal und kan keyn oberkeyt seyn, sonder ein itzlicher ist dem ander zu gleych underthan 24 etc., und viel andere unchristliche ja eyttel teuffelische wort und grym furt er doselbest und yn viel andern ortem tzum uffruhr und emporung des gemeynen volckes widder die geystliche und weltliche oberkeyt, die selbige zu verwe[r]ffen und zu vertilgen und alle gotliche dinste und ampte, ehre und lobpreysunge tzu vernichten, alle christliche tzucht und ordenunge zu verstoren, allen menschlichen friden und eynigkeyt und was dartzu gelanget umbtzureyssen, daraus seyn anhangk yn den orttern, da es yn gestattet ist, haben yr predigt getzogen und nicht alleyn widder die gotliche dinste und gerechtigkeit und wyder die geystlikeit, sonder ouch wydder die weltliche oberkeit frey dran, dran geschryen 25 , unnd nun er das arm christlich volck durch seyn unchristliche schrifft vorfurt, vorgifftet und yn unwidderruffliche tzwytracht, uffrurh unnd grymmige boszheyt gefurt unnd getriben hat 26 , den mantel sich zu beschonen umbkert und spricht allererst, daz Christus die Christenheit underwirfft der oberkeit 27 , szo er doch vormals gelert hat, das unther den christen sali noch kan keyn oberkeit gesein, sonder ein itzlicher ist dem andern zugleych unterthan 28 etc. Und heyst itzt, das man das arm volck, welchs er selbst verfurt und tzum uffruhr

1) Amt m) d.h. Luther q) zumal da r) braucht

n) als Menschenwerk o) Darüber hinaus s) Buben, Bösewichter

p) Papst

Die funffte widdersprechung

Die sechste wydersprechung

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Sylvius: Missive an die christliche Versammlung deutscher Nation

widder die 6berkeit gebracht hat, sail todtschlahen, stechen und würgen, Die sibend wer do kan 29 , so er doch vormals hat gelerth, das man nymant sali todten widersprechung noch dem ungloubigen Turcken, szo er ouch wolte die gantze Christenheit vertilgenn, solt mit[n]icht widderstehen 30 etc. Dyse lose Ursache vor ein schein genommen1, dan es were die straffung Gotes, welcher man nicht solte wydderstehen, welche Ursache, ja teuffelische betriglickeit und erger denn vorretterische ratgebung tzu Vertilgung der gantzen Christenheit erdacht, ist ym ΧΠ. tractat31 durch die heylige schlifft unnd menschliche vornunfft gnuglich vorlegt und seyn betriglichkeit emblosset. Unnd also yn allen seynen schrifften thut er nichts anders, dan daz er eyn irthum mit dem andern vorwickelt, eyn tzwytracht mit der andern und widder einander vorwirret und die geistlickeit und weltlickeit under einander zu emporunge und blutvergissung hettzet und das christlich volck zum Verderbnis und verdamnis bringt, so er widder alle gotliche unnd christliche tzucht, lere, warheit und grechtickeit und wyder alle menschliche eynigkeit, friden unnd Seligkeit strebt, wie es yn allen nachvolgentlich angetzeygten XXV tractat ist gnuglich erclert, und seyn lehr öffentlich wydder Got, wyder die heylige schrifft unnd alle heylige christliche lerer und stets widder sich selbst wirt erfunden und erkant, also das ouch diejenigen, so seiner lehr anhengig seyn, musszen von nots wegen nicht alleyn under einander tzwytrechtigk werden, sonder ouch, wie es yn nachvolgenden tractat wirt angetzeygt, eyn itzlicher mussz ym u selbst wyddersprechen und seyn eygen standt und ampt, seyn grad, oberkeyt und wirdigkeit vernichten. Noch v ist man über seynem bösen fuernemen also vorstockt und vorblendet, daz man es fuer ein teuffelisch gespenst w und wirckunge nicht kan ader ye nicht wil erkennen. Sonder* dyser dritte sein böser grund, so er vorachtet alle menschliche und apostolische Ordnung der christlichen kirchen, wirt tzerstort ym nachvolgenden tractat von der heyügen gemeynen apostolischer kirchen 32 . Wiewol alle dise drey gründe werden begriffen yn dysen seynem eyniJoan. I [42] und gem y bösen gründe, so er vorwirfft den fels und grundfest der christlichen XXI [15—17] kirchen, das heupt der ander aposteln, den sterker und beschuttzer des waMat. XVI [18f.] ren christlichen glaubens und den hirten und regirer der christlichen schaff, und XVII durch Christum und durch die gantze christliche kirche geordent, angenomLuce ΧΧΠ men und fuer den selbigen gehalten, welchem die gantze Christenheit yn der geistlichen tzucht als dem obersten hirten zu gehorchen vorpflicht ist, dann so er den selbigen tharz ungestrafft vorwerffen, szo thar und kan er ouch leichtlich alle tzwytracht, irthum, kettzerey, unglouben und unseligkeit yn der christlichen kirchen uffrichten und alle christliche tzucht und geistlickeit und was zur gotlicher erhea und menschlicher Seligkeit belanget schmehen, sehenden, lestem und vernichten, wie er denn unnd seyn anhangk bisher gethan haben, dieweyl keyn weltliche oberkeit hat wollen ernstlich dartzu thun noch behertzigen, welchen seynen ketzerischen grund

t) dieser bösen Begründung den Anschein der Glaubwürdigkeit geben u) sich v) Dennoch w) Gespinst x) Aber y) einzigen z) wagt, sich erkühnt a) Ehre

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hab ich ouch ym ersten tractat 33 (getraw es Got) allenthalben gnugklich vorleget und tzerstort. Sonder auszerwelten yn Christo, lieben heim und frunde, uff das die luttherische schlifft, ja lauter teuffelische gifft, so er widder alle gStliche dinste, ampt, ere und lobpreysunge und widder alle christliche tzucht, lere, warheit und gerechtikeit, ouch widder allen menschlichen fryden und eynigkeyt, andacht unnd Seligkeit hat auszgegossen, wurde ein wenigk erkundet und von ewer liebe behertziget, wil ich die XXV tractat alhie kurtzlich antzeygen, die ich von anfangk seins schreybens bis anher widder sein böses furnemen hab beschriben und doch von wegen meins armuts nicht vermocht yhn druck tzu bringen, darynne solche seyne gifft wirt gehandelt, emblosset und durch die clar heilige schrifft und durch alle gewonliche bewerung vorleget und alhie kurtzlich berurt und erynnert. Der erste tractat 34 der artickel ist von der gewalt und regiment Petri und seyner nachkommende stadhaldern, vercklert b und bewert0 durch EX artickel, das so Luther mit andern kettzern verachtet die macht und regirung Petri unnd seyner stadhaltern, so vorachtet er zum ersten das getzeugknis aller alten bewerten heyllgen christlichen lerer. Czum andern vorachtet er das unwiddersprechlich erkentnus und beschlusz der heyligen concilien. Czum dritten verwi[r]fft und vorleuckenth er die gantze heylige unverruckte apostolische christliche kirche, so d dis also von anfangk stets eintrechtiklich gehalten hat. Czum Vierden verwirfft er das heylig evangelium, das wort und ordenung Christi und seyner aposteln, so yn vil ortern 6 des heyligen evangelii und der apostolischer schrifft und geschieht, wie daselbest angetzeygt, wirt ausgetruckt, und dadurch vorachtet er ouch Christum und seyn hymlischen vater, so geschriben ist: Wer euch vorachtet, der vorachtet mich und meyn vater, Luce X [16]. Czum funfften vorwirffet er die figu/ und antzeygunge des alten testaments yn der verordenung des höchsten priesters, wie es nachvolgentlich von der apostolischen kirchen wirt vorclert. Zum sechsten vorachtet er die menschliche vornunfft, so sie erkennet, das solche oberkeyt zu erhaltung des fridens und eynigkeyt yn allen Stenden, gemeynschafft unnd versamlung, wie geringe oder gros sie sey, ist stets noth zu vororden, so ouch 6 kein evangelium dovon het gemeldet. Czum sibenden so wil er dadurch tzertrennen die eynigkeyt des christliehen glaubens und aller christlicher tzucht, lehr unnd warheyt und also verstoren und verwüsten die heylige christenliche kirche, vornichten alle gotliche dinste und vorhindem alle menschliche andacht und selickeit, welche tzutrennunge und irthum ensteht yn allen secten, als balde sie von dem stuel Petri abtrunnigk werden, wie es daselbst und an andern orttern gnuglieh ist verclert. Der andem h tractat 35 ist von der gemeyn vorclerung und beschreybunge der heyligen apostolischer christlicher kirchen, durch acht artickel begriffen.

b) erklärt c) belegt, beweist d) die, welche deutung, Präfiguration g) selbst wenn, obwohl 11

Reformation 1

e) an vielen Stellen h) zweite

f) Be-

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Der dritte tractat36 ist von den vorkerten gründen, szo Luther wyder den Dialogum Silvestri37 gesetzt unnd feischlich gedeuttet hat, vorklert durch ΕΠ artickel, das alle die selbigen seyne gründe, so man sie recht und eygentlich bruffet1 und warhafftigk vorsteht, so seyn sie gerichts wydder yn selbst und tzerknirschen ym gründe alle seyne schrifft unnd fuergenommen nawikeitJ. Der Vierde tractat38 ist von dem gründe und gloubwirdikeit der apostolischer ordenung, vorcklert durch ΠΠ artickel, was ym tractat von der apostolischer heyligen christlichen kirchen hat nicht mugen der kurtz halben gehandelt werden. Der funffte tractat39 ist von der arth und eygenschafft der ketzerey, vorcklert durch X artickel, das Lutther durch alle kettzerische arth und eygenschafft von den alten bewerten christlichen lerer und von den heyligen concilien und von der gemeynen stets unvorruckten apostolischer heyligen christlichen kirchen wirt vor eyn kettzer und ertzkettzer erkant, geurteylt und vordampt. Der sechst tractat40 durch V artickel vorcklert durch manigfaltige bewerung, als nemlich der menschliche vornunfft, der heyligen schrifft, durch betzeugknis vil heyliger lehrer und durch vorkundigung vil heyliger menschen, das Luther nicht alleyn vor eyn ertzkettzer, sonder ouch vor den gewissen antichristischen vorleuffer und vor den vormischten antichrist41 sali und wirt eygentlich erkant und gehalten werden, der yn den letzten getzeytten nechst vor dem lauter1' antichrist den aller grasten irthum, tzwytracht, uffrur und boszheit sali uffrichten, dergleychen von anfack nye gewest ist, welche tzwytracht und boszheyt itzt yn den letzten tagen durch Luther erweckt, das sie die allerhefftigiste und teuffelischte ist, wirt yn nachvolgenden tractat vercklert. Der siebent tractat42 vercklert durch drey artickel, daz Luther yn seynen schrifften vorachtet und verwirfft nicht alleyn die geistlichen und weltlichen gesetz, sonder ouch furgenommen hat zu vorwerffen und zu vernichten die gotlichen gesettzen und gebot, alle christliche lehr und wort vornichtet, ouch das heilig evangelium unnd dye gantze heylige schrifft, und also unchristlich vornympt, das ouch der rechte antichrist noch keyner helüscher geyst vormagk uff seyn vorteyl etwas ergers, unchristlichers unnd vertumlichers tzu erdencken. Der achte tractat43 ist von dem lutterischen pfaffthum, darynne er durch falschen vorstand und bose deuttung der heyligen schrifft alle meyde1 und knechte, alle pawern und leyhen tzugleych pfaffen und pfeffen m , konge und konigin an" alle unttherscheyd wil geschaffen haben 44 , vorcklert durch eyn langen artickel, das er durch dis fuernemen wil ouch tzu nicht machen die gantze heylige schrifft, den gantzen christlichen glawben, alle christliche tzucht und vortilgen alle gotliche dinste und ampte, ehre und lobpreysung uff erden und wil vorwusten die gantze heylige christliche kirch und vorstoren alle menschliche Seligkeit.

i) prüft j) Neuerungen nen n) ohne

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Der neunde tractat 45 handelt die lutterische schrifft ym letzten artickel seins sermons, genant vom testament der heyligen messz 46 , vorcklert durch III artickel, das Luter doselbst aber° vornichtet die gantze heylige schrifft und fuernympt so unchristlich, so unmenschlich unnd unsynnigklich, das auch keyn mensch gemute irgent p nation der werlt hat nit können annhemen noch gebilligen. Der czehend tractat 47 ist von der widdersprechung q des Lutters, so er stets nicht alleyn widder die heyligen schrifft, sonder ouch widder sich selbst übet, vorcklert durch eyn artickeln, das er ouch uff eym eynigen plat 1 tzu dreytzehen mall seyn wort und meynung verändert und verkert und ym s selbest mercklich und öffentlich widderspricht und also yn allem seynem fuememen wie eyn unsinniger mensch stets widder sich selbst flehtet. Der eylfft tractat48 ist von der widdersprechung eins itzlichen luttherisehen menschen kegen ym selbst, vorcklert durch ein artickel, das ein itzlicher, so der luttherischen lehre anhenglich ist, was standes, ampts, grades, oberkeyth ader wirdigkeyt er ist, er sey geystlich oder weltlich, ein furste, konig, keyser, bapst, bischoff, apt, probst, monich oder pfaff, ritter, graff oder edelman, richter, burgermeyster oder amptman etc., so verstört und vertilget er seyn eygen standt, ampt, gewalt, oberkeit und wirdigkeit und gibt widder sich ein getzeugnis und urteyl nach der luttherischen lehre, das er nichts mehr noch wirdiger, nichts reicher noch gewaltiger sali seyn, dann als ein ander armer pawer, wie es dann aus vil orttern des lutterischen und seins anhangs geschrifft ist uberweyset1. Der zweiffte tractat49 vorcklert durch ein artickel sein" betrigkliche unnd verfurische, ja erger, schedlicher und strefflicher denn verretterische ratgebung und lehre, dadurch er manchfeldige Stegen und wege, dem unglawbigen Turcken die Christenheit zu erobern unnd den christlichen glouben umbtzukeren, bereytet hat, die do selbst ertzelt sein. Der dreytzehend tractat50 ist von den artickeln des apostolischen christlichen gloubens durch ΠΠ artickel, verstoret den ersten bösen lutterischen grundt seins irthums, so sie pochen allein auff den blossen glouben und vorachten alle guthe werck. Der viertzehende tractat 51 ist von der heyligen apostolischer christlichen kirchen und von irer tzucht, ordenung, krafft, gloubwirdigkeit und heyligkeit, so durch Got, Christum und den heyligen geyst ir sonderlich unnd eynigklichen tzugeeygent ist, durch ΠΠ artickel, verstoret diszen andern bösen luttherischen grund, so sie vorachten die apostolische ordenung und irer stadheldern, der heyligen vetter, gleychsam were sie ein lautther menschliche gesetz ader lehre unnd alszo wie ein falsche ertichtung zu vorachten. Der XV. tractat 52 ist von der ewangelische kirche durch siben artickel, verstört den dritten lutterischen grund, so er bawet uffs blos evangelium, von welchen seyn dreyen gründen ist gesagt ym anfangk dises sendbriffs.

o) abermals p) irgendeiner q) Widersprüchlichkeit s) sich t) nachgewiesen u) d.h. Luthers 11

r) einzigen

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Der XVI. tractat53 ist von der lutterischen kirchen durch VI artickel, vorcklert, das er v durch die vorachtung der guten wercken vorachtet und vorwirfft ouch alle die evangelia und die gantze heylige schrifft und vornichtet den gantzen christlichen glouben, vorhindert aller menschen Seligkeit, leret und stercket alle arth und boszheit der bösen geysten und sonderlieh die sunde widder den heyligen geyst, vortilget alle gotliche und christliche lehre, warheit und gerechtigkeit. Der XVII. tractat 54 ist von dem glouben und geistligkeit der luttherischen kirchen durch VI artickel, vorcklert, das er über dis alles, wie itzt berört, fuernympt zu erwecken und uffzurichten ein solchen ungotlichen, unchristlichen glouben mit gleychformiger geystlicher ubung, welchen ouch kein menschlicher synn auff erden hat mögen annemen noch billigen, und das sein gloub alleyn der antichristischer und teuffelischer arth und natur wirt zugeeygent, vorcklert ouch die sunderliche grobheit und blindheit, die Lutther über alle ander kettzerey stets übet, so er yn seynem schreyben keyn mall die heylige schrifft recht gedeuttet hat, ouch offt sein eygen wort nicht vorstanden und also yn aller seyner meynung nicht alleyn der heyligen schrifft stets wydderspricht, sonder ouch seynen eygen wort und schrifft entgegen ist, welchs alles wirt do selbest und durch alle angetzeigte tractat stets vorcklert und uberweyset. Der X V m tractat55 ist von der gemeynschafft der heyligen und von der absunderung der gemeynschafft, das ist von dem geystlichen bann und vom ablas ader vorgebung der sunde, durch ΠΙ artickel vorcklert. Czum ersten, daz die meynung Christi ist nye gewest ym VI. capitel Joannis [53—56], wie die Behemen w arguirn, noch ym letzten abentessen [vgl. Matth. 26, 27f.; Luk. 22, 20; u.ö.], wie es die luttherischen deutten 56 , das die leyhen von nots wegen under tzweyerley gestalt den leychnam Christi solten entpfahen etc., und nachvolgtlich vorcklert die andern tzwen obgemelte punet. Dyse angetzeygte XVin tractat sein mit vortzaltenx LXXX artickel zusammen vorknopfft unnd begriffen, uff das die nachvolgende irrigen artickeln der frembden kettzerisehen secten, so yn nachvolgenden tractat werden berurt, zu weytter vorlegungey dareyn mugen (dester leichter tzu finden) remittirtz werden. Der XIX. und XX. tractat57 ist von den vier lutterischenn evangelion, so unther der banck gelegen unnd langest vorschwygen 58 , Lutther zu letzt erfuer getzogen hat, das seyn die irrigen artickel der vier kettzerischen secten, nemlich des wickleffischen, hussisschen, muscawittischen unnd des pickardischen irthumbs, aus welcher allesampt hat Lutther sein vier evangelion und alle seine evangelische lehr gesogen und getzogen. Welche irrige artickel werden do selbest kurtzlich vorleget unnd tzu weytter vorlegunge yn die LXXX artickel der obgemelten tractat, darynne die luttherische gifft vorleget ist, remittirt und eingeweyset. Der XXI. tractat59 ist von der lutterische lehr und lesterung, so er mit seynem anhangk aus der bösen deuttung und vorkerunge der heyligen

v) d.h. Luther w) d. h. die Hussiten legung z) einbezogen, eingefügt

x) gezählten, numerierten

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evangelion alle gotliche dinste und lobpreysung verwirfft, alle christliche tzucht und ordenung vorachtet, alle dyner und dynerin Gottis lestert unnd alle gute werck und selige ubung vornichtet und daz christlich volck yn alle tzwytracht, irthum, uffruhr, boszheit und unseligkeit bringt. Der ΧΧΠ. tractat 60 ist von der grosse untherscheyd zwyschen der luttherischen und der gemeynen apostolischen heyligen christlichen kirchen. Der ΧΧΙΠ. tractat 61 ist von der eynigkeit und eintrechtige voreynigung der luttherischen sampt mit lutzferischen und lautther teuffelischen kirchen, vorcklert durch alle arth und ey gen schafft der bösen geyster, das sie alle dieselbige art, sinn, muth und bösen willen widder die gotliche ehre und menschliche Seligkeit eyntrechtigklich mit eynander tragen. Der ΧΧΠΠ. tractat 62 , vor der leyptzischer disputation 63 lateynisch beschrieben, ist wider die ΧΓΠ position, do selbest disputirt, wiewol ich den selben tractat het aldo a lieber fuergepracht b denn gelebet, yedoch ist mirs die selbige zeyt aus kleynmütigkeit etlicher menschen nicht vorgunst. Der XXV. tractat 64 , kurtzlich nach der leyptzischer disputation beschryben, handelt den luttherischen sermon vom ehelichen stand 65 , zu Wittenbergk gepredigt und durch Wolfgangk Stockei, seynen gutthenn gonner, trewlich nachgetruckt und von unsern deutzschen hochlich gelobt, vorcklert, das yn dem selbigen sermon keyn warhafftige christliche noch nutzliche meynunge wirt erfunden, noch dem als er den selbigen sermon hat nachmals selbst gestrafft und gantz vorandert 66 . Jedoch sintmal c er vom Luther wart geprediget, so warn unser deutzschen das meysten teyls darauff so gar erhitzet, das sie yn nicht gnugsam konten vorloben und het er können etwas noch vil ungeschaffens fuerbringen, so hetten es unser deutzsche, szo ym anhengig seyn, dennoch offs allerhöchst gepreyset, wie sie dann noch heut zu tag zu thun pflegen, und die gantze heylige und stets unverruckte apostolische christliche kirche sampt mit allen bewerten heyligen christlichen lerer heth müsszen unrecht haben. Ey, ewige schmacheyt dem waren christlichen glouben und der unverruckte christliche warheyt, so do durch von allen ungloubigen nation wirt der Christenheit zugemessen, und vorthumliche d plintheyt der bawfelligen 6 christen, abzufallen von der heyligen christenlichen kirchen, darynne so vil grosser hochgelarter lehrer und vil heyliger mensche von anfang bis hyher stets erfunden f und alle, die sich nach irem glouben, lehre, tzucht und ordenung gehalten, seligk und heyligk befunden und zuzufallen eynem trottzigen menschen, eynem trewlosen munchen, der nicht allein seynem orden 67 , sonder ouch dem ewigen Gothe, Christo und der gantzen christlichen kirchen abtrunnigk, meyneydigk, trewlossz und wydderspennigk worden, also vorbosset unnd vorblendet, das er ouch seyn eygen wort, vil weniger die heylige schlifft und noch weniger die misteria ader heymliche bedeuttung der heyligen messz und aller christlicher tzucht nye hat können wol gepruffen noch recht vorstehen und also yn allen seynen Worten und fuememen nicht

a) dort, d.h. in Leipzig b) vorgetragen c) als, zumal dammenswerte e) schwachen f) befunden, vorhanden

d) strafwürdige, ver-

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Sylvius: Missive an die christliche Versammlung deutscher Nation

alleyn der heyligen schlifft und der christlichen tzucht, sonder ouch yhm selber wydderspricht, wie es yn allen dysen angezeigten tractat offt vorcklert und uberweyset ist. Es ist ouch öffentlich8 und wirt yn allen dysen tractaten vorcklert und mit seiner schlifft uberweyset, das Lutther yn allem seynem fuernemen von aller christlicher und menschlicher tzucht und tugent abtringet und tzu aller untugenth reytzet, unnd ye gütlicher, seliger unnd heyliger eyn ubung ist, als seyn die gotliche dinste und ampte, durch die siben getzeyten68 Gote zu lobe und dancksagunge verordent, unnd sonderlich das ampt der heyligen messz, und ye hefftiger und grymmiger er dasselbig lestert, schendet und vornichtet, und widderumb ye lesterlicher, unchristlicher, teuffelischer und vertumlicher irgent boszheit ist unnd ye mehr er dartzu reytzet, als ist die tzerstorung der Gots hewser und gütlicher dinsten und lobpreysung, berawbung der geystlichen gutter, zu gütlicher ehre gestifft, und vorruckunge der closterlicher reynigkeyt, so sich von wegen des reichs Gottis dartzu geeygent haben. Wie er dann entlich mit seyner unverschempter nonnen beweyst hat 69 , unvorschoneth des heyligen abents des hochwirdigenn leychnams Christi, darynne die Christenheit fuernemlichst ym jar seyn leyden und todt pflegt zu betrachten, seyn lob, ehre und dancksagung, noch dem es ausgesatzt70 ist, ynnigklich tzu preyszen. Solcher unchristlicher, boszhafftiger, ungehorter, teuffelischer erfindung ist yn dem Lutther und yn seynem anhangk keyn tzall noch end, wie es ym ΧΧΙΠ. tractat wirt ercklert, noch ist es ym (das Got geclagt sey) von etlicher herschafft alles vorgunst solchs tzu leren, tzu üben und die andern tzu ergern und zu vorfuren und daz gemeyn volck zu aller zwytracht, irthum, uffruhr und unseligkeit zu brengen. Andechtigen yn Christo, lieben herrn und frunde, das seyn die tractat wyder die luttherischen nawikeyt, ja widder die alte vordampte kettzerey, durch Lutter itzt widder erwecket, tzeytlich beschrieben, darynne solche seyne obgemelte unchristlichkeit wirt cklerlich uberweyset und entblosset und mit der heyligen schrifft und aller gewonlicher bewerung gnugklich und warhafftihklich vorlegt unnd ewer lieb zu erkennen und zu behertzigen kurtzlich angetzeigt, die selbige tractat und sonderlich die drey ym anfangk dyses briffs berurth, nemlich von den tzwelff artickel des gloubens unnd von der evangelischen kirchen, szo itzt getruckt seyn71, und fuernemlich den nachvolgenden von der heyligen apostolischen christlichen kirchen, ermane ich ewer liebe von Gotes wegen, zu erkennen und zu erhalten den waren christlichen glouben und alle christliche tzucht und ordenung, lehre, warheit und gerechtikeit, unther desh unvortrislich zu lesen. Wil Got, das die andern mit frommer lewth hilff und rath, so es yn meynem vormogen nicht steht, ouch getruckt wurden, als denn der an disen dreyen nicht wurde gesettiget1, der wirt yn den nachvolgenden tractat (getraw es Got), so er yn seynem irthum nicht mutwilligk und wissentlich ist, verstockt und erbosset, erkennen und bekentlich sein, das die lutterische unchristlikeit und

g) offensichtlich

h) inzwischen

i) zufriedengestellt

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grobheit, sein irthum, boszheit, blintheit und vertumlikeit vil grosser ist denn alhie berurt ader von irgent eym leyhen gepruffet ader betracht ist, und sich fortan vor seyner schrifft nicht änderst denn als vor der hellischen gifft und vordamnis billich und eygentlich solte und wurde schewen und hutten, bit unther des dyse angetzeygte tractat nicht zu richten noch zu vorachten, bis sie mit irer vorcklerung und bewerung getruckt unnd erkanth werden. Darüber ermane dich yn Christo, du christliche unnd luttherische δberkeit, weysz und fuersichtigk zu sein yn dem, so dein leyb und seel, deyn gut und ehre, dein herschafft und regiment betrifft, und uff das du erkennest, was du gegen Got und gegen deinen unterthanen und gegen dir selbest vorpflicht bist, so lisz die heylige schrifft des alten und nawen testaments, lies Deutro. [5. Mose] am XVII. [18—20], Psalmo Π [pass.], Sapien. [Weish.] VI [1 — 11], Malachie Π [pass.] etc., so findestu, wie du daz gotlich testament und gesetze, als ist der christlicher gloube, die gotliehe dinste und ampte und alle christliche tzucht, vorpflicht bist zu erforsehen, nicht durch abtrünnige kettzem, sonder durch bewerten heyligen christlichen lehrer, durch die christliche priesterschafft der heyligen apostolischer kirchen, das selbig testament und alle christliche geystlikeit, warheit und gerechtikeit und was dartzu gehört fleyssigk zu beschützen und zu erhalten, deynen unterthanen trewlich fuerzustehen, nyemant untertrucken, begnüget seyn yn1 ewrem gewonlichen solt ader tzinse und vorpflicht sein fuer die unterthan rechenschafft tzu geben etc. Weichs alles ist ein zeytlangk wyddersins k gehalten worden unnd nicht geachtet, ab1 das gantz nawe testament were zu grand und podem gegangen, dieweyl nuhr yr lutterschen heth vorhofftet yn ewer herschafft zu pleyben, derhalben so du dich nicht werdest erkennen, so wirt es Got vorhengen, daz es mit dir wirt ouch wyddersins zugehen. Ich wil hye schweygen, doch nicht gar™, daz du lutthersche herschafft bist ein ursach aller dyszer tzwytracht, irthumbs, uffrur und vorwustunge der gotshewser unnd schlosser und vil gotlicher dinste, ein ursach der vorfurunge und blutvergissunge, des vorderbnis unnd vordamnis des armen vorfurten christlichen volcks, so du dy allergifftigiste schlänge, die nicht alleyne wydder alle warheyt und gerechtigkeit, sonder ouch widder alle herschafft und oberkeyt gewuttet, so mit grossem wolgefaln hast erhalten 72 , nicht geachtet, ab du ouch bist mit angetast und vorcleynt worden, aber zu letzt, so das arm vorfurt vorgifftigk volck die gifftige luttherische lehre, welcher du so hefftigk bist zugefallen, hat wolt nicht alleyne widder die geistlikeit, sonder ouch widder dich mit der tath erfüllen, so bistu allererst erwachet und die luttherische lehre hast nicht darynne lenger wollen loben, das magstu billich Gote dancken und furtan vorsichtiger seyn und vleyssiger wachen, dann in der warheyt, heth Got nicht angesehen die ere seins namens und das gebete des christlichen volcks und vorhenget etliche christ-

j) sich genügen lassen an 1) als ob m) völlig

k) widersinnig, d. h. gegen die geltende Ordnung

Math. X [28] und XXVIü [11 —15] Luce IX [24f ] und X [10—12] Joan. ΧΠΙ [15] Roma. ΧΙΠ [4] Hebr. ΧΠΙ [9.16f.] Luce ΠΙ [13f.] Ezechielis [Hes.] ΙΠ [17—21] und ΧΧΧΙΠ [1-9]

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Psal. LXV [66 pass.]

Sapien. VI [Weish. 6, 6] Luce ΧΠ [48]

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liehe herschafft eyn wenigk lenger zu schlaffen11, ane tzweyfel, so wer es mit dir und aller öberkeyt yn Deutzscher Nation gescheen und vil ergers widderfam, denn die luttherische herschafft der geystlikeit gewünscht ader gedacht het, und darnach, so die vorgifften luttherischen pawern hetten alle 0berkeit und die alten Christenheit gantz und gar ouch grymmiger denn die Turcken und Tattern0 umbgebracht und vortilget, so hetten sich entlich ouch selbst undereynander zuhawen, zuhacket und vorderbt und wie die besessen unsinnigen schweyn ym land Gerasenorum p yn das mehr q des verdamnis sich zuletzt vorsenckt [vgl. Matth. 8, 28—32], dartzu heth Luther mit seynen ecclesiastes das deutzsche land, ja die gantze Christenheit gar bald eingefurt und bey eym har zu wegen gepracht, das heth man dem Lutther und der luttherischen herschafft, so yn vorteydigt hat, eynigklichr zu dancken, denn das ist der fursatz der luttherischen geyster, nicht abzulassen, bis sie die ware Christenheit ins vorderbnis und vordamnus brengen, wie es im ΧΧΠΙ. tractat offte wirt vorcklert. Noch gedenckest du, luttherisehe herschafft, villeichte deyne wunden zu heylen und den gifftigen strolls, davon die wunden ist kommen, darynne tzu lassen, gleychszam als dein herschafft, wiewol sie durch Lutther und seyn ecclesiastes ouch vorwund und vorsert' ist, solt mit gewalt fuer sich gehen, aber die gotliche herschafft und dinstparkeit mit allen seynen dynern solt mit gewalt durch die luttherey unthergetruckt und vortilget werden, welche man doch vor alle ding, wie David geleret und gethan hat, offs höchste sali lieben, erhalten und meren, ader meynstu, das Lutther aus dem heyligen geyst heth geschriben und doch alleyne die weltliche oberkeit feischlich vorachtet, aber die geystliche, szo Goth selbest zu erhaltung seyner dinste und ehre und menschlicher Seligkeit hat vorordent, heth billich" und tzymlichv gelestert und vornichtet, gleychsam der heylige geyst were yn im selbest also tzwytrechtigk, das er eins feischlich, das ander tzymlich lestert, und also wilt alleyn dich selbest rechen, aber dy obgemelte manchfeldige smachheyt unnd vorstorunge der gütlichen dinsten und den grossen frevel und boszheit an den gotshewsern und an dem hochwirdigen leychnam w Christi, so sie den mit fussen getred geübt haben, wolst nicht behertzigen, und solche lesterung unnd Unehre, so durch die lutterischen ecclesiastes noch heut beytage Gote, Christo und der christlichen kirchen erger denn von Turcken wirth eingelegt, nicht entwenden x , so wirt ein tzeyt kommen, darynne dir werdest wünschen, daz du nicht werest geborn ader der ermste pawer uff erden werst geschaffen, sintemal geschriben ist, dem armen wirt verlyhen dye barmhertzigkeit, aber die gewaltigen werden gewalticklich die pein leyden, Sapien. VI [6], dann wem do ist vil befolen, von dem wirt man ouch vil fordern, Luce XII [48], und nicht alleyn die ewige, sonder ouch

n) d.h. nicht rechtzeitig strafend einzugreifen o) Tataren p) wohl: der Gadarener q) Meer r) einzig und allein s) Strahl (DWB X3, 1687f.; dieselbe Wendung gebraucht S. auch in anderen Schriften, wo es „stral" heißt), d.h. Pfeil (DWB X3, 754ff.) t) versehrt u) zu Recht v) geziemend w) Leib x) abwenden, beseitigen

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die tzeytliche straffung und rachunge wirt über dich kommen, das du selbst werdest yn die gruben und Vertilgung fallen, welche du der götlichen ehre hast wollen bereyten, Got wolle die unschuldigen bewaren. Damit wil ich die luttherische herschafft trewlich gewarnet und sich zu erkennen erynnert haben und wolte dir zur weytther Warnung, so dir zu dancke were, tzwu nothaffitige Ursache deiner vortilgung alhie vor ougen stellen, die ich vor funff jam betracht 73 unnd ym eilften tractat zu deyner Warnung trewlich beschriben habe, yedoch von wegen meyns armuts nye vormocht yn truck zu bringen, die ich allhie mit kurtzen wortten wil beruren. Die erste ist die art der lutterischen geystern, die do so wenig können mit willen irgent ein oberkeit leyden, als sie können mit willen fewer essen, wie es ym ΧΧΓΠ. tractat ist bewert, derhalben verkeren und deutten sie böslich alle dy schrifft, so von der oberkeyt lauttet, als nämlich do Christus spricht: Wer do ist unther euch der groste, der sal seyn ewer dyner, das ist nach irer falscher meynung, der sali sein der aller geringste, zugleych als man yn solt gar untertrucken, vorwerffen ader mit fuessen tretten, so doch Christus yn dysen und ander wortten nicht ausschleust irgent oberkeyt yn der christenheyt, szonder leret, das die christliche herschafft sali nicht in grosszer hoffart unnd ubermut wie die heydnische, sonder yn demut und guttigkeyt iren untherthanen vorstehen und nach irer notturfft und gerechtigkeit dinen, so die regirer genant seyn die dyner der gerechtigkeit, Sapientie VI [1—8.21] und Roma. ΧΙΠ [4], wie denn die heylige schrifft ouch anders wo leret, sprechende: Quanto magnus etc., wie gros ader gewaltick du bist, so demütige dich alletzeyt, [Vg.] Ecclesiastici [Sir.] EH [20]. Item: Rectorem te posuerunt etc. [Sir. 32, 1], szo man dich hat gesatzt zum regirer, so erheb dich nicht. Aber die luttherrische und pickardische plintheit wil aus dysen wortten alle christen zu gleych seyn und mitbruder genant werden und wollen keyn oberkeyt haben, wie sie offte gedeuttet, gelert und gepredigt haben. So sie aber wolten sprechen, das sie dyse deuttunge von der geystlichen und nicht von der weltlichen oberkeit heth vorstanden, so weren sie aber y wydder sich selbst lugenhafftigk befunden, sintmal sie alle pawern und pewerin und alle christen zugleych geystlich, zugleich pfaffen und pfeffen, bischoff und bischoffn, konig und konigin an z alle unterscheyt achten und wollen all tzugleych frey und gewaltigk sein, thun was ein itzlicher will und nyemant unterthan werden, derhalben welche oberkeyt, sie sey luttherisch oder christisch, yn irem lande lutterisch volck hat, die darff nicht hoffen, das sie bestendigklich darüber herschet, und vil weniger, so es gar a luttherisch wurd, dann yrer geist leydet willigklich keyn oberkeit, als dann die luttherische lere offt angetzeyget hat, allein daz yhm nicht stadlich b ist gewest, mit den andern szo öffentlich dran dran tzu schreyen 74 , und ouch das luttherisch volck noch uff dyszen tagk zur uffruhr widder alle weltliche herschafft und oberkeit so wol als widder die geistlikeit, und noch vil hefftiger ergrymmet und entzündet, sich hochlich frewet, unnd alszo gibt die luttherische herschafft ouch wydder sich selbst

y) abermals

z) ohne

a) ganz

b) gelegen, passend

Mat. ΧΧΙΠ [11] Mar. X [43 f.] Luce ΧΧΠ [26]

Sapi. VI [1-8.21] Roma. ΧΠΙ [4]

Deut. [5. Mose] XVn [20]

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getzeugnus, das sie nicht gewaltiger sail seyn, denn als ein ander pawer, so man sie dennoch darbey lysse bleyben. Die ander ursach ist die ordenung des keyserlichen unnd bepstlichen decret und aller christlicher geystlicher und weltlicher herschafft der waren christlichen kirchen, durch welche eyn itzlicher kettzerischer und abtrunniger mensch wirt privirtc und beraubt aller seiner freyheit, herschafft, oberkeyt und wirdigkeit, seins leibs und lebens, seyner gutter und ere, als durch vil capitel de hereti. lib. VI 75 und C. de hereti.76 durch vil leges wirt ausgetruckt, domit wil ich dich trewlich zum besten erinnert haben widder tzu keren yn dye schossz deyner geistlichen mutter, der heyligen christlichen kirchen, uff das du hie tzeytlich und dort ewigklich mit Gote und eren magst herschen und deyn leib und seel, guth unnd ere sicherlich bewaren, als leret der weysz man Sapien. VI [3—10], Sonder du, gemeyne Christenheit und pawerschafft, ermane dich gar trewlich yn Christo, yn dem alten bewerten und stets unverruckten apostolischen christlichen glouben und lehre zu pleyben, aller christlicher oberkeyt gehorsam zu leysten, der weltlichen von wegen des tzeytlichen frydes zu bewaren deyn leib und gut, der geistlichen von wegen des ewigen frides zu bewaren deyn sele, und wo du wydder Got und recht beschwert bist, dich ordentlich zu erclagen sali dir (getraw es Got und der frommen Christliehen herschafft) gnugklich entwantd werden, so gewislich als irgent recht und billigkeyt yn der christenheyt wird erfunden. Ermane ouch die leser alle sampt, nicht alleyn yn irer vorstocktheyt die luttherischen bucher zu lesen, sonder ouch mit unpartheyischen gemute die angetzeigte tractat, so sie tzu licht kommen6, und der andern hochgelarten entgegengesatztef schrifft fleissick zu erforschen, trewlich zu pruffen und irer vornunfft und Vorstands wol zu gebrauchen, an tzweyffel, so werden sie erkennen, das itzt die letzte tzeyt vor dem antichrist kommen ist [vgl. 2. Tim. 3, 1 - 5 ; 2. Petr. 3; 1. Joh. 2, 18ff.], darynne der aller groste irthumb, tzwytracht, kettzerey, unglouben, uffrur und boszheyt durch dy irrige geister und falsche propheten oder prediger noch 8 vorkundigung und Warnung vil heyliger menschen ist entstanden, und also sich dafuer hutten und ire seel bewaren. Daruber verman ich yn Christo hochlich die christliche oberkeyt, ein gemeyne convocation11 zu verschaffen, darynne yn gegenwertigkeyt der hochgelarten die luttherische schrifft mochte gepruffet werden, wo sie doch warhafftigk christlich ader nutzlich magk erkant und befunden werden, und widderumb wue die schrifft der heyligen christlichen lerer und die itzt entgegensatzunge der andern unchristlich magk erkant werden, und also die unchristlickeyt an alles geleyt1 gestrafft und eyne reformation gemacht wurde, uff das solcher irthum aus geradetJ und die christliche warheit und eynigkeit mochte yn der christlichen kirchen iren fuergangk unnd crafft haben und erhalten werden, denn es ist meyn begir,

c) entledigt d) wohl gemeint: gestattet, zugesprochen scheinen f) d.h. antilutherische g) nach, gemäß ohne alles Geleit, d.h. ungeschützt j) ausgerottet

e) d.h. im Druck erh) Versammlung i)

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nicht alleyn vor eyner christenlicher vorsamlung mein schreyben examinirt und verhört zu werden, sonder ouch, so dyse tractat alle sampt getruckt wurden und darnach von nöthen were, die luttherischen stedte personlich zu besuchen, die selbtige mein schlifft und den alte unverruckten apostolisehen christlichen glouben, lehr und warheyt muntlich zu bekennen und zu beweren und darüber, so Got wil, daz tzeytlich leben willigk und gern zu ubergeben. Got mach mich dartzu wirdigk. Amen. So ich weysz, aus welchem gründe dis meyn schreyben und bekentnis ist entsprungen, ouch ist es durch die vorordente christliche prelaten, Ordinarien und doctores besichtiget und approbirt k . Wolte Got, das die ΠΠ bucher de conceptu Dive virginis, so langest vor der luttherische nawikeyt ym grossem elende lateynisch beschrieben 77 , entlich an tagk queme, so wurde man villeycht dysen tractat ouch mher gunst und glouben geben. Entlich ist meyn trewlich rath und ynnigkliche vormanung in Christo an dy gantze christenheyt, nicht abzuweychen von dem althen bewerten und stets unverruckten glouben, lehre und ordenung Christi und der heyligen apostel und der warhafftigen apostolischer heyligen christlichen kirchen und zu geben dem keyser und seynen ausgeschickten, was dem keyser zustendigk ist, und Gote und seynen dinem, was Gote zustehet, und also yn der forchte Gottes volbrengen seynen willen, so wirt Got ouch wydderumb unsern willen vorbrengen, unser gebet erhören und geben, was uns zu leyb und seel nutzlich und seligklich ist, als betzeuget allenthalben und lehret die heylige schrifft auszwendigk 1 angetzeyget. Daz hab ich uff meyn person ane nachteyl aller geystligkeit der christlicher unnd luttherischer herschafft, burgerschafft und pawerschafft zu gute und Seligkeit von wegen Gottes und seyner ehre und gerechtigkeyt nicht unerynnert wollen vorhalten" 1 . Bit von Gottes wegen dyse angetzeygte tractat, uff das sie ouch mochten yn truck kommen, befolhen tzu seyn, so ich von anfangk meyner priesterschafft bis uff dysen tagk nichts eygens, dann das armuth und elend und sonderliche noth und quall, wie man es villeychte mit der tzeyt mocht zu erkennen geben, Gote zu lobe unnd der Christenheit tzu trost, zu erlangen die ewige Seligkeit, erlyden hab, itzt nicht mehr denn die genade unsers herrn Jesu Christi und dye übe Gottes und gemeynschafft des heyligen geystes sey mit uns allen. Amen. Gedruckt freytagk nach Laurenty [11. August]. Anno M.D.XXV. Volget der tractat von der heiügen apostolischen christlichen kirchen 78

k) bestätigt, zugelassen halten

1) außerhalb (Marginalien)

m) vorenthalten, zurück-

Mat. ΧΧΠ [21] Roma. ΧΙΠ [6f.] Math. X [wohl 28] I. Corin. IX [4-14] Psal. CXL4 (!) [145, 1 4 - 2 0 ] I. Joan. ΠΙ [22]

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Sylvius: Missive an die christliche Versammlung deutscher Nation

Α) Vorbemerkung Druckvorlage: Eyn Mssiue ader II Sendbriff an die Christliche versamlunge II vnd szonderlich an die oberkeit Deutzscher II Nation zu wegem den vntthergang irer herllschaffi/ vnd das iemmerlich verterbnis der II Christenheit/ Eym iden so durch tzeitlichen II vnd ewigen friden/ seyn leib vnd szele sucht II zu bewaren nutzlich vnd itzt nothafftig tzu II erfam vnd zu lesen. II Kongen vnd Fürsten tzu handen II Herrn/ Gräften/ Stedten vnd landen II Werd ich nutzlich tzu geschriben II Suchst deyn heyll szo magst mich lieben.ll M. Petri Syluii. II M.D.XXV. II [Dresden: Emserpresse] 11. August 1525. 4° 12 Bl. Sign.: A - C 4 . - VD 16 Ρ 1297. Köhler 4371. Seidemann, Schriften, 3. - HAB Wolfenbüttel: 82.1 Theol. 4°(3). Zur Entstehung: Nach dem Druck seiner ersten beiden Traktate (vgl. oben S. 132) schrieb Petrus Sylvius diese Missive an die christliche Öffentlichkeit und an die Obrigkeiten (ein spezieller Adressat ist wohl nicht angesprochen), um seine bislang fertiggestellten 25 Traktate gegen Luther vorzustellen. Deren Grundaussage, Luthers Lehren seien gegen die überkommene Ordnung und besonders gegen alle Obrigkeiten gerichtet, sieht er durch die Bauernkriegsereignisse voll bestätigt. Er appelliert deshalb insbesondere an die lutherischen Obrigkeiten, aus den Erfahrungen zu lernen und sich von Luther abzukehren, und er erhofft sich Unterstützung für den Druck seiner noch nicht veröffentlichten Schriften. Die Missive wird wohl kurz vor dem Druckdatum (11. August 1525) entstanden sein und wurde — wie die beiden vorangehenden — in der Emserpresse in Dresden gedruckt. Literatur:

Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 349—351.

B) Sacherläuterungen 1 Hier ist, wie aus dem folgenden Text hervorgeht, der Bauernkrieg gemeint, als dessen Urheber — wie in der gesamten altgläubigen Polemik — Luther gilt. Vgl. dazu auch Laube/Seiffert, S. 353 ff. 2 Zur Entwicklung dieses zentralen Punktes in Luthers Rechtfertigungslehre vgl. zusammenfassend Brecht, Luther, Bd. 1, S. 215—230; zu Glauben und Werken besonders Luthers Von den guten Werken, WA 6, S. 202ff; Delius, Luther, Bd. 2, S. 15ff., sowie Von der Freiheit eines Christenmenschen, WA 7, S. 20ff; Delius, Luther, Bd. 2, S. 263 ff. 3 Vgl. z.B. Luthers Von den guten Werken, wie Anm. 2, sowie seine Adelsschrift und die Wuchersermone, Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 670f„ 1013f„ 1182; WA 6, S. 450f„ 3f„ 42. 4 Vgl. z.B. Von den guten Werken, wie Anm. 2, S. 211 bzw. 24f. 5 Luthers Formula Missae, WA 12, S. (197) 205-220; Delius, Luther, Bd. 1, S. (365) 369—386; vgl. auch Ein Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe, WA 6, S. (349) 353-378; Delius, Luther, Bd. 1, S. 288-311. 6 Zur Ketzerfrage vgl. sinngemäß den 33. Artikel der Bannandrohungsbulle, Laube/Weiß 1, S. 114 mit Anm. 48, sowie Grund und Ursach aller Artikel ..., WA 7, S. 438-443. 7 Denzinger-Schönmetzer, Nr. 75f., 125f., 150; vgl. auch oben S. 133 Anm. 13. 8 Sylvius' Traktat „Eyne vorklerunge . . . " , vgl. oben S. 132 Anm. 1. 9 Vgl. oben S. 133 Anm. 4.

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Vgl. Luthers Von Menschenlehre zu meiden, WA 10 Π, S. (61) 7 2 - 9 2 . Vgl. oben S. 113-135. Vgl. WA DB 6, S 2, 8. Vgl. oben S. 133 Anm. 5. Die Aussage findet sich in dieser Zuspitzung in den Wuchersermonen nicht; vgl. aber De votis monasticis, WA 8, S. 582. Vgl. z.B. die Adelsschrift, wie Anm. 3, S. 633ff. bzw. 407ff.; ferner Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe, WA 10 Π, S. 105 ff. Sylvius' Traktat „Eyn sunderlich nutzlllicherTractat...", vgl. oben S. 133 Anm. 2. Vgl. die Adelsschrift, wie Anm. 3, S. 634f. bzw. 407f. Vgl. Anm. 2. Luther, De captivitate Babylonica . . W A 6, S. (484) 4 9 7 - 5 7 3 ; Delius, Luther, Bd. 2, S. (168) 172-259. Luther, Von beider Gestalt des Sakraments zu nehmen, WA 10 Π, S. (1) 11-41. Vgl. Anm. 15, S. (93) 105-158. Luther, Von weltlicher Obrigkeit, Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 830-864; WA 11, S. (229) 245-281; Delius, Luther, Bd. 3, S. (27) 3 1 - 7 1 . Vgl. ebd. S. 831, 849 bzw. S. 246f., 267f. bzw. S. 34f., 58f. Vgl. ebd. S. 852 bzw. S. 270f. bzw. S. 61. Anspielung auf Thomas Müntzers Brief an die Allstedter vom 26./27. April 1525, Laube/Seiffert, S. 499f.; Franz/Kirn, S. 454f. Gemeint ist der Bauernkrieg (vgl. Anm. 1). Sylvius meint wohl Luthers Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, Laube/Seiffert, bes. S. 328f.; WA 18, S. 357-359, doch findet sich diese Aussage schon klar in Von weltlicher Obrigkeit, wie Anm. 22. Vgl. Anm. 24. Luther, Wider die . . . Bauern, wie Anm. 27, S. 332 bzw. S. 361. Luther, Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute, WA 11, S. 535; vgl. sinngemäß auch Von den guten Werken, wie Anm. 2, S. 265 ff. bzw. 77 ff. Zu den (widersprüchlichen) frühen Äußerungen Luthers zur Türkenfrage vgl. R. Mau, Luthers Stellung zu den Türken, in: H. Junghans, Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, Berlin 1983, S. 647f„ 956f. Vgl. unten S. 429-453. Wie Anm. 16. Vgl. die folgende Anm. Die ersten vier buchller. M. petri Syluij. Aus welchen II Das erst ist von dem Primat vnd gmeinem regiment Pe=lltri . . . , Dresden: [Wolfgang Stockei] Neujahr 1528 (VD 16 Ρ 1291; Köhler 4368; Seidemann, Schriften, 15). Der Druck enthält entgegen der Titelankündigung nur die ersten drei Schriften. Vgl. ebd. . . . II Das ander ist von der ordenung/ authoritet vnd glaubwirlldickeit der waren Christlichen kirche . . . Wie Anm. 34 . . . II Das dritt ist von den vier gründen ßo Luther für sich wi=llder Siluestrum gesatzt/ vnd wie er damit sich seibist vnnd II alle seine schlifft vernicht vnd im grund verstört. II . . . Luthers Antwort von 1518 auf den Dialog des Silvester Prierias über die Macht des Papstes, WA 1, S. (644) 647-686. Vgl. Die andern acht hinderllstelligen bucher M. P. Siluij/ so II den ersten dreyen nachfolgen/ aus wilchen. II Das Vierde handelt/ das warhafftig klar Euangelium/ II vnd lehre Christi/ vnd wie Luther dasselbig ganz verkeret/ II vnd vornichtet vnd dem Herrn Christo zu gleych als der Anlltichrist gestracks widerspricht. II . . . ,

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Leipzig: Nickel Schmidt Ostern 1528 (VD 16 Ρ 1292; Köhler 4364; Claus Schm-64; Seidemann, Schriften, 16). 39 Vgl. ebd. . . . II Das funfft ist von aller art der Ketzer/ vnd wie Luther alllle die selbige auffs höchste yn yhme hat. II . . . 40 Vgl. ebd. . . . II Das sechste erklert die eygenschafft des Antichrists/ dor=llaus zu erkennen das Luther gewißlich ist/ der vorgewarnter II vermischer Antichrist. II 41 Der von Sylvius häufig gebrauchte Begriff wurde der Vinzenz Ferrer zugeschriebenen Schrift „Mirabile opusculum de fine mundi" entlehnt, die Sylvius bereits 1524 in deutscher Übersetzung (Weyssagung von dem II ende der werlet . . . , Claus Th-59; Seidemann, Schriften, 1) bei Jakob Thanner in Leipzig herausgebracht hatte (vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 349f.). 42 Wie Anm. 38 . . . II Das siedend/ das achte/ vnd das neunde erklert durch etlllich Lutherische schlifft/ wie Luther alßo vnchristlich fur=llnympt/ das auch der laudier Antichrist/ wirt nicht etwas II vnchristlichers können erdencken. II . . . 43 Ebd. 44 Gemeint ist die in der Adelsschrift (1520) formulierte Lehre Luthers vom Priestertum aller Gläubigen, Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 6 3 3 - 6 3 6 ; WA 6, S. 4 0 7 - 4 0 9 ; Delius, Luther, Bd. 2, S. 9 9 - 1 0 2 . 45 Vgl. Anm. 42. 46 Luthers Sermon von dem Neuen Testament . . . , wie Anm. 5. 47 Wie Anm. 38 . . . II Das zehede vnd eylfft/ erklert seyne sunderliche vnsinnige II blintheyt/ do durch er vn seyner lere anhangt auch yhme selllbist stets widderspricht/ wie die grosse Missiue [d.h. die vorliegende Schrift] volkomlicher II die titeln meldet. II . . . 48 Vgl. ebd. 49 Vgl. unten S. 4 2 9 ^ 5 3 . 50 Wie Anm. 8. 51 Wie Anm. 16. 52 Vgl. oben S. 113-135. 53 Schutz des heilige Euangelions . . . , vgl. oben S. 133 Anm. 5. 54 Vom glaube Lere vnd II geistlicher vbunge . . . , oben S. 135 Anm. 56. 55 Ein warhaftige grüt=llliche vnterrichtüg . . . , oben S. 133 u. 135 Anm. 19 u. 58. 56 Vgl. Luthers Babylonica, wie Anm. 19, S. 502ff. bzw. S. 179ff. Vgl. auch Luthers Auseinandersetzung mit der hussitischen Belegstelle in Verklärung etlicher Artikel, WA 6, S. 80. 57 Von den vier Euange=lllion . . . , vgl. oben S. 135 Anm. 40; zu den nachfolgend genannten vier „Sekten" ebd. Anm. 36—38 u. 4. 58 Anspielung auf eine Bemerkung Luthers in seiner Vorrede zur Deutschen Theologie, WA 1, S. 379, in seiner Adelsschrift, wie Anm. 44, S. 679 bzw. S. 460 und öfter, die von seinen Anhängern vielfach wiederholt, von den Gegnern kolportiert und gegen Luther gewendet wurde. 59 Von den letzten Funff II buchern M. Petri Syluij. so noch II den Ersten tzwentzygen folge . . . , Leipzig: [Nickel Schmidt] [2. September] 1528 (VD 16 Ρ 1307; Claus Schm-65; Seidemann, Schriften, 20). A m Schluß dieser Schrift gibt Sylvius an, daß er in der Missive die Nrn. 21 und 22 verwechselt habe; sie seien in der Abfolge auszutauschen. 60 Ebd. 61 Ebd. Er erschien separat bereits zu Neujahr 1526: Von der eynigkeit II der Luttrischen vnd der Lutziferischen kirche . . . [Leipzig: Nickel Schmidt] (VD 16 Ρ 1309; Köhler 4379; Claus Schm-48; Seidemann, Schriften, 6). Vgl. auch unten S. 223 f.

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62 Wie Anm. 59. Parallel dazu auch separat gedruckt: Das vierundztweintzi=llgest Buchleyn Confutirt/ vnd widerlegt dy Dreyzehen pollsition des Luthers . . . , Leipzig: [Nickel Schmidt] [2. September] 1528 (Köhler 4376; Claus Schm-58). 63 Die Leipziger Disputation vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 zwischen Johannnes Eck einerseits und Andreas Karlstadt und Martin Luther andererseits. 64 Wie Anm. 59. Sylvius gibt hier an, daß er Luthers Sermon gleich nach dessen Erscheinen Wort für Wort auf 12 Bogen widerlegt habe, sich nunmehr aber auf den Schluß beschränke, da Luther inzwischen seinen Sermon widerrufen habe. 65 Vgl. Luther, Ein Sermon von dem ehelichen Stand (1519), WA 2, S. (162) 166-171; WA 9, S. 213-219. 66 Vgl. Luthers Babylonica von 1520, wie Anm. 19, S. 550ff. bzw. S. 235ff. sowie Vom ehelichen Leben (1522), WA 10 Π, S. (267) 2 7 5 - 3 0 4 . 67 D.h. den Augustinereremiten. 68 Die sieben kanonischen Gebetszeiten. 69 Anspielung auf die von Luther veranlaßte Flucht von 12 Nonnen aus dem Kloster Nimbschen bei Grimma in der Nacht zum Ostersonntag 1523. 70 Gemeint ist die Auferstehung Christi. 71 Das ist eine klare Aussage zur Druckfolge der ersten Schriften (vgl. oben S. 113 mit Anm. 2). 72 Wohl (wie auch der folgende Text nahelegt) Anspielung auf das Kurfürstentum Sachsen. 73 Das bestätigt die Entstehungszeit der ersten 11 — 12 Traktate bis 1520 (vgl. oben S. 132). 74 Vgl. Anm. 25. 75 Sexti Decretalium V,2: De Haereticis, CorpIuiCan, Bd. 2, Sp. 1069ff; vgl. auch die Decretalen Gregors IX. V,7, ebd. Sp. 778 ff., sowie Clement. V,3, ebd. Sp. 1181 ff. 76 Wohl gemeint Cod. Just., c. 1,5: De Haereticis, CorpIurCiv, Bd. 2, S. 50ff. 77 In deutscher Sprache erschienen am 6. Dezember 1527 bei Nickel Schmidt in Leipzig: Eyn kurtze vnnd doch II gnugliche vntterrichtunge/ Ob die iunckfraw Maria/ die mutter Christi/ kan ader soll II auch genät werden eyn mutter Gottes. II . . . (VD 16 Ρ 1295; Köhler 4370; Claus Schm-50; Seidemann, Schriften, 14). 78 Wie Anm. 16.

Johann Fabri: Summarium. Unterricht, aus welchen christlichen Ursachen er bisher der lutherischen Lehre nicht anhängig gewesen Register. I Π ΠΙ ΠΠ V VI VII Vin IX X XI ΧΠ ΧΙΠ ΧΠΠ XV XVI XVII XVm XIX XX XXI ΧΧΠ ΧΧΠΙ ΧΧΠΠ XXV XXVI XXVn XXVm XXIX XXX XXXI ΧΧΧΠ xxxm ΧΧΧΠΠ

Vom rechten evangelio. Von falschen propheten und evangelisten. Von falschem außlegen unnd verstandt des evangeliums und S. Pauls. Vom geyst der warheyt in alten christlichen lerern und außlegern der schlifft. Vom tauff und form des tauffs. Vom sacrament des zarten fronleichnams Christi. Von straff deren, so ζύ unzimlicher zeit fleysch essen. Von zorn Gottes über die, so unwirdigklich daz sacrament empfahen. Von der heymlichen beicht der Sünden. Vom eelichen standt wider lutherisch eebrecherey. Von fasten und bußwirckung wider lutherisch füllerey. Vom gebett wider lutherisch irthumb von der not. Vom almüsen auch frembden betlern zu geben. Vom glauben und guten wercken. Vom christlichen frid und brüderlicher liebe. Von arglistigkeyt unnd falschem schein des Luthers. Von Luthers sachen, auß neidt angefangen. Von Luthers unfridlichem abangelion. Von schmehung und lesterung der lutherischen wider die muter Gots. Von irthumb und lesterung der lutherischen wider alle engein und heyligen Gottes. Von Luthers unchristliche 1er wider die jungkfrawschafft. Von bildstirmen der lutherischen. Von schmehung und krieg der lutherischen wider die todten. Von nachreden, Verspottung und Scheltwort der lutherischen. Von schmachworten und lügen des Luthers wider key[serliche] majestat. Von schand und schaden der lutherischen wider das hauß Osterreich. Von grossem blütvergiessen durch auffrürisch 1er des Luthers. Von unbillicher entschuldigung des Luthers der auffrur halben. Von Unrechtem außlegen des worts Christi, nit frid, sunder schwert zu senden. Vom schwert und untrew des Luthers wider seine gesellen und gemeynes volck. Von lutherischem anfang in hoffart und Übermut. Von unzimlichem disputieren des volcks von gotlichen dingen in weinheüsern. Vom wirbelgeyst und widerwertiger 1er des Luthers. Von unstetem windt lutherischer 1er unnd mancherley weiß.

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Fabri: Summarium

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Von leichtvertigen sinn und schreiben der lutherischen von Got und vom XXXV glauben. Von erdichten lügen Luthers wider Jo. Fabri von der ee. XXXVI Von zwitracht der lutherischen undereynander. XXXVII 5 Von felschung des evangeliums in vil orten durch Luthem. XXXVm Von zukünftiger straff Gottes wider die lutherischen. XXXIX Von entschuldigung Jo. Fabri, warumb er Luthers 1er nit annem. XL

Den wolgebomen, edlen, gestrengen, frommen, vesten, wirdigen, ersamen und weisen herrn und freund, N. und N., wünsch ich, Johann Fabri, doc10 tor, gnad und waren evangelischen frid in Christo, unserm herrn und heylandt. Es seind etlich, als ich glaublich bericht, lieben herren, freund und brüder in Christo, die mich bezyhen", wie ich die zeit, so ich bey Ffürstlicher] Dfurchlaucht] unserm gnedigsten heim und landsfursten gewesen 1 , das evangelium verhindert, auch F.D. dohin beredt, das die selbig 15 bißher des Luthers 1er nit angenommen, sunder in iren erblanden verbotten hab 2 . Und die weil mir als eynem christlichen lerer nit gezimpt, solchs stilschweigend zu gedulden, sunder zu verantworten, auch meiner schaffnerey b unnd was mein glaub sey eynem yeglichen rechnung zü geben, sag ich wie Johannes, das in ynen die warheyt nit sey, yr red sey auch nit auß 20 Got, sunder dem fürsten diser weit und aller finsternüß. Dan wer wolt also gotloß sein, der wider das evangelium wer, durch welchs unß so vil guter verheyssung, ja durch welchs unß kommen seindt so vil frolich und trostlieh botschafften, ja grosse freüd, wie der engel zu den hirten gesagt.

Luc. XVI [1.2] I. Pet. DI [15] I. Joan. I [6.8.10] Acto. V [Apg. 5, 38.39] Joan. ΧΠ [46-50], ΧΠΠ [15-26], XVI [7-15] Luc. Π [10] Ezech. I [26-28]

Das erst capittel. 25

In dem evangelio ist der geyst des lebens, das wasser des heylandts, welchs springt in das ewig leben. Es ist das recht himelbrot, durch welchs ι ι · · ·« a ·η , . 0 nach dem wort Christi der mensch gespeißt wirt, wie Christus zu dem versucher geredt, welche es erklären, werden haben das ewig leben. Durch dise thür wolcher nit eingeht, der ist eyn dieb und m6rder, welcher aber 30 durch dise thür eingeht, der wirt selig, der wirt ein und auß gehn und finden die weyd. Welcher nicht wandelt in disem liecht, so erleuchtet die gantzen weit, der steht in der finsternüß, dann er ist das liecht zu erleüchtung der v6lcker. Darumb kommen, das er denen brecht das liecht, die da sitzen in der finsternüß und dem schatten des todts, des halben er sich 35 nennet das liecht der weit, und keyn finsterniß ist in ym. Mit disem hochzeitlichem kleydt, welcher nit bedeckt ist, dem sol man hend und füß zusamen binden und werffen in die außwendigen finsternüß. Darumb sich zü keynem christenmenschen zü versehen, das er das evangelium hindern wol, das es nicht scheinen sol.

a) bezichtigen

12 Reformation 1

b) A m t s w a l t u n g

Joan, vi l5,^™"5^' , ΛΑ [ j 1 J, 111111U—• 14J j oan vi [32-35] Matt. ΠΠ [4]

L ^ j n j [^j -13 ' Deu. vm t5 M o s e 8 · 31 Sä XXIIII j oan χ [j 2] Joan, ι [4.9] V u c "'L^L Joan. m [19—21] Luc. i [79] Joan · vm [12] j o ^ ^ x ' ^ 39^ Mat. xxn 111 — 13J

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Fabri: Summarium Das ander capittel.

Aber, lieben briider, hütent eüch vor den falschen propheten, dann euch Christus gesagt: Es werden vil falscher propheten auffstehn, vil verfürer, und die boßheyt under ynen wirt überhandt nemen, die lieb aber in ynen vil erkalten. Ja mit ynen werden auffstehn falsch christen, zeychen 5 und wunderzeychen geben zu verfüiren die außerweiten Gottes. Vor denen hat uns gewamet Petrus, dergleichen Joannes. Es seint leider vil partheyen, vor denen sollent yr eüch hütten, dann sie mer windt dann das war evangelium füren. Vorsehent eüch vor denen, so eüch für das brot bieten den steyn und für den fisch geben den schlangen. Besehent0, das man eüch nit 10 mit unnützen worten verfür. Der prophet Hieremias schreibt an vil orten von denen propheten, die sich für propheten außgeben, aber yr prophecey ist nicht war, sunder lügen. So hat uns der herr im evangelio gar trewlich verwarnet vor den propheten, ja vor den pseudoprophetis, das etlich kommen werden und sagen, sie weren Christus, ja etlich an disem tag sagen: Ο 15 herr, herr, ist ym nicht also, in deinem namen haben wir prophetisiert, auch die bösen geyst außgeworffen und vil wunder gethon. So wird ich ynen, Psal. VI spricht Christus, sagen: Ich kenn eüch nicht, gehnt hin von mir, yr alle, die do würcken die boßheyt. Darumb nicht eyn wunder ist, ob gleich etwo leüt zu unsern zeiten gefunden werden, die sich für heylig evangelisten außge- 20 ben, mit worten bekennen Christum, aber mit den wercken verleugnen. Tit. I [10.16] Wie dann Paulus zum Tito schreibt, die under eyner gestalt eyns eynfeltiMat. VII [15] gen schäfflin wandlen, aber inwendig seindt sie reissend wolff. Vor denen Acto. XX [Apg. die Ephesern Paulus auch gar trewlich gewarnt. So hat sich der geyst der 20, 29—31] finsternüß mermals, als auch Paulus schreibt, verändert zu eynem engel des 25 Π. Cor. XI [14] liechts und wie das außerweit vassz, der lerer der heyden, zu den PhilipActo. IX pensern schreibt: Es seind ettlich und vil, so Christum predigen, nit auß Philip. I [15] guten willen oder lieb, sonder auch zu zanck oder hader. Dieweil dann die ding mit dem evangelio sich zutragen und begeben haben die zeit, als es noch grien in der ersten kirchen was. Ja dieweil die 30 Luce ult. [24, 32] zwen jünger in Emauß mit der warheyt sagen mochten: Unser hertz was erzündt, als er mit uns redt auff dem weg und verdolmetscht uns die Matth. ΧΧΠΠ gschrifft. Deßhalb sich nit ζύ verwundern, ob yetz bey dürrem holtz und [5.11.12] zu der zeit, do die lieb fil erkaltet ist, auch sich solchs begibt, nemlich das Esa. XXIX [13] vil sich berümen mit dem mund und so weit yn die zung hafftet des evan- 35 Mat. XV [8] geliums. Aber wie der Esaias, auch Christus sagt: Yr hertz ist weit dovon. Mar. VII [6] Das aber nit sein sol, sunder wie Joannes spricht: Wir sollen nicht mit I. Joan, m [18] worten und der zungen, sunder mit den wercken und der warheyt lieben. I. Joan. ΠΠ [1] Darumb leret uns Joannes auch und sagt: Ir solt probiern die geyst, ob sie auß Got seyen oder nit, vil seind von ynen außgangen, waren aber nicht 40 I. Pet. ΠΠ [6.11] auß yn. Deshalb nicht gnug ist, das eyner das evangelion oder ander schrifft herfür zieh, er müß es reden als die wort Gottes. Ist ym nicht also? Mat. ΠΠ [1 — 11] Das auch der sathanas, als er den herrn nach den XL tagen, die er gefast

Matth. ΧΧΙΠΙ [11.12] Mar. ΧΠΙ [22] Π. Pet. Π [pass.] I. Joan. ΠΠ [1] Acto. ΧΙΠ [Apg. 13, 6—12] Pro. X [Spr. 10] Mat. VII [9.10] Ephe. ΠΠ [14] Hier. ΧΧΠ [= Jer. 23, 9 ff.] Mat. VE [15.22.23]

c) Seht euch vor

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het, versucht? Hat er gar eyn schonen sprach auß dem kiinigklichen propheten herfür bracht, auch vor dem herrn des evangeliums und dem rechten eynigen meyster aller geschrifft, der alleyn der meyster ist gewesen, wie Nicodemus sagt, der den weg Gots in der warheyt lert, und wo ym Christus nit widerumb mit der gschrifft het geantwort, als er yn dann drey mal auß eynem buch Deuteronomii abgetriben unnd zeschanden gebracht, hetten die hellischen doctores gemeynt, wie ir sathanas unnd obrister 1ermeyster die sach erobert und die höchsten weißheyt uberwunden und dem starcken gewaltigen künig der glorii die hellischen porten mit gewalt vorgehalten. Paulus auch als er zu dem Timotheo schreibet, sehent zu in der ersten epistel alleyn, was er thüe unnd seine junger lerne. Er warnet sie vor denen, die da fablen lernen, unnd ding die da nit bauwen den tempel Gottes, wie ettlich irrender redent, das sie nit verstandent, das er nach den ersten prophetien leren woll, zeyget im an, das bey dem glauben Himeneus und Alexander geirret, das die weiber nit lernen und leren sollent, wie der biscchoff unnd diacon gelert sein sollen, das ettlich kummen werden mit geysten der irsalkeyt, auch ettlich abweichen vom glauben, wie er dem letsten ermanung und der lere acht haben soll und das wort Gottes predigen, wie er sich mit leren gegen den ältern, jungern und mutern schicken soll, das er die gerechte und nit falsche lere annem unnd sich nicht verfüren laß den falschen namen der kunst. So er eyn evangelist sein woll, das er es mit dem werck beweiß, das er mit worten nit zanck, dann es sey nit gut, dann alleyn zu umbkerung der zühörer, und das er das wort des herren, ja der warheyt recht handien woll, mit vil ander lere, die er gibt ze verstandt der gschrifft, die von Gott einblasen, das alles Paulus darumb gethan, das er wol gewißt, was daran gelegen, das evangelion zu lernen. Darumb aber nit gnug, das man das evangelion sag, schreib oder predig, es soll recht gehandelt werden. Dieweil aber nun ich bißher unnd jetz in das neund jar gesehen hab, das leyder in Deutscher Nation vil falscher evangelisten erstanden, die den kostlichen schätz von berlin und aller edelgesteyn, goldt unnd ander kostliche kleynot für die auffrürigen schwein geschüt [vgl. Matth. 7, 6], und das nit gehandelt nach der warheyt und liebe Gottes, sunder auß neid und nit auß liebe, zum bösen und nit zum guten, zu auffrür und todtschlag, nit zu frid, zu ungehorsam, nit zu gehorsam, nit zu bauwung, sunder zu Zerstörung, zu leichtfertigkeyt des lebens, nit zu erberkeyt und eer Gottes, wie Paulus Timotheum und Titum, auch ander gelert, und in summa zu allem ubel, sünd, schandt unnd laster.

Psal. XC [= 91, 11.12] Ephe. ΠΠ [13-16] Joan. ΧΠΙ [13] Matth. XXIII [8-10] Joan, m [2] Deut. V m [5. Mose 8, 3] Deut. VI [5. Mose 6, 16.13] Psalmo ΧΧΙΠ I. Timo. I [4-10.20] I. Timo. Π [12] I. Timo. ΠΙ [2.9] I. Timm. ΠΠ [1.6-16] I. Timm. Π [wohl 1, 18.19] I. Tim. V [25] und VI [3-5.20.21] Π. Timm. Π [2.14-16]

Phil. I [15.17] Ro. ΧΠΠ [19] Ro. XV [2] I. Cor. ΧΠΠ [1.12]

Das dritt capitel. Hat mich darumb mein gewissen, die dann mein glory ist unnd mir Π. Cor. X [1.5.6] 40 kundtschafftd gibt, ja die warheyt und liebe zu Gott und seinem heyligen Π. Cor. XII [20.21] wort, gezwungen, daz ich nit dem evangelio, sonder dem falschen außle- n.Cor.xm[5—11]

d) Kenntnis 12*

172 Ephe. ΠΠ [pass.] I. Timo. I [5] Π. Corin. I [12] Vergili3 Romm. VI [5.11] Joan. ΙΠ [5—7.18] Romm. XV [4] Psal. XCin Psal. CX Hieronymi sententia(?)4 Psalmo CXVin [= 119, 30]

Luce ΧΠΤΤ [12]

Psal. I [1.2] I. Timm. ΙΠ [15] Π. Pe. ul. [3, 15—17]

Mat. XVI [12] Psal. ΧΧΙΠ

Heb. XI [pass.] Magnus annus Piatonis 36000

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gen, leichtfertigen dolmetschen und unchristenlichen verstandt widergestrebt hab, als ich dannoch, die weil der geyst regiert dise gelider im t6dlichen leib, durch Gottes gnad thün will. Wiewol, wir sollen erfaren die geschrifft, dann durch soliche trostung haben wir die hoffnung, und es steiget der mensch zu hohem hertzen, und Got wirt erhocht. Aber der verstand ist gut, spricht David, denen so im nachkommen. Ist war, das die geschrifft, ja ich sag das evangelium stat nicht im lesen, sonder im erbern, rechten unnd christelichem außlegen und verstandt, wie geschriben stat: Declaratio sermonum tuorum illuminat et intellectum dat parvulis [Vg.: Ps. 118, 130]. Die außlegung deiner rede erleuchtet und bringt verstandt den kleynen. Dann wo der selbig recht christenlich verstant nit angenommen wirt, mag ein jeglicher schier auß jedem wort des evangelions eyn sondere ketzerey auffrichten. Und es ist war, das Arrius5, Manicheus6, Nestorius7, Valentinianus8, ja auch die Hebioniter9, Luciferiani10, Pelagiani11 und andere ketzer alle alley η ire ketzerey habenn wöllen auß dem evangelio begründen, als sie dann thünd nach irer meynung. Das ist aber nit des evangelions schuld, sonder das sie verkert seind und eyn irrigen verstandt haben. Und ich mocht (wann ich wolt) sagen, das keyner schüch an tragenn, ja keyner keyn taschen tragen und keyn stecken und uff dem weg niemandt grussen solt, die weil es Christus also Lu. am X. [4] hat gepotten. Und wann ich were also eynrichtigs6 kopffs unnd sagen, wolicher zu eynem mittag oder nachtmal berufft seine freund, bruder, schwager, nachpauren oder reich, der thüe wider das evangelium Luce ΧΠΠ [12], wer wolt mir es verbieten, dann es ist der offen text? Aber nit also, lieben brüder, nit also. Die kirch (schreibt Paulus) ist eyn saul und veste der warheyt, wie uns der gemeyn christelich verstandt das evangelium außlegt, also mögen unnd sollen wir es annemen und außlegen. Horent, horent, was zu der zeit Petri und Pauli, die weil sie beide gelebt, sich zugetragen hab. Petrus beschreibt es in seiner canonical wie Paulus, sein allerliebster bruder, nach der weißheit, so im gegeben, in seinen episteln ertliche ding, die schwer seind zu verstan, beschriben und geredt hab, weliche etliche ungelerte und unbestendige vermassiget8 haben oder verweist. Gleicher weiß als ander geschrifften inen selber zu verdamniß. Darumb spricht er: Ir bruder, so ir das vor wissent, behütend euch, das ir nit durch der unweisen irsal verfürt werdent und fallen von eygner bestendigkeyt. Das seind die wort des heiligen Petri, dardurch ich der gantzen weit, ja allen hellischen porten will widerstan unnd erhalten11, das das evangelium, die epistel Pauli, nit im lesen, sonder erbern christenlichen verstandt seind und stondt. Dieweil dann unsere evangelisten1 ir außlegung alleyn bißher dahin gericht, das sie allen lerern, beichtigern und marternJ (die ir blüt von des evangeliums wegen vergossen, die durch den glauben uberwunden die reich) widerwertig gewesen unnd noch seind. Ja mit, under unnd inen selber nit eynß, sich auch der außlegung nit vergleichen11 künden. Darzü biß zu dem

e) eigensinnigen bestehen, beweisen

f) kanonischen Brief g) verändert, verdreht h) darauf i) d.h. die Lutherischen j) Märtyrern k) einigen

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grossen platonischem jar und biß zu griechischen kaienden nit verglichen werden und also die geschrifft versudlent, inen zu schaden, und doch dargegen die kirch, darumb Christus als das haubt arbeyt, sey on masen1 unnd runtzel etwan als eyn reyne jungkfraw zu verantworten, ynen widerwertig, die doch so lang und so vil hundert jar in eynen Gott, in eynen tauff, in eynem glauben, rüwig und fridlich regiert. Solt ich nit sorgen, ja mocht ich nit mit der warheyt reden, das sie nit von dem heyügen geyst, sunder von dem geyst, der die schwein der Gerasenorum in daz meer gestützt, erleücht werdent? 10

Ephe. V [27] Colo. I [ 1 8 - 2 3 ] Ephe. V [29.32] Π. Cor. XI [2-4.15] Ephe. ΠΠ [ 3 - 6 ] Mat. V m [32] Marc. V [13] Luc. V m [33]

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Das ΧΠΠ. capitel.

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Unnd in summa, was wil und sol ich von eynem an des andern erzelen. Mengklich"1 ist wissen, das die lutherischen durch yr evangelium gelert und an allen orten gepredigt haben, das der eynig glaub" gnüg sei, und der guten werck bedorffen wir nichts, ja sie seind sünd15, wie wol sie umb das w6rtlin, das sie in dem Paulo verstolen haben, keyn geschrifft anzeygen mügen, und auch dise red an allen orten ist wider das evangelium, noch dannocht, das sie vil müssigganger an den marckt stellen möchten, auch keyn Moyses mit auffgehebten henden betten und keyn Tobias die abgestorben begraben liessen, sunder an allen orten weren nachgelassen" hend und ungebogne knü, haben sie dise grobe speiß müssen mit gewalt in den gemeynen man trucken, der auch so lang disem schlangen zugehört, biß er die verbotne frucht angebissen und zületst leyder in eygnem blüt verdorben ist.16 Wie meynt yr, ob ich nit wider sie mit dem evangelio zu streiten bereyt sey. Joannes der Tauffer, Christus, Petrus und Paulus predigten, das wir penitentzp würcken solten, und Joannes wil, das wir frucht der penitentz thüen. Darumb so Bethsaida, Capharnaum, Corozaym unnd andere stett nit penitentz gewürckt und wie die Niniviter in äschen und sacken kommen, hat sie Got der herr gescholten, wie dann Paulus auch zu den Römern schreibt: Weyßt du nit, das die gütigkeyt des herrn dich füret zu der büß? Es lernt Christus seine jünger: Also sol eüwer liecht scheinen vor den menschen, darmit sie sehen eüwere gute werck und glorificirent den vatter, so der ist in den himeln. Wir sollen eingehn durch eyn enge porten in das reich Gottes, eingehn under dem creütz, oder wir seindt des herrn nicht wirdig, mügen auch nit sein seine jünger, und zu gleicherweiß, als er hat müssen leiden und auffstehn von den todten, also müssen und werden wir auch durch vil trübseligkeit eingon in das reich Gottes. Darumb dise zeit, in der wir arbeyten sollen, achtet er eyn ernd sein und beklagt sich, das so wenig arbeyter darin sein. Straft auch die müssigganger auff dem marckt, fürt sie in den Weingarten, zu arbeyten umb den tagpfenning, und

1) Flecken ße

m) Jedermann

n) der Glaube allein

o) nachlässige

p) Bu-

Mat. XX [3] Exo. XVD [2. Mose 17, 4.11.12] Tob. m [= ι, 20.21; 2, 3.7-9] Heb. XII [12] Genn. ΠΠ [= 1. Mose 3, 1 - 6 ] Mat. m [2.8] Acto. [Apg.] m [19], ΧΧΠ [= 17, 30] Mat. Π, XI [21.23] Luc. X [13.15] Rom. Π [4] Mat. V [16] Luc. Xffl [24.25] Mat. Vn [13.14], XVI [24] Luc. IX [22.23], ΧΠΠ [27] Act. ΧΙΠΙ [Apg. 14, 22] Mat. IX [37] Mar. ΠΠ [29] Mat. XX [3.4] Π. Thes. ID [10]

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Mat. XXV [1—12] eynen solchen müssiggänger, so nit arbeyten wil, achtet Paulus unwirdig Luc. ΧΠ [37.38] der speiß. Christus die wachenden jungkfrawen hat er gelobt, zü den schlaffenden und die yr ampel nit bereyt, hat er gesagt: Ich kenn euch nit. Den knecht auch, der gewachet unnd zü seinen Zeiten den weytzen außgeteilt und den sein herr also werckend funden, lobet der herr unnd sagt, er sei selig. Darumb ist nicht gnüg, das eyner sich des wort Gottes unnd seines blossen glaubens berüm, wann die werck nicht hernach volgen, Mat. VE [21] dann der, so do also thut unnd lernt, der wirt groß sein im reich der himel, Luc. XI [28] und selig sein die, so das wort Gottes hören unnd es behalten. Das ist der Mat. ΧΙΠ samen, so do fallet in daz gut erdtreich, das wort Gottes, welchs gehört [8.23.31.32.37.38] behalten und mit den wercken volzogen wirt. Der glaub ist wie das kleyn Luc. v m [8.11.15] senffkomlin, das sol aber nicht kleyn bleiben, sunder in die werck wachsen Mar. ΠΠ [8.20] zü grossen asten. Dann yeglicher güter bäum, ob er güt oder wurmsüchtig Luc. XVII [6—10] sey, so der bäum nit wil frucht tragen, sol man yn billich außreütten und Mat. ΠΙ [10], VII nach dem evangelio in das feüer werffen und verbrennen. Darumb Christus [19] den grienen feigenbaum verflucht, wiewol er grün ettlich jar gewesen, so Lu. Π, VI [43.44] er aber nie keyn frucht getragen, hat er müssen gedulden den fluch, das er Mat. VII [17—19] gantz und gar erdorret ist, dardurch wir lernen den glauben on die frucht Mar. XI [13.14] wirdig des fluchs, derhalben dises kornlin gelobt würdet, das hundert, Luc. ΧΙΠ [6.7] sechtzig und dreissigfaltig frucht bringt. Und eyn yeder ackerman von hoffMat. ΧΙΠ [8] nung wegen der frucht wirdt gelobet. Ja, von der frucht kennen wir die I. Cor. IX [10] menschen, die eyner gesehen hat als die bäum. Unnd nit eyn yeglicher, der Π. Tim. Π [6] sagen wirt, ο herr, ο heiT, wirt eingehn in daz reich der himel, sunder Mar. Vin [8] welcher thut den willen des vatters. Eyn knecht, der do weyß den willen Mat. VII [21] seines herrn und thüt yn nit, der selbig wirt mit vil streychen geschlagen. Luc. VI [=12, 47] Umb das evangelium ist es also eyn ding, das der, so es hört und ym nachkommet, wirt geachtet eyn weiser man, der do bawet auff eynen felsen, dem die wind, auch das wasser an seinem baw nit schaden mügen. Aber der, so es alleyn höret und ym nit nachkommet mit den wercken, der wirt eynem thoreten man vergleicht, der sein hauß bawet auff eynen Luc. VI [48.49] sandtbühel, dem das wasser und die wind schaden züfügen und das hauß Mat. VII [24—27] gar hinfüren mügen. Christus hat bey Luca das lob, das er gethon und Act. I gelernt hab, wie er dann nie müssig gewesen, sunder alweg in denen Joan. IX dingen, so dem vatter zugehörig, sich geübt hat, der, so alleyn eyn horer Jaco. I (23] und nit volbringer ist des wort Gottes, wirt vergleicht einem, so sein angesicht anschawet durch eynen Spiegel. Ja, nicht die horer, sunder thüer Rom. Π [13] des gesatz (schreibt Paulus) werden gerecht gemacht vor Gott dem herrn. Es ist also eyn ding umb das evangelium, das die ersten die sach nit Jaco. I [4.22] alleyn mit dem glauben, sunder mit den wercken außgericht haben, darumb Mat. ΠΠ [18—20] Simon und Andreas, so bald sie berüfft, haben sie verlassen das schiff und Ut sup. [ebd. die netz. Die zwen sün Zebedei, Jacobus und Joannes, nit nur alleyn ver21.22] lassen das schiflin und die netz, sunder auch yren eygen leiblichen vatter. Mat. XIX [= 9, 9] Matheus sein gewinlich ampt des zols. Joannes und Philippus hinach. Hat Mat. IX [= 10,2.3] der herr von seines evangelii wegen w6llen haben, das eyner verlassen solt Mar. IX [= 10, sein hauß, brüder, schwester, vatter, muter, kinder und äcker, als dann Pe29.30] trus für sich und die andere jünger trostlich gesagt: Ο her, nim war, wir Mat. XIX [27] haben verlassen alle ding und sein dir nachgevolgt. Zacheus hat sich bege-

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ben, den halben teil seiner guter den armen zu geben. Und als das evangelium solt außgebreyt und in die gantze weit allen creaturen verkündt werden, sihe zu, haben sie das yr verkaufft und zu den füssen der zwölffbotten q getragen, so eilentz müssen die werck hernach gehn im evangelio, das auch Christus den, so er berüfft, nit w6llen lassen vergraben seinen vatter. Unnd welcher eyn volkomner evangelist sein will, der müß eilendts gehn und verkauften, was er hat, und nit alleyn glauben, sunder geben den armen. Den armen geben ist nit alleyn, das ich im hertzen hab und glaub, sunder den armen müß ich brechen (wie Esaias sagt) das brot, und die dürftigen, auch bilger, einfüren in mein hauß. Also do der herr das volck in der wüste gespeißt, hat er das brot gebrochen, und die jünger haben es fürgetragen, wann der herr wirt zu ym berüffen die gesegneten seines vatters, die schäflin zu der gerechten' handt, wirt yn erzelen die ursach seines segen und sprechen: Ich byn hungerig gewesen und yr habent mich gespeißt, mich hat gedürst und yr habent mich getrenckt, ein bilger was ich und yr habent mich züsamen gesamlet, ich was nackend und yr haben mich bedeckt, kranck und yr habent mich heimgesucht, in dem kercker und yr seindt kommen zü mir. Fürwar sag ich euch, so lang yr eynem auß den wenigsten diser meiner brüder das gethon habent, so habent yr mir das gethon. Hie in disen worten ist öffentlich das werck, und will es Christus in sunder* gegen den armen mit blossem glauben nit bestehn lassen on das werck, so Got von uns erfordert. Dann wie Jacobus in seiner canonica sagt, wann der bruder oder die schwester nackent seind und bedorffen teglicher narung, und es sagt eyner auß eüch zü ynen: Gehnt hin und wärmet eüch, ersettigent eüch, gebent yn aber nit, was yrem leib not ist, was wirt es yn' nutz sein oder bringen, und die natur gibt es, das der hungerig oder dürstig mit frembden unnd blossen glauben nit mag oder wirdt gespeißt oder getrenckt werden. Es ist eben eyn ding, wie Esaias schreibt: Eyn hungeriger hat eynen trom und isset, so er aber erwachet, so ist leer sein seel. Und eyn dürstiger hat eynen träum unnd trinckt, und so er erwacht, ist er noch müd und leidet durst, und leer ist sein seel. Es müß eyner nur die hand außstrecken in die schoß des armen. Gleicherweiß als Christus uff S. Peters fürbringen schwyger" über den aussetzigen und andere gethon. In summa der bloß glaub on die werck wirt keyn spital erfreuwen noch ersetigen. Und der Samaritan zwische Hierusalem und Hiericho, der sy, als er mit barmhertzigkeyt über den verwundeten bewegt, im verbunden hat seine wunden, im eingossen das oly und den wein, gelegt uff sein thierlin, gefürt in den stall, im gepflegen, den Stallknecht den krancken befolhen, darumb gelt außgeben, unnd ob es not sein würde, weiter zu geben sich erbotten, von dem herren gelobt und das er der nächst sy, bekennet. Und wann Magdalena dem herren nit also die fuß gewaschen, getrücknet und das wolreichend über das haupt begossen, on zweifei, Christus hette sie gegen Simonem nit

q) Apostel germutter

r) rechten

s) in Sonderheit, besonders

t) ihnen

u) Schwie-

Luc. XIX [8] Mat. ul. [28, 20] Act. Π [Apg. 2, 44—47] Mat. VIE [21.22] Luc. IX [59.60] Mat. XIX [21] Luc. ΧΠ [33] Esa. LVin [7] Mar. VI [41], v m [6]

Mat. XXV [33—36.40]

Jaco. Π [15.16]

Esa. XXIX [8] Prov. XXXI [Spr. 31, 20] Mat. v m [3] Luce V [13]

Luce X [30—37]

Luce VII [37—47] Johan. ΧΠ [3—8]

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Luce XIX [11-26], V m [ 1 6 - 1 8 ] et XI [33] Matt. ΠΙ [ 1 7 - 2 2 ] Matt. V n [12.24] et x x m [3] Luce VI [ 3 5 . 4 6 - 4 9 ] , XVI [ 1 - 1 6 ] et XXI [2-4] Mat. ΧΠΙ Mar. X [ 1 7 - 1 9 ] Mat. XIX [ 1 6 - 1 9 ] Π. Cor. Π Π. Cor. ΠΠ

Luce XVn [10] Romm. XI [25] Εχο. Χ [2. Mose 10, 2 1 - 2 3 ] Mat. ΧΧΠ [39] Luce Χ [27.28]

Ex. ΧΧΧΠΠ [= 2. Mose 35, 2 0 - 2 9 ] Numm. XV [4. Mose 15, 3 8 - 4 0 ] Romm. V m [18] I. Cor. Π [9] II. Cor. ΙΠ [5.6] Rom. XI [36] Gal. ΠΙΙ [ 4 - 7 ] Π. Pet. Π [20.21] Rom. VI [ 1 2 - 2 3 ] Mat. VI [24] Mat. X [24] Joan. ΧΙΠ [16] Prov. [Spr.] VI [ 6 - 8 ] und XXX [25] I. Pet. II [12] Ephe. VI [6] Col. ΙΠ [22]

Fabri: Summarium

also gelobt, auch zu den jungem nit gesagt, warumb sie disem weib beschwärlich weren, sie hett eyn gut werck gewircket in im. Und entlich ist war, das Christus die, so gearbeyt haben, gelobt, unnd die, so das gelt habent in die schweyßtuchlin verbunden, nit gewuchert oder das liecht under den mütv gesetzt, die hat er gestrafft. Darumb für und für er zu den wercken seine junger ermanet und dise wort 'facite' und 'agite' w also offit gebraucht. Auch nit underlassen die armen witfrauwen bey dem geltkasten im tempel Salomonis von zweyer 0rtlinx wegen gelobt. Unnd den, so des vatters willen thüt, nennet er seinen brüder, sein müter und sein schwester. Wann er auch gefragt, wie man zum reich der himel kommen möge, hat er geantwort: Du weyst die gepot, du solt nit eebrechen, solt nit Stelen, solt vatter und müter eeren. Zu den jungern sagt er: Du solt halten die gebot. Ja, sagent meine und des rechten evangelii Widersacher, die den eebruch in der gschrifft taglich begangen: Es ist geschriben und durch den herren Jesum Christum gesagt: Wann ir thün werdent alle ding, die euch gepotten seind, so sagent, wir seind unnütze knecht. Darauß, sagent sie, volgt, daz die werck nichts seind. Sihe was thüt die blindtheyt in Israel und die erschrecklich finsterniß in Egypto. Der herr sagt nit, ir sollent nichts thün. Er spricht, wann ir thünd, nement war das thünd, das euch gebotten. Die gebot seind: Du solt Got lieb haben und deinen nächsten als dich selber, hoc facet vives, daz thü, so wirstu leben. Dann die gebott Gottes seind nit nur alleyn auff den grossen grünenden feigenbaum, das ist den blossen glauben, sonder auch auff die werck gericht. Darumb das volck zu Moysen sagt, alle ding, die der herr geredt, wöllen wir thün. Darumb haben sie die säumen an den mänteln getragen, das sie der gebot eingedenck wärent unnd sie mit den wercken volbrachten. Dann so sagent: Wir seind unnütze knecht, das ist, wir sollend dannest achten, das nit gnügsam leiden sy hie auff erdtrich gegen der glorien, so in unß eröffnet wirt. Dann keyn aug nie gesehen, keyn or nie gehört, so ist in keyns menschen hertzen nie auffgestigen das, so Got seinen liebhabenden bereyt hat. Wiewol wir nun unnütz knecht sein und nit gnüg seyen, etwas zü gedencken auß uns, als ob es kem und flüß auß uns, sunder unser gnügsamy ist von und auß Got, auß welchem alle ding kommen und seindt, nochz seind wir seine knecht und er unser herr, und so wir eynen andern herrn, es sey das fleysch, die weit oder den bösen geyst annemen, mügen wir beyden nit dienen, dann niemands zweyen herrn dienen mag, eyntweders den eynen hat er lieb und den andern haßt er. So wir nun seine knecht seind, mügen und sollen wir nit müssig gehn, sunder arbeyten, wie er, der knecht ist nit über den hern, und zü Sommerzeit eintragen, gleicherweiß als die omeyßa tragt zü Sommerzeit ein, damit sie im winter zü essen hab. Es läßt sich auch nit dienen alleyn zü äugen, das eyner eyn augendiener sey, wie Petrus und Paulus lerent, sunder es müß eyn weyser getrewer und fleissiger diener sein, der wach, das korn zü seiner zeit außzügeben, der güte rechnung halten müg,

v) Scheffel, Gefäß w) tut und handelt tigkeit z) dennoch a) Ameise

x) Scherflein

y) Vermögen, Tüch-

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und so ym der herr fiinff oder zehen pfundt bevilhet , wann er wider rech- Luc. x n nung geb, das er so vil gewunnen hab, das aber nit wol sein mag, wan er [ 3 7 . 4 2 - 4 4 ] die hend legt in die schoß. Als dann wirt yn erst loben der herr und ym über Mat. X V m [ 2 4 - 3 4 ] Luc. XVI [ 1 - 9 ] das ander auch vertrawen, deßhalb diser eyngefürt spruch mer wider die neüMat. XXV [ 1 4 - 2 3 ] wen falschen propheten ist, dann wider gemeynen christenlichen verstandt. Nun sagen sie weiter: Es ist im evangelio geschriben: On mich rao- Johan. XV [5] gent ir nichts thün. Sihe zu, das wir nichts güts thün mögen. Mit solichen blawen färben wolten sie gern in das faul schlauraffenlandt faren. War saget er wol, etwas güts thün on die genad Christi. Es ist bey den Mani- Johan. I [3] XI [36] cheern, Pelagianern und Luciferianern 17 langest funden und nidergetrucket, Romm. Romm. XV das keyner mog sein, der on die gnad Gottes etwas verdienstlichs thün Col. I [16.17] XXVIII [18] mog. Wir wissen wol, das on in nichts gemacht ist, durch in alle ding Matthei Johan. I [16] Act. XV [Apg. 15,11] gemacht seind, dann durch in, in im unnd auß im seind alle ding. Das Gott Ephe. Π [ 8 - 1 0 ] ist alle ding in allen dingen, alle ding bestond in im, das er gewalt hat in Johan. XV [1.5] himel und erden. In Gott alle ding seind lebendig und bewegniß haben, Judic. I [Rieht. 1, 14.15] durch sein gnad (der er vol ist) müssen wir salig werden, in im müssen wir Gene. I [1. Mose 1 9] bleiben. Er ist der recht weinstock, der vatter, eyn ackerman, und wir die Exo. XV [2. Mose 15, 2 3 - 2 5 ] armen geschoß 0 , gleich so er uns das gesafft der gnaden nit mitteylt, ge- Nu. ΧΧΧΠΠ schieht unns wie Axa, die erdtrich hat und weder unden noch oben keyn [= 4. Mose 20, 11] XV [2. Mose feuchte oder wasser, dann er ist der brunn, so feücht machet das gantz Exo. 15, 27] d erdtrich, bey ym ist daz wasser in Helim , durch yn ist das bitter wasser in I. Cor. X [4] Exo. XVII [2. Mose Marath süß worden. Ja an disen felß, der Christus was, hat Moyses mit der 17, 1 - 7 ] rüten geschlahen, und der felß hat geben das wasser, welchs auch springt Can. ΙΠΙ [Hoheslied 15] in das ewig leben. Es ist der verzeychnet brunn, der brunn des lebens, die 4, Deu. V m [5. Mose ander seindt brunnen on wasser. Noch dannocht mit der gnad Gottes mü- 8, 1 5 - 1 8 ] LXXVII [= 78, gen wir etwas, darumb so offt im psalter Got unser helffer genent, und so Psa. 15.16] er unser helffer ist, wie die geschrifft außweißt, müssent wir auch etwas Joan. ΠΠ [ 1 - 1 4 ] Psa. XXXV [ 1 - 3 . 9 ] thün. Darumb nit on ursach Paulus uns nennet helffer und mitwercker Got- Π. Pet. Π [17] tes. Also seint die zwolfbotten, so gepredigt, auch mithelffer Gottes gewe- Psal. IX [= 10, 14], XVII [= 18, 28.44], sen, wie der text in Marco beweiset. Hierumb auch Paulus Epaphroditum LI [14], LVI [= 57, eynen mitwercker und Streiter nennet, so er mit ym wircket, darvon aber in 4], LXX [= 71, 1 - 4 . 1 2 ] , LXXX [= eynem andern büch wider die Zerstörer des freyen willens 18 , welcher, so er 81, 8] nit bleibt, ist gewiß, das Gott nit mer mag gerecht sein und die gerechtig- I. Cor. ΠΙ [9] Mar. XVI [ 1 5 - 2 0 ] keyt Gottes fallen müß. Das doch ist wider alle geschrifft, dann er ist ge- Phil. II (!) [wohl recht und hat lieb die gerechtigkeyten. Auff dis mal ist gnüg, das wir Kol. 1, 7] Psal. V n [9-12.18], etwas thüend, doch durch und mit ym, deßhalb er auch gesagt: On mich X [= 11, 5 - 7 ] , mügent yr nichts thün [Joh. 15, 5]. Was wollen wir vil darauß machen, CXim [= 116, 5], CXVIII [= 119, Christus sagt: Welche güts gethon habent, die werden gehn in das ewig 7.40.123.142], e leben, welche aber boß gewirckt haben, in die urstendt des gerichts. Das CXLmi [= 145,7.17] Soph. ΠΙ [Zeph. 3 , 5 ] seindt klar und lauter wort, die wir nit verlaugnen künnen, unnd deßhalb Zacha. IX [Sach. 9, 9] durch Paulum geschriben: Er wirt eynem yeden geben nach seinen wer- II. Timm. IHI [8] Apo. XIX [wohl 17, cken, denen, so nach der gedult des güten wercks, glorien und eer und 31] unzerstorung, die do süchen das ewig leben. Denen aber, so do seindt auß Joan. XVII [25] Joan. V [29] zanck, zom, erzornung, trübsal unnd angst in alle seel des menschen, der Roma. Π [ 6 - 9 ]

b) überläßt

c) Schößlinge

d) Elim

e) Auferstehung

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Fabri: Summarium

Joan. XV [16] böses würcket. Darumb er auch seine jünger erweit und gesetzt hat, das sie

Mat. XIX [28] Luc. ΧΧΠ [ 2 8 - 3 0 ] und XXI [19] Mat. XIX [28.29] Romm. XV [18] Romm. I [16] Romm. XV [8] Hebre. X [ 2 2 - 2 6 ] Esa. LVI [10] Esaie Π [lOff.] Romm. X [15]

Roma. Π ΠΠ. Re. Π [2. Kön. 2, 8.13-15]

Romm. Π [17-20] Abac. Π [4] Roma. I [17]

Romm. ΧΠ [pass.]

giengen, nit müssig stünden und frucht brechten, und yr frucht also blib. Darumb auch, dieweil sie hyngezogen in die gantzen weit und nit nürn alleyn glaubt, sunder das evangelium verkündet und sich gegen meniglichen im guten geübt, hat sie Got der herr erweit, das sie sitzen sollen und werden auff den zwolff stülen zu urteylen die zwolff geschlecht von Israel, deßhalb hat er ynen gesagt: In eüwer gedult werdent yr besitzen eüwer seelen, und sagt yn endlich: Fürwar, fürwar, sag ich eüch, das yr, so alle ding verlassen haben und seindt mir nachgevolgt, werdent es hundertfältig nemen werden und besitzen das ewig leben. Das alles, liebste brüder, ist das evangelium, dann ich nichts reden darff, das Christus durch mich nit würckt. Ich beschem mich auch des evangeliums gar nichts, und Gott ist mein zeuge, das ich alleyn von der warheyt wegen geredt, und wie mag ich das, so ich sihe, hör und verstand^ nit reden? Eyn erschrockelich ding ist, fallen in die hend des herren, als mir gewißlich würd begegnen, wann ich eyn stummender hundt wer, der nicht ballen wolte. Ich weiß, wie schon die fuß deren seind, so den frid und das evangelium verkünden. Meynent ir aber nit, ob ich ursach gehabt und noch hab, das selbig ze beschirmen? Und in solichem artickel, daran ye der heyligen christelichen religion sovil gelegen, wider sie, so lang ich lebe unnd sie sich von dem irsal nit bekeren, ze streiten? Es beryemen sich etlich des geysts Pauli dermassen, als ob sie des Helief mantel alleyn mit Heliseo8 erwüscht und erst zü unsern zeiten der verstandt Pauli herfür komme. Mag ich wol leiden umb die gnaden Gottes, hab ich mein tag keynen beneidet. Aber ich beger demütiglich, das sie wollent dise irthumb auß dem selbigen underston ze schirmen, dann sie rüent inh die gesetz und glorierent in Got, wissent des selbig sein willen und sein rathe, vertrawen inen sie seind fuerer der blinden, underweisen die unweisen, meyster der kinder, und sagent, das der gerecht leb auß dem glauben. Das sag ich auch, wie Abacuck weißgesagt und Paulus geschriben hat. Aber nichts destweniger ist war, das er wünscht glori, eer und frid eym jeden, so da wircket daz gut. Nit die horer des gsatz, spricht er, seind gerecht vor Got, sonder die volbringer werdent recht gemacht [Rom. 2, 13]. Ermanet uns, daz wir im new des lebens wandlen sollen, das wir unsere glider sollen Gott dienen lassen, nit wandlen nach dem fleysch, sonder nach dem geyst. Dann die nach dem fleysch seind, die verstondt die ding des fleyschs, die aber nach dem geyst seind, empfindent und nement an, was des geystes ist, das wir unß in der liebe Gottes und den selbigen wercken üben sollen [vgl. Rom. 8, 1-17]. Bittet uns umb Götz willen unnd seiner barmhertzigkeyt, das wir unsere leib erzeygen und beweisent eyn lebendig hosti1, heylige und Gott wolgefallende hosti, daz wir hassen das boß und anhangen dem guten, das wir brüderliche liebe gegen eynander beweisent, in trubsal gedultig, dem gebett obligende, der heyligen notturfft gemeynendt, herberg gebent, wolsprechent, die uns verfolgent, wolsprechent und

f) Elia

g) Elisa

h) verlassen sich auf

i) Opfer

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nicht flüchent, niemant b6ß umb boß gebent, und so es müglich sey, mit yederman frid haben, sovil an uns sey. Wann unser feindt hungerig sey, das wir in speisen, unnd so er durst leidet, das wir im geben das tranck. Ja, sagt er, du solt nicht von dem bösen uberwunden werden, sonder uberwind in dem guten das boß. Erzelt darnach gar schön das gebot des nächsten, darvon lang auß der eynigenJ epistel Pauli zü den Romern euch ze schreiben het, das ich aber zu diser zeit von kürtze wegen underlassen will. Und als er zü den Corinthern geschreiben. Ist im nit also, sagt er, es werd eyn yeder nemen seinen Ion nach seiner arbeyt, das ist, wie Christus geredt: Komment zu mir alle, die ir arbeytent, und ich würd euch ergetzen. Er macht uns zü helffer und mitwürcker Gottes, ja zü werckmeyster, das der eyn auff das fundament lege und baw goldt, silber und kostlich gesteyn, ander holtz, hew und stipul k , aber eyns jeden werck, wie es sey, werd beweren das feür. On ursach sagt er nit, beschneidung sey nichts, die vorhaut sey auch nichts, allein die haltung der gebot Gottes sey etwas, und gar schon lernt1 er die Corinther, wie sie lauffen sollen umb die freye gab des himels, umb das sie die ewige krön erlangen mügent, von der er zü Timotheo schreibt: Niemant wirt gekrönt, dann der erlich streiten wirt. Darumb er sagt: Den streit ich bestritten, den lauff hab ich volbracht, glauben gehalten, umb das überig ist mir behalten die krön der gerechtigkeyt, die mir geben wirt der herr auff disen tag, der gerecht herr, nit alleyn mir, sunder auch denen, so lieb haben sein zükunfft" 1 . Deßhalb auch er seinen corpel" gekestiget 0 und in dienstbarkeyt täglich gebracht hat [1. Kor. 9, 27], unnd als er vil von den wercken gelernt, kommet er auff die lieb und sagt: Wan ich reden würd mit den zungen der menschen, auch engein, hab aber die lieb nicht, binn ich gleicherweiß als eyn tonender messig oder klingende zimbal, und so ich haben würd die prophetia und wißte alle heymligkeyt und alle kunst und würd auch haben allen glauben, auch also, das ich die bergk umbsetzen mocht, würd aber nit haben die lieb, so bin ich nichts. Sehent und horent die geheym Gottes, die er den weisen verborgen und den kleynsinnigen geöffnet. Es ist der lerer der völcker und sagt, het ich schon allen glauben und die lieb nit, so er sagt allen, nimpt er keynen auß, und die regel ist nit alleyn in der dialectica, sunder auch im Paulo gegrünt, dardurch klarlich wir haben den glauben auch on die werck mügen sein. Darumb auch drey tugent und gaben Gottes seindt, und ist eyns nit das ander, nemlich der glaub, die hoffnung und die liebe, das merer under den ist die lieb. Eyn schon kleynet q ist die lieb, die do bedecket die vile der sünd, und sälig seindt die, denen also die sünd bedeckt werden. Ja, Got ist die lieb, und welcher bleibt in der lieb, der bleibet in Got und Got in ym, von welchem an eynem andern ort wir fürter und mer reden wollen, in warer, nit erdichter lieb, die warlich bawet, in yr sollen alle ding geschehen, in diser sol unser glaub gewurtzelt sein.

j) einzigen, hier: allein aus der k) Stroh 1) lehrt m) Wiederkehr, Erscheinen n) Körper o) kasteit, gezüchtigt p) Es ist also erlogen, was die Lutherischen vom wunderwirkenden Glauben faseln q) Kleinod

I. Cor. m [8] Matt. XI [28] I. Cor. ΠΙ [ 9 - 1 3 ]

I. Cor. V n [19] und IX [24] Π. Tim. II [5] Π. Timo. ΠΠ [7.8]

I. Cor. ΧΠΙ

Mat. XI Luc. X

[1.2]

[25] [21]

Ficticium ergo est, quod Lutherani somniant de fide miracula faciente p Rom. XI [= 12, 9.10] I. Cor. XIII [1-8.13] Prover. X [Spr. 10, 12]

I. Pet. ΙΠΙ [8] Psal. XI [7] I. Joan. ΠΠ [7-21]

180 Π. Cor. VI [6] I. Cor. v m [1] Eph. m [17.19] Π. Cor. V [14] Π. Cor. IUI [= 2. Kor. 5, 10] Π. Cor. IX [6] Rom. ΧΙΠ [3.10] und ΧΠ [1.2.9.21] Gal. ΠΠ [18] I. Thes. V [15.21.22] Jaco. ΠΠ [17] Gal. VI [ 5 . 7 - 1 0 ] I. Cor. IX [= 2. Kor. 9, 6] Gal. VI [9.10] Jaco. I [4.27]

Gal. VI [10] Philip, m Gal. VI [16] Ephe. ΠΙ [17]

Ephe. ΙΠΙ [1.2.23.24.32] Ephe. V [1.2.9]

Ephe. VI [8.11-17]

Coloss. I [10; 3, 5.14; 4, 2]

I. Thes. V [21]

I. Timm. ΠΠ [12.16]

Fabri: Summarium

Kumr wider zu meinem gelerten und edlen Paulum. Frey sagt er zu den Corinthern, wir müssen alle geoffenbart werden vor dem richterstul Christi des heim, das eyn yeder fürbring die eygen ding seins leibs, was er gehandelt, ja das gut und das boß. Darumb er auch zü todtung des leibs ermant, deßhalb er seine kercker, wunden, gefengknüß, schiffbrüch, weg, wasser, morder, falsche brüder, hunger, durst, kelte und anders erzelt, und welcher kärgklich seens wirt, der wirdt auch kärgklich schneiden, und der do seen wirt in dem segen, der wirt auch schneiden von dem segen. Darumb er auch bittet, das sie vom übel standen und das gut thüent, dem guten anhangen, das selbig annemen, dem nachvolgen, das behalten. Und Jacobus: Der das gut weyß und es nit thüt, dem ist es sünd. Dann yeder werd tragen sein bürd, lernt Paulus die Galather, und was der mensch seen werd, das werd er schneiden, welcher in seinem fleysch seen werd, der werd auch schneiden die Zerstörung, welcher aber in dem geyst werd seen, der werd schneiden von dem geyst das ewig leben. Darumb spricht er, sollen wir thun daz gut und nit abnemen', dann zu seiner zeit werden wir es schneiden und nit mangel haben. Deßhalb auch, lieben brüder, die weil wir zeit haben, sollen wir würcken das gut gegen meniglichen. In diser regel sollen wir bleiben, und die, so diser regel nachfolgen, frid sey über sie und barmhertzigkeyt über Israel. Darumb, als er zu den Ephesiern die hohen heyligen und gottliche ding schreibt, meldet er den glauben gar recht, welicher in die liebe gewurtzelt und gegründet sey, das wir wandlen sollen mit aller demüt und senfftmütigkeyt, mit gedult, daz wir eynander bevor gebent in der liebe, das wir unß in dem geyst unsere gemüt ernewerent, der nach Gott beschaffen sey in der gerechtigkeyt und heyligkeyt der warheyt, alle das gut arbeyten zü besserung und bauwen. Gegen eynander gütig und barmhertzig seind, eynander vergebent, als uns dann Gott auch in Christo vergeben hat, daz wir als die kinder des liechts wandlent in aller güte und gerechtigkeyt, auch warheyt. Und beschlüst entlich hiemit, das sie wissen sollen, wie eyn yeder das gut, so er gethan, wider nemen werd von dem herren, er sey knecht oder frey, und rieht sie zü dem geystlichen streit, wider die gewalt der finsterniß, daz sie uffgeschürtzet" seind in der warheyt, das bantzer der gerechtigkeyt anlegent, den schilt des glaubens annement, das schwert des worts Gottes umbgürtent und den heim der hoffnung auffsetzent etc. Darumb hat auch Paulus stätigs gebetten für die Colossenser, das sie in allen guten wercken frucht bringen solten, das sie todten solten ire glider, vor allen dingen halten die liebe, dann die liebe wer und sey eyn bandt der volkomenheyt, das sie betten und ander güts thun solten. Wie er auch trewlich die zu Thessalonica ermanet, das sie alle ding probirent und was gut syv halten. Lang hetten wir andere geschrifft der güten werck halben zü erzelen, dann alle epistel Pauli deßhalben voll seind, unnd in sonders die zwo, so er seinem junger Timotheo geschriben hat, den er für und für zü den wercken ermanet, nit nur alleyn, das er glauben und den glau-

r) (ich) komme

s) säen

t) nachlassen

u) gerüstet

v) sei

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ben verkünden, sonder auch, das er den gelaubigen eyn exempel sein solt, im wort, gutem wandel, in der lieb, den glauben etc. So er daz thün, würd er selig machen sich selber und die in horent. Darumb solt er nachvolgen der gerechtigkeyt, glauben, liebe, gedult etc., das er arbeytenn solt als eyn guter riter Christi Jesu, das er sorgfeltig ware, das er eynen guten werckman gebe und nit eyn tagloner Gott des herren. Die unnd andere geschrifften Pauli undersetzent Moysi seine hend und umbstürtzen alle verkette außlegung, die zu schaden unnd nachteyl kommen den guten werken, als bißher durch die falschen propheten, würcker der boßheyt, leyder vil hundert tausent stationarii planeten w worden seind. Darumb ir briider, wollent nit hinder sich sehen wie die haußfrauw Loth, das ir nicht zu eyner saltzseul werdent. Schreyen nit nach dem fleysch, dem knoblauch, zwibel und kirpsen x in Egypto, gond nicht zu acker mit den ochsen und eseln, legend nit leinwat und woll an. Wisset ir nit das wort Christi? Niemandts, der die hend leget an den pflüg und hinder sich schawet, ist tauglich zu dem reich Gottes. Wendent euch von dem bösen zu dem guten unnd thund wie Petrus leret nach dem psalter. Der winter ist hin, der regen ist für, die blümen blüent auff unser erden, die blüm des feldes und lilium convallium y scheinent herfür. Jetzt ist der summer, sehen ir nit, das die äher 2 gelb und daz korn zeitig ist, darumb wir schneiden sollent. Der tag ist hie, die nacht ist für, darumb sollen wir hynwerffen die werck der finsternüß und anlegen uns die waffen des liechts, das wir auff den tag erlich wandeln mügen. Ich meyn nur, wir solten dem starcken gewapneten man sein Schloß abgewunnen und sein weer genommen, wir haben den starcken thurn David, daz ist das evangelium, für uns, haben vil gewapneter manner, do seindt wol tausent schilt, die wir gegen allen feürenen drackenpfeilen fürwerfen mügen, und wann wir den herrn am creütz auffwerffen, mügen uns die feüren schlangen nit schaden thün. Hie ist der gewalt der warheyt, darfür mügen die porten der hellen nit bestreiten. Der wein ist starck, die fraw ist starck, aber die warheyt überwindt alle ding, die bleibet und steht wie der tetragonus, das viercket 3 ding auff eynem glatten tisch zü ewiger zeit, und die lefftzen 6 der warheyt ist stet. Und wiewol wir nun dem listigen schlangen, dem seelmoder und verfurer der völcker seinen kopff zerknitschet 0 unnd der starck Nembrot, der gewaltig jäger, von dem in Hieremia, uns disen thurn nit abbrechen und eyn ander babylonischen darsetzen wirt, so wollen wir doch zü beschluß auch Petrum, dem die schaflin Gottes auch bevolhen seindt, hören und vernemen, nit was ym das fleysch unnd das blüt, sunder der himelisch vatter eröffnet hab. Sehent und horent alle die, so äugen haben zü sehen unnd oren zu hören. Als der fürst der zwoffbotten den glauben zügeschriben allen, so in Ponto, Galatia, Capadotia, Asia und Bithynia gewesen, sie gelernt, wie sie yre seelen reynigen solten, in gehorsam der liebe, ja in warer brüderlicher lieb, yr nachred abstellen, hoffnung

w) im Sinne: aus feststehenden (Fixsternen) wurden Wandelsterne x) Kürbissen y) Tallilie (vgl. Hoheslied 2, 1) z) Ähren a) viereckige b) Lippen c) zerquetscht

I. Timm. ul. [6, 11]

Luce ΧΠΙ [wohl Matth. 24, 11.12] Gene. XIX [1. Mose 19, 17.26] Numm. XI [4. Mose 11,5] Deu. ΧΧΠ [5. Mose 22, 10.11] Luce IX [62] Psalmo XXXVI 1. Petri ΠΙ [9-12] Cantic. Π [Hoheslied 2, 1.11.12]

Matthei ΧΧΙΠΙ [32.33] Mar. ΧΙΠ [28.29] Luce XXI [29-31] Ro. ΧΠΙ [12] Luc. XI [wohl 12, 35.36] Can. i m [Hoheslied 4, 4] Num. XXI [4. Mose 21, 6 - 9 ] Mat. XVI [18] ΙΠ. Esd. ΙΠ [3. Esra 3, 10-12] Aristotelis in Ethieis19

Psa. cxvm [= 119, 43] Pro. ΧΠ [Spr. 12, 19] Genn. [1. Mose] ΙΠ [1.14] und X [8.9] Hiere. XVI [wohl Hes. 26, 4.9] Can. ΠΠ [Hoheslied 4, 4] Joan. ul. [Offb. 17, 18 gemeint?] Mat. XVI [17-19]

I. Pet. I [1.22.13] und Π [11.12.15]

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I. Pet. ΠΙ [8—12; 4, 8]

Pro. X [Spr. 10,12] Rom. ΧΠ [9.10] Heb. ΧΙΠ [1] Phil. Π [1.2] Mat. Uli [= 16,17] Π. Pet. I [5-10]

Π. Pet. II [1.2]

Fabri: Summarium

ζύ Christo als dem rechten ecksteyn haben, fahet er an und sagt also: Ir allerliebsten, durch Got bit ich euch als die herkommen und bilger, das yr abbrüch habent und thüent von den fleyschlichen begirden, welche streiten wider die seel, eüwern wandel sollent yr gut haben undern volckern, auff das sie euch nachredent, als von den übelthättern, und wann sie euch bedencken auß den guten wercken, sie loben mügent Got auff den tag der heymsüchung. Dann das ist der wil Gottes, das yr wolthüend zu stummen machend der unfürsichtigen menschen unweißheyt, darumb er sie auch weiter leret, das sie in dem glauben eynmutig, mitleidig, liebsam, der brüderschafft, barmhertzig, bescheyden, demütig sein sollen, nit das sie boß umb böses unnd Scheltwort umb fluch geben, sunder herwider wolsprechen sollent. Dann in das seindt sie berafft, darmit und sie den segen mit der erbschafft besitzent. Welcher (spricht Petrus) wil liebhaben das leben und sehen gute tag, der bezwing seine zung von dem bösen, und das seine lefftzen nit reden eynichen list. Der wendt sich von dem bösen und thü das gut, such den frid und volg ym nach, dann die äugen des hern seind über die gerechten und seine oren auff der selbigen gebet. Aber daz angesicht des hern über die, so do thünd und machend das boß, deßhalb spricht und leret er weiter, sollent yr fürsichtig sein und wachen in dem gebet und vor allen dingen an eynander lieb haben, dann die lieb bedeckt die vile der Sünden. Nun zu eynem beschluß horendt und vernement eyn guldine kettin, nit die uns Homerus20 oder Plato21, sunder zu dem der herr gesagt hat: Selig bistu Symon Bar Ionad. Und was leret Symon Petrus der groß fischer der menschen von dem glauben und an der christlichen tagenden und gaben. Ir brüder, sagt er, alle und höchste sorg sollent yr fürwenden, das yr beweiset in eüwerm glauben die tugent, in der tugent die kunste, in der kunst den abbruchf, im abbrach die gedult, in der gedult die Gottes eer, in der Gottes eer oder begird die brüderlich lieb, in der brüderliche lieb die gotiich lieb. Dise ding, so sie sein werden bey eüch und fürtreffent6, werden sie eüch nit leer oder on frucht stellen in bekantnüß unsers herrn Jesu Christi. Welchem die ding nit bey und zügegen seind (spricht Petrus der heylig fischer) der ist blindt und grifflet mit der handt und hat vergessen der reynigung seiner alten missetat. Darumb, lieben brüder, fleissent eüch mer, darmit und durch die guten eüwern werck yr eüwer berüffung und erwelung gewiß machent. So yr dise ding thün werdent, werdent yr etwann nit Sünden. Deren gleichen vil het und mocht ich eüch anzeygen, nit nur alleyn auß dem evangelio, sunder auch auß dem alten gesatz, wie ich dann, so mir Got gnad verleihet, in eynem andern und sundern buch schreiben wil.22 Darumb mag ich sagen, wie Petrus, es seindt gewesen falsche propheten, die eüch von rechter lere abgezogen, die eüch hynlässig, müssiggänger und schlaffer gemacht haben, und das seind (wie Petrus spricht) lügenhafftig meyster, die einfürent die secten der verderbung, und der sie mit seinem blut erkaufft, verleügnent sie yn h zu eylender verdamnüß, und

d) Sohn des Jona

e) Erkenntnis

f) Mäßigkeit

g) eintreffen

h) ihnen

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vil werden yrem mütwillen nachvolgen, durch welche der weg der warheyt gelestert. Sehent yr, wie gar klar Petrus uns vor disen propheten gewarnet hat. Sie seindt die, sprechent und schreyendt, Got hab sie gesandt. Aber er wirt yn sagen, weichent von mir, yr boßheyt knecht, ich kenn euch nit, gleich wol ob sie zu hundert tausent mal ym sagen würdent: Herr, in deinem namen haben wir weißgesagt. Das sey nun gnüg wider die sün Heli, die kinder Belial, wider die priester Bethaven, wider die straßrauber, die da ligent zwischen Hiericho und Hierusalem, das sie die bilger beraubent und alle gute werck erschlagent. Sie haben (wie Paulus ad Timotheum schreibt) eyn gestalt der Gots eer, aber mit den wercken verleugnen sie den herren, bekennent bey inen selber, wie sie Gott erkennet, aber mit den wercken leugnen sie. Wie wol sie sich berüment, wie die Israeliter, das inen die gesprech Gottes vertrauwet seind und key η nation sey, die iren Got so nahe hab als sie. In irem sinn hat er keyner nation also gethan unnd sein urteyl eroffenet. Aber fürwar, sag ich euch, wann eyn mor' mag verenderen sein färb und der pardJ sein vilfarbte haut, alßdann werdent sie güts thun, so sie das boß gelernt, ja gewonet, und jetz vier tag mit Lazaro in dem grab gelegen. Wann sie kinder Abrahe werent, würden sie des selbigen werck thun. Aber von iren früchten werdent ir sie erkennen. Wie meinent ir aber, ob sie von den dornen lesen werdent weinbeer und von den distell feigen. Mit Christo mag ich sagen, liebe briider, nit urteylent nach dem angesicht, sonder urteylent daz recht gericht. Gedenckent der klag über Thiatyram, das sie Hiezabel, die gesagt, sie sy eyn prophetin, hat lassen irren unnd verfüren yre knecht. Hat yr geben zeyt zu der penitentzk, die sie aber nit gewürckt, darumb vil mit ir in trübsal kommen, und ire kinder seind mit dem tod erschlagen. Es ist schwar eynen andern knecht zu urteylen, besonder wan man urteylet nach dem fleysch, als zu unsern Zeiten vil geschieht, so ir nicht wissent, ob er dem herren uffrecht stat oder nit. Urteylent nit, so werdent ir auch nit geurteylet. Wie wol mir eyn wenigs ist1, daz ich von etlichen sol geurteylt werden oder von menschlichem tag. Got ist der recht urteyler, dem nichts verborgenn ist, der weyß die heymlichen ding der hertzen, er weyß die gedanck aller menschen und erfaret die hertzen unnd nieren der menschen. Darumb mich meine auffsätzige mißgünner nit versteynigen sollen, sie haben dann zuvor den klager mit warheyt gehört, und das ich uberwunden sey. Recte iudicare filii hominum. [...]23

Mat. XXV [wohl Matth. 7, 22.23] 1. Regum Π [1. Sam. 2, 12] Osee V [ 1 - 8 ] Luce Χ [30] Π. Timm. ΠΙ [5] Titum Π [= 1, 16] Roma. ΠΙ [= 2, 17.18] Joh. V m [41] Deut. ΠΠ [5. Mose 4, 7.32-35] Psalmo CXLVH [= 148, 14] Hiere. ΧΠΙ [23] Johan. XI [11-17] Joan. V m [39] Mat. Vn [16] Luce VI [44] Mat. VH Johan. Vn [24] Apoca. Π [Offb. 2, 20-23] Romm. Π [1] Joh. V m [15] Mat. VH [1] Luce VI [37] I. Cohn. Π [7.8] I. Cor. ΠΠ [3-5] Psal. VH [9.12] Psal. XLIX [= 50, 4-6] Prov. ΧΠ Esa. XXXm [22] Heb. ΧΠ [23] Hebr. ΠΠ [12] Psal. x c m [= 94, 2] Luc. VI Luce XI Luce ΧΠΙΙ Hebr. ΠΠ [13] Π. Par. VI [2. Chron. 6, 23.30] Psal. VH [10] Psal. LVn [= 58, 2.12]

Johan. VH [51]

Das ΧΧΠΠ. capitel. Nun wollen wir sehen, wie sich die evangelischen gegen den lebendigen Psal. V [10] und 40 gehalten. Ist im nit also?"1 Under den porten" haben sie verlachet und ΧΠΙ [= 14, 1]

i) Mohr genauso?

j) Leopard n) Toren

k) Buße

1) mich wenig kümmert

m) Ist es nicht

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Fabri: Summarium

menigglichen verspottet [Ps. 69, 12.13]. Eyn offen grab ist ir keelen, mit yren zun en PsXlxm/}8 haben sie nachgeredt, ir mund ist voll aller scheltung, unnd ir zungen 6-9] und XI [= 12, i s t das gifft, ir mund ist gestanden an dem himel und die zung umbgeloffen 3-5] auff der erden, unnütz ding hat eyn jeder geredt wider seinen nächsten, das [34-^^etXXin n a t e r 8 e z ü c h t hat das gifft gehabt under iren lefftzen. Da gangent schlaffen [13.28] die spotvogel under dem gekrönten herren bey Pilato, ja auch under dem Psal. xm [= 14, creütz, also haben sie verkeret alle rede, umbgestürtzt alle erberkeyt, zerrisMat. χ χ ν π s e n gehorsam und gewacket mit iren kopffen. Habent ir nit gesehen so [ 2 2 - 3 0 . 3 9 - 4 3 . 5 4 ] vil gemäld, brieff, dialogos und anders, wie Circe dem Ulissi und seiner Johan. g e s e lschafft schweinkSpff, hundßk6pff, katzen, beren, äffen und deren glei[2-5.io.li.- chen kopff gemacht unnd gezaubert. 25 Meynent aber ir auch nit, wo es 0 1 3 - 2 5 . 3 5 - 4 8 ] eyner vor dreissig oder viertzig jaren nur eynem schlechten eynfeltigen H 26 a r m e n m a n persius gethon, er wäre gestrafft, vileicht darumb ertrencket worden. Unnd das frumm evangelium, das gülden tuch, hat dise büberey alle müssen bedecken, und ich solt darzü lachen. Keyn Janus hatt vor disem storcken p mögen sicher sein. 27 Das seind die Momi, denen auch keyn Venus recht gemacht ist. 28 Also haben sie meniglichen verspottet, die eynes güten Psalm Π [4] und Verstands, auch erbers lebens gesin q , aber der in dem himel wonet, wirt sie XXXVI [=37, 13] auch verspotten. Ich hab dem Luther vorlangs in eynem büchlin 29 die pround LVm [=59, phecey Esaie geschriben: Wee dir, der du raubest, ist ym nit also und du 8 9 · ] wirdest beraubt werden, der du verachtest und du wirdest veracht werden? Esa. ΧΧΧΠΙ [1] So du müd würdest unnd nit mer verachten magst, alßdann wirdest du verachtet werden. Darumb rathet eynen weisen rath der weiß künig Salomon und Pro. ΧΧΠ spricht: Würff auß unnd vertreib den verspotter, so wirt mit ym außgeen [Spr. 22, 10] der hader und werden auffhoren die Ursachen, auch die schendung. Notate Π. Reg. X verba. Haben ir nie gelesen in dem andern künigbüch, wie David zu [2. Sam. 10, 4] Amon, der ein sun Naas gewesen, sein botschafft geschickt, da hat Amon des Davids knechten und gesandten abgeschoren yre halbe bärt, yr kleyder halb biß auff den arßbacken abgeschnitten, und sie also geschmecht wider heym geschickt. Haben es nit gar nach dise Anoniten allen menschen gethon, nit nur alleyn denen, die wider, sunder auch die nit gleich mit yn gewesen. Es heyßt, was du nit weit, das dir geschehe, soltu eynem andern auch nicht thün [vgl. Matth. 7, 12], Welcher auß eüch wolt sich also gern lassen schmechen, verspotten, sehenden und lestern. Nement, lieben brüder, für eüch eyn zeit auß allen historien, do die poeten, auch tragici und satyrici in höchsten eren gewesen. Befinden yr nit, das yr keynem gezimpt, ja von keynem gedult worden sey, also schändtlich dialogos, bücher und ander Sachen zu schreiben, on und mit namen, und menigklichen sehenden, als under disem, des Luthers evangelio. Wer ist vor disen beren und wolffen sicher gewesen? Es hat sich niemandts mügen vor disen leüten verbergen, keyn carteüser1, keyn jungkfraw in der zels, keyn priester in der kirchen, keyn eynsidel in der wüste. Es ist alles verachtet, verschmecht,

Psai. IX [= 10, 7 - 9 ]

o) schlichten, einfachen ler) s) Klosterzelle

p) Storch

q) sind

r) Mönchsorden (Einsied-

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verspottet, geschent und gelestert worden. Den eynen hat etlich man gesotten, den andern mit kolben geschlagen, den gebraten, eynen andern gejagt. Niemants ist ym gnug und gelert gewesen, alle unsere eltforder' seindt narren und esel, ja kinder gewesen, yr weißheyt, yr erberkeyt hat under die panck gemüst, keyn hohe schul hat keynen gelerten man, außgenommen Wittenbergk, gehabt, do sein die saulen der kirchen gesyn, wie Jacobus, Kephas" und Joannes, sunst haben sie öffentlich geschriben, alle hohen schul seind hurheüser, Sodoma und Gomorra, doher die hohen schulen und gelerten, auch yr synagoga abgangen. Von dem bapst, wie er der antichrist sey, auch der from gelert heylig man Adrianus, eyn teütscher bapst 30 seliger gedechtnüß, hat müssen geschendt werden, auch nach seinem todt. Alle bischoff und wir priester alle haben abgotter müssen sein, keynen außgenommen, kein priester ist mer, wie Pauflus] schreibt, zwifacher eer wirdig gewesen. Sie haben al von weltlichem gewalt, nit vor Timotheo under zweyen oder dreyen zeügen, wie Paulus gelert, und ob dreitzehen hundert jaren under allen christlichen keysem, als Constantino31, Theodosio32, dem jungen 33 und altem Valentiniano34 und andern gehalten, berechtigetv und verurteylt werden. Ist aber das auch recht wider offens evangelium, wider so lang gebrauchte freyheyt, eyn gantz priesterthumb entsetzen, ob schon eyn Judas under der zwolffbotten schar, oder eyn Ananias, eyn Symon under die versamlung kommen, solt man darumb alle zwolffbotten abthun und versteynigen? Darumb in eynem scherbenfenster eyn scheib zerbrochen, wolt man darumb die überigen all und das gantz fenster zerschlagen. Non sic impii non sic. Was sol ich weiter sagen, darumb in eyner stat eyner, zwen, drey oder auch hundert eebrecher werent, wolt man darumb abthun die ehe? Non sie impii non sie. Die frommen vätter in den klostern, die reich gewesen in der weit und alles, was sie gehabt, von Christo wegen nach seiner 1er verlassen, sich in eyn anschawent und hartes leben geben. O, her Jesu Christe, was böser wort haben die müssen leiden. Wie haben die draconischen evangelisten feüer außgeschossen, wie haben sie den Hieremiam versteynigt und die andern mit der segenw zerspalten. Der sun Zacharie ist nit sicher gewesen zwischen dem altar und tempel. Nichts anders, dann schlag zü todt, schlag zu tod. Christus sagt zü Petro, er solt einstecken sein schwert, so wollent sie es herauß ziehen, an dem end hat man in der musica leyder gesehen, was toni dises lang lied gewesen, das es ζύ letst eyn requiem etemamx geben hat. Ist es nit die warhayt? Keyn fürst gar nahet, der nit gleich die tempel zerstöret und die diener Gottes erschlahen, ist vor yn sicher gewesen. Der gelert frum und edel künigk auß Engellandt35 hat den Luther nur eyn wenig angerürt, heysset er yny wol hundert mal liegen2. Nennet yn eyn tippel, eynen narren, eyn sophisten, verlognen künig, eynen heyntzen, eynen block, stocknarren, und mit vil wunderbarlichen unnamen nennet er yn, und das er yn gnüg schendt, auch sein ungedult anzeyg, wolt er yn gern von dem

t) Altvorderen, Ahnen u) Petrus tenmesse y) d.h. Luther den König 13

Reformation 1

v) gerichtet z) lügen

w) Säge

x) ewige To-

Gal. Π [9]

I. Tim. V [17] I. Tim. V [19]

Joan. XVIII [2] Acto. [Apg.] V [ 1 - 5 ] und Vm [9-25]

Mat. ΧΧΠΙ [35] Matth. XXVI [52]

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Fabri: Summarium

künigreich gebracht haben und sagt, er sey nit eyn rechter künig auß Engellandt. Ist nit verbotten im evangelio, das wir unser nechsten nit narren nennen, ym nit racha sagen sollen [Matth. 5, 22]? Ist das dann eynen backen dargebotten, den mantel zum rock geben und noch tausent schrit gangen [Matth.o n 5, 39—41]? Kan ich nit verstehn. Hie wil ich Sylvestrum 36 , 5 OQ Catharinum , Doctorem Eckium , den gelerten Emserum , den frommen und gelerten Cocleum 40 , den sie zu eynem kochleffel unnd der Luther zu eynem armen Schnecken, o, du armer schneck, arma virumque cano etc., den Episcopum Ruffensem 41 , Jodocum Clithoveum 42 , auch vil ander bleiben lassen, die fürwar nit so wol schelten und sehenden künden als Luther. 10

Das XXV. capittel.

Act. XIX [Apg. 19, 23 ff.]

Es ist ye war, und yr alle, österreichische linder, wie mögen ir das an dem frummen edlen blüt von Osterreich leiden und gedulden, das er keyserliche majestat 43 , unserm allergnedigsten herren, uffgehebt sein wal zu der keyserlichen krön. Er schreibt (wie wol es nit war ist) das ym der keyser zu Wormß daz geleyt nit gehalten, sonder gebrochen hab. 44 Daz auch die teutschen fürsten gelernt, das sie nit glauben haben. 45 Ist das eyn schertz zu sagen? Was ungehorsam hat es gebracht und Verachtung keyserlicher majestat, und hat noch dises unkraut keyn end. Und newlich hat er über das keyserlich edict eyn verächtlich gloß gemacht, und ist das erst wort, der keyser hab es in eynem rauchloch gesehen, das ander und uberig ist so schendtlich und verächtlich wider den keyser, auch auffrürig, das ich es nit sagen noch schreiben darff. 46 Erst in eynem monat nechst vergangen 3 tratztb er noch den keyser in dem buch, das er schreibt wider die paurn am Bodensee 47 , und vil anders, das er zu tratz und Verachtung kfaiserlicher] m[ajestät] gethon und geschähen. Ist das evangelisch, solt ich des hauß von Österreich diener sein und mir das leichtfertig schreiben lassen gefallen? Das wol Gott nit, will ee drob sterben. Gott weiß woll die gütigen von der versuchnüß zu erlosen. Mir zweifelt auch nit, wann alle Österreicher so wol wißtent, wie diser ertzketzer die frommen fürsten von Österreich verachtet, verspottet und geschmächt, als ich, sie würdent von stund an alle seine bücher verbrennen. Gleicherweiß als die ζύ Epheso wider die grossen abgotterin Dianam gethon habent und bey irer erberkeyt imm christlichen glauben bliben. Gebent Gott, d a s Gott zugehört, und dem keyser, was dem keyser zugehört. Darumb auch Christus des keysers müntz schlag nicht verworffen, auch mit dem visch

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Luce XX [25] Mat. XVII [24—27] 35 Psal LXXXVII Joh v m [36] durch Petrum den zoll geben, wie wol er eyn freyer, ja under den todten eyn Luce Π f r e y e r freyherr gewesen ist. Er hat wollen under des keysers gehorsam geAct. XXV [Apg. born werden. Und Paulus appellirt für den keyser, lernet ym geben die ζδΐΐ, 25, 10—12] tribut, eer und die forcht. Alleyn disen abtrünnigen ist zügelassen, eynen solichen frummen und christelichen keyser zu sehenden unnd mit der un- 40 warheyt yn das gemeyn volck zu ungehorsame tragen. a) d.h. vor einem Monat

b) trotzt

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Das XXVI. capittel.

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O, lieben freund, der anfang deiner wort (spricht David) ist die warheyt. Aber die warheyten seind gemindert von den kindern der mensehen. Wie f[ürstliche] d[urchlaucht], unser gnadigster herr 48 , hat ein kind und anders müssen sein, als ob er das verflucht kind were, von hundert jaren, von dem Esaias schreibt, das ich aber yetz will beruwen lassen. Aber die gantz christenheyt weyßt, wie es eyn frommer, weiser, auch gelerter fürst sey. Wee dem erdtrich, des künig eyn kindt und des fürsten kinder. Aber sein f. d. ist deren kinder nit eyns, sonder wie Daniel, und nimpt täglich zü in kunst und weißheit. Warlich sein hertz ist in der handt Gottes. Er gat nit hin in der errüchten rath, stat nit in der sünder Straß, setzet sich nit in den sessel des ubels, in dem gesatz des herren ist sein will, darinn gedenckt er tag unnd nacht. Er ist gleich als das holtz 0 gepflantzet bey den wasserflüssen, sein blat wir nit hinfliessen d . Und ich, so mir dises mißfall, soll gezigen 6 werden, ich sey wider das evangelium? Ich wil eyn guter Österreicher ersterben und wie Paulus die stigmata f , also will ich weiß und rot 8 uß meinem hertzen nicht lassen. Und die weil dise zwen christeliche fürsten 49 , die also von iren vieren aenen, so von vil christelichen künig und künigin, keysern und keyseryn geborn, Luther veracht und mit der unwarheyt antast h , wil ich sein leer und ketzereyen nymmer mer loben noch gedulden. Christus ist mein author, ob ich schon in das meer (wie Jonas) geworffen, ich will mich wol und mein schiff erledigen 1 . Vil seind trübsal der gerechten, aber von denen dingen allen hat sie erlöst der herr. Was soll und müß ich weiter sagen, ich kan es nicht geschweigen. Es hat Esaias weißgesagt, das eyn maulstatzgender 1 auch reden werde. Diser Luther hatt auff eyn jar dem haüß Osterreich mer schaden und Verachtung gethan, dann alle künig, fürsten unnd stünd der gantzen weit, ja mer verhindert, dann alle feind in hundert jaren. So mir unnd denen, so meiner meynung gewesen, gefolgt wer worden, o, ir österreichischen und andere herren, ir hettent so vil auffrür nit dorffen erwartenn, und ir underthonen durch das reich, ir hettent so vil blüt nit vergossen. 50 Wie vil hundert tausent gülden war man reicher, die man etwan hett mögen wider den Türckenn, auch bitz fiir" Constantinopel hinauß brauchen und noch ist kein end 51 , zu besorgen, daz Guolff und Gibellin 52 noch so lang regiren werd, biß das wir daz war evangelium, die eer Gottes, sein liebe, sein gotzforcht wider annemen, auffrichten und nachvolgen. Daz hab ich, wie es leyder ergangen, offt vor gesagt, het es gern fürkommen 1 , als ich noch nichts mer dann frid beger, und ich sol hören, ich sy wider das evangelium gewesen? Gedult ist auch eyn tugent.

c) der Baum d) welken e) geziehen, bezichtigt f) Wundmale Farben Österreichs h) d.h. Luther die beiden Fürsten i) erretten melnder, Stotternder k) bis vor 1) verhindert 13*

g) d.h. die j) Stam-

Psal. CXVIÜ [= 119, 160] und XI f= 1 2 · 2.3] Esa. LXV [20] Eccle. X [Pred. 10, 16] Dann. I [17.20] Mat. Π Psal. I [1—3]

Gal. VI [17]

Hebr. vi {[J^ ^ ] p sa i mo χ χ χ π ι [= 34,18-20] Esa. ΧΧΧΠ [4]

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Fabri: Summarium

Das XXVII. capitel.

Jud. XIX [Rieht. 19]

Hier. XXXI [15] Mat. Π [18] Naum. ΠΙ [3] Psa. LXXVII [= 78, 44]

Exo. VE [2. Mose 7, 17-24] Psalm LXXVIII [= 79, 2] In assertionibus53

Commentaria Cesaris

Hiere. V [pass.] Et signate mysterium

Das seindt, lieben brüder, nit evangelisten, sunder belialisten, die ding anrichtet Belial. Belial ist eyn hebreisch wort, so vil als on joch, der under keynem joch sein will wirt genant wol eyn belialist. Also sehent yr den außgang, das dise lerer under keynem joch, sunder frey, ja fleysch und vogelfrey sein wollen. Sie haben von in alle geystliche erberkeyt, wider daz offen evangelium, geschüttet, darnach von dem weltlichen gewalt so lang geschriben, biß das es leyder so übel ergangen ist, das wir in dem blüt watten müssen biß an die knü, das unsere schiffreiche wasser, als der Rein, die Thonaw und ander, fliessend vol der christelichen eynfaltigen underthanen blüt. Ach Got, ach Got, wie haben wir so vil Rachel, die yre hend schlagen über daz haubt, heülen, weynent und schreyent, die räch des bluts deiner knecht, so vergossen ist, sol eingehn zu anschawung des heim. Der todten corpelm ist keyn end, wie Naum sagt. Er hat bekert, spricht David, yre wasserflüß in das blüt. Sie haben außgegossen yr blüt als das wasser und niemant hat es vergraben [Ps. 79, 3]. Wie vil unerzogner weysen hat uns gemacht diser münch, er hat keyn buch" lassen in vil jarn außgehn, es seindt alweg auffrür, todtschlag, ja dondter0, klopff, plitzgenp und ander darinen gewesen, es hat nit mügen ergehn, so es so lang gewittert, gedondert, es hat müssen eyn blütregen, gleicherweiß wie Egypto, geben. Do ligen nit nür alleyn die erstgeborn [2. Mose 1, 5], sunder ander corpel zü speiß den vogeln des himels und yr fleysch den thieren des erdtrichs. Er hat gelert und wider alle christlich lerer bestritten, wie wir sollen und mügen nit wider den Türcken streiten, es sey wider daz evangelium, wider den willen Gottes, und also durch sein 1er alle Ungar, Croater, Steyrer, Kernter, Crainer, Windisch und ander anstoserq der christenheyt verdampt. Aber das der gemeyn man auffstiend wie die hewschrecken und yr hend wüschent in der oberkeit blüt54, das ist nit unrecht gewesen. Erst in kurtzen monaten1, als er wider den keyser getobet unnd geschriben, schreibt er: Deposuit potentes de sede, und beschlüßt: O, Gott, gib uns andere herrn.55 Keyn Julius hat uns Schwaben dörffen überziehen. Keyn frembde nation hat uns nie dorffen fecialess zuschreiben. Der Türck hat die Asianer und Affricaner überfallen, alleyn an uns Teütschen nie bedorfft so vil hundert jar mit gewaltigem heer ziehen. Alleyn eyn eyniger' unchristlicher münch thüt uns eyn solchen schaden, bringt uns in solche not, daz ich besorg, des todtschlahens sey keyn end, und das der Türck in diser unser auffrür zü eynem scheydman" kommen werd, als yn Hierusalem zü den Zeiten Hieremie yederman in boßheyt gewachsen, falsch eyd schwürent, keynen glauben hielten, als leyder an vil orten zü unsern Zeiten. Die propheten prophetierent lügen, den priestern gefiel es wol, und das volck het sie lieb. Spricht der herr: Nim war, ich würd einfüren über dich von ferrem

m) Körper n) d.h. kein Buch ohne Aufruhr etc. o) Donner p) Blitzen q) d.h. die christlichen Anliegerstaaten des Türkischen Reiches r) vor wenigen Monaten s) Kriegserklärungen t) einziger u) Schiedsrichter, Schlichter

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eyn volck, eyn alt volck, eyn volck, des zungen du nit erkennest, wirdst nit wissen, was er redt, sein kocher ist wie eyn offens grab, al seint sie starck, es wirt essen deine frücht und fressen dein brot, ja essen deine sün und dochter, deine herdt, dein vihe, wirt essen deinen Weingarten und feigen, zerbrechen die starcke stett, in denen du vertrawen gehabt. Got wol, das uns nit geschehe wie den christen in Oriente, die, so sie umb den glauben uneyns worden, den Mahumeten v eyngelassen haben. Zu den tagen Noe assen und trancken sie, lebten on alle eer und forcht Gottes, darumb ist kommen der sindtfluß und sie alle verderbt. Got wol uns darvor bewaren 10 und den regenbogen nit ziehen von dem himel.

Mat. ΧΧΠΠ [37-39] Luc. XVÜ [26.27] Genn. IX [1. Mose 9, 9 - 1 7 ]

Das X X V m . capitel.

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Nun vermeynt er, es sey nit seiner leer schuld, dann da man sein leer angenommen, sey gut frid. 5 6 Ach, lieber Amon 5 7 , lieber Cham 5 8 , sag es eynem andern, an den orten, da dise leer in höchsten wirden und auff dem hohen stul im tempel sitzet, ist jetzt jar und tag wenig frid, sonder alle untrew gewesen, und dermassen, das der wirt nit vor dem gast, der Schweiler vor dem tochterman, ja der brüder vor dem brüder nit sicher gewesen ist. Die statt, die vor w zehen wachter gehabt, bey dem alten unserm fridsamen und erbern evangelio, das wir von müterli[ch]er brüst gesogen und an uns von der zeit der zwolffbotten kommen, hat müssen hundert und noch mer haben, und seind dannest die reichen, die erbern und die gewaltigen irs leibs, lebens noch güts nit sicher gewesen. Ist noch nit am end, wissen auch noch nicht, wie lang es weren müß oder wirt. Das ist die handt Gottes, die uns getroffen. Hec mutatio dextere excelsi [Vg.: PsG 76, 11]. Villeicht seind sie gewichen weit von Got irem heylandt, darumb ist Got gewichen von inen. Aber warlich, es sey dann sach, das Got behüt die stat, so wachen alle vergebens, die sie bewarent. An den orten, da mit gewalt die underthonen zu lutherischer leer bewegt, seind sie am erstenn auffgestanden unnd haben wollen freyherren sein, nicht alleyn den herren nichts geben, sonder auch andern das yr nemen. Ich darff x nicht sagen, ich will es sagen, dann ich soll unnd müß schryen die warheyt und nit auffhoren, Gott ist mein helffer, wird mir nit fürchten, was mir thüt der mensch. Er mag mir allein nemen den leib, die seel ist des herren. Ja, die liebe Christi zwingt mich ze sagen, das an vil orten hat man dem gemeynen volck geprediget, wie der wolff den schaffen und der fuchs den gensen. Wann daz frum erber volck vor süsse der leer, die sie gehört, entschlaffen, und haben der freyheyt, so yn geprediget, wollen nachkommen, sich darbey handthaben, seind die predicanten kommen, haben sie darob erwürgt und vertriben, nit alle, aber ich besorg vil. Wäre man in gehorsame keyserlichem edict und den außgangen abscheydt zu Wormß unnd Nürnberg nachkommen, wolten wir solichs neids deren auffrüren, emporungen und

v) die Mohammedaner, Türken

w) zuvor, vorher

x) brauche es

Esaie I [ 4 - 7 ] Ovidius 5 9 Verba Hierony. 6

Mat. ΧΠΙ [39-42] Psal. LXXVI [= 77, 11] Job. XXI [14-19] Psal. IX [= 10, pass.] Deutero. XXXII [5. Mose 32, 5.15-43] Psal. CXXVI [= 127, 1] Genn. XIX [1. Mose 19, 1 - 2 9 ] Luc. X [10-16] Esa. XL [ 6 - 8 ] Psal. LV [= 56, 12] Luce XII [4.5] II. Cor. V [ 5 - 8 ]

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Luce ΧΙΠ [3] Joh. ΧΠΠ [= Matth. 18, 3?] Titum I [13] Canti. VI [= Hoheslied 7, 1] Hiere. m [12-15.22] ΠΠ. Reg. xvn [2. Kön. 17, 13] Eze. XVin [21] Mala. ΙΠ [7]

Fabri: Summarium

blütvergiessen wol vertrageny sein. Darumb hinfiir, darmit wir rüw haben, ich rat, das solichs vorbedacht werde, oder so lang leut oder menschen in teütschen landen seind, würt das kriegen unnd würgen nit auffhören. Ja, es sey dann sach, das ir büß würckent und euch wendent zü Gott, so werdet ir all mit eynander vergan, spricht die unwidersprechlich warheyt, die nit liegen mag. Darumb, du liebe Sunamitisz Germania, wend dich, wend dich, wend dich, ker wider zü mir, spricht der herre, und ich will dich annemen. Ir Teütschen wendent euch von disen bösen blutigen wegen, wendent eüch und lebent. Wendet euch zü mir, spricht der herr der herscharen durch Malachiam, so wird ich mich wenden zü eüch. 10

Das XXIX. cap.

Luc. ΧΠ [49—53]

Mat. Π [13—23]

Mat. ΠΙ [9]

Psal. II [9] I. Cor. ΠΠ [21] Ephe. VI [17] Heb. ΠΠ [12] Esai. XI [4]

Nun horent, was Luther sagt, es müß also sein, das man eyn andern von des evangelii wegen zü tod schlag. Dann era hat geredt: Ich bin nit kommen zü senden den ftid auff die erd, sunder das schwert, dann ich bin kommen zü scheyden den vatter von dem sün, die müter von der dochter etc. Und die feindt des menschen seindt sein haußgesind [Matth. 10, 3436], Darauß volgt, das es also zügehn müß, unnd das dises schwert, ja die kül kling, die er über den Carlstat gericht, alweg todschlagen müß. 63 Lieber Luther, meynstu aber, es muß also zügehn, das keyn keyser, keyn künig, keyn fürst, herr oder oberkeyt sey, er müß stetz metzgen, wie die Leviten zü Hierusalem und Herodes die kindlin. Ewigklich müß Joseph mit Maria und dem kindlin in Egypto bliben und nymer widerkeren in Nazareth, wo wolten wir leüt gnüg nemen zületst? Ja, wann eyn Deucalion 64 wer, der wider auß den steynen mocht kinder Abrahe werffen, wie lang wirdstu leben? Wer wolt dich und dein evangelium gen Worms mit so vil büchsen, hellebarten und spiessen, auch doheym geleyten?65 Wann das evangelium an dem ort solt den verstandt haben, den du uns gibst, ee wolt ich under dem Phalaride66 oder Dionysio67 tyranno leben. Aber du müst tyrannisieren, wirdest es also mit deinem Marteb und Saturno treiben68, so lang du lebst, und wann du nit mer zühorer hast und vertriben wirdst, so müstu gleicherweiß wie Dionysius eyn schülmeyster werden69, nür das du eyn meysterschafft und gewalt habest, auch stetz kommest mit der eysern rüten, nit wie Paulus im geyst der sanfftmütigkeyt, du kanst es nit lassen. Warumb legest du nit dise wort nit so bald auß von dem schwert des geysts, das dann ist das wort Gottes, wie unser Paulus zü den Ephesiern und Hebreern schreibt. Hastu nit eyn solchen geystlichen todschlag auch im Esaia, als der prophet sagt von Christo, dem versprochnen Messia: Er wirt daz erdtrich schlahen mit der rüten seines münds, und mit dem geyst seiner lefftzen wirt er zü tod schlahen den bösen. Aber du bist das geschlecht, das für die zenc schwert hat, von dem Salomon. Du müst alweg

y) enthoben c) Zähne

z) Sulamith (vgl. Hoheslied 7, 1)

a) d.h. Christus

b) Mars

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die brüst trucken, das sie butter geb, und schneitzen, das es blut rinn. Hastu nit gelesen, der büchstab schlecht zu todt unnd erst der geyst macht lebendig, wie wolt Christus Petrum, auch ander jünger, vor dem schwertschlag verbieten. Malcho das or ansetzent, saget er: Wer mit dem schwert schlecht, der wirdt mit dem schwert verderben [Matth. 26, 52], Wie wolt er seine jünger schicken, nit mit schwert, sunder auch on alle bilgerstab, bieten den schlagenden seine wangen, unnd so er gescholten, nit wider fluchen, und uns leren, wann man uns schlühe an den eynen backen, das wir auch Sölten bieten den andern, und dannocht sein gemüt sein, das keyn frid under den christen, sunder alweg brendt, mordt, todtschleg und anders zwischen vater unnd sün, mutern und dochtern, sünßfrawd unnd schwiger weren? Darumb müstu dein schwert einstecken, trit ab, David mit der schlingen wil an dich, disem geschir ein andern deckel machen, diser mantel ist zu kurtz, mag es beyde, wie der prophet sagt, nit bedecken. Müst also sagen, lieber bruder, als Christus kommen, hat er die gantzen weit under Moysi, auch under dem heydnischen gesatz gefunden, darumb zwen erweit seind, als Petrus ζύ den Juden und Paulus zu den heyden, disen hat er wällen schicken das gesatz auß Syon und das wort von Hierusalem, nit gleich habent und würdent sie sich lassen bekeren, als dann auch geschehen. Dann etlich haben gesagt, er wer gerecht, etlich neyn, dan er verfurt das volck. In dem radt, do Gamaliel gesessen, seind sie zertragen6, zu Athenis seind sie darumb speltig worden, wie dann ζύ Corintho Paulo auch geschehen, der auch deßhalb zu Damasco in eynem korb über die mauren außgelassen. Das ist on zwitracht, ee undf sie christen worden nit geschehen. Darumb offt der vatter ungläubig bliben und der sün glaubig worden. Wie auch Paulus von dem glaubigen eeman und ungläubiger haußfrawen zu den Corinthem schreibt. Es ist nit alwegen Dionysius Areopagita und sein haußfraw Damans glaubig worden, sunder zwischen denen mocht wol etwann scheydung der gemüt und des glaubens gewesen sein. Aber Christus hat darumb nit geheissen, das darumb Petrus mit dem schwert darin schlahen und fechten solt, sunder auff das höchst hat er es verbotten. Die christglaubigen auch zu Hierusalem werden nit gelobt, das sie uneyns, sunder eyns gemüts gewesen seindt. Darumb so vil und offt unanimiter8 geschriben. Unnd wann sie sich ye zu Zeiten zwitrachtig unnd im glauben zugetragen, so seindt sie kommen für die obern, für das concili, als dann Paulus und Barnabas sich haben auß gen Hierusalem lassen für die botten und altern schicken, unnd wie man es mit der beschneidung, auch sunst, halten solt, bescheydt, auch urteyl brieff genommen. Unnd wiewol die auffrur gegen Paulum und Barnabam (wie Lucas schreibt) nit kleyn gewesen ist, yedoch so hat man sie hyngelegth nit mit leiblichem blutigem schwert, sunder mit dem schwert Gottes, das ist das wort, welchs an beyden orten schneidet unnd durchtringt alle glider, auch die seel. Darumb so haben sie geschribenn, dem heyligen geyst ist es also gesehen und

d) Sohnesfrau, d.h. Schwiegertochter e) im Sinne: haben sie sich vertragen, geeinigt f) und ehe g) einmütig, einträchtig h) beigelegt, geschlichtet

Pro. xxx [Spr. 30, 14] Π. Cor. m [6] Joan. XVIII [10.11] Mat. Χ [10] Mar. VI [8] Luc. IX [3], X [4] und ΧΧΠ [35] Thre. ΠΙ [Klag. 3, 30] Ma. ΧΠΠ Joan. XIX I. Pet. Π [1.19.23] Mat. V [11.12] und XXVII I. Re. XVH [1. Sam. 17. 40.49.50] Nu. XIX [4. Mose 19, 15] Esaie XXVffl [20] Gal. I [16; 2, 9.] I. Tim. Π [7] Esa. Π [3] Joan. V n [12]

Acto. [Apg.] V [ 3 4 - 4 2 ] und XVD [ 16 ff. ] Π. Cor. XI [32.33] Acto. IX [Apg. 9, 25]

I.Cor. VII[12- 14] Act. XVH [Apg. 17, 34] Mat. XXVI [52]

Act. ΠΠ [ 2 4 - 3 1 ] , I [14] und Π [4.42] Acto. XV [pass.]

Act. XV [2] Ephe. VI [17] Heb. ΠΠ [12] Acto. XV [ 2 8 - 3 5 ]

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Fabri: Summarium

uns, Christus, under denen, die yetz zü seinem namen, der zü Antiochia angefangen, yetz angenommen, hat er wöllen eynen ewigen frid und nit das schwert haben.

Das XXX. capittel. Du aber, lieber Luther, must nur stechen und schlahen, du bist der I. Re. XVII [1. Hercules mit dem kolben 70 , der hoffertig Golias, vor dem unnd deinen Sam. 17, 4—7] schiltbüben auß den Philisteern keyn David sicher ist. Also kommestu schwer mit deiner rysen Stangen, mit deinem bantzer. Es wirt der engel ΙΠ. Re. XIX noch kommen und das sennacheribisch1 wesen (ob Got will) niderlegen' in [= 2. Kön. 19, 35] einer nacht, nit leiblich, sonder geysüich, hundert achtzig funfftausent k erEsa. XXXV [4; schlagen. Wie dann auch deine eygene propheten, auff die du gebochest1, oder 13, 22 von dir schreibent, das du in kurtzer zeit dein end nemen werdest. Sihe e ^OVcTi? ydtgesell, den du den rottengeyster nennest 71 , dein Pilades, wann du Orestes gewesen bist 72 , dein man in dem grauen rock, dem du so offt sagest von der nackenden braut in deinem buch von dem sacrament unsers herren 73 , woliche büberey ich warlich nit verston kan. Dein Carlstadius, der von deinetwegen auff die disputation zü Leipzigk auff dem dornen gelassen und sein memori verloren hat 74 , der hat auch nit mögen dein schwert, dein künfftigen zorn entfliehen, wie wol er biß gen Zürich und Straßburg geritten75. Aber in deinem buch meynest, der fürst von Sachsen solt in lassen über eyn kalte klingen springen. 76 Das seindt deine worrt, ich wolt ungern mit dir über feldt ziehenn, du wirdest mich gleich dem richter Matt, ν [25.26] und und der richter dem züchtiger1" geben und nit herauß lassen, biß ich bexvin [30] z a i t e den minsten Quadranten". Du thüst wie der bey den poeten, der seine Genn. XXXVn [1. e s t , . , . , . . , , , n Af Mose 37, 18ff.] g fraß, auch vor dem seine kinder nit sicher waren. Aber was nahe by Dann, vi [13-24], der tartarey geboren, hat gern soliche speiß. Zeuch Joseph wider auß der alten cistern, laß yn nit also verkauffen unschuldiglich in Egypto, erledig De Bucephalo. Q. Danielem von dem Leon 0 garten, verbren die drey kinder nicht im ofen, Curtius gib frid, thü nit wie Alexandri roß, daz da stätz menschen blüt haben Psai. Linn-55, m £ st 77 Weystu nit, das die blütmenner nit werdent kommen zü halben irer Esa. I [15] tag, ewer hend seind voll blüt. Lern in dem büch under dem titel Clemenw e sc p'etri^tut" γο"°ο° * hon, aber nicht auff dein meynung, Petrus gegen Symonem, crypho habeatur dem Zauberer, disen evangelischen sprach von dem frid und schwert verantwort hab. 78 Nun zü euch, ο yr Corinther, gehet auff mein mund, ir horent, das Luther disen lerman p gemacht hat, daran lest er sich nit ersettigen. Erst in eynem und nächsten monat schreibt er an die herren und paurn am Bodensee, schwert und schreibt, sie seind all mit eynander des Luc. ΧΠ [4] teüfels 79 , das seind seine wort. Ein kleyn ding ist umb den leib kommen, Mat. XVI [26] die leibtodter seind auch nit zü forchten, wie Christus leret. Aber die seel,

i) sanheribische (2. Kön. 19, 16) j) zerschlagen, zerstören k) 185000 (2. Kön. 19, 35) 1) auf die du dich berufst m) Zuchtmeister, Gefängniswärter n) kleine Münze o) Löwen p) Lärm

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die mer ist dann die speiß, erst verdammen, das ist doch zu vil. Er hat unß genommen unser eer bey andern nationen, das man von uns sagt: Bey den Teütschen werdent alle ketzerey widerumb lebendig. Wir ubertreffend alle ketzer, und ist leyder war, kan es nit ab sein, wann wir mit der zeit in eyn concilium komment, das wir uns vor allen christelichen nationen unser offt verdampten lere Schemen müssen. Dann man durch disen lerer all wider erkickten q ketzerey mag anzeygen und beweisen. Er hat uns in fürstenthumen, in Stetten bracht umb gute polliceyr, vertriben die heyligen, gestürtzt alle religion, zerrissen die tempel, umbkert die sacraria, abgebrochen die altar, zerschlagen die tauffsteyn, den thurn David zerbrochen, und was al unser altfordern erberlich bey viertzehen hundert jaren gebawen, alles abgebrochen, keynen, wie nach der prophecey Christi zu Hierusalem in zeit Titi und Vespasiani geschehen ist , steyn auff dem andern gelassen, die tauffsteyn, altür und alles priesterthumb umbkert, nit nur alleyn die knecht, sunder den sün, den vatter und äne s erschlagen. Die frauwen weynend under die port zu Hierusalem gestelt, das wir yn geberent', reicher Teütscher Nation sagen müssen: Selig seind die unfruchtbarn und selig seind die leib, die nit geborn, auch die brüst, so nit geseügt haben, das unser frawen zu den bergen geschrien, fallent über uns und den büheln", bedeckent uns, in Rama das klaggeschrey gemacht. Erst kommet er gut, jung unnd alt, die jungkfrawen, alle thier des felds, den hern und den knecht, dem teüfel in seinem büchlin wider die pawrsame an dem Bodensee. Wie lang wollen wir uns also lassen äffen, ob gleichwol etwan eyn bischoff oder priester eyn mißbrauch gehabt, ist aber dem nit zu vergleichen, hat er etwan gesündet, so hat er sich doch geschämet. Aber diser leüt händt seindt voller blüt, yr stim hat sie verschempt, ist glat wie der poeta v sagt. Ja hat nit auß dem Mattheo mügen werden eyn zwolffbot w , auß Magdalena eyn büsserin in Marsilia, auß dem Schacher am creütz eyn gast des paradiß, und auß Zacheo eyn wirth des herm, der eylendts ab dem thürren* feigenbaum gestigen. So aber der bescheydenheyt gar keyn mitleiden ist under yn, sunder für und für müß Stephanus versteynigt sein, wie w6llen wir erfüllen das gesatz, ja alle gerechtigkeyt? Darumb, yr lieben freund (si diis placet), lassent nit nach. O, wie lang, wie offt habent ir geschryen: Schlag ze tod, schlag ze tod. Ist das aber auß der liebe das evangelium verkündet? Mein evangelium, daz mich die christelich kirch gelernet hat, lert mich im Paulo, wie die liebe durch den heyligen geyst sey außgegossen in unsern hertzen, das die lieb baw, darumb wir eynander in der liebe ubersehen y sollen, vor allen dingen die liebe halten, das wir in der liebe gut exempel gebent, das alle ding auß der liebe geschehen sollent, auch zu der liebe gelert werden. Dise aber und der gleichen leer ist nit die lieb, noch auß lieb. Dann zu den Corinthern lert mich Paulus, wie das die lieb gedultig sey, senfftmütig, die liebe neidet nit,

q) wieder aufgelebte r) Ordnung s) sie t) ν) wohl gemeint: Prophet (vgl. Jes. 48, 4; Hes. 3, 7 - 9 ) ren y) versehen, vertragen

gebärend u) w) Apostel

Hügeln x) dür-

Luc. ΧΠ [19—21]

Luc. XIX [43.44] und XXI [6] Mar. ΧΠ [ 3 - 8 ]

Luc. ΧΧΠΙ

[27-30] Mat. Π [18]

Esa. I [ 5 - 7 ] Mat. IX [9] Luc. V n [ 3 7 - 4 8 ] Mat. X X V n [51-53] Luc. XIX [ 4 - 9 ]

Act. VII [Apg. 7, 58] Mat. ΙΠ [15] I. Cor. ΧΠΙ [pass.] Romm. V [5] I. Cor. Vni [1] Eph. ΠΠ [2] Coloss. ΙΠ [14] I. Timm, i m [12] I. Cor. XIII [ 4 - 7 ]

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Exo. XV [2. Mose 15, 27] Esa. XLVm [18.21] und LV[1] Ezec. ΧΧΧΙΠΙ [18.19] Marcial82 Esa. Vm [11.12]

Esa. XV et XVI [pass.]

Fabri: Summarium

handlet nit frevelich, erbleet sich nitz, ist nit eergeitzig, sucht nit daz ir ist, wirt nit gereytzt, trachtet nit das boß, freuwet sich nit über die boßheyt, aber mitfreuwet sich der warheyt, sie leidet alle ding, glaubt alle ding, erhält alle ding. Auß disem brunnen solt fliessen das evangelium, das ist das recht wasser in Helim. Zu dem wasser berüfft uns der geyst unnd saget: Ir alle dürstigen komment zu dem wasser. Aber das haben uns die neuwen gar trüb gemacht, wie lutherisch sie seind, und thünd jetz wie der wolff im Esopo 81 , wolicher oben stat an dem wasser, bezeügt a das arm schäflin, es habe im das wasser betrübt, darumb muß es sterben. Also woltent sie gern die hend irer auffrürigen büchlin unnd angezündter fewren waschen, auff eyn stund zwen hasen hetzen, in zweyen sesselen sitzen und zweyen herren dienen, ir abangelion, wo man es list, findt man, das es ist voll ungedult, neidt, frevel, blast unnd anders. Nement für euch b den anfang, eyner von Hutten auß diser conspiration.83 Dann wie der propheta saget, waz dises volck redet, ist eyn geschworner buntschüch, so erc wider die haupter der christenheyt und andere geschriben und des Luthers sachen mit klugen worten bestattet, ist er auff allen seinen büechern gestanden in eynem kürißd wie der Goliat und mit dem schwert den hochmütigen Maib e wollen beschirmen, das ym auch sonders on zweifei wolgefallen, das hat mich nit angesehen f , evangelisch zu sein.

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Das XXXVI. capitel.

Genn. Π [1. Mose 2, 18—25] Johan. Π [1.2] Joan. XIX

Sihe, ich müß eüch sagen, eyn buch hab ich wider yn 8 geschriben 85 , ym keyn untugentlich wort nie geben, also daz mich auch die gelerten darumb gestrafft11, das ich yn eyn bräder genent in Christo, dieweil er eyn 25 ketzer und eyn abgeschnittene glid von der kirchen, von beyden oberkeyten, ja von ym selber geurteylt. Sihe, so er mit der warheyt nit hat mir mügen, dorffen noch kündenn antworten, so macht er eyn gloß über das sibent capitel der ersten epistel zu den Corinthiern, und gleich im anfang schilt er mich und schreibt, ich hab eyn groß buch gemacht wider die 30 ee 1 . 86 Sihe, do weyß die gantz weit, das es nit ist, dann mein buch ist drey mal getruckt, und sich in ewig zeit solchs nit befinden wirt. Das thut er nur darumb, das er mich, meinen namen und lere gegen dem gemeynen man verhasset mach, es ist mir in meinen sinn nie kommen, das ich eyn tacianer 87 , das ist eyn schelter der ee, sein solt oder wolt. Sunder mein 35 bücher zeygent an, wie schon und hoch ich die ee gelobt, das sie Got im paradeiß auffgesetzt, Christus in Cana geert und in allen geschrifften für heylig und gut gesehen, ja wider ynJ hab ich gestritten, es sey eyn sacrament, das doch er nit bekennen wil, sunder helt die loblich ee, das es nit

z) bläht sich nicht auf a) bezichtigt b) Seht euch an, betrachtet Hutten d) Rüstung e) Moab f) veranlaßt g) d.h. Luther scholten i) Ehe j) d.h. Luther

c) d.h. h) ge-

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eyn sacrament sey, also in seiner babylonischen gefengknüß 88 umgestürtzt und verkleynet. Sehent zu, hat er mich nit hart geschlagen an meinen backen, ja, er hat mich gestochen heymlich, wie Joab Amasan in dem künigkbüch, und sein red sol sich mit der warheyt, wirt sich auch in ewig zeit nit erfinden, daz ich wider* kleyn noch groß buch wider die ee schreiben wol. Also wirt mir unrechtlich zwey ding zugemessen, das ich wider das evangelium sey, und geschriben hab wider die ee. Aber auß sechs trübsal hat mir geholffen der herr, in der sibenden, ob Gott wil, wirt mich nit betreffen das übel. Ja mein Zuflucht, mein Got, hat mich erloßt von dem strick der jagenden unnd vor dem scharpffen wort, mit dem schilt wirt mich umbgeben sein warheyt, und ich wird mir nit förchten vor der nachtlichen forcht, ja auch nit vor dem geschoß, das do fleügt zu dem tag. Nun was do1 nit zeit, daz ich antwort geb, alle ding haben sein zeit und den thoren ist nit alweg zu antworten. Er was zornig, mit dem ist nit zu kriegen, dann er zündet feüer an zum kriegk. Was hab ich gethon, yetz in das drit jar 89 hab ich das geduldet, geschwigen und wollen sehen, was doch diser feigenbaum für frucht tragen würd, und so ich leyder sihe, das diser bawm an dem Asphalto 90 bey dem Todten Meer nichts dann wurmsichtig opffel gebürt, hab ich unnd wil die axt durch die gnad Gottes auch an die wurtzel dises verfluchten bawms richten. Yetz ist zeit zu reden, vor"1 was zeit zü schweigen, wil schreyen in die himel über das unschuldig blüt, das er vergossen hat, und so vil an ym ist, noch nit auffhoren wirdt. Wer weyß, ob Got villeicht sich wenden werd und verzeihen, nach ym lassen" den segen, villeicht wirt sein gnad in mir nit leer sein. Unnd wie wol mir nichts gewissere ist, dann das sich die wefftzen 0 , hurneyssen und fledermeüß mit gewalt und hereskraft wider mich armen Pigmeum erheben werden und yre fulmina Jovis p in mich schiessen 91 , in die weld und eynoden, ja von eyner stat in die ander jagen, so wil ich doch hoffen, des q dise sach ist, werd mich nit verlassen. Got wirt sein mein helffer, ich würd mir nit forchten, was mir thü der mensch, den nachtschaten wil ich nit fürchten. Wann Gott für mich ist, wer wider mich? Mein hoffnung ist in Gott, ja von jugent uff, der ist eyn schilt aller, die hoffen in yn, der verlaßt die nit, so vertrauwen in yn. Keyner hatt in yn vertrauwet und ist ζύ spott worden. Ich wil mich setzen under den schatten seiner flügel, und yr ander gelerten, die bißher für das feldt leger hinauß gefürt unnd wie der gotzlasterer under den Israeliten, auch Stephanus für Hierusalem, und mit schantlichen dialogen verspottet, euch die angesicht verbunden und verspeüwetr, die gehört habent, das sie gesprochen, prophetisa nobis [vgl. Vg.: Matth. 26, 68], wer ist der dich geschlagen. Stond auff von den todten, schlieffent auß den holen, bereytent dem herren den weg, machent gerecht seine fußsteyge, lassent euch dises tondern, blitzgen und haglen nit irren. Wissent ir nicht, wie Paulus zü dem Timotheo schreibt: In dem arbeyten wir unnd werdent verflucht, dann wir hoffent in

k) weder 1) damals m) vorher n) zurücklassen Blitze Jupiters q) dessen r) bespieen

o) Wespen

p)

Π. Reg. X X [2. Sam. 20, 10]

Job. V [19] Psal. IX [= 91, 3 - 5 ] ] Eccle. Hl [Pred. 3, 1 - 8 ] Pro. [Spr.] XXVI [4], XXI et ΧΧΠ [24] Eccle. V m [Pred. 8, 3.5.6] Mar. XI [13.20.21] Mat. ΠΙ [10]

Genn. ΠΙ [1. Mose 3, 14] Johel Π [4] I. Cor. XV [10] Mat. ΧΧΙΠ [34-36] und X [19.20.23] Luc. ΧΠ [11.12] Psal. XVn [= 18, pass.], LVin [= 59, pass.], LV [= 56, pass.] et XC [= 91, pass.] Ro. V m [1.31] Psal. LXI [= 62, 1 - 9 ] , LXX [= 71, 1 - 6 ] et CXLI [= 142, 6] II. Re. XXII [2. Sam. 22, 2.3.31] Judith ΧΙΠ [17] Ecclesiastici Π [Sir. 2, 6 - 1 2 ] Psal. LVI [= 57, 2] Le. ΧΧΗΠ [3. Mose 24, 10-23] Act. VA [Apg. 7, 5 6 - 5 8 ] Matthei XXVn [27-30.39-44] Mach. Π [1. Makk. 2, 4 1 - 4 8 ] Lu. I [79]

196 I. Tim. ΠΠ [10] I. Tes. ΠΙΙ [1] Genn. ΠΠ [1. Mose 4, 10] Ge. X V m [1. Mose 18, 20] I. Re. XVn [1. Sam. 17, 40] I. Cor. ΧΠΠ [19] Lev. ΧΧΠΠ [3. Mose 24, 10-14.23] Ezec. XVI [40.46] Hiere. ffl [3] Exo. XVH [2. Mose 17, 11.12] Jud. XI [vgl. Rieht. 6 - 8 ] I. Cor. XVI [13] ΠΠ. Re. VI [2. Kön. 6, 16] I. Mac. m [18] Luc. Vn [wohl gemeint Jud. = Rieht. 7, 4 - 8 ] I. Re. XVII [1. Sam. 17, 4 5 - 5 2 ] I. Mach, per totum [1. Makk. pass.] Esa. XXXVII [17.36] Psa. XLffll [= 45, 2] ΠΙ. Esd. IX [3. Esra 9, 39ff.] Mat. ΧΠΙ [25] Ecc. XXXV [Sir. 36, 1 7 - 2 0 ] Esa. IX [16] Ezec. ΧΧΠ [7] Act. IX [Apg. 9, 39] Esa. I [17] Hiere. V [= 4, 31] Psal. IX [= 10, 14-18] und XI [= 12, 6] ΠΙ. Reg. XVH [1. Kön. 17, 1 0 - 2 2 ] Luc. Vn [12-15] Joan. XI [33-35] Π. Cor. ΠΠ [17.18]

Fabri: Summarium

den lebendigen Gott. O, das ist eyn treüwe red und wirdig, das sie alle menschen annemen. Horent yr nit unser witwen und weysen un des Abels blüt, wie es schreyet von der erden über den Cayn. Horent ir nit das geschrey in Sodoma? Sehent yr nit kommen das schwert, darumb blasent auff, ziehent wider die Chananeer, Phereseer, Jebuseer [vgl. 2. Mose 33, 2] und ander. Seind unerschrocken, nement die fünff steyn David von torrentes in die schlingen, das seind die fünff gottlichen wort Pauli, trettent an den Goliam, den hoffertigen banckhart' under den Philisteern, dann von der muter ist er eyn Israelit, aber von dem vatter eyn Egypter, und sein schwester ist Samaria, werffent ym die steyn an die hörnen stirn11, die er in Babylone angenommen und sich verschaumpt hat. Stellent Moysen neben die Ordnung zu betten, richtent an die bogen Gedeonis, menlich handient, seint gesterckt, es seindt mer bey uns dann bey inen. Dann Maria, das engelisch heer, alle heyligen, unser altforder und noch siben tausent des alten frommen und erbern wesen und glauben, die Got zü uns behalten hat [vgl. 1. Kön. 19, 18], werden uns beystehn. Ja der herr der horenv wirdt streiten mit uns, lassent euch nit irren oder erschrecken, das yrer vil sein, gedenckent, das yr ding nit ist auß Got, sunder auß dem neidt und vatter des neidts. Got ist es gleich, den sig ζύ geben in wenig unnd in vil. Darumb schawent an, wie vil volcks Josue gehabt [vgl. 5. Mose 3, 21; 31, 3-8], Gedeon heym geschickt, wie David die Philistim überwunde, was Matathias und Judas Machabeus gethon. Wie meynent yr, das Gott wider dise sennacheribischw evangelisten, die tag und nacht nur scheltent, schmehent und lesternt, den engel schicken werd. Hierumb flucks herfür mit eylender feder des schreibende im psalter, bald herfür mit Esdre lesent das gesatz, und zweifflent nit, das evangelium ist nit wider, sunder mit uns, allein eyn böser mensch hat eyn unkraut darein geseet. Sehent yr nit die witwen und weysen, meynent yr, das sie" Got nit werd über sie erbarmen, sehent yr nit, wie sie betrübt seindt. Wie umb Petrum die witwen standent und weynenden, warumb geht yr sach nit hynein zü eüch, müssen sie ewig also weinen und schreyen? Wer wirt uns doch zü letst geben trehery unsern heuptern? Wissent yr nit, das Got der armen geschrey nie vergessen hat? Was wolt yr yetz thün von wegen armüt der dürfftigen und seüfftze der armen auffgestanden? Wissent yr nit, das er der witwen in Sareptaz yr ol gemert, das es nit gemangelt und auch den sun wider erkückt", den eynigen gestorben witfrawen im evangelio den sünb auch lebendig gemacht, hat er nit für Lazarum, den todten, mit Magdalena geweynet? Wann hat er ye witwen und weysen verlassen? Die werden all bey uns stehn, deren vatter und müter diß jar under des titel erschlagen.92 Und ob wir schon eyn zeit, ja zü augemblick müssen leiden und hören umb das ewigk, da tausent jar seindt als der gesterig tag so vergangen. Achtent nit, daz sie

s) aus dem Bach t) Bankert, Bastard u) Hurenstirn (Jer. 3, 3) v) Heere w) sanheribischen (Jes. 37, 17) x) wohl Druckfehler für: sich y) Träger z) Zarpath (1. Kön. 17, 9) a) erweckt b) d.h. den gestorbenen einzigen Sohn der Witwe

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eüch racha sagen, narren und ertznarren nennen, sich über eüch erzürnen, stein wider eüch werffen, dem esel zu Bethanie vergleichen oder auch sagen, yr seindt die grossen esel auß Arcadia, gedenckt, das die schelter das reich Gottes nit besitzen mügen noch werden. Das sie auch Christum eynen samaritan, eynen beseßnen gescholten und dannocht gefragt, ist ym nicht also, wir reden wol unnd recht, das du eyn samaritan bist und eyn teüffel hast, sie haben yn auch eyn fresser und seuffer genant [Matth. 11, 19]. Das ist yr canina facundia c , wolten yr eüwer liecht ewig setzen under den mütt d ? Stellent den leichtere herfür in den tabernackel, lassent das liecht brennen im tempel Salomonis. Meynent yr, das eüch die fürsten und herrn eüwer stipendi und pension so vil jar vergebens geben haben, das yr nit streiten sollent, wann die feindt vor der stat ligent? Sehent yr nit, wie das Luthers saltz verdümpt f unnd nicht mer wie vor® saltzen wirdt, yre todten haben sie, ob Gott wil, schon versaltzen. Wissent yr nicht, das die selig seindt, die durchachtung h leiden von wegen der gerechtigkeyt? Dann deren ist das reich der himel. Haben sie den herrn durchächtet, so werden sie eüch auch durchächtigen unnd wider eüch sagen alles Übels von meinet wegen, freüwent und vor freüden erhebt eüch, dann eüwer Ion ist volkommen im himel, der knecht ist nit mer dann sein herr, haben sie den herrn durchächtet, on zweiffei sie werden es eüch auch thon. Sie aber sollent yn nit forchten, das eüch nit gesagt werd, sie habent sie geforcht, do nit sorg war. Sehent yr nit, das diser man1 eyn thurn angefangen hat zu bawen und hat nit zerung1, ja eynen babylonischen bauw, eynen labyrinthen, eynen irgang, kan weder darauß weder1' darein kommen, also ist ynen der wirbel angestossen. Ir sollent nit sein wie die forchtsamen hasen, das yr fliehent ee man eüch jag. Eyn liebhaber Gottes und seiner religion sol sie nit forchten, ob auch der himel, ja die gantz weit einfall. Trettent den schlangen auff den kopff, ja den schlagen, der warlich eingeht wie coluber1,und das letst ist der todt.

Psa. LXXXDC [= 90, 4] Mat. V [22] Luc. XIX [43.44] Joan. ΧΠ [14.15] I. Cor. V [5; wohl aber gemeint 6, 9] Joan. V m [48.52] Mat. ΧΠ [24] und V [15]

Luc. XI [33] Π. Par. HD [2. Chron. 4, 7.20] Mat. V [13] und IX Luc. ΧΠΠ [34] Mat. V [10] Joan. XV [18-21] Psal. ΧΠΙ [= 14, 4.5] und LD [= 53, 6] Luc. ΧΠΠ [28] Pro. XXX [Spr. 30, 1-3] Horati.93 Genn. m [1. Mose 3, 1.14]

Das XXXVII. capitel. Es geht den lutherischen brüdern in Christo wie Remo und Romulo 94 , die im lateinischen acker gar eyn schone gewaltige statt, nach Zerstörung Troie, mit eynander gebawen brüderlich, und als die stat gebawen, mochten sie sich des namen nit vergleichen, dann der ein wolt, das sie Rema würd genant, der ander, das sie Roma, und als sie sich nit vergleichen 35 mochten, hat eyner den andern nur umb des namens willen zu todt geschlagen. Also auch habt yr vergessen in den ersten siben jaren, die pharao Genn. XLI gesehen durch die feysten ochsen unnd das feyst getreyd. Hat alle men- [1. Mose 41,27.29] sehen wollen lutherisch sein und genent werden. Nun, als die jünger gesehen, das er ym selbs ungleich und widerwertig"1, oder das sie als" gelert 30

c) hündisches Geschwätz d) Scheffel e) Leuchter f) verdünnt, kraftlos g) vorher, früher h) Verfolgung i) d.h. Luther j) Geld, Kosten k) noch 1) Schlange m) widersprüchlich n) ebenso

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Fabri: Summarium

Mat. X [24] als er gewesen, der jünger über den meyster gewachsen, haben sie nit mer lutherisch sein wollen, yedoch darmit ist der lutherismus nit gefallen, unnd haben sich zü evangelisten getaufft, dann sie die ersten gnad, wie Mattheus, Marcus, Lucas, Joannes, under den gnaden unnd gaben Gottes durch yr heylig leben und apocalypses0 erlangt haben, do ist er eyn ecclesiastes bliben, also hat er sich geschriben95, so seindt sie evangelisten gesyn. Yetz zum letsten schreibt er von seinem evangelio im büchlin wider die auffrürigen bawem 96 , Psal. xxxn als ob er sagt, so gewaltig regier ich über euch Deutschen, was ich gebeut, [= 33, 4.9] müssent yr halten, das und keyn anders. Er hat ja gesagt und ist geschehen, er Matth. XXVn hat es gebotten und ist geschehen, alle ding hat er wol gemacht. Erunt prava 10 Luc. xm in directa, et aspera in vias planas [Vg.: Luc. 3, 5], Aber yr alle, die ziehent Iren. I Ephe. i m [1] durch disen weg, und in sunders yr, die Got erwelet, das yr hirten und lerer p Heb. ΧΙΠ [1.9] sein sollent über des herrn hert , die rechnung für das volck geben sollent.

Das XXXVin. capitel. I. Cor. I [10] Sehent unnd merckent auff, was eüwer beriiffung sei, wie yr in ein 15 Gal. I [6.7] ander evangelium verwechselt, besehent eüwer zerspaltung, und wie Luther C. de fal. mo. de hat das neüw testament verdolmetscht97, was hat er gethon, den falsch, der cri. rerum98 in allen rechten verbotten und von aller oberkeyt gestrafft und verdampt, hat er darein getriben. Dann das ist war, wir wollen es beweisen, das er in das evangelium vil ding gesatzt, das nie darin gestanden, auch nicht hynein 20 gehört, vil herauß genommen, das Christus geredt, die jünger gethon, die evangelisten geschriben haben, und nichts dester minder wollent wir geschweigen, das der ertzketzer nach seinem sinnen verkert unnd an vil hunΠ. Cor. ΠΠ [2.13] dert orten den eebruch im wort Gottes begangen, das ist auffgezeichnet." Acto. XV Erbeütq mich das vor der gantzen versamlung zu Hierusalemr und sunst an 25 [Apg. 15, 1—22] allen orten zü beweisen. Solt ich nun eyn gesel sein des jüngern, der dem herrn sein testament, darauff gestorben, ja sein brieff und sigel fälschet, Pro. XXX nein, das wol Got nit, das sey weit von mir. Ja mit dem Salomone sag ich: [Spr. 30, 6.8] Ο herr, die wort der lügen thu weit von mir. Und yr erbern, yr alten, yr mit den weissen kopffen und betagten, wann eyner eyn falsch trib mit brieff 30 und sigel, müsset er nit zü dem Vulcano100? Und ich solt dess jünger sein, der dem hern himels unnd erdtrichs sein brieff und sigel, sein handt geschrifft, die er mit seinem blüt geschriben, fälschet? Non sie impii non sie. Mat. ν [18] Was ich sag, hat Luther gethon, und durch seine eygne geschrifft, krieLuc. xvi [17] chisch und lateinisch exemplaria, erbieten wir uns das zü beweisen. Es sol 35 Pro. xxx [Spr. 30, k e yn punckt, ja keyn tipffel verlorn werden, und den gantzen tag schreyen 6.11-14] s j ^ rächen heyser worden seindt: Zü dem wort Gottes sol man Deu. ΧΠ [= 5. Mose . , „, . „ . , „ , . , T 13 nichts zuthun, darvon nichts nemen, alleyn Luther ist frey, den das gesatz L. prineeps ff. de nit bindet. Aber ich halt mich des keysers spruch in 1 lege digna vox 101 , legibus u n n d du artzet heyl dich selber, du gleißner würff vor den balcken auß 40

o) Offenbarungen sen t) zuvor

p) Herde

q) (Ich) erbiete

r) d.h. einem Konzil

s) des-

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deinem aug und darnach magstu sehen und außwerffen die agen u von dem aug deines brüders. Der du ander leüt lernst, lernst nit dich selber, du predigest, man sol nit Stelen, sagest, man sol nit eebrechen, und du thüst es. Was ist es anders, dann mit eygner stimm verdammest dich selber, sihe du meynest, lieber Luther, wir seyen alle blind, alleyn du habest des adlers äugen und des luchsen gesicht, wir hincken all, ja seindt bettrysigv, wassersichtig und podagrisch w , du seyest alleyn aller krancken artzt. Aber du wilt nit sehen, das dich wie die Sodomiter geschlagen, und greiffest zu mittag an der wandt, als der blindt, von dem im Deuteronomio, darbey warlich weder kalt noch warm, sunder low. Darumb yr, die so sitzent auff dem stül Moysi, ir priester, die do seindt engel des herrn und hüter des gesatz, tretten herfür, sehent yr nit, das dises reich in sich zerteylt, dann sie under eynander im namen, auch in der lere uneyns werden. Nembroth kan nit mer bawen, sie verstandent eynander nit mer, wann eyner begert steyn, bringet man wasser, für morter" bringt man holtz [vgl. 1. Mose 11, 6-9]. Es soll euch trösten die stimm in Apocalypsi, da der engel zü Epheso geschriben: Das sagt der, so da haltet di siben stern in seiner gerechten y , der da wandlet in mitten der güldenen liechtstock. Ich weyß deine werck, die arbeyt und dein gedult, und daz du nicht magst gedulden die bösen, hast auch versucht, die so sich nennen christbotten zu sein, seind es aber nit, und hast sie fanden lugenhafftig, hast gedult unnd sie gelitten von meines namens wegen unnd nit abgefallen. Aber ich hab wider dich ein wenig, das du dein erste lieb verlassen hast. Biß z eingedenck, wann du entfallen, unnd würck penitentz 3 , und thu die ersten werck.

Luc. ΠΠ [23] Rom. Π [3] Mat. VD [ 3 - 5 ] Rom. Π [3] Genn. XIX [1. Mose 19, pass.] Deutero. XXVIII [5. Mose 28, 29] Apoc. ΠΙ [Offb. 3, 15.16] Mat. ΧΧΙΠ [2] Mala. I [= 2, 7] Mat. ΧΠ [25] Luc. XI [17] Genn. X [1. Mose 10, 9] I. Para. I [1. Chron. 1, 10]

Apoca. Π [Offb. 2, 1 - 5 ]

Das XXXIX. capitel.

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Das hab ich euch, den gelerten, auch aller erberkeyt zü trost einfüren wollen, das ir nit verzagent oder verzweiflent an der sach. Gleichwol, ob sie sich propheten, aposteln, ja auch evangelisten genent, so ir sehent, das sie rath fürgenommen, die sie nit mogent befestnen, yr geyst nit geyst, 30 sunder fleysch ist, wirt sie Gott vertreiben als die windspreüer b . Es wirt sie verderben Got unser herr, und das ist die verenderung der gerechtenn 0 des hohen Gottes. Meynent ir, das Got eynsmals seinen himel beschlossen, das er nit mer thau oder regen geben werde, sonder ewig eysen unnd 0ren d bleiben? Neyn, er wirdt uns noch abschaffen den schlagenden engel, den 35 exterminatorem, wann wir yn nur suchent mit gantzem hertzen und mit dem blüt unser thüren unnd schwollen, ja mit dem zeychenn thau, das die lutherischen als eyn außwendig ceremoni, so nit im evangelio begriffen, unsere stimen verzeychnen werdent. 102 Seindt frolich, ewer trauren wirt sich wenden in freud, unnd hoffent wol, gemessen wirdt es zügehn. Wis-

u) Splitter, Krümchen Rechten, rechten Hand Hand (vgl. Ps. 77, 11)

v) bettlägerig w) gichtkrank x) Mörtel y) z) Sei a) Buße b) Spreu im Wind c) rechten d) ehern

Sap. ν [Weish. 5, 15.16] Esa. XLI [2.10.16] Hier. XXΠΙ [pass ] Psa. LXXVI [= 77, 11] Deu. v m [wohl gemeint 5. Mose 11, 17; 28, 23.24] I. Corin. X Hie. XXIX Exod. ΧΠ [2. Mose 12, 13] Apoc. VII [Offb. 7, 1 - 3 ] Joh. XV [13; wohl aber gemeint 16, 20]

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sent ir nit, wie geschriben stat: Ire kranckheyt haben sich gemeret, darnach erst haben sie sich genähert. Wie vil meynent ir under den weisen, die Christus nennet kinder diser weit, die in dem anfang mit außgespannen Luce XVI [8] armen, vil in chart entgegen6, die die lutherischen materi entpfangen und I. Cor. XVI [20] und ym dem heyligen kuß gegrüßt. So sie aber nun sehen, das man mit diser ΧΠΙ materi nit bauwet, sonder abbricht mauren, thürn und anders, stett zu dorfPsal. i m fern und wonungen zu wilden macht, haben sie noch das liecht seines Can. ΙΙΙΙ angesichts über sie verzeychenet, werden sich wenden, dann die stimme Exo. XV [2. Mose des liebhabenden schreyet yn: Wend dich, wend dich [Ps. 7, 1], Und ge15, 2.11.18] dachter Apocalypsi ermanet sie Joannes in Pathmo [Offb. 1, 9ff.], das sie Ma. ΧΧΠ [Matth. 22, 32] gedenckent, in was frid, eynigkeyt, gehorsam und erberkeyt sie gelebt und f Mar. ΧΠ [27] reich, landt und stett, leut und dorffer regirt haben. Gott ist noch ob uns, I. Reg. Π der lebet von weit zu weit in ewig zeit und plus ultra. Meynent yr, das er [1. Sam. 2, 6] alleyn eyn gott sey der todten, nit auch der lebendigen? Er ist, der so 8 Esa. X X X V n todtet unnd lebendig macht, er fürt zu den hellen und widerfürt. Unsere Luce XV [24] weisen, die verhofft haben in eynen rorenen stecken [vgl. Jes. 42, 3], als [Vg.:] Dan. ΧΙΙΠ der steck gebrochen und sie ir hand der stecken durchgestossen, werden h Esa. XL [1] sie sich wider nahern zu Got, an sich nemen die stol der gerechtigkeyt, Esa. XLV [22] Gott geben sein ere und bekennen, wie Daniel zu seinen alten gesagt: Die Hiere. ΙΠ [12-15.22] gestalt hat euch betrogen. Dann sunst wir Tütschen das Sprichwort ererbt, 103 und XXIII [23] das wir sagen, wir meynten es nit. Deßhalben seind getrost, seind gePsal. IX [11], XVI trost, mein volck, sagt der almechtig herr und Gott, wendet euch zu Got, [= 17,7], cxm so wendet er sich zu euch, dann er ist nit der Gott von weite, sonder von [wohl 94, 6] und CXLV [= 146, 9] der nähe, verlaßt nit, so do hoffen in yn. Seine witwen und weysen, auch Job. V [19] die weysen haben sie zu tod geschlagen, die wirt er ym selber annemen. Mat. ΧΙΠΙ [1-11] Aber vil trubsal seind der gerechten. Von disen dingen aber allen wirt uns Mar. VI [14-28] erlosen der herr. Ja, von den fünff trubsal wirdt er uns erledigen, und an dem sechsten wirt es uns nit betreffen, das ubel. Meynent ir, das diser Hester I [3-8] tantz Herodis allwegen weren1 mag oder wirt, das man Johannis des TeüfMat. ΧΧΠ [10] fers kopff in der schüssel zu eynem bescheydessert) bringen werde? Eyn Luc. ΧΠΠ [13.14] mal und bald wirt der künig Assverus eyn wolleben machen seinen fürsten Luce V [37-39] unnd dienern. Der haußvatter wirt schlachten seine stier und gevogel und Esa. XXV [6] die armen auch lassen zu dem wolleben kommen. Da wirt man nit allweEsaie I [22] gen des Luthers trüben wein, sonder alleyn alten wein, der ob der heffen Canti. I [Hoheslied 1, 14] gezogen ist, trincken, und nit den, über wolichen Esaias klagt: Wir habent Esa. V [1.2] (werden unsere fürsten und herren sagen) gemeynt, diser Weingarten Engadk, der da starck wein, süsse und güte weinber bringen soll, der gleichen Mat. X X V n [34.16-21] an der israelitischen Stangen getragen. Aber sihe, er hat uns gebracht la1 Mar. XV [23.7-15] bruscas . Wir meynten, wir hetten Jesum, so haben wir Barrabam, den auffI. Cor. XVI [13.14] rürigen menschen, der uns eyn auffrür in der statt Gottes gemacht. DarCol. ΙΠ [17] umb wachent, stond im glauben steiff und uffrecht, unbeweglich, seind Π. Cor. V [14.15] gesterckt, alle euwere ding sollent geschehen in der liebe, uns zwinget die Luce VI [23] Psal. XV [= 16, 9 - 1 1 ]

e) verderbter Text? f) über g) Hölle h) Stola, d.h. Festkleid bzw. Band des Priesters i) währen, dauern j) Festessen k) Engedi (vgl. Hoheslied 1, 14) 1) wilde Reben

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liebe in Christo. Ja alle ding thün ich umb des evangelions willen, daz ich I. Cor. ΠΠ auch sein teylhafftig werde. Wir werdent verflucht und benedicierent m her- [= 9, 23] wider. Wir leiden durchächtung" und tragen es. Wir werden gescholten unnd bitten darzü. Sic itur ad astra.

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Das XL. capitel. Lieben brüder in Christo, das schelten, sehenden, lestern, verspotten, verachten, nachreden und schandlieder singen sie eyn lange zeit bey uns, gleicherweiß, als under den heyden gewesen, mag unnd wirt Gott nicht gedulden. Ich hab es bey mir auch unnd meiner conscientz 0 nit finden künden, das es Gott angenem, loblich oder evangelisch wär, dann an allen orten streit hiewider das evangelium unnd in sonders die leer Pauli. Es schreibt Paulus: Keyn bose red sol nit außgan oder gehört werden von euwerm mund und gut sitten zerstöret werden von bösen reden. Ich furcht (spricht Paulus zu den Corinthern), wann ich kommen werd, das zanck, hader, widersteung, nachred, örenblasen, hoffart und auffrur sey under euch. Keyn laster, torheyt oder leichtfertige rede, spricht er zu den Ephesiern, sol by euch gehört werden. Niemants sol euch verfüren mit leren und unnützen Worten, dann von dieser wegen ist der zorn Gottes kommen in die kinder des mißtrewen. Darumb auch bittet er die Philippenser, das sie eyns Verstands seind, eyn liebe haben eynmütigklich. Deßhalben so haltent nichts durch zanck noch eitel eer, sonder in demütigkeyt eyner den andern für obern achte. Darumb er auch, als er die Ephesier gelernt, wie si in aller demüt unnd senfftmütigkeyt, in gedult eyner den andern ubertragen in liebe und das sie in eynigkeyt des geysts hielten in dem band des frids, das sie solten hinthün die lügen unnd reden die warheyt eyn yeder mit seinem nechsten, dann wir gegen und mit eynander glider seindt, beschlüßt er: Alle bitterkeyt, zorn und erzürnung, geschrey und gotzlesterung, soll hyngenommen p werden von euch mit aller boßheyt. Darumb er auch wolt, das unser bescheydenheyt wer bekant allen menschen. Darumb er dem Timotheo gebotten, das er mit Worten nit zancken sol, dann etlich red kriechen, gleicherweiß als die kranckheyt, der krebs, unnd eyn diener des herren soll und darff nit kriegen, sonder senfftmütig sol er sein gegen allen, leerber q , gedultig und mit bescheydenheyt sol er straffen alle, die so der warheyt widerstond. Also hat auch Petrus gelert im glauben eynmütig ze sein, mitleidig, barmhertzig, bescheyden, demütig. Nit das man böses geb umb böses, noch scheltung umb scheltung, sonder herwider benedeyung r . Und Paulus gar trewlich seine Galather gewarnet, daz sie eynander mit nachreden nit verletzen sollent. Dann spricht er: Sehent, wann ir also eynander beisset, das ir eynander nit verzerent. Und Jacobus spricht: Ir sollent eynander nit abziehen die eer. Ich wil vil ander und hundertfältig ort s

m) segnen n) Verfolgung o) Bewußtsein, men q) lehrsam r) Segnung s) Stellen 14

Reformation 1

Gewissen

p)

weggenom-

Ephe. HD [29] I. Cor. XV [33] Π. Cor. ΧΠ [20]

Eph. V [3.4.6]

Philip. I [27]

Ephe. ΠΠ [1—3]

Ephe. ΙΠΙ [25.31] Phili. ΠΠ [2.8] Col. III [8.9] Π. Cor. X [12—15] II. Timm. Π [14—17.24.25]

I. Pet. ΠΙ [8.9]

Gal. V [15] Jaco. V [=4, 11]

202 Exo. XXI [2. Mose 21, 24] Matt. V [38—44] Jaco. ΠΠ [1] I. Corin. I [= 3, 3]

II. Timm. ΠΙ [5] I. Timm, VI [3—5.20.21] und I [6.7] I. Timm. Π [4—6] II. Cor. XI [19]

Π. Cor. ul. [13,10] Act. ΠΙ [= Apg. 4, 19; 5, A t ΠΙ A 29 31· 5 41] Osee Vin [7]

Osee X [13] Genn. ΠΙ [1. Mose 1, Π] Mich, m [1.2.4-7]

Fabri: Summarium

Pauli, auch des evangelii fallen lassen. Wer hat aber solch scheltung gehört, nachred, zanck und hader für und für, aug umb aug, zan umb zan, hand umb hand, wider den willen Gottes? Mag ich aber, lieben brüder, nicht fragen wie Jacobus, von wanne1 seind die krieg und hader under euch, dann auß ewern begirden. Ist im nit also, wo man also kriegt, ist man fleyschlich? Offenbar seind die werck des fleyschs, nämlich hurerey, unreynigkeyt, unverscham, unlauterkeyt, abgöttereyen dienst, Vergebung", feindtschafft, zanck, ungunst, zom, hader, widersein, sect, neid, todtschlag, trunckerey, fresserey und deren gleichen [Gal. 5, 19-21]. Aber dargegen spricht der lerer der heyden zu den Galathern widerumb: Die frücht des geystes seindt die liebe, freud, frid, gedult, senfftmütigkeyt, gütigkeyt, langmütigkeyt, glaub, bescheydenheyt etc. [ebd. 22]. Nun dieweil also nachred, zanck, hader, krieg und ander dergleichen fruchten in disem garten gewachsen, wie hab ich anders mögen und künden gedencken, dann das nit der geyst Gottes, nit eyn guter, sunder eyn böser bäum, nicht eyn guter, sonder böser samen wer? Sie haben wol die gastalt gehabt, wol verheyssen die kunstv, allweg gelernt, aber nie zu der warheyt kommen. Ich hab geacht, das evangelium stand nicht in der red, sonder in der krafft Gottes, hab sie nit wollen hören als menschen, sonder das wort Gottes, wie Paulus zu dem Timotheo schreibt: Ich hab gesehen, wie sie die armen Corinthier in dienstbarkeyt des leibs gebracht, sie gefressen, in das angesicht geschlagen, wie sie für die warheyt die lügen gesagt, wie mocht ich thun etwas wider die warheyt? Ich sage, das sie nur abbrechen, nit bawen wolten. Nun urteylent ir, ob nit wegerw gewesen, das ich Got und nicht sie horte. Solt ich das gesatz Gottes verlassen und gehorsam werden den mensehen? Ich hab wol gewißt, weyß noch wol die feindschafft und den unwillen, der mir darauß entstanden, aber Gott müß man mer gehorsamen dann m e n s c e n un ^ d thün, gleich wie Petrus und die andern zw